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Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen

Ein methodischer Ansatz für die Grundschule

0219
2014
978-3-8233-7856-3
978-3-8233-6856-4
Gunter Narr Verlag 
Dr. Henriette Dausend

Die Arbeit stellt einen Ansatz vor, durch welchen das Lehren und Lernen von Fremdsprachen im Grundschulunterricht intensiviert werden kann. Auf der Basis empirischer Erkenntnisse zum Lernen im Regelschulunterricht sowie unter Berücksichtigung bilingualer, immersiver und reformpädagogischer Ansätze werden realistische Ziele und erfolgsversprechende Prinzipien des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule hergeleitet. Auf Grundlage dieser wird ein Modell transcurricularen Lernens entwickelt, welches im Rahmen der geltenden Curricula den fremdsprachlichen Unterricht mit den Sachfächern verknüpft, indem Inhalte fächerübergreifend thematisiert werden. Zusätzlich profitiert die Entwicklung der sprachlichen (sowie der sachfachlichen) Kompetenzen durch einen gezielten Einbezug von Herkunfts-und Schulsprachen. Diese Publikation bietet die theoretische Herleitung und Begründung des Modells auf der Grundlage einschlägiger Studien aus dem Bereich des fremdsprachlichen Lehrens und Lernens der Grundschule ebenso wie einen praktischen Ausblick mit Hinweisen zur Umsetzung im Unterricht. Eine Handreichung für Lehrkräfte skizziert in sieben Schritten den Weg zum transcurricularen Lernen, der durch eine tabellarische Darstellung von drei Unterrichtsmodulen verdeutlicht wird.

<?page no="0"?> Henriette Dausend Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen Ein methodischer Ansatz für die Grundschule Dausend Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen Dieses Buch stellt den Ansatz des transcurricularen Lernens vor, in welchem Schüler in mehrsprachigen und fächerübergreifenden Umgebungen lernen. Es bietet die theoretische Herleitung und Begründung des Modells auf der Grundlage einschlägiger Studien aus dem Bereich des fremdsprachlichen Lehrens und Lernens der Grundschule ebenso wie einen praktischen Ausblick mit Hinweisen zur Umsetzung im Unterricht. Eine Handreichung skizziert in sieben Schritten den Weg zum transcurricularen Lernen, der durch eine Darstellung von drei Unterrichtsmodulen verdeutlicht wird. Der Band richtet sich damit an Lehramtsstudenten, Lehrkräfte und Wissenschaftler gleichermaßen. Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik Giessener Beiträge <?page no="1"?> Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen <?page no="2"?> GIESSENER BEITRÄGE ZUR FREMDSPRACHENDIDAKTIK Herausgegeben von Eva Burwitz-Melzer, Wolfgang Hallet, Jürgen Kurtz, Michael Legutke, Hélène Martinez, Franz-Joseph Meißner und Dietmar Rösler Begründet von Lothar Bredella, Herbert Christ und Hans-Eberhard Piepho <?page no="3"?> Henriette Dausend Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen Ein methodischer Ansatz für die Grundschule <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. D.30 © 2014 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 0175-7776 ISBN 978-3-8233-6856-4 <?page no="5"?> 5 Einleitung 8 1 Das Anliegen der Arbeit 11 1.1 Der Ursprung der Arbeit in der Schulpraxis 11 1.2 Die Forschungsfragen der Arbeit 13 1.3 Das methodische Vorgehen der Arbeit 13 2 Die historische Entwicklung frühen Fremdsprachenlernens 16 2.1 Die frühen Entwicklungen (1919-1950) 17 2.2 Die internationalen Schulversuche nach 1950 18 2.3 Die nationalen Schulversuche der 1960er-/ 1970er-Jahre 21 2.4 Die Weiterführung in den 1980-/ 1990er-Jahren 28 2.5 Der Konzeptionenstreit der 1990er-Jahre 30 2.6 Der einheitliche Übergang in das 21. Jahrhundert 32 2.7 Status quo frühen Fremdsprachenlernens 33 3 Die Ziele frühen Fremdsprachenlernens 38 3.1 Die Ziele in den curricularen Vorgaben der Bundesländer 38 3.1.1 Die Zielbeschreibungen 40 3.1.2 Die Kompetenzmodelle 43 3.1.3 Die Kompetenzniveaus 45 3.1.4 Die Inhaltsbereiche und Themenfelder 51 3.1.5 Die Sprachmittel 54 3.1.6 Diskussion der Ziele in den Curricula 55 3.2 Die Bedeutung des GeRs für die Grundschule 57 3.3 Die Ziele aus fachdidaktischer Sicht 60 3.3.1 Affektive Ziele 61 3.3.2 Sprachliche Ziele 62 3.3.3 Kognitive Ziele 63 3.3.4 Pragmatische Ziele 64 3.4 Die Diskurskompetenz als Ziel frühen Fremdsprachenlernens 65 4 Die Prinzipien frühen Fremdsprachenlernens 68 4.1 Die didaktischen Prinzipien in den Curricula 69 4.2 Die methodischen Hinweise in den Curricula 72 4.3 Diskussion der Prinzipien in den Curricula 73 Inhaltsverzeichnis <?page no="6"?> 6 5 Die Prinzipien des Regelunterrichts in der Grundschule 76 5.1 Die Prinzipien des Fremdsprachenlernens im Regelunterricht 77 5.1.1 Grundschulpädagogische Prinzipien 77 5.1.2 Lernerorientierung 79 5.1.3 Ganzheitlichkeit und Authentizität 80 5.1.4 Fächerübergreifendes Lernen 82 5.1.5 Moderate Einsprachigkeit und Scaffolding 83 5.1.6 Schrift, Grammatik und Fehlerkorrektur 85 5.2 Analyse der Prinzipien auf Grundlage empirischer Befunde 88 5.2.1 Analyse der Unterrichtsqualität 88 5.2.2 Analyse der Leistungen in der Sprachproduktion 94 5.2.3 Analyse des Leseverstehens und Schreibens 98 5.2.4 Lernstrategien und Reflexionsvermögen 103 5.2.5 Motivationen und Einstellungen 107 5.2.6 Mehrsprachigkeit 109 5.3 Diskussion des regelschulischen Fremdsprachenunterrichts 113 6 Die Prinzipien von CLIL in der Grundschule 116 6.1 Content and Language Integrated Learning 117 6.2 Immersion 120 6.3 Analyse der Prinzipien von CLIL in der Grundschule 123 6.3.1 Immersives Lernen und L2-Sprachkompetenz 123 6.3.2 Immersives Lernen und L1bzw. Sachfachkompetenz 126 6.3.3 Bilinguale Module und Motivation 129 6.3.4 Bilinguale Module und L2-Sprachkompetenz 130 6.4 Diskussion bilingualer Ansätze in der Grundschule 132 7 Die Prinzipien reformpädagogischer Ansätze in der Grundschule 136 7.1 Allgemeinpädagogische Annahmen zum geöffneten Lernen 138 7.1.1 Die Begriffe Offenheit, offen, Öffnung und geöffnet 139 7.1.2 Didaktische Einordnung geöffneter Lernsituationen 140 7.1.3 Methodische Umsetzung geöffneter Lernsituationen 142 7.2 Geöffnetes Lernen im Fremdsprachenunterricht 143 7.3 Analyse der Prinzipien zum geöffneten Fremdsprachenlernen 147 7.3.1 Darstellung der Längsschnittstudie Flachsland 149 7.3.1.1 Das Forschungsfeld Flachsland 149 7.3.1.2 Das Forschungsdesign in Flachsland 150 7.3.1.3 Die Forschungsergebnisse in Flachsland 152 7.3.2 Darstellung der Querschnittsstudie 159 7.3.2.1 Beschreibung des Forschungsfeldes und -designs 159 7.3.2.2 Forschungsergebnisse der Querschnittsstudie 160 7.4 Diskussion des geöffneten Fremdsprachenlernens 162 <?page no="7"?> 7 8 Die Prinzipien eines diskursiv-kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule 165 8.1 Die Schüler als Diskursteilnehmer verstehen und wahrnehmen 168 8.2 Die Sprachproduktion und Bedeutungsaushandlung erhöhen 170 8.3 Das (fremd-)sprachliche Lernen zielorientiert und logisch öffnen 172 8.4 Die Kompetenzen mit Unterrichtsinhalten verbinden 173 8.5 Das (fremd-)sprachliche Lernen mit anderen Fächern verbinden 175 8.6 Die Sprachen und Kulturen der Lerner berücksichtigen 177 9 Das Unterrichtsmodell des transcurricularen Sprachenlernens 180 9.1 Die Kurzbeschreibung des transcurricularen Sprachenlernens 180 9.2 Die Definition des transcurricularen Sprachenlernens 183 9.3 Die Funktionsweise des transcurricularen Sprachenlernens 184 9.3.1 Die Rolle der Lerner 184 9.3.2 Die Rolle der Inhalte 185 9.3.3 Die Rolle der Fächer 186 9.3.4 Die Rolle von Sprache und Kultur 188 9.3.5 Die Rolle der Öffnung des Lernens 189 9.4 Das transcurriculare Sprachenlernen im Vergleich 190 10 In sieben Schritten zu einem transcurricularen Unterricht 195 10.1 Die Ressourcen der Schule erfassen (Schritt 1) 195 10.2 Die zielsprachlichen Inhalte auswählen (Schritt 2) 198 10.3 Die Sachfachthemen überprüfen und auswählen (Schritt 3) 200 10.4 Die Kompetenzen für die Themenfelder ausweisen (Schritt 4) 202 10.5 Einen Jahresplan erstellen (Schritt 5) 203 10.6 Die Lernaufgaben erarbeiten (Schritt 6) 204 10.7 Den Unterricht durchführen (Schritt 7) 207 11 Exemplarische Unterrichtseinheiten 212 11.1 Me and my family 212 11.2 Online shopping 218 11.3 Safe on the road 224 12 Diskussion und Ausblick 229 Anhang Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 239 Legende der Abkürzungen der Bundesländer 240 Literaturverzeichnis 241 <?page no="8"?> 8 Einleitung „Wie können wir guten, kompetenzorientierten Englischunterricht entwickeln und unsere Schülerinnen und Schüler zugleich in die Lage versetzen, die Anforderungen der Bildungsstandards erfolgreich zu bestehen? “ (Hallet 2011: 53) Diese Frage von Wolfgang Hallet fasst die aktuelle Herausforderung an einen fremdsprachlichen Unterricht in der Grundschule treffend zusammen. Während nach mehr als 40 Jahren die ersten Schulversuche im deutschen Raum zur Etablierung verschiedenster didaktischer Ansätze geführt haben und sogar in der flächendeckenden Einführung von Fremdsprachen in den Fächerkanon der Regelschule gemündet sind, zeigen sich mit der zunehmenden Evaluation von Schulprogrammen sowie der Wende hin zur Kompetenzorientierung neue Anforderungen an die Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts. Während immer mehr Studien darauf hinweisen, dass die implementierten Prinzipien eines zu Beginn des neuen Jahrtausends eingeführten ergebnisorientierten Fremdsprachenlernens in ihrer jetzigen Form nicht ausreichen, um die steigenden Ansprüche an die Kompetenzen der Lerner zu erfüllen, gestalten sich die Forderungen nach den Zielkompetenzen fremdsprachlichen Lernens zunehmend komplexer. Mit der Einführung der Bildungsstandards für das fremdsprachliche Lernen der Klasse 9/ 10 durch die Kultusministerkonferenz (KMK) 2003 haben auch die Bundesländer begonnen, die Neuauflagen ihrer Curricula an Kompetenzen zu orientieren. Da für den Grundschulbereich noch keine verbindlichen Bildungsstandards vorliegen, orientieren sich die Bundesländer vornehmlich am wenig konkret formulierten Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen (GeR) sowie an didaktischen Überzeugungen und tradierten Zielvorstellungen innerhalb dieses Bereiches. Diese individuelle Erarbeitung der curricularen Vorgaben führt dazu, dass diese zwischen den Ländern mitunter stark variieren und keine einheitlichen Vorgaben für einen fremdsprachlichen Unterricht in der Grundschule existieren. Auch in Bezug auf das Verständnis, welche Faktoren das Konstrukt der Kompetenz auszeichnen, herrschen Differenzen zwischen den Rahmenplänen. Des Öfteren fehlen definitorische Einordnungen, was unter Kompetenz zu verstehen ist, welche Teilkompetenzen sich zu einer Handlungskompetenz zusammenfügen sollen usw. Trotz mangelnder Definitionen und Bezüge zu sozialwissenschaftlichen Beschreibungen von Kompetenzen (vgl. Bonnet/ Breidbach 2013: 23f) werden mittlerweile in allen Curricula Kompetenzen als Zieldimension frühen Fremdsprachenlernens genannt. Folglich sollen die Lerner in der handlungsorientierten Auseinandersetzung <?page no="9"?> 9 mit Inhalten fachliche und überfachliche Kompetenzen erwerben, welche sich für das fremdsprachliche Lernen in die Bereiche kommunikative, kulturelle und methodische Kompetenzen gliedern lassen. Diese Kategorisierung verdeutlicht implizit eine Orientierung am erweiterten Kompetenzbegriff nach Weinert (2001: 27f), welcher neben kognitiven Fähig- und Fertigkeiten auch affektives und instrumentelles Können als Kompetenz beschreibt. Da Kompetenzen Leistungsdispositionen darstellen, werden diese erst in den Handlungen sichtbar, zu welchen die Lerner fähig sind, wenn sie eine bestimmte Kompetenz erworben haben. Diese Handlungskompetenz wird in der fremdsprachendidaktischen Forschung u.a. von Hallet (2012: 9f) als „fremdsprachige Diskursfähigkeit“ beschrieben, wodurch ein Handeln im Kontext von Sprache unterstrichen wird. Sämtliche Kompetenzen bündeln sich nach ihm im Konstrukt der Diskursfähigkeit, welche die „Befähigung zur umfassenden, mündigen Teilhabe sowohl an der Gesellschaft […] als auch zur selbstbestimmten Gestaltung ihres eigenen Lebens und ihrer unmittelbaren Lebenswelt“ (Hallet 2011: 30) darstellt. Auch wenn rein begrifflich der Terminus der Diskursfähigkeit zu eng gefasst scheint, da es schwer fällt, sämtliche Kompetenzen einer Fähigkeit zuzuordnen, so orientiert sich die von Hallet benannte Diskursfähigkeit an einer kommunikativen Handlungskompetenz, welche seit Jahrzehnten als Zielkategorie fremdsprachlichen Lernens beschrieben wird (vgl. Legutke et al. 2009: 84ff, Bach/ Timm 2009: 1ff). Auf der begrifflichen Ebene wird aufgrund der Fokussierung von Kompetenzen zunehmend von einem kompetenz-, denn einem ergebnisorientierten Unterricht gesprochen. Um mit dem erweiterten Kompetenzbegriff Weinerts arbeiten zu können, muss jedoch die Beschaffenheit der Kompetenz definiert werden. Da diese auf eine Handlungskompetenz abzielt, welche im fremdsprachlichen Lernen eine sprachliche Performanz darstellt, wird in dieser Arbeit vom diskursivkompetenzorientierten Lernen gesprochen (vgl. Bonnet/ Breidbach 2013: 27). Auch wenn das Ziel fremdsprachlicher Lernprozesse in der Grundschule somit nicht wirklich neu ist, sind es die abstrakten Beschreibungen der Kompetenzen, welche einen enormen Spielraum für die methodische und inhaltliche Gestaltung von Unterricht ermöglichen (vgl. Bär 2013: 99). Denn bislang sind die Methoden und die Inhalte für einen diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht kaum bis gar nicht beschrieben worden, welches Desiderat in der eingangs gestellten Frage Hallets manifestiert ist. So existieren zwar Vorgaben vonseiten der politischen Entscheidungsträger; dennoch sind die Schulkollegien und Lehrkräfte herausgefordert, entlang wenig eindeutiger Vorgaben einen Unterricht durchzuführen, welcher konkrete Handlungen anbietet und den Einsatz von Kompetenzen fordert. Diese vorhandene Lücke zwischen Anforderung und Umsetzung kann durch didaktische Modelle geschlossen werden, welche Kompetenzen definieren, diese strukturieren, inhaltlichen <?page no="10"?> 10 Kontexten zuordnen und in exemplarischen Aufgabenformaten aufbereiten. Bislang existiert jedoch kein Unterrichtsmodell für einen diskursivkompetenzorientierten Unterricht. Vielmehr werden aus wissenschaftlicher Sicht Forderungen nach vereinheitlichenden Standards (vgl. Diehr 2011: 30ff), nach einer erhöhten Lernzeit (vgl. Weskamp 2004: 9, Elsner 2010: 143ff) sowie nach mehr Sprechanteilen für die Lerner (vgl. Kierepka 2004: 165, Sambanis 2007: 351ff) infolge von Unterrichtsbeobachtungen und Leistungserhebungen der Schüler 1 gestellt. Es wird beschrieben, dass der Unterricht reflexiv, produktiv, sprachfokussierend und herausfordernd ausgerichtet sein soll, aber die Konsequenzen für die Methodik nur in Ansätzen thematisiert (vgl. Engel 2009: 198, Diehr 2011: 30). Auch wenn es mit Blick auf die fundierte Tradition des fremdsprachlichen Lernens so scheint, als seien die wichtigsten Entscheidungen im Laufe der letzten Jahre bereits getroffen worden, so wird auch deutlich, dass gerade vor dem Anspruch eines diskursiv-kompetenzorientieren Unterrichts, wie er durch die neuen Kerncurricula u.a. in Hessen (HKM 2010a) gefordert wird, eine methodische und didaktische Weiterentwicklung vonnöten ist. An dieser Stelle ist ein Unterrichtsmodell notwendig, welches konkrete Handlungsschritte für die Arbeit im Fremdsprachenunterricht an Grundschulen aus den abstrakten Kompetenzfor-mulierungen herzuleiten ermöglicht. Bei der Etablierung eines Modells geht es jedoch weniger darum, eines komplett neu zu entwickeln, als aus den bestehenden Prinzipien, Kompetenzansprüchen und didaktischen Ansätzen herzuleiten. All die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte können und müssen als Grundlagen herangezogen werden, um im Kontext dieses Pools an vielfältigen Ansätzen und empirischen Studien konkrete Fragen zu diskutieren und die bestehenden Aspekte in neu definierten Prinzipien anwendbar zu machen. Mit der vorliegenden Arbeit wird ein erster möglicher Modellansatz geboten, in welchem ein diskursiv-kompetenzorientierter Unterricht möglich wird, wenn die fremdsprachliche Diskurskompetenz gestärkt, Diskurse im Unterricht etabliert, die Schüler als Diskursteilnehmer anerkannt, die Sprachen und Kulturen der Lerner wahrgenommen und intensive Sprachbegegnungen provoziert werden. Im Folgenden wird das transcurriculare Lernen als ein theoretisch und empirisch fundiertes Modell für einen diskursivkompetenzorientierten Unterricht beschrieben, welches es erlaubt, innerhalb der bestehenden Bedingungen zielsprachliche Kompetenzen zu fördern. 1 Im Rahmen dieser Arbeit werden die maskulinen Formen der Begriffe Schüler, Lehrer, Autor usw. zur Unterstützung der Lesbarkeit des Textes verwendet. Natürlich sind damit immer männliche und weibliche Personen gleichermaßen gemeint. <?page no="11"?> 11 1 Das Anliegen der Arbeit Innerhalb des Spannungsfeldes von Kompetenzerwartungen und Unterricht im Kontext des frühen institutionellen Fremdsprachenunterrichts zeigt sich, dass viele Prinzipien dessen einer erneuten Beschreibung und Diskussion bedürfen. Mittlerweile besteht eine Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach einem umfangreichen Leistungsvermögen der Lerner und der Wirklichkeit, lediglich basale Fertigkeiten einsetzen zu können. Diese Erkenntnis ist in vielen Studien belegt worden und hat sich auch in meiner eigenen schulpraktischen Forschungstätigkeit gezeigt. Während meiner Arbeit in der im Jahr 2009 gestarteten Schulbegleitstudie unter Leitung von Professorin Daniela Elsner und Professor Jörg-U. Keßler an der Flachsland Schule in Hamburg (vgl. Elsner/ Keßler 2009, Dausend 2010, Elsner/ Keßler 2011, Dausend et al. 2013) wurde deutlich, dass Differenzen zwischen didaktischen Zielvorstellungen und praktischen Prinzipien dazu führen können, dass das Lernen in reformpädagogisch ausgerichteten Schulen wenig zielgerichtet stattfindet. Es zeigte sich, dass empirisch belegte konzeptionelle Grundlagen für die Arbeit in Grundschulen jeglicher methodischer Ausrichtung fehlen. Im Folgenden wird beschrieben, wie sich dieses Dilemma auf die Entstehung der vorliegenden Arbeit ausgewirkt hat. 1.1 Der Ursprung der Arbeit in der Schulpraxis Die Flachslandschule ist eine Grundschule in Hamburg, in welcher seit dem Schuljahr 2008/ 2009 Schüler nach reformpädagogischen Prinzipien bei gleichzeitiger teil-immersiver Sprachvermittlung lernen. Die englische Sprache wird durch jeden zweiten Pädagogen während der Lernzeit auf muttersprachlichem Niveau angeboten. Die Lerngruppen sind jahrgangsübergreifend angelegt und sollen die Schüler langfristig bis zum Abitur führen (vgl. Dausend 2010: 117). Das Innovative an diesem Unterrichtsansatz ist die Verbindung autonomer Lernphasen mit immersiven Sprachangeboten. Letztere sind bisher vor allem im Klassenverband unter Leitung der Lehrkraft eingesetzt worden (Wode 2004/ 2009). Folglich bot sich mit der Schule ein Untersuchungsfeld, in welchem die Entstehung einer fremdsprachendidaktischen Konzeption von Beginn an beobachtet und evaluiert werden konnte. Forschungsmethodisch wurde sich dem Feld Flachsland auf explorative Weise genähert, indem quantitative und qualitative Verfahren im Sinne der Metho- <?page no="12"?> 12 dentriangulation genutzt wurden, um die zwei leitenden Fragestellungen zu beantworten: • Auf welche Weise werden fremdsprachliche Lernprozesse in dem autonom-immersiven Konzept der Flachsland Schule organisatorisch und methodisch gestaltet? • Welche Auswirkungen hat dies auf die fremdsprachlichen Kompetenzen der Lerner? Um diese Fragen zu beantworten, wurden a) Testungen der Schülerleistungen in den Bereichen des Hörverstehens und der Sprachproduktion vorgenommen, b) Unterrichtssituationen mittels Beobachtungen analysiert, c) informelle Gespräche mit den Lehrkräften festgehalten und ausgewertet sowie d) teiloffene Fragebogenerhebungen unter den Eltern und Lehrkräften durchgeführt. Die ersten Erhebungen im Jahr 2009 zeigten bald, dass ein immersives Lernen in freien Lernphasen nicht unproblematisch umgesetzt werden konnte (vgl. Elsner/ Keßler 2009). Es wurde ersichtlich, dass die geöffneten Lernsequenzen nicht ausreichten, um inhaltlich strukturiert und kompetenzorientiert zielsprachliche Kompetenzen aufzubauen. Um das in Immersionsstudien beschriebene hohe Sprachniveau der Lerner erreichen zu können (vgl. Piske 2006, Burmeister/ Piske 2008, Wode 2009), schienen der Sprachkontakt sowie die Impulse zum Sprechen in den geöffneten Lernphasen nicht ausreichend. Folglich wurde eingesehen, dass autonome mit strukturierten Lernphasen verbunden werden müssen, um den Lernern einen regelmäßigen Kontakt zur Fremdsprache zu sichern, auch wenn dadurch das geöffnete lernen begrenzt wird (vgl. Dausend et al. 2013: 79). Dementsprechend verdeutlichten die Erkenntnisse in Flachsland den Bedarf eines Unterrichtsmodells, wenn die Sprachkompetenz der Lerner unter Beibehaltung der hohen Eigenaktivität gefördert werden soll. Somit musste im weiteren Vorgehen nicht nur das bestehende Schulkonzept empirisch überprüft, sondern vor allem auch neue didaktische Impulse für dessen Veränderung erarbeitet werden. Folglich ergab sich eine Aufteilung der Forschungstätigkeiten, in welcher zum einen die Lernstände der Schüler weiterhin regelmäßig erhoben und zum anderen praktische Lösungen für eine Unterrichtskonzeption erarbeitet wurden, wie z.B. das Schleusenmodell (Dausend 2010, Dausend et al. 2013). Im Zuge der Erarbeitung von Handlungsalternativen im Kontext Flachsland wurde schnell deutlich, dass auch für das immersive Lernen ebenso wie für den 2009 noch verbreiteten ergebnisorientierten Ansatz Unterrichtsmodelle fehlten (vgl. Engel et al. 2009, Kersten 2010) und die Herleitung eines allgemeingültigen Modells für das frühe Fremdsprachenlernen immer dringlicher schien. Um den Erkenntnisprozess im Kontext des frühen Fremdsprachenlernens voranzutreiben, schien es angemessen, zunächst die aktuelle Situation zu erheben <?page no="13"?> 13 und zu analysieren, welches auf Grundlage der folgenden Forschungsfragen geschah. 1.2 Die Forschungsfragen der Arbeit Die Entwicklungen in Flachsland waren der Initiator, um das Feld des frühen Fremdsprachenlernens intensiver zu beleuchten. Wie in der Einleitung verdeutlicht wird, treten bei genauem Blick in curriculare Vorgaben, in die fachdidaktischen Abhandlungen sowie in die Beobachtungen von Unterricht vielerlei Fragen auf, welche es im Sinne der Güte von Unterricht zu beantworten gilt. Der Anspruch dieser Arbeit ist es, ein Abbild des Status quo zu entwickeln sowie daraus Implikationen für eine verbesserte Praxis herzuleiten, um damit das Desiderat eines fehlenden Unterrichtsmodells zu beheben. Die folgenden drei Fragen liegen der Arbeit richtungsweisend zu Grunde: • Welche Ziele sind für den Fremdsprachenunterricht der Grundschule im Kontext der Kompetenzorientierung zu verfolgen? • Welche Prinzipien lassen sich für einen an Kompetenzen orientierten Fremdsprachenunterricht in der Grundschule als zentral herleiten? • Auf welche Weise lassen sich diese Ziele und Prinzipien in einem Unterrichtsmodell operationalisieren? Um diese Fragen zu beantworten, wird wie folgt vorgegangen. 1.3 Das methodische Vorgehen der Arbeit Um Antworten auf die Forschungsfragen zu finden, werden die wichtigsten Bereiche des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule analysiert. Es werden die historischen Entwicklungen, die politischen Vorgaben sowie die gängigen didaktischen Ansätze untersucht, um positive Faktoren herauszufiltern, welche sodann in neu formulierten Prinzipien für einen guten Fremdsprachenunterricht in der Grundschule zusammengeführt werden können. Eine solch umfassende Analyse erlaubt es, die mannigfaltigen Perspektiven und vielfältigen Erfahrungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte zu nutzen, welche bereits im Umfeld des frühen Fremdsprachenlernens gewonnen werden konnten. Konkret werden erstens die Zielvorstellungen eines frühen Fremdsprachenlernens in der kompetenzorientierten Debatte beschrieben. Zweitens werden bestehende Prinzipien des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule untersucht, indem die curricularen Vorgaben sowie die etablierten Unterrichtskonzepte analysiert werden. Die vorhandene Vielzahl empirischer Studien auf dem Gebiet des frühen Fremdsprachenlernens erlaubt es, <?page no="14"?> 14 die maßgeblichen konzeptionellen Ideen auf ihre Güte hin zu prüfen. Hieraus lassen sich Prinzipien für einen diskursiv-kompetenzorientierten Unterrichts erarbeiten, welche drittens zur Entwicklung eines Unterrichtsmodells herangezogen werden, um die ermittelten Prinzipien für den Unterricht operationalisieren zu können. Die Datengrundlage, auf welcher dieses geschieht, besteht sowohl aus theoretischen Beschreibungen von Unterrichtsansätzen und curricularen Bestimmungen zum frühen Fremdsprachenlernen als auch aus der Darstellung und Diskussion empirischer Ergebnisse in Bezug auf die gängigen konzeptionellen Ansätze fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher die Entwicklungen des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule von den Anfängen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute skizziert, um nachvollziehbar aufzeigen zu können, welche Entwicklungsschritte zu den gegenwärtigen Annahmen bezüglich des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule geführt haben. Ergänzend wird dargelegt, welche Erkenntnisse früherer Studien zur Legitimierung didaktischer Prinzipien im Rahmen dieser Arbeit herangezogen werden können (vgl. Kap. 2). An die historische Darstellung schließt die Beschreibung der Ziele an, in welcher die nationalgültigen curricularen Vorgaben ebenso analysiert werden wie der GeR als internationale Referenz und fachdidaktische Überzeugungen. Die aktuellen Curricula des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule werden untersucht, um aufzuzeigen, in welchem Rahmen und unter welchen strukturellen Vorgaben ein diskursiv-kompetenzorientierter Unterricht möglich ist (vgl. Kap. 3). Da das zu entwickelnde Modell innerhalb der bestehenden politischen Vorgaben funktionieren soll, ist es entscheidend die Wirkungsbereiche aufzuzeigen. Die Curricula werden einerseits als ein Raster genutzt, an welchem das Modell ausgerichtet wird. Andererseits sind sie ein Spiegel des aktuellen (bildungspolitischen) Zeitgeistes, welcher in jüngster Zeit von einer zunehmenden Hinwendung zum kompetenzorientierten Unterricht geprägt ist (vgl. u.a. HKM 2010a). Eine kriteriengeleitete Analyse der Grundlagenpapiere aller 16 Bundesländer dokumentiert diesen Wandel und erlaubt Schlüsse darüber, inwieweit das Ziel der Ausbildung einer Diskurskompetenz politisch legitimierbar ist und durch die im Rahmen dieser Arbeit zu erarbeitenden Prinzipien fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule unterstützt werden kann. An die Darstellung der Zielsetzung schließt die Beschreibung und die Auswertung zentraler Prinzipien an. Hierfür werden zunächst die curricularen Vorgaben zu Rate gezogen sowie sodann die konzeptionellen Ansätze des grundschulischen Fremdsprachenunterrichts analysiert (vgl. Kap. 4). In den <?page no="15"?> 15 Kapiteln 5 bis 7 werden der Regelunterricht 2 (vgl. Kap. 5), das bilinguale und immersive Lernen (vgl. Kap. 6) sowie die reformpädagogischen Ansätze frühen Fremdsprachenlernens (vgl. Kap. 7) in ihrer jeweiligen Bedeutung für einen diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht beschrieben. Um die genannten Kontexte zu analysieren, werden erstens die Grundstrukturen der konzeptionellen Ideen herausgearbeitet, zweitens diese in Beziehung zu empirischen Ergebnissen gesetzt und drittens die Bedeutung von Merkmalen der jeweiligen Konzeption auf Grundlage der Empirie für ein einheitliches Modell diskutiert. Die neu definierten Prinzipien werden gebündelt und entsprechende Konsequenzen für die Methodik frühen Fremdsprachenlernens abgeleitet (vgl. Kap. 8). Es werden konkrete Aspekte genannt, welche für die Vermittlung der Fremdsprache relevant sind. Sodann werden diese Prinzipien in das Modell des transcurricularen Lernens eingearbeitet und beschrieben (vgl. Kap. 9). Es wird dargelegt, auf welche Weise die analysierten Prinzipien in Unterrichtssituationen angewendet werden können, sodass die Lerner Themen und Fachinhalte in einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht sinnhaft erleben und (re-)aktiv agieren. Die Herleitung des Modells auf der Grundlage der zuvor analysierten didaktischen Prinzipien eines diskursiv-kompetenzorientierten Unterrichts mündet in einer unterrichtspraktischen Handreichung. In den sieben Schritten zum transcurricularen Lernen (vgl. Kap. 10) werden konkrete Handlungen benannt, welche eine Anleitung für Lehrkräfte darstellen und erklären, wie diese das transcurriculare Lernen im Rahmen der bestehenden Organisationsstrukturen - von der Ebene schulinterner Lehrpläne bis zum Handeln der Lehrkraft im Unterricht - umsetzen können. Diese Handreichung wird komplementiert, indem drei Beispiele für transcurriculare Unterrichtseinheiten gegeben werden (vgl. Kap. 11). Diese exemplarische Darstellung verdeutlicht zum einen den Anspruch dieser Arbeit, abgeleitete Prinzipien auf eine Weise aufzubereiten, dass sie in praktischen Zusammenhängen angewendet werden können. Zum anderen wird illustriert, dass das Modell nicht nur theoretisch logisch, sondern auch in der Praxis umsetzbar ist. Die vorliegende Abhandlung beginnt mit der historischen Einordnung frühen Fremdsprachenlernens in der Grundschule (vgl. Kap. 2). Die Skizzierung wichtiger Entwicklungsschritte ermöglicht ein Verständnis dafür, wie es zum heutigen Status quo gekommen ist und welche Entwicklungen diesen bis heute beeinflussen. 2 Unter Regelunterricht wird der in den curricularen Vorgaben legitimierte und strukturierte Unterricht gefasst, welcher in Grundschulen ohne spezifische konzeptionelle Ansätze durchgeführt wird. <?page no="16"?> 16 2 Die historische Entwicklung frühen Fremdsprachenlernens Die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 150 Jahre haben das fremdsprachliche Lernen von einem Nischenfach zu einem mittlerweile grundlegenden Pfeiler schulischer Bildung werden lassen (vgl. Hüllen 2005: 104ff). Die Lernjahre der Grundschule haben aus allgemeinpädagogischer wie fremdsprachendidaktischer Sicht immens an Bedeutung gewonnen. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Erwerb fremdsprachlicher Kompetenzen im Alter von sechs Jahren noch als Illusion belächelt wurde (vgl. Jaffke 1996: 16ff), ist diese Form des Lernens nicht mal ein Jahrhundert später durch die Aufnahme in sämtliche Curricula offiziell etabliert. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kann auf der Ebene europäischer Politdiskussion geradezu von einer Obsession der Befürwortung und Förderung von Mehrsprachigkeit gesprochen werden, welche sich in politischen Vorgaben wie dem GeR (vgl. Europarat 2001) zeigt. Auf der nationalen Ebene wurde die flächendeckende Einführung des Fremdsprachenunterrichts vor allem mit der zunehmend mehrsprachigen Lebenswirklichkeit der Schüler begründet. Der Blick auf die Entwicklungslinie des frühen Fremdsprachenlernens im deutschen Kontext ist ein Ansatz, um die aktuellen Überzeugungen und zukünftigen Tendenzen verstehen zu können. Da der Status quo als ein momentan gültiges Ergebnis vergangener politischer und gesellschaftlicher Wandlungsprozesse gesehen werden kann, ist es wichtig, zurückliegende Entscheidungen zu beschreiben und zu hinterfragen. Denn nur ein Blick auf das gesamte Feld des frühen Fremdsprachenlernens (einschließlich seiner historischen Entwicklung) ermöglicht eine Einordnung und Bewertung der heutigen Situation. Dieser weite Blick hilft, Lösungen für die aktuellen Herausforderungen zu erarbeiten. Im Folgenden werden daher die entscheidenden Stationen des fremdsprachlichen Lernens im deutschen (und europäischen) Primarbereich skizziert. Um Übersichtlichkeit zu gewährleisten, werden die Ereignisse in sechs Teilkapiteln beschrieben, welche chronologisch aufeinander aufbauen und für die Zeit typische Aktivitäten von Lehrkräften und Forschern skizzieren. Den Ausgangspunkt bietet das Jahr 1919, in welchem in den neu gegründeten Waldorfschulen der erste Kontakt zu fremden Sprachen in einem institutionalisierten Lernumfeld gesehen wird. <?page no="17"?> 17 2.1 Die frühen Entwicklungen (1919-1950) Der Beginn des frühen Fremdsprachenlernens im deutschen Kontext wird auf die Gründung der ersten Waldorfschule in Stuttgart im Jahre 1919 zurückgeführt, in welcher das Erlernen zweier Fremdsprachen (Englisch und Französisch) ab der ersten bzw. zweiten Klasse angeboten wurde (vgl. Keßler 2006: 26f, Schmid-Schönbein 2008: 12, Mayer 2009: 64, Böttger 2010: 14). Begründet wurde diese Einführung des Sprachenlernens durch die Annahme, dass fremdsprachliche Fertigkeiten in der Welt des 20. Jahrhunderts notwendig seien, um die Chancen der heranwachsenden Gesellschaft zu stärken (vgl. Kiersch 1992a: 29ff). Dieses Ziel deckt sich mit den heutigen, allerdings war die methodische Ausrichtung des Lehren und Lernens eine andere. Rudolf Steiner, der Begründer der Waldorfschulen, vertrat die Meinung, dass Kinder „[...] rein aus Nachahmung und in voller Entfaltung ihrer kindlichen Sprachkraft in die andere Sprache hineinwachsen [...]“ (Jaffke 1996: 6). Steiner nahm an, dass die Fähigkeit zum Nachahmen bis zum neunten und zehnten Lebensjahr der Schüler dominiere. Erst danach würde die Fähigkeit zur Abstraktion von Sprachstrukturen das imitative und spielende Lernen ablösen, sodass vor allem die frühen Jahre eine sprachliche Prägung der Lerner unterstützen würden. In diesem frühen, spielerisch-imitativen und kindgerechten Kontakt wurden praktische Übungen sowie musisches Lernen im Sinne der Eurhythmie angeboten, welche verstärkt auf die auditive Wahrnehmung ausgerichtet waren (vgl. Kiersch 1992b: 10f, Jaffke 1996: 6). Dabei ging es neben dem Erlernen erster Fertigkeiten um den Erwerb kultureller Einsichten von Sprache. Die Lerner sollten sich die Welt sowohl durch die Mutterals auch durch die Fremdsprache erschließen, da Sprachen bereits in der Idee Steiners als Träger universal gültiger Informationen verstanden wurden. Die Darstellung gewisser Phänomene in der Fremdsprache eröffnete somit einen neuen Blick auf einen bekannten Inhalt und half, für kulturelle Unterschiede zu sensibilisieren. Bereits hier zeigt sich die Nähe reformpädagogischer zu bilingualen Ansätzen. Parallel zu der deutschen Waldorfbewegung wurden in den USA im Rahmen erster Versuchsstudien fremde Sprachen im Elementar- und Primarbereich gelehrt (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 12). Aus den anfänglichen Versuchen entwickelte sich bald die Bewegung F OREIGN L ANGUAGES IN E LEMENTARY S CHOOLS (FLES) (vgl. Kloss 1967, Burstall et al. 1974, Rowlands 1975). In den 1950er-Jahren wurden deren Ansätze und Ergebnisse auch jenseits des US-amerikanischen Raums rezipiert und beeinflussten die Forschungsbemühungen in Westeuropa. In Deutschland wurden vor allem die Lernerfolge der Schüler in der zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu gegründeten Einheitsschule untersucht. Allerdings beschränkten sich die Bemühungen <?page no="18"?> 18 auf einzelne, wenige Schulen, die meist durch die Initiative von Lehrkräften fremdsprachliche Angebote geschaffen hatten (vgl. Beckmann 2006: 11). In Deutschland dominierte bis 1945 der Fremdsprachenunterricht an höheren Schulen die allgemeine bildungspolitische und -gesellschaftliche wie fremdsprachendidaktische Diskussion (vgl. a.a.O.). Danach war es vor allem das hohe Engagement der Alliierten, welches zu verpflichtenden Fremdsprachenangeboten an den Gymnasien sowie zu fakultativen Programmen an den Volksbzw. Hauptschulen führte (vgl. Christ/ de Cillia 2007: 615). Die Regelgrundschule blieb zunächst offiziell ohne fremdsprachlichen Schwerpunkt. Allerdings wuchs die allgemeine Aufmerksamkeit auch für den Bereich des frühen Fremdsprachenlernens, und ab Mitte der 1960er-Jahre wurden die Forschungsbemühungen sowie die Zunahme von Schulversuchen intensiviert (vgl. Doyé 1975, Gompf 1975). 2.2 Die internationalen Schulversuche nach 1950 Bis in die 1960er-Jahre waren es überwiegend Lehrkräfte aus der Praxis, welche ohne Rückgriff auf didaktische Konzepte und Methodensammlungen fremdsprachliche Lernphasen in ihren Unterricht integrierten. Infolge dieser Bemühungen auf der unterrichtspraktischen Ebene „[...] registriert man spätestens seit den 1960er Jahren eine in der Öffentlichkeit engagiert und kontrovers geführte Diskussion über das ‚Ob’, ‚Wie’ und ‚Wozu’, meist auch um das ‚Ab Wann’ und ‚Für Wen’ des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule“ (Thürmann 2009: 5). Vor allem die Erkenntnisse der Hirnforscher, welche Vorteile der Aufnahme- und Verarbeitungskapazitäten junger Lerner propagierten (Penfield/ Roberts 1959), und der Import didaktischer Ideen (vgl. Christ 2010: 18) führten zu einer Ausweitung fremdsprachlicher Lernangebote und ließen die Bemühungen im Primarbereich weiter steigen (vgl. Hüllen 2005: 131 ff). Da kaum didaktische Konzepte für den frühen Bereich vorlagen, wurden Ansätze aus der Sekundarstufe in die Grundschule transferiert. In den 1960er-Jahren waren somit vielerorts audio-linguale und visuelle Methoden Bestandteile von Schulversuchen (vgl. Beckmann 2006: 12). Eines der umfassendsten empirischen Projekte der damaligen Zeit war das 1963 in Großbritannien gestartete Projekt FLES, welches über zehn Jahre die sprachliche Entwicklung achtjähriger Schüler bezüglich ihrer Französischkenntnisse überprüfte (vgl. Rowlands 1975: 91). Ähnlich anderen Versuchen sollten neben der Verbesserung der Unterrichtsqualität und des damit antizipierten Leistungszuwachses der Schüler die Fragen nach a) den langfristigen Effekten eines drei Jahre früheren Beginns (bis zum Alter von 16 Jahren), b) <?page no="19"?> 19 dem Einfluss frühen fremdsprachlichen Lernens auf andere Leistungsbereiche, c) den organisatorischen und unterrichtlichen Hürden eines solchen Projektes und d) den effektivsten Unterrichtsmethoden beantwortet werden (vgl. Rowlands 1975: 94). Die bildungspolitische und administrative Begleitung des Projektes durch das neu gegründete School Council wählte in 13 Regionen 125 Schulen aus, in welchen circa 6000 Schüler im Französischen unterrichtet wurden. Die Ergebnisse der FLES-Studie in Großbritannien zeigten, dass nicht das Einstiegsalter des Fremdsprachenlernens, sondern die Kontaktzeit bzw. -intensität - unabhängig vom Alter - entscheidend für den Lernerfolg und die Motivation der Schüler war. Je mehr Kontakt die Lerner zur französischen Sprache hatten, desto besser waren ihre Leistungen. Folglich erzielten die Klassen, in denen die Lehrkräfte ausschließlich Französisch verwendeten, bessere Ergebnisse als Klassen, in welchen auch die englische Sprache benutzt wurde (vgl. Rowlands 1975: 99). Doch auch in Bezug auf die Einsprachigkeit konnte durch Unterrichtsbeobachtungen gezeigt werden, dass die Entwicklung der sprachlichen Kompetenzen stark von weiteren Faktoren der unterrichtlichen Qualität, wie z.B. der Klassenführung, der Empathiefähigkeit seitens der Lehrkraft, abhängig war. Auch wenn der Faktor Alter im Vergleich zur Qualität des Sprachkontaktes als weniger wichtig eingeschätzt wurde, so zeigte sich bei ähnlicher Intensität eine Überlegenheit der achtjährigen Lerner in der Mündlichkeit und der elfjährigen Lerner in der Schriftlichkeit. Langfristig holten die älteren Lerner jedoch auch in der produktiven Mündlichkeit auf, sodass zu einem weiteren Testzeitpunkt nach fünf Jahren die jüngeren Lerner lediglich im Bereich des Hörverstehens bessere Leistungen erbrachten (vgl. ebd.: 97). Auch wenn diese vermeintlichen Einbußen nicht den damaligen Erwartungen an die Leistungsfähigkeit junger Lerner entsprachen, so sind die Ergebnisse doch ein Beleg dafür, dass ein früher Beginn langfristig positiv wirken kann. Allerdings ergab sich hinsichtlich des Einsatzes von Schrift, dass dieser nicht einheitlich positiv gewertet wurde. Vielmehr verschärfte die orthografische Darstellung der Sprache das heterogene Leistungsbild, da sie die stärkeren Lerner zu unterstützen und die schwächeren zu hemmen schien. Zudem müssen die Ergebnisse vor der jeweiligen methodischen Ausrichtung reflektiert werden, welche aufgrund der Nähe zum Lernen in der Sekundarstufe älteren Lernern entgegenkam. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass das Können in den Sachfächern nicht unter dem früh einsetzenden Französischunterricht litt, aber dennoch hatte dieser auch nicht den erwarteten positiven Einfluss auf die Entwicklung der Erstsprache. Im deutschen Forschungskontext wurden die Ergebnisse der FLES-Studie zunächst als Beleg dafür verstanden, dass ein früher Kontakt keine signifikanten Vorteile erbringen würde (vgl. u.a. Gompf 1975: 53, Böttger 2010: 15). <?page no="20"?> 20 Aus heutiger Sicht muss bei dieser Bewertung beachtet werden, dass die methodischen Entscheidungen im Unterricht bei Weitem nicht den pädagogischen Voraussetzungen eines frühen Fremdsprachenunterrichts entsprachen, wie er sich mittlerweile etabliert hat. Grundsätzlich waren die Methoden an der Sekundarstufe ausgerichtet, wodurch ein Vorteil der älteren Lerner u.a. in der Methodik begründet lag. Nichtsdestotrotz wurde mit der FLES-Studie eine erste umfassende Longitudinalstudie vorgelegt, deren Reputation über die Grenzen Großbritanniens hinausreichte und die Bedeutung des fremdsprachlichen Lernens aufwertete (vgl. Burstall et al. 1974). Sauer (1975: 91) gibt nachträglich mit Blick auf die FLES-Studie zu bedenken, es sei bemerkenswert, „daß in einem Land, in dem die führende Weltverkehrssprache als Muttersprache gesprochen wird, die Bedeutung des Erlernens einer zweiten Sprache im Kindesalter so hoch geschätzt wird“. Auch in der Sowjetunion wurden 1961 im Zuge bildungspolitischer Entscheidungen drei Modelle des Frühbeginns implementiert, welche die Diskussion über die Leistungsfähigkeit junger Lerner prägten (vgl. Schiff 1975: 115). Bereits frühzeitig hatten erste Schulen in den 1940er-Jahren ihre fremdsprachliche Erziehung vorverlegt und methodisch kommunikativ ausgerichtet. Diese Maßnahmen wurden im Programm „Freiwilliger Fremdsprachenunterricht in der Grundschule“ der 1960er-Jahre großflächig ausgebaut. Der didaktische Fokus lag auf den mündlichen Fertigkeiten, die durch den Aufbau eines begrenzten Wortschatzes gefördert wurden. Das Lesen wurde erst zum Ende des Kurses eingeführt. Als alternatives Modell zum freiwilligen Zusatzangebot entstanden „Schulen mit verstärktem Fremdsprachenunterricht“, bei deren Besuch der Unterricht in der Fremdsprache ab der zweiten Klasse mit vier Stunden pro Woche verpflichtend war. Ab der sechsten Klasse wurden zusätzlich Fächer, wie z.B. Geografie, Geschichte, Elektrotechnik, Maschinenbau, Mathematik, unter Verwendung der Fremdsprache unterrichtet (vgl. a.a.O.). Es zeigte sich, „daß die Wirksamkeit des früh einsetzenden Fremdsprachenunterrichts von den Voraussetzungen abhängt, die auf dem Gebiet der Schulorganisation und der Lehrerausbildung erst geschaffen werden müssen. Die Probleme lassen sich formulieren als die Frage nach der Kontinuität des Fremdsprachenunterrichts und der Frage nach der Qualität der Lehrkräfte“ (ebd.: 123). Insgesamt orientierten sich die Ansätze der UdSSR stark an den klassischen Lehrgängen späterer Jahrgangsstufen. Zwar wurden auch Erfolge junger Lerner mit einer solchen methodisch-didaktischen Ausrichtung publiziert, dennoch ist zu beachten, dass die Schüler zunächst imitativ und dialogisch sowie unterstützt durch visuelle Stimuli lernten. Auffällig ist jedoch die baldige und intensive Einbeziehung der Schrift, welche als positiver Beitrag zum Lernen gewertet wurde. <?page no="21"?> 21 Parallel zu den Großversuchen wurde in vielen Einzelfallstudien im europäischen Raum, u.a. aufgelistet bei Preibusch (1979: 12ff), sowohl auf positive als auch neutrale Ergebnisse eines frühen Kontaktes zur Zielsprache hingewiesen. Trotz uneinheitlicher Ergebnisse einiger Studien sprachen vor allem die Einsichten spracherwerbstheoretischer Befunde für einen frühzeitigen Kontakt zur Zielsprache, für welche die bereits erwähnte Publikation von Penfield und Roberts (1959) prägend war. 2.3 Die nationalen Schulversuche der 1960er-/ 1970er-Jahre Vor dem Hintergrund der großen internationalen Studien waren es im nationalen Kontext vor allem Projekte kleineren Ausmaßes, welche Einblicke in die Potentiale fremdsprachlichen Lernens im Grundschulalter zuließen (vgl. Böttger 2010: 15). Tendenziell erfuhren die deutschen Bemühungen weniger bildungspolitische Unterstützung als ihre internationalen Pendants, welche den Sprung vom Status des Experiments hin zur Pilotstudie vor allem durch die finanzielle und materielle Unterstützung der Schulverwaltungen schaffen konnten. Eine solche zentrale Koordinierung und finanzielle Unterstützung seitens der Bildungspolitik setzte in Deutschland erst nach 1970 ein (vgl. Gompf 1975: 53). Dementsprechend wurden hierzulande eher kleinere Forschungsdesigns umgesetzt, in welchen oftmals nur ein paar Klassen untersucht wurden. Das Ziel all dieser Versuche war es zu ermitteln, ob und inwiefern ein früher Beginn das Niveau der letztendlichen Sprachkompetenz zu erhöhen hilft. Aspekte des kulturellen Lernens wurden hinter sprachlichen Kompetenzen als zweitrangig eingestuft (vgl. Sauer 1993: 85). Diese Vielfalt an Studien bot ein sehr heterogenes Forschungsbild und erzeugte eine wissenschaftliche Diskussion auf der Grundlage vielfältiger Aussagen. Solche Debatten waren gerade deshalb so fruchtbar, da sie „die Entwicklung und Erprobung von z.T. sehr unterschiedlichen didaktischen Ansätzen“ (Doyé 1975: 54) förderten. Dennoch ist zu beachten, dass die Forschungen der 1960er-Jahre vor dem Hintergrund geringer inhaltlicher Fundierung, fehlender Materialien, unzureichender Fortbildungen der Lehrkräfte sowie mangelhafter Übergangsprofile zu verstehen sind. Eine der ersten prägenden Initiativen war das 1961 in Kassel begonnene Pilotprojekt „Englisch ab 3. Schuljahr“ (vgl. Martens 1964: 3ff). Vor dem Hintergrund, möglichst frühzeitig Fremdsprachen zu lernen, war es das Ziel des Kassler Versuchs, die Leistungsfähigkeit junger Lerner zu testen, um das Lernen in der Sekundarstufe vorzubereiten. Die Methodik war stark an den didaktischen Grundsätzen der weiterführenden Schulen orientiert, um auf diese Weise einen späteren Bruch im Übergang zu minimieren. In Hessen wurde <?page no="22"?> 22 dieser Ansatz auch an anderen Orten, wie Frankfurt 1964 und Offenbach 1966, vorangetrieben (vgl. Beckmann 2006: 15, Keßler 2006: 29). Im Anschluss an die ersten Aktivitäten in Kassel starteten 1966 die Offenbacher Versuche unter der Leitung Gompfs. Der Umfang weitete sich mit den Jahren von zunächst drei Klassen auf bis zu 80 Schulen im Jahr 1972/ 73 aus (vgl. Gompf 1975: 54). Die methodische Ausrichtung war, wie bereits in Kassel, stark an den Grundüberzeugungen für das Lernen in der fünften Klasse orientiert. Diese Ansätze wurden jedoch um allgemeingrundschulpädagogische Prinzipien erweitert, sodass ein methodisches patchwork für ein übergreifendes Sprachengesamtkonzept erprobt werden konnte. Ziel war es, „das grundlegende Sich-Einhören und Eingewöhnen, für eine erste intensive Begegnung mit der gesprochenen englischen Sprache“ (ebd.: 55f) zu fördern. Es ging „nicht um die Vermittlung von Wissen über die fremde Sprache“ (ebd.: 59), sondern um richtiges Diskriminieren, Verstehen, einwandfreies Artikulieren, flüssiges Sprechen und das Verwenden der richtigen Intonation. Solche Übungen zum Gebrauch der Sprache wurden vornehmlich durch Lieder und Reime, in Unterrichtspielen sowie durch dialogisierte Handlungsabläufe angeboten. Trotz der Wahl der Methodik wurde nicht unkritisch angenommen, dass Lieder und Reime „nur höchst bedingt für den eigentlich zu erwerbenden Wortschatz sinnvoll [sind], weil sie veraltetes bzw. ausgefallenes Vokabular enthalten; ihr Satzbau ist oft ‚um des Reimes willen‘ verdreht; die in ihnen enthaltenen Zeitformen eignen sich wenig zur Verwendung in einem Anfangsunterricht, etc.“ (ebd.: 56). Die erhobenen Leistungen bezüglich des Hörverstehens und der Sprachproduktion ergaben, „daß auch solche Schüler, die im vorangegangenen Unterricht zu dem ‚unteren Drittel‘ gehörten, bei einer Ausrichtung auf diese Lernziele [richtiges Diskriminieren, Verstehen der fremden Sprache, einwandfreies Artikulieren, flüssiges Sprechen, Verwenden richtiger Intonation, H.D.] zu beachtlichen Leistungen und zum Teil sogar zu einer positiven Gesamtmotivation angeleitet werden konnten“. Insgesamt konnte die Intonation als die Kategorie von Sprachbeherrschung herausgestellt werden, welche den jungen Lernern die meisten Schwierigkeiten bereitete (vgl. Gompf 1975: 61). Bezüglich methodischer Entscheidungen wurde deutlich, dass der Kontakt zur fremden Sprache in der Grundschule wesentlich kleinschrittiger erfolgen muss, als dies in den weiterführenden Schulen der Fall war. In jedem der bisherigen Versuchsdurchgänge haben wir feststellen können, daß die Schüler nur dann eine gewisse Sicherheit innerhalb der mündlichen Sprachanwendung erreichen, wenn der Stoffumfang im Vergleich zum bisherigen englischen Anfangsunterricht sehr bescheiden bleibt. (Gompf 1975: 55) <?page no="23"?> 23 Mit den Offenbacher Versuchen konnte ebenso wie bereits mit FLES darauf hingewiesen werden, dass der Input die zentrale Rolle im Fremdsprachenunterricht spielte. Ferner wurde belegt, dass es weniger die quantitative Masse an Sprache war, welche zu positiven Lernerfolgen führte, als vielmehr die Qualität von Unterricht sowie die Passgenauigkeit auf die Leistungsstände der Lerner. Parallel hatten gegen Ende der 1960er-Jahre Doyé und Lüttge (1977) begonnen, die Leistungsentwicklungen im Englischen von Schülern, die in der dritten Klasse mit dem fremdsprachlichen Lernen begannen, über einen Zeitraum von fünf Jahren zu beobachten. Um zu vergleichbaren Aussagen zu kommen, erhoben die Wissenschaftler den Lernzuwachs und die Leistungen in unterschiedlichen Kompetenzbereichen nach jedem Lernjahr. Mit den Ergebnissen konnte dargelegt werden, dass das Können der Lerner am Ende der dritten Klasse bezüglich der Sprachproduktion geringer war als im Hörverstehen und in der Aussprache. Ein Vergleich der Leistungen der fünften und sechsten Klassen stellte heraus, dass sich der Leistungsunterschied zwischen den Frühbeginnern (Start in Klasse 3) und den regulären Klassen (Start in Klasse 5) mit zunehmendem Abstand zur Grundschulzeit verringerte. Zwar konnte bei den Frühbeginnern am Ende der sechsten Klasse immer noch ein höheres Niveau festgestellt werden, doch hatte sich der Vorsprung erheblich reduziert (vgl. Doyé/ Lüttge 1975: 140f). Obwohl auch von Doyé und Lüttge ebenso wie durch FLES gezeigt werden konnte, dass ein früh einsetzender Unterricht positive Folgen auf die fremdsprachlichen Fertigkeiten der Lerner hatte, wurden auch diese Ergebnisse als nicht ausreichend bewertet, um den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule offiziell einzuführen. Aus heutiger Sicht kann jedoch argumentiert werden, dass die Lerner sehr wohl vom frühen Unterricht profitiert haben und angenommen werden kann, dass deren Leistungen weitaus stärker ausgeprägt gewesen wären, wenn die Methodik des Unterrichts intensiver an den Bedürfnissen der jungen Schüler ausgerichtet worden wäre, als dies in den 1960er- und 1970er-Jahren der Fall war. Dass für die Leistungen in den Bereichen Mathematik und Rechtschreibung keinerlei Defizite festgestellt wurden, welche auf das fremdsprachliche Lernen zurückzuführen waren (vgl. ebd.: 143f), kann ebenfalls positiv gesehen werden. Aus heutiger Perspektive ist es eindeutig, dass bereits die frühen Studien Belege für die Vorteile eines frühen Kontaktes zur Fremdsprache geliefert haben. Auf Bestrebungen der Schulverwaltung wurden 1966/ 67 erste Versuche in Hannover initiiert, welche durch eine Longitudinalstudie (1970-74) unter Leitung von Hellwig, Kröpelin und Brader (1975) vertieft wurden. Durch Unterrichtsbeobachtungen, Leistungserhebungen sowie Interviews von Lehrern, Schülern und Eltern wurden Einblicke in die Effizienz des Fremdspra- <?page no="24"?> 24 chenunterrichts in der dritten und vierten Klasse gewährt sowie die langfristigen Wirkungen über die Grundschulzeit hinaus erfasst. Ab 1970/ 71 wurde das Projekt vom niedersächsischen Ministerium in den Kanon neuer Schulversuche aufgenommen, wodurch die Anlegung, die Durchführung sowie die Rezeption der Ergebnisse gestärkt wurden. Die Tests zu den Schülerleistungen ergaben, dass die Fertigkeiten im rezeptiven Bereich stärker ausgeprägt waren als die der produktiven Artikulation. Im Detail zeigte sich in Bezug auf mündliche Produktion eine starke Streuung der Leistungen innerhalb einer Klassenstufe. Vor allem im Bereich des imitativen Sprechens, welches in den frühen Studien eine klassische Erhebungskategorie darstellte (vgl. Doyé 1975, Preibusch 1979), hielten sich diese Unterschiede. Auch wenn im Wortschatztest und im grammatikalischen Können allgemein gute bis zufriedenstellende Leistungen gezeigt wurden, so dominierten die rezeptiven über die produktiven Fertigkeiten (vgl. Hellwig et al. 1975: 95). Die den Lehrern empfohlenen bewusstmachenden Hilfen (nicht die Vermittlung formaler Regeln) beim Sprachumgang mit verschiedenen grammatischen Formen und Beziehungen einfacher Art scheinen also bei etlichen Schülern dieses Alters durchaus schon eine Lernbasis zu finden. (Hellwig et al.1975: 97) In Bezug auf kausale Schlüsse zwischen den erbrachten Leistungen und der Unterrichtsqualität konnten auch die Hannoverschen Schulversuche (wie zuvor durch FLES und von Gompf) zeigen, dass ein engagierter Einsatz der Lehrkraft und eine damit einhergehende intensive Unterrichtsdichte schwächere Klassen über die Zeit positiv beeinflussten und deren Leistungsvermögen zu erhöhen halfen (vgl. ebd.: 94). Zudem konnten erstmals im umfassenden Maße positive Einschätzungen von Eltern und Lernern gegenüber dem Fremdsprachenunterricht in der Primarstufe gesammelt werden (vgl. ebd.: 100). Ein typisches Beispiel für das Engagement in den 1970er-Jahren stellen die dokumentierten Schulversuche in Osterode dar (Helms/ Möhle 1975), welche aus dem Unmut einer einzelnen Lehrkraft entstanden waren. Aus Unzufriedenheit mit den Leistungen von Hauptschülern der Klassen acht und neun entwickelte diese Pädagogin Lernszenarien für die dritte und vierte Klasse, die sie zu Beginn in Blöcken von 20 Minuten (später von 30 bis 40 Minuten) in ihren Unterricht einschob. Im Laufe des Projektes weitete sich die Untersuchung auf weitere Lehrkräfte aus und fand eine wissenschaftliche Begleitung durch die Pädagogische Hochschule Göttingen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurden Daten gesammelt, aus denen zu ersehen war, dass die Sprechbereitschaft der Schüler durchschnittlich sehr hoch war. Eine bessere Imitationsfähigkeit der Grundschulkinder im Vergleich zu den älteren Lernern wurde nicht bestätigt, welches mit einer noch nicht ausreichenden Fä- <?page no="25"?> 25 higkeit der Lautdiskriminierung begründet wurde und sich mit den Ergebnissen von Gompf deckte (vgl. Helms/ Möhle 1975: 151). Interessanterweise wurden in diesem Forschungsprojekt erstmals negative Effekte eines frühen Kontaktes diskutiert. Zuvor war zwar auf neutrale Ergebnisse hingewiesen worden, welche als negative Belege rezipiert wurden. Es waren jedoch bis dato keine explizit negativen Testergebnisse benannt und diskutiert worden. In Osterode zeigte sich, dass vor allem bei leistungsschwachen Schülern die anfänglichen Lernerfolge im Laufe des ersten Schuljahres abnahmen. Auch verhaltensauffällige Lerner zeigten Probleme, da die mündliche Ausrichtung des Unterrichts ein störendes Verhalten zu begünstigen schien. Zusätzlich wurde noch im Versuchszeitraum das Einstiegsalter für das fremdsprachliche Lernen von der zweiten in die dritte Klasse zurückverlegt und wie folgt begründet: Dieselben Inhalte und Strukturen wurden von 8jährigen Schülern wesentlich schneller und sicherer bewältigt als von 7jährigen. (ebd.: 152). Eben diese Überlegungen eines späteren Beginns stehen heute wieder zur Debatte und verdeutlichen, dass aktuell diskutierte Fragestellungen bereits in den frühen Versuchen aufgetreten sind. Auch wenn ein späterer Beginn kürzlich vor allem in Baden-Württemberg wieder verhandelt wurde, so unterscheiden sich die Situationen jedoch dadurch, dass es sich damals um einige wenige Schulen handelte, während heutzutage das gesamte Schulsystem von solch strukturellen Fragen betroffen ist. In Osterode zeigte sich jedoch noch ein weiteres Phänomen, welches in den letzten Jahren die Debatte in der Fremdsprachendidaktik belebt hat. So zeichnete sich bereits damals ab, dass die Lerner gegen Ende der dritten Klasse die schriftliche Visualisierung der gesprochenen Wörter einforderten. Diese Einsichten stützen die Aussagen Rymarczyks (2008: 173ff), welche genau diesen Fakt auf Grundlage ihrer Forschung 33 Jahre später publiziert hat (vgl. Kap. 5.2.3). In Osterode wurde die Schrift infolge dieser Einsicht nach einem Lernjahr am Ende der dritten Klasse eingeführt. Den Anstoß dazu gaben zunächst hauptsächlich die Schüler selbst mit ihrem Wunsch, Gesprochenes auch schreiben zu können, und ihren Versuchen, auf eigene Faust und nach Gutdünken ein Schriftbild zu erfinden. (Helms/ Möhle 1975: 153). Für die erste und zweite Klasse konnten mit den Studien zum Frühbeginn Französisch (vgl. Pelz 1975: 71ff) erstmals Ergebnisse festgehalten und mit denen von Dritt- und Viertklässlern verglichen werden. Es ergab sich, dass zwischen beiden Gruppen maßgebliche Unterschiede zu erkennen waren, während das Leistungsniveau innerhalb der Gruppen konsistent war. Im Detail zeigten die Schüler der ersten beiden Klassenstufen vor allem Schwächen <?page no="26"?> 26 in der Aussprache, wie sie bereits für das Englische bei Gompf (1975) und Hellwig et al. (1975) festgestellt worden waren, und der Artikulation (vgl. ebd.: 90). Mit seinen Ergebnissen konnte Pelz bereits in den 1970er-Jahren darauf hinweisen, dass zwischen dem fremdsprachlichen Lernen der ersten zwei Grundschuljahre und dem der folgenden eine methodische wie leistungsorientierte Unterscheidung zu treffen ist. So entschied er bereits lange vor der Diskussion um die Frage, ob die Fremdsprache in die Fächer des bestehenden Kanons zu integrieren (Klassenlehrerprinzip) oder als separates Fach (Fachlehrerprinzip) anzubieten sei: Weder läßt sich eine signifikante Überlegenheit des Klassenlehrersystems über das Fachlehrersystem nachweisen, noch ist anzunehmen, daß Leistungsdifferenzierung zu besseren Gesamtergebnissen führen würde. (a.a.O.). Mit dieser Aussage unterstrich Pelz abermals die Bedeutung der Lehrkraft für einen angemessenen Unterricht, welcher zu einer Leistungserhöhung der Lerner beitragen kann, was aktuell auch von Hattie (2009/ 2012) belegt ist. Diese ausgesprochene Bedeutung der Lehrkräfte führte in den 1970er-Jahren letztendlich zu der Annahme, dass ein guter Unterricht in der Fremdsprache nur zu realisieren sei, wenn universitär ausgebildete Fremdsprachenlehrer in separaten Sequenzen von 45 Minuten einen kontinuierlich fortschreitenden „Lehrgang“ anböten (vgl. Gutschow 1975: 18). Diese Frage nach der Ausbildung von Lehrkräften ist erneut ein Thema, welches aktuell diskutiert wird. Denn die flächendeckende Einführung des fremdsprachlichen Unterrichts in die Grundschulen fand zunächst trotz Mangel an ausgebildeten Lehrkräften statt. Vielmehr wurde die Ausbildung für das Lehramt an Grundschulen mit dem Fach Englisch in den Bundesländern meist parallel zum Unterricht eingeführt, wodurch sich der Eintritt der entsprechenden Lehrkräfte in die Schule zunächst verzögerte. Diese Lücke wurde überbrückt mit Grundschullehrkräften, die in Fortbildungen sporadisch auf ihr neues Tätigkeitsfeld vorbereitet worden waren. Mit Bezug auf das letzte Teilkapitel kann antizipiert werden, welche Wirkung diese mangelnde Ausbildung auf den Unterricht und damit auf die Leistungen der Schüler hatte. Neben der Rolle der Lehrkraft zeigten die Studien der 1960er- und 1970er- Jahre vor allem, dass sich die rezeptiven Fertigkeiten bei jungen Lernern weitaus stärker und schneller etablierten als die produktiven (vgl. Hellwig et al. 1975, Doyé/ Lüttge 1975). Dennoch konnte festgestellt werden, dass die Bereitschaft zu sprechen in der Sekundarstufe bei Lernern intensiver ausgeprägt war, welche bereits in der Grundschule Kontakt zur fremden Sprache hatten (vgl. Helms/ Möhle 1975). Grundsätzlich galt jedoch für jeden Vorsprung, dass dieser sich im Laufe der Zeit immer weiter reduzierte und die später <?page no="27"?> 27 einsetzenden Lernenden schnell aufholten (vgl. Doyé/ Lüttge 1977). Lediglich in den Bereichen Intonation und Hörverstehen zeigten Früheinsteiger längerfristig bessere Leistungen (vgl. Gompf 1975, Doyé/ Lüttge 1975). Das höhere Interesse der Lerner ging mit den Forderungen einher, das Schriftbild zu erlernen und die rein auditiv vermittelte Sprache zu visualisieren (vgl. Helms/ Möhle 1975). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit den Ergebnissen der frühen Versuche im deutschen Kontext trotz kleiner Probandengruppen infolge ihrer meist longitudinalen Erhebungszeiträume entscheidende Einsichten in die Möglichkeiten frühen fremdsprachlichen Lernens im Primarbereich generiert werden konnten. Wie bereits zuvor erwähnt wurde, war die wissenschaftliche Fachwelt den frühen Versuchen aufgrund nicht immer eindeutig positiver Befunde gegenüber kritisch eingestellt. Obwohl die Kontaktzeit mit bis 100 Minuten Unterricht pro Woche in Klasse 3 bis 165 Minuten in Klasse 4 (vgl. Hellwig et al. 1975: 125, Helms/ Möhle 1975: 150) vor allem im vierten Schuljahr deutlich höher lag als heute, wurden die Wirkungen des Unterrichts auf die Leistungen der Schüler als zu gering eingeschätzt. Auch die als lernförderlich angenommene Struktur der integrierten Vermittlung der Fremdsprache in vier bis fünf Blöcken pro Woche konnte nicht über signifikant große Unterschiede zwischen den Lernern und die geringen Vorteile der Frühbeginner hinwegtäuschen. Allerdings wurden Aspekte wie eine unpassende methodische Vorverlegung von Strukturen der Sekundarstufe oder nicht ausgebildete Lehrkräfte selten reflektiert. So wirkte auch das schnelle Aufholen der Schüler in der Sekundarstufe wenig befriedigend (vgl. Doyé 1975, Hellwig et al. 1975). Insgesamt überraschend ist, dass die damaligen Fragestellungen noch heute teilweise unbeantwortet scheinen bzw. stark diskutiert werden. Dieser Zusammenhang wird vor allem deutlich, wenn die Herausforderungen und Chancen aktuell implementierter Ansätze diskutiert werden (vgl. Kap. 5-7). Außerhalb der Fachwelt wurden die Erkenntnisse zunehmend von der Politik anerkannt und die Schulversuche teilweise durch Arbeitsgruppen der Kultusministerien unterstützt und koordiniert (vgl. Hellwig et al. 1975). Finanzielle Hilfen sowie curriculare Konsequenzen blieben den Forschern wie den Schulen jedoch lange vorenthalten (vgl. Böttger 2010: 15). Erst zu Beginn der 1970er-Jahre reagierten auch die Schulinspektionen und entwarfen - neben den Bestrebungen in Hessen - auch in anderen Bundesländern erste Richtlinien (Nordrhein-Westfalen) und Lehrpläne (Niedersachsen, Baden- Württemberg) für das Fach Englisch ab Klasse 3 (vgl. Beckmann 2006: 13, Thürmann 2009: 5). Als Grund für das lange Zögern wurde u.a. die Ablehnung eines neuen Leistungsdrucks diskutiert, der nicht konform zu den allgemeinen Anforderungen der Grundschule stünde. Auch wurde vermutet, dass eine Einführung der Fremdsprache in den Fächerkanon der Grundschule <?page no="28"?> 28 auf Kosten der Erstsprache bzw. der Zweitsprache bei Kindern mit sprachlichen Leistungsschwächen gehen könnte (vgl. Elsner 2007: 24). Zudem ergaben sich organisatorische Herausforderungen und die Schwierigkeit im Übergang. Letztendlich führte die mangelnde Vernetzung der Versuche untereinander zu einer Reduktion ihrer Wirkungskraft. Dies bewirkte eine Schwächung des gesamten forscherischen Anspruchs und unterstützte „die geringe Bereitschaft der Bildungspolitik“ (Thürmann 2009: 6). Doch trotz aller Kritik und Hürden hielt sich die Annahme, dass die Lerner durch einen frühen Beginn die „Fremdsprache länger (mithin mehr von ihr), schneller (qua Disposition), leichter (qua Disposition), richtiger (qua Disposition) angenehmer (aufgrund abweichender Unterrichtspraxis gegenüber dem Ernstfall ab Klasse 5), kurzum mit Vorteil“ (Preibusch 1979: 7f) erwerben könnten. 2.4 Die Weiterführung in den 1980er-/ 1990er-Jahren In den 1980er-Jahren nahmen die fakultativen Angebote an Grundschulen zu (vgl. Thürmann 2009: 6f). Das zahlenmäßige Wachstum bewirkte eine Ausdifferenzierung der methodischen Ansätze sowie der Zieldimensionen eines frühen Kontaktes zur Fremdsprache. Im Oberrheingebiet wurde 1984 das Projekt „Lerne die Sprache deines Nachbarn“ (Pelz 1989) implementiert. Aus der Nähe zum Nachbarland Frankreich entstand bei Eltern, Schülern und Lehrkräften der Wunsch, einen Unterricht in der französischen (bzw. auf französischem Boden in der deutschen) Sprache sowie gegenseitige Besuche durchzuführen. Parallel startete in Nordrhein-Westfalen eine Initiative unter dem Titel „Begegnungen mit Englisch“ (Bebermeier 1992), in welcher sich erstmals politische Instanzen intensiv in eine fremdsprachliche und kulturelle Förderung einbanden. Initiiert vom Landesinstitut für Weiterbildung (vgl. Thürmann 2009: 7) sollten die Schüler vielfältige Sprachkontakte erleben, um für die eigene sowie die fremde Sprache sensibilisiert zu werden. In diesem Sinne wurde die sprachliche Vielfalt der Klassenzimmer genutzt und gewürdigt, indem linguistische Aufgabenformate die Bewusstmachungsprozesse der Lerner fördern sollten. Das übergreifende Ziel beider Programme lag darin, die Schüler für die Sprache als solche sowie für kulturelle Bedeutungen dieser zu sensibilisieren. Anders als in den Versuchen früherer Jahrzehnte rückte in diesen begegnungssprachlichen Ansätzen der Erwerb konkreter sprachlicher Fertigkeiten in den Hintergrund. Mit dem Beginn der 1990er-Jahre wurden auch die Bestrebungen im Grundschulbereich durch den allgemeinen fremdsprachendidaktischen Paradigmenwechsel überlagert. Zunächst hatte die Schrift „Englischunterricht“ von Bach und Timm (1989) einen deutlichen Einfluss auf die Fremdspra- <?page no="29"?> 29 chendidaktik in Deutschland, das Erlernen fremder Sprachen nicht mehr als sprachsystematische, lineare Progression, sondern als praxisbezogene, handlungsorientierte Aktivität des individuellen Lerners zu begreifen (vgl. Bach/ Timm 2009: 2ff). Diese Annahme stärkte die Überzeugung der Vertreter der Begegnungssprachenprojekte darin, dass das Handeln mit Sprache entscheidend für den kommunikativen Erfolg sei. Über den didaktischen Paradigmenwandel hinaus modifizierte sich die lange Jahre gehaltene Annahme, dass frühes Fremdsprachenlernen uneingeschränkt positiv wirken würde. Von Singleton (1995: 4) wurde diese Aussage nach und nach moderater formuliert, sodass Tendenzen eines Vorteils langfristig zu erkennen wären. Ein früher Einstieg in die fremde Sprache wurde damit nicht länger als Ausschlusskriterium für ein hohes sprachliches Endniveau gesehen, sondern als eine Möglichkeit, langfristig ein gutes sprachliches Niveau zu erreichen. Diese langfristige Auswirkung des Frühbeginns hatte sich bereits in den Erhebungen von Doyé und Lüttge (1977) angedeutet. Alle fachdidaktischen Veränderungen wurden begleitet von politischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozessen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union, dem Zusammenwachsen Deutschlands, einer verstärkten Zuwanderung und der zunehmenden Globalisierung (vgl. Christ/ de Cilla 2007: 616) nahm das Interesse zu, vermehrt sprachliche Fertigkeiten im schulischen Kontext zu vermitteln. Die Vollendung des Binnenmarkts in Europa im Jahr 1993 stärkte die Bedeutung und die Einstellungen bezüglich des Englischen als lingua franca zunehmend (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 15). Legutke et al. (2009: 13) fassen diesen Wandel prägnant zusammen: One of the most remarkable changes in European education in recent years have been [sic! ] the universal spread of early learning programs throughout Europe since the 1990s. This trend appears to have been linked in part to the opening of borders across Europe and the enormous increase in economic and cultural exchanges as by-products of globalization. Die zunehmende Einführung des frühen Fremdsprachenlernens an Grundschulen scheint spätestens seit den Veränderungen der 1990er-Jahre als eine logische Konsequenz in einem zusammenwachsenden Europa, welches verstärkt mehrsprachliche und kulturelle Kompetenzen und Haltungen fördern möchte. Bei allem politischen Einfluss darf jedoch nicht vergessen werden, dass vor allem die Beharrlichkeit der Schulversuchsleiter aus den 1960er- / 1970er-Jahren zu einer wachsenden Reputation frühen Fremdsprachenlernens beigetragen hat, welche eine Voraussetzung für seine später flächendeckende Implementierung war. <?page no="30"?> 30 2.5 Der Konzeptionenstreit der 1990er-Jahre Während die Einsicht in die Wichtigkeit frühen Fremdsprachenlernens in den 1990er-Jahren wuchs - unter anderem befördert durch die programmatische Schrift von Gompf (1992) „Fremdsprachenbeginn ab Klasse 3: Lernen für Europa“, verlor die Frage nach der Legitimation frühen Fremdsprachenlernens langsam an Relevanz. Die Überzeugung, dass fremdsprachliches Lernen in der Grundschule sinnvoll sei, hatte sich durchgesetzt und wurde durch die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz auf politischer Ebene legitimiert (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 15). Trotz der übereinstimmenden Bejahung zeichnete sich jedoch keine einheitliche methodische Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule ab. Vielmehr entstand nun ein Disput zwischen den Befürwortern des begegnungssprachlichen (Pelz 1989/ 1992, Bebermeier 1992) und des systematischen Ansatzes (Doyé 1975/ 1991, Sauer 1993) darüber, wie viel Gewicht die kognitiven und die affektiven Anteile in einem fremdsprachlichen Unterricht haben sollten und welche methodischen Prinzipien die richtigen seien (vgl. Doyé 1991, Pelz 1992). Die Vertreter der Idee der affektiv-emotional geprägten, ganzheitlichen Begegnung mit der Sprache - in Nordrhein-Westfalen Bebermeier (1992) und in Baden-Württemberg Pelz (1989) - deklarierten die Schulversuche von Doyé und Lüttge (1977) als eine nicht kindgemäße Vermittlung von Sprache, weil diese auf einen systematischen Aufbau von Sprachkompetenz abzielten, der erst für ältere Lerner angemessen sei. Die begegnungssprachliche Idee knüpfte hingegen an die Grundschulpädagogik an (vgl. Elsner 2007: 29) und passte sich einem Gesamtkonzept grundschulgemäßen Lernens an, welches sich an den entwicklungsspezifischen Bedürfnissen der jungen Lerner und deren Berücksichtigung in schülerzentrierten, eigenaktiven, geöffneten Lernarrangements orientierte (vgl. Knauf 2009: 104ff) und diese mit fremdsprachendidaktischen Aspekten verband (vgl. Keßler 2006). Durch die spielerische Auseinandersetzung in begegnungssprachlichen Programmen wurden vor allem affektive Lernziele, wie u.a. die Freude am und die Motivation zum Fremdsprachenlernen sowie erste Einsichten in kulturelle und sprachliche Besonderheiten der Zielsprache, gefördert. Dabei wurden das Konzept der „Language Awareness“ sowie dessen unterrichtspraktische Implikationen - beschrieben in der zweiten Monografie von Hawkins (1984) - zur Basis des begegnungssprachlichen Lernens und die fremde Sprache und Kultur zu wesentlichen Elementen einer grundlegenden Bildung (vgl. Elsner 2007: 29). Der systematische Fremdsprachenunterricht (Doyé 1975/ 1991, Sauer 1993) orientierte sich hingegen am Anspruch der ersten Schulversuche der 1960er-/ 1970er-Jahre (vgl. Sauer 1993: 92). Das Ziel des systematischen <?page no="31"?> 31 Fremdsprachenlernens war das Erlernen einer elementaren sprachlichen Kompetenz (vgl. Hegele 1994: 8) als Grundlage für ein anschließendes Fremdsprachenlernen in der Sekundarstufe und darüber hinaus (vgl. Sauer 1993: 88). Das eigentliche Ziel richtete sich somit auf die zukünftige sprachliche Entwicklung, während der begegnungssprachliche Kontext förderliche Wirkungen auf die aktuellen Dispositionen und Entwicklungen der Schüler haben sollte. Methodisch wurde die Idee des praxisbezogenen und handlungsorientierten Lernens übernommen, welches von einer systematischen Anwendung der Fremdsprache in einem handlungsorientierten und kommunikativen Unterricht ausging (vgl. Alig 1992: 8). Durch die explizite Vermittlung und Verwendung grammatikalischer Strukturen sollten die sprachlichkommunikativen Fertigkeiten der Lerner gezielt aufgebaut werden. Es ging weniger um eine persönlichkeitsbildende Funktion des Lehrens und Lernens, wie dies in allgemeinpädagogischen Konzepten fokussiert wurde, sondern um „die Vermittlung einer elementaren sprachlichen Kompetenz, welche das Erlernen von Fremdsprachen in den Sekundarstufen erleichtern“ (Elsner 2007: 29) sollte. Elemente interkultureller Bildung oder Language Awareness verloren an Bedeutung und fächerübergreifende Bezüge wurden ebenfalls kaum thematisiert (vgl. Keßler 2006: 45). Der starke Bezug zu den didaktischen Grundannahmen der Sekundarstufe verleitete die Kritiker zu der Einstufung des systematischen Fremdsprachenlernens als reine Vorverlegung des Unterrichts (vgl. Pelz 1992: 167). Im Zuge der bereits beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungen gegen Ende der 1990er-Jahre wuchs die Einsicht, dass die Chancen für eine nachhaltige Wirkung in wirtschaftlichen und politischen Interessen Europas durch fremdsprachliche Kompetenzen zu erhöhen seien (vgl. Legutke et al. 2009: 16). Im Sinne eines gewünschten Einigungsprozesses wurden die konkurrierenden Konzeptionen „aufgrund von politischem Willen, [...] nicht aufgrund von Forschungsempfehlungen“ (Kubanek-German 2003: 20) zusammengeführt. Dabei kristallisierten sich drei Leitideen fremdsprachlichen Lernens heraus, welche erstens die Verzahnung fremdsprachlichen Lernens mit Inhalten und Methoden etablierter Fächer, zweitens den Vorrang des mündlichen Sprachgebrauchs sowie drittens den Verzicht auf Leistungsbewertungen als Grundpfeiler des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule darstellten (vgl. Böttger 2010: 16). Praktisch wurde der Unterricht daher zunächst ökonomisch in die bestehenden Fächer integriert (vgl. Helfrich 1999: 61f), wodurch die fremde Sprache genutzt wurde, um fachimmanente Inhalte zu vermitteln. Auch wenn der Ursprung in der einfachen Handhabung dieser Art zu unterrichten lag und der Angst vor einer Überforderung durch die begrenzte Zeitspanne von 15-20 Minuten vorgebeugt wurde (vgl. Mayer 2009: 64), ergab sich aus diesen Strukturen ein bis heute in der Regel- <?page no="32"?> 32 schule häufig nicht erkannter Mehrwert, authentische Situationen einer Bedeutungsaushandlung durch die Anbindung der Fremdsprache an bekannte Inhalte zu ermöglichen. 2.6 Der einheitliche Übergang in das 21. Jahrhundert Der Start ins neue Jahrtausend schien von einem Erfolg für die Verfechter des frühen Fremdsprachenlernens gezeichnet. Auch wenn ab 1999 der Fremdsprachenunterricht schrittweise in den Grundschulen eingeführt wurde, existierte trotz einiger grundlegender Prinzipien immer noch keine einheitliche Konzeption (vgl. Elsner 2007: 32f). Parallel zum Ringen um eine konzeptionelle Grundlage wurde als Folge erster flächendeckender Vergleichstests nach einem neuen Kompetenzbegriff gesucht (vgl. Esslinger-Hinz/ Hahn 2004: 9). 2001 erschien mit der Publikation D IDAKTIK UND M ETHODIK FÜR DEN E NG- LISCHUNTERRICHT . K OMPAKTER Ü BERBLICK , Z IELE , V ERFAHREN FÜR DIE K LAS- SEN 1-4. von Schmidt-Schönbein (Neuauflage in 2008)- nicht zuletzt aufgrund des Titels - eine erste umfassende didaktische Abhandlung des Grundschulenglischunterrichts. Bereits 1997 hatte Sarter in ihrer Publikation allgemeine Ziele für den frühen Fremdsprachenerwerb vorgestellt (vgl. Sarter 1997: 17f). Auch die Veröffentlichung von Bliesener und Edelenbos (1998) - orientiert an der politischen Kompetenzdebatte - zeigte erste Tendenzen in Richtung einer gemeinsamen, an Ergebnissen orientierten Idee. Diese Entwicklung war zeitlich flankiert von einer allgemeinen Standardisierung des Lernens im Anschluss an PISA I (vgl. Baumert et al. 2001). 2003 beschrieben Mindt und Schlüter in ihrer Veröffentlichung (Neuauflage 2007) eindeutige Ziele und Prinzipien, welche zu den Grundlagen eines ergebnisorientierten Unterrichts wurden. Unterschwellig enthielt der ergebnisorientierte Ansatz, wie bereits bei Bliesener und Edelenbos (1998) erkennbar, viele Aspekte des systematischen Lernens, in welchem ein zielgerichtetes Erlernen von Sprache in den Vordergrund gerückt und der Unterricht als Initiierung eines Ergebnisses gesehen wurde (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 17ff). Interkulturelles Lernen wurde als Produkt im Prozess funktionaler Kompetenzen verstanden und weniger in seiner umfassenden Idee gedacht. Ebenso wurde der Aspekt der Language Awareness lediglich auf ein Nachdenken und Wissen über Sprachsysteme heruntergebrochen, wodurch die begegnungssprachliche Idee des multikulturellen Klassenzimmers abhandenkam (vgl. Elsner 2007: 35). Ebenfalls 2003 führte Nordrhein-Westfalen Englisch ab der dritten Klasse ein und startete im Folgejahr mit der EVENING-Studie eine der bislang umfangreichsten Untersuchungen im Feld des frühen Fremdsprachenlernens in Deutschland. In der EVENING-Studie wurden 1500 Schüler im Hörverstehen <?page no="33"?> 33 und 400 in der mündlichen Produktion getestet sowie 400 Lehrer zu ihrer Unterrichtsmethodik befragt und 88 Englischstunden videografiert (vgl. Groot-Wilken 2009: 124). Die Studie kann als Initialzündung für eine neue Welle empirischer Vorhaben verstanden werden, welche alle eine Beschreibung des Status quo darstellen und auf dieser Grundlage nach Lösungen zur Verbesserung des Unterrichts suchen. Mit dem Schuljahr 2004/ 2005 kam es zu dem, was Jaffke 1996 noch als unvorstellbar beschrieben hatte: der Vollendung der bundesweit flächendeckenden Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule (Kierepka et al. 2004: 7). 2.7 Status quo frühen Fremdsprachenlernens Mittlerweile wird eine Fremdsprache in der Grundschule in allen Bundesländern unterrichtet. Während in einigen bereits ab der ersten Klasse verbindlich gelernt wird, nehmen die Bestrebungen der Bundesländer insgesamt zu, eine Fremdsprache ab der ersten Klasse in Schulversuchen oder freiwilligen Angeboten anzubieten. Mit der zunehmenden Etablierung des Faches im Kanon der Grundschule wurden verbindliche Richtlinien von den 16 Kultusministerien verabschiedet. Diese unterscheiden sich mitunter extrem, was sich bereits in den heterogenen Bezeichnungen dieser verdeutlicht. Diese Bildungspläne, Lehrpläne, Rahmenpläne, Rahmenlehrpläne, Teilrahmenpläne, Fachlehrpläne, Kerncurricula und Integrierte Handreichungen differieren wiederum bei der Wahl struktureller Vorgaben, wie der Zielsprache, dem Zeitpunkt des Beginns, der Unterrichtszeit pro Woche sowie der Lehreraus- und -weiterbildung (vgl. Elsner 2010: 20, Kolb/ Mayer 2010: 3ff). Bezüglich der Unterrichtszeit ist diese in der überwiegenden Zahl der Länder auf zwei Stunden à 45 Minuten pro Woche begrenzt. In Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz gibt es ein gestaffeltes Zeitsystem (vgl. Tab. 1). Bundesland Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 4 Berlin 2 h 3 h Brandenburg 1 h 3 h Rheinland-Pfalz 50 min 100min Tab. 1: Verteilung der Unterrichtszeit in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen bieten als einzige Bundesländer bislang konsequent drei Stunden fremdsprachlichen Unterricht pro Woche an (vgl. Elsner 2010: 20). Dennoch besteht Konsens bezüglich des Fremdsprachenunterrichts als eigenständigem Fach. Die seit den 1970er-Jahren lange angewandte integrative Vermittlung sprachlicher Inhalte innerhalb sachfach- <?page no="34"?> 34 licher Fächer, welche in der wissenschaftlichen Diskussion heute wieder einen hohen Stellenwert einnimmt, hat praktisch übereinstimmend ausgedient (vgl. Gompf 2009: 8). Fächerübergreifende und -verbindende Lernangebote werden zwar weiterhin in den Vorgaben der Länder gefordert (vgl. Kap. 4.1.1), jedoch gleichzeitig durch die strukturelle Einteilung der Fremdsprache in ein separates Fach gehemmt. Eine solche integrative Verwendung findet folglich nur in Schulen mit besonderen Programmen statt. Eine ähnliche Varianz zeigt sich in der sehr elementaren Frage, welche Fremdsprache erlernt werden soll. In der überwiegenden Zahl der Bundesländer ist Englisch als Fremdsprache festgelegt. Das Saarland ist das einzige Land, in welchem ausschließlich Französisch angeboten wird. Neben dem Englischen als dominante Sprache ist es in einigen Ländern gestattet, fakultativ weitere Sprachen anzubieten (vgl. Tab. 2). Bundesland Fakultative Wahl folgender Sprachen Baden-Württemberg Französisch (in der Grenzregion) Berlin Französisch, Spanisch, Polnisch Brandenburg Sorbisch, Polnisch Bremen Französisch Hessen Jede europäische Sprache möglich Mecklenburg-Vorpommern Französisch Nordrhein-Westfalen Niederländisch Rheinland-Pfalz Französisch Sachsen Französisch, Spanisch Sachsen-Anhalt Französisch Schleswig-Holstein Dänisch Thüringen Französisch, Italienisch, Russisch, Litauisch Tab. 2: Fakultativ zu wählende Sprachen in den Bundesländern Wie die Übersicht verdeutlicht, ist die französische Sprache der größte Konkurrent des Englischen. Diese Dominanz des Französischen gegenüber den anderen fakultativ zu unterrichtenden Sprachen ergibt sich zum einen aus der Nähe Deutschlands zu Frankreich, zum anderem vor allem aus der historischen 3 wie aktuellen 4 Stellung des Französischen als Zielsprache fremdsprach- 3 Jahrhundertelang galt das Französische als die gehobene Sprache des Adels und die schöne Sprache alles Kulturellen. Die ideellen Gründe gepaart mit politischen waren im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg ausschlaggebend für eine starke Verbreitung der französischen Sprache in den Klassenzimmern. (vgl. Christ 2010: 19). 4 „Wie die Lernerzahlen zeigen, ist Französisch nach wie vor mit großem Abstand die am häufigsten gewählte 2. Fremdsprache.“ (Caspari 2010: 11) <?page no="35"?> 35 licher Lernprozesse im deutschen Kontext. Die Betonung von Spanisch und Italienisch lässt sich durch deren Verankerung in der Sekundarstufe sowie durch eine große soziale Relevanz erklären (vgl. Dausend/ Hoodgarzadeh 2011). Ferner sind es die Sprachen der direkt angrenzenden Nachbarländer (wie Dänemark, Niederlande und Polen), welche gelernt werden. Neben geografischen sind es historische Einflüsse, welche dafür sorgen, dass z.B. das Russische weiterhin in Thüringen angeboten wird (vgl. Behr 2009: 2 ff). Weitere Unterschiede liegen in der Art und Weise, wie Schülerleistungen bewertet werden. Mittlerweile verfügen alle Länder über einen Vermerk zu den fremdsprachlichen Leistungen im Zeugnis. Zudem geben die meisten ab der dritten Klasse eine Note (ausgenommen Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen) (vgl. Elsner 2010: 20f). Mit der Aufnahme des Fremdsprachenunterrichts in den Fächerkanon der Grundschule hat sich dieser Bereich auch als anerkanntes Gebiet der Fremdsprachenforschung etabliert. In zahlreichen Forschungsarbeiten werden spezielle Felder des frühen Fremdsprachenerwerbs untersucht, die in ihrer Gesamtheit ein ähnlich mosaikhaftes Bild ergeben wie die Versuche der 1960er- / 1970er-Jahre. Allerdings unterscheiden sich diese von den frühen Versuchen vorwiegend durch spezifischere Fragestellungen, kleinere Probandengruppen und kürzere Erhebungszeiträume. Der explorative Charakter der frühen Stufen ist weitestgehend abgelegt. Die Dichte der Forschungstätigkeit zeigt sich unter anderem darin, dass auf nationalen Kongressen Sektionen angeboten werden, in welchen die expliziten Fragestellungen des Primarbereichs diskutiert werden. Mit der Tagungsreihe F ORTSCHRITTE IM F RÜHEN F REMDSPRA- CHENLERNEN (FFF) besteht seit Oktober 2004 ein eigenes Tagungsformat mit einem Schwerpunkt auf dem fremdsprachlichen Unterricht der Grundschule. Parallel zu den schulpraktischen und wissenschaftlichen Bestrebungen sind die Anfang der 2000er-Jahre publizierten curricularen Vorgaben teilweise überarbeitet worden. Die Länder Sachsen und Thüringen, deren erste Pläne aus der Mitte der 2000er-Jahre stammen, haben diese fünf Jahre später erneuert. In Hamburg und Hessen wurden im Zuge grundsätzlicher Neubeschreibungen der curricularen Vorgaben für die Grund- und Sekundarstufe auch die fremdsprachlichen Richtlinien neu gestaltet und in Hamburg der Englischunterricht ab der ersten Klasse eingeführt. Interessant sind die Vorgaben in Bayern, welche in ihren Grundsätzen aus dem Jahre 2000 stammen. Diese wurden bereits 2004 mit Listen zu Redemitteln und zum Wortschatz ergänzt und waren damit exemplarisch in der Darstellung konkreter Sprachmittel. Mittlerweile finden sich auch in den Rahmenplänen von Bremen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern Angaben zu sprachlichen Mitteln. Die Pläne von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Baden-Württemberg wurden ebenfalls, wie in Hamburg, im Zuge der Einfüh- <?page no="36"?> 36 rung des Fremdsprachenunterrichts ab der ersten Klasse überarbeitet. Dementgegen werden in sieben Länder weiterhin die unveränderten Rahmenpläne genutzt. Die neusten Überarbeitungen sind vor allem der Einführung des kompetenzorientierten Unterrichts geschuldet, welcher im Zuge der Etablierung der Bildungsstandards auch für den Bereich der Grundschule rezipiert wird. Während zu Beginn der Einführung das Erzielen von messbaren Ergebnissen postuliert wurde, werden in den neuen Curricula vielmehr umfassende Kompetenzen ins Zentrum des Lernens gerückt (vgl. HKM 2010a). Folglich stehen weniger die kurzfristigen Ergebnisse von Lernprozessen im Vordergrund, als vielmehr die langfristige Etablierung von Kompetenzen, welche sich aus den Fähig- und Fertigkeiten, dem Können und Wissen sowie den Einstellungen, Haltungen und Motivationen der Lerner zusammensetzen (vgl. Weinert 2001: 17f). Diese Kompetenzen sind die Voraussetzung, um eine Handlungsfähigkeit in der Fremdsprache auszubilden, die weitaus komplexer ist als die um die Jahrtausendwende zu fördernden fremdsprachlichen Fertigkeiten. Allerdings wird der kompetenzorientierte Unterricht bislang in den meisten Curricula global und eher kontrovers beschrieben, da weder didaktische Konzeptionen noch unterrichtspraktische Modelle oder landesweite Bildungsstandards vorliegen. Die Lehrkräfte reagieren folglich verunsichert auf die neue Wende hin zum kompetenzorientierten Lernen, da die Kerncurricula mit dieser noch abstrakter geworden sind. Es existieren lediglich vage Beschreibungen von Inhalten, welche jegliche Grundlagen für eine methodische Umsetzung vermissen lassen. Momentan ist es also die Ausbildung der Lehrkräfte allein, welche die Pädagogen auf die neuen Aufgaben vorbereiten kann. Da allerdings von wissenschaftlicher Seite kein Unterrichtsmodell entwickelt worden ist, kann auch die Ausbildung nur theoretische Impulse bieten. Diesem unglücklichen Zustand kann lediglich Einhalt geboten werden, indem zum einen Unterrichtkonzepte erarbeitet werden und sich zum anderen die Schnelllebigkeit der Bildungslandschaft reduziert (vgl. Bonnet/ Breidbach 2013: 33f). Nur durch konstante didaktische Annahmen und politische Grundlagen können sich Konzepte durchsetzen und ihren Weg über die Lehrerausbildung in die Schule schaffen. Aktuell herrscht jedoch eine Vielfalt an Ansätzen für die fremdsprachliche Vermittlung in der Grundschule, wie z.B. dem ergebnis- und kompetenzorientierten Lernen, dem bilingualen und immersiven Unterricht sowie reformpädagogischen Ideen. Diese Breite konzeptioneller Ansätze lässt erkennen, warum es bisher schwierig war, ein einheitliches Modell zu begründen. Ferner zeigt sich aber immer mehr, dass diese Vielfalt zu Problemen führt, da keine übergreifenden Standards existieren (vgl. Zydatiß 2010: 60; 2013: 123 ff). Die Problematik, welche dem frühen Fremdsprachenlernen augenscheinlich zugrunde liegt, scheint daher nur <?page no="37"?> 37 durch eine Zusammenführung unterschiedlicher konzeptioneller Ansätze zu einheitlichen Zielen, Prinzipien sowie strukturellen und methodischen Vorgaben erreichbar. Trotz der Notwendigkeit weitergehender Analysen können erste Hinweise für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule aus den beschriebenen historischen Entwicklungen hergeleitet werden. • Die Sprachrezeption entwickelt sich früher und intensiver als die Sprachproduktion. • Die zielsprachlich korrekte Intonation muss gefördert werden, denn sie stellt sowohl die Kompetenz mit dem höchsten Anspruchsniveau an die Lerner dar als auch die Fertigkeit, welche als einziger langfristig haltbare Vorteil junger Lerner eingeschätzt wird. • Die Schrift sollte kurz nach Beginn der Alphabetisierung im Deutschen eingeführt werden, da die Lerner diese einfordern. • Die Sprechbereitschaft von Schülern ist höher, wenn diese bereits in der Grundschule an einem fremdsprachlichen Unterricht teilgenommen haben. • Der erzielte Vorsprung fremdsprachlicher Kompetenzen verringert sich mit der Zeit zunehmend. • Die fremdsprachlichen Kompetenzen, die Lerner ausbilden, hängen unmittelbar mit der Unterrichtsgestaltung durch die Lehrkraft zusammen. Diese Hinweise gilt es, bei den folgenden Diskussionen zu beachten, da die aktuelle Situation von einigen bereits früh gewonnenen Erkenntnissen profitieren kann. Diese werden in den folgenden Analysen immer wieder aufgegriffen. Aus der Mannigfaltigkeit des Status quo, wie er hier historisch hergeleitet und beschrieben ist, ergibt sich nun die grundlegende Frage nach den Zielen des fremdsprachlichen Lernens (Forschungsfrage 1). Diese müssen definiert werden, bevor die Prinzipien (Forschungsfrage 2) sowie die strukturellen und methodischen Bedingungen (Forschungsfrage 3) erarbeitet werden können. Zur Bestimmung der Ziele werden im folgenden Kapitel die curricularen Vorgaben auf nationaler (vgl. Kap. 3.1) und europäischer (vgl. Kap. 3.2) Ebene sowie die fachdidaktischen Abhandlungen (vgl. Kap. 3.3) bezüglich der in ihnen beschriebenen Zielsetzung fremdsprachlichen Lernens untersucht. <?page no="38"?> 38 3 Die Ziele des frühen Fremdsprachenlernens Der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule ist mittlerweile zu einer festen Größe im deutschen Schulsystem geworden. Dies ist sowohl auf die Etablierung als ein eigenständiges Schulfach zurückzuführen als auch auf die Tatsache, dass er als Fach mit Notenrelevanz aus methodischer Sicht den Charakter eines reinen Spielfaches abgelegt hat. Parallel zur Etablierung des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule hat sich in der Fremdsprachendidaktik ein eigenständiger Forschungszweig etabliert, der unter der Führung namhafter Wissenschaftler diesen komplexen Bereich erforscht (vgl. u.a. Kubanek-German 2001, Klippel 2003, Keßler 2006, Pienemann et al. 2006, Sambanis 2007, Elsner 2007, Mindt/ Schlüter 2007, Diehr/ Frisch 2008, Schmid-Schönbein 2008, Mindt/ Wagner 2009, Legutke et al. 2009, Böttger 2010, Elsner 2010, Massler/ Burmeister 2010, Kötter/ Rymarczyk 2011, Frisch 2013). Der Fremdsprachenunterricht ist zu einem akzeptierten Bereich im Fächerkanon der Grundschulpädagogik und -didaktik geworden, denn die Wirkung fremdsprachlicher Lernprozesse kann nicht isoliert betrachtet werden, da der Fremdsprachenunterricht neben der Etablierung fremdsprachlicher Kompetenzen einen Beitrag zu allgemeinen kulturellen, sozialen und sprachlichen Zielen des Lehrens und Lernens in der Grundschule leistet. Dementsprechend wird das fremdsprachliche Lernen einerseits in eigenständigen Rahmenlehrplänen gefasst und beschrieben, andererseits in den überfachlichen Kompetenzbeschreibungen aufgeführt. Mit der Einführung der Bildungsstandards wurden die alten Lehrpläne von neuen Kernlehrplänen abgelöst, welche die abstrakt gehaltenen Bildungsstandards auf Fächer und Inhalte beziehen. Der Begriff Lehrpläne im engen Sinne verweist somit auf die Lehrpläne vor 2003. Auch wenn der fachübergreifende und persönlichkeitsbildende Anspruch der Grundschuldidaktik in den Curricula zu erkennen ist, so sind es nach wie vor die fachlichen Ziele, definiert als Kompetenzen, welche im Zentrum stehen. Diese wurden in einer Synopse der Papiere aller 16 Bundesländer hinsichtlich der Zielsetzung des fremdsprachlichen Lernens untersucht und lassen sich wie folgt beschreiben. 3.1 Die Ziele in den curricularen Vorgaben der Bundesländer Die organisatorischen Differenzen zwischen den einzelnen Bundesländern, welche zu Beginn dieses Kapitels dargelegt wurden, lassen bereits erahnen, dass auch bezüglich der inhaltlichen Gestaltung der Rahmenpläne Diskrepan- <?page no="39"?> 39 zen zu erwarten sind. Um diese Unterschiede kriteriengeleitet herausstellen zu können, wird im Rahmen dieser Arbeit eine Synopse der länderspezifischen Vorgaben vorgestellt. Die aktuellen Kerncurricula werden sowohl hinsichtlich der in diesem Kapitel thematisierten Ziele als auch der im nächsten Kapitel diskutierten Prinzipien frühen Fremdsprachenunterrichts untersucht. Anhand von Kategorien, welche aus den curricularen Vorgaben hergeleitet wurden, können inhaltliche Bereiche dieser zum einen für das jeweilige Bundesland beschrieben und zum anderen mit den Angaben anderer Länder verglichen werden. Eine solche Gegenüberstellung ermöglicht es, Überschneidungen und Differenzen herzuleiten und zu belegen, um somit die strukturellen Bedingungen fremdsprachlichen Lernens abstrakter bestimmen zu können. Die Kategorien der Synopse (vgl. Tab. 3) wurden ermittelt, indem in einer ersten Durchsicht einiger Kerncurricula relevante thematische Einheiten markiert worden sind, wie Kompetenzmodell, didaktische Hinweise usw. Diese wurden in einer Liste zusammengefasst und ihre Relevanz durch die Nennungen in weiteren Rahmenplänen verdichtet. Nachdem die Struktur der Synopse durch die Kategorienbildung bestimmt worden war, wurden die Curricula hinsichtlich der erstellten Kategorien gefiltert. Im Folgenden werden die elementaren Aussagen der Kerncurricula beschrieben und kontrastiert, sodass jede Kategorie sowohl aus der Sicht des jeweiligen Bundeslandes als auch im Vergleich dessen zu den anderen Ländern erläutert wird. Für die Analyse konnten folgende Kategorien ermittelt werden: Kategorie 1 Zieldimensionen frühen Fremdsprachenlernens 2 Kompetenzmodelle 3 Beschreibung der Kompetenzniveaus 4 Didaktische Prinzipien 5 Methodische Hinweise 6 Inhaltsbereiche und Themenfelder 7 Sprachmittel und Wortschatz 8 Formen der Leistungsbewertung Tab. 3: Kategorien der synoptischen Analyse der curricularen Vorgaben <?page no="40"?> 40 Anhand dieser Kategorien werden die Rahmenpläne ausgewertet und die Ergebnisse kontrastiert. Zur Erleichterung der Darstellung werden Abkürzungen für die Rahmenpläne der einzelnen Länder gewählt 5 . Da in diesem Kapitel die Ziele frühen Fremdsprachenlernens beschrieben und definiert werden sollen, wird an dieser Stelle lediglich auf die Analyseaspekte 1-3 sowie 6 und 7 der Synopse, die Zieldimensionen frühen Fremdsprachenlernens, die Kompetenzmodelle, die Beschreibung der Kompetenzniveaus, die Inhaltsbereiche und Themenfelder sowie die Sprachmittel und den Wortschatz eingegangen. 3.1.1 Die Zielbeschreibungen Die Synopse zeigt, dass zwischen organisatorischen und inhaltlichen Zielen zu unterscheiden ist. Die organisatorischen Ziele beschreiben die strukturellen Bedingungen des Lehrens und Lernens, wie z.B. die Jahrgangsstufen, die Sprachenwahl sowie die Gestaltung schulinterner Curricula. Die inhaltlichen Absichten hingegen fokussieren lernbezogene Aspekte, wie z.B. methodische Vorgaben, didaktische Hinweise und/ oder Inhaltsfelder. Auf der organisatorischen Ebene sind die Schulen angehalten, entlang der bundeslandweiten Vorgaben schulinterne Curricula zu erstellen (vgl. B: 6, HE: 7, HH: 5, MVP: 11, SAA: 3). Auf diese Weise soll den jeweiligen Kollegien die Möglichkeit geboten werden, wichtig erachtete Inhalte und Methoden eigenständig festlegen zu können sowie die zu erreichenden Kompetenzen mit schulinternen Besonderheiten zu verknüpfen und Ansprüche individuell zu formulieren. Folglich sind die curricularen Vorgaben einerseits verbindliche Richtlinien, andererseits bieten diese ausgestaltbare Hinweise, welche als Orientierung genutzt werden, „damit der Bildungs- und Erziehungsauftrag standortspezifisch konkretisiert wird“ (B: 6). Der Spielraum, in welchem die jeweilige Schule eigene Beschlüsse fassen kann, richtet sich je nach der Dichte der Informationen und Vorgaben innerhalb der Curricula. Im Saarland wird z.B. ausführlich auf die sich ergebenden Anforderungen an die Lehrkräfte (Festlegung der Inhalte, Gliederung der Unterrichtseinheiten, Entwicklung von Aufgabenformaten und Lernstandserhebungen) hingewiesen (vgl. SAR: 4). Auf der inhaltlichen Ebene lassen sich die Ziele der einzelnen Bundesländer ebenfalls unterschiedlichen Schwerpunkten zuordnen. Insgesamt ist eine Orientierung an sprachlich fokussierten Kompetenzen zu erkennen inklusive eines mehr oder weniger starken Fokus auf die Gesamtpersönlichkeit der Lerner oder die kulturellen Begegnungen. Zudem besteht eine enge Anknüp- 5 Eine Legende bezüglich der Abkürzungen findet sich im Anhang der Arbeit. <?page no="41"?> 41 fung an überfachliche Kompetenzen, welche als relevant für die Persönlichkeitsentwicklung (BRA, BW, B, SAR), die „Bewältigung aktueller Anforderungssituationen“ (HE: 5), die soziale Kompetenz und die Generierung von Wertvorstellungen (HH, SN) sowie die sprachliche Förderung in allen Fächern (HH: 7) beschrieben werden. Trotz der starken Tendenz einer kognitivsprachlichen Förderung weisen einige Rahmenlehrpläne folgende interessante Alternativen in ihrer Schwerpunktsetzung auf: • Bayern und Niedersachsen repräsentieren weiterhin das klassische Verständnis einer interkulturellen kommunikativen Kompetenz (IKK), indem die Anteile von sprachlichen und kulturellen, kognitiven und affektiven Lernzielen gleichwertig verknüpft sind (vgl. BY: 182ff, NI: 7f). • Die curricularen Beschreibungen von Rheinland-Pfalz thematisieren einen starken kulturellen Schwerpunkt, welcher die Tradition der begegnungssprachlichen Idee aus den 1990er Jahren in seinen Grundzügen bis in die aktuelle Fassung des T EILRAHMENPLANS F REMDSPRACHE von 2004 erhalten hat. Auch in den Vorgaben der saarländischen Regierung stellt die „lebenslange Auseinandersetzung mit Mehrsprachigkeit und der Vielfalt der Kulturen ein zentrales Elemente dar, wodurch die Nachbarsprache als frühe Begegnungssprache empfohlen“ (SAA: 4) wird. In Nordrhein- Westfalen wird ebenfalls das kulturelle Lernen gefördert, indem die Bedeutung von Mehrsprachigkeit zentral hervorgehoben wird. Die kulturelle Vielfalt der Klassenzimmer wird als ein immanenter Bestandteil kulturellen Lernens verstanden. Indem die Kulturen und Sprachen der Schüler im Sinne einer alltäglichen Mehrsprachigkeit in den fremdsprachlichen Kontext integriert werden, soll das kulturelle Erleben verstärkt werden. • Das Land Hamburg fördert nach einem ähnlich erweiterten Kulturverständnis die Heterogenität der Schülerschaft, indem das sprachliche und das kulturelle Lernen gleichwertig berücksichtigt werden. Der Aspekt der Kultur bezieht sich dabei jedoch auf mehr als nur das Zielsprachenland, indem die kulturellen Hintergründe der Lerner in die Lehr-Lern-Prozesse einbezogen werden. Diese Art zu unterrichten zielt auf eine Wertschätzung der Sprachen. Anstatt ausschließlich sprachliche Fertigkeiten zu fördern, können durch die Einbindung mehrerer Sprachen und Kulturen Einstellungen und Haltungen gefördert werden, welche einen motivierten Umgang mit Sprachen begünstigen. Der Englischunterricht nutzt die sprachliche Vielfalt der Lerngruppe, indem immer wieder mehrsprachige Begegnungserlebnisse geschaffen werden. Alle Sprachen werden als gleichwertig erfahren und die Schülerinnen und Schüler werden in ihrer positiven Haltung verstärkt, Sprachen verstehen und selbst sprechen zu wollen. (HH: 13f) <?page no="42"?> 42 • In den Ländern Brandenburg und Thüringen ist ein kompetenzübergreifendes Lernen in den Richtlinien vorgesehen. Es wird von einem Gesamtkonzept sprachlichen Lernens in der Schule gesprochen, welches kognitivsprachliche Elemente in jedem Fach der Grundschule integriert und fördert. In diesem Sinne wird auch das fächerübergreifende bzw. -verbindende Lehren und Lernen von diesen Bundesländern im Bereich der Prinzipien erfolgreichen Fremdsprachenunterrichts aufgeführt. Fremdsprachliches Lernen soll „in Abstimmung mit dem Deutschlehrer und anderen Fachlehrern“ (TH: 12) in sachfachliche Lernbereiche integriert werden (vgl. BRA: 9, TH: 12). • Das Land Hamburg legt gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern die ausdifferenziertesten Zielsetzungen vor. Beide beziehen sowohl transkulturelle als auch kognitiv-sprachliche Elemente in einem Gesamtkonzept der Persönlichkeitsbildung heran und stellen diese sowohl individuell als auch verbunden dar. Sie beziehen ihre Ziele somit über den Rahmen des Fremdsprachenunterrichts hinaus und sehen in übergreifenden, die Identität der Lerner stärkenden Zielen den Hauptsinn ihrer Richtlinien (vgl. HH: 4ff, MVP: 3ff). Die Kontrastierung der einzelnen Bundesländer untereinander lässt erkennen, wie differenziert das grundlegende Verständnis von den Zielen frühen Fremdsprachenlernens ist. Während ungefähr die Hälfte der Bundesländer den Fokus auf die sprachlichen Fertigkeiten richtet, wird das Konstrukt der Kompetenz in anderen Ländern in seiner Komplexität genutzt, um auch affektive und volitionale Kompetenzbereiche zu definieren. Jedes Land macht weiterhin von seinen Rechten Gebrauch, das Lehren und Lernen fremder Sprachen individuell zu bestimmen. Die daraus entstehenden föderalen Unterschiede beeinflussen die Unterrichtsrealität in starkem Maße, sodass die Schüler infolge von differenten Rahmenvorgaben unterschiedlich ausgebildet werden. In jedem Bundesland werden die individuellen Ideale der einzelnen Regierungen umgesetzt. Zwar kann der GeR als „EU-weit anerkannte Richtlinie für die Festschreibung von Standards im sprachlichen Bereich“ (Sarter 2006: 27) genutzt werden, um auch national eine Angleichung zu schaffen (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 48). Aufgrund seiner Offenheit und nicht normativen Absichten (vgl. Quetz 2010: 45) ist es jedoch notwendig, die Vorgaben durch nationale Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz zu spezifizieren. Dies ist für den Bereich der modernen Fremdsprachen bislang lediglich für die Schulabschlussprofile nach der achten und neunten Klasse definiert worden. Zwar wurde im Jahr 2005 mit der Publikation der Standards des BIG-Kreises eine weitere bundeslandübergreifende Orientierung geboten, allerdings hatten diese von Wissenschaftlern postulierten Richtlinien keinerlei <?page no="43"?> 43 Einfluss auf die rechtlichen Vorgaben (vgl. BIG-Kreis 2005, Legutke et al. 2009: 52). Somit ist es nach wie vor die Aufgabe der 16 Kultusministerien, auch ohne Hinweise der Kultusministerkonferenz zu erreichende Zielvorgaben und Kompetenzniveaus für das Ende der zweiten bzw. vierten Klasse zu definieren. Es kann festgehalten werden, dass die curricularen Vorgaben keine einheitlichen Ziele vorgeben. Nichtsdestotrotz wird von Kompetenzen ausgegangen, welche erworben werden sollen, um sich in fremdsprachlichen Umgebungen erfolgreich zu verständigen. Die Fokussierung des Lernens auf Kompetenzen erlaubt es somit, das fremdsprachliche Lernen insgesamt komplexer zu gestalten, indem verschiedene Aufgabenformate gelöst werden müssen, welche den Einsatz vielfältigster Fähig- und Fertigkeiten, Können und Wissen sowie Haltungen und Einstellungen erfordern. Leider wird dieses umfassende Verständnis von Kompetenz bislang nicht in allen Rahmenplänen genutzt, um die Lernangebote umfangreicher zu gestalten. Um diese mangelnde Zielsetzung in einigen Ländern verstehen zu können, hilft es zu untersuchen, welche Vorstellungen von Kompetenzen im Detail existieren und auf welche Weise diese innerhalb der curricularen Vorgaben in theoretischen Modellen beschrieben werden. 3.1.2 Die Kompetenzmodelle Im Großteil aller Bundesländer wurden Kompetenzmodelle erarbeitet, welche den Begriff der Kompetenz definieren und erklären. Diese Überzeugungen zur Beschaffenheit von Kompetenzen sind an grundsätzliche Annahmen zum Lehren und Lernen fremder Sprachen ausgerichtet. Die Beschreibungen verdeutlichen, welche Rolle die Kompetenzen in einem konzeptionellen Grundverständnis innehaben und wie sie mit Zielen, Methoden und Inhalten zu verknüpfen sind. Allerdings wurden diese Kompetenzmodelle nur in der Hälfte der Kerncurricula explizit benannt (vgl. B: 10, BRA: 17, HH: 10f, HE: 14, NI: 10, NRW: 13, RP: 8ff, SH: 4, SAR: 8, TH: 5f). In den übrigen erschließt sich das Verständnis dieser für den Leser lediglich implizit (vgl. BW, BY, HB, MVP, SAH, SN). Eine konkrete Definition ist jedoch in den meisten curricularen Vorgeben nicht vorhanden (vgl. B, BRA, BW, BY, HB, MVP, RP, SH, SN, SA, SAR, TH). Lediglich in den vier Bundesländern Hessen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wird der Begriff der Kompetenz explizit definiert: Kompetenzen werden dabei verstanden als Verbindung von Wissen und Können […] Strategien zum Erwerb von Wissen und dessen Nutzung und Anwendung sowie personale und soziale Dispositionen, Einstellungen und Haltungen. (HE: 5) <?page no="44"?> 44 Kompetenzen umfassen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, aber auch Bereitschaften, Haltungen und Einstellungen, über die Schülerinnen und Schüler verfügen müssen, um Anforderungssituationen gewachsen zu sein. (HH: 12, NI: 5) Die Lerner „[...] haben Kompetenzen ausgebildet, wenn sie eine Situation bewältigen können, zentrale Fragestellungen eines Lerngebietes verstanden haben und Lösungswege wählen, bei Handlungen auf verfügbare Fertigkeiten zurückgreifen.“ (NRW: 8) Diese Definitionen bilden die Grundlage eines Verständnisses von Kompetenzen und damit von den Anforderungen der Bundesländer an die Lehrer und Schüler. Auch wenn die Definitionen unterschiedlich formuliert sind, lassen sich doch die Aspekte Einstellungen, Haltungen, Dispositionen, Strategien, Motivationen und Wirksamkeiten anhand der Vorgaben als Faktoren von Kompetenzen definieren. Ferner werden diese Elemente erst als Kompetenzen angesehen, wenn sie in Handlungen genutzt werden können. Damit liegen die Definitionen dicht am bereits beschriebenen Verständnis von Kompetenz nach Weinert (2001: 17). Jenseits der Definition des Kompetenzbegriffes variieren der Umfang und auch die Ausführlichkeit der Modellbeschreibung. Zehn der 16 Bundesländer lassen eine gewisse theoretische Untermauerung ihrer Kompetenzbeschreibungen erkennen (vgl. B: 10, BRA: 17, HE: 14, HH: 10, MVP: 17f, NI: 10, NRW: 13, SAR: 8, SN: X, TH: 5f). In den Veröffentlichungen der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Nordrhein-Westfalen werden konkrete Bezüge zwischen den Kompetenzbereichen und bestimmten Inhaltsfeldern hergestellt, indem thematische Inhalte zu erwerbenden Fähig- und Fertigkeiten zugeordnet werden. Es wird gezeigt, auf welche Weise sich Inhalte und sprachlich-funktionale Kompetenzen gegenseitig bedingen, indem sowohl sprachliche Ziele bestimmte Inhalte begünstigen als auch die Kommunikation über ausgewählte Inhalte eindeutige Sprachmittel benötigt (vgl. MVP: 22ff, HE: 17/ 22, NRW: 13). Weniger an Inhalten als an didaktischen Zugängen orientieren sich die Konzeptionen der Länder Bayern, Rheinland- Pfalz und Saarland, welche den Erwerb von Kompetenzen mit begegnungssprachlichen Prinzipien verbinden. Sprache und Kultur werden als miteinander vernetzt betrachtet, wobei kulturelle Begegnungen kommunikative Szenarien ermöglichen und sprachliche Aufgaben neue kulturelle Aspekte zu erschließen helfen. Allerdings unterscheiden sich diese aktuellen kulturellen Ansätze von den Formen der begegnungssprachlichen Konzepte aus den 1990er-Jahren, da die Bedeutung funktional-sprachlicher Kompetenzen für das frühe Fremdsprachenlernen im Zuge der Ergebnis- und Kompetenzorientierung zugenommen hat (vgl. BY: 182ff, RP: 6, SAA: 8). <?page no="45"?> 45 Das umfassendste Kompetenzmodell findet sich neben denen von Nordrhein- Westfalen und Hessen in Sachsen. Das Ziel ist die Entwicklung einer Lernkompetenz, welche sich aus Lernstrategien, wie Basisstrategien (dienen dem Erwerb, Verstehen, Festigung, Überprüfung und Abruf von Wissen), Regulationsstrategien (befähigen zur Selbstreflexion und -steuerung) und Stützstrategien (fördern gutes Lernklima und Entwicklung von Motivation und Konzentration), zusammensetzt. Um diese Strategien anwenden zu können, müssen Lern- und Arbeitstechniken (a) der Beschaffung, Überprüfung, Verarbeitung und Aufbereitung von Informationen; b) der Arbeits-, Zeit- und Lernregulation; c) der Motivation und Konzentration; d) der Kooperation und Kommunikation beherrscht werden (vgl. SN: X 6 ). Die übrigen sechs Länder beschreiben die Kompetenzerwartungen zwar, gehen aber nicht näher auf theoretische Verbindungen zwischen den Kompetenzbereichen untereinander bzw. der Stellung dieser zu anderen Aspekten, wie z.B. Themen- und Inhaltsfelder, ein (vgl. BW, BY, HB, RP, SH, SA). Diese Einblicke zeigen, wie stark das Verständnis darüber variiert, welche Kompetenzen in einen fremdsprachlichen Unterricht zu fördern sind. Interessant wirkt zum einen die inhaltliche Breite der Kompetenzmodelle, zum anderen die terminologische Vielfalt, welche einen Vergleich der einzelnen Bundesländer erschwert. Um verstehen zu können, welche Komponenten sich hinter den Begrifflichkeiten verbergen, müssen die Beschreibungen der Kompetenzanforderungen eingesehen werden. Diese bilden das Zentrum der Curricula, da in ihnen spezifische Dispositionen aufgelistet werden, welche die Schüler am Ende einer bestimmten Periode, spätestens aber am Ende der vierten Klasse, erreicht haben sollen. 3.1.3 Die Kompetenzniveaus Didaktische Prinzipien und Methoden werden festgehalten, um Kompetenzen im umfassenden Maße fördern zu können. In der Herleitung und Festlegung der zu erreichenden Kompetenzniveaus orientieren sich die meisten Bundesländer am GeR, welcher namentlich in zwölf Rahmenplänen angeführt wird. Trotz der übergreifenden Verwendung des GeR sind die zu erreichenden Niveaus unterschiedlich geprägt. Ein Drittel der Länder orientiert sich bei der Beschreibung der sprachlich-funktionalen Fertigkeiten an der Kompetenzstufe A1 (vgl. HE, MVP, NRW, SA, SH). In einem weiteren Drittel der Länder werden die Kompetenzniveaus unterschiedlichen Stufen zugeordnet. In Hamburg soll für das zusammenhängende und kommunikative Sprechen, 6 Die Seiten werden in den Vorgaben des Landes Sachsens teilweise mit römischen Ziffern strukturiert. In diesem Fall steht das X für die Seitenzahl 10. <?page no="46"?> 46 Lesen und Schreiben das Niveau A1/ A1+ erreicht werden, während die Schüler im Hörverstehen bereits das Niveaus A2erzielen sollen (vgl. HH: 17ff). Thüringen möchte im Hören und Sprechen das Level A1 realisieren und im Schreiben, Lesen und der Sprachmittlung nur „Elemente der Niveaustufe A1“ (TH: 6) anbahnen. Um welche es sich dabei handelt, ist nur aus den Formulierungen der Kompetenzen zu erschließen. Niedersachsen möchte im Hören und zusammenhängenden Sprechen das Niveau A1 sichern, während kommunikatives Sprechen, Schreiben und Lesen in Annäherung an A1 erlangt werden soll (vgl. NI: 11). Berlin äußert sich weniger bezüglich der Kompetenzniveaus am Ende der Grundschulzeit, sondern sieht im Zuge eines jahrgangsübergreifenden Curriculums die Ziele mit dem Erreichen des Niveaus A2 am Ende der Klasse 9 und des Niveaus B1 am Ende der Klasse 10 gegeben. Rheinland-Pfalz weist als einziges Land auf eine nicht einfache Übertragung des GeR auf den nationalen Kontext hin, indem die vorsichtige Formulierung, „vergleichbar mit dem Niveau A1“ (RP: 8) gewählt wird. In den restlichen Ländern werden die Ausführungen nicht explizit an den im GeR definierten Niveaustufen ausgerichtet (vgl. BRA, BW, BY, HB, SAR, SN). <?page no="47"?> 47 Die Tabelle zeigt, für welche Kompetenzbereiche Niveaus beschrieben werden. HV SP LE SC H SM GR WS KK SLK B X X X X X X 1 X 1 BRA X X X X implizit X 1 X 1 BW X X X X X X X BY X X X 2 X 2 X implizit X X X HB X 1 X 1 X 1 X 1 implizit X X 1 X 1 HE X X X X X implizit X X HH X X X X X 1 X X X X MVP X 1 X 1 X 1 X 1 X 1 implizit X X 1 X 1 NI X X X X X X X X NRW X X X X X X X X RP X X X 1 X 1 X 1 X 1 X 1 SAA X X X X implizit X X X 1 SAH X X X X X X X SH X X X X implizit X 1 X 1 SN X X X X X implizit X X X 1 TH X X X X X implizit X X X [HV: Hörverstehen; SP: Sprechen; LE: Lesen; SCH: Schreiben; SM: Sprachmittlung; GR: Grammatik; WS: Wortschatz; KK: Kulturelle Kompetenz; SLK: Sprachlernkompetenz; 1 Globale Beschreibungen; geringe Niveaukonkretisierung; 2 nur unterstützende Funktion (BY: 255)] Tab. 4: Von den Bundesländern definierte Kompetenzbereiche Aus der Übersicht wird ersichtlich, dass Unterschiede sowohl bei der Einteilung in Kompetenzblöcke (sprachlich-funktional, interkulturell, methodisch) als auch bei der Zuordnung von Unterkategorien (z.B. Sprachmittlung) vorhanden sind. Einheitlich erkennbar ist das Aufgreifen der sprachlichfunktionalen Fertigkeiten, wobei diese unterschiedlich präzisiert werden. Während im Rahmenplan von Bremen und Schleswig-Holstein lediglich Angaben zu den Fertigkeiten des Hörens, des Sprechens, des Lesens und des Schreibens gemacht werden, sind diese in den Richtlinien von Nordrhein- Westfalen als eine Unterkategorie des Bereiches „Kommunikation“ (Sprachliches Handeln, Interkulturelles Lernen, Verfügbarkeit sprachlicher Mittel und Methode) gefasst (vgl. NRW: 9f). Vor allem die Kategorie „Verfügbarkeit sprachlicher Mittel“ benennt, welche Fertigkeiten die Schüler im Bereich der <?page no="48"?> 48 Grammatik, der Orthografie und des Wortschatzes erwerben sollen, welche wiederum als Grundlage zur Ausbildung sprachlich-kommunikativer Kompetenzen genutzt werden können (vgl. NRW: 11). Ebenso wie die Pläne Nordrhein-Westfalens weisen auch die Baden- Württembergs, Hamburgs, Hessens, Mecklenburg-Vorpommerns, Niedersachsens, Sachsens und Sachsen-Anhalts Kompetenzbereiche aus, die über sprachlich-funktionale Elemente hinausgehen und kulturelle sowie methodische Bezüge haben (vgl. BW 76, HE: 21, HH: 22, MVP: 18, NI: 15f, SAH: 7, SAR: 15, SN: 6). Zudem werden in Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt die vier bzw. fünf sprachlichfunktionalen Kompetenzbereiche weiter in Fähig- und Fertigkeiten der Orthografie, der Grammatik und des Wortschatzes untergliedert (vgl. BW: 75f, HH: 21, NI: 15, RP: 10, SAH: 9). Im Folgenden werden die Unterkategorien Sprachmittlung, monologisches und dialogisches Sprechen, Lesen und Schreiben sowie Grammatik detaillierter beschrieben, da sich in diesen die größten und interessantesten Unterschiede zwischen den Ländern abbilden. In Bezug auf die Sprachmittlung fällt auf, dass diese sehr different rezipiert wird. Sie wird in fünf Rahmenplänen als die Fertigkeit ausgewiesen, fremdsprachliche Inhalte in der deutschen Sprache wiedergeben zu können (vgl. HE: 21, MVP: 18, NI: 14, NRW: 17, TH: 11). Darüber hinaus verwenden Bayern und Sachsen den Begriff der Sprachbewusstheit, welche den Schülern helfen soll, ein Sprachgefühl aufzubauen, indem sie „Eigenheiten der fremden Sprache wahrnehmen [und] mit der Muttersprache vergleichen“ (BY: 184). Eine Wiedergabe fremdsprachiger Inhalte in der deutschen Sprache im Sinne sprachmittelnder Verfahren ist hier nicht intendiert. Im Bereich des Sprechens wird in einigen Bundesländern zwischen der zusammenhängenden (monologischen) und der kommunikativen (dialogischen) Sprachproduktion unterschieden. Das kommunikative bzw. dialogische Sprechen beschreibt die Leistung des Schülers, „sich auf einfache Weise verständigen“ (TH: 8) bzw. „sich oder jemanden vorstellen, begrüßen und verabschieden, einfache Fragen stellen und darauf reagieren […]“ (a.a.O.) zu können. Das zusammenhängende, auch monologische, Sprechen fokussiert vor allem Leistungen des Beschreibens, des Vortragens, des Präsentierens und des Erzählens (vgl. HH: 19, MVP: 15, NI: 12f, NRW: 15). Im Bereich der Schrift verfügen alle Rahmenpläne über konkret formulierte Kompetenzen bezüglich der rezeptiven (Lesen) und produktiven (Schreiben) Schriftlichkeit. Allgemeinhin wird in allen Richtlinien übereinstimmend festgehalten, dass die Lerner am Ende der vierten Klasse Wörter, Sätze und Texte verstehen, erfassen, erschließen, zuordnen, erkennen, wiederkennen und diesen Informationen entnehmen können. Zusätzlich existieren einige länderspezifische Ergänzungen: <?page no="49"?> 49 • „Anweisungen lesen und folgerichtig handeln, [...] Informationen dokumentieren“ (HE: 20). • Die Schüler „erlesen selbständig Texte mit bekanntem Themenbezug“ (SH: 7). • „Detailinformationen [...] aufnehmen“ (BW: 78). • „Einsichten in Beziehung zwischen Klang- und Schriftbild, erkennen im Klangbild [...] Redemittel ganzheitlich wieder“ (SN: 6). • „Graphem-Phonem-Zuordnung“ (SAR: 13) erkennen. • „sekundäre und stützende Funktion“ geben (HB: 6). • „Lesen und Schreiben haben [...] unterstützende Funktion“ (BY: 255). Ergänzend zu den Fertigkeiten des leisen Lesens, werden die Kompetenzen lauten Lesens nur von drei Ländern beabsichtigt (SAA, MVP, SH). Im Bereich des Schreibens stellen abschreiben, beschriften, ergänzen, Lückentexte ausfüllen, beschreiben sowie reproduzieren die gewünschten Basisfertigkeiten dar. Zusätzlich wird in einigen Bundesländern von den Lernern erwartet, dass sie • Listen schreiben und Notizen erstellen (vgl. BRA: 23, HH: 20, NRW: 16). • kurze Texte eigenständig verfassen (vgl. HH: 20, SN: 6, NRW: 16, SAR: 14, SH: 8). • nach Modelltexten, Vorlagen, Mustern schreiben (vgl. HE: 20, MVP: 18, NI: 14, BRA: 23). • schriftlich „unter Zuhilfenahme von Vorlagen, Mustern und Bildern auf einfache Weise“ (NI: 14) kommunizieren. • „aus dem Gedächtnis schreiben, [...] eigene Gedanken und eigenes Wissen festhalten“; „[...] ansatzweise eigene Gedanken und eigenes Wissen festhalten“ (BW: 78). • bereits in der zweiten Klasse „durch Symbole veranschaulichte vertraute Wörter und Wortgruppen abschreiben“ (BRA: 21). • bereits in der zweiten Klasse von der Tafel übertragen, beschriften, die Wirkung fürs Lernen nutzen (vgl. NRW: 16). In Bremen und Bayern hat die Schrift nach wie vor sowohl in rezeptiven als auch produktiven Verfahren eine „sekundäre und stützende Funktion“ (HB: 6; vgl. BY: 255). Die grammatische Kompetenz wird in der überwiegenden Zahl der curricularen Vorgaben bereits zu Beginn des fremdsprachlichen Lernens als wichtig beschrieben. Jedoch sollen die Strukturen unbewusst erfahren und Regel- <?page no="50"?> 50 haftigkeiten intuitiv erschlossen bzw. ausprobiert werden. Konkret äußern sich die Länder wie folgt: Grammatische Elemente werden in der Regel als lexikalische Einheiten vermittelt. Durch eigenständiges Entdecken und/ oder Hinweise der Lehrenden werden einige für den Sprachgebrauch wichtige Strukturmerkmale bewusst gemacht. (B: 18). Grammatische Strukturen werden noch nicht systematisch bewusst erarbeitet, sondern vorwiegend implizit erworben […]. In Ansätzen kann es Regelfindungen durch Generalisierung von Sprachbeispielen geben. (HH: 21). Den Lernenden wird durch verstehbare, sorgfältig strukturierte Sprachangebote und durch vielfältige Übungsformen ermöglicht, grundlegende Elemente des Regelsystems der englischen Sprache unbewusst aufzubauen. (NI: 15). [...] einfachste grammatische Strukturen zur erfolgreichen Realisierung der Redeabsichten nach häufigem Üben und nach dem sprachlichen Vorbild der Lehrkraft in imitativ-reproduktiver Form verwenden [...]. (SAH: 9). Durch den breit gefächerten Input erhalten die Schülerinnen und Schüler auch einen impliziten Zugang zu grammatikalischen Elementen. (SAR: 7). Im Vergleich zu den Schulversuchen der 1970er-Jahre sowie der Debatte der 1990er-Jahre, um die Frage, wie viel Grammatik gelernt werden soll, zeigt sich heute eine moderate Haltung der Länder. Grammatik soll zwar erworben werden, allerdings soll dies vorwiegend implizit geschehen. In Anbetracht der geringen Kontaktzeit zur fremden Sprache ist das Ausmaß des Lernzuwachses, welches implizit geschieht, jedoch als gering einzuschätzen. Auch geben nur wenige Länder (B, BW, NRW) Informationen, welche grammatikalischen Strukturen fokussieren und auf welche Weise ein impliziter Erwerb methodisch initiiert werden kann. Die Beschreibung der grammatikalischen Strukturen zeigt abermals die bunte Vielfalt der deutschen Bildungslandschaft, in welcher mit den Anforderungen der Rahmenpläne zwar ähnliche Absichten verfolgt werden, die Abschlussniveaus dennoch variieren. Insbesondere in Bezug auf die Schriftlichkeit sind die Lerner z.B. in Hamburg, Sachsen und Baden-Württemberg beim Beenden der Grundschulzeit in der Lage, eigene kurze Texte zu verfassen, während die Schüler z.B. in Niedersachsen lediglich gewöhnt sind, Worte nach Vorlage abzuschreiben. Diese Diskrepanz muss langfristig aufgehoben werden, wenn ein nahtloser Übergang und ein effektives Lernen in der Sekundarstufe erreicht werden sollen. Aber nicht nur dieser quantitative Unterschied bezüglich der Leistungsniveaus der Lerner lässt aufhorchen, sondern auch die qualitativ verschiedenen Erwartungen. So ist es fragwürdig, inwie- <?page no="51"?> 51 weit die Fertigkeit der Sprachmittlung in einigen Ländern als relevant erachtet werden kann, während andere diese überhaupt nicht integrieren. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auch für die Kompetenzbeschreibungen keine einheitlichen Standards vorliegen. Zwar scheinen sich Niveaubereiche etabliert zu haben, in welchen die meisten Länder ihre Kompetenzen einordnen. Doch auch wenn zwischen den Ländern mitunter große Unterschiede in der grundlegenden Idee fremdsprachlichen Lernens beschrieben werden, so wirken die Rahmenpläne in sich recht konsistent. Folglich werden in ausführlich formulierten Plänen, wie z.B. im hessischen Kerncurriculum, Zielsetzungen, Kompetenzmodell und Kompetenzen aufeinander bezogen dargestellt (vgl. HE: 5ff). Insgesamt kann gesagt werden, dass je ausführlicher diese drei Bereiche definiert sind, desto konkreter und nachvollziehbarer sind die didaktischen Prinzipien, die methodischen Hinweise und alle weiteren Aspekte beschrieben. Da die Etablierung von Kompetenzen eng mit Themen- und Inhaltsfeldern des Unterrichts verbunden ist, werden diese im nächsten Abschnitt untersucht, um die Beschreibung der Zielsetzung fremdsprachlichen Lernens durch die Kerncurricula weiter spezifizieren zu können. 3.1.4 Die Inhaltsbereiche und Themenfelder Inhalte und Themenfelder konkretisieren die Sprechhandlungen der Lerner und haben somit einen unmittelbaren Einfluss auf die Kompetenzentwicklung der Schüler. Folglich werden thematische Schwerpunkte in allen Rahmenplänen aufgeführt, welche der Lehrkraft Anhaltspunkte zu möglichen Themengebieten und Inhaltsfeldern des Unterrichts geben. Während in einigen Publikationen lediglich Oberthemen genannt werden, werden diese in anderen in Unterthemen aufgegliedert. Die folgenden Beispiele demonstrieren exemplarisch drei verschiedene Darstellungsweisen. In den Vorgaben Hamburgs (HH: 23) findet sich eine klassische Themenübersicht, die jedoch weder mit Kompetenzen noch mit methodischen Hinweisen verbunden ist. Klasse 1+2 Klasse 3+4 Colours and numbers All about me Food and drink My school Animals Throughout the year All about me At home Food, drink, shopping At school Animals Throughout the year English all over the world Tab. 5: Themenfelder sortiert nach Klassen in Hamburg (HH: 23) <?page no="52"?> 52 In Brandenburg (BRA: 42ff) werden die Inhalte in Unterthemen aufgeteilt, wodurch sich konkretere Anhaltspunkte für eine unterrichtspraktische Umsetzung ergeben. Dabei werden Angaben für den Anfangsunterricht in der ersten und zweiten Jahrgangsstufe sowie für den weitergehenden Unterricht von Klasse 3 bis 6 unterschieden. Allerdings werden auch hier keinerlei Bezüge zu Kompetenzen oder Methoden ausgewiesen. Themenfelder Inhaltsbereiche (obligatorisch/ fakultativ) Das bin ich Name, Alter, Körperteile, Befindlichkeiten Familie und Freunde Familienangehörige, Bezugspersonen, Verwandte, Bekannte, Nachbarn Mein Tag Kleidung, Ernährung, gesundes Frühstück herstellen und Zutaten benennen Schule Unterrichtssprache, Schultasche, Klassenraum, Tätigkeiten, Personen, PC Mein Zuhause Gegenstände, Spielzeug, Möbel, Wohnung, Kinderzimmer Durch das Jahr Jahreszeiten, Wochentage, Feste und Feiertage, Natur Haustiere, Tierfamilien, Pflanzen, im Garten, auf dem Bauernhof, im Wald, im Zoo Freizeit und Interessen Hobbys, Sport, Spiele, Besuch, Bücher und Fernsehen, Vorlieben, Abneigungen In Stadt und Land Verkehrsmittel, Farben der Ampel, Heimatort, Sehenswürdigkeiten, Straßenverkehr Tab. 6: Begegnungsunterricht der Klasse 1 und 2 in Brandenburg (BRA: 42f) Themenfelder Inhaltsbereich Familie - Freunde - Wertvorstellungen Personenbeschreibung, Familienmitglieder, Brief und E- Mail-Kontakte, Interessen und Verabredungen, Vorbilder/ Stars/ Idole Bildung - Politik - Wirtschaft Schule, Klassenraum, Schulalltag, Stundenplan, Unterrichtssprache, Lernen, Lernerfolge Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft Regionen, Landschaften, Städte, Sehenswürdigkeiten, Verbreitung der Zielsprache Freizeit - Kultur - Tourismus Lebensmittel, Essen, Einkaufen, Kleidung, Mode, Sport, Musik, Kino, Freitzeitaktivitäten, Verabredungen, Ferien, Reisen, Feste, Feiertage Vielfalt in der Gesellschaft Wünsche und Möglichkeiten Jugendlicher, Nationalitäten und Sprachen <?page no="53"?> 53 Mensch und Natur Wohnort, Wohnen, Hausrat, Tiere und Pflanzen, Verkehrsmittel, Wegebeschreibungen, Natur, Wetter, Ernährung und gesunde Lebensweise Medien in der Gesellschaft traditionelle und moderne Medien, Fernsehen und Internet Alltag und Arbeitswelt Tagesablauf, häusliche Tätigkeiten, Taschengeld, Haustiere, Berufe, Berufspläne Tab. 7: Anfangsunterricht der Klassen 3 bis 6 in Brandenburg (BRA: 44ff) Eine erste umfassende Verdichtung der Themenfelder findet sich im Lehrplan von Schleswig-Holstein. Für sieben Themenfelder (animals, that’s me - my family, festivals, food and drinks, numbers and colours, sports and hobbies, weather and clothes) werden einer Mindmap Bezüge der Themen zu a) sprachlichen Strukturen, b) benachbarten Wortfeldern, c) Materialien und Medien, wie Portfolio, rhymes/ poems, games, songs, d) Methoden, wie storytelling, e) fächerverbindenden und -übergreifenden Aspekten sowie f) beispielhaften Aufgabenformaten hergestellt (vgl. SH: 9ff). Eine solche Übersicht hilft, Zusammenhänge zwischen den Zielkompetenzen und Inhaltsfeldern sowie methodischen und didaktischen Entscheidungen zu erschließen. Insgesamt zeigen sich zwischen den Ländern im Bereich der Themen die größten Überschneidungen im Vergleich zu den bisher dargestellten Kategorien der Rahmenpläne. Dennoch existieren einige interessante Exoten: Die Welt der Gedanken, Gefühle, Ideen und Träume (MVP: 32). Telling the Time (HB: 13). Meine Sprache(n) - deine Sprache(n) (RP: 15). Märchen, Mythen, Fantasien (RP: 15). bekannte Sänger, Musikgruppen, Sportler, Kunstfiguren aus Märchen, Comics (TH: 13). Auch wenn verschiedenartige Dokumentationsweisen genutzt werden, liegen die erkennbaren Unterscheidungsmerkmale vor allem in der Detailliertheit, mit welcher die Erklärungen ausgeführt werden, sowie der Intensität, mit welcher Inhalte und Themenfelder in die anderen Bereiche der Rahmenpläne, wie Ziele, sprachliche Mittel usw. integriert werden. Für die Gestaltung von Unterricht reichen die Beschreibungen der Inhalte jedoch nur im geringen Maße aus, um daraus komplexe Unterrichtsthemen zu entwickeln. Zwar werden die Inhaltsbereiche benannt, allerdings sind diese so global gefasst, dass sie lediglich leitenden Charakter bei der Auswahl von Themen haben. Die jeweiligen Schulen müssen folglich bei der Erstellung ihrer Schulcurricula <?page no="54"?> 54 auch Themen wählen und an welchen sie die Kompetenzen konkretisieren. Bleibt die Frage zu klären, ob die aufgelisteten Sprachmittel eine ebenso schwache Stellung wie die Inhalte haben. 3.1.5 Die Sprachmittel Von Beginn an stand der Erwerb von Sprachmitteln und Wortschatz als formelhaft zu nutzende Wendungen im Zentrum des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule. Aktuell werden in sieben Bundesländern konkrete sprachliche Mittel sowie Wortschatz aufgelistet. Diese setzen sich aus zu nutzenden und zu erlernenden Redemitteln, Wörtern und Wortkombinationen (chunks) zusammen und sind vornehmlich in die Bereiche Sprachfunktionen und Mittel zur Realisierung untergliedert (vgl. Tab. 8). Land Schwerpunkte Bremen Sprachfunktionen Redemittel Mecklenburg- Vorpommern Sprachfunktionen Mögliche Sprachmittel Sachsen Sprachfunktionen Redemittel Thüringen Sprachfunktionen/ Redeabsichten Sprachliche Mittel zur Realisierung der Redeabsichten Saarland Themenbereiche Sprechanlässe Redemittel Schleswig- Holstein Cluster mit Informationen u. a. zu Strukturen Bayern In Themenfeldern ai) kommunikative Absichten aii) Wortschatz: produktiv aiii) Wortschatz: rezeptiv-produktiv Übersicht über die zu sichernden grundlegenden Formen und Funktionen Übersicht über grundlegende classroom phrases Tab. 8: Gliederung der Listen zu Wortschatz und Redemitteln in den Bundesländern Wie die Tabelle verdeutlicht, werden den aufgelisteten Redemittel in den Veröffentlichungen Bremens, Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsens und Thüringens jeweils konkrete Sprachfunktionen zugewiesen. Letztere stellen <?page no="55"?> 55 eine praxisnahe Realisierung der theoretischen Kompetenzniveaus dar, sodass Redemittel durch die beschriebene Zuordnung im unmittelbaren Zusammenhang zu den Kompetenzen der Lerner stehen (vgl. BY/ b: 11ff, HB: 16f, MVP: 22ff, SAA 16ff, SH: 9ff, SN: 25f, TH: 14ff). Im Saarland werden die Sprechanlässe und die zugeordneten Redemittel zusätzlich an Themenbereiche gebunden (vgl. SAA: 16ff). Auch in Schleswig-Holstein werden die Sprachfunktionen in den bereits beschriebenen Mindmaps mit eindeutigen Themenfeldern verknüpft (vgl. SH: 9ff). Im bayerischen Lehrplan werden die kommunikativen Absichten und der Wortschatz ebenfalls thematisch sortiert. Dieser bietet parallel zu chunks und zentralen Wörtern grundlegende Formen und Funktionswörter, wie z.B. Konstruktionen zu Aussagesätzen (I can …/ I’ve got …/ …), zu Fragesätzen (What’s …? / Can I …? ), Kurzantworten (Yes, it is./ Yes, I am./ No I can’t./ ...) und Aufforderungssätzen (Give me …/ Go to …/ Let’s…). In einer dritten Liste werden zudem classroom phrases genannt, die von den Schülern sowie der Lehrkraft im Unterricht eingesetzt werden sollen (vgl. BY/ b: 11ff). Angaben zum Wortschatz geben an, welche Begriffe die Lerner am Ende der Grundschulzeit erworben haben sollen. In den Rahmenplänen ist dieser Bereich am konkretesten. Allerdings wird bald ersichtlich, dass diese Strukturen erweitert und mit Beschreibungen von Inhalten und Kompetenzen verknüpft werden müssen, wenn komplexe Kompetenzen erreicht werden sollen. 3.1.6 Diskussion der Ziele in den Curricula Die vergleichende Analyse der curricularen Vorgaben zeigt, dass sowohl Differenzen als auch Übereinstimmungen zwischen den Rahmenplänen der einzelnen Bundesländer existieren. In ihrer strukturellen Gliederung sind sich alle Vorgaben ähnlich. Doch trotz dieser weitestgehend einheitlichen Grundstruktur fallen im Detail viele Unterschiede auf. Die differenten Vorgaben spiegeln sich in der mangelnden Einheitlichkeit auf organisatorischer Ebene wider, indem z.B. der Zeitpunkt des Lernbeginns sowie die Kontaktzeit variieren. Da die jeweiligen Vorgaben einen direkten Einfluss auf die Leistungsniveaus der Lerner am Ende der Grundschulzeit haben und damit die weitere Lernbiografie in der Sekundarstufe und sogar darüber hinaus beeinflussen, kann der Wohnort der Schüler für die Qualität und Quantität ihrer fremdsprachlichen Kompetenzen entscheidend sein. Dieser Missstand uneinheitlicher struktureller Vorgaben wird durch inhaltliche Differenzen zwischen den Ländern verstärkt. Gerade im Bereich der Niveaukonkretisierungen von Kompetenzen konnten in der Synopse Unterschiede bezüglich der Abschlussniveaus der Lerner erkannt werden. Diese wirken mitunter willkürlich gewählt und sind in ihren Ausführungen zu unkonkret, um daraus Unter- <?page no="56"?> 56 richtshandlungen herleiten zu können. Zwar wird der GeR als Referenzrahmen genutzt, um diese Beliebigkeit einzugrenzen, doch zeigen die Ergebnisse der Synopse, dass die Niveaus trotz der Orientierung am GeR äußerst verschieden sind. Denn während einige Länder eine „Annäherung A1“ (NI: 11) anstreben, wird von anderen bereits das Niveau „A2-“ (HH: 17ff) erwartet (vgl. Kap. 3.1.3). Diese Diskrepanzen führen bereits auf der theoretischen Ebene zu sehr differenten Annahmen. Im Kontext heterogener Schülerschaften scheinen enorme Leistungsunterschiede zwischen den Kohorten einzelner Länder daher nur eine logische Konsequenz zu sein. Tendenziell werden in den älteren Versionen die Kompetenzbereiche und -niveaus weniger differenziert beschrieben als in Richtlinien neueren Datums (vgl. HH, HE). Allerdings ist es nicht möglich, eine exakte zeitliche Grenze festzulegen, auch wenn die Pläne nach 2006/ 2007 einen Entwicklungssprung erlebt haben. Im Zuge der verstärkten Kompetenzorientierung wurden zum einen auch in den letzten Bundesländern Richtlinien eingeführt und zum anderen erste Überarbeitungen der bereits früh erstellten Rahmenpläne veröffentlicht. Vor allem Letztere wurden zu Beginn des neuen Jahrtausends im Zuge der Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule ohne Rückgriff auf Erfahrungen formuliert. Die Erkenntnisse in den vergangenen zehn Jahren konnten nun dazu genutzt werden, diese Vorgaben anzupassen. Demnach sind die Pläne ab 2007 in der Forderung nach Kompetenzen umfangreicher und stellen vermehrt Bezüge zwischen den einzelnen Teilbereichen wie Methoden, Inhalten und Kompetenzbeschreibungen her. Entscheidend für die Detailliertheit der Beschreibungen und Verwobenheit der Teilbereiche ist zudem die Intensität, mit welcher sich im Vorfeld der Erstellung der Rahmenrichtlinien mit den fremdsprachlichen Lernprozessen auseinandergesetzt wurde. So weist z.B. der Lehrplan aus Baden-Württemberg trotz des frühen Erscheinungsjahrs 2004 eine enorme Tiefe auf, die in einigen anderen Ländern erst nach 2006 zu finden ist. Diese tiefe curriculare Fundierung geht u.a. mit der Rolle Baden-Württembergs als einem der Wegbereiter des frühen Fremdsprachenlernens einher. Demnach scheint weniger der Zeitpunkt der Veröffentlichung für die Aktualität und die Intensität der Beschreibungen eines Rahmenplans ausschlaggebend als vielmehr das gesellschaftliche Interesse und die daraus resultierenden politischen und wissenschaftlichen Bemühungen im Bereich des fremdsprachlichen Lernens. Insgesamt können für die curricularen Vorgaben explizit und implizit postulierte Ziele festgehalten werden, welche bei der Entwicklung eines Modells des frühen Fremdsprachenlernens beachtet werden müssen. <?page no="57"?> 57 • Die Schule erarbeiten in internen Curricula schulspezifische Ziele, Inhalte und Methoden in Anlehnung an die Kompetenzbeschreibungen und Vorgaben der curricularen Vorgaben. • In allen curricularen Vorgaben werden die Zieldimensionen des fremdsprachlichen Lehrens und Lernens in Form von Kompetenzen beschrieben. • Die Kompetenzen werden untergliedert in sprachliche, kulturelle, persönlichkeitsbildende und methodische und werden von den Bundesländern verschieden stark fokussiert. • Die meisten Bundesländer beziehen sich auf die Stufung der Niveaukonkretisierungen des GeR. • Je nach Bundesland sind fachliche Kompetenzen im Bereich des Hörverstehens, des monologischen und dialogischen Sprechens, dem Lesen und Schreiben sowie der Grammatik zu erwerben. • Das Niveau der Ausprägung der jeweiligen Kompetenz schwankt zwischen den Bundesländern. • Weitgefasste Inhaltsfelder werden benannt. • Es sollen konkrete Sprachmittel und ein lernerorientierter Wortschatz vermittelt werden. Da die Ausführungen aufgrund der teilweise enormen Unterschiede zwischen den Bundesländern wenig spezifisch sind, reichen diese allein nicht aus, um genügend Hinweise zu den Zieldimensionen fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule zu geben. Ferner müssen andere Bereiche zu Rate gezogen werden, um einheitliche Ziele für einen guten Fremdsprachenunterricht der Grundschule formulieren zu können. Im Folgenden wird diskutiert, inwieweit der (bereits von einigen Ländern genutzte) GeR eine hilfreiche Grundlage für die Entwicklung von Zielen darstellen kann. 3.2 Die Bedeutung des GeRs für die Grundschule Auch wenn die Vorgaben des GeR (Europarat 2001) für den Fremdsprachenunterricht durchaus nicht unkritisch betrachtet werden, sind diese verbindlich für die Sprachenpolitik in sämtlichen europäischen Mitgliedsstaaten (vgl. Quetz 2010: 45ff, Bär 2013: 99). Der Ursprung des GeRs reicht bis in die 1960er-Jahre zurück und ist dem Wunsch geschuldet, durch die Verringerung von Sprachbarrieren ein Zusammenwachsen der europäischen Staaten und seiner Bürger zu fördern. Seither sind die Vorgaben für das sprachliche Lehren und Lernen eng mit den politischen Veränderungen Europas verbunden (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 15). Bereits 1969 wurden die europäischen Staaten aufgefordert, Sprachkontakte in der Primarstufe zu begünstigen (vgl. <?page no="58"?> 58 Gompf 1975: 207ff, Elsner 2007: 22), um die individuellen sprachlichen Fähig- und Fertigkeiten der Bürger in anderen europäischen Sprachen zu fördern. In der Kompetenz, drei eurpopäische Sprachen zu beherrschen, wurde und wird auch heute noch die Chance gesehen, „die Disparität anderssprachiger Ausbildung in Europa zu überwinden“ (Sarter 2006: 28). Parallel sollte mit dem GeR eine „Vergleichbarkeit fremdsprachlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten von Lernern quer durch Europa“ (Schmid-Schönbein 2008: 48) ermöglicht werden. In diesem Sinne versteht der Europarat (2001: 8) den Referenzrahmen als eine Anleitung für eine gute Sprachlehr- und -lernpraxis. Die fragende Anlegung der Richtlinien soll alle Beteiligten anregen, ihre Lehr- Lern-Prozesse zu reflektieren und eigenständige Lösungsansätze zu entwickeln. Die Definition von Sprachniveaus soll auf pragmatische Weise helfen, die ideellen Ansprüche in der Praxis umsetzen zu können, da die sprachlichen Kompetenzen von Lernern nach objektiven Kriterien bestimmten Niveaustufen zugeordnet werden können (vgl. ebd.: 14). Um eine praktische Verwendung gewährleisten zu können, sind die sechs Stufen durch bestimmte Zielfaktoren beschrieben und mit Beispieldeskriptoren belegt, welche als „ausformulierte Verhaltensbeschreibungen“ sprachliche Handlungen benennen (vgl. Europarat 2001, Schmid-Schönbein 2008: 48). Die zu erwerbenden Kompetenzen werden in die Bereiche linguistisch, soziolinguistisch und pragmatisch gegliedert. Erstere setzen sich aus „lexikalischen, phonologischen und syntaktischen Kenntnissen und Einstellungen [...] unabhängig von soziolinguistisch determinierter Variation und von ihrer pragmatischen Funktion im Sprachgebrauch“ (ebd.: 25) zusammen. Die soziolinguistische Dimension hingegen ist stark kontextabhängig, indem sie die gesellschaftlich-kulturellen Eigenheiten der Sprachverwendung repräsentiert und weniger die grammatikalische als vielmehr die kulturelle Sprachrichtigkeit fokussiert. Die pragmatischen Kompetenzen sind es, die den funktionalen Gebrauch sprachlicher Ressourcen ermöglichen (vgl. a.a.O.). Diese werden in sprachliche Teilkompetenzen - unterteilt in die rezeptiven Fertigkeiten Hören und Lesen sowie die produktiven Fertigkeiten Sprechen und Schreiben - in operationalisierter Form den sechs Niveaustufen zugeordnet (vgl. Europarat 2001, Müller-Hartmann/ Schocker-v. Ditfurth 2009: 21). Für das fremdsprachliche Lernen im deutschen Kontext ergibt sich aus dieser Dreiteilung, dass nicht nur sprachliche Fertigkeiten erworben werden sollen, sondern auch Handlungswissen und -können, Einsichten in metasprachliche Phänomene, kulturelle Einblicke und Erkenntnisse sowie positive Einstellungen und Haltungen zu fördern sind. Diese Zielorientierung des GeR gilt für die Sekundarstufe ebenso wie für den Grundschulbereich und wird in seinem didaktischen Verständnis deutlich, in welchem ein handlungsorientierter Ansatz zur Generierung von Sprachhandlungen in sozialen Kontexten definiert wird, welcher <?page no="59"?> 59 durch kommunikative Aufgaben zu stimulieren ist (vgl. Bach/ Breidbach 2009: 292). Maßgebliche Faktoren für diese Art, Sprachen zu lernen, sind die allgemeinen sowie die kommunikativen Sprachkompetenzen, die Bedingungen des Kontextes, die sprachliche Aktivität in der eigentlichen Kommunikation, die verwendeten Texte und Themen, die betroffenen Lebensbereiche (Domänen) sowie die einzusetzenden Strategien und Aufgaben (vgl. Europarat 2001: 21). Aufgrund der Standardisierung sprachlicher Leistungen dient der GeR außerdem der Allokation von Sprachniveus für Lerner (vgl. Sarter 2006: 28) und der Bereitstellung von Referenzen für die Ableitung nationaler curricularer Richtlinien und Kernlehrpläne (vgl. Weskamp 2009: 266). In diesem Sinne wird der Anspruch erhoben, dass der GeR „nicht nur umfassend, transparent und kohärent [...], sondern auch offen, dynamisch und undogmatisch“ (Europarat 2001: 29) sei. Diese Offenheit ist ein Grund dafür, dass die curricularen Vorgaben auf der bundesdeutschen Ebene variieren. Zwar sind viele Rahmenpläne an den Niveaustufen A1 und A2 des GeR orientiert. Dennoch ist die Art und Weise, wie diese Kompetenzen erworben werden sollen, von Land zu Land unterschiedlich beschrieben. Insgesamt bietet der GeR also eine grobe Richtlinie in Bezug auf die Kompetenzbeschreibungen und Niveaukonkretisierungen. Dennoch ist dieser zu offen gehalten, um klare Vorgaben zu machen. Nichtsdestotrotz ergeben sich aus dem GeR folgende Hinweise. • Das sprachliche Können von EU-Bürgern sollte mindestens drei Sprachen beinhalten. • Die Sprachniveaus der Lerner sollen sichtbar und vergleichbar werden. • Das Sprachniveau wird repräsentiert durch Kompetenzen, welche sechs Stufen zuordbar sind. • Im Fremdsprachenunterricht sollen linguistische, soziolinguistische und pragmatische Kompetenzen erworben werden. • Die Kompetenzen werden durch Stärkung des Lernkontexts, der eigentlichen Kommunikation, der verwendeten Texte, Themen und Domänen sowie Strategien und Aufgaben gefördert. Um die Eingrenzung der Ziele weiter zu vertiefen, wird im Folgenden die fachdidaktische Diskussion zu Rate gezogen. Es wird erwartet, dass die Beschreibungen der Ziele auf curricularer Ebene durch wissenschaftliche Einsichten präzisiert werden können. <?page no="60"?> 60 3.3 Die Ziele aus fachdidaktischer Sicht Die Zielsetzung im Bereich des frühen Fremdsprachenlernens wurde lange Zeit von der Frage geprägt, wie systematisch eine Vermittlung sein darf (vgl. Kap. 2.6). Auch wenn dabei vor allem die Prinzipien von Unterricht diskutiert wurden, so ging es auch immer um die Ziele. Einige Wissenschaftler sehen das übergeordnete Ziel des frühen Fremdsprachenlernens nach wie vor im Erwerb einer interkulturellen kommunikativen Kompetenz (vgl. Legutke et al. 2009: 84), welche sich aus sprachlichen und kulturellen Kompetenzen zusammensetzt. Denn die in den 1970er-Jahren für den Sekundarbereich etablierte Idee des kommunikativen Handelns spiegelt sich auch im Grundschulbereich wieder (vgl. Legutke et al. 2009). Andere beschreiben ähnliche Zieldimensionen, verwenden jedoch Begriffe wie „sprachliche Handlungsfähigkeit“ (Roos 2006: 27), „Diskursfähigkeit“ (Hallet 2011: 22) und „Handlungskompetenz“ (Bonnet/ Breidbach 2013: 22). Die benannten Autoren beschreiben einen Lerner dann als handlungsbzw. diskurskompetent, wenn dieser in zielsprachlichen Kontexten angemessen zu handeln vermag. Hierzu wird eine linguistische Kompetenz benötigt, welche nach wie vor Fertigkeiten wie listening, speaking, reading und writing ins Zentrum schulischen Fremdsprachenlernens rückt (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 18ff, Müller- Hartmann/ Schocker-v. Ditfurth 2009: 51). In einigen Kontexten wird die Sprachmittlung (mediating) als fünfte Fertigkeit ergänzt (vgl. Elsner 2010: 44). Allerdings müssen diese Fertigkeiten im Sinne eines erweiterten Kompetenzbegriffs nach Weinert um die affektive Dimension ergänzt werden, da gerade diese für den Fremdsprachenunterricht immer wieder als prominent herausgestellt wird (vgl. Fäcke 2013: 38f). Dementsprechend weist Schmid- Schönbein (2008: 51) auf das Entstehen von „a positive mind-set“ als ein Richtziel für das frühe Fremdsprachenlernen hin. Ein früher Kontakt solle vor allem positive Einstellungen gegenüber Sprache im Allgemeinen und der Motivation zur Verwendung der Fremdsprache im Speziellen fördern. Diese affektiv-emotionale Akzentsetzung basiert auf allgemeinpädagogischen und lerntheoretischen Erkenntnissen, dass Lernprozesse grundsätzlich durch eine bejahende Grundhaltung begünstigt werden (vgl. Gudjons 2008b: 220) und „eine positiv emotionale Gestimmtheit beim Lernen Erinnerungsleistungen verstärkt, wahrscheinlich sogar kognitive Prozesse im allgemeinen“ (Herrmann 2009: 158) fördert. Diese Annahmen decken sich mit den Erfahrungen von Gompf, welche bereits 1975 den Englischunterricht in der Grundschule als „warming up effect“ (Gompf 1975: 62) beschrieb, um „[...] die Gesamtheit unserer Schüler mit Grundfertigkeiten in einer wichtigen lebenden Fremdsprache zu befähigen und sie dadurch auf das Leben in einem sich zunehmend verflechtenden Europa vorzubereiten“ (a.a.O.). <?page no="61"?> 61 Das Konstrukt der Kompetenz bietet folglich die Möglichkeit kognitive und affektive Aspekte zu verbinden, wenn Kompetenzen als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001: 27 f) verstanden werden. Damit etabliert das frühe Fremdsprachenlernen zunehmend ein eigenständiges Profil, mit welchem langfristige Dispositionsänderungen herbeigeführt werden sollen. In der fachdidaktischen Literatur werden die Zieldimensionen fremdsprachlichen Lernens in die Kategorien affektive, sprachliche, kognitive und pragmatische Ziele gegliedert (vgl. Weskamp 2004, Mindt/ Schlüter 2007). Auch wenn diese gebündelt in einer fremdsprachlichen Diskurskompetenz verankert sind, so hilft die Einordnung von Teilkompetenzen in die benannten Kategorien die Zusammenhänge und die Relevanzen zu verstehen. 3.3.1 Affektive Ziele Der fremdsprachliche Unterricht ist „ein wesentlicher Baustein zur Entwicklungsförderung der kindlichen Gesamtpersönlichkeit“ (Böttger 2010: 60). Böttger unterstreicht mit dieser Aussage das Ziel, den Schüler durch den Fremdsprachenunterricht in sämtlichen fachlichen wie überfachlichen Kompetenzbereichen fördern zu wollen. Wie bereits erwähnt, wird der Motivation, sich mit fremden Sprachen und Kulturen auseinanderzusetzen, eine enorme Bedeutung zugeschrieben (vgl. Klippel 2003: 26), indem Zugänge zur Fremdsprache und ein Interesse an deren Verwendung geweckt werden (vgl. Roos 2006: 27). Im Sinne eines interbzw. transkulturellen Lernens 7 werden Einblicke in sprachliche und kulturelle Diversitäten heutiger Lebenswelten aufgezeigt, welche ebenso die Fremdwie die Selbstwahrnehmung beeinflussen (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 17, Böttger 2010: 61, Nieke 2012: 112f). Im Unterricht soll ein fremdsprachliches Selbstbewusstsein entwickelt werden (vgl. Elsner 2010: 25), um eine „individuelle Mehrsprachigkeit“ (Mindt/ Schlüter 2007: 18) zu fördern (vgl. Roos 2006: 27), welche auch zur Auseinandersetzung mit Sprachen und Kulturen außerhalb der Schule motivieren soll. Ein 7 Im hiesigen Verständnis werden inter- und transkulturelle Lernprozesse weniger als konkurrierende denn sich ergänzende Ansätze verstanden und zielsprachliches Lernen in Anlehnung an Mayer (2012: 7) als Thematisierung von „inter-/ trans- / multikulturelle[n]“ Begebenheiten verstanden. Nichtsdestotrotz wird im Rahmen dieser Arbeit der Ansatz des transkulturellen Lernens hervorgehoben, um die Pluralität zu unterstreichen, aus welcher sich heutzutage sprachliche und kulturelle Identitäten zusammensetzen (vgl. Freitag-Hild 2010: 33ff, Volkmann 2011: 113ff). <?page no="62"?> 62 solch identitätsstiftendes Selbstbewusstsein stellt eine wesentliche Voraussetzung dar, um an zielsprachlichen Diskursen teilnehmen zu können. Ergänzend realisiert sich die Entwicklung kultureller Kompetenzen auch verknüpft mit den linguistischen Besonderheiten eines Sprachsystems, wodurch die Sprachproduktionen von Lernern als unmittelbarer kultureller Austausch betrachtet werden. If, however, language is seen as a social practice, culture becomes the very core of language teaching. (Kramsch 2004: 8). Dementsprechend sind es auch die affektiv-emotionalen Ziele des Fremdsprachenunterrichts, welche über die inhaltliche Thematisierung kultureller Aspekte sowohl Wissen über als auch Einsichten in strukturelle Besonderheiten von Sprachsystemen generieren können. Demnach ist das affektivemotionale Lernen eng mit den sprachlichen und kognitiven Zielen verbunden, welche im nächsten Abschnitt zusammengefasst werden. 3.3.2 Sprachliche Ziele Bei der Beschreibung der sprachlichen Ziele orientiert sich auch die fachdidaktische Diskussion zuerst einmal am GeR als einziger einheitlicher Strukturierung für das linguistische Können. Die sprachlichen Ziele werden als „Kann-Beschreibungen“ (Roos 2006: 28) den Kompetenzstufen A1 und A2 des GeR und deren Übertragung in die curricularen Vorgaben der Länder zugeordnet (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 18). Im Sinne der angesprochenen Diskurskompetenz sind die kommunikativen Kompetenzen zentral, welche sich sowohl aus rezeptiven als auch produktiven Fertigkeiten ergeben. Orientiert an Erwerbsfolgen, ist es die Fertigkeit des Hörverstehens, die gerade zu Beginn des Lehr- und Lernprozesses im Vordergrund steht (vgl. Böttger 2010: 55f), sodass eines der ersten Kompetenzziele darin liegt, Äußerungen zu verstehen und angemessen zu reagieren (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 19). Der zweite Zielbereich ist die mündliche Sprachproduktion, für welche zwischen freien Sprechanlässen sowie dem Imitieren und Reproduzieren von Sprache unterschieden wird. Das freie Sprechen tritt allerdings in den ersten beiden Lernjahren hinter die imitative und reproduzierende Sprache zurück (vgl. Böttger 2010: 56). Zudem hat sich der Einsatz von Schriftsprache durchgesetzt, welcher zu Beginn der Einführung des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule zunächst ausgeblendet worden war (vgl. Klippel 2003: 118). Mittlerweile ist die Schrift zu einem festen Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts geworden, da sich viele Autoren auf Grundlage empirischer Befunde für eine schriftliche Verarbeitung mündlich gefestigter Wörter und Worteinheiten ausgesprochen haben (vgl. Rymarczyk 2008/ 2011, Diehr 2010/ 2011, <?page no="63"?> 63 Diehr/ Frisch 2008, Frisch 2011/ 2013, Weth 2011). Demnach sollen die Schüler „Informationen, die aus mündlicher Kommunikation bekannt sind, auch aus Texten entnehmen und dieses Verständnis auf verschiedene Art und Weise belegen“ (vgl. BIG-Kreis 2005). Auch wenn das Ob im Zusammenhang mit der Nutzung von Schrift geklärt ist, bleibt die Frage nach dem Wie der Einführung und der methodischen Umsetzung weiterhin unbeantwortet (vgl. Böttger 2010: 57). Interessant ist die Debatte um die Schrift vor allem dann, wenn beachtet wird, dass bereits in den 1970er-Jahren in den Studien von Helms und Möhle (1975: 153) festgestellt werden konnte, dass die Lerner die Schrift einfordern. Parallel zu den beschriebenen Kompetenzen sind die Bereiche der Aussprache, des Wortschatzes und der Grammatik auszubauen (vgl. Legutke et al. 2009: 62). In Bezug auf die Grammatik verhält es sich wie mit den Einstellungen gegenüber der Einführung der Schriftsprache noch vor ein paar Jahren, da sich mal für, mal gegen eine systematische Vermittlung grammatischer Strukturen ausgesprochen wird (vgl. Kuhn 2006, Mindt/ Schlüter 2007, Schmid-Schönbein 2008: 70ff). Allerdings wird zunehmend eine „bedarfsgerechte Behandlung von Grammatik“ (Böttger 2010: 25) befürwortet, welche nach Elsner (2010: 97) gegeben ist, wenn „sprachliche Regelmäßigkeiten vom Kind zunächst selbst herausgefunden werden können, diese Einsichten aber anschließend explizit im Unterricht thematisiert werden“. Folglich ergibt sich eine integrative Verwendung von Grammatik, indem implizite Erfahrungen mit expliziten Verfahren kombiniert werden, welche stark von den kognitiven Zielen fremdsprachlichen Lernens abhängen. 3.3.3 Kognitive Ziele Der Bereich der kognitiven Lernziele umfasst den Erwerb von expliziten Wissensbeständen und Einsichten in den Bereich der Sprache sowie der Kultur (vgl. Elsner 2007: 45f). Die Schüler sollen erste Einblicke in Funktionsweisen der fremden Sprache gewinnen (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 22). Neben dem intuitiven Gebrauch von Wörtern und Redemitteln, die im Sprachbewusstsein angelegt sind, tritt die Kompetenz, „zwischen einem falschen und einem richtigen Wort, zwischen einem passenden und einem unpassenden Ausdruck unterscheiden zu können“ (Böttger 2010: 54). Auch wenn konkretes Grammatikwissen eine untergeordnete Rolle spielt (vgl. Kap. 3.1.2), so sind Einsichten in basale Zusammenhänge und Funktionsweisen sprachlicher Systeme bereits in der Grundschule anzustreben (vgl. Mayer 2009: 72, Elsner 2010: 97f). Parallel soll Wissen über andere Lebensweisen, Umgangsformen und institutionelle Begebenheiten in einer kulturell und sprachlich heterogenen Welt erlangt werden. Dieses Wissen bietet dem Lerner sowohl eine Reflexionsfläche für persönlichkeitsbildende Überlegungen als auch die Vorausset- <?page no="64"?> 64 zung, um erfolgreich an fremdsprachigen Diskursen teilnehmen zu können (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 22). Ferner stellt sich in der Auseinandersetzung mit zielsprachlichen Inhalten nicht nur eine sprachliche Kompetenz ein, sondern auch eine tiefe inhaltliche Verarbeitung der thematisierten Konstrukte (vgl. Wolff 2007: 9). Ziel des fremdsprachlichen Lernens ist es, bestimmte mentale Konstrukte und Konzepte nicht nur in der Erstsprache, sondern auch in der Zielsprache und weiteren Sprachen verbalisieren zu können. Inhaltlich identische Bedeutungen können durch verschiedene linguistische Systeme repräsentiert werden. Die adäquate Verwendung der Sprachsysteme in Abgleich mit der Bedeutungsebene sowie den kommunikativen Rahmenbedingungen befähigt die Schüler zur Teilnahme an Diskursen (vgl. Hallet 2011: 54). In diesem Zusammenhang liefert die bewusste Aneignung von Lern- und Kommunikationsstrategien den Schülern das Handwerkszeug, eigenständig sprachlich agieren und kommunizieren zu können (vgl. Roos 2006: 28, Elsner 2010: 72). 3.3.4 Pragmatische Ziele Die benannten Lern- und Arbeitstechniken werden jenseits linguistischer Zielsetzungen vor allem mit Blick auf unterrichtsmethodische Aspekte eingesetzt, welche das selbstständige Lernen der Schüler unterstützen (vgl. Finkbeiner 2009: 237f). Die instrumentelle Handlungskompetenz ergänzt das sprachliche Agieren, indem verbale Äußerungen durch die haptische Wahrnehmung verstärkt werden. So müssen im fremdsprachlichen Unterricht Lern- und Arbeitstechniken eingeführt und trainiert werden, um sowohl interals auch intraindividuelle Lernprozesse zu stützen. Hierfür sind Strategien notwendig, die einerseits umfassende Handlungen in der Interaktion zwischen mehreren Individuen fördern und andererseits die Aufnahme, Dekodierung und Verarbeitung sprachlicher Phänomene durch den Einzelnen ermöglichen (vgl. Böttger 2010: 145ff). Sprachlernstrategien und -methoden helfen, die richtigen Lern- und Arbeitstechniken im Abgleich mit den beabsichtigten Zielen zu wählen (vgl. Roos 2006: 27f). Vor allem in Situationen, die eine außerinstitutionelle, eigenengagierte Bewältigung sprachlicher Herausforderungen bieten, sind abhängig von der Kompetenz des Individuums, erworbene Fertigkeiten reflektiert einzusetzen. In einem umfassenden Verständnis von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen orientieren sich gerade Letztere stark an den beschriebenen pragmatischen Fähig- und Fertigkeiten (vgl. HKM 2010). Methodisch können diese Prozesse durch Handlungen wie z.B. die Arbeit mit Wörterbüchern und PC-Programmen, die Recherche im Internet, das Anlegen von Vokabelheften sowie die Arbeit mit einem Portfolio gefördert werden. <?page no="65"?> 65 3.4 Die Diskurskompetenz als Ziel frühen Fremdsprachenlernens Die Darstellung der Ziele verdeutlicht die Komplexität der aktiven Aushandlungsprozesse sprachlicher und kultureller Bedeutungen (vgl. Bach/ Breidbach 2009: 299ff, Hallet 2010: 130). Die beschriebenen Ziele sind für Mindt und Schlüter (2007: 9) entscheidend, da eine „Teilhabe am weltweit verfügbaren Wissen“ maßgeblich für eine erfolgreiche Lebensgestaltung der Schüler sei. Folglich stellen Kompetenzen „Potentiale“ (Zydatiß 2010: 59) dar, welche aus vorherigen Erfahrungen bereits vorhanden sind, durch aktuelle Lernprozesse erweitert werden und bei zukünftigen Handlungen eingesetzt werden können. Handlungsbzw. diskurskompetent ist folglich jener, welchem es gelingt, die basalen Fertigkeiten mit interbzw. transkulturellen Kompetenzen, methodischen Strategien und motivationalem Erleben zu verbinden und durch konkretes Sprachmaterial (Wortschatz und Grammatik) zu realisieren (vgl. Legutke et al. 2009: 94ff). Linguistische Fertigkeiten werden mit kulturellen und pragmatischen Fähig- und Fertigkeiten sowie motivationalen und volitionalen Haltungen, Einstellungen und Strategien kombiniert (vgl. Weinert 2001: 27, Klieme 2004: 10) und ermöglichen es sodann, Teil eines größeren Kommunikationszusammenhangs zu werden, welcher als Diskurs definiert wird. Diskurse entwickeln sich folglich immer im Dialog zwischen Individuen und sind geprägt von deren sprachlichen und kulturellen Voraussetzungen sowie dem Inhalt, welchen es zu verhandeln gibt. In diesem Kontext wird zwischen dem Diskurs als Situation der Auseinandersetzung sowie dem Diskurs als dem Nutzen von Fertigkeiten unterschieden. Während Discourse den Aushandlungsprozess zwischen Individuen beschreibt, bezieht sich die Bezeichnung discourse auf die Fertigkeiten wie „saying/ writing/ listening/ reading/ viewing“ (Gee 1990: 142). Da der Einsatz isolierter Fertigkeiten - im Sinne des Begriffs discourse - nicht ausreicht, um an Diskursen erfolgreich partizipieren zu können, sind literale Kompetenzen zu erwerben, welche sich zwar auf der Grundlage der Fertigkeiten des Hörens, des Sprechens, des Lesens und des Schreibens entwickeln, jedoch nur in Abhängigkeit von Einstellungen, vom Verstehen, von Erfahrungen und von Motivationen angewendet werden können (vgl. Hallet 2011: 36). Die Kompetenzen werden folglich zu Werkzeugen, welche die Teilnahme an komplexen Aushandlungsprozessen jenseits sprachlicher und kultureller Grenzen zulassen (vgl. Bonnet/ Breidbach 2013: 33f). Diese Beschreibung verdeutlicht, dass die Teilhabe an Diskursen ein wesentliches Element menschlicher Existenz darstellt und im fremdsprachlichen Unterricht die Chance gegeben ist, diesen Anspruch gleichermaßen zu nutzen wie zu fördern. Die Prinzipien von Unterricht und die Formulierungen von Kompetenzen sollten demnach auf die Gestalt der Diskurse angepasst werden (vgl. The New London Group 2000: 10 ff, <?page no="66"?> 66 Bach/ Breidbach 2009: 286 ff). In den letzten Jahrzehnten haben die technologischen Entwicklungen und die sozialen Diversitäten zu einer explosionsartigen Verbreitung neuer Kommunikationszusammenhänge und -modi geführt. Die gesellschaftlichen Diskurse haben sich spezifiziert, wodurch sich auch die Anforderungen an die Kompetenzen verändert haben, die zur Teilnahme an diesen Diskursen benötigt werden (vgl. Anstey/ Bull 2006: 19 ff). In der hieraus entstandenen new literacies oder multiliteracies Debatte wird gefragt, auf welche Weise der veränderte Anspruch an Literalität den Unterricht und dessen Zieldimensionen prägt (vgl. The New London Group 2000: 11 ff). Der Fremdsprachenunterricht als ein Raum, in welchem Kultur und Sprache explizit verhandelt werden, muss dieser zunehmenden Komplexität in der Kommunikation zwischen Menschen unterschiedlicher Sprachen und Kulturen unter Verwendung multimodaler Textzugänge Rechnung tragen und weitreichende Kompetenzen der Schüler fördern (vgl. Cope/ Kalantzis 2000: 6). […] students will need to acquire the skills, strategies, and practices they need for work and leisure; active citizenship; participation in social, cultural, and community activities; and personal growth. (Anstey/ Bull 2006: 19). In den deutschen Kontext wurde die Debatte um new literacies unter dem Begriff des Diskurses bzw. der Diskurskompetenz/ -fähigkeit eingeführt und u.a. von Bach und Breidbach (2009), Hallet (2012) und Bonnet und Breidbach (2013) auf das hiesige Fremdsprachenlernen gespiegelt. Nicht zuletzt die Aufnahme multimodaler und kritisch-reflexiver Kompetenzen in die Curricula zeigt, welchen Einfluss die veränderten Kommunikationsformen auf den Fremdsprachenunterricht haben. Damit löst der Diskursbegriff auf der terminologischen Ebene eine Idee ab, welche seit den 1970er-Jahren bestand hat: die kommunikative Kompetenz. Die Substanz des Grundgedankens der kommunikativen Kompetenz wird jedoch weniger ersetzt als weitergedacht, da eine Kompetenz zur Kommunikation nach wie vor als Ziel und als Weg des fremdsprachlichen Lernens zu verstehen ist. Lediglich die Beschaffenheit des Zielkontextes hat sich mit der soeben beschriebenen komplexeren Gestalt von Diskursen gewandelt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass auch der Diskursbegriff im Kontext der kommunikativen Kompetenz bereits existent war und ist. So wird u.a. in den Beschreibungen Savignons (1997) die Diskursfähigkeit als ein Teil der kommunikativen Kompetenz dargelegt. Mittlerweile hat sich die Sicht auf die Diskursfähigkeit jedoch insofern gewandelt, dass sie nicht mehr als pragmatische Fertigkeiten zum Handeln verstanden wird, welche erst durch linguistische, kognitive und affektive Fähigkeiten genutzt werden kann. Sie ist ferner nicht ein Teil der kommunikativen Kompetenz, sondern die Zieldimen- <?page no="67"?> 67 sion menschlichen Handelns überhaupt. Letztendlich hat sich die Stellung der Begrifflichkeiten in ihrer Nutzung gewandelt, wenn die kommunikative Kompetenz als ein Teil einer Diskursfähigkeit verwendet wird, um das Diskurshandeln zu unterstreichen (vgl. HKM 2010a, Hallet 2012: 9). In Kombination mit der vorgestellten Definition Weinerts wirkt der Begriff Fähigkeit jedoch ungünstig, da dieser Fähigkeiten als einen Aspekt von Kompetenz beschreibt. Auch wenn von Hallet (2011/ 2012) und im hessischen Kerncurriculum (HKM 2010a) der Begriff Diskursfähigkeit gewählt worden ist, wird in dieser Arbeit im Zuge der stringenten Verwendung des Kompetenzbegriffes nach Weinert von einer Diskurskompetenz gesprochen. Die Diskurskompetenz wird verstanden als das Vermögen, Fähig- und Fertigkeiten, Wissen und Können, Einstellungen und Haltungen so einzusetzen, dass in mehrsprachigen, themenübergreifenden, transkulturellen und multimodalen Kommunikationssituationen reflexiv agiert werden kann. Die hier dargestellte Suche nach den Zielen eines fremdsprachlichen Unterrichts in der Grundschule lässt erkennen, dass sich die Zielsetzungen aus wissenschaftlicher Sicht zusehends verdichten, während die politischen Entscheidungen eher vage bleiben. So bieten die curricularen Vorgaben der Länder zwar innerhalb ihres Geltungsbereiches grundlegende Ideen, auf welche Weise Fremdsprachen in der Grundschule vermittelt werden sollen. In ihrer Summe zeugt das wenig einheitliche Bild der Kerncurricula jedoch von einer Uneinigkeit und fehlenden Kongruenz bezüglich der Zielsetzungen. Auch der GeR kann nur bedingt Orientierung schaffen. Folglich sind es vor allem die Bemühungen der Forschung, welche dank ihrer mittlerweile langjährigen Tradition fundierte Belege dafür findet, welche Kompetenzen Lerner in der Grundschule bereits erreichen können. Interessant scheint in dieser Hinsicht vor allem, dass die zunehmende gesellschaftliche Diversität dazu geführt hat, dass die Handlungsfähig- und -fertigkeiten sich im Konstrukt der Diskurskompetenz vereinen. Während die traditionellen linguistischen und affektiven vor allem um neue kognitive Ziele, wie vermehrt reflexive Verfahren, erweitert werden müssen, bleibt der Wunsch der Etablierung einer Handlungskompetenz bestehen. Im folgenden Kapitel wird untersucht, welche Folgen dieser Wunsch nach Diskurskompetenz für die Prinzipien von Unterricht hat. Um möglicht viele Bereiche in die Analyse einzubeziehen, wird zunächst geschaut, wie die Prinzipien in den Kerncurricula beschrieben werden (vgl. Kap. 4), bevor die wissenschaftliche Ebene thematisiert und unterschiedliche konzeptionelle Ansätze entlang empirischer Befunde analysiert werden (vgl. Kap. 5-7). <?page no="68"?> 68 4 Die Prinzipien frühen Fremdsprachenlernens Das Ziel des Fremdsprachenunterrichts ist es, die Diskurskompetenz der Schüler zu fördern. Der Unterricht ist demnach an Prinzipien eines kompetenzsowie diskursorientierten Lehrens und Lernens auszurichten, welcher auf die Teilnahme an Diskursen vorbereitet. Der Diskurs wird somit gleichwohl zum Ziel als auch zum Prinzip des Unterrichts. Die hieraus erwachsende zentrale Stellung des Diskurses bietet Lernern Gelegenheiten, in welchen sie Inhalte aushandeln und Kompetenzen erwerben können. Diese sind durch Aufgaben zu stimulieren, welche Kompetenzen für spätere Sprachhandlungen trainieren. werden. In einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht werden die Schüler aufgefordert, mit ihren individuellen Kompetenzen in der jeweiligen Verkettung von Ereignissen zu agieren, welche wiederum abhängig sind von den Akteuren und der Situation. Die Etablierung von Diskurskompetenz ist jedoch nicht nur zur Bewältigung von Einzelsituationen relevant, sondern erfüllt persönlichkeitsverändernde Zwecke im Sinne eines höheren Bildungsanspruchs. Um mit der Pluralität und Diversität von Lebensentwürfen umgehen und gesellschaftliche Kotexte aktiv mitgestalten zu können (vgl. Bach/ Breidbach 2009: 286f), hilft der handlungsorientierte Einsatz von Eigenschaften der Lerner wie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, kritische Reflexion und bewusste Identität eine erfolgreiche Bewältigung ihres Arbeits- und Privatlebens zu ermöglichen. Dementsprechend gilt es, in einem diskursivkompetenzorientierten Unterricht Lerngelegenheiten anzubieten, in welchen die Schüler ihre Diskurskompetenz entwickeln können. Ein diskursivkompetenzorientierter Unterricht nutzt die Folgen der „globalen Migration“ und der „medientechnologischen Revolution“ (Hallet 2010: 67), indem der Unterricht zu einem Raum wird, welcher sowohl durch die geografischen Bewegungen von Menschen als auch durch die Schnelligkeit der Informationsbeschaffung und -mitteilung geprägt ist (vgl. Cope/ Kalantzis 2000: 5, Mills 2011: 2). Dementsprechend schafft ein diskursiv-kompetenzorientierter Unterricht Situationen, welche es dem Schüler erlauben, diese „Menge kulturell zirkulierender und inhaltlich-thematisch aufeinander bezogener Äußerungen, Texte und anderer kommunikativer Artefakte aller Art“ (Hallet 2011: 54) zu verstehen und deren Bedeutung zu hinterfragen. Da bislang für den Bereich des frühen Fremdsprachenlernens in Deutschland keine Prinzipien für einen diskurs-kompetenzorientierten Unterricht entwickelt worden sind, sollen in diesem Kapitel Prinzipien eines solchen Unterrichts aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte hergeleitet werden. Damit die Prinzipien aber nicht nur theoretisch hergeleitet werden, sind aktu- <?page no="69"?> 69 ell implementierte Unterrichtansätze zu beschreiben, welche Grundsätze eines diskursiv-kompetenzorientieren Unterrichts bereits in Teilen nutzen. Anhand empirischer Erkenntnisse werden diese im Hinblick darauf analysiert, ob die bereits angewandten Prinzipien für einen diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht hilfreich sind. Es werden sowohl die curricularen Vorgaben als auch die implementierten Ansätze der Unterrichtspraxis analysiert, um aussagekräftige Prinzipien für einen angemessenen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule herleiten zu können. In Bezug auf den Unterricht sind es drei konzeptionellen Ideen, welche sich hauptsächlich in den Grundschulen finden lassen. Der Regelunterricht ist der erste hier diskutierte und am weitesten implementierte Ansatz. Er wird aus den curricularen Vorgaben direkt abgeleitet. Den zweiten Ansatz stellen bilinguale und immersive Lernformen dar, in welchen die Zielsprache in Sachfächern genutzt wird, um die Intensität des Kontaktes und die Etablierung von Kompetenzen zu stärken. Drittens sind es reformpädagogische Schulen, welche verbreitet Unterricht anbieten und mittlerweile angehalten sind, eine Fremdsprache zu vermitteln. Alle drei Bereiche sollen in ihren Prinzipien beschrieben und anhand empirischer Einblicke analysiert werden. Auf diese Weise lassen sich empirisch belegte Prinzipien für eine diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht gesichert herleiten. Zunächst werden jedoch die Prinzipien aus der curricularen Sicht beschrieben. Eine Beschreibung fremdsprachlichen Lernens fußt jedoch auch immer auf den curricularen Vorgaben, welche nicht nur Hinweise für die Gestaltung und die Ziele von Unterricht geben, sondern konkrete Forderungen an die Praxis stellen. Bevor die drei benannten Ansätze des regelschulischen, des bilingualen und des reformpädagogischen Lernens näher diskutiert werden können, müssen die von Seiten der Politik geforderten Prinzipien als Rahmen sämtlicher weiterer Ausführungen dargestellt werden. 4.1 Die didaktischen Prinzipien in den Curricula In allen Rahmenplänen finden sich Hinweise zu Prinzipien der Unterrichtsgestaltung. Mit ihnen werden Überzeugungen bezüglich lerntheoretischer und spracherwerbstheoretischer Annahmen vorgestellt, die in methodischen Ansätzen konkretisiert werden. Alle 16 Rahmenpläne nehmen Bezug auf den aktuellen Stand der fachdidaktischen Forschung und Diskussion, variieren allerdings in der qualitativen sowie quantitativen Ausführlichkeit ihrer Darstellungen. Während in einigen curricularen Vorgaben lediglich Schlüsselbegriffe wie Ganzheitlichkeit, Authentizität und Handlungsorientierung zu lesen sind (vgl. BY, NI, BRA, HE), wird in den übrigen detailliert beschrieben, auf welche Weise ein ganzheitlicher und handlungsorientierter Unterricht zu <?page no="70"?> 70 gestalten ist. Insgesamt verfügen 12 der 16 Curricula über einen Abschnitt, in welchem didaktische Überzeugungen und Prinzipien der frühen Fremdsprachenvermittlung explizit thematisiert werden (vgl. B: 51f, BW: 72f, HB: 10f, HH: 13ff, MVP: 19ff, NRW: 5ff, RP: 11ff, SAA: 5ff, SAH: 5, SH: 5f., SN: VII, TH: 5). Dabei herrscht ein erstaunlicher Konsens bezüglich didaktischer Grundsätze, welcher auf die ergebnis- und handlungsorientierten Ideen der Nuller Jahre zurückzuführen ist. In individuell wie kollektiv ausgerichteten Lernaufgaben sollen vielfältige Sprachhandlungen zu einer lebensnahen Sprachenvermittlung genutzt werden. Aufgrund der spezifischen Ausrichtung primarstuflicher Bildung und des umfassenden Anspruchs, sämtliche Persönlichkeits- und Inhaltsbereiche zu fördern, erhält vor allem die fächerverbindende und -übergreifende Thematik einen besonderen Stellenwert in dieser Jahrgangsstufe. In sämtlichen Plänen finden sich mehr oder weniger detaillierte Hinweise darauf, dass Unterricht über die Fächergrenzen hinaus sowohl als Teil grundschulpädagogischer Ausrichtung als auch in seiner Bedeutung für fremdsprachliche Lernprozesse gefördert werden soll. In diesem Sinne wird eine Öffnung der Fachgrenze fremdsprachlichen Lernens mal als Beitrag zu einem gesamtsprachlichen Konzept der Schüler wie in Thüringen (vgl. Kap. 3.1.2), mal als Chance, fremdsprachliche Angebote in andere Fächer zu übertragen bzw. Inhalte anderer Bereiche in den Fremdsprachenunterricht zu integrieren, begründet (vgl. BW: 68, MVP: 32, RP: 12, SAR: 7). Der Rahmenplan Rheinland-Pfalz weist explizit auf die Funktionalität von Sprache hin, welche durch eine thematisch sinnvolle Einbindung erfahren werden kann. Demzufolge „vollzieht sich Fremdsprachlernen in der Grundschule auch nicht losgelöst von anderen Lernbereichen. Vielmehr gilt es Unterrichtsinhalte so aufzubereiten, dass sie unter verschiedenen fachlichen Aspekten thematisiert werden […]“ (RP: 12). Diesem Zitat folgend wird die Fremdsprache nicht länger ihrer selbst willen gelernt, sondern als ein Werkzeug in dienender Funktion für das Erschließen fachlicher Inhalte eingesetzt. Dieser Funktionalitätsaspekt von Sprache wird auch im Rahmenplan Baden-Württembergs beschrieben, in welchem die fremde Sprache ebenso wie die Erstsprache in den Sachfächern verwendet werden kann: Durch die Verbindung des Fremdsprachenunterrichts mit anderen Fächern der Grundschule erweitern die Kinder ihr Welt- und Handlungswissen zugleich in der Zielsprache und in Sachgebieten. Sie erwerben Sprachwissen durch die Aneignung von Sach- und Handlungswissen. Sie lernen, dass Informationen und Inhalte ihnen auch in einer fremden Sprache zugänglich sein können. (BW: 68). Eine besonders intensive Einbindung Fremdsprachen integrierender Momente in die Sachfächer wird in den curricularen Vorgaben Mecklenburg-Vor- <?page no="71"?> 71 pommerns gefordert. „Fächerverbindende und fächerübergreifende Aspekte“ (MVP: 32)stellen zentrale Bestandteile der fremdsprachlichen Ausbildung der Grundschule dar, da diese „die Grundlage für vielfältige kommunikative Situationen im Fremdsprachenunterricht“ (a.a.O.) bilden. Zusätzlich zu den drei Stunden regulären Fremdsprachenlernens wird die „Integration der Fremdsprache in andere Lernbereiche (Sachunterricht, Musik, Sport, Kunst) ermöglicht“ (MVP: 19). Es werden inhaltliche Bezüge zu den außerfremdsprachlichen Lernbereichen Sachunterricht, Musik, Kunst, Werken und Mathematik hergestellt. Auf diese Weise werden z.B. im Bereich Sachunterricht das „Sprechen über Tiere und Pflanzen und deren Lebensräume“, im Fach Musik „Sing- und Tanzspiele“, im Bereich Kunst das „Herstellen von dekorativen Elementen“, im Werkunterricht das „Herstellen von Büchern zu verschiedenen Themen“ und im Bereich Mathematik die „Arbeit mit Zahlen, Arbeit mit geometrischen Formen“ (MVP: 33) als mögliche verbindende Themen genannt. In den curricularen Vorgaben des Landes Schleswig-Holstein existieren ebenso konkrete Hinweise. Für das Themenfeld „Weather - Clothes“ werden in diesem Hinweise für den Sportunterricht („Ice, fire, water“), für den Musikunterricht („I‘m singing in the rain“, „I love the flowers“) und für den Sachkundeunterricht („Seasons“, „Green and growing“) gegeben (SH: 9f). Diese detaillierte Hilfe bietet den Lehrkräften konkrete Beispiele dafür, welche thematischen Schwerpunkte auch in anderen Fächern aufgegriffen werden können. Leider sind diese Beispiele nicht weiter ausgeführt bzw. in den anderen Bundesländern nicht existent. Globale Hinweise zum fächerübergreifenden und -verbindenden Lernen finden sich z.B. in den Vorgaben der Länder Brandenburg, Hessen und Berlin: Zum einen können mehrere Unterrichtsfächer zu einem Fach zusammengefasst werden, zum anderen kann der Unterricht in mehreren Fächern durch enge Absprachen und schulinterne curriculare Festlegungen fächerübergreifend gemeinsam gestaltet werden. (B: 7). Im Hinblick auf die Entwicklung fächerverbindender und fachübergreifender Kompetenzen gilt es, Fächergrenzen zu überwinden [...]. Für die Lernenden ist diese Vernetzung zugleich Voraussetzung und Bedingung dafür, Kompetenzen in vielfältigen und vielschichtigen Anforderungssituationen zu erwerben. (HE: 1). Der Unterricht in der Grundschule ist mehr als das Lernen im Fach. [...] Im fächerverbindenden Unterricht werden Inhalte, Denkweise und Methoden unterschiedlicher Fächer miteinander in Beziehung gesetzt. (BRA: 10). Auch wenn im Rahmenplan Mecklenburg-Vorpommerns inhaltliche Überschneidungsbereiche genannt werden, so bleiben konkrete Beispiele der methodischen Umsetzung eines fächerübergreifenden Unterrichts aus. Bevor <?page no="72"?> 72 also fächerübergreifend unterrichtet werden kann, sind die jeweiligen Lehrkräfte in die Pflicht genommen, Ansätze zu entwickeln, wie dieses in ihren Klassen umsetzbar ist. Da bislang kein Modell existiert, welches dieses Desiderat löst, wirkt die Forderung nach einem fächerübergreifenden Fremdsprachenlernen wie Makulatur. Dabei bieten andere didaktische Prinzipien, welche einen ganzheitlichen, authentischen und handlungsorientierten Unterricht fördern sollen, eine geeignete Ausganglage, um die geforderten Kompetenzen im Unterricht nutzen zu können. Wenn allerdings komplexe und mehrdimensionale Kompetenzen gefördert werden sollen, dann müssen auch im Unterricht möglichst viele Facetten fremdsprachlichen Lernens integriert werden, um die geforderten Handlungsfelder zu realisieren. Dies gelingt jedoch nur, wenn sprachliche Handlungen an sinnhafte Inhalte angebunden und in authentischen Kontexten verhandelt werden. Die Sachfächer bieten hierfür den geeigneten Ort. Ein solches Lernen muss folglich durch Modelle beschrieben werden, welche Hinweise zur Verbindung der Fremdsprache mit den Sachfächern sowie zu konkreten Methoden und Inhalten bieten. Im Folgenden wird beschrieben, welche Methoden im Rahmen der curricularen Vorgaben benannt werden. 4.2 Die methodischen Hinweise in den Curricula In Anlehnung an ihre jeweiligen didaktischen Grundannahmen haben die Kultusministerien Hinweise zur methodischen Arbeit im Unterricht hergeleitet. Allerdings gelingt es in den wenigsten Rahmenplänen, Methoden für die Förderung bestimmter Kompetenzen oder zur Vermittlung konkreter Inhalte zu benennen. Vielfach finden sich Hinweise zum Einsatz von Materialien und Medien im Unterricht, welche jedoch generell und ohne Bezug zu Kompetenzen bzw. Inhalten aufgelistet werden (vgl. BW: 68f/ 72, BY: 28; HB: 8f, HH: 7f, MVP: 6ff, NRW: 5f). Methodische Hinweise zu einem fächerübergreifenden Unterricht, wie er gefordert ist, werden nicht gegeben. Bisher finden sich Methoden für konkrete Inhaltsfelder und Zieldimensionen u.a. im Anhang der schleswig-holsteinischen Vorgaben. So wird für das Thema „Wheater - Clothes“ auf Reime und Gedichte („Rain, rain, go away“), auf Lieder („I love the flowers“) und auf Spiele („Würfelspiel: The weather game“) hingewiesen (vgl. SH: 9ff). Im Land Bremen werden zwar keine unmittelbaren Verbindungen zwischen den Kompetenzen und Methoden generiert, dennoch finden sich im Abschnitt zu methodischen Hinweisen über zwei Seiten Anmerkungen zu typischen Methoden des fremdsprachlichen Lernens in der Primarstufe sowie deren allgemeinen Funktionen (vgl. HB: 10f). Ähnlich verhält es sich mit den Angaben im R AHMENPLAN G RUNDSCHULE des Landes Rheinland-Pfalz, in welchem ebenfalls Ausführungen zu allgemeinen metho- <?page no="73"?> 73 dischen Hinweisen gegeben sind. Diese stellen jedoch nicht den Mehrwert konkreter Methoden vor wie z.B. die Wirkung von storytelling oder die Einführung von Schrift durch Wortkarten, sondern sind den verschiedenen Prinzipien des authentischen, des kommunikativen und des exemplarischen Lernens zugeordnet (vgl. RP: 12ff). Im Saarland werden methodische Aspekte in einer tabellarischen Übersicht in die Kompetenzerwartungen integriert. Zu jeder Kompetenzbeschreibung finden sich Hinweise, durch welche Aktivitäten diese genutzt und erworben werden können wie „Genanntes ankreuzen“, „Bilder/ Realien sinnvoll Hörtextausschnitten zuordnen“, „Entscheidungsfragen zu einem Hörtext bejahen oder verneinen“ usw. (vgl. SAR: 9ff). Eine ebenfalls umfangreiche Ausdifferenzierung liegt im sächsischen Rahmenplan vor. Tabellarisch werden jedem Oberthema zum einen inhaltliche Schwerpunkte sowie zu erzielende Kompetenzen zugeordnet, zum anderen konkrete Hinweise zur methodischen Umsetzung aufgeführt (vgl. SN: 8ff). Exemplarisch wird für den Lernbereich Me, my family and my friends die Kompetenz „Kennen von Einflüssen der englischen Sprache auf das Alltagsleben“ definiert, welche durch eine „Mindmap zu einfachen Begriffen: Computerbranche, Musikszene, Lebensmittel, Kleidungsstücke“ (SN: 8) bearbeitet werden soll. Auf diese Weise zeigen die Vorgaben im Saarland, in Sachsen und in Schleswig-Holstein, dass es möglich ist, Bezüge zwischen Kompetenzbeschreibungen und methodischen Hinweisen herzustellen. Diese Querverweise ermöglichen es den Lehrkräften, die in den Papieren linear beschriebenen Bereiche aufeinander zu beziehen und für den Unterricht praktikabel zu machen. Folglich müssen praktische Beispiele erklären, welche Inhalte in welchen Aufgabenformaten angeboten werden können, damit authentische Gesprächssituationen angenähert werden. Durch die detaillierte Beschreibung sollen jedoch keineswegs Lernwege vorgeschrieben und eingeengt, sondern vielmehr illustrativ dargelegt werden, auf welche Weise das Lernen gestaltet werden könnte. Eine zu abstrakte oder gar inhaltsleere Darstellung kann dazu führen, dass Methoden gar nicht erst ausprobiert oder gar falsch eingesetzt werden. Beispielhafte Aufgabenformate und Verlaufspläne könnten diese Gefahr aufgrund ihres visuellen und strukturellen Erklärungscharakters mindern. 4.3 Diskussion der Prinzipien in den Curricula Die Differenzen zwischen den curricularen Vorgaben der einzelnen Bundesländer bestätigen sich abermals in Bezug auf die didaktischen Prinzipien. Zwar zeigt sich, dass ein übergreifendes Verständnis dafür existiert, auf welche Weise Sprachen gelernt werden können und sollen. Dieses ist jedoch <?page no="74"?> 74 hauptsächlich von Schlagworten wie lernerorientiert, ganzheitlich, authentisch usw., geprägt und wird je nach Curriculum mit differenten Anforderungsniveaus, Inhalten und Methoden beschrieben. Zusätzlich fehlen Erläuterungen dazu, wie diese Prinzipien im Unterricht durch Methoden umgesetzt werden können, um bestimmte Kompetenzen zu fördern. Zwar finden sich Hinweise zu Methoden wie z.B. dem Einsatz von Mindmaps, allerdings werden diese unspezifisch aufgelistet. Es fehlt ein strukturierter Überblick zu Kompetenzen, Inhalten und Methoden, in welchem exemplarische Bezüge der drei Bereiche untereinander dargestellt und diese in Aufgabenformaten konkretisiert werden. Auch wenn in den meisten curricularen Vorgaben Hinweise zu den Methoden, den Inhaltsfeldern und dem Wortschatz gegeben werden, so werden diese in der überwiegenden Zahl der Rahmenpläne ohne Verbindung zu einander aufgelistet. Lediglich einige Bundesländer haben bislang Zusatzmaterialien veröffentlicht. Diese fehlende Kongruenz innerhalb der Curricula zeigt sich nicht zuletzt in der Forderung nach fächerübergreifenden Unterrichtsstunden, welche jedoch in keinster Weise strukturell, methodisch oder inhaltlich erläutert werden und damit die bisherige Ausgestaltung der Curricula wenig befriedigend wirken lassen. Um jedoch eine gewisse Qualität des fremdsprachlichen Lernens sicherzustellen und diese allen Schülern zuteilwerden zu lassen, sind mehrere Maßnahmen notwendig. Zum einen müssen konkrete Vorgaben gemacht werden, welche eine handlungsrelevante Herleitung von Prinzipien und Methoden erlauben, zum anderen müssen die Rahmenpläne weiter aneinander angeglichen werden. Ersteres kann nur gelingen, wenn die einzelnen Teilbereiche der curricularen Vorgaben so aufeinander bezogen werden, dass ein stimmiges Bild entsteht. Wenn zu jeder Zeit erschließbar ist, auf welche Weise die Prinzipien, Methoden, Kompetenzen, Inhalte und Sprachmittel sich gegenseitig bedingen, können Bedingungen verstanden und in einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht umgesetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass die Bundesländer zum einen ihre Curricula neu strukturieren und Ergänzungen publizieren müssen, welche neben konkreten Beispielen die geforderten Verbindungen transparent erläutern, und zum anderen vonseiten der Wissenschaft Modelle erarbeitet werden, welche das Fehlen von Handlungsbeispielen auflösen. Für die Generierung eines solchen Modells stellen die curricularen Vorgaben jedoch lediglich die organisatorische Grundlage dar. Wie ein solches Modell inhaltlich gefüllt werden kann, sprich welche Prinzipien und Methoden fremdsprachlichen Lernens sich in den vergangenen Jahren als effektiv erwiesen haben, kann nur auf der Basis empirischer Untersuchungen herausgearbeitet werden. Diese ergeben sich auf der Grundlage von Studien, die sich mit Fragestellungen bezüglich des Ertrags des regelschulischen, bilingualen und reformpädagogischen Lernens beschäftigt haben. Diese drei Formate werden in <?page no="75"?> 75 den folgenden Kapiteln in ihren Prinzipien und Methoden beschrieben und anhand einschlägiger Studien hinsichtlich ihrer qualitativen Güte diskutiert. Auf Grundlage dieser Diskussion sollen am Ende Prinzipien hergeleitet werden, die ergänzend zu den strukturellen Bedingungen der Curricula die Pfeiler für ein Unterrichtsmodell bieten, mit welchem die aktuellen Anforderungen eines diskursiv-kompetenzorientierten Lernens praktisch umgesetzt werden können. <?page no="76"?> 76 5 Die Prinzipien des Regelunterrichts in der Grundschule Der Regelunterricht ist der Unterricht, wie er in den curricularen Vorgaben der Länder beschrieben und in Schulen ohne spezifisches Fremdsprachenlernmodell implementiert ist. Im Zuge der Einführung von Bildungsstandards und Kompetenzen als Richtlinien für Lehr-Lernprozesse zu Beginn der Nuller Jahre wurden ergebnisorientierte Prinzipien im allgemeingültigen Konsens zur Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts in der Regelschule herangezogen (vgl. Kap. 2). In Folge einer Symbiose der begegnungssprachlichen und systematischen Ansätze (vgl. Keßler 2006: 46, Elsner 2007; 2010) wurden affektive und kognitive Lernziele auf eine Weise verbunden, welche die vorhergehende Diskrepanz zwischen der methodischen Ausrichtung fremdsprachlichen Lernens auf ein explizites Lernen und auf einen impliziten Erwerb von Sprache augenscheinlich beheben konnte (vgl. Mindt/ Schlüter 2007). Dementsprechend war das Ziel des Unterrichts auf Ergebnisse gerichtet, welche durch die obligatorische Einführung des Fremdsprachenunterrichts in die Grundschule zu Beginn des neuen Jahrtausends zunehmend gestärkt und in Form von Kompetenzen politisch legitimiert wurden (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 12, Mindt/ Wagner 2009: 51, Böttger 2010: 16f). Folglich wurden Lernergebnisse als Kompetenzen definiert, welche mit der zunehmenden Bedeutung der Kompetenzorientierung ausdifferenziert und als handlungsrelevante Kompetenzen konkretisiert wurden (vgl. Baumert et al. 2001: 29). Trotz der Ausrichtung an Kompetenzen wird in den meisten Curricula nach wie vor vom ergebnisorientierten Unterricht gesprochen. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben sollte vor der Zielsetzung fremdsprachlichen Lernens von einem diskursiv-kompetenzorientierten Lernen gesprochen werden. Doch auch wenn die Ergebnisorientierung des Öfteren als Konzeption beschrieben wird, so ist sie eher eine Sammlung von Zielen und Prinzipien als eine in sich geschlossene Unterrichtskonzeption, da sowohl ein theoretisches Modell als auch Handlungshinweise für die Praxis nicht eindeutig definiert sind. Welche Prinzipien jedoch für den Regelunterricht aus fachdidaktischer Sicht benannt werden und auf welche Weise diese in den curricularen Vorgaben rezipiert werden, wird in den folgenden Abschnitten geschildert. <?page no="77"?> 77 5.1 Die Prinzipien des Fremdsprachenlernens im Regelunterricht Für den Bereich des frühen Fremdsprachenlernens werden in zahlreichen Publikationen eindeutige Prinzipien genannt (Roos 2006, Keßler 2006/ 2008, Elsner 2007/ 2010, Mindt/ Schlüter 2007, Schmid-Schönbein 2008, Legutke et al. 2009, Mindt/ Wagner 2009, Böttger 2010). All diese Prinzipien fordern eine alters- und lernstandsangemessene Wahl der Methoden, welche die physiologischen und die psychologischen Voraussetzungen der Lerner berücksichtigen (vgl. Kubanek-German 2003: 48 f, Keßler 2008: 70). Dementsprechend lässt sich an mehreren Stellen das Prinzip „kindgemäß“ (Keßler 2006: 44, Schorch 2007: 94) oder „vom Kinde aus“ (Kubanek-German 2003: 48 f) als Dachterminus finden, von welchem alle weiteren Prinzipien abgeleitet werden. Die Wahl dieser Begrifflichkeit weist auf den bereits ausgeführten hohen Stellenwert affektiv-emotionaler Dispositionen im Kontext des frühen Fremdsprachenlernens hin. Diese gilt es in einem handlungs-, aufgaben- und kompetenzorientierten Unterricht zu fördern, der sich durch Anschaulichkeit und Ganzheitlichkeit auszeichnet (vgl. Burmeister 2006: 203, Gudjons 2008b: 285). Orientiert an allgemeinen grundschulpädagogischen Annahmen muss auch der Fremdsprachenunterricht an kindliche und spielerische Methoden angepasst werden und regelgeleitetes Lernen in den Hintergrund stellen (vgl. Appel 2006: 465). 5.1.1 Grundschulpädagogische Prinzipien Die Grundschulpädagogik soll laut Schorch (2007: 16) als ein „eigenes System“ betrachtet werden, welches spezifische Aufgaben und Inhalte verfolgt. Aufgrund multipler grundschulpädagogischer Ansätze existiert nicht das eine allgemeingültige Konzept grundlegender Bildung, sondern bestimmen konzeptübergreifende Prinzipien das Lehren und Lernen. Im Kontext eines übergeordneten Bildungsanspruchs sind sowohl fachliche als auch überfachliche Ziele zu realisieren. Während die fachlichen einen konkreten Bezug zu den fremdsprachlichen Lernergebnissen nehmen, werden durch die überfachlichen vor allem die Selbst- und Sozialkompetenzen geschult. Im Anspruch einer umfassenden Bildung in der Grundschule sind es vor allem die überfachlichen Kompetenzen, welche aus der Sicht der Grundschulpädagogik die Lerner in ihrer Gesamtpersönlichkeit fördern. Dies gelingt, wenn „Wissen (materiale Bildung) oder innere Kräfteentwicklung formaler Bildung“ (Gudjons 2008b: 202) kritische und reflexive Einstellungen gegenüber der Gesellschaft hervorrufen, welche sich in den Komponenten der Selbstvergewisserung (Wer bin ich? ), der Selbstkonstitution (Wozu bin ich da? ) sowie der zeitgeschichtlichen Ortsbestimmung (Was ist zu tun? ) zusammensetzen <?page no="78"?> 78 (vgl. ebd.: 203). Gemäß diesem Anspruch müssen in der Grundschule Lernangebote geschaffen werden, die explizites und implizites Wissen parallel vermitteln, Einstellungen, Haltungen und Motivationen generieren sowie Lernmethoden und -strategien einführen und trainieren. Folglich ist auch die Förderung einer allgemeinen Sprachkompetenz wichtig, um die Persönlichkeit der Lerner bezüglich ihres bestehenden Sprachrepertoires zu stärken sowie diese um die schulischen Zielsprachen zu erweitern. Dies ist nur möglich, wenn das Individuum mit all seinen Sprachen Beachtung findet und - vor dem Hintergrund einer sprachlich und kulturell diversen Lebenswelt der Schüler - Sprachen jenseits der Schul- und Zielsprache eingebunden werden (vgl. Hufeisen 2011: 266). Methodisch gelingt dies, indem sich die Schüler in interaktionalen Lernaufgaben mit der eigenen Sprachbiografie, -identität und -kompetenz sowie der ihrer Mitschüler auseinandersetzen. Organisatorisch ist die Ausbildung einer allgemeinen sprachlichen Kompetenz nicht fachspezifisch, sondern in die Lehr-Lern-Kontexte sämtlicher Fachbereiche zu integrieren. Ein monolingualer Habitus ist frühestens seit der Aufnahme von Kindern mit anderen Erstsprachen und spätestens seit der offiziellen Integration anderer Sprachen in den Fächerkanon der Grundschule nicht mehr zu halten (vgl. Gogolin 2008: 22f, Fereidooni 2011: 70). Fremdsprachliches Lernen und die Thematisierung sprachlicher Unterschiede als basale Bestandteile von Identität und menschlichem Zusammenleben sollten somit in angemessenem Maße in sämtlichen Unterrichtsstunden und Themenkomplexen beachtet, thematisiert und gefördert werden. Der Anspruch, eine sprachenübergreifende Kompetenz und ein Bewusstsein für die eigene sowie andere Sprachen zu schaffen, führt in Verbindung mit der muttersprachlichen Heterogenität, welche in den Grundschulklassen anzutreffen ist, zu einem Verständnis von Mehrsprachigkeit, welches alle vorhandenen Sprachen gleichermaßen zu berücksichtigen hat (Freie und Hansestadt Hamburg - Behörde für Schule und Berufsbildung 2011: 13f). Der fremdsprachliche Unterricht als ein Fach mit inhaltlichem Fokus auf die Sprache wird zu einem Forum, in welchem auch andere Sprachen zugelassen werden und die Grundschule ihrer Funktion als einer ersten Schule für alle gerecht wird (vgl. Schorch 2007: 80). Dementsprechend ist die Auseinandersetzung mit dem Eigenen und dem Anderen, d.h. mit den Belangen der eigenen Person, aber auch denen anderer Menschen, entscheidend für einen rücksichtvollen Umgang miteinander sowie für eine erfolgreiche Sozialisation aller im Unterrichtsprozess eingebundenen Individuen (vgl. Toman 2007: 36f). Dies gelingt, wenn im Unterricht vielseitige Situationen geschaffen werden, in denen die Lerner sowohl selbstständig als auch kooperativ arbeiten, um in einem dialogischen Miteinander in verschiedenen Aufgabenformaten und Sozialformen gemeinsam Inhalte zu erarbeiten (vgl. Topsch 2004: 8). Auf <?page no="79"?> 79 diese Weise bleiben die Individualität und die Gemeinschaft keine sich ausschließenden Faktoren, sondern integrative Aspekte eines Ganzen (vgl. Schorch 2007: 84). Während der Einzelne in der und für die Gemeinschaft handelt, lernt er ebenfalls etwas über die eigene Person. Ergänzend wird für eine effektive und kooperative Arbeit zum einen ein gewisses Maß an Selbstreflexion und -engagement der einzelnen Akteure benötigt, zum anderen können die Aushandlungsprozesse in Partner- oder Gruppenverbänden die eigenen Bedürfnisse und Kompetenzen fördern (vgl. Topsch 2004: 11). Individualität entsteht also sowohl im Rahmen von Selbsttätigkeit als auch von gemeinschaftlichem Handeln (vgl. Toman 2007: 82). Diesem Anspruch gemäß leistet der Fremdsprachenunterricht ähnlich wie jedes andere Fach einen Beitrag zur kindgemäßen Entfaltung der Gesamtpersönlichkeit der Lerner. 5.1.2 Lernerorientierung Die Schüler stehen im Zentrum einer grundschulpädagogischen Ausbildung und fordern eine kindgemäße Ausrichtung des Lehrens und Lernens entsprechend ihrer altersspezifischen wie individuumsbedingten physischen und psychischen Dispositionen (vgl. Topsch 2004, Lightbown/ Spada 2006, Schorch 2007, Toman 2007). Folglich ergeben sich aus den Charakteristika der Lerngruppe Anhaltspunkte für die methodische Ausgestaltung von Unterricht. Bei Eintritt in die Grundschule sind die Lerner einen spielerischen Zugang zur Welt gewohnt, sodass strukturierte Lernprozesse erst eingeführt und geübt werden müssen (vgl. Toman 2007: 25ff). Um die Anschlussfähigkeit an die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Schüler zu nutzen, greifen fremdsprachliche Lernarrangements die kindlichen Impulse auf, indem sie durch spielerische, musische und imitative Verfahren die Bedürfnisse der Lerner mit dem kommunikativen Potential von Sprache verbinden (vgl. Mayer 2009: 78f). Die Auswahl von kindgemäßen Inhalten ermöglicht zudem einen adäquaten und motivierenden Zugang zur fremden Sprache (vgl. Böttger 2010: 66), welcher durch die Wahl authentischer Texte einen hohen kulturellen Mehrwert haben kann (vgl. Elsner 2010: 66). Die Sprache soll in konkreten, relevanten und bedeutungsvollen Sprachhandlungen erfahren werden (vgl. Bach/ Timm 2009: 19ff), sodass zum einen allgemeine Spiel-, Bewegungs- und Sinnbedürfnisse der jungen Lerner befriedigt werden, zum anderen die Sprache in kindgemäßen Formaten transportiert wird (vgl. Legutke et al. 2009: 291). Insgesamt kann von einer großen Neugier und Wissbegierde junger Lerner ausgegangen werden (vgl. Böttger 2010: 27). Die lebensweltlichen Begebenheiten und die Fragen, welche die Schüler aus ihrer Umwelt ableiten bzw. an diese stellen, können als Ausdruck einer natürlichen Aufgeschlossenheit helfen, vorhandenes Wissen zu nutzen und bedeutungsvolle Sinnzusam- <?page no="80"?> 80 menhänge in der unterrichtlichen Situation herzustellen (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 25). So wird den Lernern die Möglichkeit geboten, in eindeutigen Situationen zu handeln und die Sprache parallel intuitiv zu nutzen, zu erleben und zu durchdringen sowie Bedeutungen auszuhandeln (vgl. Bach/ Timm 2009: 3). Der Wechsel von Anspannung und Entspannung, von spielerischen und konzentrierten Phasen sowie eine lerngruppengerechte Abstufung des inhaltlichen und sprachlichen Anspruchs helfen Lernvorgänge zu stärken (vgl. Sambanis 2007: 194/ 370, Rabenstein 2008: 550, Mayer 2009: 76, Mindt/ Wagner 2009: 172f, Elsner 2010: 56f). Mit der zunehmenden Entwicklung der Aufnahme- und Verarbeitungsprozesse zwischen dem sechsten und dem zehnten Lebensjahr kann das kognitive Niveau von Lernaufgaben erhöht und die spielerischen Aspekte reduziert werden (vgl. Berk 2011: 406f). Neben den physischen und psychischen Voraussetzungen ist die soziale Dimension der Lebenswelt wichtig, welche sich aus der erlebten Realität zusammensetzt (vgl. Gudjons 2008b: 197). Ein lernerorientierter Fremdsprachenunterricht muss daher die Realitäten innerhalb wie außerhalb unterrichtlicher Bezüge beachten, denn im Verständnis von Bach und Breidbach (2009: 291) stellen die Lern- und Lebenswelten junger Menschen Teile der Alltagswelt dieser dar, welche nicht getrennt voneinander gedacht werden können. Dieser starke Bezug zur außerschulischen Lebenswelt muss auch die zunehmende sprachliche und kulturelle Vielfalt der Gesellschaft in die didaktischen Prinzipien und die methodischen Entscheidungen des Grundschulfremdsprachenunterrichts transferieren (vgl. Bach/ Breidbach 2009: 287, Mayer 2012: 7f). Gerade das Prinzip der Lernerorientierung ist ein weiteres Argument für die Thematisierung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen im Grundschulunterricht. In einem Fremdsprachenunterricht, in welchem der Lerner im Zentrum steht, kann und darf die Herkunftssprache der Schüler nicht vernachlässigt werden, da die Heterogenität der Schüler per se eine Grundlage für mehrsprachige und -kulturelle Lernaufgaben darstellt (vgl. Lohmann 2008: 26). Im Sinne individueller wie kollektiver Förderung muss der Grat zwischen Stärkung und Nutzung dieser Heterogenität und dem bildungspolitischen Anspruch der Etablierung homogener Kompetenzniveaus bzw. der „Harmonisierung heterogener Leistungsstände“ (Appel 2006: 465) angemessen gewählt werden. Während einheitliche Kompetenzniveaus erreicht werden sollen, sind es doch die heterogenen Lernarrangements, welche einen ganzheitlichen und authentischen Unterricht erlauben. 5.1.3 Ganzheitlichkeit und Authentizität Die bisher vorgestellten Prinzipien lassen erkennen, dass die Generierung von verbalen und nonverbalen Handlungen zentraler Bestandteil des frühen <?page no="81"?> 81 Fremdsprachlernens ist. Um dies zu erreichen, müssen den Lernern möglichst ganzheitliche und authentische Lernumgebungen geboten werden (vgl. Königs 2010: 324). Ein ganzheitliches Lernumfeld ist dann geschaffen, wenn die Persönlichkeit der Schüler, eingebettet in ihrer Lebenswelt, ebenso respektiert und involviert ist wie sämtliche den Lernprozess tangierende Faktoren, sodass sinnhafte Interaktionen geschaffen werden (vgl. Bach/ Timm 2009: 15). Diese sinnhafte Kommunikation lässt die Lernumgebung sogleich authentisch werden. Authentisch meint somit nicht nur einen Spracherwerb in Situationen bzw. durch Medien des Zielsprachenlandes, sondern wird orts- und materialunabhängig als sinnhafte Verwendung von Sprache definiert. Die Lernerorientierung ist ein Aspekt neben der Wahl des Inhaltes, durch welchen ein selektiver Ausschnitt der fremden Kultur und der Sprache als Ganzes repräsentiert wird. Somit sind sowohl die organisatorische Gestaltung von Lehr- und Lernsituationen als auch die sprachlichen und kulturellen Inhalte ganzheitlich und authentisch zu halten (vgl. Roos 2006: 27). Die Unterrichtssituation als Teil der „Lebenswelt“ (Bach/ Timm 2009: 2) ist daher eine authentische Situation per se, welche im weitesten Sinne die Realitäten aller Beteiligten sowie die schulische Situation widerspiegelt (vgl. Timm 2009: 53). Als Grundlage fremdsprachlicher Lehr- und Lernszenarien ist daher der Einsatz realer Ressourcen aus dem sprachlich-kulturellen Umfeld des Ziellandes ratsam (vgl. Roos 2006: 27, Lightbown/ Spada 2006: 113). Diese werden sowohl als Motor - die Motivation der Schüler weckend - als auch als Fenster in die fremdsprachliche Welt verstanden (vgl. Elsner 2010: 66). Authentisches, dem Zielsprachenland entlehntes Material ist jedoch nur dann nützlich, wenn es der ganzheitlichen Unterrichtssituation gerecht wird. Folglich können neben zielsprachlichen auch herkunfts- und schulsprachliche Elemente als authentisch verstanden werden, wenn diese für die Kommunikationssituation und die angestrebten Zielen sinnvoll erscheinen. In diesen Situationen wird echte Kommunikation angeregt, in welcher die Zielsprache für die Bearbeitung eines Problems genutzt und mit dem Sprachenrepertoire Lerner auf authentische Weise verbunden wird. Eine Reduzierung des Authentizitätsgedankens auf den ausschließlichen Einsatz von Realien und Originaltexten des Zielsprachenlandes scheint nicht ausreichend (vgl. Böttger 2010: 69). Da sprachliche Kompetenzen im konstruktivistischen Verständnis in und durch Kommunikation erworben werden (vgl. Bach/ Timm 2009: 12), sollen die Potentiale der Schüler bereits in der Grundschule „für die metasprachliche und metakommunikative Bewusstmachung genutzt“ (Groot-Wilken/ Paulick 2009: 195) werden. Methodisch werden in einem konstruktivistischen Lernverständnis sprachliche Inhalte spiralförmig aufgebaut (vgl. Elsner 2010: 62), in sinnvollen Einheiten kontextualisiert („webbing“ Böttger 2010: 67) und wiederholt. <?page no="82"?> 82 Erst die somit häufigere Wiederholung des erlernten Sprachmaterials speichert es auch nachhaltig im Gedächtnis. (Böttger 2010: 95). Eine thematische Wiederholung bekannter Inhalte unter Verwendung komplexerer Sprache unterstützt den vernetzten Wissens- und Kompetenzaufbau (vgl. Topsch 2004: 79f, Elsner 2010: 62). Ein reichhaltiger sprachlicher Input sowie sinnhafte Aufgabenstellungen begünstigen die sprachliche Rezeption und Produktion (vgl. Kubanek-German 2003: 60f.). Sprachliches Lernen wird dabei selten um seiner selbst willen betrieben, sondern ist in authentischen Kontexten immer an konkrete Inhalte gebunden, die sich auf die Erfahrungen und Interessen der Schüler beziehen (vgl. Elsner 2010: 63). Die Mitteilung steht im Zentrum des Unterrichtsgespräches, welche je nach Erfolg vom Zuhörer verstanden wird oder modelliert werden muss, damit ein Verständnis erreicht wird. In Folge erfolgreicher und angepasster Äußerungen wird nicht nur das sprachliche Handeln als solches, sondern auch die Kommunikation als Ziel von Unterricht sinnvoll (vgl. Bach/ Timm 2009: 16, Kleppin 2010: 225f). In solchen multisensorischen Lernangeboten wird die Begegnung mit der Zielsprache folglich durch eine mehrkanalige Aufnahme, Verarbeitung und Abspeicherung sprachlicher und inhaltlicher Aspekte gestützt (vgl. Böttger 2010: 78, Elsner 2010: 47). Umgesetzt wird dies methodisch durch die Verwendung von „Handlungsformen wie szenisches Darstellen, Basteln, Tanzen und Spielen[...]. Sie sind dabei nicht als Lückenfüller oder ‚Bonbon‘ zur Belohnung zu verstehen, sondern stellen im Konzept des Englischunterrichts der Primarstufe ein im Gesamtprozess zu integrierendes Angebot mit hohem Motivationsfaktor und Lerneffekt dar“ (Haß 2006: 29). Ganzheitlichkeit entwickelt sich ferner, indem die individuellen Charakteristika der Lerner, der Sprache, der Kultur, der Gesellschaft und des Schulsystems gleichwertig beachtet werden. 5.1.4 Fächerübergreifendes Lernen Eine authentische Situation per se kann durch fächerübergreifende Formate geschaffen werden, indem die bedeutungsvollen Inhalte eines Sachfaches in der Fremdsprache verhandelt werden. Durch diese Intensivierung des Sprachgebrauchs wird die Qualität der Sprechanlässe gefördert. Parallel zur Steigerung der Qualität fremdsprachlicher Kommunikation erhöht sich durch einen fächerübergreifenden Unterricht auch die Kontaktzeit zur fremden Sprache, welche als entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Spracherwerb gesehen wird (vgl. Wode 2004, Lightbown/ Spada 2006: 32, Keßler 2009: 176, Engel 2009: 200, Legutke et al. 2009: 15). Die aktuell vorgesehenen zwei bis drei Stunden Regelunterricht pro Woche sind als kritisch zu betrachten, wenn die Sprache überwiegend implizit erworben werden soll. Es ist daher <?page no="83"?> 83 gefordert und möglich, das Fach auszuweiten und sowohl Inhalte anderer Fächer in den Fremdsprachenunterricht als auch die fremdsprachliche Arbeit in andere Fachbereiche zu integrieren (vgl. Böttger 2010: 65). Fächerübergreifende Formate helfen, komplexe Bezüge zu verdeutlichen, sprachliche Beispiele zu explizieren, inhaltliche und sprachliche Durchdringung zu verstärken und die Kontaktzeit zu erhöhen (vgl. Weskamp 2004: 9, Elsner 2010: 143ff). Eine solche Verbindung von Sprache und Inhalt kann den aktiven Aufbau sprachlicher Kompetenz stützen (vgl. Wolff 2007: 21) und, kombiniert mit den Herkunftssprachen der Lerner, das gesamte sprachliche Repertoire erweitern. Auf diese Weise entwickeln die Schüler Theorien über die Funktion ihrer sowie der zu erlernenden Sprachen, welche sie in authentischen Situationen testen und je nach Wissensbzw. Könnensstand sowie anhand der Reaktionen anderer Interaktionsteilnehmer im semantischen Gedächtnis entweder bestätigen oder anpassen können (vgl. Brand/ Markowitsch 2009: 71f). In diesem Sinne lässt sich das sinnhafte Sprachenlernen durch fächerübergreifende Arbeit hinsichtlich einer quantitativ sowie qualitativ hochwertigen Auseinandersetzung mit der Zielsprache stärken. Trotz dieser Forderungen vonseiten didaktischer Vertreter sowie der Kultusministerien sind die methodischen Grundlagen für einen fächerübergreifenden Unterricht bislang wenig ausgereift. Zwar existieren Beschreibungen für den bilingualen Unterricht in einem oder mehreren Fächern, aber komplexe Modelle eines fachübergreifenden Lernens stehen bislang aus (vgl. Kap. 6). Dass der Wille da ist, zeigen Ansätze wie der cross-curriculare Unterricht, aber auch dieser konnte sich nicht flächendeckend durchsetzen, da vor allem strukturelle Hürden, fehlendes Material und die mangelnde Kooperation zwischen den Fächern diese Art zu unterrichten hemmten (vgl. Prochazka 2008: 43ff). Auf der wissenschaftlichen Ebene wird dieser Trend vor allem durch die Idee gestärkt, bilinguale Module in einzelnen Sachfächern anzubieten (vgl. Kap. 6, Elsner/ Keßler 2013). Auch wenn so gute Ansätze für die Arbeit in der Regelschule geboten werden, fehlt nach wie vor die konzeptuelle Beschreibung eines komplexen Geflechts aus verschiedenen Fächern, in denen gleichzeitig an einem Inhalt gearbeitet wird. 5.1.5 Moderate Einsprachigkeit und Scaffolding Entscheidend für die unterrichtliche Planung ist neben der Festlegung von Zielen und Inhalten die sprachliche Vorerfahrung bzw. der aktuelle Könnensstand der Lerner. Pienemann (2006: 34) weist darauf hin, dass nur die Betrachtung des Spracherwerbsstandes der Schüler Aussagen darüber zulässt, welche fremdsprachlichen Strukturen im Unterricht verwendet werden können. Orientiert am Kenntnisstand der Lerner wird der jeweilige inhaltliche <?page no="84"?> 84 und sprachliche Input so gewählt, dass er von den Schülern aufgenommen und verarbeitet werden kann (vgl. Gudjons 2008b: 222). Der Lehrkraft fällt die Schlüsselrolle zu, ein kleinschrittig eingeführtes und verarbeitbares sprachliches Angebot zu schaffen (vgl. Bleyhl 2006b: 40). Ihr obliegt die Verantwortung, verständliche bzw. verstehbare Sprache darzubieten (vgl. Lightbown/ Spada 2006: 37) sowie die soziale Komponente einer Bezugsperson zu berücksichtigen (vgl. Bleyhl 2006a: 28). Während der stark rezeptiv geprägten Phase zu Beginn der fremdsprachlichen Lernprozesse wird den Schülern eine silent period zugestanden, in welcher sie ihr Verständnis zumeist nonverbal ausdrücken, bis sie im Verlauf des Unterrichts beginnen, sich selbstgesteuert sprachlich zu äußern (vgl. Böttger 2010: 37). Die zunehmende Provokation mündlicher Produktion wird durch die eingeführten Redemittel sowie durch deren regelmäßigen Einsatz in kommunikativen Situationen unterstützt (vgl. Mayer 2009: 72). Diese Einwortäußerungen und Wortverbände bzw. chunks stellen das erste fremdsprachliche Material dar, über welches die Lerner verfügen. Diese können laut Butzkamm (2007: 15 ff) beliebig kombiniert werden, um bestimmte Inhalte zu transportieren. Für das Ziel der sprachlichen Produktion und Interaktion bedeuten die formelhaft gelernten Äußerungen eine unmittelbare Teilnahme an Kommunikationssituationen, die wiederum die Elaboration neuen Vokabulars ermöglichen (vgl. Burmeister 2006: 205f). Der formelhafte Einsatz der chunks ist somit in zweifacher Hinsicht sinnvoll: Zum einen schaffen diese baldige Erfolgserlebnisse in fremdsprachlichen Kommunikationssituationen, zum anderen bilden sie die Basis, auf der jeder Lerner seine individuelle Sprache aufbauen kann (vgl. Lightbown/ Spada 2006: 80). Um jedoch einer, wie Roos (2008: 199) anmerkt, Behinderung des kreativen Einsatzes von Sprachmitteln sowie von Einsichten in die Grammatik vorzubeugen, sollten Redemittel weniger als statische Sprachfragmente angewendet, sondern als spontansprachliche Äußerungen in kommunikativen Handlungen eingesetzt werden (vgl. Mindt 2008: 13). Ein Rückgriff auf eine andere als die Zielsprache sollte demnach nur genutzt werden, „wenn etwas Unverstandenes das einzelne Kind belastet, wenn ein Kind sich dringend mitteilen will, es in Englisch aber noch nicht sagen kann, wenn englischsprachige Arbeitsanweisungen nicht verstanden werden, wenn es zu Missverständnissen in der Unterrichtsorganisation kommt, wenn komplexe Erklärungen schlicht zu viel der kostbaren Unterrichtszeit in Anspruch nehmen […]“ (Schmid-Schönbein 2008: 66). Auch wenn die Lehrkraft stets versuchen sollte, die Wahl einer anderen Sprache als letztmögliche Verstehenshilfe zu nutzen, stellt sich vor dem Anspruch von Ganzheitlichkeit und Lernerorientierung die Frage, inwieweit die sprachliche Heterogenität der Lerner auch in einem Unterricht zu berücksichtigen ist, der eine bestimmte Sprache fokussiert. Zwar soll ein in- <?page no="85"?> 85 tensives Sprachbad geboten werden, doch kann der Lernzuwachs in der Zielsprache durch Sprachvergleiche oder Erläuterungen in und mit anderen Sprachen intensiviert und die Motivation sowie die Sinnhaftigkeit von Kommunikationssituationen gestärkt werden. Durch das Primat der aufgeklärten Einsprachigkeit (Butzkamm 2004; 2007) werden die geringen fremdsprachliche Kenntnisse der Schüler berücksichtigt, indem zunächst über Lautdiskriminierungen sowie durch einfache und kommunikative Verwendungen in die neue Sprache eingeführt wird (vgl. Mayer 2009: 72). Auf diese Weise sollen sprachliche Lernprozesse implizit durch das Eintauchen in ein Sprachbad generiert, aber auch durch den Rückgriff auf andere Sprachen gesichert werden. Eine Grundvoraussetzung für diese Art des Unterrichts ist eine hohe sprachliche, kulturelle und methodische Kompetenz aufseiten der Lehrkraft, welche in einsprachigen Settings eingesetzt wird, um einen quantitativ und qualitativ hochwertigen Kontakt zu sichern (vgl. Parr/ Waas 2008: 349f). Um darüber hinaus die Verständlichkeit nicht bekannter Äußerungen zu gewährleisten, ist es wichtig, die „verwendete Sprache mit der jeweiligen Handlung zu verbinden“ (Burmeister 2006: 204). Scaffolding und Kontextualisierungen helfen den Kindern, sich eigenständig unbekannte sprachliche Phänomene zu erschließen (vgl. ebd.: 204ff). Hierunter fällt vor allem die Verwendung von Gestik, Mimik und Realien, von visuellen Hilfestellungen, von Handpuppen oder von einem Wechsel der Sprachsysteme. Die Anbindung von (neuen) Wörtern und Redemitteln an Gegenstände sowie die gestische Untermalung der sprachlichen Äußerungen animieren die Lerner zur Herleitung der Begrifflichkeiten aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz und ermöglichen Verbindungen im Gefüge Sache und Sprachen (vgl. Schmid- Schönbein 2008: 72, Elsner 2010: 47). Zugänge aus unterschiedlichen Sprachsystemen ermöglichen es ferner, sprachenunabhängige und inhaltsbezogene Konzepte zu bilden (vgl. Wolff 2007: 22). 5.1.6 Schrift, Grammatik und Fehlerkorrektur Die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule wird von der Diskussion begleitet, in welchem Maße Schrift und Grammatik thematisiert werden sollen. Bereits in den 1970er-Jahren waren sich Wissenschaftler und Lehrkräfte uneinig, inwiefern die Schüler über die mündlichen Fertigkeiten hinaus gefördert werden sollten (vgl. Hellwig et al. 1975, Doyé 1975). Gegen Ende der 1990er-Jahre war man sich relativ einig darüber, dass Schrift und Grammatik nicht im Einklang mit einer kindgemäßen Vermittlung von Sprache stünden (vgl. Klippel 2003, Schmid-Schönbein 2008). Im Laufe der vergangenen zehn Jahre hat sich diese Einstellung gewandelt, sodass die re- <?page no="86"?> 86 zeptive und produktive Verwendung der Schrift sowie die explizite Betonung grammatischer Phänomene zunehmend inkludiert werden (vgl. Diehr/ Frisch 2008, Mindt/ Wagner 2009, Böttger 2010, Diehr 2011, Frisch 2011, Rymarczyk 2011). Der Nutzen einer frühen Thematisierung und Verwendung der Schrift konnte mittlerweile in einigen Studien nachgewiesen werden (vgl. Rymarczyk 2008/ 2011, Diehr 2008/ 2011, Frisch 2011, Weth 2011), da sich die orthografische Repräsentation als Ergänzung des Klangbildes unterstützend auszuwirken scheint. Die Dringlichkeit der Verbindung von Lauten und Zeichen wird zudem durch die Bedürfnisse seitens der Lerner verstärkt, welche Einblicke in die Verschriftlichung einfordern bzw. eigenständige Versuche unternehmen, Gehörtes zu schreiben (vgl. Rymarczyk 2008: 176, Mindt 2008: 12). In den curricularen Vorgaben der Länder hat sich bisher jedoch noch kein Konsens bezüglich der Einstellungen zur Einbindung der Schrift gefunden (vgl. Kap. 3.1.2). Ebenso uneinheitlich sind die Vorgaben in der Frage, ob und, wenn ja, wie viel Grammatik auf welche Art und Weise im fremdsprachlichen Unterricht der Grundschule zu thematisieren ist (vgl. Kap. 3.1.3.4). Auf fremdsprachendidaktischer Seite wird davon ausgegangen, dass Lerner im jungen Alter vor allem implizite Einblicke in die grammatikalischen Strukturen der Zielsprache erhalten sollen (vgl. Roos 2006: 29, Elsner 2010: 101). Auch wenn eine Überforderung gerade zu Beginn der Grundschulzeit zu vermeiden ist, scheint es wenig hilfreich, Dritt- und Viertklässlern Einblicke in die Regelhaftigkeit von Sprache zu verweigern. Kognitionswissenschaftlich ist dies nicht zu halten, da bereits Kinder im Grundschulalter metasprachliche Aspekte verstehen und verarbeiten können (vgl. Mindt/ Wagner 2009: 9, Böttger 2010: 146). Besonders in einem progressionsorientierten Unterricht helfen Einblicke in grammatikalische Zusammenhänge, da nach Weskamp (2004: 3) „ab einem bestimmten Grad der Sprachbeherrschung ein Fokus auf formale Aspekte der Sprache nötig“ wird, um grammatisches Wissen und Können zu erlangen. Angeleitete Einblicke in das Funktionssystem von Sprache helfen den Schülern, lautliche Einheiten zu segmentieren, Zusammenhänge zu verstehen und konkrete Wissenseinheiten zu speichern (vgl. a.a.O.). Eine ähnliche Hilfsfunktion übernimmt die Schrift, welche den Lernern eine visuelle Stütze mit „lern- und erinnerungsfördernder Funktion“ (vgl. Diehr/ Frisch 2008: 144) bietet. Positive Erlebnisse sollen vor allem ermöglicht werden, wenn der Interaktionsraum von einer angenehmen und fehlertoleranten Atmosphäre geprägt ist. Haß (2006: 281) warnt davor, dass eine übermäßige Korrektur die Motivation, die Kommunikationssowie die Risikobereitschaft der Sprecher stören kann. Daher soll abhängig vom Lernziel, der Unterrichtssituation sowie den Dispositionen und Bedürfnissen der Lerner entschieden werden, in welchem Maße eine Korrektur förderlich ist. Grundsätzlich sind mitteilungs- und <?page no="87"?> 87 sprachbezogene Unterrichtsequenzen zu unterscheiden, welche sich durch ihren Grad an Fokussierung der Sprachrichtigkeit auszeichnen (vgl. Kleppin 2010: 230). Folglich richten sich mitteilungsfokussierte Interaktionen auf die Mittelung von Meinungen und sollten im Sprechfluss trotz einzelner Fehler nicht unterbrochen werden, solange das Verständnis gesichert ist (meaning before accuracy). Eine erfolgreiche Übermittlung von Kommunikationsabsichten, welche nicht sanktioniert, sondern vonseiten der Lehrkraft unterstützt wird, wirkt als Motivation, in folgenden Situationen wiederum experimentierend und mutig mit fremdsprachlichen Unsicherheiten umzugehen (vgl. Legutke et al. 2009: 18), und sollte als Prinzip fremdsprachlichen Lernens im Klassenzimmer umgesetzt werden. Fehler können jedoch auch positiv gewertet werden, da diese Indikatoren für den Entwicklungsstand der fremdsprachlichen Leistungen der Schüler sind (vgl. Pienemann 2006: 38). „Fehler stehen meist in Einklang mit der Sprachkompetenz“ (Böttger 2010: 157) und geben den Lehrkräften Hinweise darauf, welche sprachlichen Mittel und grammatikalischen Strukturen die Schüler bereits erworben haben und in welchen Kompetenzbereichen Defizite vorliegen. Gemäß der Erwerbsstufentheorie nach Pienemann (2006: 33ff) kann eine Kompetenz eindeutig anhand der gemachten Äußerungen bestimmt werden. Fehler repräsentieren demnach „Symptome des Versuches, eine Interimssprache (sowohl grammatikalisch als auch lexikalisch) aufzubauen, die durch das ständige Falsifizieren von Hypothesen [...] seitens der Schüler“ (Neveling 2002: 129) bearbeitet wird. Die Darstellungen verdeutlichen, dass es gelingt, grundlegende Prinzipien des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule zu formulieren, obwohl die Rahmenpläne der Bundesländer mitunter Differenzen und Lücken aufweisen (vgl. Kap. 3.1). Die Entwicklung der beschriebenen Prinzipien zeigt aber auch, dass die didaktischen Grundüberzeugungen eines Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule nicht statisch sind, sondern sich je nach Zeitgeist wandeln. Die Diskussion um Schrift und Grammatik verdeutlicht, in welchem umfassenden Maße sich die Didaktik des frühen Fremdsprachenlernens selbst in den letzten Jahren noch gewandelt hat. Folglich ist es zwingend notwendig zu fragen, inwieweit die beschriebenen Prinzipien a) in unterrichtlichen Zusammenhängen umgesetzt werden und b) in welchem Maße diese zu einer Förderung der fremdsprachlichen Kompetenzen beitragen können. Um diese Fragen zu beantworten, wird im zweiten Teil dieses Kapitels das hier vorgestellte regelschulische Lernen durch die Analyse einschlägiger Studien auf seine Güte geprüft. Es wird untersucht, welche der benannten Prinzipien zur Ausbildung einer Diskurskompetenz beitragen können und in einem Modell zum diskursiv-kompetenzorientierten Lernen integriert werden sollten. <?page no="88"?> 88 5.2 Analyse der Prinzipien auf Grundlage empirischer Befunde Seit der Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule zu Beginn des neuen Jahrtausends werden Sinn und Nutzen dessen von gesellschaftlicher und politischer Seite des Öfteren infrage gestellt (vgl. Greiner 2009: 43). Auch in den fachdidaktischen Reihen finden sich kritische Stimmen, welche die aktuelle Implementierung von Fremdsprachenunterricht verändert sehen möchten (vgl. Böttger 2009: 46 ff, Engel 2009: 198, Keßler 2009: 175). Ein detaillierter Blick in die Diskussion zeigt, dass Skeptiker der praktischen Umsetzung des regelschulischen Lernens keinen Freifahrtschein attestieren. Zwar sind die Bemühungen, einen qualitativ und quantitativ hochwertigen Unterricht zu sichern, bei allen Beteiligten hoch: Die Schüler singen und spielen motiviert (vgl. Schmid-Schönbein 2008: 67), die Eltern sind beruhigt, da sie ihre Kinder dank der Fremdsprache auf dem Weg zu global playern wähnen (vgl. Legutke et al. 2009: 16), die Lehrkräfte bahnen sich zwischen den Polen Fachfremdheit und Lehrmaterial ihren Weg (vgl. Wolff 2009: 40) und die fachdidaktische Forschung untersucht die Bedingungen sowie die Effektivität unterrichtlicher Praxis. Dennoch wird durch empirische Studien auf eine Reihe von Schwachstellen hingewiesen, welche die Qualität des frühen Fremdsprachenunterrichts in der Regelschule schmälern und das sprachliche Potential der Schüler nur ungenügend fördern (vgl. Elsner 2010: 9). Dabei werden gerade die zielsprachlichen Kompetenzen der Lerner immer wieder als Messlatte für guten Unterricht genommen. Im Folgenden wird dargestellt, wie auf Grundlage empirischer Daten die Auswirkungen regelschulischer Prinzipien auf die Unterrichtsqualität sowie die sprachlichen Leistungen der Schüler einzuschätzen sind. 5.2.1 Analyse der Unterrichtsqualität Die bislang umfassendste Erhebung bezüglich des frühen Fremdsprachenlernens im deutschen Raum liegt mit der EVENING-Studie vor. Im Auftrag der Landesregierung Nordrhein-Westfalens wurden ab 2004 für den Zeitraum von drei Jahren der Unterricht sowie die rezeptiv- und produktiv-mündlichen Kompetenzen von Grundschülern untersucht (vgl. Groot-Wilken 2009: 125ff). In 250 Schulen wurden Schüler für einen Hör- und Leseverstehenstest (N=1500) sowie Sprachtests (N=400) ausgewählt (vgl. Groot-Wilken 2009: 125, Edelenbos/ Kubanek 2009: 23). Darüber hinaus wurden 88 Unterrichtsstunden in 60 Schulen von je drei Beobachtern (der Wissenschaft, der Fachaufsicht Englisch und der Schulaufsicht) mithilfe standarisierter Bögen erhoben sowie die Lehrkräfte im Anschluss an die Hospitationen interviewt. Diese <?page no="89"?> 89 Daten wurden um Beobachtungen sowie eine Fragebogenerhebung von 430 Fachlehrern ergänzt (vgl. Groot-Wilken 2009: 135). Die Ergebnisse zeigen bezüglich der erhobenen Leistungen der Schüler ein sehr differentes Bild. Während das gezeigte Können im Hörverstehen „für den weitaus überwiegenden Anteil der Schülerschaft auf bzw. oberhalb des fachlichen Anforderungsniveaus“ (Groot-Wilken/ Paulick 2009: 195) liegt, sind die sprachlichen Äußerungen von einem begrenzten Vokabular sowie fehlerhafter Grammatik gekennzeichnet. Zwar kann die überwiegende Zahl der Lerner die Aufgabenstellungen und Fragen verstehen und angemessen reagieren, dennoch vornehmlich unter Verwendung formelhaft gelernter chunks eigene Fragen formulieren. Nichtsdestotrotz können einige Lerner erste Mehrwortäußerungen im SVO-Muster bilden, sodass „viele Sprecher über wertvolle rezeptive Fertigkeiten und basale produktive Fertigkeiten des Sprechens in der Fremdsprache am Ende des 4. Schuljahres“ (Keßler 2009: 175) verfügen. Im Vergleich der Testergebnisse mit den Unterrichtsbeobachtungen wird geschlossen, dass u.a. die Dominanz der Lehrkraft einen flexiblen Sprachgebrauch der Lerner einschränkt und somit die im Test angebotenen freien Sprechanlässe für die Lerner unbekannt und schwer zu meistern sind. Da „die Lehrkraft das hauptsächliche Medium für die Sprachbegegnung“ (Engel 2009: 198) ist, sind die Handlungen der Schüler auf das Rezipieren, das Imitieren und das Reproduzieren von Lehreräußerungen beschränkt. Dieser Mangel wird durch die grundsätzliche Ausrichtung des Unterrichts auf das Hörverstehen verstärkt, da kaum Anlässe zur freien Sprachproduktion angeboten werden (vgl. Groot-Wilken 2009: 136, Wolff 2009: 41). Die insgesamt starke Geschlossenheit des Unterrichts setzt sich auch in der Wahl der Materialien fort. So wird in zwei Dritteln des beobachteten Unterrichts das Lehrwerk sowohl selektiv (um andere Materialien ergänzt) als auch linear (als alleiniges Material) genutzt (vgl. Groot-Wilken 2009: 134). Aktivierende Sozialformen oder die Verwendung des Europäischen Sprachenportfolios sind hingegen kaum bis gar nicht berücksichtigt (vgl. Wolff 2009: 41). Diese Ergebnisse der EVENING -Studie legen dar, dass ein Wortschatz, welcher hauptsächlich aus Nomen besteht, nicht ausreicht, um vollständige und variantenreiche Sätze zu bilden (Engel 2009: 199). Folglich müssen sowohl die Methodik des Unterrichts als auch die Lernaufgaben und die durch die Lehrkraft angebotene Sprache erweitert werden. Vor allem eine facettenreiche Sprache und Aufgaben sinnhafter Bedeutungsaushandlung können helfen, die in EVENING erkannte Motivation der Schüler auch in zufriedenstellende Kommunikation zu transformieren (vgl. Keßler 2009: 175f). Diese Auswirkung der Unterrichtsqualität auf die Kompetenzen der Lerner kann ebenfalls von Roos (2007) nachgewiesen werden. Sie interviewte 24 <?page no="90"?> 90 Kinder aus drei verschiedenen Klassen (Nordrhein-Westfalen), welche die Arbeit mit dem Lehrwerk Playway 3 gewohnt waren, paarweise unter Zuhilfenahme von sprachproduzierenden Aufgaben. Die Ergebnisse bezüglich der produktiven Sprechleistungen der Schüler verdeutlichen, dass sich die Lerner „in den meisten Fällen noch auf Einwortsätze und -fragen sowie Nominalphrasen bzw. aneinandergereihte Wörter beschränken und dass morphologische Markierungen nur in wenigen Fällen produktiv verwendet werden“ (Roos 2007: 198). Ebenfalls wie in EVENING werden hauptsächlich auswendig gelernte, formelhafte Wortverbindungen artikuliert und einige komplexe morphosyntaktische Strukturen können den Lernzielen des Lehrwerks zugeordnet werden, sodass auch deren Verwendung als nicht eigenaktiv konstruiert zu werten ist. Bezüglich der Qualität der Lerneräußerungen unterscheidet Roos drei Typen. So werden a) im Lehrwerk dargebotene Formen, b) formelhafte Verbindungen, die im weiteren Lehr-Lernkontext etabliert worden sind, und c) Formen mit eingeprägten syntaktischen Markern von den Schülern produziert (vgl. ebd.: 195f). In Bezug auf die Methodik des Unterrichts wird deutlich, „dass es bei der mündlichen Verwendung des Englischen vor allem um das Einüben und die Festigung von Wortschatz und festen Redemitteln in gelenkten Unterrichtssituationen [geht], wie z.B. beim Sprechen von Dialogen, in Spielen oder in Partnerarbeit […]“ (ebd.: 199). Auf Grundlage dieser Ergebnisse formuliert Roos die Vermutung, dass eine frühe Gewöhnung an die Zielsprache im Sinne reiner Imitation die Ausprägung der Kompetenz verhindere, Formulierungen eigenaktiv bilden zu können. Dementsprechend vernachlässigt der Unterricht nicht nur einen abwechslungsreichen Sprachgebrauch, sondern verhindert diesen regelrecht. Denn die Interviews haben gezeigt, dass die Lerner durchaus in der Lage sind, produktiv zu interagieren, wenn sie gefordert und unterstützt werden. Dieses Potential sei laut Roos im fremdsprachlichen Unterricht durch kommunikative Aufgaben und Grammatik fokussierende Sequenzen zu stärken (vgl. ebd.: 200). Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Verbesserungen in den Leistungen der Lerner dann erreicht werden können, wenn vermehrt sprechaktivierende Aufgaben und bewusst machende Lernverfahren angeboten werden. Wie auch durch EVE- NING beschrieben, muss das Sprachhandeln der Schüler stimuliert und die dominante Stellung der Lehrkraft reduziert werden. Die Auswirkungen einer dominanten Haltung vonseiten der Lehrkraft zeigen sich auch bei der Untersuchung von Kierepka (2004). Im Zuge des Projektes Englisch ab Klasse 1 an einer Erfurter Schule wurden vielfältige Unterrichtssituationen durch Audio- und Videoaufnahmen dokumentiert, welche die Autorin hinsichtlich der Lehrersprache auswertete, um das sprachliche Angebot des Unterrichts beschreiben zu können. Die Auszählung der Sprechanteile verdeutlicht, dass die Lehrkräfte im Schnitt 72 % der Redeantei- <?page no="91"?> 91 le halten, während die verbleibenden 28 % aller Sprachbeteiligungen sich unter den Lernern aufteilen (vgl. Kierepka 2004: 165). Qualitativ modifizieren die Lehrkräfte ihre Äußerungen so weit, dass diese dem aktuellen Sprachstand der Lerner angemessen sind. Diese Reduktion komplexer sprachlicher Anteile ist vor allem von Ein- und Zweiwortäußerungen geprägt, welche sich in der Verwendung einfacher Hauptsatzstrukturen zeigt. Verschachtelte Sätze werden ebenso vernachlässigt wie abstrakte Sprechanlässe. Inhaltlich sind die Themen stark kontextualisiert und auf bedeutungstragende Wörter (wie z.B. pet, monkey, elephant) fokussiert (vgl. ebd.: 166f). Adjektive sowie Pronomen werden kaum verwendet. In Bezug auf die Verben sind es überwiegend Formen von to be, welche vor allem in den ersten beiden Lernjahren eine zentrale Rolle spielen (Klasse 1: 92 %; Klasse 2: 85 %). In Klasse drei und vier kommen andere Verben hinzu, welche allerdings hauptsächlich im Präsens verwendet werden, während Vergangenheitsformen kaum auftreten (vgl. ebd.: 168f). Die Ergebnisse Kierepkas verdeutlichen, auf welche Weise die Lehrkraft sich von den Leistungen der Schüler bei ihrer Sprachenwahl lenken lässt. Anstatt einen komplexen und abstrakten sprachlichen Input zu gewährleisten, sind die zu imitierenden Sprachstrukturen auf dasselbe Niveau reduziert, auf welchem sich die Sprachentwicklung der Lerner befindet. Spracherwerbstheoretisch ist eine solche Reduktion sprachlicher Mittel wenig sinnvoll, da die Lerner keine Anreize erhalten, ihr sprachliches Repertoire zu erweitern. Auch wenn die Orientierung am Leistungsvermögen vorgibt, in welchem Maße Aufgaben von den Schülern gelöst werden können, so ist eine breite Sprachverwendung durch die Lehrkraft jederzeit möglich und nötig. Wie die Ergebnisse zeigen, müssen Lehrkräfte dazu befähigt werden, komplexe Höraufgaben ebenso wie eigenständige Sprechgelegenheiten zu bieten. Merkmale für einen solch effektiven und qualitativ hochwertigen Unterricht sollten im Projekt W ISSENSCHAFTLICHE B EGLEITUNG DER P ILOTPHASE F REMDSPRACHE IN DER G RUNDSCHULE (WiBe) eruiert werden. Im Rahmen der Einführung des fremdsprachlichen Lernens in den Schulen Baden- Württembergs wurde der Fremdsprachenunterricht ab dem Schuljahr 2001/ 2002 in neun Grundschul- und drei Sonderschulklassen über einen Zeitraum von vier Jahren wöchentlich bzw. monatlich per Videographie erhoben (vgl. Werlen et al. 2006, Teichmann/ Werlen 2007). Es war das Ziel der Untersuchung, aus dem gewonnenen Datenmaterial zugrunde liegende Wirkungsverhältnisse des fremdsprachlichen Unterrichts herzuleiten. Die Bildung von Fallstudien sollte helfen, Prinzipien guten Unterrichts, empirisch belegbare Bildungsstandards sowie Instrumente zur Leistungsüberprüfung herzuleiten (vgl. Werlen et al. 2006: 42). Anders als in EVENING wurden keine Daten zu den fremdsprachlichen Leistungen der einzelnen Schüler erhoben, sondern Aussagen über das Leistungsvermögen aus den Videoauf- <?page no="92"?> 92 zeichnungen geschlossen. Die Beobachtungen zeigen, dass sich alle Kinder nach vier Lernjahren „kommunikativ verständlich ausdrücken“ können und über eine „sprachliche interaktive Kompetenz“ verfügen (Teichmann/ Werlen 2007: 17). Während in den ersten beiden Lernjahren der Wortschatz rapide zunimmt, entwickelt sich in den Lernjahren drei und vier neben dem lexikalischen vor allem das grammatikalische Können der Lerner. Methodisch profitieren die Lerner ebenso von einem reichhaltigen Sprachbad wie von mannigfaltigen Wiederholungen grammatischer Strukturen, welche sie nach geraumer Zeit in ihr Produktionsrepertoire aufnehmen. Entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse werden folgende Empfehlungen für einen sprachförderlichen Unterricht festgehalten: • eine explizite Erklärung grammatischer Phänomene zur Förderung des Verstehens der Schüler (insbesondere wenn diese auf Nachfragen hin eingeschoben würden) • eine verstärkte Anregung zu kommunikativen Handlungen • die Generierung von Situationen, in denen die Lerner sprachlich aktiv werden können • die Anregung von Reflexionsprozesse bezüglich meta- und fremdsprachlicher Charakteristika und Funktionen Diese Postulate werden in der Empfehlung gebündelt, auch in der Regelgrundschule ein Unterrichtmodell zu implementieren, welches sprachlich immersive und reflexive Sprachkontakte ermöglicht. Der Fremdsprachenunterricht der Grundschule soll das fremdsprachliche Lernen immersiv-reflexiv gestalten, denn Kinder lernen eine fremde Sprache in der Interaktion mit anderen und im Nachdenken darüber, wie sie die fremde Sprache verstehen und wie sie sich in der fremden Sprache ausdrücken können. (Werlen et al. 2006: 43). Mit dieser Forderung wird explizit darauf hingewiesen, dass Elemente anderer Konzeptionen wie dem immersiven Lernen, in der Regelschule angewendet werden können und das Lernen von Sprache eindeutig über den Erwerb von Nomen und vorformulierten Redemitteln hinausreichen soll. Ähnliche Hinweise für einen guten Unterricht sind ebenfalls bei Böttger (2009) zu finden, welcher durch eine qualitative Befragung von Sekundarstufenlehrkräften der fünften Klasse an Realschulen und an Gymnasien (N=70) die Problematik des Übergangs von der Primarstufe in die weiterführenden Schulen thematisiert. Die Darstellungen Böttgers verdeutlichen, dass die methodische Ausrichtung fremdsprachlichen Lernens sowohl in der Grundschule als auch in der Sekundarstufe von der jeweils anderen Schulform profitieren kann. Für das primarstufliche Lernen ergäbe sich die Chance, bereits <?page no="93"?> 93 bewusst machende Verfahren der älteren Klassenstufen zu integrieren, um auf diese Weise das fremdsprachliche Niveau zu erhöhen. Zusätzlich müssten eine Reihe von Prinzipien sowohl in der vierten als auch in der fünften Klasse angeglichen werden: Erstens könne durch das Angebot an Schrift und Grammatik ein systematisches Lernen angebahnt werden, welches die mündlichen Fertigkeiten ergänze (vgl. Böttger 2009: 47). Das Lernen müsse zweitens kommunikativer ausgerichtet werden, um die Intensität an Wortartvariationen (Einbindungen von Verben und Pronomina) sowie die Kompetenzen bezüglich diskursiver Interaktionen zu erhöhen. Auf der institutionellen Ebene sollten Bildungsstandards für die vierte Klasse im Rahmen eines Gesamtsprachenkonzepts zu einer inhaltlichen Verbindlichkeit führen. Ferner seien eine Erhöhung der Kontaktzeit sowie eine Stärkung im Fächerkanon der Regelschule unabdingbar (vgl. Böttger 2009: 46ff). Jenseits dieser methodischen Forderung benennt auch Böttger die enorme Relevanz der Lehrkräfte für die Güte der fremdsprachlichen Lernprozesse. Allerdings soll die Forderung nach Präsenz der Lehrkraft, nicht mit einer Dominanz dieser verwechselt werden, welche im Kontext der EVENING- Studie als lernhemmend beschrieben wurde. Die Annahme, dass sich das Verhalten der lehrenden Personen unmittelbar auf den Lernerfolg der Schüler auswirkt, kann auch für den allgemeinpädagogischen Kontext durch die Ergebnisse einer Analyse von 800 Studien durch Hattie (2009/ 2012) gestützt werden. Hattie stellt fest, dass bestimmte Attribute der Lehrkraft unverzichtbar sind, um die Lerner positiv zu beeinflussen. It is some teachers doing some things with a certain attitude or belief system that truly makes the difference. That brings me to the first set of attributes […]: passionate and inspired teachers. (Hattie 2012: 23). Ähnlich den Überzeugungen Hatties hat bereits die internationale Erhebung sprachlicher Leistungen im Rahmen der DESI-Studie verdeutlicht, dass die „allgemeinen Überzeugungen und impliziten Modelle der Lehrer“ (Hesse/ Göbel 2007: 257) das Lernen beeinflussen. Gerade in Bezug auf die komplexen Inhalte von kulturellen Phänomenen zeigt sich eine große Varianz zwischen den Lehrenden auf der einen und dem Wissen und Können der Schüler auf der anderen Seite. Auch wenn die Probanden der Sekundarstufe entstammen, so kann auch für den Grundschulbereich angenommen werden, dass die Lehrkräfte ihren Unterricht stärker an den Dispositionen der Lerner ausrichten und diese in speziellen Kompetenzbereichen explizit fördern müssen. Zudem muss die Dominanz der Mündlichkeit frühzeitig genutzt werden, um über die reine Vermittlung von Wörtern hinaus festgefügte Wendungen und chunks einzuführen. Auf diese Weise gelingt es den Lernern, frühzeitig <?page no="94"?> 94 mittels Routinehandlungen erste sprachliche Erfahrungen zu sammeln und zunehmend diskursiv zu erweitern. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Unterrichtsqualität im frühen Fremdsprachenunterricht der Grundschule verbessert werden muss, indem • eine hohe sprachliche Varianz der Lehrkräfte komplexe Strukturen sowie Adjektive, Verben, Präpositionen, Artikel usw. einbindet. • Aufgaben generiert werden, in welchen die Lerner zu sprachlich anspruchsvollen und sinnhaften Handlungen herausgefordert werden. • die Kontaktzeit erhöht wird und immersiv-orientierte Sprachbäder genutzt werden. • sprachliche Strukturen (in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Schüler, nicht vorgegeben durch Lehrpläne) explizit benannt, reflektiert und wiederholt werden. • die Methodik des Unterrichts an den Ansprüchen der Lerner, aber auch denen eines Kompetenzzuwachses ausgerichtet wird, und die grundlegenden Prinzipien wie Ganzheitlichkeit und Authentizität beachtet werden. Im Folgenden wird dargestellt, welche Qualität und Quantität fremdsprachlicher Produktionsleistungen von Lernern in der Grundschule bereits erwartet werden können. 5.2.2 Analyse der Leistungen in der Sprachproduktion In den Studien EVENING und WIBE sowie bei Kierepka ist bereits deutlich geworden, dass die produktiven Leistungen der Lerner weiter zu fördern sind. In diesem Abschnitt soll untersucht werden, mit welchem sprachlichen Können in der Grundschule gerechnet werden kann. Einen ersten Hinweis bietet die Arbeit von Keßler (2006), welcher ein Abschlussprofil für das grundschulische Fremdsprachenlernen herleitet. Auf Grundlage der Lernersprachenentwicklung von Grundschülern (N=56, L1= Deutsch oder Schwedisch) nach einem Lernjahr und Lernern der Sekundarstufe (N= 14; L1 Deutsch oder Türkisch) nach acht Monaten Unterricht analysiert der Autor, welche Kompetenzen von den Lernern im produktiven Bereich am Ende der vierten Klasse erreicht werden können (vgl. Keßler 2006: 209). Im Schnitt erreichen die Lerner die zweite oder die dritte Stufe im Rahmen des sechsstufigen Systems der Processability Theory (PT) (vgl. ebd.: 217), in welcher davon ausgegangen wird, dass sich die Lernersprache anhand universeller Kriterien systematisch aufbaut (Pienemann 1998, 2006). Sprachlich sind die Lerner somit in der <?page no="95"?> 95 Lage, Sätze und Fragen im SVO Muster zu bilden sowie diese Konstruktionen mit einem vorgestellten „Wh“-Wort, „Do“ oder Adverb einzuleiten (vgl. Pienemann 2006: 36). Die Analyse erlaubt darüber hinaus methodische Konsequenzen zu erkennen, indem „der Spracherwerbsprozess bei Schülern, die möglichst viel Raum zum kreativen Sprachgebrauch erhalten, deutlich positiver verläuft als bei den Schülern, die lernen, Strukturen hauptsächlich formelhaft anzuwenden“ (vgl. Keßler 2006: 231). Die Fähig- und Fertigkeiten im sprachlich produktiven Bereich bei Fremdsprachenlernern wurden ebenfalls von Sambanis (2007) untersucht. Allerdings ging es ihr weniger um die bei Keßler herausgestellten allgemeinen Spracherwerbsmöglichkeiten als vielmehr um die Auswirkungen des koaktiven Lernens auf die sprachlich-produktiven Leistungen der Lerner. Das ko-aktive Lernen geht von einer Ganzheitlichkeit der Lerngemeinschaft aus, in welcher die Lerner „untereinander und zum Lehrer in Beziehung und zwar nicht vorrangig in kognitiver Hinsicht, sondern in sozial-affektiver“ (Sambanis 2007: 137) treten. In kooperativen und kommunikativen Lernsituationen, welche auf kompensatorischem Handeln beruhen, soll somit bei den Lernern sowohl ein Ichals auch ein Wir-Gefühl geprägt werden, welches als förderlich für vielfältige Lernprozesse eingeschätzt wird. In ihrer Studie untersuchte Sambanis durch Unterrichtsbeobachtungen und Schülerbefragungen die fremdsprachlichen Produktionen von Lernern, welche vier Monate lang an einem fremdsprachlichen Unterricht in Französisch (N=20) und in Englisch (N=26) mit einem ko-aktiven Schwerpunkt teilgenommen hatten. Die Ergebnisse der Studie zeigen einen hohen Sprechanteil der Lerner mit 50 % in den Englisch- und 42 % in den Französischstunden, wodurch die Gelegenheit zur Sprachproduktion aufseiten der Schüler in einem ko-aktiven Unterricht höher war als in den lehrerdominierten Settings aus EVENING und den Aufnahmen Kierepkas. Die Zielsprache wird trotz der hohen Sprechanteile der Lerner von Beginn an zu 83,25 % im englischsprachigen und zu 79,13 % im französischsprachigen Unterricht eingesetzt (vgl. ebd.: 351ff). Es ist ferner möglich, dass die Lerner bereits in der ersten Klasse diskursive Äußerungen in der Zielsprache produzieren, wenn angemessene methodische Strukturen zugrunde liegen. Auch in komplexen Gesprächssituationen greifen die Lerner auf Methoden wie das code switching zurück, um durch den Wechsel in die deutsche Sprache vor allem spontane und affektiv motivierte Bedürfnisse mitteilen zu können. Darüber hinaus wird das Deutsche eingesetzt, um Rederechte einzufordern (Partizipations- und Kommunikationsstrategien), oder als Mittel im Prozess des lauten Denkens genutzt (kognitive Strategien) (vgl. ebd.: 354f). In Bezug auf die Komplexität der zielsprachlichen Äußerungen ist zu erkennen, dass lediglich 68,1 % (Englischklasse) bzw. 84,6 % (Französischklasse) der Sprachproduktionen auf den Ebenen von Ein- und Zweiwortaus- <?page no="96"?> 96 sagen verbleiben. Besonders im Englischen sind die Lerner in der Lage, in einem Drittel aller Situationen komplexere Sätze zu bilden (vgl. ebd.: 236ff). Die vorliegenden Daten unterstreichen die Tatsache, dass Fremdsprachenlerner bei entsprechender Förderung durchaus in der Lage sind, komplexe sprachliche Einheiten zu bilden. Die Lernersprache scheint sich in dem Maße auszubilden, in welchem sie gefordert und gefördert wird. Dass die Schüler dazu bereit sind, sich sprachlich zu äußern und Bedeutungen zu verhandeln, zeigt der vermehrte Rückgriff auf die deutsche Sprache. Die Lerner scheinen den ko-aktiven Unterricht nicht explizit als Sprachunterricht zu erleben, sondern vielmehr als Diskussionsforum, in welchem verschiedene Sprachen funktional und weniger ihrer selbst willen genutzt werden. Außerdem scheinen bewusst machende Verfahren und der gezielte Einsatz von Kommunikationsstrategien zu helfen, Interaktionen und Diskurse zu ermöglichen. Es konnte aufgezeigt werden, dass sich die zielsprachlichen Fertigkeiten und die kommunikativen Fähigkeiten im schulischen Fremdsprachenunterricht durch das Zusammenwirken von Sprachrezeption und Sprachproduktion integrativ entwickeln können. (ebd.: 373). Diese Relevanz kommunikativen Handelns lässt sich ebenfalls mittels der Ergebnisse von Diehr (2006; 2011) stützen. Im Rahmen der TAPS-Studie untersuchte die Autorin die diskursiven Fähigkeiten von Englischlernenden in der Grundschule (vgl. Diehr 2006: 10), denn aufgrund von Beobachtungen im Unterricht ging sie davon aus, „dass das Potential der Lernenden auf der Primarstufe noch nicht ausgeschöpft ist“ (Diehr 2011: 30). In einem explorativen Design wurden die Leistungen von 216 Kindern aus sieben dritten und drei vierten Klassen mittels sechs zu bearbeitenden Aufgaben festgestellt und kriteriengeleitet ausgewertet (vgl. Diehr 2011: 21). Diese Daten wurden durch Unterrichtsbeobachtungen in Form von Videografien und Beobachtungsbögen über einen Zeitraum von fünf Jahren ergänzt. Die Auswertung der Ergebnisse lässt Diehr zu dem Schluss kommen, „dass die mündlichen Leistungen in den beteiligten Klassen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht über den Erwartungen der Lehrkräfte, der Curricula und unseres Forschungsteams lagen“ (a.a.O.). Es zeigt sich ferner, „[...], dass Neun- und Zehnjährige mehr als nur Ein- oder Zweiwortsätze und einfache Feststellungen produzieren können, wenn sie mit entsprechenden Aufgaben darauf vorbereitet werden“ (ebd.: 22). In der detaillierten Analyse von Einzelfertigkeiten erweist sich das freie Erzählen als die Methode, mit welcher die höchste kommunikative Dichte aufseiten der Lerner erzeugt werden kann. Im Bereich des freien Sprechens liegt sowohl die höchste Wörterzahl insgesamt als auch die größte Varianz innerhalb der Wortwahl vor. Die Qualität der Sprache wird ebenfalls positiv bewertet, da die Schüler „regelmäßige Pluralformen“, <?page no="97"?> 97 das „Suffix zur Kennzeichnung des Possessivs“, „das 3. Person Singular -s“, die Wortordnung SPO zum Teil mit mehreren Objekten, „Konjunktionen“ sowie „adverbiale Bestimmungen“ (a.a.O.) dem Kontext angemessen einsetzen. Ein Vergleich der Sprechleistungen der deutschen Schüler mit gleichaltrigen Englischmuttersprachlern ergibt, dass • bei beiden Gruppen kaum Ellipsen (infolge der Schulanforderung zur Produktion ganzer Sätze) verwendet werden. • beide Gruppen Konjunktionen wie and, but, because, then (L1: so) verwenden; die häufige Verwendung von and then bei Englisch-L2-Sprechern die Nähe zur Erstsprache widerspiegelt. • temporale Konjunktionen bei Englisch-L2-Sprechern nicht auftreten, während sie bei Englisch-L1-Sprechern dominieren. Englisch-L2-Sprecher nutzen Marker und Präsens; Englisch-L1-Sprecher verwenden Konjunktionen und Präteritum. • Diskursverständnis bei beiden vorhanden ist, aber nur Englisch-L1- Sprecher konnten dies sprachlich adäquat umsetzen können. • Englisch-L1-Sprecher im Schnitt 356 Wörter, Englisch-L2-Sprecher 100 weniger nutzen. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass die monolingual deutschen Lerner ein hohes Niveau im Englischen erreichen können, da Schüler (beginnend in Klasse 1) bereits nach zwei Lernjahren über die bloße Reproduktion des Gelernten hinausgehen können und nach vier Lernjahren umfangreiche Texte nicht nur zusammenhängend, sondern auch zunehmend freier nachzuerzählen vermögen. Auch von Diehr wird daher abermals eine angemessene methodische Ausrichtung als Ursache für den Lernerfolg gewertet (vgl. ebd.: 17). Folglich müssten zu Beginn vor allem idiomatische Wendungen vermittelt werden, um den Schülern einen handlungsorientierten Zugang zur Zielsprache zu ermöglichen. Im weiteren Lernverlauf sei das kohärente Sprechen durch ergebnisoffene Lernaufgaben zu unterstützen (vgl. ebd.: 30). Da sich kohärentes Sprechen erst in der späten Kindheit ausprägt, sei eine frühe Förderung durch Formate wie storytelling wünschenswert, durch welche sowohl ein hoher sprachlicher Input als auch Anlässe zu kreativen Erzählungen vonseiten der Schüler geboten werden. In diesem Zusammenhang müsse auch die Grammatik als Voraussetzung und Resultat kommunikativen Handelns berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der genannten Studien demonstrieren, dass eine höhere fremdsprachliche Kompetenz von den Schülern erreicht werden kann, wenn die Zielsprache frühzeitig und intensiv in kommunikativen Situationen und diskursiven Aufgabenformaten handlungsorientiert erlebt wird. Folglich las- <?page no="98"?> 98 sen sich in Bezug auf die mündlichen Leistungsniveaus der Lerner folgende Kriterien eines guten Fremdsprachenunterrichts aufstellen. Die Sprachproduktionsleistungen der Schüler lassen sich stärken, indem • aufgabenorientierte Lernformate sinnhafte Sprachhandlungen initiieren. • das kohärente Sprechen durch Methoden, wie z.B. storytelling , gefördert und mit dialogischen Sequenzen verbunden wird. • bewusst machende Verfahren für Funktionsweisen fremder Sprachsysteme sensibilisieren. • ein ausgewogenes Verhältnis von expliziten und impliziten Lernphasen eine integrative Erweiterung von Wissen und Können ermöglicht. • eine Orientierung an allgemeingültigen Bildungsstandards möglich ist. Im Vergleich zu den beschriebenen Prinzipien sowie den Anforderungen an die Schüler zu Beginn der 1990er-Jahre (vgl. Kap. 2.5) lässt sich erkennen, dass die Ansprüche an die Kompetenzen der Lerner stetig steigen. Dies geht mit Ergebnissen einher, die belegen, dass Schüler viel leisten können, wenn sie entsprechend gefordert und gefördert werden. Neben der mündlichen Sprachproduktion ist die Schriftsprache ein Aspekt, gegenüber welchem sich die Einstellungen erst durch empirische Ergebnisse gewandelt haben. Welchen Einfluss diese Ergebnisse auf den fremdsprachlichen Unterricht haben sollten, wird im anschließenden Kapitel dargelegt. 5.2.3 Analyse des Leseverstehens und Schreibens Eine systematische Vermittlung der Schriftsprache im Zielsprachenunterricht der Grundschule wird in den letzten Jahren zunehmend bejaht (Böttger 2010, Elsner 2010, Frisch 2010/ 2013, Rymarczyk 2008/ 2011, Weth 2011). Unterrichtsbeobachtungen verdeutlichen, dass die Schüler von sich aus beginnen, die mündliche Sprache in Schriftzeichen zu transferieren. Diese Realisierungen haben oft wenig mit der zielsprachlich korrekten Schreibweise gemein. Daher wird immer wieder thematisiert, ob durch eine frühe Alphabetisierung in der Fremdsprache einer fehlerhaften Abspeicherung von Schriftbildern vorgebeugt werden kann. Vor diesem Hintergrund ging Rymarczyk (2011) der Frage nach, inwieweit es sinnvoll ist, die englische Schrift bereits in der ersten Klasse parallel zur Alphabetisierung im Deutschen anzubieten, um eine flexible Graphem-Phonem-Korrespondenz beider Sprachen gleichzeitig auszubilden. Im Rahmen der Untersuchung nahmen Lerner aus einer ersten und einer dritten Klasse an einem Lesetest teil, nachdem diese das Schriftbild im Englischunterricht durch Wortkarten und Poster ein Jahr lang für zwei Stunden die Woche kennengelernt hatten. Der Lesetest bestand aus 36 Items (12 <?page no="99"?> 99 deutsche Realwörter, 12 visuell ähnliche Pseudowörter, 12 visuell unähnliche Pseudowörter), welche durch lautes und leises Lesen erschlossen werden sollten. Die Leistungen der Schüler ergeben, dass die Artikulationen im lauten Lesen bei allen Probanden fehlerhaft sind, da viele Wörter (aus allen drei Kategorien gleichermaßen) unter Rückgriff auf die deutsche Phonem- Graphem-Korrespondenz German-style gelesen werden (vgl. Rymarczyk 2011: 52). Dieser Befund weist darauf hin, dass die schriftliche Form der Begriffe von den Lernern nach einem Lernjahr erst unzureichend an die Lautform gebunden ist. Im Bereich des sinnentnehmenden, sprich leisen Lesens, zeigten die Schüler ihr Verständnis, indem sie Begriffe passenden Bildern zuordneten. Die Ergebnisse in diesem Bereich verdeutlichen, dass die Lerner die Schrift eher über eine semantische Sinnentnahme als durch phonologisches Lautieren erschließen (vgl. ebd.: 62). Dass die Leser der dritten Klasse im Bereich des leisen Lesens durchschnittlich bessere Leistungen aufweisen, lässt den Schluss zu, dass einmal erlernte Lesetechniken unabhängig vom verwendeten Sprachsystem einsetzbar sind. Die Autorin rät daher, dass leises sowie lautes Lesen frühzeitig geübt werden sollen, um „einem lexikalischen Eintrag im mentalen Lexikon weitere Bestandteile hinzuzufügen [...]“ (ebd.: 63). Folglich kann ein früher Einsatz von Lesetechniken nicht nur das fremdsprachliche Produktionsvermögen der Lerner, sondern auch die mentale Verarbeitung konzeptioneller und semantischer Zusammenhänge vertiefen. Demnach hat die Verwendung von Schrift einen positiven Effekt auf das Lernen als solches und wird als Lernstrategie ebenso relevant wie als Teil einer umfassenden sprachlichen Kompetenz. Entscheidend für die Begünstigung des Lernens durch den Einsatz von Schrift scheint dessen methodische Einführung zu sein. So kann Frisch (2011/ 2013) zeigen, dass bei Lernern mit Deutsch als Schulsprache die Einführung von Schrift durch analytische Verfahren Vorteile gegenüber der Ganzwortmethode bietet. Frisch erhob die Lesekompetenzen von Zweitklässlern, welche sich über einen Zeitraum von zehn Monaten in vier Unterrichtseinheiten mit dem Schriftbild entweder nach einem Ganzwortverfahren (N= 20) oder der phonics-Methode (N=26) auseinandersetzten. Beide Verfahren unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf die im Lerner beabsichtigten Bewusstmachungsprozesse. Während bei der Verwendung der Ganzwortmethode die Schriftsprache logografisch erschlossen und gespeichert wird, arbeitet die phonics-Methode über die Dekodierung einzelner Phonem-Graphem-Korrespondenzen. Ähnlich der Lautierungsmethode im Deutschen werden zuerst die Zusammenhänge von Buchstaben und Lauten eingeführt, sodass in einem zweiten Schritt Wörter bewusst erschlossen werden können, indem diese Buchstabe für Buchstabe dekodiert werden (vgl. Frisch 2011: 77). Für die Testungen lasen die Schüler sowohl einen für sie <?page no="100"?> 100 unbekannten Text auf der Basis bekannter Wörter als auch Pseudowörter laut vor (vgl. ebd.: 78f). Durch diese Wahl der Instrumente sollte zum einen gezeigt werden, in welchem Maße die Lesetechniken in Bezug auf bekannte Wörter gewirkt haben, zum anderen sollte untersucht werden, ob die Lerner ausreichend Strategien entwickelt haben, um auch ihnen unbekannte Wörter lautrichtig lesen zu können. Die Ergebnisse legen dar, dass jene Schüler bessere Leistungen im Lesen zeigen, welche mit der phonics-Methode unterrichtet wurden. Im Lesen von Pseudowörtern zeigen ebenfalls die mit bewusst machenden Verfahren unterrichteten Lerner um die 25-35 % mehr zielsprachlich korrekte Aussprachen. Dieser Vorsprung kann auch für Laute gefunden werden, die für die deutschen Lerner besonders problematisch sind. Lediglich bei der Artikulation von Lauten, welche der deutschen Graphem-Phonem- Relation sehr ähnlich sind, sind kaum Unterschiede zwischen beiden Schulklassen zu identifizieren (vgl. ebd.: 80ff). Damit gibt die Studie einen entscheidenden Hinweis, „dass sich ein Leselernverfahren, das die Entwicklung des expliziten Lernens - hier: von ausgewählten typisch englischen Buchstabe-Laut-Relationen - durch ein induktives Vorgehen positiv auf die Entwicklung der phonologischen Rekodierungsfähigkeit auswirkt“ (ebd.: 83). Trotz der kleinen Stichprobe deuten die Fertigkeiten der analytisch unterrichteten Lerner, vor allem der deutschen Orthografie ferne Buchstaben und Laute zielsprachenkorrekt zu artikulieren, auf einen Vorteil der Methode hin. Auch wenn diese Erkenntnisse durch weitere Gruppen validiert werden könnten, gibt die Arbeit von Frisch eindeutige Hinweise auf die Relevanz expliziter Lernverfahren für die Entwicklung des fremdsprachlichen Spracherwerbs im Grundschulalter. Bereits 2008 belegte Rymarczyk mit ihrer Studie zur schriftsprachlichen Produktion die bereits bei Helms und Möhle (1975) erkannte Tatsache, dass die Schrift von den Lernern regelrecht eingefordert wird. Mithilfe eines Fragebogens erhob Rymarczyk die schriftsprachlich produktiven Kompetenzen von 95 Schülern am Ende des zweiten Schuljahres. Da zur damaligen Zeit die Schrift laut der curricularen Vorgaben der betreffenden Länder Rheinland- Pfalz und Baden-Württemberg in den ersten beiden Lernjahren nicht explizit gelehrt werden sollte, wurden keinerlei Schriftkompetenzen bei den Lernern erwartet. Allerdings konnten aufgrund der Angaben der Lehrkräfte bezüglich ihres Unterrichtsverhaltens vier Gruppen unterteilt werden, die unterschiedlich starken Kontakt zur Schrift in der Fremdsprache erfahren hatten. Während in einer Klasse rigoros auf jegliche Art der Verschriftlichung verzichtet worden war, hatten die Schüler einer anderen Lerngruppe bereits ganze Sätze geschrieben. Diese mögliche Gruppierung lässt erkennen, wie unterschiedlich selbst innerhalb eines Bundeslandes unterrichtet wird. Im Kontext der Untersuchung waren die Lerner angehalten, offen a) alle Wörter des Englischen <?page no="101"?> 101 aufzulisten, die sie bereits kannten, b) zu begründen, warum sie diese Schreibung gewählt hatten, und c) Angaben zum familiären sprachlichen Hintergrund zu machen (vgl. Rymarczyk 2008: 173). Die Auswertung der Fragebögen zeigt, dass es 93 von 95 Schülern möglich ist, innerhalb von 10 Minuten zwischen 16 und 22 Lexeme aufzuschreiben. In Bezug auf die Vorerfahrungen zeigt sich, dass die Gruppe mit keinerlei Erfahrungen die meisten Lexeme verschriftlichen kann. Rymarczyk wertet dies als Zeichen einer Unbefangenheit, welche mit zunehmender Einsicht in die Andersartigkeit des Graphem- Phonem-Verhältnisses der englischen Sprache möglicherweise verloren gehe (vgl. ebd.: 174). Allerdings ist trotz der hohen Anzahl an Wörtern die Qualität dieser unzureichend, da hauptsächlich normabweichende Schreibungen zu finden sind. Diese Fehlerhaftigkeit nimmt ab, je mehr Kontakt die Lerner bereits zur Sprache haben. Während in der nicht mit dem Schriftbild vertrauten Gruppe die Zahl der korrekt geschriebenen Lexeme bei keinem Kind über einem Drittel lag, gab es in der schreibgeübten Klasse mehrere solcher Fälle und sogar drei Wortlisten, die ca. zur Hälfte richtig geschrieben waren. (ebd.: 175). Demnach scheinen Einblicke in die Orthografie der korrekten Verschriftlichung zu helfen, da die Lerner ihre Schreibungen zu jeder Zeit an Regelhaftigkeiten ausrichten. Mit signifikanter Häufigkeit treten gleiche Strategien einer zielsprachlichen Schreibung immer wieder auf, indem z.B. eine passende deutsche Realisierung für ein englisches Phonem regelmäßig genutzt wird. Durch die verbalen Begründungen für ihre Schreibungen demonstrieren die Lerner ihr Vermögen, über sprachliche Aspekte reflektieren zu können, indem sie Gründe nennen wie z.B. die Verbindung von Phonem und Graphem „weil ich so spreche“ oder Medien und Realien „[...] Ich denke es mir so und meine Mama liest of engliche [sic! ] Buch [...]“; „Manchmal stehen die derauf [sic! ]“ (a.a.O.). Diese Aussagen lassen erkennen, „dass die Kinder Strukturen in der Schriftsprache bemerken, entsprechende Hypothesen entwickeln, erproben und verwerfen oder weiterentwickeln“ (vgl. ebd.: 179). Entgegen einigen Annahmen sind die Probanden dieser Studie durch den Einsatz von Schrift nicht mental überfordert. Auch wenn die Anzahl der geschriebenen Wörter mit steigenden Kompetenzen abnimmt, so verbessert sich jedoch die Qualität der Wörter. Dementsprechend wirkt eine frühe Einweisung als eine logische Konsequenz, um einer Fossilisierung von Eigenregeln vorzubeugen. Demnach ist eine Vorenthaltung der Schrift nicht nur eine Förderung der Bildung von Eigenregeln, sondern auch ein Vorenthalten von Lernzuwachs, welchen die Schüler durchaus in der Lage sind zu erbringen (vgl. ebd.: 179ff). Auch Weth (2010/ 11) kann einen Einfluss der deutschen Sprache auf das Schriftbild von Grundschülern im Französischen nachweisen. Um zu analy- <?page no="102"?> 102 sieren, „wie weitgehend die Schüler_innen ihre schriftsprachlichen Ressourcen aus dem Deutschen auf die Fremdsprache übertragen und wie systematisch sie dabei vorgehen“ (Weth 2010: 129), wurden von 105 Schülern Diktate im Deutschen und im Französischen geschrieben. Die Aufgabe bestand somit weniger darin, antizipierte Schriftbilder wie bei Rymarczyk zu produzieren, sondern das Schriftbild konkreten lautlichen Realisierungen zuzuordnen und zu produzieren. Ferner wurden Fallstudien von den drei stärksten und drei schwächsten Schreibern im Deutschen bezüglich ihrer Schreibkompetenz im Französischen erstellt (vgl. Weth 2011: 93f). Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Einfluss der deutschen Schreibung. Die Analyse der französischen Schülerschreibungen zeigt, dass es Zusammenhänge zwischen den deutschen Rechtschreibkenntnissen und den französischen Schreibungen gibt. (ebd.: 102). Mit dem Erwerb der deutschen Schriftsprache „haben die Schüler sprachübergreifende Merkmale der Schrift entdeckt [...] und [...] die regelhafte orthographische Repräsentation von Phonemen, Morphemen und Wörtern des Deutschen gelernt“ (ebd.: 104). Weth (2010: 141) schließt daraus, dass das Deutsche die Rolle einer „Matrixschrift“ einnimmt, indem sprachliche Phänomene, welche dem Deutschen gleich sind, eher richtig geschrieben werden als solche, die nur fremdsprachenimmanent sind. Dabei verfolgt kein Schüler nur ein einheitliches Muster bei der Verschriftlichung, sondern nutzt eine individuelle Strategie von Schreibungen (vgl. Weth 2011: 99). Weiterhin sind Unterschiede zwischen den Gruppen der im Deutschen leistungsstarken und -schwachen Schreiber zu erkennen. Die guten Schüler nutzen zielsprachlich korrekte Formen, während die schwächeren Schreiber „Sondergraphien“ (ebd.: 102) entwickeln. Diese Erkenntnis unterstreicht, dass Kinder mit einer hohen literalen Kompetenz in ihrer Erstsprache diese auch in die Fremdsprache übertragen können. Ähnlich wie bei Rymarczyk zeigt sich auch hier, dass die Lerner sprachliche Strukturen und Techniken der Erschließung auf das neue Sprachsystem zu übertragen scheinen. Das Deutsche übernimmt eine Vermittlungsfunktion, auf Grundlage derer jeder Lerner sein eigenes Verständnis von schriftlicher Richtigkeit entwickelt, welches mit zunehmendem Kompetenzzuwachs an die zielsprachliche Norm angeglichen wird. Dabei geht auch Weth davon aus, dass die semantische Verknüpfung von Inhalt und Schriftbild erst dann erlangt ist, wenn die Schreibungen von ihren Autoren auch rekodiert werden können. (vgl. Weth 2010: 142). <?page no="103"?> 103 Die schriftsprachlichen Kompetenzen lassen sich fördern, indem • der Einsatz analytischer Verfahren eine tiefe Durchdringung sprachsystemischer Elemente bietet. • Einblicke in die Regelhaftigkeit von Sprache schülerspezifischen Regelbildungen vorgreifen. • die Lerner Schrift regelmäßig erfahren und nutzen, um einer Fossillisierung lernerspezifischer Regeln vorzubeugen. • bewusst machende und reflexive Lernverfahren eingesetzt werden, um die bislang nicht völlig ausgeschöpften Fähigkeiten dieser Lernergruppe auszubilden. Bislang wird immer wieder hervorgehoben, dass vor allem Einblicke in die Bedingungen und die Funktionsweisen der Fremdsprache bereits bei Grundschülern die sprachlichen Kompetenzen fördern können. Im Folgenden wird daher untersucht, wie gewinnbringend diese explizite Vertiefung und Reflexion metasprachlichen Wissens tatsächlich ist. 5.2.4 Lernstrategien und Reflexionsvermögen Die Verwendung von Lernstrategien sowie die Reflexion eigener Lernprozesse sind ein immanenter Bestandteil des frühen Fremdsprachenlernens und werden in den Prinzipien sowie den curricularen Vorgaben der Bundesländer beschrieben. Kolb (2007) bietet mit ihrer Studie einen Einblick, auf welche Weise reflexive Prozesse im Grundschulalter genutzt werden können. Sie beschreibt, auf welche Weise das Portfolio als Lehrgegenstand von den Schülern eingesetzt, welche Strategien zur Selbsteinschätzung genutzt und welche reflexiven Prozesse dadurch angestoßen werden können. Insgesamt wurden 43 Lerner zweier dritter Klassen bei der Arbeit mit dem Portfolio beobachtet (6-8 Wochen innerhalb des Schuljahres 2003/ 2004) sowie die Erfahrungen der Lerner mit dem Portfolio in Gruppendiskussionen erhoben (vgl. Kolb 2007: 119, 133). Um den Lernprozess vermehrt in den Fokus zu nehmen, entwickelte Kolb eigene Materialien, welche neben der „Selbsteinschätzung“ einer „Reflexion des Lernprozesses“ (ebd.: 138ff) Raum ließe. Die Ergebnisse belegen, „dass die Kinder ihren Sprachlernprozess viel bewusster wahrnehmen, als es die Primarstufendidaktik bisher vermutete [und] dass Kinder bei entsprechender Förderung reflexive Kompetenz und damit Abstraktionsfähigkeiten entwickeln können, die über gängige Zuschreibungen an diese Altersgruppe herausgehen“ (ebd.: 309). Es ist demnach möglich, die geforderten expliziten Verfahren bezüglich der Schrift und der Grammatik zu implementierten. Neben der Stärkung der sprachlichen Fertigkeiten zeigen die Einblicke <?page no="104"?> 104 Kolbs, dass die Lerner durchaus in der Lage sind, komplex und reflexiv das Erlernen fremder Sprachen zu erklären und diese Kompetenz durch die Bearbeitung des Portfolios zu vertiefen. Bezüglich der Funktionalität ist zu erkennen, dass die Arbeit mit dem Portfolio vor allem Individualisierungs- und Personalisierungsprozesse anregt. Für die Lehrenden bietet das Portfolio einerseits Einblicke in die Lernstände sowie das Reflexionsvermögen der Kinder, andererseits deutet sich der Mehrwert des Portfolios als Lehrgegenstand an, um in der Klassengemeinschaft individuelle Erfahrungen zu thematisieren. Der Sinn von Portfolioarbeit liegt demnach nicht nur in der Bewusstmachung von subjektiven Perspektiven und Zugängen, sondern auch im interindividuellen Austausch. (ebd.: 311). Insgesamt wird der Sprachlernprozess „von den Kindern bewusst wahrgenommen, als vieldimensional beschrieben und differenziert erklärt sowie als ganzheitliche Erfahrung geschildert“ (ebd.: 313). Dieses Wahrnehmungsvermögen der Schüler weist daraufhin, dass Lernen zunehmend als Prozess verstanden wird, in welchem die Auseinandersetzung mit konkreten Gegenständen sowie das Finden individueller Bedeutungen sinnvoll sind (vgl. ebd.: 317). Diese Art der Wahrnehmung scheint den Lernern zu helfen, ihr Lernverhalten zu steuern, indem die Bedeutung der Gegenstände für ihre jeweilige Kompetenzentwicklung besser eingeschätzt werden kann. Folglich wird mit der Portfolioarbeit ein „Reflexionsraum“ (ebd.: 315) geschaffen, welcher in einem auf kollektiven Kompetenzerwerb ausgerichteten Unterricht verankert ist und damit individualisierende und reflexive Verfahren parallel ermöglicht. Als Medium könnte die Portfolioarbeit ein Korrektiv zu einer reinen Ergebnisorientierung liefern. Es bietet den Raum, auch Lernerfahrungen und ergebnisse darzustellen, die sich einer Einordnung in stufenförmige Kompetenzmodelle widersetzen und nicht einfach zu evaluieren sind. (ebd.: 320). In der Diskussion um die Tragfähigkeit regelschulischen Lernens markiert die Studie von Kolb einmal mehr, dass die Lerner bereits im Grundschulalter fähig sind, über ihr Lern- und Sprachverhalten zu reflektieren, wenn die richtigen Aufgaben angeboten werden. Daher sind individualisierende Ansätze nötig, welche eine heterogene Schülerschaft in ihrer individuellen Voraussetzung fördert. Das Portfolio kann einen methodischen Gegenpol zu verkürzenden Kompetenzbeschreibungen darstellen und die vorrangig sprachlichfunktionalen um affektive sowie instrumentelle Zielsetzungen ergänzen. Auf diese Weise gelingt es, im Verständnis von Lernerorientierung (vgl. Kap. 5.1.2) auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler einzugehen und sinnhafte Einsichten dieser in das Erlernen fremder Sprachen zu integrieren. <?page no="105"?> 105 Diese positive Einstellung bezüglich bewusst machender Fähig- und Fertigkeiten von Grundschülern kann auch durch die Ergebnisse einer Untersuchung von Meron-Minuth (2009) bestärkt werden. Zwischen den Jahren 2001 und 2005 wurde „beobachtet und beschrieben, wie sich eine Gruppe von Grundschülerinnen und -schülern (Klassenstufe 1-4) in einem immersiv gestalteten Französischunterricht kommunikationsstrategisch einbringt und fremdsprachliche Äußerungen mit Hilfe ihrer Lernersprache auf den Weg zu einer umfassenderen Zielsprachenkompetenz realisiert“ (Meron-Minuth 2011: 121). Die Unterrichtsaufzeichnungen der Langzeitbeobachtungen wurden mit der Intention analysiert, eine Typologie an Strategien zur Aufrechterhaltung der Kommunikation von Fremdsprachenlernern im Primarbereich zu erstellen. Insgesamt sind sechs Strategien zu erkennen, welche die Lerner im Laufe ihres vierjährigen Lernprozesses nutzen, um sich trotz fehlender sprachlicher Mittel mitteilen zu können (vgl. Meron-Minuth 2011: 127). Kommunikationsstrategien im Französischunterricht der Grundschule (Klasse 1-4) L1/ L3-basierte Strategien Code-Switching Foreignizing Direkter Transfer 1 Lernersprachlich basierte Strategien Wortneuschöpfungen Assoziationen zwischen Sprachen Paraphrasen Übergeneralisierungen 2 Kooperationsstrategien zwischen Lehrkraft und Lernenden Direkte Appelle: Bitten um Erklärung (Übersetzung in L2 2 ); Hypothesenbildung über Aufgaben Indirekte Appelle: Rückübersetzungen in die L1; Hypothesenbildung über Handlungsabläufe Nonverbale Strategien Mimik, Gestik als Ersatzhandlung Mimik, Gestik als Zusatz 1 Geräuschimitationen Imitationsstrategien Nachahmungen der Lehreranweisungen (im semantischen Kontext) Abrufungsstrategien aus L1- und L2-Wissensbeständen Aus L1-Vorwissen: Vorerfahrungen, thematische Vorkenntnisse (mit L2-Wissen verbinden 1 ) Aus L2-Wissen: Lieder, Reime und themenbezogene Lexik; Übertragung in neue Kontexte 1 [ 1 ab dem dritten Lernjahr; 2 ab dem vierten Lernjahr] Tab. 9: Kommunikationsstrategien im Französischunterricht der Grundschule (Klassen 1-4) <?page no="106"?> 106 Die Tabelle verdeutlicht, welche Strategien sowohl dauerhaft als auch temporär von den Lernern eingesetzt werden. So verfügen bereits die Schüler der ersten Klassenstufe über vielfältige Strategien, die mit zunehmender Spracherfahrung und -kompetenz erweitert und ergänzt werden. Besonders auffällig scheint die zunehmende Integration der Fremdsprache. Während zunächst hauptsächlich die Erstsprache als Referenz herangezogen wird, um durch Übersetzungen oder Erklärungen in der L1 nicht bekannte Wörter der L2 zu erfragen, suchen die Lerner mit zunehmenden Kompetenzen potentielle Bezüge auch in der Zielsprache. Folglich dient nicht mehr nur die L1 der Schüler als Bezugspunkt, sondern der Sprachbereich, welcher zur Klärung unmittelbar nutzbar scheint. So scheinen bereits nach zwei Lernjahren die Grenzen zwischen den einzelnen Sprachsystemen zu verschwimmen. Meron-Minuth (2011: 131) schließt aus ihren Erkenntnissen, dass „Lehrkräfte methodischdidaktisch ein vielfältiges Lern- und Sprachangebot schaffen müssen, damit die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, Hypothesen über das Funktionieren der Sprache aufzustellen und zu testen und somit die Zielsprache zu reflektieren“. Ebenso wie die Studie von Kolb (2007) weisen die Ergebnisse von Meron-Minuth in extremem Maße darauf hin, dass reflexive und bewusst machende Verfahren Teil eines Unterrichts sein müssen, der Lerner zu kommunikativen Handlungen befähigen soll. Werden diese langfristig exkludiert, so wird es den Lernern unmöglich, bereits im primarstuflichen Unterricht umfassende Strategien zu etablieren, die ihnen helfen, die Zielsprache angemessen zu verwenden. Folglich wird das Reflexionsvermögen der Schüler als gegeben angesehen und die Verantwortung zur Nutzung dessen ganz eindeutig in den Entscheidungsbereich der Lehrenden gestellt. Deren Aufgabe sei es, „kreative Wortbildungen und morphosyntaktische Versuche der Kinder als konstruktive Stadien der Lernersprache nicht erkennen, sondern zulassen und fördern“ (Meron-Minuth 2009: 259f) zu wollen und zu können. In diesem Sinne hat sich Kuhn (2006) bereits explizit für eine Stärkung bewusst machender Verfahren ausgesprochen. Auf der Grundlage aktueller spracherwerbstheoretischer, lern- und entwicklungspsychologischer sowie fachdidaktischer Annahmen zum fremdsprachlichen Lernen in der Grundschule hat die Autorin herausgearbeitet, „dass ein Englischunterricht auf der Primarstufe, der absichtsvoll den grundlegenden Sprachbaustein Grammatik ausklammert, nicht zu rechtfertigen ist“ (Kuhn 2006: 249). Diese Aussage belegt Kuhn mit Erkenntnissen aus der Sprachwissenschaft, nach welchen Kinder bereits frühzeitig Hypothesen über sprachliche Regelmäßigkeiten bilden, welche in der Schule zu vernachlässigen sträflich wäre. Insbesondere Lerner im Grundschulalter würden bereits über eine angemessene Abstraktionsfähigkeit zur Erschließung von Regelhaftigkeiten verfügen. Auch entwick- <?page no="107"?> 107 lungspsychologisch seien sie in der Lage, grammatikalische Strukturen zu verarbeiten und anzuwenden. Demnach hätten Lerner die Fähigkeiten „im Alter von acht bis zehn Jahren, Kategorisierungen vorzunehmen und aus einem sprachlichen Repertoire grammatisch relevante Verteilungsmuster zu abstrahieren“ (ebd.: 251). Die Planung eigener Unterrichtsbeispiele lässt die Autorin ferner zu dem Schluss kommen, dass erfolgreiches Fremdsprachenlernen ohne Fokussierung grammatischer Elemente kaum möglich sei. Eine Vermittlung sollte daher induktiv geschehen, aber durch eindeutig grammatikalische Zielsetzungen manifestiert werden. Ähnlich wie Frisch schlägt sie bewusst machende Verfahren vor, welche „den Zweitsprachenerwerb wirksam unterstützen, da durch ausreichendes Üben explizites Wissen in implizites Wissen übergehen kann“ (ebd.: 253). Vor dem Hintergrund der geringen Kontaktzeit in der Regelschule klingen die positiven Hinweise auf den Gebrauch von bewusst machenden und reflexiven Strategien als ein geeigneter Weg, vermehrt meta-sprachliche Aspekte in das Lehren und Lernen fremder Sprachen einzubeziehen. Lernstrategien werden genutzt und gefördert, indem • die Reflexion sprachlichen sowie lernstrategischen Handelns angeregt wird. • Aufgaben zur Selbstreflexion angeboten werden. • die Schüler zur Bedeutungsaushandlung im Plenum anregt werden. • Sprachlern- und Kommunikationsstrategien trainiert werden. Die dargestellten Aspekte verdeutlichen, in welchem Umfang Grundschüler in der Lage sind, Lernstrategien individuell einzusetzen. Allerdings ist immer eine gewisse Motiviation und positive Einstellung gegenüber den vorzunehmenden Handlungen notwendig, wie im folgenden Abschnitt erläutert wird. 5.2.5 Motivationen und Einstellungen Wenn es um das reflexive Können von Lernern geht, müssen auch Motivationen und Einstellungen dieser beachtet werden. Tendenziell finden sich in Studien immer wieder Hinweise darauf, dass die Schüler in der Grundschule dem fremdsprachlichen Lernen gegenüber positiv eingestellt sind (vgl. u.a. De Leeuw 1997, Massler/ Steiert 2010). Gegen Ende der 1990er-Jahre wurde zudem eine Studie durchgeführt, welche explizit der Frage nach den Interessen von Grundschülern am Erlernen bzw. an Kontakten zu fremden Sprachen und Kulturen sowie am Erlernen einer fremden Sprache im schulischen Kontext nachging. Auf der Datengrundlage von 444 Probanden (243 dieser hatten am Fremdsprachenunterricht teilgenommen), welche zwischen 1997 (Beginn <?page no="108"?> 108 des dritten Schuljahres) und 1999 (Ende des vierten Schuljahres) befragt wurden, konnten nicht nur die temporären Einstellungen, sondern auch deren Entwicklung über einen Zeitraum von zwei Jahren eingesehen werden (vgl. Marschollek 2004: 150). Die Ergebnisse zeigen, dass das Interesse, eine fremde Sprache zu erlernen, mit 91 % zu beiden Testzeitpunkten (T1 und T2) sehr hoch ist. Tendenziell zeigen weibliche Probanden, deren Eltern beide über fremdsprachliche Kenntnisse verfügen, die bereits Auslandskontakte und/ oder -aufenthalte erlebt haben und zum leistungsstarken Drittel in ihren Klassen gehören, das größte Interesse (vgl. ebd.: 148). Bezüglich des Interesses am Fremdsprachenunterricht sagen 85 % (T1) bzw. 78 % (T2) der 243 Schüler, die am Unterricht teilgenommen haben, dass sie diesen gut finden. Damit liegt der Fremdsprachenunterricht nach Sport an zweiter Stelle, gefolgt von Mathematik, Sachkunde, Werken, Kunst, Musik, Deutsch und Religion auf dem letzten Platz. Erstaunlich ist im Vergleich zur guten Stellung der Fremdsprache das geringe Interesse am Deutschunterricht, welcher am Ende des vierten Schuljahres von nicht einmal der Hälfte der Probanden als interessant gewertet wird (vgl. ebd.: 151ff). Die Befragung zum Interesse der Schulfächer verdeutlicht, dass die Lerner mit zunehmendem Alter weniger Interesse an Schule haben - und das bereits gegen Ende der Grundschulzeit. Folglich werden Fächer mit hohem handlungsorientierten Anteil wie z.B. Sport und der Fremdsprachenunterricht anderen vorgezogen. Ergänzend wirkt der sozioökonomische Hintergrund auf die Motivation der Lerner. Folglich muss das fremdsprachliche Lernen in der Grundschule die soziale Prägung der Lerner sowie individuelle Interessen dieser Altersgruppe berücksichtigen und handlungsorientiert und sinnhaft gestaltet sein, um die Motivation und die Haltungen der Lerner positiv zu begünstigen. Die Motivation und die Einstellungen der Schüler werden gefördert, indem • die positive Haltung gegenüber der Fremdsprache aufrechterhalten und ausgebaut wird. • der Unterricht einen hohen Grad an Handlungsorientierung aufweist. • die sozioökonomischen Hintergründe sowie die Herkunftssprachen der Lerner berücksichtigt werden. Die Motivation ist durch die beschriebenen Faktoren zu fördern. Im Folgenden wird dargelegt, wie sich das Können der Lerner in Abhängigkeit zu ihrem bereits vorhandenen Sprachrepertoire darstellt. <?page no="109"?> 109 5.2.6 Mehrsprachigkeit Auch wenn durch Studien wie DESI (vgl. Hesse/ Göbel 2007: 256ff) und EVENING (vgl. Engel et al. 2009) der Einfluss der (sprachlichen) Heterogenität der Schüler auf den Unterricht sowie die individuelle Lernprozesse dieser gezeigt werden konnte, wird nach wie von einer homogenen Progression des Sprachkönnens aller Schüler ausgegangen. Vor allem für die Lerner, welche bereits Kenntnisse in mehreren Sprachen mitbringen, werden kaum negative Wechselwirkungen erwartet, sondern oftmals von positiven Folgen bisheriger Sprachlernerfahrungen ausgegangen. Allerdings ist diese positive Sicht spätestens seit den Erkenntnissen von Elsner (2007) und Bos et al. (2007) sowie den Ausführungen von Keßler und Paulick (2010: 258) nicht uneingeschränkt zu halten. Elsner zeigt, das Mehrsprachigkeit nicht per se als Vorteil zu werten ist: Mehrsprachigkeit erweist sich de facto innerhalb der hier durchgeführten Studie als negativer Einflussfaktor auf das schulische Lernen einer Fremdsprache. (Elsner 2007: 231). Die Autorin untersuchte gegen Ende des Schuljahres 2003/ 2004 die Hörverstehensleistungen von 214 Schülern der vierten Klasse an elf Schulen im Land Bremen. Die spezielle Zusammensetzung der Probanden erlaubte es, die Fertigkeiten von 108 Schülern mit deutscher Erstsprache mit den fremdsprachlichen Kompetenzen von 106 Schülern mit Türkisch als Erstsprache zu kontrastieren (vgl. ebd.: 154). Durch einen Vergleich von Schülerpaaren (je ein deutsch- und ein türkischstämmiger Lerner), welche in den Merkmalen Alter, Geschlecht, Klassenzugehörigkeit und (annähernde) Leistungshomogenität übereinstimmten, sollte ermittelt werden, ob „Unterschiede in den Hörverstehensleistungen zwischen Fremdsprachenlernern im Grundschulalter mit Deutsch als Muttersprache und Fremdsprachenlernern mit Deutsch als Zweitsprache“ (ebd.: 83) vorhanden seien. Um diese Frage zu beantworten, entwickelte Elsner ein Testinstrument, welches an den Könnensstand der Schüler sowie an die curricularen Vorgaben des Landes Bremen angepasst wurde und die Hörverstehensleistungen in allen Facetten erfassen sollte. Die in der quantitativen Erhebung gewonnenen Daten bezüglich der fremdsprachlichen Fertigkeiten im Hörverstehen wurden sowohl auf die muttersprachliche Zugehörigkeit als auch auf die Leistungen im Fach Deutsch hin ausgewertet (vgl. ebd.: 85). Elsner weist darauf hin, dass anstelle von Vorteilen sich vor allem „die sprachlichen Bedingungsvoraussetzungen der untersuchten Kinder mit türkischer Muttersprache negativ auf die Leistungsfähigkeit im Bereich Hörverstehen der Fremdsprache Englisch [aus]wirken“ (ebd.: 177). Ebenso kann eine Korrelation zwischen der Note im Fach Deutsch und den Leistungen im Hörverstehenstest darlegen, dass Lerner mit schlechten <?page no="110"?> 110 Noten im Fach Deutsch im Schnitt weniger gut im Hörverstehen in der Fremdsprache sind. Der Erfolg der untersuchten Lerner in der Fremdsprache scheint folglich von den Kompetenzen im Deutschen abzuhängen bzw. diesen ähnlich zu sein. Dies geht einher mit der Tatsache, dass die Schüler mit schwachen Deutsch- und Fremdsprachenleistungen überwiegend einen türkischsprachigen Hintergrund haben. Diese Ergebnisse wurden mit Aussagen aus qualitativen Fragebögen verglichen, welche Hintergrundinformationen zur familiären Sprachsituation, zur alltäglichen Sprachnutzung der Lerner sowie zur Teilnahme an Fördermaßnahmen erhoben (vgl. ebd.: 177ff). Es zeigt sich, dass eine „positive Einstellung des Elternhauses“ (vgl. ebd.: 230) einen förderlichen Effekt auf die Leistungen der Lerner hat. Allerdings können in Bezug auf die motivationalen Einstellungen keinerlei Unterschiede zwischen den Gruppen der Lerner mit deutschem und türkischem Hintergrund erkannt werden, wodurch deutlich wird, dass im Bedürfnis Sprachen zu nutzen und zu erlernen der sprachliche Hintergrund kaum Unterschiede zu machen scheint. Auch wenn der Einbezug vielfältiger Faktoren, wie z.B. des sozio-ökonomische Hintergrunds, das eindeutige Bild diverser gestalten mag, so stellen die Ergebnisse von Elsner insgesamt die oft überwiegend von Vorteilen beschriebenen Chancen mehrsprachiger Lerner im Fremdsprachenunterricht in Frage. Ein ähnliches Ergebnis findet sich in der Studie KESS 4 (Bos et al. 2007), in welcher Viertklässler aus 638 Klassen in Hamburg bezüglich ihrer Fertigkeiten im Bereich des (deutschsprachigen) Leseverstehens, der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse sowie des Hörverstehens im Englischen getestet wurden. Zur Analyse der Daten wurden vier Lernergruppen gebildet, welche nach der Häufigkeit der Verwendung der deutschen Sprache im Elternhaus gruppiert wurden. In Bezug auf die fremdsprachlichen Hörverstehensleistungen ergibt sich, dass die Fertigkeiten der Lerner im Hörverstehen - ebenso wie bei der bereits bei Elsner entdeckten Tatsache - umso geringer sind, je weniger Deutsch die Schüler zu Hause sprechen. Folglich scheint sich der Faktor der deutschsprachigen Kenntnisse abermals auf die fremdsprachlichen Kompetenzen auszuwirken. Schwippert (2007: 44) sieht die Gründe für diese Diskrepanzen jedoch vielmehr in den sozioökonomischen als den sprachlichen Hintergründen der Schüler. Dies wird von ihm auf den in KESS 4 identifizierten Zusammenhang von Sprache und Status zurückgeführt. Somit sprechen diejenigen Lerner eher weniger Deutsch mit ihren Eltern, welche aus einem schwachen sozialen Elternhaus stammen. Allerdings bleibt auch durch KESS 4 die Frage unbeantwortet, ob die geringen Deutschkenntnisse oder mangelnde Unterstützung im Elternhaus zu den geringen Kompetenzen im Englischen führen. Ein interessanter Aspekt findet sich im Vergleich des Hörverstehens im Englischen mit den anderen Lernbe- <?page no="111"?> 111 reichen, wodurch deutlich wird, dass die Diskrepanzen zwischen den Kompetenzen der verschiedenen Schülergruppen im fremdsprachlichen Bereich am geringsten sind. Gerade die geringe Differenz im Englisch-Hörverstehen zeigt, dass Kinder mit Migrationshintergrund beim Erwerb von Kompetenzen, die weniger stark von verkehrssprachlichen Kompetenzen abhängen, vergleichsweise höhere Kompetenzniveaus erreichen. (ebd.: 45). Schwippert sieht folglich gerade im fremdsprachlichen Lernen einen Raum in der Grundschule, in welchem die Differenzen zwischen den Lernern am wenigsten zum Tragen kommen, und stellt damit einen Kontrast zu Elsners Annahme her, dass mehrsprachige Lerner eher nicht vom fremdsprachlichen Unterricht profitierten. Auch wenn die Fazits auf den ersten Blick gegensätzlich klingen, so deuten die beiden Studien auf denselben Fakt hin: Schüler mit geringen Deutschkenntnissen und reduzierten Gelegenheiten zum Sprechen weisen niedrigere Kompetenzen im englischen Hörverstehen auf als solche mit guten L1-deutschsprachigen Kompetenzen verfügen. Somit können beide Studien nicht die Hypothese stärken, dass mehrsprachige Kenntnisse per se zu einem höheren Sprachniveau im Englischen führen. Nichtsdestotrotz zeigen die im Rahmen von KESS 4 durchgeführten Vergleiche der Kompetenzen in unterschiedlichen Lernbereichen, dass das fremdsprachliche Klassenzimmer jedoch teilweise den Raum eines third space (Bhabha 1994) übernehmen kann. Im Vergleich zu anderen Fächern scheinen mehrsprachige Schüler im Fremdsprachenunterricht tendenziell weniger benachteiligt zu sein als in solchen Fächern, in denen Deutsch als Arbeitssprache genutzt wird. Diese Aussage wird auch von Groot-Wilken und Paulick (2009) sowie Keßler und Paulick (2010) unterstützt, die im Rahmen der EVENING-Studie die Leistungen der Probanden im Hör- und Leseverstehen in Vergleich zu deren sprachlichen Hintergründen analysiert haben. So zeigt sich, dass auch „wenn die Ergebnisse der Kinder mit anderen Herkunftssprachen in der EVENING-Studie nicht besser sind als die von monolingual deutschsprachig aufwachsenden Kindern, so fallen diese Unterschiede jedoch nicht so dramatisch aus wie oft vermutet wurde und wie sie de facto in anderen Fächern der schulischen Ausbildung auftreten“ (Groot-Wilken/ Paulick 2009: 193). Nichtsdestotrotz erbringt die monolingual deutschsprachige Gruppe im Mittelwert die höchsten Leistungen vor den bilingualen (Deutsch und Herkunftssprache) sowie den nicht deutschsprachigen (Herkunftssprache) Lernern (vgl. ebd.: 191). Mit Blick auf die Zusammensetzung der Sprachen wird deutlich, dass die Schüler, welche einsprachig oder bilingual russisch aufwachsen (N=86), besser abschneiden als die türkischstämmigen Schüler (N=163). Für die Schüler, welche einen französischen, spanischen oder polnischen Hinter- <?page no="112"?> 112 grund (N=101) haben, können hingegen überdurchschnittliche Leistungen festgestellt werden (vgl. ebd.: 192). Somit wird auch durch EVENING das vergleichsweise schlechte Abschneiden der türkischstämmigen Lerner belegt. Interessant für diese Gruppe ist, dass die einsprachig türkischstämmigen Lerner (N=76) bessere Kenntnisse zeigen als die Schüler, welche zweisprachig türkisch-deutsch (N=87) aufwachsen. Groot-Wilken und Paulick (2009: 192) weisen auf eine mögliche intensivere Auseinandersetzung mit sprachlichen Phänomenen durch die erste Gruppe als Grund für diesen Unterschied hin. Ein weiterer Grund kann eine höhere Sprachkompetenz der ersten Gruppe in ihrer Erstsprache sein. Auch Rymarczyk (2010) hat im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung von immersiv und nicht immersiv unterrichteten Grundschülern geschaut, inwieweit sich die Leistungen im Schreiben auch vor dem Hintergrund der Erstsprache unterscheiden. Dafür untersuchte sie die Schreibleistungen von 107 Lernern am Beginn ihres zweiten Lernjahres (einer Regelschule und dreier immersiver Klassen), welche bereits die Schrift explizit im Unterricht erfahren hatten. Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, „dass der frühe Beginn mit der Fremdsprache Englisch und mit seiner Schriftform weder Kinder mit der Erstsprache Deutsch noch mehrsprachige Kinder überfordert“ (Rymarczyk 2010: 76). In Bezug auf das Können der Lerner mit Migrationshintergrund ergibt sich ein zweideutiges Bild. Einerseits sind die Kinder nicht deutscher Herkunft in der Lage, längere Wortlisten zu erstellen, welches die Autorin als Vorteil der mehrsprachigen Spracherfahrungen wertet (vgl. ebd.: 68), andererseits weisen die Schreibungen dieser Gruppe weniger Eigenregeln auf. Diese Belege zeigen, dass mehrsprachige Lerner über ein ausgesprochenes Bewusstsein für Sprachen verfügen, welches es im Fremdsprachenunterricht zu nutzen gilt. Auch wenn der Kontakt zur Zielsprache in der Grundschule für alle Lerner zum selben Zeitpunkt erfolgt, variieren ihre individuellen Sprachkenntnisse, -erfahrungen und -stände extrem. Vielmehr gilt es, diese Heterogenität zu beachten und deren Wirkung intensiver zu untersuchen, anstatt Mehrsprachigkeit per se als Chance zu sehen. In diesem Kontext wird die Frage nach der Bedeutung des Herkunftssprachenunterrichts aktuell. Wie die Studie von Elsner zeigt, ist es unzureichend, die Lerner lediglich im Deutschen zu schulen sowie Unterrichtsmethoden und -ziele zu formulieren, welche von der Annahme einer homogenen Schülerschaft ausgehen. <?page no="113"?> 113 Die Mehrsprachigkeit wird gefördert, indem • die Herkunftssprachen der Lerner im Fremdsprachenunterricht genutzt werden. • die Lehrkräfte für die Differenzen zwischen ihren Lernern und für deren individuelle Voraussetzungen sensibilisiert werden. • Diversität als Chance für sinnhafte Bedeutungsaushandlungen verstanden und zur Generierung von Aufgaben genutzt wird. • neben sprachlichen Fertigkeiten eine Intensivierung kultureller und metasprachlicher Aspekte die Differenzen zwischen den Lernern ausgleichen. 5.3 Diskussion des regelschulischen Fremdsprachenunterrichts Die dargestellten Studien zeigen, wie breit die aktuellen Forschungsaktivitäten im Bereich des Fremdsprachenlernens der Primarstufe angelegt sind. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlichster Fragestellungen, welche durch mannigfaltige methodologische Zugänge vielfältige Ergebnisse präsentieren. Die Zusammenschau ausgewählter Studien in den vorangegangenen Kapiteln verdeutlicht, wie intensiv der Bereich des frühen Fremdsprachenlernens bearbeitet wird. Denn auch wenn der Vorwurf erhoben werden kann, dass die Forschungslandschaft der Fremdsprachendidaktik im Primarbereich zu zersplittert sei, sind es gerade diese variantenreichen Zugänge zum Feld, welche Untersuchungen zu verschiedenen Schwerpunkten ermöglichen und so zur Etablierung einer Landkarte des frühen Fremdsprachenlernens beitragen, wie sie soeben skizziert worden ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EVENING-Studie aufgrund der Erhebung von Daten einer hohen Probandenzahl sowie ihres triangulativen Forschungsdesigns von videografierten Unterrichtsstunden, der Befragung von Lehrkräften und den Testungen der Schülerleistungen die aktuell am meisten rezipierte Erhebung darstellt. Auch wenn die Ergebnisse von EVENING weitgehend positive Effekte des fremdsprachlichen Lernens widerspiegeln, kann ebenfalls erkannt werden, dass die dominante Haltung der Lehrkräfte und die damit einhergehende Reduktion von sinnhaften Sprechanlässen für die Schüler einschränkend auf die Kompetenzentwicklung dieser wirken. Folglich müssen mehr Sprechgelegenheiten für die Lerner angeboten werden. Denn gerade die Erkenntnisse der Langzeitstudie WiBe zeigen, dass eine verstärkte Lerneraktivierung als ein Aspekt erfolgreichen Lehrens und Lernens im Fremdsprachenunterricht der Grundschule entscheidend ist. Dass neben den kommunikativen vor allem die reflexiven Kompetenzen der Schüler bislang unterschätzt worden sind, zeigen auch die Studien TAPS (Diehr <?page no="114"?> 114 2011) und LIPS (Frisch 2011). So kann Diehr unterstreichen, dass die Lerner zu umfassenden Sprachproduktionen nach vier Lernjahren in der Lage sind, wenn erweiterte fremdsprachliche Kompetenzen vor allem in Bezug auf die Diskurskompetenz gefordert werden. Diese Diskurskompetenz spiegelt sich ebenfalls in den Erhebungen von Sambanis (2007), die aufzeigt, dass Lerner in einem auf Kommunikation fokussierten Unterricht Sprache produzieren, die über die in EVENING oder den bei Roos (2007) entdeckten Kompetenzen hinausreicht. In Bezug auf die schriftsprachlichen Fertigkeiten zeigen die Ergebnisse von Frisch (2011/ 2013), dass eine analytische Herangehensweise an Schrift unter Berücksichtigung reflexiver Aufgaben zu einer höheren Lesegenauigkeit sowie verbesserten produktiven Leistungen führt. Diese Erkenntnisse werden auch durch die Einsichten von Rymarczyk (2011) gestärkt, welche darauf verweist, dass das laute Lesen als Brücke fungiert, mithilfe derer die Schriftform eines Wortes einer bekannten lautlichen Kombination zugeordnet werden kann. Durch ein explizites Einbinden der Schriftsprache werde folglich auch die reflexive Dimension stärker angesprochen. Darüber hinaus werden die Ängste, dass die deutsche Orthografie unter einer zu frühen Einführung des zielsprachlichen Schriftbildes leidet, durch die Erkenntnisse von Weth (2011) reduziert. Die Autorin demonstriert, dass Lerner das erworbene orthografische Verständnis in ihrer L1 auf die fremdsprachliche Schreibung projizieren. Auch wenn noch zu klären ist, wie mit solchen Interferenzen in der Fremdsprache umgegangen werden kann und sollte, ist der Sinn einer frühen Einführung der Schriftsprache spätestens seit der Erkenntnis von Rymarczyk (2008), dass die Schüler Schrift explizit einfordern oder von sich aus beginnen, diese zu nutzen, nicht mehr zu hinterfragen. Neben vielfältigen sprachlichen Kompetenzen verfügen die Schüler ebenso über Strategien, um sich eine unbekannte Sprache anzueignen (vgl. Meron- Minuth 2009). In ihrer Forschung zeigt Meron-Minuth deutlich, dass bereits Grundschüler in der Lage sind, vielfältige Strategien kreativ einzusetzen, um fremdsprachliche Äußerungen zu produzieren, und diese oftmals aus ihren Erfahrungen in der L1 ableiten. Diese Einsicht deckt sich mit den Ergebnissen Kolbs (2007), welche durch die Bearbeitung von Portfolios weitreichende Fertigkeiten der Lerner in Bezug auf reflexive Verfahren beleuchtet. Folglich dient die Arbeit mit dem Portfolio sowohl der Bewusstmachung inhaltlicher Aspekte sowie sprachlernmethodischer Vorgänge als auch einem Einbezug der eigenen Persönlichkeit in den Reflexionsprozess. Auf welche Weise metasprachliche, -kulturelle und -lerntheoretische Hintergründe methodisch realisiert werden können, zeigt Kuhn (2006) in ihrer Arbeit, welche aufgrund einer Zusammenschau spracherwerbstheoretischer und entwicklungspsychologischer Erkenntnisse fundierte Begründungen zur Einbindung bewusst machender Verfahren herleitet und in Unterrichtsbeispielen skizziert. In der <?page no="115"?> 115 Diskussion um die Relevanz von Herkunftssprachen für das zielsprachliche Lernen geben die Studien von Elsner (2007), Bos et al. (2007), EVENING sowie Rymarczyk (2010) weitere wichtige Hinweise zur methodischen Gestaltung des frühen Fremdsprachenlernens. Die Studien weisen darauf hin, dass der mehrsprachige Hintergrund nicht unreflektiert bleiben darf, sondern von den Lehrkräften wahrgenommen und für fremdsprachliche Lernprozesse genutzt werden muss. Denn nur durch die Thematisierung des gesamten Sprachenschatzes eines Lerners können vorhandene Kompetenzen erkannt und zum weiteren Aufbau von Sprachkönnen und -wissen genutzt werden. Zudem kann ein lernerorientierter Unterricht die Schüler nur dann motivieren, wenn Sie als Person mit einem bestimmten sprachlichen und kulturellen Gut wahrgenommen werden. In Lernaufgaben kann diesen differenten sprachlichen Kompetenzen der Schüler ein Raum geschaffen werden, um ihre Potentiale zu nutzen und die Chancen im Vergleich zu den monolingual deutschsprachigen Schülern zu erhöhen. Diese Stärkung der unterrichtlichen Teilhabe durch alle Schüler profitiert von einer reduzierten Dominanz der Lehrkraft. Es ist die Aufgabe der Lehreraus- und -weiterbildung, die am Ende jedes Teilkapitels dieser Arbeit dargestellten Forderungen aufzugreifen und die Lehrkräfte entsprechend zu schulen. Nur durch eine solche Verzahnung von Theorie und Praxis wird es möglich, einen umfassenden Unterricht zu entwickeln. Die Darstellungen zeigen, dass diese Art von Unterricht nicht statisch zu begreifen ist, sondern sich mit den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Anforderungen verändert. Daher darf der Unterricht in seiner jetzigen Form nicht stagnieren, sondern muss an den hier dargestellten Diskussionen weiterentwickelt werden. Konkret bedeutet dies, die sprachlichen Handlungen in Form mündlicher und schriftlicher Sprachproduktion anzuregen und mit expliziten Lernphasen sowie reflexiven Übungen zu kombinieren. Da jedoch der regelschulische Unterricht nicht den alleinigen Ansatz fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule darstellt, werden im kommenden Kapitel das bilinguale und das immersive Lehren und Lernen auf Prinzipien hin untersucht. Auf diese Weise werden die Vorteile bilingualer und immersiver Lernumgebungen mit denen der Regelgrundschule verglichen und es kann gelingen, Vorteile unterschiedlicher Ansätze in einem allgemeingültigen Modell des Fremdsprachenunterrichts zusammenzuführen. <?page no="116"?> 116 6 Die Prinzipien von CLIL in der Grundschule Im Zuge der Einführung frühen Fremdsprachenlernens in der Grundschule etablierten sich recht bald didaktische Ansätze, die Alternativen zu den gängigen Ideen des begegnungssprachlichen, systematischen und ergebnisorientierten Lernens darstellen (vgl. Legutke et al. 2009: 105, Elsner 2010: 143). Aus der Motivation, das fremdsprachliche Lernen zu intensivieren, entstanden erste Versuche, die fremde Sprache nicht in einem separaten Unterricht anzubieten, sondern fremdsprachliches Lernen in die unterschiedlichen Sachfächer zu integrieren (vgl. Burmeister 2006, Schlemminger 2006, Prochazka 2008, Massler/ Burmeister 2010, Elsner/ Keßler 2013). Dieser fachlich und sprachlich integrative Ansatz des Lernens findet sich mittlerweile in den curricularen Vorgaben als Grundsatz des fächerverbindenden und -übergreifenden Lernens (vgl. Kap. 3.1.1) und in vielen Schulen als ein Ansatz fremdsprachlicher Vermittlung. Ursprünglich wurde die Anbindung der englischen Sprache an einzelne Sachfächer jedoch mit dem Ziel einer organisatorischen Erleichterung eingeführt, da ausgebildete Lehrkräfte fehlten und auf diese Weise Fachlehrkräfte ihre Inhalte mit der Fremdsprache verbinden konnten (vgl. Helms/ Möhle 1975). Im Zuge dessen wurde seit den 1960er-Jahren neben der Frage um Methoden und Inhalte wiederholend über eine angemessene Taktung des Fremdsprachenunterrichts debattiert und die Grundfrage erörtert, ob fremdsprachliche Lernprozesse eher in einem isolierten Lehrgang oder durch die Anbindung an die Sachfächer unterstützt werden sollten (vgl. Pelz 1975: 90). Letzteres wird heute vielfach praktiziert, da eine quantitative Verstärkung fremdsprachlicher Lernangebote und eine am natürlichen Erwerb orientierte Aufnahme der Fremdsprache zu besseren fremdsprachlichen Leistungen der Lerner führen können (vgl. Lightbown/ Spada 2006: 156ff, Königs 2010: 323). Im internationalen Kontext waren es vor allem Programme immersiven Lernens, welche die Idee des sachfachlichen Unterrichts in der Zielsprache stärkten (vgl. Elsner/ Keßler 2013: 16). Mittlerweile hat sich im europäischen Kontext - nicht zuletzt mit der Adaption durch die Europäische Kommission - der Begriff des Content and Language Integrated Learning (CLIL) als übergreifende Klassifizierung für eine Vielzahl an sprach- und sachfachverschränkenden Lernformaten im In- und Ausland durchgesetzt (vgl. Wolff 2010: 298). Systemübergreifend beschreibt CLIL eine Art des Lehrens und Lernens fremder Sprachen, in welcher fremdsprachliche und sachfachliche Lernprozesse verschränkt werden. Konkret bedeutet dies eine Verwendung der Fremdsprache als „medium of instruction and learning“ (Mehisto et al. 2008: 11), um fachliche Inhalte zu themati- <?page no="117"?> 117 sieren. Durch die intensive inhaltliche Arbeit werden ebenso fremdsprachliche Lernprozesse angeregt und verstärkt, sodass CLIL sowohl als fremdsprachliches Lernen im Sachfach als auch als thematisch gebundene Arbeit im Fremdsprachenunterricht umgesetzt werden kann (vgl. a.a.O.). Als CLIL wird Unterricht betitelt, welcher organisatorisch in Form einzelner Stunden, mehrerer Module pro Jahr oder langfristiger Bildungsgänge umgesetzt werden kann (vgl. Edelenbos et al. 2006: 93). Das verbindende Moment aller als CLIL deklarierten Angebote ist die integrative Verarbeitung von Fremdsprache und Inhalten des Sachfaches. Je nach Gewichtung beider Aspekte kann der Schwerpunkt mehr „content-driven“ oder „language-driven“ (Met 2004: 137f) sein. Um zu verstehen, welchen Einfluss die implementierten Ansätze von CLIL im Fremdsprachenunterricht aktuell haben und wie diese einzuschätzen sind, werden im Folgenden die Prinzipien des bilingualen Sachfachunterrichts, des immersiven Lernens sowie bilingualer Module im Kontext der Grundschule vorgestellt. Die Ansätze werden zunächst jeweils in ihren grundlegenden Charakteristika beschrieben, welche in einem zweiten Schritt anhand einschlägiger Studien bewertet werden. Auf diese Weise lässt sich die Relevanz einzelner Charakteristika für ein allgemeines Modell fremdsprachlicher Förderung in der Grundschule herleiten. 6.1 Content and Language Integrated Learning Im deutschen Kontext ist CLIL zurückzuführen auf die Entwicklungen des bilingualen Sachfachunterrichts (vgl. Haß 2006: 62). Seit jeher hat es Bestrebungen gegeben, Sachinhalte in einer anderen als der Erstsprache zu vermitteln (vgl. Mehisto et al. 2008: 9f, Wolff 2010: 298). Die anfänglichen Bemühungen waren stark ökonomisch, philosophisch und religiös geprägt, da in der Antike und im Mittelalter eine fremde Sprache gelernt wurde, weil sie neue Perspektiven entweder in Bezug auf den Handel, auf die Bildung oder auf die Religion ermöglichte (vgl. Hüllen 2005: 21ff). Diese Fokussierung auf bestimmte Lebensbereiche und Bevölkerungsgruppen reduzierte sich über die Jahrhunderte und das Erlernen fremder Sprachen ist vor allem in Zeiten der Globalisierung für jedermann relevant geworden (vgl. Wolff 2009: 298). Im institutionellen Kontext setzte sich die Nutzung einer fremden Sprache als Medium zur Vermittlung von Fachinhalten verstärkt nach dem 1963 geschlossenen Kooperationsvertrag zwischen Frankreich und Deutschland zur Stärkung bilateraler Beziehungen durch (vgl. Wildhage/ Otten 2003: 15). Es war das erklärte Ziel, die Lerner für die Kultur des jeweils anderen zu sensibilisieren sowie die Beziehungen im Grenzgebiet zwischen Deutschland und <?page no="118"?> 118 Frankreich durch die Befähigung zur Kommunikation untereinander zu stärken (vgl. Fehling 2008: 26). Mit der zunehmenden Öffnung globaler und europäischer Märkte in den 1980er-Jahren wurden die ursprünglichen befriedenden Faktoren von dem Gedanken abgelöst, durch eine erhöhte sprachliche Kompetenz die Chancen der Schüler auf dem globalen Arbeitsmarkt zu stärken (vgl. Bonnet et al. 2009: 172). Dieser Wunsch, gute Kompetenzen in einer im Wirtschaftsbereich etablierten lingua franca zu erlangen, führte zu einem Boom in der Etablierung bilingualer Bildungsgänge, sodass zu Beginn der 1990er-Jahre innerhalb von zwei Jahren 89 bilinguale Züge an deutschen Schulen eingerichtet wurden (vgl. Bonnet 2004: 36). Parallel zu dem starken Anstieg der schulischen Angebote sank die Dominanz des Französischen zugunsten des Englischen als Zielsprache (vgl. Bonnet et al. 2009: 172). Heute wird der bilinguale Sachfachunterricht als integrativer Unterricht von Sprache und Sachfach mit einem möglichen Schwerpunkt auf fremdsprachliche Formen und interkulturelle Dimensionen in einer Vielzahl von Sprachen und Fächern angeboten (vgl. vgl. Bonnet 2004: 31, Bonnet et al. 2009: 172, Wolff 2010: 298f). Methodisch wird die Fremdsprache in CLIL als Mittel zur Kommunikation verstanden, da sachfachliche Informationen und Inhalte durch diese transportiert werden. Dies führt zu einer veränderten Bedeutung von Sprache und Sachfachlernen, da die Anbindung der Zielsprache an konkrete Gegenstände des Sachfaches einen realitätsnahen und authentischen Gebrauch der Sprache begünstigt (Haß 2006: 62). Das übergeordnete Ziel ist es, die Kompetenz in der Fremdsprache durch eine höhere Kontaktzeit und intensivere Auseinandersetzung mit Inhalten zu verbessern (vgl. Wildhage/ Otten 2003: 13f). Dabei stehen sowohl allgemeinsprachliche (basic interpersonal communicative skills: BICS) als auch fachsprachliche (cognitive academic language proficiency: CALP) Kompetenzen im Vordergrund, welche sich aus den zu erarbeitenden sachfachlichen Inhalten ergeben. Somit entsteht eine Wechselwirkung zwischen dem Inhalt und der Fremdsprache aus zweierlei Gründen. Zum einen wird die Fremdsprache selbst zum Inhalt, da konkrete Spracharbeit (Lernen von Fachbegriffen, Erläuterung von Satzstrukturen) in den Unterricht eingebaut ist (vgl. Haß 2006: 62f). Zum anderen ermöglicht die höhere Kontaktzeit eine thematische sowie linguistische Vielfalt des Unterrichts, in welchem sprachliche und inhaltliche Aspekte vertieft werden können. Eine breite inhaltliche Konkretisierung wirkt sich wiederum auf das sprachliche Lernen aus, da aufgrund der dichten sprachlichen Durchdringung von thematischen Aspekten spezifische Redemittel notwendig sind (vgl. Zydatiß 2007: 60). So unterstützen insbesondere die Prinzipien für das Erlernen fremder Sprachen wie Lernerorientierung (vgl. Kap. 5.1.2) und Ganzheitlichkeit (vgl. Kap. 5.1.3) den Lebensweltbezug sowie die handlungsorientierte Ausei- <?page no="119"?> 119 nandersetzung mit Inhalten, wodurch die Dekodierung von teilweise unbekannten Sprachaspekten erleichtert wird (vgl. Bonnet et al. 2009: 176f). Durch die Speicherung mental verarbeiteter Sachinformationen sind diese für die Schüler ebenfalls in der Erstsprache abrufbar (vgl. Wolff 2007: 18f). Der „bilinguale Mehrwert“ nach Wildhage und Otten (2003: 18) ergibt sich ferner aus einer sprachenunabhängigen Durchdringung sachfachlicher Phänomene. Wolff (2007: 9) beschreibt diesen Vorteil wie folgt: The CLIL Learner [...] forms original concepts which are not shaped by linguistic items related to concepts designated by first language linguistic items [and which are] independent of the learner's mother tongue. Um diese positiven Effekte auch in der Regelgrundschule nutzen zu können, hat sich der Unterricht in bilingualen Modulen etabliert, in welchen in temporär begrenzten Phasen der sachfachliche Unterricht in der Fremdsprache stattfindet (vgl. Haß 2006: 63). Die bilingualen Module stellen eine Alternative zu langfristigen Lehrgängen dar, weil es sich bei ihnen um „fakultative, phasenhaft durchgeführte Angebote von Fachunterricht in allen nichtsprachlichen Fächern [...], wobei die Fremdsprache zumindest rezeptiv gebraucht, nach Möglichkeiten produktiv als Kommunikations- und Arbeitssprache eingesetzt wird“ (Krechel 2003: 194) handelt. Die Themen und Ziele der Module entstehen ferner aus zahlreichen Ideen, Inhalten, Zielen und Fächern (vgl. Carl et al. 2006). Durch die Verwendung bilingualer Module sollen verstärkt authentische Lernimpulse und natürliche Anwendungsbezüge geschaffen werden, die zum praktischen Handeln anregen. Besonders gehaltvoll sind Inhalte, die haptisch greifbar sind und eine sprachliche Produktion der Schüler in der L2 anbahnen (vgl. Massler/ Burmeister 2010). Der Erfolg bilingualer Vermittlung ist dabei abhängig von einem regelmäßigen, intensiven und methodisch angemessenen Kontakt zur Fremdsprache. Neben der hohen Quantität ist eine gewisse Qualität in Form von vielfältigen Zugängen mit einem auf das Können der Schüler abgestimmten Niveau wichtig (vgl. Kersten 2010: 75f). Das aktive (sprachliche) Handeln soll den Schülern Gelegenheit geben, durch multisensorische Begegnungen Informationen zu erkennen, Zusammenhänge zu erschließen, Begriffe zuzuordnen und auf diese Weise Besonderheiten und Gemeinsamkeiten zwischen Erst- und Fremdsprache zu analysieren (vgl. Schlemminger 2008: 39ff). Um den aktiven Aufbau von Sprache zu fördern, ist es (ähnlich dem Erstspracherwerb) notwendig, neben einem hohen Input einen bedeutungsvollen Output zu provozieren. Durch die eigene Sprachproduktion sollen langfristige Lernprozesse gesichert werden. Bei geringen fremdsprachlichen Kenntnissen müssen strukturelle Hilfen (scaffolding) bereitgestellt werden, die es den Lernern ermöglichen, auch trotz ihrer geringen Erfahrungen erste <?page no="120"?> 120 eigene Aussagen zu tätigen (vgl. Wode 2004, Schlemminger 2008). Hierzu zählen vor allem ritualisierte sprachliche Fragmente oder Wortzusammensetzungen, die an konkrete Situationen gebunden sind. Denn erst Sprach- und Sprechfähig- und -fertigkeiten ermöglichen das Durchdringen eines Gegenstandes (vgl. Vollmer 2000: 63). Neben sprachlichen und inhaltlichen Zielen werden in bilingualen Modulen die Methodenkompetenz, die interkulturelle Kompetenz und das fächerübergreifende Lernen gefördert (Abendroth- Timmer 2007: 74f). Bislang existiert ebenfalls wie für das regelschulische Lernen (vgl. Kap. 5) keine fixe Organisationsstruktur, auch wenn die Idee bilingualer Module z.B. im Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg aufgegriffen wird: Ein Ziel des Bildungsplanes ist, dass bilinguale Module auch in anderen Fächern und Fächerverbünden zur Selbstverständlichkeit werden und dadurch das bilinguale Lehren und Lernen der Grundschule eine konsequente Fortführung erfährt. (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2006: 7). Allerdings liegen didaktische Publikationen bilingualer Module für den spezifischen Bereich der Grundschule erst von Massler/ Burmeister (2010) und Elsner/ Keßler (2013) vor. Sammlungen von Unterrichtsmaterialien finden sich bereits bei Shad-Manfaat/ Stahl (2005) und Bentley (2009) sowie in der Zeitschrift T AKE -O FF ! . 6.2 Immersion Der zweite Ansatz eines verstärkten fremdsprachlichen Kontaktes im deutschen Grundschulkontext ist das immersive Lernen (vgl. Elsner/ Keßler 2013: 2). Auch wenn sich dieses konzeptionell vom bilingualen Sachfachunterricht unterscheidet, wird es im europäischen Kontext ebenfalls unter dem Begriff CLIL gefasst. Content and language integrated learning (CLIL) is a generic term and refers to any educational situation in which an additional language, and therefore not the most widely used language in the environment, is used for teaching and learning of subjects other than the language itself. (Marsh/ Langé 2000). Auch in der Publikation von 2008 weisen Mehisto et al. erneut auf das immersive Lernen als eine Unterform von CLIL hin. Bezüglich bilingualer Module sehen Burmeister und Massler (2010) gerade die strukturellen Differenzen als prägende Unterscheidungsmerkmale zwischen CLIL und Immersion. Auf der einen Seite gibt es Programme, in denen sporadisch fremdsprachliche Einheiten, sogenannte CLIL-Module, in Sachfächern unterrichtet werden. Auf <?page no="121"?> 121 der anderen Seite gibt es Programme mit Immersion, in denen ein substantieller Teil des Sachfachunterrichts während der gesamten Grundschulzeit in einer Fremdsprache unterrichtet wird. (Massler/ Burmeister 2010: 7f). In der Praxis bedeutet Immersion, dass möglichst viele Fächer in der Zielsprache unterrichtet werden, um einen annähernd natürlichen Spracherwerb einer L2 „sozusagen ‚nebenbei’“ (Burmeister 2006: 197) zu generieren. Der Begriff Immersion stammt vom englischen Verb to immerse (= eintauchen) und meint „das völlige oder teilweise Eintauchen in die fremde Sprache“ (Klippel 2003: 13). Damit kann das immersive Lernen als eine der ältesten Formen sprachlicher Vermittlung eingeschätzt werden, welche sich schon früh aus den Bedürfnissen ergab, mit Menschen anderer Herkunftssprachen kommunizieren zu wollen (vgl. Elsner/ Keßler 2013: 17). Doch auch wenn trotz dieser langen Geschichte bislang kein einheitliches Unterrichtsmodell existiert, werden die Bestrebungen in St. Lambert, im frankophonen Teil Kanadas in den 1960er Jahren, als Ausgangspunkt für den heutigen Immersionsunterricht rezipiert. In Kanada war es das Ziel, die umgebungssprachlichen Kompetenzen englischsprachiger Schüler zu fördern, indem diese an einem rein an der französischen Sprache ausgerichteten Unterricht ab der ersten Klasse teilnahmen (vgl. Swain/ Johnson 1997: 2, Fehling 2008: 25). Ähnliche Projekte etablierten sich auch in den USA. Allerdings waren diese von den kanadischen one-way immersion programs (verstärkte Nutzung einer Sprache) insofern zu unterscheiden, als sie auf die parallele Verstärkung der Erst- und der Zielsprache (two-way immersion programs) gerichtet waren. Auf diese Weise sollte Kindern von Einwanderern mit einer anderen Erstsprache als dem Englischen sowohl eine Förderung ihrer teilweise defizitär behafteten Erstsprache als auch der Umgebungssprache geboten werden. Angetrieben von einem gesellschaftlichen Anspruch der Integration, sollte die Stärkung sowohl der Minderals auch der Mehrheitensprachen zu einer erhöhten Kompetenz in beiden Sprachtypen führen, sodass die dominante Sprache, bei gleichzeitiger Förderung der Erstsprachen, schrittweise in den schulischen Alltag eingeführt wurde (vgl. Tedick et al. 2011: 2). Neben den strukturellen Unterschieden in der one-way und two-way immersion lassen sich immersive Programme hinsichtlich des Alters der Lerner unterscheiden. Early refers to the students’ first contact with immersion at the beginning of their formal education; mid, at grade 4 or 5; late at grade 6 or 7. (Swain/ Johnson 1997: 9). Der Aspekt des Alters weist daraufhin, dass das immersive Eintauchen in ein Sprachbad bereits in vorschulischen Institutionen eingesetzt wird. Ferner wird bezüglich der Intensität des zielsprachlichen Kontakts zwischen total immersion und partial immersion differenziert. Wie die Termini bereits er- <?page no="122"?> 122 kennen lassen, werden bei der totalen Immersion alle Fächer (abgesehen vom Fachunterricht in der Schulsprache) in der Zielsprache angeboten. Die Teilimmersion hingegen muss mindestens 50 % allen Unterrichts durch die fremde Sprache abdecken. Ist der Anteil geringer als 50 %, verliert die Idee der Immersion ebenso ihre Wirkung wie der Begriff an Gültigkeit (vgl. Tedick et al. 2011: 2). Auch wenn organisatorische Unterschiede in der Umsetzung erkennbar sind, so ist das übergeordnete Ziel „nicht die Erlangung einer grammatischen Perfektion in der fremden Sprache, sondern die Befähigung zum kommunikativen Umgang mit Mitschülern und Lehrkräften“ (Elsner 2010: 17). Die zu erlernende Sprache wird als Medium zur Vermittlung von fachlichen Inhalten genutzt und daher im Kontext authentischer Sprachhandlungssituationen erfahren. [...] the medium of instruction is a foreign language with the purpose of achieving higher levels of target language proficiency. (Swain/ Johnson 1997: 4). Fehler werden nicht unmittelbar korrigiert, da es nach dem Prinzip meaning before accuracy vorrangig um die Übermittlung und das Verständnis von Äußerungen geht (vgl. Schlemminger 2008: 44f). Das Ziel der Diskurskompetenz ist in diesem Ansatz somit immanent, denn die Lerner erwerben Kompetenzen in der Fremdsprache, indem sie Sachinhalte und Sinnzusammenhänge aus der Sprache erschließen, ohne zwangsläufig einzelne Wörter verstehen zu müssen (vgl. Burmeister/ Pasternak 2004: 26). So können größere Sinneinheiten unterstützt durch Gestik und Mimik des Sprechers verstanden, aufgenommen und verarbeitet werden. Das Ziel immersiven Unterrichts ist es ebenso wie im bilingualen Unterricht, „grundlegende interpersonale, kommunikative und sprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten (BICS)“ sowie "kognitivsprachliche“ Kompetenzen der CALP (Otten/ Wildhage 2003: 28) zu erwerben. Die explizite Thematisierung sprachlicher Phänomene steht allerdings nicht im Mittelpunkt (vgl. Keßler 2006: 76f). In diesem Verständnis ist es möglich, bereits in der Grundschule eine gewisse inhaltliche Tiefe in fremdsprachlichen Bezügen zu realisieren (vgl. Burmeister 2006: 202). Es handelt sich um ein genuines Sachkundethema und die fremdsprachliche Beschäftigung mit den Inhalten ist somit authentisch. (a.a.O.). Während lange Zeit nur spekuliert werden konnte, ob bilinguale Module und immersives Lernen auch im deutschen Kontext positiv auf die Kompetenzen der Lerner in der Fremdsprache wirken, liegen mittlerweile für den Bereich der Immersion mehrere aussagekräftige Studien vor (vgl. u.a. Wode et al. 2002, Le Pape Racine 2005, Burmeister/ Piske 2008, Kersten et al. 2010a/ b). Aber auch für die bilingualen Module wurden erste einschlägige Erkenntnisse <?page no="123"?> 123 publiziert (vgl. Bechler 2010, Massler/ Steiert 2010, Schwab 2013). Diese wissenschaftlichen Einschätzungen werden im nächsten Kapitel für bestimmte Kompetenzbereiche vorgestellt und diskutiert, um zu erfassen, welche Prinzipien von CLIL als besonders hilfreich im Kontext der Regelgrundschule eingesetzt werden können. Auf diese Weise lassen sich die Erkenntnisse bezüglich des regelschulischen Lernens (vgl. Kap. 5.3) mit denen bilingualer und reformpädagogischer Programme (vgl. Kap. 7.4) in allgemeinen Prinzipien fremdsprachlichen Lernens der Grundschule zusammenführen und in einem Modell operationalisieren. 6.3 Analyse der Prinzipien von CLIL in der Grundschule Im deutschen Grundschulkontext gab es bis zum Beginn der flächendeckenden Einführung frühen Fremdsprachenlernens sprachen- und inhaltsverbindende Unterrichtsideen, d.h. fächerverbindenden Unterricht, lediglich in der Form von Schulversuchen. Mit der zunehmenden Repräsentation der fremden Sprache in den Grundschulen wuchs die Bedeutung fächerübergreifender Angebote unter Einbezug eines sprachlichen Schwerpunktes (vgl. Prochazka 2008: 45f). Dementsprechend sollte das fremdsprachliche Lernen möglichst themenbehaftet und fächerverbindend gelehrt und gelernt werden. Die Etablierung immersiver Grundschulen im deutschen Kontext kann vor allem auf die 1990er-Jahre datiert werden, da mit der Einführung und Evaluation von Modellschulen einschlägige Erkenntnisse publiziert wurden (vgl. Elsner 2010: 17). In den folgenden Teilkapiteln werden die Auswirkungen dieser Art zu unterrichten in Bezug auf die Sprachkompetenz (Kap. 6.3.1), die L1 der Schüler sowie die sachfachlichen Kompetenzen (Kap. 6.3.2), die Einstellungen (Kap. 6.3.3.) sowie die Ergebnisse bilingualer Module (Kap. 6.3.4) skizziert. 6.3.1 Immersives Lernen und L2-Sprachkompetenz Bereits 1996 hat der Forscherkreis um Henning Wode damit begonnen, ein „zweisprachiges KITA-Grundschulprojekt“ (Burmeister 2006: 208) zu initiieren, in welchem Kinder ab dem dritten Lebensjahr im Kindergarten zwischen der Teilnahme an englischen bzw. deutschsprachigen Angeboten wählen durften. Seit 1999 ist dieses Angebot auf die benachbarte Claus-Rixen- Grundschule ausgeweitet, wo seitdem „[...] der Unterricht bereits ab dem ersten Schultag in allen Fächern, bis auf Deutsch, in englischer Sprache [...]“ (Burmeister/ Piske 2008: 139) stattfindet. Der Einsatz der englischen Sprache liegt damit bei 70% und wird von L1-deutschsprachigen Lehrkräften mit sehr <?page no="124"?> 124 hohen fremdsprachlichen Kenntnissen durchgeführt (vgl. Burmeister 2006: 208). Um den Lernern den Einstieg in den deutschen Schriftspracherwerb und die fremde Sprache auf einem mündlichen Weg zu erleichtern, werden das Lesen und das Schreiben in der Zielsprache erst mit Beginn des zweiten Schuljahres thematisiert (vgl. ebd.: 209). Formale Unterweisungen in der Fremdsprache finden gar nicht bzw. lediglich als Ergänzung bei Verstehens- oder Verständigungsproblemen statt (Wode 2004: 7). Die umfassenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des immersiven Lehren und Lernens an der Claus-Rixen Grundschule sowie in den angegliederten Kindergärten (Wode et al. 2002, Werlen/ Wode 2003) können folgendermaßen zusammengefasst werden: Im Bereich des Kindergartens können die Teilnehmer bereits nach sechs Wochen dem fremdsprachlichen Alltag folgen, auch wenn bis zum Eintritt in die Schule die rezeptiven Fertigkeiten die produktiven bei Weitem übersteigen. Formelhafte Aussagen werden von den Schülern am ehesten und am umfassendsten beherrscht. Das passive Vokabular wird als enorm eingeschätzt, während sich die produktiven Fertigkeiten wesentlich langsamer entwickeln (vgl. Wode 2004: 10). Es dauert mehr als zwei Jahre, ehe die ersten Präpositionen und andere grammatische Wörter auftauchen. Die Endungen der Verben und die Pluralbildung der Substantive entwickeln sich noch später. (ebd.: 11). Nach dem Eintritt in die Schule nimmt die Entwicklung der produktiven Kompetenzen rasch zu. Auch wenn Burmeister (2006: 207) darauf hinweist, dass einige Lerner sich erst am Ende des ersten Lernjahres sprachlich auszudrücken beginnen, gibt es ebenfalls Beispiele von Kindern, deren Kompetenzen sich bereits in den ersten sieben Monaten so verbessern, dass sie Sätze bilden, Konjunktionen zum Verbinden von Teilsätzen und Informationen verwenden sowie Präpositionen, Artikel und erste Hilfsverben nutzen. Am Ende der zweiten Klasse werden die anfänglichen Unterschiede zwischen den Kindern als nicht mehr relevant betrachtet. Ein regelmäßiger Sprachproduktionstest zeigt, dass die Sätze der Lerner dieser Altersgruppe komplexer werden und u.a. die korrekte Flexion von Verbformen zunimmt (vgl. Wode 2004: 15). Insgesamt weisen die Schüler am Ende von vier Lernjahren „gute Englischkenntnisse“ (Burmeister 2006: 209) auf. Diese zeigen sich in unterschiedlichen Teilkompetenzen. Die Fertigkeit des Hörverstehens besteht auf fast muttersprachlichem Niveau. Die sprachlich-kommunikativen Fertigkeiten sind so weit ausgebildet, dass sich die Lerner in vollem Umfang zu relevanten Themen - wenn auch teilweise noch fehlerhaft - äußern können. Dabei ist vor allem ein zunehmend korrekter Einsatz unregelmäßiger Verben zu erkennen (vgl. Wode 2004: 16). Bezüglich der Zusammensetzung der Schüler kann ergänzt werden, dass Lerner keine besonderen Voraussetzungen benöti- <?page no="125"?> 125 gen, um dem Unterricht zu folgen, und daher Kinder aller sozialen Schichten in diesem Unterricht zusammengeführt werden können (vgl. ebd.: 7). Ein Beispiel aus dem Bereich Deutsch als Zweitsprache findet sich in der Schweiz. Dort wurde ein immersives Projekt von Le Pape Racine (2005: 75ff) durchgeführt, in welchem angehende Grundschullehrerinnen über ein Jahr hinweg wöchentlich Deutsch als Fremdsprache in drei Kindergärten sowie neun ersten und zweiten Klassen anboten. Auf spielerische Weise wurde die fremde Sprache eingeführt, um das Hörverstehen des Standard-Deutschen verbunden mit ersten sprachlichen Produktionen zu fördern. Dank der Studie lässt sich festhalten, dass das Wahrnehmen und das Verstehen der neuen Sprache eine Herausforderung für die Lerner darstellt, welche von den Kindern mit Freude angenommen wird. Mit zunehmender rezeptiver Kompetenz kann im Unterricht beobachtet werden, „wie manche Kinder ganz ohne Druck zunehmend deutsche Wörter ins Gespräch einfüg[t]en […]“ (ebd.: 81). Ferner wird die Verwendung der Schrift in der zweiten Klasse in Form von Abschreibe- und Zuordnungsübungen sehr positiv aufgenommen. Einige Lerner neigen dazu, eigenhändig erste Schreiberfahrungen in der deutschen Sprache zu machen, wie bereits durch Helms und Möhle (1975) sowie Rymarczyk (2008) erkannt werden konnte. Bei der Ausführung der Arbeiten konnte immer wieder beobachtet werden, dass die Kinder auch von sich aus versuchten, einzelne Wörter auf Deutsch zu schreiben. (Le Pape Racine 2005: 82). Es wird ein enormer Wortschatz implizit erworben sowie erste Unterschiede zwischen den Sprachsystemen - ohne explizite Vermittlung der Grammatik - von den Schülern entdeckt. In Bezug auf die methodische Ausrichtung des Unterrichts sind folgende Prinzipien abgeleitet worden: • „ [...] jede Gelegenheit zum Sprechen nutzen“ (Le Pape Racine 2005: 81) • Anweisungen mehrfach wiederholen, das Verständnis sicherstellen, eventuell durch guten Lerner übersetzen lassen • Einführung von Liedern und Reimen: a) analytisch von der Sprache aus, b) global vom Gesamtverständnis her gestalten • einfache Texte verwenden • Puppen und Figuren sowie Gestik, Mimik, Bewegung, Rhythmus, anschauliche Materialien zum Einsatz bringen • Parallelwörter nutzen (Musik/ musique, Puppe/ poupée) Auch im ELIAS-Projekt konnte ein positiver Lernzuwachs bei den Kindern im Alter zwischen drei und fünf Jahren nach zwei Jahren festgestellt werden. Dabei ist das rezeptive Können weit stärker ausgeprägt als das produktive. Im <?page no="126"?> 126 Bereich der Rezeption zeigt sich zudem, dass die Kinder zwar über einen großen Wortschatz verfügen, aber kaum grammatisches Verständnis entwickelt haben (vgl. Rohde 2010: 64f, Steinlen et al. 2010c: 89ff). Whereas rich sentence structures are indispensable for the development of morphosyntactic knowledge, receptive word learning and the development of the mental lexicon […] may be less dependent on rich input. (Kersten 2010: 13). Diese Tatsache wird jedoch weniger auf das mangelnde Vermögen der Lerner zurückgeführt als vielmehr auf den Faktor des Inputs (vgl. Steinlen et al. 2010a: 42). Dem Zitat zufolge scheint ein gutes grammatikalisches Können stärker von einem qualitativ hochwertigen Input abzuhängen als das Erlernen einzelner Wörter. Apparently, it seems that input quality has a greater impact on the development of L2 grammatical and lexical knowledge than the mere amount of L2 input per week (input intensity). (ebd.: 13). Das mentale Lexikon scheint demnach der Bereich zu sein, welcher im Alter zwischen drei und fünf Jahren durch immersive Kontakte besonders gefördert werden kann. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu beobachten, dass die in ELIAS untersuchten Kinder Assoziationen zur Fremdsprache vor allem auf der Basis formaler Ähnlichkeiten mit dem Deutschen und weniger aufgrund von semantischen Zusammenhängen herstellen. Dementsprechend werden Begriffe, welche ihrem deutschen Äquivalent phonologisch oder morphologisch ähnlich sind, besser erinnert (vgl. Rohde 2010: 64). Diese Erkenntnis lässt vermuten, dass Kinder bereits von sich aus sprachvergleichende Herleitungen nutzen, um die fremde Sprache sinnhaft zu erfassen 8 . Allerdings zeigt sich im Vergleich zu den Lernfortschritten von immersiv unterrichteten Grundschulkindern, dass die Vorschüler eine längere Zeit benötigen, bis ein signifikanter Könnenszuwachs bei ihnen sichtbar wird (vgl. ebd.: 15). 6.3.2 Immersives Lernen und L1bzw. Sachfachkompetenz Auch die Auswirkung immersiven und bilingualen Unterrichts auf die Kenntnisse der Lerner in ihrer Erstsprache ist ein wichtiger Aspekt. In ihrer Untersuchung unter 139 monolingual und immersiv unterrichteten Erstklässlern zeigen Zaunbauer und Möller (2007), dass am Ende des ersten Lernjahres in Bezug auf die Rechtschreibsowie Leseleistungen im Deutschen kein Un- 8 Ähnliche Einsichten sind bereits bei Rymarczyk (2011) und Weth (2010/ 2011) für den regelschulischen Unterricht beschrieben worden. <?page no="127"?> 127 terschied zwischen den beiden Gruppen vorliegt. Lediglich im mathematischen Können zeigen die immersiv unterrichteten Lerner einen Vorsprung. Die beiden Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass „die Quantität der deutschen Sprache (L1) als Unterrichtsmittel insgesamt offenbar nicht entscheidend“ (Zaunbauer/ Möller 2007: 149) ist. Dieser Interpretation zufolge ist parallel zu den Ergebnissen von Kersten et al. (2010a/ b) nicht die Quantität, sondern die Qualität des Sprachkontaktes ausschlaggebend für den Lernerfolg der Schüler. Diese Annahme deckt sich mit den Erkenntnissen, welche bereits für das Lernen im regelschulischen Unterricht herausgestellt werden konnten (vgl. Kap. 5.3). Die positiven Effekte immersiven Lernens auf die mathematischen Kompetenzen werden u.a. in der vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten gesehen, welche durch die Vermittlung in der Fremdsprache notwendig wird. Es wird angenommen, dass „die Anforderungen, die mit dem Erwerb mathematischer Konzepte in einer L2 verbunden sind, eine deutlich intensivere Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsstoff verlangen“ (ebd.: 150). Auch wenn dieser Zusammenhang nicht eindeutig belegt werden kann, so deuten die Charakteristika der neun mathematischen Untertests darauf hin, dass vor allem die Aufgaben erfolgreicher gelöst werden, bei denen Sprachverarbeitungsprozesse (in Textaufgaben) und das Arbeitsgedächtnis (bei Kettenaufgaben) besonders gefordert werden (vgl. a.a.O.). In der Untersuchung von Wode (2004: 24) kann in Bezug auf die sachfachlichen Kompetenzen durch die Aussagen von Lehrkräften gezeigt werden, dass das Niveau der immersiv unterrichteten Schüler auf dem gleichen Level eingeschätzt wird wie das der nicht immersiven Kontrollgruppe. Zwar kann beobachtet werden, dass die Lerner der Immersionsklassen gerade im ersten Schuljahr in den Sachthemen langsamer voranschreiten als die Kinder aus Regelschulklassen. Dieser Rückstand hat sich aber am Ende der zweiten Klasse bereits ausgeglichen. Bezüglich der Lesekompetenz im Deutschen fallen auch in diesem Bereich keine signifikanten Defizite auf, obwohl die Schüler der Immersionsklassen nur in 30 % ihres Unterrichts mit der deutschen Schriftsprache in Kontakt kommen (vgl. Burmeister 2006: 209f). Am Ende der dritten Klasse wird zudem ein Rechtschreibetest in der deutschen Sprache mit allen Lernern durchgeführt. Dieser spiegelt ein Notenspektrum von 1-3 für die Immersionsklassen und 1-6 für die Regelschulklassen wider (vgl. Wode 2004: 24), wodurch angenommen wird, dass die allgemeinen Kompetenzen in der Erstsprache sowie die allgemeine kognitive Entwicklung durch immersives Lernen sogar gefördert werden können (vgl. ebd.: 7). Auch Rohde et al. (2010) können keine Beeinträchtigung der muttersprachlichen Entwicklung der untersuchten deutschen Kontrollgruppe feststellen. Folglich sind die Kompetenzen im Deutschen altersentsprechend ausgeprägt (vgl. Steinlen et al. 2010a: 54). Darüber hinaus zeigt sich, dass auch bezüglich <?page no="128"?> 128 der Geschlechterverteilung bzw. bei Schülern mit Migrationshintergrund keinerlei signifikante Unterschiede zu erkennen sind (vgl. Steinlen et al. 2010b: 124f). Dies ist vor allem mit Blick auf die Kinder interessant, deren Erstsprache nicht Deutsch ist. Denn für den Regelschulunterricht ergab u.a. die Studie von Elsner (2007), dass die türkischstämmigen Kinder gerade im Deutschen schlechter abschnitten als die Deutsch-L1-Sprecher. Es bleibt nun zu klären, inwieweit das Alter und die methodische Ausrichtung der jeweiligen Lernumgebung verantwortlich für diese Ergebnisse sind. Denn während die Schüler in der Grundschule vermehrt abstrakte Inhalte in systematischen und komplexen Lerneinheiten erwerben, sind die Inhalte der Vorschüler sowohl in der englischen als auch in der deutschen Sprache sehr stark kontextualisiert. Eine unterstützende Vermittlung könnte somit ein Grund sein, warum es auch den Kindern mit einer anderen Erstsprache als der deutschen leichtfällt, zielsprachliche Bedeutungen zu erschließen. Bezüglich der Emotionen zeigt sich zudem, dass kulturelle Differenzen eher Neugier als Angst zu wecken scheinen. Folglich reagieren die Kinder vermehrt motiviert als gehemmt auf neue und unbekannte Situationen. On many occasions, they exhibited positive attitudes, knowledge about their own and other cultures, and skills with the help of which they solved problems arising in cultural communication. […] Attending a bilingual preschool where exposure to different cultures and languages is a daily occurrence seems in no way to subject children to a condition in which they might feel scared, intimidated or uncomfortable. (Kersten 2010: 32f). Diese Aussage zeigt, dass ein früher Kontakt zu fremden Sprachen und Kulturen keinesfalls hemmend auf die Kinder wirkt. Da bislang kaum Forschungsergebnisse bezüglich der Implementierung von bilingualen Modulen in der Grundschule vorliegen, werden die Ergebnisse zum immersiven Lernen genutzt, um die Auswirkungen eines fremdsprachlichen Lernens zu beschreiben. Allerdings liegt mit den Ergebnissen der Studie von Massler und Steiert (2010) eine Arbeit vor, dank welcher Einblicke in den Bereich bilingualer Module ermöglicht werden. Darüber bietet Schwab (2013) erste Anhaltspunkte zu den Einstellungen und dem Leistungszuwachs bilingualer Module in den Klassenstufen 5 und 6. Diese Erkenntnisse des Sekundarbereichs werden aufgrund der Nähe zur Grundschule in der hier vorliegenden Analysen berücksichtigt. 6.3.3 Bilinguale Module und Motivation In ihrer Untersuchung zur Rezeption des CLIL-Unterrichts in Baden- Württemberg haben Massler und Steiert (2010) Lehrkräfte, Eltern und Lerner nach ihren Einstellungen bezüglich des Sachfachunterrichts in Englisch be- <?page no="129"?> 129 fragt. Die Erhebung ist in einem Pilotprojekt angesiedelt, welches von 2007- 2009 CLIL-Lehrgänge in den MeNuK-Unterricht 9 von sechs Projektschulen einband. Insgesamt wurden zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten (2008 und 2009) die Einstellungen der Beteiligten per Fragebogen und in Interviews erhoben. Nach einem Jahr wurden acht Lehrkräfte und sechs Schüler interviewt sowie die Meinungen von 49 Lernern und 49 Eltern durch Fragebögen erhoben. Im Folgejahr wurden sieben Lehrkräfte in Interviews zu ihren Erfahrungen im Umgang mit dem CLIL-Unterricht befragt sowie die Einstellungen von 137 Schülern und 167 Eltern in Fragebögen erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass sich alle drei Gruppen überwiegend positiv zu dieser Art des Unterrichts äußern. Die Lehrkräfte sehen die Chance des CLIL- Unterrichts in der starken Präsenz der Themen. So wäre dieser im Vergleich zum herkömmlichen Fremdsprachenunterricht weniger eine „Beschäftigungstherapie“, sondern es „[…] wird auch ganz stark der Intellekt angesprochen“ (Massler/ Steiert 2010: 14). Die Fremdsprache werde in abwechslungsreichen Situationen erfahren, welche über das Singen von Liedern und das Hören von Geschichten hinausgehen. Die Schüler scheinen in den Augen der Lehrkräfte der Fremdsprache mit größerem Interesse zu begegnen, weil sie merken, dass diese als „Handwerkszeug“ (ebd.: 14) funktional verwendet werden kann. Diese sinnhafte Art der Sprachverwendung erhöhe die Aufmerksamkeit und das Interesse der Lerner am Unterricht (vgl. a.a.O.). Die Einschätzungen der Eltern werden von den Autoren ebenfalls positiv dargestellt. Allerdings verschieben sich die Aussagen zwischen den zwei Erhebungszeitpunkten, sodass die Eltern nach zwei Jahren Unterricht davon ausgehen, dass weniger fremdsprachliche Ziele mit dieser Art des Unterrichts erreicht werden als vermehrt affektive und sekundäre Faktoren wie z.B. die Motivation, die Beschäftigung mit anderen Kulturen sowie die möglichen Vorteile für die weiterführenden Schulen. Konkret verringert sich die Zustimmung der Befragten von 78 % auf 39 % bezüglich einer vorteilhaften Bedingung der Entwicklung der fremdsprachlichen Kompetenzen. In Bezug auf die Begünstigung nicht linguistischer Faktoren (s. o.) glauben 17 % (2008) bzw. 45 % (2009), dass ihre Kinder profitieren. Darüber hinaus wird nur von etwa jedem zehnten Befragten die Angst geäußert, der CLIL-Unterricht wirke negativ auf die deutsche Sprachentwicklung (11 % 2008; 12 % 2009). Die positiven Haltungen der Lerner scheinen überzeugender als die ihrer Eltern. So gibt die Mehrheit der Lerner an, dass ihnen der Unterricht sehr gut (50 % 2008, 39 % 2009) bzw. gut (36 % 2008, 42 % 2009) gefällt. Mehr als 80 % der Teilnehmer sprechen sich demnach nach zwei Jahren CLIL-Unterricht 9 MeNuK steht als Abkürzung für ‚Mensch, Natur und Kultur’ und meint das Fach Sachunterricht in Baden-Württemberg. <?page no="130"?> 130 positiv für diesen aus. Zudem wünschen sich die Lerner, auch in anderen Fächern „sehr oft“ (20 % 2008, 36 % 2009) oder „ab und zu“ (56 % 2008, 47 % 2009) in der englischen Sprache zu lernen. Diese positiven Einstellungen decken sich mit den Ergebnissen von Schwab (2013). Nach zwei Jahren Unterricht in der fünften und sechsten Klasse, in welchem regelmäßig bilinguale Module eingesetzt wurden, schätzen die Lerner, Lehrkräfte und Eltern den Mehrwert dieser Form des Lernens als hoch ein. Die Schüler geben an, dass die bilinguale Anlegung des Unterrichts motiviere und sie mehr lernten (vgl. Schwab 2013: 307). Interessant ist vor allem die Tatsache, dass sowohl die Schüler als auch die Lehrer benennen, dass innerhalb der bilingualen Module auch die sachfachlichen Kompetenzen stärker gefördert werden als im deutschsprachigen Regelunterricht. Inwieweit sich dies mit dem Leistungszuwachs deckt, welche durch Hörverstehens- und Sprachproduktionstests erhoben wurden, wird im Folgenden dargestellt. 6.3.4 Bilinguale Module und L2-Sprachkompetenz Neben den Einstellungen der Lehrer, Eltern und Schüler sollten in der Studie von Schwab Aussagen über den Leistungszuwachs getroffen werden. In den Erhebungen zeigt sich, dass die Schüler innerhalb der zwei Jahre Unterricht mit bilingualen Modulen ihr Hörverstehen verbessern können. In Bezug auf die Sprachproduktion schwanken die Werte zwar, aber es ist eine positive Tendenz zu verzeichnen (vgl. Schwab 2013: 306f). Entgegen dieser einschränkenden objektiven Sicht auf den Kompetenzzuwachs ist das subjektive Empfinden von Lehrern und Schülern weitaus positiver behaftet. Wie bereits im vorangegangen Kapitel angedeutet, schätzen alle Beteiligten den Lernzuwachs im bilingualen Projekt als enorm ein. Schwab (ebd.: 308) sieht einen Grund hierfür in einem weniger akademischen Niveau der Sprache, wenn das Fach in der Zielsprache unterrichtet wird. Weitere Gründe können jedoch in bilingualen Modulen verstärkt auftretende lehrerzentrierten Diskurse sein, welche sprachlich präziser hinsichtlich des Entwicklungsstandes der Lerngruppe geplant werden können und unter Verwendung vielfältiger Unterstützungshilfen durchgeführt werden. Massler und Steiert (2010) hingegen haben keine Sprachtests durchgeführt, sondern leiten ihre Annahmen aus den Aussagen der Beteiligten sowie aus Unterrichtsbeobachtungen ab. In Bezug auf die Ausbildung deutscher Sprachkompetenzen bleiben die Aussagen vage. Allerdings wird darauf verwiesen, dass aufgrund einer Angst der Lehrenden, die Schüler könnten im Deutschen ein mangelhaftes Fachvokabular ausbilden, im Unterricht die deutschen und die englischen Bedeutungen parallel vermittelt wurden. Den Kompetenzzuwachs im Englischen schätzen die Lehrkräfte jedoch positiv ein. <?page no="131"?> 131 Insgesamt könnten sich die Lerner eloquenter und umfassender in der Fremdsprache ausdrücken als die Schüler, die nicht am CLIL-Unterricht teilgenommen haben. Die Lerner stützen diese Aussage, indem 90 % bejahen, dass sie in der Fremdsprache einen Lernzuwachs erfahren haben. Allerdings sagt dies nichts über den Vergleich zu einem normalen Unterricht aus (vgl. Massler/ Steiert 2010: 17). In Bezug auf das sachfachliche Lernen scheinen sich die Ängste von Lehrern und Eltern nicht zu bestätigen. Immerhin gibt die Mehrzahl der Lerner an, „alles“ (20 % 2008, 58 % 2009) bzw. „das meiste“ (8 % 2008, 71 % 2009) zu verstehen. In der zweiten Erhebung wird auf die Frage, wie gut sie im englischsprachigen MeNuK-Unterricht gelernt hätten, von 32 % „sehr gut“ und von 57 % „gut“ angegeben. Immerhin jeder zehnte Schüler merkt an, dass er nicht so gut gelernt habe. Ergänzend bleibt die Zahl derer konstant, die Verständigungsprobleme haben. Demnach äußert jeder fünfte Schüler, dass er „nicht viel“ bzw. „fast nichts“ verstanden habe (vgl. ebd.: 18). Dennoch wollen 72 % der Lernenden nicht lieber ausschließlich die deutsche Sprache nutzen. Trotz der quantitativen Zahl der Lerner, welche Probleme mit dem fremdsprachlichen Sachfachlernen haben, wird von einigen Kindern der universelle Mehrwert beschrieben. Ein Lerner sieht z.B. einen vermehrten Lernzuwachs, da er etwas im Englischen und im Deutschen gelernt habe, während eine Viertklässlerin sich positiv bezüglich einer zukünftigen Anwendung äußert. Wenn man dann in England im Wald ist und eine Freundin gefunden hat, dann kann man mit ihr über den Wald reden. (a.a.O.). Die Einschätzungen der Lehrkräfte sind ein wenig kritischer. So finden sich in mehreren Aussagen Hinweise darauf, dass insgesamt mehr Zeit zur Vermittlung von Inhalten nötig ist, wenn sachfachliche Themen in der Zielsprache besprochen werden. Einige Lehrkräfte setzen zur Vermittlung schwerer Inhalte explizit die deutsche Sprache ein; andere reduzieren Inhalte; wieder andere sehen in diesem Zeitdruck auch die Chance, sich der wesentlichen Inhalte eines Themas bewusst zu werden und effektiver zu planen und zu arbeiten (vgl. ebd.: 19). Ebenso unterschiedlich wird die Bedeutung des englischsprachigen Lernens für die leistungsschwächeren Schüler bewertet. Die einen sehen in der Verwendung der Fremdsprache einen grundsätzlichen Nachteil langsamerer Lerner, weil diese oftmals dem Unterrichtsgeschehen nicht im vollen Umfang folgen können. Andere schätzen den CLIL-Unterricht gerade wegen seiner hohen visualisierenden Elemente sowie des verlangsamten Tempos mit vielen inhaltlichen und sprachlichen Wiederholungen als ein geeignetes Modell der Differenzierung ein, von welchem auch schwächere Kinder profitieren würden (vgl. a.a.O.). <?page no="132"?> 132 Insgesamt wird von den Autorinnen festgestellt, dass der modularisierte Unterricht über einen Zeitraum von zwei Jahren trotz der dargestellten positiven Effekte und der Annahme durch Lehrer, Schüler und Eltern „nicht ein ausreichend fremdsprachliches Niveau [erreicht], um den fremdsprachlichen Sachfachinhalt ohne inhaltliche Reduktion oder Wechsel in die Muttersprache zu verstehen“ (vgl. ebd.: 21). Folglich müsse weiterhin untersucht werden, ob ein verstärkter Einsatz der Module (in Anlehnung an Ergebnisse aus Immersionsstudien) oder die Einbindung der Muttersprache zur Vermittlung schwieriger Inhalte helfen könne. Um eine umfassende Förderung zu gewährleisten, müssten die CLIL-Programme ferner nicht mehr von einzelnen Lehrkräften, sondern von einer gesamten Schule angeboten werden, um Formen kooperativer Unterstützung und bei Ausfall einer Lehrkraft ein durchgängiges Programm zu sichern (vgl. ebd.: 27). 6.4 Diskussion bilingualer Ansätze in der Grundschule Die dargestellten Ansätze von CLIL sowie ihrer Rezeption durch die wissenschaftliche Forschung verdeutlichen den hohen Stellenwert, den immersive und bilinguale Unterrichtssettings aktuell haben. Die Studien von Wode et al. (2002), Le Pape Racine (2005), Burmeister (2006), Piske (2006), Massler/ Steiert (2010) sowie Kersten et al. (2010a/ b) verdeutlichen die positiven Effekte, welche die Vermittlung sachfachlicher Inhalte in der Fremdsprache für die fachlichen und die sprachlichen Kompetenzen haben. Dabei wird der Mehrwert neben einer fremdsprachlichen Progression ebenfalls in einer Förderung der allgemeinen Kognitionen und der überfachlichen Kompetenzen gesehen (vgl. Bonnet et al. 2009: 176f, Festman/ Kersten 2010: 38ff). Allerdings gilt auch für immersive und bilinguale Kontexte, dass der Grad des Leistungszuwachses mit der Qualität des Unterrichts einhergeht, sprich der Zusammensetzung des Sprachbades und dem Aktivierungsgrad von Aufgaben (vgl. Piske 2013: 30). Ein Mehrwert der Verschränkung von Inhalt und Sprache ist somit per se nicht gegeben, sondern entsteht erst, wenn die angebotene Sprache reichhaltig ist, der sprachliche Input durch visuelle und haptische Angebote unterstützt wird, die Sprache flexibel und wiederholend eingesetzt wird, die Aufgaben handlungsorientiert und sinnhaft sind, die Inhalte transparent und gut zu erfassen sind und abstrakte Thematiken unter Verwendung der deutschen Sprache vermittelt werden (vgl. Wode et al. 2002, Burmeister/ Piske 2008, Kersten et al. 2010 a/ b). Wird eine angemessene Lernumgebung unter Berücksichtigung der genannten Aspekte geschaffen, so bieten sich den Lernern echte Herausforderungen, die motiviert und mit Freude angenommen und <?page no="133"?> 133 gemeistert werden (vgl. Le Pape Racine 2005, Massler/ Steiert 2010). Auf diese Weise gelingt es, dem Wunsch nach einem Mehr an Fremdsprache nachzukommen, als dies bisher im traditionellen Fremdsprachenunterricht möglich ist (vgl. Deller/ Price 2007). Die weite Verbreitung bilingualer Angebote kann als ein Zeichen gedeutet werden 10 , dass aktuell neben dem reinen Wunsch auch die durch die Studien belegte Einsicht dominiert, dass authentische Lernsituationen in sprachlich reichen Arrangements förderlich sind. Die breite Präsenz bilingualer Angebote scheint jedoch mehr als nur eine Alternative zum traditionellen Fremdsprachenunterricht darzustellen. Vielmehr ist diese Weise, fremde Sprachen zu unterrichten, eine Konsequenz aus einer Annäherung unterschiedlicher Ansätze eines auf der einen Seite eher impliziten und auf der anderen Seite eher expliziten Zugangs zur Fremdsprache. Mit CLIL ist eine Schnittmenge gefunden, welche je nach Umsetzung Elemente impliziter Sprachaushandlung ebenso ermöglicht wie die explizite Einführung grammatikalischer Grundsätze. Da rein implizite Verfahren wie das immersive Lernen infolge der strukturellen Vorgaben im deutschen Schulsystem nicht flächendeckend eingeführt werden können, bieten bilinguale Module und Züge die Chance, in der Regelschule authentische Kommunikationssituationen und Bedeutungsaushandlungen stärker einzubinden, als dies im Unterricht der Regelschule bisher gelungen ist (vgl. Kap. 5.3). Die Reichhaltigkeit der sachfachlichen Themen in der Grundschule macht den Einsatz bilingualer Module in einem handlungs- und kompetenzorientierten Unterricht möglich. Es können komplexe Inhalte in der Zielsprache besprochen oder auch einzelne Phasen durch die Schulsprache unterstützt werden. Der Mehrwert liegt darin, die neue Sprache in vielfältigen und motivierenden Kontexten zu gebrauchen (vgl. Piske 2013: 30) sowie die Begierde der Schüler zu nutzen, die Welt durch forschende Tätigkeiten zu erfahren (vgl. Arstiv/ Haudek 2013: 43). Gerade für lernschwache Schüler scheint eine monolinguale Lernumgebung weniger wichtig als ein anschauliches und handlungsorientiertes Lernen (vgl. Schwab 2013: 311f). Wie Schwab zeigen konnte, profitieren auch lernschwache Schüler von bilingualen Modulen, wenn diese kleinschrittig und auf die wesentlichen Inhalte fokussiert durch die Lehrkraft initiiert werden. Für die Lehrkräfte ergibt sich die Chance, sich durch bilinguale Module einen moderaten Einstieg in den CLIL-Unterricht zu erarbeiten. Lehrkräfte können damit beginnen, zunächst einzelne Aufgaben in der Zielsprache anzubieten und die Intensität Schritt für Schritt auszuweiten. Der Nutzen auch kleiner Einheiten wird in den Ergebnissen der Studien von Massler und Steiert (2010) gespiegelt, da auch Module, 10 Ein Überblick zu konkreten Zahlen findet sich für den Grundschulbereich unter www.fmks-online.de. <?page no="134"?> 134 welche zeitlich weniger intensiv sind als das immersive Lernen, durchaus einen Zugewinn an sprachlichen, inhaltlichen sowie übergreifenden Kompetenzen bieten können. Aus der Diskussion um das bilinguale und immersive Lernen kann also abgeleitet werden, dass CLIL-Angebote eine positive Wirkung auf mehreren Ebenen haben wie etwa • der quantitativen und qualitativen Ausweitung fremdsprachlicher Lernangebote. • der Erhöhung fremdsprachlicher Interaktions- und Kommunikationssituationen. • der Verstärkung lernimmanenter Konstruktions- und Produktionsprozesse. • der Vertiefung der inhaltlichen wie sprachlichen Durchdringung sowie der Abspeicherung. • dem Zugewinn an methodischen Alternativen. • dem flexiblen Einsatz impliziter und expliziter Vermittlungsstrategien. • der Authentisierung fremdsprachlicher Lernangebote. Um diese positiven Aspekte einzulösen, sind • die Erwartungen an den Lernerfolg durch Ausgangsfaktoren wie das Alter zur Zeit des Beginns, die Dauer des Programms, die Intensität des Kontaktes zur L2, die Häufigkeit der aktiven Produktion in der L2 und die unterrichtsmethodische Vermittlung der L2 festzulegen (Festman/ Kersten 2010: 47). • kleine Lerngruppen „mit möglichst intensiver Einzelbetreuung“ (Festman/ Kersten 2010: 49) anzubieten. • positive emotionale Erfahrungen zu ermöglichen (vgl. a.a.O.). • vielfältige Situationen echter Kommunikation, aktiver Verwendung und kognitiver und emotionaler Auseinandersetzung mit authentischen Lerninhalten anzubieten (vgl. a.a.O.). • die muttersprachlichen Kompetenzen zu fördern (vgl. ebd.: 46f), um positive Auswirkungen einer Zweitsprache auf die Kognitionen des Lerners bei altersangemessenem Können in der L1 zu generieren. • die Lesefertigkeit zu fördern, um vermehrt selbstständig arbeiten zu können. • verschiedene Unterstützungssysteme ( input-oriented scaffolding, outputoriented scaffolding, content scaffolding techniques, explaining tasks ) einzusetzen (vgl. Massler/ Ivannou-Georgiou 2010: 61ff). • die Fachtermini in CLIL-Modulen in deutscher und englischer Sprache einzuführen (vgl. Massler/ Steiert 2010, Tamm 2010: 31). <?page no="135"?> 135 • speziell ausgebildete Lehrkräfte (z.B. mit Europalehramt) einzusetzen, welche neben hohen sprachlichen Kompetenzen über Wissen zu speziellen Unterrichtsprinzipien von CLIL verfügen (vgl. Tamm 2010: 33, Schwab 2013: 312). Dem Grundsatz „CLIL soll die Schüler herausfordern, aber nicht überfordern“ (Festman/ Kersten 2010: 49) folgend, können die herausgearbeiteten Charakteristika genutzt werden, um ein allgemeingültiges Modell fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule zu erstellen. Da auch in Bezug auf CLIL keine didaktische Konzeption besteht, ist es nicht nur aus der Situation des Regelschulunterrichts heraus notwendig, ein Modell zu erarbeiten. Vielmehr muss auch Schulen, welche bilinguale Angebote stellen wollen, ein Modell angeboten werden, aus welchem sie strukturelle und methodische Entscheidungen ableiten können, um das sprachliche Lernen zu intensivieren. Insgesamt lässt sich bereits jetzt aus den hier diskutierten Ergebnissen festhalten, dass die fremdsprachlichen Kompetenzen profitieren, wenn der Kontakt intensiver, langfristiger, vertiefter, motivierter ist. Ein weiterer Vorteil, der immer wieder anklingt, aber sowohl in der Regelschule als auch in CLIL Klassen nicht gegeben ist, ist die autonome Handlungsfreiheit der Lerner in Folge einer reduzierten Stellung der Lehrkraft. Diese Situation findet sich lediglich in Schulen, welche orientiert an reformpädagogischen Ideen die Selbstverwaltung des Kindes durch autonomes Lernen in den Vordergrund stellen. Diese Selbsttätigkeit steht jedoch dem Grundsatz entgegen, dass die Güte fremdsprachlichen Lernens mit der Qualität und Quantität des sprachlichen Inputs zusammenhängt. Es stellt sich also die Frage, ob das Lernen in autonomen Lernumgebungen trotz bzw. bei Reduzierung des Einflusses der Lehrkraft in Folge eines geringeren sprachlichen Inputs überhaupt effektiv sein kann. Im nächsten Kapitel werden daher reformpädagogische Ansätze vorgestellt und hinsichtlich ihrer Güte diskutiert, um auch diese Art des Lernens in die umfassende Diskussion um den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule und die Modellbildung aufnehmen zu können. <?page no="136"?> 136 7 Die Prinzipien reformpädagogischer Ansätze in der Grundschule Die bislang dargestellten Ansätze frühen Fremdsprachenlernens verdeutlichen, dass aktuell diskutiert wird, inwieweit bestehende Ziele und Prinzipien erweitert werden müssen, um die sprachlichen Potentiale der Lerner effektiv fördern zu können. Die Darstellung relevanter Studien konnte helfen, einen umfassenden Blick auf die Chancen und Grenzen des Regelunterrichts sowie des bilingualen Lehrens und Lernens in der Grundschule zu ermöglichen. Dabei ist beiden Ansätzen gemein, dass die fremdsprachlichen Lernprozesse durch eine hohe Anteilnahme der Lehrkraft gestützt und gelenkt werden. Die Schüler entwickeln in beiden Fällen fremdsprachliche Kompetenzen in festen Zeit-, Raum- und Aufgabenstrukturen. Dementgegen haben sich - im allgemeinpädagogischen wie im fachdidaktischen Bereich - Stimmen erhoben, die den Mehrwert des Lernens in der Erhöhung der fremdsprachlichen Sprechanlässe (vgl. Keßler 2009: 175) sowie in der Reduktion lehrerzentrierter Strukturen sehen (vgl. Engel 2009: 198). Parallel zu diesen Äußerungen aus wissenschaftlich-theoretischer Sicht zeugt die Existenz von Schulen, welche alternative Lernkonzepte realisieren, von dem Wunsch nach einer neuen Wertediskussion im Bildungsbereich (vgl. Peschel 2011: 6f). Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts hat die Kritik an etablierten Schulsystemen zu dem Wunsch nach einer verstärkt individuellen Förderung der Lerner geführt. Anstatt auf pragmatische Handlungen in einer durch Industrialisierung, Technisierung und wachsende Bürgerzahlen geprägten Gesellschaft vorbereitet zu werden, sollten die Lerner in ihrer Gesamtpersönlichkeit gestärkt werden. Gudjons (2008b: 99) verweist auf die Bedeutung der Kulturkritik als Initialzündung für die Etablierung alternativer Bildungskontexte. Diese Grundidee hat sich im letzten Jahrhundert stetig weiterentwickelt und ist in die Lehrpläne vieler Schulen integriert worden. In ihnen wird weitestgehend nach reformpädagogischen Ideen unter Verwendung von geöffneten Lernformen unterrichtet. Die Persönlichkeit der Lerner soll individuell genutzt und gefördert werden, indem u.a. Inhalte, Unterrichtsstrukturen, Zielsetzungen eigenständig von den Lernern zu wählen sind, sprich der Unterricht geöffnet angelegt ist. Da diese Schulen seit der Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule angehalten sind, fremdsprachliche Angebote zu machen, müssen nunmehr auch die Ziele und die Prinzipien des Fremdsprachenlernens in den geöffneten Lernkontexten realisiert werden. Geöffnet meint in diesem Fall, dass der Unterricht entweder auf der strukturellen, inhaltlichen <?page no="137"?> 137 und/ oder methodisch-materiellen Ebene nicht von vornherein festgelegt ist, sondern durch die Wünsche und Handlungen aller Beteiligter gestaltet werden kann (vgl. Kap. 7.1.1). Bisher liegt allerdings keine didaktische Konzeption für eine Art des Lehrens und Lernens fremder Sprachen in reformpädagogischen Bezügen vor, sodass in jeder Institution individuelle Strukturen etabliert werden. Die allgemeingültigen curricularen Vorgaben der Bundesländer werden dafür genutzt, obwohl diese stark von der Idee ergebnis- und kompetenzorientierten Lernens und dessen andersartigen strukturellen und organisatorischen Faktoren geprägt sind. Zudem widerspricht die lehrerzentrierte Leitung des Geschehens im regelschulischen Unterricht den Grundsätzen reformpädagogischer Ansätze, in welchen gerade durch die eigenaktive Nutzung von Freiräumen lernförderliche Impulse vermutet werden. Eben diese Freiräume müssen in der Diskussion um den Erfolg fremdsprachlicher Lernprozesse in der Grundschule als kritisch eingeschätzt werden, da bereits mehrfach gezeigt werden konnte, dass Lerner mit geringen bis keinen fremdsprachlichen Vorkenntnissen und Erfahrungen ein sprachliches Vorbild sowie einen angemessenen, individuell angepassten Input benötigen (vgl. Engel 2009: 198). Dieser kann ausschließlich von einem erfahrenen Sprecher geboten werden, welcher Sprache in sinnhaften, ganzheitlichen, authentischen und handlungsorientierten Situationen produziert, die von den Lernern erschlossen, verstanden und verarbeitet wird (vgl. Pienemann 2006: 43, Timm 2009: 43). Dieser Anspruch ist nicht gegeben, wenn weder ein angemessener Input noch Aufgaben angeboten werden, in welchen eine systematische Spracherfahrung die individuellen Impulse freier Lernphasen unterstützt (vgl. Bach/ Timm 2009: 14). Aber gerade die antizipierte Dominanz der Lehrenden wirkt hinderlich auf die freie Entfaltung der Schüler und entgegen der methodischen Forderung ein „[e]ntdeckendes, problemlösendes und handlungsorientiertes sowie selbstverantwortliches Lernen“ (Jürgens 2009: 46) zu fördern (vgl. Siebert 2009: 68). Somit sind nicht nur die grundsätzlichen Überzeugungen reformpädagogischen Lernens schwer mit den Ansprüchen kompetenzorientierter Fremdsprachenvermittlung zu verbinden, sondern auch die organisatorische Ausrichtung alternativer Grundschulen verhindert eine unreflektierte Übernahme methodischer Ansätze aus der Regelschule. Die freie Wahl des Lernortes, jahrgangsübergreifende Lerngruppen, die Einbindung fachlicher Inhalte in überfachliche Themenblöcken sowie die Wahlfreiheit der Lerner benötigen individuelle Unterrichtsmodelle, welche die Spezifika einzelner Schulen berücksichtigen (vgl. Bohl/ Kucharz 2010: 47f). Da aktuell auch für die reformpädagogische Ideen kein didaktisches Konzept zum Lehren und Lernen fremder Sprachen existiert, kann davon ausgegangen <?page no="138"?> 138 werden, dass die Schulen interne Regularien gefunden haben, auf welche Weise die curricular vorgeschriebenen Kompetenzen vermittelt werden können. Um herauszuarbeiten, inwieweit diese Form fremdsprachlichen Lernens Anhaltspunkte für eine Erweiterung von Lern- und Sprechgelegenheiten in der Regelschule bietet, werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels zunächst allgemeinpädagogische Prinzipien geöffneter Lernformen skizziert. Für die Einschätzung von implementierten Konzepten ist es wichtig zu verstehen, wie geöffnete Lernformen zu definieren sind (vgl. Kap. 7.1.1), welche didaktischen Ansprüche in einem geöffneten Unterricht entstehen (vgl. Kap. 7.1.2) und wie geöffnetes Lernen methodisch umgesetzt werden kann (vgl. Kap. 7.1.3). Nach einer Verortung geöffneter Lernformen in der Fremdsprachendidaktik (vgl. Kap. 7.2) wird sodann unter Einbezug empirischer Erkenntnisse dargestellt, welche Auswirkungen geöffnete Lernformen auf die Lernprozesse sowie auf das Leistungsvermögen von Schülern haben (vgl. Kap. 7.3). 7.1 Allgemeinpädagogische Annahmen zum geöffneten Lernen Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat die Unzufriedenheit einiger Pädagogen mit der etablierten Schullandschaft zur Implementierung von Arbeitsformen geführt, welche weniger starr und vermehrt kindgemäß waren (vgl. Gudjons 2008b: 98). Bereits mit der Etablierung des Konzeptes der Kindheit im Zuge der Aufklärung wurde davon ausgegangen, dass diese den Eigenheiten einer selbstständigen Entwicklungsphase gemäß zu gestalten sei (vgl. ebd.: 110). Vertreter kindgemäßen Lernens forderten Unterrichtsformate, welche die natürlichen Bedürfnisse junger Menschen aufgriffen, sodass sich die Lerner ihre Welt durch eigene Erfahrungen selbstständig erschließen konnten (vgl. Raapke 2009: 28). Dieser Wunsch führte zu einer methodischen Form des Unterrichts, in welcher eine freie Wahl der Inhalte, der Methoden, der Lernorte und sogar der Lernziele möglich war. Ab den 1960er-/ 70er-Jahren setzte sich die Verwendung der Begriffe offen bzw. geöffnet für die Beschreibung dieser Art schülergelenkten Unterrichts durch. Angefacht durch die damalige Bildungskrise, etablierte sich eine Vielzahl unterschiedlichster Modelle, welche alle unter dem Titel offenes Lernen propagiert wurden (vgl. Bastian/ Gudjons 1994: 8). Vor allem im Kontext der Grundschule nahm die Publikation praxisrelevanter Werke sowie die Anzahl praktizierender Schulen zu. Trotz der Unterschiedlichkeit einzelner Programme lassen sich bestimmte Kernüberzeugungen aufzeigen. <?page no="139"?> 139 7.1.1 Die Begriffe Offenheit, offen, Öffnung und geöffnet Aufgrund der mannigfaltigen Definitionssituation bietet es sich an, sich das Konstrukt zunächst über die Einordnung der Begriffe offen und geöffnet zu erschließen. Während offen (als Resultat des Prozesses der Öffnung) auf einen Zustand verweist, beschreibt Öffnung den vorgeschalteten Prozess. Die Öffnung muss folglich vor der Offenheit geschehen und es zeigt sich, dass Offenheit etwas Ganzes und Abgeschlossenes beschreibt, während Öffnung weniger endgültig wirkt. Demzufolge kann der Terminus offen nur gewählt werden, wenn eine völlige Offenheit von etwas besteht. Diese kann jedoch im schulischen Kontext nicht realisiert werden, da Unterricht im Zuge seiner Abhängigkeiten von politischen, gesellschaftlichen und situativen Ansprüchen niemals komplett unabhängig sein kann und will. Daher ist die Verwendung des Begriffes offener Unterricht irreführend, da Unterricht qua Definition nicht offen sein kann. Die Verwendung der Label geöffneten Unterrichts bzw. geöffneter Lernformen ist präziser, da beachtet wird, dass lediglich einzelne Aspekte oder Ebenen im Unterricht geöffnet werden, d.h. weniger durch vorgegebene Strukturen bestimmt sind, als vielmehr von sämtlichen Akteuren gemeinsam im konkreten Geschehen entwickelt werden. Im Sinne dieser Erklärung soll im Zuge der weiteren Ausführung der Begriff geöffnet dem Terminus offen vorgezogen werden, sobald eigene Gedankengänge dargelegt werden. In der unterrichtlichen Realität werden die Termini überwiegend synonym verwendet, während sie auf wissenschaftlicher Ebene durch weitere Aspekte getrennt werden. So stellen geöffnete Lernformen immer auch einen Gegensatz zu geschlossenen Phasen dar. Während die Öffnung als Kontinuum zwischen den zwei Polen offen und geschlossen verstanden werden kann, deutet die Verwendung von offen oder geschlossen immer an, dass das jeweils andere gerade nicht existent ist. Folglich lassen sich Offenheit und Geschlossenheit „nur in Relation zueinander attributiv sinnvoll anwenden“ (Hallitzky 2002: 27). Dies bedeutet, dass die Art und der Grad der Offenheit immer auch in Abgrenzung zur Geschlossenheit gesehen werden muss. Da Letztere sowohl außerhalb als auch innerhalb von Offenheit wirken kann, muss das Offene entweder in Abgrenzung zu geschlossenen Dingen definiert werden oder aber minimale Anteile an Geschlossenheit in sich selbst etablieren. Für den Unterricht ergibt sich, dass in diesem immer eine minimale begrenzende Struktur erkennbar ist, da entweder systemische Regularien von außen (politische Vorgaben) oder innen (soziale Normen) greifen. Eine völlige Offenheit würde einem Nichtvorhandensein von Unterricht gleichkommen. <?page no="140"?> 140 7.1.2 Didaktische Einordnung geöffneter Lernsituationen Parallel zur Einordnung geöffneter Lernformen auf einem Kontinuum zwischen geschlossenen und offenen Dimensionen werden die Konstrukte anhand ihrer theoretischen Reichweite definiert. Somit werden Formen geöffneten Lernens als „grundlegende Erziehungsphilosophie“ (Gudjons 2008a: 25), als „Bewegung“ (Jürgens 2009: 24) und als „Sammelbegriff unterschiedlicher Reformansätze“ (Wallrabenstein: 1991: 53) eingeordnet. Trotz dieser weiten Beschreibung lassen sich drei Ebenen festlegen, welche von geöffneten Lernformen beeinflusst werden. Folglich wird auf der Makroebene von paradigmatischen Annahmen zum Lehren und Lernen ausgegangen, während auf der Mesoebene strukturelle und organisatorische Faktoren von Unterricht definiert werden, um diese auf der Mikroebene methodisch im Unterricht umzusetzen. Konkret lassen sich diese Ebenen wie folgt darstellen. Auf der paradigmatischen Makroebene ist nach Gudjons (2008a) die Betonung geöffneten Lernens als Philosophie beschrieben. Toman (2007: 68) stellt in diesem Zusammenhang fest, dass „Offener Unterricht [ ... ] als Oberbzw. Sammelbegriff oder als eine Bewegung, bei der es sich um eine Vielfalt von unterschiedlichen, zusammenströmenden Denk-, Motiv- und Handlungsformen handelt […]“ dient. Er verdeutlicht, dass es sich nicht um ein einheitliches Konzept, sondern eine Sammlung verschiedenster Modelle, Methoden und Inhalte handelt. Die Mesoebene wird von Jürgens (2009: 26) beschrieben, welcher versucht, die Makroebene der paradigmatischen Annahmen mit der Mikroebene der Umsetzungsprozesse zu verbinden. In seiner Rahmenkonzeption grenzt er die Wirkungsbereiche geöffneter Methoden ein und analysiert Faktoren wie Schülerhandlung, Lehrerhandlung, methodische Grundprinzipien und den Leistungsbegriff, um adäquate Methoden abzuleiten. Die Bestrebungen Bohls (2004: 19) zeigen ebenfalls den Versuch, die theoretische mit der praktischen Ebene zu verbinden, indem curriculare Vorgaben als Ausgangspunkte genutzt werden, an denen orientiert praktische Aufgabenformate geplant werden. Denn erst eine plausible Abstimmung sämtlicher Faktoren im Vorfeld der unterrichtlichen Umsetzung sichert den gewünschten Mehrwert geöffneten Lernens. Auf der Mikroebene werden die Handlungsbereiche von Lehrenden und Lernenden festgelegt. Dementsprechend ist ein geöffneter Unterricht nach Peschel (2012: 8) gekennzeichnet von „[...] Arbeitsformen wie die freie Arbeit, der Wochenplanunterricht, das projektorientierte Lernen, der Werkstattunterricht und das Stationslernen“. Eigenverantwortliches und selbstgesteuertes Lernen sind ebenso zentral wie Selbstkontrolle und Differenzierung. Eine konkretere Eingrenzung auf der methodischen Ebene versucht Jürgens (2010: <?page no="141"?> 141 42ff), indem er die vier Merkmale Schüler-, Raum- und Material-, Didaktik- und Lehrervariablen als den Lehr-Lernprozess beeinflussende Größen benennt. Je nach methodischer Gestaltung dieser ergebe sich der Grad der situationellen Öffnung. Während Jürgens sich mit seiner Sicht auf unterrichtsinterne Merkmale beschränkt, sieht Wopp (1996) den Unterricht als die Basis, durch welche das Lernen zukünftig - sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft - verbessert werden soll. Wopp (1996: 322ff) beschreibt das geöffnete Lernen „als einen dynamischen und vernetzten Prozess zur Entfaltung einer neuen Unterrichtskultur im Schulalltag“. Mit ihrer Definition erweitert die Autorin die von Jürgens aufgestellten internen Faktoren um Prozesse wie das „Öffnen für das Leben, das Öffnen [...] für außerschulische Lernorte“, sprich um eine Öffnung auf der institutionellen Ebene. Wie Jürgens versucht auch Toman, das Gebilde des geöffneten Lernens auf mehreren Ebenen zu fassen, indem er aus seinen paradigmatischen Annahmen praktische Hinweise ableitet und Merkmale, wie vielfältige Handlungskompetenzen, selbstständiges Lernen und zielgerichtete Methodenvielfalt, als bezeichnend für geöffnete Lernsituationen erklärt (vgl. Toman 2007: 71). Die dargestellten Beschreibungen verdeutlichen, dass es die eine Form geöffneten Unterrichts nicht gibt. So verschieden wie das Verständnis geöffneter Lernformen dargestellt ist, so individuell wird die Umsetzung dieser im Schul- und Unterrichtskontext sein. Demnach müssen geöffnete Lernformen für und in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Einsatzbereich und den Zielinteressen definiert werden. Besonders die Uneinheitlichkeit konzeptioneller Annahmen fordert zu einer Beschreibung der strukturellen sowie der methodischen Annahmen in jedweder Verwendungssituation heraus. In der Praxis lässt sich jedoch die Debatte um die Unterschiede kaum erkennen, da auf der methodischen Ebene lernerzentrierte Formen als geöffneter Unterricht deklariert werden. In der Diskussion um die Frage, wie geöffnetes Lernen legitimiert werden kann, konkurrieren ebenso viele Antworten wie Definitionsvorschläge für den Begriff. Auffällig ist jedoch die Vermischung der herangezogenen Paradigma. Dementsprechend hat es sich durchgesetzt, Offenheit durch die Ansprüche des bildungstheoretischen Verständnisses zu Mündigkeit und Emanzipation zu begründen und lerntheoretische Fragen in die zweite Reihe zu verweisen (vgl. Jürgens 2009: 25f). In diesem Sinne werden unter dem Begriff geöffneten Lernens sämtliche Formen subsumiert, welche von einmalig durchgeführten Projekten (Unterrichtsmethode) bis hin zu geöffneten Unterrichtsstrukturen ganzer Schulen (langfristige Unterrichtskonzeptionen) reichen. <?page no="142"?> 142 7.1.3 Methodische Umsetzung geöffneter Lernsituationen Im Rahmen von geöffneten Lernphasen sollen Sprach- und Handlungskompetenz, Kooperations- und Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz, Solidarität, interkulturelle Kompetenz, Integration, Durchhaltevermögen und Konzentration erlebt und erfahren werden (vgl. Wallrabenstein 1991: 93ff). Erreicht wird dies durch einen hohen Grad an Selbstständigkeit und -tätigkeit der Lernenden. Die Schüler übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und wählen die Inhalte, die Lernwege, die Sozialformen, den Raum und die Zeit für ihr Lernen eigenständig. Im Sinne einer demokratischen Grundhaltung agieren sie auf der Ebene ihrer individuellen Bedürfnisse ebenso wie im gruppeninternen Gesamtbewusstsein (vgl. Peschel 2012: 80 f). Der Lehrer wird zum Mentor, welcher zum einen die Lernprozesse, die Ziele und die Inhalte von Unterricht initiiert und beobachtet, zum anderen die Schüler in ihrem Tun unterstützend begleitet. Auch wenn die Lehrkraft in ihrer Präsenz zurücktritt, so dienen konkret formulierte Lernziele dazu, den Unterricht zu strukturieren (vgl. Jürgens 2009: 46). Geöffnet heißt demnach nicht frei von Planung, sondern beschreibt vielmehr das andere Extrem. So müssen gerade geöffnete Situationen durch ein hohes Maß an Planung vorbereitet werden, um nicht im Diffusen zu verlaufen (vgl. ebd.: 49). Nach Hallitzky (2002: 165) wird dies möglich, indem „ein Orientierung weisender makrostruktureller Rahmen unter Berücksichtigung situativer Ausgangsbedingungen […] qualitativ gefüllt, jedoch nicht festgelegt“ wird. Dieser schülerzentrierte von Lebendigkeit, Dynamik und Wechselseitigkeit geprägte Unterricht benötigt einen Rahmen, welcher in einer schrittweisen Einübung von Schülern und Lehrern erarbeitet und umgesetzt wird (vgl. Bohl 2004: 18). Dabei ist ein Fundus an Methodenvielfalt, d.h. „der zielgerichtete Wechsel zwischen offenen und geschlossenen Phasen wesentlich“ (a.a.O.). Für den Unterricht gilt daher, das selbstständige Lernen der Schüler stetig zu trainieren, um unter Anleitung und in angepassten Lernumgebungen und -anforderungen zunehmend eigenständiger agieren zu können. Geöffnete Lernformen greifen in diesem Zusammenhang den Aspekt der Differenzierung auf. Zum einen lässt sich nur durch eine Öffnung von Unterricht Heterogenität berücksichtigen, da die individuellen Lernstände und Interessen der Schüler in lehrerdominierten Settings nicht zum Ausdruck kommen (vgl. Bohl/ Kucharz 2010: 9). Zum anderen erfordert ein geöffnet angelegter Unterricht ein gewisses Maß an Differenzierung, da nicht alle Kinder den gleichen Grad an Öffnung adäquat nutzen können. In Abhängigkeit von den Ansprüchen der Schüler kann die Öffnung einmal als differenzierende Methode genutzt werden, einmal ergibt sich aus der geöffneten Gestaltung der Anspruch zu differenzieren. <?page no="143"?> 143 Neben die Komponente der freien Entfaltung des Individuums tritt die Verpflichtung eines jeden Lerners gegenüber der Gemeinschaft. Geöffneter Unterricht umfasst somit mehr als die individuelle Verwirklichung des Schülers, indem dieser trotz (oder gerade wegen) geringer Strukturen eine hohe Verantwortung für die Allgemeinheit übernimmt. Der Lerner muss neben dem Treffen individueller Entscheidungen ebenfalls bei der Erstellung kollektiver Regeln und der gemeinsamen Gestaltung der Schulzeit mitwirken (vgl. Jürgens 2009: 45). Weitere Momente erfolgreichen Arbeitens in geöffneten Lernformen sind die Ausbildung und der Einsatz von Lernstrategien, welche es den Schülern überhaupt erst ermöglichen, selbstständig Inhalte zu erschließen und auftretende Probleme erfolgreich zu meistern. Mögliche Strategien gilt es, ebenso wie das eigenständige Arbeiten an sich, schrittweise einzuführen und zu trainieren (vgl. ebd.: 46). Denn nur erfolgreiches Lernen kombiniert mit erlebter Selbstwirksamkeit führt zu einer langfristig eigenaktiven Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen. Zusammenfassend lassen sich die Rolle des Lehrers als Berater und Initiator, die Rolle des Schülers als mitwirkendem und selbstständig Lernendem sowie eine Flexibilität der Unterrichtsplanung, eine klare Definition und Ausrichtung sämtlicher Methoden an den Lernzielen festhalten (vgl. Siebert 2009: 106ff). Die Wahl dieser Bezeichnung deutet die Nähe geöffneter Lernformen zu den allgemeindidaktischen Grundsätzen des frühen Fremdsprachenlernens an, nach welchen die Lerner eigenaktiv Sprache konstruieren und sprachliche Zusammenhänge eruieren sollen. Allerdings hat sich dieser Anspruch nur selten auf der organisatorischen Ebene durchgesetzt. Doch obwohl das fremdsprachliche Lernen in der Grundschule vorwiegend nach regelschulischen Prinzipien ausgerichtet ist, lassen sich einige Ansätze einer geöffneten Lernkultur auch für diesen Bereich skizzieren. Im Folgenden wird beschrieben, inwieweit die reformpädagogischen Ideen den Bereich des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule tangieren. 7.2 Geöffnetes Lernen im Fremdsprachenunterricht Der Einfluss allgemeinpädagogischer Einsichten zum geöffneten Lernen auf den Fremdsprachenunterricht lässt innerhalb der letzten Jahrzehnte zwei Entwicklungen erkennen: Zum einen ist eine ständige Präsenz geöffneten Unterrichts in den didaktischen Diskussionen und unterrichtspraktischen Umsetzungen erkennbar (vgl. Waschk 2008, Legutke et al. 2009, Elsner 2010, Böttger 2010), zum anderen sind Versuche, geöffnete Lernformen zu implementieren, analog zu anderen Gedankenströmungen der Zeit mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt. Mit Blick auf die Primarstufe ist von Interesse, dass <?page no="144"?> 144 ein geöffneter Unterricht in dieser Form im Vergleich zu weiterführenden Schulen zuerst platziert (vgl. Nissen 1992: 191) und vorangetrieben wurde (vgl. Thaler 2008: 141). Allgemein ist die fremdsprachendidaktische Auseinandersetzung mit dem geöffneten Unterricht im Vergleich zu anderen Schwerpunkten jedoch gering ausgeprägt. Die Breite an Forschertätigkeiten findet sich eher zu benachbarten Themenbereichen wie dem bilingualen und projekthaften Lernen sowie der Lernerautonomie. Zwar werden geöffnete Lernformen in Werken der Fremdsprachendidaktik konsequent als ein Unterpunkt geführt (vgl. Byram 2004, Legutke et al. 2009, Elsner 2010, Hallet 2010), allerdings existieren nur vereinzelt Monografien bzw. empirische Studien, die sich expliziten Fragestellungen dieser Form des Lehrens und Lernens fremder Sprachen widmen (vgl. Jaffke 1996/ 1997, Kurz/ Vogt 2008, Waschk 2008, Thaler 2008/ 2010). Dieses Dilemma reduzierter Darstellungen scheint jedoch nicht in einer mangelnden Beachtung durch Autoren und Wissenschaftler begründet, sondern in der bereits zuvor angedeuteten einseitigen Rezeption und Kommunikation geöffneter Lernformen allgemein. Eine Abhandlung geöffneter Lernformen und ihre Anbindung an fremdsprachliches Lernen wären zu umfangreich, um in jedes Grundlagenwerk der Fremdsprachendidaktik integriert zu werden. Daher wird sich vielerorts auf eine einfache Darstellung von Methoden beschränkt, wodurch jedoch die Tiefe der Rezeption geöffneter Lernformen verflacht und diese oftmals als methodische Alternativen präsentiert werden. Vor dem Hintergrund der Anzahl an Schulen, welche geöffnete Lernformen nutzen, ist die stiefmütterliche Behandlung dieses Themas in allgemeinen sowie spezifischen Forschungskontexten nicht zu halten. Mittlerweile lassen sich jedoch einige Bemühungen erkennen. Bereits in der Mitte der 1990er-Jahre publizierte Jaffke (1996/ 1997) zwei Werke, in welchen der Autor die Möglichkeiten fremdsprachlicher Vermittlung im Kontext der Waldorfschulen schildert. Beide Monografien sind sehr praxisorientiert und nehmen hauptsächlich Bezug auf die grundsätzlichen Ideen des Gründungsvaters Steiner, die etablierten Lehr- und Lernformen sowie die Ansprüche fremdsprachendidaktischer Art. Jaffke gibt Hinweise zu theoretischen Verbindungen und methodischen Realisierungsformen. Knapp zehn Jahre später stellt Thaler (2010) das Modell des Balanced Teaching für die Sekundarstufe vor, durch welches von ihm entwickelte Parameter und Grundsätze eines offenen Fremdsprachenunterrichts umgesetzt werden können. Laut Definition handelt es sich hierbei um „eine zielorientierte Kombination aus offenen und geschlossenen Methoden“ (Thaler 2010: 19), welche er theoretisch aus geisteswissenschaftlichen und pädagogischen Traditionen herleitet (vgl. Thaler 2008: 24ff). Die Qualität eines guten Englischunterrichts ergibt sich laut des Autors aus dem quantitativen Wechsel offener und geschlossener Methodik. Das Maß der Öffnung ist demnach un- <?page no="145"?> 145 ter Berücksichtigung der allgemeinen Situation, der Interaktionsabsichten, der Ziele und der beteiligten Personen zu gestalten. Neben theoretischen Ausführungen bietet seine neueste Publikation vielfältige Umsetzungsmöglichkeiten in Form unterschiedlicher aufgaben-, spiel- und medienorientierter Methoden (vgl. Thaler 2010). Parallel zu Thalers Bestrebungen publizierte Katja Waschk (2008) eine erste empirische Arbeit, die geöffnete Lernsettings im Fremdsprachenunterricht der Grundschule untersucht. Der zentrale Inhalt der Studie folgt der Fragestellung, inwiefern sich computergestützte, autonome Lernprozesse auf das fremdsprachliche Lernen auswirken. Orientiert an Vertretern der Reformpädagogik kontrastiert sie Formen geöffneten Lernens und setzt diese in Beziehung zur Lernerautonomie. Sie verweist auf die Notwendigkeit, die strukturellen und die methodischen Bedingungen des geöffneten Lernens in fremdsprachlichen Bezügen konzeptionell zu adjustieren. Eine konzeptionelle Beschreibung wurde jedoch aus forschungstechnischen Gründen nur angerissen (vgl. Waschk 2008: 46). Inhaltlich orientiert sich Waschk am Stufenmodell und den Dimensionen offenen Lernens nach Peschel (2012: 76 ff) und fokussiert durch die Darstellung unterschiedlicher Unterrichtsformen die methodisch-organisatorische Ebene geöffneten Lernens (vgl. Waschk 2008: 38ff). Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Lerner nach eineinhalbjähriger Einführung in methodisch geöffnete Lernformen selbstständige Entscheidungen in Bezug auf ihre Handlungen treffen können. Diese Planungsfreiheit zeigt sich in der adäquaten Wahl fremdsprachlicher Mittel sowie in handlungsorientierten Tätigkeiten. So können sowohl Settings, welche Medien und Materialien bereitstellen, als auch solche, in denen diese von den Lernern eigenständig ausgewählt werden müssen, zufriedenstellend bewältigt werden (vgl. ebd.: 344f). Die Beobachtungen des Verhaltens der Schüler während der Arbeit in Situationen, welche unterschiedliche Grade an Selbständigkeit fordern, verdeutlichen, dass die „Wahlmöglichkeit […] in einigen Fällen eine Lernbewusstheit […] zu Tage zu bringen“ (ebd.: 337) vermag. Ebenfalls sind alle Lerner in der Lage, ihre Zufriedenheit bezüglich unterschiedlicher Lernumgebungen zu äußern. Diese Erkenntnis spricht ebenso wie die Ergebnisse von Kolb (2007), Sambanis (2007) und Meron-Minuth (2009) dafür, dass Kinder im Grundschulalter durchaus in der Lage sind, ihre Situation zu reflektieren sowie eigene Entscheidungen zu treffen, zu äußern und zu begründen (vgl. Kap. 5.2.2). Gleichzeitig ist zu erkennen, dass gewisse Strukturen und Einführungshilfen zu Beginn der fremdsprachlichen Lernphasen notwendig sind, um für die Lerner erfahrbar werden zu lassen, „wie Englischlernen grundsätzlich funktioniert bzw. funktionieren kann“ (ebd.: 345). Denn es ist nicht möglich, sich ein fremdes Sprachsystem zu erschließen, wenn kein Input gegeben wird. Folglich müssen die geöffneten Phasen detailliert geplant sein und aus- <?page no="146"?> 146 reichend Unterstützung angeboten werden. Ist dies der Fall, so scheinen Schüler in der Lage zu sein, auch im Fremdsprachenunterricht Verantwortung für Lehr-Lernprozesse zu übernehmen. Allerdings zeigen die Ergebnisse von Waschk (2008), dass der Erfolg dieser neben einer guten Planung auch von der Übung selbständiger Tätigkeiten abhängig ist. Darüber hinaus wird eine motivationsfördernde Wirkung deutlich, die als Reaktion auf die Wahlfreiheit gewertet werden kann (vgl. ebd.: 338). Eine weitere Forschungsarbeit findet sich bei Kurz und Vogt (2008), welche der Frage nachgingen, inwieweit Erstklässler im Fremdsprachenunterricht durch die Verwendung einer Lernsoftware ihre fremdsprachlichen, medialen und strategischen Kompetenzen in einem auf Autonomie ausgerichteten Lernkontext ausbilden können. Unter Anwendung eines triangulativen Forschungsdesigns wurden Fallanalysen von vier Lernern erstellt, um „die beobachtbaren Lernprozesse im selbstentdeckenden Umgang mit einer Lernsoftware ohne Anleitung oder Vorentlastung zu ermitteln“ (Kurz/ Vogt 2008: 92). Die Schüler arbeiteten in sechs Einheiten à 90 Minuten mit der für Lernanfänger konzipierten Lernsoftware W IZADORA . Die Computer Software W IZADORA ist thematisch an der gleichnamigen TV-Sendung orientiert, welche zwischen 1993 und 1998 im englischsprachigen Fernsehen gesendet wurde. Dank ihres Anspruches, als Lernwerkzeug Kindern die englische Sprache zu vermitteln, kann sie in die Kategorie klassischer Edutainment-Angebote (education plus entertainment) eingeordnet werden. Die Beobachtungen während der Arbeitsphasen lassen erkennen, dass die Schüler motiviert, interessiert und mutig mit dem Programm und seinen fremdsprachlichen Herausforderungen umgehen. Bei Verständnisschwierigkeiten lassen sie sich selten entmutigen, sondern setzen vielfältige Strategien ein wie z.B. das Erschließen von Begriffen über semantische Zusammenhänge, das wiederholte Anhören von sprachlichen Einheiten, Metagespräche mit Klassenkameraden, die Nutzung visueller Hilfestellungen, das Suchen nach bekannten Schlagwörtern sowie die Anwendung der im Programm angebotenen Hilfsfunktion. Für den rezeptiven und produktiven Sprachgebrauch zeigen die Ergebnisse, dass die Lerner „ein Wort erkennen, verstehen, wenn nötig verwenden und auch richtig aussprechen, allerdings bl[ei]ben ihnen die grammatischen Zusammenhänge verborgen“ (ebd.: 97). Da der Lernprozess durch die Anlegung der Software den rezeptiven Bereich verstärkt beansprucht, können die Lerner trotz eigenaktiver und imitativer Prozesse in den anschließenden Interviews lediglich vier bis sieben Einzelwörter sinnvoll verwenden. Dieses quantitativ geringe Vermögen wird durch qualitative Defizite verstärkt, wie sie in semantisch unsinnigen Verwendungen der Begrifflichkeiten deutlich werden. Dies deutet darauf hin, dass die Schüler Wörter nutzen, deren semantische Ebene sie noch nicht erschlossen haben. Allerdings kön- <?page no="147"?> 147 nen die Lerner aus W IZADORA bekannte Wörter schneller wiedererkennen und in der richtigen Betonung wiedergeben sowie diese in deutschen Sätzen sinnvoll einsetzen (vgl. ebd.: 98). In Bezug auf die Lernstrategien wird das Verhalten der Schüler als positiv bewertet, da alle Teilnehmer in der Lage sind, selbstständig sowohl mit der Software als auch mit den fremdsprachlichen Lernaufgaben umzugehen. Je nach Auffassungsvermögen der Lerner variiert die Länge der Einarbeitungsphase in die Navigation der Software. Allerdings erreichen die Schüler tendenziell eine höhere Punktzahl im Spiel, wenn sie gemeinsam arbeiten (vgl. ebd.: 98f). Diese Einsichten legen dar, dass bereits Erstklässler in der Lage sind, ohne Unterstützung der Lehrkraft in fremdsprachlichen Hypertexten zu navigieren. Allerdings ist der zielsprachliche Zugewinn nicht ausreichend, wenn die Software lediglich auf rezeptive Fertigkeiten ausgerichtet ist. Gerade im Anfangsunterricht könnte daher ein gestaffelter Einsatz (Mischung aus sprachaktivierenden und autonomen Lernphasen) der Lernsoftware helfen, Sprachbarrieren spielerisch zu überwinden sowie eine breite Basis an rezeptivem Wortschatz zu begründen. Die Ausführungen von Jaffke (1996/ 1997), Thaler (2008/ 2010), Waschk (2008) sowie Kurz und Vogt (2008) geben erste Einblicke darüber, wie geöffnete Lernphasen im Fremdsprachenunterricht der Grundschule gestaltet werden können und wie die Schüler mit diesen umgehen. An dieser Schnittstelle setzt die F LACHSLAND -Studie an, in welcher reformpädagogische Unterrichtssituationen triangulativ untersucht wurden. Es war das Ziel zu schauen, wie sich die zielsprachlichen Leistungen von Schülern entwickeln, die das Englische als Zielsprache in geöffneten Situationen lediglich implizit und unregelmäßig, d.h. in Folge eigenen Engagements erfahren (vgl. Elsner/ Keßler 2009, Dausend 2010, Elsner/ Keßler 2011, Dausend et al. 2013). Im Folgenden werden die Forschungsfragen, das Forschungsdesign sowie die Erkenntnisse bezüglich der Entwicklung fremdsprachlicher Kompetenzen in geöffneten Lernformen beschrieben und die Auswirkungen auf methodische Fragestellungen skizziert. 7.3 Analyse der Prinzipien zum geöffneten Fremdsprachenlernen Der Ausgangspunkt für die Untersuchung reformpädagogischer Schule bezüglich ihrer Art, fremde Sprachen zu lehren, war die F LACHSLAND Z U- KUNFTSSCHULE in Hamburg. Die Flachslandschule bot sich als Forschungsfeld aufgrund mehrerer Spezifika an. Zum einen befand sich die Schule zu Beginn der Untersuchung 2009 in ihrem ersten Jahr, wodurch eine Beobachtung ab der ersten Stunde ermöglicht wurde. Zum anderen baute die Schulkonzeption <?page no="148"?> 148 auf den beiden Pfeilern reformpädagogischen Lernens sowie immersiver Sprachvermittlung auf, sodass konzeptionell das richtige Forschungssetting geboten wurde, um Erkenntnisse über eine Vermittlung fremdsprachlicher Inhalte in geöffneten Situationen zu gewinnen. Darüber hinaus setzten sich die Lerngruppen aus Schülern mit und ohne fremdsprachliche(n) Vorerfahrungen zusammen, wodurch vergleichende Einsichten in die Leistungsniveaus erhofft wurden. Ergänzend zeigten sich sowohl die Lehrkräfte als auch die Schulleitung sehr kooperativ für das anstehende Projekt, sodass die interne Unterstützung gesichert war. Erste Beobachtungen in Flachsland bestätigten die Annahme, aussagekräftige Erkenntnisse im Forschungsfeld gewinnen zu können, da eine Dichte an beobachtbaren Aspekten erkannt werden konnte. Somit wurden über einen Zeitraum von drei Jahren Unterrichtssituationen an der Flachsland-Zukunftsschule in Hamburg beobachtet, Gespräche mit den Lehrkräften und der Schulleitung geführt und internen Planungssitzungen beigewohnt. Parallel zur Planung der Longitudinalstudie an der Flachslandschule wurde eine Querschnittsstudie entwickelt, in welcher außerhalb des Kontextes Flachsland die Programme weiterer Schulen untersucht und ausgewertet werden sollten. Das Ziel war es, neben den langfristigen Entwicklungen methodischer Prinzipien und Kompetenzniveaus der Schüler der Flachslandschule die schulinternen Grundsatzpapiere mehrerer Institutionen zu vergleichen. Auf diese Weise sollten Übereinstimmungen und Unterschiede gefiltert werden, welche für die Bildung eines Unterrichtsmodells in der Flachslandschule genutzt werden konnten. Folgende Fragestellungen sollten beantwortet werden: 1) In welcher Form setzen Schulen mit reformpädagogischen Organisationskonzeptionen fremdsprachliches Lernen um? 2) Erfüllt die Anlegung dieser Art des Fremdsprachenlernens a) die von den Schulen individuell aufgestellten Prinzipien, b) die Prinzipien frühen Fremdsprachenlernens? 3) Welche fremdsprachlichen Leistungen erzielen Schülerinnen und Schüler, die in reformpädagogischen Settings unterrichtet werden? Im Juni 2009 wurde die Longitudinalstudie an die Voruntersuchungen in Flachsland angeschlossen. Der Schwerpunkt dieser lag auf der Erhebung der rezeptiven und produktiven mündlichen Kompetenzen der Schüler. Diese quantitativen Ergebnisse wurden jeweils gegen Ende des Schuljahres mit den qualitativ erfassten Bedürfnissen der Lehrkräfte sowie den strukturellen Veränderungen in der Unterrichtsorganisation zusammengeführt. <?page no="149"?> 149 Ergänzend kam es im Frühjahr 2010 zu der Durchführung einer Querschnittsstudie 11 , welche sich aus zwei Teiluntersuchungen zusammensetzte. In einer ersten Erhebung wurden zunächst die reformpädagogischen Schulkonzeptionen von sechs Grundschulen analysiert und in einer synoptischen Zusammenschau kontrastiert. In einem zweiten Schritt wurden neun Lehrkräfte von sechs Grundschulen bezüglich ihrer Unterrichtsgestaltung per Fragebogen befragt. Während in Flachsland auch die dritte Forschungsfrage in Bezug auf die Schülerleistungen Beachtung fand, zielte die Erhebung des Querschnitts schwerpunktmäßig a) auf die Vergleichbarkeit der Institutionen untereinander sowie b) auf die Diskrepanz bezüglich der theoretischen Vorannahmen (Schulkonzepte) und deren praktischer Umsetzung (Unterricht) innerhalb der einzelnen Institutionen ab. Im Folgenden werden die Forschungsfelder, die Erhebungsdesigns sowie die Erkenntnisse beider Studien ausführlich skizziert. 7.3.1 Darstellung der Längsschnittstudie Flachsland 7.3.1.1 Das Forschungsfeld Flachsland Seit Beginn des Schuljahres 2008/ 2009 lernen die Schüler in der F LACHSLAND Z UKUNFTSSCHULE jahrgangsübergreifend in geöffneten, an Partizipation orientierten Unterrichtsarrangements. Dabei wird die Fremdsprache in sturkturell, methodisch und inhaltlich geöffneten Situationen teilimmersiv vermittelt. Parallel muss der Anspruch des frühen Fremdsprachenlernens berücksichtigt werden. Angegliedert an den Verein der K INDERWELT H AM- BURG , welcher 16 bilinguale Kindertagesstätten betreut, wurde seit dem Schuljahr 2008/ 2009 die Möglichkeit gegeben, diese bilinguale Erziehung in der Grundschule fortzusetzen. Um die Schule natürlich wachsen zu lassen, wurden zunächst 22 Erstklässler eingeschult. Seitdem wächst die Schule mit jedem neuen Schuljahr um mehr als 30 Kinder. Das Ziel der Schule ist es, die Lerner durch reformpädagogische Strukturen mit einem starken Fokus auf die natürliche Vermittlung von Fremdsprachen bis zum Abitur zu qualifizieren. Organisatorisch lernen die Schüler in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen, welche in Teams zusammengefasst sind (vgl. Flachsland 2009). Jedes Team trifft sich im Morgensowie im Abschlusskreis am Mittag. In der dazwischenliegenden Zeit entscheiden die Lerner eigenständig über Inhalte, Themengebiete und Lernziele ihrer Aktivitäten. Um eine gewisse fachliche Progression zu sichern, werden zu Beginn jeder Woche von jedem Lerner individuelle Ziele in einem Wochenplan definiert, welche unterschiedlichen Lernbereichen zugeordnet sind. Während das Lernfeld Englisch im ersten 11 Ermittelt im Rahmen einer unveröffentlichten Abschlussarbeit von K. Breuer. <?page no="150"?> 150 Jahr nicht in den Plan integriert war, wurde dieses im Zuge der ersten Forschungsempfehlungen in den Wochenplan aufgenommen, so dass die Lerner auch überprüfbare Ziele für die Fremdsprache festlegen konnten. Ergänzend zu den Phasen thematisch frei gestaltbarer Arbeit nehmen die Lerner an Projekten teil. Diese werden jeden Vormittag für 90 Minuten mit einer Laufzeit von zwei bis vier Wochen angeboten und richten sich nach den thematischen Vorschlägen der Kinder. Dabei setzen sich die Projektgruppen unabhängig von der Teamzugehörigkeit der Schüler zusammen, und auch innerhalb dieser steht den Lernern die Wahl der Sozialform sowie der Fragestellung frei (vgl. Dausend 2010: 118). Die Fremdsprache als expliziter Bestandteil dieses reformpädagogisch dominierten Konzeptes wird zum ständigen Begleiter der Lerner. Im Sinne immersiver Vermittlungsprozesse soll die Hälfte aller Lehrkräfte ausschließlich die englische Sprache während der Lernzeit verwenden. Auf diese Weise sollen die Schüler auf natürlichem Wege ihre rezeptiven sowie produktiven fremdsprachlichen Fertigkeiten erweitern. Orientiert an der Fremdsprachenerfahrung in natürlichen Settings wird angenommen, dass die Lerner sich aus einem quantitativ wie qualitativ hochwertigen sprachlichen Input Eigenheiten der Sprache selbstständig erschließen. Explizite Vermittlungsprozesse wurden anfänglich von der Schule abgelehnt, da unter Berufung auf konstruktivistische Lerntheorien davon ausgegangen wird, dass sich die fremdsprachlichen Fertigkeiten der Kinder in Abhängigkeit vom dargebotenen sprachlichen Input der englischsprachigen Lehrkräfte entwickeln. Dementsprechend gab es zu Beginn des Projektes Flachslandschule keinen systematischen Zugang zur Zielsprache (vgl. Flachsland 2009). 7.3.1.2 Das Forschungsdesign in Flachsland Um den Erfolg der konzeptionellen Annahmen der Schule zu bestätigen oder zu widerlegen, wurden die tatsächlichen fremdsprachlichen Kompetenzen in der Hauptuntersuchung als Indikator für den Lernerfolg festgelegt. Zudem wurden im Rahmen der Hauptuntersuchung Beobachtungen von Unterricht durchgeführt sowie die materiellen und personellen Ressourcen der Schule erfasst. In Gesprächen mit Pädagogen sowie durch schriftliche Befragungen wurden personelle Hintergründe, aber auch die Zufriedenheit und die Problematiken im Umgang mit der speziellen organisatorischen Struktur in Flachsland erhoben. Parallel wurde ein Lehrtagebuch für die Englischlehrkräfte eingeführt, in welchem sämtliche Aspekte und Fragen rund um den pädagogischen Alltag und die immersive Sprachvermittlung dokumentiert werden sollten (vgl. Elsner/ Keßler 2011: 179). Sämtliche qualitative Erhebungen sind in Abhängigkeit zur Evaluation der Schülerleistungen zu sehen, welche jährlich durchgeführt wurden. Die Testbatterie setzte sich aus je einem <?page no="151"?> 151 Testformat zum Hörverstehen sowie zur Sprachproduktion zusammen. Auf diese Weise sollten die mündlichen Fertigkeiten umfassend getestet werden. Der Hörverstehenstest wurde von Elsner (2007) entwickelt, um im Rahmen ihrer Qualifikationsarbeit die Hörverstehensleistungen von Viertklässlern mit unterschiedlichen muttersprachlichen Voraussetzungen nach einem Jahr Englischunterricht an Bremer Schulen zu testen (vgl. Elsner 2007: 117ff, Kap. 5.2.6). Dieser Test wurde für Flachsland adaptiert, da in Anlehnung an die Ergebnisse immersiver Schulen (vgl. Kap. 6.3.1) davon ausgegangen wurde, dass die Kinder in Flachsland nach einem Jahr intensiven Sprachkontaktes und eines Vorlaufes im Kindergarten über ein ähnliches Verstehensniveau verfügten wie die ein Jahr unterrichteten Viertklässler, welche an der Studie Elsners teilgenommen hatten. Die Schüler mussten 13 Aufgaben der Formate listen and draw lines, listen and tick, listen and number bearbeiten. Diese Aufgabenformate waren den Kindern jedoch weniger bekannt, da sie aufgrund des Fehlens strukturierter Fremdspracheneinheiten ein systematisches Arbeiten in der Fremdsprache nicht gewohnt waren. Im ersten Durchlauf erfolgte der Test als pencil and paper-Version und wurde in der zweiten und dritten Testung von den Lernern am PC durchgeführt, um die Handhabbarkeit der wachsenden Datenmenge bewältigen zu können. Der Sprachproduktionstest war angelehnt an das Rapid Profile-Verfahren nach Pienemann (1998, 2006), Keßler (2006) und Keßler/ Keatinge (2008). Ergänzend wurden Elemente der EVENING-Testbatterie (Engel et al. 2009) sowie der Frog Story integriert (vgl. Elsner/ Keßler 2011: 172). Die eingesetzte Testbatterie bestand aus sechs Aufgaben, in welchen sowohl die Fertigkeiten des dialogischen als auch des monologischen Sprechens erhoben wurden. <?page no="152"?> 152 Die folgende Tabelle verdeutlicht die Aufgabentypen und -formate im Überblick. Nummer Fertigkeit Aufgabe 1 HV-Test Hörverstehen 13 Höraufgaben zum ganzheitlich und/ oder Detailverstehen unterschiedlichen Formats 2 Interview Dialogisches Sprechen Interview; Schüler geben Antworten zu persönlichen Fragen 3 Fragen an Situation Formulierung von Fragen Schüler formulieren a) konkrete Fragen an den Testleiter, b) auf einen Bildimpuls hin Fragen an eine fiktive Situation 4 Bilderrätsel Formulierung von Fragen Schüler formulieren aufgrund ihrer visuellen Vorlage Fragen, mithilfe derer sie Einsichten in die Inhalte der Vorlage des Testleiters erfahren möchten 5 Bildergeschichte Monologisches Sprechen Schüler ordnen Bildkarten chronologisch und beschreiben diese 6 Bildergeschichte Monologisches Sprechen: Kurze Texte Schüler a) beschreiben drei Bilder, b) geben den Ablauf der Handlung wieder, c) stellen Vermutungen über Gründe an Tab.10: Aufgabentypen Testbatterie Flachsland Diese Testbatterie bot eine Richtlinie, welche im Gespräch mit dem einzelnen Lerner individuell erweitert werden konnte. Auf diese Weise war es vom Testleiter erwünscht, den Schüler je nach dessen Leistungsvermögen durch Impulse zu weitergreifenden Sprachproduktionen anzuregen. Allerdings war jederzeit darauf zu achten, dass erwartete grammatische Strukturen wie z.B. die korrekte Struktur von Fragen (vgl. Tab. 10), nicht vom Testleiter vorgegeben wurden. 7.3.1.3 Die Forschungsergebnisse in Flachsland Insgesamt liegen Ergebnisse bezüglich der Kompetenzen der Lerner im Hörverstehen und in der Sprachproduktion zu drei Messzeitpunkten in den Sommern der Jahre 2009, 2010, 2011 sowie Beobachtungen von Unterricht und Befragungen der englischsprachigen Lehrkräfte vor. Ergebnisse der ersten Sprachstandserhebung (2009) Die ersten Untersuchungen zum fremdsprachlichen Können der Lerner nach einem Lernjahr im Juli 2009 ergaben, dass sämtliche Schüler in ihren Leistun- <?page no="153"?> 153 gen hinter den Erwartungen von Erziehern, Eltern und Forschern zurücklagen (vgl. Elsner/ Keßler 2009, Dausend 2010: 119). Die erste Erhebung zeigte für den Bereich des Hörverstehens eine breite Streuung des Könnens. Im Sprachproduktionstest wurde 20 der 22 Probanden die nach Rapid Profile ausgewiesene „Könnensstufe 1“ (Pienemann et al. 2006: 36) zugeschrieben, da diese lediglich Einwortäußerungen produzieren konnten. Dabei erzielten Schüler, welche im Vorfeld eine bilinguale Kindertagesstätte besucht hatten, im Schnitt bessere Ergebnisse als solche, die an Early English-Programmen teilgenommen hatten, und den Kindern, die keinerlei bilinguale Vorerfahrung hatten. Es stellte sich die Frage nach den Gründen für diese Diskrepanz sowie nach zu implementierenden Elementen, die eine Sprachproduktion anregen und fördern könnten. Auswertung methodischer Grundsätze 2009 Parallel zu der Auswertung der Ergebnisse der Leistungserhebungen wurde die Einschätzung der methodischen Ausrichtung des Unterrichts zurückgemeldet. Es zeigte sich, dass das rein immersive Angebot vor Ort der Fremdsprache nicht auszureichen schien, um umfassende fremdsprachliche Kompetenzen zu schulen. Dieses Defizit wurde vor allem auf die begrenzte Kontaktzeit zum Englischen sowie auf die Ausweichmöglichkeiten zur Kommunikation mit einer deutschsprachigen Lehrkraft gesehen. Anders als in den von Wode (2004, 2009) untersuchten Grundschulklassen in Altenholz war es den Lernern in Flachsland möglich, aufgrund der offenen Lernsituationen Aufgaben und Lernorte zu wählen, in welchen die englische Sprache keine Bedeutung hatte. Sie waren zu keiner Zeit gezwungen, das Englische aktiv zu verwenden, wenn sie dies nicht wollten. Da die Lernaufgaben, die Texte, die Arbeitsblätter und die Betreuung auch auf Deutsch zur Verfügung standen, wurde ausweichendes Verhalten ermöglicht. Die Beobachtungen von Unterrichtssituationen zeigten folglich, dass die Kontaktzeit der Kinder zur Fremdsprache weit unter den angestrebten 50 % lag. Folglich wurde überlegt, auf welche Weise eine intensivere Auseinandersetzung mit der Fremdsprache in den geöffneten Lernstrukturen möglich sei. Es wurde u.a. angenommen, dass eine strukturierte, progressiv ausgerichtete Vermittlung, welche bereits Elemente der Schriftsprache einbinden sollte, unterstützend wirken könnte (vgl. Elsner/ Keßler 2011: 177ff). In Anlehnung an Studien zum regelschulischen Lernen, welche eine Reduktion von Struktur fordern, zeigte sich, dass weniger die Struktur reduziert als verändert werden sollte. Weiterhin konnten Beobachtungen im ersten Jahr auf die Problematik hinweisen, dass kaum inhaltliche Verbindungen zwischen den einzelnen Lernphasen existierten. So wurden in den Projekten sämtliche Kompetenzen unstrukturiert aufgegriffen und inhaltlich nur geringfügig an die Arbeit in <?page no="154"?> 154 den freien Phasen angelehnt. Einhergehend mit der mangelnden Vernetzung fehlte eine umfassende Dokumentation der Unterrichtsplanung sowie der erreichten Lernziele sowohl für die Pädagogen als auch für die Schüler (vgl. Dausend 2010). Unter Letzteren konnte jedoch eine mit zunehmender Kontaktzeit wachsende positive Einstellung und Akzeptanz gegenüber dem Englischen als gleichberechtigter Sprache festgestellt werden, indem vermehrt auch der Kontakt zu den englischsprachigen Lehrkräften gesucht wurde. Als Folge der strukturellen Erkenntnisse und der nicht zufriedenstellenden Leistungen der Schüler wurden folgende konzeptionelle Veränderungen vorgeschlagen (vgl. Tab. 11). Betreffende Phase Methodik Ziele Morgenkreis Spiele, Lieder, Reime Spielerisch, offener Zugang zur Sprache; Vermittlung interkultureller und alltäglicher Inhalte Projektarbeit Unterricht nach CLIL - Sachfachlernen in englischer Sprache Sensibilisierung für die englische Sprache bei gleichzeitigem inhaltlichen Lernen im Sachfach Kompetenzzeit Sprachfördernde Maßnahmen (in Bezug auf das jeweilige Projekt) Schüler arbeiten selbstständig mit Bezug zu Projektinhalten; Vertiefte Auseinandersetzung mit sprachlichen Phänomenen Englisch-AG Handlungsorientierte, motivierende Aktivitäten Schüler zur Produktion von Sprache anregen; Ausbau von Grundwordschatz und Redetechniken Grundsätzlich gilt: • Jede Woche mindestens ein englisches Projekt • Englisch-AG zweimal pro Woche • Morgenkreis regelmäßig in englischer Sprache Tab. 11: Vorgeschlagene Veränderungen der konzeptionellen Anlegung Flachslands nach einem Jahr In dieser Empfehlung unterlagen sämtliche Phasen dem Ziel, sowohl methodisch als auch in ihrer Zielsetzung ineinanderzugreifen. Den Einstieg in den bilingualen Tag sollte der Morgenkreis bieten, welcher als thematisch offener Einstieg die englische Sprache flexibel nutzen und einen zwanglosen Kontakt zu dieser bieten könnte. In der Projektarbeit würden diese fremdsprachlichen Impulse vertieft, indem die Schüler über einen Zeitraum von einigen Wochen an einem Thema im Rahmen eines bilingualen Moduls arbeiten und dabei die <?page no="155"?> 155 Fremdsprache für dieses Inhaltsfeld umfassend erfahren und anwenden sollten. In der Kompetenzzeit sollten diese inhaltlichen und sprachlichen Lernzuwächse vertieft, strukturiert oder erweitert werden. So könnten die Lerner z.B. im bilingualen Modul zum Thema Flughafen in der Kompetenzzeit einen kurzen Artikel zum Flughafen verfassen oder Passagierzahlen berechnen. Auf diese Weise würden linguistische Fertigkeiten um mathematische und schriftsprachliche Kompetenzen erweitert. Ergänzend sollte die Englisch-AG eingesetzt werden, in welcher nicht abgedeckte Inhalte oder Kompetenzbereiche, vor allem der künstlerisch-kreativen und musischen Sachfächer, aufgegriffen und multisensorisch erweitert werden könnten. Diese Empfehlungen wurden im folgenden Schuljahr teilweise umgesetzt. Befragung der Lehrkräfte 2009 Eine Fragebogenerhebung sowie informelle Gespräche mit den Lehrkräften konnten zeigen, dass sich diese auf ihre Arbeit in dem speziellen Unterrichtskonzept zwar freuten, aber nicht ausreichend vorbereitet fühlten. Sie waren unsicher darüber, auf welche Weise sie den Anspruch von Immersion und Öffnung methodisch verbinden sollten, da ihnen Unterrichtsbeispiele und eine methodische Handreichung fehlten. Zwar wurden in Konferenzen immer wieder Fragen diskutiert und handhabbare Lösungen erarbeitet, dennoch sahen sich einige Pädagogen durch die zusätzliche Erarbeitung grundlegender methodischer Vereinbarungen neben ihrer unterrichtlichen Tätigkeit überfordert. Hinzu kam die Verunsicherung, den Ansprüchen der Schulleitung und der Eltern nicht gerecht zu werden. Weiterhin empfanden einige Pädagogen ihr fachliches Wissen als zu gering, um Spracherwerbsprozesse in geöffneten Lernarrangements anbahnen zu können. Sie gaben an, die geforderte Einsprachigkeit nur schwer einhalten zu können, da gerade in kritischen Situationen in die deutsche Sprache gewechselt werden musste, um schnell und flexibel reagieren zu können und das Verstehen des Kindes sicherzustellen (vgl. Dausend 2010). Die Ergebnisse aus der ersten Erhebung haben verdeutlicht, dass Kinder, welche bereits in bilingualen Kindertagesstätten einen Kontakt zur Fremdsprache erfahren haben, über ausgeprägte Fertigkeiten im Hörverstehen verfügen. Die Fertigkeiten zum Produzieren von Sprache sind jedoch geringer ausgeprägt und gehen über einzelne Worte nicht hinaus. Nach einem Lernjahr in einem Unterricht, welcher nur einen unregelmäßigen Kontakt zur Fremdsprache bot und unstrukturiert an Inhalte gebunden war, können diese Fertigkeiten mitunter nur geringfügig erweitert werden. Unterrichtsmethodisch ist daher zu schließen, dass eine reduzierte Dominanz der Lehrkraft und folglich verstärkte Lerneraktivität, wie sie in Studien <?page no="156"?> 156 zum regelschulischen Lernen angedacht worden ist (vgl. Kap. 5.4), nicht bedeuten kann, dass die Schüler ihr Lernen komplett allein strukturieren. Vielmehr scheint es sinnvoll, gerade durch zielgerichtete und kompetenzorientierte Kontakte zur fremden Sprache lernerzentrierte, sinnhafte und ergebnisoffene Aufgaben anzubieten, in welchen die Sprachproduktion geübt werden kann. Ein reichhaltiger Input ist demnach nicht nur linguistisch, sondern auch methodisch zu verstehen. Mit den Empfehlungen zur Anpassung der organisatorischen Strukturen sowie der Methoden von Unterricht wurde versucht, sowohl lernerzentrierte als auch inhaltsorientierte Lernformate zu bieten. Damit diese jedoch angemessen umgesetzt werden können, ist es notwendig, sowohl die nötige Expertise der Lehrkräfte zu schulen als auch deren Selbstbild zu stärken. Ergebnisse der zweiten Sprachstandserhebung (2010) Die Erhebung der fremdsprachlichen Leistungen der Schüler im Juli 2010 zeigte positive Veränderungen in allen Bereichen. Alle bereits 2009 getesteten Schüler verbesserten sich im Vergleich zum ersten Testzeitpunkt im Hörverstehen sowie in der sprachlichen Produktion. Die folgende Tabelle veranschaulicht den allgemeinen Kompetenzzuwachs im Bereich der spontansprachlichen Leistungen (vgl. Tab. 12). Erwerbsstufe Sprachstandserhebung I (Juni 2009) Sprachstandserhebung II (Juni 2010) 6 -- -- 5 -- -- 4 -- 2 3 -- 5 2 3 4 1 11 3 Gesamt 14 14 Tab. 12: Erreichte Spracherwerbsstufen nach Pienemann (1998) in Flachsland (vgl. Dausend et al. 2013: 75) Während sich die Schüler allgemein verbesserten, konnten für einzelne Lerner enorme Steigerungen sprachlicher Produktionsfertigkeiten erkannt werden. Im Vergleich der Erstklässler 2010 mit denen 2009 wurden wesentlich bessere Leistungen der ein Jahr später eingeschulten Lerner ersichtlich. Dieses Ergebnis kann als Indikator für die positiven Auswirkungen der vorgenommenen Veränderungen im zweiten Schuljahr gesehen werden (ohne Anspruch darauf, eindeutig kausale Zusammenhänge ableiten zu wollen). <?page no="157"?> 157 Auswertung methodischer Prinzipien 2010 Von den vorgeschlagenen Veränderungen im Anschluss an die erste Erhebung (vgl. Tab. 11) wurden einige umgesetzt, um die zuvor eher programmatisch verwendeten Prinzipien umzusetzen. Um einen strukturierten Kontakt zum Englischen zu bieten, wurde im Schuljahr 2009/ 10 eine 60-minütige Englischstunde pro Tag angeboten. Die Lerner waren angehalten, diese mindestens einmal in der Woche zu besuchen. Methodisch und inhaltlich war dieser Unterricht an den regelschulischen Prinzipien (vgl. Kap. 5.1) ausgerichtet, sodass die Lehrkraft zunächst imitative und reproduzierende Verfahren des Sprachkontaktes anbot. Vor allem die Phasen des storytelling, des Singens und des Spielens waren so beliebt, dass einige Kinder das Angebot fast täglich annahmen. In der Kompetenzzeit bestand die Möglichkeit, die Inhalte und die sprachlichen Elemente, welche ich der Englischstunde eingeführt wurden, zu vertiefen. Eine inhaltliche Überschneidung zu den Projekten konnte jedoch nur gelegentlich gelingen, da die Module thematisch sehr speziell waren, während im Englischunterricht eher grundlegende Themen behandelt wurden (wie z.B. seasons, weather, clothes). Zudem wurde Englisch als neue Kategorie in den Wochenplan aufgenommen, sodass jeder Schüler auch für diesen Lernbereich ein Ziel formulieren musste. Diese Maßnahme half zum einen die Wertigkeit des Faches in den Augen der Schüler zu stärken und zum anderen zu erlernen, wie Lernziele für ein fremdsprachliches Fach zu verfassen sind. Um die Lehrkräfte zu unterstützen, wurden mehrere Neuerungen eingesetzt. Zum einen wurden Dokumentationshilfen angeboten, in welchen die Lehrkräfte ihre Unterrichtsplanungen sammeln sowie Verknüpfungen mit anderen Lernphasen herstellen konnten. Durch die Verwendung von Wabendiagrammen sollten inhaltliche Überschneidungen mit anderen Fachgebieten deutlich werden und die Arbeit des Einzelnen erleichtert werden, indem Arbeitsblätter, Material oder Erfahrungen ausgetauscht werden konnten. Auf der individuellen Ebene wurde das Angebot von Lerntagebüchern gemacht, in welchen die Lehrkräfte persönliche Erfahrungen, aber auch Fragen und Ideen festhalten konnten. Diese Lerntagebücher wurden von den Lehrkräften leider weniger intensiv wahrgenommen, da sie als eine zusätzliche Belastung erlebt wurden, welche den zeitlichen Aufwand in ihren Augen nicht aufgewogen hat. Allerdings entwickelten sie die vorgestellten Planungs- und Dokumentationsinstrumente nach ihren Bedürfnissen um, da diese als wirkliche Hilfen für die Planung von Lernphasen wahrgenommen wurden. <?page no="158"?> 158 Die Ergebnisse aus der zweiten Erhebung zeigen, dass die Fertigkeiten der Lerner im Englischen zugenommen haben. Allerdings bestehen zwischen den Schülern mitunter sehr gravierende Entwicklungssprünge, welche es in der weiteren Untersuchung zu beobachten gilt. Die allgemein positive Entwicklung zeigt, dass der im Schuljahr 2009/ 2010 angebotene Sprachkontakt ausreicht, um die Lerner zu fördern. Leider kann über die Gründe für diese Veränderung nur spekuliert werden. Beobachtungen der eingeführten Englischstunde weisen jedoch darauf hin, dass diese ein Lernort ist, an welchem die Schüler ernsthaft die englische Sprache anwenden, während sie in den bilingualen Lernphasen der Module oder der Kompetenzzeit viele Schlupflöcher finden, unter Verwendung der deutschen Sprache mit den englischsprachigen Lehrkräften zu kommunizieren. Diese Strategie lässt sich jedoch nicht unendlich reduzieren, ohne den Offenheitscharakter der Lernumgebung einzuschränken. In diesem Sinne hat sich in diesem Jahr die Debatte darüber ergeben, wie viele strukturierte Lernphasen im Sinne der Englischstunde im offenen Konzept toleriert werden können. In Bezug auf die Lehrkräfte kann erkannt werden, dass sie Hilfen zur Unterrichtsplanung dann annehmen, wenn der Nutzen höher als der Aufwand antizipiert wird. Ergebnisse der dritten Sprachstandserhebung (2011) Die Ergebnisse der dritten Messung des Leistungsstandes der Schüler zeigten Verbesserungen im rezeptiven wie produktiven Bereich. Im Hörverstehen erreichten die zwölf Lerner, welche zum dritten Mal an den Testungen teilnahmen, 50 von 76 Rohpunkten und lagen damit neun Punkte höher als im Jahr zuvor. Allerdings war die Streuung der Ergebnisse mit 9,2 Punkten im Vergleich zu 5,7 Punkten 2010 größer. Auch die Lerner der zweiten Jahrgangsstufe haben sich deutlich verbessert. Im Vergleich dieser mit den letztjährigen Zweitklässlern zeigte sich ebenfalls ein Zugewinn im Mittel von 14 Punkten (2010: 41 von 76, 2011: 55 von 76). Besonders beeindruckend war die Leistung der Erstklässler, welche im Schnitt 48 von 76 Punkten erreichten und damit um zehn Punkte höher lagen als die jetzigen Zweitklässler vor einem Jahr und um sieben Punkte höher als die Zweitklässler vor einem Jahr. In der Sprachproduktion konnten ebenfalls positive Veränderungen bemerkt werden. Von den elf Schülern der dritten Jahrgangsstufe, für welche Vergleiche zum letzten Zeitpunkt vorlagen, konnten zwei Schüler eine höhere Spracherwerbsstufe erreichen. Die anderen blieben auf den bisher erreichten Stufen. Deutlicher zeigte sich der Zugewinn bei den Lernern der zweiten Jahrgangsstufe. Von insgesamt 23 Schülern verbesserten sich 15 um mindestens eine Stufe. Weniger stark war der Zugewinn im ersten Schuljahr. Von acht getesteten Lernern erreichten sieben die erste Spracherwerbsstufe; zeigten sich jedoch deutlich kommunikativer als die Schüler der ersten Jahrgangstufen 2009 und 2010. <?page no="159"?> 159 Auch in der dritten Erhebung konnten Verbesserungen bezüglich der Fertigkeiten in beiden Bereichen festgestellt werden. Nach wie vor sind die Leistungen im rezeptiven Bereich besser als im produktiven. Allerdings haben die Leistungszuwächse gerade im letzteren Bereich stark zugenommen. Die jetzigen Erstklässler zeigen sich insgesamt leistungsstärker und kommunikativer als die der Jahre zuvor. Dies kann natürlich zum einen an persönlichkeitsimmanenten Faktoren der Schüler liegen, andererseits könnten auch die etablierten Strukturen und die zunehmende Routine der Lehrkräfte eine steigende Unterrichtsqualität begünstigen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Lerner in Flachsland im Schnitt nach zwei Lernjahren das Niveau von Schülern der Regelgrundschule am Ende der vierten Klasse sowie das in den meisten Curricula vorgegebene Niveau A1 bis A2 erreichen. Unterrichtsdidaktisch kann geschlossen werden, dass eine praktizierte Kombination aus immersiven Kontakten in lernerzentrierten Lernphasen und einer systematischen Auseinandersetzung in der strukturierten Englischstunde lernförderlich wirkt. Folglich kann die geforderte Stärkung der Lerner auch in der Regelschule erreicht werden, indem a) die Lehrkraft einen sprachlich sehr reichhaltigen Input bietet, b) die Lerner aufgabenorientiert sprachimmanente Strukturen erarbeiten, benennen und anwenden, c) die Lerner handlungsorientiert und sinngebunden Sprache produzieren und Inhalte verhandeln und d) die Lehrkraft die Sprachaushandlungen durch Rückfragen und Impulse kompetenzorientiert leitet. Um die konzeptionellen Erkenntnisse aus Flachsland mit denen anderer Schulen mit einem reformpädagogischen Ansatz zu vergleichen, wurden in einer Querschnittsstudie die schulinternen Curricula untereinander verglichen sowie Lehrkräfte dazu befragt, wie sie den Englischunterricht methodisch umsetzen. Im folgenden Abschnitt werden das Vorgehen sowie die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. 7.3.2 Darstellung der Querschnittsstudie Bislang liegen keine Publikationen vor, welche die Schulkonzeptionen von reformpädagogischen Schulen hinsichtlich ihrer Art und Weise, die englische Sprache zu vermitteln, untersucht haben. Da jedoch eine Vielzahl an Schulen mit geöffnetem Lernangebot existiert, wurden per Zufallsprinzip sechs Schulen ausgewählt und deren auf der Homepage publizierte Unterrichtskonzeptionen kategoriengeleitet ausgewertet. 7.3.2.1 Beschreibung des Forschungsfeldes und -designs Die Auswahl der Schulen ergab sich aufgrund der Angaben, (innerhalb ihrer jeweiligen Internetpräsenz) „offen“ zu unterrichten. Um die sechs Schulkonzeptionen untersuchen und vergleichen zu können, wurden diese im Sinne <?page no="160"?> 160 einer Dokumentenanalyse kategoriengeleitet ausgewertet (vgl. Mayring 2002: 46). Die Kategorien wurden induktiv aus den online publizierten Schulkonzeptionen hergeleitet, indem Textpassagen zusammengefasst und abstrahiert wurden. Auf diese Weise konnte ein übergreifendes Kategoriensystem erstellt werden, welches die folgenden Kategorien umfasst: • Schulkonzeption • Lehr- und Lernziele • Schul- und Unterrichtsorganisation • Einsatz von Methoden/ Materialien • Faktoren offenen Fremdsprachenlernens • Maßnahmen zur Anregung fremdsprachlicher Produktion Das Ziel der Analyse war es, Angaben zu allgemeinpädagogischen Annahmen, zu den grundlegenden Prinzipien des Unterrichts sowie zu den berücksichtigten didaktischen Konzepten und Modellen des Fremdsprachenlernens zu erhalten. Die daran anschließende Befragung der Lehrkräfte sollte neben den theoretischen Ausführungen der niedergeschriebenen Konzeptionen einen Blick auf die tatsächliche Gestaltung von Unterricht ermöglichen. Es konnten die Aussagen von neun Lehrkräften aus sechs Schulen berücksichtigt werden. Von diesen waren drei Institutionen bereits in der Synopse analysiert worden, um einen Abgleich der konzeptionellen Beschreibungen mit den Aussagen der Lehrkräfte zum tatsächlichen Vorgehen im Unterricht erheben zu können. Ergänzend wurden drei Schulen mit dem Ziel der Erweiterung des Erkenntnisradius neu in den Pool aufgenommen. Insgesamt wurden somit neun Institutionen in die Studie integriert, wodurch nur ein kleiner Ausschnitt generiert werden kann, der keinen repräsentativen Anspruch erhebt, aber dennoch Hinweise auf die methodisch-didaktische Ausrichtung fremdsprachlicher Lernangebote in Schulen mit grundsätzlich geöffneten Lernstrukturen bietet. Ihre Wirkungskraft erhält die Untersuchung als Ergänzung zu den umfassenden Studien im Kontext von Flachsland, indem durch sie Einblicke in ähnlich arbeitende Institutionen generiert werden können. 7.3.2.2 Forschungsergebnisse der Querschnittsstudie Die Erhebung verdeutlicht, dass in allen untersuchten Schulkonzeptionen kein Unterrichtsmodell besteht, welches vorgibt, auf welche Weise die Fremdsprache in den geöffneten Strukturen zu implementieren ist. Auch fehlen Bezüge zu fremdsprachendidaktischen Annahmen bezüglich eines Erwerbs der fremden Sprache in der Grundschule. Stattdessen dominieren allgemeinpädagogische Prinzipien, welche nicht detailliert auf den Bereich des Fremd- <?page no="161"?> 161 sprachenlernens bezogen werden. Vielmehr steht der Fachbereich Englisch als einer von vielen in einem Konzept des selbstbestimmten Lernens, sodass sich keine Aussagen zu Inhalten oder Methoden ergeben. Vereinzelt werden globale Hinweise zu Partnerschaften mit ausländischen Schulen, zu ergänzenden Sprachprogrammen oder zur Organisation des Englischen als Arbeitssprache ohne weitere Erläuterungen aufgeführt. Insgesamt wird vor allem die organisatorische Ebene des Unterrichts thematisiert. Auf Grundlage der Fragebogenerhebung unter den Lehrkräften war eine differenzierte Darstellung methodischer Grundsätze möglich. Allgemein gelingt es den Befragten kaum, konkrete Hinweise zu ihren methodischen Vorgehensweisen und Vermittlungsstrategien zu geben. Die sehr global wirkenden Angaben zu methodischen Aspekten unterstreichen, dass lediglich zwei der sechs Grundschulen dem von ihnen postulierten Offenheitsanspruch im Fremdsprachenunterricht gerecht werden. Das fremdsprachliche Lernen in den anderen vier Institutionen wird an Zielen und Prinzipien des regelschulischen Lernens ausgerichtet. Die Lehrkräfte aller Schulen geben an, die Fremdsprache geöffnet zu vermitteln, jedoch nennen lediglich drei konkrete methodische Implikationen ihrer Arbeit. Neben Arbeitsformen wie „Einzel-, Partner-, Gruppenarbeiten“ werden vor allem Methoden der Vermittlung wie „Stationenlernen“, „Formen kooperativen Lernens“, „Klasseninterviews“, „Darstellendes Spiel“, „Total Physical Response“, „Information Gap and Talking while Walking“ u.a. als Belege genannt. Detaillierte Beschreibungen oder die Zuordnung dieser Methoden in ein Offenheitsparadigma fehlen. Die Geschlossenheit des Unterrichts ergibt sich in drei der sechs Institutionen durch die Verwendung eines Lehrwerkes - wenn auch zum Teil in Kombination mit Freiarbeitsphasen. Das Offene in ihrem Unterricht kann von allen Lehrkräften ausschließlich organisatorisch definiert werden, ohne konkrete Hinweise auf die Art des Unterrichts oder methodische Offenheit zu generieren. Der Vergleich von Synopse und den Angaben in den Fragebögen verdeutlicht mitunter widersprüchliche Angaben der drei in beiden Erhebungen erfassten Schulen. Auch können Defizite in der Konzeption durch Angaben im Fragebogen getilgt werden. Einige Angaben sind so oberflächlich, dass sie für die Auswertung nicht genutzt werden können. <?page no="162"?> 162 Zusammenfassend wird deutlich, dass die Ergebnisse der Querschnittsstudie ein Fehlen sämtlicher theoretischer Fundierung für das Erlernen fremder Sprachen in geöffneten Situationen bestätigen. Einerseits können durch die Untersuchung der Schulkonzeptionen keine ausreichenden Hinweise auf eine didaktische Fundierung der Lehr- und Lernweisen abgeleitet werden. Andererseits geben die Aussagen der Lehrkräfte nur unzureichende Hinweise bezüglich der von ihnen eingesetzten Arbeitsweisen. Es lässt sich vermuten, dass sie über keine reflektierten Pläne zur Gestaltung fremdsprachlicher Lernprozesse in geöffneten Settings verfügen. Darüber hinaus zeigt sich, dass die untersuchten Schulen mit uneinheitlichen Definitionen des Begriffs offener Unterricht arbeiten, welche sich in der Mannigfaltigkeit der implementierten methodischen Ansätze widerspiegeln. Folglich werden methodische Prinzipien umgesetzt, wie sie entweder in der Regelschule oder in reformpädagogischen Konzepten zu finden sind. Ferner spiegelt sich dieser Mangel an theoretischen Grundsätzen in einer Unsicherheit der Lehrenden wider. Es scheint, als würden etablierte Methoden des regelschulischen Lernens genutzt, um den Mangel eines Unterrichtsmodells für das geöffnete Fremdsprachenlernen auszugleichen. Eine Befragte ging so weit, die Idee des geöffneten Unterrichts als unpassend für die Vermittlung fremder Sprache zu deklarieren. „Lehrer sind als sprachliches Vorbild wichtig, dadurch gibt es bei mir doch oft lehrerzentrierten Unterricht. Alle diese offenen Unterrichtsformen kann ich mir für Englisch nur schwer vorstellen (…).“ 7.4 Diskussion des geöffneten Fremdsprachenlernens Auch wenn der Offenheitsbegriff weitgehend einheitlich gestaltet zu sein scheint, konnte gezeigt werden, dass die letztendliche Realisierung im Unterrichtsgeschehen äußerst heterogen ist. Infolge einer fehlenden theoretischen Konzeption besteht das Problem einer enormen Interpretierbarkeit theoretischer sowie praktischer Annahmen geöffneten Fremdsprachenlernens. Somit entsteht eine rezeptartige Verwendung entweder geöffneter Methoden wie z.B. das Lernen an Stationen oder regelschulischer Prinzipien. Dementsprechend wird die Auseinandersetzung mit der Fremdsprache vielfach in einem der Regelschule methodisch und organisatorisch ähnlichen Unterricht angeboten, in welchem die möglichen Vorzüge der geöffneten Strukturen nur in Ansätzen genutzt werden. Vor dem Hintergrund einer Forderung von vermehrt geöffneten Lernsituationen muss eine zunehmende Öffnung sowohl konzeptionell gesichert als auch empirisch überprüft werden. Hier zeigt sich einmal mehr das Dilemma geöffneter Fremdsprachenvermittlung: Gerade das Lernen einer fremden Sprache ist von der Qualität und der Quantität des sprachlichen Inputs abhängig, welchen der Lerner erhält, <?page no="163"?> 163 sowie vom Aufforderungscharakter der Lernumgebung (vgl. Schmid- Schönbein 2008, Legutke et al. 2009: 18). In geöffneten Situationen arbeitet der Schüler jenseits des Einflusses der Lehrkraft selbstständig unter Verwendung von lernunterstützenden Medien und Materialien. Die Impulse, welche zur Verarbeitung und Verwendung von Sprache notwendig sind, müssen daher von dem Schüler selbst entwickelt werden. Da dieser im Grundschulunterricht jedoch kaum über Erfahrungen verfügt, ist die Unterstützung durch die Lehrkraft zu Beginn des Lernprozesses immanent (vgl. Engel 2009: 198, Wode 2009), um erste Kenntnisse zu vermitteln, den Umgang mit der fremden Sprache zu trainieren und ein Gespür für das Fach und dessen Ansprüche zu erlangen. Das zur Verfügung gestellte Arbeitsmaterial kann den Facettenreichtum des sprachlichen Inputs nicht ersetzen, und wie die Aussagen der Lehrkräfte zeigen, gelingt es momentan nur unzureichend, genügend Input zu bieten, ohne in geschlossene Szenarien zu verfallen. Geöffnetes Fremdsprachenlernen kann im Umkehrschluss sicher nicht meinen, dass der Lerner im Anfangsunterricht allein einer Lernumgebung ausgesetzt wird - und selbst dies scheint temporär verbunden mit Audio-, PC- und Bücherstationen sinnvoll, wie die Ergebnisse von Kurz und Vogt (2008) sowie Waschk (2008) zeigen - , sondern dass Interaktions- und Kommunikationssituationen erweitert werden müssen. Zudem kann in Flachsland gesehen werden, dass Lerner auch Schlupflöcher nutzen, wenn sie nicht explizit zum Einsatz der Fremdsprache herausgefordert werden. Folglich ist die Lehrkraft für die Aufrechterhaltung der Motivation verantwortlich, damit die Lerner überhaupt erst die Anstrengung auf sich nehmen, mit der fremden Sprache zu agieren. Kurzum ist die Frage zu stellen, auf welche Weise in einer Lernumgebung Sprachen gelernt werden können, in welcher kaum gesprochen wird. Nichtsdestotrotz können aus den geöffneten Settings positive Aspekte für die Arbeit im Fremdsprachenunterricht hergeleitet werden. Denn wie in Flachsland und den Aussagen der Lehrkräfte aus der Querschnittsstudie gesehen werden kann, ist es die Mischung aus geöffneten und geschlossenen Phasen, welche das Lernen fördert, wenn den Schülern ein intensiver und teilweise systematischer Kontakt zur Zielsprache ermöglicht wird. Dabei sind geöffnete und geschlossene nicht im Sinne eines quantitative Wechsel von Methoden zu verstehen, sondern vielmehr sollen je nach Anspruch der Schüler und des Inhaltes mal Aufgaben generiert werden, welche linguistische Aspekte thematisieren, mal Diskussionen angestoßen werden, welche ergebnisoffen geführt werden. Für beides benötigt es jedoch die leitende Hand der Lehrenden, ohne dass diese die Redeanteile für sich übernehmen und die Lerner zu sehr einschränken. In Bezug auf das Fremdsprachenlernen meint Öffnung daher immer eine temporäre, teil-offene Situation, die beliebig um geschlossene Phasen ergänzt <?page no="164"?> 164 werden kann. Daher soll - ebenso wie in der Diskussion um Schrift und Grammatik - die Frage weniger lauten, ob, sondern wie eine Öffnung des Fremdsprachenunterrichts sinnvoll angelegt sein kann. Wie die Studien von Kolb (2007), Sambanis (2007) und Diehr (2010/ 2011) zeigen, scheint es sinnvoll, eine Öffnung vor allem auf der kommunikativen Ebene anzubahnen, indem die Sprechgelegenheiten der Schüler durch eine methodische oder inhaltliche Öffnung erhöht werden. Diese Öffnung käme auch der Art und Weise authentischer Sprechsituationen gleich, die mit Hilfe der Diskurskompetenz genutzt werden können. Eine Öffnung von Kommunikation wird folglich realisiert, indem der Lerner vermehrt Angebote zur Diskussion erhält, welche in ihren Inhalten und Ergebnissen zwar gestützt sind, aber nicht vorgegeben werden (vgl. Hallitzky 2002). Die Lehrkraft lenkt diese Gespräche, indem sie zielgerichtet sprachliche Impulse oder Fragen gibt, ohne die Ergebnisoffenheit der Interaktion einzuschränken. Auf diese Weise wird eine authentische und offene Diskussion gefördert, welche den Unterricht nicht in Bezug auf die Methode öffnet, aber auch der eigentlichen Ebene fremdsprachlichen Unterrichts - der kommunikativen Aushandlung von Bedeutungen - Raum lässt. Die Qualität fremdsprachlicher Äußerungen kann durch eine kontinuierliche Progression aller Akteure zu einer komplexeren Unterrichtssprache und damit zu erweiterten Kompetenzen der Lerner führen. Konkret würde dies bedeuten, dass die Lehrkraft verantwortungsvoll fremdsprachliche Herausforderungen schafft, welche die Lerner unter Einbezug individueller Lernstrategien und Vorkenntnisse bewältigen können. Wie bereits angedeutet wurde, setzt sich ein so geschaffener reichhaltiger Input aus linguistischen, methodischen und inhaltlichen Faktoren zusammen. Durch Aufgaben und die dialogische Auseinandersetzung mit der Lehrkraft und den Mitschülern sollen die Lerner integrativ die Zielsprache hören und verstehen sowie mit eigener Sprachproduktion reagieren und diskursiv interagieren können. Diese Prinzipien geöffneter Lernformen lassen sich zu den Ergebnissen der Auswertung von regelschulischen und bilingualen Unterrichtsansätzen hinzufügen. Aus allen drei Ansätzen können Prinzipien für einen diskursivkompetenzorientierten Unterricht hergeleitet werden. Im Zusammenhang mit den curricularen Vorgaben sind die Beschreibungen der Prinzipien, wie im folgenden Kapitel diskutiert, zu bewerten. <?page no="165"?> 165 8 Die Prinzipien eines diskursiv-kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule Sämtliche Prinzipien sind vor dem Hintergrund der Zielsetzung des fremdsprachlichen Lernens in der Grundschule zu diskutieren, welche mit der Diskurskompetenz festgelegt werden konnte (vgl. Kap. 3.4). Dementsprechend sollen Lerner durch den Unterricht gesellschaftsfähig werden (vgl. Bach/ Breibach 2009: 291ff, Hallet 2011: 30), indem sie lernen, verantwortungsvoll, sinnhaft und angemessen zu handeln. Dieses Handeln setzt sich u.a. aus linguistischen, kulturellen, persönlichen sowie situativen Faktoren zusammen und ist äußert komplex. Da es sich in Bezug auf den Fremdsprachenunterricht vor allem um ein Handeln mit Sprache handelt, werden diese Handlungen in Diskursen vollzogen (vgl. Gee 1990: 142, Hallet 2011: 30). Folglich ist es das Ziel fremdsprachlichen Lernens, die Schüler zu einer Diskurskompetenz zu befähigen, welche es ihnen ermöglicht, sprachlich und kulturell angemessen an Diskursen teilzunehmen (vgl. Anstey/ Bull 2006: 19, Hallet 2011: 36). Die in den vorangegangenen Kapiteln dargelegten Prinzipien müssen daher in einer Weise kombiniert werden, dass die Schüler ihr sprachliches sowie ihr kulturelles Können und Wissen, ihre Fähig- und Fertigkeiten sowie ihre Einstellungen und Haltungen nutzen und erweitern können. Dies kann laut der vorgenommenen Analyse gelingen, wenn die Schüler als Diskursteilnehmer wahrgenommen werden. Anstatt allein auf Defizite fokussiert zu lehren, sollen die Kompetenzen genutzt werden, über welche die Lerner bereits verfügen. Darauf aufbauend werden Inhalte fremdsprachlich verhandelt und der Defizitcharakter des Lernens in ein Nutzen von Ressourcen gewandelt. Die Lerner erfahren, dass sie bereits in der Lage sind, im Kontext fremder Sprachen und Kulturen zu kommunizieren. Zur Unterstützung der Situationen können die Schulsprache Deutsch, aber auch die Herkunftssprache genutzt werden, da wie die Forschung zur Mehrsprachigkeit zeigt, die Kompetenzen aller vom Lerner gesprochenen Sprachen Einfluss auf die Motivation, das Selbstwertgefühl und das sprachliche Können haben (Mehisto 2013: 26). Auf diese Weise lassen sich Inhalte verhandeln, welche echten Bedürfnissen entspringen und zu einer vertieften Durchdringung von Sprache und Inhalt anregen, welches als ein positives Prinzip für das bilinguale und immersive Lernen herausgearbeitet werden konnte. Auch geöffnete Lernformen nutzen die Lebenswelt der Schüler als Lernwelt. Es konnte gezeigt werden, dass Kinder selbstgesteuert Angebote wahrnehmen, wenn ihnen diese sinnvoll und zielorientiert erscheinen. Dementsprechend kann ein diskursivkompetenzorientierter Unterricht von einer gewissen thematischen, sprachli- <?page no="166"?> 166 chen und methodischen Öffnung profitieren, wenn er den Lernern Spielraum lässt, um erstens ihre Belange und Interessen einzubringen und um zweitens forschend zu lernen. Allerdings ist ebenso deutlich geworden, dass diese Spielräume begrenzt und die Aktivitäten der Lerner unterstützt werden müssen. Das Ausmaß an Unterstützung und Strukturierung ist immer von den Zielen des Unterrichts sowie dessen Inhalten abhängig (vgl. Dausend 2013: 131 ff, Dausend et al. 2013: 78). Nachdem die Ziele von Unterricht festgelegt sind, welche in Kompetenzen formuliert werden, können sinnhafte Lernsituationen nur geschaffen werden, indem Kompetenzen mit Inhalten verbunden werden. Auch wenn die Inhalte aus ihrer zentralen Stellungen in den Curricula verband worden sind, zeigt sich im Unterricht, dass diese weiterhin eine zentrale Rolle bei der Planung und Durchführung dessen einnehmen (vgl. Bär 2013: 99 f) sowie einen Beitrag zum Bildungskanon bieten (vgl. Bonnet/ Breidbach 2013: 30ff). Denn gerade weil die Kompetenzen so unspezifisch formuliert sind, werden die Inhalte von den Lehrkräften als Planungshilfe genutzt, was sich im regelmäßigen Einsatz von Lehrwerken sowie im Erstellen von schulinternen Lehrplänen zeigt. Denn allein durch die Inhalte können abstrakte Kompetenzen erst zu eindeutigen Zielen formuliert werden. Dass Inhalte zentral sind, belegen die Einsichten in bilinguale und reformpädagogische Lernformen sowie die allgemeingültige Fragestellung nach der Bedeutung eines Bildungskanons. Insbesondere vor dem Hintergrund des fächerverbindenden Lernens, welches abermals durch die Erfahrungen von bilingualen und reformpädagogischen Unterricht gestützt wird, werden die Inhalte der Sachfächer zwangsläufig ein relevanter Bestandteil und ermöglichen genau die zu Beginn beschriebenen Bedeutungsaushandlungen gleichberechtigter Diskurspartner. Werden bedeutungstragende Inhalte diskutiert, findet die erwartete gesellschaftliche Teilhabe als Zieldimension von Diskurskompetenz unmittelbar im Unterricht statt. Diese Bedeutung der Gegenwart für den Erwerb von Diskurskompetenz, aber auch für das Nutzen dieser verdeutlicht, dass die Befähigung zur aktiven Teilhabe an Gesellschaft immer einen Gegenwarts- und einen Zukunftsbezug hat. In Bezug auf das fremdsprachliche Lernen ergibt sich der Gegenwartsbezug aus der Lebenswelt der Schüler. Um in ihren Peergruppen, ihren sozialen Umgebungen und damit auch der Schule zu agieren, müssen sie mit der sprachlichen und kulturellen Vielfalt ihrer Lebenswelt umgehen können. Die heterogene Zusammensetzung der Schülerschaft ist somit eine reale Herausforderung auf der einen und ein Übungsfeld auf der anderen Seite. Aus dieser Doppelung ergibt sich die Chance, den Fremdsprachenunterricht zu nutzen, um die real vorhandenen Sprachen und Kulturen mit dem Ziel zu thematisieren, sinnhafte Bedeutungsaushandlungen zu generieren. All diese Erfahrungen im Klassenraum sind somit unmittelbar bedeutungsvoll wie auch lang- <?page no="167"?> 167 fristig wirksam und werden für die Schüler zukünftig relevant, wenn sie in fremdsprachigen und anderskulturellen Umgebungen handeln müssen, welche außerhalb ihrer aktuellen Lebenswelt liegen. In diesem Sinne ist der Fremdsprachenunterricht nicht nur unmittelbar an den sprachlichen und kulturellen Begebenheiten im Klassenraum auszurichten, sondern nach wie vor an den sprachlichen und den kulturellen Dimensionen der Zielsprache. Auf diese Weise wird die Gegenwartsrelevanz um die Bewältigung zukünftiger Diskurssituationen erweitert, in welchen sprachlich wie kulturell unbekannte Situationen zu bewältigen sind. Da die klassischen Kategorien der Zielsprache infolge zunehmender Heterogenität und Globalisierung immer mehr verwischen, liegt im Sinne eines Zukunftsbezugs die Förderung vor allem in einer transkulturellen Kompetenz. Diese befähigt die Schüler dazu, eigene kulturelle Portfolios zu entwickeln, indem sie individuelle Einstellungen, Haltungen, Werte und Normen mit anderen Kulturverständnissen und Lebenszusammenhängen vergleichen und vor deren Hintergrund reflektieren (vgl. Nieke 2012: 112). Der Fremdsprachenunterricht ist somit der perfekte Raum, in welchem gegenwärtige und zukünftige Diskurskompetenzen etabliert werden können. Dass dieses Potential noch weiter auszuschöpfen ist, konnte soeben diskutiert werden. Mithilfe der Diskussion der didaktischen Ansätze vor dem Hintergrund empirischer Einsichten konnten die Potentiale benannt und belegt werden. Leider finden sich diese bislang nur in Ansätzen in den curricularen Vorgaben, welche in ihrer Art nicht ausreichen, um einen diskursivkompetenzorientierten Unterricht umzusetzen. Dementsprechend ist ein Modell zu entwickeln, wonach Kompetenzen gelehrt und gelernt werden können. Dieses ist an die curricularen Vorgaben anzupassen und bündelt die positiven Faktoren der hier thematisierten Ansätze und führt diese in ansatzunabhängigen, übergreifenden Prinzipien zusammen. Diese Prinzipien stellen sodann die Basis dar, auf welcher ein Unterrichtsmodell erarbeitet wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurde bisher dargelegt, welche fremdsprachlichen Kompetenzen die Lerner erwerben sollen (vgl. Kap. 3) und auf welche Weise dies momentan angestrebt wird (vgl. Kap. 4-7). Einerseits konnte anhand der Analyse empirischer Studien gezeigt werden, dass die aktuell implementierten Prinzipien im Unterricht der Regelschule nicht ausreichen, um das komplexe Ziel der Diskurskompetenz zu erreichen. Andererseits zeigen die Ergebnisse des bilingualen und des reformpädagogischen Lernens positive Impulse, welche auch für den Regelunterricht genutzt werden können. Die Diskurskompetenz kann also gefördert werden, wenn Prinzipien beachtet werden, welche aus den Diskussionen der vorherigen Kapitel als Voraussetzungen eines guten diskursiv-kompetenzorientierten Unterrichts logisch hergeleitet werden können. Ein solcher Unterricht kann dann angeboten werden, wenn die beste- <?page no="168"?> 168 henden Prinzipien nach folgenden sechs Prinzipien Grundsätzen neu geordnet werden. 1) Die Schüler als Diskursteilnehmer verstehen und wahrnehmen 2) Die Sprachproduktion und Bedeutungsaushandlung erhöhen 3) Das fremdsprachliche Lernen zielorientiert und logisch öffnen 4) Die Kompetenzen mit Unterrichtsinhalten verbinden 5) Das fremdsprachliche Lernen mit anderen Fächern verbinden 6) Alle Sprachen und Kulturen berücksichtigen Diese Prinzipien werden im Folgenden näher beschrieben, indem sie sowohl angelehnt an die Analysen im ersten Teil der Arbeit legitimiert als auch in ihren didaktischen und methodischen Konsequenzen für den Fremdsprachenunterricht beschrieben werden. 8.1 Die Schüler als Diskursteilnehmer verstehen und wahrnehmen Das Ziel fremdsprachlichen Unterrichts ist die Ausbildung einer Diskurskompetenz. Mit dieser Forderung werden zwei Ziele verfolgt, da zum einen fachliche Kompetenzen in Bezug auf die Fremdsprache etabliert werden sollen und zum anderen der Fremdsprachenunterricht als Teil eines allgemeinen Bildungsauftrags von Schule eine überfachliche, sprachenunabhängige Kompetenz unterstützt. Daher ist der Fremdsprachenunterricht das Fach, in welchem kommunikative, transkulturelle und sprachlernmethodische Kompetenzen zu fördern sind (vgl. HKM 2010a). Folglich ist der Unterricht auch inhaltlich an sprachlichen und kulturellen Thematiken auszurichten, wodurch die Diskurskompetenz in diesem Unterricht im Fokus steht, während dies in anderen Fächern z.B. eher Bewegungsmuster (Sport), Gestaltungstechniken (Kunst), Grundrechenarten (Mathematik) oder heimatkundliche Inhalte (Sachunterricht) sind. Allerdings ist die Diskurskompetenz mehr als nur das Ziel fremdsprachlicher Lernprozesse, da sie bereits während des Lehrens und Lernens relevant wird (vgl. Legutke 2010: 74). Wenn die Diskurskompetenz in Anlehnung an Hallet (2012: 54) als ein Konstrukt verstanden wird, welches sich kontinuierlich im Lernprozess entwickelt, dann verhält es sich mit dieser ebenso wie mit der von Bach und Timm (2009: 4ff) beschriebenen Handlungsorientierung, welche gleichzeitig der Weg und das Ziel fremdsprachlichen Unterrichts ist. Die Diskurskompetenz als Weg zu betrachten, zwingt zu der bereits benannten Annahme, dass die Lerner bereits im Unterricht an Diskursen teilnehmen <?page no="169"?> 169 und nicht ausschließlich auf zukünftige Anforderungen vorbereitet werden. Somit sind die Schüler im Lernprozess als solchem Diskursteilnehmer und müssen auch als solche verstanden werden. Für die Art des Lehrens und Lernens bedeutet die Erweiterung der Lernerrolle spontansprachliche Diskurse zuzulassen. Die Lerner sind als Akteure wahrzunehmen, welche durch ihre Handlungen das Unterrichtsgeschehen unmittelbar beeinflussen. Die Lehrkraft muss folglich die Bedürfnisse der Lerner aufgreifen und in gewissem Umfang in den Unterricht integrieren. Diese Teilhabe an der Unterrichtsgestaltung wird bislang durch die starren methodischen Annahmen der regelschulischen und bilingualen Unterrichtsansätze eingegrenzt (vgl. Kap. 5.3/ 6.4). Dass die Schüler jedoch in der Lage sind, selbständig Entscheidungen zu treffen und ihr Verhalten sowie das der anderen Diskursteilnehmer zu reflektieren, kann mehrfach belegt und begründet werden (vgl. Kuhn 2006, Kolb 2007, Sambanis 2007, Waschk 2008, Meron-Minuth 2009/ 2011). Die Schüler übernehmen folglich Verantwortung für ihr Handeln, indem sie ihr Verhalten und ihre Handlungswege beschreiben und bewerten. Wie intensiv die Impulse der Lerner bezüglich der Regulierung des eigenen Lernens sein können, zeigt sich in den Ergebnissen von Helms und Möhle (1975), Rymarczyk (2008) und Mindt (2008). Die Autoren machen darauf aufmerksam, dass die Lerner die Transparenz sprachlicher und struktureller Phänomene aktiv einfordern, indem sie sprachliche Strukturen hinterfragen und die Schriftsprache einfordern. Diese aktive Teilhabe an Diskursen kann jedoch nur dann entstehen, wenn die Schüler zum einen als Teilnehmer dieser akzeptiert und zum anderen als individuelle Personen wahrgenommen werden. Dies gelingt, wenn die Lerner in ihren sprachlichen, kulturellen und charakterlichen Besonderheiten im Unterricht berücksichtigt werden, denn nur wenn sie all ihre Facetten in die Diskurse einbringen dürfen, können authentische und sinnhafte Bedeutungsaushandlungen stattfinden. Dies impliziert, dass auch andere Sprachen und Kulturen als die der Zielsprache berücksichtigt werden. Diese Integrität ermöglicht es, den Schüler in einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht nicht als das Zielobjekt des Lernens in einer homogenen Gruppe zu sehen, sondern als ein an gesellschaftlicher Partizipation interessiertes Individuum zu verstehen. Diese Sichtweise wird relevant, wenn der Schüler im Sinne der Lernerorientierung mit all seinen sprachlichen und kulturellen Facetten in den Lernprozess integriert wird. In der Gestaltung von Unterricht müssen Möglichkeiten geschaffen werden, in welchen die Schüler über ihre eigenen sprachlichen und kulturellen Hintergründe reflektieren sowie ihre eigenen Sprachen und Kulturen im Kontrast mit anderen erleben, um daraus transkulturelle Zusammenhänge herzuleiten. Dementsprechend muss ein Unterricht, welcher eine Diskurskompetenz anbahnen will, die gegenwärtige <?page no="170"?> 170 Unterrichtssituation ebenso nutzen wie alle Sprachen und Kulturen der Akteure im Klassenzimmer einbinden. Denn nur wenn die Schüler in der Gegenwart authentische und sinnhafte Diskurse unter Berücksichtigung ihrer Person erleben, erproben sie, auf welche Weise sie ihr Wissen und Können unter Verwendung spezifischer Fertigkeiten in außerschulischen Diskursen wirkungsvoll einsetzen können (vgl. Legutke 2010: 74). 8.2 Die Sprachproduktion und Bedeutungsaushandlung erhöhen Die Prinzipien fremdsprachlichen Lernens beschreiben die Einbindung persönlicher Bezüge sowie das individuelle Involviertsein der Lerner als Grundvoraussetzung für ein sinnhaftes Erleben von Sprache (vgl. Kap. 5.1.2). Dieses sinnhafte Erleben gilt es für fremdsprachliche Lernprozesse so zu nutzen, dass die Schüler zum sprachlichen Handeln angeregt werden. Dies gelingt, indem die Lernsituationen einen hohen Aufforderungscharakter haben sowie die notwendigen Mittel bereithalten, damit die Lerner unter Bezugnahme auf ihre vorhandenen Kompetenzen, Inhalte verhandeln und Sprache produzieren können (vgl. Kolb 2007: 309, Sambanis 2007: 373, Meron-Minuth 2011: 131, Schwab 2013: 308f). Die Analyse reformpädagogischer Settings lässt erkennen, dass stimulierende Lernumgebungen jedoch nur entstehen, wenn die Lehrkraft weiterhin eine leitende Funktion einnimmt, indem sie Lernsituationen plant und strukturiert (vgl. Kap. 7.4). Allerdings muss sich die Art ihres Einflusses insofern von den ergebnisorientierten Idealen abgrenzen, dass die Quantität ihrer Redeanlässe reduziert wird und sie einen qualitativ hochwertigen Input bietet (vgl. Engel et al. 2009). Dieser Input enthält neben einer angemessenen und umfangreichen Sprache vor allem einen klar strukturierten und reduzierten Inhalt sowie Aufgabenformate, welche eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt unter Verwendung der Zielsprache stimulieren. Die Aufgabe der Lehrkraft besteht also weniger darin, das unmittelbare Geschehen in der jeweiligen Stunde zu dominieren, als vielmehr die Lernziele, die Kompetenzerwartungen, die Inhalte, die Methoden, den sprachlichen Input sowie die Hilfsmittel aufeinander abzustimmen, aufzubereiten und den Schülern zugänglich zu machen. Auf diese Weise entsteht ein Lernumfeld, in welchem die Schüler stimuliert werden, frei und selbstbestimmt unter Rückgriff auf Hilfestellungen Handlungen zu vollziehen und sich in Diskursen zu erproben. Schwab (2013) konnte für die Arbeit mit bilingualen Modulen zeigen, dass eine solche Unterrichtsführung gerade auch für lernschwache Schüler eben diese Art von Diskursen ermöglicht, welche als Zieldimension fremdsprachlichen Lernens festgelegt sind. <?page no="171"?> 171 Konkret können sprachliche Handlungen unterstützt werden, indem z.B. auf die Nachfragen der Schüler eingegangen wird. Wie die Analysen zeigen, tendieren Lerner dazu, sprachliche und grammatische Phänomene zu hinterfragen (vgl. Kolb 2007: 313, Rymarczyk 2008: 174). Um dieses Interesse und die damit verbundene intrinsische Motivation für das fremdsprachliche Lernen zu nutzen, sollte die Transparenz sprachlicher Phänomene unmittelbar gewährleistet werden, um die meta-sprachlichen Kompetenzen der Schüler auf eigenen Wunsch zu erweitern. Vor dem Hintergrund, dass Einsichten in die Schriftsprache (Rymarczyk 2008: 173ff, Mindt 2008: 12, Weth 2010: 142, Frisch 2011: 80ff) sowie die Grammatik (vgl. Mindt/ Wagner 2009: 9, Böttger 2010: 146) als lernförderlich beschrieben werden, sollten diese auf Nachfragen, aber auch lernzielorientiert von der Lehrkraft deduktiv eingesetzt werden. Inwieweit sich diese Transparenz auch in der Fehlerkorrektur niederschlagen sollte, wird in der Fachliteratur durch Studien nicht explizit untersucht. Allerdings verweisen die didaktischen Publikationen darauf, Fehler implizit zu korrigieren, ohne den Redefluss zu unterbrechen (vgl. Haß 2006: 29, Bach/ Timm 2009: 16, Kleppin 2010: 225f). Da die Sprechanteile der Lerner bereits als gering eingeschätzt werden (vgl. Engel et al. 2009), scheint es sinnvoll, die Form der impliziten Korrektur beizubehalten. Außerdem steht eine direkte Korrektur entgegen dem Anspruch, authentische Diskurse in einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht zu führen. Im ganzheitlichen Anspruch echter Diskurse sollten Aussagen erst dann unterbrochen werden, wenn die anderen Diskursteilnehmer den Inhalt aufgrund ihrer sprachlichen Fehlerhaftigkeit nicht verstehen können. In diesem Fall sollte die Lehrkraft regulierend eingreifen, indem sie die fehlerhafte Aussage umformuliert, sodass sie von den übrigen Schülern verstanden wird, und der Diskurs auf diese Weise lebendig gehalten wird (vgl. Mindt/ Schlüter 2007: 68ff). Öfter auftretende Fehler, welche als falsch abgespeicherte Strukturen zu identifizieren sind, können in Anlehnung an die Idee des task-based language learning von der Lehrkraft in diskursiven Phasen identifiziert und in einer explizit grammatischen Lernphase transparent dargestellt und geübt werden (vgl. Ellis 2003: 160). Auf diese Weise werden Fehler genutzt, um daraus neue Aufgaben zu generieren, welche die Schüler zu sprachlichen Handlungen auffordern und gleichzeitig Einblicke in grammatische Strukturen bieten. Die Güte dieser Kommunikationsführung ist stark abhängig von der Kompetenz und dem Engagement der Lehrkraft (vgl. Hattie 2009: 22ff). Ihre Aufgabe ist es, die Aussagen der Lerner zu unterstützen, da die Schüler im Anfangsunterricht aufgrund geringer Kompetenzen in ergebnisoffenen Diskurssituationen nicht über ausreichend sprachliche Mittel und Fertigkeiten verfügen, um sich angemessen artikulieren zu können. Daher ist es vor allem in einem diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht wichtig, dass die imita- <?page no="172"?> 172 tiven Anteile in den Aufgaben gerade zu Beginn des Lernens hoch sind und die Lehrkraft eine stark leitende Rolle übernimmt. Allerdings sollte diese starke Strukturierung mit wachsenden Kompetenzen sowie einer Gewöhnung an ergebnisoffene Sprechphasen reduziert und Aushandlungsprozesse komplexer gestaltet werden. Eine solche Komplexität lässt sich entwickeln, indem sowohl Herausforderungen gestellt als auch Hilfen geboten, Interesse bedient und Motivationen geweckt werden (vgl. Sambanis 2007), sprich am Lerner orientiert diskursiv unterrichtet wird. 8.3 Das (fremd-)sprachliche Lernen zielorientiert und logisch öffnen Die Analyse der Unterrichtsergebnisse verdeutlicht, dass sowohl Forderungen zu mehr Öffnung (vgl. Engel et al. 2009) als auch zu mehr Strukturierung (vgl. Dausend 2010, Dausend et al. 2013) zu finden sind. Allerdings entstammen diese Annahmen jeweils einer stark an Struktur bzw. an Öffnung orientierten Lernumgebung und dem Versuch, in dem jeweils anderen Ansatz Lösungen zu finden. Dementsprechend kann gefolgert werden, dass ein Unterricht sinnvoll ist, in welchem im Sinne Thalers (2008/ 2010) auf einem Mittelweg sowohl geschlossene als auch geöffnete Phasen eingesetzt werden. Wie dies angemessen umzusetzen ist, kann aus Prinzipien guten Unterrichts (vgl. Schorch 2007: 246) sowie den ersten beiden Grundsätzen argumentiert werden. Die Wahl von geöffneten und geschlossenen Phasen ist grundsätzlich von der Frage abhängig, ob diese zu einem sinnhaften, handlungsorientierten, reflexiven und lernerorientierten Fremdsprachenunterricht beitragen. Denn nur in Abhängigkeit vom Anspruch der Situation lässt sich eine Öffnung von Unterricht zielorientiert einsetzen (vgl. Kap. 7.1). Der Begriff zielorientiert weist bereits darauf hin, dass eine Öffnung nie ihrer selbst willen stattfindet, sondern immer von den Zielen abhängig sein muss, welche die Lehrkraft für eine Unterrichtssequenz festlegt. Da die Lehrkraft, wie bereits im zweiten Prinzip beschrieben, vor allem als Mediator von Lernprozessen agiert, obliegt ihr die Pflicht, den Nutzen und den Sinn einer Öffnung einzelner Ebenen von Unterricht bereits in der Planungsphase zu prüfen. In Anlehnung an die Diskussion zum geöffneten Fremdsprachenlernen (vgl. Kap. 7) zeigt sich, dass diese Öffnung auf unterschiedlichen Ebenen möglich ist. Es konnte gezeigt werden, dass zu keiner Zeit alle Ebenen geöffnet werden sollten, um einen reduzierten Kontakt zur Fremdsprache infolge mangelnder Strukturierung zu verhindern (vgl. Dausend 2010, Elsner/ Keßler 2011, Dausend et al. 2013). Um diesem eher negativen Effekt vorzubeugen, sollte entweder die organisatorische, die methodische, die inhaltliche oder die kommunikative Ebene geöffnet werden. Auf diese Weise können zielorientiert Lerngelegenheiten geschaffen <?page no="173"?> 173 werden, in denen ein selbstgesteuertes Handeln in einer geschützten Lernumgebung infolge der Geschlossenheit anderer Ebenen möglich ist. In diesem Sinne kann z.B. die organisatorische Ebene geöffnet werden, indem Synergieeffekte mit anderen Fächern genutzt werden, um Inhalte in mehreren Fachgebieten unabhängig von organisatorischen Grenzen zu behandeln. Eine methodische Öffnung ergibt sich, wenn die Schüler in bestimmten Phasen z.B. zwischen Sozialformen und Erarbeitungswegen auswählen können bzw. eigene Ideen einbringen dürfen. Inhaltlich kann geöffnet werden, indem Inhalte eingeführt werden, aber die Wahl der Fragestellung den Schülern obliegt (vgl. Kap. 7.1). Im Fremdsprachenunterricht erhält jedoch gerade die sprachliche Öffnung eine entscheidende Bedeutung, da es die sprachlichen Aushandlungsprozesse sind, welche qualitativ wie quantitativ erweitert werden sollten (vgl. u.a. Sambanis 2007: 351ff, Keßler 2009: 175, Engel 2009: 198). Die sprachliche (oder auch kommunikative) Ebene umfasst alle Sprachhandlungen, welche während des Unterrichts vollzogen werden. Diese Ebene muss geöffnet werden, wenn Diskurse im Unterrichtsgeschehen entstehen sollen. Gespräche werden dann ergebnisoffen geführt, wenn sowohl die Diskurswege als auch die -ziele nicht vorgegeben sind. Auf die Weise entstehen Diskurse, welche sich als sprachlich geöffnet und ergebnisoffen beschreiben lassen, weil sie kein inhaltliches und sprachliches Ziel verfolgen. Der sprachliche Input der Lehrkraft, die Kommunikationsführung sowie die Äußerungen der Schüler ergeben sich aus dem Diskurs als solchem. Diese spontansprachliche Entwicklung des Unterrichtsgesprächs bewirkt eine breite Verwendung an Wörtern und Strukturen. Durch diese Flexibilität des Geschehens werden sowohl umfassende Diskussionen als auch authentische Sprechanlässe und individuelle Identitätsaushandlungen gefördert (vgl. Gudjons 2007: 246). Da sich alle Akteure an die ergebnisoffene Verhandlung von Sprache gewöhnen müssen, ist die Wahl der Öffnung sukzessiv einzuführen und zielgerichtet zu entscheiden sowie logisch zu begründen. Denn gerade die Öffnung der sprachlichen Ebene erfordert von der Lehrkraft viel Geschick und Verständnis für die Leistungen der Schüler. In diesem Sinne muss die Lehrkraft stets hinterfragen, ob eine Öffnung in der jeweiligen Situation sinnvoll ist, um einen gewissen Effekt zu erzielen. 8.4 Die Kompetenzen mit Unterrichtsinhalten verbinden Der Inhalt stellt einen wesentlichen Faktor von Unterricht dar, denn Bedeutungen können nur verhandelt werden, wenn ein Inhalt existiert, den es zu besprechen lohnt (vgl. Kap. 5.3/ 6.4/ 7.4). Mit der Einführung der ergebnis- <?page no="174"?> 174 und kompetenzorientierten Rahmenpläne sind die Unterrichtsinhalte jedoch weit weniger wichtig geworden als die Kompetenzen. Diese Prioritätenwahl zeigt sich in der Intensität, mit welcher die beiden Bereiche sowohl in den Rahmenplänen beschrieben (vgl. Kap 3.1/ 4) als auch in den wissenschaftlichen Artikeln mit politischen Referenzdokumenten in Verbindung gebracht werden (vgl. Zydatiß 2010: 59). Die Analyse der curricularen Vorgaben zeigt, dass die Inhalte lediglich global und isoliert beschrieben werden, während die Kompetenzen detailliert aufgelistet sind. Werden diese Beschreibungen von Kompetenzen jedoch genauer betrachtet, so wird deutlich, dass diese unspezifische Handlungen auflisten, welche immer erst dann durchgeführt werden können, wenn ein Inhalt gegeben ist (vgl. Kap. 4.1.3). Folglich wird der Inhalt zu dem Gegenstand unterrichtlichen Handelns, an welchem die Kompetenzen operationalisiert werden. Das behandelte Thema hat somit direkten Einfluss auf die Kompetenzen, da je nach Inhalt unterschiedliche Handlungen und Handlungsergebnisse zu erwarten sind. Sowohl die Handlungen als auch die antizipierten Kompetenzen sind abhängig vom sprachlichen Zugang zum Gegenstand sowie dessen kultureller Bedeutung, welche je nach Inhalt, Betrachter und Betrachtungsweise variiert. Wie zentral der Inhalt in Diskursen ist, wird deutlich, wenn beachtet wird, dass Sprache und Kultur immer in Abhängigkeit von Inhalten ausgehandelt werden (vgl. Kramsch 2004: 47). In einem Unterricht, in welchem fremde Sprachen und Kulturen ins Zentrum allen Lernens gestellt werden, ist die Auswahl der Unterrichtsinhalte folglich besonders wichtig, da je nach Thema spezifische Wortfelder sowie kulturelle Aspekte eingeführt und diskutiert werden. Da die sprachlichen und kulturellen Bedeutungen und Mehrwerte von Inhalten meist weniger direkt zu erkennen sind als z.B. bei Themen in naturwissenschaftlichen Fächern, muss darauf verwiesen werden, welche Inhalte genutzt werden können, um bestimmte Kompetenzen zu fördern. Daher müssten gerade in den politischen Vorgaben detaillierte Angaben zu Inhalten und deren Verknüpfung mit Kompetenzen und Methoden beschrieben werden. Da diese Ausführungen bislang ausstehen, muss die Verzahnung von Inhalten und Kompetenzen in der Praxis vorgenommen werden. Bezüglich der Qualität der in der Praxis implementierten Inhalte zeigen Studien wie EVENING und F LACHSLAND , dass die Inhalte komplexer werden müssen, damit die sprachlichen Produktionen und Diskurse der Lerner erweitert werden können (vgl. Engel et al. 2009, Elsner/ Keßler 2011). Studien zum bilingualen und immersiven Lernen liefern hier den entscheidenden Hinweis, dass die Inhalte komplex und authentisch sein müssen, sodass sinnhafte Bedeutungen erarbeitet werden können (vgl. u.a. Massler/ Steiert 2010). Im reformpädagogischen Unterricht ist es sogar so, dass der Inhalt den zentralen Aspekt von Unterricht darstellt, an welchem die Lernwege ausgerichtet werden (vgl. <?page no="175"?> 175 Kap. 7.3.1), wodurch der mit der Lehrkraft abgestimmte Inhalt mitunter zur einzigen Konstante in geöffneten Lernumgebungen wird. Trotz positiver Effekte einer zentralen Stellung der Inhalte im fremdsprachlichen Unterricht reicht es nicht aus, lediglich Inhalte zu definieren, sondern wie in Prinzip drei erwähnt muss der Inhalt vielmehr mit Kompetenzen verbunden werden. Gerade mit Blick auf die Öffnung des fremdsprachlichen Lernens in andere Fachgebiete verstärkt sich die Bedeutung des Inhaltes abermals. Denn durch die Wahl des Inhaltes können die Bedeutungsaushandlungen und damit die Diskurse im Unterricht verstärkt werden, wenn diese auch in anderen Fächern parallel thematisiert werden. Eine solch intensive Auseinandersetzung mit einem Inhalt bietet insgesamt eine höhere Kontaktzeit, welche es erlaubt, abstrakte Aspekte in der Schulsprache zu behandeln und gleichzeitig den Gesamtanteil an der Fremdsprache zu erhöhen. Denn indem in anderen Fächern konkrete Aspekte in der Fremdsprache verhandelt werden, steigt die effektive Lernzeit in dieser. Zusätzlich eröffnet der Blick aus verschiedenen Fachkulturen einen facettenreichen Zugang zu einem Inhalt. Der Mehrwert ergibt sich, wenn ein Thema unter Berücksichtigung sprachlicher und kultureller Besonderheiten von differenten Fachgebieten erlebt wird. Auf diese Weise werden Inhalte unter spezifischen fachsprachlichen und -kulturellen Schwerpunkten erlebt und hinterfragt, welche sich in verschiedenen Kompetenzen niederschlagen und sich zu einem Kompetenzportfolio des Lerners zusammenfügen. Dieser vielfältige Zugang ermöglicht es, den hohen kulturellen und sprachlichen Anspruch fremdsprachlicher Lernprozesse um Fachkulturen zu erweitern, die vorhandenen Ressourcen des Feldes Schule zu nutzen und somit die diskursiven wie transkulturellen Kompetenzen zu stärken. 8.5 Das (fremd-)sprachliche Lernen mit anderen Fächern verbinden Die Fokussierung auf den Inhalt erlaubt es, andere Fachgebiete für fremdsprachliche Lernprozesse zu erschließen. Im Sinne fächerübergreifender Lernphasen kann auf diese Weise ein facettenreicher Zugang zu einem Thema ermöglicht werden. Denn die Fachsprache ist immer an einen fachlichen Zusammenhang gebunden und zeichnet sich durch die spezifische Lexik, Syntax, Grammatik und Beschaffenheit der Texte aus (vgl. Luchtenberg 2012: 25). Konkret wird sie relevant, wenn die Lerner sich in den Sachfächern auf akademischem Niveau mit spezifischen Inhalten auseinandersetzen. Die Kinder erlernen so z.B. im Sachkundeunterricht nicht nur die Bezeichnungen der unterschiedlichen europäischen Währungen in der jeweiligen Landessprache, sondern erwerben fachwissenschaftliches Vokabular in Bezug auf Kartenarbeit und geografische Lagebeschreibungen. Dieser frühe Erwerb fachsprachli- <?page no="176"?> 176 cher Kompetenz knüpft - ähnlich dem Erwerb einer Zielsprache - bei den schon vorhandenen Kenntnissen der Schüler an und erweitert diese in einem immer komplexer werdenden Geflecht - orientiert an der gesellschaftlich bedingten Zunahme an fachsprachlicher Komplexität. Vor allem Schüler, deren Herkunftssprache nicht der Schulsprache entspricht, erhalten reichhaltige und kontextgebundene Lernphasen bezüglich der Fachsprache, wenn diese im Sinne einer fachlichen Kompetenz gestärkt und überfachlich mit anderen Sprachsystemen verbunden wird. Auf diese Weise kann auch das fachsprachliche Lernen mit der Herkunftssprache der Lerner gekoppelt werden, um den Erwerb dieser zu festigen und bestehende Probleme zu minimieren (vgl. ebd.: 24). Durch diese Einbindung vieler Fachgebiete erleben die Schüler einen breiten sprachlichen und kulturellen Zugang zu Inhalten auf authentische Weise. Die Schüler entwickeln ihr persönliches Kompetenzportfolio, welches sich aus dem Wissen und Können, den Fähig- und Fertigkeiten sowie den Einstellungen und Haltungen in Abhängigkeit von den spezifischen Sprachen, Kulturen und Methoden der unterschiedlichen Fachgebiete ergibt. Auf diese Weise profitieren die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen durch die intensivere Auseinandersetzung mit den Inhalten. Denn für das bilinguale Lernen wird angenommen, dass ein Inhalt umfassender erfasst wird, wenn dieser in mehreren Fächern thematisiert wird (vgl. Vollmer 2000: 63, Wolff 2007: 9, Zydatiß 2007: 60). Diese Ausweitung ermöglicht eine sprachliche Intensivierung, da fremdsprachliche Diskurse in jedem Fach implementiert werden können, wenn dies für den jeweiligen Inhalt sinnvoll erscheint. Diese Reichhaltigkeit an diskursiven Situationen erlaubt es, die Fremdsprache je nach Können der Lerner in den Phasen einzusetzen, welche für diese erfolgreich zu lösen sind. Die Zielsprache übernimmt auf diese Weise die Rolle einer „mediating language“ (Viebrock 2013: 55), welche zwischen dem alltäglichen Sprachgebrauch der Lerner und den Inhalten vermittelt. Gerade im Anfangsunterricht werden daher die Phasen für den Einsatz der Fremdsprache genutzt, welche durch eine hohe Konkretisierung, Handlungsorientierung und scaffolding geprägt sind (vgl. Burmeister 2006). Eher abstrakte Phasen werden zunächst in der deutschen Sprache durchgeführt, wodurch die Schüler infolge des flexiblen Einsatzes der Sprachsysteme, einen gesicherten Zugang zum Inhalt erfahren (vgl. Massler/ Steiert 2010). Die Auseinandersetzung mit einem Thema wird im Sinne bilingualen Lernens intensiviert und entlastet gleichzeitig die fremdsprachlichen Phasen. Mit dem zunehmenden Wachstum fremdsprachlicher Kompetenzen sind diese Phasen in allen involvierten Fachgebieten unter Aspekten der Öffnung komplexer zu gestalten. Gerade handlungsorientierte Phasen in den Sachfächern helfen, eine sprachliche Öffnung der Situation zu ermöglichen. Auf diese Weise wen- <?page no="177"?> 177 den die Lerner vielfältige sprachliche Mittel in jeweils verschiedenen Fachkulturen an und vertiefen ihre fachliche sowie überfachliche Diskurskompetenz. Ein solch sprachlich und kulturell reichhaltiger Unterricht fordert gerade dazu auf, auch die Sprachen und Kulturen der Lerner einzubinden, wie es im ersten Prinzip thematisiert wird. Werden die Persönlichkeiten und die Lebenswelten der Lerner berücksichtigt, so entsteht zum einen ein kultureller und sprachlicher Mix, zum anderen können die Schüler ihre persönlichen Faktoren in die Aushandlungsprozesse einbeziehen. Infolge der hohen Anzahl an Diskurssituationen können einzelne Phasen auf die Einbindung der Herkunftssprachen und ihrer kulturellen Besonderheiten verwendet werden, um sowohl die BICS als auch die CALP in der Schul-, Fremdsprache und den Herkunftssprachen parallel und integrativ zu fördern. Darüber hinaus ergeben sich der, in Studien zum regelschulischen Lernen geforderte, erhöhte Sprachkontakt und eine Thematisierung sinnhafter Inhalte. Diese Sinnhaftigkeit wird insbesondere durch die Einbindung aller Sprachen und Kulturen verstärkt. 8.6 Die Sprachen und Kulturen der Lerner berücksichtigen Das inhaltsorientierte Lernen über Fächergrenzen hinaus begünstigt nicht nur die zielsprachlichen Kompetenzen, sondern fördert ebenfalls den Erwerb überfachlicher Kompetenzen. Im Vordergrund dieser überfachlichen Kompetenzen steht vor allem eine allgemeine Sprachkompetenz, welche in den curricularen Vorgaben gefordert wird (vgl. u.a. HKM 2010a: 9). Diese bezieht sich auf den kompletten Sprachenschatz eines jeden Schülers und setzt sich somit aus Erst-, Schul-, Ziel- und sonstigen Sprachen zusammen. Mit Blick auf den Fremdsprachenunterricht bedeutet dies, dass er zu einem von vielen Bereichen wird, in denen sprachliche Kompetenzen gefördert werden. Allerdings dient das fremdsprachliche Lernen der benannten Sprachkompetenz in doppelter Hinsicht, da zum einen die Entwicklung fachlicher Kompetenzen gefördert, zum anderen ein Beitrag zum sprachübergreifenden Lernen geleistet wird. Mehisto (2013: 26) weist mit seiner Definition von bilingualen Lernangeboten daraufhin, dass alle vorhandenen Sprachen der Lerner kontinuierlich im Gehirn interagieren. Die Folge daraus könne nur sein, neben der Zielsprache auch die Umgebungssprache zuzulassen. Wird dieser Gedanke weitergedacht, so scheint es nur logisch, alle Sprachen, welche das Denken und die Artikulation der Lerner beeinflussen zu berücksichtigen. Um diese Effekte nutzen zu können, muss die Sicht auf den Schüler als Diskursteilnehmer erweitert und all seine sprachlichen und kulturellen Facetten berücksichtigt werden. Unter diesem Anspruch sollte ein sprachlicher Unterricht in der <?page no="178"?> 178 Grundschule nicht mehr nur auf die Schul-, Fach- und Zielsprachen beschränkt werden, sondern auch die Herkunftssprachen aller Diskursbeteiligten berücksichtigen (vgl. Hufeisen 2011: 267f). Aber auch im Kontext spracherwerbstheoretischer Forschung hat sich gezeigt, dass eine muttersprachlich fundierte Kompetenz notwendig ist, um weitere Sprachen im umfassenden Maße zu erwerben, da eine wenig ausgeprägte Erstsprache zu einem „subtractive bilingualism“ (Cummins 2000: 37) führen kann. So weisen Studien aus regelschulischen Lernumgebungen darauf hin, dass in der Erstsprache erworbene metakognitive Strategien für das Erlernen weiterer Sprachen eingesetzt werden kann (vgl. Meron-Minuth 2011: 127, Weth 2011: 104). Forschungsergebnisse deuten an, dass aus einer Förderung der Herkunftssprache sowohl für die Umgebungssprache (vgl. Siebert-Ott 2010: 152f) als auch für das Erlernen der zweiten Fremdsprache (vgl. Frisch 2011: 83f) positive Aspekte erwachsen. Insbesondere mit Blick auf die Forschungen von Elsner (2007) und Bos et al. (2007) ist klar, dass die muttersprachlichen Kompetenzen einen wichtigen Einfluss auf die Leistungen im Fremdsprachenunterricht haben können. Diese Tatsache stärkt sowohl die Forderung nach einer überfachlichen Sprachkompetenz als auch die Unterstützung dieser im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts. In einem Unterrichtskontext, in welchem die Fremdsprache für viele Lerner bereits die dritte zu erlernende Sprache (nach den Muttersprache und der deutschen Schulsprache) ist, muss dieser Situation Rechnung getragen werden, indem mindestens für sprachliche Unterschiede und den Wert des eigenen Sprachenschatzes sensibilisiert wird bzw. maximal die herkunftssprachlichen und schulsprachlichen Kompetenzen gefördert werden. Darüber hinaus bietet die Einbindung von Herkunftssprachen und -kulturen eine Wertschätzung der Lerner, welche in einem Unterricht, welcher zu einem sinnhaften Erleben von Sprache ermutigen soll, zum einen Voraussetzung ist, zum anderen gerade über die Herkunftssprache einen Zugang schafft. Aus den beschriebenen Prinzipien lässt sich erkennen, dass es einige Faktoren gibt, welche den Unterricht maßgeblich bestimmen. Es können die Schüler, die Fächer sowie die Inhalte als die zentralen Faktoren des sprachlichen Lernens benannt werden, deren Charakteristika je nach Beschaffenheit und Zielsetzung kombiniert werden sollten, sodass der Unterricht und das Lernen in all den Situationen stattfinden kann, welche diese sechs Prinzipien umfassen. Für den Unterricht als solchen gilt es ferner, konkrete Inhalte auszuwählen und in Bezug auf die mögliche Anbindung an Fachgebiete des Grundschulkanons zu strukturieren. Je nach Fächerwahl gestaltet sich der Inhalt in Abhängigkeit von fachkulturellen und fachsprachlichen Merkmalen. In Anlehnung an die fachlichen Besonderheiten werden die Inhalte auf eine Weise angeboten, dass sich für den Schüler in der Auseinandersetzung mit <?page no="179"?> 179 dem Inhalt ein fachlich geprägter Diskurs ergibt. Diese enge Wechselwirkung zwischen den Lernern, den Fächern und den Inhalten verdeutlicht, dass das Lernen zu jeder Zeit von sprachlichen sowie kulturellen Merkmalen geprägt ist. Diese können vielfältig gestaltet sein, da die Lerner verschiedene sprachliche und kulturelle Faktoren mit sich bringen sowie diese vor speziellen fachlichen und inhaltlichen Sprach- und Kulturaspekten diskutieren. Dementsprechend entwickeln die Lerner ihre Kompetenzen in Abhängigkeit von zum einen eigener sprachlicher und kultureller Prägung und zum anderen in Verbindung mit fachlichen und inhaltlichen Vorgaben. Für die Zielorientierung von Unterricht bedeutet dies, dass durch die Wahl der Fächer sowie der Inhalte zwar bestimmte Kompetenzen anvisiert werden können, die sprachlichen und kulturellen Dispositionen der Schüler jedoch eine Grauzone darstellen, welche die Intentionen von Unterricht beeinflussen. Positiv formuliert bedeutet dies jedoch, dass der Erfahrungshorizont und die diskursiven Aushandlungsprozesse der Lerner gerade von einer Vielfalt der verschiedenen Fachkulturen profitieren, welche den Unterricht sinnhaft und authentisch werden lassen. Um die Prinzipien und deren antizipierte Wirkungsweisen im Unterricht zu nutzen, müssen diese in ein Unterrichtsmodell transferiert werden. Auf welche Weise die als relevant herausgearbeiteten Faktoren Schüler, Fach, Inhalt, Sprache, Kultur und Kompetenz vor dem Hintergrund der formulierten Prinzipien im Unterricht berücksichtigt werden können, wird im Modell des transcurricularen Lernens im folgenden Kapitel beschrieben. <?page no="180"?> 180 9 Das Unterrichtsmodell des transcurricularen Sprachenlernens In den vorangegangenen Kapiteln konnte die Notwendigkeit eines praxisorientierten Modells für einen diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht herausgearbeitet werden. Den Aussagen von Lehrkräften (vgl. Kap. 5.3.2) und den Beobachtungen von Unterricht (vgl. Engel et al. 2009) zufolge gelingt es teilweise nur schwer, die Prinzipien fremdsprachlichen Unterrichts umzusetzen, weil methodische und organisatorische Hilfestellungen für den Unterricht fehlen. In der Konsequenz dominieren die Sprechanteile der Lehrkräfte im Unterricht, welcher an geschlossenen Methoden orientiert ist (vgl. Roos 2007: 191 ff). Das Anliegen dieser Arbeit ist es, eben dieses Desiderat eines Modells zu beheben und eine Struktur zu erarbeiten, welche einen diskursivkompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht unterstützt (vgl. Kap. 1.2). Im Zuge der Entwicklung eines Unterrichtsmodells wurde jedoch deutlich, dass die Vielfältigkeit der didaktischen Ansätze im Feld des frühen Fremdsprachenlernens dazu führt, dass zunächst ansatzübergreifende Prinzipien formuliert werden müssen, bevor ein einheitliches Modell etabliert werden kann. Aus der Analyse im ersten Teil der Arbeit konnten im vorangegangenen Kapitel die Hinweise zum Erlernen von Fremdsprachen in regelschulischen, bilingualen, immersiven sowie reformpädagogischen Lernumgebungen genutzt werden, um diese Prinzipien zu formulieren. Diese erstellten Grundsätze sind inhaltlich keineswegs vollkommen völlig neu, sondern setzen sich vielmehr aus bereits bestehenden Prinzipien des Fremdsprachenlernens im Grundschulalter vor dem Anspruch, eine Diskurskompetenz zu entwickeln, und den Erkenntnissen empirischer Erhebungen andersartig zusammen. Auf der Basis dieser Prinzipien wurde das Modell des transcurricularen Sprachenlernens entwickelt, welches in den kommenden Teilkapiteln vorgestellt wird. 9.1 Die Kurzbeschreibung des transcurricularen Sprachenlernens Die Diskurskompetenz stellt das Ziel aller Handlungen im transcurricularen Modell dar. Indem die Lerner sich mit Inhalten in verschiedenen Fächern unter Verwendung unterschiedlicher Sprache beschäftigen, werden fachliche und überfachliche Kompetenzen gefördert und in einer Diskurskompetenz zusammengeführt. Folglich sind alle Planungsschritte und Handlungen im Unterricht vor dem Hintergrund der Diskurskompetenz zu sehen. Diese ist <?page no="181"?> 181 allgegenwärtig, da sie erstens als individuelle Lernvoraussetzung der Schüler, zweitens als sich im Lernprozess entwickelndes Konstrukt und drittens als Zielkategorie sprachlichen Lernens zu charakterisieren ist. Folglich ist die Bedeutung von Diskurskompetenz für die gegenwärtige Lebenswelt der Lerner ebenso relevant wie für die zukünftigen Aufgabenbereiche. Sowohl der Lebensweltals auch der Zukunftsbezug sind feste Bestandteile im Unterricht (vgl. Prinzip I) und werden im transcurricularen Modell als die beiden Bezugsbereiche der Diskurskompetenz festgelegt. Da der Unterricht trotz Zukunftsrelevanz immer in der Gegenwart stattfindet, sind alle transcurricularen Prozesse für diesen Bereich zu definieren. Transcurriculare Lernprozesse werden durch Handlungen realisiert, welche die Lerner im Unterricht vornehmen. Diese Handlungen ergeben sich aus den Impulsen, welche innerhalb der gegenwärtigen Lebenswelt des Unterrichts gesetzt werden. Alle Impulse entstehen im Kontext des übergeordneten Themas einer transcurricularen Einheit, indem ein Thema im Kontext unterschiedlicher Fächer zu einem jeweiligen Fachinhalt reduziert und mit Zielkompetenzen verknüpft wird. Diese Verbindung aus Inhalt und Kompetenz deutet an, welche Kompetenzen die Lerner erwerben sollen. Um dies zu operationalisieren, werden auf der Basis der Zielkompetenzen und Fachinhalte Lernaufgaben entwickelt, welche helfen, die formulierten Ziele zu erreichen. Je nach Komplexität der Aufgaben und der Ziele dieser wird die zu verwendende Sprache festgelegt. Dieser Vierschritt der Wahl von Fachinhalten, Zielkompetenzen, Lernaufgaben und Sprachen wird für jedes Fach vorgenommen. Aufgrund des transcurricularen Ansatzes überschneiden sich die Fachbereiche vor allem in Bezug auf die Kompetenzen, die Sprachenwahl und die Methodik des Unterrichts. In den Unterrichtssequenzen und ihren Lernaufgaben geschieht nun die eigentliche Erweiterung der Diskurskompetenz, indem die Lerner durch Handlungen ihre sprachlichen, kulturellen, methodischen und persönlichen Kompetenzen erweitern. <?page no="182"?> Diskurskompetenz Lebenswelt der Schüler Kompetenzen Wahl der Sprache Wahl der Methode Fach 2 Fach 1 Fach X Thema Fachinhalt Lernaufgabe Fachinhalt Fachinhalt Lernaufgabe Lernaufgabe Zukünftige Herausforderungen Handlungen in Fach 2 Handlungen in Fach 1 Handlungen in Fach X Abb. 1: Das Modell des transcurricularen Sprachenlernens <?page no="183"?> 183 9.2 Die Definition des transcurricularen Sprachenlernens In der Kurzbeschreibung des Modells wird bereits deutlich, dass dessen Innovation in dem hohen Grad an Vernetzung liegt, welcher zwischen allen für den Unterricht maßgeblichen Bereichen besteht. Der lateinische Begriff trans repräsentiert in seiner Übersetzung als über, hinaus das hier skizzierte Modell, da dieses über fachliche, sprachliche, kulturelle, methodische und inhaltliche Grenzen hinaus sprachliche Lernprozesse anbietet und fördert. Dabei ist das Modell mehr als ein fächerübergreifender Ansatz, weil es diesen mit einem sprachenübergreifenden Lernen verbindet. Ein Inhalt wird folglich in mehr als einem Fach unter Verwendung von mehr als einer Sprache behandelt. Auf diese Weise ermöglicht der transcurriculare Unterricht, eine Vielzahl an kulturellen Facetten, methodischen Vorgehensweisen und inhaltlichen Schwerpunkten zuzulassen. Der Begriff trans symbolisiert diese in sich stark überlappenden Ebenen von Unterricht und weist darauf hin, dass nicht mehr ausschließlich in geschlossenen fachlichen, sprachlichen und kulturellen Kategorien gelernt werden kann. Vielmehr werden die Lerner als Besitzer plurilingualer Kompetenzportfolios verstanden, welche nur durch einen sprachen- , kulturen- und inhaltsübergreifenden Unterricht gefördert werden können. Die Konstrukte Sprache und Kultur als übergeordnete Kriterien einer funktionalen Diskurskompetenz bestimmen folglich alle Lernprozesse und konkretisieren sich im transcurricularen Lernen in Lernaufgaben, Unterrichtshandlungen und Diskursen. Der Begriff curricular verdeutlicht, dass der übergreifende Charakter nicht mit einer Regellosigkeit gleichzusetzen ist, sondern durch die curricularen Vorgaben klare Grenzen erhält. Diese werden in den schulinternen Lehrplänen konkretisiert und setzen sich aus den Rahmenplänen der unterschiedlichen Fächer zusammen (vgl. Kap. 3.1/ 3.4) Der Begriff curricular zeigt folglich, dass ein transcurriculares Lernen nur dann möglich ist, wenn dies in einem schulinternen Rahmenplan definiert und beschrieben wird. Zudem verweist der Begriff curricular noch einmal speziell darauf, dass es bestimmte Faktoren in einem Unterricht gibt, welche im hiesigen Verständnis miteinander verwoben sind. Der Terminus Sprachenlernen ist gewählt worden, da im transcurricularen Verständnis von einer Diskurskompetenz ausgegangen wird, welche sowohl fachlich an die jeweilige Sprache gebunden ist als auch in der Kombination mit weiteren Kompetenzen eine überfachliche Diskurskompetenz bildet. Die Diskurskompetenz, welche folglich für die Fremdsprache erworben wird, ist nur ein Teil einer übergreifenden, sprich transcurricularen Diskurskompe- <?page no="184"?> 184 tenz, welche weitere sprachliche, kulturelle und instrumentelle Kompetenzen umfasst. Da bei der Blickrichtung des transcurricularen Sprachenlernens immer vom Schüler aus gedacht und argumentiert wird (vgl. Prinzip I), steht das Lernen im Vordergrund. Nachdem nun die Begrifflichkeiten erläutert sind, wird das Modell in seiner Funktionsweise detailliert beschrieben. Dabei werden Bezüge zu den Prinzipien (vgl. Kap. 8) hergestellt und argumentiert, auf welche Weise diese durch das Modell des transcurricularen Sprachenlernens umgesetzt werden können. In den folgenden zwei Teilkapiteln wird daher zunächst die Funktionsweise allgemein erklärt (vgl. Kap. 9.3). Im Anschluss wird das Modell von ihm ähnlichen Ansätzen abgegrenzt (vgl. Kap. 9.4), um die Alleinstellungsmerkmale durch den Kontrast noch einmal zu erfahren. 9.3 Die Funktionsweise des transcurricularen Sprachenlernens Im Anschluss an die Kurzbeschreibung und die Definition des Begriffes wird im Folgenden geschildert, wie die Funktionsweisen und die Aufgaben der Unterrichtsteilnehmer im transcurricularen Lernen zusammenhängen, wie sie in Beziehung zu den formulierten Prinzipien stehen (vgl. Kap. 8) und auf welche Weise diese umgesetzt werden können. Die Überschriften der Teilkapitel gleichen teilweise denen der Prinzipien, wodurch sich die unmittelbare Abhängigkeit des Modells von den Prinzipien zeigt. 9.3.1 Die Rolle der Lerner Bei dem Unterrichtsmodell des transcurricularen Lernens handelt es sich um einen mehrsprachigen und fächerübergreifenden Ansatz, welcher die einzelnen Fachgebiete des grundschulischen Kanons als spezifische sprachliche und kulturelle Konnotation eines Inhaltes versteht. Indem die Lernenden sich mit den facettenreichen Inhalten auseinandersetzen, werden sie zu transkulturell Handelnden. In der aktiven und selbstgesteuerten Auseinandersetzung mit Inhalten erfahren die Schüler einen Gegenstand aus verschiedenen kulturellen sowie sprachlichen Blickrichtungen. Diese Einflüsse gleichen sie mit bereits vorhandenen Kompetenzen und Identitätsmerkmalen ab, um ihr Kompetenzportfolio individuell zu erweitern. In dieser aktiven Auseinandersetzung mit Inhalten (vgl. Prinzip II) und der eigenen Persönlichkeit (vgl. Prinzip I) nutzen die Lerner sprachliche und kulturelle Kompetenzen aktiv und flexibel, so dass sich deren Verwendung zielgerichtet und positiv auf die eigene Diskurskompetenz auswirkt. Es ist insbesondere diese sprachliche und kulturelle Flexibilität, welche durch das transcurriculare Modell gefördert werden kann, <?page no="185"?> 185 da die Schüler bereits im Unterricht Diskurse erleben. Diese sind in hohem Maße authentisch, wenn sowohl die Kulturen und die Sprachen der Sachfächer, der Mitschüler, der Schulsprache als auch der Fremdsprache verwendet werden (vgl. Prinzip VI). Indem Inhalte aus verschiedenen fachlichen Perspektiven beleuchtet werden, wird die Sprachkompetenz im direkten Zusammenhang zu inhaltlichen, kulturellen Wissens- und Bewusstseinsbeständen diskutiert. In solch komplexen Diskursen erwerben die Lerner sowohl fachliche Kompetenzen in Bezug auf die einzelnen Fächer und Sprachen als auch überfachliche Kompetenzen, welche metasprachliche Fähig- und Fertigkeiten, Einstellungen sowie Haltungen widerspiegeln. Diese Kombination aus fachlichen und überfachlichen Kompetenzen verdeutlicht den holistischen Ansatz des transcurricularen Sprachenlernens, in welchem die Schüler als Personen in den Lernprozess eingebunden und als Diskursteilnehmer unabdingbar werden (vgl. Prinzip I). 9.3.2 Die Rolle der Inhalte Der Inhalt ist einer der zentralen Aspekte im transcurricularen Sprachenlernen, an welchem die Kompetenzen, die Lernaufgaben und die Fächerkombinationen bei der Planung von Unterricht orientiert werden (vgl. Prinzip IV). In Abstimmung mit den zu erwerbenden fremdsprachlichen Kompetenzen wird ein Inhalt gewählt, welcher sowohl relevant für die Fremdsprache als auch für ausgewählte Sachfächer ist und zu den curricularen Vorgaben aller Fächer passt. Auf diese Weise wird festgelegt, welche Fächer sich anbieten, um dort parallel zum Fremdsprachenunterricht an dem gleichen Inhalt zu arbeiten (vgl. Prinzip V). Durch die Auswahl der Inhalte und Fächer ergeben sich wiederum vielfältige Kompetenzen jenseits des fremdsprachlichen Unterrichts, welche sich im bereits beschriebenen Kompetenzportfolio der Lerner zu einer umfassenden Diskurskompetenz zusammensetzen. Diese wird aufgrund der transcurricularen Reichweite der Inhalte fachlich wie überfachlich erweitert, da die Inhalte in sinnhaften, aktivierenden und handlungsorientierten Unterrichtssequenzen, Lernaufgaben und Diskursen angeboten werden (vgl. Prinzip II). Trotz dieser erweiterten Ziele fremdsprachlichen Lernens über die Fachgrenzen hinaus ist die Erweiterung nicht willkürlich. Vielmehr ermöglicht die Auswahl der Inhalte und der Fächer, die Themenschwerpunkte auf die einzelnen Fachbereiche aufzuteilen. Hierdurch erwächst zum einen die Chance, einzelne Themen mehrspektivisch zu betrachten, indem die sprachlichen sowie die fachlichen Besonderheiten der Fächer in gemeinsamen Aufgabenformaten zusammenfließen. Zum anderen ermöglicht die gemeinsame Arbeit an einem Thema die inhaltliche Reduktion für das einzelne Fach, da die zu vermittelnden Inhalte und Kompetenzen auf alle beteiligten Fächer <?page no="186"?> 186 aufgeteilt werden können (vgl. Prinzip IV). Infolge dessen kann in einem einzelnen Fach spezifischer an einem Gegenstand gearbeitet werden, wenn gewisse Kompetenzen durch ein anderes Fach vorentlastet werden. So werden in der Unterrichtssequenz zum Thema Me and my family allgemeine kommunikative Fertigkeiten in der Fremdsprache eingeführt und im Mathematikunterricht im Kompetenzschwerpunkt Darstellen und Formulieren vertieft (vgl. Kap. 11.1). Indem der Inhalt in mehreren Sachfächern parallel erfahren wird, eröffnet sich ein mehrdimensionaler Blick auf diesen. Folglich wird auch der Unterricht in einem zusammenhängenden Verlaufsplan gegliedert, in welchem den unterschiedlichen Fächern eindeutige Inhaltsschwerpunkte, Kompetenzerwartungen und Lernaufgaben zugeschrieben werden (vgl. Kap. 8.4). Dank dieser Darstellungsform kann fächerübergreifend eingesehen werden, welche Relevanz die Arbeit in einem speziellen Fachgebiet für den allgemeinen Lernzuwachs der Schüler hat, indem alle Kompetenzen, Inhaltsschwerpunkte und Lernaufgaben in einem Konzeptpapier aufgelistet sind. Diese Strukturierung bietet den Lehrkräften die gewünschte transparente Orientierung und Hilfe bei der Umsetzung der jeweiligen Lerninhalte (vgl. Kap. 7.4). Um dem Anspruch der Praktikabilität gerecht zu werden, sind die Einheiten im transcurricularen Sprachenlernen so zu planen, dass der Unterricht in den einzelnen Fächern parallel durchgeführt werden kann bzw. in der Reihenfolge seiner Umsetzung variabel ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass zum einen in jedem Fach ein in sich geschlossener und logisch begründbarer Unterricht durchgeführt wird (vgl. Prinzip III) und zum anderen Verzögerungen oder Ausfälle in einzelnen Fächern nicht negativ auf die Arbeit in anderen wirken. 9.3.3 Die Rolle der Fächer In den Fächern wird der Unterricht jeweils für das geplante Fachgebiet durchgeführt. Da die Wahl der Fächer, wie bereits erwähnt, vom Inhalt und den Kompetenzen abhängt, sind nicht immer alle Fächer involviert (vgl. Prinzip IV). Im skizzierten Beispiel zum Thema Me and my family werden lediglich die Fächer Sachkunde, Mathematik, Englisch und Ethik eingebunden. Auch die anderen Unterrichtsbeispiele dieser Arbeit zeigen, dass es sich meist um zwei bis drei die Fremdsprache ergänzende Fächer handelt (vgl. Kap. 11.2/ 11.3). Diese Auswahl ergibt sich, da nur Fächer eingebunden werden, in welchen die Themen unmittelbar zur Vermittlung von Kompetenzen genutzt werden können. Hingegen werden solche Fächer vernachlässigt, für welche sich in Bezug auf den Inhalt oder die fokussierten Kompetenzen keine Anbindungsmöglichkeiten bieten. In jedem der ausgewählten Fächer wird für eine Dauer von zwei bis fünf Unterrichtsstunden zum vorgegebenen Thema <?page no="187"?> 187 gelernt. Im Anschluss daran kann das Thema weitergeführt, vertieft oder in einen neuen Inhalt übergeleitet werden. Mit welcher Häufigkeit die transcurricularen Lernphasen genutzt werden, hängt von der Planung und der Organisation in der Einzelschule ab. Da die Schulen in den meisten Bundesländern aufgefordert sind, eigene Lehrpläne zu erarbeiten, kann diese Herausforderung genutzt werden, um dies ohne hohen zeitlichen Mehraufwand anhand der transcurricularen Strukturen auszurichten. Dabei muss in jeder Schule festgelegt werden, ob transcurriculare Lernphasen temporär oder kontinuierlich durchgeführt werden. Je nach Wunsch der Intensität werden die Sachfächer beeinflusst, für welche der Unterricht weiterhin an den sachfachlichen Rahmenplänen orientiert und das transcurriculare Lernen zugelassen wird, wenn es einen Mehrwert für die fachliche sowie überfachliche Diskurskompetenz verspricht (vgl. Prinzip III). Folglich kann es sein, dass ein Fach mehrere Wochen eingebunden ist, während für ein anderes kein thematischer Zugang gefunden wird. Diese Flexibilität erfordert Planungsgeschick der Lehrkräfte einerseits und belohnt mit einer hohen Passgenauigkeit fremdsprachlicher Lernphasen in den Sachfächern andererseits. Außerdem sorgt die temporäre Entlastung einzelner Fächer dafür, dass Inhalte erarbeitet werden können, für welche keine transcurricularen Verbindungen vorgesehen sind. Somit ist gesichert, dass alle vorgesehenen Inhaltsblöcke bearbeitet werden können und die Bedeutung des Sachfaches nicht dem Erlernen fremder Sprachen untergeordnet wird. In der Grundschule besteht zudem ein Vorteil in der Tatsache, dass eine Lehrkraft viele unterschiedliche Fächer unterrichtet. Auf diese Weise lässt sich sowohl die Planung leichter gestalten, da sie in die reguläre Unterrichtsplanung einer einzelnen Lehrkraft integriert werden kann, als auch die Qualität fremdsprachlicher Lernphasen in den Sachfächern sichern, wenn diese von einer ausgebildeten Fremdsprachenlehrkraft durchgeführt werden. Im Umkehrschluss ist die Wahl der Sprache unter praktischen Aspekten auch davon abhängig, über welche sprachlichen Qualifikationen die lehrende Person im Sachfach verfügt. Allerdings muss die Person nicht immer eine ausgebildete Englischlehrkraft sein, wenn sie trotz anderer Profession über eine hohe Sprachkompetenz sowie über Kenntnisse bezüglich des Fremdsprachenerwerbs verfügt. Um einen adäquaten Zugang zur Sprache zu sichern, müssen in der Planung der Fächer nicht nur die Inhalte festgelegt, sondern auch eindeutig beschrieben werden, welche Phasen in welchen Fächern in der Schul-, der Fremd- oder den Herkunftssprachen durchgeführt werden. <?page no="188"?> 188 9.3.4 Die Rolle von Sprache und Kultur Der Inhalt in den Fächern beeinflusst je nach Komplexität und Anforderung der Situation auch die Sprachenwahl. Der Wechsel zwischen den Sprachen stellt die für das transcurriculare Lernen größte Hürde in der unterrichtlichen Praxis dar, da bislang kaum Erfahrungen mit der gleichzeitigen Verwendung der Schul-, der Fremd- und den Herkunftssprachen im Unterricht gemacht worden sind. Nichtsdestotrotz wird mit dem transcurricularen Sprachenlernen theoretisch aufgezeigt, auf welche Weise das Potential an Fach-, Schul- Fremd- und Herkunftssprachen und -kulturen genutzt werden kann. Die hohe Relevanz von Fachsprachen bereits im Grundschulunterricht (vgl. Prinzip V) führt im transcurricularen Sprachenlernen dazu, dass sowohl in der Schulals auch der Zielsprache sprachliche Elemente im Niveau CALP generiert werden, wenn der Unterricht diskursiv und herausfordernd gestaltet ist. Darüber hinaus wird das sechste Prinzip erfüllt, indem sich die Arbeitssprache aus der Komplexität der jeweiligen Situation im Verhältnis zum Können der Lerner ergibt. Orientiert an den vorhandenen Kompetenzen der Schüler können Phasen mit einem hohen Grad an Handlungsorientierung, scaffolding und bekannten Sprachelementen in der Fremdsprache durchgeführt werden, während abstrakte Einheiten zunächst durch die Arbeit in der Schulsprache entlastet werden können (vgl. Kap. 9.1). Da jedoch davon ausgegangen wird, dass nicht alle Schüler über sehr gute Kenntnisse in der Schulsprache verfügen, werden die fremdsprachlichen Lernphasen vielfältig eingesetzt und möglichst viele Phasen um die Herkunftssprachen ergänzt. In Bezug auf die Herkunftssprache zeigt sich das Sprachproblem am stärksten. In den meisten Fällen scheitert die Einbindung der Herkunftssprachen der Lerner in den Unterricht bislang entweder daran, dass zu viele Sprachen im Klassenraum vorhanden sind und damit eine Fokussierung schwerfällt, oder daran, dass die Lehrkräfte nicht wissen, wie sie mit Sprachen umgehen sollen, welche sie selbst nicht beherrschen. Allerdings scheint die Vernachlässigung der Herkunftssprachen keine Lösung darzustellen dieser Problematik zu sein. Folglich werden die Herkunftssprachen im transcurricularen Lernen mit einem reduzierten Anspruch im Vergleich zur Fremdsprache eingebunden. So sollen die Lerner in Bezug auf ihre Herkunftssprachen nicht zwangsläufig linguistische und grammatikalische Kenntnisse erwerben, sondern erstens Fertigkeiten entwickeln, auf welche Weise sie ihr Sprachrepertoire in anderssprachigen Lernumgebungen nutzen können, zweitens Einstellungen zum Potential von Mehrsprachigkeit etablieren und drittens ihre Sprachen als wertgeschätzt und sozial anerkannt erleben. Methodisch wird die Nutzung der Herkunftssprache daher in Phasen ermöglicht, in welchen entweder Sprachvergleiche durchgeführt und das Sprachbewusstsein <?page no="189"?> 189 geschult werden soll oder in welchen die Herkunftssprache parallel zur Schul- oder Fremdsprache in kommunikativen Situationen genutzt wird. Auf diese Weise ist die Lehrkraft aus der Pflicht genommen, über die korrekte Verwendung einer Sprache zu urteilen, welcher sie selbst nicht mächtig ist, sondern wird für den Moment selbst zum Lerner in einem multilingualen Sprachbad. So können je nach Atmosphäre im Lernumfeld die Lerner entweder ihre Herkunftssprache in individuell gestaltbaren Lernphasen anwenden oder sogar eine lehrende Funktion übernehmen, indem sie einen herkunftssprachlichen Input in einem Diskurs bereitstellen. Diese intensive Verknüpfung macht deutlich, dass die Sprachverwendung im transcurricularen Lernen in Form von strukturierten Lernphasen sowie ergebnisoffenen Experimentierphasen weit über die aktuell im Fremdsprachenunterricht angebotenen Sprechgelegenheiten hinausgehen kann (vgl. Prinzip II). Die kulturellen und sprachlichen Eigenheiten der jeweiligen Fachkultur ermöglichen neben einem breiten sprachlichen Zugang zum Gegenstand auch vermehrt kulturelle Einsichten. Ein kulturell geprägter, facettenreicher Einblick entsteht, wenn z.B. beim Thema Me and my family die Herkunftsorte der Schüler unter Verwendung geografischer Fachtermini im Sachkundeunterricht ebenso besprochen werden wie der Wert von Familie für jeden Einzelnen im Ethikunterricht. Neben dieser umfassenden Sicht auf den Gegenstand bergen die fachlichen Unterschiede einen Diskurs an sich, indem die Lernenden aufgefordert sind, aus unterschiedlichen Aussagen für sich relevante Informationen zur Beschreibung des Inhaltes herzuleiten. In Anlehnung an das dargestellte Beispiel kann es somit für einen Schüler besonders spannend sein, die geografischen Herkunftslinien seiner Ahnen zu untersuchen, während ein anderer über den Sinn von Familie reflektiert. Auf diese Weise werden persönliche Präferenzen aufgegriffen und die Schüler als Diskursteilnehmer wahrgenommen (vgl. Prinzip I). Allerdings sind die Handlungen der Lerner mehr als nur die Summe verschiedener Blickrichtungen auf einen Inhalt, da jeder Lernprozess von grundlegenden sprachlichen und kulturellen Aspekten geprägt ist (vgl. Kramsch 2004: 4). Somit wird im Modell von einem fächerübergreifenden Ansatz ausgegangen, welcher um sprach- und kulturübergreifende Einflüsse ergänzt wird. 9.3.5 Die Rolle der Öffnung des Lernens Die Kombination von Sprachen und Fächern im transcurricularen Lernen erlaubt es, den Unterricht zielgerichtet und logisch zu öffnen (vgl. Prinzip III). Die Verbindung der Fächer stellt eine Öffnung auf der organisatorischen Ebene dar, indem ein Inhalt nicht isoliert, sondern transcurricular , sprich in mehreren Fachgebieten unter Berücksichtigung individueller Schwerpunkte <?page no="190"?> 190 der Fächer, erarbeitet wird. Diese Integrität ermöglicht positive Synergieeffekte zwischen den Fächern, welche die Kompetenzen jenseits der einzelnen Fachbereiche fördern. Aus der Vielzahl der involvierten Fächer entsteht zudem eine hohe Varianz an methodischen Zugängen. Diese verschiedenen Herangehensweisen und Blickrichtungen aus dem jeweiligen Fach erhöhen den Einfluss eines jeden Faches auf den Inhalt. Somit können die Wünsche und Interessen bzw. die sich im Prozess ergebenden Fragestellungen berücksichtigt werden (vgl. Prinzip I), wodurch die inhaltliche Ebene geöffnet werden kann. Im Kontext des Erlernens von Sprachen ist die Öffnung auf der sprachlichen Ebene besonders wichtig. Der Wunsch, sinnhafte Diskurse an gegenwärtigen Problemstellungen zu generieren, führt überhaupt erst zu der Idee, fremdsprachliche Situationen in anderen Fächern anzubieten. Die daraus resultierende Einbindung der Fremdsprache in die Sachfächer erlaubt eine inhaltsgebundene Aushandlung von Bedeutung. Vor dem Hintergrund der geringen Sprachproduktion der Lerner in herkömmlichen Lernumgebungen (vgl. Kap. 5.3) ist es gerade diese kommunikative Öffnung, welche infolge der inhaltlichen Impulse die Schüler zur Produktion von Sprache und zur Teilnahme an Diskursen motivieren und befähigen soll. Auf diese Weise wird in logischer Konsequenz das zweite Prinzip zu einem weiteren Leitmotiv für das transcurriculare Lernen, indem die Sprechgelegenheiten mehrsprachig und fächerübergreifend intensiviert werden. Die Beschreibungen lassen erkennen, dass mit dem transcurricularen Ansatz ein Unterrichtsmodell entwickelt worden ist, welches aus den Ansprüchen und den Prinzipien gängiger Ansätze des Fremdsprachenunterrichts der Grundschule entspringt, welche zunehmend diskursiv und kompetenzorientiert gestaltet werden soll. Der innovative Charakter des Modells wird noch einmal deutlich, wenn es in Abgrenzung zu bereits bestehenden Modellen diskutiert wird, welche ebenfalls mehrsprachige und/ oder fächerübergreifende Ansätze verfolgen. 9.4 Das transcurriculare Sprachenlernen im Vergleich In der Diskussion der relevanten Ansätze des regelschulischen, des bilingualen und des reformpädagogischen Lernens konnte der Mehrwert des transcurricularen Lernens in den vorherigen Kapiteln bereits klar herausgestellt werden. Durch seine fächerübergreifende Struktur werden die Vorteile bilingualen Lernens genutzt, indem der Kontakt zur Fremdsprache intensiver gestaltet wird. Ferner ermöglichen geöffnete Phasen sowie die Einbindung von komplexen Inhalten und verschiedenen Sprachsystemen eine Vertiefung des Lernens und der Aushandlung von Bedeutungen. In der Addition der <?page no="191"?> 191 Prinzipien der drei benannten Ansätze liegt ferner der Mehrwert für den Unterricht, welcher nun im transcurricularen Lernen operationalisiert ist. Jenseits dieses Modells existieren bereits methodische Ansätze, welche einen mehrsprachigen und fächerübergreifenden Unterricht fördern. Diese scheinen auf den ersten Blick ein ähnliches Potential zu haben wie das transcurriculare Lernen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch das erweiterte Potential des transcurricularen Lernens. In diesem Kontext ist vor allem der Ansatz des „cross-curricularen Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule“ zu nennen, wie er von Prochazka (2008: 43ff) beschrieben wird. In Anlehnung an die Methodik des bilingualen Unterrichts wird im cross-curricularen Lernen ein Thema in mehreren Fächern unter Verwendung der englischen Sprache unterrichtet. Auf diese Weise sollen teilimmersive Impulse sowie eine handlungsorientierte Auseinandersetzung mit der fremden Sprache in inhaltlich sinnhaften Kontexten erlebt werden (vgl. ebd.: 46). Diese Anlegung als fächerübergreifender und themenzentrierter Unterricht bietet eine Schnittmenge zum transcurricularen Sprachenlernen, welches in gleicher Weise davon ausgeht, dass die zentrale Stellung der Inhalte einen breiteren Zugang und eine vertiefte Erarbeitung des Gegenstandes ermöglicht (vgl. Prinzip II/ V). Folglich finden sich die meisten von Prochazka beschriebenen Charakteristika für einen cross-curricularen Englischunterricht, wie „themenzentriert, Schüler-orientiert, Interesseweckend, handlungsorientiert, ganzheitlich und Europa-orientiert“ (a.a.O.), auch im transcurricularen Lernen. Folglich kann der cross-curriculare Ansatz als ein Teilbereich des transcurricularen Lernens gesehen werden, welcher die Integrität anderer Fächer (vgl. Prinzip V) sowie die zentrale Stellung eines Inhaltes beschreibt (vgl. Prinzip IV). Darüber hinaus werden im transcurricularen Lernen allerdings Aspekte wie die Einbindung weiterer Sprachen (vgl. Prinzip VI) und die Öffnung unterschiedlicher Ebenen von Unterricht (vgl. Prinzip III) ergänzt, welche keinen Bestandteil des cross-curricularen Lernens darstellen. Außerdem wird im cross-curricularen Lernen nicht explizit auf das Potential des kulturellen Mehrwertes eingegangen, welcher entsteht, wenn Inhalte in verschiedenen Fachkulturen bearbeitet werden (vgl. Prinzip VI). Dementsprechend zeichnet sich das transcurriculare Lernen als komplexere Weiterführung eines in Anfängen etablierten Ansatzes aus. Die erfolgreiche Implementierung des cross-curricularen Ansatzes in der Schulpraxis sowie die Erarbeitung eines passenden Lehrwerks (vgl. ebd.: 45) lassen hoffen, dass ein ähnlich innovativer Ansatz wie das transcurriculare Sprachenlernen ebenfalls umgesetzt werden kann. In seiner Abhandlung „Language Across the Curriculum and Plurilingualism“ schlägt Vollmer (2011: 103ff) einen ähnlichen Weg wie Prochazka ein, wenn er darlegt, dass das Fremdsprachenlernen nicht mehr isoliert gesehen <?page no="192"?> 192 werden kann, sondern in alle Bereiche des Lehrens und Lernens im schulischen Kontext eingebunden werden muss. Konkret geht auch der Autor davon aus, dass die Mehrsprachigkeit der Schüler sich in unterrichtlichen Formaten widerspiegeln muss. Anders als Prochazka begründet Vollmer dies nicht allein über die spracherwerbstheoretischen Vorzüge, dass Sprachen bei intensivem Kontakt umfassender gelernt werden, sondern mit kulturellen und damit sprachlichen Veränderungen in der Gesellschaft. Schüler verfügten heutzutage über ein „plurilingual repertoire“ (ebd.: 104), welches sich aus Erfahrungen in vielfältigen Sprachen zusammensetzt. Dieses, in der hiesigen Arbeit als Kompetenzportfolio betitelte, sprachliche und kulturelle Vermögen müsste in einem sprachlichen Unterricht berücksichtigt werden. Zwar verweist Vollmer auf einige Aktivitäten im europäischen Raum, bleibt aber insgesamt auf einer theoretischen Beschreibung eines neuen Lernparadigmas. Eine konkrete Reduktion dessen auf den Unterricht sowie methodische Hinweise, wie diese im Modell des transcurricularen Lernens gegeben werden, bleiben bei ihm aus. So benennt er das kulturelle Lernen, die Sprachbewusstheit sowie die Sprachlernkompetenzen als neue Zieldimensionen sprachlichen Lernens auf der theoretischen Ebene (vgl. ebd.: 111ff). Diese Beschreibungen decken sich mit einigen Aspekten der in dieser Arbeit entwickelten Prinzipien. Folglich kann das transcurriculare Lernen als eine unterrichtspraktische Möglichkeit gesehen werden, die Forderungen Vollmers in der Praxis umzusetzen. Ein weiteres Modell, welches den Aspekt des sprachenübergreifenden Lernens fokussiert, findet sich im Modell des Gesamtsprachencurriculums (GSC) von Hufeisen (2011: 272ff). Wie der Name bereits erkennen lässt, handelt es sich hierbei um einen Ansatz, durch welchen - ähnlich den Annahmen Vollmers - sämtliche Fremdsprachen aus der Umgebung der Lerner in den Unterricht eingebunden und in eindeutig definierten Lehrgängen zugänglich gemacht werden sollen. Dabei ist die Anzahl der Sprachen theoretisch nach oben hin offen, da in organisatorisch isolierten Einheiten zwischen dem ersten und 13. Lernjahr in der Schule Herkunftssprachen, Deutsch sowie sämtliche Fremdsprachen angeboten werden sollen. Auf diese Weise soll erreicht werden, Sprachlernstrategien sprachenübergreifend und systematisch vorzustellen, auszuprobieren und anwenden zu lassen, […] individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit systematisch in alle Unterrichtsfächer zu integrieren. (ebd.: 266f). Diese Ziele decken sich mit den Ansprüchen des transcurricularen Sprachenlernens (vgl. Prinzip I/ VI). Die Mehrsprachigkeit soll in beiden Modellen beachtet werden, und zwar sowohl in Bezug auf die Schüler als auch die ge- <?page no="193"?> 193 sellschaftlichen Ansprüche. Diese zeigt sich in der Kompetenz, Strategien sprachübergreifend einzusetzen (GSC) und an Diskursen (transcurriculares Lernen) teilzunehmen. Doch trotz ihrer verwandten Zielsetzung unterscheiden sich die Modelle bezüglich ihrer Organisation. Während das von Hufeisen entwickelte GSC von einer strukturellen Beschreibung der Organisation einzelner Sprachkurse ausgeht, welche ein intensives Lernen unterschiedlicher Sprachen (unter Einbezug der Herkunftssprache) fördern, geht das transcurriculare Lernen von einer qualitativen Beschreibung organisatorischer und methodischer Grundsätze aus. Während das transcurriculare Lernen somit Prinzipien fremdsprachlichen Lernens in einer neuartigen Weise zusammenführt, soll im GSC vor allem nach bilingualen Prinzipien gelernt werden. Insgesamt stellt das GSC eine Strukturgrundlage für ein mehrsprachiges Curriculum vor. Der transcurriculare Ansatz hingegen versucht, die Ziele nicht nur auf der strukturellen Ebene zu erreichen, sondern benennt organisatorische und methodische Grundsätze, auf welche Weise diese Zielsetzungen im Unterricht praktisch umgesetzt werden können. Das transcurriculare Modell könnte folglich als methodische Ergänzung zum GSC gesehen werden, da es aufzeigt, wie innerhalb der Fächer die Herkunftssprachen angewendet und mit weiteren Sprachen verknüpft werden können. Insgesamt zeigt sich abermals, dass das transcurriculare Unterrichtsmodell nicht jenseits aller Grundannahmen zum fremdsprachlichen Lernen entwickelt worden ist, sondern eine erstaunliche Nähe zu anderen innovativen Ansätzen der letzten Jahre aufweist. Der Vergleich mit den drei skizzierten Ansätzen zeigt, dass vor allem versucht wird, der Mehrsprachigkeit der Gesellschaft und damit auch der Lerner gerecht zu werden, indem mehrsprachig und fächerübergreifend unterrichtet wird. Damit stellen die Ideen Prochazkas (2008), Vollmers (2011) und Hufeisens (2011) Impulse hin zu einem Lehr- und Lernparadigma dar, welches sich mit den Prinzipien der vorliegenden Arbeit deckt. Denn während Vollmer und Hufeisen ihre Überlegungen über das Argument der neuen Herausforderungen an die Diskurskompetenz der Lerner legitimieren, deckt sich dies zwar mit den Zielen des transcurricularen Lernens. Die Prinzipien sind jedoch aus der Sache an sich, sprich aus den Erfahrungen bezüglich des fremdsprachlichen Lernens hergeleitet, sodass für den transcurricularen Ansatz sowohl eine theoretische Fundierung als auch eine methodische Unterrichtsmodellbildung vorliegt. Seinen Mehrwert erhält das Modell des transcurricularen Lernens aufgrund dieser induktiven Herangehensweise. Das transcurriculare Lernen bündelt folglich nicht nur die aktuellen Prinzipien, sondern fußt auch auf zurückliegenden Erfahrungen. Die Ausführung der bisherigen Kapitel verdeutlichen, dass auch wenn regelmäßig mehrsprachige oder fachübergreifende Ideen genutzt werden, diese im transcurricularen Lernen zum ersten Mal miteinander verbunden, empirisch her- <?page no="194"?> 194 geleitet, operationalisiert und in einem praktischen Ausblick beschrieben werden. Im vorliegenden Kapitel ist das Unterrichtsmodell zum transcurricularen Lernen in seiner theoretischen Wirkungsweise beschrieben worden. In Anlehnung an die in Kapitel 8 formulierten Prinzipien konnten Organisationsstrukturen entwickelt und Prozesse beschrieben werden, welche auf eine Erhöhung der Sprechgelegenheiten und eine damit intendierte Erhöhung der Diskurskompetenz zielen. Um dem unterrichtspraktischen Anspruch weiterhin gerecht zu werden, sollen die komplexen Funktionsweisen des Modells in einer Handreichung beschrieben werden, welche einzelne Schritte für einen Einsatz in der Schulpraxis benennen. In der folgenden Handreichung werden Hinweise gegeben, auf welche Weise Lehrkräfte und Schulkollegien in sieben Schritten einen transcurricularen Unterricht gestalten können (vgl. Kap. 10). <?page no="195"?> 195 10 In sieben Schritten zu einem transcurricularen Unterricht Die Herleitung des transcurricularen Lernens aus den Prinzipien für einen effektiven Fremdsprachenunterricht in der Grundschule (vgl. Kap. 8) sowie die Beschreibungen seiner Funktionsweise und Prozesszusammenhänge (vgl. Kap. 9) verdeutlichen, dass ein Modell entlang bestehender Ansprüche eines diskursiv-kompetenzorientierten Unterrichts im Rahmen dieser Arbeit entwickelt werden konnte. Ferner geht es nun darum, die theoretischen Ableitungen und Beschreibungen auf eine Weise darzustellen, dass das transcurriculare Lernen in der Praxis umgesetzt werden kann. Daher werden im hiesigen Kapitel sieben Schritte dargelegt, welche durchgeführt werden müssen, um das transcurriculare Lernen in der Unterrichtspraxis anwenden zu können. Auf Grund seiner Aktualität wird das hessische Kerncurriculum als Referenz genutzt (vgl. HKM 2010). Um einen umfassenden Rahmen für das transcurriculare Lernen zu schaffen, werden von Kollegien und Lehrkräften 1) die Ressourcen der Schule hinsichtlich fächerübergreifender und mehrsprachiger Unterrichtssequenzen erfasst und beschrieben. 2) zielsprachliche Themen unter Berücksichtigung der in den curricularen Vorgaben geforderten Kompetenzen ausgewählt. 3) Überschneidungen mit potentiellen Sachfächern anhand der ausgewählten Themen ermittelt und benannt. 4) die jeweiligen Fachinhalte mit den fachlichen und überfachlichen Kompetenzen der Sachfächer abgestimmt. 5) die Fachinhalte und Kompetenzen in Jahresplänen zeitlich strukturiert. 6) Handlungen und Lernaufgaben für die jeweils zu unterrichtenden Fachinhalte in den einzelnen Fächern festgelegt. 7) die Fachinhalte parallel in den Fächern in Form vielfältiger Diskurssituationen, expliziter Grammatik- und Schreibphasen sowie mehrsprachiger Lernaufgaben unterrichtet. 10.1 Die Ressourcen der Schule erfassen (Schritt 1) Die Planung transcurricularer Unterrichtseinheiten beginnt mit der Erstellung einer Schulkonzeption auf Schulebene. Ein solches Schulkonzept erfüllt den curricularen Anspruch, schulinterne Lehrpläne zu erstellen. Folglich wird <?page no="196"?> 196 mit dem transcurricularen Lernen eine Schablone geboten, welche die geforderten individuellen Curricula einerseits zu erarbeiten und das sprachliche Lernen andererseits zu intensivieren hilft (vgl. Kap. 8.2/ 9.3.4). In diesem Sinne sind die schuleigenen Lehrpläne weniger eine lästige Pflicht als eine Chance, die Qualität der eigenen Unterrichtsplanung und -durchführung zu erhöhen (vgl. Kap. 8.1). Nur durch einheitliche Vorgaben innerhalb der Einzelschule wird es möglich, die unterschiedlichen Fächer im Sinne eines transcurricularen Lernens zu vernetzen (vgl. Kap. 8.5/ 9.3.3). Durch eine klassenübergreifende Planung wird Sorge getragen, dass alle Lerner einer Institution am Ende der vierten Klasse über ein annährend ähnliches Kompetenzniveau verfügen. Dementsprechend müssen Themen, Kompetenzen, Fächer und Sprachen im Vorfeld festgelegt werden. Die Kollegien müssen eindeutig definieren, welche Sprachen in der Schule relevant und im Unterricht thematisiert werden können, um eine Förderung der Sprache und der Kulturen der Schüler zu gewährleisten (vgl. Kap. 8.6/ 9.3.4). Ferner ist zu klären, in welcher der vorhandenen Sprachen ein Fachunterricht erteilt werden soll (wenn dies nicht von der Landesregierung vorgegeben ist). Neben der Schul- und der Zielsprache gibt es in einigen Schulen Angebote in weiteren Ziel- und Herkunftssprachen, welche teilweise strukturell von dem normal getakteten Unterricht im Klassenverband abweichen. Diese können in das transcurriculare Lernen integriert werden, indem weitere Zielsprachen entweder als Referenz für die Planung von transcurricularen Einheiten genutzt werden oder als zusätzliche Lernaufgaben eingesetzt werden. Dank der flexiblen Struktur des Modells ist eine Erweiterung um Sprachen und Fächer jederzeit möglich (vgl. Kap. 9.1). Falls bislang noch keinerlei Erfahrungen mit sprachenübergreifenden Unterrichtsformaten vorliegen, müssen die Kollegien zunächst schauen, welche Fächer, Stunden und Lehrkräfte sich eignen, um Lehrgänge, Module und Projekte mit bi- und multilingualen Schwerpunkten zu etablieren. Der Umfang und die Zielrichtung ergeben sich meist aus den vorhandenen Ressourcen der Schule, welche sich aus den Erfahrungen der Lehrkräfte, der Schüler, der Eltern und der Schulumgebung zusammensetzen. Denn eine gemeinsame Einbindung unterschiedlicher Akteure bietet eine breite Nutzung aller sprachlichen und kulturellen Elemente aus der Lebenswelt der Lerner (vgl. Kap. 8.1/ 9.1). Weitergedacht kann die Schule im Idealfall zu einem Begegnungs- und Lernort für Sprachen und Kulturen avancieren, welcher nicht nur die Lerner, sondern auch andere Bevölkerungsgruppen einbindet und damit die diskursiven Elemente noch sinnhafter und authentischer werden lässt, indem weitere Bereiche der Lebenswelt der Schüler erschlossen werden (vgl. Kap. 8.1/ 8.2). <?page no="197"?> 197 Neben der beschriebenen Ausweitung des sprachlichen und kulturellen Kontakts muss für den Bereich der einzelnen Sprache eindeutig definiert werden, welche Kompetenzen unter Verwendung welcher Themen erworben werden sollen (vgl. Kap. 8.1/ 9.3.1). Es ist zu klären, ob die Lerner in einer Sprache ein an Kompetenzen orientiertes Abschlussniveau erreichen (Schul- und Zielsprache) oder lediglich erste funktionale Kenntnisse und Anwendungswissen erwerben (funktionale Kompetenzen), ein kulturelles Wissen und Können etablieren (transkulturelle Kompetenzen) oder die fremde Sprache als Spiegel für Sprachvergleiche nutzen sollen (instrumentelle Kompetenzen). Hinsichtlich dieser Entscheidungen muss auch die legislative Administration Stellung beziehen. Grundsätzlich gilt, je höher der Anspruch an die Leistungsfähigkeiten der Schüler gerichtet wird, desto höher ist der Stellenwert der einzelnen Sprache. Die folgenden Fragen in können zur Erfassung der Ressourcen einer Schule sowie zur Erstellung eines schulinternen Konzeptes genutzt werden. 1) In welchen Fächern und durch welche Lehrkräfte ist ein fächerübergreifendes unterrichten möglich? 2) Welche Inhalte der betreffenden Sachfächer sind mit denen des zielsprachlichen Lernens verknüpfbar? 3) Auf welche Weise lässt sich die Zielsprache im Sinne einer lingua franca auch außerhalb des Zielsprachenunterrichts in kommunikativen Situationen des Schulalltags nutzen? 4) Welche Sprachen bringen unsere Schüler mit und in welchen Sequenzen des Unterrichts und Schullebens können diese sinnvoll eingebunden werden? 5) Welche Bereiche des Schullebens können von einer sprachlichen und kulturellen Vielfalt profitieren? Lassen sich translinguale und -kulturelle Feste, Projekte, Begegnungen, Hör- und Sprechanlässe realisieren? Eine solche schulinterne Verständigung über strukturelle und inhaltliche Eckpunkte des transcurricularen Lernens hilft zudem, die Unsicherheiten der einzelnen Lehrkräfte zu mindern, da Aufgaben und Handlungsbereiche eindeutig verteilt, transparent dargestellt und kommuniziert werden (vgl. Kap. 7.3.1.3). Folglich muss jede Lehrkraft informiert werden, welchen Beitrag das von ihr unterrichtete Fach innerhalb einer transcurricularen Unterrichtseinheit einnimmt. <?page no="198"?> 198 10.2 Die zielsprachlichen Themen auswählen (Schritt 2) Nachdem festgelegt ist, welche Sprachen und Fächer für einen transcurricularen Unterricht potentiell zugänglich sind, werden zunächst aus der Perspektive des Zielsprachenfaches Themen gewählt. Wenn mehr als eine Zielsprache unterrichtet wird, muss geklärt werden, welche der Zielsprachen den Fokuspunkt darstellt, an welchem die Themen und die Kompetenzen der jeweiligen Unterrichtseinheit orientiert werden (vgl. Kap. 9.1). Ist die Zielsprache eindeutig definiert, wird in den Kerncurricula der anderen beteiligten Fächer nach Themenbereichen gesucht, welche sich mit denen der Zielsprache überschneiden. Da die inhaltlichen Beschreibungen in den meisten Rahmenplänen sehr oberflächlich ausfallen (vgl. Kap. 3.1.4), kann dieser Spielraum genutzt werden, um Überlappungen in den Themen herzustellen. Im Fall des hessischen Curriculums für moderne Fremdsprachen ist die Wahl von Themen aus drei Bereichen möglich: 1) „Ich und die Anderen“ (persönliche Lebenswelten) 2) „Ich und die Gesellschaft“ (öffentlich-gesellschaftliche Lebenswelten) 3) „Ich und die Welt“ (kulturelle Lebenswelten) Die Wahl des Themas geschieht im transcurricularen Verständnis folglich immer in Abhängigkeit von der Relevanz dessen für die Lebenswelt der Lerner (vgl. Kap. 8.1), für die Etablierung diskursiver Situationen (vgl. Kap. 8.2), für die inhaltliche und methodische Öffnung von Lernsequenzen (vgl. Kap. 8.3), für die Anbindung an weitere Sachfächer (vgl. Kap. 8.5) und für die Verwendung einer sprachlichen und kulturellen Vielfalt (vgl. Kap. 8.6). In diesem Sinne können z.B. kindliche Themen und einfache Kommunikationssituationen genutzt werden, um sich im Themenbereich „Ich und die Anderen“ über persönliche Belange auszutauschen. Unterthemen können z.B. Me and my family, My way to school, My town and my street sein. Dieser sehr persönliche Bereich wird um Themen ergänzt, die den Schülern eine Orientierung im gesellschaftlichen Raum („Ich und die Gesellschaft“) bieten sowie neue kulturelle Facetten („Ich und die Welt“) aufzeigen. Im Inhaltsfeld der öffentlich-gesellschaftlichen Lebenswelt sind dies Themen wie z. B. Jobs in my town, Online shopping, English in commercials. Werden diese im Kontext „Ich und die Welt“ auf andersartige kulturelle Aspekte erweitert, so sind Themen, wie z.B. English around the world, A school day in India, Living in Australia möglich. <?page no="199"?> 199 Themenbereich Thema „Ich und die Anderen“ Me and my family My way to school My town and my street My friends and I “Ich und die Gesellschaft” In the town centre Online shopping English in Commercials How to talk to my friends Rules and Values „Ich und die Welt“ English around the world A school day in India Living in Australia Cultures in our classroom Tab. 13: Beispielhafte Zuordnung von Themen zu Inhaltsbereichen Bei der Auswahl sämtlicher Themen muss beachtet werden, dass diese immer nur einen exemplarischen Ausschnitt bieten können und daher so gewählt werden müssen, dass sie das Weltverstehen der Schüler prägen, indem diese sich mit relevanten gesellschaftlichen und kulturellen Phänomenen in der Zielsprache beschäftigen und auf diese Weise ihr Wissen und Können in Bezug auf die Welt erweitern (vgl. Kap. 8.1/ 8.2). Dieses Weltwissen und -können wird in anderen fachlichen Kontexten in Form einer überfachlichen Kompetenz ebenso relevant wie im zielsprachlichen Unterricht (vgl. Kap. 9.3.3/ 9.3.4). Das Thema Online shopping verdeutlicht, dass Kompetenzen nicht im Sprachfach allein vermittelt werden können wie z.B. mögliche Gefahren des Einkaufs zu erkennen oder Preise ausländischer Währungen mit der heimischen zu vergleichen. Methodisch ist dies nur möglich, indem Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Einstellungen entweder separat in Übungen erprobt oder verknüpft in komplexen Lernaufgaben angewendet werden. Wie durch das Einkaufsbeispiel gezeigt wird, ist es kaum möglich, solche komplexen Handlungszusammenhänge in einem Fach allein umzusetzen. Zwar können im Zielsprachenunterricht ähnliche Aufgaben durchgeführt werden, allerdings bietet es sich an, parallel auch in anderen Fächern dasselbe Thema zur Vertiefung der fachlichen und der überfachlichen Kompetenzen zu nutzen (vgl. Kap. 8.4/ 8.5). In diesem Sinne hat die Wahl des Themas einen bedeutsamen Einfluss auf die persönliche Entwicklung der Lerner, da durch dessen Wahl bestimmte sprachliche und kulturelle Facetten eines Gegenstandes verhandelt werden (vgl. Kap. 9.3.2). Insbesondere die weite Beschreibung der Themen, wie sie in den hessischen Vorgaben zu finden ist, stellt die Möglichkeit dar, aktuelle Veränderungen und Problematiken unmittelbar zu thematisieren. <?page no="200"?> 200 Folglich kann z.B. die zunehmende sprachliche und kulturelle Heterogenität in der Gesellschaft sowie die wachsende Digitalisierung von Kommunikation im Unterricht auch thematisch aufgegriffen werden. Grundsätzlich sollten Themen gewählt werden, welche • die Lebenswelt der Lerner tangieren. • authentische Sprechmöglichkeiten zulassen und die Lerner zum Reden motivieren. • Anknüpfungsmöglichkeiten zu anderen Fächern bieten. • die sprachliche Progression sukzessiv stützen. • die gesellschaftlichen Entwicklungen aufgreifen und die Lerner auf ein Handeln in diesen Kontexten vorbereiten. • die Heterogenität der Schülerschaft produktiv nutzen. 10.3 Die Sachfachthemen überprüfen und auswählen (Schritt 3) Welche Themen sich nun konkret für die einzelnen Unterrichtseinheiten ergeben, muss in Bezug auf ihren jeweiligen Mehrwert für das zielsprachliche Lernen festgelegt werden, indem Kompetenzen formuliert werden (vgl. Tab. 14). Um diese Themen fächerübergreifend anbieten zu können, ist im Anschluss an die Wahl der Themen unter Berücksichtigung der zielsprachlichen Kompetenzen ein Blick in die curricularen Vorgaben der betreffenden Fächer notwendig. Die Themenbereiche sowie die Kompetenzbeschreibungen der Sachfächer zeigen an, in welchen Fächern eine Anbindung an das gewählte Thema sinnvoll erscheint (vgl. Kap. 8.5/ 9.3.3). Wird z.B. das Thema Online shopping aus den zielsprachlichen Themen für ein transcurriculares Lernen ausgewählt, so lassen sich Verbindungen zu den Themenbereichen des Mathematik-, Sachkunde- und Kunstunterrichts finden. In Tabelle 14 wird dargestellt, welche Fachinhalte als sachfachliche Spezifizierungen des Themas möglich sind. Die vorgestellte Bandbreite unterstreicht das Potential zum fächerübergreifenden Lernen, welches durch die offenen Formulierungen der curricularen Vorgaben unterstützt wird. Diese freie Wahl von Fachinhalten fordert die Lehrkräfte heraus, Themen und Kompetenzen kreativ und konstruktiv zu einem in sich geschlossenen Unterricht zu verbinden. <?page no="201"?> 201 Tab. 14: Umsetzungsmöglichkeiten zielsprachlicher Themen in den Sachfächern (Klasse 3/ 4) Inhalt Themen Themen anderer Fächer „Ich und die Anderen“ Me and my family Sachkunde: Stammbaum meiner Familie, Wohnorte meiner Familienmitglieder Mathematik: Meine Familie in Zahlen Ethik: Harmonisch zusammen leben My way to school Sachkunde: Sicherer Schulweg, Umgang mit dem Stadtplan/ Karte Kunst: Erstellen von Straßenschildern Deutsch: Wegbeschreibung Mathe: Messen und berechnen von Wegstrecken My town and my street Sachkunde: Arbeit mit dem Stadtplan Mathe: Meine Stadt in Zahlen und Summen Sport: Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten in der Stadt “Ich und die sellschaft” In the town centre Sachkunde: Berufe und Dienstleistungen Kunst: Marken und Logos Werken: Mein Traumhaus English in commercials Sachkunde; Religion/ Ethik: Aufbau und Wirkung von Werbung Kunst: Ich bewerbe mein Produkt How to talk to my friends Sachkunde: Kommunikationsmedien und ihre Funktion; traditionelle Kommunikationswege Sport: Pantomime, Stille Post Mathematik: Kosten der Kommunikation Deutsch: Einen Brief/ eine E-Mail schreiben „Ich und die Welt“ English around the world Sachkunde: Englischsprachige Länder auf der Karte Musik: Englisch klingt so verschieden Kunst: Flaggencollage Living in Australia Sachkunde: Australien Werken: Wir bauen einen Bumerang Musik: Lieder der Aborigines Sport: Australische Olympiade Cultures in our classroom Religion/ Ethik: Sind Menschen verschieden? Musik: Song über unsere Klasse Kunst: Klassenposter/ -collage Mathematik: Länder und Währungen Sachkunde: Unsere Ursprünge in der Welt <?page no="202"?> 202 10.4 Die Kompetenzen für die Themenfelder ausweisen (Schritt 4) Nachdem die thematischen Verbindungen zu der Auswahl einiger Fächer geführt haben, müssen diesen Fachinhalten fachliche und überfachliche Kompetenzen der Sachfächer zugewiesen werden (vgl. HKM 2010 a/ b/ c/ d). Auf diese Weise wird gewährleistet, dass für das Sachfach eigene Ziele erreicht und zusätzlich überfachliche sprachliche und kulturelle Kompetenzen entwickelt werden (vgl. Kap. 8.1/ 8.5). Dementsprechend werden die zielsprachlichen Kompetenzen der Sachfächer in Bezug auf die jeweiligen Fachinhalte ergänzt (hier dargestellt an der transcurricularen Einheit zum Thema online shopping (vgl. Tab. 15). Aktivität Kompetenzen (HKM 2010 a/ b/ c/ d) Inhaltsfelder(HKM 2010 a/ b/ c/ d) im Englischunterricht sich auf einer englischsprachigen Webseite zurechtfinden ► lesen einfache, bekannte schriftliche Anweisungen und handeln folgerichtig. ► verfügen über implizites Wissen, ohne es zu benennen oder aktiv und selbstständig verwenden zu können. (vgl. HKM 2010a: 19f.) ► benennen Gemeinsamkeiten mit anderen Kulturen und Unterschiede zu anderen Kulturen auf Deutsch. (vgl. ebd.: 20) ► gehen experimentierfreudig und ungehemmt mit der fremden Sprache um. ► nehmen sprachliche Merkmale und Besonderheiten wahr und ordnen diese ein. (vgl a.a.O.) Ich und die Gesellschaft ► „Unterschiedliche Darstellungs- und Kommunikationsformen in üblichen Alltagssituationen des weiteren Lebensumfeldes sind Gegenstand des Lernens. Schwerpunkte bilden die Kontaktaufnahme im öffentlichen Raum sowie der Austausch von Informationen“ (HKM 2010a: 22) im Mathematikunterricht die Werte ausländischer Währungen vergleichen ► „Darstellungen miteinander vergleichen und bewerten“ (HKM 2010b: 16) ► „Ergebnisse reflektieren, […] in Problemsituationen mögliche mathematische Fragestellungen und Zusammenhänge erfassen und diese in eigenen Worten formulieren“ (ebd.: 17) Muster und Strukturen ► „Erfassen von funktionalen Beziehungen (Proportionalität) in Sachsituationen“ (ebd.: 18) Größen und Messen ► „Größenvorstellungen in den Größenbereichen Geldwerte […]“ (ebd.: 19) ► „Rechnen mit Größen (Jahrgangsstufe 2: Geldwerte <?page no="203"?> 203 […]“ (ebd.: 21) im Sachkundeunterricht unterschiedliches Kaufverhaltens erleben und hinterfragen ► „betrachten und gezielt beobachten, Vermutungen anstellen und Fragen formulieren, Informationen sammeln und ordnen, Problemstellungen benennen, […] Lösungsansätze finden, umsetzen und auswerten, Erkenntnisse prüfen, bewerten und Konsequenzen für das eigene Handeln ableiten und beschreiben“ (HKM 2010c: 17) ► „Beobachtungen, Vermutungen, Erkenntnisse und Empfindungen als solche versprachlichen, […] Argumente prüfen, akzeptieren, modifizieren oder verwerfen“ (ebd.: 18) ► „Reales, Fiktives und Virtuelles unterscheiden und einordnen, […]“(a.a.O.) Gesellschaft und Politik ► „Einblicke(n) in Strukturen und Abläufe der Gesellschaft (sowie) die Kenntnis über und das Verständnis für andere Kulturen“ (ebd.: 18) Technik ► „In der Auseinandersetzung mit Folgewirkungen technischer Entwicklungen für Mensch und Umwelt wächst die Fähigkeit, diese zukünftig einzuschätzen und zu verantworten“ (ebd.: 19) im Kunstunterricht eigene Layouts für Produkte und/ oder Webseiten erstellen ► „sich auf sinnliche und visuelle Erfahrungen einlassen, sinnliche und visuelle Erfahrungen zum Ausdruck Bringen“ (HKM 2010d: 17) ► „bildnerische Verfahren, Techniken, Materialien, Medien und Werkzeuge erproben, vergleichen und sinnvoll verwenden, […] über Bilder erzählen, Bildsorten, Bildmedien und Bildgenres unterscheiden, die Wirkung von Bildern benennen“ (ebd.: 18) ► „bildnerische Prozesse und Ergebnisse reflektieren “ (a.a.O.) Umwelt und Produktdesign ► „Kreative Lösungen zeigen sich in Gestaltungsideen […]“ (ebd.: 20) Digitale Medien ► „[…] Kombination analoger und digitaler bildnerischer Verfahren […] sowie eine Auseinandersetzung mit der Ästhetik der digitalen Medien“ (ebd.: 20) Tab. 15: Zuordnung von Aktivitäten zu Kompetenzen und Inhaltsfeldern 10.5 Einen Jahresplan erstellen (Schritt 5) Sobald die Themen, Fachinhalte und Kompetenzen festgelegt sind, sollen diese in einem Jahresplan den verfügbaren Zeitfenstern für den jeweiligen Unterricht zugeordnet werden. Die parallele Bearbeitung eines Themas in verschiedenen Fächern stellt normalerweise eine organisatorische Hürde da. Im transcurricularen Lernen wird jedoch davon ausgegangen, dass die Lern- <?page no="204"?> 204 aufgaben in den einzelnen Fächern sich zwar inhaltlich und kompetenzorientiert ergänzen, aber nicht strikt aufeinander aufzubauen sind (vgl. Kap. 9.3.3). So kann es zwar geschehen, dass mal eine vorgeschaltete Vokabelentlastung notwendig ist, um Aufgaben im Mathematikunterricht in der Zielsprache lösen zu können. Dennoch ist der Unterricht grundsätzlich so zu planen, dass zu einem Thema mehrere sich tangierende Einheiten in unterschiedlichen Fächern unterrichtet werden. Diese Art des fächerübergreifenden Arbeitens ermöglicht es, die Synergieeffekte zwischen den Fächern bei gleichzeitiger Wahrung der Autonomie eines jeden Faches zu nutzen (vgl. Kap. 8.5). Aufgrund dieser flexiblen Handhabung ist es nicht von Belang, ob zuerst in Mathematik mit unterschiedlichen Währungen gerechnet oder im Sachkundeunterricht über die Gefahren des online shopping gesprochen wird. Bei der Erstellung der Jahrespläne ist es wichtig zu beachten, dass • die Inhalte sukzessiv aufeinander aufbauen und sich in komplexerer Form wiederholen. • Wortschatz und Redemittel unterschiedlicher Sprachsysteme thematisch relevant eingeführt und in wiederkehrenden Anforderungssituationen vertieft und geübt werden. • sprachliche Elemente in ihren grammatikalischen Zusammenhängen thematisiert werden. • Phasen expliziter Bewusstmachung (von u.a. grammatischen Strukturen, eigenem Lernerfolg, individuellem Verhalten) in regelmäßigen Abständen und inhaltlich sinnvoll eingebunden werden. • Angaben zu Medien, Materialien und Methoden gemacht werden, die für das jeweilige Thema und dessen sprachlicher Umsetzung hilfreich sind. • thematische und sprachliche Überschneidungen zu anderen Fächern gekennzeichnet werden. • Phasen sprachlicher Herausforderungen ausgewiesen werden. 10.6 Die Lernaufgaben erarbeiten (Schritt 6) Nachdem den Themen Zeiträume, Fächer und Kompetenzen zugeordnet worden sind, können auf dieser Grundlage Lernaufgaben für die einzelnen Fächer erstellt werden. Diese sind einerseits für jedes Fach separat zu entwickeln, damit eine in sich geschlossene Einheit gewahrt wird (vgl. Kap. 8.4/ 9.3.3). Andererseits müssen auch die anderen Fächer berücksichtigt werden, um die integrative Wirkung eines fächerverbindenden Lernens zu nutzen. Ein Mehrwert realisiert sich vor allem in der Verwendung von Ziel- und Herkunftssprachen in sachfachlichen Aufgabenformaten (vgl. Kap. 8.5). In <?page no="205"?> 205 diesem Sinne gilt es bei der Erstellung von Lernaufgaben in den Sachfächern zu überlegen, welche Sprachen sich jeweils zur Bearbeitung der Aufgaben anbieten, um dem Prinzip einer sprachlichen wie kulturellen Ausweitung des Lernens gerecht zu werden (vgl. Kap. 8.6). Praktisch handelt es sich hierbei um die Erweiterung der eben benannten Tabelle um die Spalte „Handlungen“ (vgl. Tab. 16). In dieser werden die Tätigkeiten der Schüler beschrieben sowie die jeweilige Arbeitssprache markiert. Mit einem (E) werden die zielsprachlichen Phasen, mit einem (D) die Phasen der Schulsprache und mit einem (H) die Aufgaben gekennzeichnet, in welchen die Herkunftssprache genutzt wird. Bei der Planung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nur die Sprache verwendet wird, welche zum Erreichen der fokussierten Kompetenz beiträgt. Für den quantitativen Gebrauch der Zielsprache ist festzuhalten, dass dieser nicht unter der Einbindung des Deutschen sowie den Herkunftssprachen leidet, da sich die Zeit der Nutzung der Zielsprache durch die fächerübergreifenden Lernstrukturen insgesamt erhöht. Qualitativ ergibt sich gerade für die Thematisierung sachfachlicher Inhalte, dass komplexe Zusammenhänge nur dann in der Zielsprache thematisiert werden, wenn die Schüler bereits über ein ausreichendes zielsprachliches Vermögen verfügen. Andernfalls wird die Schulsprache partiell eingesetzt und die Zielsprache in weniger komplexen Situationen genutzt (vgl. Kap. 9.3.4). Die Herkunftssprache gilt es immer dann zu nutzen, wenn mehrsprachige Kompetenzen gefördert, die Schüler als vollwertige Individuen wahrgenommen, die Lerner die Rolle eines Lehrers übernehmen und Inhalte jenseits traditioneller Grenzen erweitert werden sollen. Somit können die Schüler in sprachlich orientierten Lernphasen ihren gesamten Sprachenschatz nutzen (vgl. Kap. 8.1/ 8.6). Die Planung in einem solchen Raster bietet die Möglichkeit, jederzeit zu vergleichen, ob die gewählten Aufgaben und Handlungen abhängig vom Anspruch der Situation zu den vorher festgelegten Kompetenzen passen. <?page no="206"?> 206 Fach Handlungen Kompetenzen Inhaltsfelder Englisch Die Schüler ► suchen auf der Webseite nach speziellen Produkten und notieren a) den Preis, b) die Verfügbarkeit, c) die Versandkosten (E). Kommunikative Kompetenz ► lesen einfache, bekannte schriftliche Anweisungen und handeln folgerichtig. ► Ich und die Gesellschaft Mathematik ► erfahren, dass verschiedene Staaten unterschiedliche Währungen haben, indem sie von ihren eigenen Erfahrungen mit Währungen berichten (D) und Geld aus ihren Herkunftsländern mitbringen (H). ► „Darstellungen miteinander vergleichen und bewerten“ (HKM 2010b: 16) ► „Ergebnisse reflektieren, […] in Problemsituationen mögliche mathematische Fragestellungen und Zusammenhänge erfassen und diese in eigenen Worten formulieren“ (ebd.: 17) ► Muster und Strukturen ► Größen und Messen Sachkunde ► erarbeiten besondere Verhaltensweisen und Gefahrenquellen, indem sie in Rollenspielen verschiedene Einkaufssituationen (market, post office, butcher, bakery, flea market, school cafeteria, snack bar, grocery store, department store) nachstellen (E: mit sprachlicher Vorlage). ► „betrachten und gezielt beobachten, Vermutungen anstellen und Fragen formulieren, Informationen sammeln und ordnen, Problemstellungen benennen“ (HKM 2010c: 17) ► „Reales, Fiktives und Virtuelles unterscheiden und einordnen“ (ebd.: 18) ► Gesellschaft und Politik ► Technik Kunst ► erarbeiten ein Corporate Design, indem sie mit einem Partner einen Gegenstand auswählen (D) und die Farbwahl, die Typografie, die Anordnung (size, structure, order, writing) skizzenhaft zeichnen. ► „sich auf sinnliche und visuelle Erfahrungen einlassen, sinnliche und visuelle Erfahrungen zum Ausdruck bringen“ (HKM 2010d: 17). ► Umwelt und Produktdesign ► Digitale Medien Tab. 16: Zuordnung von Handlungen und Lernaufgaben zu Kompetenzen und Inhaltsfeldern <?page no="207"?> 207 10.7 Den Unterricht durchführen (Schritt 7) Auch im Unterricht als solchem helfen einige Hinweise, handlungsorientierte Diskurse zu initiieren und die sprachlichen Kompetenzen der Lerner zu stärken. Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass die Lehrkraft einen hochwertigen Input an Sprache, Lernaufgaben und Sprechsituationen bietet und diesen steuert (vgl. Kap. 8.2). Dies kann auf vielfältige Weise geschehen, wie in den kommenden Abschnitten dargelegt wird. Die produktive Kompetenzen anbahnen Um die Redeanteile in zielsprachlichen Phasen zu erhöhen, werden zum einen längere Phasen freier Unterrichtsgespräche, zum anderen Lernaufgaben implementiert, welche die Lerner zu konkreten sprachlichen Handlungen aktivieren (vgl. Kap. 8.2). Diese sind durch erfahrene Sprecher wie die Lehrkraft, die Handpuppe oder muttersprachliche Gäste einzuführen, um gerade zu Beginn des Kontaktes zu unbekannten Sprachen einen angemessenen sprachlichen Input durch kompetente Sprachvorbilder zu sichern (vgl. Kap. 9.3.1). Auch wenn die Rolle der Lehrkraft als hauptsächlicher Sprachproduzent kritisiert worden ist, so hat sie nach wie vor die lenkende und planende Funktion im Unterricht (vgl. Hattie 2009: 23). Es konnte gezeigt werden, dass es dieser nur in einer zentralen Stellung möglich ist, Sprechgelegenheiten zu initiieren, zu leiten und aufrechtzuerhalten, sprich Situationen zu erzeugen, in denen die Lerner gewillt sind, eigene Meinungen und Bedürfnisse mitzuteilen (vgl. Kap. 8.2). Ergänzend ist die Unterstützung durch die Lehrkraft insbesondere für junge Lerner wichtig, um diese in imitativen und widerholenden Sprechgelegenheiten in das neue lautliche und symbolische System einzuführen (vgl. Engel 2009: 198). Auf diese Weise bietet die Lehrkraft einen sicheren Zugang zur Zielsprache, welche jedoch ab einem gewissen Könnensstand der Lerner und im Sinne einer progressiven Entwicklung zunehmend Gesprächssituationen mit einem offenen Ende darbietet, um die Selbsttätigkeit und die Diskurskompetenz der Schüler schrittweise zu erhöhen. Die Bedeutung der Lehrenden ist daher im transcurricularen Lernen nicht infrage zu stellen, sondern als Teil einer lebensnahen und umfassenden Lernumgebung zu verstehen. Die Diskurskompetenz stärken Um sich zunehmend vom imitativen Muster sprachlicher Produktionen zu lösen, ist eine Öffnung der sprachlich-kommunikativen Ebene von Unterricht notwendig (vgl. Kap. 8.3). Denn nur die inhaltliche Öffnung ermöglicht erst <?page no="208"?> 208 spontane Äußerungen und Aushandlungsprozesse (vgl. Kap. 7.4/ 9.3.5). Durch diese Öffnung wird eine typische Kommunikationssituation geschaffen, welche jedoch anders als in außerschulischen Kontexten durch die Beteiligung der Lehrkraft gelenkt werden kann. Die Schüler diskutieren ergebnisoffen und in Absicherung durch die Lehrkraft (vgl. Kap. 8.2). Aus dieser Öffnung und Dynamik sprachlicher Prozesse und inhaltlicher Bedeutungsaushandlungen entstehen Diskurse, welche aufgrund der geschlossenen Plenumssituation zu jeder Zeit durch Hilfestellungen wie Gestik, Mimik, Kontext, und geleitete Fragen das Verstehen der Lerner stützen helfen. Auf diese Weise entsteht ein Gleichgewicht von geschlossener Sozialform und geöffnetem Fachinhalt (vgl. Thaler 2008, 2010). Die Mehrsprachigkeit fördern Im transcurricularen Lernen sollen alle Sprachen mit unterschiedlichen Zielen eingebunden werden (vgl. Kap. 8.3/ 9.3.4). Durch die Verwendung einer Vielzahl an Sprachen in Aufgaben kann eine Bewusstheit für die Beschaffenheit und Funktion unterschiedlicher Sprachsysteme geschaffen werden. So erwerben die Lerner Kompetenzen bezüglich einzelner Sprachen sowie sprachenübergreifend. Sie etablieren eine überfachliche Sprachkompetenz, welche sich aus den sprachspezifischen Kompetenzen sowie allgemeinen sprachlichen Kompetenzen im kommunikativen, kulturellen und auch instrumentellen Bereich zusammensetzt. Infolge der mannigfaltigen Sprachverwendung erschließen sich die Lerner so z.B. Strategien, wie sie mit unbekannten Wörtern und Strukturen umgehen oder Mitschülern neue Wörter erklären können. Indem sie konkrete sprachliche Probleme aktiv lösen, entwickeln sie ihre metasprachlichen Kompetenzen (vgl. Kap. 8.6). Wenn dies mit den Herkunftssprachen der Schüler verbunden wird, dann erwerben die Lerner Kompetenzen, welche sie in außerschulischen Diskursen gebrauchen können. Die Einbindung der Herkunftssprache der Schüler hat jedoch nicht nur einen materiellen, sondern vor allem auch einen ideellen Wert. Die Wertschätzung des Sprachenschatzes der Kinder, welcher ihnen zu Teil wird, wenn sie z.B. in ihre Muttersprache übersetzen oder sprachliche Besonderheiten dieser benennen, kann als motivierend auf das Erlernen weiterer Sprachen erlebt werden (vgl. Kap. 8.6). Zudem wirken sich Kenntnisse und Handlungen auf die Persönlichkeit der Lerner aus, wenn sie sich als Experten von ganz bestimmten sprachlichen und kulturellen Begebenheiten erfahren. Auf diese Weise wird Unterricht zu einem sprachaffinen Raum, der weit mehr fördert als zielsprachliche Fertigkeiten (vgl. Kap. 8.2). Als Ziel sprachlichen Lernens ist neben konkreten sprachspezifischen Kompetenzen ein reflektiertes Bewusstsein dafür zu schaffen, dass <?page no="209"?> 209 • verschiedene Sprachsysteme existieren. • Sprache von Regelhaftigkeiten geprägt ist, welche für ein System stabil und zwischen den Systemen variabel sind. • Sprache und Kultur untrennbar miteinander zusammenhängen und Aspekte des einen auf den Bestand des anderen wirken. • Strategien zum Erschließen unbekannter sprachlicher Texte genutzt werden können. • Sprache Macht widerspiegelt und Kenntnisse in einer Sprache Zugänge zu bestimmten Informationen und Diskursen schaffen. Die Auseinandersetzung mit sprachlichen und kulturellen Inhalten jenseits der individuellen Charakteristika der Lerner hilft diesen darüber hinaus, in Diskurssituationen mit unbekannten Sprachen und Kulturen infolge einer Unsicherheitstoleranz handlungsfähig zu sein und zu bleiben. Gerade mit Blick auf die Exklusion aus bestimmten gesellschaftlichen Bereichen aufgrund mangelnder sprachlicher und kultureller Kompetenzen ist die Schule als Ort der gleichberechtigten Ausbildung verpflichtet, Lerner mit dem bestmöglichsten Potential auszustatten. Die Grammatik und die Schriftsprache einbinden Allerdings kann sich die Diskurskompetenz nicht allein in kommunikativen Unterrichtssituationen entwickeln. Vielmehr sind Einblicke in die Funktionsweisen von Sprache sowie deren schriftliche Realisierung notwendig (vgl. Kap. 8.2). Im Sinne des transcurricularen Lernens kann grammatikalisches Wissen auf drei unterschiedliche Weisen vermittelt werden. Erstens werden grammatikalische Lernimpulse in freien Gesprächsphasen durch spontane Einschübe initiiert. Als Reaktion auf einen Impuls von Schülerseite (meist ein sprachliches Problem oder eine Häufung von Fehlern) bietet die Lehrkraft eine kurze Erklärung zu den grundlegenden strukturellen Besonderheiten des zielsprachlichen Phänomens an. Diese „Lernhilfe“ (Kuhn 2006: 153) ermöglicht eine unmittelbare und sinnhafte Verwendung der sprachlichen Einheit, welche die Kontextualisierung und Speicherung fördert. Die folgende Beobachtung einer Unterrichtssequenz, welche in einem ersten Schuljahr im Jahr 2011 dokumentiert wurde, zeigt, dass dieses Vorgehen bereits implizit vorhanden ist. <?page no="210"?> 210 Die Lehrkraft und die Schüler sitzen in einem Kreis. In der Mitte liegen Bildkarten mit Tieren. LK (hebt die Hundekarte auf): „I like the dog. What do you like? ” S1 (wählt die Katze): „I like the cat. What do you like? ” S2 (wählt das Meerschwein und das Pferd): „I like the guinea pig and horse.“ LK: „Oh, you like the guinea pig and THE horse.“ S2: „Yes. What do you like? ” S3 (wählt Katze und Maus): „I like the cat and mouse.” LK: „Wow. You also like two animals. That is great. You like the cat and THE mouse. So, again, what do you like? ” S3: „I like the cat and mouse.” LK: „Ah, I see. (geht zur Tafel und schreibt an ‘I like that cat and the mouse’) Last week, I told you that ‘the’ (macht einen Kreis um den Artikel) comes in front of the animal. What do I have to say if I have two animals? ” S4: „The mouse and the cat.” LK: „Correct. ‘The’ is an article like der, die, das in German and we need it in front of every animal here. Ok? So, Leo, what do you like? ” S4: „I like the horse and the fish.” Abb. 2: Beispiel von Grammatikvermittlung im Unterrichtsdiskurs Die Beobachtung zeigt, dass aus der Situation, über die Tiere sprechen zu wollen, der Wunsch der Lehrkraft nach einer korrekten Verwendung des Artikels entsteht. Sie unterbricht die eigentliche Bedeutungsaushandlung zugunsten der grammatikalischen Erläuterung. Diese wird von den Schülern aufgenommen und unmittelbar angewendet. Es zeigt sich somit, dass die Schüler, wie bereits beschrieben, von expliziten Spracherklärungen profitieren können (vgl. 5.3/ 8.2) und dass die implizite Vermittlung als eine Methode etabliert werden kann, um auch die Diskurssituation zu intensivieren. Darüber hinaus lässt die Ausführlichkeit dieser Gesprächssituation mit Erstklässlern gegen Ende des ersten Lernjahres (à 2 Stunden pro Woche) erahnen, welche Arten von Gesprächen möglich sind, wenn die Lerner vier Jahre einen solch diskursiv-kompetenzorientierten Unterricht erfahren haben. Zweitens sind ergänzend zu diesen spontanen Einschüben Einheiten grammatikalischer Vermittlung fest in den Unterrichtsverlauf einzuplanen. Als Teil eines ausgewogenen Unterrichts bieten sie im Gegensatz zu rein kommunikativen Phasen einen expliziten Fokus auf sprachliche Regelhaftigkeiten. Lernaufgaben werden so formuliert, dass durch diese grammatikalische Besonderheiten entweder explizit oder implizit aufgegriffen und angewendet werden. Drittens werden in impliziten Lernphasen die Regelmäßigkeiten nicht von der Lehrkraft vorgestellt, sondern von den Lernern erschlossen. Diese sind durch den <?page no="211"?> 211 sprachlichen Input sowie die Aufgabenstellung von der Lehrkraft zu initiieren. Es ist möglich, Nachfragen zu stellen, Auffälligkeiten beschreiben zu lassen und Phänomene durch die Betonung hervorzuheben. Dementsprechend sind die Aufgaben so zu formulieren, dass sich die Lerner aktiv mit den grammatikalischen Strukturen befassen, sprich Regelhaftigkeiten erkennen und mit ihrem Vorwissen sowie den sprachlichen Fertigkeiten verknüpfen. Es wird deutlich, dass eine grammatikalische Vermittlung nicht grundsätzlich von spontanen Gesprächsführungen getrennt werden muss. Vielmehr lassen sich diskursive und bewusst machende Verfahren verbinden und für eine authentische Vertiefung der Sachverhalte nutzen. Die Schriftsprache kann aus den gleichen Gründen wie die Grammatik im Unterricht eingebunden werden (vgl. Kap. 5.3/ 8.2). Jedoch sind das Lesen und das Schreiben Fertigkeiten, die gerade in gesellschaftlichen Kontexten, in welchen die Kommunikation zunehmend verschriftlicht wird, immer zentraler werden. Zielsprachliche Diskurse werden demnach ebenso schriftlich wie mündlich geführt. Für den Zielsprachenunterricht gibt es bereits Ansätze, auf welche Weise die Schriftsprache eingeführt werden kann. Im transcurricularen Lernen geht es nun darum, nach Situationen im Unterricht zu schauen, in denen sich eine Verschriftlichung von Sprache entweder als Lernhilfe oder als Stärkung der Lese- und Schreibkompetenz anbietet. Maßnahmen, die eine Verwendung von Sprache unterstützen, sind z.B. das Sichern neuer Wörter durch Wortkarten, Notizen in der Ziel-, Schul- oder Herkunftssprache oder zweisprachige Beschriftungen. In Bezug auf die Erhöhung sprachlicher Kompetenzen durch Sprachwechsel können z.B. bei der Verwendung von Fachsprache Äquivalente in der Zielsprache benannt, Sprachen verglichen oder Aufgaben in der Herkunftssprache oder Zielsprache ergänzt werden. Im folgenden Kapitel werden Unterrichtseinheiten eines transcurricularen Lernens dargestellt. Diese illustrieren, wie es gelingt, Themen aus den Perspektiven unterschiedlicher Fächer aufzubereiten, die definierten Inhalte in Abhängigkeit von Kompetenzen zu beschreiben, konkrete Aufgaben zu formulieren und, je nach Anspruch der Aufgaben, die Diskurssprache zu bestimmen. <?page no="212"?> 212 11 Exemplarische Unterrichtseinheiten Nachdem nun Hinweise gegeben worden sind, auf welche Weise das transcurriculare Lernen umgesetzt werden kann, werden im Folgenden drei Unterrichtseinheiten vorgestellt, welche exemplarisch skizzieren, auf welche Weise Handlungen, Kompetenzen und Inhalte unterschiedlicher Fächer unter einem Thema zu verbinden sind. Die Themen orientieren sich an den drei Inhaltsbereichen des hessischen Kerncurriculums (HKM 2010a) und gliedern sich wie folgt: 11.1) Me and my family (persönliche Lebenswelt) 11.2) Online shopping (gesellschaftlich-öffentliche Lebenswelt) 11.3) Safe on the road (kulturelle Lebenswelt) Für jede der drei Einheiten werden das Thema, die Tätigkeiten der Lerner in den einzelnen Fächern, die Kompetenzen sowie die Inhalte benannt. 11.1 Me and my family In der transcurricularen Einheit zum Thema Me and my family recherchieren die Schüler Informationen zu ihren Familienmitgliedern. Abb. 3: Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Me and my family Nach einem lernerorientierten Einstieg über die Frage, wer zu ihrer Familie gehört, erarbeiten die Schüler Gemeinsamkeiten der Familienstrukturen so- Englisch family tree meiner Familie Ethik Grundsätze für ein harmonisches Zusammenleben Sachkunde Wo wohnt meine Familie? Mathematik Meine Familie in Zahlen Me and my family <?page no="213"?> 213 wie Regeln und Werte eines angenehmen Zusammenlebens. In dieser Einheit sind die Fächer Englisch, Sachkunde, Mathematik und Ethik eingebunden. Im Englischunterricht werden Familienmitglieder benannt sowie die englischen Bedeutungen (family tree, father, mother, grandfather, grandmother, aunt, unkle, niece, nephew, sister, brother) eingeführt. Die Lerner erstellen einen Stammbaum, mithilfe dessen sie im Sachkundeunterricht recherchieren, wo die Familienmitglieder leben und dies in Karten markieren (mehrsprachige Bezeichnung von Orten möglich). Im Mathematikunterricht beschreiben die Schüler die geografische Verteilung der Verwandtschaft in Zahlen. Im Ethikunterricht wird dieser rationale Ansatz um den emotionalen Einblick in Gefühlszusammenhänge mit Familie ergänzt. Die Lerner erarbeiten ihre individuellen Grundsätze für ein friedvolles und harmonisches Zusammenleben in der Familie. Am Ende der Einheit verfügt jeder Schüler über einen Stammbaum, Grundsätze des Zusammenlebens sowie eine geografische und mathematische Darstellung der Familienverteilung über die Welt. Im Bereich der überfachlichen Kompetenzen lassen sich folgende fördern. ► Personale Kompetenz: Selbstwahrnehmung ► Soziale Kompetenz: soziale Wahrnehmungsf ä higkeit, interkulturelles Verst ä ndnis, Kooperation und Teamf ä higkeit ► Lernkompetenz: Probleml ö sekompetenz, Arbeitskompetenz, Medienkompetenz ► Sprachkompetenz: Schreibkompetenz, Kommunikationskompetenz <?page no="214"?> 214 Englisch: Einen mehrsprachigen Stammbaum erstellen Inhaltsfeld: Persönliche Lebenswelten/ Ich und die Anderen […] Beschreibung der eigenen Person und des nahen Umfeldes (Familie und Freunde, Freizeitaktivitäten und Tagesablauf) […]. (HKM 2010: 22). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► lernen eine Beispielfamilie (z.B. Lehrwerk) kennen, indem sie aus einem Text (E) die Personen auf Fragen der LK hin benennen (E). ► erweitern ihren Wortschatz (family tree, father, mother, grandfather, grandmother, aunt, uncle, niece, nephew, sister, brother). ► vertiefen ihr Wissen ü ber Familienmitglieder und deren Rolle innerhalb der Familie, indem sie o im Plenum die Aufgaben von Familienmitgliedern besprechen (E/ D). o in Einzel- oder Partnerarbeit Fragen an die einzelnen Akteure formulieren (E). o diese im Plenum beantworten (E/ D). ► transferieren ihr Wissen und K ö nnen auf die eigene Lebenswelt, indem sie einen Stammbaum der eigenen Familie erstellen (zweisprachig E/ H) und präsentieren (E; ggf. in H übersetzen). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Hörverstehen ► verstehen einfache Äußerungen zu vertrauten Themen und Anweisungen. ► verstehen Handlungsfolgen aus kurzen Texten und Szenen und geben die Fakten wieder. Leseverstehen ► lesen bekannte Wörter oder sehr kurze, einfache Sätze. Sprechen ► ä u ß ern sich ü ber sich selbst und andere Personen. ► geben Geh ö rtes verst ä ndlich wieder. ► beantworten einfache Fragen Schreiben ► schreiben lautsprachlich gesicherte W ö rter und S ä tze ab und erg ä nzen vertraute Wortbilder im Stammbaum. Transkulturelle Kompetenz ► benennen Gemeinsamkeiten mit anderen Kulturen und Unterschiede zu anderen Kulturen Sprachlernkompetenz ► gehen experimentierfreudig und ungehemmt mit der fremden Sprache um. ► dokumentieren Gelerntes. <?page no="215"?> 215 Sachkunde: Einen geografischen Stammbaum erarbeiten Inhaltsfelder Raum Der unmittelbare Lebensraum der Kinder sowie relevante regionale und überregionale Räume sind Ausgangspunkt für Gestaltung, Erkundung und Auseinandersetzung. (ebd.: 20). Geschichte und Zeit Die geschichtliche Perspektive richtet den Blick auf Lebensbedingungen, die geschaffen wurden, verändert werden können und verantwortet werden müssen. (a.a.O.). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► erarbeiten die Wohnorte von Familienmitgliedern, indem sie o diese zu Hause erfragen (H/ E/ D). o Notizen in die Schule bringen (E/ D). ► arbeiten mit Karten, indem sie o die angegebenen Orte auf Karten unterschiedlichen Maßstabes und geologischer Auflösung suchen. o die geeignetste Karte auswählen begründen (D). o auf einer Karte die Wohnorte markieren und Namen in der Ländersprache benennen (H). ► stellen ihren geografischen Stammbaum in der Klasse vor, indem o die Name sowie die englischen Begriffe der Familienmitglieder in eine gemeinsame Karte geheftet werden (E). o über Besonderheiten und Gemeinsamkeiten der Wohnorte aller Schüler im Vergleich diskutiert wird (E/ D). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Erkunden und untersuchen ► sammeln und ordnen Informationen; erheben Daten, stellen diese dar und werten diese aus. Planen und konstruieren ► erstellen Entw ü rfe und Pl ä ne. Darstellen und formulieren ► verwenden treffende Begriffe und Symbole, leisten zu Planungs- und Auswertungsgesprächen sachbezogen einen Beitrag und versprachlichen Beobachtungen, Vermutungen, Erkenntnisse und Empfindungen. <?page no="216"?> 216 Mathematik: Verhältnisse in Bezug auf Zahlen und Räume ausrechnen und darstellen Inhaltsfelder Raum und Zeit Das Erkennen, Beschreiben und Nutzen räumlicher Beziehungen (Pläne, Wege, Anordnungen, Ansichten), die Entwicklung räumlichen Vorstellungsvermögens […] unterstützen die Orientierung im Raum. (HKM 2010b: 19). Daten und Zufall Das Erfassen von Daten in tabellarischer Form, in Schaubildern und Diagrammen und ihre Weiterverarbeitung (Häufigkeiten) erhöhen ihren Informationsgehalt und machen die Informationsentnahme übersichtlich. (a.a.O.). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► strukturieren ihre Erkenntnisse mathematisch, indem sie folgende Rechnungen aufstellen: How many aunts/ uncles/ grandfathers … live o in Germany/ Europe? (E). o in the world’s ten biggest cities? (E). o in an English-speaking country? (E). ► dokumentieren die Wohnungsdichte der Familienmitglieder, indem sie eine Grafik erstellen, welche die Verteilung auf der Welt anzeigt (E/ D/ H). ► stellen Vermutungen zur dokumentierten Verteilung an und begr ü nden diese (D/ E). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Darstellen ► entwickeln eigene Darstellungen. ► ü bertragen eine Darstellung in eine andere und vergleichen Darstellungen miteinander. Kommunizieren ► beschreiben ihr Vorgehen, vollziehen L ö sungswege anderer und reflektieren diese. Argumentieren ► ä u ß ern Vermutungen ü ber Gr ü nde f ü r die H ä ufigkeiten der Wohnorte und formulieren Begr ü ndungen. <?page no="217"?> 217 Ethik: Harmonie in der Familie beschreiben Inhaltsfelder Ich und die anderen Jeder Mensch ist einmalig […] und macht unterschiedliche Erfahrungen wie Erfolg und Misserfolg […].(HKM 2010e: 18). Ich in der Gemeinschaft Als Teil menschlicher Gemeinschaften muss sich jeder Einzelne mit seinen Verantwortungsbereichen, seinen Pflichten und Rechten auseinandersetzen. (a.a.O.). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► diskutieren ü ber eine Dilemmageschichte, indem sie o die vorgestellte Familiensituation beschreiben (D) und ihre Gefühle benennen (H/ D/ E) und begründen (D). o Kompromisse für die Lösung des Dilemmas erarbeiten und präsentieren (D; E, wenn Teilsätze vorgegeben werden). ► vergleichen die Dilemmageschichte mit der eigenen Situation, indem sie beschreiben, welche W ü nsche sie an die einzelnen Familienmitglieder haben (D/ H) und erschlie ß en im Plenumsgespr ä ch die englischen Ü bersetzungen (plus Schriftbild an Tafel) (E/ D/ H). ► erstellen einen Katalog an Bedingungen f ü r Harmonie in der Familie, indem sie o ihre Gefühle für Familie beschreiben (E/ D/ H). o Bedingungen für positive Gefühle benennen (D/ E). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Wahrnehmen und beschreiben ► nehmen unterschiedliche Formen des Zusammenlebens wahr und beschreiben diese. Verstehen und deuten ► stellen Fragen nach Herkunft und Zukunft und nach dem Sinn des Lebens und stellen fest, dass es verschiedene Antworten gibt. Erkennen und beurteilen ► unterscheiden Verhaltensweisen von Menschen und sch ä tzen deren Folgen vermutend ein. Verantwortung übernehmen ► achten auf sich selbst und auf ihre Bed ü rfnisse. <?page no="218"?> 218 11.2 Online shopping In der transcurricularen Einheit zum Thema Online shopping erarbeiten die Schüler grundlegende Gründe für Verhaltensweisen in und Strategien bei typischen Einkaufsituationen. Nach einem auf persönlichen Erfahrungen basierenden Einstieg werden verschiedene Arten von Kaufsituationen aus der Vergangenheit und der Gegenwart erlebt, nachgestellt und reflektiert. Abb. 4: Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Online shopping In diese Einheit sind die Fächer Englisch, Mathematik, Sachkunde und Kunst eingebunden. Im Sachkundeunterricht werden allgemeine Faktoren von Kaufsituationen und -abwicklungen erfahren und (unter Beachtung kultureller Eigenheiten) reflektiert. Im Englischunterricht handeln die Schüler in der spezifischen Situation eines englischsprachigen Online-Kaufportals (auf Deutsch und Englisch). Sie vertiefen ihren Wortschatz (account, cart, list, buy, sell, purchase, order, shipping, costs), nehmen an sprachlichen Aushandlungsprozessen über Erfahrungen teil und erleben den transkulturellen Inhalt des Internetshoppings. Im Mathematikunterricht wird dieser kulturelle Ansatz aufgenommen, indem unterschiedliche Währungen wahrgenommen und in praktischen Rechenaufgaben genutzt werden (sprachlicher Vergleich der Namen möglich). Im Kunstunterricht werden alle Kompetenzen und Handlungen zusammengeführt, indem die Schüler für ein eigenes Produkt ein Corporate Design entwickeln (mehrsprachige Wortspiele gefordert), nachdem sie reflexiv über die Bedeutung und Wirkung dieser gesprochen haben. Am Ende der Einheit hat jeder Schüler ein Corporate Design für einen Gegenstand erstellt, Wissen und Können im Umgang mit fremdländischen Währungen erlangt sowie Kompetenzen im sicheren Umgang mit dem Ein- Englisch Englischsprachiges online Kaufportal betreten Kunst Ein Produkt gestalten Sachkunde Kaufverhalten (früher und heute) Mathematik Ausländische Währungen im Vergleich Online shopping <?page no="219"?> 219 kaufen auf Internetseiten erworben. Im Bereich der überfachlichen Kompetenzen lassen sich folgende fördern. ► Personale Kompetenz: Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung ► Soziale Kompetenz: interkulturelles Verst ä ndnis, Kooperation und Teamf ä higkeit, Umgang mit Konflikten ► Lernkompetenz : Medienkompetenz, Probleml ö sekompetenz, Arbeitskompetenz ► Sprachkompetenz: Kommunikationskompetenz <?page no="220"?> 220 Englisch: Auf einer englischsprachigen Webseite einkaufen Inhaltsfeld Öffentlich-Gesellschaftliche Lebenswelten/ Ich und die Gesellschaft Kommunikatives Sprachhandeln dient der Orientierung in Zeit und Raum […]. Schwerpunkte bilden die Kontaktaufnahme im öffentlichen Raum sowie der Austausch von Informationen. (HKM 2010: 22). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► werden in die Nutzung der Webseite eines Online-Kaufportals eingeführt, indem sie o verschiedene Möglichkeiten und Begriffe des Einkaufens unter dem Thema shopping kennenlernen (supermarket, post office, butcher, bakery, flea market, school cafeteria, snack bar, grocery store, department store) und zielgerichtet einsetzen können (E). o den Screenshot einer Webseite beschreiben und Begriffe wie account, cart, list, buy, sell, purchase, orders, shipping, costs erschließen (E) und übersetzen (D). o drei Gegenstände auflisten, die sie gerne kaufen würden (E/ D/ H). ► suchen auf der Webseite nach speziellen Produkten und notieren a) den Preis, b) die Verf ü gbarkeit, c) die Versandkosten (E). ► stellen ihre Ergebnisse f ü r ein Produkt vor (E). ► verhandeln im Plenum, welche Schritte gemacht werden m ü ssen, um das Produkt tatsächlich zu erwerben (E/ D). ► schreiben die einzelnen Schritte nach Vorlage ab (E). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Kommunikative Kompetenz ► lesen einfache, bekannte schriftliche Anweisungen auf der Webseite und handeln folgerichtig. ► beantworten einfache Fragen, geben und erfragen Informationen über Gegenstände. Transkulturelle Kompetenz ► benennen Gemeinsamkeiten mit anderen Kulturen. Sprachlernkompetenz ► gehen experimentierfreudig und ungehemmt mit der fremden Sprache um. ► nehmen sprachliche Merkmale und Besonderheiten wahr. <?page no="221"?> 221 Mathematik: Werte ausländischer Währungen vergleichen Inhaltsfelder Muster und Strukturen Erfassen von funktionalen Beziehungen (Proportionalität) in Sachsituationen (HKM 2010b: 18). Größen und Messen Größenvorstellungen in den Größenbereichen Geldwerte […] (ebd.: 19). Rechnen mit Größen (Jahrgangsstufe 2: Geldwerten, […]), Umgang mit Größen in Sachsituationen (ebd.: 21). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► erfahren, dass verschiedene Staaten unterschiedliche Währungen haben, indem sie o von ihren eigenen Erfahrungen mit Währungen berichten (D) und Geld aus ihren Herkunftsländern mitbringen (H). o unterschiedliche Währungen bezüglich ihrer Gestaltung, ihres Material, ihrer Namensgebung usw. vergleichen (D/ H/ E). o Vermutungen über die Gründe sowie die Funktion unterschiedlicher Währungen anstellen (D). ► Kurse unterschiedlicher W ä hrungen herleiten, indem sie die Preise f ü r eine Ware in verschiedenen L ä ndern vergleichen (D/ E als lingua franca). ► mit unterschiedlichen W ä hrungen rechnen, indem sie Preise f ü r Produkte in anderen L ä ndern berechnen (D/ E als lingua franca). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Darstellen ► vergleichen Darstellungen unterschiedlicher W ä hrungen miteinander und bewerten diese. Problemlösen ► reflektieren Ergebnisse. ► erfassen mathematische Fragestellungen und Zusammenh ä nge. ► formulieren Erkenntnisse in eigenen Worten. <?page no="222"?> 222 Sachkunde: Unterschiedliches Kaufverhalten erleben und hinterfragen Inhaltsfelder Technik In der Auseinandersetzung mit Folgewirkungen technischer Entwicklungen für Mensch und Umwelt wächst die Fähigkeit, diese zukünftig einzuschätzen und zu verantworten. (ebd.: 19). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► beschreiben ihr eigenes Kaufverhalten, indem sie Einkaufssituationen im Unterrichtsgespr ä ch aus eigenen Erfahrungen herleiten (E) und listen die gekauften Produkte auf (E). ► erarbeiten Gr ü nde und Konsequenzen der Käufe, indem sie unterschiedliche Redebeiträge vergleichen und diskutieren (D). ► erarbeiten besondere Verhaltensweisen und Gefahrenquellen, indem sie in Rollenspielen verschiedene Einkaufssituationen (market, post office, butcher, bakery, flea market, school cafeteria, snack bar, grocery store, department store) nachstellen (E: mit sprachlicher Vorlage). ► erleben die Ver ä nderungen des Kaufverhaltens, indem sie Situationen o aus der Steinzeit, aus dem Mittelalter, zu Omas Zeiten sowie heute darstellen, reflektieren und diskutieren (D/ E). o aus unterschiedlichen Kulturkreisen vergleichen (D/ E/ H). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Erkunden und untersuchen ► betrachten und beobachten gezielt. ► stellen Vermutungen an und formulieren Fragen; sammeln und ordnen Informationen ► pr ü fen Erkenntnisse und beschreiben Konsequenzen f ü r das eigene Handeln. Darstellen und beobachten ► versprachlichen Beobachtungen, Vermutungen, Erkenntnisse und Empfindungen. ► pr ü fen Argumente und akzeptieren, modifizieren oder verwerfen diese. Informationen, Sachverhalte und Situationen beurteilen ► unterscheiden reale Gegebenheiten von fiktiven Vorstellungen und virtuellen Darstellungsformen. ► ordnen Vergangenes, Gegenw ä rtiges und Zuk ü nftiges ein. <?page no="223"?> 223 Kunst: Eigene Layouts für Produkte und/ oder Webseiten zu erstellen Inhaltsfelder Umwelt und Produktdesign Kreative Lösungen zeigen sich in Gestaltungsideen. (HKM 2010d : 20). Digitale Medien Bilder werden in Bewegung gesetzt, bewegte Bilder weiterbearbeitet und gestaltet. […] Ästhetik der digitalen Medien. (a.a.O.). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► vergleichen unterschiedliche Designs von ä hnlichen Produkten, indem sie Beispielobjekte beschreiben (This is a/ an … because; It looks nice, ugly because … ) und Begriffe lernen (size, structure, order, writing) (E) sowie Unterschiede und deren Wirkung benennen und diskutieren (E/ D). ► erarbeiten ein Corporate Design, indem sie o mit einem Partner einen Gegenstand auswählen (D). o die Farbwahl, die Typografie, die Anordnung (size, structure, order, writing) skizzenhaft zeichnen. o schriftlich Gründe für die Auswahl des Gegenstandes sowie seiner Gestaltung festhalten (Our product is/ looks like…; We choose the size/ colours because…) (E/ D). ► stellen ihr Corporate Design der Klasse vor und erkl ä ren die Wahl der Gestaltung, indem sie die zuvor verschriftlichten Gründe vortragen (E/ D). ► erstellen die finale Version ihres Produktes. Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Sehen, wahrnehmen und erfahren ► lassen sich auf sinnliche und visuelle Erfahrungen ein und bringen diese zum Ausdruck. Planen, gestalten und handeln ► erproben, vergleichen und verwenden bildnerische Verfahren, Techniken, Materialien, Medien […] sinnvoll. ► erz ä hlen ü ber Bilder und unterscheiden Bildsorten, Bildmedien und Bildgenres. ► benennen die Wirkung von Bildern. Verstehen, begreifen und erklären ► reflektieren bildnerische Prozesse und Ergebnisse. <?page no="224"?> 224 11.3 Safe on the road In der transcurricularen Einheit zur Verkehrserziehung erarbeiten die Schüler grundlegende Parallelen und Besonderheiten des englischen und deutschen Straßenverkehrs. Abb. 5: Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Safe on the road In diese Einheit sind die Fächer Englisch, Sachkunde, Sport und Kunst eingebunden. Im Englisch- und Sachkundeunterricht wird zunächst in die sozialkulturwissenschaftliche Perspektive des Verhaltens im Straßenverkehr eingeführt. Die Schüler erarbeiten Verhaltensregeln, stellen Situationen nach, erlernen wichtige Begriffe und erstellen einen zweisprachigen Fahrradpass. Im Kunstunterricht wird dieser Fahrradpass gestaltet sowie Straßenschilder für einen Parcours erstellt, in welchem die Schüler eine Fahrradprüfung ablegen. Diese Fahrprüfung ist in den Sportunterricht eingegliedert, welcher genutzt wird, um eigene Verkehrssituationen des englischen und deutschen Straßenverkehrs nachzuempfinden. Am Ende der Einheit hat jeder Schüler die Fahrradprüfung absolviert, einen darüber ausweisenden Fahrradpass in zwei Sprachen erstellt sowie eine Station des Prüfungsparcours mitentwickelt. ► Personale Kompetenz: Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung ► Soziale Kompetenz: soziale Wahrnehmungsf ä higkeit, interkulturelles Verst ä ndnis, Kooperation und Teamf ä higkeit, Umgang mit Konflikten ► Lernkompetenz: Probleml ö sekompetenz, Arbeitskompetenz ► Sprachkompetenz: Schreibkompetenz, Kommunikationskompetenz Kunst Straßenschilder und Fahhradpass Sachkunde/ Englisch Verkehr in Deutschland und England Sport Fahrradparcours und -führerschein Safe on the road <?page no="225"?> 225 Englisch: Einen zweisprachigen Fahrradpass erstellen Inhaltsfeld Kulturelle Lebenswelten/ Ich und die Welt Sitten, Bräuche und Traditionen der Länder der Zielsprache […]. Vergleich mit der eigenen Kultur […] (HKM 2010: 22). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► lernen die Begriffe cycle lane, roadworks, pedestrian crossing, crossroads, roundabout kennen und verwenden diese im Gespr ä ch (E). ► erstellen einen zweisprachigen Fahrradpass, indem 1) sie auf drei A6 Zetteln a) Name, Klasse, Foto, b) Name und Herausforderung meines Parcoursabschnittes c) Mein Parcoursabschnitt wurde angenommen, weil, Der Prüfungsparcours wurde durchfahren in … Minuten, Der Fahrradführerschein ist bestanden (D) nach Vorlage notieren. 2) fügen den deutschen Begriffen im Führerschein die englischen Übersetzungen (name, class, picture, My section of the course, My section of the course is good because …, I cycled the course in … minutes, I passed the cycle test) nach Einführung durch die LK und schriftlicher Vorlage hinzu (E). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereiche Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Kommunikative Kompetenz ► verstehen einfache Arbeitsanweisungen und reagieren darauf folgerichtig. ► beantworten einfache Fragen, f ü hren kurze Dialoge in vertrauten Alltags- und Routinesituationen und greifen auf bekannte Sprachmuster zurück. ► lesen einfache, bekannte Wortbilder und vertraute S ä tze verst ä ndlich vor. ► schreiben lautsprachlich gesicherte W ö rter von Vorlagen ab. Transkulturelle Kompetenz ► benennen Gemeinsamkeiten und Unterscheide zwischen der deutschen und der englischen Sprache. Sprachlernkompetenz ► gehen experimentierfreudig und ungehemmt mit der fremden Sprache um, nehmen sprachliche Merkmale und Besonderheiten wahr und ordnen diese ein. <?page no="226"?> 226 Sachkunde: Unterschiede zwischen dem englischen und dem deutschen Straßenverkehr erarbeiten Inhaltsfelder Gesellschaft und Politik […] Verständnis für den Zusammenhang zwischen persönlichen Wünschen und Bedürfnissen einerseits und grundlegenden unveräußerlichen Rechten andererseits. (HKM 2010c: 19). Raum […] Orientierung findet in geographischen und sozialen Räumen an markanten Punkten und mit Orientierungshilfen statt. Auch werden grafische Darstellungen im Realraum genutzt. (a.a.O.). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS. ► erschlie ß en aus einer Abbildung und einem Gespräch mit der LK (E/ D), dass a) die Autos auf der linken Stra ß enseite fahren, b) die Fu ß g ä nger nach rechts-links-rechts schauen m ü ssen, c) sich die englischen von den deutschen Verkehrsschildern nur minimal unterscheiden. ► stellen Situationen in Kleingruppen nach und vergleichen diese mit eigenen Erfahrungen (E/ D/ H). ► erarbeiten exemplarische Lösungen für konkrete Probleme im Straßenverkehr (E/ D/ H). ► stellen ihre Ergebnisse vor und vergleichen diese. Eine Handpuppe erg ä nzt diese um fehlende englische Begriffe (E/ D). ► bringen als Experten ihrer Herkunftssprache der Puppe (und den Mitsch ülern) einzelne Worte bei (E/ H). Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Erkunden und untersuchen ► f ü hren einen Selbstversuch sachgerecht durch ► ordnen Merkmale des englischen Stra ß enverkehrs denen des deutschen zu. ► setzen Ideen im Rollenspiel um und werten diese aus. Darstellen und formulieren ► verwenden treffende Begriffe und Symbole in Planungs- und Auswertungsgespr ä chen Dokumentieren/ Präsentieren ► halten ihre Ergebnisse in geeigneter Form fest. ► w ä hlen eine geeignete Pr ä sentations- und Darstellungsform <?page no="227"?> 227 Sport: Bewegungserfahrungen mit dem Fahrrad in einem selbsterstellten Parcours machen Inhaltsfeld Fahren, Gleiten, Rollen […] Formen der Antriebserzeugung, das Verändern von Geschwindigkeit und Richtung […] unter Beachtung von Verhaltensregeln und Schutzmaßnahmen (HKM 2010f: 19). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► erfahren grundlegende Bewegungsabl ä ufe und Kr ä ftewirkungen, indem sie Trainingsparcours durchlaufen, rollen und fahren. ► entwickeln einen Parcours f ü r den F ü hrerschein anhand vorgegebener Kriterien selbständig, indem o in Kleingruppen je eine Station im Parcours unter Berücksichtigung des deutschen oder des englischen Straßenverkehrs mit Vorlage der Fachbegriffe erarbeitet wird (D/ E). o diese in fahrpraktischen Herausforderungen getestet werden. o die Kleingruppen im Plenum ihre Situationen erläutern und praktisch demonstrieren (D/ E: Fachbegriffe). o die einzelnen Stationen im Klassenverband diskutiert und zu einem Gesamtparcours zusammengefügt werden (D/ E). ► erlangen ihren Fahrradf ü hrerschein, indem sie den Parcours unter transparenten Kriterien durchfahren und die LK dies mit einem Stempel im zweisprachigen Fahrradpass vermerkt. Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereich Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Bewegungskompetenz ► f ü hren Grundformen der Bewegung aus. ► wenden die grundlegende M ö glichkeiten der Fortbewegung, des Richtungswechsels, des Beschleunigens und des Anhaltens mit dem Fahrrad in situationsspezifischen Anforderungen an. Urteils- und Entscheidungskompetenz ► reflektieren Bewegungserfahrungen und beschreiben Bewegungsabläufe unter Verwendung elementarer Fachbegriffe. ► planen Bewegungsanforderungen und schätzen das eigene Bewegungsvermögen realistisch ein. Teamkompetenz ► benennen Regeln sowie Vorschriften, variieren und erweitern diese und nehmen verschiedene Rollen im Team ein. <?page no="228"?> 228 Kunst: Straßenschilder selbst erstellen Inhaltsfelder Malerei […] Erproben und Anwenden verschiedener Farben […] Umgang mit unterschiedlichen Malwerkzeugen (HKM 2010d: 19). Zeichnung und Grafik Mit […] Zeichenwerkzeugen werden lineare Spuren hinterlassen, Flächen gegliedert und Motive in ihren Konturlinien dargestellt (ebd.: 20). Aufgaben/ Handlungen der Schüler Die SuS ► erstellen Verkehrsschilder f ü r den Fahrradparcours, indem o sie diese beschreiben sowie die Farben und Formen im Englischen benennen (E). o sie deutsche und englische Schilder nach Vorlage auf Papier zeichnen und ausmalen. o die Papierschilder auf harten Karton, Pappe oder Holz kleben und mit Klebeband oder Nägeln an einem dünnen Holzstab befestigen. ► erstellen einen Fahrradpass, indem o sie einen A5-Karton in der Mitte falten und die im Englischunterricht vorbereiteten Informationsblätter aufkleben. o den Pass individuell verzieren. Fachliche Kompetenzen Kompetenzbereiche Kompetenzbeschreibungen Die SuS … Sehen, wahrnehmen und erfahren ► benennen Eindr ü cke der Gestaltung von Stra ß enschildern. ► verwenden einzelne Fachbegriffe für eine sachangemessene Beschreibung der deutschen und englischen Schilder. Planen, gestalten und handeln ► finden Ideen und M ö glichkeiten zur bildnerischen Gestaltung des Fahrradpasses ► gestalten die Schilder sowie den Fahrradpass kreativ und zielorientiert. Verstehen, begreifen und erklären ► erkennen und benennen die Farbwirkung und die Bildanordnung in den Schildern und beschreiben die Wirkung der Schilder. ► pr ä sentieren eigene Bilder angemessen und nehmen die Anregungen anderer auf. <?page no="229"?> 229 12 Diskussion und Ausblick Mit dem transcurricularen Lernen wird ein Modell vorgestellt, welches einen möglichen Weg aufzeigt, auf welche Weise die Sprechgelegenheiten von Grundschülern in der Zielsprache quantitativ und qualitativ (unter Berücksichtigung der Schulsowie der Herkunftssprachen) erhöht werden können. Durch die Ausweitung und Strukturierung der zielsprachlichen Lernprozesse wird ein inhaltlich orientierter Erwerb zielsprachlicher Kompetenzen angebahnt. Der Kontakt zur Zielsprache erhöht sich quantitativ, indem Sprechgelegenheiten durch die Einbindung der sachfachlichen Fächer generiert werden. Qualitativ führen die tiefe Durchdringung inhaltlicher Aspekte in der Zielsprache sowie die steigende Intensität von Unterrichtsdiskursen infolge einer (antizipierten) wachsenden produktiven Kompetenz der Schüler zu einer Förderung der Diskurskompetenz. Das transcurriculare Lernen ist somit als eine Antwort auf die Frage Hallets (2011) zu verstehen, welcher nach einem methodisch guten Unterricht fragt, welcher die Diskurskompetenz von Lernern im Rahmen der politischen Forderungen fördert. Mit dem Modell wird gezeigt, auf welche Weise ein diskursiv-kompetenzorientierter Unterricht vor dem Hintergrund bildungspolitischer Anforderungen realisiert werden kann. Wie wichtig diese Neuerung gerade jetzt ist, zeigt sich nicht zuletzt vor dem wachsenden Legitimationsdruck des frühen Fremdsprachenlernens. Mitte des Jahres 2012 wurde der Unmut über zu geringe sprachliche Leistungen der Lerner erstmals vonseiten der Kultusministerin des Landes Baden- Württemberg in öffentlicher Kritik geäußert. Diese negativen Schlagzeilen zeigen, dass auch in einem Bundesland, in welchem die Implementierung frühen Fremdsprachenlernens jahrelang explizit vorangetrieben worden ist, dessen Status quo nicht unangreifbar ist. Dass die Zweifel jedoch nicht unbegründet sind, ist auch im Rahmen dieser Arbeit deutlich geworden. Denn obwohl mittlerweile oberflächlich erreicht scheint, was lange gefordert wurde, nämlich ein zielsprachlicher Unterricht für alle Grundschüler im gesamten Bundesgebiet, zeigen die empirischen Ergebnisse, die rund zehn Jahre nach dem Einstieg des letzten Bundeslandes vorliegen, dass die Euphorie aufgrund einiger Faktoren gebremst wird. In seiner jetzigen Form hat ein einheitliches Fremdsprachenlernen seinen kleinsten gemeinsamen Nenner lediglich in der Tatsache, dass alle Grundschüler zielsprachlichen Unterricht erhalten. Auf welche Weise dieser methodisch und strukturell stattfindet, ist jedoch nach wie vor in einem organisatorischen Wirrwarr nicht einheitlich festgelegt. Folglich ist es die Aufgabe der wissenschaftlichen Forschung, durch innovati- <?page no="230"?> 230 ve Unterrichtskonzepte die fachdidaktische Wandlungsfähigkeit des zielsprachlichen Lernens zu nutzen und zu fördern. Das Unterrichtsmodell des transcurricularen Lernens bietet einen ersten Schritt in die Richtung einer effektiveren Zukunft des frühen Sprachenlernens. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden drei Forschungsfragen gestellt, die sich wie folgt beantworten lassen. In Bezug auf die Frage nach den Zielen und Prinzipien eines diskursiv-kompetenzorientierten Unterrichts kann folgendermaßen geantwortet werden. Bezüglich der Ziele und Prinzipien eines diskursiv-kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule zeigt sich, dass die Vorgaben auf der organisatorischen Ebene durch die individuellen Wünsche und Präferenzen von 16 Landesregierungen durchaus different sind. Demnach existieren von der Dauer des Sprachkontakts bis hin zu den Beschreibungen der Kompetenzen mitunter frappierende Unterschiede (vgl. Kap. 3.1/ 4). Dabei ist es die grundlegende Idee der Ergebnisorientierung und der in den letzten Jahren eingeführten Kompetenzraster, die Fähig- und Fertigkeiten, das Wissen und Können sowie die Einstellungen und Strategien von Lernern in einer Diskurskompetenz zu bündeln und auf ein verbindliches Abschlussniveau festzulegen. Dieser Anspruch klingt jedoch bereits in seiner Idee nach marktwirtschaftlichen Prinzipien und wirft nicht erst im Vergleich mit einer zunehmenden Individualisierung des Lernens Zweifel an einer Passgenauigkeit bildungspolitischer Wünsche und didaktischer Prinzipien auf. Zwar scheint es wünschenswert, die Qualität von Kompetenzen zu sichern, indem für alle Lerner verbindliche Leistungsniveaus am Ende festgelegter Zeiträume festgeschrieben werden. Allerdings zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Analyse, dass die Methoden des Unterrichts eine solche Vereinheitlichung des Niveaus in ihrer aktuellen Beschaffenheit nicht automatisch ermöglichen. Denn auch in Bezug auf die methodischen Ansätze des frühen Fremdsprachenlernens kann nicht von einem einheitlichen Bild gesprochen werden. Zwar sind begegnungssprachliche Prinzipien mit systematischen Lernverfahren im Sinne eines ergebnisorientierten Lernens verbunden worden, dennoch existieren vielfältige methodische Ansätze dieser Symbiose. Diese Uneinheitlichkeit verdeutlicht den mangelnden bildungspolitischen und fachdidaktischen Konsens, welcher sich ebenso in den mannigfaltigen Konzeptionen von Schule wie von Forschungsarbeiten widerspiegelt, in welchen Schlüsse zur Effektivität unterschiedlichster Lernkontexte herausgearbeitet werden. Vielfach hat sich gezeigt, dass gerade infolge einer Orientierung an standardisierten Kompetenzen vor allem die kommunikativen Fertigkeiten des Hörens, des Sprechens, des Lesens und des Schreibens sowie grammatikalisches Wissen und Wortschatz gefördert werden (vgl. Kap. 5.2). In Folge dieser vermeintlichen Zufriedenheit mit bestehenden Prinzipien frühen Zielsprachenlernens werden im Kontext der Kompetenzorientierung <?page no="231"?> 231 kaum Antworten geboten, auf welche Weise imitierendes und reproduzierendes Lernen mit sprachlich produktiven und eigenaktiven Lernphasen kombiniert werden kann (vgl. Kap. 5.3). Bislang stehen geschlossene und geöffnete Lernformen parallel nebeneinander, da zum einen immer noch die Lehrkraft als die zentrale Figur im Unterricht bestätigt wird, zum anderen u.a. durch den Einsatz von Portfolios und modulartigem Lernen versucht wird, die Schüler in Anlehnung an konstruktivistische Lerntheorien in der selbständigen Erschließung von Sprache zu unterstützen (vgl. Kap. 5.2.4). Da Spracherwerb sprachliche Vorbilder benötigt, drehen sich die methodischen Prinzipien nach wie vor um die Frage, welche Rolle die Lehrkraft im Lernprozess übernimmt und auf welche Weise die Sprechgelegenheiten für die Schüler erweitert werden können. Zwar besteht in den reformpädagogischen Schulen, welche versuchen, die Zielsprache in ihren methodisch und organisatorisch geöffneten und autonomen Lernphasen zu vermitteln, nach wie vor der Wunsch, die Lehrkraft aus dem Zentrum sprachlichen Lernens zu verbannen (vgl. Kap. 7). Doch lässt sich diese Annahme vor den Ergebnissen dieser Arbeit nicht halten, da die Lehrkraft als sprachliches Vorbild und Initiator von Unterrichtsgesprächen unverzichtbar ist. Um dieser komplexen Aufgabe gerecht zu werden, müssen vor allem die reflexiven und persönlichkeitsbildenden Kompetenzen auf Seite der Lehrenden gestärkt werden. To facilitate such an environment, to command a range of learning strategies, and to be cognitively aware of the pedagogical means to enable the student to learn requires dedicated, passionate people. (Hattie 2009: 23). Folglich sollte nicht die Lehrkraft exkludiert, sondern ihre Funktion differenzierter beschrieben werden, wie dies im Rahmen dieser Arbeit geschehen ist (vgl. Kap. 8.2/ 9.3.1). Dementsprechend wird die Lehrkraft in die Lage versetzt, die Kontaktzeit der Lerner zur Zielsprache entsprechend den externen (Rahmenrichtlinien) sowie den internen (Lernervariablen) Faktoren angemessen zu gestalten. Dies gelingt jedoch nur, wenn organisatorische und methodische Strukturen entlang transcurricularer Ideen verändert werden, welche die Sprechgelegenheiten für die Schüler erweitern (vgl. Kap. 9.1/ 9.3.1). In welchem Umfang diese Sprechleistungen der Lerner zu gestalten sind, zeigen die Studien zum diskursiven Potential von Grundschülern (vgl. Kolb 2007, Sambanis 2007). Aus den vorliegenden Analysen ist eindeutig zu erkennen, dass sich das Bild von einem Grundschullerner als einem imitativreagierenden Sprachenlerner zu dem eines produktiv-agierenden Sprachennutzers wandeln muss (vgl. Kap. 5.3). Dabei ist unumstritten, dass alle Kompetenzen aufeinander aufbauend gefördert werden und im Beginn auch weiterhin die Imitation vorhanden sein muss. <?page no="232"?> 232 Um eben diese Diskurssituationen zu schaffen, müssen Themen aus der Lebenswelt der Schüler entlehnt werden, welche es aus der Sicht der Lerner zu verhandeln lohnt (vgl. Kap. 8.1). Bislang werden Themen in das zielsprachliche Lernen künstlich transferiert, indem an kindgerechten Inhalten vor allem relevantes Vokabular geübt wird. Wenn die Lerner darüber hinaus kompetent werden sollen, in fremdsprachlichen Situationen Bedeutungen auszuhandeln, dann müssen, angelehnt an Hallet (2011), lebensrelevante Themen wie im transcurricularen Unterricht in entsprechend aktivierenden Aufgaben angeboten werden (vgl. Kap. 9.1). Es ist daher logisch, konkrete Fachinhalte anderer Fächer für eine Erweiterung sprachlicher Kompetenzen zu nutzen (vgl. Kap. 8.2). Der in dieser Arbeit vorgestellte Ansatz begünstigt die allgemeine Stärkung der Inhalte und ist damit organisatorisch auf einem Kontinuum zwischen einem rein sachfachlichen und fächerübergreifenden Lernen zu verorten. Gerade die Nähe zum fächerübergreifenden Lernen ist es, welche das transcurriculare Modell legitimiert, da in sämtlichen Rahmenplänen ein solcher Unterricht explizit gefordert wird. Interessanterweise besteht gerade bezüglich des fächerübergreifenden Grundsatzes ein einstimmiger Konsens zwischen den Bundesländern, welcher jedoch im Unterricht bisher nicht in dem Maße umgesetzt wird, wie er gefordert ist (vgl. Kap. 3.1.2). Das Modell des transcurricularen Lernens stellt sodann die Antwort auf die dritte Forschungsfrage dar. Mit seinem Anspruch, die sprachlichen und sachfachlichen Inhalte zu verdichten, bietet es eine Möglichkeit, die Prinzipien umzusetzen, welche zu einer Diskurskompetenz führen. Mit dem transcurricularen Modell wird dargelegt, auf welche Weise das fächerverbindende Lernen ebenso wie der starke Inhaltsbezug in praktische Unterrichtssituationen und Lernaufgaben transferiert werden können. Eine solche Verbindung thematischer Schwerpunkte auf der inhaltlichen Ebene ist ein Aspekt des transcurricularen Lernens. Der andere Fokus liegt auf der integrativen Nutzung sämtlicher Sprachen, welche in unterrichtlichen Situationen auftreten. Folglich werden in fächerverbindenden Lernaufgaben und Unterrichtsdiskursen sowohl die Schulsprache Deutsch als auch die Zielsprache sowie die Herkunftssprachen der Schüler genutzt, um Inhalt zu erarbeiten. Auf diese Weise werden die Sprachen integrativ verwendet, in ihrer Funktion erfahren und ausgetestet (vgl. Kap. 8.6). Die Wahl der jeweiligen Sprache ergibt sich sowohl aus den Fachinhalten, die verhandelt werden, als auch aus den Aufgabenstellungen, welche zielgerichtet Kompetenzen fördern soll (vgl. Kap. 9.3.4). Auf diese Weise ist es möglich, ein mehrsprachiges Lernen sinnvoll aus thematischen Ansprüchen und Aufgabenformaten entstehen zu lassen und zu schulen (vgl. Kap. 8.6). Am Beispiel des family trees (vgl. Kap. 11.1) wird deutlich, dass sich die Nutzung der Herkunftssprache induktiv aus der individuellen und kulturellen Prägung der Aufgabe ergibt. Die Schüler befragen ihre Eltern <?page no="233"?> 233 bezüglich ihrer Familienmitglieder in ihrer Herkunftssprache. Diese Ergebnisse verbinden sie mit den schul- und zielsprachlichen Bedeutungen der herkunftssprachlichen Begriffe und berichten darüber im Klassengespräch. Dementsprechend wird durch das transcurriculare Lernen Mehrsprachigkeit induktiv gefördert, sodass externe Förderprogramme überflüssig werden bzw. lediglich ergänzenden Charakter haben. Mit diesem Ansatz des transcurricularen Lernens, welcher die Mehrsprachigkeit der Lerner umfassend für die Etablierung einer überfachlichen Sprachkompetenz nutzt, wird die bislang im Rahmen der Regelschule gepflegte Tradition, eine Sprache in einem getrennten Fach zu unterrichten, zugunsten sämtlicher Sprachen aufgebrochen. Anstatt Sprachen separat zu lernen, werden die Lerner mit ihrem gesamten Sprachenschatz wahrgenommen, sodass ein Umgang mit Sprache etabliert wird, welcher sich einer natürlichen Verwendung annähert. Diese Sicht, Sprache als Bestandteil menschlicher Identität wahrzunehmen, beeinflusst den Erwerb von Sprachkompetenz auf der emotionalen und kognitiven Ebene auf vielfältige Weise und wird daher regelmäßig aus der Perspektive der Mehrsprachigkeitsforschung gefordert: Schule und Gesellschaft müssen endlich Gebrauch von den mitgebrachten Sprachen und Spracherfahrungen ihrer Schüler und Studierenden machen. Das bedeutet auch im Rahmen der Mehrsprachigkeitskonzepte, Menschen nicht auf eine oder zwei Schulsprachen zurechtzustutzen, sondern die vielfältigen mitgebrachten Sprachen einzubeziehen. (Krumm 2003: 42). Die Kontextualisierung ihrer Herkunftssprachen im transcurricularen Lernen bietet den Schülern eine Wertschätzung der eigenen Identität. Folglich können sich Handlungsmotivationen in Lernumgebungen positiv ausprägen, in welchen sowohl die individuelle Sprache als auch die Identität beachtet werden. Der Lerner wird in seiner gesamten Persönlichkeit wahrgenommen und muss keinen Aspekt seiner sprachlichen Identität verleugnen. Eine solche Wahrnehmung des gesamten Sprachhabitus fördert neben emotionalen Kompetenzen der Schüler auch deren kognitive Verarbeitung von Sprache (vgl. Kap. 5.3/ 6.4/ 7.4) Ergänzend zu der Förderung emotionaler und kognitiver Kompetenzen aufseiten der Lerner ist es gerade deren Sprachvielfalt, welche im transcurricularen Lernen auch inhaltlich genutzt werden kann. Ausgewählte Themen werden sowohl sprachlich als auch kulturell aus einer mehrperspektivischen Sicht erfahren, da die kulturellen sowie fachsprachlichen Besonderheiten der Sachfächer den Blick auf den Gegenstand geweitet und differenziert ergeben (vgl. Kap. 8.5/ 9.3.3). Bei der Erarbeitung des family trees werden durch die sprachlichen Differenzen in der Bezeichnung von Familienmitgliedern kulturelle Besonderheiten unterschiedlicher Schüler deutlich. Werden diese in die <?page no="234"?> 234 Unterrichtsdiskussion aufgenommen, so verdichtet sich die kulturelle Intensität der Situation und die Schüler erleben die kulturelle Vielfalt unmittelbar (vgl. 9.3.4). Eine solche parallele Förderung mehrerer Sprachen wird auch von curricularer Seite gestützt. So wird im Kerncurriculum des Landes Hessen gefordert, eine überfachliche Sprachkompetenz zu fördern, welche voraussetzt, „sich verständlich, an der Standardsprache orientiert, auszudrücken und sich an Gesprächen konstruktiv zu beteiligen. Die Lernenden entwickeln zunehmend die Fähigkeit, Kommunikations- und Interaktionssituationen aufmerksam wahrzunehmen und zu verfolgen“ (HKM 2010: 9). Dieses Zitat unterstreicht wie wichtig die im transcurricularen Lernen eingebundenen überfachlichen Kompetenzen sind, die nicht mehr nur der Standardsprache zugeordnet sind. Wichtiger als Kenntnisse in einem spezifischen Sprachsystem werden die überfachlichen Kompetenzen der allgemeinen Gesprächsführung. In einem sprachübergreifenden Unterricht werden somit konkrete Diskursstrategien in verschiedenen Sprachsystemen realisiert. In diesem Sinne wird mit dem transcurricularen Lernen ein Desiderat gefüllt, welches die „Frage nach unterstützenden Maßnahmen […] für den Fremdsprachenaneignungsprozess mono- und multilingualer Kinder im Englischunterricht der Grundschule“ (Elsner 2007: 247) klären soll. Wie die Diskussion verdeutlicht, konnten im Rahmen dieser Arbeit die drei im Anliegen postulierten Forschungsfragen (vgl. Kap. 1.2) beantwortet werden, denn es sind sowohl Ziele und Prinzipien für einen diskursivkompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht in der Grundschule aus den theoretischen Beschreibungen und empirischen Erhebungen der letzten Jahre und Jahrzehnte abgeleitet als auch diese Prinzipien in einem Unterrichtsmodell operationalisiert worden, welches auf die Förderung von Diskurskompetenz ausgerichtet ist. Konkret liegen die Potentiale des Modells darin, • einen Konsens innerhalb einer Schule über die Art und den Umfang der sprachlichen Förderung zu schaffen. • die kompetenzorientierten Ansprüche durch ein praktisches Modell im Unterricht anwendbar werden zu lassen. • die Kontaktzeit zur Zielsprache durch die Einbindung in andere Fächer zu erhöhen. • die Sprechanlässe durch Fachinhalte der Sachfächer zu konkretisieren. • die Fachkultur für einen breiten kulturellen Zugang zu nutzen. • die Herkunftssprachen der Lerner in den Unterricht einzubeziehen. <?page no="235"?> 235 • jedem Schüler, unabhängig von seiner sprachlichen Sozialisation, eine umfassende Ausbildung in der Schul- und der Zielsprache sowie seinem persönlichen Sprachenrepertoire zu bieten. Allerdings sind auch mit dem transcurricularen Lernen nicht alle Fragen gelöst. Vor dem Hintergrund dieses Modells ergeben sich weitere Anforderungen an die fremdsprachendidaktische Forschung, welche auf unterschiedlichen Ebenen zu realisieren sind. Auf der organisatorischen Ebene ist es langfristig notwendig, die Differenzen zwischen den Bundesländern zu minimieren. Gerade in Bezug auf die Kompetenzen, über welche die Lerner am Ende der Grundschulzeit verfügen sollen, ist mit Blick auf die Übergangsproblematik (vgl. Böttger 2009) die Forderung Diehrs (2011: 32) nach verbindlichen bundesweiten Standards zu unterstützen. Denn nur eine Anpassung der politischen Ansprüche an die Leistungen der Lerner hilft, vereinheitlichende Konzeptionen frühen Fremdsprachenlernens zu erarbeiten und bundesweit zu testen. Ferner müssen die Strukturen der curricularen Vorgaben so weit angepasst werden, dass einheitliche Prinzipien und Inhalte beschrieben werden. Da es unumgänglich scheint, die Stellung von Inhalten zu stärken, müssen auch diese in den politischen Vorgaben berücksichtigt werden. Allerdings ist dabei nicht zu einem Lehrplan zurückzukehren, in welchem Inhalte an Zeiträumen orientiert werden, da auf diese Weise die Idee verloren ginge, Kompetenzen ins Zentrum des Lehrens und Lernens zu rücken. Vielmehr müssen Inhalte mit Kompetenzen, Methoden und Beispielaufgaben auf eine Weise verbunden werden, dass sich die Wahl der Inhalte aus den jeweiligen Kompetenzzielen und Lernervoraussetzungen ergibt. Eine Überarbeitung der Curricula scheint trotz ihrer offensichtlichen Aktualität längst überfällig und sollte folgende Aspekte berücksichtigen: • Fachliche Kompetenzen sind an den Niveaubeschreibungen zu konkretisieren. • Überfachliche Kompetenzen sind ebenso zu berücksichtigen wie kulturelle und methodische Kompetenzen. • Fächerübergreifendes Lernen muss definiert und methodisch beschrieben werden. • Beispiele sollen exemplarisch und nachvollziehbar darlegen, auf welche Weise ein kompetenzorientierter Unterricht gestaltet werden kann. • Die verschiedenen Bereiche der Curricula wie Kompetenzbeschreibungen, Inhaltsfelder, didaktische Prinzipien und methodische Hinweise, müssen aufeinander bezogen werden. <?page no="236"?> 236 • Fremdsprachliche Lernangebote müssen an Inhalten orientiert werden. • Sämtliche Sprachen und Kulturen des Klassenzimmers sowie der Zielsprachenländer können potentiell beachtet werden. Zusätzlich wären weitere sinnvolle Lösungen eine Erhöhung der Kontaktzeit durch die Erweiterung des Stundendeputats des fremdsprachlichen Unterrichts sowie die Einstellung von ausschließlich ausgebildeten Lehrkräften. Langfristig ist es wünschenswert, dass ein bundesweiter Konsens über die Zielsetzung und Umsetzung fremdsprachlichen Lernens gefunden wird, der ähnliche Voraussetzungen für alle Lerner schafft. Folglich bleibt zu hoffen, dass im Zuge der Bildungsstandards diese auch für die Grundschule erstellt werden und die Verantwortlichen aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre sowie den hier vorgestellten Aspekten darauf achten, dass diese in sich konsistent und konkret formuliert und mit Beispielen unterlegt werden. Auf methodischer Ebene ist mit dem transcurricularen Lernen eine Möglichkeit beschrieben, auf welche Weise die Lehrkraft komplexe Diskurssituationen initiieren und unterstützen kann. Langfristig sollte dieses Basisrepertoire um zusätzliche Methoden erweitert werden, damit die Mannigfaltigkeit echter Diskurse ausgenutzt werden kann. Diese müssen sich zum einem am Unterrichtsgespräch als solchem orientieren und zum anderen die selbstständigen Erarbeitungsphasen in den Blick nehmen. Bezüglich der Methoden sind folgende Fragen zu beantworten: • Auf welche Weise lassen sich Diskurssituationen initiieren und aufrechterhalten? • Wie sind Lernaufgaben zu formulieren, damit die Lerner ihre produktiven Kompetenzen nutzen? • Welche Phasen im Sachfach bieten sich besonders für nicht schulsprachliches Lernen an? • Auf welche Weise kann die Schriftsprache der Zielsprache sowie der Herkunftssprachen berücksichtigt werden? • Auf welche Weise können bewusst machende Verfahren variantenreich angeboten werden? Auf der inhaltlichen Ebene ist mit dem Modell des transcurricularen Lernens bereits eine Lücke geschlossen worden, da konkrete Anhaltspunkte für die Wahl der passenden Inhalte gegeben werden. Nichtsdestotrotz sollte untersucht werden, welches Potential die einzelnen Themen für die Formen des Arbeitens bieten. Wünschenswert wäre ein kategoriengeleitetes Raster, anhand dessen der Mehrwert von Inhalten für das transcurriculare Lernen bestimmt werden kann. Folglich sollten Sachfachthemen in Bezug auf ihren <?page no="237"?> 237 Mehrwert für das sprachliche Lernen analysiert werden. Hier bieten sich vor allem fächerübergreifende Forschungsarbeiten an, welche die wissenschaftliche Erkenntnis mehrerer Fachdidaktiken verbinden. Leitende Fragen sind hier: • Aufgrund welcher Faktoren bietet sich ein Inhalt für das transcurriculare Lernen an? • Wie ist das Verhältnis von sprachlichem und inhaltlichem Mehrwert zu gewichten? • Wie muss ein tool für Lehrkräfte gestaltet sein, mit welchem Inhalte direkt auf ihre Nutzbarkeit überprüft werden können? Somit entstehen aus dem Impuls des transcurricularen Lernens auch auf wissenschaftlicher Ebene neue Fragen. Diese sind sowohl theoretisch als auch empirisch zu erschließen. Ein erster Schritt sollte die Erprobung und empirische Evaluation des transcurricularen Modells sein, um auf diese Weise die theoretisch hergeleiteten Prinzipien und antizipierten Erfolge in ihrer praktischen Anwendung zu überprüfen. Darüber hinaus sollte theoretisch und empirisch integrativ an die zuvor benannten organisatorischen, methodischen und inhaltlichen Fragen herangegangen werden. Es müssen Forschungsarbeiten durchgeführt werden, in welchen hinterfragt wird, auf welche Weise eine überfachliche Sprachkompetenz Einfluss auf die weiteren überfachlichen, aber auch fachlichen Kompetenzen haben kann. Es muss geschaut werden, inwieweit die Stärkung mehrerer Sprachen auf die fremdsprachlichen, herkunftssprachlichen sowie Sachfachkompetenzen wirkt, indem die sprachlichen Leistungen erhoben werden und der Umgang mit Sprache beobachtet wird. Zudem muss das transcurriculare Lernen erweitert werden, indem verschiedene Aspekte vertieft behandelt werden. So scheint es sinnvoll, Konzeptionen zum Umgang mit Grammatik, Schrift, kulturellen Aspekten sowie zur Auswahl von Inhalten zu erarbeiten und zu erproben. Eine auf diese Weise provozierte integrative Sicht aus Theorie und Praxis ermöglicht einen mehrperspektivischen Blick auf die Aspekte sprachlichen Lernens. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Fremdsprachendidaktik sich weiterhin in der Kleingliedrigkeit von Einzelstudien verliert. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal hervorgehoben, dass es vor allem die Studien von gewissem Umfang sind (vgl. EVENING), die einen wirklichen Einblick in die Klassenzimmer und die Kompetenzen der Lerner ermöglichen. Vor dem Hintergrund all der Kritik auch vonseiten der Politik sei daher noch an diese Ebene appelliert, dass die von Hallet zu Beginn dieser Arbeit thematisierten Bildungsstandards und Kompetenzen nur erreicht werden können, wenn die Arbeit an den Schulen mit Ressourcen unterstützt wird. <?page no="238"?> 238 Zu guter Letzt soll noch einmal explizit auf die Lehrkraft hingewiesen werden, welche die Schlüsselstelle zum transcurricularen Lernen darstellt. Um einen komplexen und diskursiven Unterricht zu ermöglichen, sind es in erster Linie die Lehrenden, welcher Risiken auf sich nehmen und Unsicherheiten aushalten. Gerade da sich die Diskurse erst innerhalb ihres Verlaufes ergeben, ist ein hohes Vermögen an spontaner Reaktion notwendig. In diesem Sinne gilt es, auch in der Lehrerausbildung eben diese fachlichen sowie überfachlichen Kompetenzen anzubahnen, die im transcurricularen Lernen für die Schüler gefordert werden. Darüber hinaus sollte die jeweilige Lehrkraft Mut und Reflexionsvermögen nutzen, denn: Am Mute hängt der Erfolg. (Theodor Fontane) <?page no="239"?> 239 Verzeichnis der Tabellen Tab. 1 Verteilung der Unterrichtszeit in den Bundesländern S. 33 Tab. 2 Fakultativ zu wählende Sprachen in den Bundesländern S. 34 Tab. 3 Kategorien der synoptischen Analyse der curricularen Vorgaben S. 39 Tab. 4 Von den Bundesländern definierte Kompetenzbereiche S. 47 Tab. 5 Themenfelder sortiert nach Klassen in Hamburg S. 51 Tab. 6 Begegnungsunterricht der Klasse 1und 2 in Brandenburg S. 52 Tab. 7 Anfangsunterricht der Klassen 3 bis 6 in Brandenburg S. 52f Tab. 8 Gliederung der Listen zu Wortschatz und Redemitteln in den Bundesländern S. 54 Tab. 9 Kommunikationsstrategien im Französischunterricht der Grundschule (Klassen 1-4) S. 105 Tab. 10 Aufgabentypen Testbatterie Flachsland S. 152 Tab. 11 Vorgeschlagene Veränderungen der konzeptionellen Anlegung Flachslands nach einem Jahr S. 154 Tab. 12 Erreichte Spracherwerbsstufen nach Pienemann (1998) in Flachsland S. 156 Tab. 13 Beispielhafte Zuordnung von Themen zu Inhaltsbereichen S. 199 Tab. 14 Umsetzungsmöglichkeiten zielsprachlicher Themen in den Sachfächern S. 201 Tab. 15 Zuordnung von Aktivitäten zu Kompetenzen und Inhaltsfeldern S. 202f Tab. 16 Zuordnung von Handlungen und Lernaufgaben zu Kompetenzen und Inhaltsfeldern S. 206 Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1 Das Modell des transcurricularen Lehren und Lernens von Sprachen S.182 Abb. 2 Beispiel von Grammatikvermittlung im Unterrichtsdiskurs S. 210 Abb. 3 Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Me and my family S. 212 Abb. 4 Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Online shopping S. 218 Abb. 5 Unterrichtsfächer und Inhalte zum Thema Safe on the road S. 224 <?page no="240"?> 240 Legende der Abkürzungen der Bundesländer Bundesland Bezeichnung Jahr Aufl. B Berlin Rahmenlehrplan für die Grundschule und die Sekundarstufe I. Englisch 1./ 2. Fremdsprache 2006 1 BRA Brandenburg Rahmenlehrplan für Moderne Fremdsprachen in den Jahrgangsstufen 1-10 2008 1 BW Baden- Württemberg Bildungsstandards für Englisch. Grundschule - Klassen 2, 4 2004 1 BY Bayern Lehrplan für die bayrische Grundschule. Fachprofil Fremdsprachen 2000 1 HB Bremen Rahmenlehrplan für die Primarstufe 2003 1 HE Hessen Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen. Primarstufe. Moderne Fremdsprachen 2010 2 HH Hamburg Bildungsplan Grundschule. Englisch 2011 2 MVP Mecklenburg- Vorpommern Rahmenplan Grundschule. Fremdsprachen 2007 1 NI Niedersachsen Kerncurriculum für die Grundschule Schuljahrgänge 3 - 4. Englisch 2006 1 NRW Nordrhein- Westfalen Lehrplan Englisch für die Grundschulen des Landes Nordrhein-Westfalen 2008 2 RP Rheinland- Pfalz Rahmenplan Grundschule. Teilrahmenplan Fremdsprache 2004 1 SAA Saarland Kernlehrplan Französisch Grundschule Klassenstufen 3/ 4 2011 2 SAH Sachsen- Anhalt Fachlehrplan Grundschule Englisch 2007 1 SH Schleswig- Holstein Rahmenplan Englisch in der Grundschule + Handreichungen 2007 2 SN Sachsen Lehrplan Grundschule. Englisch 2004 1 TH Thüringen Lehrplan für die Grundschule und für die Förderschule mit dem Bildungsgang der Grundschule 2010 2 <?page no="241"?> 241 Literaturverzeichnis Abendroth-Timmer, Dagmar (2007): Akzeptanz und Motivation. Empirische Ansätze zur Erforschung des Einsatzes von bilingualen und mehrsprachigen Modulen. Frankfurt/ M.: Peter Lang. Alig, Falko (1992): Kommunikative Progression als Leitprinzip für Sprachenlernen an Grundschulen. Erste Erfahrungen mit dem Unterrichtswerk „Here we go“. In: Gompf, Gundi (Hrsg.), Fremdsprachenbeginn ab Klasse 3. Lernen für Europa. Berlin: Cornelsen, S. 7-10. Anstey, Michèle/ Bull, Geoff (2006): Teaching and Learning Multiliteracies. 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Zwei Klassen wurden von der gleichen Lehrperson nach zwei verschiedenen Leselehrverfahren unterrichtet. Im Vordergrund stand die Frage nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Lernergebnissen der Schülerinnen und Schüler dieser Klassen. Aus den zentralen Erkenntnissen werden fünf Hypothesen generiert, deren Überprüfung zum Teil quantitative Studien mit größerer Probandenzahl nahe legen und zum Teil eine wertorientierte Diskussion über die anzustrebenden Ziele des Englischunterrichts in der Grundschule herausfordern. Die Erhebungsinstrumente der Untersuchung stehen im Internet zur Ansicht bereit: http: / / www.narr.de/ lesen-im-englischunterricht. <?page no="264"?> Narr Francke Attempto Verlag GmbH+Co. KG ! "#$ % www.narr.de JETZT BES TELLEN! Daniela Elsner / Jörg-U. Keßler (eds.) Bilingual Education in Primary School Aspects of Immersion, CLIL, and Bilingual Modules JN% CO Q ; J WX Y O ? ; O ISBN 978-3-8233-6782-6 \ N %N J # #^ ^ _# J % J #N #NJ ^N J N 'N #` #J J ` ^ j % # % j ## { ##| #"" # % % " % j J #%N J # J# N J % J ` ^ j ## { }J ` #{ % J J #" J J #{ { #" N J `` # O N O N J O % J ` J #" N %N J # J ` ^ j ## ##| JJ j # % ! ` J J ~ % #" N %N J # % %% N { Jj JN % J O J J { J }J N % "# " JN%j `N `# "# N { Jj ^ NJ # "# N # # O % #" J J J # #" N J % ` # ^^ N }O }^^ # O # \ N >#%N { % % ` J # J % ^ J #" N ##^ % ' `J N% # J J #%N J # O ` % `# J % J { J O N J # "# { O ‚ J # O % # #" J J#` % #^` % j "N J % N J # ##| #^` J % j # jO N ^` ^#%N O % J % # ` jO % N _ J % ! <?page no="265"?> Henriette Dausend Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen Ein methodischer Ansatz für die Grundschule Dausend Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen Dieses Buch stellt den Ansatz des transcurricularen Lernens vor, in welchem Schüler in mehrsprachigen und fächerübergreifenden Umgebungen lernen. Es bietet die theoretische Herleitung und Begründung des Modells auf der Grundlage einschlägiger Studien aus dem Bereich des fremdsprachlichen Lehrens und Lernens der Grundschule ebenso wie einen praktischen Ausblick mit Hinweisen zur Umsetzung im Unterricht. Eine Handreichung skizziert in sieben Schritten den Weg zum transcurricularen Lernen, der durch eine Darstellung von drei Unterrichtsmodulen verdeutlicht wird. Der Band richtet sich damit an Lehramtsstudenten, Lehrkräfte und Wissenschaftler gleichermaßen. Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik Giessener Beiträge