Sprachkontakt, Migration und Variation: Die frankophone Integration von Rumänen in Paris nach 1989
0311
2015
978-3-8233-7915-7
978-3-8233-6915-8
Gunter Narr Verlag
Christian Discher
In dieser Arbeit rücken neben den in Frankreich ergriffenen
integrations- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen
vor allem die Perspektiven der betroffenen
rumänischen Generationen in den Vordergrund, die
neben objektiven Gesichtspunkten auch ihre Sicht der
Stärken und Schwächen der französischen Integrationspolitik
bieten. Um Erkenntnisse aus den Biographien
der in Paris lebenden Rumänen zu gewinnen,
wurden die Ergebnisse verschiedener Wissenschaftsdisziplinen
zusammengeführt und mit den Resultaten
der Analysen des methodischen Ansatzes der funktionalen
Variationslinguistik verbunden. Diese Vorgehensweise
lässt eine systematische Erfassung unterschiedlicher
Akkulturationsgrade zu. Durch die Analyse des
Sprachmaterials wird der Nachweis einer gruppenspezifischen
rumänisch-französischen Migrantenvarietät erbracht.
<?page no="0"?> Christian Discher Sprachkontakt, Migration und Variation: Die frankophone Integration von Rumänen in Paris nach 1989 <?page no="1"?> Sprachkontakt, Migration und Variation: Die frankophone Integration von Rumänen in Paris nach 1989 <?page no="2"?> Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr 549 <?page no="3"?> Sprachkontakt, Migration und Variation: Die frankophone Integration von Rumänen in Paris nach 1989 Christian Discher <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die überarbeitete Version einer im März 2013 an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam eingereichten Dissertation. © 2015 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Satz: typoscript GmbH, Waldorfhäslach Printed in Germany ISSN 0564-7959 ISBN 978-3-8233-6915-8 <?page no="5"?> Für Alexander <?page no="6"?> Dac ă instan ţ ele politice for ţ eaz ă oamenii spre t ă cere, vom profita de resursele noastre lingvistice pentru a ap ă ra drepturile omului. Limbajul împotriva t ă cerii-un element al politicii: ceea ce este scris va fii documentat, precum în timpurile de odinioar ă au fost p ă strate amintirile ce ne înso ţ esc ca semn de avertisment. (Discher) <?page no="7"?> Vorwort Seit dem Jahr 1989 ist in den Medien eine zunehmende stereotype Berichterstattung über den rumänischen Sprach- und Kulturkreis zu beobachten. Bei dieser Stereotypisierung bleibt regelmäßig unerwähnt, dass insbesondere die Rumäninnen und Rumänen in Frankreich mit ihrer Arbeitskraft zum Ausgleich des Fachkräftemangels beitragen und zwischen Rumänien und Frankreich in kultureller Hinsicht seit Jahrzehnten ein Austauschverhältis besteht. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der französischen Wahlen zum Europaparlament im Mai 2014 besteht die Gefahr, dass die bisherigen Fortschritte in der Integrationspolitik bezüglich der aus Südosteuropa stammenden Menschen wieder verloren gehen könnten. Durch die interdisziplinäre Vorgehensweise wird mit der vorliegenden Arbeit, ein umfassender Einblick in die Lebenswirklichkeit der in Paris lebenden rumänischen Migrantinnen und Migranten ermöglicht. Aus migrationslinguistischer Perspektive erfährt der rumänisch-französische Sprachkontakt eine besondere Aufmerksamkeit. Die Arbeit konnte entstehen, weil mir mit dem Promotionsstipendium der Universität Potsdam und mit dem Weiterbildungsstipendium der Potsdamer Graduate School ermöglicht wurde, mein Forschungsvorhaben umzusetzen. Dafür bedanke ich mich bei den am Entscheidungsprozess beteiligten Mitgliedern der Findungskommissionen. Mein weiterer Dank gilt den Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Potsdamer Graduate School, aber auch dem Forum Hochschullehre Brandenburg, die mit ihren Angeboten und Qualifikationsprogrammen einen maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Lehre der Hochschullehrerinnen bzw. Hochschullehrer leisten. Ich bedanke mich bei den hilfsbereiten Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Staatsbibliothek zu Berlin, aber insbesondere für die Unterstützung bei Frau Litke. Schließlich danke ich meinem Taekwondo-Meister Michael Kugele für sein ausgewogenes Trainingsprogramm, das neben der wissenschaftlichen Arbeit stets ein gutes Gleichgewicht für mich darstellt. Meinen Dank widme ich gleichermaßen den Menschen, die sich mit den Interviews bereit erklärten, mir Einblicke in ihre Lebenswelt zu geben. Nur dadurch konnte der Öffentlichkeit ein Zugang zur rumänischen Perspektive gewährt werden. Für den emotionalen Beistand während der sehr anstrengenden Promotionszeit danke ich von ganzem Herzen meinen Großeltern, meinem Lebenspartner Thomas Paulick und meinen Freundinnen und Freunden, von denen mir einige nicht nur beim Korrekturlesen behilflich waren, sondern mich vor allem emotional getragen haben. Hierzu gehören: Lisa Böttcher, Sandrine Fargeat-Kells, Ioana Galas, Maren Letze, 7 <?page no="8"?> Iliana Palcu, Jean-Christophe Olaya, Florin Jarda, Maik Vedder, Nicole Woischwill. 8 <?page no="9"?> Abkürzungsverzeichnis Längere Übernahmen aus fremdspachigen Zitaten werden in der Fußnote in der Originalsprache mit aufgeführt. Die Aussagen der Untersuchungspersonen werden im Wortlaut wiedergegeben und in «Anführungszeichen» gesetzt. In der Arbeit wird überwiegend von der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft gesprochen, jedoch im Bewusstsein, dass INSEE zwischen étranger und immigré differenziert. Um die sprachliche Gleichbehandlung zu gewährleisten, werden in der Arbeit die femininen und maskulinen Formen aufgeführt. Das andere Geschlecht ist in der Arbeit mitbedacht, wird jedoch nicht extra gekennzeichnet. [. . .] Auslassungen in den Sprecherzitaten bzw. beziehungsweise cat. Katalanisch CASNAV Centre Académique pour la Scolarisation des Nouveaux Arrivants et des enfants du Voyage CEB Banque de Développement du Conseil de l ’ Europe Cedefop European Centre for the Development of Vocational Training CEFISEM Centres de Formation et d ’ Information pour la Scolarisation des Enfants de Migrants CESEDA Code de l ’ Entrée et du Séjour des Étrangers et du Droit d ’ Asile (French: Code of the Entry and Stay of Foreigners and Asylum Law) CIEP Centre international d ’ études pédagogiques DDR Deutsche Demokratische Republik DEX Dict , ionarul explicativ al limbi române. DP Determinansphrase Gabriel(2002: IX) [+def] Merkmal ‚ definit ‘ Gabriel (2002: IX) DELF Diplôme d ’ études en langue française eng. Englisch esp. Spanisch EU Europäische Union fr. Französisch GER Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen GUS-Staaten Gemeinschaft unabhängiger Staaten HLM Habitation à loyer modéré IPA Internationales Phonetisches Alphabet INSEE Institut national de la statistique et des études économiques IUFM Instituts Universitaires de Formation des Maîtres it. Italienisch NATO North Atlantic Treaty Organization NP Nominalphrase 9 <?page no="10"?> occ. Okzitanisch OCDE Organisation de coopération et de développement conomiques PISA Programm zur internationalen Schülerbewertung port. Portugiesisch RLP Rahmenlehrplan SERA Solidarité Enfants Roumains Abandonnés sic. [. . .] In der Arbeit werden die Fehlerquellen in den Aussagen der Untersuchungspersonen durch sic. [. . .] in Fettdruck gekennzeichnet und die korrekten Formen in eckigen Klammern dahinter geschrieben. Ausgewählte Beispiele werden im Kapitel der Linguistik analysiert. SMIC Salaire minimum interprofessionnel de croissance TIMSS Trends in International Mathematics and Science Study USA United States of America ZEP Zones d ’ éducation prioritaires 10 <?page no="11"?> Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1 Ziele der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2 Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1 Entwicklungslinien Rumäniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.1 Die Zeit des Kommunismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.1.2 Situation in Rumänien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.1.3 Rumänisch-französische Kooperation . . . . . . . . . . . . . 23 2.2 Rumäninnen und Rumänen in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.2.1 Die rumänische Gemeinschaft in Frankreich . . . . . . . 25 2.2.2 Weitere Migrantinnenbzw. Migrantengruppen in Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.2.3 Außenbewertung der rumänischen Kulturgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.2.4 Arbeitsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.3 Sprachsoziologische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.3.1 Entwicklungen im französischen Bildungssystem . . 35 2.3.2 Maßnahmen der Integrationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.3.3 Bewertung der Integrationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.4 Entwicklungen in der Sprachkontaktforschung . . . . . . . . . . . 43 3 Theoretische und methodische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.1 Konvergenter und divergenter Sprachwandel . . . . . . . . . . . . 50 3.2 Grundlagen für die funktionale Analyse sprachlicher Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.3 Funktionale Variationslinguistik nach Stehl . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.3.1 Kompetenz der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.3.2 Pragmatik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.3.3 Linguistik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.4 Adaption der funktionalen Variationslinguistik auf die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 11 <?page no="12"?> 3.5 Darstellung der Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.5.1 Qualitative Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.5.2 Vorstellung des Questionnaires . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3.5.3 Die Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen . . . . . . . . 62 4 Empirisches Kapitel: Kompetenz der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.1 Rumänische Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen . . . . . . . 70 4.1.1 Potenzielle Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.1.1.1 Die wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.1.1.2 Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte . . . . . . . . . . 72 4.1.2 Integrationswillige Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.1.3 Potenziell integrierte französische Rumäninnen und Rumänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.2 Integrationspolitik aus Sicht der Untersuchungspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.3 Wissen über diatopische Varietäten: Französisch . . . . . . . . . . 78 4.3.1 Die français régionaux in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . 79 4.3.2 Das français suisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.3.3 Das français québécois . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.4 Wissen über diatopische Varietäten: Rumänisch . . . . . . . . . . 85 4.5 Metasprachliche Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4.5.1 Diastratisches Wissen: Fremdbewertung . . . . . . . . . . 90 4.5.2 Diastratisches Wissen: Eigenbewertung . . . . . . . . . . . 94 4.5.3 Diaphasisches Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4.5.4 Diachronisches Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.6 Prototypen von Interferenzvarietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4.6.1 Gradatum (F+) und Gradatum (F - ) . . . . . . . . . . . . . . . 111 4.6.2 Gradatum (R - ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4.6.3 Gradatum (R+) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.6.4 Evaluative Stereotypenklassifikation . . . . . . . . . . . . . . 126 5 Pragmatik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 5.1 Der Einfluss von Institutionen auf die Sprachverwendung 133 5.2 Sprachverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5.2.1 Potenzielle Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten: wirtschaftlich motivierte Einwanderinnen bzw. Einwanderer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 12 <?page no="13"?> 5.2.2 Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte . . . . . . . . . . 141 5.2.3 Integrationswillige Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 5.2.4 Potenziell integrierte Französische Rumäninnen und Rumänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.3 Pragmatische Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 5.3.1 Übersetzungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5.3.2 Code-Switching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.3.3 Memorieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.4 Hypothesen: Kompetenz der Variation und Pragmatik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6 Linguistik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 6.1 Interkomprehension: Rumänisch-französischer Sprachkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 6.1.1 Vokal- und Konsonantensystem der Kontaktsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 6.1.2 Abweichungen im Vokalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 6.1.3 Entnasalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 6.1.4 Artikulation französischer Oralvokale in den Gradata (F+) und (F - ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 6.1.5 Abweichungen im Konsonantismus . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.1.6 Das apikoalveolare [r] für das uvulare [ ʀ ] und andere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.2 Analyse der Interferenzvarietäten im vertikalen Sprachkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 6.2.1 Gradatum (F+) und Gradatum (F - ) . . . . . . . . . . . . . . . 190 6.2.2 Semantische Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 6.2.3 Die Diskursmarker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.2.4 Gradatum (R+) und Gradatum (R - ) . . . . . . . . . . . . . . . 210 6.3 Diskurstraditionen im vertikalen Sprachkontakt . . . . . . . . . . 217 6.3.1 Sprechtraditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 6.3.2 Der rumänische Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.4 Hypothesen: Linguistik der Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 7 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 8 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 9 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 9.1 Tabelle zu den Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen . . . . 256 9.2 Interviewauszug des Sprechers Bm1931 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 13 <?page no="14"?> 9.3 Questionnaire zur variationslinguistischen Datenerhebung in Paris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 9.4 Chestionar al colect , ie de date a varia ţ iei lingvistice . . . . . . . 268 14 <?page no="15"?> 1 Einleitung Frankreich ist ein attraktives Einwanderungsland 1 und bietet aufgrund der Sprachverwandtschaft 2 für aus dem frankophonen Raum stammende Menschen einen besonderen Integrationsvorteil. Zur Deckung des Bedarfes an Facharbeitern schloß das Land mit den ehemaligen Kolonien 3 sowie mit anderen europäischen Staaten bis in das letzte Jahrhundert hinein „ Anwerbeverträge. “ 4 In den letzten Jahrzehnten ließen sich folglich Familien aus unterschiedlichen Kulturkreisen in Frankreich nieder. Diese Entwicklung erweiterte sich nach dem Jahr 1989, ein Zeitpunkt, zu dem Rumänien eine massive Veränderung in der Bevölkerungsstruktur erlebte. Diese ist unter anderem auf die Migrationsbestrebungen junger Rumäninnen und Rumänen zurückzuführen. 5 Dem Inhalt statistischer Erhebungen zufolge ist nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Zahl der rumänischen Zuwanderinnen bzw. Zuwanderer im Ballungsraum Paris stark angestiegen. 6 Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Vernetzung rumänisch organisierter Institutionen in Paris umfassend entwickelt ist und Migrationswilligen aus Rumänien besonders attraktiv erscheint. 7 Schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts bestand eine große Affinität der rumänischen Bevölkerung zu Frankreich, die sich auf kulturelle und geistige Gemeinsamkeiten stützt. 8 Die französisch-rumänische Zusammenarbeit verzeichnet seit 1989 positive Entwicklungen, die sich auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene vollziehen. 9 1 Dickel (2002: 135). Zur Einwanderungspolitik Frankreichs im 19. und 20. Jh. cf. Engler (2012). 2 In diesem Zusammenhang wirkt sich die Zugehörigkeit des Rumänischen und des Französischen zur romanischen Sprachfamilie cf. Bossong (2008: 145, 247) besonders förderlich auf den Wunsch der Rumäninnen bzw. Rumänen aus, in Frankreich leben zu wollen. 3 Zunächst mussten die „ aus den Kolonien eingereisten Arbeitskräfte “ nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in ihre Heimat zurückkehren. Cf. Dickel (2002: 136). 4 Dickel (2002: 136). Cf. Engler (2012). 5 Zur demographischen Entwicklung in Rumänien: Cf. Heller (2006: 40 ff.). Discher (2013 a: 349). Discher (2014: 141). 6 Cf. www.insee.fr/ fr/ ffc/ docs_fc/ donees-socio-demo-etrangers-immigres.xls (05. 02. 2011). Cf. Discher (2013 a: 350). 7 Cf. Discher (2013 a: 347). Discher (2014: 141). 8 Cf. Ivan (2009: 61 - 62). Cf. Dahmen, Schweickard (1998: 183). Discher (2013 a: 348). 9 Cf. Ivan (2009: 114). Cf. Craia (2006: 10). 15 <?page no="16"?> Die Arbeit widmet sich dem rumänisch-französischen Sprachkontakt in Paris, dem in den letzten Jahren nur geringe Aufmerksamkeit zuteil wurde. 10 Durch die ansteigende Flexibilisierung des europäischen Arbeitsmarktes und dem damit verbundenen Zustrom europäischer Arbeitnehmer unterliegt die Sprachenlandschaft Frankreichs zunehmenden Kontakteinflüssen, die auch Gegenstand neuer Ansätze der Migrationslinguistik sind. 11 Auf diese Weise wird es möglich, die historischen Einzelsprachen über ihren linguistischen Status hinaus auch unter Berücksichtigung politischer und kultureller Einflüsse zu betrachten. 12 Die funktionale Variationslinguistik nach Thomas Stehl, die als dreidimensionaler Ansatz die Ebenen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation umfasst, bildet in dieser Arbeit die methodische Grundlage für die Analyse des Sprachmaterials. Die Adaption auf den rumänisch-französischen Sprachkontakt im Untersuchungsraum Paris ermöglicht auch die Abbildung des fortschreitenden Akkulturationsprozesses. Im Rahmen dieser Untersuchung wird weiterführend die Hypothese Stehls überprüft: „ Die „ Historische Sprache in motu “ ist [. . .] anders zu beschreiben als die „ Historische Sprache in situ “ . “ 13 Dabei wird untersucht, in welchem Ausmaß die französische Sprachkompetenz den Grad der kulturellen Integration beeinflusst und wie dieser Prozess von außen, insbesondere von der französischen Regierung sowie von den rumänischen Institutionen unterstützt wird. Um die Existenz einer gruppenspezifischen Migrantenvarietät zu belegen, erfolgt in diesem Zusammenhang die Analyse des empirisch erhobenen Sprachmaterials. 1.1 Ziele der Arbeit Einführend erfolgt im theoretischen Grundlagenkapitel die Darstellung historischer Entwicklungslinien über den Zerfall der rumänischen Diktatur und deren Auswirkung auf die Migrationsbewegung von Rumäninnen und Rumänen in das europäische Ausland. Einher gehen diese Ausführungen mit der Beschreibung der kulturellen und sprachlichen Beziehungen zwischen Rumänien und Frankreich. Dabei wird ein besonderer Fokus auf die stereotype Berichterstattung über rumänische Migrantinnen bzw. Migranten in den französischen und europäischen Medien gelegt. Durch eine ex post Betrachtung der Forschungsliteratur zu der schulischen und gesellschaftlichen Eingliederung von Migrantinnen und Mig- 10 Cf. Discher (2013 a: 351). 11 Zur Migrationslinguistik: Cf. Stehl (2011 a: 33 - 52). Cf. Stehl (2011 b: 39 - 55). 12 Cf. Stehl (2011 b: 43 f.). 13 Stehl (2011 a: 40). Cf. Discher (2013 a: 356). 16 <?page no="17"?> ranten werden Aussagen über bestehende Stärken und Schwächen der französischen Integrationsmaßnahmen getroffen. Ein Einblick in die Sozial- und Arbeitssituation ist notwendig, um die Schwierigkeiten zu ergründen, mit denen sich in Frankreich lebende Zuwanderinnen bzw. Zuwanderer im Alltag konfrontiert sehen. Schließlich erfolgt die Bewertung der integrationspolitischen Maßnahmen. Die Gegenüberstellung von sozio-, kontakt- und migrationslinguistischen Perspektiven wird Entwicklungen in der Erforschung von Sprachkontakten aufzeigen. Diese Ausführungen bilden die theoretische Basis, mit der im empirischen Kapitel die Aussagen der verschiedenen rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen über die von ihnen erlebten Migrationsmaßnahmen verglichen und überprüft werden. Im methodischen Kapitel schließt sich ein Abrisss über den konvergenten und divergenten Sprachwandel an. Die Auseinandersetzung mit den Positionen zur Sprachbetrachtung von Lausberg und Coseriu ist für das Verständnis der funktionalen Variationslinguistik von Thomas Stehl unerlässlich. Sie dient als Grundlage für die Analyse des vertikalen Sprachkontaktes zwischen der rumänischen und französischen Sprache. Der Vorstellung des dreidimensionalen Ansatzes mit den Ebenen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation schließt sich die Erläuterung der Adaption auf den zu untersuchenden Sprachkontakt an. Das Kapitel der methodischen Grundlagen endet mit der Darstellung der Untersuchung, die als qualitative Erhebung durchgeführt wurde. Im dritten Kapitel erfolgt die Auswertung des transkribierten Sprachmaterials unter Anwendung der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl. In der Kompetenz der Variation steht nach der Einteilung der einzelnen rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen, die Analyse des plurilingualen Wissens im Vordergrund. 14 Das empirische Material wird hinsichtlich des diastratischen Wissens, des diaphasischen Wissens und des diachronischen Wissens betrachtet. 15 In der „ geolinguistischen Prototypenklassifikation “ 16 wird das Wissen über diatopische Varietäten der französischen und rumänischen Sprache ausgewertet. Die „ koginitive Prototypenklassifikation “ 17 dient der Darstellung der Interferenzvarietäten, die sich im vertikalen Sprachkontakt entwickeln. 18 14 Zum sprachlichen und metasprachlichen Wissen: Cf. Stehl (2012: 116). 15 Zum diachronischen Wissen: Cf. ebd. (2012: 94 ff.). Erklärungen zu diastratisch und diaphasisch: Cf. ebd. (2012: 96). 16 Ebd. (2012: 158). 17 Ebd. (2012: 109). 18 Cf. ebd. (2012: 109). 17 <?page no="18"?> Darauf aufbauend erfolgt in der Pragmatik der Variation die Analyse der „ Gebrauchsdeterminanten “ . 19 Diese bestimmen die rumänische und französische Sprachverwendung. Es werden pragmatische Techniken 20 behandelt, die von den Untersuchungspersonen erkannt und verwendet werden. In der Linguistik der Variation erfolgt die Analyse des Sprachmaterials, wobei zu Beginn des Kapitels die Besonderheiten des phonologischen Inventars der Kontaktsprachen mit einer systematischen Darstellung ausgewählter Interferenztypen im Vokalismus und im Konsonantismus thematisiert werden. Sodann wird die Analyse ausgewählter syntaktischer und morphologischer Phänomene durchgeführt. Abschließend wird auf die Sprechtraditionen eingegangen, die sich in diesem vertikalen Sprachkontakt etabliert haben. 1.2 Stand der Forschung Dem Forschungsgegenstand dieser Dissertation liegt der funktional-variationslinguistische Ansatz 21 zu Grunde. Thomas Stehl entwickelte in seiner Habilitationsschrift dieses Instrumentarium, welches eine Analyse der Sprachwirklichkeit in vertikalen Sprachkontakten ermöglicht. 22 Da die vorliegende Arbeit eine Analyse des rumänischen und des französischen Sprachkontaktes in der rumänischen Gemeinschaft in Paris vornimmt, ist die Thematik in die Migrationslinguistik einzureihen. Sie beschäftigt sich sowohl mit den Auswanderungsbewegungen und der damit einhergehenden Genese „ hybrider Sprachidentitäten “ als auch mit dem Prozess der Akkulturation. 23 Die Anwendung des funktionalen Ansatzes sprachlicher Variation erfolgte bisher in einer Vielzahl von Arbeiten die nicht nur in der Galloromania und in der Italoromania, sondern auch im deutschsprachigen Raum vorgenommen wurden. Ein neuer Beitrag 24 von Stehl zur Sprachdynamik innerhalb der italienischen Gemeinschaft im Ruhrgebiet verdeutlicht, dass die Fortführung italienischer Diskurstraditionen im Deutschen beibehalten wird und belegt somit die vielfältige Anwendbarkeit der funktionalen Variationslinguistik auf komplexe Mehrsprachigkeitssituationen. 25 19 Ebd. (2012: 99). 20 Cf. ebd. (2012: 99). 21 Cf. Stehl (2012). 22 Cf. Arbeiten zur Variationslinguistik nach Stehl: Jablonka (1997), von Nolcken (2002), Bröking (2002). Pfaff (2012), Prifti (2013) und Schlaak (2013), Wunderlich (2014). 23 Cf. Stehl (2011 a: 38, 42 ff.). Discher (2013 a: 350). 24 Cf. Stehl (2011 b: 39 - 55). 25 Zum Forschungsstand: Discher (2013 a: 350 - 351). 18 <?page no="19"?> Die aktuelle Forschungsliteratur zur Variations- und Migrationslinguistik 26 bietet ein breites Spektrum an historischen Darstellungen von Sprachkontakten sowie den damit verbundenen soziokulturellen Phänomenen. Erfurt; Amelina veröffentlichten im Jahr 2008 eine Studie zur „ Elitenmigration und Mehrsprachigkeit “ , in der sprachliche, kulturelle und biographische Schwierigkeiten von gut ausgebildeten Migrantinnen und Migranten betrachtet werden. 27 In Krefeld ’ s Einführung in die Migrationslinguistik 28 werden neben linguistischen Begriffsbestimmungen auch historische Abläufe von Migration diskutiert. Ein methodischer Ansatz zur Untersuchung von Sprachkontakten wird mit der perzeptiven Varietätenlinguistik 29 angeboten. Eine intensive Beschäftigung mit dem rumänischen Sprach- und Kulturkreis 30 erfolgt unter anderem in Arbeiten von Bochmann et. al, die einen Gesamtüberblick über die Entwicklung in der Republik Moldau darbietet und in einzelnen Beiträgen auch über das Verhältnis zu Rumänien berichtet. 31 Dahmen widmet sich in seinen Publikationen der Erforschung der rumänischen Sprache und bietet die Möglichkeit, Forschungsergebnisse zum Rumänischen und seinen Idiomen zu studieren. 32 Für die Analyse des rumänisch-französischen Sprachkontaktes stellen die Schriften von Maria Iliescu eine große Bereicherung dar und sind für die Linguistik von unerlässlichem Wert. Ihr Werk „ Româna din perspectiva romanic ă : Rumänisch die östlichste Sprache der Romania “ bietet einen Gesamtüberblick über ausgewählte linguistische Besonderheiten, die sich auch auf Gemeinsamkeiten zwischen der rumänischen und französischen Sprache beziehen. Die Vorstellung der historisch relevanten Entwicklungsfaktoren, die in zahlreichen Publikationen vorgenommen wurde, verdeutlicht die Migrationsbewegungen von Rumäninnen und Rumänen innerhalb Europas. Die Verwendung aktueller Publikationen 33 , wie beispielsweise von Ruxandra 26 Aufgrund der Vielzahl von Arbeiten wird sich im Forschungsstand auf die Darstellung ausgewählter Werke der Autorinnen bzw. Autoren beschränkt. 27 Cf. Erfurt, Amelina (2008: 6). 28 Cf. Krefeld (2004). 29 Cf. Krefeld, Pustka (2010). 30 Im Rahmen der Entstehungssphase dieser Dissertation wurden in Discher (2013 a, 2013 b, 2014) Teilergebnisse von Fachvorträgen, die sich auf ausgewählte Aspekte dieser Arbeit beziehen, in deutscher, rumänischer und französischer Sprache publiziert. 31 Cf. Bochmann, Dumbrava, Müller, Reinhardt (2012). 32 Dahmen (2003). 33 Das Verwenden von Internetquellen war zur Aktualisierung des Forschungsstandes notwendig. Diese wurden vor der Drucklegung überprüft und archiviert. 19 <?page no="20"?> Ivan 34 oder von Radu Cinpoes ¸ , 35 ermöglichen eine objektive Berichterstattung über die politischen Ereignisse. Auf ausgewählte europäische Presseberichte wird eingegangen, um die Lebenssituation der Rumäninnen und Rumänen vielseitig zu erfassen. Einen weiteren Beitrag leistet Stefanie Slavu 36 , die in ihrer Dissertation eine Analyse der politischen und der gesellschaftlichen Entwicklung Rumäniens bis zum EU-Beitritt vornimmt und damit die Transformationsprozesse nachvollziehbar werden lässt. Die Aufarbeitungsprozesse der kommunistischen Vergangenheit Rumäniens werden in der Dissertation von Julie Trappe 37 dargestellt. Das Interesse, die rumänische Sprache im Kontakt mit anderen romanischen Sprachen zu untersuchen, hat in den letzten Jahren stark nachgelassen, so dass meine Dissertation sich als Beitrag versteht, diese Forschungslücke zu bearbeiten. 38 34 Cf. Ivan (2009). 35 Cf. Cinpoes ¸ (2010). 36 Cf. Slavu (2008). 37 Cf. Trappe (2009). 38 In diese Arbeit fließen Teilaspekte der historischen und kulturellen Entwicklung aus dem theoretischen Kapitel sowie Analysen zu der Sprecherinnenbzw. der Sprechergruppe D aus dem empirischen Kapitel meiner im Jahr 2010 an der Universität Potsdam vorgelegten Magisterarbeit Discher (2010) ein. 20 <?page no="21"?> 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Entwicklungslinien Rumäniens Im Folgenden wird die Vorstellung der historischen Entwicklung Rumäniens 39 vorgenommen, um die Auswanderungsbewegungen der Menschen nachvollziehbar werden zu lassen. 2.1.1 Die Zeit des Kommunismus Die Proklamation der rumänischen Volksrepublik im Dezember des Jahres 1947 40 legte den Grundstein für die Schaffung eines Überwachungsstaates. 41 Dies änderte sich nicht, als Ceaus , escu 1965 42 die Nachfolge von Gheorghe Gheorghiu-Dej antrat. Zunächst führte er eine bürgerfreundliche Politik. Die öffentliche Distanzierung von der Sowjetunion und ein freundlicheres Auftreten gegenüber der Bevölkerung dienten der Festigung seines politischen Agierens. 43 In dem Bestreben, einerseits seine Position auszubauen, vollzog sich im Rumänien der siebziger Jahre ein politischer Richtungswechsel 44 , der eine Ablösung ausgebildeter Fachkräfte des Gheorghiu-Dej Regimes „ durch neue Anhänger “ 45 Ceaus , escus mit sich brachte. Andererseits wurden konträre politische Ansichten in der Gesellschaft nicht akzeptiert, 46 so dass die alleinige Entscheidungsgewalt bei dem Diktator lag. 47 Diese Vorgehensweise verstärkte Ceaus , escu, indem „ die Bevölkerung in allen öffentlichen Einrichtungen einer permanenten Überwachung unterzogen “ 48 wurde. Angesichts der mangelnden Einsicht des Regimes, sich um die Menschen zu kümmern, entwickelte sich ein Staat, in 39 Dahmen (2003) beschreibt die Entwicklungsstufen des Rumänischen. Dabei wird neben der Auseinandersetzung mit den Idiomen (Aromunisch, Meglenorumänisch, Istrorumänisch) auch auf das Wirken der Nachbarsprachen und auf die damit verbundenen sprach- und kulturpolitischen Einflüsse eingegangen. Cf. Dahmen (2003: 727 - 746). 40 Cf. Verseck (2007: 72). Der sowjetische Einfluss führte zunächst zum Abbruch der politischen Beziehung zu Frankreich. Cf. Völkl (1995: 175). 41 Hierzu ausführlich: Cf. Schaser, Volkmer (2006: 301 - 308). 42 Cf. Cinpoes ¸ (2010: 56). Cf. Schaser, Volkmer (2006: 305). 43 Cf. Verseck (2007: 76). Cf. Schaser, Volkmer (2006: 309 - 310). 44 Cf. Schaser, Volkmer (2006: 307 - 308). 45 Iliescu (2006: 24). 46 Cf. Schaser, Volkmer (2006: 306 - 307). 47 Cf. Schaser, Volkmer (2006: 306 - 307). 48 Ebd. (2006: 307 - 308). 21 <?page no="22"?> dem Probleme vorgezeichnet waren. 49 Diese Tatsachen hatten zahlreiche Fluchtversuche von Rumäninnen und Rumänen aus ihrer Heimat zur Folge. Die rumänische Westgrenze wird jedoch als sehr gefährlich und nahezu ausbruchsicher beschrieben. 50 2.1.2 Situation in Rumänien Im Vergleich zu anderen sozialistischen Staaten 51 gestaltete sich in Rumänien nach der Revolution die Entwicklung einer demokratischen Struktur besonders schwierig. 52 Im Interesse der politischen und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes wurden Änderungen in der Gesetzgebung vorgenommen. 53 Diese Neuerungen und die Veränderungen in der Parteienlandschaft fanden zunächst keinen Zuspruch in der rumänischen Bevölkerung. 54 Trotz der angestrebten Modernisierung des Staates gestaltete sich das politische Tagesgeschehen schwierig. 55 Nach der Revolution verzeichneten auch neuere Parteien kaum besondere Erfolge. 56 Die Regierungsperiode zwischen den Jahren „ 1997 bis 2000 “ 57 trug nicht zur Verbesserung des Lebensstandards bei. Unstimmigkeiten in der Politik bestimmten nach wie vor das Bild des politischen Geschehens. 58 Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung im Jahr 2000, der sich „ unter Präsident Adrian N ă stase “ 59 abzeichnete und „ die Aufnahme Rumäniens in die NATO “ 60 sind die Voraussetzungen für den Beginn von „ Anfangsverhand- 49 Cf. Kolar (1997: 339), Cf. Discher (2013 c: 9). 50 Cf. Steiner, Maghet , i (2008: 12,19). Cf. Discher (2013 c: 7 - 8). 51 Aufgrund der geographischen, historischen und politisch-kulturellen Voraussetzungen vollzieht sich die demokratische Entwicklung nach 1989 in Europa in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Cf. Wirsching (2012: 87 ff.) Zunächst erschwert die Orientierung an alten Traditionslinien, sowohl in den „ baltischen Staaten “ ebd. (2012: 88) als auch in „ Bulgarien und Rumänien “ ebd. (2012: 89), aber insbesondere in den ehemaligen „ GUS-Staaten “ , ebd. (2012: 89) den Demokratisierungsprozess. Allein durch die [. . .] „ erfolgreiche Integration der DDR-Wirtschaft in das vereinigte Deutschland “ ebd. (2012: 95) vollzieht sich dort ein schnellerer Wandlungsprozess. 52 Cf. Durandin, Petre (2010: 105 ff.). 53 Cf. Slavu (2008: 156). 54 Cf. Iliescu (2006: 25 - 26). 55 Cf. ebd. (2006: 26). 56 Cf. ebd. (2006: 26). 57 Ebd. (2006: 26). 58 Cf. ebd. (2006: 26). 59 Iliescu (2006: 27). 60 Iliescu (2006: 27) zit. n. Discher (2013 c: 8). Durch die Nähe zum Kosovo konnte Rumänien das Verhältnis „ zu den USA “ als strategischer Partner ausbauen Cf. (Heuberger 2011: 31) und seine Rolle zur NATO neu ausloten. Cf. ebd. (2011: 31). 22 <?page no="23"?> lungen “ mit der Europäischen Union gelegt. 61 Die rumänische Regierung bemüht sich in den letzten Jahrzehnten, ihre Reformen voranzutreiben. Ein aktueller Bericht der Europäischen Kommission eruiert, „ dass Rumänien einige, aber nicht alle Empfehlungen der Kommission zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz umgesetzt hat. “ 62 In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit, „ die von Hunderttausenden von Opfern, Gefangengenommenen, Inhaftierten, Deportierten und Ermordeten “ 63 geprägt wurde, bis zum heutigen Zeitpunkt als geringfügig einzustufen ist. 64 Das Rumänien des Jahres 2011 weist sich durch Bemühungen aus, Reformen in Ökonomie und Politik zu forcieren. Dennoch wurde aufgrund der politischen Unstimmigkeiten im Jahr 2012 der Beitritt Rumäniens in den Schengen-Raum verzögert. 65 Die Auswanderungsbewegungen der rumänischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger ins europäische Ausland kommen auch nach dem Beitritt des Landes zur EU nicht zum Erliegen. 66 Durch die in Paris bestehende Vernetzung rumänischer Institutionen kann der Integrationsprozess für diese Menschen beschleunigt werden. 2.1.3 Rumänisch-französische Kooperation Bereits um 1850 wurde in Rumänien Französisch gesprochen. 67 Der Wille, sich durch einen positiven Sprachgebrauch auszuzeichnen, veranlasste Bürgerinnen und Bürger aus den unteren Gesellschaftsschichten dazu, Französisch zu verwenden. 68 Die Aufführung französischer Musikstücke und die Veröffentlichung französischer Literatur in Rumänien belegen schon im 19. Jahrhundert die frankophile Orientierung des Landes. 69 Die Beziehung wird durch ein Stipendiumprogramm gestärkt, das in Frankreich ins Leben gerufen wurde, um Studierende zu unterstützen. 70 Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg ist die Anzahl der 61 Cf. Iliescu (2006: 27). Cf. Discher (2013 c: 8). 62 http: / / ec.europa.eu/ cvm/ docs/ com_2013_47_de.pdf (S. 2) (13. 02. 2013). S. 2. Cf. Discher (2013 c: 9). 63 Trappe (2009: 224). 64 Ebd. (2009: 224). 65 Cf. http: / / diepresse.com/ home/ politik/ aussenpolitik/ 1289446/ Rumaeniens-Staat schef_SchengenBeitritt-suspendiert (18. 10. 2012). Discher (2013 c: 9). 66 Discher (2013 a: 348). 67 Cf. Dahmen, Schweickard (1996: 183). Discher (2013 a: 348). Cf. Discher (2014: 142). 68 Cf. Dinc ă (2011: 54 - 55). 69 Cf. Craia (2006: 8 ff.). 70 Cf. Pastre (2003: 308, 309, 316). 23 <?page no="24"?> immatrikulierten rumänischen Studentinnen und Studenten in den Pariser Universitäten für damalige Verhältnisse beachtenswert. 71 Obwohl die politische Ausrichtung Rumäniens während der Weltkriege und der Zeit danach wechselhaft war, brachen die rumänischfranzösischen Beziehungen nie ab, so dass auch unter der kommunistischen Herrschaft ein politischer Kontakt stattfand. 72 Mit der Reise von Mitterand im Jahr 1991 nach Rumänien 73 wurde der Weg für eine weitere Zusammenarbeit auf allen Ebenen des politischen und gesellschaftlichen Lebens geebnet. 74 Frankreich hat nicht nur im historischen Verlauf als wirtschaftlicher Förderer Rumäniens fungiert, 75 sondern trägt das Land auch aktuell in der Luftfahrttechnik zum Aufbau der Infrastruktur bei. 76 Die Zusammenarbeit der Länder führt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dennoch beträgt der Durchschnittslohn einer rumänischen Arbeiterin bzw. eines Arbeiters selbst zwanzig Jahre nach der Revolution nicht mehr als 350, - Euro monatlich. 77 Die französische Regierung ist aktiv bemüht, ihre Maßnahmen zur kulturellen Förderung in Rumänien umzusetzen. 78 Um der Dominanz des Englischen 79 als Weltsprache entgegenzuwirken, erfolgt nach wie vor eine systematische Vernetzung zwischen Institutionen, die ihren Fokus auf das Anbieten französischer Sprachkurse legen. 80 Es ist davon auszugehen, dass 71 Cf. ebd. (2003: 301 - 303). 72 Cf. Craia (2006: 39). An dieser Stelle sei auf den Besuch de Gaulles in Rumänien 1968 Cf. Wilkens (1990: 25 - 26) und auf den Gegenbesuch Ceaus , escus in Paris 1970 verwiesen. Cf. Kunze (2009: 211 - 212). „ Ceaus , escu strebte eine weltweite diplomatische Präsenz Rumäniens an. Doch mehr und mehr wurde die rumänische Außenpolitik zur Dekoration für den sich entwickelnden Personenkult. “ ebd.(2009: 212). 73 Cf. Ivan (2009: 114). 74 Hierzu ausführlicher: Cf. http: / / diplomatie.gouv.fr/ delanderinformationen_1/ ru manien_224/ index.html. (S. 1 ff.) (25. 11. 2011). Cf. Discher (2013 a: 348 - 349). In einem politischen Kurzbericht werden die wesentlichen Werte der Frankophonie betont, die zwischen Rumänien und Frankreich bestehen: Hierzu zählen Einflüsse in der „ Verfassung “ und die Orientierung der Zivilgesetzgebung am „ Code Napoleon “ . Dill, Vasiu, Voinea (2006: 4 - 5). 75 Cf. Bowd (2008: 14). 76 Cf. http: / / www.lemonde.fr/ economie/ article/ 2011/ 07/ 12/ eads-ouvre-sa premiere-usine-en-roumanie_1547924_3234.html (25. 11. 2012). 77 Cf. ebd. 78 Cf. Discher (2014: 143). 79 Hagège äußerte über den Einfluss des Englischen auf die französische Sprache „ il y a plus de mots anglais sur les murs de Paris qu ’ il n ’ y avait de mots allemands sous l ’ Occupation “ . http: / / www.lemonde.fr/ idees/ article/ 2009/ 12/ 07/ langue-francaise -etat-d-urgence-par-un-collectif-dassociations_1277289_3232.html (23. 11. 2011). 80 Cf. http: / / diplomatie.gouv.fr/ delanderinformationen_1/ rumanien_224/ index.html. (S. 1 ff.) (25. 11. 2011). 24 <?page no="25"?> sich diese Bildungspolitik in den kommenden Jahren fortsetzen wird. 81 Dennoch belegt das Erlernen des Englischen auf der Beliebtheitsskala bei den rumänischen Schülerinnen bzw. Schüler den ersten Platz. 82 Rumänische Institutionen tragen auch in Frankreich zur Verbreitung der rumänischen Sprache und Kultur bei. Bezeichnend hierfür ist die école roumaine de Paris, deren Angebot sich an drei bis zwölfjährige rumänische Kinder richtet. 83 Das Institut culturel roumain 84 , welches den zwischenmenschlichen Austausch in den großen Metropolen Europas fördert, bietet gerade in Paris den Menschen durch eine Kontaktaufnahme die Möglichkeit an, Vorurteile gegenüber der rumänischen Kultur abzubauen. Trotz der Anstrengungen und der positiv zu verzeichnenden Entwicklungen in der kulturellen Zusammenarbeit, sowohl in der Politik als auch im rumänischen Bildungswesen, existieren nach wie vor Korruptionsfälle. 85 2.2 Rumäninnen und Rumänen in Frankreich Der Umstand, dass die französische Regierung nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene mit Rumänien kooperiert, sondern sich ebenso aktiv am Aufbau von Programmen zur Förderung rumänischer Kinder, der rumänischen Roma und anderer Migrantinnenbzw. Migrantengruppen beteiligt, verstärkt das Interesse in der rumänischen Bevölkerung in Frankreich leben zu wollen. 86 2.2.1 Die rumänische Gemeinschaft in Frankreich Die multikulturelle Metropole Paris bietet mit ihren fast 2,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, bestehenden Vereinen und Angeboten zur Förderung von Migrantinnen bzw. Migranten einen Wohnort, der eine 81 Cf. ebd. Cf. Discher (2013 a: 349). 82 Cf. http: / / www.gandul.info/ scoala/ 6-din-10-elevi-romani-vorbesc-o-limba-straina -3544789 (11. 12. 2011), zit. n. Cf. Discher (2013 a: 349). Cf. Discher (2014: 142). 83 Cf. http: / / www.ecoleroumainedeparis.fr/ (12. 02. 2013). 84 Cf. http: / / www.icr.ro/ paris/ (31. 08. 2012). 85 Die Presse berichtet von Täuschungsversuchen in den rumänischen Abiturprüfungen. Nach Aufdeckung dieses Skandals wurden zur Qualitätssicherung in Prüfungsverfahren Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Cf. http: / / www.spiegel.de/ schulspiegel/ schulmisere-in-rumaenien-jeder-zweite-rasselte-durch-abi-pruefung-a-772265. html (29. 01. 2013) zit. n. Cf. Discher (2014: 142). 86 Die rumänischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger entscheiden sich auch, in andere europäische Länder zu emigrieren. 25 <?page no="26"?> positive Basis für die Eingliederung darstellt. 87 Die französische Regierung ist bemüht, ihr Angebot zur Förderung rumänischer und anderer Migrantinnenbzw. Migrantengruppen auszubauen. Im Gegensatz zu anderen Nationalitäten, die in Frankreich leben, kann die statistische Erfassung rumänischer Einwanderinnen bzw. Einwanderer als unzureichend und lückenhaft eingestuft werden. 88 Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass die von INSEE veröffentlichten Statistiken häufig keine Differenzierung zwischen den Rumäninnen und Rumänen und der aus Rumänien immigrierten Roma vornehmen. Zum anderen fassen weitere Quellen die Rumäninnen bzw. Rumänen regelmäßig unter dem Index „ andere Staaten “ zusammen. 89 Erschwert wird die Auswertung der Daten auch durch die zahlreichen unkontrollierten Ein- und Auswanderungsbewegungen. In den letzten Jahrzehnten sind zahlreiche Migrationsbewegungen von Rumänien nach Frankreich zu verzeichnen. Die Migrationsbewegung von intelektuellen Rumäninnen und Rumänen begann unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und setzte sich in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts fort. 90 In den 1960ern immigrierten weitere hochqualifizierte Arbeiterinnen bzw. Arbeiter nach Frankreich. Die kommunistische Regierung entsandte diese zuvor zum Arbeitseinsatz nach Nordafrika, jedoch entschieden sie sich nicht wie vereinbart in ihre Heimat zurückzukehren, sondern ließen sich nach dem Ende der Projekte in Frankreich nieder. 91 Seit dem Jahr 1989 ist eine höhere Zuwanderung, nach Frankreich zu bemerken. 92 Nach dem Beitritt Rumäniens in die Europäische Union im Jahr 2007 hat sich die Zahl dieser Menschen in Paris und den Vororten dermaßen erhöht, dass aktuell keine genauen Angaben möglich sind. 93 Bemerkenswert ist der rasante Anstieg von rumänischen Studierenden in Frankreich. In den Jahren 1989 bis 2000 war die Immatrikulationsdichte 87 Cf. http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieuxconnaitre-la-situation-des-etrangers-a-paris/ rub_7760_stand_99311_port_17914 (02.08.2011). Zu den Vereinen: Cf. http: / / www.colisee.org/ article.php? id_article=144 (02.08.2011). Cf. Discher (2013 a: 347). 88 Cf. Discher (2013 a: 350 - 351). 89 Cf. Discher (2013 a: 351). 90 Cf. Prelipceanu (2008: 78 - 79). 91 Cf. ebd. (2008: 79). 92 Cf. http: / / www.colisee.org/ article.php? id_article=144 (02. 08. 2011). Cf. Discher (2010: 17). 93 Cf. Discher (2013 c: 10). 26 <?page no="27"?> in französischen Universitäten relativ überschaubar. 94 Aktuell studieren in Frankreich ungefähr 300.000 ausländische Studierende. 95 2.2.2 Weitere Migrantinnenbzw. Migrantengruppen in Paris Frankreich zeichnet sich durch eine multikulturelle Bevölkerung aus 96 , die sich nicht nur auf kultureller Ebene widerspiegelt, sondern auch in der Sprachenvielfalt zum Ausdruck kommt. Statistiken verdeutlichen, dass mittlerweile 110 Nationalitäten in Paris 97 vertreten sind. Erstaunlich ist auch, dass 20 Prozent der Einwohnerinnen bzw. Einwohner in Paris ursprünglich immigriert sind. 98 Insgesamt lebt fast die Hälfte der gesamten ausländischen Population des Landes in Paris und seinem Ballungsraum. 99 Der aktuelle wissenschaftliche Diskurs richtet sein Augenmerk auf die Zugehörigkeit der Banlieues „ Courbevoie, Boulogne, Saint-Denis und Montreuil “ 100 und bezeichnet diese als eine Art „ une nouvelle couronne d ’ arrondissements “ . 101 94 Cf. Pastre (2003: 315 - 316). 95 Cf. http: / / etudiant.aujourdhui.fr/ etudiant/ info/ studenti-straini-paris-etudiant-enroumain.html (21. 02. 2013). 96 Cf. http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieuxconnaitre-la-situation-des-etrangers-a-paris/ rub_7760_stand_99311_port_17914 (02. 08. 2011). Cf. Discher (2013 c: 9). 97 „ 110 nationalités sont représentées à Paris “ . http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieux-connaitre-la-situation-des-etrangers-a-par is/ rub_7760_stand_99311_port_17914. (02. 08. 2011). S. 1. Cf. Discher (2013 c: 9). Ebd. Im Gegensatz zu den Rumäninnen bzw. Rumänen haben die italienischen, die portugiesischen und spanischen Bürgerinnen bzw. Bürger einen weitaus größeren Anteil an der Migrationspopulation in Frankreich. Bis zu Beginn der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts zählen die Italienerinnen bzw. Italiener mit ungefähr 32 Prozent von 2.861.280 Immigrantinnen bzw. Immigranten zu einer der größten Gruppen Cf. Insee ed. (2005: 49), jedoch werden die Italienerinnen und Italiener 1968 von den Spanierinnen bzw. Spaniern und Portugiesinnen bzw. Portugiesen abgelöst. Cf. Blanc-Chaléard (2003: 9) Nur zwanzig Jahre später repräsentieren die Portugiesinnen bzw. Portugiesen mit 15,8 Prozent von 4.037.036 Immigrantinnen bzw. Immigranten die Gruppe, die laut INSEE mit den Algerierinnen bzw. Algeriern eine ähnliche Populationsstärke aufweist. Cf. INSEE ed: (2005: 49) Nach 1975 ist die Zahl der Rumäninnen bzw. Rumänen, die ihre Heimat verlassen, relativ konstant und liegt bis 1989 ungefähr zwischen 20.000 und 40.000. Cf. Muntele (2003: 40) Derzeit leben schätzungsweise 400.000 Portugiesinnen bzw. Portugiesen in Frankreich, von denen allein 150.000 in Paris gemeldet sind. Cf. Pellerin, Lima, de Castro (2009: 7). 98 „ 20 % de la population totale est immigrée: «á Paris. 1. habitant sur 5 est immigré». “ ebd. http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieu xconnaitre-la-situation-des-etrangers-a-paris/ rub_7760_stand_99311_port_17914. 99 Cf. Armstrong, Pooley (2010: 76). 100 Gilli (2003: 36). 101 Ebd. (2003: 36). Discher (2013 c: 9). 27 <?page no="28"?> 2.2.3 Außenbewertung der rumänischen Kulturgemeinschaft In der öffentlichen Berichterstattung sowie in Studien aus den vergangenen Jahren wird die Öffentlichkeit auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, mit denen rumänische Einwanderinnen bzw. Einwanderer in Frankreich konfrontiert sind. 102 Ein Großteil rumänischer Bürgerinnen und Bürger waren nach ihrer Ankunft im Jahr 1989 in Frankreich Asylsuchende. 103 Die Unregelmäßigkeiten in vielen Lebensbiographien führten in der Regel zum Landesverweis. 104 Die Recherchen für diese Arbeit ergeben, dass sich in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Organisationen in Frankreich etablierten, die sich für die Rechte und die Bedürfnisse ihrer Migrantinnen bzw. Migranten einsetzen. Erwähnt sei unter anderem auch die „ L ’ association départementale d ’ accueil et de réinsertion sociale “ 105 , deren Hauptaugenmerk in der Unterstützung der Roma liegt. Eine Vielzahl der Organisationen, die Rumäninnen bzw. Rumänen in finanzieller Notlage unterstützen, sind karitative Verbände, 106 die auch Kindern helfen. 107 Das Stigma, dass den Migrantinnen bzw. des Migranten als arme und bildungsferne Menschen häufig anhaftet 108 , lässt sich in dieser Arbeit nicht nachweisen. Das Bild der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft in Frankreich ist somit entgegen der dominierenden öffentlichen Meinung durchaus heterogen. 109 Eine im Jahr 2006 erhobene Studie, in der 125 rumänische Immigrantinnen bzw. Immigranten in Frankreich schriftlich interviewt wurden, ergab, dass 32,6 Prozent der Befragten eine Qualifikation in der Hightech-Branche sowie weitere 30,4 Prozent einen Abschluss als Wirtschaftswissenschaftler nachweisen konnten. Dicht gefolgt werden diese von den Mathematikern. Die Frauen weisen sich ebenso mit 34,2 Prozent als fachkompetent in den Wirtschaftswissenschaften aus. 110 Demgegenüber 102 Cf. Potot (2003). 103 „ En effet, jusqu ’ au début de l ’ année 1999, la plupart des Roumains de France étaient demandeurs d ’ asile et, lorsqu ’ ils ne l ’ étaient pas, se trouvaient souvent en situation irrégulière. “ Ebd. (2003: 2). Cf. Discher (2014: 141). 104 Cf. ebd. (2003). Dies wird auch durch die Untersuchungspersonen in dieser Arbeit bestätigt. 105 Cantrel (2007: 43). [Orig. Fettdruck]. 106 Cf. http: / / www.colisee.org/ article.php? id_article=144 (02. 08. 2011). 107 Cf. Bigot (2005: 1 ff.). 108 Zur Stigmatisierung von Migrantinnnen bzw. Migranten: Cf. Guélamine (2008: 23 - 24). Cf. Prelipceanu (2008: 76). Cf. Discher (2013: 348). Je mehr der Kulturkreis von der Aufnahmegesellschaft in seiner Lebensart differiert, desto schwieriger wird es für ihn, gesellschaftliche Anerkennung zu gewinnen. Cf. Schmid (2011: 100). 109 Cf. Prelipceanu (2008: 76). Cf. Discher (2013: 348). 110 Cf. Prelipceanu (2008: 80). 28 <?page no="29"?> steht mit 15,2 Prozent eine weitere Gruppe hochqualifizierter rumänischer Philologinnen, die in Frankreich leben. 111 Aus Presseberichten wird deutlich, dass medizinisches Fachpersonal aus Rumänien nach Frankreich eingeladen wird, um den Fachkräftemangel vor Ort auszugleichen. 112 Darüber hinaus sind in der Aufzählung hochqualifizierter rumänischer Einwanderinnen bzw. Einwanderer berühmte Künstler wie beispielsweise Constantin Brâncus ¸ i, dessen Werke heute noch im Musée d ’ Art moderne zu besichtigen sind. 113 Die Stereotypisierung in den Medien evoziert demnach ein vollkommen falsches Bild beim Rezipienten. 114 Saldens Forschungsergebnisse über die stereotype Berichterstattung über Rumäninnen bzw. Rumänen in deutschen und französischen Zeitungsartikeln zeigt, dass „ [d]ie Gesamtheit aller 818 in 652 Artikeln identifizierten Stereotype, “ 115 Rumänien mit „ Dracula “ , „ Ceaus , escu und Kommunismus “ , „ unberührte Natur und Entfernung “ , „ Armut und Rückständigkeit “ , „ Billiglohnland “ , „ Inkompetenz “ ; „ Unzivilisertheit “ , „ Korruption “ und „ Kriminalität “ 116 in Verbindung bringen. Die Verbreitung eines verzerrten Bildes in den europäischen Medien über die rumänischen Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger wird in Rumänien als unangemessen empfunden. 117 Vorrangig leiden die 111 Cf. ebd. (2008: 80). 112 Cf. Bienvault (2010). Cf. Discher (2013: 348). 113 Cf. Art special (2012: 28). Discher (2014: 139). Die politischen Ereignisse führten in der Geschichte Rumäniens dazu, dass sich namenhafte rumänische Schriftsteller in Paris niederließen. Zu ihnen gehören unter anderem Nicolae B ă lcescu, Eugen Ionescu, Cezar Bolliac. Cf. Behring (2002: 12 - 13) „ Vor allem Paris wurde ihnen zum intellektuellen und künstlerischen Lebensmittelpunkt, von dem aus sie nach Rumänien hinein öffnend und „ internationalisierend “ zu wirken versuchten. “ Behring (2002: 12). Die politische Situation zwischen dem Zweiten Weltkrieg bis zu der Revolution im Jahr 1989 führte zur Auswanderung weiterer rumänischen Schriftsteller, von denen namenhafte nach Paris gelangten: Mircea Eliade, Constantin Virgil Gheorghiu und Emil Cioran. Cf. Behring (2002: 21 - 22). 114 „ Entscheidend für journalistische Qualität ist vielmehr der bewusste Umgang mit Stereotypen “ . Salden (2010: 252). Discher (2013 a: 347). Discher (2014: 141). 115 Salden (2010: 208). Es wird deutlich, dass auch heute noch die Notwendigkeit einer positiveren Berichterstattung über Rumänien in den ausländischen Medien besteht. 116 Ebd. (2010: 208). 117 Ausschnitt des Zeitungsinterviews mit dem Direktor des Institutul francez de relat , ii internat , ionale „ Vorbea ţ i de percep ţ ii: cât de prost sunt percepu ţ i românii în Fran ţ a? Este o realitate c ă opinia public ă francez ă îi asimileaz ă ţ iganilor? „ Când am vizitat pentru prima dat ă România, în 1990, auzisem multe lucruri rele despre români. Unele dintre acestea, înc ă mai persist ă s ¸ i ast ă zi, pentru c ă stereotipurile mor greu. Exist ă îns ă suficiente resurse umane care se pun în slujba misiunii de a reapropia cele dou ă popoare. Eu însumi, începând cu 1990, m-am dedicat cu mult ă pl ă cere acestei misiuni. 29 <?page no="30"?> aus Rumänien stammenden Roma unter diesem Stigma. 118 Als rumänische Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger haben sie wie andere EU-Bürgerinnen bzw. EU-Bürger das Recht, sich in Frankreich niederzulassen. Aktuellen Schätzungen zu Folge leben circa 15.000 rumänische Roma 119 in Frankreich. 120 Sie haben sich häufig in Zeltstädten am Stadtrand urbaner Ballungsräume angesiedelt. Indem sie Musikstücke vorführen und bettelnd durch die Straßen Frankreichs ziehen, bestreiten sie ihren Lebensunterhalt. 121 Häufig sind sie Diskriminierungen sowohl seitens der französischen 122 als auch der rumänischen Gemeinschaft ausgesetzt. Dies liegt zum einen in der widersprüchlichen Romapolitik Nicolas Sarkozys begründet, die mit den massiven Abschiebungen unter der Regierung von François Hollande fortgeführt wird. 123 Zum anderen ist das Image der Roma auch in Rumänien negativ besetzt, 124 wie sich auch durch Aussagen der Untersuchungspersonen im empirischen Kapitel dieser Arbeit belegen lässt. Die Stereotypisierung gegenüber Rumäninnen und Rumänen wächst nicht allein aus ihrem subjektiven Empfinden. 125 Die Darstellung über die rumänische Sprache und Kultur aus dem Jahr 2003 im „ Le Petit Robert “ wird durch ein Bild begleitet, das Roma mit Bier und Spielkarten auf den Boden zeigt. 126 Trotz dieses Skandals und einer Entschuldigung von Le Petit În ceea ce prives ¸ te preocuparea fa ţă de ţ igani, în Fran ţ a, ea este una real ă , îns ă din fericire nu v ă d niciun risc de confuzie. “ Tabacu (2012). 118 Discher (2013: 347). In der öffentlichen Diskussion wird allzu sehr versucht, das negative Image dieser Menschen in den Köpfen zu forcieren Cf. Losemann (2011: 125 ff.) als darauf zu verweisen, dass sie „ Teil des gesamtgesellschaftlichen Bildes vor Ort “ Marx (2011: 106) sind. 119 Cf. Gabizon (2010). 120 Discher (2013: 348). 121 Discher (2013: 348). Es handelt sich um ein häufig durch die Medien verzerrtes Bild der Lebensweise dieser Menschen. „ Roma ist eine selbstgewählte Bezeichnung Romanessprachiger Gruppen, die man nicht per se als homogene Einheit betrachten kann. “ Melms, Hönicke (2011,182). Nur wenige dieser Menschen leben als Nomaden. Cf. http: / / www.coe.int/ t/ dg3/ romatravellers/ source/ documents/ Tools_for_figh ting_stereotypes_Romanian.pdf (08. 03. 2014). 122 Einen umfassenden Überblick über das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten. Cf. Hoffmann (2011). 123 Cf. http: / / www.welt.de/ politik/ ausland/ article123871537/ Frankreich-raeumt-soviele-Roma-Lager-wie-nie.html (20. 03. 2014). 124 Cf. http: / / www.amnesty.de/ mit-menschenrechten-gegen-armut/ wohnenwuerde/ diskriminierung-der-roma-rumaenien (06. 03. 2013). 125 Dennoch sei „ Frankreich ein offenes Land “ . Ebd. (2011: 319). Zu diesem Schluß kommen die in Spanien lebenden, durch Roesler (2011) befragten Rumäninnen und Rumänen. 126 „ Puteau c ă uta imagini cu t , igani dansând, un taraf, orice altceva! Au costume tradit , ionale minunate. Nu jegos , i, cu sticla de bere în mân ă s , i cu c ă rt , ile de joc pe jos. “ Lungu (2003: 1). 30 <?page no="31"?> Robert 127 setzt sich die Verbreitung des negativen Bildes des rumänischen Kulturkreises fort. In der Prüfungsfrage des Abiturjahrgangs 2012 128 wird der Leserin bzw. dem Leser suggeriert, dass Menschen aus Rumänien kriminelle Absichten verfolgen, was in Rumänien in der Politik auf Unverständnis stößt und die Forderung einer differenzierteren Berichterstattung laut werden lässt. 129 In Spanien 130 und Italien werden die rumänischen Staatsangehörigen negativ wahrgenommen, was laut den Medien auf die hohe Kriminalitätsbeteiligung zurückzuführen sei. 131 Folglich entsteht in der Öffentlichkeit, ähnlich wie in Frankreich, europaweit ein stereotypisiertes Bild dieser Bevölkerungsgruppe. Rumänische Online-Zeitungsportale vergleichen internationale Presseberichte und konstatieren, dass die zahlreichen Gesetze zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma nicht ausreichend seien, um deren Integration in ihrem Heimatland voranzutreiben. 132 B ă sescu möchte das Integrationsproblem international lösen, wobei andere Nationen die Ansicht vertreten, dass nur ein eigenverantwortliches politisches Handeln zu einer Verbesserung der Lebenssituation in Rumänien führen könne. Die Regierungsverantwortlichen in Großbritannien sehen eher soziale Gründe als Hauptursache für die Migrationsbewegung aus Rumänien in andere Staaten. 133 Um die Länder der EU zu unterstützen, möchte die rumänische Regierung ein Bildungsprogramm etablieren und eigene Lehrkräfte aus Rumänien ins europäische Ausland entsenden. Inhaltlich steht die Vermittlung der Kultur und der Sprache im Vordergrund, was zu einer Verbesserung der Reputation von Rumäninnen und Rumänen führen soll. 134 127 Cf. http: / / www.routard.com/ mag_info/ 1763/ le_petit_robert_presente_ses_excuses.htm (12. 03. 2014). 128 „ Présentez les formalités à accomplir par le maroquinier qui souhaite protéger pour une durée de 20 ans sa marque contre des contrefacteurs opérant en Roumanie. “ (Baccalauréat Technologique) http: / / www.sujetdebac.fr/ sujets/ 2012/ stg-economie -droit-2012-metropole-sujet.pdf. (12. 03. 2014). 129 Cf. Fantaziu, Ciulac, Adamoae (2012). 130 Trotz der negativen Berichterstattung in den Medien wird durch die von Roesler (2011) in Spanien befragten rumänischen Sprecherinnen und Sprecher darauf verwiesen, dass „ Ausländerfeindlichkeit und Rassismus “ ein allgemein verbreitetes Problem darstellen. Cf. ebd. (2011: 349). 131 Cf. http: / / adevarul.ro/ international/ europa/ romanii-vigo-sustin-reputatia-infrac tori-ingreuneaza-gasirea-unui-loc-munca-1_50acdd667c42d5a6638acfdd/ index.html (06. 03. 2013). 132 Cf. http: / / www.realitatea.net/ reputatia-romaniei-ca-o-frunza-n-vant-in-presa-inter nationala_726776.html (06. 03. 2013). 133 Cf. ebd. 134 Cf. http: / / www.ziare.com/ articole/ profesori+romani+italia (06. 03. 2013). 31 <?page no="32"?> Auch andere Migrantinnenbzw. Migrantengruppen sehen sich aufgrund ihrer Herkunft einer Diskriminierung ausgesetzt. Ein Viertel der Schülerinnen bzw. Schüler mit ausländischen Wurzeln weisen die Schule als Diskriminierungsort aus. 135 In der Pariser Bevölkerung besteht bei 65 Prozent der Befragten Einigkeit dahingehend, dass die Hautfarbe eines Menschen zur Diskriminierung führen könne. 136 Derzeit sind Rumäninnen bzw. Rumänen häufiger einer medialen Stereotypisierung ausgesetzt, der sie mit innerer Kraft entgegentreten müssen. 137 Ein Vergleich zu anderen in Frankreich lebenden Bevölkerungsgruppen verdeutlicht, dass Spanierinnen bzw. Spanier und Italienerinnen bzw. Italiener in der Öffentlichkeit Frankreichs als unproblematisch und integriert wahrgenommen werden. 138 Rumänien ist trotz intensiver Bemühungen noch nicht in der Lage, jedem seiner Bürger einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen. Hierauf ist auch das signifikante Wachstum der Zuwanderungsquote von Rumäninnen bzw. Rumänen in Frankreich und anderen europäischen Ländern zurückzuführen. 139 2.2.4 Arbeitsregelungen Durch die Vernetzung rumänischer Organisationen in urbanen Zentren erhalten Menschen während des Intergrationsprozesses Unterstützung. 140 Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche kann als religiöse Institution einerseits als Wegbereiterin innerhalb des Integrationsprozesses in die französische Gesellschaft fungieren. Andererseits eröffnet sie den in Paris lebenden Rumäninnen und Rumänen die Möglichkeit, Riten und Bräuche ihrer Kultur auszuüben und somit die rumänische Sprache durch den Kontakt zu den Landsleuten in den Lebensalltag zu integrieren. 141 135 Cf. Bidoux, Virout (2011: 3). 136 „ L ’ idée que l ’ origine et la couleur de peau peuvent entraîner des discriminations est assez répandue chez les Parisiens. Ainsi, 65 % de la population majoritaire pensent que certaines personnes subissent souvent des discriminations à cause de leurs origines ou de leur couleur de peau. [. . .] “ Bidoux; Virout (2011: 3). 137 Cf. Discher (2013: 347). 138 „ Philippe Bernard écrit: “ Les Espagnols et les Italiens se sont fondu dans le paysage français et nombre de Portugais choisissent de passer leurs vieux jours au pays. “ En effet, ces populations, aujourd ’ hui non “ problématiques ” , qui appartiennent à des vagues migratoires anciennes, sont considérées par les pouvoirs publics comme intégrées. “ Muñoz (2000: 2). 139 Cf. Discher (2013 a: 348). 140 Die Unterstützung von staatlichen Institutionen wird insbesondere für Migrantinnenbzw. Migrantengruppen als notwendig erachtet, damit sie erfolgreich in die jeweilige Gesellschaft ankommen können. Cf. Schmid (2011: 101). 141 Cf. Discher (2013 c: 9). 32 <?page no="33"?> Die Grundrechte der in Frankreich lebenden Menschen zu sichern und dabei den sprachlichen und den kulturellen Integrationsprozess aktiv voranzutreiben, unterliegt gesetzlichen Bestimmungen. Seit dem Jahr 1789 sichert Frankreich als Land mit den Idealen von liberté, égalité und fraternité jedem Bürger durch die „ Déclaration des Droits de l ’ homme et du Citoyens “ 142 das Recht auf Gleichheit zu. Bereits vor dem Beitritt Rumäniens in die Europäische Union im Jahr 2007 zeichneten sich seitens der französischen Regierung Bemühungen ab, diesen Menschen während des Integrationsprozesses unterstützend zur Seite zu stehen. Auch wenn Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union durch das Schengener Abkommen das Recht auf Freizügigkeit im Europäischen Raum zuerkannt wird 143 , benötigten rumänische Staatsangehörige in Frankreich bis Ende des Jahres 2013 behördliche Zustimmungen. Dennoch öffnete die französische Regierung in der Vergangenheit 62 Berufssektoren für Arbeitswillige. 144 Im Jahr 2003 verständigten sich Frankreich und Rumänien sogar auf ein Dekret, welches die Rechtsbeziehungen und die Organisation von Arbeitsverhältnissen von Rumäninnen und Rumänen in Frankreich und umgekehrt regelt. Als Rahmenwerk enthält es zehn Artikel, die inhaltlich wie folgt zusammengefasst werden können: Im ersten und zweiten Artikel wird die Bedeutung des Erlernens der Sprache als Basis für die Verbesserung der Karrierechancen auf dem Arbeitsmarkt deklariert. Im dritten und vierten Artikel werden die zulässige Art und Dauer des Aufenthaltes der jeweiligen Arbeitskräfte und deren Anzahl festgelegt. Regelungsinhalt der Artikel fünf und sechs sind Bestimmungen über Fragen des Gehalts, der sozialen Absicherung und der gesundheitlichen Versorgung. Hinsichtlich der Zuständigkeit aller arbeitsorganisatorischen Fragen werden in den Artikeln sieben bis zehn die Verantwortlichkeiten der jeweiligen Arbeitsminister der Republiken Frankreich und Rumänien begründet. 145 142 Mabiala-Gaschy, Gilbert (2007: 146). 143 Cf. http: / / www.auswaertigesamt.de/ DE/ EinreiseUndAufenthalt/ Schengen_node. html (20. 02. 2013). 144 Cf. http: / / laroumanie.free.fr/ page/ droit_au_travail.html (18. 11. 2012). 145 Discher (2010: 31). „ Accord entre le gouvernement de la république française et le gouvernement de la Roumanie relatif aux échanges de jeunes professionnels “ (2003) Article 1: „ Les dispositions du présent Accord sont applicables à des ressortissants français ou roumains déjà engagés dans la vie professionnelle[. . .] qui se rendent dans l ’ autre État pour approfondir leur connaissance et leur compréhension de l ’ État d ’ accueil et de sa langue, ainsi que pour améliorer leurs perspectives de carrière, grâce à une expérience de travail salarié dans une entreprise [. . .]. “ Article 2: Les jeunes professionnels sont âgés de plus de 18 ans et de moins de 35 ans; ils ont un niveau de connaissance de la langue de l ’ État d ’ accueil [. . .]. 33 <?page no="34"?> Neben den arbeitsrechtlichen Bestimmungen verdeutlicht der Beschluss Maîtrise du français la lutte contre l ’ insécurité linguistique der Nationalversammlung aus dem Jahr 2004, dass das Erlernen des Französischen eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, um sich erfolgreich in die französische Gesellschaft integrieren zu können. 146 In ihm wird festgehalten, dass der sprachliche Lernerfolg durch die Ausstellung eines Zertifikates, une attestation de compétences linguistiques, zu erfolgen hat. 147 Der Erhalt der französischen Staatsbürgerschaft kann unter anderem nur dann in Aussicht gestellt werden, wenn der Nachweis über eine umfassende französische Sprachkompetenz erbracht wird. Die Sprachkompetenz müsse sich im Niveaubereich B1 bewegen 148 und laut Minister Claude Guéant mit der Qualität der Sprachkompetenz einer französischen Schülerin bzw. eines Schülers im mittleren Bildungsniveau vergleichbar sein. 149 Die Migrationspolitik Frankreichs hat sich mit den steigenden Einwanderungszahlen in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert, wobei die soziale Stellung der Familie im Integrationsprozess bedeutend ist. Article 3: La durée autorisée de l ’ emploi peut varier de trois à douze mois et faire éventuellement l ’ objet de prolongations dans la limite de 18 mois. [. . .]. “ Article 4: Le nombre de jeunes professionnels français et roumains [. . .] devra pas dépasser 300 par an. “ [. . .] Article 5: „ Les jeunes professionnels reçoivent de leur employeur un salaire. [. . .]. Les jeunes professionnels jouissent de l ’ égalité de traitement avec les ressortissants de l ’ État d ’ accueil pour tout ce qui concerne l ’ application des lois, [. . .] les relations de conditions de travail, la protection sociale, la santé, l ’ hygiène et la sécurité au travail. [. . .]. Article 6: „ Le conjoint et les enfants des jeunes professionnels ne peuvent ni bénéficier de la procédure de regroupement familial, ni être autorisés à travailler dans l ’ État d ’ accueil pendant la durée du séjour des jeunes professionnels. “ Article 7: [. . .] „ Les jeunes professionnels qui désirent bénéficier des dispositions du présent Accord doivent en faire la demande à l ’ organisme chargé dans leur État [. . .]. “ [Article 8: [. . .] L ’ autorisation de travail est délivrée pour la durée prévue de l ’ emploi [. . .]. “ Article 9 und 10 sind im Original schlecht lesbar. Cf. http: / / www.immigration-professionnelle.gouv.fr/ sites/ default/ files/ fckupload/ accord_roumanie_jeune_pro_du_20-11-2003.pdf (12. 02. 2013). 146 „ La maitrise de la langue de la République est un facteur déterminant de l ’ intégration sociale, culturelle et professionnelle des personnes étrangères qui désirent résider de façon régulière sur notre territoire. L ’ enjeu que constitue l ’ apprentissage linguistique des migrants fait l ’ objet d ’ une prise de conscience collective et d ’ une convergence de vues entre les différents acteurs des politiques d ’ intégration. [. . .]. “ Cf. http: / / www. culture.gouv.fr/ culture/ dglf/ rapport/ 2004/ Premiere_partie_II.htm (10. 11. 2011). 147 Cf. ebd. S. 1. 148 Cf. http: / / lci.tf1.fr/ france/ societe/ un-diplome-de-langue-francaise-pour-etre-naturalise-francais-6762067.html (18. 11. 2011). 149 „ Claude Guéant, qui se fixe l ’ objectif de réduire de 20 000, en un an, le nombre d ’ immigrants légaux, exige que les étrangers voulant s ’ installer en France aient une “ maîtrise de la langue française ” comparable à celle “ d ’ un élève en fin de scolarité obligatoire ” . Nunès (2011) (18. 11. 2011). 34 <?page no="35"?> 2.3 Sprachsoziologische Aspekte Nach wie vor liegt die Verantwortung der Eltern bzw. der Familie in ihrer Vorbildfunktion darin, ihren Kindern einen angemessenen Zugang zu Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen. 150 Unterstützend dazu kann „ das Leben in der Innenstadt “ 151 zur Verbesserung der schulischen Leistungen beitragen. Dort wird nicht nur ein angemessener Kontakt zur einheimischen Bevölkerung gewährleistet. Vielmehr verhilft der leichtere Zugang zu zentralen Anlaufstellen den Heranwachsenden, sich altersgerecht zu entfalten. 152 Nur auf diese Weise können sich die Kinder sprachlich weiterentwickeln. Diesen Prozess sollte die Familie als „ wichtiger Bestandteil sozialer Identität “ 153 unterstützen. Dennoch nehmen auch die Bildungsinstitutionen in der Entwicklung der Heranwachsenden einen zentralen Stellenwert ein. 2.3.1 Entwicklungen im französischen Bildungssystem Die Forschungsliteratur aus den letzten Jahrzehnten belegt, dass die Grundvoraussetzungen für den sozialen Austausch unter Kindern in „ der école maternelle “ 154 gelegt werden. Dort ist es selbstverständlich, die Förderung des französischen Spracherwerbs und weiterer Kompetenzen kontinuierlich voranzutreiben. 155 Obwohl der école maternelle der Status „ als wichtigste Schulstufe für die wirksame Bekämpfung von sozialer Ungleichheit “ 156 zuzusprechen ist, verweist die OECD darauf, dass die Inanspruchnahme dieser Einrichtung von Migrantinnen und Migranten nur unzureichend wahrgenommen wird. 157 In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ließ die Unflexibilität im französischen Bildungssystem noch eine deutliche Benachteiligung von Schülerinnen bzw. Schülern mit ausländischen Wurzeln zu. 158 Zu der Zeit erweiterte die französische Regierung in den Schulen ihr Angebot und bot Französisch als Fremdsprache an 159 , was sich zunächst unterstützend für 150 Cf. Dodenhoeft (1989: 58 - 60). 151 Ebd. (1989: 59). 152 Cf. ebd. (1989: 59). 153 Bierschock (1995: 25). 154 Cf. Dreyer (2010: 166 - 167). 155 Cf. ebd. (2010: 167 ff.). 156 Dreyer (2010: 190). 157 Cf. OECD (2008: 148). 158 Cf. Nieser (1980: 140 ff.). 159 Cf. Dodenhoeft (1989: 2 - 3). 35 <?page no="36"?> Kinder „ italienischer, polnischer und belgischer Herkunft “ 160 auswirkte. 161 Mit der Errichtung der Gesamtschule wurde eine weiterführende Maßnahme eingeleitet. 162 Auf die zunehmende Heterogenität in der Schülerschaft führte die Regierung spezielle „ Spracheinführungsklassen “ 163 und „ Sprachanpassungsklassen “ 164 ein. Dennoch wurde dadurch das soziale Ungleichgewicht nicht eingedämmt, obwohl diese Schritte den Grundstein für weitere Transformationsprozesse legten. Mit der ZEP 165 wird durch gezielte Maßnahmen versucht, die aus einem sozial schwächeren Milieu stammende Schülerschaft zu unterstützen. Das Bereitstellen von zusätzlichen Fördermitteln sollte eine angemessene Betreuungsleistung in den Schulen bewirken. 166 Die Eltern der Kinder rücken dort für die Lehrkräfte als Kooperationspartner in den Vordergrund, um den schulischen Integrationserfolg entsprechend zu verbessern. 167 Nicht nur im Kindesalter, sondern auch in späteren Entwicklungsstadien können weitere Institutionen den Erfolg in der Schule und im Lebensalltag nachhaltig beeinflussen. Hierzu gehören beispielsweise die „ maisons ouverts “ , die sich in Zusammenarbeit mit psychologisch und pädagogisch ausgebildetem Fachpersonal an Familien richten, um eine Begleitung zur Bewältigung des Lebensalltags anzubieten. 168 Die Pariser Bildungseinrichtungen, die entweder dem Bereich der Académie Créteil, der Académie Versailles oder der Académie Paris zugeordnet werden 169 , weisen im Vergleich zu den anderen départements einen wesentlich höheren Anteil an Migrantinnenbzw. Migrantenkindern auf. 170 Berichten der CEFISEM 171 zufolge, steigt die Anzahl von unqualifizierten Kindern mit ausländischen Wurzeln stetig, so dass mit der Errichtung der 160 Ebd. (1989: 2). 161 Cf. ebd. (1989: 2). Das System zur Förderung der Immigrantenkinder erfuhr eine Weiterentwicklung, indem Statistiken ab den Jahren „ 1974/ 75 “ Kinder aus dem nordafrikanischen Raum erwähnten und eine Trennung „ nach frankophonen und nicht-frankophonen Ländern “ ebd.(1989: 18) erfolgte. Kinder aus dem rumänischen Sprach- und Kulturkreis werden in den für diese Arbeit gesichteten Studien nicht aufgeführt. 162 Cf. ebd. (1980: 140 - 141). 163 Cf. Dodenhoeft (1989: 36). 164 Ebd. (1989: 49). 165 Cf. Meunier (2008: 6). Cf. OECD (2008: 145). 166 Cf. OECD (2008: 145 - 146). 167 Van Zanten (1997: 156), zit. n. Cf. Meunier (2008: 6). 168 Cf. Dreyer (2010: 70). 169 Cf. http: / / www.education.gouv.fr/ cid1168/ paris.html (25. 03. 2014). 170 Cf. http: / / www.insee.fr/ fr/ ppp/ sommaire/ IMMFRA05.PDF. S. 96 (06. 01. 2012). 171 Cf. http: / / www.education.gouv.fr/ botexte/ sp10020425/ MENE0201121C.htm. (03. 01. 2012). 36 <?page no="37"?> CASNAV 172 darauf reagiert wird. 173 Die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbieter der CASNAV erfahren eine besondere Ausbildung, um auf die speziellen Bedürfnisse nicht französischsprechender Kinder zu reagieren. Hieran ist eine deutliche Weiterentwicklung der sprachpolitischen Maßnahmen zu erkennen. Die Beschulung erfolgt heute auch in französischen Schulen nach dem Prinzip der Inklusion. 174 Je nach Qualität der Sprachkompetenz der Kinder steht ihnen pädagogisches Fachpersonal aufmerksam zur Seite. 175 Häufig sind die Eingliederungsschritte mit deutlichen Erschwernissen verbunden, insbesondere dann, wenn die Kinder aus Kulturkreisen mit anderen Lebenstraditionen stammen. Der Vorsatz, interkulturell kompetent zu handeln, zeigt sich in Frankreich auch an den Maßnahmen zur Förderung der Kinder aus den Familien der Roma. Neben den politischen Regelungen sind es oft die fehlenden Qualifikationen, die diesen Menschen 176 den Zugang zum französischen Arbeitsmarkt erschweren. Die Partizipierung am französischen Sozialsystem wird bereits im Vorfeld eingeschränkt, so dass ihnen ein angemessener Lebensstandard verwehrt bleibt. Die oft schlechten Lebensbedingungen in Frankreich erschweren Kindern aus den betroffenen Familien den Zugang zum Schulbesuch, obwohl ihrerseits die Bereitschaft besteht, Bildungsmaßnahmen in Anspruch nehmen zu wollen. 177 Aus Sicht der in Frankreich lebenden Roma-Gemeinschaft wird zu wenig auf die eigenen kulturellen Bedürfnisse reagiert, was unter anderem eine unzureichende Förderung der Begabungen der Kinder betrifft. 178 Um die Wissensvermittlung sicherzustellen, 179 wurden mobile Lernzyklen eingerichtet. Die Besuche von Lehrkräften an verschiedenen Orten ermöglicht auch diesen Kindern eine Teilhabe an den 172 „ L ’ activité des CASNAV doit être recentrée sur l ’ accompagnement de la scolarisation des élèves nouvellement arrivés en France sans maîtrise suffisante de la langue française ou des apprentissages scolaires et des enfants du voyage: de l ’ organisation de l ’ accueil à l ’ intégration pleine et entière de ces élèves dans les classes ordinaires, les personnels des CASNAV apportent une aide aux équipes pédagogiques et éducatives et une contribution déterminante à la mise en place des moyens dont le système s ’ est doté; ils constituent par ailleurs une instance de médiation et de coopération avec les familles et avec nos partenaires. “ http: / / www.education.gouv.fr/ botexte/ sp10020425/ MENE0201121C.htm. S. 1 (03. 01. 2012). 173 Cf. ebd. 174 Cf. http: / / www.education.gouv.fr/ pid25535/ bulletin_officiel.html? cid_bo=61536 (22. 01. 2014). 175 Cf. ebd. 176 In Frankreich leben die Manouch als französische Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger seit mehreren Generationen. Cf. Montaclair (2011: 20). 177 Cf. Boujaddi (2011: 14). 178 Cf. Montaclair (2011: 20 - 21). 179 Cf. Caraty (2011: 16). 37 <?page no="38"?> Bildungsmaßnahmen. 180 Auch wenn die Projekte ausbaufähig bleiben, sind sie bemerkenswert und von Erfolg gekrönt. 181 2.3.2 Maßnahmen der Integrationspolitik Mit dem Gesetzestext CESEDA wurde auf die stetige Zunahme von Immigrantinnen und Immigranten reagiert. 182 Guélamine äußert zu diesem Schritt: „ Pour bon nombre d ’ observateurs, ce texte n ’ est pas une réforme de plus. Il annonce la volonté officielle «de sélectionner les étrangers en fonction de l ’ intérêt [. . .]. “ 183 Bis zur Entwicklung einer funktionierenden Integrationspolitik mussten in Frankreich in den letzten Jahrzehnten einige Hürden genommen werden. Der Wunsch der Menschen in diesem Land zu leben, lässt in den letzten Jahren nicht nach. Um auf die Bedürfnisse der Einwanderer eingehen zu können, bedarf es einer flächendeckenden Vernetzung, die im Jahr 1998 durch die „ Plate-Forme d ’ Accueil “ 184 umgesetzt werden sollte. Inhaltlich stand die systematische Kooperation von „ Beratungs- und Informationsstellen “ 185 im Mittelpunkt, um unterstützende Maßnahmen transparenter zu gestalten und zügiger umzusetzen. Michalowski weist jedoch daraufhin, dass sich einige départements nicht bemühten, dem Ansinnen der Regierung zu entsprechen, so dass öffentlich Kritik laut wurde. 186 Das zuvor benannte Konzept wurde nur mühsam angestoßen, jedoch folgten weitere integrationspolitische Maßnahmen. Nicht nur der Gesetzestext der CESEDA sieht eine stärkere Regulierung der Einwanderungsbestimmungen vor. 187 Im Jahr 2002 propagierte die französische Regierung Ausführungsbestimmungen, die den Aufenthalt einer Migrantin bzw. eines Migranten an dessen Eigeninitiative binden soll. 188 Mittels dieser Neuerung wurde nicht nur auf die bekannten Unruhen in den Vorstädten reagiert, sondern wollten die Regierungsverantwortlichen ihre Mitmenschen erfolgsversprechender in die französische Gesellschaft integrieren. Seit dem Jahr 2007 erschwert die im Gesetzestext „ la loi relative à la maîtrise de l ’ immigration et à l ’ intégration et à l ’ asile, d ’ octobre 2007 “ 189 verankerte 180 Cf. Caraty (2011: 16). Cf. Discher (2013 b: 13). 181 Cf. Caraty (2011: 17 - 19). Cf. Discher (2013 b: 13). 182 Cf. Guélamine (2008: 63). 183 Guélamine. (2008: 63). 184 Michalowski (2007: 98). 185 Ebd.(2007: 98). 186 Cf. ebd. (2007: 98). 187 Cf. Guélamine (2008: 63). 188 Cf. ebd. (2007: 98 - 99). 189 Ebd. (2008: 74). 38 <?page no="39"?> verpflichtende Teilnahme an einem Sprachkurs in der Heimat eine Einreise nach Frankreich für Nicht EU-Mitglieder deutlich. 190 Der „ Integrationsvertrag “ ermöglicht den Neuankömmlingen Zugang zu Sprachkursen und stellt die Vermittlung linguistischer Kompetenzen im Rahmen „ von 200 bis 500 Stunden “ 191 sicher. Damit soll der Erwerb von historischen Grundlagen sowie von kulturellen Werten des Landes verbunden werden und dazu beitragen, den Einstieg in das französische Leben zu erleichtern. 192 Im Dezember des Jahres 2007 veröffentlichte die Regierung den „ contrat d ’ accueil et d ’ intégration pour la famille “ , 193 dessen Inhalt sich vorwiegend auf immigrierte, kinderreiche Familien bezieht, die mit der Signierung des Vertrages versichern, die Schulpflicht ihrer Kinder zu beachten und ihrer Fürsorgepflicht als Eltern nachzukommen. 194 Selbstverständlich hat darüber hinaus jede Migrantin bzw. jeder Migrant, den Gleichheitsgrundsatz sowie die Laizietät des Landes anzuerkennen. 195 Ein Attest über die erfolgreiche Teilnahme an den Integrationskursen kann von den zuständigen Behörden verlangt werden. 196 Finanziert werden die mit dem Integrationsvertrag verbundenen Maßnahmen von der „ Agence national de l ’ accueil des étranger et des migrations “ . 197 Dem von der französischen Regierung propagiertem Erfolg dieses Vertrages ist es geschuldet, dass zahlreiche Migrantinnen bzw. Migranten ihre Unterschriften leisteten. 198 Nennenswert ist in diesem Zusammenhang eine Präventionsmaßnahme, die insbesondere im Ballungsraum Paris eingeführt wurde. Der „ contrat urbain de cohésion social “ 199 verpflichtet, die politisch Verantwortlichen in Kooperation mit den Einwohnerinnen und Einwohnern, die staatlich angeregten Bildungspläne sowie Gewaltpräventionsmaßnahmen und die gesundheitlichen Vorsorgeprogramme in den Vorstädten umzusetzen. Die Ausdehnung der finanziellen Ressourcen trägt zur besseren Ausbildung 190 Cf. ebd. (2008: 63, 74). 191 Michalowski (2007: 105). 192 Cf. ebd. (2007: 105). 193 Fouteau, Lochak (2008: 67). Cf. Guélamine (2008: 74). 194 Cf. Fouteau, Lochak (2008: 67). „ les parents devront s ’ engager dans une formation sur «les droits et devoirs des parents» et à respecter l ’ obligation scolaire. “ Guélamine (2008: 74). 195 Cf. Michalowski (2007: 99). 196 Cf. Fouteau, Lochak (2008: 67). 197 Ebd. (2008: 65). 198 Cf. Le bilan de la politique publique d ’ intégration. S. 29 - 30. (20. 02. 2012). 199 OECD (2008: 155). 39 <?page no="40"?> von Fachpersonal bei und sichert eine adäquate Betreuungsleistung benachteiligter Migrantinnen bzw. Migranten ab. 200 Von diversen Bankinstituten werden finanzielle Mittel in Höhe von 28,57 Millionen Euro bereitgestellt, um unter anderem Projekte zur Integration der Roma voranzutreiben. 201 Diese sollen den Kindern die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen zusichern. 202 Die sprachliche Integration sowie das Erlernen einer Sprache beginnt im Elternhaus, setzt sich in den Schulen fort und bestimmt die zukünftige persönliche Weiterentwicklung im Leben. 203 Trotz der vielfältigen Bemühungen der Regierung bestehen nach wie vor eine Vielzahl an Hindernissen, die Menschen während des Integrationsprozesses zu bewältigen haben. Dies beginnt bereits mit der Herausforderung, als Neuankömmling einen passenden Wohnraum zu organisieren. Angefangen bei den Unterbringungsmaßnahmen in den „ foyer pour les travailleurs migrants “ , die wegen des schlechten Bauzustandes renoviert werden sollen, 204 führt das mit der Wohnsituation verbundene Stigma zu erheblichen Einschränkungen in der Lebensqualität eines Menschen. Darüber hinaus bereitet die Kontaktaufnahme mit den behördlichen Institutionen Schwierigkeiten. Das ursprünglich angestrebte Mehrsprachigkeitsprinzip, welches in den Behörden die Übersetzung von Dokumenten in eine Vielzahl von Sprachen vorsah, wurde bisher nicht vollständig umgesetzt. Durch Übersetzungen von französischen Behördentexten in andere Landessprachen sollten Menschen einen leichteren Zugang und besseren Kontakt zu staatlichen Institutionen bekommen. 205 2.3.3 Bewertung der Integrationspolitik Dort wo sich Migrantinnen bzw. Migranten konzentriert niederlassen, vor allem in den Vorstädten von Paris, sind deutlich über dem Landesdurchschnitt liegende Kriminalitätsraten zu verzeichnen, die zugleich Ergebnis sozialer Spannungen sind. Aktuell spricht sich Claude Guéant für eine rigorose Überwachung öffentlicher Plätze 206 aus, die durch eine besonders 200 Cf. ebd. (2008: 155 f.). 201 Cf. http: / / www.coebank.org/ Upload/ infocentre/ brochure/ fr/ brochure_roms.pdf. S. 2. (30. 11. 2011). 202 Cf. ebd. 203 Cf. Kapitel III. 204 Cf. hierzu: Mission Ministérielle Projets annuels de performances annexe au projet de loi de finances pour 2012. Immigration, Asile et Intégration: S. 84, 87. 205 Cf. Becker (2004: 117). 206 „ Principale mesure annoncée: le rapatriement des mineurs délinquants en Roumanie. Le ministre annonce également une surveillance accrue des points d ’ entrée sur le territoire, c ’ est-à-dire à l ’ arrivée des aéroports, des trains, et dans les gares de bus 40 <?page no="41"?> hohe Kriminalität aufgefallen sind. Des Weiteren wurde bis zum Jahr 2012, als Mittel der Kriminalitätsbekämpfung erwogen, den Abriss von 25.000 Sozialwohnungen zu veranlassen. 207 Besonders stark mit dem Stigma der Kriminalität sind die Roma behaftet. Um der mit der Existenz der Romazeltstädte verbundene Problemlage gegenüber den französischen Mitbürgerinnen bzw. Mitbürgern der Nachbarschaft entgegenzutreten, wurden mittels in den Medien bekannt gewordenen Polizeiaktionen, eine Vielzahl dieser Zeltstädte geräumt. 208 Seit Anfang des Jahres 2011 wurden ungefähr 8030 Roma nach Rumänien und nach Bulgarien abgeschoben. 209 Um die freiwillige Rückkehr in ihre Ursprungsländer zu fördern, wurde diesen Menschen eine Starthilfe in Höhe von 300 Euro angeboten. 210 Frankreich ist im Gegensatz zu den anderen EU-Staaten eines der wenigen Länder, die eine massive Abschiebungspolitik gegenüber den rumänischen Roma betreibt. 211 Jedoch ist aufgrund der staatlichen Reglementierungen der Einwanderungsbestimmungen anzunehmen, dass die ausgewiesenen Menschen schon bald ihre Rückkehr nach Frankreich antreten werden. Die französische Politik versucht seit den 1970er Jahren, die Situation der Migrantinnen bzw. Migranten zu verbessern und ihnen auf dem Weg der Integration in die Gesellschaft unterstützend zur Seite zu stehen. Die sprachliche Integration und Anpassung wird in den Schulen vorgenommen und legt jeglichen Maßstab für zukünftige Entwicklungen. 212 Dies zeigt sich einerseits an der Ausbildung von Lehrpersonal, welches in den speziell eröffneten Sprachförderungsklassen eingesetzt wird und andererseits in der Bereitstellung öffentlicher Mittel zur Förderung der sprachlichen Integration. 213 Auf diese Weise wird den Kindern sogar „ in privaten oder öffentlichen Schulen seit 2005 eine Schulversion des DELF (Abschlusszeugnis in französischer Sprache) angeboten. “ 214 Der Blick auf die positiven Veränderungen im Bildungssystem verdeutlicht, dass eine differenziertere Betracheffectuant des liaisons internationales, une collaboration plus étroite avec des juges et des services d ’ enquête roumains afin de «saisir les avoirs criminels des chefs mafieux». Il annonce enfin la prochaine signature d ’ un arrêté anti-mendicité sur les Champs- Elysées. “ http: / / www.questionsdetrangers.com/ actualite-immigration-5-11-septem bre-2011-controles-frontaliers-et-durcissement-a-lencontre-des-roms/ (20. 02. 2013). 207 Cf. Schmid (2007: 218). 208 Cf. Gabizon (2010). (30. 11. 2012). 209 Cf. Chastand (2010). (29. 11. 2011). 210 „ La France est un des seuls pays d ’ Europe de l ’ Ouest à mener une politique de reconduite massive en Roumanie et en Bulgarie des Roms présents sur son territoire, qu ’ il s ’ agisse de retours volontaires ou non. [. . .] “ Chastand (2010). 211 Cf. ebd. 212 Cf. Dodenhoeft (1989: 36). 213 Cf. Meunier (2008: 6). Cf. OECD (2008: 145). 214 Cedefop (2008: 71). [im Orig. kursiv] 41 <?page no="42"?> tungsweise auf Menschen mit ausländischen Wurzeln in Frankreich stattfindet. Der Grundsatz, dass „ [e]ine lediglich auf „ Ausländerkinder “ und ihre Bildungsprobleme verengte Betrachtungsweise “ 215 nicht haltbar ist, gilt damals wie heute. Ergänzend zu den staatlichen Hilfsmaßnahmen unterbreiten zahlreiche rumänische Organisationen den Neuankömmlingen erste konkrete Hilfestellungen bei der Eingliederung. 216 Im Gegensatz zu den rumänischen Organisationen, die eine französischsprachige und eine rumänischsprachige Version ihrer Homepages anbieten, hat die Überprüfung der bereitgestellten Internetseiten von Behörden in Paris ergeben, dass noch keine flächendeckenden, mehrsprachigen Internetauftritte nachweisbar sind. Positiv müsste sich auch das vom Staat geschaffene Rahmenabkommen mit Rumänien auswirken, das den rumänischen Einwanderinnen bzw. Einwanderern entsprechende arbeitsrechtliche Regelungen und Gleichbehandlung für ihr Arbeitsleben einräumt. 217 Ferner wird auch die Wohnqualität der Wohnheime verbessert. 218 Auch soll Strafauffälligen mit Mitteln der Kriminalitätsprävention wieder eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Vorbeugung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass seit dem 30. November 2011 rumänische Polizisten in Paris in den besonders auffälligen Stadtvierteln patrouillieren. 219 Schließlich führt die Erkenntnis von der Wichtigkeit von Sprachfähigkeit und Bildung dazu, dass insbesondere Akademikerinnen bzw. Akademiker den Zugang in die französische Gesellschaft unter erleichterten Bedingungen erhalten sollen. Zum Teil werden diese direkt von den rumänischen Hochschulen abgeworben beziehungsweise gezielt Fachkräfte in Mangelbereichen in Frankreich angeworben. 220 Zusätzlich werden Arbeitsmodelle entworfen, die eine Rekrutierung von Menschen aus dem Ausland zulassen, die zum Arbeitseinsatz in gefährlich eingestufte Regionen entsendet werden. 221 Gleichzeitig aber besteht insbesondere die Tendenz mit den verschärften Einwanderungsbestimmungen, den Zugang für gering Qualifizierte und Kriminelle sowie Wohnungslose nach Frankreich zu verhindern. 215 Dodenhoeft (1989: 70). 216 Zu den Vereinen: http: / / www.colisee.org/ article.php? id_article=144(02.08.2011). 217 Cf. http: / / laroumanie.free.fr/ page/ droit_au_travail.html (18. 11. 2012). 218 Ministérielle Projets Mission annuels de performances annexe au projet de loi de finances pour 2012. Immigration, Asile et Intégration: S. 84, 87. 219 Cf. Leclerc (2011) (30. 11. 2011). 220 Cf. Bienvault, Pierre(2010). 221 Cf. Fouteau, Lochak (2008: 106). Cf. http: / / laroumanie.free.fr/ page/ droit_au_travail.html (22. 01. 2014). 42 <?page no="43"?> 2.4 Entwicklungen in der Sprachkontaktforschung In der Soziolinguistik ist Ferguson wegweisend, der im Jahr 1959 unter dem Begriff der Diglossie 222 eine Differenzierung zwischen der high variety und der low variety vornimmt. Mit diesen Termini wird das Prestige von Varietäten innerhalb einer Sprache bezeichnet 223 und die Sprachverwendung unter Berücksichtigung inner- und außersprachlicher Faktoren betrachtet. Die high variety weist im Gegensatz zur dominierten low variety einen Korpus an Literatur aus vergangenen Zeiten auf. 224 Sie ist mit einem höheren Prestige besetzt und wird in der Schule unterrichtet. In der Öffentlichkeit ist die high variety für eine angemessene Konversation unabdingbar. 225 Die low variety wird eher in einem vertraulichen Gesprächskreis gesprochen. Die Verwendung der komplexeren high variety lässt demnach einen höheren Sozialstatus der Sprecherin bzw. des Sprechers vermuten. 226 Neben Weinreich prägte auch Fishman die Terminologie des Bilinguismus. 227 Er analysiert „ Sprachgemeinschaften “ , 228 in denen unterschiedliche Sprachen verwendet werden. 229 Wesentlich ist für ihn die funktionelle Abgrenzung zwischen Diglossie als soziales Phänomen und Bilinguismus als linguistisches Faktum. 230 In den sechziger Jahren stellt der Soziolinguist Bernstein mit der „ Defizit-Hypothese “ 231 eine Korrelation zwischen der Sprachkompetenz und dem sozialen Hintergrund sowie dem Bildungsstand der Menschen fest. 232 Die Sprachkompetenz von der Zuordnung des „ restringierten Kode “ zur „ Unterschicht “ und des „ elaborierten Kode “ zur „ Mittelschicht “ abhängig zu machen, ohne dabei das Individuum zu sehen, stieß auf Kritik und hielt wissenschaftlichen „ Überprüfungen “ 233 nicht stand. Auch der Vorschlag mit Kompensationsprogrammen auf Sprachdefizite bei Kindern zu reagieren, konnte sich längerfistig nicht durchsetzen. 234 222 Cf. Ferguson (1959: 325 - 340). 223 Cf. ebd. (1959: 327 ff.). 224 Cf. Steger (1982: 260). 225 Cf. Ferguson (1959: 329 - 330). Cf. Steger (1982: 259 ff.). 226 Cf. Steger (1982: 258, 260 ff.). 227 Cf. Fishman (1967: 30) „ Figure I “ . 228 Fishman zit. n. Steger (1982: 206). Ferguson und Fishman werden ausführlich in Discher (2010) behandelt. Cf. ebd. (2010: 35 - 40). 229 Fishman zit. n. Steger (1982: 207). 230 „ Here we see even more clearly than before that bilingualism is essentially a characterization of individual linguistic behavior whereas diglossia is a characterization of linguistic organization at the socio-cultural level. “ Fishman (1967: 34). 231 Dittmar (1973: 1). 232 Ebd.(1973: 1 - 3). Cf Discher (2013 b: 3). 233 Cf. Dittmar (1973: 93 ff.). 234 Cf. ebd. (1973: 38 ff.). 43 <?page no="44"?> Als Antwort auf die Defizithypothese leitet Labov mit der Differenzhypothese einen Richtungswechsel in der soziolinguistischen Forschung ein. 235 Es wird die Auffassung vertreten, dass „ sprachliche Varietäten innerhalb einer Sprachgemeinschaft ein System [bilden]. “ 236 Mit „ der deskriptiven Auffassung der Linguistik ist der Terminus › Varietät ‹ ein neutraler Begriff. “ 237 Demzufolge existieren in einer Sprachgemeinschaft unterschiedliche Varietäten. 238 Im Gegensatz zu Bernsteins Positionen kann eine Zuordnung der jeweiligen Gruppen zu einer Varietät erfolgen, ohne diese dabei aufgrund ihres soziokulturellen Hintergrunds zu stigmatisieren. 239 Der „› emanzipatorisch ‹ genannte Sprachunterricht “ 240 , hatte nicht nur das Ziel, bestehende Defizite bei Kindern zu „ kompensieren “ , sondern ihnen ein selbstbestimmendes Leben zu ermöglichen. 241 Clyne beschäftigt sich neben den soziolinguistischen Fragestellungen ebenfalls mit systemlinguistischen Aspekten und greift dabei auf Arbeiten von Weinreich 1953 zurück. 242 Die Kontroverse zu sprachlichen und kulturellen Phänomenen in der Sozio- und Kontaktlinguistik 243 ist stets vor dem zeitlichen Hintergrund und den damit bestehenden Entwicklungen in der jeweiligen Gesellschaft zu betrachten. In der Tradition der „ historisch orientierten Migrationslinguistik “ 244 hingegen liegt die Erforschung der Pidgin- und Kreolsprachen, die im Zuge der Kolonialisierung entstanden. Die Migrationsbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts 245 können aus ihrer Sicht als „ ein erstes Massenphänomen “ 246 beschrieben werden, zumal Kulturen und Sprachen unterschiedlicher Kontinente aufeinandertrafen. 247 In diesem Zusammenhang ist auf den Begriff „ Sprachkonflikt “ zu verweisen, der „ ein Produkt der Nationalitäten- und Volkstumbewegung im Europa des beginnenden 19. Jahrhunderts [ist]. “ 248 Er beschreibt treffend das Resultat der Interaktion 235 Cf. Ammon, Simon (1975: 98 f.). Cf. Discher (2013 b: 4). 236 Dittmar (1973: 133). 237 Ebd.(1973: 134). 238 Cf. ebd.(1973: 134 ff.). 239 Zum „ Mythos der verbalen Deprivierung “ : Labov (1970: 2) zit. n. Cf. Dittmar (1973: 101). 240 Ammon, Simon (1975: 14). 241 Cf. Ammon, Simon (1975: 14). Weitere Ausführungen zu Bernstein und Labov: Cf. Discher (2013 b: 3 - 4). 242 Cf. Weinreich (1953: 9 - 10) zit. n. Clyne (1975: 86). 243 Ausführlich „ Zur Terminologie in der Sprachkontaktforschung “ Sinner (2001: 125 - 152). 244 Stehl (2011 a: 35). 245 Cf. ebd. (2011 a: 35). 246 Ebd. (2011 a: 35). 247 Cf. ebd. (2011 a: 35). 248 Mattheier (1987: 291). 44 <?page no="45"?> zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, deren Menschenbild und Kulturverständis von ideologischen Standpunkten und Homogenität bestimmt waren und über gesellschaftliche sowie staatliche Institutionen gelenkt wurden. 249 Das Paradigma von Homogenität in Sprachgemeinschaften wird in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts aufgebrochen, 250 so dass die Untersuchung von Sprachkontakten multiperspektivisch unter Einbezug anderer Wissenschaftszweige erfolgen sollte. 251 Obwohl Weinreich die Forderung nach einer stärkeren Einbindung der Anthropologie und Psychologie 252 postuliert, weist Oksaar noch dreißig Jahre später auf die Notwendigkeit des Einbeziehens soziokultureller Faktoren bei der Analyse von Sprachkontakten hin. 253 Dem Anliegen, „ extralinguistische Variablen “ wie Gruppengröße, Alter, Geschlecht, Wohnort (Stadt-Land) in den linguistischen Arbeiten zu berücksichtigen, 254 wird beispielsweise durch Haarmann Rechnung getragen, der die sprachliche Entwicklung der in den ehemaligen Sowjetrepubliken lebenden rumänischen Gemeinschaften untersuchte. 255 Eine Akzeptanz von Migrantenvarietäten war in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts nicht weit verbreitet, was sich mit dem Aufkommen eines verbesserten politischen Bewusstseins gegenüber kultureller Differenziertheit änderte. 256 Angesichts der wachsenden ethnischen Vielfalt in den europäischen Ländern entwickeln sich „ unterschiedliche Formen von Mehrsprachigkeit. “ 257 Nicht nur Lüdi stößt eine Kontroverse zur Sprachentwicklung in Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaften an. Oksaar bereichert den Wissenschaftsdiskurs, indem sie sich für die Erforschung mehrsprachiger Kinder einsetzt. 258 Sie kritisiert das Bestreben von Regierungen, ihre Migrantinnen bzw. Migranten sprachlich integrieren zu wollen, ohne dabei auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen, 259 ein Problem, das im Jahr 2014 noch von großer Aktualität ist. Das ausgeprägte Bewusstsein über das Vorhandensein unterschiedlicher Perspektiven „ beim Mehrsprachigen “ 260 in älteren Arbeiten der Migrationslinguistik 249 Cf. Mattheier (1987: 292). 250 Cf. Weinreich (1977: 9). 251 Cf. Weinreich (1977: 18). 252 Cf. Weinreich 1977: 22). 253 Cf. Oksaar (1987: VII). 254 Cf. Haarmann (1979: 30). 255 Cf. ebd. (1979: 30). 256 Cf. Lüdi (1996: 322 - 323). Cf. Zur Migrationslinguistik: Cf. Stehl (2011 a: 36 ff.) Cf. Discher (2013 b: 4). 257 Lüdi (1996: 323). 258 Cf. Oksaar (1996: 7). 259 Cf. Oksaar (1996: 8). 260 Lüdi (1987: 86). 45 <?page no="46"?> lässt stark an das Konzept der Hybridisierung 261 erinnern, welches im kulturwissenschaftlichen Kontext, vor allem aber für die Migrationsforschung zur Beschreibung von Lebenswirklichkeiten in Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaften zur Anwendung kommt. Die Notwendigkeit, Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftszweigen in die Erforschung von Sprachkontakten miteinzubeziehen, wird in der modernen Migrationslinguistik aufgegriffen und fortgeführt. 262 Im Mittelpunkt stehen nicht mehr allein die Migrantinnen bzw. Migranten, sondern vielmehr das Umfeld in dem sie sich bewegen. Aktuell sieht sich die Migrationslinguistik mit Sprach- und Kulturkontakten konfrontiert 263 , die entstehen, weil Menschen aus den unterschiedlichsten Beweggründen ihre Heimat verlassen. Die Berichterstattung über Zuwanderung in Europa ist von Ängsten der betroffenen Gesellschaften geprägt, 264 die in der Zuwanderung geringer qualifizierter Menschen eine Ausbeutung ihrer Sozialsysteme befürchten. 265 Dabei werden häufig weniger gut ausgebildete Menschen in ihrer Arbeitskraft missbraucht. Nicht nur Europa steht im Blickpunkt des Interesses, sondern ebenso Länder in denen Projekte unter Mitarbeit von geringer qualifizierten Arbeiterinnen bzw. Arbeitern umgesetzt werden. Die Terminologie des Arbeiterstriches 266 umfasst Problemlagen, die auch zum Gegenstand der modernen Migrationslinguistik gehören. Die fehlenden kommunikativen Fertigkeiten führen diese Menschen in prekäre Situationen. Dennoch profitieren Aufnahmegesellschaften von gut ausgebildeten ausländischen Arbeitskräften, die dem Staat mit ihrem Einkommen Steuern zuführen 267 und Arbeitsstellen besetzen, die ohne Migra- 261 „ Das Wort Hybridität oder Hybridisierung bedeutet in der Alltagssprache Vermischung. “ Tschernokoshewa; Pahor (2005: 15). Im wissenschaftlichen Kontext wird Hybridisierung zur Beschreibung des Prozesses verwendet, der die Dynamik von Kulturkontakten in all ihren Facetten beschreibt. Cf. ebd. (2005: 18 ff.) Migrantinnen bzw. Migranten sehen sich häufig mit Vorurteilen und mangelnder Wertschätzung konfrontiert, die durch fehlende Anerkennung in der Aufnahmegesellschaft zum Ausdruck gebracht wird. Cf. ebd. (2005: 21). 262 Cf. Stehl (2011 a: 33). 263 Zum Sprach- und Kulturkontakt: Cf. Stehl (2011 a: 41 ff.). 264 Cf. Rowthorn (2009: 21). 265 Durch die rumänische Zuwanderung in Frankreich seien keine großen Schwierigkeiten für den „ französischen Arbeitsmarkt “ Heckmann (2014) zu erwarten. Dennoch nutzen rechtspopulistische Parteien diese Diskussion, um auf Stimmenfang zu gehen. Cf. (ebd. 2014). 266 Ein in den deutschen Medien häufig gebrauchtes Wort zur Bezeichnung der Ausbeutung ausländischer Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer, die beispielsweise aus dem südosteuropäischen Raum stammen. u. a. Cf. Götzke (2014). 267 Cf. Rowthorn (2009: 16). 46 <?page no="47"?> tion nicht hätten besetzt werden können. Die ökonomische Konvergenz zwischen Ost- und Westeuropa kann auch zur Verringerung der Einwanderungsbewegungen führen. 268 Aufgegriffen wird das Phänomen von der Migrationslinguistik, die großes Potential in der Erforschung der „ Rückemigration “ sieht. 269 Maßgeblichen Einfluss am Erfolg oder Misserfolg der gesellschaftlichen Teilhabe nehmen öffentliche Institutionen und politische Instanzen, die mit neuen Integrationsmodellen zur Verbesserung des Lebens beitragen können. 270 Seit der Jahrtausendwende vollzieht sich im Bildungssektor europaweit ein Wandel, der unter anderem durch die Ergebnisse aus den Studien der OECD, PISA und TIMSS 271 hervorgerufen wurde. Das schlechte Abschneiden, insbesondere von sozial benachteiligten Schülerinnen und Schüler sowie von Kindern mit Migrationshintergrund, lässt den Wunsch nach Veränderungen im Bildungssystem wachsen. Diese Studien ermöglichen einen internationalen Vergleich unterschiedlicher Kompetenzen bei Kindern, die als ein Marker für den Erfolg oder Misserfolg von bildungspolitischen Maßnahmen gesehen werden können. 272 In den Bildungsinstitutionen fand ein Paradigmenwechsel statt, der in der Outputsteuerung 273 und mit der Kompetenzorientierung die Kom- 268 „ The traditional migrant strategy of labour-led resettlement is being supplemented, if not entirely replaced, by multifacted life-plans and strategies of mobility. Perhaps the lifting of the Iron Curtain and the inclusion of eastern European countries into the EU have recently led to a revival of traditional guest-worker migration, given the extreme wage differences between some new member states and western Europe. But it is also plausible that such movements will weaken progressively due to economic convergence between east and west and a decline of fertility in the sending countries. “ Fassmann, Lane (2009: 6). 269 Cf. Stehl (2011 a: 35) 270 Cf. Stehl (2011 a: 34). 271 „ TIMSS erfasst das mathematische und naturwissenschaftliche Grundverständnis von Schülerinnen und Schülern am Ende der 4. Jahrgangsstufe in einem vierjährigen Rhythmus. Auf internationaler Ebene ist die International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) Initiator und unter Leitung des International Study Center verantwortlich für die Organisation. “ http: / / www. kmk.org/ bildung-schule/ qualitaetssicherung-in-schulen/ bildungsmonitoring/ inte rnationale-schulleistungsvergleiche/ timss.html (08. 03. 2014). 272 Durch Verbesserungen der bildungspolitischen Maßnahmen (u. a. Stellenausbau, Konzentration auf Kindern mit Behinderung) wird in Frankreich versucht, mehr Gerechtigkeit ins Bildungssystem zu bringen. Cf. http: / / cache.media.education. gouv.fr/ file/ 04_Avril/ 38/ 5/ Les_12_premiers_mois_de_la_refondation_de_l_Ecole_250385.pdf (08. 03. 2014). 273 Cf. http: / / www.kmk-format.de/ material/ Fremdsprachen/ 1-2-7_OutcomeOrientie rung.pdf (08. 03. 2014). 47 <?page no="48"?> petenzen 274 eines Individuums in den Mittelpunkt stellt und dabei den Weg des Lernens berücksichtigt. 275 Die Migrationslinguistik verfolgt mit ihrer Verknüpfung zu und Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftsdisziplinen das Ziel, auf unsere heterogener werdende Gesellschaft eingehen zu können. Aus diesem Grund kann sie nicht losgelöst von den Bildungswissenschaften arbeiten. 276 Im Europäischen Referenzrahmen für Sprachen wird im „ Interesse einer verstärkten Mobilität “ 277 das Erlernen von Sprachen unterstützt. Es werden Wege aufgezeigt, die diesen Prozess für die Lernende bzw. dem Lernenden attraktiv gestalten. 278 Demnach stellt die kommunikative Kompetenz der Migrantinnen bzw. Migranten die Möglichkeit dar, in einer neuen Umgebung angemessen sprachlich agieren zu können. 279 Dabei steht nicht immer die perfekte Sprachbeherrschung im Vordergrund. Vielmehr wird die „ plurikulturelle Kompetenz “ in ihrer Vielfalt angesprochen, die mit der mehrsprachigen Kompetenz nur einen Teilaspekt dieser Kompetenz definiert. 280 Ausgehend von den Anfängen der Soziolinguistik und der Kontaktlinguistik, die erstmals hinsichtlich der Beschreibung von Sprache auch das soziale Umfeld miteinbeziehen, haben sich die äußeren Einflussfaktoren auf das Sprachverhalten in Migrantinnnenbzw. Migrantengemeinschaften maßgeblich erweitert. Die gesellschaftlich kulturelle Situation stellt sich in den sechziger Jahren gegenüber der Zeit nach 1989 und folglich nach der Jahrtausendwende völlig verändert dar. 274 Kompetenzbegriff nach Weinert: „ [. . .]bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert, im Druck). “ Weinert: (2002: 27 - 28). 275 Cf. http: / / www.kmk-format.de/ material/ Fremdsprachen/ 1-2-7_OutcomeOrientie rung.pdf (08. 03. 2014). 276 Cf. ebd. (2014: 5 - 6). Zur Verknüpfung von Kultur- und Bildungswissenschaften. Discher, Letze, Charfou (2014: 59 ff.). 277 http: / / www.goethe.de/ Z/ 50/ commeuro/ 104.htm (08. 03. 2014). 278 Cf. ebd. 279 Cf. Lüdi (2011: 19). 280 Cf. http: / / www.goethe.de/ Z/ 50/ commeuro/ 104.htm. Sowohl in den Lehrplänen für den Fremdspracherwerb als auch im GER wird unter kommunikativer Kompetenz Folgendes erfasst: „ Rezeption: ( „ Hören “ , „ Hören und Sehen “ , „ Lesen “ ), „ Produktion “ : ( „ Sprechen “ , „ Schreiben “ und „ Sprachmittlung “ ). RLP (2006: 10) Eine Differenzierung in unterschiedliche „ Niveaustufen “ lässt im A-Niveau auf „ elementare “ , im B-Niveau auf „ selbstständige “ und im C-Bereich auf „ kompetente Sprachanwendung “ schließen. http: / / www.europaeischer-referenzrahmen.de/ sprachniveau.php (10. 03. 2014). 48 <?page no="49"?> Die Adaption der funktionalen Variationslinguistik auf den rumänischfranzösischen Sprachkontakt in den Kontext von Migration und die empirische Analyse wird zeigen, dass die Betrachtung von Sprachstrukturen allein nicht mehr ausreicht, um den Ansprüchen des interdisziplinären Arbeitsfeldes der Migrationslinguistik 281 gerecht zu werden. 281 Zur Interdisziplinarität der Migrationslinguistik: Stehl (2011 a: 43 - 44). 49 <?page no="50"?> 3 Theoretische und methodische Grundlagen Für die Analyse des rumänisch-französischen Sprachkontaktes ist eine kurze Darstellung des konvergenten und divergenten Sprachwandels notwendig. Immerhin wird auch in dieser Arbeit belegt, dass Konvergenz die Fähigkeit erhöht, eine Kommunikation zwischen Menschen zu gewährleisten, die verschiedene Sprachen sprechen. 282 3.1 Konvergenter und divergenter Sprachwandel Der konvergente Sprachwandel erfolgt in drei Phasen: „ Aus einer von Dominanz einer Sprache geprägten Diglossie (Phase1) entsteht durch ungesteuerten, von Interferenz der Erstsprache geprägten Zweitspracherwerb der folgenden Sprechergenerationen ein vertikaler, als Pluriglossie konfigurierter Sprachkontakt (Phase2), der durch späteren language shift der dominierten Sprache und der ihr zugehörigen Kontaktvarietäten zu sprachlicher Konvergenz (Phase3) und damit zur Sprachgenese einer neuen, auf der dominanten Sprache basierenden, aber von Interferenzen der aufgegebenen, dominierten Sprache geprägten ‚ low variety ‘ führt. “ 283 Stehl bezieht sich in seinen Ausführungen zum divergenten Sprachwandel auf Lüdtke, der diesen Prozess für die Ausbreitung des gesprochenen Lateins beschreibt. 284 Beide Autoren nennen „ Stafettenkontinuität “ 285 als charakteristisches Merkmal des divergenten Sprachwandels. Stehl hebt jedoch hervor, dass divergenter Sprachwandel „ endogen in einer Sprache “ 286 abläuft. 287 Ein Vergleich der einzelnen Sprachebenen zwischen den romanischen Sprachen belegt, dass trotz wesentlicher Veränderungen innerhalb der Sprachsysteme Gemeinsamkeiten bestehen, die das Lateinische als Ursprungssprache des Divergenzprozesses erkennen lassen. 288 Lüdtke formuliert es folgendermaßen: „ Zwischen (systematischer) Ver- 282 Zur Konvergenz: Cf. Stehl (2005: 90 - 91). 283 Stehl (2005: 104). 284 Cf. Lüdtke (2005: 9 ff.). 285 Stehl (2005: 93). Cf. Lüdtke (2005: 7 - 8). 286 Ebd. (2008: 196). 287 Cf. ebd. (2008: 196). 288 Cf. Lüdtke (2005: 9 ff.). 50 <?page no="51"?> schiedenheit und (diachronischer) Identität besteht in der genealogischen Linguistik kein Widerspruch. “ 289 Die Sprache wird in sozialen Gemeinschaften benötigt, um sich zu unterhalten. Durch die individuelle Sprechweise der Menschen sind der sprachlichen Variation Grenzen gesetzt. 290 Der bewusste Verzicht auf die Weitergabe regionaler Besonderheiten an die Folgegeneration unterbricht zwar die „ Stafettenkontinuität “ noch nicht, kann jedoch zu Veränderungen der Sprachstrukturen führen. 291 Es lässt sich formulieren, dass die „ progressive Differenzierung des gesprochenen Lateins in Zeit und Raum und die Ausgliederung und Diversifizierung der romanischen Sprachen als Ausdruck des divergenten, zentrifugalen Sprachwandels einzustufen ist, während andererseits die Genese der romanischen Sprachen aus dem Sprachkontakt des Lateinischen mit den vorrömischen Sprachen des Imperium Romanum, oder die Genese der romanischen Kreolsprachen aus dem Kontakt des Französischen mit westafrikanischen Sklavensprachen, oder wiederum die Genese der heutigen Regionaldialekte des Französischen, Italienischen und Spanischen (also der français régionaux, der italiani regionali und der españoles regionales) aus dem Kontakt der Standardsprachen mit den romanischen Basisdialekten als Ausdruck zentripetalen, konvergenten Sprachwandels zu betrachten ist. “ 292 3.2 Grundlagen für die funktionale Analyse sprachlicher Variation Stehl entwickelte ein Instrumentarium, das die Ebenen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation umfasst. Diese werden „ auf die von Coseriu getroffenen Unterscheidungen der funktionalen und strukturellen Beschreibung zu beziehen “ 293 sein. Lausberg versucht durch eine Verschmelzung einer Linguistik der langue mit einer Linguistik der parole, ein angemessenes Abbild sprachlicher Verhältnisse zu ermöglichen. 294 Nur dadurch gelingt es die vorherrschen- 289 Lüdtke (2005: 10). Einen Gesamtüberblick und einen Vergleich zu lexikalischen, phonetischen, syntaktischen und morphologischen Gemeinsamkeiten in den romanischen Sprachen bietet die Arbeit zur romanischen Interkomprehensionsforschung an. Cf. Klein, Stegmann (1999). 290 Cf. Lüdtke (2005: 7 - 8). 291 Cf. Lüdtke (2005: 8). 292 Stehl (2005: 91). 293 Ebd. (2012: 85). 294 Cf. Stehl (2012: 43 - 45). 51 <?page no="52"?> den Entwicklungsdynamiken, die gegenwärtig in den romanischen Sprachen zu beobachten sind, realitätsnah wiederzugeben. 295 Er formuliert dies in seiner Konzeption folgendermaßen: Eine Unterhaltung ist nur durchführbar und abgesichert, wenn sich den sprachlichen Mitteln bedient wird, die in der jeweiligen „ Gemeinschaft “ bekannt sind. 296 In diesem Prozess nutzt die Sprecherin bzw. der Sprecher das sprachliche Wissen, welches Lausberg als „‚ Potenz des Redens ‘“ 297 definiert. In der „‚ Tätigkeit des Redens ‘“ 298 kommt dieses zur Anwendung. 299 In diesem Prozess wird ein Produkt geschaffen, das Lausberg als „ Diskurs “ bezeichnet. 300 Die „‚ Potenz des Redens ‘“ 301 , das sprachliche Wissen, muss gemäß Stehl, im Gegensatz zu Coserius Einteilung 302 , vor der Beschreibung der „ Redetätigkeit “ untersucht werden. 303 Obwohl „ die Tätigkeit des Spracherwerbs dem sprachlichen Wissen ontogenetisch [vorausgeht] “ 304 , lässt sich aus dem Beschreibungsmodell Lausbergs ableiten, dass ein „ kompetenter Sprecher “ 305 im Laufe seines Lebens über ein bereits ausgeprägtes Sprachwissen verfügt, auf das er beim Sprechen zurückgreift. 306 Wenn die linguistischen Kompetenzen einer Sprecherin bzw. eines Sprechers zu analysieren sind, kann gemäß Stehl nicht vom Prozess der „ Tätigkeit des Spracherwerbs “ 307 ausgegangen werden, sondern muss zunächst die Sprachkompetenz, das sprachliche Wissen, der Sprecherinnen bzw. Sprecher im Fokus stehen. 308 Gegen die Betrachtung der Redetätigkeit vor dem sprachlichen Wissen spricht zudem, dass sich aus der Beobachtung der Redetätigkeit nicht die gesamte Sprachdynamik erfassen lässt, denn „ passiv erworbenes sprachliches Wissen “ 309 bliebe unberücksichtigt, zum Beispiel die Fähigkeit, einen „ Dialekt “ oder eine „ Minderheiten- 295 Cf. Stehl (2012: 43 - 44). Stehl (1995: 82 ff.). 296 Cf. Lausberg (1969: 30) zit. n. Stehl (2012: 43). Stehl (1995: 78). 297 Lausberg (1969: 30) zit. n. Stehl (1995: 78). Stehl (2012: 43). Cf. Stehl (2012: 84). 298 Lausberg (1969: 30) zit. n. Stehl (1995: 78). Stehl (2012: 43). Cf. Stehl (1995: 80). 299 Cf. Stehl (2012: 84). 300 Cf. Lausberg (1969: 30) zit. n. Stehl (2012: 84). 301 Lausberg (1969: 30) zit. n. Stehl (1995: 78). Stehl (2012: 84). 302 Zur Einteilung von energeia, dynamis und ergon. Coseriu (1988: 71) zit. n. Stehl (2012: 33, 43). 303 Cf. Stehl (2012: 43 ff.). 304 Stehl (1995: 80). 305 Ebd. (1995: 80). 306 Cf. ebd. (1995: 80 ff.). 307 ebd. (1995: 80). 308 Cf. Stehl (2012: 45). Cf. Stehl (1995: 80). 309 Stehl (1995: 80). Cf. Stehl (2012: 83 - 84). 52 <?page no="53"?> sprache “ zu verstehen, die aber in der aktiven Sprechertätigkeit keinen Ausdruck findet. 310 3.3 Funktionale Variationslinguistik nach Stehl Es folgt nun die Vorstellung der Ebenen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation. 311 3.3.1 Kompetenz der Variation In der Kompetenz der Variation 312 wird die Analyse des gesamten Sprachwissens mehrsprachiger Sprecherinnen und Sprecher ermöglicht. Stehl beschreibt „ das sprachliche Wissen im Sprachkontakt als zweifaches idiomatisches Wissen. “ 313 Im vorliegenden Sprachkontakt beinhaltet es die Beherrschung einzelner Techniken des Sprechens zweier verschiedener historischer Sprachen. 314 Das metasprachliche Wissen, das als „ reflexives Wissen “ 315 bezeichnet wird, beschreibt einerseits das Wissen der Sprecherin bzw. des Sprechers „ über eine oder mehrere funktionelle Sprachen “ . 316 Andererseits beinhaltet es das „ evaluative Wissen “ 317 , das eine Bewertung aus Sicht der Sprecherinnen bzw. Sprecher über diese oder jene funktionelle Sprache zulässt. Maßgeblich ist das evaluative Wissen, wenn es um die Entscheidung geht, in einem Gespräch den Standard oder den Dialekt zu 310 Cf. Stehl (1995: 80). 311 Stehl (2012: 85 - 91 ff.). Die auf Lausberg und Coseriu zurückzuführenden Überlegungen ermöglichen es Stehl „ [d]en Umfang des zweisprachigen Wissens der Sprecher [. . .] als Kompetenz der Variation, den Umfang der auf die Kompetenz zugreifenden Redetätigkeit als Pragmatik der Variation, und die Untersuchung der hieraus resultierenden Diskurse/ Texte sowie der zu ihrer Herstellung verwandten sprachlichen Strukturen der langue als Linguistik der Variation “ ebd. (2012: 84 - 85) zu definieren. 312 Cf. Stehl (2012). Cf. Die Positionen von Coseriu und Lausberg sowie die Ebenen der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl werden auch in Discher (2010) behandelt. 313 Stehl.(2012: 85). 314 Cf. ebd.(2012: 86). Discher (2013 a: 357). 315 Stehl (2012: 86). Eine weiterführende Diskussion zum reflexiven Wissen: cf. Coseriu (1988: 205 ff.). Zur historischen Sprache: Cf. Coseriu (2005: 115 ff.). Coseriu (1988: 24 ff.). 316 Stehl (2012: 86). Cf. Discher (2013 c: 12). Unter Berücksichtigung der funktionalen Variationslinguistik ist davon auszugehen, dass die Interferenzvarietäten der Struktur der funktionellen Sprache am nächsten stehen. Zur Abgrenzung der funktionellen Sprache: Cf. Coseriu (1988: 25 - 28). 317 Ebd.(2012: 86). 53 <?page no="54"?> verwenden. 318 Die Verbindung von „ sprachlichem und metasprachlichem Wissen “ 319 bezeichnet Stehl in Anlehnung an Holenstein „ als Prototypenwissen “ . 320 Dieses Wissen erlaubt es den Sprecherinnen bzw. Sprechern die Interferenzvarietäten voneinander zu unterscheiden, unabhängig davon, ob es sich um die Betrachtung des vertikalen oder des horizontalen Sprachkontaktes handelt. Dabei werden individuelle Prototypen 321 und soziale Stereotypen 322 klassifiziert. 3.3.2 Pragmatik der Variation Die Pragmatik der Variation untersucht den selektiven Gebrauch des sprachlichen Wissens in der Redetätigkeit. Die selektive Sprachverwendung erfolgt unter Berücksichtigung von „ diatopischen, diastratischen und diaphasischen Gebrauchsdeterminanten. “ 323 Die diatopische Gebrauchsdeterminante bestimmt den Einfluss des Ortes auf die Sprachwahl. Die diastratische Gebrauchsdeterminante umfasst die Sprachverwendung diverser Gruppen. Dabei beeinflussen das soziale Umfeld, die Bildungswege und der Beruf die Wahl der zu verwendenden Sprache. Der Sprachgebrauch unter Akademikerinnen bzw. Akademikern ist aufgrund des langen Bildungsweges deutlich differenzierter als der einer Landarbeiterin bzw. eines Landarbeiters. 324 Charakteristisch für die Klassifizierung der diaphasischen Gebrauchsdeterminante sind Gespräche in der Partnerschaft oder in der Familie. In diesen können je nach Situation unterschiedliche Stile verwendet werden. 325 Die aufgeführten Gebrauchsdeterminanten bestimmen maßgeblich die Sprachverwendung von Mehrsprachigen und beeinflussen die Entwicklung des Sprachkontaktes. In der Pragmatik der Variation sind pragmatische Techniken zu untersuchen, die während des Zweitspracherwerbs verwendet werden. Das Kennzeichen der „ Übersetzungstechnik “ ist die Übernahme bekannter phonetischer Muster und phonologischer Strukturen aus der Muttersprache in die Zweitsprache. 326 Eine Übersetzungstechnik kann sich durch regelmäßige Anwendung und Akzeptanz in der 318 Cf. ebd. (2012: 86). 319 Cf. ebd. (2012: 86). 320 Zur Terminologie von Holenstein (1980): Stehl (2012: 86). 321 Ebd. (2012: 86). 322 Ebd. (2012: 86). 323 Ebd. (2012: 88). Discher (2013 a: 359 - 360). 324 Cf. Stehl (2012: 88 - 89). 325 Cf. ebd. (2012: 89). 326 Cf. ebd.(2012: 113). 54 <?page no="55"?> Sprachgemeinschaft zur „ Individualnorm “ 327 entfalten. Die funktionelle Sprache kann somit verwendet werden, ohne dass Außenstehende die Normabweichungen als negativ empfinden. 328 Die Sprecherinnen bzw. Sprecher wissen häufig, wann und mit welcher ihnen bekannten Varietät sie mit ihrem Gegenüber zu kommunizieren haben. Ihnen stehen eine Vielzahl an „ individuellen Interferenztechniken “ 329 zur Verfügung, die zur „ Sozialnorm “ 330 geworden sind. In der Linguistik der Variation wird jede Interferenzvarietät nun hinsichtlich ihrer Struktur analysiert. 3.3.3 Linguistik der Variation Die Linguistik der Variation beinhaltet die Darstellung und Analyse der „ materialsprachlichen Resultate “ . 331 In einem vertikalen Sprachkontakt kommt es zu gegenseitigen sprachlichen Beeinflussungen. Aus diesem Grund muss jedes einzelne Gradatum hinsichtlich der Interferenzen untersucht werden. Es ist erforderlich, dass ein Vergleich dieser Interferenzen mit den Kontaktsprachen erfolgt. 332 Stehl beschreibt in seinen Untersuchungen zur sprachlichen Variation die Gradation. 333 Mit der Diskussion um die Existenz der „ gradation de variétés (plus ou moins) bien définies “ 334 erweitert er den wissenschaftlichen Diskurs. In dieser bildet die Standardsprache (++) das Kontaktextrem des vertikalen Sprachkontaktes. Das Gradatum Standard (++) „ weist keine regional identifizierbaren Interferenzen auf “ , 335 wohingegen Standard (+), „ [d]er endogene Standard “ 336 , die regionaltypische Varietät repräsentiert. Die Interferenzen spiegeln sich in diesem Gradatum häufig auf phonetisch phonologischer Ebene und weniger in der Morphologie, der Semantik und der Lexik wider. 337 Standard ( - ) bezeichnet die „ defektive “ Varietät. Diese weist eine Vielzahl an Interferenzen aus dem Dialekt auf und ist die „ Zweitsprache von Dialektsprechern “ . 338 Stehls Sprecher bezeichnen diese Sprachformen als „ mauvais français, français écorché 327 Ebd. (2012: 113). 328 Cf. ebd. (2012: 114). 329 Ebd. (2012: 113). 330 Ebd.(2012: 114). 331 Ebd. (2012: 90). 332 Cf. Stehl (2012: 90 - 91). 333 Ebd. (2012: 120). 334 Stehl (1988: 29). Cf. Discher (2014: 145). 335 Ebd. (2012: 121). 336 ebd.(2012: 121). 337 Cf. ebd.(2012: 121 - 122). 338 Ebd. (2012: 122). 55 <?page no="56"?> bzw. italiano parlato male, italiano sbagliato “ . 339 Diesen Gradata stehen zwei Unterscheidungen im Dialekt gegenüber. Das Gradatum Dialekt ( - ) ist durch „ zahlreiche Interferenzen des Standards “ 340 gekennzeichnet. Der Dialekt (+) repräsentiert die „ Erstsprache der Dialektsprecher “ 341 und weist keine Interferenzen des Standards auf. Er ist „ als (nicht erreichtes) ‚ Zielgradatum ‘ der Übersetzungstechniken von Standardsprechern “ 342 zu benennen. Innerhalb des vertikalen Sprachkontaktes verändern sich neben den Sprachstrukturen auch die Diskurse, worauf Stehl verweist. 343 Im Sprachkontakt lösen sich die Sprecherinnen bzw. Sprecher nicht von ihren Sprechtraditionen. In der Linguistik der Variation bedarf es einer Analyse der Diskurse, um deren Zuordnung zum jeweiligen Kontaktextrem vornehmen zu können. Dabei ist insbesondere auf die „ Sprechtraditionen “ , die „ Texttraditionen “ und die „ Schreibtraditionen “ einzugehen. 344 Erstgenannte beziehen sich insbesondere auf die Art und Weise des Gesprochenen. 345 Erst anhand prosodischer Merkmale, der „ Aussprachegeschwindigkeit “ und der „ Organisation des Textes “ 346 kann festgestellt werden, ob eine Übertragung der für die Erstsprache typischen Merkmale auf die Zweitsprache stattfindet. 347 In den Texttraditionen können aufgrund des gesellschaftlichen Wandels innerhalb der Generationen unter anderem besondere Veränderungen im Wortschatz nachgewiesen werden. 348 Die Darstellung der Schreibtraditionen befasst sich mit den Umständen, dem Zeitpunkt und mit der Art und Weise in der Texte innerhalb einer Periode niedergeschrieben werden. 349 3.4 Adaption der funktionalen Variationslinguistik auf die Untersuchung Die vorliegende Arbeit untersucht den vertikalen Sprachkontakt zwischen der rumänischen und der französischen Sprache in Paris und seinem Ballungsraum. Gemäß den Anforderungen an eine migrationslinguistische 339 Ebd. (2012: 122). 340 Ebd. (2012: 122). 341 Ebd. (2012: 123). 342 Ebd. (2012: 123). 343 Cf. ebd. (2012: 90 f.). 344 Ebd. (2012: 210 ff.). Ebd. (1994: 139 ff.). 345 Cf. ebd. (2012: 212). Cf. ebd. (1994: 139). 346 Ebd. (1994: 140). 347 Cf. Stehl. (2012: 212). Cf. ebd. (1994: 140). 348 Cf. (2012: 213). Cf. ebd. (1994: 140). 349 Cf. ebd. (2012: 214). Cf. ebd. (1994: 141). 56 <?page no="57"?> Arbeit 350 werden neben der Adaption der funktionalen Variationslinguistik mit den Ebenen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation Faktoren untersucht, die den kulturellen und sprachlichen Entwicklungsprozess beeinflussen. 351 In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Welt, insbesondere in Europa, vom Ost-Westkonflikt geprägt 352 , der durch den Eisernen Vorhang den Austausch der Völker beschränkte. Auch waren die Realitäten von gesellschaftlicher Ausgrenzung geprägt. Exemplarisch hierfür sind zum einen die bereits benannte Rechtslage von Migrantinnen und Migranten, die in der starken Abgrenzung gegenüber der einheimischen Bevölkerung deutlich wird. 353 Zum anderen betrifft dies ebenso die politische Unterdrückung der Menschen in den kommunistischen Republiken. Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges setzte seit 1989 ein Öffnungsprozess in der Welt ein. Bestehende Handelsbeschränkungen zwischen den Staaten der ehemaligen Ost-Westblöcke 354 fielen und die internationalen Handelsströme stiegen rasant an. In Europa eröffnete sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Möglichkeit, den Kontinent wieder zu vereinen, was mit der EU-Osterweiterung 2004/ 2007 erfolgte. 355 Mit der Globalisierung verstärkte sich auch das Interesse an der Erforschung von Migrationsbewegungen. 356 Der Trend zu kulturellem Austausch, der Initiierung der den Kontinent umspannenden Jugendaustauschprogramme, der zunehmenden Etablierung von Auslandsaufenthalten in die Lebensläufe der Menschen 357 sowie der extreme Anstieg der Arbeitsmigration 358 in Europa haben die gegenseitigen Einflüsse auf die Sprachen der Völker in nicht zuvor bestehender Intensität bewirkt. Zu dem im Mittelpunkt stehenden rumänisch-französischen Sprachkontakt ist auszuführen, dass die maßgebliche Migrationsbewegung von Rumäninnen und Rumänen nach Frankreich seit 1989 mit dem Beitritt Rumäniens in die EU eine weitere Steigerung erfuhr. 359 Die mit der zunehmenden Arbeitsmigration einset- 350 Cf. ebd. (2011 a: 43 ff.). 351 Cf. Discher (2013 c: 12). Discher (2014: 143 ff.). 352 Cf. http: / / universal_lexikon.deacademic.com/ 257984/ Kalter_Krieg%3A_Beginn_d es_Ost-West-Konflikts#sel=6: 1,6: 79 (07. 03. 2013). 353 Cf. Lüdi (1996: 323). 354 Cf. http: / / universal_lexikon.deacademic.com/ 281900/ Ost-West-Handel (07. 03. 2013). 355 Cf. Stratenschulte (2010) (07. 03. 2013). 356 Cf. hierzu Stehl (2011 a: 33). 357 Zu den zahlreichen Organisationen gehören bespielsweise: Erasmus Mundus, das Atlantis-Programm. 358 Cf. Stehl (2011 a: 36). 359 Cf. Discher (2013 a: 348). 57 <?page no="58"?> zenden Auswirkungen auf die Sprache treten verstärkt in das Zentrum des Forschungsinteresses. 360 Danach wird in dieser Arbeit, zunächst aus der Perspektive der Untersuchungspersonen, der Einfluss der politischen Ausgangssituation in Rumänien auf die Migrationsbewegung Gegenstand der empirischen Analyse sein. Aus französischer Sicht werden dabei Inhalt, Entwicklung und Ziel der von der Regierung verfolgten Integrationspolitik und deren Auswirkung unter besonderer Beachtung des Einflusses auf die rumänische Migrantengemeinschaft mit in die Untersuchung einfließen. 361 Ferner sollen die im ersten Kapitel vorgestellten theoretischen Darstellungen anhand der empirischen Ergebnisse überprüft werden. Demnach wird deutlich, dass die eingeschränkte Betrachtungsweise der Soziolinguistik 362 und der Kontaktlinguistik, wie sie in den letzten Jahrzehnten vorgenommen wurde, zur umfassenden Erfassung der migrationslinguistischen Sprachwirklichkeit nicht mehr ausreichend ist und nur noch durch einen erweiterten Ansatz gerecht wird. Die Adaption der funktionalen Variationslinguistik auf den rumänisch-französischen Sprachkontakt verdeutlicht, dass „ die in Mobilität befindliche Historische Sprache anderen Dynamiken ausgesetzt [ist] “ . 363 Mit der Neubewertung des sozialen Prestiges der Migrantinnenbzw. Migrantensprache 364 sind auch umfassende Veränderungen der „ diatopischen, diastratischen und diaphasischen Gebrauchsdeterminanten “ 365 verbunden. 366 Im Fortschreiten des Migrationsprozesses führt dieser Umstand zu einer Neudifferenzierung des sprachlichen Repertoires. Die Aussagen der am Migrationsprozess beteiligten Menschen werden dadurch umfassender. 367 Die Analyse des rumänischfranzösischen Sprachkontaktes muss demnach wie einleitend formuliert wurde, unter der Hypothese erfolgen, die besagt, dass eine „ Historische Sprache in motu “ [. . .] anders zu beschreiben [ist] als die „ Historische Sprache in situ. ““ 368 360 Cf. Stehl (2011 a: 42). 361 Cf. Discher (2013 c: 11). 362 Cf. Stehl (2012: 16 - 17). 363 Zur Historischen Sprache in Mobilität: Stehl (2011 a: 40). 364 Cf. Stehl (2011 a: 40). 365 Zu den Gebrauchsdeterminanten: Stehl (2012: 88). 366 Discher (2013 a: 356). 367 Cf. Stehl (2011 a: 40). 368 Stehl (2011 a: 40). Zur Migrationslinguistik: ebd. (2011 a) zit. n. Cf. Discher (2013 a: 355 - 356). Cf. Discher (2013 c: 10). Discher (2014: 142 - 143). 58 <?page no="59"?> 3.5 Darstellung der Vorgehensweise Während des Auslandsaufenthaltes in Paris im Jahr 2007 wuchs der Wunsch heran, das Thema Sprachliche Integration und Migration von Rumänen im Ballungsraum Paris nach 1989 schon für die Magisterarbeit auszuwählen. Im Zuge der Vorbereitungen begann ich mich ausführlich mit dem rumänischen Sprach- und Kulturkreis zu beschäftigen. Die Adaption der funktionalen Variationslinguistik auf den rumänisch-französischen Sprachkontakt ermöglicht eine angemessene Darstellung des sprachlichen und kulturellen Entwicklungsprozesses in der rumänischen Gemeinschaft. Um den an eine qualitative Erhebung gestellten Anforderungen 369 gerecht zu werden, erfolgt die Beschreibung des wissenschaftlichen Vorgehens. 3.5.1 Qualitative Erhebung Die qualitativ ausgerichtete Forschungsarbeit möchte im Gegensatz zur quantitativen Erhebung die persönliche Sicht auf Ereignisse und Erfahrungen im Leben der Menschen sowie deren Aussagen über Entwicklungen in ihrem Umfeld erfassen. 370 Sie ist für „ die Erschließung eines bislang wenig erforschten Wirklichkeitsbereichs “ 371 geeignet und dient der Entwicklung von Hypothesen. 372 In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Wissensbestände erfragt und analysiert. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Erlebniswelt bei jedem Menschen individuell ist. 373 Die Aussagen der Untersuchungspersonen sind aufgrund der Interviewsituation und eigener Erfahrungen beeinflusst, 374 eine Tatsache, die bei der Auswertung des Datenmaterials zu berücksichtigen ist. Franceschini weist auf den Bezug zu den Kognitionswissenschaften hin und merkt an, dass die „ Gedächtnisleistungen und konstruktive Fähigkeiten des Gehirns bei der Schaffung von lebensgeschichtlicher Kohärenz, Identität und Kontinuität “ 375 mit zu betrachten sind. Die Überprüfung und der Abgleich mit 369 Hierzu ausführlich: Cf. Steinke (2008) beschreibt verschiedene „ Gütekriterien qualitativer Forschung “ (2008: 319 - 331) zu denen u. a. auch die „ Auswertungsmethode “ gehört. Diese stellt in der vorliegenden Arbeit die funktionale Variationslinguistik dar. Weiterhin sind wichtig: „ Dokumentation der Erhebungsmethode “ , „ Dokumentation des Forschungsprozesses “ , „ Transkriptionsregeln “ , „ Informationsquellen “ und „ Hypothesen des Forschers. “ Ebd. (2008: 319 - 331). 370 Cf. Flick, Kardoff, Steinke (2008: 14). 371 Flick, Kardoff, Steincke (2008: 25). 372 Cf. ebd. (2008: 25 - 26). 373 Cf. ebd. (2008: 20). 374 Repräsentationen können „ außersprachlich motiviert “ Krefeld, Pustka (2010: 12) sein. Zur Terminologie der Repräsenation: Cf. ebd. (2010: 11). 375 Franceschini (2001: 7). 59 <?page no="60"?> anderen Forschungsarbeiten werden daher als besonders notwendig erachtet. Für die Analyse werden in den einzelnen Gliederungspunkten nicht alle Aussagen der Untersuchungspersonen herangezogen, sondern repräsentative Zitate ausgewählt. Im Kapitel der Linguistik der Variation wird auf ausgewählte Fehlerquellen eingegangen, die durch [sic.] in Fettdruck gekennzeichnet sind und wenn nötig unter Anwendung des IPA 376 phonetisch transkribiert werden. Die eckigen Klammern in den Sprecherinnenbzw. Sprecherzitaten [. . .] werden zur Auslassung von bereits bekannten oder unverständlichen Informationen sowie regelmäßiger Wiederholungen verwendet. 3.5.2 Vorstellung des Questionnaires Um Sprachmaterial gewinnen zu können, war die Befragung unter Anwendung eines Questionnaires notwendig. Diese wurde nach einem im Vorfeld geplanten Muster durchgeführt, um die in der linguistischen Feldforschung bekannten „ Intervieweffekte “ 377 abzuschwächen. Albert und Koster eruieren, dass „ gegenseitige Erwartungen das Antwortverhalten beeinflussen. “ 378 Um die Gesprächsführung während der Aufnahmen so angenehm wie möglich zu gestalten, wurden die Interviews in einer vertrauten Sprecherinnenbzw. Sprecherumgebung geführt. Die Reihenfolge der Fragestellungen variierte im jeweiligen Gesprächskontext. Aufgrund der zuvor durchgeführten Probeinterviews für meine Magisterarbeit 379 konnte während der empirischen Datenerhebung zumindest teilweise auf die Nutzung des Fragebogens verzichtet werden. Besonders interessant gestalteten sich die Aufnahmen der Gruppe B, die in einem Restaurant stattfanden und somit spontane Gesprächsverläufe ermöglichten. Die Grundlage dieser variationslinguistischen Untersuchung bildet der von Stehl entwickelte Questionnaire für den Atlante Linguistico della Sicilia. 380 Für die Untersuchung des rumänisch-französischen Sprachkontaktes wurde dieser lediglich adaptiert und die Fragestellungen größtenteils im Wortlaut übernommen. Zur Vermeidung von Verständnisschwierigkeiten erfolgte auch eine Übersetzung in die rumänische Sprache. In Anbetracht der Tatsache, dass sich unter den Befragten auch Kinder im 376 Cf. http: / / www.langsci.ucl.ac.uk/ ipa/ (03. 03. 2014). 377 Albert, Cor J. (2002: 24). 378 Albert, Cor J. (2002: 24). 379 Cf. Discher (2010). 380 Entnommen wurde dieser aus der Dissertation Frankophonie als Mythos. Variationslinguistische Untersuchungen zum Französischen und Italienischen im Aosta- Tal. Cf. Jablonka (1997: 306 - 321). 60 <?page no="61"?> Alter von fünf und sieben Jahren befanden, mussten die im Questionnaire vorliegenden Fragen zur besseren Verständlichkeit an das jeweilige Alter angepasst werden. Durch die Fragestellungen können Aussagen in den Bereichen der Kompetenz der Variation, der Pragmatik der Variation und der Linguistik der Variation 381 gewonnen werden. Die Abschnitte (AI) und (AII) erheben soziolinguistische Daten und erlauben Einblicke in die linguistische Biographie (AII) der befragten Untersuchungspersonen. Besonders hervorzuheben sind Dokumentationen zur sprachlichen Entwicklung der Eltern von Bw1931, die als Intellektuelle bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die französische Sprache erlernten. Da sich die Sprecherinnen bzw. Sprecher zu dem jeweiligen Befragungszeitpunkt bereit erklärten, die Umstände zu benennen, die ihre Entscheidung nach Frankreich zu immigrieren maßgeblich beeinflussten, entschied ich mich an dieser Stelle, den Questionnaire dahingehend zu modifizieren und neue Fragestellungen zu den problématiques se rapportant à la linguistique migratoire in den Teilbereich (AII.I) zu integrieren. Dadurch soll einerseits in Erfahrung gebracht werden, ob die getroffenen Maßnahmen zur sprachlichen und kulturellen Integration den Eingliederungsprozess der Menschen vorantreiben. Andererseits kann anhand der Aussagen gemessen werden, ob politisches Agieren das Selbstverständnis der Untersuchungspersonen stärkt, sich als Bestandteil der französischen Gesellschaft zu betrachten. Die Aufnahmen im Teilbereich (AIII) ermöglichen die Erhebung der Aussagen über die Sprachkompetenz, die sich im vertikalen Sprachkontakt zwischen dem Rumänischen und dem Französischen bei den Sprecherinnen und Sprechern entwickelt, so dass Rückschlüsse auf die Kommunikationsfähigkeit jedes einzelnen Sprechers gezogen werden können. Der zweite Abschnitt Pragmatique synchronique de la variation (BI) ermöglicht anhand der Unterscheidung von „ diatopischen, diastratischen und diaphasischen Gebrauchsdeterminanten “ 382 die Darstellung des Sprachverhaltens innerhalb des Untersuchungsraumes. Bei der rumänischen Gemeinschaft handelt es sich um einen heterogenen Sprecherinnenbzw. Sprecherkreis, so dass die persönlichen Lebensumstände der Migrantinnen bzw. Migranten deren Sprachverwendung maßgeblich beeinflusst haben. Eine Aufstellung deskriptiver Adjektive zur Wertigkeit der jeweiligen einzuschätzenden Sprache erleichtert ihnen hierbei, ihre Argumentation zu begründen. Der Gliederungspunkt Classification géolinguistique du locuteur (français/ roumain) (BII) erfasst die Fähigkeit der Befragten, anhand von speziell auf die sprachlichen Differenzie- 381 Cf. Zum Questionnaire: Stehl (2012: 69 - 71) sowie Stehl (2012: 289 - 294). 382 Stehl (2012: 88). 61 <?page no="62"?> rungen abzielenden Fragestellungen, die Wissensbestände, der sich im horizontalen Sprachkontakt 383 in Frankreich und in Rumänien befindlichen diatopisch verschiedenen Varietäten darzustellen. Als besonders wertvoll sind die Aussagen der Untersuchungspersonen einzustufen, die infolge ihres Reiseverhaltens und ihres häufigeren Wohnortwechsels neben den phonetisch phonologischen Färbungen der Varietäten gleicherweise als kompetente Sprecherinnen bzw. Sprecher 384 Isoglossen benennen, die unter Heranziehung von Sprachatlanten eine Einordnung in den geographischen Raum zulassen. Der geolinguistischen, als „ historisch älteste Form der Prototypenklassifikation “ 385 , folgt unter Punkt (BIII) die Classification du contact de la part du locuteur (français/ roumain). Die Interviewpartnerin bzw. der Interviewpartner wird angehalten, das Prestige der zueinander in Kontakt stehenden Sprachen zu bewerten. Die gewonnenen Daten im Teilbereich (CI) eignen sich insbesondere zur Erfassung sprachlicher Phänomene innerhalb der linguistischen Kernbereiche, welche die Linguistik der Variation als Untersuchungsgegenstand beinhaltet. Die empirische Datenerhebung endet mit der Bitte, ein persönliches Erlebnis in der rumänischen und in der französischen Sprache wiederzugeben. 3.5.3 Die Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen Um die Wissenschaftlichkeit zu wahren, wurden Interviewpartnerinnen bzw. Interviewpartner aus jeder Schicht ausgewählt, die repräsentativ für diese Studie sind. 386 Als besonders geeignet zur Kontaktaufnahme erwiesen sich Behörden in unmittelbarer Nähe der rumänischen Botschaft und nahe gelegene rumänisch organisierte Vereine, die sich in den Pariser Arrondissements etabliert haben. Ich entschloss mich, potenzielle Sprecherinnen 383 Hierzu: Cf. Stehl (2012: 156). 384 Zur Differenzierung des kompetenten Sprechers: Cf. Stehl (2012: 156). 385 Ebd. (2012: 117). 386 Um die Stichprobengröße zu erklären, sei an dieser Stelle auf den Sprachwandel nach Coseriu hingewiesen, nach dem für die Verfestigung eines Sprachwandels in der langue es nicht darauf ankommt, dass sich die Sprachveränderungen bei sämtlichen Mitgliedern der Sprachgemeinschaft durchsetzen, sondern ein Sprachwandel in der langue unabhängig von der Zahl der Betroffenen ist. So hat Coseriu einen Sprachwandel in der langue bereits dann angenommen, sobald eine Sprecherin bzw. ein Sprecher das Neue im Sprachwissen aufgenommen hat. Cf. Coseriu (2005: 118 - 122) Hierin liegt auch eine der zahlreichen Neuerungen in der funktionalen Variationslinguistik begründet, die besagt, „ über den Strukturalismus [hinauszugehen] “ . Coseriu (2007) zit. n. Stehl (2012: 10) Folglich ist auch meines Erachtens unter den Voraussetzungen einer qualitativen Erhebung die Annahme eines Sprachwandels in einer kleineren Stichprobe aus der rumänischen Sprecherinnen bzw. Sprechergemeinschaft nachweisbar. 62 <?page no="63"?> und Sprecher unmittelbar auf der Straße anzusprechen. Angesichts der Kooperationsbereitschaft entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis zu ausgewählten Personen der rumänischen Gemeinschaft in Paris. Das Sprachmaterial belegt die unterschiedlichen Bildungsgrade der Rumäninnen und Rumänen. Während zwei der Untersuchungspersonen zum Befragungszeitpunkt ein Studium absolvierten, können sechs der Interviewten den Berufsfeldern zugeordnet werden, die einen akademischen Abschluss erfordern. Hierbei muss erwähnt werden, dass sich unter diesem Personenkreis zwei Untersuchungspersonen befinden, die das Rentenalter bereits erreicht haben. Die Familie A repräsentiert als eheliche Gemeinschaft die einzige Gruppe, die es vorzieht, selbstständig tätig zu sein. Während zwei Sprecher einem Angestelltenverhältnis nachgehen und drei Personen ohne jegliche Beschäftigung sind, sind zwei weitere als Gelegenheitsjobberinnen bzw. Gelegenheitsjobber tätig. Die Kinder werden angesichts ihres Alters in die Schülerinnen bzw. Schülergruppe eingegliedert. Bei den Befragten handelt es sich um Menschen, die zu verschiedenen Zeitpunkten und aus unterschiedlichen Beweggründen nach Frankreich immigrierten. 387 Während sich einige Untersuchungspersonen wegen ihres politischen Status bereits während der Diktaturzeit entschieden, aus ihrer Heimat zu flüchten, handelt es sich bei den Anderen auch um wirtschaftlich motivierte Einwanderer, die Paris mit der Hoffnung auf ein schönes Leben verbinden. Interessanterweise repräsentieren die Interviewten unterschiedliche Dialektgebiete Rumäniens, so dass die sprachlichen Charakteristika dieser Sprachräume bei der Auswertung mit in Betracht gezogen werden können. Aufgrund der erheblichen Interessiertheit an dem Projekt konnten längere Transkriptionsmitschnitte in rumänischer Sprache aufgezeichnet werden, so dass auch eine differenziertere Darstellung rumänisch geprägter Diskurse ermöglicht wurde. Die Kinder von Bw1931 waren zu einem Interview nicht bereit. Eine Identifizierung mit dem rumänischen Sprach- und Kulturkreis ist nicht vorhanden gewesen. Den Untersuchungspersonen wurde zugesichert, persönliche Daten zu anonymisieren, so dass diese chiffriert dargestellt werden. Die Differenzierung anhand der Buchstaben A-D wird vorgenommen, um die Zugehörigkeit zur jeweiligen Sprecherinnenbzw. Sprecherkonstellation zu ermöglichen. Unter Nutzung der Buchstaben (m; w) erfolgt die Anzeige des Geschlechts, so dass der letzte Parameter unter Angabe des Geburtsjahres eine Zuordnung zur jeweiligen Generation ermöglicht. 388 387 Discher (2013 a: 356). 388 Discher (2013 a: 351). 63 <?page no="64"?> Sprechergruppe A Aw1991 Im Alter von 18 Jahren absolvierte die in Rumänien geborene Sprecherin ihr Abitur und nahm im Anschluss daran ihr Studium zur Soziologie an einer Universität in der Stadt Paris auf. Sie erlernte im Kleinkindalter die französische Sprache in der „ école maternelle “ und betrachtet sich als bilinguale Sprecherin. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Ceaus , escu Regimes verließen ihre Eltern die Heimat Rumänien, um in Frankreich ein neues Leben anzufangen. Ein Versuch der Remigration ins Heimatland der Familie A im Jahr 1996 scheiterte, so dass nach einem dort eineinhalbjährigen Aufenthalt eine Rückkehr nach Frankreich aus wirtschaftlichen Gründen unausweichlich war. Am1965 Der in Bac ă u geborene Sprecher absolvierte in Rumänien sein Abitur und ist im Ballungsraum Paris als selbstständiger Kleinunternehmer tätig. Der Erstkontakt zur französischen Sprache ergab sich unmittelbar nach seiner Ankunft in Frankreich. Der Familienvater war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass das Beherrschen des Französischen eine Voraussetzung für ein Leben in Frankreich darstellt. Daraus folgte der Besuch eines privat organisierten Sprachkurses, der ihm zum Erwerb französischer Grundkenntnisse verhalf, die er anschließend in seinem Arbeitsumfeld erweitern konnte. Aufgrund seiner selbstständigen Tätigkeit ist er mit der französischen Sprachverwendung vertraut. Aw1964 Die 46-jährige Sprecherin wurde in einem kleinen Dorf im Süden Rumäniens geboren. Nach ihrer Einreise in Frankreich absolvierte sie einen Französisch Intensivkurs, dessen Programm hauptsächlich die Vermittlung grammatischer Aspekte zum Inhalt hatte. Neben ihrer zeitweisen Tätigkeit als rumänische Übersetzerin ist sie im Unternehmen ihres Ehegatten als Sachbearbeiterin tätig. Sprechergruppe B Bw1931 Die 80-jährige Sprecherin wurde im Jahr 1931 in Bukarest geboren und absolvierte ihr Abitur am selben Gymnasium Rumäniens, welches bereits ihre Großeltern besucht hatten. Als Leistungsschwimmerin gehörte sie fünf 64 <?page no="65"?> Jahre der rumänischen Nationalmannschaft an. Die französische Sprache erlernte sie bereits im Kindesalter von ihrer Mutter. Bw1931gehört der Generation an, die in Rumänien vor dem Aufkommen des Kommunismus zweimal wöchentlich in französischer Geschichte, Literatur und Geographie unterrichtet wurde. Im Jahr 1975 verließ sie mit ihrer Tochter die Heimat und ist bis zum heutigen Zeitpunkt glücklich darüber, diese Entscheidung getroffen zu haben. Bm1931 Der 80-jährige Sprecher wurde im Osten der Walachei in Muntenia geboren und genoß, ähnlich wie Sprecherin Bw1931, die Schulbildung des alten rumänischen Systems und erlernte die französische Sprache in seiner Jugend. Aufgrund seines Leistungsvermögens erhielt er ein Stipendium, welches ihm die Aufnahme eines Medizinstudiums in Bukarest ermöglichte. Im Jahr 1956 wurde er wegen kritischer politischer Weltanschauungen inhaftiert. Dennoch kehrte er nach seiner Entlassung in seinen Heimatort zurück und entschloss sich erst im Jahre 1984, nach Frankreich zu flüchten. Dort wurde ihm der Status als politisch Verfolgter anerkannt. Auch wenn der Fluchtversuch mit enormen Schwierigkeiten verbunden war, gelang es ihm, sich in Frankreich ein besseres Leben aufzubauen. Zufälligerweise traf er in Frankreich auf Sprecherin Bw1952, die bereits in Rumänien seinem Freundeskreis angehörte. Bw1952 Die 60-jährige Sprecherin, die sich sehr mit der rumänisch orthodoxen Gemeinschaft identifiziert, absolvierte eine Ausbildung zur Altenpflegerin, die sie mit dem Prädikat „ gut “ abschließen konnte. Da sich in Rumänien die wirtschaftliche Situation selbst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht verbesserte, entschloss sie sich, nach Frankreich auszuwandern. Auch wenn ihr das Erlernen der französischen Sprache angesichts der erst im Jahr 2000 erfolgten Immigration nach Paris Schwierigkeiten bereitet, kann sie französischen Konversationen folgen. Bw1965 Die 43-jährige Witwe und Mutter eines 20-jährigen Sohnes Bm1991 wurde in Baia Mare geboren, absolvierte nach der Schule eine Ausbildung zur Restaurantkauffrau und immigrierte aufgrund der schlechten Lebensbedingungen Rumäniens im Jahr 1999 nach Frankreich. Durch die Unterstützung eines Freundes aus der frankophonen Schweiz gelang es ihr im Vorfeld Grundkenntnisse in Französisch zu erwerben, so dass ihr nach 65 <?page no="66"?> erfolgter Migration in Paris Konversationen leichter fielen. Sie ist als Hausangestellte einer finanziell gut gestellten rumänischen Familie in Paris tätig, kümmert sich um die Angehörigen und bewohnt mit ihrem Sohn ein Appartement im Haus ihrer Arbeitgeberin. Bm1991 Dem 20-Jährigen wurde in Rumänien im Alter von 10 Jahren die Möglichkeit eröffnet, an einem französischen Sprachkurs teilzunehmen, der in Vorbereitung auf die Migration mit seiner Mutter nach Frankreich erfolgte. Sein persönlicher Umkreis setzt sich aus französischen Muttersprachlern zusammen, so dass eine Kommunikation in der rumänischen Sprache hauptsächlich mit seiner Mutter geführt wird. Außerdem werden die in Rumänien lebenden Großeltern unregelmäßig besucht, so dass der Kontakt zum Rumänischen als gering einzustufen ist. Er hegt den großen Wunsch, nach seinem Studium, welches er voraussichtlich im Jahr 2014 abschließen wird, in die USA auszuwandern. Bw1975 Nach dem Abitur absolvierte Bw1975 ein Lehramtsstudium, so dass sie unmittelbar im Anschluss daran eine Tätigkeit als Lehrkraft an einer rumänischen Schule aufnahm, um die französische Sprache zu unterrichten. Sie ist seit 15 Jahren mit einem Franzosen liiert und entschied sich aufgrund ihres persönlichen Interesses an der französischen Sprache, ein Studium an der Sorbonne aufzunehmen, um einen in Frankreich anerkannten äquivalenten Studiumabschluss zu erwerben. Die Mutter der 37-jährigen Literaturwissenschaftlerin unterrichtete in Rumänien in den Klassenstufen neun bis zwölf die französische Sprache. Als „ Intellektuelle “ ihres Freundeskreises äußert sie, neben der italienischen, auch die spanische Sprache zu beherrschen. Bw1978 Die Sprecherin wurde in Rumänien geboren, lebt seit zehn Jahren in Frankreich, ist mit einem Franzosen verheiratet und übernimmt als Hausfrau die Erziehung des einjährigen Sohnes. In Rumänien absolvierte sie erfolgreich den Studiengang Tourismusmanagement, welcher in Frankreich nicht anerkannt wird. Aufgrund der familiären Verhältnisse ist sie den täglichen Umgang mit der französischen Sprache gewohnt und verwendet das Rumänische im Umgang mit ihrem Sohn, um ihm die Möglichkeit zu gewähren, Konversationen mit den Großeltern in der rumänischen Sprache führen zu können. 66 <?page no="67"?> Sprechergruppe C Cm1972 Der Vater immigrierte nach der Trennung von seiner Ehefrau mit den beiden Töchtern Cw2005 und Cw2003 nach Paris. Die schlechte wirtschaftliche Situation Rumäniens und die bestehenden Kontakte zu bereits vor ihm ausgewanderten Freunden, bestärkten ihn nach seiner Ankunft in Paris, einen Beruf aufzunehmen. Die jüngere Tochter besucht in Paris die Vorschule, wohingegen die ältere bereits eine höhere Klassenstufe der Grundschule besucht. Cw1952 Die 60-jährige Witwe lebt seit dem Jahr 2005 in Frankreich und kümmert sich regelmäßig um die Kinder des Sprechers Cm1972. Ein Leben als Sekretärin in einer rumänischen Fluggesellschaft verhalf ihr zu bemerkenswerten Ausdrucksfähigkeiten in der rumänischen Sprache. Nach dem Ableben ihres Ehemannes in Paris steht sie in regelmäßigen Kontakt zu ihrer Schwiegermutter, die sie stets auf Fehler in ihren französischen Sprachgebrauch hinweist. Obwohl ihr Sohn die einzige Verbindung nach Rumänien darstellt, ist ihr Freundeskreis dennoch als heterogen zu betrachten, so dass Cw1952 sowohl auf Französisch als auch auf Rumänisch kommuniziert. Cm1979 389 Der 31-jährige in Bras ¸ ov geborene Sprecher entschied sich wegen familiärer Umstände, sein Heimatland zu verlassen. Der Versuch, in Rumänien eine Ausbildung aufzunehmen, fruchtete erst beim zweiten Anlauf. Da er keinerlei Perspektiven in Rumänien für seine Zukunft sah, beschloss er im Jahr 2000, nach Frankreich zu immigrieren. Sein persönliches Anliegen, einen Bruch mit seinem Heimatland zu vollziehen, äußert sich dahingehend, dass er jegliche Kontakte dorthin unterbindet. Seine Mutter sei vor langer Zeit nach Italien immigriert, um dort einen Neuanfang zu wagen. Sprechergruppe D Dw1978 Bei der ersten Interviewpartnerin handelt es sich um eine rumänische Muttersprachlerin, die im Jahr 2007 nach Paris ausgewandert ist, um ihre 389 Cm1979 in Discher (2013 a) als Bm1979 bezeichnet. 67 <?page no="68"?> beruflichen Ziele zu verwirklichen. Sie ist als Sachbearbeiterin tätig und organisiert kulturelle Ereignisse, so dass sowohl der persönliche als auch der telefonische Kontakt mit französischen Muttersprachlern unausweichlich für sie ist. Sie weist eine hohe französische Sprachkompetenz auf, welche sich in den aufgezeichneten Interviews widerspiegelt. Aus der Befragung geht hervor, dass sie im Alter von elf Jahren Französisch als erste Fremdsprache in der Schule erlernt hat. Darüber hinaus studierte sie nach dem Abitur französische und rumänische Literatur. Dw1979 Die Eltern der 30-jährigen Rumänin unternahmen im Jahr 1987 als politisch Verfolgte einen gelungenen Fluchtversuch nach Frankreich. Dw1979 ist mit einem aus dem Elsass stammenden Franzosen liiert und reist aus geschäftlichen Gründen durch das Land, um kulturelle Veranstaltungen zu organisieren. Seit ihrer Ankunft in Frankreich kommuniziert sie mit ihrem Vater auf Französisch und mit der Mutter auf Rumänisch. Dm1978 Der dritte Interviewpartner immigrierte im Jahr 2000 nach Paris, um sein Studium aufzunehmen. Im Alter von 12 Jahren erlernte er die französische Sprache in der Schule. Während des Studiums der französischen Literatur und Politikwissenschaften in Frankreich nutzte er die Möglichkeit, seine Sprachfertigkeiten zu verbessern. Die Immigration nach Frankreich war mit Vorstellungen von einem besseren Leben verbunden, die sich seiner Meinung nach nur teilweise erfüllten. Er ist ebenso wie Dw1979 den täglichen Umgang mit französischen Muttersprachlern gewohnt. Die im Anhang befindliche Tabelle fasst die wesentlichen Daten zu den Untersuchungspersonen zusammen. 68 <?page no="69"?> Abbildung 1: Wohnorte der Untersuchungspersonen in Paris 390 390 Bei der Abbildung 1 handelt es sich um einen eigens für diese Arbeit angefertigten Nachbau des Pariser Umrisses. Die in der Abbildung verwendeten Symbole sind ebenfalls eigene grafische Anfertigungen. 69 <?page no="70"?> 4 Empirisches Kapitel: Kompetenz der Variation In der Kompetenz der Variation erfolgt die Analyse des „ sprachlichen und metasprachlichen Wissens “ . 391 Die individuellen Lebensumstände und Charakteristika der nach Frankreich immigrierten Untersuchungspersonen ermöglichen eine Differenzierung in drei Untergruppen. Aus Sicht der Untersuchungspersonen wird der Einfluss der Migrationspolitik und deren Wirken auf diese Menschen dargestellt. In der „ geolinguistischen Prototypenklassifikation “ 392 erfolgt die Untersuchung des diatopischen Wissens, welches sich nicht allein auf die tertiären Dialekte des Französischen bezieht, sondern auch sekundäre und stellenweise primäre Dialekte mit veranschaulicht. 393 Die rumänische Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft in Paris setzt sich aus Menschen unterschiedlicher Regionen Rumäniens zusammen, so dass das diatopische Wissen zu den rumänischen Varietäten in der Analyse mit zu berücksichtigen ist. Im Vordergrund steht auch die Eigen- und Fremdbewertung, die anhand der Analyse des diastratischen Wissens aus Sicht der Untersuchungspersonen ein Meinungsbild über die Migrationssituation in Paris erlaubt. Die Auswertung des „ sprachlichen und metasprachlichen Wissens “ 394 der Untersuchungspersonen ermöglicht, in der „ kognitiven Prototypenklassifikation “ 395 den Nachweis über die Entwicklung von Interferenzvarietäten zu erbringen. 4.1 Rumänische Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen Die Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen wurden nach der Zuordnung zum jeweiligen Grad der Akkulturation vorgenommen. Dabei beschreibt die Akkulturation das Verhältnis der Menschen zur jeweiligen Ursprungs- und „ Empfängergesellschaft “ . 396 Gleichermaßen wurden bei der Zuordnung auch subjektive Integrationsmerkmale der Befragten berücksichtigt. 391 Stehl (2012: 94). 392 Nach Stehl (2012: 158). 393 Zur Differenzierung der primären, sekundären und tertiären Dialekte: Cf. Coseriu (2005: 106). 394 Stehl (2012: 94). 395 Stehl (2012: 108). 396 Zur Akkulturation: Cf. Stehl (2011 a: 38). 70 <?page no="71"?> Bei den potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten steht die Zuwendung zum Heimatland und eine emotionale Distanzierung von Frankreich im Vordergund, wohingegen die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer noch in ihrer Heimatgesellschaft verwurzelt sind, jedoch Frankreich als ihren Lebensmittelpunkt anerkennen. Die französischen Rumäninnen bzw. Rumänen sehen in Frankreich ihre Heimat. Unter Berücksichtigung dieser zentralen Zuordnungskriterien ist darauf hinzuweisen, dass Sprecherinnen bzw. Sprecher auch zwischen zwei Kategorien hätten eingruppiert werden können, wobei die spätere Zuordnung nach dem Schwerpunkt ihrer größeren Nähe zu einer Gruppe erfolgte. 397 Diese Zuordnungsparameter sind nicht als statische Größen zu betrachten, sondern unterliegen dem fortwährenden Prozess der Veränderung. Für die Analyse des Datenmaterials ist diese Differenzierung erforderlich. 4.1.1 Potenzielle Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten Eine Unterscheidung der potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten, die für sich eine Option zur Rückkehr nach Rumänien sehen, erfolgt in zwei Untergruppen, die im Folgenden vorgestellt werden. 398 4.1.1.1 Die wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer Bedeutendes Merkmal dieser Gruppe ist, dass sich trotz des langjährigen Aufenthaltes in Frankreich weder ein sprachlicher noch ein kultureller Identitätswechsel vollzogen hat. Dieser Umstand lässt sich anhand verschiedener Anhaltspunkte belegen, wobei die nachteilige wirtschaftliche Situation Rumäniens als Hauptfaktor zu benennen ist, die diese Menschen aktuell noch von einer Rückkehr in ihre Heimat abhält. Die Immigration nach Frankreich war mit Vorstellungen von einem besseren Leben verbunden, die aus der Sicht der Sprecherinnen bzw. Sprecher nicht erfüllt wurden. Die Familie A entschloss sich im Jahr 1996 nach Rumänien zurückzukehren. Nach einem dort eineinhalbjährigen Aufenthalt erschien 397 Cf. Discher (2013 c: 10 - 11). Cf. Discher (2014: 141 - 142). 398 Die Bezeichnungen wirtschaftlich motiviert und geringer qualifiziert treffen auch auf Untersuchungspersonen der anderen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen zu. Jedoch werden diese Motivlagen in den beiden anderen Gruppen durch weitere Eigenschaften ergänzt, die als Differenzierungskriterien herangezogen werden können. 71 <?page no="72"?> eine erneute Rückkehr nach Frankreich unausweichlich. Jedoch wird bis zum heutigen Zeitpunkt ein Leben im Heimatland nicht ausgeschlossen. Ähnliche Ansichten wie Familie A vertritt Dm1978, der aus wirtschaftlichen Gründen nach Frankreich immigrierte und dort sein Studium aufnahm. Er steht exemplarisch für diejenigen, die trotz eines in Frankreich absolvierten Studiums unzufrieden mit ihrer Lebenssituation sind. Die sozial von den Französinnen bzw. Franzosen distanzierte Lebensweise ist als charakteristisches Merkmal dieser Menschen anzusehen. Das Bewusstsein, im Lebensalltag Französisch sprechen zu müssen, wird als Einschränkung ihrer Lebensqualität empfunden. So äußerten sie: Aw1965: «Je préférerais partir, quitter la France. Moi, c ’ est plus pour apprendre un [sic. une] autre langue et un peu changer la [sic. de] ville.» Am1965: «Je préférerais m ’ installer ailleurs. Je, pour l ’ instant, je ne peux pas décider [sic. me décider] au [sic. en] dehors de la France. Je suis pas content de ma vie ici.» Aw1991: «[. . .] Je suis plus roumaine que française.» Dm1978: «Ça ne s ’ est pas passé comme je l ’ ai [sic. avais] imaginé mais globalement j ’ étais venu parce que j ’ étudiais le français donc c ’ était naturel. Après je ne savais pas si j ’ allais retourner ou pas chez moi. Maintenant je suis comme [sic. je me sens comme] si j ’ étais en Roumaine je travaille pour l ’ État roumain c ’ est tout à fait particulier. Donc, pour moi, c ’ est une manière de rentrer à la maison. Au bout des dix ans j ’ avais un peu marre de ce que je faisais. Ça commençait à me peser.» 4.1.1.2 Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte Das Tätigkeitsfeld der geringer qualifizierten Arbeitskräfte 399 erfordert keine umfangreichen französischen Sprachkenntnisse. Das Bildungsniveau schränkt die Berufswahl stark ein, so dass neben den handwerklichen Berufen auch überwiegend Hilfstätigkeiten ausgeübt werden. Das über die französischen Medien bereitgestellte Unterhaltungsangebot, das zur Verbesserung der Sprachfertigkeiten beitragen könnte, wird von diesen Untersuchungspersonen, die vorzugsweise auf rumänischsprachige Programme im Internet zurückgreifen, nicht genutzt. Der Kontakt zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern wird vermieden. Die Hoffnung, sich wirtschaftlich positiv zu entwickeln und ihre Familien in der Heimat finanziell unterstützen zu können, lässt den Wunsch nach finanzieller Verbesserung wachsen. Interessant ist die Tatsache, dass die Töchter Cw2003 und Cw2005 von Cm1972 bereits über eine sehr gute französische 399 Bw1952; Cw1952; Cw1979; Cm1972. 72 <?page no="73"?> Sprachkompetenz verfügen und dem Vater bei behördlichen sowie offiziellen Unternehmungen in Paris als Übersetzerinnen zur Seite stehen. Aufgrund der vom französischen Staat bereitgestellten Sozialisierungsmaßnahmen und wegen des eigenen Schulbesuches in Paris stellen die Kinder dieses Sprechers eine Verbindung zwischen den geringer qualifizierten Arbeitkräften und den anderen Sprecherinnen bzw. Sprechergruppen dar. Cm1979 bildet auch eine Ausnahme unter den geringer qualifizierten Arbeitskräften. Er versucht, sein sprachliches Wissen in Französisch, durch die Rezeption französischer Texte zu erweitern. Aufgrund seines sozialen Status und seines Umfeldes erscheint die Kontaktaufnahme zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern für ihn jedoch unmöglich zu sein. Er stellt eine Verbindung zwischen dieser Gruppe und den integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrern dar. 4.1.2 Integrationswillige Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer Das Sozialleben der integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer 400 findet im Umfeld rumänischer Einrichtungen statt, so dass eine gegenseitige Unterstützung in allen Lebenslagen gewährleistet ist. Angefangen bei der Wohnungssuche, über die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen oder die Arbeitsvermittlung wirkt sich der Zusammenhalt in dieser Gruppe positiv auf den sprachlichen und den kulturellen Integrationsprozess aus. Im Gegensatz zu der ersten Gruppe lassen diese Untersuchungspersonen nichts unversucht, sich sowohl sprachlich als auch kulturell anzupassen. Dieser Entwicklungsprozess wird durch die regelmäßige Teilnahme an Sprachkursen und durch den Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen vorangetrieben. Das soziale Umfeld ist somit als sprachlich heterogen zu bezeichnen. Innerhalb der verschiedenen Sprecherinnenbzw. Sprechergenerationen bestehen eheliche Gemeinschaften aus beiden Kulturkreisen, so dass die Sozialisierung des Nachwuchses bereits in Frankreich stattfindet. Auch wenn die rumänischen Traditionen beibehalten werden, erfolgt eine Verbindung mit den Bräuchen des Ehepartners, so dass die französische Sprachverwendung alltäglicher Lebensbestandteil bleibt und die rumänische Sprache nur noch partiell ihre identitätsstiftende Wirkung beibehält. Der intensive Kontakt dieser Gruppe zur französischen Gemeinschaft 400 Bm1931; Bw1965; Bw1975; Bw1978. 73 <?page no="74"?> bewirkt eine Distanzierung zur Ausgangsgesellschaft, so dass ein Kompromiss zwischen den sprachlichen und kulturellen Traditionen gefunden wird. Im weiteren Integrationsprozess kann es „ zur Herausbildung hybrider Sprachidentitäten “ 401 kommen. 4.1.3 Potenziell integrierte französische Rumäninnen und Rumänen Die potenziell integrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen 402 stellen in der rumänischen Gemeinschaft eine Besonderheit in Paris dar. Das Rumänische wird in diesem Kreis nur dann verwendet, wenn mit einem im Umkreis lebenden Menschen eine Kommunikation in Französisch nicht möglich ist oder alte Bekannte mit ähnlichen Schicksalen zusammen sind. Das Rumänische hat in dieser Gruppe schon weitestgehend den Status einer Fremdsprache angenommen. Die Konversationen finden im privaten und im beruflichen Sektor in französischer Sprache statt. Der Übergang von der Zweisprachigkeit zur Einsprachigkeit in der Familie von Bw1931 vollzog sich bereits nach der zweiten Generation. Den französischen Rumäninnen bzw. Rumänen kann eine erfolgreiche sprachliche und kulturelle Integration attestiert werden. Auf die Fragestellung, welcher Nationalität sie sich angehörig fühlen, erwidern sie Französinnen bzw. Franzosen zu sein. 403 Die Unterteilung der Untersuchungspersonen in drei Gruppen impliziert ebenso eine Befragung nach ihrem Immigrationsempfinden. 4.2 Integrationspolitik aus Sicht der Untersuchungspersonen Ein einheitliches Meinungsbild über die Migrationssituation in Frankreich lässt sich nicht feststellen. Die Betrachtung der Aussagen zeigt, dass insbesondere nach 1989 ein Leben in Frankreich mit deutlichen Integrationshindernissen verbunden war. Familie A erklärt, dass sie sich selbstständig um die Teilnahme an Sprachkursen bemühen musste. Die finanziellen Mittel dafür reichten kaum aus, so dass vorzugsweise die französische Sprache im Umgang mit den Arbeitskolleginnen bzw. -kollegen erlernt wurde. Am1965: «C ’ était une première partie avec une dame qui était ma professeure et ensuite, c ’ était au travail avec mes collègues. J ’ ai dû communiquer.» 401 Stehl (2011 a: 38). 402 Bm1991; Bw1931; Dw1978; Dw1979. 403 Die ausführliche Vorstellung der Gruppen erfolgt auch in: Discher (2013 a: 352 - 355). 74 <?page no="75"?> Nach den Aussagen von Dm1978 hat es im Jahr 2000 seitens der Regierung keine ausreichende sprachliche und kulturelle Förderung der Integration gegeben. Dm1978: «Ils ont un énorme problème du [sic. par] rapport à l ’ immigration. Déjà que, pour eux, constitutionnellement ils ne reconnaissent pas les minorités françaises, il n ’ y a pas de cours de français, c ’ est quelque chose de structurel, ça procède de la République. Je pense que la France a un véritable travail à faire. Je suis assez pessimiste sur la manière dont ça a été engagé mais bon. Je ne voudrais pas le dire.» Dm1978: «Déjà, le gouvernement fait pas mal de choses à mon avis, la France, bon, je ne peux pas tenir un discours extrémiste mais tu sais qu ’ aux Pays Bas ou en Allemagne, ou en Angleterre, c ’ est pas du tout comme ça. Les gens doivent apprendre à respecter les institutions, la culture, sinon tu es très marqué. C ’ est une question de schizophrénie qui, selon moi, est une des sources principales de tensions en France, du moins je le perçois comme ça.» Bw1978 und Bw1931 hingegen bestätigen die Existenz von Institutionen, die ihre Unterstüzung anbieten. Bm1931 verweist auf die schlechte Reputation der Rumäninnen und Rumänen in Frankreich. Bm1931: «Après la Deuxième Guerre mondiale tout a changé. Les Roumains sont mal vus, on parle des Roumains comme des voleurs.» Bw1978 wollte sich sogar im Jahr nach ihrer Ankunft in einen Sprachkurs einschreiben. Die Ausführungen im theoretischen Kapitel belegen exemplarisch, dass sich in den letzten Jahrzehnten das Angebot von Förderungsmaßnahmen stark verbessert hat. Bw1978: «Je voulais m ’ inscrire [sic. à fehlt] un cours à la Croix Rouge. Ils m ’ ont dit vous parlez bien.» Bw1931: «Écoutez, la France, en général, elle t ’ accueille très bien ça je peux vous dire que [sic. ni fehlt] moi personnellement ni mon mari, on a jamais eu des [sic. de] problèmes de rejet de la part des Français.» Als ehemaliger Mitarbeiter des Institut roumain bestätigt Dm1978, dass das Anliegen dieser Einrichtung darin liegt, die rumänische Kultur und Sprache für Französinnen bzw. Franzosen zugänglich zu machen. Bei Interesse auf Seiten der französischen Gesellschaft wird dort ein kultureller Austausch ermöglicht, der dazu beiträgt, bestehende Vorurteile abzubauen. Dm1978: «C ’ est ouvert pour tout le monde, notre mission est de promouvoir la culture roumaine en France donc vers les Français, uniquement en seconde intention vers la communauté roumaine mais ce n ’ est pas notre première préoccupation. Bon, on essaye de varier la programmation en termes de théâtre et films.» 75 <?page no="76"?> Die Freiheit für Rumäninnen und Rumänen eine Tätigkeit auszuüben, ist selbst nach 2007 mit erheblichen Erschwernissen verbunden. Aufgrund der Rechtslage bestanden noch bis Ende 2013 besondere Auflagen 404 , was in der Vergangenheit in Zeiten kurzfristiger Arbeitslosigkeit emotionale Belastungen bewirkte. Immerhin führte bei behördlichen Kontrollen das Fehlen von Dokumenten auch nach einem langjährigen Aufenthalt in Frankreich zu einer Ausweisung nach Rumänien. Dies betrifft neben Bw1965 auch andere Untersuchungspersonen der rumänischen Gemeinschaft, wobei Cm1979 trotz ähnlicher Erfahrungen wie Bw1965 ein gutes Verhältnis zum französischen Kulturkreis hat. Bw1965: «Quand je suis arrivée en France, j ’ étais un peu toute seule mais le premier pas 405 que j ’ ai fait, c ’ était d ’ aller à la préfecture, de me déclarer. Comme quoi, je suis là parce qu ’ à l ’ époque il y avait beaucoup des [sic. de] problèmes pour toutes les étrangères qui sont venues en France. Donc, je voulais pas rester dans la rue [. . .] mais la police [. . .], qui m ’ envoie tout de suite en Roumanie.» Cm1979: «Moi, je les aime bien, même si j ’ ai pas pu m ’ intégrer après six ans parce que la loi, elle est un peu bidou. 406 [sic. bidon] [. . .]Moi, je les aime beaucoup, je les respecte, je comprends pourquoi.» Das Warten auf den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung war für Bw1965 mit deutlichen emotionalen Tiefpunkten verbunden. Ihr Sohn Bm1991 war bereits schulisch integriert, so dass die Angst, dauerhaft ihre Wahlheimat verlassen zu müssen ständig vorhanden war. Nach regelmäßigen Behördenbesuchen konnte ihr letzten Endes ein dauerhafter Aufenthaltstitel erteilt werden. Bw1965: «J ’ ai reçu un droit [sic. un permis] d ’ habitation qui m ’ a permis [sic. d ’ fehlt] habiter ici mais sans travailler. Le droit [sic. le permis], je l ’ ai renouvelé un fois par trois mois. [sic. une fois tous les] [. . .] après deux ans, j ’ ai eu la chance d ’ avoir le droit, mes droits complets, de travailler aussi, mon titre de séjour.» Den Aussagen nach fühlen sich Rumäninnen und Rumänen gegenüber anderen europäischen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen aufgrund der Zugehörigkeit zum rumänischen Sprach- und Kulturkreis deutlich benachteiligt. 407 404 Cf. Hierzu: Cf. http: / / diepresse.com/ home/ politik/ aussenpolitik/ 1289446/ Rumae niens-Staatschef_SchengenBeitritt-suspendiert (18. 10. 2012). Discher (2013 c: 9). 405 Bw1965 artikuliert „ Schritt “ als [pas]. 406 Cm1979 artikuliert [bidu]. 407 Cf. Hierzu: Kompetenz der Variation. 76 <?page no="77"?> Aw1991: «Euh, je pense que le gouvernement déjà oui devrait soutenir le roumain plus [sic. devrait plus soutenir le roumain], au sens où la culture est le plus écoulé, ça veut dire vide comme il le fait maintenant. Déjà écouler certaines idées. Je dis ça parce que il y a deux jours ou trois jours, je l ’ ai entendu à la radio. C ’ est un ministre des Affaires étrangères, un des ministres de Sarkozy, qui a dit à la radio clair et net en parlant des Tziganes: oui, qu ’ ils viennent de Roumanie ou de Yougoslavie», il dit ça, voilà et il continue et ça continue en fait avec „ la Roumanie, la Roumanie, la Roumanie. “ Et après, Sarkozy qui renchérit dessus avec: „ Les Tziganes de Roumanie “ . 408 Il l ’ a dit clairement à la radio, à la télé. Donc, les gens voient ça et à mon avis, ça, arrêter de faire ces propos, enfin, dire ces propos [sic. tenir des propos], ce serait déjà bien, oui, après inciter à connaître la culture roumaine, oui. Parce qu ’ y a [sic. il y a] plein de gens qui pensent que le roumain, c ’ est une langue slave et je leur dis: „ Ben, non, le roumain, c ’ est une langue latine.» Dieser Nachteil bezieht sich ebenso auf die Anerkennung akademischer Bildungsabschlüsse, die in Rumänien erworben wurden. In den untersuchten Gruppen wurde lediglich der akademische Grad von Bw1931 und Bm1931 durch die Behörden berücksichtigt. Rumäninnen und Rumänen, die seit 1989 nach Frankreich immigrierten, mussten trotz bestehender Regelungen des CIEP 409 ihr Studium in Frankreich wiederholen. Bw1978: «Moi j ’ ai vu ici en France, t ’ as plein [sic. de fehlt] métiers, moi si je dis, j ’ ai fait le management tourisme [sic. touristique] et commerciale. Ils me disent, oh, vous avez fait le tourisme ou vous avez fait le commerce? Dans mon école, on fait tous les deux.» Dem Internetauftritt dieser Behörde kann entnommen werden, dass die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Dennoch trägt der mehrsprachig angebotene Internetauftritt für Nicht-Muttersprachlerinnen bzw. Nicht- Muttersprachler zu einem besseren Verständnis der Behördentexte bei. Im Zuge des Wahlkampfes 2012 der Regierung Sarkozy wurden zur Schaffung der inneren Ordnung und Sicherheit illegale Romalager geräumt. 410 Dies führte zu einer Verschlechterung der öffentlichen Reputation der Roma und gleichzeitig der Rumäninnen bzw. Rumänen. 408 Aufgrund der politischen Situation in Frankreich im Jahr 2010 wurde der „ Rahmen für nationale Strategien zur Verbesserung der Lage von Roma in Europa “ beschlossen. Hoffmann (2011). 409 Cf. http: / / www.ciep.fr/ (10. 01. 2013). 410 Cf. Chastand (2010). 77 <?page no="78"?> Bw1965: «À mon avis je pense que le gouvernement français il devrait, faire aider les gens qui sont en volontaire de travailler [sic. qui sont volontaires pour travailler] parce qu ’ ils [sic. parce que ce sont] sont des gens qui viennent ici c ’ est vrai de partout du [sic. dans le] monde. Il y a des gens qui viennent ici pour travailler et il y a des gens qui viennent ici pour voler. Pour ceux qui veulent travailler qui veulent s ’ intégrer vraiment dans la vie sociale de la France. Il faut les aider, il faut quand même faire un peu faire attention à ces gens-là.» Der zunehmende Reputationsverlust stößt unter den rumänischen Migrantinnen bzw. Migranten teilweise auf Verständnis, weil sie erkennen, dass die Immigration aus Rumänien nach Frankreich unter anderem auch eine Einwanderung in die französischen Sozialsicherungssysteme zum Ziel hat, ohne sich in ökonomischer Hinsicht integrieren zu wollen. 4.3 Wissen über diatopische Varietäten: Französisch „ Die geolinguistische ist die historisch älteste Form der Prototypenklassifikation. “ 411 „ Das Zusammenwirken von sprachlichem und metasprachlichem Wissen “ 412 wird von Stehl „ als Prototypenwissen “ 413 bezeichnet. Innerhalb der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft hat sich herausgestellt, dass Untersuchungspersonen differenzierte metasprachliche Bewertungen über diatopische Varietäten abgeben, wenn sie wiederholt Wohnortwechsel vornehmen und einen regelmäßigen Kontakt zu ihren rumänischen und französischen Familien in Regionen Frankreichs und anderen Ländern pflegen. Aw1991 sowie die Töchter des Sprechers Cm1972 greifen aufgrund der in Frankreich erfolgten Sozialisation auf eine andere Spracherfahrung zurück. Deshalb sind ihre Aussagen ebenfalls für die Analyse heranzuziehen. Jedoch hat der fehlende Kontakt zum Heimatland zur Folge, dass Aw1991, Bm1991, Cw2005 und Cw2003 keine oder nicht umfangreich Prototypen des Rumänischen beschreiben. Aw1991: «Là, j ’ aurai peut-être du mal parce que je connais pas forcément la région, la géographie complète de la Roumanie.» Um einen Vergleich zwischen den diatopischen Varietäten des Französischen vorzunehmen 414 , wird von den Untersuchungspersonen die ihnen vertraute Pariser Regionalsprache als Vergleichsgröße herangezogen. 411 Stehl (2012: 117). 412 Ebd. (2012: 86). 413 Ebd. (2012: 86). Stehl bezieht sich auf die Prototypentheorie von Holenstein. 414 Zum exogenen und endogenen Standard: Stehl (2012: 121). 78 <?page no="79"?> Unter ihnen befinden sich Sprecherinnen und Sprecher, die selbst Varietäten erkennen, die sich historisch betrachtet unterschiedlich entwickelt haben. Die Analyse des empirischen Materials verdeutlicht, dass Veränderungen des Akzentes sowie rhythmische Besonderheiten als häufiges Kriterium zur Identifizierung eines „ Prototyps “ genannt werden. 415 Die potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten, zu denen Aw1964, Am1965, Aw1991 sowie Sprecher Cm1972 und Dm1978 gehören, benennen Merkmale diatopischer Varietäten des Französischen. 4.3.1 Die français régionaux in Frankreich Trotz regionsspezifischer Merkmale wird der französische Sprachraum als homogen bezeichnet. Zwei der Befragten äußerten sich dazu wie folgt: Aw1991: «Mais en France, même s ’ il y a des différences d ’ une région à l ’ autre, c ’ est à peu près homogène alors que le français suisse, ça fait moins partie du français de France, alors que le québécois [. . .].» Bm1931: «La langue française qu ’ on parle maintenant, [. . .] la langue française est une langue unifiée.» 416 Als Abweichungsprototyp 417 wird auch in dieser Untersuchung das français du midi erkannt. Ein bedeutender Unterschied zum français parisien ist die Aussprache von Lexemen. Bw1978: «À Paris, on dit [ ʒ ef ɛŋ ] à Marseille on dit [ ʒ ef ɛŋ ]. (. . .) C ’ est plus beau de dire [ ʒ ef ɛŋ ].» Aw1964: «Par exemple je peux dire qui vient du Sud. Il prononce [pe ŋ ] [pe ŋ ] 418 , [ m ɛŋ ].» 415 Am häufigsten werden befragten Personen regionale Merkmale unterschieden, die den Akzent betreffen. Dabei handelt es sich um „ phonetische Abweichungen von der zielsprachlichen Norm “ . Schaden (2007: 14) Selbst wenn Sprecherinnen bzw. Sprecher Akzente erkennen, ohne die charakterisierte Sprache zu beherrschen, fällt es ihnen regelmäßig schwer, Sprachstrukturen konkret zu benennen. Cf. ebd. (2007: 16). 416 „ Eine Gemeinsprache ist ein Sprachsystem, das für den gesamten sprachlichen Verkehr der ganzen Gemeinschaft, insbesondere über die regionale Verschiedenheit hinaus, gelten sollte “ . Cf. Coseriu (1988: 142). Bm1931 identifiziert diese in Frankreich als „ langue unifiée “ . Die ‚ exemplarische Sprache ‘ repräsentiert nach Coseriu (2005: 116) die präskriptive Norm der Standardsprache. 417 Stehl (2012: 163). 418 Bw1978 und Aw1964 versuchten im Interview für die genannten Beispiele, die Äquivalente [ p ɛ ̃ ] und [ m ɛ ̃ ] mit Nasalvokal auszusprechen, was ihnen jedoch nicht gelang. Hierzu ausführlich: Cf. Kapitel der Linguistik der Variation. 79 <?page no="80"?> Bw1978: «Oui, les gens du Sud ils prononcent le e c ’ est très ouvert, les mots, l ’ accent, il est plus long. (. . .) À Paris on dit [ j ɛ m bj ɛŋ ], au Sud on dit, [ j ɛ m bje ŋ ].» 419 Bm1991 betont, dass im Südfranzösisch, im Vergleich zu der ihm vertrauten Pariser Regionalsprache, deutlich prosodische Unterschiede bestehen. Aw1991 konkretisiert die Aussage und benennt sogar die unterschiedlichen Öffnungsgrade der Vokale in den diatopischen Varietäten. Außerdem beschreibt Aw1991 die fehlende Opposition des palatalen Oralvokals / a/ sowie des velaren Oralvokal / ɑ / in der Pariser Regionalsprache. 420 Bm1991: «Dans le Sud ils prononcent un peu, c ’ est plus, mh [. . .] Ils modifient les voyelles, ils modifient les intonations vraiment sur tous les mots. Ça donne un truc vraiment différent.» Aw1991: «On reconnaît quelqu ’ un du Sud parce qu ’ il a un accent spécifique. Ils font des [a]. Ils disent pas [a] mais [o], presque [ ɔ ]. En fait, on [sic. le] reconnaît, il a un accent.» 421 Aw1991: «[. . .] il y a les mots. Ils sont tous collés les uns après les autres. Par exemple, en Normandie, ils parlent avec un fort accent. [sic. Il n ’ fehlt] Y a pas des mots qu ’ on utilise en français [sic. Il y a des mots qu ’ on n ’ utilise pas en français]. Le français de Paris, il est dur à comprendre parce qu ’ on colle les mots les uns après les autres.» Aw1991: «Pour moi, le français parisien par exemple, c ’ est le a, on dit „ a “ [. . .] à Paris.» Aw1991 schreibt dem Pariser Französisch einen fehlenden Sprachcharakter zu. 422 Aw1991: «Je trouve que le français parisien, il a pas de caractère alors que les autres français, ils ont une teinte, une identité plus que le français parisien. Le français parisien, c ’ est le français tout court. [. . .] Le français de Marseille, il a une teinte dans l ’ accent et ça lui donne son caractère, son identité alors que le français parisien, c ’ est un français utilisé juste pour parler qu ’ [sic. il fehlt] y a beaucoup de gens ici à Paris, [sic. il fehlt] y a une densité de 419 „ Les voyelles nasales diffèrent par deux traits de celle du français commun: “ Müller (1985: 165) „ 1° elles sont plus fermées [. . .] “ „ 2° elle sont articulées avec un segment consonantique plus ou moins net [n, m, ŋ ] “ Müller (1985: 165). 420 Zu dieser Opposition cf. Pustka (2008: 239). 421 Aw1991 verweist auf ein weiteres Phänomen, welches durch Muller erklärt wird. Aus ihrer Kindheit kennt sie Lyon, aber auch andere Regionen des Landes. „ La tendance à fermer devant consonne les voyelles [ ɛ ] dans les Vosges et [ œ ] en Bourgogne/ Lyonnais concerne aussi Franche-Comté la voyelle [ ɔ ] devant [r]: port [por], corps [kor]. “ Muller (1985: 164). 422 Weiterführende Untersuchungen zum Pariser Akzent: Cf. Pustka (2008: 213 - 249). 80 <?page no="81"?> population et il faut qu ’ on s ’ entende [sic. qu ’ on se comprenne] tous. Donc, on va parler un français moins caractérisé. [sic. eher: typé]» In jungen Jahren bildete die Stadt Lyon den Lebensmittelpunkt von Aw1991. Aufgrund dessen kann sie rhythmische Besonderheiten und das Fehlen der Liaison zwischen einzelnen Wortgruppen im français lyonnais beschreiben. Aw1991: «Quand je vais à Lyon, [sic. il fehlt] 423 y a un autre rythme dans la langue. C ’ est plus rapide ici à Paris qu ’ à Lyon. “ (. . ..) à Lyon, on fait pas des [sic. de] liaisons. Par exemple, on va pas dire „ des eaux “ [deso] comme on dit à Paris, à Lyon, on va dire [des o].» Grundsätzlich nehmen alle Sprecherinnen bzw. Sprecher prosodische Unterschiede in den français régionaux wahr. Bw1965 stellt fest, dass sich die Pariser Regionalsprache, im Vergleich zu den in der Normandie und in Marseille verwendeten Regionalsprachen, deutlich positiv unterscheidet. Auch Bw1975 erkennt Unterschiede, jedoch fällt es ihr schwer, die Angaben zu den unterschiedlichen Akzenten zu konkretisieren. Bw1965: «Il y a parfois ceux d ’ en haut du [sic. de] Normandie qui ont leur accent, il y a ceux à Marseille qui ont leur accent, et moi, je pense que ceux qui viennent à Paris, autour de Paris, ils parlent le français littéraire, quand même assez clair, très clair [. . .] Je peux pas t ’ expliquer ça très bien mais je vois de temps en temps les gens de Marseille [. . .]. C ’ est une sorte de différence entre comme [sic. comment] ils parlent ici français et comme [sic. comment] ils parlent là-bas.» Bw1975: «La théorie des accents, je la connais par c œ ur. Marseille et [sic. la] Bretagne, il ya une différence.» Häufige Reisen in der Kindheit und längere Aufenthalte in den verschiedenen Regionen Frankreichs ermöglichen auch Dw1979, die français régionaux anhand des Akzentes geographisch einzuordnen. Dw1979: «Oui, parce qu ’ il y a des régions forcément qui ont un plus fort accent que d ’ autres. Par exemple, comme j ’ ai habité à Bordeaux, je sais reconnaître l ’ accent bordelais. Mais tu vois, par exemple, quelqu ’ un qui vient de l ’ Alsace [sic. d ’ Alsace], je peux aussi m ’ en rendre compte, parce que j ’ ai habité là. C ’ est vraiment l ’ accent différent [sic. un accent différent]. Et pareil, pour Marseille et tout ça, tu vois à peu près d ’ où est-ce que les gens viennent, mais tu vois, parce qu ’ il y a bien de l ’ accent comme ça.» 423 Hierbei handelt es sich um ein Merkmal des gesprochenen Französisch, das in den Zitaten mit [sic.] gekennzeichnet wird. 81 <?page no="82"?> Aw1991 fügt hinzu, dass in anderen Regionen Frankreichs lexikalische Unterschiede beispielsweise zur Beschreibung von Schreibgegenständen bestehen. Aw1991: «[. . .] Je connais une fille qui venait du Nord. Elle disait pour dire „ un crayon à papier “ „ un crayon de bois “ et ça se dit pas à Paris „ crayon de bois “ , on dit „ crayon à papier. “ » 424 Cw1952 erinnert sich, lexikalische Abweichungen in ihrem Bekanntenkreis wahrgenommen zu haben, kann diese jedoch nicht genau benennen. Cw1952: «J ’ ai des voisins qui viennent de Bretagne. Il y a quelques expressions. Je demande qu ’ est-ce-que c ’ est ça, elle m ’ a dit: «mais je sais pas.» Die Analyse des diatopischen Wissens beweist, dass die Rumäninnen bzw. Rumänen mehrheitlich die Existenz von Basisdialekten in Frankreich wahrnehmen. Bw1931 berichtet nach ihrer Ankunft in der Bretagne im Jahr 1974 mit Menschen konfrontiert gewesen zu sein, die sich durch eine mangelhafte Beherrschung des Französischen auswiesen. Bw1931: «Mais les Bretons, il faut savoir que jusqu ’ à il y a pas si longtemps, les vieux savaient pas parler bien [sic. pas bien parler] le français, les femmes surtout qui étaient restées à la maison dans les campagnes. Ils parlaient le français mais la génération des vieux ils parlaient pas quand je suis arrivée en France, il y a 37 ans. En fait, quand j ’ ai habité à Nantes qui est en Bretagne, j ’ ai vu quelques paysans bretons qui parlaient très mal, les femmes surtout, le français.» Die Existenz von Minderheitensprachen wird ebenfalls von Aw1991, Bw1931 und Dw1979 erkannt. In Frankreich wird diesen Sprachen eher eine untergeordnete Aufmerksamkeit beigemessen. 425 Soweit durch die Aussagen zum Ausdruck gebracht wird, dass der aktiven Verwendung von Minderheitensprachen in der gesellschaftlichen Auffassung in Frankreich ein Malus zukommt, folgt daraus die Erkenntnis, dass dieser erst recht der Verwendung des Rumänischen anhaftet, wie den Ergebnissen im weiteren Verlauf der Arbeit zu entnehmen ist. Aw1991: «En fait, les langues minoritaires, [. . .] Les gens ne les pratiquent plus vraiment, d ’ un côté c ’ est d ’ être mis à l ’ écart et de ne pas faire partie de la même part de la communauté [. . .], d ’ avoir des désavantages.» 424 In den Regionalsprachen hat sich eine Vielzahl an Archaismen erhalten. Cf. Prüßmann-Zemper (1990: 832). 425 Die Charta zum Schutz der Minderheitensprachen sieht ausdrücklich deren Pflege vor, so dass selbst für die Ausbildung von Lehrkräften in Universitäten Auflagen festgelegt werden, die jedoch in der Praxis auslegbar bleiben. Cf. Willwer (2008: 82 - 83). 82 <?page no="83"?> Dw1979: «En France, le fait de pas parler les dialectes, c ’ était une volonté politique, à la base. En Alsace, c ’ était une volonté politique des Français de ne pas enseigner, de ne plus enseigner, de ne plus parler l ’ alsacien à l ’ école parce qu ’ avant c ’ était allemand.» 4.3.2 Das français suisse In den rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen beschränkt sich das diatopische Wissen zu den französischen Varietäten außerhalb Frankreichs auf das français suisse und auf das français québécois. Als einziges Mitglied ordnet Bm1931 den galloromanischen Sprachraum historisch ein. Bm1931: «[. . .] Il y a le [sic. la] langue d ’ oc et le [sic. la] langue d ’ oïl. Je parle la langue d ’ oïl. La langue d ’ oc on parle là-bas, en Provence. “ „ Je parle la langue d ‘ oïl.» Der Schweizer Raum zeichnet sich durch seine Sprachenvielfalt aus, die historisch begründet ist. 426 Schmitt formuliert dazu, dass sich seit der Völkerwanderung „ die romanisch-germanische Grenze nicht mehr wesentlich verändert hat. “ 427 Einige der Untersuchungspersonen beschreiben regionsspezifische Charakteristika im français suisse. Diese bleiben jedoch auf die Darstellung prosodischer Besonderheiten reduziert. Bw1931: «En Suisse, la Suisse française, ils chantent un peu différent [sic. différemment] mais on les comprend sans problème [. . .].» Dw1978: «Là oui, que je sois capable de qualifier l ’ accent. Il y a la Suisse, le Canada, je peux facilement reconnaître les Québécois. On les identifie immédiatement mais aussi, si c ’ est un francophone, il parle avec certaines influences de son pays. Je ne suis pas sûre. [. . .]» Bw1965 verweist auf den «accent bizzare» und sieht darin ein Abgrenzungskriterium gegenüber der ihr bekannten Pariser Regionalsprache. Damit spiegelt Bw1965 das Meinungsbild der Gesamtheit wider. Weiterhin besteht in der rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergemeinschaft Einigkeit dahingehend, dass phonetische Abweichungen im französischen Diskurs einer Schweizerin bzw. eines Schweizers nicht zu Verständnisschwierigkeiten führen. Der Kontakt zu einem Bekannten, dessen Lebensmittelpunkt die Suisse romande bildet, ermöglicht Bw1965 derartige Aussagen zu treffen. Bw1965: «En Suisse c ’ est comme on peut dire, c ’ est plus facile à parler, c ’ est comme un sorte [sic. une sorte] de traduction de la langue roumaine en 426 Cf. Schmitt (1990: 726). 427 Schmitt (1990: 727). 83 <?page no="84"?> français, en fait, c ’ est un français qui est pas comme en France, c ’ est un français assez simple à parler.» Cm1972: «Je ne connais pas la langue de Suisse.» Nicht alle Untersuchungspersonen sind in der Lage, die Schweizer Regionalsprachen nach sprachlichen Kriterien zu identifizieren. 4.3.3 Das français québécois Als markantes Merkmal im québécois wird von den Sprecherinnen Aw1991, Bw1931 und Dw1979 neben Abweichungen im Akzent auf lexikalische und syntaktische Divergenzen hingewiesen. Aufgrund dessen kann eine Kommunikation mit einem québécois (francophone) durch Verständnisschwierigkeiten geprägt sein, wie den nachfolgenden Zitaten entnommen werden kann. 428 Bw1931: «[. . .] au Canada quand vous allez dans les campagnes, on a du mal à comprendre le français. Il faut qu ’ on s ’ habitue. On suppose que c ’ est un mot qui doit être quelque chose dans ensemble dans une phrase [sic. dans l ’ ensemble d ’ une phrase]. On a du mal à les comprendre.» Dw1979: «La manière de prononcer, la manière de s ’ exprimer. Par exemple les Canadiens qui parlent français, voilà, quoi, tu vois? Tu te rends compte qu ’ on ne parle pas de la même chose. On a les mêmes mots, mais l ’ association, c ’ est pas la même.» Aw1991: «[. . .] [sic. Il fehlt] Y a des mots qui sont [sic. qui n ’ existent] pas en français. C ’ est un autre accent. C ’ est une autre syntaxe “ . [. . .] Ils mettent des „ tu “ où il faut pas les mettre. Enfin bref. [. . .] c ’ est un français étranger.» Anhand eines Beispiels bemüht sich Bw1975, phonetische Besonderheiten im québécois zu demonstrieren und möchte in ihrem Beispiel auf die fehlende Nasalisierung der Vokale hinweisen: Bw1978: [Ilparlkamsa]. «Ils parlent comme ça» Die Zitate belegen, dass das québécois als sekundärer Dialekt 429 einen anderen Status als die Pariser Regionalsprache im Sprachbewusstsein der Untersuchungspersonen einnimmt. Nach der Loslösung der französi- 428 Untersuchungen zur Sprachverwendung im frankophonen Kanada belegen, dass die „ Montréalais “ Dietzel (2001: 120) deutliche Abweichungen in der Lexik innerhalb der Regionen „ Gaspésie “ und „ Lac St. Jean “ feststellen, was auf „ Archaisierungsphänomene “ zurückgeführt wird. Eine deutliche Abgrenzung erfolgt auch gegenüber dem Französischen aus Frankreich, wobei kein einheitliches Meinungsbild herrscht und bildungsnahe Sprecherinnen bzw. Sprecher „ dem europäischen (und internationalen) Französisch ein höheres Prestige zugestehen. “ Dietzel (2011: 120). 429 Cf. Zum sekundären Dialekt auch: Koch, Oesterreicher (2011: 141). 84 <?page no="85"?> schen Kolonien von Frankreich und der Staatsgründung Kanadas endete die französische Einflussnahme. Die politische Unabhängigkeit Kanadas führte somit zur Herausbildung des eigenen sprachlichen Charakters. Während der accent québécois und der accent parisien zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert ähnlich waren 430 , kommt es im 19. Jahrhundert zur „ divergence des accents, “ 431 worauf auch diese Untersuchung hinweisen möchte. 4.4 Wissen über diatopische Varietäten: Rumänisch Die Analyse des metasprachlichen Wissens zu den diatopischen Varietäten des Rumänischen ergibt, dass diese romanische Sprache durch den Kontakt zu benachbarten Sprachen besondere Charakteristika aufweist. 432 Der accent slave des Rumänischen wird in der „ geolinguistischen Prototypenklassifikation “ 433 als häufigste Wahrnehmungskategorie benannt und hat einen signifikanten Wiedererkennungswert. Dieser erweist ebenso in der „ kognitiven Prototypenklassifikation “ 434 als Kriterium, um Französisch sprechende rumänische Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler entsprechend ihrer geographischen Zugehörigkeit einzuordnen. Als besonders dominierend wird der slawische Akzent jedoch im dialectul moldovean beschrieben. Grundsätzlich werden in Rumänien regionale Unterschiede benannt. Bw1965: «Il y a des différences des [sic. entre] régions aussi, en Moldavie, ils parlent avec leur accent, dans la région de Oltenia, la même chose. Ils ont leur accent, Timis ¸ oara, ils ont leur accent, Transylvanie [. . .] Ça reste quand même les petits accents différents. Timis ¸ oara, là ils ont un accent de Serbie, la Transylvanie, ils ont un accent de l ’ Hongrie [sic. un accent de Hongrie]. Et puis Bucures ¸ ti, c ’ est une autre sorte, c ’ est une autre façon de parler aussi, [. . .]. Tu connais [sic. reconnais] des gens qui habitent à Bucures ¸ ti, quand tu l ’ [sic. les] entends parler, tu connais [sic. reconnais] les gens qui habitent en Moldavie, quand tu l ’ [sic. les] entends parler, ils parlent roumain comme ça.» 435 430 Cf. Gendron (2007: 99). 431 Ebd. (2007: 99). 432 Das Rumänische in Kontakt zu anderen Sprachen: Cf. Iliescu (2002 b: 159). Cf. Kapitel der Linguistik der Variation. 433 Terminologie nach Stehl (2012: 156). 434 Terminologie nach Stehl (2012: 108). 435 Die Differenzierung der einzelnen „ Akzente “ und deren geographische Einordnung in Rumänien stimmt mit den Ausführungen von Iliescu überein. Sie unterscheidet den „ dialectul muntean “ „ Zum muntenischen Dialekt gehören noch die in Oltenien und in der Dobrogea gesprochenen Unterdialekte (dialectul oltean (=olt.) und dobro- 85 <?page no="86"?> Die weitere Analyse des Datenmaterials ergibt, dass Bm1931 und Bw1975 rumänische Idiome 436 differenzieren, die außerhalb ihres Heimatlandes verbreitet sind. Dabei stellt Bm1931 Verbindungen her, die auf das Wissen über die Existenz des thrakisch-dakischen Substrats 437 schließen lassen. Bm1931: «Il y a la variante de la langue [ matz ɛˈ don ] 438 qui étaient les dialectes, comme Istroroumaine, comme Meglenoroumaine.» Bw1931: «Il y a des accents différents [. . .]. Ceux qui sont en Moldavie 439 , si vous voulez, ceux qui sont vers la Russie, ils ont la [sic. une] langue plus allongée, c ’ est un accent désagréable. Ceux de Transylvanie aussi ils ont un autre [sic. Wort fehlt], la même langue mais avec un petit changement d ’ accent, si vous voulez, l ’ accent tonique, c ’ est ça la différence.» Bw1975: «Les dialectes sont restés d ’ origines, il y a quatre dialectes.» Bm1931: «Românii au f ă cut r ă zboi dacilor, nu atât pentru pericolul pe care îl re dacii pentru imperiul roman, cât pentru ca s ă ajung ă în posesia acestui aur. Traian a avut prada de r ă zboi din Dacia încât doi ani pe urm ă n-au pl ă tit tribut îns ă a pl ă tit impozite, de pild ă doi ani dup ă cucerirea Daciei pentru c ă [. . .] bog ă t , iei s , i mai ales aurul adus din Dacia a fost în cantit ă t , i extraordinare. [. . .].» Trotz der überwiegend regional bedingten Abweichungen wird in der rumänischen Gemeinschaft der dakorumänische Sprachraum als homogen beschrieben. 440 Bw1978 benennt neben dem Akzent und dem Sprechtempo gean), während zu den westlichen Mundarten der siebenbürger Unterdialekt (dialectul transilva ˇ nean (=trans.) “ Iliescu(2003: 533) zählt. Cf. ebd. (2003: 533) Weitere Dialekte sind: „ dialectul moldovean “ , „ dialectul b ă n ă t , ean “ , „ dialectul cris , ean “ , „ dialectul maramures , ean “ Cf. ebd. (2003: 533). 436 Mit Iliescu können „ vier romanische Idiome “ differenziert werden, die mit dem Rumänischen in Verbindung gebracht werden. Hierzu zählen: „ Dakorumänisch “ , „ Mazedo- oder Arumänisch “ , „ Meglenorumänisch “ und „ Istrorumänisch. “ Cf. Iliescu (2003: 532). 437 Das „ Thrako-Dakische “ gilt als „ Substrat des Rumänischen “ . Iliescu (2003: 531). 438 Artikulation des Sprechers. 439 Zwischen dem Dakorumänischen und Moldawischen bestehen zahlreiche Unterschiede. Cf. Dyer (1999) Das Höflichkeitspronomen dînsul [meine Anmerkung: heutige Schreibweise dânsul] wird im Moldawischen weitaus häufiger verwendet, wohingegen es im Rumänischen nur zur Höflichkeitsansprache genutzt wird. Cf. ebd. Deyer (1999: 52) Der russische Einfluss auf das Moldawische wird auch auf der lexikalischen und phonetischen Ebene deutlich Cf. ebd. (1999: 25 - 26, 90 ff.) und selbst von den Untersuchungspersonen als abweichend von der ihnen bekannten rumänischen Standardsprache beschrieben. 440 Menschen aus den unterschiedlichen geographischen Regionen in Rumänien können miteinander, ohne sprachliche Schwierigkeiten kommunizieren. Cf. Iliescu (2003: 533). 86 <?page no="87"?> im Rumänischen lexikalische und syntaktische Veränderungen als weitere geographische Abgrenzungsmerkmale. Bw1978: «C ’ est la partie Nord, ils parlent très lentement, très calme [sic. calmement]. Ce sont des gens très calmes, la partie l ’ Ouest parce que, oui, làbas aussi (. . .) le Sud de la Roumanie, ils parlent très vite, le Nord-Est est vraiment compliqué pour moi le Nord-Ouest, c ’ est un peu compliqué (. . .). En fait, le Sud dans la Roumanie [sic. dans le Sud de la Roumanie], ils parlent la vraie langue roumaine, la plus correcte grammaticale [sic. grammaticalement] tout ça, tu vois.» 441 Cm1972: «Il y a une différence, des régionalismes, en Transylvanie il y a beaucoup des [sic. de] mots hongrois [ongros] 442 , ils utilisent des mots hongrois.» Gemäß Bw1978 und Aw1964 existieren in Rumänien zur Beschreibung der Gemüsesorte Mais unterschiedliche Lexeme, die im Folgenden benannt werden. Anhand deren Verwendung besteht die Möglichkeit, die regionale Herkunft einzuordnen. Im dialectul moldovean wird das Getreide Mais durch den Regionalismus «p ă pus ¸ oi» ausgedrückt, wohingegen das Lexem «porumb» in der Standardsprache verwendet wird. Das Lexem «cocean» 443 , welches als Kolben ohne Bohnen übersetzt wird, kann sowohl im südlichen als auch in weiteren Regionen Rumäniens vorkommen. In den anderen Regionen des Landes wird «s , tiulete» in gleicher Weise benutzt. Als einen weiteren Regionalismus im dialectul moldovean benennt Aw1991 «harbuz», den sie von ihrem Vater erlernte. Dem Substantiv Melone, welches in der Standardsprache, aber auch im dialectul ardelean, als «pepene» notiert ist, wird im dialectul oltenesc als «lubenit , a ˇ » bezeichnet. Als ein weiteres Beispiel zur Darstellung lexikalischer Besonderheiten wird das Gemüse Kartoffel benannt. Im dialectul moldovean wird dieses als «barabul ă » und im Süden beispielsweise im dialectul oltenesc als «clunt» und im dialectul transilv ă nean als «crump ă n ă » benannt. Die Vokabel «cartof» wird im Norden des Landes benutzt und ist in den rumänischen Varietäten bekannt. 441 Um konkrete Aussagen zum Sprechtempo treffen zu können, sind differenzierte Analysen des rumänischen Sprachraumes notwendig. Dennoch beeinflussen unterschiedliche Faktoren die Wahrnehmung des Sprechtempos. Gebhard (2012: 146): „ hohe Grundfrequenz “ , „ monotone Äußerungen “ , „ Anstieg der Frequenz “ sowie „ Tilgungsprozesse “ werden als mögliche Einflüsse für das Wahrnehmen eines schnelleren Tempos benannt. ebd. (2012: 146 ff.). Mit Pausen in den Äußerungen wird eher ein niedriges Sprechtempo assoziert. Cf. ebd. (2012: 147). 442 Artikulation von Cm1972. 443 Cf. Beltechi, Faiciuc, Mocanu, Neiescu (1997: 178) Harta 329. 87 <?page no="88"?> Bm1931 beschreibt die Verwendung von Diminutiven im Rumänischen als eine weitere geographische Besonderheit. So entsprechen beispielsweise dem Nomen „ tat ă“ 444 , welches zur Standardsprache zählt, drei Diminutivformen, die er als «t ă tu ţă , t ă ticu, tati» aufführt. Bm1931 spricht zwar von «des petites variantes de prononciation, des modifications quelconques», kann seine Beispiele aber nicht geographisch einordnen. Die Überprüfung der Aussagen im Atlas lingvistic ergibt, dass es sich bei den Nomen t ă tic 445 und tati um bekannte rumänische Substantive handelt. Anhand einer für das Rumänische typischen Begrüßungsformel zur Erkundigung des Wohlbefindens Ce faci? im Sinne von Wie geht es? Was machst Du? erläutert Bw1978 weitere regionale Unterschiede. Bw1978: «À Timis ¸ oara tu dis, ce faci? , tu vois, le Sud de la Roumanie, ce faci m ă (. . .) je sais pas vraiment dans le Nord-Ouest parce que je n ’ ai pas tellement visité cette partie [. . .].» Im Rumänischen fungiert in der Begrüßungsformel «Ce faci tu? » 446 das Personalpronomen tu in der zweiten Person Singular als Verstärkung in der direkten Ansprache einer bestimmten Person. Diese Fragestellung wird jedoch nur in einem engen Umkreis verwendet. Im Süden tritt im rumänischen Diskurs anstelle des Personalpronomens tu in Ce faci tu? das unbetonte Akkusativpronomen m ă auf, wie das nachfolgende Zitat der Sprecherin Bw1978 belegt. «Ce faci m ă ? » Hierbei handelt es sich um eine Begrüßungsformel, die keinesfalls gegenüber Fremden verwendet werden sollte. In Transilvanien wird in der familiären Sprache in der direkten Anrede «Ce faci m ă ? » für eine männliche Person und «Ce faci tu? » vorzugsweise für die Anrede einer weiblichen Person verwendet. In der Walachei erfolgt im Rumänischen eine Modifizierung des unbetonten Akkusativpronomens m ă , so dass sich ă ein i anschließt und das Akkusativpronomen m ă in dieser Region wie folgt artikuliert wird. Bw1978: [ ˈ t ʃɛ fat ʃ m ɐ i ] «Ce faci m ă i? » Besonders abweichend von der Gebrauchsnorm, sogar negativ besetzt, wird das auslautende / i/ im dialectul moldovean beschrieben. Bw1978: «Oui, bien sûr, moi je pense, dans le Nord, les mots ça finit plutôt en / i/ .» 444 Cf. ebd. (1997: 9) Harta 160. 445 Cf. ebd. (1997: 9) Harta 160. 446 Die Artiulation von „ Ce “ im Anlaut bei „ Ce faci? “ erfolgt im Moldawischen durch den stimmlosen postalveolaren Frikativ [ ʃ ] Cf. Gabinskij (2002: 134), im Rumänischen hingegen durch die Affrikate [ t ʃ ] wie [ t ʃɛ ]. 88 <?page no="89"?> Aw1991: «En Moldavie, juste l ’ accent moldave [. . .] à la fin il y a beaucoup de / i/ .» 447 Als einzige Sprecherin äußert Bw1965, dass insbesondere in ländlichen Regionen Bewohner anzutreffen sind, deren dialektal gefärbte Sprechweise ihren Status als aus dem ländlichen Raum stammend, erkennen lassen. 448 Bw1965: «Oui, oui, oui, la langue roumaine change aussi, petit à petit ça change les choses [sic. les choses changent], petit à petit ça perd les bonnes traductions. Parfois, quand je vais chez moi en Roumanie, il y a des gens qui ont leur façon de parler, dans un autre village, ils changent pas et ça me fait plaisir que je les entends parler comme ça.» Abschließend lässt sich formulieren, dass die Verbreitung des Französischen in Rumänien bei den Untersuchungspersonen bekannt ist. Dies deckt sich mit dem aktuellen Forschungsstand, der schon historisch die Verbreitung dieser Sprache in weiten Teilen der rumänischen Gesellschaft belegt. 449 Nachfolgende Zitate von Untersuchungspersonen unterschiedlicher Generationen belegen dies exemplarisch. Bw1931: «[. . .] la partie qui est au Sud des Carpates, pas en Transylvanie. Là, pratiquement tout le monde, c ’ était la langue pratiquement [sic. de fehlt] tous les gens qui ont fait des études du [sic. jusqu ’ au] lycée pas plus, si vous voulez, tout le monde parlait le français. Toutes les personnes n ’ importe plus évoluées [sic. toutes les personnes plus évoluées], je peux vous dire, parlaient le français.» Dw1979 450 : «En fait, comme il y avait des Français qui venaient aussi pour apprendre aux Roumains comment faire etc. Donc du coup, ils parlaient français aussi là-bas. Et puis, il y a toujours eu un lien entre la France et la Roumanie au niveau de la langue parce que les anciennes familles, en fait, elles envoyaient leurs enfants en France pour faire les [sic. des] études. Ensuite, ils revenaient en Roumanie pour continuer, voilà, quoi. Bon, ça a toujours été une référence, tu vois? » Cw1952: «En Roumanie, à peu près tous les gens parlent un peu français, nous avons fait ça.» 447 Das - iwird im rumänischen „ Auslaut nach einem Konsonanten “ Klein, Stegmann (1999: 102) nicht gesprochen: „ es palatalisiert lediglich den vorangehenden Konsonanten. “ (ebd.) In Moldawien erfolgt in der gesprochenen Sprache öfter eine „ Reduktion des tonlosen e zu i. “ Cf. Gabinskij (2002: 134). 448 Iliescu differenziert „ die rumänischen Stilvarietäten folgendermaßen “ : „ geschriebene Sprache “ : „ limba literar ă“ , „ limba citadin ă“ , „ limba cult ă“ . Iliescu (2003: 533). „ gesprochene Sprache “ : „ limba rural ă“ , „ limba popular ă“ ebd. (2003: 533). 449 Cf. Dahmen, Schweickard (1998: 183). Cf. Dinc ă (2011: 54). 450 Discher (2013 a: 362). 89 <?page no="90"?> Die Analyse des diatopischen Wissens über die französische und rumänische Sprache verdeutlicht, dass regionale Merkmale in unterschiedlichem Ausmaß wahrgenommen werden. Um Aussagen über die Sprachdynamik treffen zu können, müssen auch äußere, sich auf die Sprache auswirkende Faktoren, untersucht werden. Aufgrund der multikulturellen Bevölkerungszusammensetzung insbesondere „ in urbanen Ballungsräumen “ 451 treten vermehrt besondere Sprachformen auf. Dadurch wird eine Kommunikation zwischen den verschiedenen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen ermöglicht. Die nachfolgende Analyse des diastratischen Wissens, des diaphasischen Wissens und des diachronischen Wissens wird dazu beitragen, die Perspektive der rumänischen Gemeinschaft zu verstehen. 4.5 Metasprachliche Bewertungen 4.5.1 Diastratisches Wissen: Fremdbewertung Das diastratische Wissen beinhaltet die Fähigkeit der Befragten, verschiedene soziale Gruppen voneinander abzugrenzen 452 , die nicht zum rumänischsprachigen Kreis gehören. Anhand sprachlicher Merkmale können sie diese identifizieren. Außerdem werden den Migrantinnenbzw. Migrantengruppen auf ihre Lebensweise bezogene Eigenschaften zugeschrieben. Dabei wird die Fremdbewertung von der Intensität und Extensität eigener individueller Erfahrungen im Umgang mit verschiedenen Personengruppen bestimmt. Hierbei tritt das subjektive Empfinden gegenüber den anderen im Umkreis lebenden Menschen in den Vordergrund. 453 Neben dem Zugriff auf diese individuellen Erfahrungen und Gefühle, die bei den Untersuchungspersonen unterschiedlich ausgeprägt sind, wird das diastratische Wissen auch von Stereotypen der Untersuchungspersonen beeinflusst, wie die Zitate belegen werden. In Paris werden exemplarisch das „ 19ième arrondissement “ 454 , die Plätze in der Nähe von den Metrostationen 451 Stehl (2011 b: 41). 452 Zum diastratischen Wissen: Cf. Stehl (2012: 88). 453 Cf. Liebhart, Menasse, Steinert (2002: 9 - 10). 454 Laut INSEE liegt die Hauptkonzentration der Afrikanerinnen bzw. Afrikaner (Magreb, Subsahara) für die erste Gruppe im 10., 11., 18., 19. oder 20. Arrondissement. Die zweite Gruppe lebt vorzugsweise in den 13., 14., 18., 19. und 20. Arrondissements. Cf. http: / / www.insee.fr/ fr/ themes/ document.asp? reg_id=20&ref_id=18086&page=al apage/ alap376/ alap376_encad1.htm (09. 03. 14). 90 <?page no="91"?> „ Chateau Rouge “ 455 und „ Barbès Roche Chouart “ sowie „ la banlieue “ als Orte mit einer hohen Migrantinnenbzw. Migrantenkonzentration 456 aufgezählt. Obwohl die Rumäninnen und Rumänen sich selbst Stereotypen ausgesetzt sehen, wird in ihren Äußerungen hauptsächlich eine Abgrenzung gegenüber den nordafrikanischen Migrantinnen bzw. Migranten deutlich. Den in Paris lebenden Menschen aus nichteuropäischen Staaten wird eine von der Norm abweichende Sprachkompetenz attestiert, wobei die Sprachkompetenz der Nordafrikanerinnen bzw. Nordafrikaner in der Bewertung am schlechtesten abschneidet. 457 Dm1978: «Paris est une énorme métropole, beaucoup d ’ immigrés d ’ origine africaine, donc c ’ est de plus en plus pauvre, des mots de [sic. à la] mode. C ’ est plus de vrai français. Les mots y sont mais bon la langue n ’ y est pas.» Auffälliges Merkmal der französischen Sprachverwendung dieser Menschen sei die Übernahme sprachlicher Strukturen ihrer Muttersprache ins Französische, um kommunizieren zu können. Aw1991 beschreibt das Phänomen des Code-Switchings, indem sie anführt, dass: Bm1975: «[. . .] il y a des jargons, empruntés de [sic. à] l ’ arabe, de [au sénégalais] Sénégale, [sic. d ’ ] autres langues, [. . .] même l ’ accent n ’ est pas pareil.» Aw1991: «Les étrangers, ben, ceux qui ont un accent un peu bizarre, par exemple les Arabes, ils commencent à mélanger le français et l ’ arabe. Une 455 Das Image des „ Chateau Rouge “ als afrikanisches Einwandererviertel im 18. Arrondissement begründet sich mit dem kulturellen Umfeld, das sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelte. Zahlreiche afrikanische Händlerinnen bzw. Händler und Besitzerinnen bzw. Besitzer von Läden, in denen afrikanische Produkte vertrieben werden, prägen das Stadtbild. Cf. Chabrol (2013). 456 Folgende Gruppen werden von den Untersuchungspersonen beschrieben: „ Les Allemands “ , „ les Africains “ , „ les Arabes “ , „ les Algériens “ , „ les Égyptiens “ , „ les Indiens “ , „ les Polonais “ , „ les Chinois “ , „ les Tziganes “ , „ les gens du voyage “ , „ les Roms “ , „ les Gitans “ , „ les Noirs “ , „ les Juifs “ , „ les Italiens “ , „ les gens [sic. d ’ ] origines maghrébines “ . Als weitere Gruppe werden „ les touristes “ und „ les académiciens “ benannt. 457 Die Untersuchungspersonen nennen insbesondere die phonetisch-phonologischen Besonderheiten im nordafrikanischen Französisch, das von der ihnen bekannten französischen Regionalsprache deutlich abweicht. Die sprachlichen Differenzen sind auf die Unterschiede im arabischen und französischen Phoneminventar zurückzuführen. Cf. Pöll (1998: 121) Im Arabischen „ fehlen die gerundeten Vokale / y/ , / ø / , / œ / und die Nasalvokale / ɑ ̃ / , / ɔ ̃ / ,/ ɛ ̃ / . “ ebd. (1998: 121). Trotz der sprachlichen Divergenz im Maghreb sind Gemeinsamkeiten zum französischen Phonemsystem feststellbar. Dennoch bleiben Abweichungen im französischen Sprechfluss einer arabischen Muttersprachlerin bzw. eines Muttersprachlers wahrnehmbar. Cf. (1998: 121). 91 <?page no="92"?> sorte de voilà quoi, dans une phrase trois mots de français ou quatre mots arabes, eux, ils ne se comprennent qu ’ entre eux.» Bw1965 hingegen trifft gehäuft auf Menschen, deren Französisch durch die Verwendung der Übersetzungstechnik gekennzeichnet ist. Bereits Cw2005 nimmt sprachliche Veränderungen bei den aus Afrika stammenden Migranten wahr und benennt den Akzent als ein auffallendes Merkmal. Bw1965: «[. . .] Il y a beaucoup des [sic. de] gens étrangers qui parlent [sic. un fehlt] français très simple, qui parlent leur langue traduit [sic. traduite] en français.» Cw2005: «Il y a des enfants à l ’ école qui sont pas forcément - de l ’ Afrique, ça s ’ entend il y a un accent [. . .].» Eine ähnlich abweichende Sprachkompetenz wird von den Befragten auch bei anderen nichteuropäischen Einwanderungsgruppen festgestellt. 458 Dies gilt insbesondere für die asiatischen und die indischen Einwanderinnen bzw. Einwanderer. Auffällig in den nicht europäischen Gemeinschaften sei jedoch der starke familiäre Zusammenhalt, der diesen Menschen trotz ihrer distanzierten Lebensweise zu Frankreich, ein stabiles Umfeld bietet. Bw1978: «J ’ ai même connu une famille qui vient d ’ Asie. Ils sont ici depuis plus de huit ans, ils parlent pas bien, j ’ ai eu du mal à les comprendre. Ils n ’ ont pas la possibilité d ’ exercer un petit peu la langue.» Aw1991: «[. . .] par exemple aux Algériens, c ’ est une communauté forte ou les Indiens, pareil, c ’ est une communauté forte. Ils s ’ entraident entre eux [. . .].» Die mehrmalig genannte mangelhafte französische Sprachkompetenz wird auf das soziale Umfeld zurückgeführt. Dieses beschränkt sich im Regelfall auf die Familie und auf die eigene Einwanderungsgruppe. Die Verwendung der Muttersprache steht dabei im Rahmen der intrafamiliären Kommunikation im Vordergrund. 458 Dass die subjektive Wahrnehmung gegenüber den aus Afrika stammenden Menschen überwiegt und deren Sprachkompetenz als besonders stark vom französischen Standard abweichend empfunden wird, kann einerseits darauf zurückgeführt werden, dass die afrikanischen Nationalitäten in Paris und Umgebung im Gegensatz zu anderen am häufigsten vertreten sind. Cf. http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieuxconnaitre-la-situation-des-etrangers-a-paris/ rub_7760_stand_99311_port_17914. Andererseits belegen diese Aussagen exemplarisch das mangelnde metasprachliche Wissen der Untersuchungspersonen über die französische Sprache und deren Entwicklung in Afrika. So sind beispielsweise, im Gegensatz zu Frankreich, im Französisch in Burkina Faso deutlich phonetisch und phonologische Unterschiede festzustellen. Cf. Drescher (2009: 63). Diese beruhen auf den Einfluss der „ Tonsprachen “ , „ in denen der Ton [. . .] phonologischen Status hat. “ ebd. Drescher (2009: 63 - 64). 92 <?page no="93"?> In der Forschungsliteratur wird beschrieben, dass in türkischen und in marokkanischen Familien häufiger Schwierigkeiten mit dem Französischen bestehen. 459 Am1965 bestätigt die in der Forschung vertretene Meinung und fügt hinzu, dass ebenso Touristinnen bzw. Touristen zu den schlechten Französischsprecherinnen bzw. -sprechern gehören. Der regelmäßige Kundenkontakt zu Menschen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und der damit verbundene Aufenthalt in Paris ermöglichen Am1965, diese Einschätzung zu treffen. Am1965: «[. . .] ça m ’ est arrivé très souvent d ’ entendre les personnes qui parlent très mal le français, soit des touristes soit des immigrés, les plus âgées qui ont du mal à parler. C ’ est le fait de vivre dans une entreprise.» Abgesehen von den nicht europäischen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen wird den polnischen in Frankreich lebenden Menschen ein besonderer Akzent im französischen Sprechfluss attestiert, wobei jedoch keine lexikalischen und syntaktischen Besonderheiten im Sprachgebrauch dieser Personen beschrieben werden. 460 Bw1952: «J ’ ai rencontré des gens qui parlent français, [. . .]J ’ ai des amis [. . .], j ’ ai deux [sic. Wort fehlt] qui sont Polonais, ils parlent bien, ils parlent le [sic. français fehlt] correctement avec quelque chose [sic. de] spécifique, comme moi peut-être.» Als ursächlich für eine schlechte französische Sprachkompetenz der Migrantinnen bzw. Migranten wird hauptsächlich die mangelnde Bildung und Qualifikation genannt, für die im Alltagsleben regelmäßig keine Zeit in Anspruch genommen wurde und teilweise keine finanziellen Mittel zur Verfügung standen. Diese Situation ist allein für die nachwachsende Generation anders zu bewerten. Die Kinder haben bedingt durch die französische Schulpflicht ein erweitertes soziales Umfeld, in dem überwiegend der französische Standard oder das Regionalfranzösische gesprochen wird. Das Unterschreiben des Contrat d ’ Accueil et d ’ Intégration 461 kann sich positiv auf die sprachliche und kulturelle Entwicklung auswirken. Darüber hinaus wird in der Schule nicht nur Französisch mit Mitschülerinnen bzw. Mitschülern gesprochen, sondern die Möglichkeit eröffnet, die Sprach- 459 Cf. Tribalat, Simon, Riandey (1996: 198 - 199). 460 Das Polnische gehört zu den „ westslawischen Sprachen. “ Luba ś , Molas (2002: 367). Im Kapitel der Linguistik der Variation wird auf das Wirken der slawischen Nachbarsprachen im Rumänischen verwiesen. Hierin liegt auch die Vermutung der Sprecherin begründet, die mit ihrer Aussage zwar den slawischen Einfluss nicht explizt anspricht, ihn aber dennoch bei ihren Bekannten bemerkt. 461 Cf. Fouteau, Lochak (2008: 67). Cf. Guélamine (2008: 74). 93 <?page no="94"?> kompetenz theorieuntermauert auszubauen, worauf auch Bw1931 verweist. Bw1931: «Les gens [sic. d ’ ] origines maghrébines, ceux-là, ils ont un accent très fort et la [sic. une] façon de parler qui dérange quelque fois, parce qu ’ ils parlent chez eux arabe, quand ils parlent, ils apprennent le français à l ’ école. Ils restent avec une façon d ’ utiliser pas mal des [sic. de] mots arabes dans la conversation. Les jeunes, ensuite ils font les [sic. des] études, l ’ accent disparaît pour eux.» 462 Für die integrative Zukunft der Nachkommen ist eine vertiefte sprachliche Eingliederung zu erwarten. Die Maßnahmen der Regierung führen dazu, dass die Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaften sich auch tatsächlich der Schulpflicht unterwerfen und keine Versuche unternehmen, die Kinder dem Bildungsangebot der französischen Schulen fernzuhalten. Zum diastratischen Wissen gehört neben der Beschreibung anderer sozialer Gruppen 463 auch die Fähigkeit, die eigenen kulturspezifischen Besonderheiten zu charakterisieren. 4.5.2 Diastratisches Wissen: Eigenbewertung Die Untersuchungspersonen differenzieren auch zwischen Gruppen innerhalb ihres Kulturkreises. Sie unterscheiden drei Gruppen, die der Roma, der Sprecherinnen bzw. Sprechern des dialectul moldovean sowie der Intellektuellen. Die Roma zeichnen sich gemäß der Untersuchungspersonen durch ihre unangepasste Lebensweise in Paris und Umgebung aus. Die besonders schlecht wahrgenommene Sprachkompetenz der Roma beruht auf der lebenslangen Bildungsferne und ihrem mangelnden Interesse an Integration. 464 462 Es ist davon auszugehen, dass Bw1931 neben den phonetisch-phonologischen Besonderheiten auch lexikalische und morphosyntaktische Veränderungen wahrnimmt. Diese „ sind nicht typisch für die arabisch-französische Kontaktsituation, sondern vielfach auch in anderen Teilen der Frankophonie belegt. “ Pöll (1998: 122). 463 Zur Diastratik: Cf. Stehl (2012: 15 ff.). Cf. Coseriu (1988: 141). 464 In den subjektiven metasprachlichen Darstellungen wird durch die Untersuchungspersonen ein unreflektierter Diskurs über die Roma geführt, der in Form von Stereotypisierungen zum Ausdruck kommt. Im theoretischen Grundlagenkapitel wird dargestellt, dass auch diese Menschen gern das Bildungsangebot wahrnehmen möchten, jedoch Akteure, wie es aus der vorgestellten Studie hervorgeht, in der Empfängergesellschaft Frankreich den Eingliederungsprozess blockieren. Dennoch bemüht sich die französische Regierung, die in Frankreich lebenden Menschen gezielt durch ein vielfältiges Integrationsangebot zu fördern. Cf. Theoretisches Grundlagenkapitel. Die Schwierigkeiten, Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Roma zu etablieren, bestehen bereits in Rumänien, einem Land, das im Umgang mit seinen Minderheiten nach wie vor Unterstützung benötigt. 94 <?page no="95"?> Bw1931 beschreibt die Sprache der Roma als «dialect tzigane.» Bm1991 geht sogar soweit und behauptet, dass eine Kommunikation mit diesen Menschen in Rumänisch schwer möglich sei. 465 Bm1991: «La langue que les Gitans utilisent [. . .], il y a beaucoup de différence. Ils mélangent automatiquement, c ’ est presque plus la même chose.» Die nachfolgenden Zitate belegen, inwieweit das Auftreten der Roma in Frankreich eine Verunsicherung innerhalb der rumänischen Gruppen hervorruft. Bw1931: «Il faut par contre faire la différence qui [sic. que] malheureusement maintenant on a du mal [sic. à faire fehlt] à cause des Tziganes qui viennent de Roumanie. Quand on parle [sic. d ’ eux fehlt], ce sont des Roumains. Ils ont un passeport roumain mais ils n ’ ont rien de commun avec nous des [sic. les] Roumains, Roumains. Les Tziganes, ils vivent en communauté dans des roulottes, ils volent. C ’ est la réalité. C ’ est pas une histoire parce quand dit [sic. que fehlt] les Tziganes ils volent. Ils ne travaillent pas, ils sont paresseux. Les femmes travaillent, les hommes ils font rien, ils jouent aux cartes. C ’ est une passion chez les Tziganes [. . .]. Les femmes apportent l ’ argent à la maison. Bien sûr qu ’ ils parlent le roumain parce qu ’ ils habitent en Roumanie. Ils ont leur langue, ils ont leur dialecte de Tziganes [. . .]. Les enfants, s ’ ils vont à l ’ école, ils apprennent plus ou moins la langue correctement [. . .]. Il faut savoir que la majorité des enfants tziganes, ils ne sont pas à l ’ école.» 466 Diese exemplarischen Aussagen belegen, dass sich die nach Frankreich immigrierten Rumäninnen und Rumänen den stereotypen Vorurteilen der Französinnen bzw. Franzosen ausgesetzt sehen, wobei den Aussagen von Aw1991 und Bw1975 zu entnehmen ist, dass eine Differenzierung zwischen Rumäninnen bzw. Rumänen und Roma nicht stattfindet. Aw1991: «T ’ as même honte à [sic. de] dire que t ’ es roumaine et moi, je remarque parmi mes collègues [sic. qu ’ il fehlt] y a des allusions des fois. 465 Die Verwendung der Terminologie des „ dialect tzigane “ ist als diskriminierend zu bewerten. Bw1931 greift allgemein verbreitete Stereotypen über Roma auf. In einem Dokument der EU erfolgt eine Darstellung von sechszehn Stereotypen, die sich fälschlicherweise in den Vorstellungen der Medien und in den Köpfen zahlreicher Menschen verankert haben. http: / / www.coe.int/ t/ dg3/ romatravellers/ source/ documents/ Tools_for_fighting_stereotypes_Romanian.pdf. (08. 03. 2014). 466 Eine differenzierte Betrachtungsweise der Kategorisierung, welche die Roma betrifft, wird ebenso in der Studie von Simhandl (2007) aufgegriffen. Dabei wird ein diskursanalytischer Ansatz verwendet, der negative Konnotationen, die diese Menschengruppe treffen, durch den gesellschaftlichen Diskurs selbst erklären lässt. Cf. ebd. (2007: 35 ff.). 95 <?page no="96"?> Enfin [sic. il fehlt] y a des allusions que je sois [sic. suis] roumaine, quoi. Tous les gens qui mendient, tous les gens qui demandent de l ’ argent dans la rue, on dit que c ’ est des Roumains. Tous les gens qui jouent de l ’ accordéon dans le métro, on dit que c ’ est des Roumains. Donc, forcément, après quand tu dis que t ’ es roumain, c ’ est pas si bien vu.» Bw1975: «Les Français ne font pas la différence entre les Gitans et les vrais Roumains.» Als Rumänin bzw. Rumäne mit den Roma gleichgesetzt zu werden, ruft bei den Interviewten ein Unverständnis hervor, weichen doch ihrer Auffassung nach die rumänische und die Identität der Roma stark voneinander ab. Einerseits verletzt sie die Tatsache, mit den Roma gleichgesetzt zu werden. Andererseits verstärkt dieser Umstand ihre Bemühungen, sich von diesen Menschen abgrenzen zu wollen. Das in der Presse verbreitete stereotype Bild verstärkt die Ängste einiger Untersuchungspersonen, wegen ihres Migrationshintergrundes ausgegrenzt zu sein. Einige der Befragten versuchen der Zuordnung zur rumänischen Gemeinschaft zu entgehen, indem sie ihre Identität ganz verschweigen oder leugnen. Dazu machen sie Angaben, die im Zusammenhang mit ihrem Akzent stehen. In der geolinguistischen Prototypenklassifikation wird dargestellt, dass der accent slave als ein bedeutendes Merkmal zur Identifizierung der Regionszugehörigkeit in Rumänien benannt werden kann. Bw1975 berichtet, während ihres Zweitstudiums in Paris einer stärkeren Diskriminerung ausgesetzt gewesen zu sein und sieht ihre rumänischen Wurzeln als ursächlich dafür an. Bw1975: «À la Sorbonne, quand je suis arrivée en France, j ’ avais le 1er master, on était 80 étrangers, j ’ ai connu le racisme pur et dur dans tous les sens à la fac, les professeurs et tout le monde, j ’ ai travaillé trois fois plus pour arriver [sic. à] avoir la meilleure note.» Den Angaben von Aw1964, Bm1991, Bw1931 sowie Bw1975, Bw1965 und Bw1978 zufolge wird der rumänische Akzent in einer Unterhaltung von den Franzosen nicht immer wahrgenommen, sondern vielmehr ein italienischer oder portugiesischer Migrationshintergrund vermutet. Somit behaupten rumänische Sprecherinnen bzw. Sprecher manchmal auch, italienischer oder portugiesischer Abstammung zu sein. Das Portugiesische, aber insbesondere die italienische Sprache 467 und das 467 Lüdtke beschreibt in seinem Aufsatz Ähnlichkeiten süditalienischer Dialekte zum Rumänischen. Eine Gemeinsamkeit sieht er in der Endung - unt, die nicht nur im Rumänischen, sondern auch in den apulischen Mundarten vorkommt. Cf. (Lüdtke 1957: 132 f.). Er stellt weiterhin Ähnlichkeiten zwischen Verben fest, „ deren Stamm unsilbisch ist “ Lüdtke (1957: 135) dare, stare und Verben die „ Kurzformen heraus- 96 <?page no="97"?> Spanische 468 bieten sich als Ausrede an, weil Französinnen bzw. Franzosen häufig keine Differenzierung zwischen einem portugiesischen und einem rumänischen Sprachhintergrund vornehmen können. Bm1991: «En fait, presque personne, jusqu ’ à aujourd ’ hui, sait que je suis Roumain. On m ’ a dit souvent Italien, Brésilien, Espagnol, sauf Roumain. C ’ était moi qui leur disais que je suis roumain, les gens, ils étaient surpris.» 469 Bw1975: «On me dit souvent que je suis Italienne.» Klar abgrenzbar ist der Personenkreis unter den Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen, der den dialectul moldovean verwendet. Diese vom Standardrumänischen divergierende Varietät fällt bereits in der geolinguistischen Prototypenklassifikation wegen sprachlicher Besonderheiten als Abweichungsprototyp 470 auf. Bei der Auswertung des Sprachmaterials fiel eine deutliche Abneigung gegenüber der in Moldau und in Moldawien verwendeten rumänischen Sprache auf. Dies begründet sich durch die deutlich vom Standardrumänischen divergierenden Formen, die aus Sicht der Untersuchungspersonen als besonders unangenehm empfunden werden. Während des Interviews stellte sich heraus, dass gegenüber den in Paris lebenden Moldawierinnen bzw. Moldawiern eine Abgrenzung herrscht. Auf die an Dm1978 gerichtete Frage, wer seines Erachtens nach eine bilden “ . ebd. (1957: 135). Er benennt italienische Verben: dare, stare, facere, habere Cf. ebd. (1957: 135). Die konjugierten rumänischen Verben „ au, dau, stau “ führt Lüdtke „ auf genau dieselben Grundformen zurück wie die apulischen Entsprechungen “ Lüdtke (1957: 136) Weiterhin spielt der Einfluss von griechischen Infixen eine Rolle. „ [. . .] das Balkanromanische und ein kleines Gebiet in Apulien und Lukanien [grammatikalisiert] ĭ di-, indem es den vorher stammbetonten Formen des A-Präsens der A-Konjugation einverleibt wurde und somit ein akzent-einheitliches Paradigma entstand. “ Lüdtke (1957: 137): eigenes Beispiel: lucrez, lucrezi, lucreaz ă , lucr ă m, lucrat , i, lucreaz ă . -idiarekommt „ in mehrfacher lautlicher Gestalt “ Lüdtke (1957: 137) vor. (ital. biancheggiare-battezzare), span. blanquearbatearbautezar)frz. afrz. bateier-baptiser) Cf. Lüdtke (1957: 137) rum. a boteza (eigenes Beispiel) Eine starke Verbreitung der Substantive, die den Plural auf -orabilden, findet sich in Apulien und in Rumänien. „ Einen besonderen Fall stellen die Bezeichnungen für Körperteile dar, weil sie zum grossen Teil sowohl in Süditalien als auch in Rumänien mit beiden ambigenen Pluralendungen vorkommen. “ Lüdtke (1957: 139). 468 Eine ausführliche kontrastive Analyse zwischen der rumänischen und spanischen Sprache erfolgt in Cf. Roesler (2011: 97 ff.). 469 Discher (2013 c: 19). 470 Terminologie nach Stehl (2012: 116). 97 <?page no="98"?> schlechte französische Sprachkompetenz aufweise, antwortete er prompt: «C ’ est un Moldave de Basarabia.» 471 An diesem Betrachtungspunkt sei vorweggenommen, dass sich nicht nur die geringer qualifizierten Arbeitskräfte durch eine mangelhafte französische Sprachkompetenz auszeichnen, sondern ebenfalls rumänische akademische Fachkräfte, die zum Arbeitseinsatz nach Frankreich kommen. Diese beherrschen das grammatische Regelwerk und den Wortschatz nicht ausreichend, um kommunizieren zu können. Bm1931: «Ils sont venus, même les ingénieurs. Ils ont appris à parler ici, c ’ est pour ça [sic. que fehlt] beaucoup des Roumains surtout les jeunes parlent un français moins correct. “ Ils parlent pas très bien. Ils ont appris en [sic. par la] conversation.» Das Sprachverhalten des rumänischen akademischen Fachpersonals bleibt bis zum heutigen Tag nahezu unerforscht. Zwar weisen die für diese Arbeit interviewten Akademikerinnen und Akademiker eine gute französische Sprachkompetenz auf, jedoch bedarf es weiterer Untersuchungen, um abschließende Beurteilungen über das Sprachverhalten rumänischer Akademikerinnen und Akademiker treffen zu können. Eine hohe Sprachkompetenz wird vornehmlich der älteren rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergeneration zugesprochen, wobei diese vordergründig aus gebildeten Kreisen stammen. Cm1979 stimmt mit anderen Untersuchungspersonen seiner Gemeinschaft darin überein, dass die Französischkompetenz der „ Bourgeois “ als vorbildlich einzustufen ist. Die Auswertung des Datenmaterials zeigt, dass eine normgerechte Sprachkompetenz von Migrantinnen bzw. Migranten gefordert wird. Ungeachtet der Lebenssituation dieser Menschen ist das Erlernen der Nationalsprache in einem Land verpflichtend. Auf diese Weise könne ein von außen stigmatisierendes Einwirken wegen einer schlechten Sprachkompetenz verhindert werden. 471 Es ist davon auszugehen, dass sich die Aussage von Dm1978 auf die politische und kulturelle Entwicklung beider Länder bezieht, die zwischen den in Rumänien und in Moldawien lebenden Menschen ein Spannungsverhältnis hervorruft. Selbst in Moldawien sehen sich die rumänischen mit den starken moldawischen Fürsprechern konfrontiert. Cf. Schippel (2012: 182 - 183). „ Die rumänische Bevölkerung besaß nach sowjetischer Lesart den Status einer nationalen Minderheit [. . .] “ Haarmann (2013: 237) Dieser „ war historisch-politisch motiviert “ . ebd. (2013: 237) Die Moldawische Sprache besitzt den Status einer Nationalsprache, der in der Bevölkerung und von der Bildungselite des Landes unterstützt wird. Cf. Haarmann (2013: 244 ff.) Schon die geringen lautliche Veränderungen entfalten in der Bevölkerung Moldawiens eine identitätsstiftende Wirkung, selbst wenn diese als marginal betrachtet werden. Cf. Dyer (1999: 52 - 53, 71 - 72). 98 <?page no="99"?> Durch die Qualität des französischen sprachlichen Wissens wird in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft die Eigen- und Fremdbewertung bestimmt. Die Bewertungen belegen, dass in Paris ein „ français approximatif “ 472 wahrgenommen wird. Diese Einschätzung teilt auch Bw1965, indem sie eine Verwendung des „ français approximatif “ auch der rumänischen Gemeinschaft zuschreibt. 4.5.3 Diaphasisches Wissen Die Analyse des diaphasischen Wissens belegt die Verwendung verschiedener französischer Sprachstile sowohl bei den Französinnen bzw. Franzosen als auch auf Seiten der Migrantinnenbzw. Migrantengruppen. Insbesondere finanziell gut gestellte, gebildete Menschen pflegen einen komplexeren Sprachstil. Dieser wird als besonders angenehm empfunden und von den Untersuchungspersonen eher selten gehört. Dies belegen die Aussagen von Cm1979, Bm1991 sowie seiner Mutter Bw1965. Bm1991 beschreibt wie eine 70-jährige aus einer höheren gesellschaftlichen Zuordnung die Bestellung eines Glases Champagner zum Ausdruck bringen würde, wohingegen Bm1991 in einer ähnlichen Situation vorzugsweise einfache Satzstrukturen bevorzugen würde. 473 Bm1991: «Il y a une réelle différence parce que, moi, je dirais, [. . .] „ Pourriezvous me donner une coupe de champagne? “ Alors que quelqu ’ un à 70 ans il utilisera un truc du genre „ Pourrais-je caresser l ’ espoir d ’ acquérir cette coupe de champagne “ , un truc totalement différent, de ce que moi j ’ ai appris.» Das Zitat seiner Mutter Bw1965 verweist auf die deutlich bestehenden Unterschiede innerhalb der französischen Generationen. Bw1965: «J ’ ai connu ici des familles qui ont un peu des racines assez bourgeoises, on peut dire, qui j ’ ai discuté avec eux [sic. avec lesquelles j ’ ai discuté] ; en discutant avec [sic. eux fehlt], j ’ ai compris des réponses qui [sic. qu ’ ils] m ’ ont données dans un français [. . .] assez cherché [sic. recherché] comme langue, tu vois. Ils te donnent pas des réponses simples comme ça, 472 Aussprache der Untersuchungsperson: [ aproksimativ ə ]. 473 In der Aussage von Bm1991 wird erkennbar, dass diese Ausdrucksweise der älteren Französinnen bzw. Franzosen als besonders positiv bewertet wird. Die Tatsache, dass er ein konkretes Beispiel beschreibt, belegt seine hohe französische Sprachkompetenz. In einer Gesprächssituation geht es darum, die dem Anlass entsprechende Varietät zu verwenden. Cf. Prüßmann-Zemper (1990: 835) Die Untersuchungspersonen differenzieren unterschiedliche „ diaphasische Register “ : Zu diesen gehören das „ français cultivé “ , „ français commun “ , „ français familier “ , „ français populaire “ , „ français vulgaire “ . Muller (1985: 226) zit. n. Prüßmann (1990: 836). 99 <?page no="100"?> par exemple. Ce sont des choses, tu lui demandes, par exemple, tu es avec le mari à la maison? Elle te dit jamais «où est Madeleine? », elle [sic. il] te dit, «Vous avez pas vu mon épouse? C ’ est pas simple à [sic. de] parler en français, [. . .].» Zwischen den Untersuchungspersonen besteht Einigkeit dahingehend, dass dieser positiv besetzte Sprachstil mehrheitlich von Gebildeten und von den zu der älteren, wohlhabenden Generation angehörigen Französinnen bzw. Franzosen gesprochen wird. Dieser Ansicht schließt sich Cm1979 an, der zwar noch nicht jahrelang in Paris lebt, jedoch eine Veränderung sowohl im Französischen als auch im Rumänischen wahrnimmt. Die Zunahme der Migrationspopulation führt nämlich zur Verwendung neuer Wörter und Satzkonstruktionen, die sich nicht nur auf die Migrationsgemeinschaften beschränken, sondern auch auf die Ursprungsbevölkerung der Parisiens übertragen werden. Außerdem drücken die aufgeführten Zitate Bedauern über die strukturellen Veränderungen des Französischen aus, die auf ein mangelndes Bildungsinteresse der Jugend zurückgeführt werden. Cm1979: «Je pense que les raisons c ’ est qu ’ on a laissé [sic. délaissé] les gens, c ’ est [sic. l ’ fehlt] éducation universelle de ces gens-là, on a assez développé le mauvais sens. Je trouve que les gens ont développé un mauvais sens.» Damit ist der Wunsch nach einer aktiven Sprachpflege vorhanden, die in der Gesellschaft von allen betrieben werden soll. Dw1978: «[. . .] les personnes les plus âgées parlent un français bien articulé, qui garde sa cadence sa beauté, tandis que de plus en plus j ’ entends un français mutilé, les jeunes ne sentent [sic. ressentent] pas tellement le besoin de s ’ exprimer, de dire tout jusqu ’ au bout, jusque dans les nuances [. . .].» Bm1991 erklärt, dass eine junge Französin im Alter von 20 Jahren Schwierigkeiten habe, mit älteren Franzosen zu kommunizieren. Bm1991: «La situation de [sic. du] français, voilà quoi, la langue elle change terriblement, quand on voit une jeune fille de 14 ans [. . .] et une femme de 40 - 45 ans, elles se comprennent pas si elles veulent se parler. Elles se comprennent pas, elles n ’ utilisent pas les mêmes expressions, c ’ est voilà quoi, c ’ est un choc culturel à ce niveau là.» Cm1979: «C ’ est la nouvelle génération qui parle mal le français ainsi que le roumain. C ’ est la nouvelle génération, c ’ est les anciens, les gens qui parlent une langue plus claire, plus propre.» Bw1931 relativiert die Aussage, indem sie zwar Veränderungen im Vokabular selbst bei ihren in Frankreich geborenen Enkelkindern feststellt, diese aber eine Unterhaltung nicht beeinflussen. 100 <?page no="101"?> Bw1931: «La jeunesse, ils parlent comme ça. Ils ont comme toutes les générations des mots. Sincèrement, je me souviens plus pour vous dire. J ’ entends mes petits-enfants, j ’ ai oublié les mots proprement dits.» Als geringer qualifizierte Arbeitskraft bewegt sich Cm1979 zwar im Umfeld rumänischsprachiger Personen, jedoch bemerkt auch er beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln, dass Kommunikationen unter Französinnen bzw. Franzosen unterschiedlicher Qualität sind. Neben der Klassifizierung der Sprachstile gebildeter Menschen können Aw1991, Bm1991 und Dw1979, aufgrund ihrer in Frankreich erfolgten Sozialisation, jugendtypische Sprachstile erkennen. Auch Cw1952 sieht sich, aufgrund ihres heterogenen Sprecherinnenbzw. Sprecherkreises, regelmäßig mit unterschiedlichen französischen Varietäten und Sprachstilen konfrontiert. Cw1952: «Je parle toujours avec mes voisins, ce sont des Français, des Arabes, des Noirs aussi.» Die aktive Wahrnehmung des Verlan und des Argot in der Schulzeit erleichtert Aw1991, Bm1991 und Dw1979 diese Sprachstile, konkret zu definieren und voneinander abzugrenzen. Beim Verlan handelt es sich um eine unter Jugendlichen verbreitete Sprachform, in der Silben von Lexemen umgekehrt und Vokabeln entsprechend modifiziert werden. 474 Der Argot 475 ist laut Aw1991 als eine Sprachform zu definieren, die einer Systematik folgt und durch eine vielfältige Lexik gekennzeichnet ist. Die Analyse der Aussagen bezüglich des Verlan ergibt, dass diese Sprachform besonders ausgeprägt in den Pariser Banlieus und von einer sozial benachteiligten Bevölkerungsschicht verwendet wird, die sich gegenüber ihrem sozialen Umfeld sprachlich abgrenzen möchte. Aw1991: «L ’ argot, c ’ est une langue avec un vocabulaire très précis alors que le verlan, c ’ est une manière d ’ inverser les syllabes.» Dw1979: «J ’ ai aussi grandi dans une cité avec un certain vocabulaire. Dans un contexte où les gens s ’ expriment dans un langage de la rue, ça peut être difficile de les comprendre.» 474 Die Sprecher haben den Verlan angemessen identifiziert, wenn die Definition von Kundegraber (2008) zugrunde gelegt wird: „ Verlan ist dem Inresolekt zuzuordnen; dieser setzt sich aus den Begriffen Inversion und Resolekt zusammen. “ Kundegraber (2008: 15) „ Inversion bezieht sich auf die linguistische Komponente der Silben oder Buchstabenverdrehung, die das Grundprinzip des Verlan darstellt (l ’ envers → Verlan). “ ebd (2008: 15). Pagnier, Thierry (2003) führte gemäß Kundegraber den Begriff Resolekt ein. Cf. Kundegraber (2008: 16). 475 Historisch betrachtet war „ Argot “ die Sprache der Kriminellen. Cf. Gadet (1992: 7) Im Laufe der Zeit unterlag dieser Stil dem Einfluss der „ langue populaire “ . Der Status dieser Sprache wandelte sich im Laufe der Zeit. Cf. ebd (1992: 8 ff.) 101 <?page no="102"?> Aw1991, Dw1979 und Bm1991 besuchten Schuleinrichtungen in Paris, in denen die Vermittlung des Unterrichtsstoffes im français standard bzw. français régional erfolgte. Der Schulbesuch hat zur Folge, dass der Kontakt zu Einheimischen und Kindern aus anderen Kreisen ein Kennenlernen von verschiedenen Sprachstilen ermöglicht. Auf die Frage, welche typischen Charakteristika den Verlan kennzeichnen, werden zahlreiche Beispiele benannt. Aw1991 ordnet die Wendung «c ’ est relou» dem Verlan zu und benennt die Wortgruppe «c ’ est bizzare» 476 als standardnahe französische Entsprechung. Um die Bedeutung des Wortes merkwürdig näher zu erläutern, führt sie das Adjektiv «louche» an. 477 Bm1991 nennt das Lexem «meuf» 478 , welches aus dem Verlan stammt und von Jugendlichen verwendet wird, um eine herabstufende Wirkung des Substantivs «femme» und somit eine Degradierung der Frauen zu erzielen. Beim Argot hingegen handelt es sich nach Aw1991 um «un vocabulaire très précis.» Im Argot wird beispielsweise das Substantiv «femme» durch die Vokabel «gonzesse» ersetzt. 479 In der heutigen Zeit wird dieses Wort eher selten verwendet. Ein häufig verwendetes Substantiv ist jedoch «un pote», welches im Deutschen als ‚ Kumpel ‘ übersetzt wird. 480 Der Argot wird von Cw1952 als unangemessen bewertet. Das Lexem «pinard» 481 wird im Argot durch die im Standardfranzösisch geläufige Entsprechung «vin» ersetzt und ist ihres Erachtens nach zusätzlich negativ besetzt. Eine Verwendung der zuvor charakterisierten Sprachstile lehnten zahlreiche Untersuchungspersonen rigoros ab. Cw1952: «Je ne veux pas avoir des mots argotiques dans mon vocabulaire. Je comprends, je peux faire la différence, c ’ est une langage avec des mots tous abrégés. On était très pauvres pour aller à l ’ école. Ils sont restés du bois. Je peux voir tout de suite qui ne parle [sic. pas fehlt] bien français, c ’ est une langage avec des mots tous abrégés.» 476 In Cf. Kundegraber (2008: 115) wird „ relou/ lourd “ wie folgt definiert; „ lourd bedeutet ursprünglich schwer, im übertragenen Sinne auch anstrengend: relou kann diese Signifikation zwar einnehmen, ist aber bedeutungsintensiver als lourd. “ ebd. (2008: 115). „ relou “ in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 686). 477 In Cf. Kundegraber (2008: 115) wird die Bedeutung des Adjektivs louche bestätigt, das auch Aw1991 benennt. „ louche “ in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 472). 478 Laut einer Befragung gilt „ meuf “ insbesondere unter Lehrkräften als „ negativ “ besetzt. Unter Jugendlichen können jedoch andere Zuschreibungen mit diesem Substantiv verbunden werden. Cf. Kundegraber (2008: 116). „ meuf “ in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 512). 479 „ gonzesse “ in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 644). 480 „ pote “ , in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 401). 481 „ pinard “ in: Cf. Colin, Mèvel, Leclère (2006: 609). 102 <?page no="103"?> Bw1978: «Moi, je pense par exemple [sic. que fehlt], les gens d ’ aujourd ’ hui en France, ils parlent mal français, c ’ est le français trop familier, ça devient un peu vulgaire.» Bw1978: «C ’ est plutôt la vulgarité dans la voix, les gens d ’ aujourd ’ hui sont très, on peut dire violents en parlant.» Cw1952 kritisiert weiterhin die häufige Verwendung von Initialwörtern unter den jungen Menschen, die eine Kommunikation erschweren und hauptsächlich zu Irritationen führen. Ihre Aussage belegt sie exemplarisch, indem sie die Lexeme «les adols» für „ les adolescents “ und «comme d ’ hab» für „ comme d ’ habitude “ benennt. 482 4.5.4 Diachronisches Wissen Die Betrachtung des diachronischen Wissens muss „ in den generationsspezifisch unterschiedlichen Konstellationen von Zweisprachigkeit “ 483 erfolgen. Nur auf diese Weise können Veränderungen in den Wissensbeständen vollumfänglich wahrgenommen werden. 484 Bw1931 ist bedingt durch ihre Lebenserfahrung eine der wenigen Rumäninnen, die strukturelle Veränderungen des Rumänischen im Laufe der letzten Jahrzehnte feststellen konnte. Dies führte sie sowohl auf die politischen Inhaftierungen der rumänischen Intelligenz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als auch erneut auf das Ende des Kommunismus im Jahre 1989 zurück. Bw1931: «[. . .] pendant ces 40 et 50 ans de système communiste, c ’ est normal qu ’ elle a changé parce qu ’ il ne faut pas oublier qu ’ une grande partie des intellectuels, ils ont été enfermés. [. . .]Tout le monde, beaucoup des gens qui sont venus de la campagne, des banlieues de nos villes, ils sont devenus, si vous voulez, la nouvelle classe des intellectuels. Donc, il y avait pas la même langue que ceux d ’ avant qui ont fait les [sic. des] études [. . .].» Bw1931: «Mais en général la majorité de mes amis qui ont [sic. sont de] la même génération que moi [. . .] Je parle d ’ une certaine catégorie de bourgeoisie de Bucarest. C ’ était une bourgeoisie toute récent, il y a beaucoup des [sic. d ’ ] hommes qui ont fait des études tout de suite après la guerre.» In Folge der ersten Sprachstrukturveränderungen stellte sie eine Vulgarisierung der Gemeinsprache in Rumänien fest, die sich durch die Einflussnahme der Arbeiterinnen bzw. Arbeiter und Bäuerinnen bzw. Bauern in 482 Bei „ d ’ hab-d ’ habitude “ handelt es sich um eine Apokope Cf. Kundergraber (2008: 108), wie auch bei „ les adols “ . 483 Stehl (2012: 95). 484 Cf. Stehl (2012: 95). 103 <?page no="104"?> weiten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausweitete. 485 Aus ihrer subjektiven Darstellung beschreibt sie die Ausdrucksweisen und veränderte Intonation als besonders unangenehm, so dass der Kontakt mit der rumänischen Sprache bei ihr Unbehagen hervorruft. Bw1931: «L ’ accent tonique a changé, une langue beaucoup à mon oreille, comme on dirait, une langue dure, une langue vulgaire. C ’ est la langue que j ’ entends à la radio, à la télévision. C ’ est pas du tout la langue que j ’ ai, qu ’ on a parlé nous, c ’ est une influence, je sais pas laquelle, mais en tout cas, c ’ est une langue qui est vraiment moche. Elle est désagréable quand je l ’ entends à la radio.» Verwundert äußert sich Bm1931 zu den Erklärungen von Bw1931 bezüglich der Sprachstrukturveränderungen. Diese Wahrnehmung konnte Bm1931 nicht teilen und erklärt ausdrücklich, dass er von dieser Feststellung zum ersten Mal hört. Bm1931: «C ’ est la première fois que j ’ ai entendu que l ’ accent a changé. J ’ étais en octobre en Roumanie dans le commerce, on parle la même langue.» Sicherlich unterschied sich die in Bukarest seßhaft gewordene intellektuelle Elite sprachlich von den Landbewohnerinnen bzw. Landbewohnern. Das Bedauern über diesen Umstand wird in den Aussagen von Bw1931 sehr deutlich. Jedoch könnte es sich bei der von ihr wahrgenommenen Veränderung sicherlich um die Verlagerung der ländlichen, regionalen Varietäten in die Großstädte handeln. Obwohl der Altersunterschied zwischen den Untersuchungspersonen variiert und Aw1991 und Bw1931 sechzig Jahre auseinander sind, beschreiben beide unabhängig voneinander, dass in der rumänischen Sprache Veränderungen stattfinden. Dabei wird einerseits auf den Einfluss des Kommunismus verwiesen, der das Rumänische geprägt hat. 486 Andererseits wird das mangelnde Bildungsinteresse in der Bevölkerung für Veränderungen der Sprache verantwortlich gemacht. Der Wunsch, die rumänische Sprache ihren Regeln entsprechend zu verwenden, geht ihres Erachtens derart zurück, dass sie von einem „ roumain différent “ sprechen, welches nicht nur in den Medien, sondern auch in den Sprecherinnenbzw. Sprechergemeinschaften in Paris zu hören ist. 485 In der gesprochenen rumänischen Sprache der „ limba vorbit ă curent ă“ Iliescu (2003: 533) können in der Lexik durchaus Abweichungen von der „ Hochsprache “ vorkommen. Cf. ebd. (2003: 533). 486 Das Unterfangen zu Zeiten des Kommunismus, die russische Sprache in der rumänischen Bevölkerung implementieren zu wollen, kann als gescheitert betrachtet werden. Diejenigen, die Russisch erlernen sollten, sind häufig nicht über den Erwerb von Grundkenntnissen hinausgekommen. In der rumänischen Bevölkerung war das Erlernen des Russischen unbeliebt. Cf. Iliescu (2002 a: 280). 104 <?page no="105"?> Aw1991: «En Roumanie, [sic. il fehlt] y a un manque d ’ autorité dans la langue. Je crois que vous regardez les épreuves du bac, c ’ est n ’ importe quoi maintenant. [sic. Il fehlt] Y a quelques années, dans les questions de culture générale, ils ont demandé quel est le nom de la présentatrice de la télé sur la chaîne roumaine. [. . .] Enfin bref, je trouve qu ’ il y a un déclin au niveau de l ’ enseignement roumain et que la langue roumaine suit.» Sie plädiert dafür, an der Reinhaltung des Rumänischen zu arbeiten, um diese Sprache vor dem Zerfall zu bewahren. Bw1931 legt in ihren Ausführungen ähnliche Ansichten dar. Bw1931: «Non, pas vraiment., [sic. Il fehlt] Y a des sites Internet qui proposent. Mais nous, on a pas la télé. On regarde pas trop la télé roumaine. Parce que, je pense, on connaît, on sait ce qu ’ il y a en ce moment. Mais on pense que ça s ’ est beaucoup dégradé. Et le roumain qui est parlé n ’ est pas roumain - forcément, comment dire? - il a dépéri. [. . .]» Die zweite bedeutende Sprachstrukturveränderung beruht auf dem kompletten Wegfall des während der Zeit des Kommunismus geprägten diktatorischen Wortschatzes und auf der beginnenden dominierenden Einflussnahme der englischen Sprache nach 1989. 487 Die noch vorhandenen Erinnerungen der Rumäninnen und Rumänen an die Zeit des Kommunismus sowie die nach dem Fall des Eisernen Vorhanges einsetzenden sprachlichen Neuerungen belegen, dass sich die damalige rumänische Sprache deutlich von der heutigen unterscheidet. Dw1979: «C ’ était un peu la langue de bois du régime [. . .] parce que c ’ était un autre vocabulaire qui était instauré, [. . .] Le vocabulaire d ’ avant, avec le vocabulaire d ’ aujourd ’ hui en Roumanie, ça n ’ a rien à voir.» Viele der Befragten sehen einen Zusammenhang zwischen dem Einfluss der kommunistischen, slawischsprachigen Republiken und den strukturellen Veränderungen im Rumänischen. 488 Cm1972: «Le président, le système communiste a imposé la langue russe, [. . .]on est obligé [sic. forcé] de [sic. Verb fehlt] Russie[sic. en russe].» Bw1965: «En fait, dans le sens, à l ’ époque on était obligés à [sic. de] lire des livres qui parlaient du communisme. Maintenant, tu découvres une langue roumaine qui est pure dans son sens. T ’ as effacé les racines communisme [sic. communistes], les mots communisme.» [sic. communistes] 487 Nach 1989 fällt der „ radikale Bruch mit der vorgestanzten, schematisch-klischeehaften Ausdrucksweise der öffentlichen Diskurse “ Bochmann (2011: 351) auf. 488 Die Übernahme von „ Lehnprägungen “ in die rumänische Sprache erfolgte, „ um die formelhaften, dogmatischen Wendungen der ‚ hölzernen ‘ Sprache des kommunistischen Totalitarismus wiedergeben zu können. “ Iliescu (2002 a: 280 - 281). 105 <?page no="106"?> Bm1931 berichtet zudem von Veränderungen im Bereich der rumänischen Schriftsprache. «Ils ont changé quelques règles d ’ ortographie.» [sic. règles d ’ orthographe] Anhand des Verbs «întâlni», dessen sozialistische Schreibweise «întîlni» ist, wird die Wahrnehmung einer Orthographiereform verdeutlicht. 489 Selbst die potenzielle Re-Emigrantin Aw1991, die in Frankreich geboren wurde, weiß beispielsweise, dass der Wechsel der Grapheme <î> und <u> in den Konjugationen des Verbs «a fi» erfolgte. 490 Aw1991: «Dans la nouvelle orthographe moderne, on a supprimé les tirets et on a changé la forme du verbe être dans les réformes d ’ orthographe modernes.» In Rumänien vor 1989 wurde nach den Aussagen von Bw1978 zur Anrede des Herrn und der Frau «tovara ˇ s , , tovara ˇ s , a» 491 verwendet. Dw1979 fügt dieser Aussage hinzu, dass diese Terminologie im Sinne der Ansprache von «camarad» benutzt wurde. Das ähnlich kommunistisch geprägte Substantiv «mili ţ ia» wurde im Standardrumänischen durch das Substantiv «poli ţ ia» ersetzt. Verständlich ist, dass Dw1979 den Verräter des Staates im Rumänischen «tra ˇ da ˇ tor al statului» als ideologisch geprägte Terminologie bezeichnet. Im Standardrumänisch ist dieses Wort nach wie vor belegt. Die Existenz ideologisch geprägter Terminologien ist im Sprachwissen vorhanden, jedoch werden Bm1991 sowie die Töchter von Cm1972 diese nur noch den Geschichtsbüchern entnehmen können. Dass Aw1991 über die Existenz kommunistischer Terminologien Bescheid weiß, mag zum einen an ihrem Bildungsgrad liegen, andererseits wird an dieser Stelle erneut deutlich, inwieweit sie sich mit dem Heimatland ihrer Familie beschäftigt. Die Zunahme von Anglizismen nach dem Jahr 1989 wird auf den technischen Fortschritt zurückgeführt. 489 In Rumänien vollzog sich in den 1940er Jahren ein Bruch mit der „ als bourgeois und dekadent “ Dahmen, Schweickard (1998: 187); Discher (2013 a: 348) bezeichneten frankophilen Ausrichtung. In der Politik bestand zunächst vielmehr der Wunsch, die Gemeinsamkeiten zwischen dem Rumänischen und seinen „ slawischen Nachbarn “ Dahmen, Schweickard (1998: 187) hervorzuheben. Um dieses Vorhaben durchzusetzen, wurde bewusst „ eine Orthographiereform durchgeführt “ , ebd. (1998: 187) um unter Herausarbeitung der Gemeinsamkeiten, die Nähe des Rumänischen zu den „ slawischen Sprachen “ ebd. (1998: 187) aufzuzeigen. Dafür wurden zunächst Änderungen in der Schrift vorgenommen und das Graphem <î> für <â> eingeführt. ebd. (1998: 187 - 188) Dieses Vorhaben wurde jedoch einige Jahre später wieder rückgängig gemacht. 490 Im Rumänischen wurde demnach „ sînt “ zu „ sunt “ , „ sîntem “ zu „ suntem “ , „ sîntent , i “ zu „ suntet , i “ . 491 Im Standardrumänischen wird die Verwendung „ domnul “ und „ doamna “ festgelegt. Cf. Hierzu äußert sich auch Bochmann (2011: 353). 106 <?page no="107"?> Aw1991: «On dira, tout ce qui se touche [sic. tout ce qui touche] à l ’ informatique, le software, ils prennent tous les mots anglais.» Bw1978: «On a emprunté trop des [sic. de] mots anglais. (. . ..) Quand tu veux dire viens chez moi, tu dis, come, come. C ’ est comme, tu effaces la langue roumaine,. . . plutôt après 1989.» Bm1975: «Maintenant il y a des emprunts de [sic. à] la langue anglaise, à l ’ Internet surtout. [. . .] La langue roumaine a plus [sic. d ’ fehlt] emprunts.» Abschließend lässt sich feststellen, dass unabhängig vom Alter der Untersuchungspersonen ähnliche Veränderungen wahrgenommen werden. Wenn Aw1991 behauptet, das Rumänische habe sich stark verändert, geht sie von der Sprache aus, die sie aus Büchern und aus den Medien erlernt hat. Auch wenn der regelmäßige Kontakt zu der Familie ihren Wortschatz erweitert, dürfen ihre Aussagen nicht verallgemeinert werden. In jeder Generation finden Neuerungen in der Sprache statt, die von Außenstehenden wahrgenommen werden. Technische Neuerungen und das Bildungswesen können maßgeblich zur Veränderung beitragen. 492 Weitere Studien sind erforderlich, um abschließend bewerten zu können, inwieweit sich die rumänische Sprachstruktur verändert oder ob es sich in Rumänien nicht tatsächlich um Ergebnisse einer Konvergenz handelt, die mit der Genese neuer Sprachformen einhergeht. 493 In der Pariser Region wird ein Geflecht von „ Migrantenvarietäten “ wahrgenommen, das von den Untersuchungspersonen auf das Wirken und die Dominanz der Ausgangssprachen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zurückzuführen ist. Bw1965 stützt diese Aussagen, indem sie gar von «tous sic. [toutes] les sortes des dialectes» spricht, die in der Pariser Sprachenlandschaft zirkulieren. Diese Einschätzung wird nicht nur den anderen Migrantengruppen zugeschrieben, sondern trifft auch auf die rumänische Migrantengemeinschaft zu. 4.6 Prototypen von Interferenzvarietäten Die Auswertung des Datenmaterials ergibt, dass in der rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergemeinschaft die Art und Weise des Spracherwerbs sowie die persönlichen Lebensumstände die Qualität „ des sprach- 492 „ Sprachveränderungen “ in der Lexik und Grammatik sind Ausdruck der natürlichen Veränderbarkeit der Sprache, die durch soziale Faktoren und gesellschaftliche Prozesse beeinflusst sind. Cf. Suchsland (1992: 57). 493 Zur Konvergenz: Cf. Stehl (1994: 130 ff.). Im Kapitel der Linguistik der Variation erfolgt die Analyse ausgewählter rumänischer Sprecherinnenbzw. Sprecherzitate. 107 <?page no="108"?> lichen und des metasprachlichen Wissens “ 494 bestimmen. Erst durch die Kenntniss dieses Prototypenwissens 495 können die Untersuchungspersonen eine angemessene Zuordnung der Varietäten im rumänisch französischen Sprachkontakt vornehmen. Aw1964, Am1965, Bw1965, Bw1978, Dm1978, Cm1979 und Cm1972 erlernten das Französische durch ungesteuerten Zweitspracherwerb. Der Besuch eines Sprachkurses in Paris stellte, wenn überhaupt, nur eine ergänzende Maßnahme zur Verbesserung ihrer Sprachkompetenz dar. Die Untersuchungspersonen Aw1991, Bm1991 und Cw2005, Cw2003 sowie Dw1979 lernen beziehungsweise lernten Französisch begleitend in der Schule. 496 Allein Bw1931, Bw1975, Bm1931 und Dw1978 stellen eine Besonderheit dar, weil der französische Zweitspracherwerb im Heimatland Rumänien erfolgte und die Verbesserung der französischen Sprachkompetenz auf dem Wunsch basierte, ein neues Leben in Frankreich beginnen zu wollen. Schon die Eltern der Sprecherin Bw1931 und des Sprechers Bm1931 bewegten sich in gebildeten Kreisen. Sie gehören der Generation an, die vor dem Aufkommen des Kommunismus zweimal wöchentlich in den Fächern französischer Geschichte, französischer Literatur und französischer Landeskunde unterrichtet wurden. Außerdem war es selbstverständlich, dass im Elternhaus von Bw1931 Französisch gesprochen wurde. 497 Bm1931: «Il faut savoir [sic. qu ’ fehlt] en Roumanie au lycée, jusqu ’ à la fin on faisait de la langue étrangère. On [sic. en fehlt] avait deux fois par semaine, on faisait l ’ histoire de la France, la géographie de la France, la littérature de la France, dans le lycée roumain.» 498 Die Mutter der Sprecherin Bw1975 unterrichtete Französisch an staatlichen Schulen in Rumänien. In der Hoffnung, ihrer Tochter beim Erlernen der französischen Sprache zu helfen, kommunizierte sie mit ihr in Französisch. Desweiteren verhalf ihr die sprachliche Kompetenz ihrer Mutter beim Erlernen der italienischen Sprache, was häufig dazu führt, dass sie von Außenstehenden als Italienerin identifiziert wird, wenn sie diese Sprache verwendet. 494 Zum plurilingualen Wissen: Stehl (2012: 10 ff.). 495 Zum Prototypenwissen: Cf. Stehl (2012: 86). 496 Eine Zuordnung von Bm1991 und Dw1979 zu einem sechsten Gradatum, das als Regionalfranzösisch hätte bezeichnet werden können, wäre durchaus denkbar gewesen, soll jedoch hier nur der hypothetischen Betrachtung dienen. Ein technisches Messverfahren zur Überprüfung suprasegmentaler Eigenschaften in dem Sprechfluss dieser Untersuchungspersonen wäre abschließend notwendig gewesen, um eine derartige Zuordnung zu rechtfertigen. 497 Discher (2013 a: 361). 498 Ebd. (2013: 361). 108 <?page no="109"?> Bw1975: «Ma mère qui était prof. de la [sic. ohne la] littérature. [. . .] J ’ ai appris la langue française à partir de 7 ans.» Bw1975: «La langue italienne [. . .], je l ’ ai appris [sic. apprise] à l ’ âge de 4 ans.» Obwohl Bw1975 und Dw1978 in ihrer Heimat ein Studium absolvierten und Bw1975 im Anschluss daran als Französischlehrerin in Rumänien tätig war, wurde ihre Ausbildung in Frankreich nicht anerkannt. Vielmehr mussten sie den in Rumänien erworbenen akademischen Grad, durch das Absolvieren eines Masterstudiums in Frankreich neu erwerben. 499 Bm1931 und Bw1931 hingegen gelang problemlos der Einstieg in das Berufsleben in Frankreich. Der maßgebliche Unterschied hierfür lag in der beruflichen Qualifikation. Bw1931 war eine erfolgreiche Schwimmerin, die zur damaligen Zeit nicht nur in Rumänien, sondern auch in Frankreich bekannt war. Bm1931 war Arzt und zudem in Frankreich anerkannter politischer Flüchtling, genoss insofern erleichternde Möglichkeiten, sich als Mediziner niederzulassen. In sprachlicher Hinsicht war es für Bw1931 und Bm1931 in präkommunistischer Zeit in ihrem sozialen Umfeld üblich, sich regelmäßig in Französisch zu unterhalten. Dies verhalf dieser Generation, ihren Spracherwerbsprozess durch die Verwendung des Französischen auf natürliche Weise zu fördern. Die unterschiedlichen Lebensbiographien belegen, inwieweit persönliche Beziehungen den sprachlichen und den kulturellen Integrationsprozess beeinflussen können. Das analysierte sprachliche und metasprachliche Wissen der Untersuchungspersonen ist als durchaus heterogen zu bewerten. In der „ kognitiven Prototypenklassifikation “ 500 wird die Analyse des Sprachwissens die Existenz rumänisch französischer Interferenzvarietäten belegen. Die Sprecherinnen und Sprecher immigrierten zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Frankreich. Sie können jede Interferenzvarietät dieses vertikalen Sprachkontaktes „ in ihrer jeweils syntopisch, synstratisch und synphasisch homogenen Struktur “ 501 voneinander unterscheiden. In Anlehnung an Stehl wird jede einzelne Interferenzvarietät als Gradatum bezeichnet. 502 499 Discher (2013 a: 361). 500 Terminologie nach Stehl (2012: 108). 501 Stehl (2012: 137). 502 Cf. Stehl (2012: 126). Der wissenschaftliche Diskurs um die Einordnung von Varietäten in eine Gradation oder in ein Kontinuum erfährt eine Erweiterung, indem festgestellt wird, dass „ sich ‹ Gradata › eher auf die sprecherbezogene ‹ pragmatische Variation › , ‹ Kontinua › zunächst auf den sprachlichen Befund stützen. “ Bernhard (1998: 13) Die Analyse des Datenmaterials für die vorliegende Arbeit belegt, dass sowohl durch die Untersuchungspersonen als auch durch das Sprachmaterial eine Abgrenzung zwischen den Interferenzvarietäten möglich ist. „ Die beiden genannten Modelle zeigen aber auch die unterschiedliche und teilweise nur bedingt mögliche 109 <?page no="110"?> Das Prototypenwissen 503 ermöglicht den Rumäninnen bzw. Rumänen, auch weitere Prototypen zu erkennen. Als positive Prototypen werden hauptsächlich die Varietäten bewertet, denen „ Konformität mit den System-Regeln des jeweiligen Kontaktextrems “ 504 attestiert wird. Die „ Nicht- Konformität mit den System-Regeln “ 505 führt zur Einstufung als abweichend. 506 „ Der Stereotyp als Wissens-Dimension der systembezogenen Norm “ 507 ermöglicht die Darstellung der Meinungen und Akzeptanz 508 der Untersuchungspersonen gegenüber den ihnen bekannten rumänischen und französischen Gradata. 509 Als besonders kann in dieser untersuchten rumänischen Gemeinschaft gewertet werden, dass die einzelnen Gruppen zwar unabhängig voneinander leben, jedoch einige von ihnen regelmäßig zum Austausch zusammen kommen. Dadurch ist eine Darstellung der Sprachdynamik in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft in Paris und Umgebung gewährleistet. Während in der Gradation des rumänisch-französischen Sprachkontaktes das Gradatum Französisch (++) als exogener Standard 510 das obere Kontaktextrem repräsentiert 511 , wird Französisch (+) als das Gradatum definiert, welches sich durch eine abgestufte Anzahl an rumänischen Interferenzen ausweist. Charakteristisch für das Französisch ( - ) ist, dass es sich um eine deutlich durch sprachliche Merkmale des Rumänischen geprägte Varietät handelt. Während Rumänisch (+) als Gradatum bezeichnet wird, welches frei von französischen Interferenzen ist, können prosodische Merkmale des Französischen im Gradatum Rumänisch ( - ) nachgewiesen werden. Um herauszufinden, ob eine Interferenzvarietät im Umkreis akzeptiert ist, wird die in den französischen Medien verbreitete Standardsprache als Vergleichsgröße herangezogen. 512 Ähnlich wie in anderen Untersuchungen dient das „ Gradationskriterium der Norm “ 513 bei der Einschätzung als Orientierung. Übertragung des variablen Regelbegriffs einer geordneten Variation von Standard - und Substandardrealisationen. “ Bernhard (1998: 13). 503 Stehl (2012: 86). 504 Stehl (2012: 142). 505 Stehl (2012: 142). 506 Cf. ebd. (2012: 142). 507 Koch (1988 a) zit. n. Stehl (2012: 142). 508 Stehl (2012: 142). 509 Cf. Discher (2013 a: 357). 510 Zum exogenen Standard: Stehl (2012: 118). 511 Cf. Stehl (2012: 118). 512 Zum exogenen und endogenen Standard: Stehl (2012: 121). Cf. Discher (2013 c: 13). 513 Stehl (2012: 147). 110 <?page no="111"?> Das Gradatum (F++) repräsentiert mit Bezeichnungen wie beispielsweise «la beauté», «une peinture de la langue française», die unerreichbare Standardvarietät. Das Gradatum (F+) wird durch die Untersuchungspersonen mit «la langue française d ’ aujourd ’ hui», «un français moins caractérisé» beschrieben. Andere Sprecherzitate, die das Gradatum (F - ) klassifizieren, markieren das Französische als «la langue de cité», «un langage avec des mots tous abrégés», «un français approximatif» und bringen ein geringeres Prestige zum Ausdruck. Die Aussagen über die Gradata (R - ) sowie (R+) stellen die in dieser Gemeinschaft dominierenden Ansichten über ihre Muttersprache dar. Das Gradatum (R - ) wird als «un roumain plus sauvage»,«une langue qui est vraiment moche», «une langue roumaine marrante», «la langue roumaine, c ’ est la langue de la rue», «la langue roumaine, une autre façon accentuée» klassifiziert, wohingegen das Gradatum (R+) «la vraie langue roumaine “ , «la langue littéraire» für die tertiären Dialekte des Rumänischen steht. Aus den Analysen und diesen Bezeichnungen ergibt sich die Gradation der Varietäten im rumänisch-französischen Sprachkontakt. 514 Abbildung 2: Gradation des rumänisch-französischen Sprachkontaktes Französisch (++) (Virtueller Standard) Französisch (+) (Prosodische Merkmale des Rumänischen) Französisch ( - ) (Phonologische, morphologische und lexikalische Interferenzen) Rumänisch ( - ) (Prosodische Merkmale des Französischen) Rumänisch (+) (Erstsprache der rumänischen Migranten) 4.6.1 Gradatum (F+) und Gradatum (F - ) Die dem Gradatum (F+) zugeordneten Untersuchungspersonen wissen, dass sich ihre französische Sprachkompetenz von den Anderen unterscheidet, die dem Gradatum (F - ) zugeordnet werden können. Der regelmäßige Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen sowie die in Frankreich erfolgte 514 Discher (2013 a: 357 - 358); Discher (2013 c: 13); Cf. Discher (2014: 146 - 147). 111 <?page no="112"?> schulische Sozialisation verhalf vor allem Aw1991, Bm1991, Cw2003, Dw1979 und Dw1978, annähernd die zielsprachliche Norm zu erreichen. Der Schulbesuch der Schwestern Cw2005 und Cw2003 wirkt sich deutlich positiv auf die Entwicklung ihrer Sprachkompetenz aus, wobei Cw2005 im Interview zurückhaltender als Cw2005 antwortet und die Interviewmitschnitte nicht ausreichen, um die Schwestern abschließend sprachlich zu bewerten. Cw2003 515 verdeutlicht in ihren Redebeiträgen, inwieweit der Kontakt zu französischen Kindern in jungen Jahren dazu beitragen kann, eine hohe Sprachkompetenz zu erzielen. Cw2003 verwendet nur noch vereinzelt rumänische Lexeme, um fehlendes Vokabular im Sprechen zu ersetzen. Das Sprachmaterial belegt die hohe französische Sprachkompetenz von Cw2003, weil sie zur Erleichterung der Kommunikationssituation stellenweise die komplexen Fragen des Questionnaire für ihren Vater Cm1972 in Rumänisch übersetzt. Cw2003: «Moi, c ’ est français parce que je connais mieux, ben, français, comme j ’ habite à Paris, c ’ est plus facile.» Ähnlich positiv ist die Sprachkompetenz von Aw1991, Bm1991 und Dw1979 zu bewerten, deren französischer Diskurs annähernd mit der Sprachkompetenz eines französischen Muttersprachlers verglichen werden kann. Die Aussagen der nachfolgend aufgeführten Personen zu der Qualität ihres sprachlichen Wissens beinhalten deutliche Übereinstimmungen. Auch Dw1978 und Dm1978 bewerten ihre französische Sprachkompetenz als gut. Aw1991: «Je suis bilingue français-roumain.» Bm1991: «Je pense avoir un assez bon niveau parce que j ’ ai passé un bac littéraire aussi.» Dw1978: «Le registre français dans le registre familier c ’ est assez modeste, parce que je ne parle pas les dialogues du quotidien. J ’ ai beaucoup appris et j ’ ai fait beaucoup d ’ efforts pour ne pas faire de fautes en français. Je maîtrise le français qui est assez souvent trop livresque. Ce n ’ est pas assez trop [sic. ohne trop] familier et assez spontané.» Dm1978: «Je pense que je parle très bien français. [. . .]» Dw1979: «Maintenant je comprends mieux le français parce qu ’ en roumain, il y a des choses qui m ’ échappent dans la subtilité de la langue, vu que j ’ ai vécu plus de temps en France qu ’ en Roumanie, tu vois? J ’ ai vécu huit ans en Roumanie et j ’ ai vécu 21 ans en France.» 515 Auch wenn im Vergleich zu den anderen Untersuchungspersonen Sprachmaterial für Cw2003 nicht so umfänglich vorliegt, erfolgt ihre Einordnung in das Gradatum (F+). 112 <?page no="113"?> Dw1979: «[. . .] en France je pense qu ’ on ne peut pas savoir si je suis Roumaine ou pas. Parce que je n ’ ai pas d ’ accent en français.» Das baccalauréat und das Studium in der Zweitsprache, dem Französischen, zu absolvieren, unterstreicht das ausgeprägte sprachliche Wissen. Dennoch unterscheiden sich die französischen Diskurse von Aw1991 und Bm1991 auf phonetisch phonologischer Ebene. Der Diskurs von Bm1991 weist im Gegensatz zum Sprachmaterial von Aw1991 deutlich mehr der Zielsprache ähnliche Strukturen auf. 516 Hinsichtlich der Selbsteinschätzung von Aw1991, bilingual rumänischfranzösisch aufgewachsen zu sein, scheint eine Selbstüberschätzung ihrer Sprachkenntnisse nahezuliegen, sofern darin zum Ausdruck kommen soll, dass sie beide Sprachen wie eine Muttersprachlerin beherrscht. Aw1964: «Elle me parle, elle me raconte, tout ce qui est à l ’ école, c ’ est en français.» 517 Das Zitat von Aw1964 deutet darauf hin, dass die in Frankreich erlernten Themenbereiche nicht ausreichend im rumänischen Sprachwissen ihrer Tochter verankert sind. 518 Hingegen erklärte Aw1991, dass sie zu Hause mit ihren Eltern und in ihrer nahen Umgebung grundsätzlich Rumänisch spricht, was ihren Status als potenzielle Re-Emigrantin belegt. Denn charakteristisch für diese Gruppe ist, dass sie soweit wie möglich vorzugsweise in ihrer Heimatsprache kommuniziert, so dass eine Übertragung prosodischer Merkmale der Erstsprache im Diskurs wahrnehmbar bleibt. Bw1965, die Mutter des Sprechers Bm1991, war nach der Ankunft in Frankreich stets bemüht, ihrem Sohn in das französischsprachige Umfeld zu integrieren. Die Tätigkeit als Hausangestellte in einer rumänischen Diplomatenfamilie sicherte den beiden nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern versetzte Bm1991 seit seiner Einreise in die Situation, Französisch sprechen zu müssen. Darüber hinaus verhalf Bm1991 die unmittelbare Konfrontation mit dem Französischen in der Schule, trotz der anfänglichen sprachlichen Barriere, zu einer hohen französischen Sprachkompetenz, die von seiner Mutter bestätigt wird. 519 516 Cf. Kapitel Linguistik der Variation. 517 Discher (2014: 145). 518 Dieses Phänomen ist den Sprechtraditionen zuzuordnen, da „ die innere Konstitution des Textes als individueller Ausdruck der sozialen und kommunikativen Erfahrung “ Stehl (2012: 212) zu betrachten ist. Aw1991 bespricht Themen mit ihren Eltern auf Französisch, die inhaltlich im Zusammenhang mit ihrem Universitätsstudium stehen. 519 Cf. Discher (2013 c: 14). 113 <?page no="114"?> Bw1965: «Comme mon fils, il parle parfaitement français, on dit qui [sic. qu ’ il] est un Français. “ [. . .] Depuis tout petit, il s ’ adapte très vite. Les gens, ils parlent roumain avec l ’ accent français, comme Bm1991 parle roumain, il a un accent français.» 520 Bw1931, Bw1975 und Dw1978 stellen eine Besonderheit dar, weil persönliche und teilweise tragische Lebensumstände den Wunsch wachsen ließen, in Frankreich ein neues Leben aufzubauen. Die Schulausbildung dieser Frauen erfolgte in Rumänien, jedoch spricht die hohe Qualität ihres sprachlichen Wissens im Französischen für den starken Willen, sich emotional von Rumänien loszulösen. Dennoch ist festzustellen, dass deren Diskurs von einer noch stärkeren rumänischen Prosodie durchzogen ist, als es bei den anderen Sprecherinnen bzw. Sprechern des Gradatums (F+) festgestellt werden kann. 521 Dies mag an dem Umstand liegen, dass sie, im Gegensatz zu den teilweise deutlich Jüngeren, ihre Sozialisation in der Jugendzeit nicht in Frankreich durchlaufen haben. Aufgrund ihres deutlichen Akzentes ist ihr rumänischer Migrationshintergrund noch am ehesten erkennbar. Bw1975 geht soweit und gelangt zur Überzeugung, dass ihr rumänisches sprachliches Wissen nicht ausreichend ist, um sich schriftlich auszudrücken. Aufgrund ihres akademischen Werdeganges und ihres Zweitstudiums in Frankreich kann dem sicherlich zugestimmt werden. Die Tatsache, dass Bw1975 laut ihren Aussagen die journalistische französische Fachsprache beherrscht, kann anhand des vorliegenden Sprachmaterials nicht bestätigt werden. Bw1931: «Vous savez, on a un accent dans une langue même si on la parle bien, on perd pas l ’ accent sauf si on commence aller à l ’ école petite, une école professionnelle. [. . .] Si j ’ aurais [sic. avais] fait à Bucarest un lycée Français . . . j ’ aurais pas eu d ’ accent en français.» Dw1978: «Il y a des jours encore où je ne suis pas vraiment en forme. Je ne trouve pas mes mots bien. [sic. Je ne trouve pas bien mes mots]. Il y a un accent très fort qui me trahit.» Bw1975: «Quand on est énervé, on parle mieux dans la langue maternelle. S ’ il faut faire des phrases académiques, je suis plus à l ’ aise en français. “ [. . .] Maintenant je réfléchis en français. J ’ ai du mal à faire une [sic. un] courrier en roumain.» Bw1975: «Quand je suis arrivée en France, ils m ’ ont demandé: “ Est-ce que vous étiez journaliste avant? “ J ’ ai parlé comme une journaliste, j ’ ai en français des mots de la vie courante de la France.» 520 Ebd. Discher (2013 c: 14). Discher (2013 a: 359). (Ähnliche Aussage von Bw1965). 521 Cf. Kapitel Linguistik der Variation. 114 <?page no="115"?> Die Sprecherinnen bzw. Sprecher des Gradatums (F - ) zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie das grammatische Regelwerk des Französischen nicht beherrschen, sondern nur über einen geringen lexikalischen Grundwortschatz verfügen und ihr französischer Sprechfluss in unterschiedlicher Intensität deutlich rumänische prosodische Einflüsse aufweist. Die Untersuchungspersonen, die dem Gradatum (F - ) zugeordnet werden, entstammen regelmäßig einem bildungsfernen Milieu, üben Berufe in geringer bis mittlerer Qualität aus und führen gehäuft eine von der französischen Sprachgemeinschaft isolierte Lebensweise. Vielmehr beschränken sie ihre sozialen Aktivitäten auf die rumänische Exilgemeinde und zeigen am Ausbau ihrer Französischkenntnisse kein überwiegendes Interesse. Für seine grundsätzlich mangelnde Sprachkompetenz führt der Hilfsarbeiter Cm1979 sein unzureichendes lexikalisches Wissen an. Cm1972, der vorzugsweise in Rumänisch kommuniziert, bewertet seine Sprachkompetenz ebenso als mangelhaft. Hierfür spricht auch, dass er sich durch seine Töchter, die sich im schulpflichtigen Alter befinden, regelmäßig sprachlichen Verbesserungsvorschlägen ausgesetzt sieht. Cm1979: «Je peux dire que je comprends la langue française. Je n ’ ai pas un vocabulaire très riche mais je peux dire que je le comprends très bien. La langue française je l ’ ai, avais appris [sic. apprise] avec les gens dans la rue.» 522 Cm1972: «Je peux dire, c ’ est quelqu ’ un qui parle avec moi, il peut dire, je pense que je parle pas très bien.» Cm1972 attestiert seinem Kollegen Cm1979 eine mangelhafte französische Sprachkompetenz, die auf dem einseitigen Umgang mit anderen Untersuchungspersonen beruht. Dieser verweist auf das unzureichende Bildungsniveau der in seinem Umkreis lebenden Menschen und bestätigt, dass diese den Kontakt zum Alltagsfranzösisch, aber auch zu der in den Medien verbreiteten Standardvarietät vermeiden. Dies spiegelt sich hauptsächlich in der fehlerhaften Verwendung von Lexemen und grammatischen Grundformen wider. 523 Cm1972: «Il y a quelques chauffeurs qui sont [sic. de la même fehlt] origine que moi, Cm1979 qui parlent pas très bien.» Cm1979: «Nous, la classe bas [sic. classe inférieure], ce n ’ est pas la même [sic. ce n ’ est pas la même chose oder ce n ’ est pas pareil]. Ils disent des mots [sic. que fehlt] tu ne connais pas. Tu trouves pas des [sic. de] Roumains qui 522 Discher (2013 a: 359). 523 Discher (2013 a: 359). 115 <?page no="116"?> parlent très bien le roumain, [. . .] eux ils parlent pas le français. Ils ont pas un vocabulaire assez complet pour parler au minimum.» 524 Bw1952, die arbeitslos ist und zuletzt als Pflegehelferin tätig war, bewertet ihr eigenes sprachliches Wissen als gerade ausreichend, um ein Mindestmaß an Kommunikation zu führen. Ähnlich verhält es sich mit Cw1952, die in Rumänien als Bürokraft ihren Lebensunterhalt bestritt und in Paris staatliche Unterstützung erhält. Ihr soziales Umfeld besteht aus Sprecherinnen bzw. Sprecher, deren französische Sprachkompetenz als vergleichbar niedrig einzustufen ist. Für die geringe Sprachkompetenz von Cw1952 spricht zudem die metasprachliche Bewertung über Cw2003 und Cw2005, die sie im Vergleich zu ihrer eigenen Sprachkompetenz als herausragend bewertet. Cw1952: «Les petites parlent impeccable [sic. impeccablement] français. Elles parlent très bien, [. . .] oh là là, merveilleuses. [. . .] C ’ est, ils sont obligés [sic. elles sont obligées] à [sic. de] parler à la maternelle.» Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte lassen sich vorrangig aus wirtschaftlichen Interessen in Frankreich nieder. Der Wunsch, ihren Familien in Rumänien finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen, steht dabei im Vordergrund, wohingegen die Verbesserung der französischen Sprachkompetenz nebensächlich bleibt. Bw1952: «À mon avis, parfois, je m ’ en doute que je parle bien mais (. . .). J ’ ai commencé à appris [sic. apprendre] le français très tard. Pour mon âge c ’ était pas facile.» Cw1952: «Je comprends, non, je ne comprends pas toujours les gens, chacun parle avec son accent, son argot, sa région, c ’ est difficile à comprendre.» Zu den rumänischen Sprecherinnen bzw. Sprechern des Gradatums (F - ) gehören nicht nur die allein aus wirtschaftlichen Gründen immigrierten Rumäninnen und Rumänen niedriger Qualifikation, sondern auch Untersuchungspersonen der integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer. Diese sind am Besuch französischer Sprachkurse zur Verbesserung ihrer Sprachkompetenz interessiert, sehen ihre Zukunft in Frankreich, wollen aber ihre rumänische Identität nicht verlieren. Bw1965 und Bw1978 können ihr französisches sprachliches Wissen angemessen bewerten und wissen, dass ihre Sprachkompetenz ausbaufähig ist. Ihr soziales Umfeld ist sprachlich heterogen, so dass der regelmäßige Kontakt zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern besteht. Bw1965: «Je parle [sic. le fehlt] français, je lis [sic. le fehlt] français mais je peux pas dire que je parle correctement [sic. le fehlt] français. C ’ est vrai, il y 524 Ebd. (2013 a: 359). 116 <?page no="117"?> a des choses qui manquent encore dans la conversation parfois. J ’ essaie toujours de renouveler [. . .].» 525 Bw1965: «[. . .] j ’ ai entendu des Roumains qui parlent mal [sic. le fehlt] roumain, oui c ’ est peut-être par rapport [sic. à fehlt] la vie, ils sont pas vraiment intéressés à l ’ école, ce sont des Roumains qui font beaucoup des [sic. de] fautes mais des Français aussi ils [sic. ohne ils] font beaucoup d ’ erreurs.» 526 Bw1978 ist mit einem Franzosen verheiratet. Der regelmäßige Kontakt zu ihren französischen Verwandten lässt sie mit diesen in Französisch kommunizieren. Zudem wird in ihrem Umfeld darauf bestanden, Französisch zu sprechen, was für sie ein Motivationsgrund zur Verbesserung der eigenen Sprachkompetenz darstellt. 527 Dies führt auch dazu, dass sie bestrebt ist, mit ihren rumänischen Sozialkontakten vermehrt in Französisch zu sprechen. 528 Bw1978: «Je dois faire des efforts à [sic. avec] la grammaire et [sic. l ’ ] orthographe parce que c ’ est un peu différent comme [sic. comment] on parle et comme [sic. comment] on écrit.» 529 Bw1978: «Les amis de mon mari m ’ ont dit, on parle pas avec toi, si tu parles pas français. C ’ est comme ça, je vis ici, je suis obligée d ’ apprendre le français.» 530 Das regelmäßige Aufeinandertreffen der Gruppen, das hauptsächlich in rumänisch organisierten Institutionen sowie in den Wohnräumen der Sprecherin Bw1965 stattfindet, ermöglicht gegenseitige, metasprachliche Bewertungen vorzunehmen. Bm1991 attestiert den rumänischen Freundinnen und Freunden dieses Umkreises beispielsweise die fehlerhafte Verwendung von Präpositionen. Hierbei handelt es sich um eine bei seiner Mutter Bw1965 auftretenden Fehlerquelle. Bm1991: «Ben, c ’ est différent quand on veut dire les mots. M. ta veste - beaucoup des gens disent «la veste à M». au lieu de dire «la veste de M»., c ’ est une vraie barbarie en français et beaucoup de gens le font.» 531 Die Untersuchungspersonen unterschiedlicher sprachlicher Integrationsstufen wie Dw1978 und Bw1965 erkennen bei Anderen den Einsatz 525 Discher (2013 c: 15). 526 Ebd. (2013 c: 15). 527 Discher (2013 c: 15). 528 Cf. ebd. (2013 c: 17). 529 Ebd. (2013 c: 15). 530 Ebd. (2013 c: 15). 531 Discher (2013: 16). Cf. Analyse in: Kapitel der Linguistik der Variation. 117 <?page no="118"?> pragmatischer Techniken. Charakteristisch für diese ist, dass „ Strukturen und Elemente der ersterworbenen Sprache materialsprachlich in Strukturen und Elemente der Zweitsprache [übersetzt] “ 532 werden. Insbesondere Bw1952, Cm1972 oder Cw1952 nutzen diese, um eine Kommunikationssituation zu bewerkstelligen. Bw1965: «Ils commencent à mélanger un peu le français avec le roumain, il le faut quelques jours et après ils se comprennent.» 533 Dw1978: «Mais en général les Roumains qui habitent ici font comme ça. Ils parlent [sic. disent] une phrase en français, une phrase en roumain, même entre eux. Et là, c ’ est une forme d ’ irrespect envers la langue. On interfère comme ça les deux langues, on ne fait plus attention à sa langue dans sa propre langue.» Bw1975 vertritt die Auffassung, dass das berufliche Umfeld ausschlaggebend für eine hohe französische Sprachkompetenz sei. Menschen aus Rumänien, die als durchschnittliche Arbeiterinnen bzw. Arbeiter tätig sind, haben keine Möglichkeit, sich sprachlich zu verbessern, was Normabweichungen begünstigt. Bw1975: «J ’ ai connu en France des gens qui viennent de tous [sic. toutes] les origines en Roumanie, ceux qui savent travailler, ils vont pas parler français ni roumain, c ’ est pas la langue littéraire.[. . .] Ce sont des gens qui n ’ ont rien à faire avec [sic. de] la culture, il y a des Roumains qui parlent hyper mal, ils font pas les accords.» Aw1991 unterstützt die vorherigen Aussagen, indem sie rumänischen Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern eine mangelhafte Sprachkompetenz bestätigt. Dies spiegelt sich ihres Erachtens vor allem beim Auftreten rumänischer Interferenzen im Französischen dieser Kinder wider. Aw1991: «La plupart des enfants que je connais et les enfants de mon âge, des enfants d ’ immigrés comme moi [. . .], je vais vous dire, c ’ est comme ça en fait les conversations: „ fais pas ça, ça va dans ta camera “ parce qu ’ ils savent plus comment dire chambre, seulement en roumain, et l ’ enfant depuis tout petit il apprend comme ça,[. . .] il va mélanger et forcément ça va pas donner un bon mélange.» In den Aussagen zu lexikalischen Ähnlichkeiten der Kontaktsprachen weist Am1965 darauf hin, dass häufig Lexeme aus dem Rumänischen ins Französische übertragen werden, die ähnliche Wortstämme haben. Anhand des rumänischen Nomens «cartel ă de telefon», welches im Französischen mit carte télephonique übersetzt wird, belegt Am1965 seine meta- 532 Stehl (2012: 113). 533 Discher (2013 c: 16). 118 <?page no="119"?> sprachliche Aussage. Aw1991 erklärt, dass ihre Eltern vereinzelt französische Lexeme in das Gradatum (R+) übertragen. Aw1991: «Mes parents disent et ça se dit pas en roumain, par exemple „ chômage “ , ben on dit „ chômage “ et ça en roumain, ça se dit pas", des petits mots „ tout à fait “ , voilà.» Am1965 und Aw1964 kommunizieren miteinander vorwiegend in Rumänisch und bewerten ihre französische Sprachkompetenz als gut. Diese Selbsteinschätzung ist jedoch in Zweifel zu ziehen, denn während des Interviews wird wegen ihres Mangels an lexikalischem Basiswissen häufig die Kommunikation eingeschränkt. Aw1964 fühlt sich in manchen Kommunikationssituationen unwohl, weil ihr während eines Gespräches mit Französinnen bzw. Franzosen gehäuft Wörter entfallen. Außerdem wird sie von Außenstehenden häufig auf ihren ausländischen Akzent hingewiesen. Am1965: «[. . .] on m ’ a souvent dit que je le parle bien.» Aw1964: «En français, j ’ ai un très fort accent roumain en français. En France, on me le fait toujours remarquer, chaque fois on me dit «Madame vous êtes de quelle origine? » Moi, on me dit que je suis Portugaise. Mais on me demande jamais si je suis roumaine. «Est-ce que vous êtes portugaise? » Aw1991 spricht ebenso ihren Eltern die Fähigkeit ab, einen Diskurs sprachlich normgerecht führen zu können. Dies mag darin begründet liegen, dass in dieser Familie primär Rumänisch gesprochen wird. Häufig werden Lexeme in die Zweitsprache übertragen, die in der Ausgangssprache ähnlich sind. Am1965: «Oui, beaucoup des [sic. de] gens se rendent compte que j ’ ai un accent. Ils vont trouver qu ’ un mot [sic. est fehlt] prononcé un peu différemment, sa langue maternelle n ’ est pas la langue français [sic. française], il y a une petite différence [. . .].» Am1965: «[. . .] les documents, je préfère même entendu en roumain, c ’ est bien quoi.» Auf diese Weise verdeutlicht Aw1991, dass insbesondere Themenschwerpunkte ihres Studiums sowie Inhalte französischer Romane mit ihren Eltern in Französisch besprochen werden müssen. Cm1972 betrachtet Rumäninnen bzw. Rumänen mit einer französischen Prosodie in ihrem Sprechfluss als intelligentere Menschen, wohingegen Dm1978 davon ausgeht, dass alle Rumäninnen bzw. Rumänen durch eine schlechte Sprachkompetenz in ihrer Muttersprache auffallen. Aw1991: «Comme je le disais quand je raconte ce que j ’ ai fait. Par exemple, j ’ ai lu un livre et je veux leur faire part de ce que j ’ ai lu. Comme ce livre est en français, je le dis en français.» 119 <?page no="120"?> Cm1972: «Ils sont plus intelligents les Roumains qui parlent sans accent français.» Dm1978: «Tout le monde parle mal le roumain. Sérieux, hein, ça peut être aussi à Paris. Généralement, quelqu ’ un qui ne parle pas bien sa langue ne pourra pas bien parler une langue étrangère.» 4.6.2 Gradatum (R - ) Typisch für die zum Gradatum (R - ) zugeordneten Untersuchungspersonen ist, dass es ihnen schwer fällt, einen normgerechten rumänischen Diskurs zu führen. Sprecherinnen bzw. Sprecher dieses Gradatums setzen sich dabei zum einen aus solchen Personen zusammen, die bereits im Kindesalter von Rumänien nach Frankreich immigriert sind. Zum anderen werden diesem Gradatum häufig geringer qualifizierten rumänischen Arbeitskräfte zugeordnet, die ihrer Erwerbstätigkeit in Frankreich nachgehen. Signifikant für die erste Gruppe ist, dass ihre Rumänischkenntnisse zwar ausreichen, um eine Alltagsunterhaltung in Rumänisch zu führen, jedoch ziehen sie Gespräche in der französischen Sprache vor, in der sie über ein größeres sprachliches Wissen verfügen. Bei diesen Untersuchungspersonen handelt es sich um Menschen, die sehr früh den Kontakt zum Rumänischen verloren haben. Auf diese Weise zeigt sich beispielhaft an den Diskursen von Dw1979 und Bm1991 der Mangel im Bereich der rumänischen Lexik. Zudem übertragen sie in ihrem rumänischen Diskurs für das Französische typische Besonderheiten. 534 Dw1979: «[. . .]le Roumain, comme je suis partie à 8 ans, je suis restée quand même avec un vocabulaire de l ’ enfance, tu vois, de mon enfance. Et ce vocabulaire, il est associé aussi au contexte historique dans lequel j ’ ai vécu. C ’ était un peu la langue de bois du régime.» 535 Dw1979 erklärt in diesem Zusammenhang, dass sie aufgrund ihres jungen Emigrationsalters im Vokabular eines Kindes verharrt ist. Bm1991 bestätigt, Rumänisch allein in den Gesprächen mit seinen Großeltern zu verwenden. Nach seiner eigenen Bewertung schätzt er sein sprachliches Wissen als mittelmäßig ein, wobei ihm durch seine Mutter ein französischer Akzent im Rumänischen bestätigt wird. Die Analyse des Sprachmaterials von Cw2003 ermöglicht ebenfalls ihre Eingruppierung in die Sprecherinnenbzw. Sprechergruppe des Gradatums (R - ). 536 Hierfür spricht, dass sie ihr sprach- 534 Cf. Discher (2013 a: 359). 535 Discher (2013 a: 359). 536 Die Analyse der rumänischen Diskurse erfolgt im Kapitel der Linguistik der Variation. 120 <?page no="121"?> liches Wissen in Französisch als umfangreich benennt und eine Unterhaltung in Rumänisch auf ein Minimum beschränkt bleibt. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass hauptsächlich die in Frankreich sozialisierte Generation über geringe rumänische sprachliche Wissensbestände verfügt und dem Gradatum (F+) angehören. Die Zuordnung zum Gradatum (R - ) ist möglich, weil diese Untersuchungspersonen bereits zahlreich französische Merkmale in die rumänische Sprache übertragen, was der in Frankreich erfolgten schulischen Sozialisation geschuldet ist. Eine Ausnahme bildet hier jedoch Aw1991, die zum Gradatum (R+) zugeordnet werden kann. Auch Bm1991 ist vollumfänglich in sein französischsprachiges Umfeld integriert, anerkannt und betrachtet das Rumänische als Sprache mit seinen Großeltern in Rumänien, die er unregelmäßig besucht. Bm1991: «Quand j ’ y vais, j ’ ai un peu du mal à me réhabituer à la langue [. . .] mais ça prend trois ou quatre jours et après tout me revient.» Bm1991: «En fait, presque personne jusqu ’ à aujourd ’ hui sait que je suis roumain [. . .] C ’ était moi qui leur disais que je suis roumain. Ils étaient surpris.» Hinsichtlich der zweiten Personengruppe, die gemäß einiger Untersuchungspersonen dem Gradatum (R - ) zugeordnet wird, kann festgestellt werden, dass die mangelhafte rumänische Sprachkompetenz auch auf ein allgemein geringes Bildungsniveau der Sprecherinnen bzw. Sprecher zurückgeführt wird. Auch diese Menschen seien nicht fähig, ein stilistisch hochwertiges Rumänisch zu sprechen, sich in komplexen Satzstrukturen auszudrücken und lassen sich daher durch ihre auffällige niedrige rumänische Sprachkompetenz gegenüber den Untersuchungspersonen des Gradatums (R+) abgrenzen. Bw1978: «Il y a plein [sic. de] gens même par les Roumains, les étrangers qui parlent très mauvais [sic. mal]. Si tu fais attention pas [sic. si tu ne fais pas attention] tu commences à faire des mêmes erreurs.» 4.6.3 Gradatum (R+) Dem Gradatum (R+) werden Untersuchungspersonen zugeordnet, deren rumänische Sprachkompetenz besonders gut ausgeprägt ist. Das hohe sprachliche Wissen im Rumänischen lässt sich exemplarisch anhand der komplexen sprachlichen Struktur der aufgezeichneten Diskurse belegen. Bw1931 bewertet ihr sprachliches Wissen in Rumänisch als besonders hoch. Sie begründet dies mit ihrem in Rumänien erworbenen akademischen Abschluss und mit der in ihrer Muttersprache absolvierten Schullaufbahn. 121 <?page no="122"?> Bw1931: «La langue roumaine quand parlent de nous ceux qui ont immigré en France c ’ est la même langue comme on a parlé [sic. quand ceux qui ont immigré en France parlent de nous c ’ est la même langue qu ’ on a parlée] [. . .] en Roumanie. C ’ est celle qu ’ on a parlée au lycée, à l ’ école, [sic. quand fehlt] on a fait des études. C ’ est toujours la même.» Der integrationswillige Identitätsbewahrer Bm1931 weist ein hohes rumänisches Sprachwissen auf. Bm1931 hat trotz seiner politischen Gefangenschaft in Rumänien im Gegensatz zu Bw1931 die Verbundenheit zu seinem Heimatland nie verloren und sieht in der rumänischen Sprache nach wie vor die Sprache erster Wahl. In diesem Zusammenhang kann zur Bewertung der gegenseitigen Sprachkompetenz festgestellt werden, dass zwischen Bm1931 und Bw1952 bereits Kontakt in Rumänien bestand und dieser noch heute besteht. Bm1931: «Je parle la langue roumaine normale, c ’ est-à-dire la langue habituelle. Je parle la même langue que Madame Bw1952 et comme les autres.» Hierzu gibt Bm1931 im Interview an, dass er sein eigenes sprachliches Wissen als genauso gut bewertet wie das von Bw1952. Zum Gradatum (R+) gehören ferner Dm1978 und Dw1978, die sich ebenfalls zunächst aus beruflichen und später aus privaten Umständen in Frankreich niedergelassen haben. Dw1978 absolvierte in Rumänien das Studium der rumänischen Philologie. Gegenseitig bewerten beide ihr sprachliches Wissen in Rumänisch, unter Verweis auf ihren akademischen Hintergrund, als besonders hochwertig. Dm1978: «Je parle très bien le roumain. Même mes collègues, ils me disent que je parle très bien le roumain.» Dw1978: «Mon collègue il refuse de parler la langue roumaine mêlée des [sic. de] mots français. Il a le [sic. du] respect pour sa langue.» Am1965, Aw1964, Bw1965, Bw1952, Cm1979, Cm1972 und Cw1952 bewegen sich im mittleren bis niederen Qualifikationsgefüge und bewerten ihr sprachliches Wissen jeweils als gut. Aw1991: «Je parle pas le roumain de mon âge. J ’ étais avec les amis de ma cousine, ils m ’ ont dit: „ Mais toi, tu parles soutenu “ . Voilà. C ’ est un jeune qui parle avec des mots compliqués alors qu ’ en fait, je me rends pas compte, parce que moi, c ’ est le roumain de tous les jours à la maison. C ’ est pas le roumain des jeunes en Roumanie, mais voilà.» Am1965: «Je le parle très bien.» 122 <?page no="123"?> Aw1964: «Le roumain, je le parle très bien et je l ’ écris aussi très bien.» Bw1952: «Oui, c ’ est en roumain.» Bw1965: «Le roumain oui, surtout quand j ’ y vais en vacances. Une semaine après, j ’ arrive à me rétablir là-bas comme il faut, et puis je lis en roumain aussi, je lis les livres roumains aussi pour ne pas oublier, pour avoir toujours la langue roumaine, toujours dans la base dans ma vie quand même.» Cm1979, Cm1972 und ebenso Cw1952, die ihr eigenes sprachliches Wissen als hoch bewerten, werden durch ihr soziales Umfeld in ihrer rumänischen Sprachkompetenz als schlechter wahrgenommen. Diese von Dritten abgegebenen metasprachlichen Bewertungen beziehen sich in erster Linie auf subjektive Empfindungen des Umfeldes, die meines Erachtens jedoch nicht erlauben, die Bewertung der Sprachkompetenz in das Gradatum (R - ) zu rechtfertigen. Cm1972: «Je pense que je le parle bien.» Cw1952: «Je connais beaucoup [sic. bien] la langue roumaina [sic. roumaine] et la grammaire aussi.» Cm1979: «Je le connais bien.» In der Gesamtauswertung wird ersichtlich, dass Akademikerinnen bzw. Akademiker ein besonders hochwertiges Rumänisch sprechen, was wiederum auf das Studium zurückzuführen ist. Gegenseitige metasprachliche Bewertungen belegen, dass dieser Personenkreis in Anspruch nehmen möchte, Rumänisch am besten zu beherrschen. Dennoch erweisen sich auch Untersuchungspersonen anderer Bildungsqualifikationen als kompetent in ihrer Muttersprache. Bisher wird darauf hingewiesen, dass die Art und Weise des Spracherwerbsprozesses einen großen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung nimmt. Aufgrund der individuellen Lebensgeschichten in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft wird häufig auf systematische Unterstützung während des Spracherwerbsprozesses verzichtet, so dass der Spracherwerb ungesteuert erfolgt. In den bisherigen Ausführungen wurde auf die kommunikative Kompetenz des Sprechens und des Verstehens eingegangen. Das Datenmaterial lässt die Analyse metasprachlicher Bewertungen hinsichtlich der graphischen Kompetenz zu. Söll; Hausmann differenzieren in phonische und graphische Sprachkompetenz. 537 Somit bleibt bei den Untersuchungspersonen, die graphische Kompetenz im Französischen auf den kleinen 537 Cf. Söll, Hausmann (1985: 19). In der Fußnote werden weiterhin Althaus und Henne benannt, die „ den Unterschied der Performanz zu[ordnen]. “ ebd. (1985: 19). 123 <?page no="124"?> Sprecherinnenbzw. Sprecherkreis beschränkt, der schulisch in Frankreich sozialisiert wurde. Festzustellen ist hinsichtlich der Untersuchungspersonen, die im sozialistischen System Rumäniens aufgewachsen sind und sozialisiert wurden und nach Abschluss der Regelstudienzeit die Schule verlassen haben, dass sich der zu dieser Zeit bestehende rumänische Sprachduktus festgesetzt hat. Bw1965: «Mais je peux écrire mieux en roumain pour moi c ’ est mieux d ’ écrire en roumainparfois ça m ’ arrive je faisparfois des petits choses comme ça et ça m ’ arrive dans mon esprit je fais en français.»[sic.] Dies liegt darin begründet, dass die davon betroffenen Untersuchungspersonen nach dem Fall des Eisernen Vorhanges ihr zu kommunistischen Zeiten erworbenes Sprachrepertoire nicht mehr in einem weiterführenden Ausbildungsprozess an die neue rumänische Schreibweise annähern konnten. Bw1965 gibt an, auch Schwierigkeiten beim Verfassen von französischen Texten zu haben. Bw1965: «J ’ ai écrit mais c ’ est vrai que c ’ est pas la langue française littéraire. [. . .]. J ’ écris dans ce que je pense.» Dass im Rahmen der Arbeit gewonnene Datenmaterial reicht zwar nicht aus, um die graphische Kompetenz aussagekräftig auswerten zu können, jedoch kann den metasprachlichen Aussagen entnommen werden, dass sich bei der Verschriftung von Sachverhalten an der Lautung orientiert wird. 538 Auf die Frage, inwieweit typische rumänische Sprachmerkmale anhand eines französisch verschrifteten Textes durch eine Rumänin bzw. einen Rumänen erkannt werden können, wird bestätigt, dass sich diese an orthographischen Besonderheiten ablesen lassen. Voraussetzung hierfür ist aber eine ausreichende muttersprachliche Kompetenz, die eine angemessene Kenntnis des grammatischen Regelwerks bedingt. Auch die Syntax in einem rumänischen Text würde Aufschluss über einen rumänischsprachigen Einfluss geben, wie das nachfolgende Zitat belegt. Dw1978: «S ’ il y a des fautes par lesquelles les mots s ’ apparentent plutôt à l ’ orthographe roumaine ou des calques, usage des prépositions, syntaxe.» 538 Meisenburg fasst Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den romanischen Sprachen zusammen und erklärt, dass die Entwicklung des rumänischen Schriftsystems im Gegensatz zu den anderen romanischen Sprachen anders verlaufen ist. Zur Verschriftung von rumänischen Texten wurden anfangs das kyrillische Alphabet Meisenburg (1996: 381) verwendet. Erst durch den Kontakt mit westlichen Nachbarstaaten wurde die lateinische Schrift zunächst „ mittels verschiedener Übergangsalphabete “ ebd. (1996: 381) eingeführt. Die phonetischen Besonderheiten wurden „ aus der eigenen Schreibtradition und ihrem Umgang mit diakritischen Zeichen entwickelt. “ ebd. (1996: 385). 124 <?page no="125"?> Auch Aw1991 verdeutlicht in ihrer Aussage die bestehenden Unterschiede zwischen den Kontaktsprachen und verweist auf ihre Eltern, denen es nach wie vor nicht gelingt, die orthographischen Regeln anzuwenden. Aw1991: «Pour eux, c ’ est pas facile parce que le roumain, c ’ est déjà très difficile, après le plus difficile, à mon avis, c ’ est qu ’ à l ’ écrit le [sic. en] français [sic. il y a fehlt] des lettres qu ’ on prononce pas à l ’ oral alors qu ’ en roumain tout ce qui s ’ écrit enfin on écrit tout ce qu ’ on prononce. [sic. Il n ’ fehlt] Y a pas des [sic. de] trucs en plus, sauf exceptions, mais en français, on met des st, on double des consonnes deux l, deux s, on met des accents. Ça, c ’ est difficile pour les Roumains.» Aw1964: «Il y a des choses qu ’ on lit plus facilement en roumain, par exemple casa - ça s ’ écrit - on écrit comme [sic. on fehlt] entendle françaisil y a des lettres qu ’ on prononce pas. Le françaisc ’ est plus difficile à écrire. [. . .]» Häufig geben die Untersuchungspersonen an, bei der Verschriftung von Französisch mit Problemen konfrontiert zu sein. 539 Bw1952: «Je crois que oui mais roumain c ’ est court il y a pas beaucoup [sic. de] mots qui expriment vite pour comprendre vite (. . .).» Am1965: «Donc moi, on a l ’ impression [sic. qu ’ fehlt] en français les mots sont coupés [. . .] on peut faire attention, on a l ’ habitude, [. . .] les Français qui parlent en françaisc ’ est pareil pour euxla langue française.» Dies verursacht insbesondere für Rumäninnen und Rumänen, die Französisch im Anfangsstadium erlernen, deutliche Schwierigkeiten. Die in diesem Gliederungspunkt aufgezeigten Herausforderungen in der Erweiterung der französischen Sprachkompetenz bestehen bei anderen romanischen Sprachen nicht in diesem Umfang. 540 Die Tatsache, dass die Gemeinsamkeiten des Rumänischen sowohl in der Verbalmorphologie als auch in der Phonetik und Phonologie zum Italienischen 541 und Spanischen näher als zum Französischen sind, lässt den Schluss zu, dass die starken Aus- 539 Seit dem Mittelalter veränderte sich die französische Sprache deutlich. Cf. Meisenburg (1996: 101 - 102). Sie spricht von „ [. . .] unregelmäßigen, mehrdeutigen und hochgradig kontextsensitiven Graphem-Phonem-Korrespondenzen, die nun produktiv zur Umstrukturierung der Schreibung eingesetzt werden. “ ebd. (1996: 102) Zahlreiche Veränderungen werden durch „ eine stärkere Einbeziehung der morphosemantischen Ebene “ ebd. (1996: 95) ausgeglichen. Der Erwerb der kommunikativen Kompetenz des Schreibens in Französisch sollte gesteuert erfolgen, um den Migrantinnen bzw. Migranten auch die Möglichkeit zu geben, das grammatische Regelwerk zu erlernen. 540 Zur Differenzierung von phonologisch flachen und tiefen Schriftsytemen: Meisenburg (1996: 3). 541 Cf. Lüdtke (1957: u. a 134 ff.). 125 <?page no="126"?> wanderungsbewegungen von Rumäninnen und Rumänen nach Spanien und Italien darauf zurückzuführen sein könnten. 542 Die bisherige Analyse des Prototypenwissens bestätigt die Fähigkeit der Rumäninnen und Rumänen sowohl positive Prototypen von defektiven Abweichungsprototypen 543 zu differenzieren, wobei erstgenannter nahezu mit der Norm des Französischen übereinstimmen muss, um als positiv bewertet werden zu können. Die Abweichungen von der sprachlichen Norm ermöglichen eine Zuordnung als defektiven Prototypen. 544 4.6.4 Evaluative Stereotypenklassifikation Bisher wurde herausgearbeitet, dass sich in den Gruppen rumänische Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler unterschiedlicher sprachlicher Entwicklungsstufen befinden, die den einzelnen Gradata zugeordnet werden. In der evaluativen Stereotypenklassifikation wird jedes einzelne Gradatum hinsichtlich seines Prestiges untersucht. 545 Unter ihnen herrscht Einigkeit dahingehend, dass die französische Sprache als Kultursprache zu definieren ist und die französische Prosodie positive Assoziationen bei Nichtmuttersprachlerinnen und Nichtmuttersprachlern hervorruft. Das français littéraire wird als besonders schön beschrieben und weckt positive Assoziationen bei den potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten. Mit ihren Aussagen beschreiben die Untersuchungspersonen das Prestige des Gradatums (F++), das sie entweder aus den Medien oder auch aus Büchern kennen. Obwohl die potenziellen Re-Emigranten vorzugsweise das Rumänische verwenden 546 , bezeichnen sie das Französische als eine schöne Sprache. Aw1991: «C ’ est la langue d ’ aimer [sic. de l ’ amour], des romanciers. C ’ est une langue qui donne plaisir à expliquer, à développer des choses. C ’ est la langue de la philosophie parce que ça donne des discussions autour des [sic. de] thèmes à développer, c ’ est une belle langue pour faire des discours [. . .]. Le français. C ’ est pas une langue qui va droit au but. Elle va toujours parler [sic. avec fehlt] des détours (une langue ne «parle» pas). Elle utilise des expressions, des mots. C ’ est jamais oui, non. [sic. Il fehlt] Y a toujours des nuances.» 542 In der Sprachverwandtschaft sieht auch die OECD eine Erklärung für die Auswanderungsbewegungen in diese Länder. OECD (2012) International Migration Outlook Publishing. http: / / dx.doi.org/ 10.1787/ migr._outlook-2012-en. S. 48. 543 Terminologien nach Stehl (2012: 145). 544 Terminologien nach Stehl (2012: 145). 545 Cf. Stehl (2012: 143). 546 Cf. Kapitel Pragmatik der Variation. 126 <?page no="127"?> Dm1978: «Bon, le français est une langue mais aussi une culture. Donc, les gens quand ils entendent le français, ils ont une certaine image de la France, de Paris.» Weiter herrscht Einigkeit darüber, dass die französische Sprache ein deutliches Mehr an struktureller und lexikalischer Komplexität gegenüber dem Rumänischen aufweist. 547 Aw1991: «[. . .] Je trouve [sic. que fehlt] le français, il est très approprié pour parler [sic. de façon fehlt] poétique, les questions juridiques, je trouve [sic. qu ’ fehlt] on a beaucoup de nuances, [sic. c ’ est fehlt] très, précis, des approximations vraiment on a tous les mots qui, dont on a besoin de tout exprimer en français.» Bei der französischen Sprache handelt es sich um eine hoch- und weitentwickelte Sprache, die sich aufgrund der herausgebildeten Spezifikationen im Verhältnis zum Rumänischen, besonders für die Diskussion poetischer Themen eignet. Cm1979: «Donc, la langue française, elle est plus complexe, que la langue roumaine est plus simple mais nous on peut s ’ entendre [sic. se comprendre] dans les deux langues sauf que, on peut expliquer les mêmes les choses je me suis sinon, on peut s ’ entendre [sic. se comprendre] mieux dans la langue roumaine. [. . .] Je pense que, oui, oui, oui, c ’ est une langue, c ’ est dommage que ça va ça disparaître, mais bon, c ’ est une belle langue. C ’ est dommage, ceux qui s ’ en [sic. ohne en] occupent de [sic. l ’ fehlt] enrichissement de cette langue là. Ils doivent travailler plus parce qu ’ elle est bien, C ’ est une belle langue aussi.» 547 Im Gegensatz zum Rumänischen, einer Sprache, deren schriftsprachliche Zeugnisse erstmals im 16. Jahrhundert nachweisbar sind Cf. Meisenburg (1996: 380), durchlief das Französische andere Entwicklungen, auf die, wenn auch indirekt, die Aussagen der Untersuchungspersonen abzielen. Mit dem Erlass der Ordonnance de Villers- Cotterêt vom 15. August 1539 wird ein Richtungswechsel in der französischen Sprachpolitik markiert. Cf. Chaurand (1999: 150) zit. n. Cf. Becker (2004: 48) Von diesem Zeitpunkt an drang das Französische in alle Bereiche des öffentlichen Lebens vor und löste die lateinische Sprache ab. Das Bestreben der Académie française im 17. Jahrhundert galt dem Interesse, das Französische in den Mittelpunkt zu stellen. Cf. Frey (2000: 13) Diesem Ansinnen folgte auch Abbé Grégoire im Jahr 1790, indem er mittels einer „ enquête “ den aktuellen Sprachstand der Französinnen bzw. Franzosen ermittelte. Cf. Bochmann (1993: 83). Cf. Teissier (2005: 17) Schon zu jener Zeit etablierten sich Gesetze, die den Gebrauch der patois regelten. Mit der Herausbildung von Nationalstaaten verschärfte sich der Wunsch nach einer Einheit in der Bevölkerung, die vor allem durch die Sprache gegeben war, weil Französisch schon zu jener Zeit als kulturelles Gut und als Sprache der Intellektuellen galt. Cf. Teissier (2005: 18). 127 <?page no="128"?> Neben diesen Aspekten tritt hinzu, dass mit dem Aufkommen des Kommunismus im 20. Jahrhundert eine Elitenverfolgung stattfand 548 , wodurch das Rumänische im Vergleich zum Französischen weniger die Ausdrucksquelle philosophisch-intellektueller Auseinandersetzungen war. Dm1978: «C ’ est plus facile le français dans certains domaines. C ’ est une langue exceptionnelle, c ’ est une langue par exemple juridique. Là je pense que c ’ est l ’ esprit de la langue ils ont tout codifié c ’ est peut être aussi subjectif j ’ ai énormément travaillé dans la justice, et le droit en France. Ce n ’ est pas uniquement mon opinion.» In diesem Zusammenhang bestätigt Dm1978, dass er mit der Aufnahme seiner beruflichen juristischen Tätigkeit feststellen musste, dass juristische Fachtermini nicht in diesem Ausmaß existieren. Eine „ enorme Bereicherung der lexikalischen Ausdrucksmittel [. . .] “ 549 geschah erst nach der rumänischen Revolution im Jahr 1989. 550 In den bisherigen und weiterführenden Analysen dieser Arbeit wird deutlich, dass Bewertungen der französischen und rumänischen Gradata unabhängig von der Einstellung zu Frankreich und vom Grad der emotionalen Distanzierung zu ihrem Heimatland Rumänien stattfinden. Sowohl bei Untersuchungspersonen der Gradata (F+) und (F - ) als auch bei den rumänischen Gradata verstärkt der slawische Akzent negative Assoziationen. Diese Einschätzung bezieht sich häufig auf das negative Bild des rumänischen Sprach- und Kulturkreises bei den Französinnen bzw. Franzosen. Cm1972 äußert beispielsweise, dass der slawische Klang und die Bejahungsformel „ da “ , die auch im Russischen verwendet wird, auf ihre Herkunft verweist und bei Außenstehenden unangenehme Gefühle hervorruft. Hierbei beschreibt Cm1972 das ihm vertraute Gradatum (F - ), das in seinem Umfeld gesprochen wird. Cm1972: «Da comme les Russes, c ’ est pas bien, ce n ’ est pas bon pour nous, da tout le monde russe, on dit comme ça. C ’ est difficile en France, les Français sont juste pour la langue française.» 551 Cm1979: «La langue roumaine est plus complexe que la langue italienne mais elle est pas si [sic. aussi] mélodieuse comme [sic. que] la langue italienne.» 548 Hierzu: Cf. Verseck (2007: 73). Auch in Bochmann (2011) erfolgt eine Auseinandersetzung mit der sprachlichen Entwicklung sowohl zu Zeiten des Kommunismus als auch nach dem Jahr 1989. 549 Bochmann (2011: 356). 550 Cf. Bochmann (2011: 356). 551 Discher (2013 a: 361). 128 <?page no="129"?> Als Besonderheit des Rumänischen wird von zahlreichen Untersuchungspersonen die Ähnlichkeit zum Italienischen 552 benannt. Dm1978: «Le roumain c ’ est une langue difficile à apprendre. Beaucoup de gens par exemple pensent tout de suite à l ’ italien quand ils entendent le Roumain.» Die rumänischen Gradata genießen im Gegensatz zum Spanischen oder Italienischen kaum Ansehen in der französischen Gesellschaft. Dies liegt zum einen an dem von Außenstehenden als negativ wahrgenommenen „ accent de l ’ est “ . Zum anderen mag dies auf eine mangelnde Sprachfähigkeit sowie einer fehlenden kulturellen Bildung der Mitmenschen zurückzuführen sein. Ein weiterer Aspekt, der das Rumänische in eine Außenseiterposition drängt, ist das negative Bild Rumäniens, welches in der französischen Presse ein Desinteresse oder gar eine Abneigung gegenüber der rumänischen Kultur hervorruft. Nach Bw1952 sowie Cw1952 besteht eine ausgeprägte emotionale Verbindung zu der rumänischen Sprache. Diese geht soweit, dass Cw1952 für die rumänische Sprachverwendung plädiert. Cw1952: «Les Roumains il faut parler entre nous. Je ne veux pas qu ’ elle disparaît [sic. disparaisse]. C ’ est normal, c ’ est en roumain. Oui, parce que j ’ ai commencé à appris [sic. apprendre] le français très tard. Pour mon âge c ’ était pas facile, ça m ’ a passionné oui, j ’ étais obligée.» Die positiven Bewertungen beziehen sich hauptsächlich auf die Heimatverbundenheit, die durch das Rumänische gegeben ist. Aw1964: «Le roumain, oui. Ça me donne [sic. fait] plaisir, ça me rappelle toujours avec [sic. ohne avec] ma mère. La relation avec ma s œ ur, ça me rappelle toujours le lieu de l ’ enfance.» Cw1952: «La langue maternelle, c ’ est toujours comme la mère, elle reste toujours la même “ . Je sais pas si les Français aiment la langue roumaine. C ’ est une belle langue, elle est latina [sic. latine], peut-être, c ’ est un peu difficile. Je n ’ ai pas vu [sic. rencontré; vu «ginge» auch] des [sic. de] gens qui sont intéressés.» Das Erlernen des Französischen und des Lateinischen sei in Frankreich von größerer Bedeutung, als sich mit der rumänischen Sprache zu beschäftigen. Dm1978 bezieht sich auf eine Statistik, in der die rumänische Sprache in Bezug auf ihre Wichtigkeit in internationalen Zusammenhängen erst an zehnter Position genannt wird. 552 Cf. Kapitel Linguistik der Variation. 129 <?page no="130"?> Dm 1978: «J ’ ai regardé des statistiques il y a quatre ou cinq mois et donc dans les besoins de formation des entreprises de formation linguistique. Le roumain arrive en dixième position.» Ob es in Frankreich notwendig wäre, Rumänisch zu erlernen, wird von den meisten Befragten negiert. Immerhin werde diese Sprache nur in ihrem Kreis verwendet. Cm1979: «La langue roumaine que j ’ entends ici, c ’ est la langue de la rue. Donc, ici tu vas pas trouver la belle langue roumaine mais la belle langue roumaine, celle qui est propre, quoi, on peut l ’ entendre à télé, en chaîne roumaine [sic. sur les chaînes roumaines], quoi, on va entendre une belle langue, elle est plus mélodieuse, elle est plus claire, elle est propre, pas d ’ accent, elle est propre.» Dieses Zitat könnte ein Indiz dafür sein, dass in dem Umfeld der geringer qualifizierten Arbeitskräfte Rumänisch nicht normgerecht gesprochen wird. Eine Besonderheit ist in den rumänischen Gruppen gegeben, die sich dahingehend zeigt, dass unter den wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer keine Sanktionen bei sprachlichem Fehlverhalten erfolgen. Bei den integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrern bewirkt das hohe Prestige des Gradatums (F++) auch eine sprachliche Kontrolle des sozialen Umfeldes. 553 Gerade als Rumänin bzw. Rumäne müsse gut gesprochen und sich gegenseitig unterstützt werden, um dem negativen Bild der Französinnen bzw. Franzosen entgegen zu wirken. Die Akzeptanz gegenüber einer mangelhaften Sprachkompetenz ist teilweise bei den Untersuchungspersonen festzustellen, die dem Gradatum (F - ) zugeordnet werden und sich zeitweise in einem französischsprachigen Umfeld bewegen. Bw1975 schreibt dem Französischen im Bereich der Lexik eine Vielfalt zu, die sie aus dem Rumänischen nicht kennt und begründet es wie folgt: Bw1975: «La langue française, elle est hyper riche. La langue française, elle est plus riche, je vous dis ça par excellence [sic. par expérience]. Nous on a plus des [sic. d ’ ] emprunts que la langue française.» Bw1931, Bm1991, Dw1979 sowie Dw1978 fühlen sich als potenziell integrierte Französische Rumäninnen bzw. Rumänen in der Verwendung des Französischen am sichersten. Dw1978: «Quand je parle en français, cela me fait plaisir. Paris était toujours ma capitale mentale.» 553 Cf. Pragmatik der Variation. Situation im familiären Umkreis von Bw1978. 130 <?page no="131"?> Bm1991: «Ben, le roumain ça crée l ’ atmosphère sonore, quoi, un peu langue de l ’ est ou langue latine en même temps. Ça me [sic. ohne me] ressemble à [sic. l ’ fehlt] Italien, en [sic. à l ’ ] Espagnol, en sonorité, je trouve.» Die rumänische Sprache verliert unter diesen Untersuchungspersonen ihre Attraktivität. Französisch hat einen größeren Stellenwert in ihrem Leben, zumal die kulturelle und schulische Sozialisation in Frankreich erfolgte. Dies hindert Bm1991 jedoch nicht daran, Französisch in seiner Bewertung schlechter abschneiden zu lassen. Bm1991: «Le français crée une certaine atmosphère dans un fait, si par exemple, on va aux USA qu ’ on commence à parler, voilà les gens ils adorent ça. Sinon, je trouve pas que le français soit vraiment une assez belle langue personnellement.» Dw1979: «Ben, j ’ ai pas l ’ impression que je suis pas la même personne quand je parle français que quand je parle roumain, tu vois? Je pense que quand je parle roumain, vu que c ’ est la langue de mon enfance, aussi, tu vois, c ’ est lié à des choses différentes dans ma vie, quoi. Je suis pas la même, je pense, et même des gens qui me connaissent très bien, des amis à moi, m ’ ont dit: „ quand on t ’ entend parler roumain, on a pas l ’ impression que tu es Dw1979, comme on [sic. te fehlt] connaît “ tu vois? » Dw1978: «Le roumain est beau et riche, mais intellectuellement différemment [sic. différent] par rapport au français. C ’ est plus favorable, ça peut être plus attaché au concret.» Dw1978: «Oui, j ’ ai entendu les Roumains qui vivent par exemple à Paris qui parlent mal les deux langues. [. . .]» Normabweichungen im Gradatum (R - ) werden dann nicht sanktioniert, wenn es sich um Untersuchungspersonen handelt, die aufgrund ihres langen Aufenthaltes eher „ niedlich “ klingen. Negativ werden Menschen aus dem Umfeld wahrgenommen, die durch mangelndes Bildungsniveau und wenig Bemühen in Erscheinung treten. Sprachliche Korrektheit allein führt nicht zur positiven Bewertung eines Gradatums. Selbstverständlich nehmen Untersuchungspersonen, die dem Gradatum (F - ) zugeordnet werden, eine höhere Qualität des sprachlichen Wissens bei Sprecherinnen bzw. Sprechern des Gradatums (F+) wahr. Sie wissen selbst, dass sie typische sprachliche Merkmale der rumänischen Sprache ins Französische transferieren, so dass sie von einer Französin bzw. einem Franzosen aufgrund intonatorischer Charakteristika als rumänische Muttersprachlerin bzw. Muttersprachler oder fälschlicherweise als aus dem slawischen Sprachrraum stammend identifiziert werden. Auch wenn die eigene französische Sprachkompetenz, insbesondere bei den potenziell integrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen darüber eine Aussage zulässt, ob ein Gradatum als positiv zu bewerten 131 <?page no="132"?> ist, entscheiden in der Gemeinschaft auch persönliche Bindungen zu den Menschen des Umfeldes, ob ein Gradatum positiv oder negativ bewertet wird. 132 <?page no="133"?> 5 Pragmatik der Variation In der Pragmatik der Variation erfolgt die Darstellung der Gebrauchsdeterminanten, 554 welche die Sprachverwendung bestimmen. Neben der rumänisch-orthodoxen Kirche nehmen auch französische Institutionen einen besonderen Stellenwert in der Sprachentwicklung ein. Weiterhin werden die Umstände analysiert, die zur Verwendung der rumänischen oder französischen Sprache führen. Im Ergebnis kann somit ein Bild der Sprachwirklichkeit der Untersuchungspersonen im Ballungsraum Paris nachgezeichnet werden. Am Ende dieses Kapitels werden pragmatische Techniken dargestellt, zu denen die Übersetzungstechnik, das code-switiching und das Memorieren gehören. Die Übersetzungstechnik wird in den metasprachlichen Aussagen der Untersuchungspersonen beschrieben, so dass im Kapitel der Linguistik der Variation die Untersuchung der sprachlichen Phänomene erfolgen kann. Beim code-switching handelt es sich um eine individuelle Strategie in der mangelndes Sprachwissen durch das Zusammenfassen von Gesprächsinhalten in der Muttersprache ausgeglichen wird. Das Memorieren wurde insbesondere von Untersuchungspersonen durchgeführt, die in jungen Jahren in der Schule ad hoc mit dem Französischen konfrontiert wurden. Abschließend erfolgt die Vorstellung der Hypothesen, die sich aus den ersten beiden empirischen Kapiteln der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation ableiten lassen. 5.1 Der Einfluss von Institutionen auf die Sprachverwendung Als diaphasische Gebrauchsdeterminanten, welche die französische Sprachverwendung bestimmen, sind die französischen Behörden und für die Kinder und Jugendlichen der rumänischen Gemeinschaft, die staatlichen Schulen zu nennen. Bei der Abwicklung behördlicher Erledigungen kommt es bei den Untersuchungspersonen stets zu Kontakten mit französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern, aber auch zu behördlichen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern mit einem Migrationshintergrund. 554 Cf. Zu den Gebrauchsdeterminanten: Stehl (2012: 88). 133 <?page no="134"?> Die Regelung, dass die Amtssprache in Frankreich Französisch ist, 555 führt bei Behörden in Paris dazu, dass die Untersuchungspersonen mit behördlichen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern mit zum Teil jeweils unterschiedlichen regionalen sprachlichen Merkmalen zusammenkommen. Die Kommunikation mit diesen Menschen bedarf somit einer besonderen Aufmerksamkeit. In den Schulen treffen Kinder verschiedener Nationalitäten aufeinander, wodurch sich der Kontakt zu französischen Varietäten, aber auch zu anderen Sprachen erhöht. Die bedeutendste Institution, die als diaphasische Gebrauchsdeterminante klassifiziert wird, ist die Rumänisch-Orthodoxe Kirche. Sie gilt als zentrale Anlaufstelle für Immigrierende, sowohl gläubiger als auch nichtgläubiger Rumäninnen und Rumänen. Dort treffen Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammen. An diesem Ort vereinen sich nicht nur Rumänischsprachige aus Rumänien, sondern auch aus Moldawien und anderen Ländern, in denen Rumänisch gesprochen wird. Neben ihrer eigentlichen seelfürsorglichen Funktion hat die Kirche eine hervorgehobene Aufgabe als Ort der gemeinschaftlichen Kommunikation und des Zusammentreffens der Migrantinnen bzw. Migranten aus Paris und dessen Umgebung. Als Religionsgemeinschaft zählt die Rumänisch-Orthodoxe Kirche 18,8 Millionen Anhängerinnen bzw. Anhänger. 556 Die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der Gemeinde sind bemüht, Kontakt zwischen Neuankommenden herzustellen. Die Organisation von traditionellen Veranstaltungen ist ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt. 557 Eigene Beobachtungen ergeben, dass sich im Umfeld der Kirche Aushänge befinden, auf denen Aushilfstätigkeiten angeboten werden. Bw1965 und Bw1952 treffen jährlich mit anderen Menschen zusammen, um ihren verstorbenen Ehemännern zu gedenken. Darüber hinaus werden die rumänischen Feiertage sowie die Wochenenden genutzt, um sich mit Gleichgesinnten zu treffen. Die Kinder erlernen dort Rumänisch und erhalten die Möglichkeit, ihre Sprachkompetenz auszubauen. 555 Im Jahr 1992 wurde Französisch als „ langue de la république “ in der Verfassung verankert. Cf. Becker (2004: 97). Traversac (2009: 519). 556 Cf. Brusanowski (2011: 1). 557 „ La Métropole Orthodoxe Roumaine d ’ Europe Occidentale et Méridionale est une unité canonique et administrative autonome de l ’ Église Orthodoxe Roumaine- Patriarcat roumain. [. . .] Elle a la responsabilité de coordonner l ’ activité pastorale et missionnaire au service des chrétiens orthodoxes roumains d ’ Europe occidentale et méridionale ainsi que d ’ autres chrétiens orthodoxes qui font partie de ses communautés. “ http: / / www.mitropolia.eu/ fr/ site/ 121/ (10. 09. 2012). 134 <?page no="135"?> Bw1965: «[. . .] Je pense que les grands devoirs pour les Roumains c ’ est autour de l ’ église où les gens parlent en roumain où les petits-enfants sont obligés à [sic. de] continuer à parler en roumain en apprenant des choses en roumain. [. . .] Pour le moment ça confère [sic. conserve] un peu la langue roumaine pour les petits enfants qui sont nés ici et puis qui veulent garder la langue roumaine, et je pense aussi que ce sont les familles qui devraient converser [sic. conserver] ça.» Die Erwachsenen knüpfen vor dem Gottesdienst Kontakte, um Probleme des Alltags zu besprechen. Die Kirche ist bemüht, ihrer Aufgabe als Vermittler zwischen den Menschen gerecht zu werden. Wer sich entscheidet, diesen Ort als Anlaufstelle zu wählen, hat gute Chancen, Unterstützung zu erhalten. Selbst die potenzielle Re-Emigrantin Aw1991 bestätigt trotz ihrer distanzierten Lebensweise zu den Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen B, C und D die Existenz einer großen rumänischen Gemeinschaft. Aw1991: «[. . .] quand je suis allée voter pour les présidentielles en Roumanie, mais je suis allée à l ’ Ambassade française, il y avait beaucoup de Roumains. Je trouve qu ’ il y a une grande communauté forte, ici, à Paris. Il y a par exemple l ’ église orthodoxe où beaucoup de Roumains se retrouvent.» Ferner werden andere in Paris ansässige rumänische Institutionen benannt, in denen die rumänische Sprache verwendet werden kann. Zum einen versteht sich das Institut culturel roumain als Anlaufstelle für Menschen, denen die rumänische Kultur am Herzen liegt. Dort finden sie nicht nur eine Bibliothek in der rumänische Literatur zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr besteht die Möglichkeit rumänische Sprachkurse zu besuchen, um den interkulturellen Austausch zu fördern. 558 Die Homepage ist sowohl in französischer als auch in rumänischer Sprache aufbereitet. Nahe des Instituts befindet sich die rumänische Botschaft und eine Behörde, deren Zuständigkeitsbereich die Überprüfung von Aufenthaltsgenehmigungen umfasst. Abschließend lässt sich formulieren, dass rumänische Institutionen ihren Auftrag sehr ernst nehmen, in Paris lebende Rumäninnen und Rumänen zu unterstützen. Insbesondere in kirchlichen und kulturell organisierten Veranstaltungen wird Wert auf die Verwendung des Rumänischen gelegt. Die Recherchen ergeben, dass die Institutionen als Vermittler zwischen der rumänischen und der französischen Kultur fungieren. Der sprachliche und kulturelle Integrationserfolg hängt zwar nicht maß- 558 Cf. http: / / www.icr.ro/ paris/ (31. 08. 2012). 135 <?page no="136"?> geblich von diesen Institutionen ab, kann aber den Einstieg in die französische Gesellschaft erleichtern. 5.2 Sprachverwendung Die Sprachverwendung der wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer und der geringer qualifizierten Arbeitskräfte wird in der Folge aufeinander aufbauend dargestellt. 5.2.1 Potenzielle Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten: wirtschaftlich motivierte Einwanderinnen bzw. Einwanderer Die potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten, die zu Hause Rumänisch sprechen, sind der Auffassung, dass Französisch eine Sprache sei, mit der oberflächliche Gespräche des Alltags, insbesondere mit Bekannten und Arbeitskolleginnen bzw. Arbeitskollegen geführt werden. Wenn es jedoch darum geht, tiefgründige Konversationen zu haben oder bestimmte Inhalte zu präzisieren, bietet ihnen allein das Rumänische die Möglichkeit, ihre innere Gedankenwelt zum Ausdruck zu bringen. Dies bestätigen Am1965 und Aw1964, die sich bis zum heutigen Zeitpunkt, nach über 20 Jahren in Frankreich, sprachlich nicht integriert haben. Am1965: «Je suis plus à l ’ aise en roumain. Avec toutes [sic. les fehlt] personnes qui parlent le roumain, je parle, ceux qui parlent le roumain, c ’ est bien quoi.» Am1965: «Oui, mais, euh, parce que j ’ ai de la famille, j ’ ai toujours les attaches avec ce pays. Voilà, parler en roumain, alors, je maîtrise mon roumain, j ’ essaie de lire, j ’ essaie à [sic. de] traduire.» Französisch ist für Am1965 und Aw1964 die Sprache der Berufsausübung, um die finanziellen Grundlagen der Familie zu erwirtschaften. Als Selbstständige sind sie darauf angewiesen, mit ihren Kunden in Französisch zu kommunizieren. Am1965: «Plutôt avec les personnes qui, euh, j ’ étais un peu obligé de leur parler en français, parce que s ’ il y a une personne en présence [sic. une personne présente] et [. . .] cette personne ne parlait pas le roumain. Alors, j ’ ai parlé à mon interlocuteur en français.» Aw1964 fühlt sich in der Verwendung des Gradatums (F - ) unwohl, weil sie den Eindruck hat, negativ durch ihre mangelnde französische Sprachkompetenz aufzufallen. Dieser Umstand ändert jedoch nicht ihre Einstellung gegenüber der französischen Sprachverwendung, die sich hauptsächlich auf ihren Kundenstamm bezieht. 136 <?page no="137"?> Aw1964: «Avec mon mari et avec mon enfant je parle roumain, avec les clients je parle en français.» Aw1964: «Oui, quand je parle le français je suis très émotive parce que j ’ ai toujours l ’ impression que je fais des fautes des expression [sic. des fautes d ’ expression] ça me met un peu mal à l ’ aise.» Vorherige Versuche, nach einem Aufenthalt in Frankreich von 1996 bis 1998, ihre Geschäftstätigkeit in ihrer rumänischen Heimat aufzubauen, sind aus ökonomischen Gründen gescheitert. Die Verdienst- und Einkommensmöglichkeiten in Rumänien bleiben bei weitem hinter denen in Frankreich zurück, so dass sich Aw1964 und Am1965 zur Remigration nach Frankreich entschlossen, um sich eine höhere Lebensqualität für die Zukunft zu ermöglichen. Die Gründung eines Unternehmens in Frankreich und die erforderliche Kompetenz Französisch zu sprechen, werden als dafür notwendig erachtet. Wenn es nach dem Willen von Am1965 ginge, würde er es bevorzugen in Rumänisch zu kalkulieren und seine Geschäftsbriefe in dieser Sprache zu lesen und zu verfassen. Am1965: «[. . .] même les documents, je préfère même, entendu, en roumain, c ’ est bien quoi.» Hierin zeigt sich das mangelnde Interesse, sich nicht mehr als nötig sprachlich in die französische Gesellschaft zu integrieren. Hierfür spricht auch, dass außerhalb der Berufsausübung beziehungsweise der Kundenkommunikation deren bevorzugte Sprachverwendung das Rumänische ist. Am1965 und Aw1991 bestätigen im nachfolgenden Zitat, die überwiegend rumänische Sprachverwendung in der Familie. Am1965: «Donc, avec Aw1991 je parle le roumain sauf exceptionnellement quand on raconte quelque chose qui s ’ est passé dans un milieu français. [. . .] 90 pour cent de notre communication c ’ est en roumain.» Aw1991: «Entre eux, ils parlent roumain [. . .]. Ils installent des pompes à chaleur. Ils travaillent chez les clients, les particuliers, et là-bas, comme c ’ est des Français, ils parlent entre eux français [. . .].» Am1965: «Donc, nous parlons le roumain, sauf quand nous sommes devant les clients, si on a des décisions [sic. Verb fehlt à prendre] entre nous parce que les autres personnes ne comprennent pas le roumain. Par respect on parle en français. Donc, avec Aw1991 je parle le roumain sauf exceptionnellement quand on raconte quelque chose qui s ’ est passé dans un milieu français.» Die rumänischen Traditionen dieser Familie werden in Frankreich ausnahmslos und mit besonderer Verbundenheit fortgeführt, so dass französische Einflüsse hinsichtlich ihrer Lebensweise auf ein Minimum reduziert 137 <?page no="138"?> bleiben. Ihre insoweit vom französischen Sprach- und Kulturkreis als distanziert zu bezeichnende Lebensweise stellt eine rumänische Kulturinsel in Frankreich dar. Die rumänische Sprache ist und wird zukünftig die Verbindung zu ihrer Heimat bleiben. Aw1964: «Le roumain, oui, ça me donne [sic. fait] plaisir, ça me rappelle toujours avec [sic. ohne avec] ma mère. La relation avec ma s œ ur, ça me rappelle toujours le lieu de l ’ enfance.» Die Ablehnung der rumänischen Sprachverwendung unter Rumäninnen und Rumänen, so Am1965, spiegele auch eine kontroverse Haltung gegenüber der Heimat wider. Dass traumatische Erlebnisse auch das Abstoßen der Muttersprache zur Folge haben können, wird sich im weiteren Verlauf der Arbeit bestätigen. 559 Am1965: «Généralement, les personnes qui parlent le français mais qui sont d ’ origine roumain [sic. roumaine] qui utilisent même avec les personnes qui sont [sic. d ’ ] origine roumain [sic.roumaine]. Ils veulent marquer une rupture par rapport à la Roumanie.» Für Aw1991 geht die Sprachverwendung des Französischen über die berufsbedingte Bedeutung hinaus. Aw1991 verwendet Rumänisch, weil es die Sprache ihrer Eltern ist. Aw1991: «Je veux juste dire, j ’ ai du mal à parler français avec mes parents. Ça me fait bizarre. J ’ ai l ’ impression de parler à des étrangers. Surtout, quand j ’ entends mes parents parler en français, je suis habituée à eux, à parler en roumain avec eux et je les entends parler en roumain et voilà ça fait bizarre de les entendre parler français.» 560 Diese hatten mangels ausreichender Kenntnisse des Französischen keine andere Wahl, als mit ihrer Tochter Rumänisch zu sprechen. Sicherlich trugen hier die anfänglichen Startschwierigkeiten zu Beginn der Einreise 559 Die Gründe für die Aufgabe der Muttersprache in einem neuen Land werden in der Forschung multiperspektivisch diskutiert. In Studien, die sich mit der sprachlichen Entwicklung zu Zeiten des Nationalsozialismus beschäftigen, wird „ Sprachaufgabe [. . .] durch emotionale Faktoren und den Bruch mit früheren Identitätspositionen “ Busch (2013: 66 - 67) bestimmt. Andere Faktoren liegen im Akkulturationsprozess selbst begründet. Stehl (2011 a: 38) In der vorliegenden Arbeit führen bei Dw1979, Dw1978 sowie eventuell zukünftig auch Cw2003 drei Ereignisse zur Aufgabe der rumänischen Sprache. Der Wechsel in ein neues politisches System bei Dw1979, das Ableben der Mutter bei Dw1978 und der Verlust der Mutter durch Scheidung bei Cw2003 und Cw2005. Manche möchten mit einer übermäßigen Annäherung an ihre neue Umgebung und der Abkehr von ihrer Ursprungskultur ihre negativen Gefühle kompensieren. Cf. Ardjomandi, Streeck (2002: 41). 560 Discher (2014: 147). 138 <?page no="139"?> ihrer Eltern zur Distanzierung von der französischen Gesellschaft bei, die sich auch auf ihre Tochter partiell übertragen hat. 561 Aw1991: «Ils ne savaient pas parler français. Donc, ma mère a pris la décision de parler avec moi en roumain et comme elle ne maîtrisait pas le français, elle s ’ est dit „ mieux vaut que je lui apprenne une langue que je connais plutôt qu ’ une langue que je connais pas et que je la lui apprenne avec des fautes.» Aw1991: «Je parlais français à l ’ école et chez moi, à la maison, je parlais roumain. C ’ est resté comme ça. Comme de toute manière à la maison, je parle tout le temps roumain avec mes parents, et, à l ’ école bien sûr en français et avec mes parents, c ’ est que du roumain. Sauf quand je parle de l ’ école: qu ’ est-ce qui m ’ est arrivé [sic. ce qui m ’ est arrivé] à l ’ école ou quand j ’ ai appris un truc à l ’ école, je raconte ça en français parce que c ’ est dur pour moi de traduire ce que j ’ ai fait à l ’ école en roumain.» Aw1991 spricht als in Frankreich Geborene, im Zusammenhang mit der Sprachverwendung des Rumänischen, von Traditionen, die sie bewahren möchte. Dies ist auch der Grund, warum Rumänisch ihre präferierte Sprache geblieben ist. Aw1991: «Déjà pour conserver les traditions, il faut forcément parler la langue et forcément, c ’ est mieux de parler la langue pour partager les traditions et les comprendre et après, mais en fait depuis que je suis petite, je me suis fait un système, ma famille, c ’ est en roumain, l ’ école et les amis en France, c ’ est en français.» Ihr Verständnis von Tradition begründet sich neben der primären intrafamiliären Kommunikation auf Rumänisch auf ihre mehrfachen und regelmäßigen Heimatbesuche bei der Familie sowie insbesondere auf ihre Reintegration in die rumänische Gesellschaft in der Zeit zwischen 1996 und 1998, in der die Eltern den Versuch einer Remigration nach Rumänien unternahmen. Aw1991: «Après, on a déménagé en Roumanie, et après, à sept ans-sept ans et demi, on est revenus en France dans la région parisienne.» 561 Nach der Ankunft in Frankreich im Jahr 1990 waren die Integrationsmaßnahmen nicht annähernd so ausgeprägt, wie es für das Jahr 2000 zutrifft. „ Isolationstendenzen sind vor allem dann zu erwarten, wenn einzelne „ Regelschritte “ der progressiven Integration misslingen. “ Stehl (2011 a: 38) Familie A hat sich in Frankreich aus ihrer Sicht unter schweren Bedingungen ein Leben aufgebaut, was eine stärkere Verwendung der rumänischen Muttersprache und einer intensiveren Orientierung an dem Heimatland führte. Dennoch muss die politische Situation nicht unbedingt die Aufgabe der Muttersprache zu Folge haben, wie durch Bm1931 deutlich wird. Trotz der in Rumänien erlebten Inhaftierung hält er einen ausgiebigen Kontakt zum Heimatland für notwendig. 139 <?page no="140"?> Der Erwerb der französischen Sprachkompetenz von Aw1991 geht dabei in erster Linie auf das schulisch soziale Umfeld zurück. Die Ganztagsschule in Frankreich ist maßgeblich verantwortlich für ihre sprachliche Entwicklung, wie es auch bei der Kindergeneration der anderen rumänischen Untersuchungspersonen festzustellen ist. Dass sich an diesem sprachlichen Integrationsstatus für Aw1991 zukünftig nichts ändern wird, unterstreicht ihr Plan, ein Praktikum in Rumänien zu absolvieren, um dort als französisch-rumänische Übersetzerin zu arbeiten. 562 In diesem Zusammenhang absolvierte sie die C2 Prüfung im Rumänischen Institut, um den Nachweis ihrer muttersprachlichen Kenntnisse zu zertifizieren. Dass Aw1991 anstrebt in Rumänien ein Praktikum zu absolvieren, um als französisch-rumänische Übersetzerin zu arbeiten, hebt die Argumentation hervor. Aw1991: «Donc, ce test, je l ’ ai fait parce que je parle roumain, je lis, mais j ’ écris pas beaucoup le roumain, même si j ’ ai appris et j ’ ai voulu passer ce test. Là, j ’ attends les résultats. Mais je crois que je vais l ’ avoir parce que ça m ’ a pas paru si compliqué que ça. C ’ est un test audio - écrit - compréhension orale - compréhension écrite et on parle, voilà. Ce n ’ est pas si compliqué que ça.» Die Zuordnung von Dm1978 zu dieser Gruppe zeigt, dass auch Rumäninnen und Rumänen mit einem akademischen Abschluss, der auch von Aw1991 angestrebt wird, nicht unbedingt zufrieden mit ihrem Leben in Paris sein müssen. Der Vergleich zwischen der rumänischen und der französischen Sprachverwendung belegt, dass er bevorzugt Konversationen in Rumänisch führt und dies mit seiner tiefen Heimatverbundenheit begründet. Dm1978: «Je dirais le roumain parce que c ’ est ma langue maternelle mais à part ça, [. . .]Avec ma famille je parle roumain, avec ma famille en Roumanie je parle roumain, avec mes collègues ici je parle roumain et français, mais avec mes amis je parle en français.» Dm1978: «Le Roumain à 80 pour cent il m ’ arrive lorsque je travaille dans une [sic. un] milieu uniquement francophone là que je pense en français.» Das Französische verwendet er im telefonischen oder persönlichen Geschäftskontakt und mit französischen Bekannten aus seinem Umfeld. Dm1978: «Je parle français avec la plupart des contacts professionnels, avec les gens que je connais en France, vu que je vis ici, j ’ utilise le français tous les jours.» 562 Hierbei handelt es sich um eine Information aus einem persönlichen Gespräch mit Aw1991. 140 <?page no="141"?> Die Sprachverwendung der wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer belegt, dass ein langjähriger Aufenthalt in Frankreich trotz einer ökonomisch guten Lebenssituation, die starke Verbindung zur rumänischen Sprache und zum Heimatland nicht auflöst, sondern zukünftig bestehen bleiben wird. Es wird deutlich, dass die Untersuchungspersonen die rumänische Sprache durchaus schätzen und bemüht sind, sie zu verwenden. Dennoch bestimmen maßgeblich sowohl soziale und emotionale als auch wirtschaftliche Faktoren die Sprachverwendung. Im Vergleich zu den anderen rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen basiert die emotionale Bindung zum rumänischen Sprach- und Kulturkreis auf dem Grund, sich seitens der Französinnen bzw. der Franzosen nach Ankunft in Frankreich nicht vollumfänglich akzeptiert gefühlt zu haben. Diese Menschen hoffen inständig auf eine Verbesserung des politischen und wirtschaftlichen Systems und der wirtschaftlichen Situation in Rumänien, um in ihre Heimat zurückkehren zu können. 5.2.2 Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte aus Rumänien bewegen sich überwiegend in einem sozialen Umfeld, in dem die rumänische Sprache bevorzugt wird. Durch ihre Beschränkung auf die rumänischen Sprachkenntnisse wird zugleich der soziale Umgang eingegrenzt und umfasst im Wesentlichen Bekannte aus dem Arbeitsumfeld, die auch aus Rumänien nach Frankreich immigriert sind. Aufgrund ihrer mangelhaften französischen Sprachkompetenz gestaltet sich die soziale Kontaktaufnahme in der Migrationsgesellschaft zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler schwierig. Der französische Wortschatz ist neben den marginalen grammatischen Kenntnissen als gering einzustufen. Exemplarisch hierfür steht Cw1952, die vor ihrer Immigration nach Frankreich in Rumänien als Schreibkraft tätig war. In Paris ging sie keiner weiteren Beschäftigung nach, weil ihr französischer Ehemann für sie sorgte. Seit dessen Ableben konzentriert sich ihr soziales Leben auf die rumänischorthodoxe Kirchengemeinde, in der sie freundschaftliche Beziehungen zu deren Mitgliedern samt Familien pflegt. Da die Beziehung zu ihrer Schwiegermutter sowie zu den weiteren angeheirateten französischen Verwandten belastet und die Kommunikation in Französisch mit dem Ehemann nicht mehr möglich ist, reduziert sich die französische Sprachverwendung zunehmend. Cw1952: «Le français, je [sic. le fehlt] parle avec la belle-mère, elle est Française, elle parle mal, les mots argotiques, je [sic. le fehlt] parle parfois avec mon fils, parce qu ’ il veut parler le français.» 141 <?page no="142"?> Cw1952: «Je comprends, non, je ne comprends pas toujours les gens, chacun parle avec son accent, son argot, sa région, c ’ est difficile à comprendre.» Cw1952: «Je parle avec mon frère, j ’ ai des neveux, j ’ ai des copina [sic. copines], je parle toujours en roumain.» Auch für Bw1952, die ihren Lebensunterhalt mit dem SMIC absichert, besteht keine Notwendigkeit, Französisch in ihrem Berufsalltag zu verwenden, da sie mehrjährig keiner Tätigkeit im französischsprachigen Umfeld nachgegangen ist. Zwar verfügt sie über Kontakte zu integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrern mit denen sie zumindest teilweise Französisch spricht, jedoch beschränkt sich auch ihr soziales Umfeld auf rumänische Sprecherinnen bzw. Sprecher. Interessant ist die Erklärung, dass sie sich vor offiziellen Behördengängen in besonderer Weise sprachlich darauf vorbereitet, indem sie zum Beispiel bestimmtes Fachvokabular nachschlägt und Satzkonstruktionen vorbereitet, um ihre Schwächen im Französischen im Gespräch mit Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zu kaschieren. Bw1952: «Quand j ’ ai quelque chose ici à faire dans le marie [sic. à la mairie], dans la banque je me prépare, oui.» Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Cm1972, dessen sozialer Umgang sich gleichsam auf die rumänische Migrationsgemeinschaft konzentriert. Auch seine Verwendung der französischen Sprache beschränkt sich auf das notwendige Maß, zum Beispiel, wenn er in einem Restaurant einen Kaffee bestellt oder zur französischen Sprachverwendung angehalten wird. Cm1972: «Quand les gens me le demandent de le faire ou il y a des Français à [sic. avec] qui il faut parler, mais sinon voilà, au travail, à la maison avec les filles.» Cm1972: «J ’ ai pas compris, oui bien-sûr, je peux pas vivre, si je parle pas la langue. Je voudrais, c ’ est difficile en France, les Français sont juste pour la langue française.» Cm1972: «Si je parle avec un [sic. une] personne français. J ’ explique, j ’ ai expliqué comme je peux. Je peux pas demander dans mon [sic. ma] langue un café [sic. je peux pas demander un café dans ma langue].» 563 Rumänisch ist auch die am häufigsten verwendete Sprache mit seinen Arbeitskolleginnen bzw. Arbeitskollegen und seinen Töchtern. Cm1972: «Avec mes collègues de travail, il y a en a beaucoup, il y a quelques chauffeurs qui sont [sic. de la même fehlt] origine que moi.» 563 Discher (2013 a: 360). 142 <?page no="143"?> Diese bringen aber in zunehmenden Maß ihre französischen Einflüsse in die Kommunikation mit ihrem Vater ein. In der Kompetenz der Variation wurde dargestellt, dass Cw2003 vorzugsweise Französisch spricht, weil ihr sprachliches Wissen in dieser Sprache höher als im Rumänischen ist. Cw2003: «Moi, c ’ est français, ben, français, comme j ’ habite à Paris.[. . .]» Die gute französische Sprachkompetenz der Kinder, die auch Cm1972 bestätigt, kann auf den Besuch der „ école maternelle “ zurückgeführt werden. 564 Es bleibt zu vermuten, dass gerade bei zukünftigen Veranstaltungen in der Schule der Vater angehalten sein wird, mit den Lehrkräften auf Französisch zu kommunizieren. Die sprachlichen Korrekturen der Kinder können möglicherweise zu einer Verbesserung seiner französischen Sprachkompetenz beitragen. Cm1972: «Les petites parlent français. Les deux, [. . .] juste les filles, parce qu ’ ils [sic. elles] sont scolarisées ici. Je parle la langue roumaine tout le temps.» Die rumänischen Einwanderinnen bzw. Einwanderer halten sich aufgrund ihres Status als Arbeitsmigrantinnen bzw. Arbeitsmigranten überwiegend im rumänischsprachigen Umfeld auf. Die bevorzugte Sprache ist Rumänisch, sowohl mit den rumänischen Arbeitskolleginnen bzw. Arbeitskollegen als auch im Freundeskreis. Augenscheinlich werden diese Menschen für Tätigkeiten angeworben, die kaum Qualifikation erfordern und die auch nicht besonders gut bezahlt werden müssen. 565 Der Wunsch in Frankreich zu leben, ist auch unter geringer qualifizierten Arbeitskräften stark ausgeprägt. Die Auswahl und der Kontakt zu den Untersuchungspersonen offenbart, dass in Paris auch geringer qualifizierten Arbeitskräfte leben, die keine ausreichenden Französischkenntnisse aufweisen. Wegen des mangelhaften französischen sprachlichen Wissens gestaltet sich die Kontaktaufnahme für Cm1972, Cw1952 und Cw1952 zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern schwierig. Um dennoch ein erfolgreiches Gespräch zu führen, werden erworbene Grundkenntnisse in der französischen Sprache angewendet. Das Privileg, französische Bildungseinrichtungen besuchen zu dürfen, hatte Cm1979 im Gegensatz zu anderen Personen der untersuchten Gruppen nicht. Dennoch verfügt er trotz seiner niedrigen beruflichen Qualifikation über eine im Vergleich zu seinen Bekannten höher entwickelte französische Sprachkompetenz. Sein soziales Umfeld beschränkt sich auch auf Bekannte aus der rumänischen Migrationsgemeinschaft. Cm1979 litt 564 Cf. Dreyer (2010: 166 - 167). 565 Cf. http: / / laroumanie.free.fr/ page/ droit_au_travail.html (18. 11. 2012). 143 <?page no="144"?> unter den schlechten Lebensbedingungen in seiner Familie und versuchte zunächst, durch den Kontakt zu gleichgesinnten Jugendlichen, die kleinkriminelle Handlungen begangen, zu kompensieren. Er begriff schnell, dass sich dieses Umfeld negativ auf sein zukünftiges Leben auswirken könnte, so dass die Entscheidung, nach Paris zu immigrieren, den Wunsch in ihm weckte, einen Bruch mit seiner Vergangenheit in Rumänien zu vollziehen. 566 Cm1979: «Donc, la seule personne à qui je parle dans ma langue roumaine, c ’ est avec ma mère en Italie.» Cm1979: «Je ne parle plus avec mes anciens amis, aussi, ils sont dégoûtés, comme le pays d ’ ailleurs, comme tout le monde dans ce pays-là. Quand j ’ étais [sic. allais étais ginge auch] mal ils m ’ ont tous quitté. J ’ ai coupé complètement le contact avec mon pays et tout mon passé, quoi.» 567 Im Unterschied zu seinem sozialen Umfeld ist er im besonderen Maße bemüht, beispielsweise durch das Lesen französischer Magazine und Bücher, seine Sprachkompetenz zu erweitern. Die Alltagsdialoge sind vorrangig in Rumänisch, jedoch führt die Rezeption französischer Medien oder der Besuch von kulturellen Veranstaltungen bei Cm1979 zum Erwerb eines erweiterten passiven französischen sprachlichen Wissens, welches sich im Vergleich zu seinen Gruppenmitgliedern in seinen Zitaten widerspiegelt. Die Beweggründe von Cm1979, sich von der rumänischen Sprache und der rumänischen Kultur zu distanzieren, liegen in den ambivalenten Beziehungen zu seinem familiären und seinem sozialen Umfeld in Rumänien begründet. 568 Dennoch gelingt es ihm nicht, in ein französisches Umfeld aufgenommen zu werden. Auch wenn er sich von seinem Heimatland distanziert, bleibt zukünftig ein gesellschaftlicher Aufstieg schwierig. Allein der Wunsch, sich von der Heimat zu distanzieren, reicht nicht aus, um als potenziell integrierter Franzose betrachtet zu werden. Vielmehr stellt Cm1979 eine Verbindung zwischen der ihm zugeordneten Gruppe und den integrationswilligen Identitäsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrern dar. 5.2.3 Integrationswillige Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer Diese Gruppe verwendet die französische Sprache in sämtlichen Lebensbereichen. Wenn diese Menschen jedoch im familiären und befreundeten Umkreis miteinander in Kontakt treten, sprechen sie nur in besonderen 566 Cm1979 ist in Discher (2013 a) als Bm1979 gekennzeichnet. 567 Discher (2013 a: 363). 568 Cf. Discher (2013 a: 363 - 364). 144 <?page no="145"?> Situationen Rumänisch. Beispielsweise, wenn aus familiären oder traditionellen Anlässen Mitglieder der rumänischen Migrationsgemeinde beim Feiern kirchlicher Feste der Rumänisch-Orthodoxen Kirche oder bei gemeinsamen behördlichen Amtsgängen, unter anderem beim Besuch der rumänischen Botschaft, zusammenkommen. 569 Bw1965: «Il faut garder quand même nos origines et nos traditions, il faut respecter les traditions, ce que nous a [sic. avons] pour les fêtes, pour les occasions familiales, pour les faire toujours en roumain, ça nous garde, ça nous solide [sic. renforce] [. . .]et puis le reste de la vie on [sic. le] passe dans la [sic. le]pays où on est, où on vit comme il faut. Je pense qu ’ il faut garder les traditions, [sic. les fehlt] racines quand même les traditions, j ’ ai vu ça pendant des années, même en Roumanie quand je rentre là-bas, ce sont des traditions qui ne se font pas comme avant.» 570 Bw1965: «Je parle en roumain quand je vais là-bas et puis je parle français voilà depuis [sic. que fehlt] je suis là je parle français avec mon fils; c ’ est vrai, mais avec mes amis roumains je parle encore roumain mais c ’ est vrai que ça nous fait [sic. est] plus facile à [sic. de] parler français parfois. Je parle avec Bm1991 parce qu ’ il est là, avec mon fils.» 571 Bw1965. «Mais ici en France, on peut dire qu ’ on peut parler roumain dans [sic. sur] des sujets très déterminés [sic. précis], quand on voit les autorités à l ’ Ambassade: là, il faut parler le roumain.» 572 Eine weitere Situation, in der überwiegend Rumänisch gesprochen wird, liegt vor, wenn sich unter den Zugehörigen der Kirchengemeinde Personen mit einer geringen französischen Sprachkompetenz befinden, um sie deshalb nicht zu isolieren. 573 Auch bei Telefonaten mit und bei Besuchen ihrer Familien in Rumänien wird überwiegend Rumänisch gesprochen. Aufgrund der Zugehörigkeit des Rumänischen zur romanischen Sprachfamilie 574 und der damit verbundenen lexikalischen Ähnlichkeiten verwendet Bw1978 ein Vokabular, das bei Gesprächen mit ihren Eltern in Rumänisch von denen nicht verstanden wird. Sie kennen dabei eine Vielzahl von Vokabeln nicht, die von ihrer Tochter im Rumänischen verwendet werden. Ferner bestehen bezüglich der verwendeten Endungen zur Zeitenbildung Irritationen, da die Eltern von Bw1978 diese sprachlichen Konstruktionen als eine rumänisch-französische Interferenzform wahrnehmen. 569 Cf. Discher (2013 c: 16). 570 Ebd. (2013 c: 16 - 17). 571 Ebd. (2013 c: 17). 572 Ebd. (2013 c: 7 - 9). 573 Discher (2013 c: 17, 20). Discher (2013 a: 360). 574 Cf. Bossong (2008: 145,247). 145 <?page no="146"?> Bw1978: «Oui, ça m ’ arrive, je parle avec ma famille, ils me demandent qu ’ est-ce que tu dis? Ça m ’ arrive assez souvent, les mots français, je pense, tu vois, il y a une certaine ressemblance entre français et roumain. Des fois, j ’ ai l ’ impression qu ’ un mot français c ’ est le même en roumain. C ’ est juste la terminaison, tu vois. Des fois, je dis le mot français mais je suis sûre et certaine qu ’ en roumain, c ’ est le même.» Bei der Auswertung des Sprachmaterials war auffällig, dass einige Untersuchungspersonen ganz bewusst mit ihren Familien auf Französisch kommunizieren, mit der Intention, deren Französisch durch aktive Verwendung zu fördern. Hintergrund dieser spezifischen Sprachwahl ist der Wille, ihre Familienangehörigen in Rumänien auch für einen eventuellen Nachzug nach Frankreich vorzubereiten. 575 Dabei sind sie selbst von dem Gefühl erfüllt, dass sie sich bereits emotional von ihrer rumänischen Heimat distanziert haben. Die Besuche lassen sie stets aufs Neue daran erinnern, dass sie sich Frankreich immer mehr zugehörig fühlen und die Vorteile ihrer Wahlheimat schätzen. Bw1965: «Mais c ’ est vrai que la vie, euh, la vie, je me sens mieux ici maintenant, mieux intégrée dans cette ville-là que quand j ’ y [sic. je] vais en Roumanie en vacances là je commence à me sentir un peu étrangère de [sic. à] toute la vie qui est là. Pourquoi? [. . .]Ils sont ni dans leur pays d ’ adaptation [sic. leur pays d ’ adoption], ils sont [sic. ohne ils sont] ni là-bas, ils sont [sic. ohne ils sont] ni dans leur pays de leur naissance. En fait, on est des gens qui on circule [sic. des gens qui circulent, dans cet [sic. ce] monde, d ’ un pays à l ’ autre, mais on est jamais à la maison.» 576 Aus ihrer Sicht sind für ein Gelingen der Immigration Sprachkenntnisse des Immigrationslandes unerlässlich. Dabei verfolgen sie bei der Kommunikation mit ihren Familienangehörigen das Motto, lieber weniger gutes Französisch zu verwenden, als Rumänisch zu sprechen. 577 Bw1965: «Il y a des amis qui préfèrent eux-mêmes qui savent pas bien parler français qui préfèrent à [sic. kein à] parler toujours roumain. Il y a des amis qui sont intégrés comme moi dans la vie sociale ici qui travaillent avec des Français et avec qui moi je préfère à [sic. ohne à] parler en français parce que ça nous intègre ici ces choses.» 578 Bw1965: «Non, quand on est dans un cercle d ’ amis, où on parle tous français. Sauf s ’ il y a une personne qui comprend pas en français ce qu ’ on dit, on explique en roumain.» 575 Cf. Discher (2013 c: 20). 576 Discher (2013 c: 18). 577 Ebd. (2013 c: 18). 578 Ebd. (2013 c: 18). 146 <?page no="147"?> Bw1965 spricht bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit als Hausdame in einer rumänischen Diplomatenfamilie überwiegend Französisch. Dennoch erfordert die Betreuung hinsichtlich der Großmutter des Hauses und der rumänischen Gäste für Bw1965 die Verwendung des Rumänischen. Bw1965: «Avec ceux qui ce [sic. ohne ce] sont en Roumanie on parle roumain toujours [sic. on parle toujours roumain] et puis avec ceux qui sont là avec mes amis avec qui [sic. ohne qui] tous ceux qui sont en France que je connais, on parle parfois roumain et parfois français parce que c ’ est vrai ici ça nous revient [sic. est] plus facile à [sic. de] parler français.» 579 Auch der Umstand, dass ihr Sohn, Bm1991, in diesem Haushalt wohnt und mit den Kindern der Diplomatenfamilie und deren Freunden gleichen Alters Zeit verbringt, lässt in diesem Zusammenhang nur die Verwendung der französischen Sprache zu. Hinzu kommt die Besonderheit, dass Ihr Sohn auch in Abwesenheit seiner französischen Freunde sowie der Kinder des Hauses die rumänische Sprachverwendung mit seiner Mutter ablehnt, wie die Beobachtungen in Anwesenheit bei der Familie ergeben haben. Hierfür ist anzuführen, dass Bm1991 kaum noch einen Bezug zu seiner früheren Heimat hat, er an Familienheimfahrten eher selten teilnimmt und praktisch nur noch telefonisch mit seinen Großeltern in Rumänisch kommuniziert, weil diese der französischen Sprache nicht mächtig sind. Außerdem wird er wegen seiner guten französischen Sprachkompetenz nicht mehr als rumänischer Muttersprachler erkannt. 580 Bm1991: «Ma mère c ’ est la seule membre de ma famille avec qui je parle en français. Mon oncle je parle avec lui et avec mes grands-parents en roumain.» 581 Bm1991: «En fait, presque personne, jusqu ’ à aujourd ’ hui, sait que je suis roumain. On m ’ a dit souvent Italien, Brésilien, Espagnol, sauf Roumain. C ’ était moi qui leur disais que je suis roumain, les gens, ils étaient surpris.» Auch bei Bw1978 dominiert die französische Sprachverwendung. Die Betrachtung des sprachlichen Entwicklungsprozesses dieser Sprecherin, die seit 2002 mit einem Franzosen liiert ist und mit diesem zunächst mangels sprachlichen französischen Wissens in Englisch kommunizierte, verbesserte sich die Sprachkompetenz durch Selbststudium und geübte Sprachpraxis mit ihrem Partner und späterem Ehemann. Bw1978 erklärte als einen wesentlichen Lernmotivator die Ankündigung ihres Ehemannes sowie seiner Freunde und Familie, dass sie nicht 579 Discher (2013 c: 18 - 19). 580 Discher (2013 c: 19). 581 Ebd. (2013 c: 18 - 19). 147 <?page no="148"?> mehr mit ihr sprechen würden, sofern ein Gespräch in Französisch mit ihr nicht möglich sei. Bw1978: «Moi c ’ était comme ça au début, je comprenais rien. Mon mari, il me disait [sic. parlait], je lui demandais en anglais, il me répondait en français, la télé, la radio, la chaîne française.» Bw1978: «Les amis de mon mari m ’ ont dit, on parle pas avec toi, si tu parles pas français. [. . .]C ’ est comme ça, je vis ici, je suis obligée d ’ apprendre le français» 582 Nunmehr ist sie diejenige, die ihren Freundeskreis dazu anhält, Französisch zu lernen, um sich besser in die französische Gesellschaft integrieren zu können. Bw1978: «Non, en fait, si j ’ étais obligée de parler en roumain c ’ est parce que j ’ ai des [sic. d ’ ] amis qui parlent pas assez bien, ce sont des couples qui parlent pas français à la maison. Ils n ’ ont pas la même chance d ’ apprendre le français si vite, tu vois, c ’ est un petit [sic. peu fehlt] ça [. . .].» 583 Dies geht damit einher, dass sie sich auch bei Treffen mit Bw1965 und rumänischen Freundinnen bzw. Freunden und Familien in Französisch unterhält. Bw1978: «Moi, je pense qu ’ il est obligé, qu ’ il est dans un groupe des [sic. d ’ ] amis ou des [sic. de] collègues qui parlent roumain, je pense quand même [sic. qu ’ fehlt] il devrait parler français parce qu ’ il vit dans ce pays, mais [sic. sauf] s ’ il y a quelqu ’ un qui parle pas du tout français. C ’ est normal qu ’ on parle roumain parce que les gens peuvent se sentir exclus.» 584 Trotz ihrer Bemühungen, den sprachlichen Integrationsprozess zu unterstützen, verweist Bw1978 auf den Umstand, ihren Kindern Rumänisch beibringen zu wollen. Auf diese Weise soll der Kontakt zu den rumänischen Großeltern ermöglicht werden. Bw1978: «Si on vit ici, plutôt le français, mais je veux aussi qu ’ ils apprennent le roumain, pour moi, c ’ est très important de connaître mes racines, tu vois, moi je veux que mes enfants qui [sic. ohne qui] parlent avec ses [sic. leurs] grands-parents en roumain parce que mes parents sont pas trop jeunes ils ont des difficultés pour apprendre la langue française.» 585 Weiterhin nutzt sie so gut wie möglich im Internet bereit gestellte Programme und französische Medien, um sich sprachlich zu entwickeln. 582 Ebd. (2013: 15). 583 Ebd. (2013 c: 20). 584 Discher (2013 c: 20). 585 Discher (2013 c: 20 - 21). 148 <?page no="149"?> Bw1978: «Oui, c ’ est comme ça que j ’ ai appris, je mettais toujours la radio, la télé, les news, la publicité, là, tu entends la vrai [sic. langue fehlt] française. C ’ est là que tu [sic. l ’ fehlt] entends. Moi, je suis plutôt auditive, [. . .] ça aide, tu entends la prononciation, c ’ est audio [sic. auditif], tu peux vraiment apprendre.» Bw1975 war in Rumänien als Französischlehrerin tätig. Ähnlich wie bei Dw1978 wurde auch ihr akademischer Abschluss nicht anerkannt. Sie bemüht sich regelmäßig, Französisch zu sprechen und bestätigt, in emotionalen Momenten, Rumänisch zu verwenden. In akademischer Hinsicht fühlt sie sich in der Verwendung des Französischen sicherer. Bw1975: «Ça dépend des circonstances. Quand on est énervé on est mieux dans la langue maternelle. S ’ il faut faire des phrases académiques. Il faut faire des phrases en français.» Bm1931 sprach Rumänisch im beruflichen Umfeld immer dann, wenn er rumänischsprachige Patienten zu versorgen hatte. Er differenziert je nach Gegebenheit, wobei Französisch nur mit Franzosen verwendet wird. Bm1931: «Je parle la [sic. le] roumain avec tous mes amis roumains. Avec les Français je parle le français.» Trotz der negativen Erfahrungen in Rumänien hat sein Interesse an der rumänischen Sprache und Heimat nicht nachgelassen. Erwähnenswert ist an dieser Stelle die Bekanntschaft von Bw1952 zu Bm1931, die schon in Rumänien bestand. 5.2.4 Potenziell integrierte Französische Rumäninnen und Rumänen Die potenziell integrierten Rumäninnen bzw. Rumänen zeichnen sich durch ihre französische Lebensweise aus. Dazu gehört es sowohl im privaten als auch im Berufsalltag, in Französisch zu kommunizieren. Die rumänische Sprache wird nur noch dann verwendet, wenn es hinsichtlich der Gesprächspartnerin bzw. Gesprächspartners nicht anders möglich ist. Dw1979: «Mon futur mari, qui est à moitié allemand, qui parle bien allemand. J ’ aimerais faire ça avec lui je ne parle qu ’ en français, parce qu ’ on est dans un contexte où tout le monde parle français. Même si dans sa famille ils parlent allemand, tu vois, bon, ils parlent à moitié allemand, à moitié français. Ils parlent allemand avec les enfants, tu vois. On ne parle jamais en roumain.» 586 586 Discher (2013 a: 363). 149 <?page no="150"?> Das Sprechen des Rumänischen ruft eher unangenehme Gefühle hervor, zum einen, weil ihre Verbundenheit mit Rumänien schwach oder gar nicht mehr besteht. Zum anderen, weil sie der rumänischen Sprache mangels sprachlichen Wissens und fehlender Sprachpraxis nicht mehr im vollen Umfang mächtig sind. Die Angehörigen der jüngeren Generation werden aufgrund sprachlicher Korrektheit im Französischen nicht mehr von ihrem Umfeld als rumänische Erstsprachlerin und Erstsprachler erkannt und verwenden weit überwiegend Französisch. 587 Das soziale Umfeld ist französischsprachig, so dass die Notwendigkeit, Rumänisch sprechen zu müssen, im Regelfall nicht besteht. Ein weiteres Merkmal der potenziell integrierten Rumäninnen bzw. Rumänen, insbesondere von Bm1991 und Dw1979, ist die Fähigkeit, spezifische Sprachstile zu verwenden, die in der Analyse des diaphasischen Wissens in der Kompetenz der Variation benannt wurden. Bw1931 ist zwar nicht fähig, den Argot und das Verlan zu verwenden, jedoch kann sie diese Sprachstile charakterisieren. Auch wenn die potenzielle Re-Emigrantin Aw1991 mit ihrem diaphasischen Wissen die Existenz des Verlan und Argot zum Ausdruck bringen kann, würde sie diese Sprachstile nicht verwenden. Das Verstehen dieser Stile setzt einen regelmäßigen Sprachaustausch der diversen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen mit französischen Jugendlichen voraus. Dieser sprachliche Austausch der jüngeren Generationen wird in verschiedenen Jugendgruppen in den Schulen der Pariser Vorstädte ermöglicht. Hierdurch erhalten sie Einblicke in die Diskurs- und Kulturtraditionen, die Menschen vorenthalten bleiben, die erst im Erwachsenenalter nach Frankreich immigrieren, wie zum Beispiel Dw1978. Dw1978: «Au niveau du registre de langue, j ’ ai parfois du mal à comprendre le français de la rue, des adolescents. Comme j ’ ai appris le français à l ’ école, je ne suis pas habituée au langage familier, à l ’ argot. Au niveau des sujets abordés, il y a des références culturelles qui m ’ échappent parfois. Mais je ne me sens pas exclue.» Diese Verständnisschwierigkeiten können bei den immigrierten Rumäninnen und Rumänen das Gefühl der Nichtzugehörigkeit auslösen. Davon sind auch Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) betroffen. Die potenziell integrierten französischen Rumäninnen und Rumänen beschränken die Verwendung des Verlan auf ein Minimum. Sie sind sich dem negativen Wirken dieser Sprachform auf das Umfeld bewusst. Allein die 587 Exemplarisch sind hier auch die Kinder von Bw1931, die kaum Bezug zur rumänischen Sprache und Kultur haben und aus diesem Grund zu Interviews nicht bereit waren. 150 <?page no="151"?> Tatsache, dass sie diese aktiv beherrschen, lässt sie als sprachlich und kulturell integriert wirken. Spezielle Themenbereiche, die den Werte- und Normenbereich der entsprechenden Gesellschaft thematisieren 588 , sind für Nicht-Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler schwer bis überhaupt nicht zugänglich. 589 Dies lässt sich damit begründen, dass sich bei den Sprecherinnen bzw. Sprechern unterschiedliche Werte und Normkonstrukte verankert haben, die nicht leicht erlernbar sind. Beispielsweise ist es Aw1964 trotz ihres langen Aufenthaltes in Frankreich nicht möglich, einen gewissen Humor in seiner Gesamtheit zu erfassen, weil dies einen äußerst lang andauernden und intensiven Austausch mit kulturellen sowie politischen Themen und Kontakten zu Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern erfordert. Andersherum ist rumänischer Humor auch nicht immer in die französische Sprache übersetzbar, was den Sprachwitz sowie Pointen nicht in vergleichbarer Weise verständlich macht. 590 Aw1964: «On peut pas exprimer les mots en français il y a des choses qu ’ [sic. pour lesquelles] il y a combien des [sic. trop de] différences culturelles. Je ne peux [sic. pas fehlt] traduire des blagues de roumain [sic. des blagues roumaines] en français.» Gleichsam verhält es sich mit den in Frankreich sozialisierten Untersuchungspersonen, die aufgrund eines intensiveren Kontaktes zu Französinnen und Franzosen einen tieferen Einblick in die kulturellen und sprachlichen Besonderheiten gewonnen haben. Auch die Art und Weise, sich durch Schimpfwörter gegenüber anderen Menschen abzugrenzen, gehört zur Fähigkeit, kulturspezifische Feinheiten zu verstehen, die nur durch einen dauerhaften Kontakt mit der Kultur erlernt und verstanden werden können. Bm1991 äußert sich zu den Vulgarismen in den Kontaktsprachen, die seiner Auffassung nach im Rumänischen vielfältiger seien als in der französischen Sprache. Dieses subjektive Empfinden könnte mit seinem mangelndem rumänischen Sprachwissen in Verbindung stehen, was eine zusätzliche Beschäftigung mit „ Schimpfwörtern “ in seiner Erstsprache im Internet notwendig machte. 588 Zu den Sprech- und Texttraditionen: Cf. Stehl (1994: 139 ff.). 589 Das Verstehen von Humor in einer Fremdsprache gehört zu einer höheren fremdsprachlichen Kompetenz, die im Fremdsprachenunterricht der interkulturellen Kompetenz zuzuordnen ist. Cf. Urios-Aparis, Wagner (2008: 233 - 234). 590 Wissen wird in einer Gemeinschaft durch Sprache archiviert und durch sie zum Vorschein gebracht. Cf. Haßler (1997: 12) Daraus lässt sich ableiten, dass gewisse Themenbereiche, die von den Untersuchungspersonen benannt wurden, auch nur innerhalb eines Kulturkreises verstanden werden können. Immerhin ist eine Sprache historisch gewachsen Cf. Coseriu (1988: 24) und damit auch ihr Lexikon, was wiederum zur Sprachproduktion benötigt wird. Cf. ebd. (1988: 24 ff.). 151 <?page no="152"?> Bm1991: «La langue roumaine est vraiment très riche en matière d ’ insultes, énormément très [sic. ohne très] riche. Il y a une [sic. un] site sur Internet, une [sic. un] site de l ’ Internet.» Innerhalb der rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppe ist auffällig, dass emotionale Faktoren die Sprachwahl beeinflussen und zur Ablehnung des Gradatums (R+) sowie des Gradatums (R - ) im Lebensalltag führen. Die schlechten Lebensbedingungen in Rumänien und negative Familienerinnerungen begründen diesen Umstand. Während der Vater von Dw1979 als politisch Verfolgter mit seiner Familie erfolgreich einen Fluchtversuch nach Frankreich unternahm, entschied sich Bw1931 im Jahr 1975 aus politischen Gründen, ihre Heimat zu verlassen. Dw1978 591 verhalf die Möglichkeit, ein Stellenangebot in Paris wahrzunehmen, den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten und sich emotional von Rumänien zu distanzieren. Schon die Eltern von Bw1931 bewegten sich in Rumänien in gebildeten Kreisen. Bw1931 gehört der Generation an, die in ihrem Heimatland vor dem Aufkommen des Kommunismus zweimal wöchentlich in den Fächern französische Geschichte, Literatur und Geographie unterrichtet wurde. Somit war die Verwendung des Französischen in der Familie bereits in ihrer Jugendzeit obligatorisch. Bw1931: «Chez moi, j ’ ai parlé le roumain tout le temps, jusqu ’ à 13 ans. Ma mère m ’ a parlé en français, en roumain. J ’ ai toujours répondu en roumain. La première fois que j ’ ai parlé en français, c ’ était tout de suite après la guerre, il y avait des officiers. Ils sont passés par la Roumanie pour retourner en France, ma mère elle les a rencontrés dans la rue. Elle les a fait venir chez nous à la maison. C ’ était la première fois, j ’ ai dû parler en français.» Dadurch erzielte Bw1931 in jungen Jahren eine vergleichsweise hohe französische Sprachkompetenz. Auch wenn Bw1931 in ihrer Kindheit eine Konversation in Französisch ablehnte, verhalf ihr die frankophone Gesinnung der Familie in Frankreich, die sprachliche Assimilierung zu vollziehen. Ihr französisches sprachliches Wissen war zum Einreisezeitpunkt bemerkenswert hoch, so dass in Absprache mit ihrem Lebenspartner die Kinder monolingual Französisch sozialisiert wurden. 592 Bw1931: «De toute façon, quand j ’ ai quitté la Roumanie, quand j ’ ai [sic. je suis] passée de l ’ autre côté dans la partie de l ’ aéroport international, j ’ ai senti, c ’ est une façon, de dire mais ça s ’ est coupé quelque chose en moi [sic. quelque chose s ’ est coupé en moi], la relation avec la Roumanie.» 591 Discher (2013 a: 361) Dw1978 in ebd. (2013 a: 361,364) versehentlich Dw1979 genannt. 592 Discher (2013 a: 362) 152 <?page no="153"?> Bw1931: «Ils ont refusé de parler la langue roumaine. Donc, jusqu ’ à l ’ âge adulte je dirais, ils ont jamais parlé le roumain. [. . .] quand même ils ont commencé à parler parce que tout [sic. de fehlt] même c ’ était [sic. il était] resté quelque chose.» 593 Der Einfluss ihrer Mutter und der äußere Druck, Französisch sprechen zu müssen, schärfte ihr Bewusstsein, so dass Bw1931 die Tradition, Französisch in ihrer Familie zu kommunizieren, fortsetzte. Sie unterbrach bewusst den Prozess des natürlichen Erstspracherwerbs und ließ ihre Töchter monolingual Französisch aufwachsen, um die zu diesem Zeitpunkt geplante Emigration nach Frankreich vorzubereiten. Entgegen der Forschungslage, die besagt, dass ein Sprachwechsel häufig erst in der dritten Generation stattfindet 594 , steht diese Familie exemplarisch für einen in der zweiten Generation erfolgten Sprachwechsel. Bw1931: «Elle parle le français sans accent parce qu ’ elle avait 14 ans quand elle est venue en France. Donc, elle parle le français parce que mon idée c ’ était toujours de partir de Roumanie. Quand elle est née, je me suis forcée de [sic. à] lui parler seulement en français. Donc, sa première langue à la mienne avec elle [sic. ma première langue] oder [sic. sa première langue, et la mienne avec elle] c ’ était le français. Elle avait quatre mois quand je m ’ avais [sic. je me suis] forcée de [sic. à] parler français parce que c ’ était pas quelque chose de normal et puis j ’ ai parlé tout le temps en français jusqu ’ au moment nous sommes arrivées en France. Aucun de mes petits-enfants parle roumain.» Diese Sprecherin sowie andere Untersuchungspersonen verweisen auf das seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehende Interesse in Rumänien an der französischen Sprache. 595 Dies sei dem alten System zu verdanken, welches sich an dem französischen Model orientierte. Bw1931, deren Familie den Sprachwechsel nach der zweiten Generation vollzog, stellt eine Besonderheit in dieser Gemeinschaft dar. Auch die Mutter von Bw1931 versuchte mit ihr bis zum dreizehnten Lebensjahr, in Französisch zu kommunizieren. Bw1931 lehnte dies aber ab und antwortete immer auf Rumänisch. Als nach dem Zweiten Weltkrieg ein französischer Soldat zu Besuch kam, entschied sie ihre Spracheinstellung zu ändern. In ihrem Elternhaus wurde das Bewusstsein über die mit der Diktatur verbundenen Befürchtungen geschärft, so dass in der Pubertät ein gedanklicher Wechsel stattfand. 593 Discher (20013 a: 361). Eine ihrer Töchter lernte Rumänisch als Fremdsprache, die allein mit ihrer Mutter gesprochen wird. Ebd. (2013 a: 362). 594 Cf. Lüdi (1984: 13). 595 Zu den rumänisch-französischen Beziehungen: Cf. Dahmen, Schweickard (1998: 183 ff.). Cf. Craia (2006: 8 ff.). 153 <?page no="154"?> Sie fühlten sich nicht mehr wohl in Rumänien. Auch wenn sie selbst als Kind den französischen Diskurs mit ihrer Mutter ablehnte, trat sie in deren Fußstapfen und sprach auch ihre Kinder in Französisch an. Sicher ist Rumänisch ihre Erstsprache, aber nicht mehr die ihrer Kinder. Die zwanghafte Sprachverordnung im Elternhaus verhalf dieser Frau und ihrer Familie zu einem besseren Leben in Frankreich. Bw1931: «Chez moi, j ’ ai parlé jusqu ’ à 13 ans. Ma mère m ’ a parlé en français et en roumain. J ’ ai toujours répondu en roumain. La première fois que j ’ ai parlé en français c ’ était tout de suite après la guerre (. . .), les officiers, ils sont passés par la Roumanie pour retourner en France. Ma mère elle les a rencontrés. Elle les a fait venir chez nous à la maison. C ’ était la première fois, j ’ ai dû parler français.» Die Großmutter wollte ihr einen französischen Vornamen geben und machte diesen auch zu ihrem Rufnamen. Diese Art, ihr Leben französisieren zu wollen, lehnte sie vorerst ab, jedoch übertrug sie ihre frankophile Gesinnung auf ihre Nachkommen. Bw1931: «Je suppose que ma grand-mère paternelle m ’ a influencée un petit peu.» Diese Familie war sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts über die Wichtigkeit der französischen Sprache bewusst. Die freiheitliche französische Gesellschaftsform verhalf auch der französischen Sprache zu einem hohen Prestige in Rumänien. 596 Gleicherweise kam Dw1979 schon in früher Kindheit in Rumänien in Kontakt mit der französischen Sprache. Dies liegt darin begründet, dass sie oft in den Karpaten bei ihrer Großmutter zu Besuch war. Die Begegnungen mit französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern in jungen Jahren und die Möglichkeit, Konversationen mit ihrer frankophilen Großmutter zu führen, verstärkten den Bezug zum Französischen. Sowohl die Lebensumstände, die zur Flucht der Familie nach Frankreich beitrugen, als auch die damit verbundenen emotional belastenden Erinnerungen, haben den französischsprachigen Entwicklungsprozess von Dw1979 positiv beeinflusst. 597 Demzufolge bestätigt sie, dass eine fließende Kommunikation in Französisch mit ihrer Mutter nicht möglich sei. Die Unterhaltung mit ihrem Vater wurde nach der Ankunft von Dw1979 in Paris auf Französisch geführt. Die Kompetenz dazu resultiert daraus, dass bereits im väterlichen Elternhaus die französische Sprache gepflegt wurde. Schon die Mutter des Vaters bewegte sich in Rumänien in gebildeten Kreisen und führte ihren Sohn im Alter von acht Jahren an die französische Sprache heran. 596 Zur Sprache der liberté: Cf. Dahmen, Schweickard (1998: 183). 597 Discher (2013 a: 362). 154 <?page no="155"?> Somit trug die Großmutter der Sprecherin Dw1979 maßgeblich zur schnelleren sprachlichen Integration ihres Sohnes in Frankreich bei. Der Vater entschied sich bereits vier Jahre vor seiner Familie nach Frankreich zu emigrieren, um sie im Jahre 1984 nachzuholen. Aufgrund dessen konnte vermutlich durch den Vater bereits eine sprachliche Anpassung an die französische Regionalsprache erfolgen, was anschließend auch für Dw1979 förderlich war. Dw1979: «Et à mon père je parle en français. Alors, mes parents et une partie de ma famille parlent le français chez eux. Mes grands-parents. En fait, ma grand-mère venait d ’ une famille noble et chez eux ils parlaient français. Donc, mon père il parlait déjà français quand il était petit, quoi. C ’ est ma grand-mère qui lui a appris. Mais en même temps, [sic. dans fehlt] le système communiste, la première langue c ’ était le russe et ensuite c ’ était le français.» Ihren Aussagen folgend, stellte der Kulturwechsel für die Mutter einen zu enormen psychischen Belastungsfaktor dar. Der seelische Schock der Mutter führte nach Ankunft in Paris dazu, dass diese für zwei Jahre Französisch nicht aktiv sprechen konnte. 598 Dw1979: «Parce que, je te dis, elle a fait [sic. eu] un choc quand elle est venue en France, par rapport au régime et tout ça. Tu vois, le système dans lequel on a vécu, et puis de se retrouver là. [sic. Il n ’ fehlt] Y avait rien à manger et ici il y a des supermarchés, t ’ as de la bouffe partout et tu te dis: „ c ’ est injuste “ , quand tu sais que de l ’ autre côté, [sic. il n ’ fehlt] y a rien et que tu peux pas donner à manger à tes enfants. Donc, je pense qu ’ elle a eu un choc émotionnel fort quand elle est arrivée et puis c ’ était lié à la langue et du coup elle ne pouvait pas parler français pendant deux ans.» Dies hat zur Folge, dass Dw1979 heute die rumänische Sprache überwiegend mit ihrer Mutter verwendet. Dw1979: «Avec ma mère, je parle qu ’ en roumain parce que le roumain j ’ ai associé ça à la langue de ma mère. On parlait quand même en roumain parce que ma mère était tellement choquée de tout ce qui nous est arrivé, du régime duquel on est partis qu ’ elle n ’ arrivait pas à parler en français, même si elle connaissait le français. Elle ne pouvait pas parler en français pendant deux ans.» 599 Selbst nach einem 21jährigen Aufenthalt in Frankreich zieht die Mutter es vor, in rumänischer Sprache zu kommunizieren. Ihre Französischkenntnisse sind nach Aussagen von Dw1979 nicht ausreichend. Dies liege an den mangelnden Kontakten zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. 598 Discher (2013 a: 363). 599 Discher (2013 a: 363). 155 <?page no="156"?> Muttersprachlern und den damit fehlenden Möglichkeiten, sich in der französischen Sprache zu artikulieren. Dw1979 hat den bisher größten Teil ihres Lebens in Frankreich verbracht und sieht keine Notwendigkeit darin, in ein Land zurückzukehren, welches ihren Eltern einst aus politischen Motiven die Lebensgrundlage entzog. Es ist davon auszugehen, dass nach dem Ableben ihrer Mutter eine vollständige sprachliche Assimilierung stattfinden wird. Immerhin verwendet Dw1979 die rumänische Sprache faktisch nur noch im Berufsleben wie eine Fremdsprache. 600 Selbst mit ihren Kolleginnen bzw. Kollegen, die Rumänisch beherrschen, wird Französisch gesprochen. Zudem fällt es Dw1979 schwer, ad hoc französische Wendungen ins Rumänische zu übersetzen. Besonders im Umgang mit ihrer rumänischen Familie sei es sehr häufig so, dass ihr Termini des täglichen Lebens fehlen und sie sofern dies möglich ist, zur Lückenfüllung in die französische Sprache wechselt, um den weiteren Gedankeninhalt des in rumänischer Sprache begonnenen Gespräches, zum Abschluss zu bringen. Dw1979: «Oui, regarde, même là, ça m ’ arrive. Je sais pas, là, j ’ arrive pas à me souvenir comment on traduit. Tu vois, là, j ’ arrive pas, j ’ ai un blanc.» Dw1979 reduziert die Verwendung des Rumänischen auf das Notwendigste und lehnt es während des Interviews ab, diese Sprache zu sprechen. Aufgrund ihrer in diesem Zusammenhang getätigten Aussagen liegt es nahe, dass sie entweder nur über ein geringes sprachliches Wissen im Rumänischen verfügt und sie es daher bevorzugt, in Französisch zu sprechen oder mit Unbekannten diese Sprache nicht verwenden möchte. Dass zukünftig ein vollständiger Sprachwechsel stattfinden wird, lässt sich auch anhand der Sprachverwendung in ihrer Partnerschaft belegen. Die Konversationen in dieser Beziehung finden ausschließlich in französischer Sprache statt. Gemäß den Aussagen der Sprecherin wird die rumänische Sprache nicht an die Kinder weitergegeben, sondern vielmehr darauf geachtet, dass die deutsche Sprache als Zweitsprache des Ehemannes und die französische Sprache verwendet werden. Die regelmäßige Kontaktaufnahme zu den Familienmitgliedern ihres Ehepartners sowie das soziokulturelle Umfeld der Sprecherin, welches größtenteils aus französischen Muttersprachlern besteht, verhindern eine Verwendung des Rumänischen, so dass ihre „ Muttersprache “ faktisch nur noch als Fremdsprache angewendet wird. Dw1978 berichtet von traumatischen Kindheitserlebnissen, die ihre ablehnende Haltung gegenüber der rumänischen Sprachverwendung begründet. Der Tod der Mutter trieb die Entscheidung, Rumänien zu 600 Discher (2013 a: 363). 156 <?page no="157"?> verlassen, maßgeblich voran. 601 Diese äußeren Umstände ließen Dw1978 nicht nur nach Frankreich immigrieren, sondern auch emotional eine Distanz zur Verwendung ihrer Muttersprache aufbauen. Dw1978: «C ’ était ma mère qui parlait le français. Je crois que son niveau était assez modeste.» Dw1978 ist für eine rumänische Kulturorganisation tätig. Dort übersetzt sie französische Artikel in die rumänische Sprache, was für ihre hohe Sprachkompetenz spricht. Die rumänische Sprache verwendet sie lediglich im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, um Rumäninnen bzw. Rumänen im Allgemeinen beziehungsweise rumänischen Kulturschaffenden im Großraum Paris zu unterstützen. Eine darüber hinausgehende Kommunikation in Rumänisch, beispielsweise mit ihrer Familie in Rumänien, findet nicht statt, da kein Kontakt zu dieser besteht. Gelegentlich kommuniziert sie jedoch mit ihrem Bruder. Dw1978: «Je parle français avec la plupart des contacts professionnels. C ’ est une bonne [sic. un bon] exercice. J ’ ai des amis français à [sic. avec] qui, normalement, je parle le français. C ’ est normal qu ’ on parle en français. J ’ utilise le français tous les jours.» Selbst wenn sie von rumänischen Kolleginnen bzw. Kollegen begleitet wird, würde sie es unhöflich gegenüber ihren französischen Freundinnen bzw. Freunden empfinden, auf Rumänisch zu sprechen. An mancher Stelle gibt sie an, bei der Sprachverwendung keine Präferenzen zu haben, jedoch ergibt die Gesamtbetrachtung des Sprachmaterials, dass Französisch, im Gegegensatz zu Rumänisch, eine hohe kommunikative Wertigkeit für sie einnimmt. Frankreich ist für Dw1978 ein Zufluchtsort. All das, was sie an Rumänien erinnert, versucht sie in Paris auszublenden. So liegt es nahe, sich bei der Verwendung des Französischen von Rumänien und den damit verbundenen Erinnerungen zu distanzieren. Ihre Argumentation stützt sie auf einen rumänischen Philosophen namens Emil Cioran, der ebenfalls beschloss, seine Heimat zu verlassen, um in Frankreich ein neues Leben aufzubauen. Dieser entschied sich gemäß Dw1978 gegen die Verwendung der rumänischen Sprache, um sich von der rumänischen Kultur loszusagen und sich in die neue Heimat einfacher einzufinden. Tragischerweise vergaß Cioran aufgrund einer Demenzerkrankung die französische Sprache und konnte nur noch rumänische Wörter wiedergeben. 602 601 Discher (2013: 363). 602 Ausführlich zum Leben des Cioran: Cf. Zarifopol-Johnston (2009). 157 <?page no="158"?> Dw1978: «Vous savez [sic. connaissez] Cioran le philosophe roumain qui a vécu en France? Il a [sic. avait] ce problème. Il a renié presque sa culture roumaine pour accéder à la culture française, pour s ’ intégrer totalement dans la culture française. Il est mort en oubliant le français. Il avait le [sic. ohne le] Alzheimer. C ’ est un peu comme une malédiction.» Dw1978: «En français maintenant parce que quand [sic. comme] je vous disais, j ’ ai essayé cette blessure de communication en roumain. Assez souvent je pense que c ’ est une étape transitoire, ça va parfait [sic. parfaitement] mais pour l ’ instant, quand je parle en français cela me donne mon état mental. Avec les humains, en roumain c ’ est le dialogue à cause de supporter les humains.» 603 Die Veranschaulichung der Sprachverwendung in der Pragmatik der Variation belegt, dass negative Lebenserfahrungen sowie traumatische Erinnerungen an die Jugendzeit eine ablehnende Haltung gegenüber der Muttersprache hervorrufen und sowohl den sprachlichen als auch den kulturellen Integrationsprozess in der Empfängerinnenbzw. Empfängergesellschaft positiv vorantreiben können. Rumänisch wird von Bw1931 und Dw1979 sowie Dw1978 nicht mehr regelmäßig verwendet, sondern nur noch dann, wenn es im Sinne einer Fremdsprache erforderlich wird oder alte Vertraute aus der Vergangenheit zusammentreffen. Interessant und den Untersuchungspersonen gemein ist, dass die frankophone Gesinnung der Familien in Rumänien und der frühe Kontakt zum Französischen sich positiv auf die sprachliche Entwicklung auswirkten. Die potenziell integrierten Rumäninnen bzw. Rumänen arbeiten stets an der Weiterentwicklung ihrer französischen Sprachkompetenz. 5.3 Pragmatische Techniken Um Gespräche in Französisch zu bewerkstelligen, verwenden die Untersuchungspersonen pragmatische Techniken oder Strategien. Auf diese sind sie angewiesen, um sich in Französisch unterhalten zu können. Die in der Auswertung des Sprachmaterials vordergründig zur Anwendung gekommene pragmatische Technik ist die Übersetzungstechnik, die von den Untersuchungspersonen beschrieben wird. Die kurzen Ausschnitte zum code-switching werden vorgestellt, um zu belegen, dass auch unter rumänischen Migrantinnen und Migranten während des Gespräches von der französischen in die rumänische Sprache gewechselt wird. Das Memorieren ist eine individuelle von den in Frank- 603 Discher (2013 a: 364). 158 <?page no="159"?> reich sozialisierten jüngeren Untersuchungspersonen im Schulalltag angewendete Strategie. 604 5.3.1 Übersetzungstechnik Die Analyse in der Kompetenz der Variation zeigt, dass nicht nur neuankommende, geringer qualifizierte Arbeitskräfte durch eine mangelnde Sprachkompetenz auffallen. Normabweichungen lassen sich sowohl im Gradatum (F+) und im Gradatum (F - ) als auch im Gradatum (R - ) nachweisen. Diese sind vor allem auf den ungesteuerten Zweitspracherwerb zurückzuführen, so dass die Übernahme fehlerhafter Strukturen der Kommunikationspartnerinnen bzw. -partner unausweichlich bleibt. Charakteristisch für die Übersetzungstechnik ist die Integration von Strukturen der Ausgangssprache ins Französische, wobei auch Interferenzen in der Lexik, in der Morphologie und in der Syntax vorkommen. 605 Während des Übersetzungsprozesses transferieren die Französisch lernenden Rumäninnen bzw. Rumänen prosodische Merkmale ihrer Muttersprache in die Zielsprache, so dass dies als bedeutendes Wiedererkennungsmerkmal wahrgenommen werden kann. 606 Bw1965: «Moi, j ’ ai rencontré des Roumains qui sont ici depuis des années. Je trouve qu ’ ils ont toujours gardé leur accent roumain dans la façon de parler la langue française “ . Ça se voit tout de suite un Roumain qui est venu à partir de vingt ans. Il perd jamais son accent, par contre, quelqu ’ un qui vient à douze ans, depuis tout petit, il s ’ adapte très vite à la langue française. Il parle roumain avec l ’ accent français.» Anders verhält es sich bei denjenigen, die in Frankreich sozialisiert wurden und sich überwiegend in einem französischsprachigen Umfeld bewegen. Im rumänischen Diskurs dieser Sprecherinnen bzw. Sprecher können 604 Beim Erwerb von Fremdsprachen, unabhängig davon, ob er gesteuert oder ungesteuert erfolgt, werden Strategien verwendet. Bei den kompensatorischen Strategien Ender (2007: 31) werden Inhalte nicht nur durch die Kenntniss der Lexik erschlossen, sondern auch durch das eigene „ Weltwissen “ . ebd. (2007: 31) Eine ausführliche Diskussion zur Abgrenzung der Begriffe Lernerstrategie und Technik in: Cf. Ender (2007: 18 - 20). 605 Zu den pragmatischen Techniken. Cf. Stehl (2012: 112 - 113). „ Ein technisches Prototypenwissen über die phonetisch/ phonologischen Entsprechungen der grammatischen Strukturen und lexikalischen Einheiten der Ausgangssprache in der Zielsprache ist die meist rasch erworbene Voraussetzung für ‘ übersetzende Redetätigkeit ’ in der Zweitsprache. “ Stehl (2012: 113). 606 Zur Analyse ausgewählter Sprachstrukturen, die sich durch die Übersetzungstechnik nachweisen lassen: Cf. Kapitel ” Linguistik der Variation “ 159 <?page no="160"?> ebenfalls prosodische Merkmale des Französischen nachgewiesen werden. 607 Die metasprachlichen Bewertungen, aber auch die Qualität der Zitate der Befragten belegen, dass insbesondere die Untersuchungspersonen Strukturen der Muttersprache ins Französische „ übersetzen “ 608 , deren sprachliches Wissen im Französischen gering ist und mit der Verwendung des Gradatums (F - ) Alltagsgespräche bewältigen. Sie wissen, dass sie bei den Zusammentreffen mit rumänischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler rumänische Strukturen ins Französische übertragen, wie Cw1952 bestätigt. Cw1952: «Je mélange les deux langues.» Die Gruppe C ist regelmäßig im Umfeld rumänischer Institutionen und trifft dort auf neuimmigrierte, aus Rumänien stammende Menschen. Eine Kommunikation mit diesen Personen sei erst nach einer Eingewöhnungsphase möglich, was auf die kurze Aufenthaltsdauer und dem mangelnden Sprachwissen zurückgeführt wird. Selbst wenn ein Gespräch mit Cw1952, Bw1952 und Cm1972 möglich ist, zeichnet sich deren französischer Diskurs durch einfache französische Strukturen aus, die stellenweise einer Übersetzung aus dem Rumänischen ins Französische gleichen. Cw1952: «Il faut rester avec lui quelques heures pour comprendre la langue française.» 609 Bw1965 und Dm1978 bemerken die Verwendung der Übersetzungstechnik nicht nur bei ihren Landsleuten, sondern stellen deren Verwendung auch bei anderen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen fest und sehen darin die Ursache für die Entstehung fehlerhafter Sprachstrukturen. 610 Dw1978: «Oui j ’ ai entendu les Roumains qui vivent par exemple à Paris qui parlent mal les deux langues. Qui parlent mal même les personnes qui ont des prétentions. [. . .]Je trouve quand même [sic. que fehlt] ce n ’ est pas suffisant d ’ avoir un parcours d ’ une certaine envergure intellectuelle. En tout cas, en terme de façade [sic. d ’ image] des gens ce n ’ est pas suffisant, il peut [sic. faut] être rigoureux n ’ importe [sic. peu importe] qui on est. N ’ importe [sic. Peu importe] où on est née.» Eine fehlerhafte Sprachverwendung könne gemäß der Untersuchungspersonen auch auf ein mangelndes Bildungsniveau oder an fehlendem Interesse, die Sprache zu erlernen, zurückzuführen sein. 607 Zur Analyse der Prosodie im Gradatum (R - ): Cf. Kapitel Linguistik der Variation. 608 Zur Übersetzungstechnik: Cf. Stehl (2012: 113). 609 Anhand dieses Zitates lässt sich aus Sicht von Cw1952 Stehls Annahme über den zügigen Erwerb des „ technischen Prototypenwissens “ Stehl (2012: 113) bestätigen. 610 Beispielzitat S. 92 in dieser Arbeit. 160 <?page no="161"?> Dm1978: «[. . .]Comme c ’ est un pays qui s ’ est énormément transformé c ’ est ce culte de la langue et de l ’ exactitude c ’ est quelque chose d ’ une civilisation opposée, ils tendent [sic. à fehlt] penser que c ’ est secondaire. Généralement quelqu ’ un qui ne parle pas bien sa langue ne pourra pas bien parler une langue étrangère.» Vielmehr ist der fehlende gesteuerte Zweitspracherwerb ursächlich für eine mangelhafte französische Sprachkompetenz bei den Untersuchungspersonen. 611 Zwar äußern die Befragten, dass ihnen subjektiv die lexikalische Verwandtschaft zwischen rumänischen und französischen Wörtern im individuellen Verstehensprozess hilfreich erscheint, jedoch ist festzustellen, dass in der aktiven Sprachverwendung die Orientierung an der rumänischen Muttersprache bei den französischen Empfängerinnen bzw. Empfängern eher zu Unverständnis führt. 612 Bw1965: «Ce sont des mots qui se ressemblent (. . .). On sait bien, parfois on a les mots l ’ origine latine.» Verstärkt tritt dies in Erscheinung, wenn syntaktische Übersetzungen aus dem Rumänischen ins Französische erfolgen. 613 Dadurch kommt es zu einer Herausbildung und einer Neuschöpfung von französischem Wortmaterial und Wortstrukturen, die sich in allen Generationen der rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen nachweisen lassen und im Kapitel der Linguistik der Variation analysiert werden. 614 611 Im ungesteuerten Zweitspracherwerb greifen die Untersuchungspersonen allein auf die Sprachkompetenz ihrer Mitmenschen zurück, die Französisch häufig ohne professionelle Unterstützung erlernt haben. Aus diesem Grund kann die Übernahme von Fehlern bzw. Normabweichungen in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft als fortwährender Prozess bezeichnet werden. Auch wenn „ das Hörverstehen eine der schwierigsten Kompetenzen “ Heimann-Bernoussi (2011: 116) darstellt, gelingt es den betroffenen Untersuchungspersonen, sich in Französisch zu verständigen. 612 Die Annahme, dass die Kenntniss des Lateinischen beim Erlernen einer romanischen Sprache unterstützend ist, gilt nur bedingt. Klein (2004: 28). Cf. Kapitel Linguistik der Variation. 613 Selbst die Eltern von Bw1978 bemerken bei den Treffen mit ihrer Tochter Unterschiede in der Lexik sowohl im Rumänischen als auch im Französischen. (S. 146 in dieser Arbeit). Wenn die Untersuchungspersonen, die ungesteuert Französisch erlernen, allein die romanische Sprachverwandtschaft als Strategie oder Erleichterung des französischen Spracherwerbs ansehen, werden zukünftig Fehlerquellen nicht vermieden werden können. (S. 148 in dieser Arbeit). 614 „ In Anwendung dieser Feststellungen auf die vertikalen Sprachkontakte ist festzuhalten, dass das Gradatum oszilliert. Aus der Natur der individuellen Übersetzungstechniken von der Erstin die Zweitsprache [Im Original steht die Fußnote 510] ergibt sich, dass das materiell erreichte Gradatum der einzelnen Sprecher je nach dem 161 <?page no="162"?> 5.3.2 Code-Switching Die Auswertung der nachfolgend aufgeführten Gesprächssituation belegt, inwieweit die Untersuchungspersonen sowohl während des Gruppeninterviews mit dem Vater und seinen Töchtern als auch mit Cw1952 Gesprächsinhalte in einfachen Sätzen entweder in Französisch oder in Rumänisch zusammenfassen. Das code-switching wird von den Untersuchungspersonen angewendet, deren sprachliches Wissen nicht ausreichend ist, um das Interview zu bewältigen. Dabei wirkten sie häufig angestrengt, weil sie an die Grenzen ihrer französischen Sprachkompetenz gelangten, sich dessen bewusst waren und das Gespräch ohne Unterstützung fortführen wollten. Der Prozess des code-switiching erfolgte bei Familie C in mehreren Schritten. Zu Beginn übersetzte Cw2003 ihrem Vater den Inhalt der zuvor gestellten Frage aus dem Questionnaire Quel nom donneriez-vous à un français (bien/ mal parlé) un roumain (bien/ mal) parlé? Et qui d ’ après vous le parle? laut und in einfacheren Sätzen in Rumänisch. In dieser Zeit hielt sich der Interviewer mit Hilfestellungen zurück, weil diese nicht angemessen erschienen. Cw2003 zu Cm1972: «Putem s ă s , tiem un om care nu vorbes , te bine româna/ franzes ă .» Antwort Cm1972 antwortet «Il y a beaucoup, bine româna? Am în ţ eleg bine. Cw1979 il parle pas bien. C ’ est un collègue qui travaille avec moi.» Cw2005: «Te intrebat dac ă cres , c ă important c ă vorbes , te mai multe limbe.» Antwort Cm1972: «J ’ ai compris, oui, bine sûr, je peux pas vivre, si je parle pas la langue. [. . .] c ’ est difficile en France, les Français sont juste pour la langue française.» Es ist erstaunlich, inwieweit das französische Sprachwissen von Cw2003 trotz der kurzen Aufenthaltsdauer in Frankreich ausgeprägt ist, auch wenn diese Passagen nur einen kleinen Einblick zum code-switching in der untersuchten Gemeinschaft geben konnten. Während des Interviews wurde ersichtlich, dass die Töchter eine sprachliche Mittlerposition in der Kommunikation zwischen dem Vater und dem Fragesteller einnahmen, indem sie für ihren Vater vom Französischen in das Rumänische übersetzten. Dies schien dem Vater unangenehm zu sein, wie sich aus der Situation ableiten ließ. Stand des erreichten technischen Wissens in der Zweitsprache - von Sprecher zu Sprecher in unterschiedlichen Individualnormen(Interferenztechniken) mit unterschiedlichen Ausprägungen von Interferenz der Erstsprache stabilisiert wird. “ Stehl (2012: 127). 162 <?page no="163"?> Das code-switching wurde auch bei Cw1952 nachgewiesen, die regelmäßig Schwierigkeiten hatte, die an sie gerichteten Fragen zu verstehen, obwohl sie mehr als ein Jahrzehnt in Frankreich lebt. Cw1952 übersetzte und paraphrasierte sich die Fragestellung Croyez-vous que le roumain soit particulièrement approprié pour parler de sujets déterminés ou pour parler dans des situations précises? zunächst ins Rumänische. Cw1952: «Donc, deci, cred româna este particular apropriat ă pour parler des sujets déterminants? » Dabei sprach sie sich den Satz mit leiser Stimmlage vor, um die Mitteilung des „ Interviewers “ , besser zu verarbeiten. 615 Nachdem die Übersetzung ins Rumänische zum teilweisen Verstehen der Fragestellung führte, wurden diese und eine ähnliche Fragestellung zur Erleichterung für Cw1952 vom Interviewer in Rumänisch wiederholt. Interviewer: Considera ţ i c ă este important pentru dumneavoastr ă s ă vorbi ţ i limba român ă ? A ţ i fi mai sup ă rat dac ă ar disp ă rea limba francez ă sau limba român ă ? Ihre Antworten: Cw1952: «C ’ est une langue aussi, elle [sic. est fehlt] très bien, vreau ca limba, ah, je veux que la langue roumaine, [. . .] bien sûr - on parle toujours la langue roumaine, c ’ est normal, c ’ est belle [sic. beau, une belle langue].» Cw1952: «Dans quelle „ situat , ie în ce siuat , ie “ de s ă quand je parle avec mes copina [sic. copines].» Cw1952: «Je parle avec mon frère, j ’ ai des neveux, j ’ ai des copina [sic. copines], je parle toujours en roumain.» Auch in Erzählsituationen ist es vorgekommen, dass Cw1952 code-switching begang, jedoch unmittelbar ins Französische wechselte, als ihr dieser Umstand bewusst wurde. Die Transkriptionsausschnitte zum code-switching belegen, dass diese Strategie nicht nur von Untersuchungspersonen mit unzureichendem Sprachwissen in Französisch verwendet wird. Cw2003 versteht die komplexen Inhalte der französischen Fragestellungen und übersetzt diese ihrem Vater in die rumänische Sprache. 5.3.3 Memorieren Hierbei handelt es sich um eine Kommunikationsstrategie in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft, die subjektiv von den 615 Die Faktoren, die code-switching auslösen, sind vielfältig. Cf. Stehl (2012: 196 - 199). In der vorliegenden Arbeit wechseln die Untersuchungspersonen bewusst ins Rumänische entweder um das Gespräch zu bewältigen, die Familie sprachlich zu unterstützen oder wie Bm1931 aus Freude, sich in Rumänisch zu unterhalten. 163 <?page no="164"?> Untersuchungspersonen beschrieben wurde und sich auf die Wiedergabe von Wissen in Französisch und auf das Erlernen der französischen Sprache bezieht. Diese Strategie wurde von Untersuchungspersonen verwendet, die einem Wechsel in das französische Schulsystem ausgesetzt waren. Aw1991, Bm1991 und Dw1979 waren nach erfolgter Immigration in der Schule mit einer Sprache konfrontiert, in der sie kaum sprachliches Wissen aufwiesen. Aus diesem Grund entschied sich Dw1979, die im Unterricht behandelten Inhalte auswendig zu lernen, um mit den Leistungen ihrer Mitschüler konkurrieren zu können. Dw1979: «J ’ ai appris les leçons par c œ ur, même si je ne comprenais rien à ce que je racontais. J ’ avais de bonnes notes, mais je comprenais rien et à la fin de l ’ année, les profs ils comprenaient pas “ . Ils ne comprenaient pas dans le sens, tu vois, où on a pas eu une personne qui nous a appris la langue. J ’ ai dû apprendre toute seule.» Die unmittelbare Konfrontation der Sprecherin Dw1979 mit dem Französischen war mit enormen Schwierigkeiten verbunden. In Rumänien sei sie eine gute Schülerin gewesen und wollte ihre Leistungen beibehalten, was aufgrund ihrer mangelnden Ausdrucksmöglichkeiten in der Zielsprache nicht möglich war. Durch das Auswendiglernen erhielt sie zwar gute Noten, jedoch fehlten ihr die inhaltlichen Bezüge, worauf sie von den Lehrkräften am Ende des Schuljahres hingewiesen wurde. Das auswendig erworbene Wissen war nur für eine bestimmte Zeit abrufbar, so dass die Verknüpfung mit bekannten Inhalten fehlte. 616 Das Memorieren zielte nicht auf den Erwerb des grammatischen Regelwerks ab, sondern auf den Erwerb des französischen Wortschatzes. 617 Auch 616 Wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen, „ haben sie eine stärkere und eine schwächere Sprache “ . Heimann-Bernoussi (2011: 116). Wenn eine Sprache allein über das Hörverstehen erlernt wird, müssen die in der Umgebung lebenden Menschen ausgeprägtes Sprachwissen aufweisen cf. ebd. (2011: 116), was bei Dw1979 nach ihren Aussagen lediglich bei ihrem Vater und teilweise den Großeltern zutreffend war. Die zwanghafte Konfrontation mit dem Französischen führte bei diesen Untersuchungspersonen relativ schnell zum Erlernen der französischen Sprachstruktur, weil das schulische Umfeld französischsprachig war und die Beschulung in Frankreich ganztags erfolgt. Selbst wenn im Elternhaus nach der Einreise in Frankreich mit der Mutter Rumänisch gesprochen wurde, verhalf der Schulbesuch zum Ausbau der französischen Sprachkompetenz. 617 „ Lernstrategien für den Wortschatzerwerb “ [Original: fettdruck] Ender (2007: 37) können auf unterschiedlichen Wegen zur Anwendung kommen. Ausgewählte Strategien sind beispielsweise: Schmitt (1997: 207 f.) zit. n. Ender (2007: 38 - 39): „ Analysieren von Satzteilen und ihren Verbindungen “ , „ Analysieren von Affixen und Wurzeln “ , „ Suchen nach L1-Kognaten “ ) Kellermann (1986) zit. n. Ender (2007: 39), „ Analysieren von vorhandenen Bildern und Gesten “ , „ Raten aus dem Kontext “ , „ Verwenden eines bilingulaen Wörterbuchs “ , „ Verwenden eines monolingualen 164 <?page no="165"?> wenn das Memorieren als unangenehm beschrieben wird, verhalf es dieser Generation unterstützend zu den schulischen Maßnahmen zum Ausbau einer hohen französischen Sprachkompetenz. In Forschungsberichten aus den letzten Jahrzehnten geht hervor, dass Migrantinnenbzw. Migrantenkinder in der Vergangenheit deutliche Nachteile gegenüber Einheimischen hatten. 618 Der Altersunterschied zwischen Aw1991, Bm1991, Cw2005, Cw2003 und Dw1979 und die daraus abgeleiteten Ergebnisse belegen, dass der Erwerb der französischen Sprache von der Regierung auf unterschiedlichstem Weg unterstützt wurde. Dennoch wurde die französische Sprachverwendung maßgeblich vorangetrieben. Dw1979 erlernte Französisch durch Konversationen mit gleichaltrigen Kindern. Es darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass die Standfestigkeit ihrer Lehrkraft zu einer sprachlichen Korrektur beitrug. Möglicherweise empfand sie diese Korrektur zu jenem Zeitpunkt eher als Kritik oder gar als Demütigung und ordnet sie somit nicht als Unterstützung ein. Die unmittelbare Konfrontation mit dem Französischen verhalf ihr jedoch zu einer hohen französischen Sprachkompetenz. Dw1979: «En Roumanie, on dit „ errrrrrrer “ . J ’ avais une prof, à l ’ école, elle ne supportait pas que j ’ ai un accent, que je roule les „ r “ . Elle ne supportait pas ça, donc, à chaque fois, elle me sortait devant le tableau pour que . . . pour, tu vois, me donner les mots difficiles avec les „ r “ pour que je prononce bien, en fait.» Dw1979: «On devait apprendre la langue sur le tas. Le système d ’ éducation était vraiment très très fort [sic. strict], l ’ accent a été mis sur l ’ apprentissage, et il fallait pas que tu aies de mauvaises notes, et il faut [sic. fallait] que tu aies 10, 10, 10, 10 sur 10 et franchement, les gens qui ont redoublé, c ’ étaient vraiment des gens qui étaient considérés comme bêtes, tu vois? » Dw1979: «Tu étais mis là et puis voilà tu devais parler français, quand tu ne parlais pas français, on te mettait dans un coin à l ’ école toute l ’ année. C ’ était en 1987. Ils n ’ ont pas pris nos envies en considération. À l ’ école, personne ne prenait en compte le fait qu ’ on devait apprendre la langue sur le tas. Il n ’ y avait pas une [sic. de] prise en charge. J ’ étais pas contente d ’ être ici car on était forcés à partir. Ce n ’ était pas mon choix. Forcément, j ’ étais pas contente d ’ être là. Ils s ’ en foutaient. Tout le monde s ’ en foutait. On était là avec tous les gens qui étaient aussi immigrés.» Wörterbuchs “ . Ender (2007: 38 - 39). Der Spracherwerbsprozess wird besonders durch das Erkennen von Gemeinsamkeiten in der Erst- und Zielsprache unterstützt. Cf. Ender (2007: 39 - 40) Das Memorieren der Unterrichtseinheiten von Dw1979 geht weit über das bekannte Vokabellernen hinaus. Selbst wenn ihr die auswendig gelernten Inhalte am Ende des Schuljahres nicht mehr bewusst waren, hat sie erfolgreich den Schulabschluss erreicht und eine nahezu muttersprachliche Französischkompetenz aufbauen können. 618 Cf. Hierzu: Cf. Nieser (1980: 140 ff.). 165 <?page no="166"?> Demgegenüber stehen die Sprecherinnen Aw1991, Cw2005, Cw2003 und der Sprecher Bm1991, deren Schuleintritt mehr als ein Jahrzehnt später erfolgte. Sie berichten von deutlich positiveren Erfahrungen in der Schule. Bw1991 bemängelt lediglich die Qualität des französischen Sprachkurses für Kinder in Rumänien, den er vor seiner Immigration nach Frankreich besuchte. Bm1991: «Juste avant de venir en France, j ’ ai fait une petite année un cours de français. Quand je suis arrivé en France, ça m ’ a servi quasiment à rien. Je ne comprenais toujours rien. Je ne pouvais rien formuler comme phrase. Le cours m ’ a vraiment pas servi, quand je suis arrivé à Paris, c ’ était pas du tout la même chose.» Erst durch die Unterstützung in Paris und durch den regen Kontakt zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern baute Bw1991 nach relativ kurzer Zeit seine französische Sprachkompetenz aus. Im Jahr 2011 absolvierte er in einer Pariser Bildungseinrichtung erfolgreich ein bac littéraire. Aw1991 wurde im Gegensatz zu Bm1991 und Dw1979 in Frankreich geboren, so dass der Besuch in der école maternelle ihren sprachlichen Entwicklungsprozess positiv beeinflusste. Obwohl die Sprachverwendung in ihrer Familie ausschließlich in Rumänisch stattfindet, berichtet sie, ihren französischen Wortschatz durch das Schauen französischer Sendungen erweitert zu haben. Aw1991: «Et à la maternelle, quand je suis rentrée la première fois à la maternelle, je parlais pas français, je parlais que roumain, mais je regardais la télé en français chez moi quand j ’ étais petite. 619 J ’ avais trois ans et après un mois de maternelle, j ’ ai commencé à parler français et je faisais en fait la distinction.» «J ’ ai été socialisée à l ’ école par la culture française.» «Je parlais français à l ’ école et chez moi, à la maison, je parlais roumain. C ’ est resté comme ça. Comme de toute manière à la maison, je parle tout le temps roumain avec mes parents et à l ’ école bien-sûr en français et avec mes parents, c ’ est que du roumain. Sauf quand je parle de l ’ école, qu ’ est ce qui m ’ est arrivée [sic. ce qui m ’ est arrivée] à l ’ école ou quand j ’ ai appris un truc 619 Das Zitat verdeutlicht, dass Aw1991 über den Prozess des Hörverstehens allmählich ihren französischen Wortschatz erweiterte. Um Lexeme einordnen zu können, müssen verschiedene Merkmale erkannt werden, die Heimann-Bernoussi wie folgt aufgegliedert hat: „ semantische Repräsentation “ , „ lexikalische Kategorie “ , „ innere Struktur “ , „ morphosyntaktische Eigenschaften “ , „ phonetisch-phonologische Form “ ebd. (2011: 112). [in Fußnote 339 der Autorin der Verweis: z. T. übernommen von Meibauer/ Rothweiler 1999 S. 111]. 166 <?page no="167"?> à l ’ école, je raconte ça en français parce que c ’ est dur pour moi de traduire ce que j ’ ai fait à l ’ école en roumain.» Die Aufnahme sprachlicher Wendungen aus den Fernsehserien förderte sicherlich Aw1991, ihren französischen Wortschatz aufzubessern. Die Kommunikation mit ihren Eltern verlief wie bereits dargestellt hauptsächlich in Rumänisch, so dass die schulische Sozialisation einen maßgeblichen Einfluss auf ihre sprachliche Entwicklung hatte. Aw1991: «Oui, ça m ’ est arrivée, mais ça m ’ arrive rarement. Je veux exprimer quelque chose en français et [sic. il fehlt] y a le mot roumain qui vient. [sic. Il fehlt] Y a un mot roumain qui existe pour ça et en français, non, il n ’ existe pas. Mais après, bon, j ’ esquive, soit je change la forme de ma phrase soit je reformule ma phrase soit je passe je dis „ oh pardon “ et puis voilà. Mais oui, mais c ’ est rare parce que je pense pas en roumain, je pense en français quand je parle en français et je pense en roumain quand je parle en roumain.» Aw1991: «Mais en français, non, ça m ’ arrive pas. En français, je parle. Je parle mieux français que roumain parce que, mais du fait de ma scolarité française. Forcément, j ’ ai appris à lire et à écrire en français, alors qu ’ en roumain, j ’ ai pas appris le roumain dans les livres. J ’ ai appris le roumain oralement. Je sais le roumain. Je sais par la sonorité de ce que je dis si c ’ est faux ou si c ’ est juste. Si c ’ est pas bien, je me rends compte que soit c ’ est mal accordé, soit c ’ est pas bien conjugué, ben, voilà le français, lui, je l ’ ai appris quand j ’ étais petite. J ’ ai appris les conjugaisons, la grammaire dans les livres. Comme tout le monde.» Hieraus erklärt sich unter anderem die hohe Qualität des französischen sprachlichen Wissens, wobei sich auf phonetisch-phonologischer Ebene gegenüber Bm1991 und Dw1979 deutliche Abweichungen offenbaren. 620 Die Sprachbiographie von Aw1991 ist durchaus komplex und für die Sprachwissenschaftsforschung von erheblicher Bedeutung, weil ebenso europäische Nationalitäten nach langjährigen Auslandaufenthalten in den nachfolgenden Generationen den Wunsch verspüren, in die Heimat ihrer Eltern zurückzukehren. 621 Die Sozialisierung in Frankreich, die in der Kindheit erfolgte Rückkehr nach Rumänien und die von der französischen Gesellschaft distanzierte Lebensweise sind äußere Faktoren, welche Aw1991 deutlich geprägt haben. Bm1991, Dw1979 und die Töchter des Sprechers Cm1972 stehen in ihrer sprachlichen Entwicklung deutlich in Kontrast zu Aw1991. Als eine Gemeinsamkeit haben sie einerseits die seit der Ankunft in Frankreich 620 Cf. Hierzu: Linguistik der Variation. Auch bei Am1991 verhilft der Besuch in der Ganztagsschule zu einer hohen französischen Sprachkompetenz. 621 Zwischen 1994 und 2003 kehrten ungefähr 50 Prozent der zuvor ausgewanderten Menschen nach Rumänien zurück. Cf. Heller (2006: 44). 167 <?page no="168"?> bestehenden französischen Sprachkontakte in der Schule. Andererseits distanziert sich Aw1991 von der französischen Kultur und plant eine Rückkehr nach Rumänien. Das Interesse, in der Anfangsphase der Immigration die Muttersprache zu verwenden, wurde von Bm1991 und Dw1979 nicht vehement verfolgt, so dass in ihren französischen Diskursen zahlreiche für das Französische typische Merkmale integriert sind. In der wissenschaftlichen Diskussionen herrscht Einigkeit dahingehend, „ daß der Erstspracherwerb mit der Pubertät im wesentlichen abgeschlossen ist “ , 622 jedoch die sprachliche Entwicklung eines Menschen stets ausbaufähig bleibt. 623 Das Bewusstsein, sich in Französisch verständigen zu müssen, um akzeptiert zu werden, war bei Bm1991 und Dw1979 viel deutlicher ausgeprägt als bei Aw1991, die nach Schulschluss mit ihren Eltern weiter in Rumänisch spricht. Bm1991 und Dw1979 berichteten gleichermaßen über ihre Spracherfahrungen. Im Laufe der Jahre verhalf Ihnen die Fähigkeit, Techniken oder Strategien zu verwenden, sich sprachlich anzupassen. Am Beispiel von den in Frankreich sozialisierten Untersuchungspersonen konnte festgestellt werden, dass der Wohnort sowie das schulische Umfeld einen maßgeblichen Einfluss auf den sprachlichen Entwicklungsprozess haben. Damit kann auch in dieser Arbeit die im Theorieteil dargestellte Annahme bestätigt werden, dass die Entwicklung der Sprachkompetenz von Migrantinnen bzw. Migranten in Frankreich durch das schulische Umfeld positiv beeinflusst wird. Die von außen gesteuerte Unterstützung des Lehrpersonals sowie die für Kinder eingerichteten sprachlichen Förderungsmaßnahmen wirken sich positiv auf den sprachlichen Entwicklungsprozess aus. In den Sprachadaptationsklassen könnte für die Rumäninnen und Rumänen noch gezielter auf deren sprachliche Schwierigkeiten eingegangen werden, indem die sprachtypologischen Besonderheiten der rumänischen und französischen Sprache mit berücksichtigt werden. In Paris und Umgebung besteht die Möglichkeit, Netzwerke zu schaffen und durch finanzielle Unterstützung in Zusammenarbeit mit den rumänischen Institutionen Sprachkurse anzubieten, die den gesteuerten Spracherwerb unterstützen. Der Versuch derjenigen, die Französisch ungesteuert erlernt haben, durch Ausweichstrategien Lösungsmöglichkeiten zu schaffen, um den Kommunikationsprozess zu bewältigen, führt regelmäßig zu Kommunikationsschwierigkeiten, die bei der in Frankreich sozialisierten Sprechergeneration jüngeren Alters nicht in diesem Ausmaß nachweisbar sind. 622 Dimroth, Klein (2003: 128). 623 Cf. ebd. (2003: 128 ff.). 168 <?page no="169"?> 5.4 Hypothesen: Kompetenz der Variation und Pragmatik der Variation Als Ergebnisse der Analyse in der Kompetenz der Variation und in der Pragmatik der Variation können festgehalten werden, dass die sprachliche Entwicklung und die Sprachverwendung maßgeblich von internen und externen Faktoren beeinflusst werden. 624 Zu den maßgeblichen Faktoren, die auf den sprachlichen und kulturellen Integrationsprozess wirken, gehören die sprachliche Vorbildung, die Zusammensetzung des sozialen Umfeldes sowie die persönliche Einstellung gegenüber dem Einwanderungsland, seiner Sprache und Kultur. Bei den wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderern, den potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten besteht zwischen der Aufenthaltsdauer in Frankreich und ihrer sprachlichen Entwicklung kein Zusammenhang, weil aus persönlichen Gründen und den nach der Einreise in Frankreich bestehenden Problemlagen der Entschluss gefasst wurde, sich nicht mehr als nötig sprachlich in die französische Gesellschaft zu integrieren. In dieser Gruppe führt selbst ein erreichter ökonomischer Erfolg nicht zu einer größeren Integrationstiefe. Die Eingliederung dieser Familie in die französische Gesellschaft erfolgte mit der Gründung ihres Kleinunternehmens, das ihnen die finanzielle Absicherung bietet. Der damit verbundene Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen führte zu einer Verbesserung ihrer sprachlichen Fähigkeiten, da sie spürten, dass ein ökonomischer Erfolg ohne hinreichende Sprachkenntnisse nicht möglich ist. Darüber hinaus zeigte sich Familie A emotional heimwärts orientiert, praktizierte ihre rumänische Lebensweise familienintern fort und grenzte sich privat von den Einheimischen ab. Es konnten kaum Freundschaften noch sonstige engere Kontakte zu Französinnen bzw. Franzosen aufgebaut werden. Lediglich Aw1991 und Dm1978 erwarben eine hohe französische Sprachkompetenz. Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte, der potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten weisen überwiegend einen geringeren Bildungsabschluss auf. Der Eingliederungsprozess in die französische Gesellschaft wird durch die fehlende Qualifikation deutlich erschwert. Umso niedriger die allgemeine Qualifikation der Untersuchungspersonen ist, desto schwieriger wird ihre Teilhabe am Leben in der französischen Gesellschaft. 624 Cf. Discher (2013 c: 21). 169 <?page no="170"?> Die Auswertung in der Pragmatik der Variation hat gezeigt, dass die Mehrheit der potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten Schwierigkeiten in der französischen Sprachverwendung haben und ihnen das Erlernen des Französischen schwer fällt, was zur Ablehnung als Verwendungssprache führt. Die wirtschaftlich motivierten Einwanderinnen bzw. Einwanderer wissen um die Bedeutung der französischen Sprachverwendung. Da die geringer qualifizierten Arbeitskräfte häufig in einem rumänischsprachigen Umfeld arbeiten und ihre Freizeit verbringen, muss Rumänisch als dominante Sprache eingeordnet werden. Die französische Sprache in ihren Grundzügen zu beherrschen, hat den Rang einer Notwendigkeit eingenommen. Mit der inneren Einstellung bleibt ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg mit einem höheren Maß an Integrationstiefe verwehrt. Jede höher qualifizierte Betätigung erfordert fundierte französische Sprachkenntnisse, ohne diese bleibt ihnen lediglich die Tätigkeit als Hilfsarbeitskräfte. Dennoch erfüllen diese Untersuchungspersonen gemessen an den im GER aufgeführten Kompetenzprofilen und Niveaustufen die Mindestanforderung an sprachlicher Verständigungsfähigkeit, die ihnen ein Leben in Paris eröffnet und ihnen das Ausüben einer Tätigkeit ermöglicht. Somit leisten auch die Rumäninnen bzw. Rumänen ihren Beitrag und unterstützen das Sozialsicherungssystem in Frankreich. Auffällig ist, dass bei den geringer qualifizierten Arbeitskräften eine fehlende emotionale Unterstützung im Elternhaus ihren Lebensweg deutlich erschwerte, so dass sich dieser Umstand als (Mit-)ursache für den von ihnen erreichten Bildungsabschluss ableiten lässt. Diese Einwanderinnen bzw. Einwanderer sind stark an die rumänische Gemeinde in Paris gebunden, auch wenn kein ausgeprägter Glaube vorhanden ist. Das rumänische Umfeld in Paris zu verlassen, ist mit deutlichen Hindernissen verbunden, selbst wenn der innere Wunsch nach stärkeren französischen Anbindungen besteht, verhindert die Herkunft den gesellschaftlichen Aufstieg. Die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer entstammen unterschiedlichen Bildungsschichten und zeichnen sich durch ihr starkes Interesse an der französischen Sprache und Kultur aus. Das soziale Umfeld und der eigene Wille, sich sprachlich in die neue Gesellschaft integrieren zu wollen, üben einen positiven Effekt auf die Qualität des sprachlichen Wissens aus. In dieser Gruppe steigt das Maß an sprachlicher Entwicklung mit dem erreichten Bildungsniveau, es sei denn, die Zuwanderung erfolgte erst im fortgeschrittenen Lebensalter. Dies zeigte Bm1931, bei dem mit seiner in Rumänien erfolgten akademischen Ausbildung und seinem Beruf als Mediziner selbst nach vierzig Jahren die französische Sprachkompetenz nicht ausgereift ist. 170 <?page no="171"?> Die im Erwachsenenalter immigrierten Untersuchungspersonen weisen eine geringere Sprachkompetenz als ihre Kinder auf, so dass auch in dieser Gruppe ein spätes Einreisealter mit einer schlechteren französischen Sprachkompetenz in Verbindung steht. Dabei ist die finanzielle Situation für die Sprachentwicklung der Kinder in dieser Gruppe nicht entscheidend. Wichtiger ist, dass die Partizipation am französischen Bildungssystem überhaupt stattfindet und Eingliederungsschwierigkeiten durch Integrationsmaßnahmen begleitet werden. In der Pragmatik der Variation wird deutlich, dass umso größer der Integrationswille ist, desto erfolgreicher wird auch die erreichbare Integrationstiefe der integrationswilligen Identitätsbewahrer sein. Durch den eigenen Schulbesuch oder den ihrer Kinder oder das Eingehen von Beziehungen und Ehen mit französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern ist in dieser Sprecherinnenbzw. Sprechergemeinschaft, zunehmend ein Hybridcharakter festzustellen. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich auf der einen Seite mit Rumänien, der Kultur und den Werten verbunden fühlen. Andererseits stellen sie fest, dass sie von diesen selbst abgerückt sind, von Rumäninnen und Rumänen in ihrer Heimat nicht mehr vollumfänglich als diese angesehen werden und sie auch selbst das Gefühl haben, nicht mehr in dem Umfang wie dies vor der Immigration der Fall war, Bestandteil dieser Gesellschaft zu sein. Die gebotene sprachliche Anpassung in Frankreich, das zunehmend bessere sprachliche Wissen und der enger werdende Kontakt zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern lassen sie mehr und mehr mit der französischen Gesellschaft verschmelzen. Der Fakt, dass die Sprecherinnen und Sprecher sich im Umfeld rumänischer Institutionen bewegen und sich unterstützen, wird dazu beitragen, dass der Kontakt zu rumänischen Französischanfängerinnen bzw. Französischanfängern beibehalten wird und die Vitalität des Rumänischen in dieser Gemeinschaft erhalten bleibt. Manchmal ist die Verwendung des Gradatums (R+) nicht zu umgehen. Selbst wenn die Untersuchungspersonen auf Rumäninnen und Rumänen in ihrem sozialen Umfeld treffen, deren Sprachkompetenz nicht ausreichend ist, muss das Gradatum (R+) verwendet werden. Die Kommunikation wäre ansonsten nicht zu bewerkstelligen. Es wird deutlich, dass gut integrierte Rumäninnen bzw. Rumänen Kontakt zu weniger gut integrierten, aber auch zu Neuankommenden pflegen. Hier wird ein besonderer Zusammenhalt zwischen den Sprecherinnen bzw. Sprechern deutlich, der sich aber vordergründig auf den Umkreis in der Kirche konzentriert. Zudem führt in dieser Gruppe das Einheiraten in französische Familien dazu, dass die eigene Verwendung des Rumänischen in den Hintergrund rückt und sich auf den verbleibenden Sozialkontakt zu bestehenden Kontakten zu Rumäninnen und Rumänen beschränkt. Dieser Prozess 171 <?page no="172"?> wird auch dadurch unterstützt, dass insbesondere von den angeheirateten französischen Familienmitgliedern erwartet wird, dass auch die Kommunikation der verbleibenden rumänischen Sozialkontakte, in Französisch zu erfolgen habe. Durch diesen von außen gesteuerten Prozess wird die sprachliche Integrationsgeschwindigkeit optimal beschleunigt, was den Sprecherinnen bzw. Sprechern bewusst wird, wenn sie nach längeren Zeitabständen wieder in ihre rumänische Heimat zurückkehren. Dort wird ihnen verdeutlicht, dass sie sich, abgesehen von der Freude, ihre Verwandten wiederzusehen, sprachlich und kulturell nicht mehr heimisch fühlen. Dies markiert die Verlagerung ihrer sprachlichen und kulturellen Hybridstellung zu Gunsten der französischen Sprache und Kultur. Auch ihre verbliebenen rumänischen Sozialkontakte in Frankreich selbst bestätigen ihnen eine sprunghafte Verbesserung ihrer französischen Sprachkompetenz, die vor allem unter dem Vergleich der eigenen Fähigkeiten besonders überzeugend wirkt. 625 Die potenziell integrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen stellen in dieser Gemeinschaft einen Sonderfall dar. Sie zeigen, dass ein hohes Maß an gesellschaftlicher Integration auch mit bereits fortgeschrittenem Alter möglich ist, sofern im Kindesalter Fremdsprachenunterricht erteilt wurde und traumatische Erfahrungen in der Heimatkultur hinzutreten. Die in Rumänien vorhandene privilegierte Stellung der Sprecherin Bw1931, der damit verbundene Besuch eines lycées in dem Französisch unterrichtet wurde sowie die Kontakte der Familie ins Ausland trugen maßgeblich zur Herausbildung einer französischen Sprachkompetenz bei. Somit besteht in dieser Familie eine Korrelation zwischen der finanziellen Absicherung, dem gutbürgerlichen Hintergrund und dem positiven Ankommen in der französischen Gesellschaft, selbst im Erwachsenenalter. Auch wenn die Familiensituation von Bw1931 eine Ausnahmesituation zu sein scheint, werden insbesondere Sprecherinnen bzw. Sprecher der weiteren Generationen im Laufe ihres Lebens die rumänische Sprache aufgeben und diese bei Interesse als Fremdsprache erlernen. Die negativen Erlebnisse von Dw1979 haben dazu beigetragen, die „ Erstsprache “ fast aufzugeben, wobei bei dieser Sprecherin der emotional belastende Faktor einen positiven Effekt auf die sprachliche und kulturelle Integration genommen hat. Die potenziell integrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen lehnen Rumänisch als Verwendungssprache ab, so dass dieser Sprache der Status einer Fremdsprache zugesprochen werden kann. Dass traumatische Erlebnisse wie die Flucht aus der Heimat oder schwerwiegende familiäre Probleme einen Einfluss auf die Sprachentwick- 625 Cf. Discher (2013 c: 21). 172 <?page no="173"?> lung haben 626 , zeigt auch die Betrachtung der sprachlichen Entwicklung der Kinder des Sprechers Cm1972. Es ist zu vermuten, dass mit zunehmendem Alter die rumänische Sprache zu Gunsten des Französischen aufgegeben wird, sollte sich die Scheidung von der Frau und der damit verbundene Verlust der Mutter für die Kinder als Trauma erweisen. Auch wenn diese Argumentation nur hypothetisch erfolgt, sprechen die Ergebnisse der Analyse für eine derartige Entwicklung. Die Analyse verdeutlicht, dass die Maßnahmen zur sprachlichen Förderung von Migrantinnenbzw. Migrantenkindern auch in der rumänischen Gemeinschaft zum Erlangen einer nahezu muttersprachlichen französischen Sprachkompetenz beitragen können. 627 Die Verbindung zwischen dem gesteuerten und dem ungesteuerten Spracherwerb führt zu einer höheren Qualität des sprachlichen Wissens und der sprachliche Entwicklungsprozess vollzieht sich in einer höheren Geschwindigkeit. 628 626 Cf. Ardjomandi, Streeck (2002: 41). 627 Cf. Linguistik der Variation. 628 Hierzu auch ausführlicher: Cf. Dimroth, Klein (2003: 127 ff.) 173 <?page no="174"?> 6 Linguistik der Variation In der Linguistik der Variation erfolgt die Analyse der Interferenzvarietäten, die sich im vertikalen Sprachkontakt zwischen dem Rumänischen und dem Französischen entwickelt haben. Einleitend wird auf ausgewählte Besonderheiten in der Interkomprehensionsforschung eingegangen. Im weiteren Verlauf liegt der Untersuchungsschwerpunkt im Bereich des Vokalismus und des Konsonantismus. Die Vorstellung des phonologischen Inventars der Kontaktsprachen ist notwendig, um die phonetischen Varianten in den französischen Gradata nachvollziehbar werden zu lassen. Daran anschließend werden grammatische Phänomene untersucht, wobei in den französischen Gradata ausgewählte lexikalische Oppositionspaare und die Diskursmarker im gesprochenen Französisch der Untersuchungspersonen eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Das Kapitel der Linguistik der Variation wird mit der Analyse der Diskurstraditionen (Sprechtraditionen) schließen. Aus den Resultaten der Analysen werden aufbauend auf den Ergebnissen aus den Kapiteln der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation weitere Hypothesen gebildet. 6.1 Interkomprehension: Rumänisch-französischer Sprachkontakt Im Re-Romanisierungsprozess des 19. Jahrhunderts entlehnte das Rumänische eine Vielzahl lexikalischer Elemente aus dem Französischen. 629 Dadurch veränderte sich die sprachliche Struktur dermaßen, dass in der Linguistik von einem einmaligen Phänomen gesprochen wird. 630 Iliescu merkt an, dass zahlreiche Sprachen ihre Spuren im Rumänischen hin- 629 Im Rumänischen sind französische Lexeme nachweisbar, die im Französischen einen Bedeutungswandel erfuhren, was jedoch vor allem das Vokabular aus vergangenen Zeiten betrifft. Cf. Iliescu (2003 a: 149). 630 Cf. Iliescu et. al (2010: 600). Discher (2014: 143). In Rumänien erschienen im 19. Jahrhundert Zeitungen zweisprachig auf Rumänisch und Französisch. Cf. Iliescu (2002 a: 284). 174 <?page no="175"?> terlassen haben. 631 Die „ Wörter slawischen Ursprungs “ 632 sind dennoch deutlich geringer als die französischen Einflüsse. 633 In den metasprachlichen Bewertungen benennen die Rumäninnen und Rumänen für das Französische im Vergleich zum Rumänischen Unterschiede auf der phonetisch-phonologischen Ebene, die ihnen während des Spracherwerbs besondere Schwierigkeiten bereiten. Hierin liegt auch die Erklärung für das häufige Vorkommen von Abweichungen im Gradatum (F - ) begründet. Manuc ă bestätigt für das Rumänische: „ un mot sur cinq en moyenne est d ’ origine française. “ 634 Somit liegt es als Rumänin bzw. Rumäne beim Erlernen des Französischen nahe, zunächst an gewohnten Aussprachemustern festzuhalten, wenn der Spracherwerb ungesteuert erfolgt. In der Interkomprehensionsforschung besteht Einigkeit dahingehend, dass sich der Zweitspracherwerb bei genealogisch zusammengehörenden Sprachen positiv entwickelt. 635 Diese Ansicht vertreten hauptsächlich die Untersuchungspersonen, deren französischer Zweitspracherwerb gesteuert in Form von Sprachkursen oder in französischen Schuleinrichtungen stattfand. Selbst bei einer unregelmäßigen Nutzung von Internetplattformen, die ihre Dienste zum französischen Spracherwerb kostenlos zur Verfügung stellen, berichten sie davon, Gemeinsamkeiten in den romanischen Sprachen zu entdecken, die das Textverständnis fördern. Die Fähigkeit, Texte gemeinsamen Sprachursprungs zu erfassen, selbst wenn eine der Ausgangssprachen unbekannt ist, kommt insbesondere Personen mit einer hohen Kompetenz zugute. 636 „ Je höher die Kompetenz, desto schneller der mentale Zugriff auf die betreffende Sprache, desto effektiver auch die Vernetzung zwischen den einzelnen Sprachen “ . 637 In diesem Zusammenhang ist auf Klein zu verweisen, der die Auffassung vertritt, dass Latein für den Erwerb einer romanischen Sprache nicht beherrscht werden müsse. 638 Stefenelli äußert hinsichtlich des Wirkens des Lateins in den romanischen Sprachen: „ Bei einer eingehenderen und genaueren Betrachtung des Schicksals der lateinischen Lexeme müssen wir allerdings wortgeschichtlich neben dieser 631 Cf. Iliescu (2002 b: 159). 632 Iliescu (2002 b: 159). Durch die Verbreitung der Religion mittels der „ Slawenapostel Methodius und Kyrill “ gewann das Slawonische in allen Bereichen des Lebens mehr Ansehen. Ab dem 14. Jahrundert setzte sich neben „ dem Altkirchenslawischen der Liturgie auch das Mittelbulgarische der Kanzleien “ Iliescu (2002 a: 281) durch. 633 Cf. Iliescu (2002 b: 159). 634 Dinc ă (2011: 54). 635 Cf. Reissner (2007: 60 - 61). 636 Cf. Reissner (2007: 62). 637 Reissner (2007: 62). 638 Cf. Klein (2004: 28). 175 <?page no="176"?> bloßen binären Alternative ‚ Fortleben ‘ versus ‚ Zurücktreten ‘ auch mehrere Zwischenstufen berücksichtigen und können diesbezüglich typologisierend verschiedene Differenzierungen vornehmen [. . .]. Nur ein Teil der an sich weitergeführten Lexeme zeigt eine (weitgehend) vollständige lateinisch-romanische Entsprechung, nämlich ein inhaltlich ganz oder weitgehend gleichwertiges Fortleben in sämtlichen romanischen Sprachen. “ 639 Allein das „ Hörverstehen “ reicht nicht aus, um den Spracherwerb voranzutreiben. 640 Hierin liegt auch die Schwierigkeit in der rumänischen Sprecherinnenbzw. Sprechergemeinschaft begründet, in der Französisch größtenteils ungesteuert erlernt wird. Klein betont jedoch die Wichtigkeit, dass „ das Leseverstehen unmittelbar an das Hörverstehen angekoppelt sein muss. “ 641 Den Untersuchungspersonen gelingt es im Kommunikationsprozess nämlich nicht regelmäßig, die phonetisch-phonologischen Besonderheiten des Französischen zu berücksichtigen. 6.1.1 Vokal- und Konsonantensystem der Kontaktsprachen Ein Vergleich des phonologischen Inventars der Kontaktsprachen dient der Gegenüberstellung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die für die Analyse der französischen Strukturen in den Gradata relevant sind. 642 Lausberg vergleicht die Vokalsysteme der romanischen Sprachen und sieht im Rumänischen ein „ Kompromißystem “ . 643 „ Le triangle vocalique 639 Stefenelli (1992: 11). 640 Cf. Klein (2004: 32). 641 Klein (2004: 32). 642 In der aktuelleren Forschung zum französischen Zweitspracherwerb wird darauf hingewiesen, dass Ähnlichkeiten im Phonemsystem zweier Sprachen nicht unbedingt mit einem erleichterten Erlernen der Laute in der Zielsprache einhergehen. Cf. Jansen (2010: 78 ff.) Dies würde nämlich der konstruktivistischen Annahme entgegenstehen, die besagt, dass die Wahrnehmung der Menschen individuell ist und jeder Mensch seine Realität selbst gestaltet, was sich auch auf das Erlernen von Sprachen bezieht. Cf. Mitschian (2000: 18). 643 Lausberg (1969: 148). Iliescu (2003: 551). Rumänisch kann als Kompromisssprache bezeichnet werden, weil neben den Ähnlichkeiten in der Phonetik und Phonologie auch zahlreiche Gemeinsamkeiten auf weiteren Sprachebenen im Vergleich zu anderen romanischen Sprachen bestehen. Iliescu (2007: 232 ff.). Cf. Discher (2014: 143). Für die Morphologie führt Iliescu folgendes Beispiel an: „ Le roumain participe aux deux groupes: il conserve les séquences labiales et labiodentales (pl-) et palatalise les séquences vélaires (cl-): PLENU plin, fr. plein, occ., cat. ple, eng. plein - port. cheio, esp. lleno it. pieno, mais CLAVE cheie, port. chave, esp. llave, it. chiavefr. clef, occ., cat. clau, eng. clef. “ Iliescu (2007: 232). In der Morphosyntax bestehen weitere Gemeinsamkeiten zwischen dem Rumänischen und dem Altfranzösischen in der „ Nominalflexion “ , im „ System der Demonstrativa “ und beim „ negative[n] Imperativ “ . Iliescu (2008: 133 ff.). 176 <?page no="177"?> de la base latine du roumain présente le système de la majorité des langues romanes pour les voyelles palatales et le système sarde pour les voyelles vélaires. “ 644 Im Rumänischen „ fallen offenes und geschlossenes [o] zusammen. “ 645 Das Rumänische hat „ vier Halbvokale mit Phonemstatus / j/ , / w/ , / ̯ e / und / ̯ o / . “ 646 Iliescu merkt an, dass im Rumänischen nur „ [d]ie drei qualitativen distinktiven Merkmale “ 647 berücksichtigt werden. Ein weiteres Abgrenzungskriterium des Rumänischen gegenüber den anderen romanischen Sprachen ist der Mittelzungenvokal [ ɨ ], 648 dessen Herkunft in der Linguistik umstritten ist. Er ist in keiner anderen romanischen Sprache nachweisbar 649 und „ wird mit gespreizten Lippen gesprochen. “ 650 Im Französischen wird [ ə ] im Gegensatz zum Rumänischen deutlich gerundet artikuliert. 651 „ Die Präjotierung des anlautenden e “ 652 wird dem slawischen Umfeld Rumäniens zugeschrieben. Diese Besonderheit betrifft auch die Vokale „ i, o, u im Wort- und Silbenanlaut. “ 653 Folglich entsteht der Eindruck des „ j( i ̯ )bzw. w{ u ̯ }-artigen „ Vorschlag[s] ““ . 654 Auch gelangt Petrovici zu der Überzeugung, dass Rumäninnen bzw. Rumänen in ihrer Muttersprache französische „ Lehnwörter “ entsprechend dieses Phänomens artikulieren. 655 Das Französische hat ein komplexeres Vokalsystem mit „ vier Öffnungsgraden “ . 656 Dadurch könnten sich zum Beispiel für rumänische Französischlernerinnen bzw. Französischlerner deutliche Artikulationsschwierig- 644 Iliescu (2007: 231). Zum Vokalismus: Lausberg (1969: 144 ff.). 645 Iliescu (2003: 551). 646 Illiescu (2003: 534). 647 Iliescu (2003: 533). 648 Cf. Iliescu (2003: 534). 649 Cf. Bossong (2008: 60). Discher (2014: 145). 650 Lausberg (1969: 81). 651 Lausberg (1969: 81). 652 Petrovici (1957: 13). 653 Petrovici (1957: 13). 654 Petrovici (1957: 13). Die nachfolgenden Beispiele belegen, dass auch im vorliegenden Sprachmaterial die Artikulation des stimmhaften labialen Approximanten / ɥ / vermieden und vor dem geschlossenen palatalen Vokal / i/ vorzugsweise / w/ artikuliert wird. Cw1952: [ ʒɛˈ swi ] - «je suis» Bw1952: [ tra ˈ dwit ] «traduit» 655 Petrovici (1957: 14, 21, 23). Er schrieb dem an der Bildung der Diphthonge beteiligten [j], „ die Rolle eines Konsonanten zu “ , ebd. (1957: 23) Cf. Discher (2014: 144) was das Rumänische als „ konsonantische Sprache “ erscheinen lies. Beyrer, Bochmann, Bronsert (1987: 31) Eine Tatsache, die schon in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts als nicht haltbar angesehen wurde. Cf. ebd. (1987: 31). 656 Meisenburg (1996: 190). Discher (2014: 145). 177 <?page no="178"?> keiten ergeben. Trotz bestehender Gemeinsamkeiten zwischen den Konsonantensystemen der Kontaktsprachen existieren Unterschiede, wie beispielsweise die „ Eigentonkorrelationen der Konsonanten “ , 657 die auch in slawischen Sprachen zu finden sind. 658 6.1.2 Abweichungen im Vokalismus Bei der Auswertung des empirisch gewonnenen Sprachmaterials konnten phonetisch-phonologische Abweichungen im Vokalismus festgestellt werden. Auf ausgewählte sprachliche Phänomene der jeweiligen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen soll nachfolgend näher eingegangen werden. Deutlich fällt ins Gewicht, dass die phonetisch phonologischen Besonderheiten nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können. In der Gesamtheit treten gehäuft und dies vor allem bei den potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten sowie bei den integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitäsbewahrern verschiedene Abweichungen auf, die im jeweiligen Analyseschwerpunkt mit benannt werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Akzentuierung der Silben einzelner Wörter und Wortgruppen in den französischen Gradata häufig vom Französischen abweichend und regelmäßiger nach gewohnten muttersprachlichen Mustern erfolgt. 659 6.1.3 Entnasalisierung Im Gegensatz zum Französischen enthält das Phoneminventar der rumänischen Sprache keine Nasalvokale. 660 Schon Pus , cariu merkt an, dass Rumäninnen bzw. Rumänen dazu neigen, „ [. . .] die Vokale vor nasalen 657 Petrovici (1957: 26). 658 Cf. Jacobson, R. in Petrovici (1957: 25). Cf. Discher (2014: 146). In der rumänischen Sprache wird sehr häufig palatalisiert. Dieser Vorgang ist unter anderem „ ein wichtiges Element in der Pluralbildung. ” Klein, Stegmann (1999: 82). Die Palatalisierung bewirkt höhere Tonfrequenzen, Cf. Böttger (2008: 81) die abweichend vom Französischen sind. 659 Iliescu äußert, „ dass das Rumänische einen dynamischen bzw. Intensitätsakzent [hat] “ , Iliescu, Popovici (2003: 537) der Unterschiede in der Bedeutung eines Wortes hervorrufen kann. Cf. Iliescu (2003: 537). Es gibt im Rumänischen Oxytona, Paroxytona, Proparoxyton und „ Wörter, die auf der viertletzten Silbe betont werden [. . .]. “ Iliescu, Popovici (2013: 26). Mit Ausnahmen wird das Französische als oxytoner Betonungstyp eingestuft. Cf. Meisenburg, Selig (1998: 147). Zum Insitenzakzent im Französischen: Cf. Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 51). 660 Cf. Bossong (2008: 260). 178 <?page no="179"?> Konsonanten immer nasal auszusprechen. “ 661 Am1965 und Aw1964 tendieren eher dazu, den Vokal vor einem Nasalkonsonant oral und im Auslaut anstatt des alveolaren den velaren Nasalkonsonanten zu artikulieren. Phasenweise wird der stimmhafte Plosiv im Auslaut nicht ausgesprochen. Nachfolgende Beispiele belegen diese Feststellung. 662 Am1965: [ a ŋˈ gl ɛ ] «anglais» Am1965: [ a ˈ va ŋ g ] Am1965: [ ava ŋ ] «avant» Am1965: [ pa ˈ ra ŋ g ] Am1965: [ pa ˈ ra ŋ ] «parents» Die Übertragung gewohnter rumänischer Sprachmuster in die Fremdsprache führt in der Familie A selbst nach einem mehr als zwanzigjährigen Aufenthalt in Frankreich zu Normabweichungen und Interferenzen auf allen sprachlichen Ebenen. In diesem Zusammenhang steht auch die metasprachliche Bewertung der Tochter Aw1991, die besagt, dass Am1965 und Aw1964 nicht zwischen [ lez œ ̃ ], [ le ɑ ̃ ] und [ ɔ ̃ pa ʀ ] differenzieren. 663 Sie verweist in der Kompetenz der Variation und in der Pragmatik der Variation darauf, dass eine Kommunikation in Französisch mit den Eltern für sie nicht möglich ist. Dies ist einerseits auf das mangelnde französische Sprachwissen der Eltern zurückzuführen. Andererseits treten bei ihren Eltern innerhalb eines Wortes oder einer Wortgruppe gehäuft Normabweichungen auf, die während eines Gesprächs zu Irritationen führen. Anhand der nachfolgenden Transkriptionen lässt sich diese Feststellung erklären. Am1965 und Aw1964 können im französischen Fragewort [ k ɑ ̃ ] nicht den Nasalvokal aussprechen. Sie artikulieren entsprechend des Anlautes ihrer Muttersprache. Im Rumänischen wird der velare stimmlose Plosiv vor dem geschlossenen Mittelzungenvokal im Interrogativpronomen [ k ɨ nd ], im Gegensatz zum Französischen, stellungsbedingt verändert artikuliert. Die Artikulation des velaren Nasalkonsonanten in [ka ŋ g] oder [ka ŋ ] stellt eine deutliche Abweichung von der Pariser Regionalsprache dar. 664 Nachfolgend werden weitere Zitate aufzeigen, dass im Französisch der anderen Untersuchungspersonen ähnliche Aussprachedefizite bestehen. Die Beispiele belegen, dass keine Nasalvokale artikuliert werden und eine unterschiedliche Artikulation der Nasalkonsonanten erfolgt, die selbst bei Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) nachweisbar ist. 661 Pus , cariu (1943: 84). 662 Cf. Discher (2014: 149). 663 Ebd. (2014: 149). 664 Cf. Discher (2014: 150). 179 <?page no="180"?> Bw1975: Bw1965: Bw1952: [ la ŋˈ g ɛ ] «langue» Aw1964: [ ma ˈŋ k ] «manque» Aw1964: [ da ŋ g ma ˈ t ɛ t ] «dans ma tête» Cw1952: [ sa d ɛˈ pa: ŋ t ] «ça depend» Cw1952: [ ˈ antr ɛ ] «entre» Während im Französischen das Adjektiv rumänisch sowohl [ ʀ um ɛ ̃ ] als auch [ ʀ um ɛ n ] artikuliert wird, weichen Am1965 und Aw1964 mit der Aussprache [ romo: n ] sowie [ l ə mo romo: n ] von der französischen Norm ab. Zur Bildung des französischen Adjektives roumain wird in diesem Beispiel erneut an den muttersprachlichen Strukturen festgehalten, indem ro entsprechend des rumänischen Anlautes des Adjektivs [ rom ɨ n ] artikuliert wird. Lediglich die Artikulation des bilabialen Nasalkonsonanten wird beibehalten. Die Artikulation von [o] stellt eine weitere Ausweichstrategie dar. Sie ermöglicht diesen Untersuchungspersonen eine französische Unterhaltung, ohne den Nasalvokal verwenden zu müssen. 665 Cw1952 unterscheidet artikulatorisch nicht zwischen dem französischen Verb [ ɑ ̃ t ʀ e ] und dem französischen Adverb [ ɑ ̃ t ʀɛ ̃ ], so dass die verursachte Homophonie [ ɑ nt ʀɛ ] ein Verständnisproblem hervorruft. Homophonien treten auf, wenn Untersuchungspersonen gewohnte phonetische Muster aus ihrer Muttersprache ins Französische übertragen. Im Rumänischen wird beim Aufeinandertreffen zweier Vokale zur Erleichterung der Aussprache „ ein halbvokalischer Gleitlaut eingeführt. “ 666 Dies bewirkt im Französischen von Cm1972 eine Homophonie zwischen dem französischen Verb [peje] und dem Substantiv [ p ɛˈ i ]. Cw1952 artikuliert die beiden aufgeführten Beispiele: [ p ɛ ji ]. Die phonetische Aussprache französischer Lexeme nach rumänischer Gewohnheit sowie die segmentalen Abweichungen bei der Verwendung französischer Wörter und Wortgruppen sind im Gradatum (F - ) charakteristisch und Beweis für ein nicht ausreichend französisches Sprachwissen. Im Vergleich zum Französischen „ ist die rumänische Aussprache phonetisch “ , 667 eine Tatsache die eine Übertragung muttersprachlicher Strukturen ins Französische begünstigt. Die Artikulation der französischen Verben [ d ə m ɑ ̃ de ], [ trad ɥ i ʀ ] sowie des Syntagmas [ pa ʀɛ g ˈ z ɑ ̃ mpl ] erfolgt deutlich abweichend von der Pariser Regionalsprache. 665 Cf. Discher (2014: 150). 666 Iliescu (2003: 536). 667 Iliescu (2002 b: 148). 180 <?page no="181"?> Cw1952: [ ʒɛ d ɛ man ˈ d ɛ ] «je demande» Am1965: [ tra ˈ dwir ] «traduire» Aw1964: [ par ɛ k ˈ s ɛ mpl ɛ ] «par exemple» Cm1979 spricht die französischen Adjektive [ ɛ ̃ p ɔʀ t ɑ ̃ ] und [ d ɔ min ɑ ̃ ] entsprechend seiner Muttersprache ohne Nasalvokal und mit [t] im Auslaut aus. Cm1979: [ impor ˈ tant ] 668 [ domi ˈ nant ] 669 Bw1952 artikuliert das französische [ bj ɛ ̃ ] vorzugsweise [ bij ɛŋ ] und bildet einen phonetischen Kompromiss. Im Französisch von Bm1931 sind unterschiedliche phonetische Varianten nachweisbar. Diese könnten auch auf altersbegleitende Erscheinungen zurückzuführen sein, die sogar durch sein Umfeld wahrgenommen werden, das ihn zeitweise als „ verwirrt “ beschreibt. Neben dem Fehlen der Nasalvokale behält Bm1931 regelmäßig rumänische Aussprachegewohnheiten bei. Bm1931: [ tr ɛ nt kilo ˈ m ɛ tr ɛ ] «trent kilomètres» Bm1931: [ ʒɛ rankan ˈ tr ɛ ] «j ’ ai rencontré» Bm1931: [ tra: nt ˈ s ɛ t ] «trente-sept» Bm1931: [ pro ˈ v ɛ nts ] «Provence» Bm1931: [ dif ɛˈ rant ] «différent» Auch die Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) weisen phonetische Abweichungen auf, wie es die Artikulation des französischen temporalen Adverbs [ m ɛ ̃ t( ə )n ɑ ̃ ] verdeutlicht. Diese tritt unregelmäßig und in verschiedenen Varianten auf. Während Aw1964 als Sprecherin des Gradatums (F - ) das Adverb vorzugsweise [ m ɛ nt ɛˈ non ] und Bw1931 sowie Bw1975 als Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) eher [ m ɛ nt ɛˈ na ŋɡ ] artikulieren, offenbart der Vergleich, dass Bw1931 und Bw1975 mit ihrer Aussprache eher einen phonetischen Kompromiss finden, der für Außenstehende verständlich wäre. Auch wenn Bw1931 und Bw1975 in diesem 668 Die Wörterbucheinträge belegen, dass es sich bei den Adjektiven im Rumänischen um Neologismen handelt. Im Laufe der Zeit wurden diese entsprechend den Anforderungen der rumänischen Sprache angepasst. important, a ˇ adj. 1. însemnat. 2. influent de vaza ˇ . (ir.) plin de arogan ţ a ˇ . (fr.) important Marcu (2000: 451). 669 dominant, ă I. adj. care domin ă ; preponderent. Specific: caracteristic; dominator. II s. f. 1. Parte, tr ă s ă tur ă caracteristic ă fundamental ă . Nuan ţă coloristic ă sau culoare în exces într-o imagine cinematografic ă , un diapositiv sau o fotografie în culori. [. . .] (fr. dominant) Marcu (2000: 292). 181 <?page no="182"?> Adverb nicht den Nasalvokal produzieren, bleibt ihre Zuordnung zum Gradatum (F+) gerechtfertigt. Die potenzielle Re-Emigrantin Aw1991 hat phasenweise sowohl Schwierigkeiten die Nasalvokale als auch die Öffnungsgrade der Vokale zu differenzieren. In verstärkter Form treten diese phonetischen Besonderheiten auch bei Dm1978 auf. Aw1991: [ ʒ eveky œ ̃ nd ə mi ˈɑ n ] «J ’ ai vécu un démi an [. . .]» Dm1978: [ ʒə swi ne an ˈ vil ] «Je suis né en ville» Bm1991 und Dw1979 weisen sich auf phonetisch phonologischer Ebene als kompetente Untersuchungspersonen aus. Bm1991: [ ʒəʷ s ɥɪ parti ɑ ̃ n ɑ ̃ ɡ l əˈ t ɛʀ ] «Je suis parti en Angleterre [. . .]» Dw1979: [ pa ʀ ɛɡˈ z ɑ ̃ pl ] «par exemple» 6.1.4 Artikulation französischer Oralvokale in den Gradata (F+) und (F - ) Die Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) haben regelmäßig Schwierigkeiten, die französischen Oralvokale zu artikulieren. Dies ist daduch begründet, dass phonetische Strukturen aus der Muttersprache ins Französische übertragen werden und während des Interviews zu Verständnisschwierigkeiten führten, die erst nach der Analyse des Datenmaterials ausgeräumt werden konnten. Die Möglichkeit der Niederschrift eines Gespräches im Alltag besteht nicht, so dass diese als phonetische Interferenzen einzustufenden Phänomene auch auf anderen Sprachebenen Probleme generieren. Im nachfolgenden Syntagma [ ʒɛˈ t ɛ an ˈ swis ] berichtet Bw1952 von ihrer Reise in die Schweiz. Die fehlende Kompetenz, den Nasalvokal und die französischen Oralvokale artikulatorisch zu differenzieren, bewirkt eine Homophonie. Bw1952: «j ’ étais» [ ʒɛˈ t ɛ ] und «je jetais»[ ʒɛˈ t ɛ ] Am1965: «j ’ essaye» [ ʒɛˈ s ɛ ] und «je sais» [ ʒɛˈ s ɛ ]. Demnach wird es für Außenstehende im Kontakt mit Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) besonders schwierig sein, die Tempora imparfait und present wie beispielsweise in den gleichklingenden Formen [ ʒɛ d ɛ mand ɛ ] «je demandais» und [ ʒɛ d ɛ mand ɛ ] «je demande» sowie das futur simple und conditionnel in den Formen [ f ɛ r ɛ ] «je ferai» versus [ f ɛ r ɛ ] «je ferais» zu identifizieren. Eine weitere Besonderheit in den rumänischen und französischen Gradata betrifft die unterschiedliche Artikulation von [ ə ] bzw. [ ɐ ] unter anderem nach dem stimmlosen Plosiv. 182 <?page no="183"?> In der rumänischen Konjunktion «pentru ca ˇ » [ p ɛ ntruk ɐ ] wird [ ɐ ] im Auslaut auf dem Mittelzungenast deutlich zentraler als im Französischen gebildet. 670 Cm1972 artikuliert den zentralen Mittelzungenvokal ähnlich wie Am1965 in der französischen Konjunktion [ pa ʀ sk ə ] entsprechend seiner Muttersprache. Am1965 weist weitere phonetische Varianten auf, wie die nachfolgenden Beispiele belegen. Am1965: [ ʒɛ ] [ ʒə ] [ ʒɐ ] «je» Bm1991, Dw1979 sowie Cw2003 artikulieren als Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) diesen Vokal im Auslaut hingegen mit einer labialen Färbung. An diesem Beispiel wird Lausbergs Annahme über die labiale Artikulation des Zentralvokals im Französischen bestätigt. 671 Bm1991, Dm1979, Cw2003: [ pa ʀ sk əʷ ] Im Gradatum (F - ) sind weiterhin phonetisch abweichende Formen wie zum Beispiel «je dis» für [ ʒɛ di ] sowie [ ʒɛ di ] für «jeudi» [ jødi ] nachweisbar. Auffällig ist, dass Bw1965 für das französische participe passé von lire «j ’ ai lu» vorzugsweise [ ʒɛ li ] artikuliert. Selbst wenn es sich hierbei um einen unbeabsichtigten Fehltransfer handelt, wird von Außenstehenden ein unkorrektes Französisch wahrgenommen. Im Gradatum (F - ) wird in französischen Lexemen häufig nicht zwischen / ɔ / und / o/ unterschieden, wofür Bw1952 und Cw1972 exemplarisch herangezogen werden können. Diese Untersuchungspersonen können das französische Nomen [ sit ɥ asj ɔ ᷈ ] nicht aussprechen. Bw1952: [ situa ˈ tsion ] «situation» Selbst in der metasprachlichen Bewertung von Bw1952 [ s ɛˈɛ k ʀ ikum ˈ onli ] zeigt sich, dass das französische interrogative Adverb [ k ɔ m ] entsprechend Rumänisch [kum] ausgesprochen wird. Bw1952 differenziert weder die Öffnungsgrade der französischen Vokale, noch gelingt ihr insgesamt eine korrekte Aussprache französischer Lexeme. Zur Bezeichnung ihres Glaubens an Naturheilkunde verwendet Bw1952 das französische Substantiv naturisme und artikuliert das französische Adverb beaucoup entsprechend ihrer Ausweichstrategie, die charakteristisch für Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) ist. Bw1952: [ ʒɛ k ʀ wa ˈ bukuo ͜ natu ˈ rism ə ] «Je crois beaucoup en naturisme.» [sic. médecine naturelle] 670 Zum [ ə ]: Cf. Lausberg (1969: 81). 671 Cf. hierzu Lausberg (1969: 81). 183 <?page no="184"?> Der Vergleich der Aufenthaltsdauer der Untersuchungspersonen verdeutlicht, dass Bw1952 selbst nach mehr als einem zwölfjährigem Aufenthalt in Frankreich ähnliche phonetisch phonologische Abweichungen wie neueinreisende Rumäninnen und Rumänen aufweist. Dies ist zum einen auf das späte Einreisealter zurückzuführen. Zum anderen unterstreicht es die Notwendigkeit eines gesteuerten Zweitspracherwerbs im Erwachsenenalter. Die gerundeten von ungerundeten Vokalen in der französischen Sprache zu unterscheiden, fällt insbesondere Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) schwer. Bei ihnen konnte festgestellt werden, dass sie [y] durch das ihnen vertraute [u] ersetzen. Stellenweise betrifft dies auch Untersuchungspersonen des Gradatums (F+). Bm1931: [ vokabu ˈ lar ʰ ] Cm1972: [abitud] für das französische [ abit ʏ d ] Cm1972: [ su ˈ port ɛ r d ɛˈ futbal ] Bw1931: [ vokabu ˈ la ʀ ] Die französischen Substantive [ sy ʒɛ ] und [ tradyk ˈ sjon ] spricht auch Bw1965 normabweichend aus. Bw1965: [ su ˈʒɛ ] Bw1965: [ tra ˈ duktsion ] Während Bw1965 im Interview persönliche Eindrücke schildert und dabei von einem Termin bei der [ pref ɛ ktyr ] in Paris berichtet, verdeutlicht das Beispiel, dass sie mit der Aussprache des Substantivs [ pr ɛ f ɛ ktur ə ] eine rumänische Struktur „ prefectur ă“ im Französischen verwendet. Bm1931 benutzt ein aus dem slawischen Sprachraum stammendes Lexem, welches im Rumänischen als Neologismus bezeichnet wird. Ein Bericht über den politischen Einfluss der sowjetischen Macht in Rumänien veranlasst Bm1931 in seiner Aussage [ impos ɛ parl ɛ ru ʃ i ] 672 , die Artikulation des rumänischen Substantivs, im Plural [ ru ʃ i ], beizubehalten. 673 Trotz einer längeren Aufenthaltsdauer der Familie A und den anderen Untersuchungspersonen in Frankreich gelingt es Aw1964 genauso wenig wie Cw1952, die gerundeten französischen palatalen Vokale [ œ ] und [y] zu realisieren. 672 «imposer par les Russes» 673 rus , i, - [. . .] (Substantivat, f.) Limba rus ă . - din rus. http: / / dexonline.ro/ definitie/ rus (10. 01. 2013). 184 <?page no="185"?> Cw1952 orientiert sich bei der französischen Wortgruppe „ bonne heure “ stark an den phonetischen-phonologischen Besonderheiten der rumänischen Sprache, indem sie diese [bonor] ausspricht. Ein weiteres Beispiel veranschaulicht diese Artikulationsschwierigkeit bei Aw1964, die das französische Substantiv [ œ v ʀ ] vorzugsweise [ ˈ ovr ɛ ] realisiert. Cm1972 verwendet das Gradatum (F - ) und spricht über die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als [ ʃ ofor ] in der er mit Kraftfahrzeugen Werkstoffe transportiert. Das rumänische Wörterbuch führt dieses Lexem als Neologismus auf 674 , der seinen Ursprung im Französischen hat. Demnach weicht Cm1972 in seiner Aussage von der französischen Normaussprache [ ʃ of œʀ ] ab. Die phonetische Transkription der von Bm1931 artikulierten Wortgruppe [ mi ˈ nistrud ɛɛ n ˈ t ɛ rior ] zeigt, dass eine dem Rumänischen ähnliche Form ins Gradatum (F-) integriert wird. In der rumänischen Sprache lautet diese [ mi ˈ nistru d ɛ in ˈ t ɛ rn ɛ ]. Auch Bw1978 behält, trotz ihres französischsprachigen sozialen Umfelds, eine ihr vertraute rumänische Artikulation [ ɛ n eu ˈ r ɔ p ] der französischen Wortgruppe [ ɑ ̃ nø ˈʀɔ p ] bei. Folglich wäre die Bedeutung akustisch nicht erschließbar. Die gewohnte rumänische Aussprache lässt sich bei dieser Sprecherin auch anhand des nachfolgenden Beispiels belegen. Bw1978: [ dan l ɛˈ sud ] «dans le Sud» Die Femininbildung des französischen Nomens [ ku ˈ z ɛ ̃ ], welches durch eine Übergeneralisierung in Form von [ k ɥ izin ] durch Bw1978 verwendet wird, weist jedoch darauf hin, dass eine Realisierung des Approximanten / ɥ / möglich ist. Durch die Schaffung und Übertragung sowohl phonologischer und phonetischer Strukturen als auch der Transfer rumänischer Lexeme in das Gradatum (F - ) werden die Artikulationsschwierigkeiten überwunden. Zwar treten phonetische Abweichungen auch im Gradatum (F+) auf, lassen sich aber nicht in der selben Häufigkeit nachweisen. Bw1965 ist stets bemüht, sich sprachlich zu entwickeln und ihre Sprachkompetenz zu steigern, jedoch hat ihre Freundin Bw1978 deutliche Vorteile, ihren französischen Sprachentwicklungsprozess voranzutreiben. Das Einheiraten in eine französische Familie bietet Bw1978 einen weitaus regelmäßigeren Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen. Ebenso verhält es sich mit Bw1975, die aus akademischen Kreisen stammt und dem französischen Umfeld näher steht als es beispielsweise einer „ Hausangestellten “ möglich ist. Bw1978 wird zukünftig ein höheres französisches Sprachwissen erlangen, da ihre familiäre Situation die Verwendung des Französischen stets und ständig erforderlich macht. Bw1965 wird ausschließlich 674 Cf. http: / / dexonline.ro/ definitie/ s , ofer din. fr. chauffeur. 185 <?page no="186"?> von den sprachlichen Korrekturen ihrer Freundin Bw1978 oder ihres Sohnes Bm1991 profitieren können. Die Sprachkompetenz von Bw1965 und anderen im Erwachsenenalter Immigrierten wird stagnieren, sofern ihnen keine von außen gesteuerte Unterstützung durch eine Fachkraft zukommt. Nur diese könnte dazu beitragen, ihre gewohnten rumänischen Strukturen im gesprochenen Französisch mittels Übungen zu eleminieren. Trotz der hohen akademischen Qualifikation und der damit verbundenen stetigen Auseinandersetzung mit der französischen Sprache weisen Dw1978, Dw1978, Bw1975 und Aw1991 nach einem jahrelangen Aufenthalt in Frankreich und einem abgeschlossenem Studium in Erschöpfungssituationen Ausspracheschwierigkeiten auf. Es gelingt ihnen nicht im selben Maße wie den in Frankreich sozialisierten Untersuchungspersonen Bm1991 und Dw1979, französische Wortgruppen normgerecht zu artikulieren. 675 Die phonetischen Interferenzen im Gradatum (F+) weisen zwar auf den Migrationshintergrund hin, führen jedoch aufgrund der sprachlichen Korrektheit auf anderen Sprachebenen nicht zu Verständnisproblemen. 6.1.5 Abweichungen im Konsonantismus Im Rahmen der Auswertung des empirisch gewonnenen Sprachmaterials wurden zugleich phonetisch phonologische Abweichungen im Konsonantismus festgestellt. Im Folgenden wird auf ausgewählte Phänomene eingegangen. 6.1.6 Das apikoalveolare [r] für das uvulare [ ʀ ] und andere Beispiele In den metasprachlichen Aussagen der Untersuchungen wird der apikoalveolare Vibrant [r] als phonetische Abweichung im französischen Diskurs der rumänischen Untersuchungspersonen beschrieben. Sowohl die potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten, die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer als auch stellenweise Bw1931 und Dw1978 als Repräsentantinnen des Gradatums (F+) übertragen das apikoalveolare [r] in die französische Sprache. Als besonders 675 Der Vergleich zwischen den Analysen der Aussagen von Bm1991 und Dw1979 mit den Aussagen von Aw1991, Bw1931, Dw1978 und Dm1978 verdeutlicht, dass zwar auch bei den in Frankreich sozialisierten Untersuchungspersonen geringfügige Abweichungen auf phonetischer Ebene bestehen, die durch Außenstehende nicht dem rumänischen Sprachraum zugeordnet werden könnten. 186 <?page no="187"?> dominant ist es in den französischen Beispielen von Aw1964, Am1965, Bw1952 und Dm1978. 676 Aw1964: [ litera ˈ tur ] Aw1964: [ tu ˈʒ ur ] Bw1952: [ apr ɛ ] Dm1978: [ ʒə n ə pu ˈ r ɛ pas pr ɛ tsi ˈ se ] Cm1979 und Cw1952 transferieren den apikoalveolaren Vibranten ebenso häufig in das Gradatum (F - ) wie das Ehepaar A. Aw1964: [ par ɛ k ˈ sompl ɛˈ pur ] Aw1964: [ il fo ˈ f ɛ r d ɛˈ fras ɛ ] Cm1952: [ ap ˈ r ɛ ndr ɛ ] Cm1979: [ ambasa ˈ dor ] Im Gradatum (F - ) ist das apikoalveolare [r] nicht bei allen Rumäninnen und Rumänen in gleichem Maße nachweisbar. Bw1965 kann zwar den französischen uvularen Vibranten [ ʀ ] aussprechen, jedoch gelingt es ihr nicht in Phasen von Müdigkeit. Im nachfolgenden Beispiel lehnt Bw1965 sich stark an das Rumänische an, indem sie den Vibranten im Auslaut aspiriert. Bw1965: [ p ʀ e ˈ f ɛ r ʰ ] Auch in den Aussagen der potenziell integrierten französischen Rumänin Bw1931 ist der apikoalveolare Vibrant in unterschiedlicher Intensität nachweisbar. Besonders deutlich wird dieser jedoch von älteren Sprecherinnen und Sprechern des Gradatums (F+) in etymologisch ähnlichen Wörtern ausgesprochen. Bw1931: [ m ɛ r ] Bw1931: [ ma ˈ s œ r ] Bw1931: [ bul ɛˈ vard ] Zwar gelingt es Dw1978 das uvulare [ ʀ ] zu artikulieren. Dennoch stößt sie trotz ihrer akademischen Qualifikation und ihres Bemühens, um eine am französischen Standard orientierte Aussprache, an ihre Grenzen. Dw1978: [ pa ʀ isj ɛ n ] Dw1978: [ ʒɛ pre ˈ f ɛ r ] 676 Beim mehrfachem Auftreten eines apikoalveolaren [r] in einer Wortgruppe im gesprochenen Französisch dieser Untersuchungspersonen kann das Verständnis deutlich beeinträchtigt sein. 187 <?page no="188"?> Im Gradatum (F+) und häufiger im Gradatum (F - ) werden Frikative und Affrikaten artikulatorisch nicht differenziert und aufgrund fehlender Wortschatzkenntnisse rumänische Lexeme ins Französische transferiert. Bm1931 spricht über sein Leben in Rumänien und beschreibt seinen autodidaktischen Spracherwerbsprozess mit Hilfe einer Grammatik. Er möchte auf die französischen «les grammairiens» verweisen und artikuliert das Wort fälschlicherweise [ l ɛ gramati ˈ t ʃ ij ɛ n ]. Bm1931 kreiert einen lexikalischen und phonetischen Kompromiss zwischen der rumänischen und der französischen Sprachstruktur. Auffällig ist, dass die stellungsbedingte abweichende Artikulation verschiedener Konsonanten der Kontaktsprachen zu weiteren phonetischen Interferenzen führt. Die Betrachtung der Wortgruppe [ la la ŋˈ g ɛ fran ˈ ts ɛ ] belegt exmplarisch, dass es auch Aw1964 nicht gelingt, den französischen stimmlosen Frikativ zu realisieren, sondern die alveolare Affrikate in das französische Adjektiv [ fr ɑ ̃ ns ɛ ] transferiert. Weiterhin lassen sich unterschiedliche Formen des französischen Adjektivs français und des Ländernamens [ f ʀɑ ̃ s ] nachweisen. Bm1931: [ ʒə parl fran ˈʃɛ z ə ] Bm1931: [ la frantsa mo ˈ dern ] Cw1952: [ frantsa ] Bw1975: [ frants ɛ ] Bm1931 neigt zu phonetischen Interferenzen in Bezug auf seine Berufsbezeichnung. Das französische Substantiv [ meds ɛ ̃ ] wird durch Bm1931 im Französischen [ m ɛ di ˈ t ʃ in ə ] artikuliert. Die Tatsache, dass er den Arztberuf ausübte, legt den Transfer der Berufsbezeichnung aus der Muttersprache in die Fremdsprache nahe. Das französische Substantiv [spesjalist] spricht er im Anlaut mit [ ʃ ] aus. Hierbei kann es sich jedoch um eine altersbedingte Ausspracheabweichung handeln. Das Substantiv wird in der rumänischen Sprache [ sp ɛ tsialist ] artikuliert. Bm1931: [ ʃ p ɛ tsija ˈ list ] Bm1931: [ ɨ n ʃ p ɛˈ tsial ] Auch wenn Aw1991 am ehesten zu phonetischen Abweichungen neigt, belegen nachfolgende Beispiele, dass Bm1991 und Dw1979 kaum Schwierigkeiten haben, Französisch normgerecht zu artikulieren. Bm1991: [ difi ˈ sil ] Aw1991: Dw1979: [ p ɔ liti ˈ sj ɛ ̃ ] Die Artikulation des französischen Adjektivs [difisil] erfolgt durch Cm1972 entsprechend des gewohnten muttersprachlichen Musters. 188 <?page no="189"?> Cm1972: [ pu ʀˈ mwa ʰɛ difi ˈ t ʃ il d ɛ ɛ kspli ˈ kat ] Cw1952 artikuliert das französische Adjektiv [ a ʀ g ɔ tik ] abweichend, indem der stimmhafte velare Plosiv [g] durch den stimmlosen Plosiv [k] ersetzt wird. Cw1952: [akotik] Auffällig ist im Gradatum (F - ) die regelmäßige Atrikulation der auslautenden Konsonanten. Bw1978: [paris] Bw1965: [ l ɛˈ pr ɛ mij ɛʀˈ pas ] «le premier pas» Im nachfolgenden Beispiel bildet Cw1952 sogar einen Diphtong, um ihr mangelndes Sprachwissen auszugleichen. 677 Cw1952: [ m ɛ para ŋɡ ɛ l sont ˈ mo ̯ art m ɛ nt ɛˈ nant ] «mes parents, elles [sic. ils] sont morts maintenant» Die Abweichungen im Vokalismus und im Konsonantismus sowie auf anderen Sprachebenen lässt bei den Untersuchungspersonen einen Migrationshintergrund erkennen. Anders verhält es sich bei den in Frankreich sozialisierten Sprecherinnen und Sprechern. Dw1979 berichtet zuvor, dass eine Korrektur des nach außen von Muttersprachlern stark hörbaren rumänischen apikoalveolaren Vibranten seitens der Lehrkraft eine psychische Belastungsprobe darstellte. Dennoch führte und führt auch noch zum heutigen Zeitpunkt das frühe Schuleintrittsalter bei Bm1991, Dw1979 und Cw2003 zu einer schnelleren und weitreichenderen sprachlichen Anpassung, die auf die Konfrontation mit der französischen Sprache in jungen Jahren zurückgeführt werden kann. Es lässt sich festhalten, dass ein gesteuerter Spracherwerb in Verbindung mit gezielten Ausspracheübungen zur Schulung des Artikulationsapparates führt und der Kontakt zu französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern in dieser Gemeinschaft einen deutlich positiven Effekt auf die Entwicklung der französischen Sprachkompetenz hat. Selbst wenn ein verstärktes Auftreten der phonetischen Abweichungen bei den Untersuchungspersonen des Gradatums (F+) in Zusammenhang mit Müdigkeit und Unkonzentriertheit steht, haben hauptsächlich jene Personen Ausspracheschwierigkeiten, deren französischer Spracherwerb ungesteuert verlief oder erst im Erwachsenenalter begann. Der gesteuerte Erwerb des Französischen als Fremdsprache in Rumänien hatte keinen positiven Effekt auf die Ausbildung einer korrekten französischen Aussprache. 677 Zur Bildung der Dipthonge im Rumänischen: Cf. Iliescu (2002 b: 148). 189 <?page no="190"?> 6.2 Analyse der Interferenzvarietäten im vertikalen Sprachkontakt Im vertikalen Sprachkontakt zwischen der rumänischen und französischen Sprache wenden die Untersuchungspersonen Ausweichstrategien und pragmatische Techniken an, die eine Unterhaltung auf Französisch vereinfachen, jedoch nicht immer zu der gewünschten französischen Sprachkompetenz verhelfen. 678 Das soziale Umfeld entscheidet darüber, ob sich fehlerhafte Strukturen im gesprochenen Französisch der Untersuchungspersonen etablieren können oder nicht. 679 Demnach weichen diejenigen gehäufter von der Norm ab, die unregelmäßig mit französischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern in Kontakt kommen. Eine annähernd der französischen Gebrauchsnorm entsprechende Sprachkompetenz haben die in Frankreich schulisch sozialisierten Untersuchungspersonen erreicht, wobei das Sprachmaterial nicht ausreichend ist, um diese Entwicklung abschließend bei Cw2003 und Cw2005 zu beurteilen. Sowohl die Zugehörigkeit der Untersuchungssprachen zu der romanischen Familie 680 als auch der fehlende gesteuerte Zweitspracherwerb erschweren das Erlernen französischer Strukturen auf allen Sprachebenen deutlich. Am häufigsten lassen sich bei den Rumäninnen und Rumänen des Gradatums (F - ) neben den phonetisch phonologischen Abweichungen im Bereich der Morphosyntax Fehlerquellen belegen, die sie teilweise durch die Aussagen in den Ebenen der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation bestätigen. 6.2.1 Gradatum (F+) und Gradatum (F - ) In der Gesamtheit weisen die dem Gradatum (F+) zugeordneten Untersuchungspersonen eine Variabilität 681 in der Tempuswahl auf, die im Gradatum (F - ) nicht annähernd repräsentiert ist. Neben der Verwendung des présent, passé composé und imparfaît ist im Gradatum (F+) das conditionnel présent und plus-que-parfaît sowie der subjonctif nachweisbar. Die unter- 678 Nachfolgend werden ausgewählte Beispiele aus den Sprecherinnen- und Sprecherzitaten aus den Kapiteln der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation analysiert. 679 Zur Sozialnorm: Cf. Coseriu (1975: 82 - 93) zit. n. Stehl (2012: 114). 680 Cf. Bossong (2008: 145, 247). 681 In den Zitaten der Untersuchungspersonen lassen sich für die französische Umgangssprache typische Charakteristika nachweisen, die auch in den Analysen anderer Beispiele zur Syntax der französischen Umgangssprache von Kiesler vorkommen. Dazu gehören unter anderem „ Unterordnung “ , „ Satzlänge “ , „ Expansion der NP “ , „ Erweiterungen der Verbalgruppe “ , „ Partizipialkonstruktionen “ , „ Nebenordnung “ , „ Schaltsatz “ . Kiesler (2013: 241). 190 <?page no="191"?> schiedlichen Formen des subjonctif finden sich unter anderem in den nachfolgend aufgeführten Zitaten. Dw1978: «Là oui, que je sois capable de qualifier l ’ accent. Il y a la Suisse, le Canada, je peux facilement reconnaître les Québécois.[. . .]» Dw1979: «Il fallait pas que tu aies de mauvaises notes, et il faut [sic. fallait] que tu aies 10, 10, 10, 10 sur 10 et franchement. [. . .]» Die Verwendung hypotaktischer Satzkonstruktionen wird in dem für das Gradatum (F+) repräsentativen Zitat von Aw1991 deutlich. In diesem sind typische Merkmale der gesprochenen Sprache wie beispielsweise die Substituentia 682 ça, die Einschübe „ déjà oui “ , der Beginn von Sätzen mit der Konjunktion „ Et “ , die Diskursmarker „ euh “ 683 „ Ben “ , „ Donc “ . In der Gesamtbetrachtung ist ein Text erkennbar, der für die gesprochene Sprache als komplex zu bewerten ist. Belegen lässt sich dies anhand der Wiederaufnahme der direkten Objekte durch Objektpronomen, der Partizipialkonstruktionen „ en parlant “ sowie der korrekten Bildung der Adverbien auf - ment. Nur geringfügig weisen Dw1978, Dm1978 und Bw1931 Abweichungen im Bildungsverfahren der Adverbien auf. Aw1991: «Euh, je pense que le gouvernement déjà oui devrait soutenir le roumain plus [sic. devrait plus soutenir le roumain" au sens où la culture est le plus écoulé, ça veut dire vide comme il le fait maintenant. Déjà écouler certaines idées. Je dis ça parce qu ’ il y a deux jours ou trois jours, je l ’ ai entendu à la radio. C ’ est un ministre des Affaires étrangères, un des ministres de Sarkozy, qui a dit à la radio clair et net en parlant des Tziganes: oui, qu ’ ils viennent de Roumanie ou de Yougoslavie “ , il dit ça, voilà et il continue et ça continue en fait avec „ la Roumanie, la Roumanie, la Roumanie. “ Et après, Sarkozy qui renchérit dessus avec: „ Les Tziganes de Roumanie “ . Il l ’ a dit clairement à la radio, à la télé. Donc, les gens voient ça et à mon avis, ça, arrêter de faire ces propos, enfin, dire ces propos [sic. tenir des propos], ce serait déjà bien, oui, après inciter à connaître la culture roumaine, oui. Parce qu ’ y a [sic. il y a]plein de gens qui pensent que le roumain, c ’ est une langue slave et je leur dis: „ Ben, non, le roumain, c ’ est une langue latine.» Bei dem Satzeinschub „ le fait de pas parler les dialectes “ in der Aussage von Dw1979 handelt es sich zwar nicht um einen „ Schaltsatz “ , jedoch um eine Parenthese, wodurch die Aussage komplexer wird. 682 Die Rolle von „ ça “ ist in dem Zitat von Aw1991 klar definiert und bezieht sich auf das Thema, so dass das Pronomen als typisches Merkmal der gesprochenen Sprache zu betrachten ist. Zur Rolle von ça, ce [. . .]il, elle als Substituentia: Cf. Kiesler (2013: 104). 683 Dennoch stellt die Betrachtung der Diskursmarker im Gradatum (F+) einen Sonderfall dar, zumal Aw1991 auf phonetischer Ebene diese nicht immer Französisch ausspricht. 191 <?page no="192"?> Dw1979: «En France, le fait de pas parler les dialectes, c ’ était une volonté politique, à la base. En Alsace, c ’ était une volonté politique des Français de ne pas enseigner, de ne plus enseigner, de ne plus parler l ’ alsacien à l ’ école parce qu ’ avant c ’ était allemand.» Während im Gradatum (F - ) regelmäßig Konjunktionen wie parce que, que sowie quand und diese phasenweise nicht gemäß der Gebrauchsnorm verwendet werden, sind im Gradatum (F+), neben den zuvor benannten, auch komplexere Konjunktionen wie beispielsweise tandis que und alors que nachweisbar. 684 In diesem Zusammenhang sind im nachfolgenden Beispielen die abweichende Verwendung der Relativpronomen und die fehlende Nutzung des unverbundenen Personalpronomens sowie die Substitution der Personalpronomen „ elle “ für „ il “ zu erwähnen. Bw1965: «J ’ ai connu ici des familles qui ont un peu des racines assez bourgeoises, on peut dire, qui j ’ ai discuté avec eux [sic. avec lesquelles j ’ ai discuté] ; en discutant avec [sic. eux fehlt], j ’ ai compris des réponses qui [sic. qu ’ ils] m ’ ont données dans un français [. . .6 assez cherché [sic. recherché] comme langue, tu vois. Ils te donnent pas des réponses simples comme ça, par exemple. Ce sont des choses, tu lui demandes, par exemple, tu es avec le mari à la maison? Elle te dit jamais «où est Madeleine? », elle [sic. il] te dit, «Vous avez pas vu mon épouse? C ’ est pas simple à [sic. de] parler en français, [. . .].» Bw1965: «[. . .]ils changent pas et ça me fait plaisir que [sic. quand] je les entends parler comme ça.» Bw1965: «ça nous solide [sic. renforce] [. . .] et puis le reste de la vie on [sic. le] passe dans la [sic. le] pays où on est, où on vit comme il faut.» Eine häufige Fehlerquelle im Gradatum (F - ) und phasenweise auch im Gradatum (F+) ist die Ellipse der Präposition 685 à und deren Substitution 684 Laut Kiesler (2013: 306) sind quand, parce que, pour que, même si, tellement que, comme si „ stilistisch neutral “ , wobei die Konjunktion tellement que von den Untersuchungspersonen dieser Arbeit überhaupt nicht benutzt wird. Als „ hochsprachlich markiert gelten “ ebd. (2013: 306) für die französische Sprache „ lorsque («surtout usité dans la langue écrite» Grevisse/ Gosse § 1136 d, ebenso Klein/ Kleineidam 1983, 239) [. . .] “ zit. n. Kiesler (2013: 306) pour ce que, afin que, crainte que, bien que, tant et si bien que, ainsi que, ebd. (2013: 306) was ein Marker für die Qualität des französischen Sprachwissens der Untersuchungspersonen ist, wenn das Sprachmaterial zu Grunde gelegt wird. Frequent sind die Konjunktionen alors que, même si bei Aw1991 und Bm1991 sowie tandis que bei Dw1979 nachweisbar. Même si und pour que werden sowohl von Dw1979, Bw1931 als auch von Dm1978 und bien que von Bw1978 verwendet. 685 Die Anzeige der „ Dativobjekte “ erfolgt im Französischen durch à, „ der Genitiv durch die Präposition de [. . .] “ . Schmitz (2006: 51) Neben der „ synthetischen Deklination “ können im Rumänischen „ auch analytische Formen für den Genitiv und Dativ “ Iliescu, Popovici (2013: 61) verwendet werden. 192 <?page no="193"?> durch die Präposition de, 686 worauf Bm1991 mit der metasprachlichen Bewertung verweist. Bm1991: «Ben, c ’ est différent quand on veut dire les mots. M. ta veste - beaucoup des [sic. de] gens disent «la veste à M». au lieu de dire «la veste de M»., c ’ est une vraie barbarie en français et beaucoup de gens le font.» 687 Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine Normabweichung, die im Sprachgebrauch eines ihm bekannten rumänischen Umfelds auftritt. Die Betrachtung ausgewählter Zitatausschnitte belegt diese Annahme. Bw1965: «On était obligé 688 à [sic. de] lire» (Rumänisch: a fi obligat s ă cites , ti) 689 Cw1952: «Ils sont obligés à parler» [sic. de] (Rumänisch: a fi obligat s ă vorbes , ti) Bw1965: «je préfère à [sic. ohne à] parler en français» (Rumänisch: a prefera s ă vorbes , ti) Bw1978: «j ’ essaie à [sic. de] parler» (Rumänisch: a încerca s ă vorbes , ti) Am1965: «J ’ essaie à [sic. de] traduire» (Rumänisch: a încerca s ă traduci) Bw1978: «Je voulais m ’ inscrire [sic. à fehlt] un cours à la Croix Rouge.» (Rumänisch: a se înscrie la un curs) Bw1978: «J ’ ai [sic. je] les pousse d ’ apprendre.» 690 [sic. pousser qn. à faire qch] 686 Die „ Ellipse von Präpositionen “ Kiesler (2013: 49) ist ein typisches Merkmal der Umgangssprache in den romanischen Sprachen. Cf. ebd. (2013: 49) Im Gradatum (F - ) tritt dieses Phänomen aufgrund des fehlenden gesteuerten Spracherwerbs auf. 687 Die Diskussion, „ ob umgangssprachliche Strukturen [. . .] dazu Anlass geben sollten, für das français familier das präpositionale Element à als registerspezifische Variante (Allomorph) des Genitivmarkers de zu interpretieren “ Gabriel (2000: 111), wird kontrovers geführt. „ Zu bedenken ist hierbei, dass auch die Standardsprache die Versprachlichung von HABEN-Relationen mit Hilfe von à kennt, und zwar dann, wenn als Possesum eine DP[+def] selegiert ist. “ ebd. (2000: 111) „ Bei Nomina, die keine Verwandtschaftsbeziehungen bezeichnen, aber neben ihrer referenziellen Rolle thematische Rollen wie AGENS oder THEMA zu vergeben haben, ist die umgangssprachliche Variante des Genitivs nicht möglich. “ ebd. (2000: 112). 688 „ Verben mit unterschiedlicher Infinitivergänzung “ Klein, Kleineidam (1994: 145 - 147) „ obliger qn à faire qc “ .- „ jdn. zwingen etw. zu tun “ , „ être obliger de faire qc. “ - „ gezwungen sein etw. zu tun. “ ebd. (1994: 146). 689 Die rumänischen Übersetzungen zeigen die Konjunktiventsprechungen und dienen der Veranschaulichung. 690 Das ausführliche Zitat in Discher (2013 a: 360). (2013 c: 20). 193 <?page no="194"?> Cw1952: «J ’ ai commencé de [sic. à] comprendre.» (Rumänisch: a începe s ă învet , i) Bw1975: «[. . .]j ’ ai travaillé trois fois plus pour arriver [sic. à fehlt] avoir la meilleure note.» Bw1965: «Il y a des amis qui préfèrent eux-mêmes qui savent pas bien parler français qui préfèrent à [sic. ohne à] parler toujours roumain. [. . .]» (Rumänisch: care prefera ˇ sa ˇ vorbeasca ˇ întotdeauna româna) Bw1931: «jusqu ’ au moment [sic. où fehlt] nous sommes arrivées.» (Rumänisch: pân ă în momentul în care am ajuns) Dm1978: «[. . .] ils tendent [sic. à fehlt] penser» Bw1965: «plus facile à [sic. de] parler» (Rumänisch: este foarte us , or s ă vorbes , ti) Eine weitere Schwierigkeit im französischen Zweitspracherwerb dieser Migrantinnen bzw. Migranten stellt das Erlernen von französischen Verben mit Infinitivergänzungen dar. 691 Immerhin sind die Untersuchungspersonen in ihrer Muttersprache nicht daran gewöhnt, Infinitivkonstruktionen in der Häufigkeit zu verwenden, wie es im Französischen notwenig ist. 692 Weitere Abweichungen zeichnen sich in den französischen Diskursen der geringer qualifizierten Arbeitskräfte ab. Cm1972 kombiniert die französische Präposition „ par “ mit dem rumänischen Substantiv, wohingegen Bw1952 der rumänischen Präposition de 693 das französische Substantiv exemple anschließt. 694 Cm1972: «par exemplu» [sic. par exemple] Bw1952: «de exemple» Die lokale Präposition en wird im Französischen „ bei femininen Namen von Ländern und Kontinenten “ 695 und „ bei maskulinen Ländernamen mit vokalischem Anlaut “ 696 verwendet. Am1964 und Bw1965 kennen diesen Unterschied nicht. Am1964: «à Moldavie [sic. en]» (Rumänisch: în Moldova) 691 Zum Infitnitv in der rumänischen Sprache: Iliescu, Popovici (2013: 289 ff.) Hinweis: „ A putea ‚ können ‘ ist das einzige rumänische Modalverb, das in der Standardsprache die Wahl zwischen einem Verb im Konjunktiv oder im Infinitiv erlaubt. “ Iliescu, Popovici (2013: 285). 692 Im Rumänischen wird der Konjunktiv häufiger als der Infinitiv verwendet. Cf. Iliesu, Popovic (2013: 289). 693 Dex S. 356. 694 de exempluin Rumänisch: par exemplein Französisch. 695 Klein, Kleineidam (1994: 173). 696 Ebd. (1994: 173). 194 <?page no="195"?> Bw1965: «J ’ étais à [sic. au] Portugal.» (Rumänisch: în Portugalia) Am1965: «[. . .] je ne peux pas [sic. me fehlt] décider au [sic. en] dehors de la France.» Die Verwendung der Präposition pour in den nachfolgenden Beispielen könnte als semantische Übertragung aus dem Rumänischen bewertet werden. 697 Bw1978: «Ils ont des difficultés pour [sic. avoir des difficultés à faire qch.] apprendre.» Bei den geringer qualifizierten Arbeitskräften treten häufiger unvollständige französische Satzkonstruktionen auf, die sowohl durch Ellipsen von Präpositionen als auch von Verben zum Vorschein kommen. Cm1972 berichtet vom Fremdsprachenunterricht in seiner Kindheit und verwendet zur Beschreibung des vergangenen Geschehens das présent. Zur Bezeichnung der Sprache wird anstatt des Adjektivs russe fälschlicherweise das Nomen Russie und bei Bm1975 anstatt des Adjektivs sénégalais das Nomen Sénégale benutzt. Cm1972: «[. . .]on est obligé [sic. forcé] de [sic. Verb fehlt] Russie[sic. en russe].» Bm1975: «[. . .] il y a des jargons, empruntés de [sic. à] l ’ arabe, de Sénégale [sic. au sénégalais], [sic. à d ’ ] autres langues, [. . .] même l ’ accent n ’ est pas pareil.» Bw1978 grenzt die französischen Präpositionen parmi und entre semantisch nicht voneinander ab und verwendet die französische Präposition dans. Bw1978: «dans les personnes» Es liegt die Vermutung nahe, dass hier eine Ausweichstrategie zur Anwendung kommt in der Hoffnung, einen phonetischen Transfer aus dem Rumänischen ins Französische zu vermeiden. Der Vergleich zwischen der französischen Präposition entre und der rumänischen Entsprechung între 698 verdeutlicht, dass sich diese Präpositionen lediglich durch den anlautenden Vokal unterscheiden. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit 697 „ Mithilfe von pentru werden Angaben des Zwecks oder der Bestimmung gemacht. “ Iliescu, Popovici (2013: 354). 698 „ Între kann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Menge ausdrücken. “ ebd. (2013: 351) oder dient den „ Lokal- und Temporalbestimmungen “ . Ebd. (2013: 351.) 195 <?page no="196"?> möchte Bw1978 einen phonetischen Fehler vermeiden und ersetzt entre durch dans. 699 Auch Dw1978 und Bw1931 lassen in den nachfolgenden Syntagmen die Präposition de aus, obwohl bei diesen Untersuchungspersonen davon auszugehen ist, dass es sich tatsächlich um ein Merkmal der gesprochenen Sprache handelt, die regelmäßig mit verkürzten Formen auskommt. Dw1978: «dès qu ’ on sort [sic. de] l ’ Institut» (Rumänisch: a ies , i din institut) Bw1931: «Les gens [sic. d ’ fehlt] origine maghrébine» Bw1931 orientiert sich in ihrer Aussage über ihre damalige Schwimmaktivität an der rumänischen Sprache, in der sie an das Verb a termina die Präposition cu anschließt. Bw1931: «Ensuite, j ’ ai fini avec la natation.» [sic. J ’ ai arrêté la natation] Die Aussage ist verständlich, jedoch grenzt Bw1931 weder die semantische Opposition finir und arrêter ab, noch hat sie Kenntnis von der französischen idiomatischen Wendung arrêter la natation, was zu der Übertragung der rumänischen Struktur a termina cu cineva, cu ceva 700 ins Französische führt. Bei Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) fallen regelmäßig Abweichungen in der Verwendung des Partitives de auf, der entweder weggelassen wird oder nicht entsprechend des grammatischen Regelwerks zur Anwendung kommt. 701 Phasenweise sind Abweichungen auch bei Untersuchungspersonen im Gradatum (F+) zu bemerken. Dm1978: «Beaucoup des [sic. de] gens.» Bw1978: «plein [sic. de fehlt] gens “ - „ plein [sic. de fehlt] metiers» Bw1978: «On a emprunté trop des [sic. de] mots anglais. [. . .]» Bw1965: «[. . .]ce sont des Roumains qui font beaucoup des [sic. de] fautes mais des Français aussi ils font beaucoup d ’ erreurs.» Bw1965: «il y avait beaucoup des [sic. de] problèmes» 699 Im Französischen wird „ Entre + NG Plural [. . .] “ verwendet „ mit Bezug auf Personen eine Gruppe, bei der wechselseitige Beziehungen betont werden. “ „ Parmi+NG Plural “ wird verwendet „ mit Bezug auf Personen eine Gruppe, bei der wechselseitige Beziehungen keine Rolle spielen. “ Klein, Kleineidam (1994: 173) Die Präposition dans wird unter anderem entweder „ bei maskulinen Provinznamen “ oder „ bei den Namen der Departements “ verwendet. ebd. (1994: 174). 700 Aufgeführt in: Dex (1998: 1086). 701 „ Im Unterschied zum Französischen macht das Rumänische keinen Unterschied zwischen zählbaren und unzählbaren Substantiven, d. h. dass im Rumänischen in beiden Fällen der 0-Artikel steht, während im Französischen vor den unzählbaren Substantiven der partitive Artikel benützt wird. “ Iliescu (2002: 170). 196 <?page no="197"?> Charakteristisch für die rumänische Sprache ist weiterhin, dass die femininen Substantive sowie die femininen Adjektive unter anderem im Singular auf ă und a enden. 702 Dieser Verwendung entsprechend kann a in folgenden Beispielen als Flexionsmorphem gelten, um den femininen Status sowohl von Substantiven als auch von Adjektiven, im Gradatum (F - ) zu markieren. 703 Dieses Phänomen taucht zwar nicht häufig auf, lässt sich aber auch, bei weiteren Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) nachweisen. Cw1952: [ ʒɛ swi ro ˈ m ɛ na ] Bm1952: [ la la ŋˈ g ɛ ro ˈ m ɛ na ] Cw1952 [ ʒɛ d ɛ ko ˈ pina ] Cm1979: [ ɛ l ɛ la ˈ tina ] Eine regelmäßig abwechselnde Substitution der Präposition „ ils “ für „ elles “ oder deren Auslassen - und umgekehrt - ist bei Cm1972 nachweisbar. Den Untersuchungspersonen fällt es regelmäßig schwer, die maskulinen und femininen französischen Subjektpronomen zu differenzieren. Cm1972: «Les petites parlent français. Les deux, [. . .] juste les filles, parce qu ’ ils [sic. elles] sont scolarisées ici. “ Cm1972: «Ils [sic. elles] peut [sic. peuvent] travailler, les filles.» Ein Vergleich zu den rumänischen Subjektpronomen 704 verdeutlicht, dass ein Transfer aus der Muttersprache ausgeschlossen ist. Dieses sprachliche Phänomen scheint allein auf das mangelnde französische Sprachwissen zurückzuführen zu sein. Dieses bezieht sich auch auf die Genusmarkierung der Substantive und auf die Verwendung der Demonstrativpronomen. Im Rumänischen ist das Nomen „ t , ara “ zur Bezeichnung des Landes im Gegensatz zum Französischen feminin markiert. In der Aussage von Cm1979 ist die fehlerhafte Verwendung des Possessivpronomens sa vor dem Substantiv pays als ein Transfer aus der Muttersprache zu bewerten. Es zeigt sich ferner die Dislokation des nominalen Subjektes und die Wiederaufnahme durch das Pronomen. 705 702 Zur Markierung der Feminina: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 41 ff, 93.). 703 Discher (2013 a: 365). 704 „ eu, tu, el/ ea, noi, voi, ei/ ele “ Iliescu, Popovici (2013: 111). 705 Im vorliegenden Beispiel berichtet Cm1979 von der Beziehung zu seiner Mutter, die in Italien lebt und zu der er als einziges rumänisches Familienmitglied Kontakt hegt. Das Phänomen der „ Dislokation mit Wiederaufbzw. Vorwegnahme “ Kiesler (2013: 103) [Orig. Fettdruck] wird kontrovers betrachtet. Im vorliegenden Fall erfolgt 197 <?page no="198"?> Cm1979: «Ma mère, elle habite en Italie. Elle a quitté sa [sic. son] pays aussi.» Auch Bw1978 ist sich in der Verwendung der Possessiva nicht immer sicher. Bw1978: «Dans mon [sic.] école, on fait tous les deux.» Bw1930: «Écoutez, la France, en général, elle t ’ accueille très bien ça je peux vous dire que [sic. ni] moi personnellement ni mon mari, on a jamais eu des [sic. de] problèmes de rejet de la part des Français.» Im weiteren Interviewverlauf erfolgt vor dem Substantiv pays durch Cm1979 jedoch eine normgerechte Verwendung des maskulinen Demonstrativpronomens ce, so dass diese Abweichung nicht als dominierend zu werten ist. Cm1979: «Je suis né dans ce pays là et puis, ce pays là [. . .].» Im Gradatum (F - ) fällt regelmäßig eine abweichende Bestimmung der Genera auf. Bm1931: «le [sic. la] langue d ’ oc et le [sic. la] langue d ’ oïl» Cm1979: «qui prend la [sic. le] pouvoir» (Rumänisch: puterea 706 ) Damit einher geht die unkorrekte Verwendung der unbestimmten Artikel. Cm1972: «Si je parle avec un [sic. une] personne française» (Rumänisch: o persoan ă (fem.)) Bw1975: «J ’ ai du mal à faire une [sic. un] courrier en roumain.» Bw1952: «J ’ ai emprunté une [sic. un] livre.» (Rumänisch: o carte (fem.)) Dw1978: «C ’ est une bonne [sic. un bon] exercice.» Dm1978: «Le Roumain à 80 pour cent il m ’ arrive lorsque je travaille dans une [sic. un] milieu uniquement francophone là que je pense en français.» Cm1979: «[. . .]Il y a une [sic. un] charme qui passe.» Am1965: «[. . .] Moi, c ’ est plus pour apprendre un [sic. une] autre langue» durch den Sprecher tatsächlich eine bewusste Pausensetzung zwischen dem Subjekt ma mère und dem Pronomen elle. Kaiser bestätigt, dass Pausen der Hervorhebung des Subjektes dienen können. Cf. Kaiser (2008: 316) In seinem Beitrag ebd. (2002: 305 - 326) eröffnet er die Diskussion „ eines möglichen Affixstatus der klitischen Personalpronomina “ , Kaiser (2008: 316) auf die an dieser Stelle nicht näher einzugehen ist. 706 Zur Markierung der rumänischen Feminina: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 41 ff, 93). 198 <?page no="199"?> Häufig sind im Gradatum (F - ) Fehlerquellen bei der Konjugation französischer Verben, bei der Bildung von Partizipien und reflexiven Verbformen auffällig. Bw1965: «Moi, j ’ ai [li] [sic. j ’ ai lu] des traductions de roumain en français [. . .].» Bw1952: «J ’ ai commencé à appris [sic. à apprendre]» Bw1978: «J ’ ai ouvri [sic. ouvert] un site Internet.» Cm1972: «Ils peut [sic. peuvent] pas [sic. se] débrouiller.» (Rumänisch: a se ajuta) Bm1931: «Je suis habitué avec la langue.» [sic. je me suis habitué à ou je suis habitué à la langue]» Aw1964: «[. . .] ça me rappelle toujours avec [sic. ohne avec] ma mère. La relation avec ma s œ ur, ça me rappelle [sic. rappeler qch à qn.] toujours le lieu de l ’ enfance.» Cw1952: «[. . .] je ne veux pas qu ’ elle disparaît [sic. disparaisse]. C ’ est normal, c ’ est en roumain. Oui, parce que j ’ ai commencé à appris [sic. apprendre] le français très tard.[. . .]» Im Gradatum (F - ) werden Berichte aus der Vergangenheit häufig nur mit dem passé composé wiedergegeben, obwohl die Grundformen des imparfait in den französischen Zitaten nachweisbar sind. Im nachfolgenden Zitat bildet Cm1972 das passé composé nicht korrekt. Cm1972: «Je suis [sic. je n ’ ai pas été] pas été au [sic. en] Suisse.» Bw1952 bildet das passé composé auch bei „ Verben der Bewegungsrichtung oder des Verweilens “ 707 ohne être. Bw1952: «J ’ ai [sic. suis] rentré[e] dans [sic. à] la maison.» (Rumänisch: eu am intrat în cas ă ) Die Vergangenheitsform der reflexiven Verben wird häufig mit dem Auxiliar avoir gebildet, was als eine Übernahme aus dem Rumänischen zu werten ist. 708 Auch Bw1931 orientiert sich bei der Bildung der Vergangenheit an der Muttersprache und verwendet im Französischen dafür abwechselnd avoir und être. Bw1931: «Je m ’ avais [sic. me suis forcée] forcé.»; «Je me suis forcée.» (Rumänisch: a se for ţ a = m-am for ţ at) 707 Klein, Kleineidam (1994: 117). [Orig. Fettdruck]. 708 Im Rumänischen wird das perfect compus stets nach dem Prinzip: Form des Hilfsverbs a avea ( „ am, ai, a, am, at , i, au “ ) und Partizip vom Verb gebildet. Iliescu (2002 b: 153) Die Bildung des Perfekts mit Formen des Verbs a fi (être) sind unbekannt. 199 <?page no="200"?> Bw1931: «[. . .], quand j ’ ai passé [sic. je suis passée] de l ’ autre côté dans la partie de l ’ aéroport international [. . .].» Eine andere Form der Bildung der Vergangenheit ist die Verwendung des Perfekts bei Cm1979, der sowohl die Partizipform als auch das imparfait von avoir verwendet, um über das Erlernen der Sprache in seiner Vergangenheit zu berichten. Cm1979: «[. . .] la langue française, je l ’ ai avais [sic. ohne avais] appris [sic. apprise] avec les gens dans la rue.» Bm1965 leitet im nachfolgenden Satz mit dem direkten Objektpronomen l ’ das Akkusativobjekt ein und benennt das Objekt erneut mit dem Substantiv la langue. 709 Bw1965: «Je l ’ ai appris [sic. apprise], la langue roumaine depuis toute petite.» Bw1975: «La langue italienne [. . .], je l ’ ai appris [sic. apprise] à l ’ âge de 4 ans.» Im Französisch von Bm1931 wird die Verwendung des rumänischen Verbs „ a profesa “ zur Bildung des passé composé deutlich, wobei im Französischen das Verb professer die Bedeutung offen bekunden hat. Bm1931: [ ka ŋ g ʒɛ prof ɛˈ s ɛ la m ɛ d ˈ t ʃ in ə ] [sic. j ’ ai exercé la médecin]. (Rumänisch: când am profesat medicina) Auch wenn beispielsweise im français suisse die „ Bildung des Futur composé nicht mit aller, sondern mit vouloir (Suisse romande) “ 710 erfolgen kann, verfährt Cw1952 im Gradatum (F-) genau nach diesem Muster. Die Bildung des Futurs mit vouloir tritt auch bei Untersuchungspersonen in Erscheinung, die bisher nicht in der Schweiz gewesen sind und kann als Transfer aus dem Rumänischen bewertet werden. 711 Cw1952: «[. . .] Je veux déménager pour une autre région pas [sic. que] Paris parce que c ’ est moins cher et pour la tranquillité.» In den französischen Diskursen der Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) treten gehäuft Abweichungen bei der Stellung der Satzglieder auf. Dies könnte auf eine im Rumänischen typische Besonderheit zurück- 709 Die „ Linksversetzung des nominalen direkten Objekts (Fr.) “ Kiesler (2013: 111) ist typisch für das français familier. Cf. ebd. (2013: 110). 710 Pöll (1988: 14). 711 Die Bildung des Futur I erfolgt im Rumänischen durch „ <voi + Infinitiv> “ . Diese Form ist stilistisch hoch markiert. Cf. Iliescu, Popovici (2013: 281). 200 <?page no="201"?> zuführen sein, die besagt, dass Umstandsbestimmungen „ [. . .]unspezifisch mit dem regierenden Verb verbunden sind. “ 712 Bw1952: «J ’ ai commencé de [sic. à bien] comprendre bien mais c ’ était difficile de parler.» 713 Cw1952: «C ’ est mieux de parler beaucoup des langues [sic.de] pour comprendre tout [sic. tout comprendre].» Dw1978: «Ceux qui viennent peut être des familles dans lesquelles on ne peut pas parler bien [sic. bien parler] la langue.» 714 Bw1965: «Mais je peux écrire mieux [sic. je peux mieux écrire] en roumain pour moi c ’ est mieux d ’ écrire en roumain.» Vereinzelt lässt sich dieses Phänomen auch im Gradatum (F+) nachweisen. Aw1991: «Euh, je pense que le gouvernement déjà oui devrait soutenir le roumain plus [sic. devrait plus soutenir le roumain] [. . .].» Bw1931: «Mais les Bretons, il faut savoir que jusqu ’ à il y a pas si longtemps, les vieux savaient pas parler bien [sic. pas bien parler] le français, [. . .]» Aw1964, Bw1952 sowie Cw1952 ist das Bildungsverfahren des Adverbs mittels des Suffixes -ment 715 phasenweise unbekannt. Im Vergleich zu seiner Ehefrau Aw1964, die das unverbundene französische Personalpronomen moi zur Verstärkung benutzt, orientiert sich Am1965 an seiner Muttersprache, in dem er «je» als Hervorhebung verwendet. 716 Am1965: «Je préférerais m ’ installer ailleurs. Je, pour l ’ instant, je ne peux pas [sic. me fehlt] décider au [sic. en] dehors de la France. Je suis pas content de ma vie ici.» Aw1964: «Moi, personnel.» [sic. personnellement] (Rumänisch: Eu personal) Bw1978: «C ’ est la partie Nord, ils parlent très lentement, très calme [sic. calmement]. [. . .] En fait, le Sud dans la Roumanie [sic. dans le Sud de la Roumanie], ils parlent la vraie langue roumaine, la plus correcte grammaticale [sic. grammaticalement] tout ça, tu vois.» 712 Sandu (1993: 124). 713 Die Positionierung des Adverbs bien nach comprendre ist im Französisch eher ungeläufig. Cf. Batchelor, Offord (2000: 218). 714 „ bien/ mal/ mieux “ „ stehen links vom Participe passé und vom Infinitiv. “ Klein, Kleineidam (1994: 158). 715 Diese Endung ist dem Rumänischen als Gallizismus bekannt. Cf. Metzeltin (2010: 17). 716 Im Gegensatz zum Französischen wird im Rumänischen das Subjektpronomen zur Abgrenzung verwendet. Cf. Iliescu, Popovici (2013: 112). 201 <?page no="202"?> Cw1952: «Ah non, je parle, moyen [sic. moyennement], la grammaire est très difficile et la langue est très riche. Donc, j ’ ai fait des efforts pour écrire et pour parler.» Bw1952: «Naturelle [sic. naturellement], je suis bien maintenant, [. . .].» (Rumänisch: în mod natural) Cw1952: «Les petites parlent impeccable [sic. impeccablement] français. Elles parlent très bien, [. . .] oh là là, merveilleuses. [. . .] C ’ est, ils sont obligés [sic. elles sont obligées] à [sic. de] parler à la maternelle.» Dw1978: «Le roumain est beau et riche, mais intellectuellement différemment [sic. différent] par rapport au français. [. . .].» Dw1978: «[. . .]J ’ ai essayé cette blessure de communication [sic.] en roumain. Assez souvent je pense que c ’ est une étape transitoire, ça va parfait [sic. parfaitement] mais pour l ’ instant, quand je parle en français cela me donne mon état mental.» [sic.] 6.2.2 Semantische Konzepte Für das Erlernen einer Sprache sind kulturelle Erfahrungen unabdingbar. Der Analyse der semantischen Konzepte kommt somit in der Migrationslinguistik eine besondere Bedeutung zu. In einer Untersuchung zur kontrastiven Semantik weist Grein auf die Notwendigkeit hin, drei grundlegende Positionen zur Erfassung der „ Relation zwischen sprachlichem Zeichen, also dem Lexem, und seiner Bedeutung “ 717 miteinander zu verbinden. Nur auf diese Weise könne der moderne Fremdsprachenunterricht auf Besonderheiten im Kontakt zwischen verschiedenen Sprachen hinweisen. Saussure geht davon aus, dass das signifié als „ Langue-Einheit “ 718 seine „ spezifische Bedeutung aus der Abgrenzung gegen andere (verwandte) signifiés “ 719 erfährt. Erst in Verbindung mit dem signifiant, der lautlichen Realisierung komplettiert sich das Sprachzeichen. 720 Die alleinige Differenzierung des Sprachzeichens in signifié und signifiant 721 ohne dabei die 717 Grein (2007: 37) In ihrem Aufsatz lehnt sich Grein an Meibauer (2002) an, wobei dieser Autor tiefgehender die realistische und kognitivistische Auffassung zur Erklärung der Bedeutung von Lexemen erläutert. (Cf. Meibauer (2002: 68 - 75). 718 Adamzik, Kirsten (2001: 54). 719 Ebd. (2001: 53). 720 Cf. ebd. (2001: 50 ff.). 721 Saussure: „ Nous appelons signe la combinaison du concept et de l ’ image acoustique: mais dans l ’ usage courant ce terme désigne généralement l ’ image acoustique seule, par exemple un mot (arbor, etc.). On oublie que si arbor est appelé signe, ce n ’ est qu ’ en tant qu ’ il porte le concept «arbre», de telle sorte que l ’ idée de la partie sensorielle implique celle du total. L ’ ambiguïté disparaîtrait si l ’ on désignait les trois notions ici 202 <?page no="203"?> individuelle und kulturelle Erfahrung der Menschen miteinzubeziehen, ist nicht ausreichend, da „ sich [so] lediglich das sprachliche Zeichen von Sprache zu Sprache unterscheiden [würde]. “ 722 Aus diesem Grund schlägt Greiner vor, dem Holzkampschen Ansatz (1973) zu folgen, der besagt, dass Bedeutungen erst durch die Wahrnehmung selbst generiert werden können. 723 Somit rückt die Wahrnehmung in den Fokus. Diese wird durch jeden Menschen selbst konstruiert und dabei durch seinen Lebensort beeinflusst. Im Sprechakt kommt dann die jeweilige Interpretation des Wahrgenommenen unter anderem durch die Wahl der Lexeme zum Ausdruck. 724 Die Wichtigkeit den kulturellen Aspekt im Fremdsprachenerwerb zu berücksichtigen, 725 belegt das Beispiel von Dw1978, die zur Beschreibung des Wortes ţ ur ţ ur im Französischen weder frange de glace noch stalactite de glace als geeignet befindet. Sie weist darauf hin, dass für typische rumänische Traditionen und kulturelle Eigenschaften keine französischen Äquivalente bestehen und dadurch eine Kommunikation beeinträchtigt sein kann. 726 Die Bedeutung eines rumänischen Wortes zu erklären, scheitert auf Seiten französischer Muttersprachlerinnen bzw. Mutterspachler an der fehlenden Kenntnis der verankerten Kulturtraditionen in der östlichen Romania. Dietrich (1995) weist in seinem Beitrag auf die Notwendigkeit hin, weitere Abgrenzungen der Wortfelder im Vergleich zu anderen romanischen Sprachen durchführen zu müssen. 727 Das Verb a s , ti wird im Rumänischen in Zusammenhängen verwendet, die über eine Gegebenheit informieren, wenn eine Person etwas bemerkt oder über etwas Bescheid weiß. Es wird auch in der Bedeutung verwendet, en présence par des noms qui s ’ appellent les uns les autres tout en s ’ opposant. Nous proposons de conserver le mot signe pour désigner le total, et de remplacer concept et image acoustique respectivement par signifié et signifiant; ces derniers termes ont l ’ avantage de marquer l ’ opposition qui les sépare soit entre eux, soit du total dont ils font partie. Quant à signe, si nous nous en contentons, c ’ est que nous ne savons par quoi le remplacer, la langue usuelle n ’ en suggérant aucun autre. “ Saussure (1974: 99 - 100). 722 Grein (2007: 38). 723 Cf. Holzkamp (1973: 26) zit. n. Grein (2007: 37 - 38). 724 Cf. Grein (2007: 38). 725 Cf. ebd. (2007: 41). 726 Womöglich ist hier ein Zusammenhang zur Ostslawischen Mythologie zu sehen, in der ţ ur ţ ur, der „ Eiszapfen “ , die Träne des Väterchen Frosts darstellt und ein Gefühl bei der Sprecherin hervorruft, welches aus der Tradition Rumäniens stammt. Zur Ostslawischen Mythologie: Russlandjournal.de: http: / / www.russlandjournal. de/ typisch/ russische-figuren/ vaeterchen-frost/ (13. 03. 13). 727 Cf. Dietrich (1995: 147). 203 <?page no="204"?> um den Bekanntheitsgrad einer Person anzugeben. 728 Das Verb a cunoas , te ist zu gebrauchen, wenn es um den Erwerb von Kenntnissen geht oder um zu wissen, wer jemand ist. Außerdem wird es verwendet, um jemanden zu identifizieren, kennenzulernen oder etwas auseinanderzuhalten. 729 Cw1952 berichtet im nachfolgenden Zitat unter Verwendung des Verbs connaître über eine Person, die ihren rumänischen Migrationshintergrund nicht erkennt. Cw1952: «Il connaît [sic. sait] pas que je habite en France.» 730 Cm1972 verwendet das französische Verb connaître, um seine mangelnden Sprachkenntnisse zum Ausdruck zu bringen, die auf einen fehlenden gesteuerten französischen Zweitspracherwerb zurückzuführen sind. Cm1972: «[. . .] en langue roumaine on prononce toutes les lettresje peux pas connaître [sic. savoir], j ’ ai pas fait une école.» [sic. je n ’ ai pas été à l ’ école] „ Savoir und connaître gehören zum Bedeutungsbereich der verbalen Erfassung geistiger Tätigkeiten. “ 731 In der französischen Sprache wird die „ binäre Opposition “ savoir und connaître durch die Beziehung zum Objekt definiert. 732 Die Kenntnis des Verbs connaître bezieht sich auf ein konkretes Objekt, wohingegen sich diese bei savoir auf eine virtuelle Tätigkeit beschränkt. 733 Die durch connaître gewonnene Erkenntnis ist eher mit der Außenwelt in Zusammenhang zu bringen, wobei savoir eine reflexive Erkenntnis meint. Als differenzierendes Merkmal dieser Opposition schlägt Dietrich „ für savoir das Merkmal ‚ + destinativ ‘ , für connaître ‚- destinativ ‘ vor. “ 734 Durch die rumänischen Französischsprecherinnen bzw. -sprecher wird diese “ binäre Opposition “ nicht immer erkannt. Möglicherweise liegt dies darin begründet, dass die Art der Kenntnis in der rumänischen Sprache eher in Bezug auf das Verhältnis zum Subjekt definiert ist. 735 Die in Frankreich sozialisierten Untersuchungspersonen 728 Eigene Übersetzung des Wörterbucheintrages. (DEX-online). 729 Ebd. 730 Cw1952 spricht [ ʒɛ abit ]. 731 Dietrich (1995: 142). 732 Cf. Dietrich (1995: 145). 733 Cf. Dietrich (1995: 145). 734 Dietrich (1995: 145). 735 Blumenthal schreibt dem Wort eine „ Ordnung stiftende Leistung “ Blumenthal (2006: 18) zu. „ Jedes Wort ist aber auch Gegenstand verschiedener Formen sprachlichen Wissens [. . .], und das von ihm Bezeichnete ist Gegenstand von Weltwissen (oder «enzyklopädischem» Wissen») [. . .]. “ Blumenthal (2006: 18). Somit könnte das fehlende französische Sprachwissen auch eine Erklärung für den semantischen Transfer sein. 204 <?page no="205"?> identifizieren die semantische Opposition zwischen savoir und connaître problemlos. Dw1979: «Même le paysan du coin, il va savoir te parler en français.» Dw1979: «Je sais reconnaître l ’ accent bordelais»; «les gens qui vont te savoir parler en français.» [sic. les gens qui vont savoir te parler] Aw1991: «Ils savent plus comment dire chambre.» Bm1991: «En fait, presque personne, jusqu ’ à aujourd ’ hui, sait que je suis roumain.» Dw1978: «Vous savez [sic. connaissez] Cioran le philosophe roumain qui a vécu en France? » Denjenigen, die ein Französischstudium absolviert haben und im späteren Alter nach Frankreich gezogen sind, gelingt diese Differenzierung nur phasenweise. Die zuvor bezeichnete Schwierigkeit, die semantische Opposition zwischen savoir und connaître zu identifizieren, belegt, dass ein gutes semantisches Verständnis in der Fremdsprache einer langjährigen Spracherfahrung bedarf. 736 6.2.3 Die Diskursmarker Die Diskussion um die „ Bedeutung “ der Diskursmarker wurde in den 70er Jahren bereits von Gülich geführt. In ihren Analysen stellt sie die „ Bedeutung und Funktion der verschiedenen Gliederungssignale in der gesprochenen französischen Sprache “ 737 vor. Aufgrund des umfangreichen Forschungsstandes teilt Klaeger die Auffassung, dass eine klare Abgrenzung der „ Definitionen von Diskursmarkern “ 738 nicht möglich sei. Es wird davon ausgegangen, dass Diskursmarker zur Strukturierung der Rede dienen. Sie „ stellen zudem eine Verbindung her zwischen der Äußerung und dem mentalen Diskursmodell des Hörers, in das z. B. auch Weltwissen, Wissen über den Sprecher (bzw. die Sprecher-Hörer-Relation) und vorhergehende Interaktionen eingespeist sind. “ 739 In der Pragmatik der Variation wurde in ausgewählten Zitaten demonstriert, inwieweit die Diskurse der Rumäninnen und Rumänen die für die gesprochene Sprache typischen Merkmale aufweisen. 736 Im Sprachmaterial sind insbesondere semantische Fehltransfers im Gradatum (F - ) nachweisbar, wie beispielsweise bei Aw1964 donner plaisir versus faire plaisir, bei Bw1965 pouvoir versus savoir; bei Cm1972 demander versus commander sowie comprendre versus remarquer bzw. reconnaître. 737 Gülich (1970: 15). 738 Klaeger (2012: 74). 739 Klaeger (2012: 75). 205 <?page no="206"?> Für die vorliegende Arbeit ist es besonders wichtig herauszustellen, wie häufig Diskursmarker in den französischen Gradata nachweisbar sind und inwiefern ihre Verwendung in der Zweitsprache als ein Zeichen des sprachlichen Integrationsstands gewertet werden kann. In dem Transkriptionsmaterial ist auffällig, dass die in Frankreich sozialisierten Rumäninnen und Rumänen zur Strukturierung der mündlichen Rede neben passe partout Wörtern und Verzögerungsmarkern ebenso Diskursmarker einsetzen. Dw1979 leitet ihre Aussage unter der Verwendung des marqueur d ’ hésitation 740 ben ein. Markant ist die häufige Nutzung des Gliederungssignales tu vois, das in dem vorliegenden Zitat dazu dient, die Aufmerksamkeit des Gesprächspartners an sich zu binden. Außerdem versucht Dw1979 auf diese Weise, den Kommunikationsablauf zu steuern, indem sie sich rückversichert, ob der Interviewer dem Geschehen folgt. Immerhin diskutiert sie eine emotional vorbelastete Thematik mit einer ihr unbekannten Person. Dw1979: «Ben, comment, tu vois, on a enlevé un truc pour le remplacer par quelque chose d ’ autre mais pour les Roumains, tu vois, c ’ est pas la démocratie, Coca Cola. Je sais pas c ’ était hyper dur, je trouve. “ (. . .) „ J ’ arrive pas à trouver d ’ autre truc, je sais pas tu vois.» „ Als Diskursmarker hat quoi hat einen Skopus, d. h. es verbindet sich bei einem Vorkommen mit einem Ausdruck, ohne den es nicht vorkommen könnte. “ 741 Hölker verweist in seinen Ausführungen darauf, dass der Skopus in Form einer Zusammenfassung erfolgen kann 742 , was in der Aussage bei Dw1979 unter Verwendung von quoi tatsächlich zutrifft. Dw1979: «Ben, j ’ ai pas l ’ impression que je suis pas la même personne quand je parle français que quand je parle roumain, tu vois? Je pense que quand je parle roumain, vu que c ’ est la langue de mon enfance, aussi, tu vois, c ’ est lié à des choses différentes dans ma vie, quoi. [. . .]» Die Analyse des Datenmaterials hinsichtlich der Verwendung von Diskursmarkern zeigt ein relativ häufiges Vorkommen von quoi. Gülich bestätigt die Annahme Hölkers und sieht in der „ Verwendung von quoi als Schlußsignal “ 743 eine für das gesprochene Französisch typische Charakteristik. 744 Die Diskurse von Bm1991 und Dw1979 sind durch ein frequentes Auftreten unterschiedlicher Diskursmarker, Verzögerungsmarker und passe partout-Wörter gekennzeichnet, wohingegen deren Verwen- 740 Zum marquer d ’ hésitation: Cf. Mithatsch (2006: 166). 741 Hölker (2010: 87). 742 Cf. Hölker (2010: 88 ff.). 743 Gülich (1970: 212). 744 Cf. Gülich (1970: 212). 206 <?page no="207"?> dung bei den anderen Untersuchungspersonen reduziert bleibt. Nachfolgende Zitate sollen diese Feststellungen bestätigen. Immerhin wird quoi von Bm1991 und Dw1979 in Verbindung mit dem Adverb voilà verwendet. Bm1991: «Les étrangers, ben, ceux qui ont un accent un peu bizarre par exemple les Arabes. Une sorte de voilà quoi, dans une phrase trois mots de français et quatre mots arabes.» Dw1979: «Ensuite, ils revenaient en Roumanie pour continuer, voilà, quoi. Bon, ça a toujours été une référence, tu vois? » Dw1979: «La manière de prononcer, la manière de s ’ exprimer. Par exemple les Canadiens qui parlent français, voilà, quoi, tu vois? » Auch weist der Diskurs von Bm1991 die Verwendung des passe-partout Wortes truc auf. Mihatsch sieht darin die Möglichkeit, im Kommunikationsakt Pausen zu schaffen, um das in der Situation nicht zur Verfügung stehende lexikalische Wissen abrufen zu können. 745 Dennoch ist die Verwendung von den Strukturierungsmitteln in der vorliegenden Arbeit bei Bm1991 und Dw1979 als eine deutliche Annäherung an eine muttersprachliche Kompetenz zu verstehen. 746 Bm1991: «Aussi, on est allés dans un skate parce que j ’ ai fait du skate avec mon ami aussi, à l ’ époque. On a bien aimé parce qu ’ en France on a pas vraiment des grands skates, pas des bons trucs. Aussi un truc. C ’ est une sorte de rue énorme avec des commerces partout dans la rue. Si tu vois des trucs que tu n ’ as jamais vu.» Dm1978 strukturiert seinen Diskurs ebenfalls mittels der Diskursmarker, jedoch artikuliert er diese phonetisch abweichend, was zur Wahnehmung seines Migrationshintergrundes führt. 745 „ Quelques mots-passe-partout qui servent à indiquer le manque d ’ un mot spécifique et qui possèdent donc encore leur force déictique subissent un nouveau type de changement qui produit des marquers discursifs reflétant l ’ effort du locuteur au moment de formuler et qui servent à garder le tour de parole, à savoir des marqeurs d ’ hésiatation “ [Fußnote: Selon Fraser 1999: 942) [. . .]. Par exemple, les deictiques se prêtent à remplir des pauses car ils servent parfois à remplacer un nom spécifique et à indiquer que le locuteur cherche la désignation correcte, ce qui entraîne toujours une interruption du discours. “ Mihatsch (2006: 166). 746 Französinnen bzw. Franzosen sind eher dazu geneigt, ihre Unterhaltung durch stärkere Interaktion mit dem Gegenüber zu gestalten. Cf. ebd. Schumann(2010: 25) Für den „ Französischunterricht “ , der sich in Schumanns Ausführungen auf deutsche Schülerinnen und Schüler bezieht, schlägt sie unter anderem regelmäßiges Üben von „ vous voulez, tu sais, d ’ accord “ ebd. (2010: 27) vor. Ob das Erlernen von Diskursmarkern im gesteuerten Zweitspracherwerb erfolgt oder nur das Erlernen dieser Strukturen im Land der Zielsprache zu der gewünschten kommunikativen Kompetenz führt, müsste längerfristig untersucht werden. 207 <?page no="208"?> Dm1978: «Ben, parce que c ’ est ma langue natale, et puis c ’ est mes origines, quoi. Et j ’ aimerais bien apprendre le roumain à mes enfants. Pour moi, c ’ est important, tu vois, de perpétuer la langue. C ’ est une transmission, quoi, c ’ est le prolongement, même si le pays, en fait, j ’ y vis plus, et tu revis la culture en fait à travers la langue, quoi.» Dem marqueur d ’ hésitation ben muss eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Immerhin neigen die potenziellen Re-Emigranten bzw. Re- Emigrantinnen, die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer und stellenweise Dw1978 als potenziell integrierte Französin dazu, die ungewöhnliche Artikulation [ p ɛⁿ ] zu vollziehen, die verstärkt auch bei Aw1991 nachweisbar ist. Aufgrund dieser Abweichung können Außenstehende unmittelbar im Sprechakt einen anderssprachigen Hintergrund vermuten. Auch wenn nicht ausreichend Sprachmaterial von Cw2003 vorliegt, zeigen ausgewählte Interviewmitschnitte, dass es ihr gelingt, [ b ɛ ̃ ] entsprechend Französisch zu artikulieren. Cw2003: «Moi j ’ ai français parce que je connais mieux- [ b ɛ ̃ ] , français, comme j ’ habite à Paris, c ’ est plus facile, pas tout mais je comprends, ben, roumain, en roumain-vorbesc, [ b ɛ ̃ ] , moi, j ’ utilise des mots en roumain quand je sais pas comment en français.» Ähnlich verhält es sich mit der Artikulation von euh, der von diesen Untersuchungspersonen stellenweise [ ə h ] artikuliert wird. Lediglich Bm1991 und Dw1979 gelingt es, euh entsprechend Französisch [ø] zu artikulieren. Als eine Kontrastperson soll Bw1931 genannt werden, die vorzugsweise die Gliederungssignale si vous voulez oder vous savez in ihren französischen Diskurs integriert. Das Interview mit Bw1931 ist durch die starke Gesprächsbereitschaft gekennzeichnet, was zu zwei längeren Monologen führt, die lediglich durch Zwischenfragen ergänzt wurden. Zuvor genannte Diskursmarker sind bei dieser Sprecherin kaum nachweisbar. Bw1931: «[sic. Il fehlt] Y en a, si vous voulez, les parents roumains qui sont arrivés en France par exemple. [. . .] si vous voulez, le roumain, mais les enfants sont pratiquement sans exceptions tous [sic. tous ceux] que j ’ ai connus parce que j ’ en ai connu pas mal.» Bw1931: «Vous savez, on a un accent dans une langue même si on la parle bien. [. . .] Ils sont devenus, si vous voulez, la nouvelle classe des [sic. d ’ ] intellectuels.» Bw1931: «En France [sic. il fehlt] y en a maintenant si vous voulez, c ’ est une nouvelle mode de nationalisme.» 208 <?page no="209"?> Die Untersuchungspersonen Aw1991, Bm1991, Cw2003 sowie Dw1979 verbindet, dass sie als Erstsprache das Rumänische erlernt haben. Sie benutzen für die gesprochene französische Sprache typische Muster, wie die Verneinung ohne Negationspartikel „ ne “ . 747 Cw2003: [ ʒ e ˈ pa ] Cw2003: [ ʒə s ɛˈ pa ] Die Analyse der französischen Bejahungsformel [wi] in den französischen Gradata belegt, dass die in Frankreich sozialisierten Rumäninnen und Rumänen dem französischen Artikulationsmodus [ ˈ wi ʰ ] folgen. Außerdem wird dieser abwechselnd mit [w ɛ ] in den französischen Diskurs integriert. Die Aspiration im Auslaut erfolgt verstärkt bei Cw2005, Bm1991 und Dw1979. Ansatzweise aspirieren auch Aw1991 und Dw1978 [ ˈ wi ʰ ]. Ein Vergleich zum Gradatum (F - ) zeigt deutliche Unterschiede. So wird von den Untersuchungspersonen durchgehend mit [wi] geantwortet. Cw1952 und Cm1972 artikulieren stellenweise [ui], was ihren Status erneut bestätigt. Eine normangepasste Pariser Artikulation der Bejahungsformel [wi] bei den Kindern belegt den alltäglichen Umgang mit Französinnen bzw. Franzosen, der sich im Allgemeinen positiv auf das Erlernen der französischen Sprache auswirkt. Ein weiteres Merkmal der französischen Diskurse ist die Verwendung von einfachen Verben und deiktischen Partikeln, um die Kommunikation fortführen zu können. 748 Bw1952 nutzt die Demonstrativpronomina ce und ça, um ihren Gesprächsbeitrag fortzuführen, ohne sich dabei auf den tatsächlichen Gegenstand zu beziehen. Bw1952: «Qu-est-ce que c ’ est çaje lui demande.» Weitere Zitate verdeutlichen, dass die Substitution der Subjekt- und Objektpronomen durch das Demonstrativpronomen ça erfolgt, was auf mangelndes lexikalisches Sprachwissen zurückzuführen ist. Bw1965: «Je fais ça en français.» Bw1965: «Ça change les choses.» Vermehrt werden während des Interviews bei eigenen Sprechbeiträgen dieselben oder ähnliche Wörter des Kommunikationspartners aufgegriffen. 747 Zu den Merkmalen gesprochener Sprache auch: Cf. Prüßmann-Zemper (1990: 840). 748 „ Mittels Deiktika versichern sich die Interaktionspartner also gegenseitig ihrer gemeinsamen kontextuellen Orientierung, legen den notwendigen Ausgangspunkt für ihre Referenzen fest, verständigen sich darüber, worüber gerade gesprochen wird und in welchem Kontext, das, was gesagt wird, zu verstehen ist. “ Job-Frank, Barbara (2009: 287). 209 <?page no="210"?> Begleitet wird der Diskurs von Sprechpausen und Füllwörtern, um sich zusätzliche Überlegungszeit für den eigenen Gesprächsbeitrag und dessen Formulierung zu verschaffen. Es kommt zu häufigen Wiederholungen, auch bei Adjektiven, um fehlendes Vokabular zu ersetzen. 749 Bw1952: «[. . .] c ’ est facile ou pas facile.» In der vorliegenden Arbeit sind Untersuchungspersonen niedriger Sprachkompetenz zu finden, bei denen die Fähigkeit zur Verwendung von typischen französischen Diskursmarkern kaum ausgeprägt ist. Vielmehr kreieren die Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ), vorrangig jedoch Bw1965 und Bw1975 sowie Bw1952, neue Sprachstrukturen, um diese als Füllwörter in ihren Diskurs zu integrieren. Nachfolgend aufgeführte Füllwörter «ups olla, uh la la, ups alle hop» konnten nachgewiesen werden. Die Verwendung dient in erster Linie als Ausweichstrategie, um sich Sprechpausen zu verschaffen. Durch die Eingliederung der Füllwörter in den gesprochenen Diskursen kommt es im Gesprächsakt zu Situationen, die von einem Außenstehenden nicht eingeordnet werden können und daher unverständlich sind. Markant ist, dass die aufgeführten Füllwörter ebenso in den Diskursen anderer Rumäninnen bzw. Rumänen nachweisbar sind, was wiederum für den regen sprachlichen Austausch an den rumänischen Institutionen spricht. Im Gradatum (F+) ist eine häufige Verwendung von Diskursmarkern und weiterer Strukturierungsmitteln in der gesprochenen Sprache, vordergründig bei den in Frankreich sozialisierten Sprecherinnen bzw. Sprechern, als ein Zeichen des sprachlichen Integrationsstandes zu sehen. 6.2.4 Gradatum (R+) und Gradatum (R - ) Nachdem in der Pragmatik der Variation festgestellt werden konnte, dass die Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) die Übersetzungstechnik bei Menschen aus ihrem sozialen Umfeld wahrnehmen, soll die nachfolgende Analyse klären, inwieweit französische Strukturen oder Merkmale der gesprochenen Sprache in den rumänischen Gradata nachweisbar sind. 750 Auch wenn die rumänischen Textausschnitte im Verhältnis zum französischen Transkriptionsmaterial nicht annähernd so aussagekräftig sind, reichen diese für das Aufzeigen von Tendenzen der sprachstrukturellen Entwicklung in den rumänischen Gradata aus. 749 Zu den Merkmalen gesprochener Sprache: Cf. Söll, Hausmann (1985: 55 ff.). 750 Die Analyse der prosodischen Besonderheiten erfolgt im Kapitel der Linguistik der Variation im Gliederungspunkt „ Sprechtraditionen “ . 210 <?page no="211"?> Für die Analyse des Gradatums (R - ) wird ein Textausschnitt von Bm1991 herangezogen. Die Untersuchung des Gradatums (R+) wird anhand der rumänischen Zitate von Aw1991, Bw1952, Dm1978 und Dw1978 durchgeführt, wobei der längere Interviewmitschnitt von Bm1931 am aussagekräftigsten ist. Kennzeichnend für das rumänische Zitat von Bm1991 und somit repräsentativ für das Gradatum (R - ) ist vor allem der parataktische Stil, der sowohl durch die frequente Wiederholung der Formen des perfect compus 751 gekennzeichnet ist (am plecat, am luat, am traversat, am f ă cut, am ajuns, m-am sim ţ it, am uitat, am auzit) als auch durch die Wiederholung der Verben a traversa und a sim ţ i auffällt. Bm1991: «Deci, am plecat din din Paris, euh „ euh când am plecat din Paris [. . .], am luat autocarul, la gara „ Dégallier “ s , i am traversat, euh, Germania, euh am traversat Austria, am traversat Ungaria [. . .]am f ă cut vreo 25 de ore de transport [. . .]. am luat un taxiu pân ă ce am ajuns, pân ă ce am ajuns acas ă s , iiiiiiiiii, m - am simt , it foarte bine, m - am simt , it foarte bine, pân ă ca ˇ s , i acas ă am uitat, am uitat, da, tot ce-i în spate, tot stresul oras , ului mare s , i am ajuns la t , ar ă , am auzit (euh) animalele s , iii, natura [. . .].» In der Nominalphrase «tot stresul oras , ului mare» wird die Deklination unter Verwendung des bestimmten Artikels vollzogen, 752 was auf eine tiefere Kenntnis des rumänischen Sprachsystems schließen lässt. Dennoch erfolgt aufgrund der phonetisch phonologischen Abweichungen die Zuordnung dieses Sprechers zum Gradatum (R - ). 753 Markant ist die alleinige Verwendung der rumänischen Präposition «la», um den Ort «la gar ă » zu benennen, an dem die Reise von Bm1991 begann. Im Rumänischen wäre die korrekte Präposition «de la» 754 gewesen, so dass die Ellipse von de vor «la gar ă » entweder als umgangssprachliche Struktur oder als mangelndes rumänisches Sprachwissen zu bewerten ist. Die einleitende Verwendung des Diskursmarkers «deci» ist als signifikantes Merkmal der gesprochenen rumänischen Sprache zu benennen und nicht nur im Zitat von Bm1991 nachweisbar. 755 Besonders auffällig in dieser Aussage sind, neben der Kurzform «ce-i», die Sprechpausen, die sich unter Verwendung des französischen Diskursmarkers «euh» verschafft 751 Zum perfect compus: Cf. Iliescu; Popovici (2013: 280). 752 Zur „ Deklination mit bestimmten Artikel “ : Iliescu; Popovici (2013: 64). 753 Cf. Die Analyse des phonetisch transkribierten Sprecherzitates erfolgt im Kapitel Linguistik der Variation: Sprechtraditionen. 754 „ Mithilfe der Präposition de la werden hauptsächlich Lokalbestimmungen gebildet, die den Ausgangspunkt einer Bewegung oder die Herkunft anzeigen. “ Iliescu; Popovici (2013: 347). 755 deci: „ Prin urmare, în consecint , ă , drept care, as , a fiind. (de+aici) “ „ as , adar “ http: / / dexonline.ro/ definitie/ deci. 211 <?page no="212"?> werden und als deutliche Einflüsse des Französischen im Gradatum (R - ) zu bewerten sind. 756 In der Analyse des rumänischen Textausschnittes von Aw1991 lässt sich vergleichend zu Bm1991 festhalten, dass neben der französischen Konjunktion «et» und der französischen Wortkreation «télé-ordinateur» sowie dem Fremdwort «siesta» keine wesentlichen Einschränkungen im rumänischen Sprachwissen nachweisbar sind. Aw1991: «Ieri nu am f ă cut nimica c ă sunt în vacant , ă s , i sunt singur ă acas ă , am f ă cut de mâncare pentru p ă rin ţ ii mei, le-am preg ă tit mâncarea, am sp ă lat rufe, am dormit dup ă -amiaz ă . Am f ă cut o siest ă de dou ă ore. Et . . ., s , i ce s ă mai zic n-am ies , it afar ă c ă a plouat s , i dupa ˇ aia m-am uitat la tele-ordinateur la nis , te filme s , i ce sa ˇ mai zic m-am plictisit foarte mult singura ˇ s , i c ă p ă rin ţ ii mei pleac ă la munc ă s , i ma ˇ las ă singur ă acas ă dar o s ă se termine curând pentru ca ˇ s , i sta ˇ cu mine [. . .].» Trotz der häufigen Verwendung des perfect compus (am f ă cut, am preg ă tit, am sp ă lat, am dormit, n-am ies , it, m-am uitat, m-am plictisit) zeichnet sich dieser kurze rumänische Text durch eine höhere Variabilität der Zeitformen aus, wie die Verwendung des prezentul conjunctiv (ce s ă mai zic) und die Bildung des viitorul I (o s ă se termine) durch den Konjunktiv belegen. 757 Aw1991 nutzt Kurzformen der gesprochenen Sprache, wie beispielsweise die Form «aia» des Demonstrativpronomens 758 aceea. Auffällig ist die Verkürzung von Nomen und Konjunktionen und die unstrukturierte Wiedergabe des Themas, welches sich in Form von Verdoppelungen der Aussagen und Verben darstellt und als Merkmal der gesprochenen Sprache im Sinne von Söll; Hausmann 759 definiert werden kann. Im Vergleich zu Bm1991 transferiert Aw1991 keine phonetisch phonologischen Merkmale des Französischen ins Rumänische. Um die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Generationen zu gewährleisten, werden nachfolgende rumänische Textausschnitte belegen, dass Sprecherinnen bzw. Sprecher des Gradatums (R+) eine hohe mutter- 756 Auch wenn die Strukturmerkmale charakteristisch für die gesprochene Sprache sind, belegt dieser Textausschnitt exemplarisch, aus welchem Grund eine Einordnung des Sprechers Bm1991 ins Gradatum (R+) nicht möglich ist. Cf. Merkmale gesprochener Sprache: „ Unvollständigkeit der Äußerung “ , „ Ellipsen “ , „ Verkürzung “ , „ unausgesprochenes Denken “ Söll, Hausmann Cf. (1985: 55) u. a. Cf. ebd. (1985: 58) „ Vulgarismen “ , „ Abtönungspartikel “ ebd. (1985: 61). 757 Zur „ Futurbildung mit dem Konjunktiv “ : Iliescu; Popovici (2013: 236) und zum conjunctiv ebd. (2013: 238). 758 Zu den Demonstrativa in der rumänischen Sprache: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 139 ff.). 759 Cf. Zu den Merkmalen gesprochener Sprache: Söll, Hausmann (1985: 54 ff.). 212 <?page no="213"?> sprachliche Kompetenz aufweisen, die selbst in den metasprachlichen Bewertungen im Kapitel der Kompetenz der Variation abgegeben worden sind. 760 Das Zitat von Bw1952 zeichnet sich durch die Variabilität der Zeitenwahl zwischen timpul imperfect (era, dorea, se ruga, sta ˇ tea), perfect compus (a împa ˇ rt , it, ai uitat, a ra ˇ mas, am pa ˇ strat), dem conjunctivul (sa ˇ primeasca ˇ ), dem viitorul I (va urma, vor avea) und des prezent (ce-i=ce este, fa ˇ ra ˇ a avea, zice, ai, da ˇ ruiesc, se spune) sowie dem mai mult ca perfectul, modul indicativ (spuse) aus. Die Kompetenz, unterschiedliche Zeitformen zu verwenden, fehlt Bw1952 zwar in der französischen Sprache, jedoch nicht im Rumänischen. Als Phänomen, das der gesprochenen Sprache zuzuordnen ist und einmalig auftaucht, ist die Verwendung der Kurzform ce-i zur Kennzeichnung von ce este. Auffällig ist die Art und Weise der Erzählung, die durch die Verwendung der direkten Rede der Wiedergabe einer Geschichte gleicht. Es sind keinerlei französische Strukturen im rumänischen Zitat dieser Sprecherin nachweisbar. 761 Bw1952: «Se spune c ă atunci când Dumnezeu a împa ˇ rt , it lumea era mare îmbulzeala ˇ . Fiecare nat , ie dorea sa ˇ primeasca ˇ ce-i mai bun dar poporul român sta ˇ tea s , i se ruga pentru buna ˇ starea lumii ce va urma. „ Dar Doamne, ai uitat sa ˇ dai s , i acestui popor pa ˇ mânt “ , spuse Sfa ˇ ntul Petru, el cel mai smerit dintre toate nat , iile s , i a ra ˇ mas fa ˇ ra ˇ a avea nici o buca ˇ t , ica ˇ de pa ˇ mânt. Iar Dumnezeu zice: „ Ai dreptate, uite, însa ˇ , ca ˇ am pa ˇ strat pentru mine o buca ˇ t , ica ˇ de rai pe care le-o da ˇ ruiesc. Vor avea munt , i s , i mare, delta ˇ s , i vulcani noroios , i, vor avea za ˇ pezi minunate s , i veri însorite, vor avea pa ˇ mânt roditor s , i team ă de de Dumnezeu.» Ähnlich strukturiert und von einer höheren rumänischen Sprachkompetenz gekennzeichnet, sind die rumänischen Zitate von Dm1978, Dw1978 760 Aufgrund des Bekanntheitsgrades zwischen Bw1952 und Bm1931 kann die gegenseitige metasprachliche Bewertung über das rumänische Sprachwissen herangezogen werden. Mit dem Verweis auf die C2-Prüfung von Aw1991 kann auch bei ihr ein höheres rumänisches Sprachwissen angenommen werden als es beispielsweise bei Bm1991 der Fall sein wird. Im Gegensatz zu Aw1991 zieht er die französische Sprachverwendung vor. Sowohl Dw1978 als auch Dm1978 sind im Umfeld rumänischsprachiger Menschen aufgewachsen und somit zu einer ausgeprägten Kommunikation in Rumänisch in der Lage. 761 Vielmehr muss auf eine deutliche Annäherung an die rumänische Schriftsprache verwiesen werden. Auch wenn es einer spontanen Interviewsituation entstammt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um die Wiedergabe einer bekannten Geschichte handelt. Deutliche Parallelen sind in einem Auszug zu dem Roman „ Baltagul “ zu erkennen, Cf. Sadoveanu (2003: 43 - 44) durch den Bw1952 in ihrem Diskurs kulturelles Wissen aus ihrem Heimatland wiedergibt. 213 <?page no="214"?> und Bm1931. 762 Die Variabilität der Zeitformen zeigt sich auch bei Dm1978: perfectul compus (am primit, au venit, a fost), imperfectul (organiz ă m), conjuncitvul (s ă -i cunos ¸ ti, greu s ă ţ ii cont), prezent (este). Auch wenn es sich um kurze rumänische Zitate handelt, wird eine Abgrenzung gegenüber dem rumänischen Textausschnitt von Bm1991 deutlich, die sich vor allem durch die Abweichungen auf phonetisch phonologischer Ebene verstärkt. Dm1978: «Am primit o delegat , ie de 10 jurnalis ¸ ti. Ziaris ¸ tii au venit pentru festivalul de jazz pe care îl organiz ă m. Sosirea lor a fost organizat ă în prip ă . Este foarte greu s ă ţ ii cont de nevoile fiec ă ruia într-un timp foarte scurt, f ă r ă s ă -i cunos ¸ ti pe to ţ i dinainte.» Dw1978: «Aici la institut, în timp ce vorbesc la telefon s ¸ i rezolv diversele lucruri care îmi sunt cerute, desenez s ¸ i p ă strez desenele pentru c ă multe dintre ele chiar au o expresivitate interesant ă s ¸ i toat ă povestea asta am pus-o (as ¸ a) sub un nume „ scutul functionarului nefericit “ .» Dw1978 verwendet überwiegend Formen des prezent (vorbesc, rezolv, sunt, desenez, p ă strez, au) und des perfect compus (am pus). Durch die starke Gesprächsbereitschaft von Bm1931 kann ein Einblick in die rumänische Sprachwirklichkeit der in Frankreich lebenden älteren Untersuchungspersonen gegeben werden, die dem Gradatum (R+) zugeordnet werden. Hierfür werden Auszüge und Besonderheiten eines längeren rumänischen Textes analysiert. 763 Als Bm1931 über emotional wichtige Ereignisse im Leben berichtete, wechselte er unvermittelt von der französischen in die rumänische Sprache und verbindet seine Erzählungen über sein Leben mit Informationen über historische Entwicklungen und bekannte Literaten, die für ihn von großer Bedeutung sind. In den ersten Zeilen des rumänischen Textes berichtet er vom Beginn einer Reise in der Jugendzeit, die durch verschiedene rumänischsprachige Gebiete führte, die durch politische Umwälzungen geprägt waren. Eingeleitet wird sein Bericht mit der Konjunktion «Pentru c ă », was typisch für 762 Neben der Analyse der Tempora dient die Auflistung der verwendeten Präpositionen als ein weiterer Vergleich zwischen den rumänischen Zitaten der aufgeführten Untersuchungspersonen, wobei aufgrund der Länge des Interviewmitschnittes der Text von Bm1931 am aussagekräftigsten ist. Bm1991: din; de ore; de; pân ă ce; la t , ar ă Aw1991: în; de; pentru; la; cu Bw1952: de; pentru; dintre; fa ˇ ra ˇ ; Dm1978: de; la; pentru; într-un; f ă r ă ; Dw1978: la Bm1931: de; la; de la; dup ă ; din; în; dintr-un; cu; prin; cu totul; înainte; înspre; spre; dup ă ; , f ă r ă ; lâng ă ; pân ă ; peste; printre, prin; datorit ă ; contra; sub; de; al ă turi de; afar ă de; conform cu; relativ la. Zu den rumänischen Präpositionen: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 335 ff.). 763 Der rumänische, in acht Abschnitte gegliederte Interviewmitschnitt, befindet sich im Anhang der Arbeit. An dieser Stelle werden ausgewählte Besonderheiten aus diesem Text zur Analyse herangezogen. 214 <?page no="215"?> einen gesprochenen Text ist. Auch wenn dieser durch einen starken Wechsel der Zeitformen charakterisiert ist, werden in den ersten beiden Abschnitten verschiedene Formen des perfect compus verwendet. Die in der Fußnote aus dem Zitat entnommenen Tempora 764 belegen jedoch sein hohes rumänisches Sprachwissen. Immerhin ist im Vergleich zu den anderen rumänischen Gesprächsbeiträgen eine derartige Variabilität der Zeitformen lediglich bei seiner Bekannten Bw1952 nachweisbar. Insbesondere eignet sich der Textausschnitt, um die für das Rumänische typische Besonderheit nachzuweisen: „ Die rumänische Deklination ist in der Standardsprache mehrheitlich synthetisch [. . .]. “ 765 Außerdem belegen weitere Beispiele die Verwendung der Genitivartikel, die „ [e]ine weitere Eigentümlichkeit des Rumänischen “ 766 darstellt. 767 Sein elaborierter Wortschatz lässt sich durch die abwechslungsreiche Auswahl der Verben und Adjektive zur Beschreibung der besuchten Ortschaften und Denkmäler, in den von Aufzählungen geprägten Passagen, belegen. Die Einleitung des zweiten Satzes mit dem Diskursmarker «deci» ist auch in anderen rumänischen Zitaten nachweisbar und erleichtert den Einstieg in den Informationsfluss. Zur Gesprächssteuerung wird im weiteren Verlauf lediglich das Adverb «adic ă » im Sinne von „ in anderen Worten “ benutzt, das für die gesprochene rumänische Sprache typisch 764 timpul prezent modul indicativ: se vorbes ¸ te; sunt; este, se mândresc, trece, arat ă , se trece, îmi aduc aminte, merit ă , spune, vor, se pune, se g ă sesc, sunt, asigur ă , afirm ă , se exploateaz ă , nu se s , tie, e, se întinde, începe, se g ă ses , te, pleac ă , ne putem da seama, ne gândim, reprezint ă , te mângâie, nu zgârie, nu mai spun. timpul perfectul compus modul indicativ: am zis, am continuat, am v ă zut; am trecut, m-am dus; am fost; au fost, am avut; au ridicat; a f ă cut, am coborât, a cucerit, n-a durat, am debarcat, s-au desf ă s ¸ urat, n-am avut, n-am ies , it, n-am fost, s-au vândut, s-a ivit, sau scos, a dus, a pl ă tit, n-au pl ă tit, le-am socotit, am vrut, m-am întors, am stat, au aplicat, am vizitat, am ajuns timpul imperfect: se întâlnea; era, vroiam, s ¸ tiam, m ă duceam, nu cunos ¸ team, avea; puteam, reprezentau, dormeam, se putea, nu s , tiam, se plimbau, se îngr ă m ă deau, înghesuiau, se aglomerau, p ă strau timpul viitor I popular modul indicativ: dac ă m-oi duce, am s ă plec timpul viitor I modul conjunctiv: am s ă plec, n-am s ă mai v ă d, ca am sa reus , esc viitor I popular, indicativ timpul prezent modul conjunctiv: s ă îng ă lbeneasc ă , s ă v ă d, s ă nu mai stau, s ă cunosc, s ă trec, s ă fac, s ă înregistreze, s ă m ă duc, s ă -i zicem, s ă mai v ă d, s ă vând ă , s ă poat ă s ă exploateze, s ă ajung ă , s ă plec, s ă -s , i închipuie, s ă aibe, s ă se sinucid ă , o s ă fie, s ă zic, s ă se plimbe modul participiu: f ă cut ă , justificat, ocupat ă , as ¸ ezat modul gerundiu: modificat ă , având, fiind, s , tiind, mergând timpul mai mult ca perfectul modul indicativ: începuser ă , f ă cusem, r ă m ă sese, m ă hot ă râsem, v ă zusem, jefui. modul conditional optativ: as , putea spune. 765 Ebd. (2013: 61). 766 Ebd. (2013: 90). 767 al Ungariei, a tuturor românilor, mai ales partea de nord a Moldovei, o zon ă a oras ¸ ului, mai mult a Carpat , ilor, aceste caracteristici geografice ale formelor de relief din România, al climei, din punctul de vedere al productivit ă t , ii 215 <?page no="216"?> ist. 768 Bm1931 verschafft sich vorzugsweise durch Stimmenräuspern Überlegungsphasen und längere Gesprächspausen. In einer erneuten Aufzählung, die im Folgeabschnitt 2 mit «În amintirea» eingeführt wird, berichtet Bm1931 über die verwendeten Verkehrsmittel und nennt das Gymnasium, das er im Jahr 1937 besuchte. Im Anschluss daran erfolgt ein Themenwechsel, der sich auf seine Städtereisen bezieht. Auffällig ist die Ellipse der Präposition pe vor dem Relativpronomen «care». 769 Die dritte Passage stellt weitere Aspekte seiner Erinnerungen über die in Rumänien verlebte Zeit dar. Die Informationen über Eminescu und dessen Freundschaft zu Creang ă sind als kulturelles Wissen sehr wertvoll und zeigen seinen intellektuellen Anspruch an eine Konversation. Markant sind jedoch auch hier wieder die verwendeten Formen des perfect compus, welche die Erzählfolge dieses Abschnitts ein wenig monoton erscheinen lassen. Soweit es das Syntagma «am fost la nord de Suceava» betrifft, wäre es sicherlich ratsamer gewesen, die synthetische Deklination «am fost în nordul Sucevei» zu vollziehen. Während Bm1931 über die Besichtigung der Klöster spricht und sich dabei wiederholt, wird durch die Wiederaufnahme des Objekts durch le eine weitere Wiederholung vermieden und mit der Verwendung des Gerundiums die Qualität des gesprochenen Diskurses aufgewertet: «toate m ă n ă stirile de pe acolo le-am vizitat mergând cu [. . .]». Im ersten Hörkontakt schien in dem Satzausschnitt «pictate pe dinafar ă s ¸ i [. . .]» eine Information zu fehlen, die jedoch durch den Gesamtkontext wieder erschlossen werden konnte. Auffällig ist am Ende dieses Abschnitts der Wechsel zwischen dem mai mult ca perfectul und dem imperfect, was sicherlich auf den literarischen Inhalt zurückzuführen ist, über den Bm1931 spricht. Der vierte Abschnitt beginnt im ersten Satz mit einer durch den Sprecher vorgenommenen Korrektur, die vor der Ankunft in Cluj in der Wahl des Partizip Perfekts von a ajunge deutlich wird. Auch im fünften Abschnitt erfolgen durch den Wechsel der perfect compus- Form am trecut zu am v ă zut sowie durch den Austausch der Präposition la durch înspre weitere Selbstkorrekturen, die im sechsten Abschnitt sogar durch Bm1931 mit der Aussage «pardon» angekündigt wird. Neben der Verwendung des Superlativs «cel mai mare rege al Ungariei» ist die Form des Adverbs [ or ɛʃ kum ] zu nennen, die in der gesprochenen Sprache vorzugsweise [ or ɛʃ ikum ] artikuliert werden würde. Allein in diesem Abschnitt sind zwei Besonderheiten 768 „ ADÍC Ă adv. 1) Cu alte cuvinte; s , i anume. “ http: / / dexonline.ro/ definitie/ adic ă . 769 „ Im Rumänischen leitet die Präposition pe verschiedene Typen von direkten Objekten ein: die durch[. . .] Relativpronomen ausgedrückt werden. “ Iliescu; Popovici (2013: 384). 216 <?page no="217"?> des Rumänischen nachweisbar, die sich in der doppelten Markierung der direkten Objekte zeigen, 770 wie die nachfolgenden Aussagen belegen: «este textul pe care l-a f ă cut Nicolae Iorga», «În r ă zboaiele care le-a avut el.» Auch im fünften Abschnitt widmet sich Bm1931 erneut der Darstellung historischer Ereignisse, wobei er über Mihai Viteazu spricht und den Wegfall von „ l “ im Auslaut des Namens Viteazul entsprechend der gesprochenen Sprache vollzieht. 771 In dem gesamten Textausschnitt lässt sich lediglich eine verkürzte Form der konjugierten Form «este» des Verbs a fi «e» nachweisen. Am Ende des sechsten Abschnitts, der mit „ Acolo la Pites , ti [. . .]» beginnt und in dem über die kommunistische Vergangenheit und den zu dieser Zeit erlebten Terror berichtet wird, bewegt sich Bm1931 mit seinem gesprochenen Text nur mit wenigen Ausnahmen in einem höheren Sprachstil, der schriftsprachlich, gar literarisch klingt. Die gezielte Verwendung von erklärenden Einschüben und des zweifachen Verwendens der Konjunktivform «s ă se sinucid ă » verstärkt diese Annahme. Selbst die aktuellen Informationen im achten Abschnitt zu den Metallvorkommen und dem Versuch in die rumänische Natur einzugreifen, belegen, dass trotz der negativen Erfahrungen in Rumänien sein Interesse an der Heimatkultur und ihrem politischen Geschehen nie verloren ging. Die Analyse ausgewählter Sprachstrukturen und Merkmale dieses Textes weist auf eine Fülle an Merkmalen der gesprochenen rumänischen Sprache hin, die jedoch abwechslungsreich mit standardnahen Formen kombiniert werden. 6.3 Diskurstraditionen im vertikalen Sprachkontakt Stehl definiert Diskurstraditionen, indem er diese in Sprechtraditionen, Texttraditionen und Schreibtraditionen differenziert 772 , wobei in dieser Arbeit der Schwerpunkt der Auswertung auf den beiden Erstgenannten liegt. 773 770 Zur Markierung von Objekten: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 384 ff.). 771 Zum Ausfall von „ l “ im Rumänischen: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 64). 772 Cf. Stehl (1994: 139 ff.). 773 Stehl (2012: 212). „ Die Sprechtraditionen betreffen die Modalität, das Wie der Verfertigung von oralen Diskursen im Dialekt oder im Standard. Sie beziehen sich sowohl auf äußere Fakten der Textgestaltung wie Prosodie oder Aussprachegeschwindigkeit als auch auf die innere Konstitution des Textes als individueller Ausdruck der sozialen und kommunikativen Erfahrung. “ 217 <?page no="218"?> 6.3.1 Sprechtraditionen Um von rumänischen Sprechtraditionen innerhalb des vertikalen Sprachkontakts sprechen zu können, ist es einerseits erforderlich, dass mehrere rumänische Sprachmerkmale in den französischen Diskursen nachweisbar sind. Andererseits setzt eine klare Zuordnung des französischen Diskurses aus Sicht eines französischen Empfängers ein Mindestmaß an rumänischem Sprachwissen und Kulturwissen voraus, um diesen überhaupt identifizieren zu können. 774 In den vorhergehenden Gliederungsebenen wurde herausgearbeitet, dass der Zeitpunkt des französischen Spracherwerbs sowie das Einreisealter und die eigenen Bemühungen, die Sprachkompetenz zu verbessern, einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung prosodischer Muster der Untersuchungspersonen nehmen. In diesem Gliederungspunkt erfolgt deskriptiv die Analyse ausgewählter Transkriptionsausschnitte. 775 Beim Erwerb des Französischen lösen sich die Sprecherinnen bzw. Sprecher häufig nicht von den Sprechtraditionen der Ausgangssprache. 776 Das Beibehalten „ der Diskursnormen der Erstsprache im Diskurs der Zweitsprache “ 777 bewirkt eine Transferierung der rumänischen Prosodie in den französischen Sprechfluss, so dass diese sowohl im Gradatum (F - ) als auch im Gradatum (F+) nachweisbar ist. 778 Charakteristisch für den französischen Sprechfluss eines französischen Muttersprachlers ist, dass „ das Wort seinen (metasprachlichen) Akzent in der Rede (der Aktivierung) an das mot phonique [abgibt] “ . 779 Dadurch kommt es im französischen Sprechfluss zu „ einer erneuten sylbischen Gliederung (Resyllabierung). “ 780 „ Die Resyllabierungen führen daher teil- 774 Discher (2013 a: 364). 775 Hierzu werden auch Junkturphänomene beschrieben, die den „ segmentalen Bereich “ betreffen: „ das Fehlen von Elision “ , „ enchaînment consonantique “ u. a. Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 247) Diese sind stets in Zusammenhang mit „ suprasegmentalen Phänomenen “ zu betrachten, wie z. B. „ Melodiebruch “ , „ Melodievariation “ , „ Intensitätsvariation “ , „ Dauer “ , „ Tempo “ , „ Pausen “ . Cf. ebd. (1978: 247 ff.). 776 „ Eine Übertragung von Sprechtraditionen wird z. B. erkennbar, wenn im Dialekt spezifische Prosodie des Gesprochenen aufgegeben wird, indem jüngere Sprecher ihren als Zweitsprache verwendeten Dialekt mit erhöhter, dem Standard angepasster Aussprachegeschwindigkeit sprechen “ . Stehl (1994: 140). Diese Feststellung trifft auch auf den Kontakt zwischen zwei historischen Einzelsprachen zu. 777 Stehl (2012: 129). 778 Discher (2013 a: 364 - 365). 779 Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 51). Insbesondere im französischen Zweitspracherwerb stellt das Umsetzen des enchaînment consonantique im Französischen eine große Herausforderung dar. Zu den Junkturphänomenen: Cf. Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 247 ff.). Discher (2013 a: 365). 780 Meisenburg, Selig (1998: 129). 218 <?page no="219"?> weise zu Silbenstrukturen, die unabhängig von den durch die lexikalische und morphologische vorgegebenen Grenzziehungen verlaufen. “ 781 Durch das Heranfügen des Kodakonsonanten an das Folgewort mit Vokal werden nackte Silben verhindert. 782 Bm1991: [ k ɑ ̃ ʒəʷ s ɥ is ͜ arive ɑ ̃ ˈ fr ɑ ̃ s ] 783 Dw1979 lebt nunmehr länger als zwanzig Jahre in Frankreich und hat eine ähnliche sprachliche Entwicklungsstufe wie Bm1991 erreicht. Der französische Sprechfluss von Cw2003 enthält trotz ihrer kurzen Aufenthaltsdauer in Frankreich zahlreiche französische Merkmale. 784 Cw2003: [ b ɛ ̃ s ɛ difi ˈ sil ʒ epa k ɔ m ɑ ̃ t ɛ kspli ˈ ke ] 785 Aw1991 ist als einzige von den Untersuchungspersonen in Frankreich geboren. Somit hatte sie das Privileg, die école maternelle zu besuchen und von den sprachlichen Integrationsmaßnahmen zu profitieren. Dennoch weist ihr französischer Sprechfluss im Gegensatz zu dem Sprechfluss von Bm1991 weniger prosodische Merkmale des Französischen auf. Aw1991: [ mon ˈ p ɛʀˈ kon ɛ boku de re ʒ ijona ˈ lism ] 786 Aw1991: [ ʒə p œ pa ˈ f ɛʀ la dist ɛ nksi ˈ j ɔ n ] Aw1991 teilt in abgeschwächter Form Merkmale mit Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ). Diese betreffen vorangig die suprasegmentale Ebene. Beispielhaft für ihren französischen Sprechfluss sind rumänische Intonationsmuster, die sich durch die regelmäßige rumänische Sprachverwendung in der Familie A erklären lassen. Der französische Sprechfluss 781 Meisenburg, Selig (1998: 129). 782 Cf. Meisenburg, Selig (1998: 129). Definition des „ enchaînement consonantique. “ 783 Ausschnitt aus dem Zitat: «En fait, justement, quand je suis arrivé en France, j ’ avais des débats dans ma tête, a chaque fois que je voulais formuler une phrase, je l ’ a formée d ’ abord en roumain. [. . .]» 784 Mit Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 51) muss noch folgender wichtiger Hinweis gegeben werden: „ das mot phonique ist nicht durch eine Kontur und einen Endakzent gekennzeichnet, sondern vielmehr durch ein (sich im Extremfall über die ganze Einheit erstreckendes) Intonem mit regelmäßigen parametrischen Prominenzen auf der letzten Silbe beziehungsweise (bei auf eine Silbe zusammengezogenen Verläufen) am Ende des betreffenden Silbenkerns (Vokals). “ ebd. (1978: 52) Erst wenn diese Merkmale nachweisbar sind, kann auf prosodischer Ebene tatsächlich von einem französischen Sprechfluss der Untersuchungspersonen die Rede sein, wobei diese Feststellung am ehesten auf Bm1991 und Dw1979 zutrifft. 785 Ausschnitt aus dem Zitat: «Ben, il y a des enfants à l ’ école qui sont pas forcement de l ’ Afrique, [. . .] ça s ’ entend, il y a un accent. Ben, c ’ est difficile, j ai pas comment expliquer.» 786 Die phonetischen Abweichungen sind in Fettdruck markiert. 219 <?page no="220"?> von Am1965, Aw1964, Cw1952, Cm1979 und Bm1952 ist primär „ rhythmisch “ , 787 was einen vom französischen Sprechfluss abweichenden Eindruck vermittelt. 788 Cw1952: [ ʒɛˈ kon ɛˈ tr ɛˈ tr ɛ bi ˈ j ɛŋ g la la ŋˈɡɛ ro ˈ m ɛ na ɛ la ɡ ra ˈ m ɛ r rom ɛ n ˈ osi ] Die verursachten Pausen können auf das fehlende französische Sprachwissen zurückgeführt werden. Indem die vertraute Artikulation aus der rumänischen Muttersprache beibehalten wird, missachten die dem Gradatum (F - ) zuzuordnenden Untersuchungspersonen in nachfolgenden Beispielen, die im Französischen erforderliche Elision. 789 Aw1964: [ ʒɛ ariv ˈ pa ] «j ’ arrive pas» Auch Cw1952 orientiert sich erneut an muttersprachlichen Mustern und realisiert die aufeinandertreffenden Vokale. Im Anlaut artikuliert sie fälschlicherweise den geschlossenen palatalen Vokal. Cw1952: [ ʒɛ iti ˈ lis ] «j ’ utilise» Cm1972 artikuliert die aufeinander folgenden Vokale [ d ɛˈɛ ksplikat ] und transferiert zusätzlich mit der Vergangenheitsform des rumänischen Verbs a explica eine rumänische Sprachstruktur ins Französische. Bw1952 erkennt mit [ d ɛˈɛ ksplik ɛ ] auch die Notwendigkeit der Elision nicht, so dass auch in diesem Beispiel eine Unterbrechung des Sprechflusses entsteht, der unmittelbar Rückschlüsse auf die Ausgangssprache ziehen lässt. Bei Untersuchungspersonen des Gradatums (F - ) tritt dieses Phänomen gehäuft auf. Obwohl sich Cw2003 noch am Anfang des sprachlichen Entwicklungsprozesses befindet, überträgt sie bereits prosodische Merkmale des Französischen in ihren rumänischen Sprechfluss. Sie hält weder die Wortgrenzen im Rumänischen ein, noch artikuliert sie regelmäßig die auslautenden Konsonanten. Dadurch ist auch bei ihr eine Steigerung der Sprechgeschwindigkeit festzustellen, ein Merkmal, das sie mit Bm1991 teilt und in den Analysen des rumänischen Sprechflusses nur noch bei Dw1978 nachweisbar ist. Trotz des fehlenden auslautenden Konsonanten [t] in dem Beispiel [ ɨ ntreba ] artikuliert sie den Mittelzungenvokal korrekt. Dennoch weicht sie bei der Bildung der zweiten Person Singular des Verbs a crede mit der Artikulation [ kr ɛʃ ] von der rumänischen Normaussprache [ kr ɛ z ] ab. 787 Zum Rhythmus im Rumänischen: Cf. Moise (2004: 250). 788 Cf. Toh ă neanu (1997: 393) zit. n. Moise (2004: 258 - 259). Discher (2013: 365). 789 Für das Rumänische gilt: „ Oft empfehlen die normativen Werke die Aussprache als Hiat, während die Umgangssprache Diphthonge und Triphthonge bevorzugt. “ Iliescu, Popovici (2013: 24). 220 <?page no="221"?> Cw2003: [ tea ˈɨ ntreba ˈ dak əʷ kr ɛʃ k əʷ impor ˈ t ɑ ̃ k əʷˈ v ɔʀ b ɛʃ st mai ˈ multe ˈ limb ɛ ]. 790 Dies trifft auch bei der Aussprache des Substantivs [ limb ɛ ] zu, das in diesem Beispielsatz [ limbi ] artikuliert werden müsste. 791 Im nachfolgenden Transkriptionsausschnitt lassen sich französische Sprachmerkmale im rumänischen Sprechfluss von Bm1991 nachweisen. Auffällig ist die hohe Sprechgeschwindigkeit, die sein französischer Sprechfluss aufweist. An dieser Stelle sei auf Pustka (2008) verwiesen, die in ihren Analysen zur Perzeption der Sprechgeschwindigkeit diverse Befragungen durchgeführt hat. Zwar attestieren ungefähr nur neun Prozent ihres Sprechersamples 792 den Pariserinnen bzw. Parisern eine schnelle Sprechgeschwindigkeit, 793 dennoch weist Bm1991 im Gegensatz zu den Untersuchunspersonen eine deutlich höhere Sprechgeschwindigkeit sowohl in Französisch als auch in Rumänisch auf. 794 Im Rumänischen ist die „ Aussprache phonetisch, “ 795 obwohl Bm1991 die auslautenden Konsonanten in Rumänisch nicht immer artikuliert, wie es im Gradatum (R+) vorgesehen ist. Dies führt zur Erhöhung der wahrgenommenen Sprechgeschwindigkeit, die durch die Übertragung der ihm aus dem Französischen bekannten Liaison ins Rumänische verstärkt wird. Selbst in seiner rumänischen Muttersprache gibt er den Akzent an die Wortgruppe ab. 796 Zur Pausengliederung seines Sprechflusses integriert Bm1991 den französischen Diskursmarker „ euh “ 797 [ø]. Beim ersten Hörkontakt entsteht gar der Eindruck eines französischen Diskurses, was im Zusammenhang mit den gekennzeichneten Abweichungen auf segmentaler Ebene zu sehen ist, die typisch für die französische Sprache sind. Besonders markant und typisch für die „ Artikulation französischer Endkonsonanten “ 798 ist das 790 Cw2003: «Te-a intrebat dac ă cres , c ă important c ă vorbeste mai multe limbe.» 791 Zur Pluralmarkierung im Rumänischen: Cf. Iliescu, Popovici (2013: 49 ff.). 792 Cf. Pustka (2008: 242). 793 Cf. Pustka (242 - 243). 794 Bm1991 beschreibt den französischen Diskurs der Pariserinnen bzw. Pariser treffend, indem er sagt: „ Euh, quand les gens disent, quelqu ’ un qui râle, qui gueule(. . .). “ Mit dieser Aussage wird der Habitus der dort lebenden Menschen verdeutlicht, der sich aufgrund der stressigen Umgebung in ihrer Sprache niederschlägt. Zu den Kriterien, welche die Wahrnehmung der Sprechgeschwindigkeit beeinflussen: Cf. Gebhard (2012: 146 ff.). 795 Cf. Iliescu (2002 b: 148). 796 Zum mot phonétique: Cf. Benthin, Karasch, Wunderli (1978: 51). 797 Zur Stellung von euh als Pariser Merkmal: Cf. Pustka (2008: 241). 798 Meisenburg, Selig (1998: 58). 221 <?page no="222"?> Phänomen la détente, 799 das sogar in seinem rumänischen Sprechfluss nachweisbar bleibt. Bm1991 artikuliert bei der rumänischen Form [ la ɡ ar ɐ ] weder den auslautenden rumänischen Mittelzungenvokal korrekt, noch gelingt ihm in anderen Beispielen die für das Rumänische typische Artikulation des [ ɛ ], welches er durch das französische [e] ersetzt. Bm1991: [ d ɛ t ʃˈ ͜ ø am pl ɛˈ ka d ʏ n din pa ˈʀ i ø ø k əʷˈ nam pl ɛˈ ka d ʏ n pa ˈʀ i: am luat ᵉ autoka ˈ rul la gara degal ˈ je ʃ i: am traversa ˈ t ᵉ ø ʒɛ rma ˈ nija, ø am trave ʀ sa ˈ t ə aust ˈ ria am traversa ˈ t ᵉ unga ˈ ria am f ɐ kut vreo do ̯ w ɛ z ɛ t ʃ i ʃ int ʃ d ɛ or ɛ d ə trans ˈ po ʀ am luat ᵉ un taksiu pana ˈ t ʃə am a ʒ uns ͜ ø pana ˈ t ʃ e am a ʒ uns ͜ aka ˈ sa ʃ i: mam ʃ imsit foart ɛ bine ʃ i a kasa am uitat, am uitat ˈ da tot t ʃɛ i: ɨ n ˈʃ pat ɛ tot str ɛ sul ͜ ora ʃ ului mar ɛ ʃ iam ͜ a ʒ uns la ˈ tsara am auzit ø animalele ʃ i natura ] 800 Bm1931 soll als Konstrastbeispiel das Gradatum (R+) repräsentieren. Im rumänischen Sprechfluss von Bm1931 erfolgt die Steuerung der Aussage über die Tonhöhenverläufe. [ ˈ am v ə zut akolo ˈ portul ˈ am v ə zut kat ɛˈ drala, ˈ am v ə zut bul ɛˈ vard ɛ l ɛ p ɛ kar ɛ l ɛ mai ʃ ti ˈ am, am pl ɛ kat la ˈ jia ʃ ̍ ̍ ̍ kapi ˈ tala moldovei kapi ˈ tala moldovei kar ɛ ɛ st ɛ ʃ i un ora ʃ d ɛ kul ˈ tur ə , akolo ˈ au fost manif ɛ s ˈ t ə r ˈʃ i z ə u desf əʃ u ˈ rat ɨ mpr ɛʒ ur ə r ʃ i ɛ v ɛ nim ɛ nt ɛ kultural ɛ foart ɛ impor ˈ tant ɛ ] Nach der Artikulation des Substantivs portul steigt die Tonhöhe genauso an, wie bei dem Substantiv catedrala. Eine deutliche Steigung ist bei capitala moldova zu vernehmen. Bm1931 vergewissert sich beim Gesprächspartner über das Mitkommen. 801 Schließlich zeichnet sich im weiteren Verlauf eine eher monotone Tonhöhe aus, was für die Natürlichkeit des Gespräches spricht. Die Akzentuierung einzelner Wörter und Wortgruppen erfolgt nicht wie bei Bm1991 nach französischem, sondern vielmehr nach dem rumänisch gewohnten Muster, wenn Dex als Vergleichsmaßstab konsultiert wird. Im Gegensatz zu Bw1991 erfolgt durch Bm1931 die Artikulation der auslautenden Konsonanten. Die Präjotierung im Anlaut vor dem Vokal / e/ 799 Meisenburg, Selig (1998: 58). 800 Bm1991: «Deci, am plecat din din Paris, euh, euh când[so ausgesprochen wie in Transkription] am plecat din Paris [. . .], am luat autocarul, la gara „ Dégallier “ s , i am traversat, euh, Germania, euh, am traversat Austria, am traversat Ungaria [. . .] am f ă cut vreo 25 de ore de transport [. . .]. am luat un taxiu pân ă ce am ajuns, pân ă ce am ajuns acas ă s , iiiiiiiiii, m - am simt , it foarte bine, m - am simt , it foarte bine, pâna ca ˇ s , i acas ă am uitat, am uitat, da tot ce-i în spate, tot stresul oras , ului mare s , i am ajuns la t , ar ă , am auzit (euh) animalele s , iii, natura [. . .].» 801 Auch wenn in der im Anhang befindlichen Transkription dieses rumänischen Interviews in diesem Satz keine Setzung eines Fragezeichens erfolgt, wird durch Steuerung der Tonhöhen deutlich, dass Bm1931 eine Antwort auf seine Aussage erwartet. 222 <?page no="223"?> wird nicht regelmäßig durchgeführt. Bm1931 und Bw1952 neigen dazu [ j ɛ ra ] und [ j ɛ st ɛ ] entsprechend [ ɛ ra ] [ ɛ st ɛ ] zu artikulieren, was für das gesprochene Rumänisch eher untypisch ist. Im Vergleich zu den anderen Untersuchungspersonen spricht Dw1978 sehr schnell Rumänisch. Dies liegt an den fehlenden Pausen zwischen den einzelnen Syntagmen und ist sicherlich dem Wunsch nach einer korrekten Aussprache in Rumänisch geschuldet. 802 6.3.2 Der rumänische Einfluss In den metasprachlichen Bewertungen der Untersuchungspersonen wird der Akzent als Merkmal zur Identifizierung eines fremdsprachig klingenden französischen Sprechflusses benannt. 803 Eine weitere aus den metasprachlichen Bewertungen entnommene Charakteristik betrifft den oft benannten „ accent slave “ dieser Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft im Französischen. 804 Dieser führt bei Französinnen bzw. Franzosen fälschlicherweise regelmäßig zu der Annahme, dass rumänische Französischsprecherinnen bzw. Französischsprecher aus dem slawischsprachigen Raum stammen. Nachfolgende Erläuterung der Gründe, die zur Wahrnehmung eines accent slave im französischen Sprechfluss dieser rumänischen Sprecherinnen bzw. Sprecher führen, kann nur hypothetisch sein. Die Analyse der suprasegmentalen Ebene im Vokalismus, welche den geschlossenen palatalen Vokal / i/ betrifft, verdeutlicht eine abweichende Tonhöhenfrequenz, die von Außenstehenden wahrgenommen werden. Hierbei ist eine Ähnlichkeit zu den slawischen Sprachen festzustellen, auch wenn eine exakte Bestimmung der Tonhöhenfrequenzen nur durch ein technisches Verfahren erfolgen kann. 805 In einer Dissertation, die sich mit phonetischen Besonderheiten im deutsch-russischen Sprachkontakt befasst, wird erklärt, dass „ ein kleiner 802 Zur Wahnehmung der Sprechgeschwindigkeit: Gebhard (2012: 146 - 147). Cf. Kapitel Kompetenz der Variation. 803 In den letzten Jahren sind zahlreiche Untersuchungen zum „ Pariser Akzent “ erschienen. Pustka differenziert im Pariser Sprachraum zwischen dem „ accent faubourien “ und dem „ accent banlieusard “ . Denen gegenüber steht der „ accent Marie chantal “ , der als besonders elegant eingestuft wird. Cf. Pustka (2008: 223) Danach bestätigen die Rumäninnen und Rumänen, dass die von ihnen beschriebenen Migrantinnenbzw. Migrantengruppen je nach Lokalisation einen „ Akzent “ haben, können diesen jedoch nicht namentlich benennen. 804 Cf. Kapitel Kompetenz der Variation. 805 Eine Zusammenfassung des Forschungsstands zur „ Tonhöhe/ Frequenz “ : Cf. Moise (2004: 45 - 47). 223 <?page no="224"?> Resonanzraum einen hohen Eigenton “ 806 bewirkt. 807 Bei der Palatalisierung verlagert sich der Zungenrücken „ in Richtung Palatum “ 808 , so dass folglich der Resonanzraum kleiner wird: Ein Prozess, der sich auch im Russischen bei der Bildung des palatalen Vokals / i/ vollzieht. 809 Unter der Annahme, dass das rumänische palatale / i/ geschlossener artikuliert wird als das französische / i/ ist die Erhöhung der Tonhöhenfrequenz auf die oben benannte Palatalisierung zurückzuführen, so dass im französischen Sprechfluss einer Rumänin bzw. eines Rumänen ein Frequenzbereich wahrgenommen wird, der deutlich vom Französischen abweicht. Cw1952: [ ʒɛ iti ˈ lis ] Cw1952: [ ʒɛ ˈ kon ɛˈ tr ɛˈ tr ɛ bi ˈ j ɛŋ la la ŋˈɡɛ ro ˈ m ɛ na ɛ la ɡ ra ˈ m ɛ r ro ˈ m ɛ n ˈ osi ] Aw1991: [ mon ˈ p ɛʀˈ kon ɛ boku de r ɛʒ ijona ˈ lism ] Ähnliches stellte Iliescu fürs palatale / e/ und das velare / o/ im Rumänischen fest. Diese Vokale werden geschlossener ausgesprochen als beispielsweise im Französischen, 810 was eine Erhöhung der Grundfrequenz zufolge hat und im Gradatum (F - ) veränderte Tonhöhen bewirkt. Möglicherweise ist hier eine weitere Parallele zu der Erklärung, die Böttger bei russischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern liefert, zu sehen, die Deutsch erlernen und deren artikuliertes / i/ einen höheren Ton aufweisen kann, als es in der deutschen Sprache üblich ist. 811 Der Kontakt zum Kirchenslawischen und zur „ altslawischen gesprochenen Volkssprache “ 812 in der Vergangenheit könnte im Rumänischen einen weiteren Verschluss des palatalen Vokals / i/ hervorgerufen haben. In Verbindung mit dem Auftreten unterschiedlicher phonetischer Variationen im Französischen der Untersuchungspersonen, der Artikulation des apikoalveolaren r, der veränderten Tonhöhenfrequenz bei den Vokalen, dem langsamen Sprechfluss sowie der Missachtung der Elision 806 Böttger (2008: 81). 807 „ Die Resonanz des menschlichen Ansatzrohres führt zum Verstärken und Hervorheben derjenigen Teiltöne der Anstoßfrequenz, die im Ansprechbereich des Ansatzrohres liegen. Bestimmte Gebiete dieser Teiltöne werden als Formanten bezeichnet. Sie haben „ formende “ Funktion in dem Sinne, dass sie die akustische Charakteristik und Erkennbarkeit der Laute bewirken. Sie verleihen den Vokalen ihre jeweils charakteristische Klangfarbe und den Geräuschkonsonanten ihre spezifische Geräuschfarbe. “ Gabka (1975: 48 - 49/ § 101 - 104) zit. n. Böttger (2008: 76 - 77). 808 ebd. (2008: 81). 809 Cf. ebd. (2008: 92). 810 Cf. Iliescu (2003: 534). 811 Cf. Böttger (2008: 92). 812 Iliescu (2003: 532). 224 <?page no="225"?> begleitet von dem Französisch abweichenden Rhythmus ließe sich der häufig benannte „ accent slave “ durchaus erklären. Eine klare Zuordnung in den rumänischen Sprachraum ist in Abgrenzung zu slawischen Sprachen nur dann zweifelsfrei möglich, wenn zusätzlich die Merkmale der in den vorherigen Gliederungspunkten beschriebenen Gradata von Außenstehenden im rumänisch-französischen Sprechfluss bemerkt werden. Dadurch kann einerseits der gemeinsame lateinische Ursprung identifiziert und gleichzeitig die Verbindung zwischen dem Rumänischen und Französischen, die durch den Reromanisierungsprozess verstärkt wurde, hergestellt werden. 813 Die Prosodie des französischen Sprechflusses gilt bei nach Paris immigrierten Rumäninnen und Rumänen als ein wichtiger Indikator für deren sprachlichen Integrationsstand in die französische Gesellschaft. Außerdem geht von diesem sprachlichen Merkmal bei der Kommunikation mit französischen Muttersprachlern eine Abgrenzungsfunktion aus. Die häufig von Außenstehenden als slawisch und fremd empfundene Sprachmelodie des französischen Diskurses einer rumänischen Migrantin bzw. eines rumänischen Migranten markiert deren Status, als sich noch in der Sprachintegration befindlich. 814 Selbst wenn eine starke rumänische Intonation dieser Untersuchungspersonen auf den slawischen Einfluss im Rumänischen zurückzuführen wäre, geht von den noch häufig bestehenden Kontakten zu rumänischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern sowohl in Frankreich als auch in Rumänien eine nachhaltige Transferierung phonetisch phonologischer Merkmale in den französischen Sprechfluss aus, die im Rumänischen typisch sind. 815 Stehl führt aus, dass sich die Sprechtraditionen neben den prosodischen Merkmalen „ auch auf die Organisation des Textes als Ganzes beziehen. “ 816 Dw1978 weist auf eine typisch rumänische Besonderheit hin, die sich auf die Besitzanzeige bezieht: „ le sens de la propriété, l ’ importance d ’ avoir son appartement, sa maison. “ Im rumänischen Kulturkreis wird das Ausdrücken von Eigentums- und Besitzverhältnissen als eine besondere Notwendigkeit erachtet. Hierbei handelt es sich um eine Eigenschaft, die sich im historischen Verlauf innerhalb der rumänischen Kultur etabliert hat und als solche gewöhnlich nur unter Rumäninnen und Rumänen bekannt ist. Dies erklärt typische Fehlerquellen in französischen Diskursen von rumänischen Migrantinnen und Migranten, da sie dieses diskurstypische 813 Zur Reromanisierung: Cf. Iliescu (2010: 589, 600). 814 Discher (2013: 365 - 366). 815 Discher (2013: 365 - 366). 816 Stehl (1994: 140). 225 <?page no="226"?> Muster ins Französische übertragen. Beispielhaft sind hierfür die Zitate der nachfolgend aufgeführten Untersuchungspersonen. Cm1979: «Je préférerais de [sic. ohne de] oublier, la langue, la culture de supprimer complètement de cette logiciel 817 . Donc, la seule personne à qui je parle dans ma langue roumaine, c ’ est avec ma mère en Italie.» Am1965: «Oui, mais, euh, parce que j ’ ai de la famille, j ’ ai toujours les attaches avec ce pays. Voilà, parler en roumain, alors, je maîtrise mon roumain. [. . .]» Bw1952: «Donc, je crois qu ’ il comprend - que je ne suis pas française parce que je suis [sic. j ’ ai] toujours mon accent roumain, il est toujours là.» Cm1972: «Je peux pas demander dans mon [sic. ma] langue un café? » [sic. je peux pas demander un café dans ma langue] Die Verwendung des Possessivpronomens ma in dem Präpositionalsyntagma «dans ma langue» und die Präzisierung des Substantivs langue durch das Adjektiv roumaine sind als Transfer aus der rumänischen Sprache zu bewerten, in der das Präpositionalsyntagma în limba mea român ă durchaus wiedergegeben werden kann, im Französischen jedoch als normabweichend zu betrachten ist. Ähnlich verhält es sich bei Am1965, der „ sein “ Rumänisch beherrscht. In dem Zitat von Cm1979 offenbart sich ein Widerspruch in seinen Aussagen hinsichtlich seiner Heimatzugehörigkeit. Einerseits hat er mit seiner Heimat gebrochen und lehnt den Kontakt, soweit dies überhaupt möglich ist, zu rumänischen Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachlern, aber auch zu seinem Kulturkreis, ab. Andererseits zeigt sich in der Verwendung diskurstypischer rumänischer Sprachformulierungen im Französischen seine rumänische Herkunft, die er trotz seiner negativen Einstellung gegenüber dem Heimatland nicht ablegen kann. Cm1979 zeigt in seiner Sprachformulierung, in der er von «dans ma langue roumaine» spricht, deutlich seine Zugehörigkeit zur rumänischen Sprache. Dies offenbart den hohen Einfluss des Primärspracherwerbs, der trotz einer veränderten Heimatverbundenheit im französischen Diskurswissen erhalten und nachweisbar bleibt. Weitere die Sprechtradition betreffenden Besonderheiten konnten bei der Analyse von französischen Substantiven in den Diskursen der Untersuchungspersonen festgestellt werden. Im Rumänischen können Substantive zur Bezeichnung von Personengruppen oder Nationalitäten durch Ergänzung eines Adjektivs präzisiert werden. Dadurch kommt es in den Sprecherkreisen des Gradatums (F - ) zu 817 Cm1979 markiert das Nomen feminin und es erfolgt auch keine Elision zwischen de und oublier. 226 <?page no="227"?> Wortneuschöpfungen. Die Untersuchungspersonen, insbesondere des Gradatums (F - ), fügen als besondere Betonung an das Nomen ein Adjektiv an. In den nachfolgenden Beispielen zeigen Cm1972 und Cm1979, dass zur Bezeichnung der rumänischen Nationalität von Menschen im Französischen die Wortgruppe „ avec des gens roumains “ verwendet wird. Das Substantiv „ étranger “ wird im Plural durch die Untersuchungspersonen im Nominalsyntagma „ les gens étrangers “ zum Ausdruck gebracht. Im gesprochenen Französisch sind die beschriebenen Formen, so wie sie durch die Untersuchungspersonen verwendet werden, möglich, jedoch werden Nationalitäten oder Bezeichnungen als „ Ausländer “ in Französisch vorzugsweise durch das Nomen selbst ausgedrückt. Es liegt die Vermutung nahe, dass im Rumänischen durch die Verwendung des Nomens ohne Adjektiv, die mit der Nation verbundenen Vorurteile mittransportiert werden. Die Anfügung eines Adjektives an das Nomen im Französischen könnte somit der Relativierung und der persönlichen Abstandnahme von der Stereotypisierung dienen, die sich Rumänen ausgesetzt sehen. Diese Form der Wortbildung wird im Gradatum (F - ) stellenweise beibehalten, weil an den ausgangssprachlichen Strukturen festgehalten wird, der Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen fehlt, die Zeit für die Teilnahme an einem Sprachkurs nicht vorhanden ist oder der hinreichende Wille dafür nicht vorliegt. Schließlich lassen sich auch in umgekehrter Richtung im rumänischen Diskurs der Sprecherinnen bzw. der Sprecher französische Strukturen nachweisen. 6.4 Hypothesen: Linguistik der Variation Unter Berücksichtigung der Hypothesen aus den Kapiteln der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation lässt sich Folgendes ableiten: Innerhalb des vertikalen Sprachkontaktes zwischen dem Rumänischen und Französischen lassen sich Interferenzvarietäten nachweisen, deren Anordnung im Sinne der funktionalen Variationslinguistik nach Stehl in einer Gradation erfolgt. Das Gradatum (F++) 818 wird von den Rumäninnen und Rumänen erkannt und als Französisch wahrgenommen, das in den Medien und der Literatur zur Anwendung kommt. Außerhalb des Medienbereiches findet die Verwendung des Gradatums (F++), wenn überhaupt, in sehr engen gesellschaftlichen Kreisen und auch dort nur temporär statt. Die für diese Arbeit befragten Untersuchungspersonen sind von der Beherrschung dieses Gradatums ausgeschlossen. 818 Zum virtuellen Standard und dessen Charakteristik: Cf. Stehl (2012: 121). 227 <?page no="228"?> Im Gegensatz zu Bm1991 und Dw1979 weist die potenzielle Re-Emigrantin Aw1991 auf segmentaler und suprasegmentaler Ebene unregelmäßig Abweichungen auf, die durch die aktive rumänische Sprachverwendung im Elternhaus begünstigt worden sind. Demnach entscheidet neben der in Frankreich erfolgten schulischen Sozialisation auch die Einstellung gegenüber dem Einwandererland und die Sprachverwendung innerhalb der Familie über die Entwicklung der französischen Sprachkompetenz. Eine in Frankreich erfolgte Sozialisation ab dem Kleinkindalter muss nicht zwingend zur Herausbildung einer muttersprachlichen Kompetenz auf allen Sprachebenen führen. Wenn das Einreisealter nach Frankreich vor dem Einsetzen der Pubertät erfolgt und nach der Ankunft eine unmittelbare Anbindung in das französische Umfeld ermöglicht wurde, ist die Wahrscheinlichkeit größer, eine nahezu muttersprachliche französische Sprachkompetenz zu erwerben, wie dies das gesprochene Französisch von Bm1991 und Dw1979 belegt. Eine akademische Vorbildung und eigene Bemühungen sich in ein französisches Umfeld zu integrieren, verhelfen zwar zu einer höheren französischen Sprachkompetenz, lassen aber bei Bw1931, Bw1975, Dw1978 und Dm1978 sowohl auf phonetisch-phonologischer Ebene als auch vereinzelt auf lexikalischer und semantischer Ebene Abweichungen erkennen. Selbst potentiell integrierte Rumäninnen (Bw1931 und Dw1978) können trotz langjähriger Spracherfahrung als rumänische Muttersprachlerinnen identifiziert werden. Demzufolge erweist sich der französische Fremdspracherwerb im Erwachsenenalter gegenüber den von im Kindesalter immigrierten Untersuchungspersonen als eine Herausforderung. Der Status als Akademikerin bzw. Akademiker wirkt sich von Beginn der Einreise nach Frankreich noch positiver auf die sprachliche und kulturelle Entwicklung aus, wenn vor der Einreise Beziehungen zu Menschen bestanden. Markantes Charakteristikum des Gradatums (F - ) sind regelmäßige Normabweichungen auf allen Sprachebenen. Zur Bewältigung der Gespräche in Französisch dient die Übersetzungstechnik, insbesondere derjenigen bzw. demjenigen, die Französisch im ungesteuerten Spracherwerb erlernen. Dabei stellt sich heraus, dass die Untersuchungspersonen der Auffassung sind, ihr Kommunikationsziel zu erreichen, obwohl die Beibehaltung der muttersprachlich basierten phonetischen Aussprache bei der Gesprächspartnerin bzw. bei dem Gesprächspartner vielfach zum Nichtverständnis führt. 819 In der Analyse wurde erwähnt, dass Unterschiede im Inventar der Kontaktsprachen zu phonetischen Varianten im Französischen führen. Im Bemühen, sich in der Aussprache dem französischen Standard anzunähern, kommt es in den französischen Diskursen auch zur 819 Cf. Discher (2014: 149). 228 <?page no="229"?> Anwendung von Ausweichstrategien. Aufgrund von mangelnder Sprachkompetenz führt das bewusste Kreieren von neuen Sprachstrukturen zu Fehlerquellen, die wiederum Nachweis für mangelndes französisches Sprachwissen sind. Die Verwendung der Übersetzungstechnik genügt unmittelbar nach der Ankunft, um sich in Frankreich verständlich zu machen, reicht jedoch für eine normgerechte Kommunikation in Französisch nicht aus. Die dem Gradatum (F - ) zugeordneten Untersuchungspersonen artikulieren nicht regelmäßig die französischen Nasalvokale und lassen Vokalqualitäten im Französischen unberücksichtigt. Die geringer qualifizierten Arbeitskräfte haben hierbei häufiger Schwierigkeiten, französische Vokale auszusprechen als die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer. Dies führt zu einer regelmäßigen Übertragung rumänischer Lexeme ins Französische. Auf diese Weise umgehen sie nicht nur die Artikulation der französischen Nasalvokale und der französischen Vokale / ɔ / , / œ / und / ʏ / , sondern ermöglicht ihnen die Anwendung von Ausweichstrategien, wie beispielsweise das code switching, eine fortwährende Unterhaltung ohne Unterbrechung zu führen. Die Beibehaltung der gewohnten phonetischen Aussprache im Rumänischen, 820 die Tilgung der Elision im Französischen und die Schaffung neuer phonologischer Strukturen lassen den Status als Zuwanderin bzw. Zuwanderer deutlich erkennen. Als relevante Erkenntnisse für die Interkomprehensionsforschung wurde herausgearbeitet, dass strukturelle Ähnlichkeiten der Kontaktsprachen den Transfer- und Interferenzprozess negativ begünstigen und im ungesteuerten Spracherwerb bei den Untersuchungspersonen zu Strukturkreationen und sinngemäßen Übertragungen aus der rumänischen in die französische Sprache führen. Etymologisch verwandte Lexeme werden häufiger in den französischen Diskurs integriert, wenn lautliche Hindernisse bestehen. Bei der Beurteilung der Quantität der lexikalischen Interferenzen muss der Grad der französischen Sprachkompetenz der Rumäninnen und Rumänen einer besonderen Bedeutung beigemessen werden. Die lexikalischen Ähnlichkeiten der Kontaktsprachen stellen eine große Herausforderung für den französischen Spracherwerb dar. Die subjektiv empfundene Annahme der Untersuchungspersonen, dass die Sprachverwandtschaft sich positiv auf den französischen Spracherwerb auswirke, konnte nicht bestätigt werden. Im Abgleich mit der Forschungsliteratur ist festzustellen, dass trotz der erweiterten Ausdrucksmöglichkeiten in der gesprochenen französischen Sprache hinsichtlich der grammatischen Struktur Normabweichungen in den französischen Gradata nicht an jeder Stelle als Fehler zu bewerten sind, 820 Cf. Iliescu (2002 b: 148). 229 <?page no="230"?> jedoch durch deren häufiges Auftreten nicht mehr als Merkmal der gesprochenen Sprache bewertet werden können. Bei den Untersuchungspersonen, die entweder von Anfang an oder während ihres Aufenthaltes in Frankreich der Gruppe der integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer zugeordnet werden können, mag die Übersetzungstechnik erste Wahl in der Anfangsphase ihres Aufenthaltes in Frankreich sein. Je länger diese Menschen in Frankreich leben, umso weniger greifen sie auf die Übersetzungstechnik zurück. Bezüglich derjenigen, die entweder in Rumänien oder erst in Frankreich einen gesteuerten Spracherwerb durchliefen, ist bereits ein Fundament sprachlichen Wissens in der Zweitsprache vorhanden, je nach Intensität der Vorbildung. Auch bei Untersuchungspersonen, die sich sprachliches Wissen auf dem Weg des ungesteuerten Zweitspracherwerbs aneigneten, kann durch ihre innere Einstellung und durch die Zusammensetzung ihres gewählten sozialen Umfeldes, ihr französisches Sprachwissen im zeitlichen Verlauf ebenfalls zunehmen. Durch den Kontakt zu Französinnen bzw. Franzosen werden sie bei fehlerhafter Sprachverwendung darauf aufmerksam gemacht, wodurch Fehlerquellen reduziert werden. Diese Fehlerkorrektur kann nicht nur durch französische Muttersprachlerinnen bzw. Muttersprachler gewährleistet werden, sondern auch durch die eigenen Kinder, die in Frankreich sozialisiert werden und einen gesteuerten Spracherwerb erfahren und ihre Sprachkenntnisse dabei an ihre Eltern weitergeben. Dennoch bewirken die Abweichungen auf den Sprachebenen unter Berücksichtigung bisheriger Ergebnisse die Herausbildung einer rumänisch-französischen Sprachstruktur. Nicht nur bei Neuankömmlingen, sondern auch bei Untersuchungspersonen höheren Alters mit einer längeren Aufenthaltsdauer in Frankeich ist die Übersetzungstechnik die maßgebliche Strategie, die eine Verständigung und damit ein Leben in der französischen Gesellschaft ermöglicht. Ein Ende der dominanten Anwendung der Ausweichstrategien ist zumindest bei denen erst im höheren Alter immigrierten Untersuchungspersonen ohne einen gesteuerten Spracherwerb, nicht zu erwarten. In den metasprachlichen Bewertungen wurde als markantes Phänomen dieses Sprachkontaktes der slawische Akzent auch für die französischen Gradata benannt. In Verbindung mit dem Auftreten unterschiedlicher phonetischer Variationen im französischen Sprechfluss der Untersuchungspersonen, den veränderten Tonhöhenverläufen, der Artikulation des apikoalveolaren r, begleitet von einem abweichenden Sprechrhythmus sowie die Missachtung der Elision ließe den häufig benannten „ accent slave “ erklären. Zur Identifizierung eines rumänischen Sprachhintergrundes bedarf es sowohl sprachliches als auch kulturelles Wissen auf Seiten der französischen Zuhörerin bzw. des Zuhörers, damit nicht fälschlicherweise durch Außen- 230 <?page no="231"?> stehende die Zuordnung der rumänischen Französischsprecherinnen bzw. -sprecher zum slawischen Sprachraum erfolgt. 821 Als Repräsentant des Gradatums (R - ) stellt Bm1991 eine Besonderheit unter denen in Frankreich schulisch sozialisierten Untersuchungspersonen dar. Die Analyse des rumänischen Sprechflusses belegt, dass die Übertragung französisch prosodischer Muster ins Gradatum (R - ) erfolgt, so dass auf prosodischer Ebene eine deutliche Anlehnung an das Gradatum (F+) erfolgt. Im Rahmen zukünftiger Untersuchungen sollten demnach in umgekehrter Beeinflussungsrichtung die rumänischen Sprechtraditionen auf französische Strukturen hin untersucht werden. Im Kontrast zu dem Gradatum (R - ) stehen die Gradatum (R+) Sprecherinnen bzw. Sprecher, die ihre Muttersprache beherrschen und regionalspezifische Merkmale in ihren rumänischen Diskurs mit einfließen lassen. Bei ihnen lässt sich keine Korrelation zwischen der Sprachkompetenz in der französischen Fremdsprache und dem Beherrschen der Muttersprache feststellen. Vielmehr wird deutlich, dass eine politisch bedingte Loslösung von der Heimat im Erwachsenenalter nicht in jedem Fall zur Aufgabe der Muttersprache führen muss. Die Auseinandersetzung mit dem rumänischen Transkriptionsmaterial zeigt, dass die strukturelle Entwicklung in der rumänischen Sprache große Potentiale in sich birgt. In der Gesamtheit der Analyse konnten, mit einigen Ausnahmen, die metasprachlichen Bewertungen aus den Kapiteln der Kompetenz der Variation und der Pragmatik der Variation belegt werden. 821 Discher (2013 a: 364). 231 <?page no="232"?> 7 Fazit Indem die funktionale Variationslinguistik mit den Ebenen der Kompetenz der Variation, Pragmatik der Variation und Linguistik der Variation 822 eine Erweiterung um die Analyse der Akkulturation erfahren hat, konnte mit der qualitativen Erhebung und ohne die Nutzung von technischen Spracherkennungsverfahren ein umfassendes Bild der kulturellen und sprachlichen Wirklichkeit der Rumäninnen bzw. Rumänen nachgezeichnet werden. Die heutigen rumänisch-französischen Beziehungen resultieren aus spezifischen Entwicklungen des Kultur- und Sprachkontaktes, der in Paris zur Herausbildung verschiedener rumänischer Migrantinnenbzw. Migrantengruppen geführt hat, die sich nach dem jeweils erreichten Integrationsstatus unterscheiden. Hierbei handelt es sich um die potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re-Emigranten, die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitäsbewahrer sowie die potenziellintegrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer beruflichen und sprachlichen Qualifizierung sowie ihrer Immigrationsmotive nach Frankreich. Die wesentlichen Motivationslagen, die eine Migration nach Frankreich begründeten, basierten auf den historisch politischen Entwicklungen zu Zeiten des Kommunismus, den Menschenrechtsverletzungen, den schlechten wirtschaftlichen Lebensverhältnissen und Missständen. Für eine Neuansiedlung in Frankreich sprechen traditionelle Gründe, wie der intellektuelle und wirtschaftliche Austausch zwischen beiden Ländern, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begann und seit 1989 intensiviert wird. 823 Die französische Regierung schafft als wirtschaftlicher Förderer und Partner Rumäniens einerseits eine geeignete Grundlage für deren stetige Entwicklung 824 und bietet andererseits unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Kontaktsprachen romanischen Ursprungs sind, 825 eine Möglichkeit für Rumäninnen und Rumänen, sich in das alltägliche Leben zu integrieren. Dazu dient auch die Herausbildung einer sprachlichen Integrationspolitik seitens der französischen Regierung, die ihre Anfänge in den siebziger Jahren genommen hat und sich seit dem Jahr 2000 zu einem spürbaren Integrationsinstru- 822 Stehl (2012). 823 Cf. Ivan (2009: 114). Cf. Craia (2006: 5 ff.). 824 Cf. Bowd (2008: 14). Cf. http: / / www.lemonde.fr/ economie/ article/ 2011/ 07/ 12/ eads-ouvre-sa premiere-usine-en-roumanie_1547924_3234.html (25. 11. 2012). 825 Cf. Bossong (2008: 15). 232 <?page no="233"?> mentarium weiterentwickelte. Auf diese Weise zeigen beispielsweise die Einführung der Integrationsverträge, die Erhöhung von Personalstellen im öffentlichen Dienst zur Betreuung von Migrantinnen - bzw. Migrantenkindern, aber auch die intereuropäische Kooperation zur Beseitigung von migrationsbedingten Konfliktlagen die gestiegene Bedeutung der Migrationspolitik Frankreichs. 826 Trotz dieser Fortschritte in der Gestaltung des Migrationsprozesses konnten diese nicht zu der Beseitigung der in der französischen Gesellschaft vorhandenen Ressentiments, insbesondere gegenüber der Migrationsgruppe der Rumäninnen bzw. Rumänen beitragen. Die seit Jahren andauernde negative Berichterstattung in den französischen und europäischen Medien führt dazu, dass sich die Mitglieder der rumänischen Gemeinschaft regelmäßig einer Stereotypisierung und einer dadurch verursachten Diskriminierung ausgesetzt sehen. Diese auch durch öffentliche Institutionen forcierte Diskriminierung führt dazu, dass selbst im eigenen Umfeld die kulturelle und sprachliche Herkunft verleugnet wird, was sich letztlich negativ auch auf den Integrationsprozess auswirken kann. 827 Zuletzt unter der Regierungszeit Sarkozys sahen sich die Untersuchungspersonen durch die Stigmatisierung der Roma, gleichermaßen rumänische und französische Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger, einer noch stärkeren Vorurteilsbelastung ausgesetzt. Im Unterschied zu westeuropäischen Einwanderinnen bzw. Einwanderer benötigten Rumäninnen und Rumänen bis 2013 eine Freizügigkeitsbescheinigung. 828 Dadurch hatten sie in ihrer Alltagsbewältigung mit erschwerten Lebensbedingungen zu kämpfen. Trotz dieser Bedingungen geht vom Ballungsraum Paris für Rumäninnen bzw. Rumänen eine besondere Attraktivität aus, die auf die bereits hoch entwickelte rumänische Infrastruktur in dieser Region zurückzuführen ist. Hervorzuheben ist dabei die Bedeutung der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, die als Anlaufstation für Neuimmigranten und als soziale Begegnungsstätte für die in Paris bereits lebenden Migrantinnen bzw. Migranten fungiert. Die zentrale Bedeutung dieser Institution für die rumänische Gemeinschaft begründet sich durch ihre Funktion als potenzielle Partnerin der französischen Regierung für die Förderung ihrer Migrationspolitik. Insbesondere in ihrer Eigenschaft als Multiplikator könnte sie dazu beitragen, dass Integrationsprojekte den rumänischen Adressatinnenbzw. Adressatenkreis gezielt und weitgehend umfassend erreichen, um somit die Effizienz und Wirkungstiefe dieser Maßnahmen zu intensivieren. Dabei könnten zur wei- 826 Cf. Hierzu: Cf. Fouteau, Lochak (2008: 67). Cf. Guélamine (2008: 74). Michalowski (2007: 98). Cf. Le bilan de la politique publique d ’ intégration. S. 29 - 30 (20. 02. 2012). 827 Zur Stereotypisierung: cf. Salden (2010). 828 Cf. http: / / www.auswaertigesamt.de/ DE/ EinreiseUndAufenthalt/ Schengen_node. html (20. 02. 13). 233 <?page no="234"?> teren Effizienzsteigerung zukünftiger Immigrationsmaßnahmen, die als Ergebnis dieser Arbeit ermittelten Erkenntnisse über die Heterogenität der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft dienen. Dies ist damit zu begründen, dass der Inhalt und die Ausrichtung von Maßnahmen zur Immigration unter Berücksichtigung der Unterschiede innerhalb der Migrationsgemeinde zielgerichteter erfolgt. Dabei kann auf die von mir klassifizierten drei Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen abgestellt werden. Charakteristisch für die potenziellen Re-Emigrantinnen bzw. Re- Emigranten, die als wirtschaftlich motivierte Einwanderinnen bzw. Einwanderer und geringer qualifizierte Arbeitskräfte weiter unterschieden werden können, ist die primäre Motivation der Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen. Sie zeichnen sich durch eine von der französischen Gesellschaft distanzierte Lebensweise aus, bedauern die mangelnde Möglichkeit, Rumänisch außerhalb des familiären Umfelds sprechen zu können und sind bereit, ein Leben in Rumänien fortzusetzen, sobald sich die wirtschaftliche Situation in ihrem Heimatland verbessert. Dies trifft auch auf die geringer qualifizierten Arbeitskräfte zu, die aktuell aus Mangel an Gelegenheit und französischen Sozialkontakten nicht an einer aktiven sprachlichen und kulturellen Integration arbeiten. Die integrationswilligen Identitätsbewahrerinnen bzw. Identitätsbewahrer zeichnen sich durch ihre besondere Integrationsbereitschaft aus, die darin zum Ausdruck kommt, dass an einer ständigen Verbesserung der französischen Sprachkompetenz gearbeitet wird, soweit es die Lebensumstände ermöglichen. Sie haben einen erweiterten französischen Freundeskreis, in dem sie regelmäßig in Französisch kommunizieren. Ferner entstehen aus diesen engen sozialen Kontakten auch Eheschließungen, die bei den Rumäninnen bzw. Rumänen zu der Herausbildung einer hybriden Identität führen. Sie fühlen sich auf der einen Seite zwar zu ihrer rumänischen Heimat und Verwandtschaft hingezogen, haben sich aber andererseits in Frankreich einen neuen Lebensmittelpunkt eingerichtet. Mit zunehmender Integration lässt sich in der rumänischen Migrantinnenbzw. Migrantengemeinschaft der Nachweis hybrider Identitäten erbringen. Beim jeweiligen Stand dieser Entwicklung ist eine Korrelation einerseits zwischen der Einstellung zum Einwanderungsland sowie zu seiner Sprache und Kultur und andererseits dem Grad der Identifizierung mit der französischen Empfängergesellschaft festzustellen. Die potenziell integrierten französischen Rumäninnen bzw. Rumänen haben sich bewusst von der rumänischen Kultur distanziert, sind fast vollständig in die französische Gesellschaft integriert und besitzen einen französischen Freundinnenbzw. Freundes- und Kolleginnenbzw. Kollegenkreis. Die rumänische Sprache wird nur noch in Ausnahmesituationen aktiv verwendet. Teilweise nimmt sie den Stellenwert einer Fremdsprache ein, so dass sie folgerichtig bei den Nachkommen bereits den Status 234 <?page no="235"?> einer Muttersprache verloren hat. Das Interesse an der rumänischen Kultur und Sprache ist sozusagen erloschen. Die Ergebnisse und der interdisziplinäre Blick in dieser Arbeit belegen deutlich, dass die Untersuchung einer historischen Sprache in Bewegung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden bleibt. 829 Äußere Umstände führen dazu, dass Rumäninnen und Rumänen und ihre Erstsprache ein negatives Prestige erhalten. Dennoch bleiben es Bewertungen von Außenstehenden. Die ermittelten Ergebnisse über die zahlreichen Sprachstrukturveränderungen zeigen ein Forschungsdesiderat auf, dessen Reduktion zukünftige Forschungen über die historische Sprache Rumänisch erforderlich macht. Selbst wenn nachfolgende Generationen voraussichtlich im zunehmenden Maße Rumänisch vernachlässigen und sogar aufgeben, wird die rumänische Kultur und Sprache ein wichtiger Bestandteil dieser in Paris lebenden Menschen bleiben. In linguistischer Hinsicht lässt sich festhalten, dass die soeben beschriebenen Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen, gemessen an ihren sprachlichen Fähigkeiten, den einzelnen Gradata zuzuordnen sind: Unter Berücksichtigung der Hypothesen aus den empirischen Kapiteln dieser Arbeit kann die Existenz einer gruppenspezifischen rumänisch-französischen Migrantenvarietät als erwiesen betrachtet werden. 829 Cf. Stehl (2011 a: 40). 235 <?page no="236"?> 8 Literaturverzeichnis Academic dictionairies and encyclopedias: Kalter Krieg. Beginn des Ost-West- Konflikts, in: http: / / universal_lexikon.deacademic.com/ 257984/ Kalter_Krieg %3A_Beginn_des_Ost-West-Konflikts#sel=6: 1,6: 79 (07. 03. 2013). Academic dictionairies and encyclopedias: Ost-West-Handel, in: http: / / universal_lexikon.deacademic.com/ 281900/ Ost-West-Handel (07. 03. 2013). Académie de Paris: http: / / www.education.gouv.fr/ cid1168/ paris.html (25. 03. 2014). Accord entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la Roumanie relatif aux échanges jeunes professionnels du 20 novembre 2003, in: http: / / www.immigration-professionnelle.gouv.fr/ sites/ default/ files/ fckuplo ad/ accord_roumanie_jeune_pro_du_20 - 11 - 2003.pdf (12. 02. 2013). Adamzik, Kirsten. 2001: Sprache. Wege zum Verstehen. Francke. Tübingen. Adeva ˇ rul.ro: Românii din Vigo sus ţ in c ă „ reputa ţ ia de infractori “ le îngreuneaz ă g ă sirea unui loc de munc ă , in: http: / / adevarul.ro/ international/ europa/ romanii-vigo-sustin-reputatia-infractori-ingreuneaza-gasirea-unui-loc-munca1 _50acdd667c42d5a6638acfdd/ index.html (06. 03. 2013). Albert, Ruth.; Cor, J. Koster. 2002: Empirie in Linguistik und Sprachlehrforschung. Ein methodologisches Arbeitsbuch. Narr. Tübingen. Althaus, H. P.; Henne, H. Sozialkompetenz und Sozialperformanz. Thesen zur Sozialkommunikation, in: ZDL, 38, 1971, 1 - 15, in: Söll, Ludwig; Hausmann, Franz-Josef. 1985: Gesprochenes und geschriebenes Französisch. Erich Schmidt. Berlin. Ambasada României în regatul Spaniei, in: http: / / madrid.mae.ro/ node/ 1087 (12. 02. 2012). Ammon, Ulrich; Simon, Gerd. 1975: Neue Aspekte der Soziolinguistik. Beltz. Weinheim. Amnesty international: Mit Menschenrechten gegen Armut, in: http: / / www. amnesty.de/ mit-menschenrechten-gegen-armut/ wohnen-wuerde/ diskriminierung-der-roma-rumaenien (06. 03. 2013). Ardjomandi, E. Mohammad; Streeck, Ulrich. 2002: Migration - Trauma und Chance, in: Bell, Karin; Holder, Alex; Janssen, Paul; van de Sande, Jan (Hg.). 2002: Migration und Verfolgung. Psychoanalytische Perspektiven. Psychosozial-Verlag. Gießen. 37 - 52. Armstrong, Nigel; Pooley, Timothy. 2010: Social and Linguistic Change in European French. CPI Antony Rowe. Palgrave Mcmillan. Hampshire. ART special Das Kunstmagazin. 2012: - DIE MODERNE, Die Epoche der Avantgarde. Fotostrecke: Jeder Künstler eine Welt. Gruner. Hamburg. Baccalauréat technologique. Sciences et Technologies de la gestion Session 2012., in: http: / / www.sujetdebac.fr/ sujets/ 2012/ stg-economie-droit-2012-metropole-su jet.pdf (12. 03. 2014). 236 <?page no="237"?> Batchelor, E. R.; Offord, M. H. 2000: Using french. A guide to contemporary usage. Third edition. Cambridge University Press. Cambridge. Becker, Monika. 2004: Die Loi relative à l ’ emploi de la langue française vom 4. August 1994. Anspruch und Wirklichkeit französischer Sprachpolitik und Sprachgesetzgebung. Peter Lang. Frankfurt am Main. Behring, Eva. 2002: Rumänische Schriftsteller im Exil 1945 - 1989. Franz Steiner Verlag. Stuttgart. Beltechi, Eugen; Faiciuc, Ioan; Mocanu, Nicolae: sub conducerea lui: Neiescu, Petru: Academia Româna ˇ Institutul de lingvistic ă s , i istorie literar ă «Sextil Pus , cariu» Cluj-NAPOCA. 1997: Noul Atlas lingvistic român pe regiuni. Banat II. Editura Academiei Române, Bucures , ti. Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Überprüfungsmechanismus, in: http: / / ec.europa.eu/ cvm/ docs/ com_2013_47_de.pdf(13. 02. 2013). Bernhard, Gerald. 1998: Das Romanesco des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Variationslinguistische Untersuchungen. Niemeyer. Tübingen. Beyrer, Arthur; Bochmann, Klaus; Bronsert, Siegfried. 1987: Grammatik der rumänischen Sprache der Gegenwart. Verlag Enzyklopädie. Leipzig. Bidoux, Pierre-Emile; Virot, Pauline. 2011: L ’ accès à l ’ emploi et au logement s ’ ameliore pour les immigrés à Paris mais les inégalités et les discriminations persistent, in: http: / / www.insee.fr/ fr/ insee_regions/ idf/ themes/ alapage/ ala p376/ alap376.pdf (03. 03. 2014). Bienvault, Pierre. 2010: La Croix.com: La France recrute ses médecins en Roumanie, in: http: / / www.la-croix.com/ Actualite/ S-informer/ France/ La-France-recrute-ses-medecins-en-Roumanie-_NG_-2010 - 03 - 10 - 602259 (07. 09. 2011). Bierschock, P. Kurt. 1995: Familie, Ethnizität und Migration. Zum Stand der Forschung in Frankreich, Kanada und den USA. MM Druck. Bamberg. Bigot, Régis. 2005: Trajectoires et prise en charges de mineurs roumains Hors la rue, enquête - Parcours de mineurs isolés roumains - août 2005, in: http: / / www. revuesplurielles.org/ _uploads/ pdf/ 47/ 240/ 97406_p20_22.pdf (23. 02. 2012). Blanc-Chaléard, Marie-Claude. 2003: Les Italiens en France depuis 1945. Presses universitaires de Rennes. Paris. Blumenthal, Peter. 2006: Wortprofil im Französischen. Niemeyer. Tübingen. Bochmann, Klaus. 1993: Sprachpolitik in der Romania: Zur Geschichte sprachpolitischen Denkens und Handelns von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart. Eine Gemeinschaftsarbeit der Leipziger Forschungsgruppe „ Soziolinguistik “ , Jenny Brumme, Gerlinde Ebert, Jürgen Erfurt, Ralf Müller, Bärbel Plötner. Weitere Beiträge von Louis Guespin, Annette Kaminsky, Georg Kremnitz, Grazia Melli Fioravanti, Jean-Baptiste Marcellesi, Bernd Schmidt. de Gruyter. Berlin. Bochmann, Klaus. 2011: Revolutionierung der Sprachverhältnisse nach der „ Revolution “ vom 22. Dezember 1989 in Rumänien, in: Bock, Bettina; Fix, Ulla; Pappert, Steffen. 2011: Politische Wechsel-sprachliche Umbrüche. Frank& Timme. Berlin. 349 - 360. Bochmann, Klaus; Dumbrava, Vasile; Müller, Dietmar; Reinhardt, Victoria. (Hg.) 2012: Die Republik Moldau. Republica Moldova. Ein Handbuch. Leipziger Universitätsverlag. Leipzig. 237 <?page no="238"?> Bossong, Georg. 2008: Die romanischen Sprachen: eine vergleichende Einführung. Buske. Hamburg. Böttger, Katharina. 2008: Negativer Transfer bei russischsprachigen Deutschlernern. Die häufigsten muttersprachlich bedingten Fehler vor dem Hintergrund eines strukturellen Vergleichs des Russischen mit dem Deutschen. Hamburg, in: http: / / ediss.sub.uni-hamburg.de/ volltexte/ 2008/ 3622/ pdf/ Boettger.pdf (14. 11. 13). Boujaddi, Mohamed. 2011: Quelles conditions nécessaires à la scolarisation des enfants roms? , in: Cahiers pédagogiques. Changer la société pour changer l ’ école, changer l ’ école pour changer la société. À l ’ école avec les élèves roms, tsiganes et voyageurs. Hors-série numérique n° 21, mai. 2011. 14 - 15. Bousquet, Sylvie. 2008: Cedefop. Berufsbildung in Frankreich. Kurzbeschreibung. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft. Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung. Printed in Belgium. Bowd, Gavin. 2008: La France et la Roumanie communiste. L ’ Harmattan. Paris. Bröking, Adrian. 2002: Sprachdynamik in Galicien: Untersuchungen zur sprachlichen Variation in Spaniens Nordwesten. Narr. Tübingen. Brusanowski, Paul. 2011: Rumänisch-orthodoxe Kirchenordnungen (1786 - 2008). Siebenbürgen-Bukowina-Rumänien. (Hg.) Schwarz W. Karl. Böhlau. Köln. Busch, Brigitta. 2013: Mehrsprachigkeit. Facultas Verlags- und Buchhandels Ag. Wien. Cantrel, Françoise-Marie. 2007: Les Fils du Vent, in: Baronnet, Marie- Pascale. 2007: Les Jeunes Tsiganes: Le Droit au savoir. Éd. Licorne. Paris. 43 - 47. Caraty, Fabienne. 2011: D ’ une rencontre au bord de la route à une école sous chapiteau, in: Cahiers pédagogiques. Changer la société pour changer l ’ école, changer l ’ école pour changer la société. À l ’ école avec les élèves roms, tsiganes et voyageurs. Hors-série numérique n° 21, mai. 2011. 17 - 19. CEB: Banque de développement du conseil de l ’ Europe. Acticités de la CEB en faveur des Roms, in: http: / / www.coebank.org/ Upload/ infocentre/ brochure/ fr/ brochure_roms.pdf (30. 11. 2011). Chabrol, Marie & translated by Oliver Waine. 2013: «Château Rouge: a “ Little Africa ” in Paris? The users and usages of a migrant commercial centrality», Metropolitics, 22 May2013, http: / / www.metropolitiques.eu/ Chateau-Rouge-a- Little-Africa-in.html (09. 03. 2014). Chastand, Jean-Baptiste. 2010: Le Monde. Fr. Immigration: „ La France, en pointe dans l ’ expulsion des Roms en Europe, in: http: / / www.lemonde.fr/ societe/ article/ 2010/ 09/ 09/ la-france-en-pointe-de-l-expulsion-des-roms-en-europe_1408723_3224.html (29. 11. 2011). Chaurand, Jacques. 1999: Nouvelle histoire de la langue française. Éditions du Seuil. Paris. CIEP: Au service du français et de l ’ éducation dans le monde, in: http: / / www.ciep. fr/ (10. 01. 2013). Cinpoes ¸ , Radu. 2010: Nationalism and Identity in Romania. A History of extreme politics from the birth of the state to EU accession. Tauris Academic Studies. London. Clyne, Michael. 1975: Forschungsbericht Sprachkontakt. Untersuchungsergebnisse und praktische Probleme. Scriptor Verlag. Kronberg. 238 <?page no="239"?> Colin, Jean-Paul; Mével, Jean-Pierre; Leclère, Christian. 2006: Grand Dictionnaire. Argot & français populaire. 15.000 mots et expressions lexique françaisargot de 3000 mots. Préf. d ’ Alphonse Boudard. La Rousse. Paris. COLISEE: Comité pour l ’ information sur l ’ Europe de l ’ Est. La communauté roumaine en France généralités, in: http: / / www.colisee.org/ article.php? id_article=144 (02. 08. 2011). Coseriu, Eugenio. 1975: System, Norm und Rede, in: Coseriu, Eugenio. 1975: Sprachtheorie und allgemeine Sprachwissenschaft. 5 Studien. Fink. München. Coseriu, Eugenio. 1988: Sprachkompetenz. Grundzüge der Theorie des Sprechens. Francke. Tübingen. Coseriu, Eugenio. 2005: Dialekt und Sprachwandel, in: Stehl, Thomas. 2005: Unsichtbare Hand und Sprecherwahl. Typologie und Prozesse des Sprachwandels in der Romania. Narr. Tübingen. 111 - 122. Coseriu, Eugenio. 2007: Sprachkompetenz. Grundzüge der Theorie des Sprechens. Francke. Tübingen, 2., durchgesehene Auflage (= UTB 1481). Council of Europe. European Comission: Roma Campaign Acesta este un stereotip? Un instrument de lupt ă împotriva stereotipurilor referitoare la romi, in: http: / / www.coe.int/ t/ dg3/ romatravellers/ source/ documents/ Tools_for_fighting_stereotypes_Romanian.pdf (08. 03. 2014). Craia, Sultana. 2006: Francophonie et francophilie en Roumanie. Editions Meronia. Bucures , ti. Dahmen, Wolfgang; Schweickard, Wolfgang. 1998: Rumänische Sprachkultur im Überblick, in: Greule, Albrecht; Lebsanft, Franz: Europäische Sprachkultur und Sprachpflege. Akten des Regensburger Kolloquiums Oktober 1996. Narr. Tübingen. 179 - 194. Dahmen, Wolfgang: Externe Sprachgeschichte des Rumänischen/ Histoire externe du roumain, in: Ernst, Gerhard; Wiegand, Herbert Ernst; Ungeheuer, Gerold. 2003: Romanische Sprachgeschichte. Histoire linguistique de la Romania. Ein internationales Handbuch zur Geschichte der romanischen Sprachen. Teilband I. de Gruyter. Berlin. 727 - 746. De Saussure, Ferdinand. 1974: Cours de Linguistique Générale. Publié par Bally, Charles; Sechehaye avec la collaboration de Riedlinger, Albert. Èdition critique préparée par Tullio de Mauro. Payot. Paris. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen in seinem politischen und bildungspolitischen Kontext, in: http: / / www.goethe.de/ Z/ 50/ commeuro/ 104.htm (08. 03. 2014). Dickel, Doris. 2002: Einwanderungs- und Asylpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland. Eine vergleichende Studie der 1980er und 1990er Jahre. Leske+Budrich. Opladen. Dex. 1998: Dict , ionarul explicativ al limbii române. Edit , ia a ll-a. Academia Român ă Institutul de Lingvistic ă „ Iorgu Iordan “ . Univers enciclopedic. Bucures , ti. Dict , ionare ale limbii române, in: http: / / dexonline.ro (06. 03. 2013). Die Presse.com Rumäniens Staatschef: Schengen Beitritt “ suspendiert “ , in: http: / / diepresse.com/ home/ politik/ aussenpolitik/ 1289446/ Rumaeniens-Staatschef_SchengenBeitritt-suspendiert (18. 10. 2012). 239 <?page no="240"?> Die Welt. Frankreich räumt so viele Romalager wie nie. http: / / www.welt.de/ politik/ ausland/ article123871537/ Frankreich-raeumt-so-viele-Roma-Lagerwie-nie.html (20. 03. 2014). Dietrich, Wolf. 1995: Das französische Wortfeld savoir/ connaître in seinem paradigmatischen “ Umfeld “ , in: Hoinkes, Ulrich. 1995: Panorama der lexikalischen Semantik. Thematische Festschrift aus Anlaß des 60. Geburtstags von Horst Geckeler. Narr. Tübingen. Dietzel, Uwe: Multikulturalität und Mehrsprachigkeit- Überlegungen zum Sprachbewußtsein der Montréalais, in: Haßler, Gerda. (Hg.) 2001: Sprachkontakt und Sprachvergleich. Nodus. Münster, 115 - 123. Dill, W. Günter; Vasiu, Maria; Voinea, Georgeta. 2006: Politischer Kurzbericht. Rumänien vor dem Frankophonie-Gipfel. Außenstelle Bukarest der Konrad Adenauer-Stiftung. Bukarest. 19. September. in, http: / / www.kas.de/ wf/ doc/ kas_9226-1522-1-30.pdf? 080806135513 (22. 01. 14). Diminescu, Dana. 2003: Visibles, mais peu nombreux. Les circulations migratoires roumaines. Éditions de la Maison des sciences de l ’ homme. France. Dimroth, Christine &Klein, Wolfgang. 2003: Der ungesteuerte Zweitspracherwerb Erwachsener. Ein Überblick über den Forschungsstand, in: http: / / www.imis. uni-osnabrueck.de/ pdffiles/ imis21.pdf (11. 12. 2012). Dinc ă , Daniela. 2011: Les emprunts au français dans le langage des jeunes aux XIX ᵉ siecle, in: Dinc ă , Daniela; Scurtu, Gabriela. 2011: Typologie des emprunts lexicaux français en roumain. Fondements théoriques, dynamique et catégorisation sémantique, Editura Universitarea Craiova, in: http: / / www.fromisem. ro/ publicatii/ typologiedesempruntsfrancais.pdf (14. 04. 14). 53 - 64. Discher, Christian. 2010: Sprachliche Integration und Migration von Rumänen in Frankreich im Ballungsraum Paris nach 1989. Universität Potsdam. (Magisterarbeit) Discher, Christian. 2013 a: Rumänen in Paris: Sprachkontakt, Migration und Variation. Romanistentag 2011, in: Stehl, Thomas; Schlaak, Claudia; Busse, Lena. 2013: Sprachkontakt, Sprachvariation, Migration: Methodenfragen und Prozessanalysen. Peter Lang. Frankfurt am Main. 2013. 347 - 368. Discher, Christian. 2013 b: Fremdsprachendidaktik und Migration. Vorstellung des Forschungsprojektes zur interdisziplinären Verknüpfung in der universitären Ausbildung, im Referendariat und in der Weiterbildung., in: Berendt, Brigitte; Wild, Johannes; Szczyrba, Birgit: Neues Handbuch Hochschullehre. Lehren und Lernen effizient gestalten. Raabe Wissenschaftsverlag. Berlin. 1 - 16. Discher, Christian. 2013 c: Identit ă t , i hibride în comunitatea migrant , ilor români. Universitätsverlag Potsdam. Potsdam. (online abrufbar unter: http: / / opus. kobv.de/ ubp/ volltexte/ 2013/ 6778/ ). Discher, Christian; Letze, Maren; Charfou, Yasmin. 2014: Lernszenarien in der universitären Ausbildung: Wie Kooperation in Wissenschaft und Praxis zusammenfließt., in: Berendt, Brigitte; Wild, Johannes; Szczyrba, Birgit: Neues Handbuch Hochschullehre. Lehren und Lernen effizient gestalten. Raabe Wissenschaftsverlag. Berlin. 55 - 70. Discher, Christian (2014): Analyse linguistique de la variation des langues fonctionnelles dans la communauté roumaine de Paris et sa banlieue, in: Veldre, 240 <?page no="241"?> Gerner, Georgia; Thiele, Sylvia. 2014: Sprachen und Normen im Wandel. Kolloquium Münster 2012. Ibidem. Stuttgart. 141 - 153. Dittmar, Norbert. 1973: Soziolinguistik - Exemplarische und kritische Darstellung ihrer Theorie, Empirie und Anwendung. Mit kommentierter Bibliographie. Fischer Taschenbuch. Frankfurt am Main. Dodenhoeft, Martin. 1989: Immigrantenkinder im Französischen Schulsystem: “ Schulversagen “ oder “ Versagen “ der Schule. Eine Auswertung aktueller Statistiken. Universitätsverlag der Bundeswehr. Hamburg. Doina, Sandu. 1993: Die Wortstellung im Deutschen und im Rumänischen. Julius Groos Verlag. Heidelberg. Drescher, Martina: Französisch in Westafrika zwischen endogener und exogener Norm: das Beispiel Burkina Faso, in: Stolz, Thomas; Bakker, Dirk; Palomo, Salas Rosa. (Hg.) 2009: Romanisierung in Afrika. Der Einfluss des Französischen, Italienischen, Portugiesischen und Spanischen auf die indigenen Sprachen Afrikas. Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer. Bochum. 41 - 80. Dreyer, Rahel. 2010: Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in Deutschland und Frankreich. Strukturen und Bedingungen, Bildungsverständnis und Ausbildung des pädagogischen Personals im Vergleich. Dr. Kovac ˇ . Hamburg. Durandin, Catherine, Petre Zoe. 2010: Romania since 1989. English translation by George Jewsbury. Columbia Univ. Press. New York. Dyer, L. Donald.1999: The Romanian Dialect of Moldova. A Study in language and politics. The Edwin Mellen Press. United Kingdom. École roumain de Paris, in: http: / / www.ecoleroumainedeparis.fr/ (12. 02. 2013). Éducation.gouv.fr. Enseignements primaire et secondaire. Scolarisation des élèves. Organsiation de la scolarité des élèves allophones nouvellement arrivés: in: http: / / www.education.gouv.fr/ pid25535/ bulletin_officiel.html? cid_bo=61536 (22. 01. 2104). Ender, Andrea. 2007: Wortschatz und Strategieneinsatz bei mehrsprachigen Lernenden. Aktivierung von Wissen und erfolgreiche Verknüpfung beim Lesen auf Verständnis in einer Fremdsprache. Schneider Verlag. Hohengehren. Engler, Marcus. 2012: Historische Entwicklung der Einwanderung und Einwanderungspolitik, in: http: / / www.bpb.de/ gesellschaft/ migration/ dossier-migration/ 135111/ historische-entwicklung (17. 01. 2014). Erfurt, Jürgen; Amelina, Maria. 2008: Elitenmigration und Mehrsprachigkeit. Red OBST. Duisburg. Fantaziu, Ionu ţ ; Ciulac, Andreea; Adamoae, Ana-Maria. 2012: România, BATJO- CORIT Ă din nou de francezi. VEZI ce subiect au primit elevii la BAC-ul francez. PLUS react , ia oficialilor români, in: http: / / www.evz.ro/ detalii/ stiri/ franceziine-jignesc-din-nou-la-bac-ul-frantuzesc-romania-e-o-tara-de-falsificatori- 988378.html (20. 03. 2014). Fassmann, Heinz; Haller, Max; Lande, David. 2009: Migration and Mobiltiy in Europe. Trends, Patterns and Control. International Conference “ Migration in Europe: Threat or Benefit “ , held in Vienna on 28 - 29 September 2007. Edward Elgar. Cheltenham. Ferguson, Charles A.: Diglossia, in: Diver, William; Martinet, André; Weinreich, Uriel. 1959: Word. Journal of the Linguistic Circle of New York. Circle, New York, 1959. 325 - 340. 241 <?page no="242"?> Fishman, Joshua A. 1967: Bilingualism with and without Diglossia; Diglossia with and without Bilingualism, in: Macnamara, John; The Journal of Social Issues. Problems of bilingualism 23/ 2, Herfernan Press, Massachussets. 29 - 38. Flick, Uwe; von Kardoff, Ernst; Steinke, Ines. 2008: Was ist qualitative Forschung? Einleitung und Überblick, in: Flick, Uwe; von Kardoff, Ernst; Steinke, Ines: Qualitative Forschung. Ein Handbuch. Rowohlt Taschenbuch Verlag. Reinbek. (6. Durchgesehene und aktualisierte Ausgabe) 13 - 29. Franceschini, Rita.(Hg.) 2001: Biographie und Interkulturalität. Diskurs und Lebenspraxis. Beitr. Eines Kolloquiums “ Biographie und Interkulturalität in Diskurs und Lebenspraxis, “ gehalten am 28 - 30. März 1996, in August bei Basel. Eingeleitet durch ein Interview mit Jacques le Goff. Stauffenburg. Tübingen. France diplomatie, in: http: / / www.diplomatie.gouv.fr/ fr/ pays-zonesgeo_833/ roumanie_238/ france-roumanie_1213/ vizafle-reseau-social-professeurs-francais _20717/ index.html (25. 12. 2011). Frank-Job, Barbara. 2009: Die Entwicklung deiktischer Ausdrücke zu Diskursmarkern im Kontext von Interaktionsanalyse und Sprachwandelforschung, in: Maaß, Christiane; Schrott, Angela. (Hg.) 2010: Wenn Deiktika nicht zeigen. Zeigende und nichtzeigende Funktionen deiktischer Formen in den romanischen Sprachen. Reihe Romanistische Linguistik. LIT-Verlag. Berlin. 283 - 305. http: / / www.barbara-job.de/ publik/ 9-Frank-Job.pdf (07. 03. 2013). Fraser, B. 1999: What are discourse markers? , Journal of Pragmatics 31, 931 - 952 1999: in: Mihatsch, Wiltrud. 2006: Machin, truc, chose: La naissance de marqueurs pragmatiques, in: Drescher, Martina: (éds).(2006). Les marqueurs discursifs dans les langues romanes. Approches théoriques et méthodologiques. [communications d ’ un panel du même titre qui a eu lieu lors de la XXVIIIième Rencontre des Romanistes Allemands (Deutscher Romanistentag) à l ’ Université de Kiel en septembre 2003]. Peter Lang. Frankfurt am Main. Fouteau, Carine; Lochak Danièle. 2008: Immigrés sous contrôle: Les droits des étrangers: Un état des lieux. Cavalier Bleu Éd. Paris. Frey, Brigitte. 2000: Die Académie française und ihre Stellung zu anderen Sprachpflegeinstitutionen. Romanistischer Verlag. Bonn. Gabinskij, A. Mark. 2002: Moldawisch, in: Okuka, Milo š . (Hg.) 2002: unter Mitwirkung von Krenn, Gerald: Wieser Enzyklopädie des Europäischen Ostens. Band 10. Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag. Klagenfurt. 133 - 143. Gabizon, Cécilia. 2010: Le Figaro: 9000 Roumains ont déjà quitté la France cette année, in: http: / / www.lefigaro.fr/ politique/ 2010/ 09/ 16/ 0100220100916ART FIG00696 - 9000-roumains-ont-deja-quitte-la-france-cette-annee.php (30. 11. 2011). Gabka, K. et al. (Hg.) 1975: Die russische Sprache der Gegenwart. Phonetik und Phonologie. Leipzig. Gabriel, Christoph. 2002: Französische Präpositionen aus generativer Sicht. Niemeyer. Tübingen. Gadet, Françoise. 1992: Le Français populaire. Presses Universitaires de France. Paris. 242 <?page no="243"?> Gândul. Info. 2008: 6 din 10 elevi români vorbesc o limba ˇ stra ˇ ina ˇ , in: http: / / www. gandul.info/ scoala/ 6-din-10-elevi-romani-vorbesc-o-limba-straina-3544789 (11. 12. 2011). Gebhard, Christian. 2012: Sprechtempo im Sprachvergleich: Eine Untersuchung phonologischer und kultureller Aspekte anhand von Nachrichtensendungen, in: http: / / edoc.hu-berlin.de/ dissertationen/ gebhard-christian-2012-07-18/ PDF/ gebhard.pdf (03. 03. 2014). Gendron, Jean-Denis. 2007: D ’ où vient l ’ accent des Québécois? Et celui des Parisiens? : Essai sur l ’ origine des accents. Contribution à l ’ histoire de la prononciation du français moderne. Les Presses de l ’ Université Laval. Canada. GER. Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen, in: http: / / www. europaeischer-referenzrahmen.de/ sprachniveau.php (10. 03. 2014). Gilli, Frédéric. 2003: Mutations territoriales, enjeux métropolitains. Une nouvelle géographie de l ’ emploi, in: Offner, Jean- Marc.2007: Problèmes, politiques et sociaux. Le Grand Paris. N. 942 La documentation française. Paris. 36 - 38. Götzke, Manfred. Gestrandet auf dem Dortmunder Arbeiterstrich, in: http: / / www. deutschlandfunk.de/ zuwanderung-gestrandet-auf-dem-dortmunder-arbeiterstrich.1775.de.html? dram: article_id=273288. (04. 01. 2014). Grein, Marion. 2007: Kontrastive Semantik und deren Einsatz im FSU, in: DasGupta- Bosold, Bettina, Klump, Andre. (Hg.) 2007: Romanistik in Schule und Universität. Akten des Diskussionsforums „ Romanistik und Lehrerausbildung: Zur Ausrichtung und Gewichtung von Didaktik und Fachwissenschaften in den Lehramtsstudiengängen Französisch, Italienisch und Spanisch “ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (28. Oktober 2006). Ibidem. Stuttgart. 33 - 47. Grevisse; Maurice; Goossee, André. 2007 [1986, 1936]: Le bon Usage: Grammaire française. De Boeck-Duculot. Bruxelles. 2008. Guélamine, Faïza. 2008: Action sociale et immigration en France: repères pour l ’ intervention. Dunod. Paris. (2. Édition). Gülich, Elisabeth. 1970: Makrosyntax der Gliederungssignale im gesprochenen Französisch. Wilhelm Fink Verlag. München. Haarmann, Harald. 1979: Multilinguale Kommunikationsstrukturen. Spracherhaltung und Sprachwechsel bei den romanischen Siedlungsgruppen in der Ukrainischen SSR und anderen Sowjetrepubliken. Narr. Tübingen. Haarmann, Harald: Das Moldauische (Moldawische)-Aufstieg und Fall einer Standardsprache, in: Hoinkes, Ulrich. (Hg.) 2013: Die kleineren romanischen Sprachen in der Romania. Verbreitung, Nutzung und Ausbau. Peter Lang. Frankfurt am Main. 235 - 248. Haßler Gerda. 1997: Texte im Text. Überlegungen zu einem textlinguistischen Problem, in: Haßler Gerda: Texte im Text: Untersuchungen zur Intertextualität und ihren sprachlichen Formen. Nodus Publikationen. Münster. Heckmann, Christine-Anne. 2014: Rumänen und Bulgaren in Frankreich. Unverzichtbarer Teil der europäischen Integration “ , in: http: / / www.tagesschau.de/ wirtschaft/ korrikette-arbeitsmigration-frankreich100.html (07. 03. 2014). Heimann-Bernoussi, Nicola. 2011: Kindliche Zwei- und Mehrsprachigkeit-Aspekte der Wortschatzentwicklung. Voraussetzungen und Einflussfaktoren. Strategien, Code- Switching, Transfer und Sprachmischen. Dr. Kovac ˇ . Hamburg. 243 <?page no="244"?> Heller, Wilfried: Demographie, Migration und räumliche Entwicklung, in: Kahl, Thede; Metzeltin, Michael; Ungureanu, R ă zan-Mihai (Hg.) 2006: Rumänien. Raum und Bevölkerung, Geschichte und Geschichtsbilder, Kultur, Gesellschaft und Politik heute. Wirtschaft. Recht und Verfassung. Historische Regionen. Lit. Verlag. Berlin. 39 - 56. Heuberger, Valeria. 2011: Rumänien seit 1989: Die außenpolitische Dimension., in: Kahl, Thede; Schippel, Larisa (Hg.). Kilometer Null. Politische Transformationen und gesellschaftliche Entwicklungen in Rumänien seit 1989. Frank&Timme. Berlin. 25 - 37. Hoffmann, Rainer. 2011: Konkrete Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten: Monitoringbericht des Beratenden Ausschusses, in: http: / / zentralrat.sintiundroma.de/ content/ downloads/ stellungnahmen/ 5Hofmann.pdf (29. 11. 2013). Holenstein, Elmar. 1980: Sprachliche Kontinua sind anisotrop und skaliert, in: Brettschneider, Gunter; Lehmann, Christian (Hg.). Wege zur Universalienforschung. Sprachwissenschaftliche Beiträge zum 60. Geburtstag von Hansjakob Seiler. Narr. Tübingen. 504 - 508. Hölker, Klaus. 2010: Frz. quoi als Diskursmarker, in: http: / / www.linguistik-online. de/ 44_10/ hoelker.html. (03. 03. 2014). Holzkamp, Klaus. 1973: Sinnliche Erkenntnis - Historischer Ursprung und gesellschaftliche Funktion der Wahrnehmung. Athenäum Fischer, Frankfurt. Iliescu, Maria. 2002: Die logisch-semantische Präposition „ mit “ im Französischen und im Rumänischen, in Heinemann, Sabine; Bernhard, Gerald; Kattenbusch, Dieter: Roma et Romania. Festschrift für Gerhard Ernst zum 65. Geburtstag. Niemeyer. Tübingen.169 - 182. Iliescu, Maria. 2002 a: Die Vielfältigkeit des “ Adstrats “ . Versuch einer Klassifizierung am Beispiel der externen Geschichte der rumänischen Sprache, in: Cordin, Patrizia; Franceschini, Rita; Held, Gudrun. 2002: Parallela 8: atti dell ’ Ottavo Incontro Italo-Astriaco die Linguisti, (Trento, 8 - 10 ottobre 1998): lingue di confine di fenomeni linguistici= Grenzsprachen, Grenzen von linguistischen Phänomenen/ a cura di Patrizia Cordin, Rita Franceschine e Gudrun Held. Bulzoni. Roma. 269 - 288. Iliescu, Maria. 2002 b: Rumänisch, in: Okuka, Milo š . (Hg.) 2002: unter Mitwirkung von Krenn, Gerald: Wieser Enzyklopädie des Europäischen Ostens. Band 10. Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag. Klagenfurt. 145 - 166. Iliescu, Maria. 2003: Rumänisch, in: Roelcke, Thorsten. 2003: Variationstypologie. Variation Typology. Ein sprachtypologisches Handbuch der europäischen Sprachen in Geschichte und Gegenwart. A typological Handbook of European languages Past and Present. de Gruyter. Berlin. 530 - 572. Iliescu, Maria. 2003 a: Heimtückische Entlehnungen im Rumänischen. Zur Geschichte rumänischer Entlehnungen aus dem Französischen, in: Busse, Winfried; Radefeldt-Schmidt; Jürgen. 2003: Rumänisch und Romanisch. Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. h. c. Rudolf Windisch. Universität Rostock. Rostocker Beiträge zur Sprachwissenschaft. Rostock. 149 - 155. Iliescu, Maria. 2004: Le roumain langue de compromis, in: Schippel, Larisa. 2004: Im Dialog: Rumänistik im deutschsprachigen Raum. Peter Lang. Frankfurt am 244 <?page no="245"?> Main. 205 - 210., erneut erschienen in: Iliescu, Maria. 2007: Româna din perspectiva românica. Rumänisch: die östlichste Sprache der Romania. Buske. Bucures ¸ ti. 231 - 235. Iliescu, Maria. 2007. Româna din perspectiva romanic ă . Rumänisch: die östlichste Sprache der Romania. Buske. Bucures , ti. Iliescu, Maria. 2008: Gab es eine kontinentale Romania? Morphosyntaktische Ähnlichkeiten zwischen dem Altfranzösischen und dem Rumänischen, in: Stark, Elisabeth; Schmidt-Riese, Roland; Stoll, Eva. (Hg.) 2008: Romanische Syntax im Wandel. Narr. Tübingen. 133 - 143. Iliescu, Maria. Cost ă chescu, Adriana; Dinc ă , Daniela; Popescu, Mihaela; Scurtu, Gabriela. 2010: Typologie des emprunts lexicaux au français en roumain: présentation d ’ un projet cours, in: Gardette, P.; Roques, G; Straka, G.; Terracher, L.-A.; Tuaillon. G. 2010: Revue de Linguistique Romane. Publiée par la Société de linguistique Romane. Razze latine non esistono: . . . esiste la latinità. Tome 74. Champion. Strasbourg.589 - 603. Iliescu, Maria; Popovici, Victoria. 2013: Rumänisch. Rumänische Grammatik. Helmut Buske. Hamburg. Iliescu, Vladimir. 2006: Das politische Spektrum Rumäniens im Hinblick auf die EU, in: Rill, Bernd: Rumänien und Bulgarien vor den Toren der EU. Hanns-Seidel- Stiftung: Akad. Für Politik und Zeitgeschehen. München. 23 - 28. INSEE: www.insee.fr/ fr/ ffc/ docs_fc/ donees-socio-demo-etrangers-immigres.xls. (12. 02. 2011) INSEE: Qui et combien? Les immigrés en France (ed. 2005) in: http: / / www.insee.fr/ fr/ ppp/ sommaire/ IMMFRA05.PDF (06. 01. 2012). INSEE: L ’ accès à l ’ emploi et au logement s ’ améliore pour les immigrés à Paris mais les inégalités et les discriminations persistent, in: http: / / www.insee.fr/ fr/ insee_regions/ idf/ themes/ alapage/ alap376/ alap376.pdf (20. 02. 2012). INSEE: Paris: Mairie de Paris. Mieux connaître la situation des étrangers à Paris, in: http: / / www.paris.fr/ politiques/ citoyennete/ citoyennete-et-integration/ mieu x-connaitre-la-situation-des-etrangers-a-paris/ rub_7760_stand_99311_port_17 914 (02. 08. 2011). INSEE: Davantage d ’ immigrés dans le centre de l ’ agglomération, notamment en Seine-Saint-Denis, in: http: / / insee.fr/ fr/ themes/ document.asp? reg_id=20&re f_id=18086&page=alapage/ alap376/ alap376_encad1.htm (09. 03. 14). Institutul cultural român, in: http: / / www.icr.ro/ paris/ (31. 08. 2012). IPA: The International Phonetic Association, in: http: / / www.langsci.ucl.ac.uk/ ipa/ vowels.html (07. 03. 2013). Ivan, Ruxandra. 2009: La politique étrangère roumaine (1990 - 2006). Éditions de l ’ Université de Bruxelles. Bruxelles. Jablonka, Frank. 1997: Frankophonie als Mythos: Variationslinguistische Untersuchungen zum Französischen und Italienischen im Aosta-Tal. Egert. Wilhelmsfeld.(=pro lingua 28). Jacobson, R. 1950. Remarques sur l ’ évolution phonologique du russe comparée à celle des autres langues slaves, in: Petrovici, Emil 1957. Janua Linguarum. Studia Memoriae Nicolai van Wijk Dedicata. Edenda curar. Cornlesis H. Van Schooneveld. Leiden Nr. III. Kann das Phonemsystem einer Sprache durch fremden 245 <?page no="246"?> Einfluss umgestaltet werden? Zum slawischen Einfluss auf das Rumänische Lautsystem. S- Mouton & Co. Gravenhage. Jansen, Silke: Authentische Artikulation? Curriculare Vorgaben und Positionen der Sprachlehrforschung, in: Leitzke-Ungerer, Eva; Frings, Michael. (Hg.) 2010: Authentizität im Unterricht romanischer Sprachen. Ibidem (Reihe Romanische Sprachen und ihre Didaktik). Stuttgart. 75 - 91. Kaiser, A. Georg. 2008: Zur Grammatikalisierung der französischen Personalpronomina, in: Stark, Elisabeth; Schmidt-Riese, Roland; Stoll Eva. (Hg.) 2008: Romanische Syntax im Wandel. Narr. Tübingen. 305 - 325. Kellermann, Eric. 1986: An Eye for an Eye: Crosslinguistic Constraints on the Development of the L2 Lexicon, in: Kellermann, Eric: Sharwood, Michael, S.: Crosslinguistic influence in second language acquistion. Pergamon Press Ltd. Kiesler, Reinhard. 2013: Zur Syntax der Umgangssprache. Vergleichende Untersuchungen zum Französischen, Italienischen und Spanischen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Mainz. Klaeger, Sabine: Diskursmarker. Eine Studie zum gesprochenen Französisch in Burkina Faso. Thèse d ’ habilitation. Université de Bayreuth. (In Druckvorbereitung) Klein, Hans-Wilhelm; Kleineidamm, Hartmut. 1983: Grammatik des heutigen Französisch. Klett. Stuttgart. Klein, Wilhelm-Hans; Kleineidamm, Hartmut. 1994: Grammatik des heutigen Französisch. Neubearbeitung. Klett. Stuttgart. Klein, Horst G.; Stegmann Tilbert D. 1999: EuroComRom-Die sieben Siebe. Romanische Sprachen sofort lesen können. Aachen. Shaker Verlag. in: http: / / www. shaker.de/ Online-Gesamtkatalog-Download/ 2013.11.14-13.32.19- 85.178.190.83-radADDDA.tmp/ 3-8265-6947-4_DOK.PDF (14. 11. 13). Klein, Günther Horst; Meissner, Joseph-Franz; Dídac, Stegmann, Tilbert; Zybatow, Lew. EuroComRom- Ş apte site: S ă citim s , i s ă înt , elegem limbile romanice Vol. 7 “ , in: http: / / www.shaker.de/ Online-Gesamtkatalog-Download/ 2013.11.16-18.5 2.17-92.231.232.54-rad481C2.tmp/ 973-9463-35-5_DOK.PDF (18. 07. 13). Klein, Horst G. 2004: FAQs zur Romanischen Interkomprehension, in: Klein, Horst G.; Rutke, Dorothea: Neuere Forschungen zur Europäischen Interkomprehension. Shaker Verlag. Aachen. in: http: / / www.eurocomresearch.net/ lit/ frequently.pdf. (30. 03. 2014). Koch, Peter. 1988 a: Norm und Sprache, in: Albrecht, Jörn; Lüdtke, Jens; Thun, Harald. (Hg.), Energeia und Ergon. Sprachliche Variation - Sprachgeschichte - Sprachtypologie. Studia in honorem Eugenio Coseriu, Bd. 2: Harald Thun (Ed.), Das sprachtheoretische Denken Eugenio Coserius in der Diskussion (1). Narr. Tübingen. 327 - 354. Koch, Peter; Oesterreicher, Wulf. 2011: Gesprochene Sprache in der Romania. Französisch, Italienisch, Spanisch. Romanistische Arbeitshefte. de Gruyter. Berlin. Kolar, Othmar. 1997: Rumänien und seine nationalen Minderheiten 1918 bis heute. [Hanns-Seidel-Stiftung, Akademie für Politik und Zeitgeschehen.] Böhlau. Wien. Krefeld, Thomas. 2004: Einführung in die Migrationslinguistik: von der Germania italiana in die Romania multipla. Narr. Tübingen. 246 <?page no="247"?> Krefeld, Thomas: Pustka, Elissa. 2010: Perzeptive Varietätenlinguistik. Peter Lang. Frankfurt am Main. Kultusminister Konferenz. TIMSS, in: http: / / www.kmk.org/ bildung-schule/ qualitaetssicherung-in-schulen/ bildungsmonitoring/ internationale-schulleistungsvergleiche/ timss.html (08. 03. 2014). Kundegraber, Angela. 2008: Verlan 2007: Untersuchungen zur französischen Jugendsprache. Dr. Kovac ˇ . Hamburg. Kunze, Thomas. 2009: Nicolae Ceaus ¸ escu. Eine Biographie. Christoph Links. Berlin. Labov, William. 1970: The logic of Nonstandard English, in: Alatis, E. James. 1970: Report of the Twentieth Anual Round table meeting on Linguistics and language studies. Washington. 1 - 43. Lausberg, Heinrich. 1969: Romanische Sprachwissenschaft. Bd. 1 Einleitung und Vokalismus. de Gruyter. Berlin. Le bilan de la politique publique d ’ intégration pdf, in: http: / / www.ladocumentationfrancaise.fr/ var/ storage/ rapports-publics/ 064000272/ 0000.pdf (20. 02. 2012). Le blog des experts de Migraton conseils: Actualité Immigration 5 - 11 septembre 2011: contrôles frontaliers et durcissement à l ’ encontre des Roms, in: http: / / www.questionsdetrangers.com/ actualite-immigration-5-11-septembre-2011-co ntroles-frontaliers-et durcissement-a-lencontre-des-roms/ (30. 02. 2013). Leclerc, Jean Marc. 2011: Le Figaro: Des policiers roumains arpentent les rues de Paris, in: http: / / www.lefigaro.fr/ actualite-france/ 2011/ 11/ 29/ 01016-2011112 9ARTFIG00737-des-policiers-roumains-arpentent-les-rues-de-paris.php (30. 11. 2011). Les 12 premiers mois de la refondation de l ’ école, in: http: / / cache.media.education. gouv.fr/ file/ 04_Avril/ 38/ 5/ Les_12_premiers_mois_de_la_refondation_de_l_ Ecole_250385.pdf (08. 03. 2014). Le monde fr. 2011: avec AFP: Économie: EADS ouvre sa première usine en Roumanie, in: http: / / www.lemonde.fr/ economie/ article/ 2011/ 07/ 12/ eadsouvre-sa-premiere-usine-en-roumanie_1547924_3234.html (25. 11. 2012). Le monde.fr. 2009: Langue française: état d ’ urgence, par un collectife d ’ associations, in: http: / / www.lemonde.fr/ idees/ article/ 2009/ 12/ 07/ langue-francaise-etatd-urgence-par-un-collectif-d-associations_1277289_3232.html(23. 11. 2011). Le parisien: Student , i Str ă ini/ Paris Étudiant en roumain, in: http: / / etudiant. aujourdhui.fr/ etudiant/ info/ studenti-straini-paris-etudiant-en-roumain.html (21. 02. 2013). Libre circulation et droit au travail, in: http: / / laroumanie.free.fr/ page/ dro it_au_travail.html (18. 11. 2012). Liebhart, Karin; Menasse, Elisabeth; Steinert, Heinz. 2002: Fremdbilder Feindbilder Zerrbilder. Zur Wahrnehmung und diskursiven Konstruktion des Fremden. [Hg. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Abteilung Gesellschaftswissenschaften] Draya Verlag. Klagenfurt/ Celovec. Losemann, Anne: Beobachten, wie wir beobachten. Pressediskurse über Zigeuner in Mitteldeutschland, in: Jacobs, Theresa; Jacobs, Fabian. (Hg.) 2011: VIELHEITEN. Leipziger Studien zu Roma/ Zigeuner-Kulturen. Leipziger Universitätsverlag. Leipzig. 125 - 146. 247 <?page no="248"?> Luba ś , W ł adis ł aw; Molas, Jerzy. 2002: Polnisch, in: Okuka, Milo š (Hg.) unter Mitwirkung von Krenn, Gerald: Wieser Enzyklopädie des Europäischen Ostens. Band 10. Lexikon der Sprachen des Europäischen Ostens. Wieser Verlag. Klagenfurt. 367 - 389. Lüdi, Georges: Exolinguale Konversation und mehrsprachige Rede. Untersuchungen zur Kommunikation in Sprachkontaktsituationen, in: Oksaar, Els. 1987: Soziokulturelle Perspektiven von Mehrsprachigkeit und Spracherwerb. Sociocultural Perspectives of Multilingualism and Language Acquisition. Narr. Tübingen. 76 - 100. Lüdi, Georges; Py, Bernhard.1994: Fremdsprachig im eigenen Land: wenn Binnenwanderer in der Schweiz das Sprachgebiet wechseln und wie sie darüber reden. [Nationales Forschungsprogramm 21, Kulturelle Vielfalt und nationale Identität]/ Georges Lüdi; Bernard Py et al. Übers.: Rita Franceschini. Helbing& Lichtenhahn, Basel. Lüdi, Georges: Migration und Mehrsprachigkeit, in: Goebl, Hans; Nelde, Peter, H.; Stary, Zdenek; Wölck, Wolfgang. (Hg.). 1996: Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Berlin. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 12.1). 320 - 327. Lüdi, Georges: Neue Herausforderungen an eine Migrationslinguistik im Zeichen der Globalisierung, in: Stehl, Thomas. (Hg.) 2011: Sprachen in mobilisierten Kulturen: Aspekte der Migrationslinguistik, Universitätsverlag. Potsdam. (= Mobilisierte Kulturen 2).15 - 38. http: / / opus.kobv.de/ ubp/ volltexte/ 2011/ 5194/ pdf/ moku02.pdf (14. 04. 2014). Lüdtke, Helmut. 1957: Sprachliche Beziehungen der apulischen Dialekte zum Rumänischen, in: Revue des études roumaines, Paris. 130 - 146. Lüdtke, Helmut. 2005: Der Ursprung der romanischen Sprachen. Eine Geschichte der sprachlichen Kommunikation. Westensee. Deutschland. Lungu, Alexandru. 2003: React , ii la o interpretare grav ă , Observatorul Publicat in Toronto, Canada, in: http: / / www.observatorul.com/ articles_main.asp? action=articleviewdetail&ID=379 (22. 01. 14). Mabiala-Gaschy, Christian Gilbert. 2007: La France et son immigration: Tabous, mensonges, amalgames et enjeux. L ’ Harmattan. Paris. Marcu, Florin. 2000: Marele Dict , ionar de neologisme. Editura Saeculum. I. O. Bucures , ti. Marx, Tobias: Die Offene Roma-Gesellschaft? Zur Kritik der Integrationsideologie der OSI und der Decade of Roma Inclusion 2005 - 2015, in: Jacobs, Theresa; Jacobs, Fabian. (Hg.) 2011: VIELHEITEN. Leipziger Studien zu Roma/ Zigeuner- Kulturen. Leipziger Universitätsverlag. Leipzig. 95 - 124. Mattheier J. Klaus. 1987: Sprachkonflikt. Terminologie und Begriffsgeschichte, in: Oksaar, Els. 1987: Soziokulturelle Perspektiven von Mehrsprachigkeit und Spracherwerb. Sociocultural Perspectives of Multilingualism and Language Acquisition. Narr. Tübingen. 289 - 299. Meibauer, Jörg; Rothweiler, Monika. 1999: Das Lexikon im Spracherwerb. UTB. Tübingen. Meibauer, Jörg; Demske, Ulrike; Geilfuß, Wolfgang Jochen; Pafel, Jürgen; Ramers, Karl Heinz; Rothweiler, Monika; Steinbach, Markus. 2002: Einführung in die germanistische Linguistik. Metzler. Stuttgart. 248 <?page no="249"?> Meisenburg, Trudel. 1996: Romanische Schriftsysteme im Vergleich. Eine diachrone Studie. Gunter Narr. Tübingen. Meisenburg, Trudel; Selig, Maria. 1998: Phonetik und Phonologie des Französischen. Klett. Leipzig. Melms, Maria; Hönicke, Michael: Antiziganismus und Tsiganologie-Versuch einer Standortbestimmung, in: Jacobs, Theresa; Jacobs, Fabian. (Hg.) 2011: VIELHEI- TEN. Leipziger Studien zu Roma/ Zigeuner-Kulturen. Leipziger Universitätsverlag. Leipzig. 175 - 198. Métropole orthodoxe roumaine d ’ Europe occidentale et méridionale, in: http: / / www.mitropolia.eu/ fr/ site/ 121/ (10. 09. 2012). Metzeltin, Michael. 2010: Erklärende Grammatik der romanischen Sprachen. Satzkonstruktionen und Satzinterpretation. 3. Verbesserte und erweiterte Auflage. Praesens Verlag. Wien. Meunier, Olivier: Les approches interculturelles dans le système scolaire français: vers une ouverture de la forme scolaire à la pluralité culturelle? , in: Socio-logos. Revue de l ’ association française de sociologie [En ligne], 3 | 2008, mis en ligne le 06 octobre 2008, Consulté le 19 février 2013. URL: http: / / socio-logos.revues. org/ 1962 Michalowski, Ines. 2007: Bringschuld des Zuwanderers oder Staatsaufgabe? Integrationspolitik in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Integration als Staatsprogramm. Deutschland, Frankreich und die Niederlande im Vergleich. Studien zu Migration und Minderheiten. Studies in Migration und Minorities. (Hg.) Thrändhardt, Dietrich.) Bd. 17. Lit. Verlag. Berlin. Mihatsch, Wiltrud. 2006: Machin, truc, chose: La naissance de marqueurs pragmatiques, in: Drescher, Martina; Job-Frank, Barbara: (éds). Drescher, Martina (éds). 2006: Les marqueurs discursifs dans les langues romanes. Approches théoriques et méthodologiques. [communications d ’ un panel du même titre qui a eu lieu lors de la XXVIIIième Rencontre des Romanistes Allemands (Deutscher Romanistentag) à l ’ Université de Kiel en septembre 2003]. Peter Lang. Franfurt am Main. Missions et organisation des centres académiques pour la scolarisation des nouveaux arrivants et des enfants du voyage (CASNAV), in: http: / / www.education. gouv.fr/ botexte/ sp10020425/ MENE0201121C.htm (03. 01. 2012). Mission Ministérielle Projets annuels de performances annexe au projet de loi de finances pour 2011. Immigration, Asile et Intégration, in: http: / / www.performance-publique.budget.gouv.fr/ farandole/ 2012/ pap/ pdf/ PAP2012_BG_Immigration_asile_integration.pdf (07. 03. 2012). Mitschian, Haymo. 2000: Vom Behaviorismus zum Konstruktivismus: Das Problem der Übertragbarkeit lernpsychologischer und -philosophischer Erkenntnisse in die Fremdsprachendidaktik, in,: https: / / zif.spz.tu-darmstadt.de/ jg-04-3/ beitrag/ mitsch4.htm (03. 03. 2014). Moise, Ileana- Maria. 2004: Akzent und Rhythmus im Deutschen und Rumänischen. Kontrastive Untersuchung. Editura Enciclopedic ă . Bucures ¸ ti. Montaclair, Alain: La fonction de l ’ école et les enfants du voyage, in: Cahiers pédagogiques. Changer la société pour changer l ’ école, changer l ’ école pour changer la société. À l ’ école avec les élèves roms, tsiganes et voyageurs. Horssérie numérique n° 21, mai. 2011, 20 - 23. 249 <?page no="250"?> Muller, Bodo. 1985: Le français d ’ aujourd ’ hui. Traduit de l ’ allemand par Annie Elsass. Paris. Éditions Klincksieck. Muñoz, Marie-Claude: Les immigrés espagnols retraités en France: entre intégration et vulnérabilité sociale. 2000: , in: http: / / www.hommes-et-migrations.fr/ docannexe/ file/ 1228/ 1228_10.pdf (20. 02. 2013). Muntele, Ionel. 2003: Migrations internationales dans la Roumanie moderne et contemporaine, in: Diminescu, Dana: Visibles, mais peu nombreux. Les circulations migratoires roumaines. Éditions de la Maison des sciences de l ’ homme. France. 33 - 50. My TFI News. 2011: Pour étre naturalisé Français, diplôme de la langue française obligatoire, in: http: / / lci.tf1.fr/ france/ societe/ un-diplome-de-langue-francaise -pour-etre-naturalise-francais-6762067.html(18. 11. 2011). 9am News. 2012: Cei mai mult , i str ă ini din Spania sunt români “ , in: http: / / www.9am.ro/ stiri-revista-presei/ International/ 226429/ cei-mai-multi-strainidin-spania-sunt-romani.html (12. 02. 2013). Nieser, Bruno. 1980: Bildungswesen, Chancengleichheit und Beschäftigungssystem. Vergleichende Daten und Analysen zur Bildungspolitik in Frankreich. München. Minerva Publikation. München. Nunès, Eric. 2011: Le monde.fr: Immigration: Guéant exige la maîtrise de la langue française, in: http: / / www.lemonde.fr/ politique/ article/ 2011/ 08/ 24/ naturalisations-gueant-exige-la-maitrise-de-la-langue francaise_1562980_823448.html (18. 11. 2011). Observatoire des Loyers de l ’ Agglomération parisienne: évolution en 2011 des loyers d ’ habitation du secteur locatif privé dans l ’ agglomération parisienne, in: http: / / www.observatoire-des-loyers.fr/ sites/ default/ files/ olap_documents/ rapports_loyers/ Rapport%20Paris%202012%20-2.pdf (20. 02. 2012). OECD. 2008: Jobs for Immigrants. Labour Market Integration in Belgium, France, The Netherlands and Portugal. OECD. 2012: International Migration Outlook Publishing. http: / / dx.doi.org/ 10.1787/ migr._outlook-2012-en (20. 02. 2013). Oksaar, Els. 1987: Soziokulturelle Perspektiven von Mehrsprachigkeit und Spracherwerb. Sociocultural Perspectives of Multilingualism and Language Acquisition. Narr. Tübingen. Oksaar, Els: The history of contact linguistics as a discipline (Wissenschaftsgeschichte der Sprachkontaktforschung/ Histoire de la recherche sur les contacts linguistiques), in: Goebl, Hans; Nelde, Peter, H.; Stary, Zdenek; Wölck, Wolfgang. (Hg.). 1996: Kontaktlinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Berlin. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 12.1).1 - 11. Pagnier, Thierry. 2003: D ’ une théorisation de l éspace linguistique des „ cités “ à l ’ analyse lexicologique des dénominations de la femme, in: Marges Linguistique, N.6., in Kundegraber, Angela. 2008: Verlan 2007: Untersuchungen zur französischen Jugendsprache. Dr. Kovac ˇ . Hamburg. Pastre, Hélène: Les étudiants roumains à Paris dans l ’ entre-deux guerres et après 1989. Perspectives comparatives, in: Diminescu, Dana. 2003: Visibles, mais peu nombreux. Les circulations migratoires roumaines. Éditions de la Maison des sciences de l ’ homme. France. 301 - 324. 250 <?page no="251"?> Pellerin, Agnès; Lima, Anne; de Castro, Xavier. 2009: Les Portugais à Paris: au fil des siècles et des arrondissements. Illustrations d ’ Irène Bonacina. Chandeigne. Paris. Perspektivenwechsel im Bildungssystem: Vom inputzum outcomeorientierten Denken, in: http: / / www.kmk-format.de/ material/ Fremdsprachen/ 1-2-7_Outcome-Orientierung.pdf (08. 03. 2014). Petrovici, Emil. 1957: Janua Linguarum. Studia Memoriae Nicolai van Wijk Dedicata. Edenda curar. Cornlesis H. Van Schooneveld. Leiden Nr. III. Kann das Phonemsystem einer Sprache durch fremden Einfluss umgestaltet werden? Zum slawischen Einfluss auf das Rumänische Lautsystem. Mouton & Co. S-Gravenhage. Pfaff, Isolde. 2011: Grìco-Salentino. Migration, Sprachvariation und Sprachdynamik in Süditalien. Universität Potsdam. Potsdam. Pöll, Bernhard. 1998: Französisch außerhalb Frankreichs: Geschichte und Status regionaler und nationaler Varietäten. Niemeyer. Tübingen. Potot, Swanie. 2003: Migrations et construction identitaire: le cas de Roumains en France, in: http: / / halshs.archives-ouvertes.fr/ docs/ 00/ 03/ 84/ 36/ PDF/ Ident Ethniques.pdf (18. 11. 2012). Prelipceanu, Raluca. 2008: The new migration patterns of educated Romanians to the EU: What challenges for the individuals and for the nation-state? , in: Romanian journal of European affairs 2008: Vol. 8, No. 4, December 2008 European Institute of Romania.75 - 89. Prifti, Elton. 2014: Italoamericano. Italiano e inglese in contatto negli USA. Analisi diachronica variazionale e migrazionale. de Gruyter, Berlin. Prüßmann-Zemper, Helga. 1990: Französisch: Varietätenlinguistik des Französischen. Linguistique des variétés, in: Holtus, Günter; Metzeltin, Michael; Schmitt, Christian (Hg.): Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL). V, 1: Französisch. Niemeyer. Tübingen. 830 - 843. Pus , cariu, Sextil. 1943: Die rumänische Sprache: ihr Wesen und ihre volkliche Prägung. Aus dem Rumänischen übersetzt und bearbeitet von Heinrich Kuen. (Hg.) Nachwort von Artur Greive. Harrassowitz, Leipzig. Pustka, Elissa. 2008: accent(s) parisien(s) - Auto- und Heterorepräsentationen stadtsprachlicher Merkmale, in: Krefeld, Thomas. 2013: Sprachen und Sprechen im städtischen Raum. Peter Lang. Frankfurt am Main. 213 - 249. Questions d ’ étrangers: Le site d ’ information de Migration conseil à destination des ressortissants étrangers: Actualité Immigration 5 - 11 septembre 2011: contrôles frontaliers et durcissement à l ’ encontre des Roms. Posté par Migration Conseil sur 12 september 2011 dans Revue de presse sur l ’ immigration, in: http: / / www. questionsdetrangers.com/ actualite-immigration-5 - 11-septembre-2011-controles-frontaliers-et-durcissement-a-lencontre-des-roms/ (20. 02. 2013). Rapport au Parlement 2004. Maitrise du français la lutte contre l ’ insécurité linguistique, in: http: / / www.culture.gouv.fr/ culture/ dglf/ rapport/ 2004/ Premiere_ partie_II.htm (10. 11. 2011). Realitatea.net: Reputa ţ ia României, ca o frunz ă -n vânt în presa interna ţ ional ă , in: http: / / www.realitatea.net/ reputatia-romaniei-ca-o-frunza-n-vant-in-presainternationala_726776.html (06. 03. 2013). Reissner, Christina. 2007: Die romanische Interkomprehension im pluridisziplinären Spannungsgefüge. Shaker Verlag. Aachen. 251 <?page no="252"?> RLP. 2006: Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe. Gymnasien, Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, Berufliche Gymnasien, Kollegs, Abendgymnasien. Französisch. Senatsverwaltung für Bildung und Sport. Berlin. Herausgeber des Kerncurriculums Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern., in: http: / / www.berlin.de/ imperia/ md/ content/ sen-bildung/ unterricht/ lehrplaene/ sek2_franzoesisch.pdf. (10. 03. 2014). Roesler, Patrick. 2011: Die sprachliche Integration rumänischer Einwanderer in Ostspanien. (Castellón de la Plana). Dr. Kovac ˇ . Hamburg. Routard.com: Actus voyageur: Roumanie: Le Petit Robert présente ses excuses “ , in: http: / / www.routard.com/ mag_info/ 1763/ le_petit_robert_presente_ses_excuses.htm (12. 03. 2014). Rowthorn, Robert: Winners and losers of migration in the European context: economic aspects, in: Fassmann, Heinz; Haller, Max; Lande, David. 2009: Migration and Mobilitiy in Europe. Trends, Patterns and Control. International Conference “ Migration in Europe: Threat or Benefit “ , held in Vienna on 28 - 29 September 2007. Edward Elgar. Cheltenham. 15 - 30. Rumänien: Bilaterale Beziehungen: France-Diplomatie http: / / diplomatie.gouv.fr/ de/ landerinformationen_1/ rumanien_224/ index.html. (25. 11. 2011) Russlandjournal.de: http: / / www.russlandjournal.de/ typisch/ russische-figuren/ vaeterchen-frost/ (13. 08. 13). Sadoveanu, Mihail: Baltagul. Hanul Ancut , ei. 2003, in: http: / / bookspot.ro/ file.axd? file=2010%2F10%2FSadoveanu+Mihail+Baltagul+%26+Hanu+Ancutei+.pdf (18. 03. 2014). Salden, Claudia. 2010: Rumänien und seine Stereotype in der Presse: am Beispiel deutscher und französischer Zeitungen (2003 bis 2008). Dr. Kovac ˇ . Hamburg. Schaden, Stefan. 2007: Fremdsprachlicher Akzent als Problem der Sprachtechnologie. Grundlagen, Entwurf und Implementierung eines Regelsystems zur Modellierung akzentgefärbter Aussprache. Shaker Media. Aachen. Schaser, Petra; Volkmer, Gerald: Rumänien unter kommunistischer Herrschaft., in: Kahl, Thede; Metzeltin, Michael; Ungureanu, R ă zvan- Mihai. 2006: Rumänien: Raum und Bevölkerung, Geschichte und Geschichtsbilder, Kultur, Gesellschaft und Politik heute. Wirtschaft. Recht und Verfassung, historische Regionen. Lit. Verlag. Berlin. 297 - 312. Schengener Übereinkommen, in: http: / / www.auswaertigesamt.de/ DE/ EinreiseUndAufenthalt/ Schengen_node.html (20.02 2013). Schippel, Larisa: Rumänen/ Moldauer: in, Bochmann, Klaus; Dumbrava, Vasile; Müller, Dietmar; Reinhardt, Victoria. (Hg.) 2012: Die Republik Moldau. Republica Moldova. Ein Handbuch. Leipziger Universitätsverlag. Leipzig. 176 - 184. Schlaak, Claudia. 2013: Das zweigeteilte Baskenland. Sprachkontakt und regionale Identität in Frankreich und Spanien. Universität Potsdam. Potsdam. Schmid, Bernhard: Soziale Bewegungen und migrantische Selbstorganisierung, in Frankreich, in: Figatowski, Bartholomäus; Kokebe, Haile Gabriel; Meyer, Malte. (Hg.) 2007: The Making of Migration. Repräsentationen-Erfahrungen-Analysen. Westfälisches Dampfboot. Münster. 212 - 221. 252 <?page no="253"?> Schmid, Monika S. 2011: Language Attrition. Key Topics in Sociolinguistics. University Press. Cambridge. Schmitt, Christian: Schweiz/ Suisse Frankophonie. Regionale Varianten des Französischen in Europa. Variétés régionales du français en Europe, in: Holtus, Günter; Metzeltin, Michael; Schmitt, Christian. 1990: Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL). Band/ Volume V I. Französisch. Niemeyer. Tübingen. 726 - 732. Schmitt, Norbert. 1997. Vocabulary learning strategies, in: Schmitt, Norbert; McCarthy, Michael (Hg.), Vocabulary: Description, Acquisition, and Pedagogy. Cambridge University Press. Cambridge. 199 - 227. Schmitz, Katrin. 2006: Zweisprachigkeit im Fokus. Der Erwerb der Verben mit zwei Objekten durch bilingual deutsch-französisch und deutsch-italienisch aufwachsende Kinder. Narr. Tübingen. Schumann, Adelheid. 2010: La conversation française: Kulturelle Normen des kommunikativen Handelns im Französischunterricht, in: Timmer-Abendroth, Dagmar; Fäcke, Christiane; Küster, Lutz; Minuth, Christian. (Hg.) 2010: Normen und Normverletzungen. Aktuelle Diskurse der Fachdidaktik Französisch. Ibidem. Stuttgart. 17 - 29. Simhandl, Katrin. 2007: Der Diskurs der EU-Institutionen über die Kategorien „ Zigeuner “ und „ Roma “ . Die Erschließung eines politischen Raumes über die Konzepte von „ Antidiskriminierung “ und „ sozialem Einschluss “ . Nomos. Baden-Baden. Sinner, Carsten: Zur Terminologie in der Sprachkontaktforschung. Bilinguismus und Diglossie, Interferenz und Integration sowie tertiärer Dialekt, in: Haßler, Gerda. (Hg.) 2001: Sprachkontakt und Sprachvergleich. Nodus. Münster. S. 125 - 152. Slavu, Stefania. 2008: Die Osterweiterung der Europäischen Union. Eine Analyse des EU-Beitritts Rumäniens. Peter-Lang. Frankfurt am Main. Söll, Ludwig; Hausmann, Franz Josef. 1985: Gesprochenes und geschriebenes Französisch. Dritte überarbeitete Auflage. Erich Schmidt. Berlin. Spiegel online: Schulspiegel: Schulmisere in Rumänien. Jeder Zweite rasselte durch Abi Prüfung, in: http: / / www.spiegel.de/ schulspiegel/ 0,1518,772265,00.html (23. 02. 2013). Steger, Hugo. 1982: Anwendungsbereiche der Soziolinguistik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Stefenelli, Arnulf. 1992: Das Schicksal des lateinischen Wortschatzes in den romanischen Sprachen. Rothe. Passau. Stehl, Thomas. 1988: Les concepts de continuum et de gradatum dans la linguistique variationnelle, in: Dieter Kremer (Hg.) 1988. Actes du XVIIIe Congrès International et de Philologie Romanes, Université de Trèves (Trier) 1986, Bd. V: Linguistique pragmatique et linguistique sociolinguistique. Niemeyer. Tübingen. pp. 28 - 40, 51 - 54. Stehl, Thomas. 1994: Français régional, italiano regionale, neue Dialekte des Standards: Minderheiten und ihre Identität im Zeitenwandel und im Sprachenwechsel, in: Helfrich, Uta; Riehl, Claudia Maria. (Hg.) 1994: Mehrsprachigkeit in Europa-Hindernis oder Chance? Egert, Wilhelmsfeld. 127 - 147. 253 <?page no="254"?> Stehl, Thomas. 1995: Heinrich Lausbergs Linguistik der parole und das Problem sprachlicher Gliederung in Zeit und Raum, in: Babilas, Wolfgang (Hg.).1995: Heinrich Lausberg zum Gedenken. Akten eines wissenschaftlichen Kolloquiums. Münster, 24. Und 25. Januar 1994, Nodus. Münster. 71 - 86. Stehl, Thomas. 2005: Unsichtbare Hand und Sprecherwahl. Typologie und Prozesse des Sprachwandels in der Romania. [Beiträge zur Sektion 1a des XXIV. Deutschen Romanistentags in Münster 1995] Narr. Tübingen. Stehl, Thomas. 2008: Phonologischer Wandel im Sprachkontakt: Divergenz, Konvergenz und zyklische Drift ” , in: Thomas Stehl (Hg.).2008: Kenntnis und Wandel der Sprachen. Beiträge zur Potsdamer Ehrenpromotion für Helmut Lüdtke. [Ehrenkolloquium am 11. 01. 2002]. Narr. Tübingen. (= TBL 507), 195 - 215. Stehl, Thomas. 2011 a: Mobilität, Sprachkontakte und Integration: Aspekte der Migrationslinguistik, in: Norbert, Franz; Kunow, Rüdiger. 2011: (Hg.), Mobilisierte Kulturen. Themen, Theorie, Tendenzen, Universitätsverlag. Potsdam. (= Mobilisierte Kulturen 1) 33 - 52. Stehl, Thomas. 2011 b: Sprachen und Diskurse als Träger und Mittler mobiler Kulturen. Kommunikative Aspekte der Migrationslinguistik, in: Stehl, Thomas. (Hg.). Sprachen in mobilisierten Kulturen: Aspekte der Migrationslinguistik. Universitätsverlag. Potsdam.(= Mobilisierte Kulturen 2). 39 - 55. Stehl, Thomas. 2012: Funktionale Variationslinguistik. Untersuchungen zur Dynamik von Sprachkontakten in der Galloromania und Italoromania. Habilitationsschrift. Peter Lang. Franfurt am Main. Steiner, Johann; Maghet , i, Doina. 2008: Die Gräber schweigen. Berichte von der blutigsten Grenze Europas. Köster. Troisdorf. Steinke, Ines: Gütekriterien qualitativer Forschung, in: Flick, Uwe; Kardorff, Ernst; Steinke, Ines. 2008: Qualitative Forschung: ein Handbuch. Rowolth Taschenbuchverlag. Reinbek bei Hamburg. (6. Durchgesehene und aktualisierte Ausgabe) 319 - 331. Stratenschulte, Eckart D. 2010: Die Erweiterung der Europäischen Union, in: http: / / www.bpb.de/ internationales/ europa/ europa-kontrovers/ 38055/ einleitung (07. 03. 2013). Suchsland, Peter. 1992: Biologische und soziale Grundlagen der Sprache. Niemeyer. Tübingen. Tabacu, Hotario. 2012: Thierry de Montbrial, director Institutul Francez de Rela ţ ii Interna ţ ionale: \M ă îngrijoreaz ă exodul de creiere\, in: http: / / www.evz.ro/ detalii/ stiri/ thierry-de-montbrial-director-institutul-francez-de-relatii-internationale-ma-ingrijore-98067.html (23. 01. 13). Teissier, Cécile. 2005: Zum Schutz der Regionalsprachen im europäischen Frankreich. Rechtstaatsachen und Rechtsprobleme. Verlag Dr. Kovac. Hamburg. Toh ă neanu, Gheorghe I. 1997: Ritm dominant, substituiri ritmice, ritm, în: Dincolo de cuvânt, Bucures , ti, Editura S , tiint , ific ă s , i Enciclopedic ă . Trappe, Julie: Rumäniens Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit. Wallstein. Göttingen 2009. Traversac-Michon, Anne-Sophie. 2009: La citoyenneté en droit public français. Préface de Guillaume Drago. Avant-Propos de Jean Gicquel. Collection des Thèsesn; 25, Fondation Varenne. Paris. 254 <?page no="255"?> Tribalat, Michèle; Simon, Partick; Riandey, Benoit. 1996: De l ’ immigration à l ’ assimilation: enquête sur les populations d ’ origine étrangère en France. Avec la participation de Patrick Simon et Benoît Riandey. Paris. Ed. La Découverte. Paris. Tschernokoshewa, Elka; Pahor Juri ć , Marija. 2005: Auf der Suche nach hybriden Lebensgeschichten. Theorie-Feldforschung-Praxis. Waxmann. Münster. Urios-Aparisi, Eduardo; Wagner, Manuela. 2008: Eine empirische Untersuchung zum Einsatz von Humor im Fremdsprachenunterricht in den USA., in: Hoffmann, Tina; Lercher, Christin-Marie; Middeke, Annegret; Tittel, Kathrin: Humor. Grenzüberschreitende Spielarten eines kulturellen Phänomens. Universitätsdrucke Göttingen. 233 - 250. Van Zanten Agnès. 1997. Le traitement des différences liées à l ’ origine immigrée à l ’ école française, in Nadir Marouf & Claude Carpentier (éd.), Langue, école, identités. L ’ Harmattan. Paris. Völkl, Ekkehard. 1995: Rumänien. Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Friedrich Pustet. Regensburg. von Nolcken, Alexandra. 2002: Einsprachige Mehrsprachigkeit. Sprachwissen und Sprachvariation in der Normandie. Egert, Wilhelmsfeld. (= pro lingua 34). Weinert, E. Franz. 2002: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen - eine umstrittene Selbstverständlichkeit, in: Weinert, E. Franz. 2002: Leistungsmessungen in Schulen. 2. Auflage. Beltz Verlag. Weinheim. Basel. 17 - 31. Weinreich, Uriel. 1953: Languages in Contact. New York. 5. Auflage. Den Haag (1967). Weinreich, Uriel. 1997: Sprachen in Kontakt. Ergebnisse und Probleme der Zweisprachigkeitsforschung. Herausgegeben und mit einem Nachwort zur deutschen Ausgabe versehen von A. de Vincenz. Beck ’ sche Elementarbücher. Beck. München. Wilkens, Andreas. 1990: Der unstete Nachbar. Frankreich, die deutsche Ostpolitik und die Berliner Vier-Mächte-Verhandlungen 1969 - 1974. Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Oldenbourg. München. Willwer, Jochen. 2006: Die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen in der Sprachpolitik Frankreichs und der Schweiz. Ibidem. Stuttgart. Wirsching, Andreas. 2012: Der Preis der Freiheit. Geschichte Europas in unserer Zeit. Bundeszentrale für politische Bildung. Beck oHG. München. Wunderlich, Janka. 2014: El Lunfardo. Eine Kontaktvarietät der Migrationskultur am Río de la Plata aus Sprechersicht und im Sprachgebrauch der tangueros. Peter Lang. Frankfurt am Main. Wunderli, Peter; Benthin, Karola; Karasch, Angela. 1978: Französische Intonationsforschung. Kritische Bilanz und Versuch einer Synthese. Narr. Tübingen. Zarifopol-Johnston, Ilinca. 2009: Searching for Cioran. Edited by Johnston, Kenneth R. Foreword by C ă linescu, Matei. Indiana University Press. Bloomington. Ziare.com „ profesori romani italia “ , in: http: / / www.ziare.com/ articole/ profesori +romani+italia (06. 03. 2013). 255 <?page no="256"?> 9 Anhang 9.1 Tabelle zu den Sprecherinnenbzw. Sprechergruppen Geburtsort Geburtsjahr Beruf SPRECHERGRUPPE A Aw1991 Frankreich 1991 / Studentin F+ R+ Am1965 1965 1989 Kleinunternehmer R+ Aw1964 Im Süden Rumäniens 1964 Kleinunternehmerin keine F- R+ SPRECHERGRUPPE B Bw1931 Rumänien / Bukarest 1931 1975 Italienisch F+ R+ Bm1931 1930 Mediziner keine F- Bw1952 Rumänien 1952 2000 Altenpflegerin Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert keine F- R+ 1965 1999 keine R+ Bm1991 1991 1999 Abitur / Ausbildung Englisch F+ R- Bw1975 Rumänien 1975 1999 F+ R+ Bw1978 Rumänien 1978 1999 Englisch F- R+ SPRECHERGRUPPE C Cm1972 Rumänien 1972 2005 Arbeiter Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert keine F- R+ Cw2003 Rumänien 2003 2005 Schülerin keine F+ Cw2005 Rumänien 2005 2005 Schülerin keine Cw1952 Rumänien / Bukarest 1952 2000 Sekretärin Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert keine F- R+ Cm1979 1979 2000 Arbeiter Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert keine F- R+ SPRECHERGRUPPE D Dw1978 Rumänien / Bukarest 1979 2000 Philologin / Übersetzerin Englisch F+ R+ Dw1979 Rumänien 1980 1987 Veranstaltungsassistentin F+ R+ Dm1978 Rumänien / Bukarest 1978 2000 Politikwissenschaftler Englisch F+ R+ Sprecherin / Sprecher Immigrationsjahr Art des Spracherwerbs Weitere Sprachen Zuordnung Gradata Rumänisch Erstsprache, ungesteuert und gesteuert (Zertifikat C2-Rumänisch) Englisch Deutsch Rumänien / Bac u Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert, (Besuch eines Sprachkurses) Englisch Deutsch F- 1989 Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert (Intensivkurs) Sportlerin / Leistungsschwimmerin Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert (in der Schule & im Kontakt mit der Mutter) Rumänien / im Osten der Walachei in Muntenia 1984 ( politisch Verfolgter) Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert (Besuch eines Sprachkurses) R+ Bw1965 (Mutter von Bm1991) Rumänien / Baia Mare Gelernte Restaurantfachkraft / aktuell Hausdame Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert (Besuch eines Sprachkurses) F- Rumänien / Baia Mare Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert Französischlehrerin in Rumänien / Studentin Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert Italienisch Spanisch Tourismusfachwirtin Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert+ gesteuert Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert R- Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert Einschätzung nicht möglich Rumänien / Bra ov Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert Deutsch Englisch Rumänisch Erstsprache, Französisch ungesteuert + gesteuert 9.2 Interviewauszug des Sprechers Bm1931 1. Pentru c ă s ¸ tiam c ă am s ă plec din România, s ¸ i n-am s ă mai v ă d ţ ara, c ă as ¸ a m ă hot ă râsem s ă nu mai stau, v-am zis c ă trebuie s ă cunosc mai bine ceea ce v ă zusem mai înainte, dar nu as ¸ a nu cunos ¸ team atât de bine, mai ales partea de nord a Moldovei s ¸ i în Bucovina, care ne mai r ă m ă sese dup ă ocupa ţ ia sovietic ă din Bucovina s ă trec pe urm ă în Ardeal s ă v ă d câteva oras ¸ e din Ardeal s ¸ i apoi în Timis ¸ oara s ¸ i în Banat. 256 <?page no="257"?> Deci, am f ă cut acest tur al României cu trenul, cu c ă ru ţ a, cu mas ¸ ina s ¸ i am ajuns pe jos, am plecat din Bucures ¸ ti, am debarcat la Gala ţ i, am vizitat oras ¸ ul Gala ţ i în care f ă cusem o clas ă de liceu în anul ’ 37 am v ă zut vechiul liceu . . . 2. În amintirea mea de copil era imens ă , era o cl ă dire modest ă care avea dou ă etaje. ceea ce mie mi se p ă rea monumental imens ă , extraordinar, nu era în realitate decât o cl ă dire modest ă de stil clasic de liceu cu dou ă etaje. Am v ă zut acolo portul, am v ă zut catedrala, am v ă zut bulevardurile care le mai s ¸ tiam, am plecat la Ias ¸ i, capitala Moldovei, capitala Moldovei care este s ¸ i un oras ¸ de cultur ă , acolo au fost manifest ă ri s ¸ i s-au desf ă s ¸ urat împrejur ă ri s ¸ i evenimente culturale foarte importante. 3. De aceea nu se vorbes ¸ te de E., de opera politic ă , se vorbes ¸ te numai de poezii. Deci, am trecut pe la Ias ¸ i, am v ă zut bolta rece, un local, o cârcium ă de fapt, în care el se întâlnea cu Ion Creang ă , mare povestitor. I. C., nemuritorul Creang ă , unul dintre cei mai mari povestitori ai lumii, chiar mai bun decât Fra ţ ii Grimm. Ş i dup ă Ias ¸ i, s ¸ i dup ă ce am v ă zut construc ţ ii de acolo, s ¸ i biserica, catedrala f ă cut ă , dup ă am v ă zut Cozia, am fost la nord de Suceava, am v ă zut cetatea Neam ţ ului a lui Ş tefan cel Mare, la Suceava am v ă zut capitala de alt ă dat ă a Moldovei s ¸ i a lui Ş tefan cel Mare, am plecat mai departe s ¸ i-am v ă zut m ă n ă stirile care sunt ca nis ¸ te bijuterii ale architecturii si a picturii nu numai în România ci s ¸ i mondial. M ă n ă stirile sunt pictate ca de obicei ca s ¸ i bisericile pe dinn ă untru dar ce este caracteristic s ¸ i original, faptul c ă sunt pictate pe dinafar ă s ¸ i a m ă n ă stirilor Moldova sunt cu totul deosebite s ¸ i deja sunt trecute în patrimoniul Unesco, patrimoniul mondial. Am v ă zut m ă n ă stirea Vorone ţ , am v ă zut m ă n ă stirea dintr-un Lemn, toate m ă n ă stirile de pe acolo le-am vizitat mergând cu piciorul prin mun ţ ii Bucovinei. Am avut noroc de vreme foarte bun ă , era un soare de început de toamn ă foarte pl ă cut, frunzele începuser ă s ă îng ă lbeneasc ă s ¸ i tablouri, peisajul p ă durii era excep ţ ional s ¸ i cu totul deosebit. Era ceea ce vroiam s ă v ă d ca imagine din Moldova s ¸ i din din mai ales din zona m ă n ă stirilor bucovinene. 4. Am trecut prin pasul Pârg ă ului, mun ţ ii în Transilvania, am trecut prin am ajuns la Cluj, am vizitat Clujul cu renumita lui catedral ă f ă cut ă acum, pentru unirea cu România în 1918, în mod special, m-am dus s ă v ă d statuia lui Matei Corvin. M. C. a fost cel mai mare rege al Ungariei, el era de origine român, era din ducii de Hunedoara, prin ţ ul de Hunedoara. Statuia lui care au ridicat-o ungurii înainte de 1918 este monument foarte semnificativ s ¸ i cu care ungurii se mândresc dar . . . pe care a fost s ă pat ă piatra. Acolo este oares ¸ cum paradoxal, este textul pe care l-a f ă cut Nicolae Iorga, mare istoric român s ¸ i scria as ¸ a: cel mai mare rege al Ungariei, înving ă tor în toate luptele. În r ă zboaiele care le-a avut el, a fost înfrânt de câteva ori de români, din 257 <?page no="258"?> sângele c ă rora se tr ă gea pentru c ă M. C. a fost pur s ¸ i simplu învins de Ş tefan cel Mare, domnitorul Moldovei. 5. Deci, am trecut, am v ă zut s ¸ i statuia, am v ă zut Somes ¸ ul, care trece pe acolo, tot oras ¸ ul foarte frumos, curat, cu cl ă diri monumentale, am trecut pe urm ă la înspre Bihor, dincolo de munt , ii Apuseni, am trecut la Oradea, am fost la Teius ¸ i o alt ă localitate din munt , ii Apuseni, care este un oras ¸ mic dar are mai multe s ¸ coli, as ¸ ezat la poalele unor dealuri . . . Dup ă aceea am trecut pe jos la Arad, de la Arad am coborât la Timis ¸ oara pe care o mai s ¸ tiam pentru c ă am f ă cut acolo un an de liceu, refugiat de la Chis ¸ in ă u. Ş coala noastr ă s-a refugiat când au venit bols ¸ evicii, au ocupat Basarabia, s-au refugiat la Timis ¸ oara. Am vizitat Timis ¸ oara din nou, am v ă zut Bega, am v ă zut cartiere noi, opera la care m ă duceam când eram s ¸ colar în clasa a opta . . . Dup ă ce am v ă zut Timis ¸ oara, cu toate lucrurile pe care deja le cunos ¸ team, s ¸ i erau multe amintiri din vremea când am fost s ¸ colar, m-am îndreptat spre Craiova, capitala Olteniei, oras ¸ foarte important pentru istoria României, banul Craiovei era a fost Mihai, de acolo se trage M. V. cel care a f ă cut prima unire a tuturor românilor în anul 1600 pentru c ă lupta de la Mir ă sl ă u, deci a cucerit s ¸ i Transilvania obligândul pe cardinalul Batory, deja îl învinsese s ¸ i pe Simeon Movil ă , domnul Moldovei s ¸ i a unificat Oltenia sau Valahia de alt ă -dat ă cu Moldova s ¸ i Transilvania. A fost prima unire a celor trei t , ă ri românes ¸ ti. N-a durat mult dar a fost semnificativ ă s ¸ i simbolic ă . 6. Deci, ajungând la Craiova unde f ă cusem s ¸ i acolo un an de s ¸ coal ă , refugiat s ¸ i acolo la liceu, de data asta la Craiova, am v ă zut Jiul, am vizitat parcul romanesco, o zon ă s ă zicem as ¸ a a oras ¸ ului foarte cunoscut ă s ¸ i cu care se mândresc oltenii, nu mai spun s ¸ i Romanov. Dup ă ce am vizitat am vizitat Craiova, am ajuns spre Pites ¸ ti, la Pites ¸ ti este o zon ă a oras ¸ ului sau avea pe vremea aceea când se mai p ă strau unele urme ale vechiului oras ¸ , era corso din centrul oras ¸ ului, adic ă o zon ă din strada principal ă pe care tinerii se plimbau dup ă amiaza s ¸ i în special în weekend, sâmb ă ta s ¸ i duminica. O port , iune de vreo 500 de metrii dintr-o parte în alta pe care se îngr ă m ă deau, înghesuiau, se aglomerau ca s ă se plimbe, pe acest corso s ¸ i bineînt , eles, dup ă ce am trecut în revist ă , ca s ă zic as ¸ a, parcul de la Craiova, pardon pardon parcul de la Pites ¸ ti, este o zon ă de la marginea oras ¸ ului, trei v ă i s , i pe care este o foarte frumoas ă . . . as ¸ ezat ă pe coline, am vizitat, nu s ¸ tiam c ă acolo Pites ¸ tiul . . . legat ă de cea mai îngrozitoare perioad ă a istoriei românes ¸ ti. 7. Acolo la Pites , ti, închisoarea comunist ă în care bols , evis , tii au aplicat tratamentul de teroare s , i torturare a mii de tineri ani de zile . . . era o cl ă dire de pe malul Arges , ului . . . este, foarte aproape de Pites , ti, la marginea Pites , tiului, nu s , tiam c ă în aceast ă cl ă dire o s ă fie o închisoare de faim ă as , a de înfior ă toare. Mii de tineri au fost acolo torturat , i ani de zile, strânjenit , i 258 <?page no="259"?> în b ă taie, rupt , i, fl ă mânzi, terorizat , i, ei nu puteau nici m ă car s ă se sinucid ă , o parte nici m ă car s ă se sinucid ă , o pat ă neagr ă în istoria României, una din rus , inile cele mai mari, s , i crimele cele mai odioase, mai . . . ale regimului comunist. Pe atunci cine putea s ă -s , i închipuie, c ă Pites , tiul putea s ă aibe aceast ă faim ă sinistr ă . De la Pites , ti m-am întors înapoi la Bucures , ti s , i am f ă cut . . . salt pân ă la Constant , a ca s ă v ă d s , i marea. Am stat acolo, am stat am stat câteva zile, am avut parte de o except , ional ă vreme, o toamn ă însorit ă cu o plaj ă splendid ă , numai la Mamaia se putea întâlni un nisip fin ca o pudr ă , nu zgârie, te mângâie când faci plaj ă . Am stat acolo câteva zile într-un hotel, camera fiind aproape de mal as , a c ă noaptea dormeam la muzica valurilor care se sp ă rgeau de malul m ă rii. M-am întors din nou la Bucures , ti s , i am continuat meseria, îmi luasem , un mic concediu f ă r ă plat ă ca s ă fac aceast ă excursie. Am vrut s ă fac aceast ă excursie pentu c ă s , tiind c ă am s ă plec, eram hot ă rât s ă plec, din România, s ă r ă mân în minte cu aceste imagini de locuri, le-am socotit eu cele mai frumoase. Frumoase sunt toate locurile oriunde te duci, în România, aceast ă îngem ă nare, aceast ă îmbinare de forme de relief cum spunea Nicolae B ă lcescu: încununarea reliefului României o reprezint ă Carpat , ii, aceast ă cunun ă care e în mijloc ca o cetate, Carpat , ii cu România nu este nu din punct de vedere, nu din punct de vedere subiectiv dar dac ă ne gândim la formele de relief s , i cum e structurat ă geografic România, cu us , urint , ă ne putem da seama de perfect , iunea, as , putea spune, a acestei zone românes , ti. Este o zon ă într-adev ă r un wulwereit cum se poate justifica. Iat ă Carpat , ii . . .ca o cunun ă , o centur ă central ă de la care pleac ă dealurile, dealurile unde sunt în parte de jos mai mult a Carpat , ilor Meridionali, dealuri pline de podgorii s , i de livezi de fructe, iar mai jos este, câmpia, o câmpie, cea mai bogat ă form ă de relief pentru cultur ă , câmpia, p ă mântul negru, cromozonul, acest p ă mânt care este extrem de fertil s , i care se g ă ses , te de-a lungul Dun ă rii, de când intr ă Dun ă rea în România pe la Turnu Severin mai jos, începe Câmpia Dun ă rii, pân ă la Galat , i, iar dincolo de Galat , i, în Basarabia, tot o zon ă de câmpie extraordinar ă în care . . ., zon ă de câmpie din sudul Basarabiei, care se întinde de la Dun ă re pân ă la malul Nistrului. Nistrul este fluviul din r ă s ă rit al granit , ei României adev ă rate. Acolo Nistrul este granit , a Basarabiei pentru c ă Basarabia e ocupat ă de bols , evici. Dar se simt, aceste caracteristici geografice ale formelor de relief din România, fapt de vedere al climei, din punctul de vedere al productivit ă t , ii s , i a . . . s , i surselor naturale. Munt , ii Românes , ti sunt cei mai bogat , i munt , i în aur, aurul se exploateaz ă , c ă nu se s , tie, de mii de ani din istorie. 8. Românii au f ă cut r ă zboi dacilor, nu atât pentru pericolul pe care îl re dacii pentru imperiul roman, cât pentru ca s ă ajung ă în posesia acestui aur. Traian a avut prada de r ă zboi din Dacia încât doi ani pe urm ă n-au pl ă tit tribut îns ă a pl ă tit impozite, de pild ă doi ani dup ă cucerirea Daciei pentru 259 <?page no="260"?> c ă . . . bog ă t , iei s , i mai ales aurul adus din Dacia a fost în cantit ă t , i extraordinare. Sunt date câteori exagerate care vorbesc de 20.000 de [. . .] cu sigurant , ă c ă a dus Traian din Dacia s , i a continuat fiind un imperiu s , i având sclavi, s ă exploateze cu s , i mai mare spor decât exploatau dacii din munt , ii Apuseni atuncea aurul. S , i s-au scos, au exploatat de atunci mereu aur . . . moderne de rafinare al minereului c ă asigur ă s , i o product , ie de mii de tone de aur. Dar nu atât numai cât wolframul s , i uraniul sunt metale rare: Munt , ii României [. . .]o bog ă t , ie . . . s , i mai ales . . . de aici conflictul care sa ivit, la ora actual ă cu vânzarea zonei Ros , iei Montane, zon ă unifer ă , dar nu numai zon ă unifer ă de la Ros , ia Montana pentru c ă metaluri pret , ioase de tipul metalelor rare,. . . wolframul, titanul se g ă sesc, s , i în munt , ii Maramures , ului s , i în Rodna. De aceea ofensiva naval ă , jaful care se pune la cale acum este justificat ă , prada pe care vor s ă o fac ă în România . . . petrol, izvor de ape minerale, toate s-au vândut. România nu mai are nimic s , i constitut , ia a fost modificat ă în mod s ă vând ă str ă inilor s , i s ă poat ă invada, exploata s , i jefui t , ara în întregime. Vai de biet român s ă racul . . . în t , ara lui, spunea Mircea Eliade, as , a spunea Mircea Eliade acum 130 de ani s , i este valabil de cât pe atunci ce spunea el. Motivul acesta era motivul pentru c ă f ă cusem aceast ă excursie pentru ca s ă v ă d ultima dat ă s , i nu se s , tie niciodat ă , s ă mai v ă d din România pe care nu le v ă zusem sau care au fost foarte frumoase s , i care merit ă , care merit ă s ă le p ă strez în minte. Îmi aduc aminte c ă de la Suceava mai departe spre trec ă toarea Bârg ă ului pe unde se trece, în Transilvania, la un moment dat pe s , osea am trecut pe jos, trec ă toarea era o foarte interesant ă , un semn s ă -i zicem as , a, care ar ă ta direct , ia spre Ardeal, dincolo de munt , i. N-am fost niciodat ă în Maramures , , poate c ă am s ă reus , esc s ă m ă duc în România, dac ă mai tr ă iesc, s ă fac vara aceasta o plimbare. Am fost tocmai la Sighetul Marmat , iei, acolo unde este, muzeul în care a fost f ă cut ă cetatea civil ă pentru Sighetul Marmat , iei pentru ca s ă înregistreze împotriva românilor: s , i n-am iesit de acolo, puteam s ă trec, granit , a în Ucraina subcarpatic ă dar n-am avut timp, dac ă m-oi duce o s ă fac s , i acest salt. 9.3 Questionnaire zur variationslinguistischen Datenerhebung in Paris 1ère Partie: Données sociolinguistiques A1 1. Nom, Prénom 2. Adresse (résidence depuis combien d ’ années) 3. Age 4. Situation familiale 5. Lieu de naissance/ d ‘ origine 260 <?page no="261"?> 6. Résidence dans d ’ autres villes/ villages 7. Formation scolaire 8. Formation professionnelle 9. Profession 10. Lieu d ‘ origine des parents 11. Lieu d ’ origine de l ’ époux (se) 12. Formation scolaire des parents 13. Formation scolaire de l ’ époux (se) 14. Formation professionnelle des parents 15. Formation professionnelle de l ’ époux (se) 16. Profession de l ’ époux (se) 17. Profession de l ’ époux (se) 18. Séjours à l ’ étranger/ dans d ’ autres régions en France 19. Est-ce que vous allez souvent pour des raisons professionnelles dans d ’ autres lieux de la France ou ailleurs? 20. Si l ’ occasion se présentait, aimeriez-vous vous installer dans une autre région ou préféreriez-vous rester en France? Pourquoi? 21. Vous sentez-vous tout d ’ abord Parisien(ne) (Roumain (e)? 22. À votre avis, est-ce qu ’ on vit mieux en pleine campagne ou en ville? Pourquoi? AII Biographie linguistique 23. Vos grands-parents parl(ai)ent-ils le français/ roumain? 24. Quelle(s) langue(s) parl(ai)ent-ils entre eux? 25. Quelle(s) langue(s) parl(ai)ent-ils avec vos parents? 26. Quelle(s) langue(s) parl (ai) ent-ils avec vous? 27. Quelle(s) langue(s) parl (ai) ent vos parents/ enfants/ petitsenfants/ neveux/ nièce/ oncles/ tantes etc. entre eux/ avec vous? 28. Aux locuteurs appartenant aux générations des parents et des grands-parents: Comment vos enfants/ petits-enfants parlent-ils/ comprennent-ils le français? 29. Quelle langue avez-vous apprise d ’ abord, le roumain ou le français? 30. Avec qui avez-vous appris (le plus) à parler/ à comprendre le français/ le roumain? 31. Avec qui de votre famille parlez-vous surtout français/ roumain? 32. Avec qui parlez-vous/ aimeriez-vous parler (le plus) en français/ roumain en dehors de votre famille? 33. Avec qui ne parleriez-vous jamais en français/ roumain? 261 <?page no="262"?> A II.I Problématiques se rapportant à la linguistique migratoire 34. Quand vous êtes arrivé(e)(es)(s) en France, est-ce que vous vous êtes senti(e)(es)(s) bienvenu(e)(es)) Racontez-moi vos expériences. 35. Croyez-vous que le gouvernement français devrait mieux soutenir les immigrés? 36. Avez-vous l ’ impression que les responsables gouvernementaux font une différence entre les immigrés et les Français? 37. D ’ après vous qu ’ évoque la nationalité roumaine pour les autres citoyens en France? 38. Est-ce que vous vous sentez exclus de certains domaines de la société? 39. Quelles mesures faut-il prendre pour mieux intégrer les Roumains? 40. Quelles institutions gouvernementales ou ONG devraient s ’ engager de façon efficace pour les nouveaux arrivants? 41. Est-ce qu ’ il existe une collaboration entre ces institutions? 42. Quels changements fondamentaux ont été établis dans la politique migratoire au cours de ces dernières années? A III Compétence linguistique: 43. À votre avis, parlez-vous bien ou pas très bien le francais/ le roumain? (sans problème de tous les sujets/ avec des problèmes des sujets quotidiens/ quelques phrases, de courtes locutions, des blagues ou des bons mots/ pratiquement sans connaissances actives) 44. À votre avis, parlez-vous bien ou pas très bien le français/ le roumain? (Sans problèmes de tous les sujets/ pour faire un discours en public/ pour dialoguer avec les autorités administratives/ pour parler à un notaire, un médecin, un prêtre/ pour discuter facilement avec un Suisse ou un Français/ des problèmes de sujets quotidiens/ quelques phrases, de courtes locutions, des blagues ou des bons mots) 45. Croyezvous qu ’ un Français/ Suisse se rendrait compte que vous n ’ êtes pas Français(e)? 46. Votre pratique de ces deux langues était-elle toujours identique durant votre vie ou estce qu ’ il y a eu des changements? 47. Pourriez-vous décrire le degré de votre compréhension du français/ roumain? (Toute une conversation sans aucun problème/ le sens d ’ une conversation sans les détails/ le sujet d ’ une conversation/ presque rien) 48. Profitez-vous aussi de la radio et de la télévision de langue française? Dans quelle mesure par rapport aux émissions en italien? 262 <?page no="263"?> 2ième Partie: Pragmatique synchronique de la variation BI Psycholinguistique du contact français/ roumain 49. Dans laquelle des deux langues vous sentez-vous le plus à l ’ aise: en français ou en roumain? 50. À votre avis, est-ce que le français/ le roumain crée une certaine atmosphère? Laquelle? 51. Quand vous parlez avec vous-même, en réfléchissant, quelle langue employezvous (le français/ le roumain)? 52. C ’ est presque la fin du mois et vous calculez l ’ argent qu ’ il vous reste encore. Quelle langue employezvous (le français, le roumain)? 53. Dans quelle langue rêvez-vous normalement? 54. Pourquoi préférez-vous le français/ le roumain ou autres langues? 55. Croyez-vous qu ’ il soit utile de savoir parler le français? À votre avis, la capacité de bien parler le français est-elle indispensable/ utile/ pas très utile/ nuisible? Pourquoi? 56. À votre avis, les jeunes gens devraient-ils connaître et parler le français/ roumain? Pourquoi? 57. Le français/ roumain vous paraît-il: a) beau b) laid c) ridicule d) plus vrai que le français/ roumain? e) riche f) précis g) vulgaire h) campagnard (rustique) i) démodé j) chic k) intellectuel l) la langue des professeurs m) moderne n) sérieux o) snob p) étrange? 58. Qu ’ est-ce que vous pensez de quelqu ’ un qui ne parle habituellement qu ’ en français/ en roumain? 59. Croyez-vous que le français/ roumain soit particulièrement approprié pour parler de sujets déterminés ou pour parler dans des situations précises? 60. Estce qu ’ il y a des choses qu ’ on dit plus facilement en français/ roumain qu ’ en d ’ autres langues? 61. D ’ après vous, est-ce qu ’ on peut tout exprimer en français/ roumain? 62. Est-ce qu ’ il vous est déjà arrivé de ne pas trouver le mot correct en français/ roumain? Si oui, qu ’ est-ce que vous avez fait? Avez-vous continué à parler roumain/ français? 63. Avez-vous l ’ impression de faire des fautes en parlant français/ roumain? (Exemples) 64. Dans quelles situations avez-vous dû passer du français au roumain? 65. Est-ce qu ’ il vous est déjà arrivé d ’ être un peu embarrassé en parlant le français/ le roumains et d ’ avoir senti qu ’ il aurait peut être fallu parler en français/ en roumain? 263 <?page no="264"?> 66. À votre avis, est-ce qu ’ il y a des règles pour écrire le français/ le roumain (dans le même sens qu ’ il y a des règles pour écrire le français/ roumain)? 67. Croyez-vous que le roumain possède des règles grammaticales/ une grammaire (dans le même sens qu ’ il y a des règles grammaticales/ une grammaire du français)? 68. Quelqu ’ un qui parle beaucoup plus français que roumain vous semble-t-il? a) sympathique b) attaché à sa terre/ à sa ville/ à son village c) étranger à votre ville/ village d) vulgaire e) campagnard (rustique) f) instruit g) ignorant h) froid i) vaniteux j) arrogant k) respectueux l) noble? 69. Est-ce que vous trouvez que quelqu ’ un qui parle français/ roumain le fait pour se vanter? 70. En marchant, parleriez-vous plutôt en français/ en roumain? a) au marché? b) dans une épicerie c) dans un magasin de vêtements? Pourquoi? 71. Si un jour le roumain disparaissait complètement ici à Paris, resteriez-vous plutôt indifférent ou trouveriez-vous cela plutôt dommage? 72. Quelles mesures pourrait-on appliquer pour le conserver et pour le renforcer? 73. Seriez-vous plus attristé par la perte du français ou par celle du roumain? 74. Quelles mesures pourrait-on appliquer pour le conserver et pour le renforcer? 75. A votre avis, quelles sont les raisons de la disparition accélérée du roumain à Paris? (les mariages mixtes? l ’ ouverture vers d ’ autres cultures)? 76. Croyez-vous que la disparition des dialectes et des langues minoritaires soit liée au fait que, pour les parler, il y a a) de moins en moins de personnes qui les parlent, b) de moins en moins d ’ occasions et de situations qui en permettent l ’ usage c) de moins en moins de choses et de sujets dont on peut parler dans un dialecte ou dans une autre langue minoritaire d) de moins en moins de temps pour la vie paisible et pour le rythme mesuré du travail quotidien auxquels les dialectes et les langues minoritaires sont (étaient) liés? 77. Seriez-vous disposé(e) à enseigner ou à transmettre le roumain/ le français? à vos enfants? 78. Quelles sont les personnes avec lesquelles vous parlez maintenant/ aimeriez parler le plus en français/ en roumain? 79. Quelles sont les situations dans lesquelles vous parl(eri)ez le plus en français/ en roumain? (Au bar en jouant aux cartes? avec vos amies 264 <?page no="265"?> en prenant un café? au travail avec vos collègues, votre chef, à des subordonnés? au magasin? en jurant)? 80. Quels sont les sujets dont vous parlez surtout/ vous parleriez le plus en français/ en roumain? La maison? Les champs et les bêtes? Le sport? La politique locale/ régionale? La politique nationale? BII Classification géolinguistique du locuteur (français/ roumain) 81. Pour des courses ou des affaires importantes, allez-vous le plus souvent à Paris? 82. Est-ce que vous avez (eu) l ’ impression que le français change entre votre ville et d ’ autres régions? 83. Est-ce que le français parlé à Paris est le même que celui qu ’ on parle en Suisse et dans le reste de la France? 84. À votre avis, quelles sont les particularités des différents français qui vous permettent (tout de suite) de dire si quelqu ’ un vient de Paris, de Suisse romande ou d ’ une autre région? 85. À votre avis, quelles sont les particularités du français parlé à Paris qui vous permettent de dire (tout de suite) si quelqu ’ un est Parisien (ne)? 86. Imaginez que vous vous promenez au bord de la Seine, à côté de vous, vous entendez quelqu ’ un parler français et vous vous rendez compte tout de suite: Cette personne parle un autre français et elle vient plus ou moins d ’ une autre région que je connais, c ’ est à dire que vous vous dites: «Tiens, voilà un Français! ou Tiens voilà un Suisse! Ou bien vous vous rendez compte: Cette personne parle un français que je comprends, mais je ne sais pas d ’ où elle peut bien venir»- Est-ce qu ’ une telle situation est déjà arrivée/ s ’ est déjà produite? (Si oui: )Est-ce-que vous reconnaîtriez le français parlé dans d ’ autres régions plutôt à la prononciation/ à l ’ accent ou à l ’ usage de certains mots différents? (Préciser éventuellement) Sauriez-vous indiquer des mots qui changent? Est-ce que ce sont des mots désignant certains objets (plantes, aliments etc.) ou est-ce qu ’ il s ’ agit aussi de certaines formes grammaticales? Vous souvenezvous peut-être qu ’ il y a même différents manières de construire les phrases? 87. Les «autres français» que vous avez déjà entendus vous semblent-ils plus beaux ou plus laids que le français de Paris? Est-ce qu ’ il y en a un en particulier? 88. Les «autres français» que vous avez entendus vous semblent-ils plus originaux ou plus déformés que le français parlé à Paris? 89. Le roumain en Roumanie vous paraît-il plus déformé que le roumain parlé à Paris? 265 <?page no="266"?> BIII Classification du contact de la part du locuteur (français/ roumain) 90. Comment décririez-vous la situation du français par rapport à celle du roumain? (Il se diffuse, il se maintient, il est en déclin, il se transforme, il est abandonné) 91. À votre avis, quelles sont les raisons qui empêchent/ compliquent le maintien du roumain? 92. Comment décririez-vous le rapport entre le français et le roumain? (rapport de concurrence, de complémentarité, de style etc.) 93. Quelles mesures pourrait-on appliquer pour conserver et pour renforcer le roumain? 94. À votre avis, le roumain devrait-il être enseigné à l ’ école? Pourquoi? 95. Pensez-vous que l ’ enseignement du roumain à l ’ école puisse faciliter l ’ apprentissage du français? Pourquoi? 96. Quel type d ’ école préféreriez-vous pour vos enfants? (français, roumain) 97. Avec des gens qui parlent d ’ autres langues, trouvez-vous qu ’ il faille chercher à parler leur langue? 98. Pour respecter les traditions de chez soi, pensezvous qu ’ il soit nécessaire de parler le plus possible dans sa propre langue en toute occasion? 99. À votre avis, est-il naturel de s ’ exprimer dans la langue dans laquelle on se sent plus à l ’ aise, même avec des gens qui parlent d ’ autres langues? 100. Est-cequ ’ il vous est déjà arrivé d ’ entendre quelqu ’ un parler mal en français/ en roumain? 101. Qui parle mal, et qui, par contre, parle bien en français/ en roumain? (En cas de doutes, citer les catégories suivantes de personnes qui vous semblent (le plus) concernées. mal -Les jeunes, les étudiants? Les personnes instruites? bien: Les personnes âgées, les Paysans. Les ouvriers? 102. Ceux qui parlent mal le français/ roumain le font d ’ après vous - parce qu ’ ils parlent trop souvent en français/ en roumainparce qu ’ ils pensent en français/ en roumain ou au contraire: - parce qu ’ ils ont d ’ abord appris le français/ le roumain 103. Si vous pensez à ceux qui parlent mal le français, croyez-vous que le roumain puisse avoir une influence sur le français? 104. Quel nom donneriez-vous à un français (bien/ mal parlé) un roumain (bien/ mal) parlé? Et qui d ’ après vous le parle? 266 <?page no="267"?> 105. À votre avis, quelles sont les particularités d ’ un français/ d ’ un roumain mal parlé par rapport à un français/ un roumain bien parlé, et qu ’ est-ce qui vous permet de dire tout de suite si quelqu ’ un le parle mal ou bien? Avez-vous des exemples? 106. Imaginez que vous marchez dans les rues de Paris; à côté de vous, vous entendez quelqu ’ un parler français/ roumain, et tout de suite, vous vous rendez compte: Celuici fait un effort pour parler français/ roumain, mais il n ’ y arrive pas parce qu ’ il le parle mal, ou bien vous entendez quelqu ’ un d ’ autre et vous vous dites: Celui-ci parle vraiment bien le français/ le roumain. Est-ce qu ’ une telle situation vous est déjà arrivée? - Si oui, reconnaîtriez-vous un français/ roumain mal parlé à la prononciation/ à l ’ accent de l ’ usage de certains mots différents du français/ roumain bien parlé? (Préciser)-Sauriez-vous indiquer quelques-uns de ces mots différents? Est-ce que ce sont des mots désignant certains objets (plantes, aliments, etc.) ou est-ce qu ’ il s ’ agit aussi de certaines formes grammaticales? Vous souvenez-vous peut-être même de différentes constructions de phrases entre un français/ un roumain mal parlé et un français/ un roumain bien parlé? 107. Est-ce que vous trouvez que le français/ le roumain mal parlé aujourd ’ hui surtout par les jeunes, est tout autre chose que celui d ’ autrefois, parlé par les personnes âgées? Quelles différences avez-vous remarquées? Comment le jugeriez-vous? (Plus civilisé, moins grossier ou plus déformé, plus moderne)? C1 Phonétique et phonologie (français, roumain) 108. Est-ce qu ’ il vous est déjà arrivé de remarquer des différences de prononciation entre le français/ le roumain mal parlé et le français/ le roumain bien parlé? (par les personnes âgées et par les jeunes)? Si oui: quels sont les sons qui changent entre un français/ un roumain mal parlé, ou bien entre un français/ un roumain parlé par les personnes âgées et celui par les jeunes. CIV Syntaxe, organisation textuelle, expression orale libre 109. Pourriez-vous raconter en français/ en roumain une histoire de votre vie dont vous vous souvenez particulièrement bien, ou une expérience importante que vous avez vécue et que vous avez déjà racontée avant à des membres de votre famille ou à des amis? 110. Racontez en français/ en roumain une histoire! 267 <?page no="268"?> 9.4 Chestionar al colect , ie de date a varia ţ iei lingvistice Prima Parte: Date sociolingvistice AI 1. Nume, Nume de nas ¸ tere 2. Adres ă 3. Vârst ă 4. Stare civil ă 5. Locul nas ¸ terii 6. Ş edere 7. Preg ă tire s ¸ colar ă 8. Preg ă tire profesional ă 9. Meserie 10. Locul de nas ¸ tere al p ă rin ţ ilor 11. Locul de nas ¸ tere al partenerului/ partenerei 12. Ce s ¸ coal ă / liceu a ţ i absolvit? 13. Ce s ¸ coal ă / liceu/ facultate a absolvit partenerul dumneavoastr ă ? 14. A ţ i fost pân ă acum în alte regiuni ale Fran ţ ei? 15. Var pl ă cea s ă locui ţ i în alte regiuni ale Fran ţ ei? 16. V ă sim ţ i ţ i drept cet ăţ ean francez sau român? AII Biografie lingvistic ă 17. P ă rin ţ ii dumneavoastr ă vorbesc româna sau franceza? 18. Ce limb ă vorbesc p ă rin ţ ii dumneavoastr ă între ei? 19. În ce limb ă vorbesc p ă rin ţ ii cu dumneavoastr ă ? 20. În ţ eleg atât copiii cât s ¸ i nepo ţ ii dumneavoastr ă limba francez ă ? 21. Ce limba ˇ a ţ i înv ăţ at prima oar ă (româna sau franceza? Sau amândou ă ? ) 22. Cu cine a ţ i înv ăţ at prima oar ă limba francez ă ? 23. Cu cine vorbi ţ i mai mult franceza/ româna în afara familiei? 24. Cu cine nu vorbi ţ i niciodat ă româna/ franceza? AII. I Aspecte ale politicii de imigrat , ie 25. Când at , i ajuns în Frant , a v-at , i simt , it binevenit(a ˇ )? 26. Suntet , i de p ă rere c ă guvernul Frant , ei ar trebui s ă sprijine mai mult imigrant , ii? 27. V ă simt , it , i dezavantajat în calitate de migrant/ a ˇ ? 28. V ă simt , it , i exclus/ ă în anumite privint , e? 29. Ce ma ˇ suri ar trebui luate pentru a facilita integrarea imigrant , ilor? 30. Care institut , ii ar trebui s ă se angajeze mai mult pentru sust , inerea efectiv ă a imigrant , ilor? 268 <?page no="269"?> 31. Colaboreaza ˇ aceste institut , ii între ele? 32. Care sunt schimb ă rile fundamentale care au avut loc în politica de imigrat , ie în ultimele decenii? A III Competent , a ˇ lingvistica ˇ 33. Dup ă p ă rerea dumneavoastr ă , vorbi ţ i bine franceza? În ţ elege ţ i tot? 34. Întâmpina ţ i probleme? În ţ elege ţ i glumele fran ţ uzes ¸ ti? Dar înjur ă turile? 35. Considera ţ i c ă un francez sau un elve ţ ian din regiunea francez ă poate remarca faptul c ă nu sunte ţ i francez? 36. A ţ i vorbit ambele limbi mereu în decursul vie ţ ii? 37. Pute ţ i estima gradul dumneavoastr ă de în ţ elegere al limbii franceze/ române? În ţ elege ţ i tot? În ţ elege ţ i sensul conversa ţ iei? În ţ elege ţ i tema conversa ţ iei sau nu în ţ elege ţ i aproape nimic? 38. Cât de des asculta ţ i radio în limba francez ă ? 39. Cât de des urm ă ri ţ i canale TV românes ¸ ti? Partea a doua BI: Sincronica ˇ pragmatica ˇ a variat , iei psiholingvistica ˇ al contactului francez român 40. În care dintre cele dou ă limbi v ă sim ţ i ţ i confortabil s ă vorbi ţ i? 41. Creeaz ă limba francez ă / român ă o atmosfer ă frumoas ă pentru dumneavoastr ă ? 42. Când vorbi ţ i cu eu-l dumneavoastr ă , în ce limb ă vorbi ţ i? 43. În ce limb ă num ă ra ţ i banii? 44. În ce limb ă visa ţ i? 45. De ce prefera ţ i franceza/ româna sau alt ă limb ă ? 46. Considera ţ i c ă este important pentru dumneavoastr ă s ă vorbi ţ i limba francez ă / român ă ? 47. Considera ţ i c ă copiii dumneavoastr ă ar trebui s ă vorbeasc ă franceza/ româna - de ce? 48. Este limba francez ă / român ă a. frumoas ă b. brutal ă c. ridicol ă d. mai frumoas ă decâtromâna, franceza e. bogat ă f. precis ă g. vulgar ă h. ţă r ă neasc ă i. demodat ă j. chic 269 <?page no="270"?> k. intelectual ă l. o limb ă a profesorilor m. modern ă n. serioas ă o. snoab ă p. bizar ă / ciudat ă 49. Ce p ă rere ave ţ i despre cineva care vorbes ¸ te doar limba francez ă / român ă ? 50. Considera ţ i c ă pute ţ i discuta despre anumite teme mai bine în limba român ă / francez ă ? 51. Exist ă teme despre care pute ţ i vorbi cu us ¸ urin ţă în limba francez ă sau român ă ? 52. Pute ţ i exprima tot în limba francez ă sau român ă ? 53. S-a întâmplat ca în timpul unei conversa ţ ii s ă nu pute ţ i exprima un cuvânt? Ce a ţ i f ă cut? 54. Ave ţ i sentimentul c ă face ţ i gres ¸ eli când vorbi ţ i limba francez ă / limba român ă ? 55. În ce situa ţ ie v-at , i simt , it nevoit s ă schimbat , i limba (din francez ă în român ă respectiv din român ă în francez ă ) în decursul unei conversat , ii? 56. S-a întâmplat s ă vorbi ţ i limba român ă s ¸ i s ă ave ţ i sentimentul c ă ar fi trebuit s ă vorbi ţ i limba francez ă ? 57. Considera ţ i c ă exist ă reguli gramaticale asem ă n ă toare între limba francez ă s ¸ i limba româna ˇ ? 58. O persoan ă care vorbes ¸ te limba francez ă / român ă este pentru dumneavoastr ă ? a. simpatic b. atas , at de patrie c. str ă in d. vulgar e. ţă ran f. ignorant g. rece h. încrezut i. arogant j. respectos 59. Considera ţ i c ă cineva care vorbes ¸ te limba francez ă / român ă vorbes ¸ te aceast ă limb ă doar pentru a se da în spectacol? 60. Când merge ţ i la cump ă r ă turi vorbi ţ i francez ă sau român ă ? 61. Dac ă într-o zi ar disp ă rea limba român ă din Fran ţ a, a ţ i fi sup ă rat? 62. Ce s-ar putea face ca acest lucru s ă nu se întâmple? 63. A ţ i fi mai sup ă rat dac ă ar disp ă rea limba francez ă sau limba român ă ? 270 <?page no="271"?> 64. Considera ţ i c ă dispari ţ ia dialectelor sau limbilor minoritare este direct influen ţ at ă de faptul c ă . . . a. vorbesc din ce în ce mai put , ini b. sunt din ce în ce mai pu ţ ine situa ţ ii în care sunt vorbite acestea c. sunt din ce în ce mai pu ţ ine teme despre care s-ar putea discuta în dialecte d. minorit ăţ ile sunt prea pu ţ in integrate în societate. 65. A ţ i dori ca ai dumneavoastr ă copii s ă înve ţ e atât limba francez ă cât s ¸ i limba român ă ? 66. Cu cine vorbi ţ i dumneavoastr ă cu drag limba român ă / francez ă ? 67. În ce situa ţ ie vorbit , i mai mult ă francez ă / român ă ? BII Clasificare geo-lingvistic ă a vorbitorilor de francez ă / român ă 68. C ă l ă tori ţ i în alte oras ¸ e pentru a rezolva diverse probleme? 69. Ave ţ i impresia c ă în Fran ţ a se vorbes ¸ te diferit limba francez ă în func ţ ie de regiune? 70. Este franceza ce se vorbes ¸ te în Paris aceeas ¸ i cu franceza din alte oras ¸ e din Frant , a? Dar din Elvet , ia? 71. Cum se diferen ţ iaz ă un parizian fa ţă de al ţ i francezi? 72. Imagina ţ i-v ă c ă merge ţ i pe strad ă în Paris s ¸ i auzi ţ i c ă se vorbes ¸ te limba francez ă : Cum v ă da ţ i seama c ă persoana respectiv ă este francez ă ? 73. Recunoas ¸ te ţ i c ă o persoana ˇ provine dintr-o alt ă regiune în func ţ ie de a. pronun ţ ie b. accent c. utilizarea diverselor cuvinte? 74. Pute ţ i s ă îmi oferi ţ i exemple? 75. Considera ţ i c ă persoanele ce provin din alte oras , e decât Paris vorbesc o francez ă mai corect ă decât parizienii? 76. Care este diferen ţ a dintre româna vorbit ă în România s ¸ i româna vorbit ă în Fran ţ a? BIII Clasificare a contactului între locutori 77. Ce fel de probleme exist ă într-un asemenea contact lingvistic? (concuren ţă / mix) 78. Ce se poate face ca limba român ă s ă fie protejat ă ? 79. Ar trebui s ă se studieze limba român ă în s , coli? Dac ă da, de ce? 80. Considera ţ i c ă având cunos ¸ tin ţ e de limba român ă este mai us ¸ or s ă înv ăţ a ţ i limba francez ă ? 81. Ce fel de s ¸ coal ă prefera ţ i pentru copilul/ copiii dumneavoastr ă ? 271 <?page no="272"?> 82. Ca s ă respecta ţ i tradi ţ iile, considera ţ i ca ˇ este necesar s ă vorbi ţ i doar în limba natal ă ? 83. S-a întâmplat s ă auzi ţ i pe cineva care s ă vorbeasc ă gres ¸ it limba francez ă / român ă ? 84. Cine vorbes ¸ te incorect franceza/ româna? 85. Când auzi ţ i pe cineva care vorbes ¸ te incorect limba francez ă considera ţ i c ă limba român ă a influen ţ at persoana respectiv ă ? 86. La cine v ă gândi ţ i când auzi ţ i o persoan ă c ă vorbes ¸ te l o român ă corect ă l o român ă incorect ă l o francez ă corect ă l o francez ă incorect ă 87. Prin ce diferen ţ ia ţ i o limb ă corect vorbit ă de una incorect vorbit ă ? 88. Cei ce vorbesc incorect sunt tineri sau persoane de vârst ă înaintat ă ? 89. Cum considera ţ i aceste persoane? C1 Fonetica ˇ s , i fonologie (francez ă / român ă ) 90. Cum se diferen ţ iaz ă cei ce vorbesc corect gramatical de cei ce fac multe gres ¸ eli? 91. Pute ţ i s ă îmi oferi ţ i câteva exemple de gres ¸ eli privind: l consoane l vocale l cuvinte 272 <?page no="273"?> In dieser Arbeit rücken neben den in Frankreich ergriffenen integrations- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen vor allem die Perspektiven der betroffenen rumänischen Generationen in den Vordergrund, die neben objektiven Gesichtspunkten auch ihre Sicht der Stärken und Schwächen der französischen Integrationspolitik bieten. Um Erkenntnisse aus den Biographien der in Paris lebenden Rumänen zu gewinnen, wurden die Ergebnisse verschiedener Wissenschaftsdisziplinen zusammengeführt und mit den Resultaten der Analysen des methodischen Ansatzes der funktionalen Variationslinguistik verbunden. Diese Vorgehensweise lässt eine systematische Erfassung unterschiedlicher Akkulturationsgrade zu. Durch die Analyse des Sprachmaterials wird der Nachweis einer gruppenspezifischen rumänisch-französischen Migrantenvarietät erbracht.
