Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch
Forschungen an der Schnittstelle von Linguistik und Fremdsprachendidaktik
0926
2016
978-3-8233-9014-5
978-3-8233-8014-6
Gunter Narr Verlag
Ferran Robles i Sabater
Daniel Reimann
Raúl Sánchez Prieto
Der Band stellt die (fremd-)sprachendidaktischen Beiträge des 3. Kongresses "Contrastivica - Deutsch-iberische Tagung zur kontrastiven Linguistik" vor, der im Oktober 2014 zum Thema "Sprachen und Kulturen vermitteln zwischen Spanien, Portugal und Deutschland: Kontrastive Linguistik und Fremdsprachenforschung in Zeiten transkultureller kommunikativer Kompetenz" in Valencia stattgefunden hat. Die Einzelstudien zeigen am Beispiel des Sprachenpaares Spanisch - Deutsch (mit Ausblicken auf das Katalanische, Portugiesische und weitere romanische Sprachen), wie gerade auch linguistische Ansätze für die Fremdsprachendidaktik (hier DaF und Spanisch als Fremdsprache / ELE) fruchtbar gemacht werden können und veranschaulichen so, wie die Linguistik (wieder) zu einer zentralen Bezugsdisziplin der Fremdsprachenforschung werden kann.
<?page no="0"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 6 Ferran Robles i Sabater / Daniel Reimann / Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch Forschungen an der Schnittstelle von Linguistik und Fremdsprachendidaktik <?page no="1"?> Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch <?page no="2"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung Herausgegeben von Daniel Reimann (Duisburg-Essen) und Andrea Rössler (Hannover) Band 6 <?page no="3"?> Ferran Robles i Sabater / Daniel Reimann / Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch Forschungen an der Schnittstelle von Linguistik und Fremdsprachendidaktik <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. © 2016 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 2197-6384 ISBN 978-3-8233-8014-6 Diese Publikation erscheint mit Unterstützung von Esta publicación se ha realizado con la colaboración de Deutscher Akademischer Austauschdienst Generalitat Valenciana. Conselleria d‘Educació, Investigació, Cultura i Esport <?page no="5"?> Inhaltsverzeichnis Hans-Ingo Radatz Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik: Plädoyer für eine phänomenologische Linguistik mit didaktischem Aha-Effekt ........... 7 1. Phonetik María Jesús Gil Valdés Die Silbe als didaktische Strategie zum kontrastiven Lehren und Lernen der Phonetik. Am Beispiel der deutschen und spanischen Sprache.............. 23 2. Lexikologie Elsa Liste Lamas Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen als Fremdsprache bei Lernern mit Spanisch als L1 .......................................................................... 33 Laura Ramírez Sainz La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria en los manuales de aprendizaje .......................................................................... 49 Oliver Strunk Wie viele Wörter verwenden Lerner? Lexikalische Profile von Lernern und Muttersprachlern in argumentativen Texten............................................ 63 3. Lexikographie Manuel Fernández Méndez / Mario Franco Barros / Irene Sueiro Orallo El uso de los diccionarios de / para ELE y DaF: análisis de una encuesta desde una perspectiva contrastiva ..................................................................... 73 Meike Meliss / Vanessa González-Ribao Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre im hispanophonen DaF-Umfeld: Bestandsaufnahme und -beschreibung für kontrastive Aufgabenstellungen .................................................................. 93 <?page no="6"?> Inhaltsverzeichnis 6 Ferran Robles i Sabater El corpus informatizado como herramienta para la elaboración de un diccionario fraseológico de alemán L2............................................................. 113 4. Grammatik Benno H. Berschin Romanische Mehrsprachigkeit: Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 127 Andreu Castell Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht ...................................... 139 Christina Horst Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen.................. 157 Alla Klimenkowa Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb der nominalen Pluralmorphologie (am Sprachenpaar Deutsch-Spanisch) 171 Zu den Autorinnen und Autoren ..................................................................... 185 <?page no="7"?> Hans-Ingo Radatz Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik: Plädoyer für eine phänomenologische Linguistik mit didaktischem Aha-Effekt Moderner Fremdsprachenunterricht ist bekanntermaßen längst nicht mehr ausschließlich auf die Vermittlung norm- und schriftsprachlicher Fähigkeiten ausgerichtet, sondern räumt der aktiven Ausdrucksfähigkeit und der interkulturellen Komponente im Sprachunterricht einen wichtigen Platz ein. Bei allem Fortschritt in dieser Hinsicht bleiben allerdings auch heute die Vermittlung von Wortschatz und Grammatik weiterhin im Zentrum des neusprachlichen Unterrichts, während die interkulturelle Kompetenz die aktiven und rezeptiven sprachlichen Fertigkeiten zwar begleitet, ohne diese aber nicht denkbar ist. Insofern steht die Reflektion über sprachliche Strukturen und ihre Didaktisierbarkeit weiterhin im Zentrum des Aufgabenprofils der neusprachlichen Fachdidaktik, und es ist daher auch kein Zufall, dass die Dozenten der akademischen Fachdidaktik ihr Fach nahezu ausnahmslos auf der Basis einer linguistischen Ausbildung betreiben. Die Linguistik ist daher eine der engsten Hilfs- und Nachbardisziplinen der Fremdsprachendidaktik. So naheliegend eine enge Zusammenarbeit von Fachdidaktik und Linguistik aber auch sein mag, so ist sie doch an vielen romanischen Instituten keine praktizierte Selbstverständlichkeit; wo sie überhaupt stattfindet, so ist sie typischerweise eine Einbahnstraße, in der die Fachdidaktiker sich zwar mit linguistischen Fragestellungen befassen, von linguistischer Seite aber davon kaum Notiz genommen wird. Aus Sicht der Sprachwissenschaft wird die Fachdidaktik generell als ein Problem anderer Menschen wahrgenommen, das diese sicher für sich selbst lösen werden. Der vorliegende Beitrag möchte diese Sprachlosigkeit vonseiten der Linguistik ein wenig überbrücken, indem er sich, aus der Perspektive der spanischen Sprachwissenschaft an einer deutschen Universität, der Frage zu stellen versucht, welchen Beitrag die romanische Sprachwissenschaft im Rahmen des Lehramtsstudiengangs Spanisch zur fachdidaktischen Komponente dieses Studiengangs leisten kann. Die Motivation für diesen fachfremden out of area-Einsatz eines Linguisten entspringt den Alltagsrealitäten des akademischen Unterrichts, welche die Dozenten zusehends zwingen, alte arbeitsteilige Konzepte aus der eigenen Studienzeit radikal zu überdenken. <?page no="8"?> Hans-Ingo Radatz 8 Damals boten die sprachwissenschaftlichen Professoren weithin das an, was ihnen individuell gerade wichtig erschien - vor allem aus der Perspektive ihrer eigenen Forschungsinteressen. Die Idee schien zu sein, dass die Studenten schließlich, in geheimnisvoll selbstorganisierender Weise, auch auf diese anarchische Art und Weise am Ende ihres Studiums alle relevanten Informationen erhalten würden, wenn sie nur lange genug am Ball blieben. Das war schon damals eine fast fahrlässig optimistische Annahme. Heute, im Zeitalter modularisierter Studiengänge und straffer Semesterhöchstzahlen, ist sie schlicht absurd und verantwortungslos, denn die Zeiten haben sich mittlerweile so verändert, dass das Langzeitstudium mit umfassenden Phasen des Selbststudiums heute nicht mehr nur unwahrscheinlich, sondern vielmehr formal unmöglich geworden ist. Leider gibt es auch heute noch Kollegen, deren Lehrveranstaltungsangebot sich thematisch an diesem alten anarchischen Prinzip zu orientieren scheint. Die Wahrscheinlichkeit, am Ende eines unstrukturierten Studiums schließlich doch alles Relevante gelernt zu haben, ist aber auch dadurch auf nahezu Null gesunken, dass der Anteil der Sprachwissenschaft am Studium der Romanistik in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich geschwunden ist und nun an einigen Orten (wie z.B. meiner Universität) einen Punkt erreicht hat, an dem ein sinnvolles Studium der Hispanistik ernsthaft in Frage gestellt werden muss. 1. Ein Paradox: Gerade das Wichtigste wird oft nicht unterrichtet Eine oft ungenügende Abstimmung zwischen Sprachpraktikern, Fachdidaktikern und Sprachwissenschaftlern resultiert paradoxerweise oft darin, dass gerade die allergrundsätzlichsten Fragen der Grammatik im Studium letztlich nicht behandelt werden, gerade weil sie so fraglos grundsätzlich sind. An welchem systematischen Ort im Studium werden beispielsweise die Feinheiten der spanischen Pronominalsyntax (Objektklitika, clitic doubling, leísmo), die semantische Kasuistik der Vergangenheitstempora oder die Kopula-Alternanz analytisch am sprachlichen Material so eingeübt, wie es später in der Examensklausur erwartet wird? Lektoren besitzen oft nicht einmal die linguistische Ausbildung, um eine solche Verbindung aus linguistischer Reflexion und textanalytischer Arbeit zu leisten; in jedem Fall scheint dafür in der Sprachpraxis üblicherweise auch die Zeit zu fehlen. Von mir befragte Lektoren sind überzeugt, dass dies nicht ihre, sondern vielmehr die Aufgabe der romanistischen Sprachwissenschaft ist und gehen davon aus, dass diese die betreffenden Themen schon vermitteln wird. Sprachwissenschaftler fühlen sich vor allem für Theorie zuständig und gehen davon aus, dass die praktische Anwendung und Umsetzung des Gelernten selbstverständlich durch Lektoren und Fachdidakti- <?page no="9"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 9 ker geschieht. Fachdidaktiker glauben typischerweise, dass sie in ihrem Unterricht auf ein solides sprachpraktisch-grammatisches Fundament bauen könne, das ihre Studenten durch Sprachpraxis und -wissenschaft erworben haben. Nur so ist es zu erklären, dass Kandidaten im Staatsexamen am Ende ihres Hispanistikstudiums vielfach zwar besser Spanisch können als zuvor, in der intellektuellen Durchdringung der grammatischen Prinzipien dieser Sprache aber auf dem intellektuellen Niveau ihrer alten Schulgrammatik stagnieren. 2. Der Sprachwissenschaftsanteil des Studiums sinkt unter die kritische Grenze Neben dieser fehlenden Abstimmung zwischen den Teildisziplinen ist aber auch die schiere Kürze der zu Verfügung stehenden Studienzeit für die Sprachwissenschaft mittlerweile zu einem bedrohlichen Problem geworden. Die deutsche Tradition der obligatorischen Fächerkombination im Lehramtsstudium reduziert den Anteil des Spanischen schon einmal auf 50% des Gesamtstudiums. Nahezu die Hälfte dieser Zeit entfällt zudem auf Sprachpraxis und Fachdidaktik, sodass für das Fachstudium höchstens noch ca. 30% übrig bleiben, also je 15% für Sprach- und Literaturwissenschaft. Einer allgemeinen Tendenz folgend wurde nun an meinem romanischen Institut vor einigen Jahren - neben den beiden klassischen Fachbestandteilen Literatur- und Sprachwissenschaft - die Kulturwissenschaft als dritte und gleichberechtigte Säule des fachwissenschaftlichen Romanistikstudiums eingeführt, sodass nun auf jede dieser drei Disziplinen nur noch etwa 10% der Zeit und Ressourcen des Studiums entfallen. Das sind dann typischerweise die folgenden Lehrveranstaltungstypen: • Vorlesung „Einführung in die Linguistik“ (= Einführung 1) • Seminar „Strukturen des Spanischen“ (= Einführung 2) • Proseminar • Vorlesung • (Hauptseminar) • Übung Altspanisch • Examenskurs Ein tatsächliches sprachwissenschaftliches Fachstudium beschränkt sich also auf ein Proseminar und eine Vorlesung sowie, fakultativ in einem der drei Teilbereiche, ein Hauptseminar; der Examenskurs ist als Repetitorium ausgelegt. <?page no="10"?> Hans-Ingo Radatz 10 3. Freiheit von Forschung und Lehre - auf Kosten der Studenten? Es herrscht natürlich weiterhin die Freiheit von Forschung und Lehre, die den Status eines deutschen Professors definiert. Ich kann selbstverständlich unverändert am traditionellen Ideal festhalten, von Semester zu Semester stets neue Seminarthemen anbieten und die Wiederholung der Themen auf ein Minimum beschränken. Ich kann mein Fach so in voller Breite auch in der Lehre vertreten und womöglich meinen Kollegen gegenüber die Vielfalt meiner wissenschaftlichen Interessen dokumentieren. Ich kann mich der Verschulung der Universität verweigern und mich auf den Standpunkt stellen, dass das Staatsexamen am Ende des Studiums nicht mein Problem ist. Ich kann im Unterricht meine Steckenpferde reiten und die Studenten für die examensrelevanten Inhalte auf die einschlägigen Repetitorien verweisen (auch wenn dann von einer Repetition im eigentlichen Sinne keine Rede sein kann…). Ich kann mich andererseits allerdings auch auf den Standpunkt stellen, dass die langjährige Erosion der romanistischen Sprachwissenschaft in der Philologie nun einen Punkt erreicht hat, an dem das sprachwissenschaftliche Fachstudium zur Farce zu werden droht: zu einer reinen Einführung in ein Fach, das mit dem Examen endet, bevor es im eigentlichen Sinne begonnen hätte. Die geschilderten äußeren Umstände sind den Studenten gewiss nicht vorzuwerfen; kurzfristig können wir Hochschullehrer nichts an ihnen ändern. Es kann allerdings auch kein Weiter-So geben, da die sinkende fachwissenschaftliche Qualifikation der Absolventen irgendwann der (für uns existenzbedrohenden) Frage Tür und Tor öffnen würde, warum denn die Lehrerausbildung überhaupt noch an den Universitäten geschehen sollte. Wissenschaftlichkeit ist das Alleinstellungsmerkmal der Universität und, wenn dieses Element für die Lehrerausbildung verzichtbar werden sollte, dann wird auch die Universität für die Lehrerausbildung verzichtbar. 4. „Schmutzige“ pragmatische Lösung hier und heute Man könnte nun auf Grundlage dieser Erwägungen ein Plädoyer für grundlegende strukturelle Änderungen in der Konzeption romanischer Seminare und akademischer Lehrpläne halten und auf Lösungen hochschulpolitischer Natur verweisen. Die Studiengänge sind in ihrer Dauer und ihren Spezialisierungsmöglichkeiten viel zu unflexibel geworden; die Studierenden gestalten ihr Studium nicht mehr, sondern werden durch ein enges Regelkorsett fremdbestimmt durch ihr Studium geschleust. Die Hoffnung, dass dadurch zumindest eine verlässliche Grundversorgung und das zentrale kanonische Wissen gewährleistet werden könnten, wird durch eine zeitgleiche Überfrachtung des Studiums mit immer mehr obligatorischen Inhalten schnell <?page no="11"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 11 wieder zunichte gemacht. Ein kürzeres Studium, dass z.B. durch die Kulturwissenschaft zugleich durch ein neues Teilfach erweitert wird, kann in einer Welt begrenzter Ressourcen eben die alten Inhalte nicht mit derselben Intensität wie früher vermitteln. Ich möchte hier aber davon Abstand nehmen, die Lösung der beschriebenen Probleme in einer Änderung von Studiengängen oder Modulhandbüchern zu suchen, sondern mich stattdessen auf die Elemente einer hier und heute praktikablen Lösung beschränken, deren Umsetzung nicht von der hypothetischen Kooperation von Ministerien, Hochschulleitungen und Studiengangsbeauftragten abhängt. Die Frage lautet daher: Was kann ich selbst sofort tun, um unter den gegebenen neuen Bedingungen zu gewährleisten, dass meine Studenten im Verlaufe ihres Studiums die Chance bekommen haben, zumindest die zentralen „kanonischen“ Inhalte der hispanistischen Sprachwissenschaft kennen zu lernen? Zu den möglichen pragmatischen Antworten gehören: • Selbstbeschränkung meiner Lehrfreiheit • Engere Abstimmung mit der Fachdidaktik • Festlegung und Garantie eines Minimalkanons grammatischer Phänomene, die vertieft behandelt werden müssen. Die Präsentation und Begründung eines solchen aufs Notwendigste komprimierten Themenkanons der hispanistischen Sprachwissenschaft im Lehramtsstudium ist Gegenstand dieses Beitrags. 5. Die Aufgaben der Sprachwissenschaft im Lehramtstudiengang Welchen Beitrag kann also nun die Linguistik dazu leisten, dass nichtmuttersprachliche Spanischlehrer mit naturgemäß unzuverlässigen spanischen Sprachintuitionen in die Lage versetzt werden, • eigene idiomatische Unsicherheiten durch Anwendung sprachwissenschaftlich fundierter Selbstanalyse zu überbrücken; • Korrekturen im Rahmen des engen Zeitfensters der Schulpraxis zu erledigen; • sich durch selbständige und kritische Lektüre einschlägiger Fachliteratur über ein ganzes Berufsleben hinweg fortzubilden; • fremdsprachendidaktische Konzepte kritisch zu hinterfragen; • eigene didaktische Konzepte für die Vermittlung zentraler grammatischer Probleme zu entwickeln. All diese Fertigkeiten sind Konkretisierungen einer intellektuellen Selbständigkeit, die eine spezifisch wissenschaftliche Ausbildung an einer Universi- <?page no="12"?> Hans-Ingo Radatz 12 tät liefern kann und die hypothetisch den Unterschied zwischen einer akademischen Ausbildung und einem reinen Lehrberuf ausmachen sollten. Fremdsprachenlehrer sind an deutschen Schulen zumeist keine Muttersprachler der unterrichteten Fremdsprache. Dennoch sollte ihre Durchdringung der systematischen Strukturen dieser Fremdsprache eine Qualität besitzen, die über die eines einfachen fortgeschrittenen Lerners hinausgeht. Diese weitergehende, verstehende Durchdringung kann von einer verantwortungsbewussten Linguistik entscheidend befördert und in vielen Aspekten auch nur von dieser geleistet werden. 6. „Fachdidaktik für Lehrer“ vs. „Fachdidaktik für Lerner“ Eine Konsequenz dieser Forderung ist es, dass angehende Spanischlehrer in ihrer linguistischen - aber auch in ihrer sprachpraktischen - Ausbildung mit einer deutlich stärker begrifflich-expliziten und analytischen Didaktik behandelt werden sollten, als sie den eigentlichen Endabnehmern (Schüler) sinnvollerweise zugemutet werden könnte: • Spanischstudenten müssen ex officio belastbarer für theoretischbegriffliche Analysen sein, als Schüler und können dafür auch eher von einer solchen Sprachanalyse profitieren. • Zudem werden an ihre aktive Beherrschung (und Fähigkeit zur Bewertung des Sprachvermögens Anderer) hinterher auch höhere Ansprüche gestellt. Insofern ist die universitäre Fachdidaktik eine „Didaktik für Didaktiker“ und darf, ja soll sich von der Schulpraxis als einer „Didaktik für Endverbraucher“ deutlich unterscheiden. Die größere begriffliche Explizitheit ermöglicht vor allem in den stärker regelgesteuerten Bereichen des Sprachsystems wie Syntax und Morphosyntax ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge, das zwar nicht 1: 1 an die Schüler weitergegeben werden kann, wohl aber eine sicherere Basis für die Beurteilung von Korrektheit bzw. Idiomatizität der fremdsprachlichen Produktion der Schüler liefert. 7. Obligatorische Sprachreflexion zu ausgewählten Grammatikbereichen! Die Linguistik kann diesen Aspekt der universitären Ausbildung liefern und sollte darin im Rahmen der Lehramtsstudiengänge eine Kernaufgabe ihrer Lehre sehen. Leider reicht es dabei nicht aus, die nötigen Lehrveranstaltungen anzubieten - man muss auch dafür sorgen, dass diese Inhalte tatsächlich obligatorisch studiert werden müssen. In der universitären Praxis ergibt sich nämlich erfahrungsgemäß immer wieder das Problem einer scharfen Dis- <?page no="13"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 13 krepanz zwischen denjenigen Themen, die Studierende im Studium am liebsten belegen und denjenigen, die sie als Junglehrer später am nötigsten gebrauchen könnten, wenn sie beispielsweise die sechste Stunde in der 10e oder die Korrektur der 60 Schulaufgaben (bis nächste Woche) bewältigen müssen. Die Erfahrung lehrt, dass bei fehlender Regelung und völliger Wahlfreiheit 90% der Studierenden es vorziehen, das sprachwissenschaftliche Proseminar z.B. in dem Kurs „Das Spanische in den USA“ zu absolvieren, während vielleicht gerade einmal 10% zögernd die Alternative „Spanische Morphosyntax“ wählen. Welche dieser beiden Alternativen hinterher für die genannten schulischen Verpflichtungen den größeren Nutzen verspricht, ist bei dieser Verteilung der Präferenzen offenbar kein zentrales Kriterium. Es ist insofern im (späteren) Interesse der Studierenden, wenn romanische Institute dafür Sorge tragen, dass zentrale Themen zum Pflichtprogramm und marginalere dagegen zur Kür gerechnet werden. Es darf nicht mehr (wie vielerorts leider praktiziert) möglich sein, dass Romanisten zum 1. Staatsexamen antreten, die ihren sprachwissenschaftlichen Fachstudienanteil mit Themen wie „Das siglo de oro“, „Die Reisen Alexander von Humboldts nach Lateinamerika“, „Das Tier in der Kultur Spaniens“ oder „Die katholische Kirche und die Sprache“ absolviert haben, andererseits aber Begriffe wie Klitikon, Grammatikalisierung, Verbalperiphrase, Aspekt oder Modalität noch nie gehört haben. Aus dieser Beobachtung folgt nicht nur die Forderung, diese Dinge regelmäßig zu unterrichten (was eine Selbstverständlichkeit sein sollte), sondern weitergehend die Forderung, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass diese zentralen Inhalte studentischerseits nicht durch soft options umgangen werden können. Bei aller wünschenswerten Offenheit der Geisteswissenschaften haben Lehramtsstudiengänge eine moralische Pflicht, die Vermittlung des praxisrelevanten Kernbereichs an alle Absolventen sicherzustellen. Sowie nun sichergestellt ist, dass angehende Spanischlehrer eine linguistische Grundausbildung nicht mehr über randständige oder schlicht fachfremde Lehrveranstaltungen umgehen können, muss eine verantwortungsbewusste romanische Sprachwissenschaft nun ihrerseits versuchen, in ihrem thematischen Angebot einen Weg zwischen zwei Extrempunkten zu finden: 1. Zu meiden wäre einerseits eine ausschließliche Beschränkung auf Themen der externen Sprachgeschichte, Sondersprachen („Jugendsprache“, „Werbesprache“, „Internetsprache“ oder auch das phantasmagorische „Spanglish“ ungezählter Seminararbeiten), Traditionen des Sprechens und andere Umgehungsstrategien zur Vermeidung der deskriptiven Kernbereiche der Grammatik; 2. andererseits aber auch eine professionelle und am linguistischen Forschungsstand orientierte „moderne Linguistik“, deren Themen und Me- <?page no="14"?> Hans-Ingo Radatz 14 thoden sich nicht an einer zumindest potenziellen Anwendbarkeit in der Schulpraxis orientieren, sondern vielmehr den Themenstellungen der allgemeinen Sprachwissenschaft folgen. Alle genannten Themen und Methoden sind selbstverständlich in einer akademischen Romanistik legitim und meine Kritik betrifft daher auch nicht das, was unterrichtet wird sondern vielmehr das, was nicht unterrichtet wird. Während im ersten Fall interessante, aber nicht zentrale Themen als (vermeintliche) soft option die Aufmerksamkeit der Studierenden vom Kernbereich ablenkt, droht die wissenschaftliche tough option aus den Augen zu verlieren, welche linguistischen Einsichten später zumindest mittelbar praxisrelevant sein könnten und welche andererseits nur der derzeitigen Theoriedebatte geschuldet sind. Es gilt also einerseits im Auge zu behalten, dass wir Linguisten sind, andererseits aber auch, dass wir Lehrer ausbilden wollen. 8. Eklektizistische Problemlinguistik als Kompromiss zwischen Theorie und Praxis Der Mittelweg zwischen diesen Extremen kann nur in einer implizit komparatistischen eklektizistischen „Problemlinguistik“ bestehen, die nicht den Anspruch erhebt, die Gesamtheit des spanischen Sprachsystems innerhalb eines kohärenten Theoriegebäudes beschreiben zu wollen, sondern vielmehr nur einen überschaubaren Kanon von Einzelphänomenen beschreibt - diesen dafür aber in angemessener analytischer Tiefe. Kandidaten für diesen Kanon sind einerseits kontrastive Phänomene und Lernerprobleme, andererseits die klassischen Forschungsthemen der hispanistischen Linguistik; vielfach stimmen diese beiden Kriterien ohnehin überein. Studierende treffen auf viele dieser Probleme mit Vorkenntnissen aus ihrem praktischen Sprachunterricht, in denen sich typischerweise Bedenkliches mit durchaus Zutreffendem vermischt. Hier sollte es Aufgabe der Linguistik sein, die so erworbenen Faustregeln zu erfragen und argumentativ auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Oft besteht die Schwierigkeit schon darin, das betreffende grammatische Phänomen überhaupt präzise zu formulieren. Das „ser-estar-Problem“ kennt jeder Spanischlerner; präzise auszuformulieren, worin es eigentlich besteht, ist dagegen etwas, das nur wenige schaffen. Oft entsteht der Aha-Effekt schon, indem man ein solches Phänomen einfach sprachwissenschaftlich kontextualisiert. Im konkreten Fall könnte man hier das Konzept der Kopula und der kopulativen Verben einführen und funktional gegenüber anderen Verben abgrenzen. Die traditionelle Lernergrammatik (d.h. die Didaktik für Endverbraucher) sucht Regeln zu etablieren, mit deren Hilfe der Lerner erlaubte (= „richtige“) und verbotene (= „falsche“) Strukturen zu unterscheiden lernt. Sie beant- <?page no="15"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 15 wortet also die Frage: „Was muss ich tun, um keinen Fehler zu begehen? “ Dem kann eine linguistisch-funktionalistische Herangehensweise einen deutlich anderen Fragetyp zur Seite stellen, der, zumindest in einer Fachdidaktik für Lehrer, geeignet ist, die intellektuelle Durchdringung der Gesetzmäßigkeiten der Fremdsprache auf eine neue Stufe zu heben. Statt einer reinen Kasuistik aus Verboten und Geboten vermag die Linguistik Regeln zu liefern, mit deren Hilfe man die unterschiedliche Semantik bzw. Funktion ähnlicher oder konkurrierender Strukturen zu unterscheiden lernt. Diese Herangehensweise sieht die Probleme der Grammatik in einem ganz anderen Licht. Eine typische Fragestellung wäre dann: „Wie ändert sich der Ausdrucksgehalt dieser Konstruktion, wenn ich a durch b ersetze? “. Die Konzepte „falsch“ und „richtig“ (hier eher im Sinne von „markiert“ vs. „unmarkiert“) stehen hier nicht mehr im Zentrum des Interesses, sondern sind nur noch zwei Aspekte unter vielen anderen möglichen Faktoren. 9. Vorschläge für einen Kanon relevanter Phänomene Ein Kanon grammatischer Phänomene, zu denen die Sprachwissenschaft einen praxisrelevanten Theoriebeitrag leisten kann, mag unter anderem die folgenden Phänomene umfassen, von denen einige bereits „Klassiker der spanischen Grammatik“ sind, andere dagegen es werden sollten. (a) Klitische vs. freie Personalpronomina: Dass die spanischen Personalpronomina sich syntaktisch in vielerlei Hinsicht völlig anders verhalten, als die deutschen, ist zwar in dieser Form kein klassisches „Problem“, wohl aber eine grundlegende theoretische Reflexion, die im Rahmen des Studiums stattfinden muss, und die innerhalb der Sprachpraxis so nicht stattfinden kann. Die Existenz zweier Pronominalreihen (freie vs. klitische Pronomina) ist der wichtigste strukturelle Unterschied zwischen germanischen und romanischen Sprachen. Die theoretische Reflektion sollte (vielleicht auf Basis von Kaiser 2012) zu der Erkenntnis führen, dass die freien Pronomina, die unseren deutschen Personalpronomina doch so ähneln, viel weniger wichtig sind, als die uns fremden Klitika; dass zudem die spanische Orthographie uns durch Zusammenschreibung der Enklitika (¡Dámelo! ) und Getrenntschreibung der Proklitika (¿Me lo das? ) die Allgegenwart der Proklise zu verschleiern droht. (b) „Clitic doubling” - die „pronominale Reprise“: Der seltsame Doppelmoppel mancher Objekte im Spanischen lässt sich nur auf Grundlage des vorigen Themas angemessen erklären. Es geht darum, die Konstruktion erkennen zu lernen: (1) Me lo han dicho a mí. ‚Man hat es mir gesagt *[mir]‘. (2) Le dijeron a Juan que viniera. ‚Sie haben Hans *[ihm] gesagt ...‘ <?page no="16"?> Hans-Ingo Radatz 16 Es soll zudem erkannt werden, dass dies eine Struktur ist, die es im Deutschen so nicht gibt, dass zwischen strengem und weiter gefasstem cliticdoubling sowie zwischen obligatorischer, bevorzugter und unmöglicher Reprise unterschieden werden muss. Diachronisch sollte dabei der jahrhundertealte kontinuierliche Sprachwandel durch Grammatikalisierung thematisiert werden, in dessen Verlauf die ursprünglich obligatorischen freien Pronomina und fakultativ unterstützenden Klitika im siglo de oro ihre Rollen wechselten, um zur modernen Situation der obligatorischen Klitika und fakultativen freien Pronomina zu gelangen (cf. Rini 1990). (c) Der „präpositionale Akkusativ“ - Differential Object Marking: Dieses Phänomen wird in der Sprachpraxis zwar erklärt, nicht aber in seinen linguistischen Kontext gestellt. Alle romanischen Sprachen markieren indirekte Objekte (= „Dativ“) mit einem Marker, zumeist (3): (3) Je donne le livre à Pierre. / Doy el libro a Pedro. Anders als in den anderen romanischen Sprachen wird derselbe Marker aber im Spanischen auch für einen Teil der direkten Objekte verwendet (= „Akkusativ“): (4) Conozco a Pedro. / Je connais *à Pierre. Durch diese Reinterpretation des Dativ-Markers als Belebtheits-Marker gibt es im Spanischen also zwei morphologisch unterschiedene Typen direkter Objekte: solche mit und solche ohne Differential Object Marking (DOM) (cf. Körner 1987). Dabei muss auch thematisiert werden, dass „Belebtheit“ in der versprachlichten Welt ist nicht deckungsgleich mit „lebendig“ in der realen Welt (! ): (5) Derribaron a dos aviones enemigos. (d) Die letzten Reste des Kasussystems der Pronomina: leísmo, laísmo, loísmo: Studierende sind zumeist verwirrt über die Variation in der pronominalen Realisierung direkter Objekte der dritten Person: (6) ¿Conoces a Juan i ? - Sí, le i / lo i conozco hace tiempo. Unsere deutsche Intuition lässt uns hier beim complemento directo einen „Akkusativ“ erwarten, den wir mit der Form lo assoziieren. Diese Intuitionen eines Dativ vs. Akkusativ-Kontrasts werden allerdings von immer weniger Spanischsprechern geteilt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wo gibt es im Spanischen noch „Kasus“? Wenn überhaupt, dann nur noch bei den Klitika in der 3. Person (Akkusativ vs. Dativ); doch angesichts des Schwunds der Kasusintuition bei vielen Spanischsprechern haben wir im leísmo stattdessen eine Reinterpretation des alten Dativmarkers als Belebtheitsmarker; da es dieselbe Unterscheidung durch die DOM-Markierung in den lexikalischen NPs bereits lange gibt, lässt sich leísmo als Versuch deuten, die Belebtheitsmarkierung der lexikalischen Objekte auch auf den Bereich <?page no="17"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 17 der Klitika zu übertragen. Dies funktioniert bisher aber nur bei maskulinen Objekten und stellt einen natürlichen Sprachwandel dar, der sich normativ (RAE) aber nicht entfalten darf (cf. Radatz 2011). (e) Die Stellung des attributiven Adjektivs: Sie ist zwar frei, aber nicht beliebig. Das Problem ist üblicherweise bekannt, wird dann aber zumeist auf die klassischen Beispiele mit sogenannten „bisemantischen Adjektiven“ (viejo amigo vs. amigo viejo) reduziert. Es ist also zunächst zu zeigen, dass diese nur eine Anekdote am Rande des eigentlichen Problems sind (auch dtsch. ‚alter Freund‘ ist polysem). Es kann dann zwischen prädikativem und attributivem Gebrauch unterschieden werden; zudem müsste problematisiert werden, dass es unter den Adjektiven relevante Unterklassen gibt, die sich sehr unterschiedlich verhalten. Die meisten „Adjektive“ sind Relationsadjektive, bezeichnen normalerweise keine Eigenschaft und stehen nach. Nur Eigenschaftsadjektive sind „echte Adjektive“ und können daher voran- und nachstehen. Manche Relationsadjektive können allerdings sekundär auch als Eigenschaftsadjektive verwendet werden: (7) Café descafeinado / ? descafeinado café (8) Descafeinadas negociaciones / negociaciones descafeinadas Bei echten Kernadjektiven herrscht Stellungsfreiheit: (9) Una buena cena / una cena buena Vorangestellte Adjektive werden allerdings nie referenzeinengend (schnittmengenbildend) verwendet (cf. Radatz 2012). (f) Der Subjunktiv: Nirgends bringen Studenten mehr Halbwissen und Irrtümliches mit, als zum Thema Subjunktiv. Eine Reduktion des Subjunktivs auf die Funktion eines redundanten morphosyntaktischen Subordinationsmarkers wird all den Fällen nicht gerecht, in denen eine Modusalternanz möglich ist und tatsächlich dem Ausdruck der Modalität dient; eine Reduktion des Subjunktivs auf seine Modusfunktion wird demgegenüber der überwiegenden Mehrheit der Fälle nicht gerecht, in denen der Subjunktiv ohne jegliche Wahlmöglichkeit syntaktisch ausgelöst wird und damit keinen semantischen Gehalt transportieren kann. Studierende müssen lernen, diese beiden Fälle voneinander zu unterscheiden. Im Fall des „modalen“ Subjunktivs müssen sie lernen, die konkrete Semantik aus dem Grundprinzip abzuleiten, dass der Subjunktiv die Assertion der Proposition des Nebensatzes unterdrückt (cf. gute Beispiele in Gebhardt 1979). Beim syntaktischen Subjunktiv dagegen (cf. Takagaki 1984) sollte gelernt werde, dass semantische Erwägungen dort ins Leere greifen. Während der deutsche Konjunktiv ausschließlich dem Ausdruck von Modalität dient, tritt diese Funktion in den romanischen Sprachen statistisch weit hinter der Funktion eines obligatorischen Subordinationsmarkers zurück. <?page no="18"?> Hans-Ingo Radatz 18 (g) Präteritum vs. imperfecto: Wir haben im Deutschen ein einziges Erzähltempus, im Spanischen dagegen zwei, die funktional komplementär sind. Nach welchen Kriterien wählen wir zwischen diesen beiden? Ganz allgemein werden Tempusfragen im Sprachunterricht anscheinend so unterrichtet, als sei die Versprachlichung der Realität ein mechanischer Vorgang ohne Gestaltungsmöglichkeit durch den Sprecher. Studenten versuchen daher die „korrekte“ Tempuswahl aus einer Analyse des zu beschreibenden Sachverhalts zu gewinnen. „Wenn eine Handlung abgeschlossen ist, nehme ich indefinido, wenn nicht, imperfecto“. Dabei wird die Funktion des Imperfekts als Gestaltungsmittel der Versprachlichung (RAE: „co-pretérito“! ) regelmäßig übersehen und stattdessen nach Regeln gesucht, die einen bestimmten Tempusgebrauch erzwingen. Hier müsste zuerst zwischen Tempus und Aspekt unterscheiden werden und die temporale Gleichwertigkeit beider Formen herausgearbeitet werden. Parallel bzw. alternativ zur klassischen satzbasierten Analyse mit ihrer Zuspitzung des Kontrasts im sogenannten Inzidenzschema sollte die Funktion der beiden Präterita bei der Erzeugung eines Erzählreliefs gezeigt werden (cf. Hopper 1979). Relevant ist nicht die Struktur des beschriebenen Ereignisses, sondern die Art und Weise, wie der Sprecher es zu versprachlichen wünscht. Das Imperfecto impliziert keine sequenzielle Ikonizität und ist daher für sich allein kein Erzähltempus (daher „Ko-Präteritum“). Seine Funktion besteht vielmehr darin, die Informationsvergabe im Text in zwei Ebenen zu strukturieren, indem es eine Hintergrundebene der Uneigentlichkeit ermöglicht, die klar von der eigentlichen Erzählung im Indefinido unterschieden ist. (h) Präteritum vs. Perfekt: Hier gilt es zunächst einmal im Vergleich mit dem Deutschen zu zeigen, dass die intuitive Assoziation des spanischen Perfekts mit dem deutschen nicht funktionieren kann, weil das deutsche Perfekt in der Sprechsprache ein echtes Erzähltempus geworden ist, das spanische dagegen nicht. Wichtig ist zudem die Information, dass die Semantik des spanischen HABEN-Perfekts ein Phänomen im Umbruch ist, das an verschiedenen Orten der Hispanophonie zu unterschiedlichen Resultaten geführt hat (vor allem Europa vs. Amerika). Harris (1982) stellt in verständlicher Weise den Grammatikalisierungspfad dar, auf dem die romanische Innovation des HABEN-Perfekts in der Romania zu neuen Tempora geführt hat; neben einem Verständnis für die zugrundeliegenden Sprachwandelphänomene ermöglicht seine Darstellung außerdem, die unterschiedlichen semantischen Effekte dieser Form als eine von vier Stufen auf ein und demselben Grammatikalisierungspfad darzustellen: Stufe 1: Präsentisches Resultat aus einem in der Vergangenheit gelegenen Vorgang. Stufe 2: Vergangenheit mit objektivem Gegenwartsbezug. Stufe 3: Vergangenheit mit subjektivem Gegenwartsbezug. <?page no="19"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 19 Stufe 4: Verdrängung des alten Präteritums. Lateinamerika repräsentiert Stufe 2, Spanien Stufe 3 und Frankreich Stufe 4. (i) Synthetisches vs. analytisches Futur: Das Problem scheint zunächst darin zu bestehen, zwei konkurrierende Tempora zeitenlogisch gegeneinander abzugrenzen. Der Wissensstand der Studenten sieht in etwa so aus: „Lo haré und lo voy a hacer bedeuten dasselbe, haben allerdings eine leicht unterschiedliche Semantik. Man kann immer das eine durch das andere ersetzen, außer manchmal nicht“. Auch hier bietet sich zuerst einmal die diachronische Reflektion darüber an, welche der beiden Formen alt und welche innovativ ist. Das GEHEN-Futur wird als eine romanische Innovation erkannt, deren Grammatikalisierungspfad von Stufe 1: Vom GEHEN zur ABSICHT zu Stufe 2: Von der ABSICHT zur ZUKUNFT fortschreitet (cf. Detges 1999). Der Prozess ist nicht abgeschlossen, doch ist das GEHEN-Futur tendenziell im Begriff, das synthetische in all seinen temporalen Funktionen zu ersetzen, nicht aber in seinen modalen: (10) Lloverá = Va a llover. Future haben nämlich normalerweise nicht nur temporale, sondern auch modale Funktionen (cf. Ferrari 2001) - eine Beobachtung, die in der Sprachpraxis normalerweise nicht systematisch vermittelt wird. Hier wäre die deontische von der epistemischen Modalität abzugrenzen und ihr Ausdruck durch das futuro simple zu analysieren: (11) Serán las ocho. Davon ausgehend lässt sich dann zeigen, dass das futuro simple in seinen temporalen Verwendungen zusehends vom periphrastischen Futur verdrängt werden mag, dass es im modalen Gebrauch dagegen unangefochten fortbesteht: (12) Serán las ocho ≠ Van a ser las ocho. (j) Das „ser-estar-Problem“: Dieser Klassiker der spanischen Grammatik verliert allein durch eine präzise Ausformulierung in einschlägier linguistischer Terminologie einen Großteil seiner Schrecken. Hier sollten die Konzepte Kopula bzw. kopulatives Verb und Prädikation eingeführt werden. Hilfreich ist erneut die diachronische Perspektive (cf. Pountain, 1982), anhand derer man die Grammatikalisierung von STARE zu einem neuen kopulativen Verb zeigen kann und damit zugleich ser als die eigentliche Kopula und estar als die Innovation identifiziert. Entgegen studentischer Intuition bildet die Wahl zwischen ser und estar nur in einem sehr kleinen Teilbereich möglicher Prädikatsnomen ein Problem, nämlich ausschließlich mit „qualifikativen Adjektiven“, d.h. solchen, die der semantischen Klasse der Eigenschaftsbezeichnungen angehören. Hier lässt sich an das vorangegangene Adjektivstellungsthema anknüpfen. Die semantische Regel für diesen pro- <?page no="20"?> Hans-Ingo Radatz 20 blematischen Restbereich lässt sich aus der noch nicht völlig abgeschlossenen Grammatikalisierung von estar zur Kopula begründen, durch die estar im Zweifel nicht völlig atemporal prädiziert, sondern zumindest die Möglichkeit einer Veränderung in der Zeit offen lässt. 10. Resümee Die Umwälzungen an der deutschen Universität durch Einführung modularisierter Studiengänge haben die Studiendauer verkürzt, jegliche Spezialisierung erschwert oder unmöglich gemacht und weitere obligatorische Studieninhalte eingeführt. Der Anteil an Zeit und Energie, der dadurch im Hispanistikstudium für die Sprachwissenschaft übrig bleibt, wird im selben Maße immer geringer, so dass es zusehends schwierig wird, auch nur die grundlegendsten Inhalte dieser Disziplin verlässlich zu unterrichten. Als pragmatische Lösungen für dieses Problem wurde in diesem Artikel ein Bündel von Maßnahmen vorgeschlagen: eine freiwillige Einschränkung der Themenvielfalt in der Lehre, die Erarbeitung eines Kanons unverzichtbarer grammatikalischer Phänomene, sowie eine engere Abstimmung mit der Fachdidaktik, welche die linguistisch erarbeiteten kanonischen Probleme durch Textarbeit und Didaktisierung vertiefen und in die Unterrichtspraxis integrieren könnte. Da die hier als pragmatische Schnelllösung vorgeschlagene Selbstbeschränkung in der Lehre natürlich kein erwünschter oder auch nur erträglicher Zustand ist, müsste längerfristig dafür Sorge getragen werden, dass Sprachwissenschaft und Fachdidaktik zumindest in den Lehramtsstudiengängen wieder mit einem größeren Anteil an Unterrichtsstunden bedacht werden, als sie derzeit bekommen. Dass dies auf Kosten von Literatur- und Kulturwissenschaft geschehen müsste, ist hinzunehmen, wenn man zu akzeptieren bereit ist, dass Sprachwissenschaft und Fachdidaktik in der alltäglichen Schulpraxis klare must-haves, Literatur- und Kulturwissenschaft dagegen nur nice-to-haves sind (cf. Edmondson 1993). Literatur Born, Joachim et al. (ed.). 2012. Handbuch Spanisch. Spanien und Hispanoamerika. Sprache - Literatur - Kultur. Berlin: Schmidt. Detges, Ulrich. 1999. „Wie entsteht Grammatik? Kognitive und pragmatische Determinanten der Grammatikalisierung von Tempusmarkern“, in: Jürgen Lang / Ingrid Neumann-Holzschuh (ed.): Reanalyse und Grammatikalisierung in den romanischen Sprachen. Tübingen: Niemeyer, 31-52. <?page no="21"?> Von der Zusammenarbeit zwischen Linguistik und Fachdidaktik 21 Edmondson, Willis E. 1993. „Literatur im Fremdsprachenunterricht wozu? “, in: Johannes-Peter Timm / Helmut Johannes Vollmer (ed.): Kontroversen in der Fremdsprachenforschung. Bochum: Brockmeyer, 275-284. Ferrari, Laura. 2001. „Modalidad epistémica y evidencialidad: usos del futuro y del condicional“, in: Ibero-Americana Pragensia, 35, 23-35. Gebhardt, Heidemarie. 1979. „Modus und Pragmatik: Untersuchungen zum Gebrauch des Konjunktivs im Spanischen“, in: Wolfgang Bergerfurth (ed.): Festschrift Rupprecht Rohr zum 60. Geburtstag. Heidelberg: Groos, 169-181. Harris, Martin B. 1982. „The ‚past simple‘ and ‚present perfect‘ in Romance“, in: Vincent / Harris 1982, 42-70. 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Dabei wiederholt der Lernende einfach das wahrgenommene Wort und versucht es durch Imitation der Lippenbewegungen zu reproduzieren. Ob er genau das Wort oder die mündliche Struktur richtig wahrgenommen hat, wird dabei nicht bestätigt. Das Vorlesen hilft auch nicht, sich die Phonetik einer Sprache richtig anzueignen. Das Vorlesen trägt dabei, die Schriftzeichen lautlich zu interpretieren, indem man sie entsprechend artikuliert. Die visuelle Wahrnehmung spielt dabei eine wichtige Rolle. Was die phonetische Schulung anbelangt, sollte hier aber die auditive Wahrnehmung relevanter als die visuelle sein. Auch die Darstellung der Unterschiede zwischen der neuen Sprache und der Muttersprache kann manchmal Ausganspunkt der phonetischen Lehre im Unterricht sein. Lehrer tragen oft diejenigen Laute vor, die den Lernenden Schwierigkeiten bereiten. Didaktisch gesehen ist das nicht sehr positiv: die Behauptung, eine Sprache sei ganz verschieden von der Muttersprache und präsentiere etliche Schwierigkeiten, die dem Lerner unterschiedliche Probleme bereiten, könnte einen negativen Einfluss auf den Lernprozess haben, weil sie Hemmungen und Ängste vor der neuen Sprache hervorrufen könnte. 1. Das mentale Lexikon und das ‚Wort’. Das sprachliche Wissen eines Menschen gliedert sich in zwei Komponenten: die Kenntnis der sprachlichen Einheiten oder mentales Lexikon und die Kenntnis ihrer Kombinationsmöglichkeiten oder mentale Grammatik. Das mentale Lexikon ist die zentrale Komponente des linguistischen Wissens. Es „umfasst nach psycholinguistischen Überlegungen das Wissen eines Sprechers über die Wörter seiner Sprache, d.h. all das Wissen, das ein Sprecher <?page no="24"?> María Jesús Gil Valdés 24 für die Verwendung von Wörtern in den verschiedenen Sprachmodalitäten benötigt“ (Höhle 2012, 13). Aber nicht nur seiner Sprache. Das mentale Lexikon ist auch das Reservoir, also der Teil „unseres Langzeitgedächtnisses, in dem unser Wissen über alle uns bekannten Wörter unserer eigenen und ggf. auch anderer uns verfügbarer Sprachen gespeichert ist” (Möhle 1992, 81). Die mentale Abstraktion jeder Einheit (‚Repräsentationsform’ nach Raupach 1997, 23) entspricht dem, was man unter Wort - im traditionellen Sinne - versteht. Spricht man von mentalem Lexikon, neigt man dazu, den Terminus ‚Wort’ als Einheit zu betrachten. Auch benutzt man ihn in allen linguistischen Bereichen. Was aber ein Wort ist, hat in der Linguistik und in der Philosophie viele Kontroversen hervorgerufen. Als erste einfache und sofortige Definition wird das Wort als die Einheit begriffen, die zwischen zwei Leertasten steht. D.h. man denkt sofort an die graphische Bestimmung des Wortes. Bei einer mündlichen Äußerung aber gibt es keine Leerstellen, keine Pausen. Akustisch lässt sich nicht erkennen, ob ein Wort oder viele ‚Wörter’ eine Äußerung bilden. Auch erkennt man weder die in den ‚Wörtern’ enthaltenen Silben, noch die Laute, die die Silben bilden. Was man in letzter Instanz wahrnimmt, ist ein Konstrukt, dem ein bestimmter Rhythmus zugrundeliegt. 1 Es geht aber hier nicht darum, ob man die Einheiten des mentalen Lexikons als ‚Wörter’ bezeichnen kann. Metalinguistisch werden hier die Termini ‚Wortform’ und ‚Einheit’ aus Gründen eines besseren Verständnisses gebraucht. Man geht davon aus, dass die im mentalen Lexikon gespeicherten Einheiten eine inhaltliche und eine formale Komponente haben, die normalerweise untrennbar sind. Oft passiert aber bei gesunden Sprechern, dass sie sich an ein Konzept ihrer Muttersprache erinnern, jedoch fällt ihnen die Wortform nicht ein. Häufig werden auch Wortformen hervorgerufen, deren semantische Komponente nicht dem vom Sprecher gewollten Konzept entspricht, die aber ähnliche bzw. gleiche Silbenzahl oder eine ähnliche bzw. gleiche Akzentstruktur hat, wie die Einheit des mentalen Lexikons, die dem Konzept entspricht. Manchmal fällt dem Sprecher nur ein, mit welchem Laut, Buchstabe oder mit welcher Silbe ein Wort beginnt. Bei der Sprachproduktion kann daraus ein ‚Malapropismus’ entstehen, das heißt, ein unabsichtlicher Gebrauch einer lexikalischen Einheit oder eine Wortverwechslung mit einer im mentalen Lexikon ähnlich klingenden Einheit. Es gibt zahlreiche Beispiele von Malapropismen. In der deutschen Wikipedia finden sich einige Beispiele, wie: „Diese Ausgaben reißen ein riesiges Loch ins Bidet“ (statt Budget); „Das ist ein Präsidentsfall“ (statt Präzedenzfall) usw. Etwas Ähnliches wie in der Muttersprache tritt beim Erlernen einer Fremdsprache auf. Die Reaktion des Sprechers vor einem lautlichen Impuls 1 Deswegen ziehe ich vor, von rhythmischen Einheiten als von Wörtern zu sprechen, wenn von lautlichen Einheiten einer Äußerung die Rede ist. <?page no="25"?> Die Silbe als didaktische Strategie 25 wird also auch von der phonologischen Ähnlichkeit des Impulses mit einer im mentalen Lexikon existierenden Einheit bestimmt. Es kann sein, dass der Lerner eine Wortform wahrnimmt, ohne seine Bedeutung zu kennen, aber ihr ‚Klang’ gleicht nach seiner Wahrnehmung einer lexikalischen Einheit, die in seinem muttersprachlichen mentalen Lexikon gespeichert ist. Die fremde Einheit wird kognitiv durch ihre phonologische Information mit anderen ähnlichen bekannten Einheiten verknüpft. Anschließend kann der Sprecher beim Nachsprechen eine in seiner Sprache ähnliche Einheit abrufen und sie artikulieren. Zum Beispiel kann er auf der Wortformebene die Einheit Dt.: Kasse hören und sie mit der Einheit Sp.: case verbinden. Die neue Einheit resultiert aus Verarbeitungsstrategien im Kurzzeitgedächtnis. Wenn der Lernende keine Erläuterung der phonetischen Unterschiede zwischen beiden Artikulationen erhält, kann es Auswirkungen auf den Bestand seines Lexikons im Langzeitgedächtnis geben, und dort setzen sich die Wortformen und ihre falsch ausgesprochenen Laute als fossilisierte Fehler fest. 2. Die Silbe als Strategie Man kann etliche Wortformen der deutschen und der spanischen Sprache finden, die ähnlich sind. Auf der Grundlage dieser Einheiten kann sich der Deutschlernende die deutsche Phonetik aneignen. Die Wortformen fungieren als phonetische Muster. Als positive Muster (Transferenzen) können sie lautlich imitiert werden. Wenn aber ihre deutsche Lautform der spanischen nicht ganz entspricht, kann man sie auch als Muster betrachten, um durch Kontrast und Vergleich die phonetischen Merkmale der deutschen Artikulation zu vermitteln und zu korrigieren. 2 Die Laute einer Sprache existieren nicht isoliert und ihr Erlernen sollte auch nicht isoliert stattfinden. Die Laute sind in einer größeren Struktur integriert, nämlich der Silbe. Da die gesprochene Sprache etwas Aktives und ständig Variables ist, werden in der Silbe die Merkmale der prototypischen Laute durch koartikulatorische Prozesse modifiziert, das heißt, in der Silbe werden die für die Kommunikation relevanten lautlichen Merkmale der Äußerung verwirklicht, und dort können die anderen Merkmale, die weniger relevant sind, je nach Position in der Silbenstruktur und aufgrund anderer lautlichen Erscheinungen modifiziert werden. Oft werden die Laute aber isoliert beigebracht, und nicht in größeren Einheiten integriert, was der lautlichen Realität der Sprache nicht entspricht. In dem Sinne sollte man die Silbe und nicht den Laut als die minimale phonetische Einheit betrachten. Damit sich etwas im Langzeitgedächtnis konsolidiert, muss die herein- 2 Z.B.: Dt.: Kasse [ˈkʰasə] Sp.: case [kase] . Falsche Realisierung: Das deutsche [k] wird nicht aspiriert, der Vokal wird etwas länger ausgesprochen. <?page no="26"?> María Jesús Gil Valdés 26 kommende Information systematisch mit (Vor)Wissen verknüpft werden, die bereits im Gedächtnis abgespeichert sind. Mit anderen Worten, es fällt dem Menschen leichter, sich etwas einzuprägen und zu lernen, wenn er es zu etwas in Bezug setzen kann, was er bereits weiß. Erst dann kann das Gehirn die Informationen der verschiedenen Sprachebenen für eine längere Zeit speichern. Was die Laute anbelangt, helfen also die von dem Sprecher schon bekannten Muster dabei, durch Assoziationen neue Informationen zu erfassen. Diese Informationen konzentrieren auf sich die Merkmale der Segmente, die die Struktur der Silbe bilden. Es fällt den Lernenden leichter, von einer bekannten Wortform auszugehen und auf der Basis ihrer Struktur, die verschiedenen Merkmale der Segmente der bekannten Wortform mit den fremden zu vergleichen und zu kontrastieren, die bekannten Merkmale zu identifizieren und diejenigen, die zu einer angemessenen Aussprache gehören, von den unangemessenen zu diskriminieren. 3. Deutsche und spanische Silben Seit langem stelle ich eine Liste mit zweisilbigen Wörtern 3 zusammen, die formal in der deutschen und in der spanischen Sprache übereinstimmen. Im Folgenden werden einige Strukturen und Einheiten aus dem untersuchten Korpus vorgestellt 4 : • Prominente Silbe: K + V / Nicht prominente Silbe: K + V Beispiele: Deutsch Spanisch siege sigue lebe leve liebe libe liege ligue komme come besser besa (…) • Prominente Silbe: K + V / Nicht prominente Silbe 5 : K + V + K Beispiele: Deutsch Spanisch Wagen vaguen legen leguen lieben liben (…) 3 Der Terminus ‚Wort‘ wird hier graphisch bestimmt und entspricht dem traditionellen Konzept des Terminus. 4 Abkürzungen: PS (Prominente Silbe); NPS (Nicht prominente Silbe); K (Konsonant); V (Vokal); Dt. (Deutsch); Sp. (Spanisch); S (Stimulus); R (Response/ Antwort). <?page no="27"?> Die Silbe als didaktische Strategie 27 • Prominente Silbe: K + V / Nicht prominente Silbe: V Beispiele: Deutsch Spanisch sehr sea dir día wer vea Tier tía (…) In diesem Beitrag werden nun folgende deutsche Laute beobachtet: • Nicht kontinuierliche Obstruente ( [p t k b d g ʔ] ), sowohl in der PS als auch in der NPS, • Einfache Nuklei der PS. Die Hypothese der Untersuchung lautet: Bei der Wahrnehmung werden wohl die deutschen bzw. spanischen Silben den spanischen bzw. deutschen Mustern zugeschrieben, die phonologisch ähnlich sind. Sie werden bei der Sprachproduktion dementsprechend wiedergegeben d.h. artikuliert. Die Hypothese leitet sich aus einer ersten Frage ab, nämlich warum die spanischen Deutschlernenden die lexikalischen Einheiten immer mit den gleichen phonetischen Fehlern wiedergeben. Um darauf eine Antwort zu geben, wurde ein Experiment durchgeführt. Ein Korpus wurde mit Einheiten erstellt, die aus der aufgestellten Liste ausgewählt wurden. Die Einheiten sollten nach bestimmten Kriterien ausgesucht werden. In diesem Fall handelt es sich um lautliche bzw. rhythmische Strukturen, die im Deutschen und im Spanischen ähnlich sind und deren Laute (nicht-kontinuierliche Obstruenten sowohl in der PS als auch in der NPS und Nuklei der PS) zu der gleichen Kategorie gehören. Die Einheiten wurden von einem deutschsprachigen Sprecher einmal vorgelesen (S) und von einer spanischsprechenden Gruppe von 15 Probanden, die nach den gleichen Kriterien (Alter, Sprachkenntnisse, Herkunft...) ausgewählt wurden, einfach nachgesprochen (R). Alles wurde auf Praat aufgenommen und analysiert. Es geht zum Beispiel um Einheiten wie: PS NPS Dt.: Penner Sp.: pena (Strafe, Gram) Dt.: Tier Sp.: tía (Tante) Dt.: komme Sp.: come (isst) Dt.: besser Sp.: besa (küsst) Dt.: da Sp.: da (gibt) Dt.: Gas Sp.: gas (Gas) Dt.: Ei Sp.: hay (es gibt) Dt.: flippe Sp.: flipe (el möge ausflippen) Dt.: Meter Sp.: meta (Ziel) Dt.: locker Sp.: loca (Verrückte) Dt.: lieber Sp.: liba (saugt) Dt.: Kader Sp.: cada (jeder) Dt.: Wagen Sp.: vaguen (sie mögen herumirren) - - <?page no="28"?> María Jesús Gil Valdés 28 4. Ergebnisse der Untersuchung Die Wahrnehmung ist kategorial: der Hörer kann viel besser den akustischen Unterschied zwischen zwei Lauten wahrnehmen, wenn beide Laute in verschiedene phonologische Kategorien eingeordnet sind, als wenn die Laute der gleichen phonologischen Kategorie angehören. Innerhalb einer Sprache wird er dann viel besser den Unterschied zwischen z. B. Dt.: liebe/ liege oder Sp.: libe/ ligue als zwischen Dt.: komme (mit gehauchtem [k] und kurzem Vokal) und Sp.: come (mit nicht gehauchtem [k] und einem etwas als der deutsche längere Vokal) wahrnehmen. Das menschliche Gehör erkennt die phonologisch relevanten Merkmale des akustischen Stimulus und verkennt jede andere phonologische Information. Es ist Folgendes zu beobachten: 1. Im Allgemeinen neutralisiert der Sprecher wohl die Unterschiede zwischen beiden Sprachen bei ihrer Wahrnehmung und dementsprechent artikuliert er nur den lautlichen Prototypus der Kategorie, die zum mentalen lexikalischen Bestand seiner Muttersprache gehört. Beispiele: S.: Kasse [ˈkʰasə] > R.: case [ˈkase] 2. Am Anfangsrand der PS werden die Obstruenten [p t k] unaspiriert artikuliert (S.: Penner ['pʰɛnɐ] > R.: pena ['pena] ; S.: Tier ['tʰiːɐ̯] > R.: tía ['tia] ; S.: komme ['kʰɔmə] > R.: come ['kome] ). Die Laute [b d g] in dieser Position werden vom spanischen Probanden nicht so gespannt und geschlossen wie im Deutschen, sondern entspannter und offener realisiert (Dt.: besser ['bɛsɐ] > Sp.: besa ['βesa] ; Dt.: da [dɑː] > Sp.: da [ða] ; Dt.: Gas [gɑːs] > Sp.: gas ['γas] . Im Falle des Lautes [b] wird oft anstatt [b] ein [v] realisiert, da im Standardspanischen den Unterschied zwischen [b] und [v] nicht existiert: in diesem Artikulationsort verfügt das Spanische nur über ein stimmhaftes Phonem, nämlich / b/ (Sp.: vino ['βino] ). Das kann im Deutschen phonologische Folgen haben, wie in den Beispielen Dt.: Bea ['beːa] , Bier ['biːɐ̯ ] (auch Sp.: vea ['bea] (im Dt.: sähe), vía ['βia] ), die von dem spanischen Sprecher auch wie Dt.: wer ['veːɐ̯] , wir ['viːɐ̯] realisiert werden können. 3. Der Silbenanfang der PS ist im Deutschen im Vergleich zum Spanischen nie leer. Der glottale stimmlose Obstruent [ʔ] wird kaum realisiert, da es ihn im Spanischen nicht gibt. Er hat keine graphische Entsprechung und außerdem gibt es im Spanischen die sogenannte sinalefa, die jeden Endvokal oder Endkonsonanten mit dem nächststehenden Vokalen oder Konsonanten unter bestimmten Strukturumständen verbindet. Es kommt also häufig vor, <?page no="29"?> Die Silbe als didaktische Strategie 29 dass der spanische Lerner jeden vokalischen Wortanfang mit dem letzten Vokal oder Konsonanten verknüpft (Dt.: das Ei [das'ʔa͜ɪ] , Sp.: las hay [las'a͜ɪ] ). 4. Am Anfangsrand der NPS sind die Unterschiede bemerkenswerter. Die Obstruenten [p t k] werden wieder unaspiriert artikuliert (S.: flippe ['flɪpʰə] > R.: flipe ['flipe] ; S.: Meter ['meːtʰɐ] > R.: meta ['meta] ; S.: locker ['lɔkʰɐ] > R.: loca ['loka] ). Wegen der offenen und entspannten Artikulation gibt es bei den Obstruenten [b d g] eine klare Tendenz zur Frikativierung (S.: lieber ['li: bɐ] > R.: liba ['liβa] ; S.: Kader ['kʰaːdɐ] > R.: cada ['kaða] ; S.: Wagen ['vaːgən] > R.: vaguen ['βaγen] ). Besonders bei [b] kann der Laut wie der kontinuierliche labiodentale stimmhafte Obstruente [v] realisiert werden. Das wird öfters als in der PS registriert. Beim Nachsprechen der Einheiten mit diesem Laut am Anfangsrand produziert sich meist die Neutralisierung beider Konsonanten zugunsten des [b] oder des [v] (Dt.: Wagen). Auch der Laut [g] kann offener ausgesprochen, und durch seine Frikativierung können vom Sprecher die Laute [ɣ] oder [ʁ] produziert werden. Da der Laut [ʁ] im Deutschen manchmal auch dem Laut [ɣ] naheliegt, ist es möglich, dass sich eine Neutralisierung zwischen [g] und [ʁ] mit phonologischen Folgen zugunsten des zweiten Lautes einstellt. S.: lege ['le: gə] R.: legue ['leɣə] bzw. ['leʁə] . 5. Zu den Nuklei: Die vokalischen Nuklei der PS werden kategorial schwächer wahrgenommen. Die Unterscheidung wird auf der Basis des Prototypus des Vokals in seiner Kategorie und nicht auf der Basis von seinen Merkmalen gemacht. Die spanischen vokalischen Prototypen bestimmen entscheidend das perzeptive Bild der vokalischen spanischen Phoneme. Da merkt man ganz besonders den Einfluss des mentalen Lexikons der Muttersprache. Wenn der lautliche Kontrast der Fremdsprache keinen phonologischen Status in der Muttersprache hat, wird er einfach ignoriert. Die möglichen Nuklei der spanischen prominenten Silbe bestehen aus fünf Monophthongen, bei denen die Quantität nicht phonologisch relevant ist. Die deutsche Sprache verfügt in deren Nuklei über fünfzehn Monophthonge. Im Silbennukleus befindet sich ein Spektrum von vokalischen Kontrasten. Phonologisch relevant ist im Deutschen die Quantität, die als Suprasegment durch den Akzent der -rhythmischen- Einheit bedingt ist. Die Quantität ist im Spanischen phonologisch nicht relevant. Bei der Wiederholung der Einheiten wird sie nicht realisiert (S.: da [dɑː] R.: da [da] ; S.: komme ['kʰɔmə] R.: come ['kome] ). <?page no="30"?> María Jesús Gil Valdés 30 Die Spannung aber wird gar nicht wahrgenommen, und dementsprechend wird sie nicht realisiert (S.: sehr ['zeːɐ̯ ] R.: sea ['sea] ; S.: lieber ['liːbɐ] R.: liba ['liβa] ; S.: Leser ['leːzɐ] R.: lesa ['lesa] ). Das bereitet den Lernern die größte phonetische Schwierigkeit der deutschen Aussprache und kann semantische Missverständnisse hervorrufen: Dt.: Ich fülle mich voll anstatt Ich fühle mich wohl. Dt.: Ich bitte ein Bier anstatt Ich biete ein Bier (an). Außerdem kann die fehlerhafte Realisierung der Nuklei noch weitere Folgen haben: Die Artikulation eines gespannten und geschlossenen Vokals als ungespannt und offen ruft eine fehlerhafte Realisierung der Anfangsränder der NPS hervor, indem sie die Öffnung und Entspannung des Lautes, der am Anfangsrand der NPS steht, veranlasst (S.: lege ['le: gə] R.: legue ['leɣə] bzw. ['leʁə] ; S.: Wagen ['vaːgən] R.: vaguen ['ba γen] bzw. ['ba ʁen] ). 5. Fazit Bei der Lehre der Phonetik einer Sprache sollte man die Segmente und deren Merkmale mit dem prosodischen Muster verbinden, das sie bilden. In dem Sinne sollte man die kleinsten prosodischen Strukturen, die Silben also, nicht vernachlässigen. Die Behauptung von Robert Lado „je verschiedener eine Sprache von einer anderen, desto schwieriger, und je ähnlicher desto einfacher ist sie zu erlernen“, gilt nicht ganz für die Phonetiklehre. Die Ähnlichkeit rhythmischer Einheiten oder Wortformen kann Interferenzen hervorrufen, wenn eine wahrgenommene fremde rhythmische Einheit einer anderen zugeschrieben werden kann, die im mentalen Lexikon der Hörer schon abgespeichert ist. Dementsprechend kann die wahrgenommene Einheit wie nach dem schon bekannten Muster realisiert werden. Die formale, bzw. phonologische Komponente einer Einheit des mentalen muttersprachlichen Lexikons eines Sprechers kann die phonologische Wahrnehmung und gegebenenfalls auch die phonetische Realisierung beeinflussen. Als Strategie für eine angemessene und richtige Aussprache kann man von bekannten Einheiten bzw. Strukturen ausgehen, um den Lernenden die neuen Merkmale der Laute, die anders als die Prototypen der bekannten Sprache sind, bewusst zu machen. In der spanischen und deutschen Sprache gibt es zahlreiche Beispiele, die als Muster zu dem Erlernen der Phonetik und der phonetischen Korrektur dienen können. Durch Vergleich und Kontrast, durch zielgerichtete unterscheidende Wahrnehmung und imitatives Nachartikulieren kann der Lehrer erreichen, dass der Lernende sich den Unterschied zwischen den phonetischen Laut- <?page no="31"?> Die Silbe als didaktische Strategie 31 merkmalen beider Sprachen bewusst macht bzw. dass er sich dessen bewusst wird. Um eine korrekte Aussprache und Interferenzen mit phonologischen Folgen zu vermeiden, sollte der Lehrer dann berücksichtigen, dass die neuen Informationen mit den bereits vorhandenen und abgespeicherten assoziiert und gegebenenfalls diskriminiert werden. Neues Wissen wird so umstrukturiert und mit dem Vorwissen verknüpft und verarbeitet. Ziel ist das neue Wissen zu internalisieren und zu automatisieren. Automatisierungsprozesse sind für jeden Lernprozess wichtig. Deshalb ist es wichtig, die Silbe als Minimaleinheit der Aussprache zu betrachten. Sie dient der Verknüpfung zwischen der Prosodie und den Segmenten. 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Einführung in die kognitive Linguistik. Tübingen: Francke. <?page no="33"?> Elsa Liste Lamas Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen als Fremdsprache bei Lernern mit Spanisch als L1 1 1. Einführung Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen als Fremdsprache bei Lernern mit Spanisch als L1 zu untersuchen und die dabei auftretenden Schwierigkeiten zu identifizieren und zu analysieren. Es wird zunächst auf die Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Spanischen in Bezug auf den Ausdruck von Bewegungsereignissen, insbesondere hinsichtlich der verschiedenen sprachlichen Mittel zur Kodierung der Wegkomponente, eingegangen. Im Deutschen steht eine Vielfalt sprachlicher Mittel zur Kodierung der Wegkomponente zur Verfügung (u.a. Richtungsadverbien und Präpositionen), während im Spanischen die Weginformation vorwiegend in Wegverben kodiert wird. Die Unterschiede zwischen beiden Sprachen lassen erwarten, dass Lernende mit Spanisch als Muttersprache bei der Wegkodierung im Deutschen mit Schwierigkeiten konfrontiert sind. Ausgehend von dieser Überlegung werden in einem zweiten Schritt Produktionen von DaF-Lernenden mit Spanisch als L1 diskutiert. Im Mittelpunkt unserer Analyse soll die Frage stehen, auf welche sprachlichen Mittel die Lerner zur Wegkodierung zurückgreifen. Die Datenanalyse soll somit ein erstes Bild davon liefern, auf welche Hindernisse diese Lernenden beim Erwerb der Wegkomponente im Deutschen stoßen. 2. Unterschiede im Ausdruck von Bewegungsereignissen zwischen dem Deutschen und dem Spanischen 2.1. Typologische Einordnung des Deutschen und des Spanischen Talmys Theorie der Lexikalisierungsmuster 2 (Talmy 1985, 2000) folgend, gehören das Spanische und das Deutsche zu zwei unterschiedlichen Sprach- 1 Diese Arbeit wurde im Rahmen des Programa de Formación del Profesorado Universitario des spanischen Ministerio de Educación, Cultura y Deporte (AP2012-5850) gefördert. <?page no="34"?> Elsa Liste Lamas 34 typen. Das Deutsche wird, wie die anderen germanischen Sprachen, als Satellitensprache klassifiziert, während das Spanische, wie die meisten romanischen Sprachen 3 , den Verbsprachen zuzuordnen ist. Gemäß Talmy (2000, 25-26) kann ein Bewegungsereignis in vier Hauptkomponenten aufgeteilt werden: in das Bewegungsereignis an sich (Motion), die Figur (Figure) - d.h. die Person oder das Objekt, das sich bewegt -, den Grund (Ground) - d.h. das Objekt, im Verhältnis zu welchem sich die Figur bewegt - und den Weg (Path), den die Figur zurücklegt. Hinzukommen können zusätzliche externe Komponenten, insbesondere die der Art und Weise der Bewegung (Manner) oder die der Ursache (Cause). Der Vergleich der Kodierung dieser Komponenten im deutschen Beispiel (1) und seinem spanischen Äquivalent (2) verdeutlicht die Unterschiede zwischen beiden Sprachen bzw. Sprachgruppen: (1) Das Mädchen rennt die Treppe hinauf Figure Motion + Manner Ground Path (2) La niña sube las escaleras corriendo Figure Motion + Path Ground Manner Sowohl das Deutsche als auch das Spanische greifen auf die gleichen sprachlichen Mittel zur Kodierung der Figur (mittels der Nominalphrasen la niña und das Mädchen), der Bewegung an sich (mittels der flektierten Verbformen sube und rennt) und des Grundes (mittels der Nominalphrasen las escaleras und die Treppe) 4 zurück. Dagegen, und in diesem Punkt unterscheiden sich beide Sprachen, wird der Weg, der hier aufwärts verläuft, im Spanischen durch das Verb subir, im Deutschen jedoch durch einen sogenannten ‚Satelliten’ (cf. 2.2.) hinauf ausgedrückt. Die Art und Weise der Bewegung, in der deutschen Verbform rennt kodiert, ist im Spanischen im Gerundium corriendo enthalten. Talmys Typologie erfasst lediglich ein in den jeweiligen Sprachen präferiertes und unmarkiertes Muster. So ist beispielsweise die Möglichkeit im Spanischen Artverben bzw. im Deutschen Wegverben zu verwenden nicht ausgeschlossen (cf. 2.2 und 2.3.). 2 Talmy ist nicht der erste, der Unterschiede beim Ausdruck von Bewegungsereignissen zwischen romanischen und germanischen Sprachen beobachtet, cf. für frühere Arbeiten z.B. Malblanc 1968; Tesnière 1976. Für andere Ansätze zur Beschreibung räumlicher Relationen im Deutschen cf. u.a. Eichinger 1989; Becker 1994; Krause 1994, 1998a. Zu den Unterschieden zwischen dem Deutschen und Spanischen cf. Krause/ Doval 2011. 3 Zur Einordnung des Rätoromanischen cf. Berthele 2006. 4 Der Grund wird in beiden Sprachen oft auch in einer Präpositionalphrase kodiert, z.B. Ella sale corriendo de la habitación - Sie rennt aus dem Zimmer hinaus. <?page no="35"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 35 2.2. Wegkodierung im Deutschen Als ‚Satelliten‘, die von Talmy (2000, 102) als „[…] the grammatical category of any constituent other than a noun-phrase or a prepositional-phrase that is in a sister relation to the verb root“ definiert werden, fungieren im Deutschen mehrere Elemente, namentlich Präfixe (3), präpositionale Präfixe 5 (4), Partikel (5)-(6) und Richtungsadverbien (7) 6 : (3) Ich habe den Berg erstiegen (4) Der Zug durchfährt den Tunnel (5) Das Schiff geht unter (6) Sie steigt vom Fahrrad ab (7) Er steigt herunter Diese Elemente, Produkte einer sprachhistorischen Entwicklung (für eine ausführliche Diskussion, cf. u.a. Harnisch 1982; Hinderling 1982), verfügen nicht alle über eine gleich stark spürbare räumliche Semantik. Bei Präfixen ist die räumliche Komponente nur noch selten erkennbar. Im Gegensatz hierzu ist diejenige von präpositionalen Präfixen und Partikeln noch deutlich häufiger ersichtlich. Richtungsadverbien 7 schließlich sind in aller Regel transparent und spielen im heutigen Deutschen unter den erwähnten Elementen die wichtigste Rolle bei der Wegkodierung. Neben den in (3)-(7) erwähnten Elementen kann die Weginformation zudem auch allein in einer Präpositionalphrase kodiert werden 8 : (8) Sie fährt zum Bahnhof (9) Er geht unter die Brücke (10) Er rennt in die Küche (hinein) (11) Er springt auf den Tisch (hinauf) 5 Cf. Eisenberg (2013, 243-256). 6 Mit ‚Präfix‘ und ‚Partikel‘ beziehen wir uns auf Verbzusätze, die nur in Verbindung mit einem Verb auftreten können. Während Präfixe morphologisch und syntaktisch untrennbar sind, sind Partikel trennbar (Duden Redaktion 2009, 690-704). 7 Wir verzichten hier bewusst auf den in der Literatur häufig verwendeten Begriff ‚Doppelpartikel‘ (cf. Harnisch 1982; Hinderling 1982; McIntyre 2001). Die lexikalischen und morphosyntaktischen Merkmale der Elemente wie herunter in (7) machen ihre Einordnung als ‚Partikel‘ nämlich problematisch (cf. Liste Lamas 2015b). Aus diesem Grund folgen wir in der vorliegenden Arbeit Krause (1998b) und erachten eine Klassifizierung als ‚Doppelpartikel‘ nur in Fällen von lexikalisierten Einheiten, wie z.B. in sich in jmd. hineindenken oder sich herausputzen, als gerechtfertigt. 8 Die Frage der Kasusmarkierung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden und muss ausgeklammert werden (cf. u.a. Caroll 2010; Krause/ Doval 2011). <?page no="36"?> Elsa Liste Lamas 36 Präpositionen können sich wiederum mit Richtungsadverbien verbinden. In Fällen wie (10)-(11) bleibt das Auftreten eines Richtungsadverbs allerdings optional. Ob in diesen sogenannten pleonastischen Direktionalen (Olsen 1996) die Präposition und das Richtungsadverb unterschiedliche Informationen kodieren oder nicht, bleibt umstritten (cf. Olsen 1996; McIntyre 2001; Berthele 2004). Schließlich verfügt das Deutsche über ein begrenztes Inventar an Wegverben. Es handelt sich hier sowohl um einfache Verben (z.B. kreuzen) als auch um präfigierte Verben, bei denen die Wegsemantik des Präfixes nicht mehr erkennbar ist (z.B. verlassen). Die Abgrenzung der Kategorie des Wegverbs bleibt im Deutschen allerdings umstritten (cf. Berthele 2006; Scheirs 2015). 2.3. Wegkodierung im Spanischen Im Spanischen wird die Information über den Weg vorwiegend in Wegverben wie subir, bajar, salir usw. kodiert (cf. Morimotos (2001) Typologie der verbos de desplazamiento für eine genauere Beschreibung). Wegverben werden dann mit primären (z.B. a, de, por) und komplexen Präpositionen (z.B. encima de, alrededor de) zur Präzisierung des Weges kombiniert: (12) Salgo de la habitación (13) Sube por las escaleras Wie bereits weiter oben erwähnt, besteht auch im Spanischen die Möglichkeit, Artverben zu verwenden. Diese wird allerdings durch den sogenannten boundary crossing constraint reguliert (cf. Aske 1989; Slobin/ Hoiting 1994; Slobin 1996). Wird ein Artverb verwendet, so erfolgt die Kodierung der Weginformation außerhalb des Verbs in einer Präpositional- oder Adverbialphrase: (14) Salto por encima del banco (15) Corro alrededor del árbol 3. Wegkodierung in der Fremdsprache Aus dem bis anhin Gesagten ergibt sich, dass DaF-Lernende mit Spanisch als L1 bei der Wegkodierung mit zwei Schwierigkeiten konfrontiert werden können. 9 Als Lernende müssen sie nicht nur verinnerlichen, dass die Infor- 9 Spanisch-Muttersprachler müssen des Weiteren lernen, die Art und Weise der Bewegung in fast allen Kontexten im Hauptverb zu spezifizieren; cf. aber Berthele (2006, 2007, 2013) für eine Diskussion zur Verwendung von Richtungsadverbien und Präposi- <?page no="37"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 37 mation, die im Spanischen normalerweise im Verb kodiert ist, im Deutschen in einem Satelliten oder einer Präpositionalphrase ausgedrückt werden muss, sondern auch, mit einem umfangreichen Inventar an Satelliten und Präpositionen umzugehen. Andere Studien zum Erwerb räumlicher Relationen im Deutschen als Fremdsprache haben gezeigt, dass die Wegkodierung Muttersprachlern des Japanischen (Bauer 2010, 2012) und des Französischen (Scheirs 2015) Probleme bereitete. 10 Die Wegkodierung im DaF-Erwerb von Spanisch-Muttersprachlern allerdings wurde bis dato nicht erforscht. Die vorliegende Datenanalyse setzt es sich somit zum Ziel, ein erstes Bild davon zu liefern, mit welchen Schwierigkeiten diese Lernergruppe beim Erwerb der Wegkomponente konfrontiert wird. 3.1. Wegkodierung im Deutschen als Fremdsprache bei Lernern mit Spanisch als L1 Im Folgenden werden Produktionen von DaF-Lernenden mit Spanisch als L1 diskutiert. Unsere Daten basieren auf den Ergebnissen einer Vorstudie zur Verwendung von Richtungsadverbien mit hin- und her- und zum Ausdruck der Wegkomponente im Deutschen bei Spanisch-Muttersprachlern, die zum Teil in Liste Lamas (2015a, 2015b) vorgestellt wurden. An der Vorstudie nahmen insgesamt 53 Versuchspersonen mit einer unterschiedlichen Sprachkompetenz im Deutschen teil: 32 Personen mit Niveau A2, 14 mit Niveau B1 und 7 mit Niveau B2 (cf. Liste Lamas 2015a für eine genauere Beschreibung der Lernergruppen). Zum Zwecke der Kontrolle wurden überdies Antworten von 6 Muttersprachlern erhoben. Alle Versuchspersonen wurden gebeten, 17 Bildstimuli, die einfache Bewegungsereignisse darstellen und auf Hess (2007) basieren, schriftlich zu beschreiben 11 : 1. in das Haus (hinein/ herein/ rein) 2. die Treppe hinauf/ herauf/ rauf 3. in die Vase hinein/ rein 4. die Treppe hinunter/ herunter/ runter 5. aus dem Haus hinaus/ heraus/ raus 6. den Hügel hinauf/ herauf/ rauf 7. um den Baum (herum/ rum) tionen mit generischen Bewegungsverben wie gehen und kommen, Modalverben oder dem Hilfsverb sein. Auf diese Frage wird im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. 10 Zu den Schwierigkeiten des Ausdrucks von Bewegungsereignissen im Deutschen als Zweitsprache und bei Zweisprachigen Deutsch/ Türkisch, cf. Goschler 2009; Schroeder 2009; Daller et al. 2011. 11 Wir geben hier für jeden Stimulus nur eine der möglichen Beschreibungen. <?page no="38"?> Elsa Liste Lamas 38 8. auf den Baum (hinauf/ herauf/ rauf) 9. vom Baum (hinunter/ herunter/ runter) 10. aus dem Loch (heraus/ raus) 11. den Hügel hinunter/ herunter/ runter 12. ins Wasser hinein/ herein/ rein 13. aus dem Wasser hinaus/ heraus/ raus 14. durch den Wald ((hin)durch)) 15. über das Loch (hinüber/ herüber/ rüber) 16. an die Wand (heran/ ran) 17. hinter der Wand hervor In der Folge wurden die Antworten in Abhängigkeit von der Realisierungsform der Wegkodierung analysiert. Es bietet sich uns folgendes Bild: A2 B1 B2 NAT Richtungsadverbien 0.02 0.03 0.33 0.44 Präpositionalphrasen 0.27 0.3 0.34 0.39 Unkorrekte einfache Satelliten 0.05 0.07 0.11 - Wegverben 0.08 0.09 0.08 0.09 Tabelle 1. Relative Häufigkeit der Kodierungsmittel 12 3.1.1. Wahl des korrekten Satelliten Wie bereits in Liste Lamas (2015b) kommentiert, bleibt die relative Häufigkeit der Verwendung von Richtungsadverbien in der A2- und B1-Gruppe sehr niedrig; es konnten nur wenige syntaktisch und semantisch wohlgeformte Beispiele belegt werden (16)-(18): (16) Er geht rein [A2, 30, 1] 13 (17) Ich gehe die Treppe hinauf [B1, 2, 2] (18) (*)Er fährt die Berg hoch [B1, 7, 6] Interessant ist die Verwendung von herum in (19) und (20), wo ein von der spanischen komplexen Präposition alrededor de ausgehender Transfer vorzuliegen scheint: 12 Die relative Häufigkeit der Richtungsadverbien differiert leicht von derjenigen in Liste Lamas (2015a, 2015b), da in der vorliegenden Arbeit auch Beispiele mit hoch gezählt wurden. 13 In den eckigen Klammern wird die Gruppe der Versuchspersonen, ihre Identifikationsnummer und die Nummer des beschriebenen Bildes angegeben. Der Asterisk * steht für ungrammatische, das Rautezeichen # für pragmatisch falsche Beispiele. Ein Asterisk in Klammern (*) weist auf Beispiele hin, in denen die Raumkomponente korrekt kodiert ist, welche aber Rechtschreibund/ oder Kasusfehler enthalten. <?page no="39"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 39 (19) *Er laufet herum der Baum [A2, 5, 7] (20) *Sie laufet herum die Wand [A2, 5, 17] Auch in den verblosen Beispielen (21)-(22) scheint eine Transferleistung vorzuliegen, insofern als die Bedeutung von hinunter vermutlich mit derjenigen des spanischen Verbs bajar identifiziert wurde: (21) *Sie die Treppe hinunter [A2, 18, 4] (22) *Er hinunter mit der Fahrrad die Berge [A2, 30, 11] Beispiel (23) schließlich weist nicht nur die Inkompatibilität zwischen einem Subjekt der ersten Person und der gewählten Perspektive auf (in diesem Fall eine Bewegung vom Sprecher weg), sondern auch die Verwendung eines unpassenden Satelliten (herüber statt herunter): (23) *Ich gehe die Treppe herüber [B1, 2, 4] In der B2-Gruppe ist die relative Häufigkeit von Richtungsadverbien deutlich höher und ihre Verwendung in der Regel richtiger (24)-(25), was allerdings nicht bedeutet, dass sie keinerlei Probleme mehr verursachen. So finden sich Fälle mit einem unpassenden oder nicht-existenten Satelliten (26)- (27), Verwendungen eines Satelliten mit einer pragmatisch falschen Präpositionalphrase zum Ausdruck des Grundes (28) oder weiterhin Produktionen eines Satelliten ohne die dazugehörige obligatorische Präposition (29): (24) Er geht hinein [B2, 3, 1] (25) Er geht die Treppe hinauf [B2, 5, 2] (26) *Er steigt die Treppe heraus [B2, 2, 4] (27) *Er steigt hinunten [B2, 7, 11] (28) #Er geht auf die Treppe herauf [B2, 1, 2] (29) *Er läuft den Baum herum [B2, 5, 7] Neben Richtungsadverbien greifen die Versuchspersonen auf eine andere Art von Satelliten, die hier unkorrekte einfache Satelliten genannt werden, zurück: (30) #Er geht aus [A2, 2, 5] (31) *Er ausgeht [A2, 3, 5] (32) *Er geht ins Hause ein [B1, 12, 1] (33) *Er stieg die Treppe auf [B2, 4, 2] (34) *Er geht den Baum um [B2, 1, 2] (35) *Er steigt die Treppe unter [B1, 13, 4] <?page no="40"?> Elsa Liste Lamas 40 Diese Strukturen, die morphologisch gesehen Präfix- und Partikelverben ähneln, wurden bereits bei DaF-Lernenden mit anderen Muttersprachen beobachtet: Sowohl Lerner mit Norwegisch (Leden 1982), Japanisch (Bauer 2012), Englisch (McIntyre 2001) oder Französisch (Scheirs 2015) als L1 produzieren derartige Beispiele, allerdings nicht in gleichem Maße wie in der vorliegenden Untersuchung, in der insgesamt 18 unterschiedliche Verbindungen derartiger unkorrekter Satelliten + Bewegungsverb identifiziert wurden. Verbindungen wie (30) und (31) sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass deutschen Verbpaaren wie ausgehen und hinausgehen oft ein und dasselbe spanische Verb entspricht (hier salir). Eine solche Analyse scheint auch die Anmerkung von Leden (1982) 14 zu stützen. Allerdings erklärt dies nicht den zweiten und dritten Fehlertyp, nämlich die Verwendung von unkorrekten einfachen Satelliten + Bewegungsverben, die im Spanischen keinem rein direktiven Verb mehr entsprechen (wie z.B. eingehen (32)), oder von Bildungen, die im Deutschen gar nicht vorhanden sind (35). Es handelt sich hier sehr wahrscheinlich um ein produktives Muster, bei dem die Versuchspersonen anscheinend begriffen haben, dass der Weg im Deutschen in einem externen Element ausgedrückt werden muss. Allerdings wählen sie einen Satelliten, der entweder pragmatisch falsch oder ungrammatisch ist und auf den sie die Semantik der Primärpräpositionen übertragen. Die Behauptung also, dass die Versuchspersonen in solchen Fällen Präfix- und Partikelverben verwenden, ist unserer Meinung nach nicht zutreffend, und zwar aus zweierlei Gründen: Erstens, weil dies heißen würde, dass die Versuchspersonen alle Verwendungsmöglichkeiten der Präfix- und Partikelverben kennen, sie aber trotzdem in rein spatialen Kontexten verwenden; zweitens, weil viele der verwendeten Strukturen eben gerade keinem deutschen Präfix- oder Partikelverb entsprechen. 3.1.2. Verwendung von Präpositionen Präpositionalphrasen erweisen sich als das am meisten verwendete Kodierungsmittel. Auch ihr Gebrauch verläuft nicht ohne Schwierigkeiten, insbesondere in der A2- und B1-Gruppe (cf. aber (36)-(37)): (36) Er geht ins Haus [A2, 7, 1] (37) Er geht aus dem Haus [B1, 9, 5] 14 „Deutschsprachige haben keine nennenswerte [sic] Schwierigkeiten, verbale Zusammensetzungen mit aus, ein usw. von solchen mit heraus, herein, hinaus, hinein usw. zu unterscheiden. Diese Differenzierungen sind jedoch z.B. für Norweger eminent fehlerträchtig. Das Norwegische besitzt nur einfache Partikeln wie ut, inn usw., die semantisch auch die zusammengesetzten Partikeln im Deutschen abdecken.” (Leden 1982, 183). <?page no="41"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 41 Auffällig ist zudem, dass das Inventar von Präpositionen bei diesen Versuchspersonen kleiner als bei der B2 Gruppe ist. Dies hat grundsätzlich zwei Folgen. Erstens treten bei diesen Lernern Präpositionen wie durch und über zum Ausdruck perlativer Bewegungen kaum auf und werden selten richtig verwendet. Die Versuchspersonen greifen zum Ausdruck der Stimuli 14 und 15 stattdessen auf andere Mittel wie beispielsweise andere Präpositionen (38)-(39) oder transitive Konstruktionen (41)-(42) zurück; cf. die Produktionen aus den verschiedenen Gruppen: (38) *Er lauft über die Wald [A2, 7, 14] (39) *Er läuft zwischen die Bäume [B1, 8, 14] (40) Er geht durch den Wald [B2, 6, 14] (41) *Er springt der Weg [A2, 24, 15] (42) *Er springt das Loch [B2, 5, 15] (43) Er springt über das Loch [B2, 1, 15] Weiterhin erfolgen häufig Kodierungen mit den allgemeinen direktiven Präpositionen nach und zu 15 : (44) #Er geht zum Haus [A2, 14, 1] (45) #Er geht nach Hause [B1, 11,1] (46) *Sie geht zum die Tür [A2, 13, 4] (47) *Sie geht zu die erste Etage [A2, 10, 4] (48) *Er fährt nach dem Baum [B1, 6, 6] Die Analyse der Präpositionalphrasen zeigt außerdem Schwierigkeiten beim Ausdruck von Auf- und Abwärtsbewegungen an einem Grund entlang. In solchen Fällen finden sich vermehrt Präpositionalphrasen anstelle von Richtungsadverbien: (49) #Er steigt auf die Treppe [A2, 1, 2] (50) (*)Er fährt auf die Berg [B1, 9, 6] (51) #Er fährt unter den Berg [B1, 10, 11] Im Deutschen wird bei nach oben gerichteten Bewegungsereignissen, die nicht an einem Grund entlang erfolgen, eine Unterscheidung vorgenommen, je nachdem, ob Kontakt mit dem Grund erfolgt oder nicht (cf. z.B. Ich steige auf den Tisch (Kontakt) und Ich hänge die Lampe über den Tisch (kein Kontakt)). Im Spanischen hingegen kann in solchen Kontexten sowohl die Präposition encima de als auch die Präposition sobre verwendet werden (Krause/ Doval 15 Die Verwendung von nach und zu als Hauptpräpositionen von Lernern auf niedrigen Stufen wurde bereits in Becker/ Caroll (2000) und Scheirs (2015) beobachtet. <?page no="42"?> Elsa Liste Lamas 42 2011, 233). Dies führt zur Verwechslung in der Verwendung der Präpositionen auf und über bei unseren Versuchspersonen: (52) *Er gehe über dem Baum [A2, 10, 8] Diese Verwechslung scheint auch auf Aufwärtsbewegungen an einem Grund entlang mit Kontakt übertragen zu werden: (53) #Sie geht über die Treppe [A2, 13, 2] (54) #Der Mann geht über die Treppe [A2, 2, 2] 3.1.3. Wegkodierung im Verb Wie schon in § 2.2. besprochen, bleibt die Kategorie der Wegverben im Deutschen etwas umstritten. In der vorliegenden Studie wurden als Wegverben all diejenigen Fälle gezählt, in denen die Information über den Weg in einem Verb kodiert wurde. Dies umfasst sowohl richtige (55)-(56) als auch unkorrekte Produktionen (57)-(60): (55) (*)Er verlasst das Haus. [B1, 1, 5] (56) Er fällt vom Baum. [B2, 4, 9] (57) *Er steigt die Treppe [A2, 7, 2] (58) *Er senkt die Treppe [B1, 1, 4] (59) *Er klettert den Baum [A2, 7, 2] (60) *Sie ladt die Treppen [A2, 18, 2] In (57) und (58) verwenden die Versuchspersonen Verben, die über eine spatiale Semantik verfügen (z.B. Die Preise steigen/ sinken - Los precios suben/ bajan). Allerdings kann steigen zur Beschreibung eines Bewegungsereignisses nicht ohne einen Satelliten oder eine Präpositionalphrase verwendet werden; sinken ist in solchen Kontexten ausgeschlossen. Dasselbe trifft auch auf klettern in (59) zu, das nicht ohne eine weitere Spezifizierung des Weges durch bspw. eine Präposition oder ein Richtungsadverb vorkommen kann. Seine spanischen Äquivalente, trepar oder einfach subir, deuten hingegen immer auf eine Aufwärtsbewegung hin. In 4 Beispielen verwenden die Versuchspersonen eine Form des Verbs laden (60). Dieser Gebrauch erscheint auf dem ersten Blick überraschend, jedoch ist er wahrscheinlich mit der Bedeutung des Verbs hochladen, dessen Äquivalent auf Spanisch subir lautet, verbunden. <?page no="43"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 43 3.1.4. Verwechslungen zwischen horizontaler und vertikaler Achse Wie bereits in Liste Lamas (2015a) festgestellt, zeigt die Datenanalyse auch Verwechslungen der vertikalen und horizontalen Achse: (61) #Er geht auf dem Haus [A2, 1, 5] (62) #Er geht auf [B1, 5, 5] (63) *Er ausgeht auf seine Haus [A2, 8, 5] (64) *Er geht die Treppe aus [B1, 9, 4] (65) #Er steigt ein [B1, 10, 8] (66) *Er steigt die Treppe heraus [B2, 2, 4] Diese Verwechslung tritt bei Versuchspersonen aller Niveaus auf, mit allen Kodierungsmitteln und sowohl bei nach draußen gerichteten Bewegungen (in (61) und (63) auf statt aus; in (62) auf statt hinaus) als auch bei Auf- und Abwärtsbewegungen (in (64) aus statt herunter; in (65) ein statt hinauf; in (66) heraus statt herunter). In (61) und (62) könnte die Verwechslung zwischen auf und aus phonetisch bedingt sein. In (63), wo die Verbform einen Satelliten ‚aus‘ enthält, könnte die Realisierung von auf hingegen unter Umständen als Interferenz des Englischen (‚He goes out of the house‘), das die Versuchspersonen in der Regel ebenfalls erlern(t)en, interpretiert werden. Allerdings können weder eine phonetische Erklärung noch der Einfluss des Englischen Fälle wie (64)-(66) erklären. An anderer Stelle (Liste Lamas 2015a) schlugen wir vor, dass die Tatsache, dass im Spanischen das Ein- und Aussteigen in ein Fahrzeug als eine Bewegung auf der vertikalen und nicht auf der horizontalen Achse konzipiert wird, hierfür verantwortlich sein könnte. Die Verben einsteigen und aussteigen entsprechen, genau wie hinaufsteigen und heruntersteigen, den spanischen Verben subir und bajar, was die falsche Übertragung der Satelliten aus und ein auf die vertikale Achse erklären würde. Allerdings bleibt die Frage bestehen, ob die Versuchspersonen die Verben austeigen und einsteigen als solche kennen und richtig verwenden können. Mehr Daten scheinen notwendig, um dieses Phänomen zu verstehen. Die ersten Ergebnisse einer Erhebung mit einer anderen Elizitierungsmethode 16 weisen auf ähnliche Probleme hin: „Die alte Frau schlägt die Katze auf (statt aus) dem Fenster“ [CR, 4, 3] und „[…] schmeißt die Katze auf (statt hinaus) noch einmal“ [CR, 5, 3]. 16 Es handelt sich um den Trickfilm Canary Row (Frelang, 1950), der schon in anderen Untersuchungen zur Elizitierung von Bewegungsereignissen verwendet wurde, u.a. McNeill (1992) und Brown/ Gullberg (2011). <?page no="44"?> Elsa Liste Lamas 44 3.1.5. Weglose Konstruktionen Neben allen bis anhin analysierten Mitteln zur Wegkodierung kommen in unseren Daten weglose Konstruktionen vor. Es handelt sich dabei um Beschreibungen, die ein Bewegungsverb aber keine direktive Ergänzung enthalten 17 : (67) Er fährt mit dem Fahrrad [A2, 14, 6] (68) Er schwimmt [B1, 4, 13] (69) Er springt [B2, 7, 15] Solche Konstruktionen, die auch in anderen Studien (u.a. Schroeder 2009, für Deutsch/ Türkisch; und Scheirs 2015, für Deutsch/ Französisch) beobachtet wurden, sind hier wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die beteiligten Versuchspersonen nicht über die sprachlichen Mittel zur Kodierung des Weges verfügen. In diesem Sinne sind solche Ergebnisse vermutlich mit dem gelegentlichen Rückgriff auf statische Beschreibungen als Ersatzkonstruktion (z.B. (*)Sie ist nicht in die Haus [A2, 9, 5]) oder mit Beschreibungen, die das Bewegungsereignis umschreiben (z.B. (*)Er hat eine Unfall [A2, 11, 9] für Er fällt vom Baum), verbunden. 4. Diskussion Die hier diskutierten Daten zeigen, dass die Kodierung der Wegkomponente bei einfachen Bewegungsbeschreibungen den beteiligten Versuchspersonen Schwierigkeiten bereitete, insbesondere auf den Niveaustufen A2 und B1. Die beobachteten Schwierigkeiten sind komplex und von mehreren Faktoren abhängig. Einerseits sind diesbezüglich sicherlich die Unterschiede in der Kodierung von räumlichen Relationen zwischen dem Spanischen und dem Deutschen und explizit auch die Komplexität des deutschen Satelliten- und Präpositionalsystems zu erwähnen. Andererseits sollte jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die explizite Thematisierung der untersuchten räumlichen Relationen und von Elementen wie Richtungsadverbien in Lehrbüchern für Deutsch als Fremdsprache, wenn überhaupt, nur marginal erfolgt (cf. dazu Liste Lamas 2015a). In diesem Sinne, und wie in Bauer (2010) und Althoff (2015) bereits angesprochen, wäre eine Einübung solcher Aspekte im Unterricht wünschenswert. Unabhängig hiervon zeigt die Datenanalyse ganz generell vor allem eine hohe Frequenz von Präpositionalphrasen, die Verwendung von unkorrekten einfachen Satelliten und eine niedrige Frequenz von Wegverben. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Versuchspersonen die Systematik der 17 Relative Häufigkeit: A2-Gruppe 0.08; B1-Gruppe 0.11; B2-Gruppe 0.04. <?page no="45"?> Über einige Merkmale der Wegkodierung im Deutschen 45 Raumkodierung im Deutschen zum Teil erfasst haben. Zwar greifen sie nicht immer auf die richtigen Elemente zurück, aber sie sind in der Lage, Mittel zur Kodierung des Weges außerhalb des Verbs zu verwenden. Eine weitergehende Untersuchung mit einer Methodik, die die Elizitierung von mehr und auch komplexeren Bewegungsereignissen ermöglicht, dürfte mehr Informationen über die Wegkodierung bei DaF-Lernenden mit Spanisch als L1 liefern und sowohl die hier beobachteten Schwierigkeiten besser beleuchten als auch die Untersuchung anderer Aspekte, die im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden konnten (z.B. die Kasusmarkierung), ermöglichen. Eine höhere Anzahl an Teilnehmern, die alle Niveaus von A1 bis C2 abdecken und deren Einstufung mittels auf unsere Bedürfnisse zugeschnittener Tests erfolgt, scheint wünschenswert und dürfte ein gesamthafteres Bild von der Entwicklung der Wegkodierung im Deutschen als Fremdsprache bei Spanisch-Muttersprachlern liefern. Literatur Althoff, Roswitha. 2015. „Adverbien statt Verben für Bewegung und Aspekt“, in: Handwerker et al. 2015, 217-223. 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Por ello, es importante ver el tratamiento de estos verbos en las obras de aprendizaje a disposición del aprendiente de español y alemán. 1. Los verbos de movimiento (VM) en la Lingüística En lo que respecta a la existencia de perspectiva del hablante como significado inherente al VM, hay unanimidad para los lingüistas (Coseriu 1981; Talmy 2000). Esto significa que existen lenguas (Lenguas de Marco Verbal), que fusionan en el verbo principal el Movimiento con la Trayectoria y expresan la manera mediante recursos de adjunción o subordinación (Talmy 2000). A estas lenguas pertenecería el español, entre otras, y así se explicarían los verbos aquí analizados (ir, venir, traer y llevar). En alemán, en cambio, se tiende a expresar la modalidad del movimiento a través del verbo mientras que la información referente a la dirección se transmite mediante otras partes del enunciado (Hess 2007, 287). No obstante, algunos verbos presentan un funcionamiento similar al español (kommen/ gehen, ir/ venir). 1 En alemán, además, es posible expresar la Trayectoria mediante partículas 1 „Einige Verben geben eine Bewegungsrichtung relativ zur Perspektive des Sprecherstandortes wieder. So denotiert kommen in der Regel eine Bewegung auf den Sprecherstandort zu, während gehen eine Bewegung vom Sprecherstandort weg beschreibt“ (Hess 2007, 50). Así también traer y llevar. <?page no="50"?> Laura Ramírez Sainz 50 (hin/ her); por ejemplo, con verbos como bringen (Hess 2007, 49). Krause/ Doval (2011) aúnan el principio de perspectiva en verbos y partículas y, centrando su análisis en los verbos gehen y kommen, dicen que la posición del observador determina el uso obligado de dichos verbos, estableciendo además un paralelismo entre la Trayectoria del verbo y las partículas hin o her (Krause/ Doval 2011, 32-33). 2 Así aluden las autoras al verbo bringen, que expresa la dirección hacia o desde uno mismo mediante las partículas. No mencionan, sin embargo, que algunos verbos (mitbringen) no admiten la partícula y son aplicables a ambos casos. Las autoras presentan una „dritte Grundkonstellation“, que ejemplifican como sigue: A in Stuttgart telefoniert mit B in München, Gesprächsthema ist ein Kongress in Berlin. A benützt gehen wenn er selbst noch nicht sicher ist, ob er den Kongress besuchen wird; dagegen macht er durch die Verwendung von kommen deutlich, dass er (A) auf jeden Fall zum Kongress geht (6). (5) A: Gehst du da hin? - B: Nein, da geh ich nicht hin. (6) A: Kommst du (da) auch (hin)? B: Na, wenn du da hingehst, dann komm ich auch (hin). (Krause/ Doval 2011, 32, 33) En este caso se habla de un desplazamiento de centro de referencia (en adelante, DCR) (Leisi 1961, 82; Ibáñez 1983, 151) que consiste en un uso no prototípico de los VM. Leisi (1961, 82) habla de VM de dirección inherente con referencia a un centro concreto que, a su vez, es desplazable o puede desplazarse. Este centro coincide casi siempre con el lugar en el que se encuentra el hablante. El uso prototípico deíctico de los verbos kommen y gehen implica que el hablante toma partido en la expresión de la perspectiva y se pronuncia al respecto, delimitando entonces la perspectiva a su aquí y ahora. En algunos casos, la forma de concebir la perspectiva queda clara (Ich gehe zu einem Freund/ Ein Freund kommt zu mir); en otros, como en la oración Ich komme zu dir, la dirección del hablante no coincide con el lugar en el que se encuentra. Esto se debe, según Di Meola (1994, 30sqq.), a que el hablante se puede identificar con otro centro de referencia que no sea el prototípico, pues este puede considerarse parte del ámbito de otro si con este mantiene una relación estrecha o se trata de un lugar frecuentado. También es posible que hablante ya se encuentre mentalmente en ese lugar, por lo que este se convierte en el centro de referencia (Hess 2007, 247). Además de considerar estos verbos como VM con Trayectoria, hay autores (Rozados Vila 1998) que hablan de un paralelismo entre determinados verbos. Así, el primer par (ir/ venir) constituiría el paradigma de los VM, mientras que en el segundo (traer/ llevar) se repetiría la misma oposición de 2 „Es existiert eine starke Affinität zwischen gehen und hin einerseits sowie zwischen kommen und her andererseits. Werden andere Verben eingesetzt, wird der Unterschied allein durch hin und her getragen“ (Krause/ Doval 2011, 32-33). <?page no="51"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 51 forma exacta (Coseriu 1981, 34). La diferencia sería que en los segundos se mueve el agente, mientras que en los primeros se trata de un objeto que el agente mueve. 3 Según Rozados Vila (1998, 284), se puede constatar la existencia de movimiento con direcciones opuestas a un mismo punto (el subrayado es nuestro) e incluso se puede hablar de verbos que „se organizan en pares que expresan movimientos contrarios“. Si partimos de que existen verbos que, en su uso prototípico, expresan movimientos opuestos (cf. también Coseriu 1981, 34), sería de interés manejar esta categoría en la didáctica como elemento de sistematización. Existe un paralelismo no carente de excepciones entre los verbos ir/ venir, traer/ llevar que atañe a la Trayectoria y a la perspectiva del hablante y los verbos gehen/ kommen, hin-, herbringen y mitbringen, pero ¿cómo se recoge esta característica en los métodos de aprendizaje de ELE? , ¿subyace un esquema conceptual en su tratamiento? , ¿se tematiza la complejidad de su uso? 2. Los VM en la didáctica En el campo de la didáctica contamos con modelos que plantean la Trayectoria inherente al verbo como parte de la explicación de su funcionamiento. El siguiente cuadro de Fernández López 4 presenta la direccionalidad del verbo en función de la perspectiva del hablante: 3 En traer/ llevar el movimiento es pasivo, la fuerza que provoca el cambio de lugar no son los verbos de movimiento en sí mismos, sino fuerzas ajenas a ellos (Seiferth 1996, 41). 4 http: / / hispanoteca.eu/ Vokbular/ Verbos%20de%20movimiento-Diagramas.htm Wer sich bewegt (AUSGANGSPUNKT) Wer sich nicht bewegt (ZIEL) voy a tu casa / vengo de casa de ... ¿a qué hora vienes a mi casa? bringt etwas hin oder her: voy a tu casa y te llevo algo / traigo algo de casa de... bei ihm kommt jemand her und bringt ihm etwas: vienes a mi casa y me traes ... <?page no="52"?> Laura Ramírez Sainz 52 Si bien es cierto que este planteamiento puede resultar algo simplificado (Ibáñez 1983, 12), también lo es que este esquema presenta el uso prototípico y filtra una serie de errores. Una vez visto que Lingüística y Didáctica se han analizado ya estas cuestiones, es de interés ver su presencia en gramáticas, manuales, obras lexicográficas, etc. En su tesis doctoral, publicada en 2007, Katrin Hess observa la presencia de algunos VM (ir, venir) con cambio de Trayectoria en un diccionario, varias gramáticas y varios métodos de aprendizaje del español y el alemán. Su conclusión es que el tratamiento de los VM en estas obras es poco frecuente (Hess 2007, 289-291). 5 Esta comunicación quiere aclarar si, y en ese caso, cómo, ha cambiado esta situación en la enseñanza de ELE. 3. Manuales analizados Para elaborar el análisis han sido elegidos los manuales Vía Rápida (libro del alumno y libro de trabajo) y Gente Hoy 1 y 2 (libro del alumno). 6 El libro de trabajo de GH2 no estaba disponible cuando se realizó este trabajo. Estas obras han sido elegidas por cubrir hasta el nivel B1 y estar dirigidas a jóvenes y adultos en cursos generales y a universitarios. VR pone especial atención en las estrategias de aprendizaje y en la autonomía del alumno y está basado en el MCER y en el Plan Curricular del Instituto Cervantes. Atiende a las competencias de comprensión auditiva, comprensión lectora, vocabulario, recursos gramaticales, expresión oral, expresión escrita, interacción oral y ha sido frecuentemente introducida en centros de enseñanza del español (fundamentalmente, universidades). 7 GH1 y GH2 se orientan igualmente por el MCER y en ellos priman la comunicación oral y el enfoque por tareas. Este método se utiliza en el Instituto Cervantes a nivel mundial y en algunas universidades. A continuación se describirá el tratamiento de los VM ir, venir, traer y llevar en los métodos citados. Por una parte, se analizará la presentación de su conjugación; a continuación, se verá la enseñanza de estos verbos en función de sus complementos. Además, se observará el tratamiento de estos verbos según el concepto de Trayectoria implícita inherente a su significado tanto 5 „Auch wenn die meisten Spanischlerner auf einem gewissen Niveau die prinzipiellen Möglichkeiten zur Angabe einer Bewegungsrichtung im Spanischen kennen und auch der Meinung sind diese korrekt anwenden zu können, zeigt sich, dass in der Praxis häufig zu falschen und unidiomatischen Verwendungen dieser sprachlichen Einheiten kommt.“ (Hess 2007, 290). 6 VR: Vía Rápida, GH1: Gente Hoy 1, GH2: Gente Hoy 2, VRAB: Vía Rápida ejercicios. 7 Algunas de las Universidades que manejan estos libros son Hohenheim, Giessen, la VHS de Colonia, las técnicas de Múnich, Berlín y Darmstadt, Bamberg, Friburgo, Maguncia, la Humboldt y la Libre de Berlín, Oldenburg, Siegen y Bochum. <?page no="53"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 53 en los casos prototípicos como en los no prototípicos. Por último, se verá el tratamiento de estos verbos en relación a determinados aspectos gramaticales. 3.1. La conjugación El tratamiento de la conjugación presenta paralelismos y diferencias en los dos métodos estudiados. La conjugación en presente del verbo ir aparece tanto en VR (26) como en GH1 (62). En VR (41) no aparece la conjugación de los verbos venir o traer en presente cuando se introducen los verbos con <-g-> en primera persona, mientras que en GH1 aparece el verbo venir, aunque no el verbo traer. Cabe preguntar por qué VR no lo incluye en su listado al igual que otros verbos como salir y, a su vez, por qué GH1 no incluye traer. Por otro lado, la formación irregular del gerundio del verbo venir no aparece en VR (56) pero sí en GH1 (160). La ausencia del verbo traer se justifica porque se dice que se clasifican las formas más comunes (leer/ ir (VR), oír, leer (GH1)). Del resto de la conjugación, en VR solo aparece el verbo venir en futuro y condicional (176). En GH1, la conjugación está más desarrollada; ir y venir aparecen conjugados en indefinido (113) (si bien traer no aparece) e imperativo (112); en GH2, en imperfecto (132) y el verbo ir en subjuntivo (140) (del resto de los verbos no es necesario un tratamiento particular al ser estos regulares). También aparecen las conjugaciones del futuro de venir (143) y el condicional de ir y venir (122) (el resto de los verbos son regulares). 3.2. El verbo ir: complementos de dirección y perífrasis verbal En el análisis del tratamiento de los VM desde un punto de vista léxico, resulta llamativo que se apele a la suposición en la comprensión y al uso intuitivo en la aplicación. Esto ocurre porque se dan expresiones en las que aparecen estos verbos como parte del vocabulario sin ofrecer una explicación de la perspectiva inherente de estos verbos, pero estando ésta presente y siendo la paradigmática del verbo en cuestión (VR, 30: Ir en coche; GH1, 59: Voy en bici; GH2, 29: Voy al teatro), siempre hacia algún lugar. En ambos métodos aparecerá la explicación más tarde (en VR 72, dos lecciones después y en GH2 144, pero solo sobre los verbos traer/ llevar). En algunos casos incluso se podría introducir la diferenciación de las partículas interrogativas dónde y a dónde. En VR (37), por ejemplo, se pregunta „¿Dónde quieres estudiar? “, dándose como modelo de respuesta „A mí me gustaría ir a Argentina“. En este caso, procedería introducir las partículas interrogativas dónde - a dónde e indicar el valor de dónde como pronombre interrogativo de localiza- <?page no="54"?> Laura Ramírez Sainz 54 ción pero también de dirección („Quiero estudiar en Argentina/ Quiero ir a Argentina“). Es decir, se podrían aprovechar diversos ejercicios para introducir la perspectiva existente y la existencia de esta perspectiva en partículas, pronombres interrogativos y verbos. Otra cuestión que se debe señalar es la diferencia del uso del verbo ir como verbo intransitivo y como verbo constitutivo de la perífrasis verbal ir + a + infinitivo. En VR (49) se introduce la perífrasis ir a correr sin explicación, aunque hay ejemplos de su uso VRAB (46). En GH1 (163, fig. 1), por el contrario, esta diferenciación está claramente explicada. Figura 1 3.3. El tratamiento de los VM en cuanto a su Trayectoria En este apartado se presentará el análisis del tratamiento de la perspectiva inherente al verbo y su didactización en los métodos analizados. En VR (72), la didactización tiene lugar de una forma clara, estructurada y breve y sigue la línea de la propuesta de Justo Fernández (fig. 2) atendiendo al significado deíctico de estos verbos. De especial interés en esta clasifi- <?page no="55"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 55 cación es que se presentan los VM como grupo. Además, la clasificación propuesta ayuda a la comprensión y adquisición de estos verbos. Figura 2 Cabe llamar la atención sobre que, antes de ofrecer esta explicación gramatical en el mismo libro, se presenta un ejercicio (VR 63, fig. 3) sin previa explicación de la existencia de la Trayectoria, en el que se practican los verbos ir/ venir en una situación comunicativa. Después de la explicación gramatical, se ofrece otro ejercicio para practicar la perspectiva (VRAB 35). Figura 3 En GH1 (130-131, ej. 3) se puede constatar también este tipo de inmersión (figuran varias veces los verbos ir y venir utilizados de forma paradigmática, pero sin alusión a la perspectiva „Fuimos al cine“, „Vinieron los de Telefónica a casa“). Una explicación al respecto aparecerá en GH2 (144). <?page no="56"?> Laura Ramírez Sainz 56 En VR, el tratamiento de los verbos traer/ llevar es similar al de ir/ venir, pues disponemos de una explicación de la Trayectoria. No obstante, el libro de ejercicios presenta actividades con estos verbos sin contextualizar, desprovistos de perspectiva. En VRAB (50, ej. 2) para practicar el imperativo aparece el verbo llevarse en un contexto en el que podría ser sustituido sin ninguna modificación semántica aparente por el verbo traerse („Llévate las fotos, mujer“). En este sentido se podría completar el ejercicio introduciendo complementos circunstanciales que dejaran clara la existencia e importancia de la perspectiva. En VRAB (77, ej. 8) aparece el verbo traer usado como un VM con Trayectoria „en dirección a“: „Las clases empezaban a las 9: 30. La profesora traía el periódico“, aunque en el texto sería igualmente válido llevaba. En el caso del ej. 6 (86, fig. 4) aparece el verbo venir en tres ocasiones (frases 2, 4, 5) utilizado dos veces de forma paradigmática y una de forma no paradigmática. Un uso paradigmático se puede constatar en las frases 4 y 5, donde el punto de referencia es el lugar donde se encuentra el hablante. En la frase 2, el uso no es paradigmático aunque sí posible y usual. En el ejercicio se habla de una fiesta que, por el contexto, seguramente no haya tenido lugar. Por ese motivo los asistentes no pueden encontrarse físicamente en ella. No obstante, se utiliza el verbo venir. En este caso, claro ejemplo de un DCR, existen dos posibilidades de interpretación: o bien el hablante se ha desplazado de forma mental al lugar del que habla (la fiesta) o el hablante se toma como punto de referencia a sí mismo, independientemente de si el lugar del que habla coincide en ese momento con el lugar en el que se encuentra y por ello, entonces, utiliza el verbo venir y no el verbo ir. Sobre el DCR no se explica nada en el libro, lo cual, para evitar malentendidos, habría debido ser previamente introducido. Figura 4 En GH2 (72, fig. 5), por otro lado, aparece la existencia de la perspectiva de forma implícita en los verbos traer y llevar, más contextualizados que en VR. <?page no="57"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 57 Este ejercicio es especialmente interesante en cuanto que recoge los usos paradigmáticos de los verbos traer/ llevar en un contexto comunicativo muy real. Figura 5 Además de ello, aunque bastante más tarde, se ofrece una explicación en los recursos gramaticales (GH2 44, fig. 6). En lo que a esta explicación se refiere, cabe destacar que los usos de los verbos ir/ venir aparecen aquí por primera vez tematizados, solamente entre paréntesis y sirviendo de apoyo para la comprensión de las características semánticas de los verbos traer/ llevar. En este sentido, sería recomendable haber incluido anteriormente la explicación de la existencia de la Trayectoria en los verbos ir, venir para después poder utilizarlos como apoyo. Sobre la explicación del verbo traer, habría que añadir que es también insuficiente, pues ¿no podría esa misma definición describir el movimiento realizado con el verbo llevar? Así pues, sería recomendable también completar esa definición mediante, por ejemplo, un enuncia- <?page no="58"?> Laura Ramírez Sainz 58 do del tipo „la perspectiva es la del hablante hacia el que se produce el movimiento“. Figura 6 4. Desplazamiento del centro de referencia (DCR) El DCR que puede llevar a que en ambas lenguas se utilice un verbo diferente es un aspecto que, como hemos visto, se ha acometido desde la lingüística contrastiva. Es verdad que los métodos de español suelen centrarse en la enseñanza de una sola lengua en sí misma. No obstante, se percibe cada vez más la tendencia a aludir a otras lenguas conocidas por el alumno para explicar el funcionamiento de la lengua enseñada. Este es también el caso en los métodos aquí analizados. La en ocasiones falta de coincidencia entre las dos lenguas analizadas con respecto al DCR aparecería en la siguiente frase (GH2 70, ej. 4 fig. 7): „Iremos a tu casa“, que un alemán con gran probabilidad expresaría mediante „Wir kommen bei dir vorbei“. Figura 7 En GH2 (101, ej. 3 fig. 8) tenemos un ejemplo de un DCR coincidente en ambas lenguas. En este caso, ninguno de los hablantes se encuentra en el restaurante y, aun así, se utiliza el verbo que denota el movimiento hacia el lugar de llegada desde la perspectiva del que ya estaría allí („La cena es a las 9: 30“; „¿Vienes sola? “; „¿Puede venir…? “). <?page no="59"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 59 Figura 8 En VR (149) encontramos también un uso del verbo ir que podría ser traducido en alemán bien con el verbo kommen, bien con el verbo gehen („Luis quiere que vayamos a su fiesta“ - „Luis möchte, dass wir auf seine Party kommen/ gehen“). Es por ello que, si en los ejercicios aparecen los usos paradigmáticos, los usos de DCR en los que ambas lenguas son coincidentes y los usos de DCR en los que ambas lenguas no son coincidentes, sería recomendable también explicar previamente su existencia, importancia y frecuencia. 5. Los VM en el estilo indirecto y otros aspectos gramaticales También llamativa es la explicación del estilo indirecto en combinación con estos verbos. En VR (163) se dan ejemplos de estilo indirecto con los verbos ir y venir pero marcando los complementos temporales, no la perspectiva y sin profundizar en el posible cambio de los verbos ir/ venir, traer/ llevar en la reproducción en estilo indirecto. Aquí sería deseable una dedicación mucho más intensa, pues es un aspecto gramatical que al alumno le resulta difícil. Tampoco en los „Recursos Gramaticales“ (VR 192, 193) se ofrece una explicación sobre el posible (! ) cambio de estos verbos. Por el contrario, sí se apuntan algunos cambios según la perspectiva temporal (ahora/ entonces) o sobre la local (aquí/ allí). Igualmente, en GH2 (103, fig. 9; 156, fig. 10) llevar/ ir/ traer aparecen en estilo indirecto, pero sin ninguna explicación. Figura 9 <?page no="60"?> Laura Ramírez Sainz 60 Figura 10 También de interés es que el uso de estos verbos aparece con frecuencia en la ejercitación de otros aspectos gramaticales, como el uso del subjuntivo (VRAB 74) o los pronombres relativos (VRAB 114). En el caso del uso del subjuntivo, ir/ venir aparecen en 3 frases (2, 3, 7): dos de ellas en un uso paradigmático (3, 7) y en la otra en dos ocasiones (una en un uso paradigmático, „Quiero ir a América Latina“, y otra en un uso donde el punto de referencia es la persona, „Quiero que vengas conmigo“) (VRAB 74). En el caso de los pronombres relativos, se utilizan siempre ejemplos paradigmáticos („Vino a vivir a Barcelona“; „Va cada día a trabajar“; „Es el bar adonde voy yo“). Como decíamos anteriormente, dada la reiterada aparición de estos verbos en su uso paradigmático y no paradigmático, sería conveniente didactizar el DCR. 6. Conclusiones De un análisis lingüístico de los VM extraemos algunas ideas de interés para la enseñanza del español. En primer lugar, vemos que estos verbos se relacionan con una Trayectoria, idea que debe estar presente en su tratamiento en los métodos de ELE. En segundo lugar, la trayectoria puede y suele presentar movimientos opuestos que, a su vez, se corresponden con un verbo determinado en español y con una partícula o un verbo determinados en alemán. También esto se puede aplicar a la enseñanza de ELE, pues se pueden manejar conceptos como la existencia de pares de verbos en alemán y español. Por último, un análisis de estos verbos desde la lingüística contrastiva aporta conclusiones que, de tratarse, permitirían poner énfasis en aquellos aspectos en los que las lenguas coincidan (ir/ venir-kommen/ gehen, traer/ <?page no="61"?> La didactización de los verbos de movimiento con cambio de trayectoria 61 llevar-hin-/ herbringen, por un lado, gehen/ ir-llevar/ hinbringen como verbos implican el movimiento hacia un lugar de destino, venir/ kommentraer/ herbringen hacia un lugar de llegada,) o difieran (DCR cuando este es desigual en ambas lenguas o simplificaciones léxicas, como en bringen/ mitbringen, que aúna dos perspectivas en una única forma). En la didáctica contamos con modelos que, aunque no incluyen las simplificaciones o el DCR, sí plantean la Trayectoria inherente al verbo como parte de la explicación del mismo. El estudio monográfico de Hess (2007), no obstante, califica el tratamiento de estos verbos en gramáticas, métodos de ELE y obras lexicográficas de insuficiente. Aquí se ha desglosado el análisis en varios subapartados (la conjugación, los VM en función de sus complementos, la explicación de la Trayectoria inherente a estos verbos, su uso prototípico y no prototípico, y el tratamiento de estos verbos en la explicación de determinados aspectos gramaticales). Respecto a la conjugación, se puede concluir que se presenta de forma más completa en GH (verbos conjugados en indefinido, imperfecto, imperativo, futuro, condicional, subjuntivo, si bien incompletos en presente) que en VR (conjugados en futuro, condicional, incompletos en presente y gerundio, inexistentes en el resto). El verbo ir se presenta también con posibles complementos y en perífrasis verbal. En lo que respecta a la combinación con complementos, solo mucho más adelante se da una explicación de la Trayectoria y en un método (GH) de forma parcial. La diferenciación entre el verbo ir y su uso en la perífrasis ir + a + infinitivo se presenta solo en un método (GH). La aparición de la Trayectoria tiene lugar primero de forma intuitiva, bastante más tarde con una clara explicación de todos los verbos en VR, y solo de los verbos traer/ llevar en GH. En general, los VM aparecen descontextualizados en VR y contextualizados en GH. En lo que al DCR se refiere, este está presente en ambos manuales y se documentan tanto ejemplos coincidentes como no coincidentes en las dos lenguas. Sin embargo, no se tematiza la existencia de este desplazamiento. Los VM en el estilo indirecto quedan en ambos métodos insuficientemente explicados y nada ejercitados. Por último, la aparición recurrente de los VM en la explicación de otros aspectos gramaticales (subjuntivo, pronombres relativos, etc.) en usos prototípicos y no prototípicos pone de manifiesto la necesidad de tematizar la existencia de la Trayectoria en toda su complejidad. Desde que la situación se calificara de insuficiente, se han producido cambios: ambos métodos remiten a la existencia de la Trayectoria de los VM. No obstante, sería recomendable introducir algunas modificaciones, como, por ejemplo, presentar estos verbos como grupo, no únicamente por parejas, introducir su didactización antes y de forma más sistemática, con más explicaciones sobre la existencia de la Trayectoria y su uso prototípico y no proto- <?page no="62"?> Laura Ramírez Sainz 62 típico y con remisiones a posibles diferencias en el uso no prototípico en otras lenguas, definiciones también en parte más claras, acompañadas de mayor cantidad de ejercicios, previos y posteriores, preferentemente y debido a su carácter deíctico, mejor contextualizados. Bibliografía Ainciburu, M. Cecilia et al. 2011. Vía Rápida. Lehrbuch. Stuttgart: Klett. Ainciburu, M. Cecilia et al. 2012. Vía Rápida. Arbeitsbuch. Stuttgart: Klett. Coseriu, Eugenio. 1981. Principios de semántica estructural. Madrid: Gredos. Di Meola, Claudio. 1994. „Kommen“ und „gehen“. Eine kognitiv linguistische Untersuchung der Polysemie deiktischer Bewegungsverben. 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Dabei ist es diese produktive Komponente, die „ability to write the needed vocabulary at the appropriate time“ (Nation 1990, 5), die bei fortgeschrittenen Lernern besonders wichtig wird. Ein Wort produktiv zu kennen, geht mit der Fertigkeit einher, bestimmte Operationen mit dem Wort durchzuführen, darunter auch die Entscheidung, dieses Wort in einem gegebenen Kontext zu verwenden oder nicht, oder die Fähigkeit, es korrekt auszusprechen (Nation 2001, 28). Als Teilkompetenz im Bereich des Fremdsprachenerwerbs ist der Wortschatz eines L2-Lerners auch ein wichtiger Teil-Indikator für den allgemeinen Sprachstand. Wortschatz als abstraktes Konzept kann nicht direkt gemessen und bewertet werden; aber dem Wortschatz im Allgemeinen sind theoretische Konstrukte wie Vielfalt (variation) und Umfang (size) untergeordnet. Diese wiederum lassen sich anhand von operationalisierbaren und quantifizierbaren Merkmalen untersuchen, beispielsweise der Relation zwischen Type und Token; die Merkmale sind rückschließend potentielle Indikatoren des Wortschatzes im Allgemeinen und somit Teil der umfassenden Bewertung des Sprachstands eines Lerners. 1 Diese Arbeit wurde durchgeführt an der Universitat de Barcelona im Rahmen des Forschungsprojekts COHARGUMENT: Cohesión y argumentación en géneros conversacionales, FFI-21125236. <?page no="64"?> Oliver Strunk 64 2. Wortschatzumfang und Wortschatzvielfalt Untersuchungen zum Umfang des Wortschatzes eines Lerners und zur Vielfalt haben oft das Ziel, beiden Konstrukten quantifizierbare Merkmale zuzuweisen. Dies spiegelte sich in den Untersuchungen zur Vielfalt, die sich mit Indizes wie Type-Token-Ratio, Guiraud normal, Guiraud advanced und dem Wert D befassen (cf. Vermeer 2000; Daller et al. 2003). Die Vielfalt des Wortschatzes eines Lerners sagt jedoch wenig über seinen Wortschatzumfang aus, vor allem in kurzen Texten (Vermeer 2000, 67): Vielfalt gibt Aufschluss über die Fähigkeit des Lerners, vorhandenes Vokabular abwechslungsreich zu kombinieren, nicht aber über die Zahl der ihm bekannten Wörter, weder aus rezeptiver noch aus produktiver Sicht. Es ist jedoch der Umfang des produktiven und rezeptiven Wortschatzes, der sich während des Lernprozesses erweitert und verändert; bedeutend in der Unterscheidung zwischen Muttersprache und L2 ist dabei der freie produktive Wortschatz 2 , der bei Muttersprachlern konstant ist, bei Lernern aber ab einem gewissen Punkt stagniert. Untersuchungen zum Wortschatzumfang (breadth) hingegen versuchen zu bestimmen, wie viele Wörter ein Lerner kennt, sei es rezeptiv oder produktiv; wird dabei noch untersucht, wie gut der Lerner ein Wort beherrscht, wird die Tiefe (depth) seiner Wortschatzkenntnisse überprüft. Anhand von Computerprogrammen wird experimentell der rezeptive Wortschatz eines Lerners anhand von Zufallsfragen zur Kenntnis von Einträgen in einer Frequenzliste bestimmt (z.B. Mearas X-Lex und Y_Lex). Dabei werden Lernern Wörter vorgelegt, und der Lerner muss angeben, ob ihm diese bekannt sind. Werden die Ergebnisse mit Frequenzwortlisten verglichen, kann statistisch angegeben werden, wie umfassend der passive Wortschatz eines Lerners ist. Zur Ermittlung und Beschreibung des aktiven Wortschatzes anhand einer kurzen Textproduktion finden andere Ansätze Verwendung, wie Untersuchungen von Laufer und Nation (1995), Meara und Miralpeix (2008) oder Schmitt (2010) belegen. Diese Bemühungen sind jedoch (im Gegensatz zu den Untersuchungen zum passiven Wortschatz) selbst im Englischen noch nicht stimmig und ermöglichen noch keine klare Zuweisung zu Sprachstadien wie die des Europäischen Referenzrahmens; cf. hierzu den Versuch, die konkrete Form des ermittelten Indikators mit Indikatoren anderer Aspekte des Spracherwerbs zu korrelieren (siehe z.B. Jude 2008, 124). 2 Cf. das Konzept des free productive vocabulary (Laufer 1998, 257). <?page no="65"?> Wie viele Wörter verwenden Lerner? 65 3. Ziel Die oben genannten Ansätze zur Bestimmung des rezeptiven und produktiven Wortschatzes eines Lerners ergeben sich aus der Notwendigkeit, optimierte, leicht zu verabreichende und sichere Verfahren im Bereich Sprachstandbestimmung zu entwickeln, deren Ergebnisse mit anderen Dimensionen des Fremdspracherwerbs korrelieren oder diese vervollständigen. Sprachtests mit dem Anspruch, den ganzen Sprachstand anhand eines einzelnen Wertes zu beschreiben, sind wenig aussagekräftig in den Einzelbereichen. Ein gutes Beispiel dafür ist der C-Test: Dieser Test sagt nur wenig über den Wortschatz eines Lerners aus, was dazu führt, dass die Einzeltexte dem erwarteten Sprachstand der getesteten Lerner angepasst werden müssen. Zudem testet der C-Test Wortschatz nur passiv. Und abgesehen davon, dass nur bestimmte Bereiche abgedeckt werden, korreliert das Verfahren an sich nicht unbedingt mit anderen Bewertungsverfahren (Freese 1994, 307). Der Versuch, mittels eines einzigen Tests komplexe Aussagen über den Sprachstand eines Lerners zu machen, kann in diesem Sinne fast als verwegen bezeichnet werden (cf. Freese 1994, 310), die Absicht jedoch, mittels eines einzigen Tests mehrere Dimensionen zu bewerten und zusammen mit möglichst wenigen anderen Tests ein umfassendes Bild des individuellen Sprachstands zu zeichnen, sollte aber dennoch das angestrebte Ziel sein. In dieser Hinsicht ist die Untersuchung des Wortschatzumfangs, d.h. die Zahl der dem Lerner für seine Sprachproduktion zur Verfügung stehenden Wörter, vielversprechend. Wortschatzumfang korreliert mit anderen sprachlichen Fertigkeiten (Milton 2009, 175), wodurch durch ein entsprechendes Verfahren mehrere Bereiche gleichzeitig abgedeckt werden. Außerdem hat seine Untersuchung mittlerweile eine gewisse Tradition aufzuweisen, und es sind schon Versuche unternommen worden, entsprechende Methoden in anderen Sprachen anzuwenden. Des Weiteren gibt es Programme und Methoden, die Wortschatzumfang als Grundlage für Berechnungen heranziehen (LFP: Laufer/ Nation 1995; V-Size: Meara). In unserer Untersuchung wollten wir in einem ersten Schritt prüfen, inwieweit vorhandene Methoden auf deutschsprachige Lernertexte anwendbar sind. Die methodologische Grundlage bilden die Untersuchungen zum Wortschatzumfang, die sich in dem Programm von Meara und Miralpeix (2008) spiegeln. Das von den beiden Forschern entwickelte Programm erstellt eine statistische Schätzung des Wortschatzumfangs eines Lerners anhand eines von diesem verfassten Textes. Dafür werden die im Lernertext verwendeten Wörter mit einer Worthäufigkeitsliste abgeglichen. Die vereinfachte Aussage von Meara und Miralpeix ist, dass Lerner mehr Wörter des höheren Frequenzbereichs verwenden als Muttersprachler, und dass mit steigendem Sprachstand mehr weniger häufige Wörter verwendet werden. <?page no="66"?> Oliver Strunk 66 Unser Ziel war es, die Validität dieser Aussage im Bereich DaF zu überprüfen. Als Hypothese gingen wir dementsprechend davon aus, dass DaF- Lerner statistisch signifikant mehr hochfrequente Wörter als Muttersprachler verwenden; diese hingegen verwenden mehr Wörter niedrigfrequenter Bereiche. 4. Die Untersuchung Als Datengrundlage für unsere Untersuchung haben wir die Worthäufigkeitsliste von Jones und Tschirner (2006) herangezogen, anhand der dann Texte des Lernerkorpus Varkom (Fernández-Villanueva und Strunk 2009) untersucht wurden. Die Liste von Jones und Tschirner (2006) ist ein Frequenzwörterbuch, in dem die 4034 häufigsten Wörter der deutschen Sprache gelistet sind; sie soll den Grundwortschatz des Deutschen abbilden. Da diese Liste nur in gedruckter Form vorlag und zudem nicht alle Einträge verwendet werden sollten, sondern nur die ersten 2000 (cf. Laufer/ Nation 1995), wurden diese von Hand übertragen, so dass sie maschinell bearbeitet werden konnten. Die Einträge wurden in 4 Gruppen à 500 Wörter eingeteilt; einzelne Wörter der Lernertexte werden später diesen Frequenzgruppen zugewiesen. Dabei wurden Mehrwortlexeme, die teilweise ebenfalls von Jones und Tschirner berücksichtigt werden, nicht übernommen. Die Zahl der Wörter pro Gruppe wich vom LFP ab (500 zu 1000), wodurch eine detailliertere Darstellung ermöglicht werden sollte. Die Lernertexte, anhand deren die statistische Überprüfung der Methode durchgeführt wurde, entstammen dem Lernerkorpus Varkom (Fernández- Villanueva/ Strunk 2009). Das Korpus besteht aus strukturierten, halbstündigen Interviews mit Lernern verschiedener Niveaustufen und ebenfalls mit Muttersprachlern, die als Vergleich herangezogen werden können. Das Korpus entsprang einem umfangreicheren Projekt, in dem auch die deutschsprachigen Muttersprachler als L2 Lerner des Spanischen interviewt wurden, wodurch mehrdimensionale Untersuchungen möglich sind. Die Texte liegen sowohl orthographisch als auch nach GAT-Richtlinien transkribiert vor. Für die vorliegende Untersuchung wurden argumentative Texte verwendet. In diesen Texten äußerten sich die Studenten zur Frage: „Sind ältere Väter bessere Väter als junge Väter? “. Da es sich dabei um eine freie Textproduktion handelt, d.h. es sind keine lexikalischen Einheiten vorgegeben, kann jeder Sprecher seine eigenen Kenntnisse frei anwenden. Für die Auswertung wurden 20 argumentative Texte von DaF-Lernern und 18 thematisch entsprechende argumentative Texte von Muttersprachlern verwendet. Die Untersuchung von Transkriptionen der gesprochenen Sprache anhand von Wortlisten, die auf geschriebener Sprache basieren, folgt der Ar- <?page no="67"?> Wie viele Wörter verwenden Lerner? 67 beit von Ovtcharov/ Cobb/ Halter (2006). Lindqvist/ Gudmundson/ Bardel (2013) monieren an dieser Vorgehensweise, dass gesprochene Daten anhand eines geschriebenen Korpus untersucht wird; dieses Problem wurde in unserer Untersuchung gelöst, indem die Wörter der Gruppe E (die im LFP einer off word list entsprechen) qualitativ bearbeitet wurden (Elemente der gesprochenen Sprache wurden aus den Texten gelöscht). Da das Häufigkeitswörterbuch lemmatisierte Einträge enthält, wurden die Texte des Korpus zunächst mit dem Tree-Tagger (Schmid 1999) lemmatisiert. 3 Für die Auswertung wurden zwei Werkzeuge verwendet. Zunächst wurde das von Meara und Miralpeix entwickelte Tool V-Size benutzt, das einen Wert ermittelt (estimate), der den produktiven Wortschatz eines Sprechers angeben soll. Parallel dazu wollten wir präzisere und kontrollierbare Information zum Wortschatz in den Einzeltexten erhalten; Mearas Programm ist in sich abgeschlossen und ermöglicht nicht die Kontrolle einzelner Variablen. Aus diesem Grunde wurde eine webbasierte Anwendung in PHP programmiert (Strunk 2014). Die Anwendung arbeitet in zwei Schritten. Zunächst wird der Text in ein Feld eingegeben und dann automatisch bearbeitet (Streichung von Satzzeichen, Segmentierung in Wörter). Im zweiten Schritt wird jedes Wort des Textes einer der Frequenzgruppen zugewiesen. Dadurch entstehen 5 Werte: die Anzahl der Wörter in jeder Gruppe (4) und die Anzahl der Wörter, die keiner der vorhergehenden Gruppen zugeordnet werden konnte. Aufgrund dieser Information erstellt die Anwendung eine Liste mit den weiter unten beschriebenen relevanten Werten. Zusätzlich werden noch 5 Listenfelder ausgegeben, in denen die Wörter erscheinen, die den entsprechenden Listen angehören. Dies diente der Überprüfung der Textdaten, was vor allem hinsichtlich der Liste 5 nützlich war: Dort erschienen Einträge mit Rechtschreibfehlern, typische Elemente der gesprochenen Sprache, usw. In einem 2. Durchgang konnten die Einzeltexte dann von diesen Elementen bereinigt werden. 5. Ergebnisse Die Quantitative Auswertung stellte für jeden Text und jede Häufigkeitsgruppe folgende Information bereit: • Zahl der Tokens innerhalb jeder Gruppe • Zahl der Types innerhalb jeder Gruppe • Prozentsatz der Gruppe gemessen in Tokens an der Gesamtwortzahl 3 Es wurden zunächst auch andere Tagger überprüft, wie Morphy (Lezius 2000) und der Lemmatizer von Perera/ Witte (2005), der Tree-Tagger erzielte jedoch die besten Resultate. <?page no="68"?> Oliver Strunk 68 • Prozentsatz der Gruppe gemessen in Types an der Gesamtwortzahl • Prüfsummen Die Tabelle eines Einzeltextes wurde folgendermaßen dargestellt: Die Einzelwerte wurden dann in SPPS eingegeben und dort auf Normalverteilung überprüft. Normalverteiltheit wurde nicht bei allen Gruppen festgestellt, sondern nur in den Gruppen A, B, C und E der Types (in der Tabelle: % unique). Die Anwendung des T-Tests, um herauszufinden, ob Unterschiede zwischen Lernern und Muttersprachlern bestehen, ergab signifikante Unterschiede in den Gruppen A, B und E der Types (in der Tabelle: % unique). Eine statistisch valide Unterscheidung hinsichtlich des Sprachstands war aufgrund der reduzierten Teilnehmerzahl nicht mehr möglich. In der zusammenfassenden Auswertung ist klar zu erkennen, dass bei den Muttersprachlern die Prozentsätze der Gruppe A niedriger sind als bei den Lernern: Häufigkeitsgruppe A Mittelwert Standardabweichung Muttersprachler 67,17% 4,567 Lerner 77,85% 6,604 Die Tendenz ändert sich in der Gruppe D (Häufigkeiten 1501-2000), wo Muttersprachler höhere Prozentsätze erzielen als Lerner; noch klarer zeigt sich dies in den Werten der Gruppe E: Häufigkeitsgruppe E Mittelwert Standardabweichung Muttersprachler 19,22% 3,474 Lerner 10,95% 4,501 Die von V-Size ausgegebenen estimate-Werte waren nicht normalverteilt und wurden dementsprechend nicht auf ihre statistische Signifikanz hin untersucht; aber auch hier wurde bei den Muttersprachlern ein höherer Mittelwerte ermittelt als bei den Lernern. Die untersuchten Lerner des Deutschen verwendeten also mehr Wörter aus der Gruppe der häufigsten Wörter, weniger Wörter aus der Gruppe der selteneren Wörter, und prozentual viel weniger Wörter, die nicht zu den ersten 2000 gehören. Die Wortschatzschätzungen von Mearas V-Size haben keine konsistenten Werte ergeben und sind zumindest in dieser Konstellation nicht als Hinweis für den Sprachstand verwendbar. <?page no="69"?> Wie viele Wörter verwenden Lerner? 69 Da eine prozentual höhere Verwendung von Wörtern der Gruppe A automatisch mit einer niedrigeren Verwendung der anderen Gruppen einhergeht, und umgekehrt eine höhere Verwendung der Gruppe E mit einer niedrigeren Verwendung in den anderen, ist sowohl die Gruppe A (häufigste Wörter, vor allem grammatische Wörter) und die Gruppe E (freie Wörter, nicht in der Häufigkeitsliste enthalten) als Indikatoren anzusehen. Welche Schlüsse können daraus gezogen werden? Hinsichtlich der Häufigkeitsgruppe A könnte der Prozentsatz von Wörtern aus Gruppe A in einem Textprodukt untersucht werden: Je niedriger dieser ist, desto muttersprachlicher ist der Text. Selbst bei einem 10%igen Unterschied in den Mittelwerten (77,85% vs. 67,17%) ist dies zwar statistisch der Fall, auf der Ebene individueller Texte gibt es aber auch Lernertexte, deren Prozentsatz über dem von muttersprachlichen Texten liegt. Was dann zur Diskussion führt, dass aus der Perspektive quantitativer Auswertungen Muttersprachlichkeit nicht anhand von individuellen, voneinander losgelösten Merkmalen beschrieben werden kann, sondern diese immer als Ganzes bearbeitet werden müssen. Es gibt eben auch Muttersprachler, die sehr schlechte Texte produzieren. 6. Offene Fragen Für die vorliegende Untersuchung wurde mit lemmatisierten Texten und Häufigkeitslisten gearbeitet. Dies ist in der alltäglichen Anwendung wenig praktikabel, da Texte zunächst lemmatisiert werden müssen, und dies eine manuelle Validierung voraussetzt. Es wäre zu prüfen, ob die Verwendung von nicht lemmatisierten Frequenzlisten, wie die Korpusbasierte Wortformenliste DeReWo (2009) trotz offener Fragen zur Erstellung der Listen (Lindemann 2015) gleiche Ergebnisse bei einfacherer Anwendbarkeit liefert. Für die Wortlisten wurden aus dem Wörterbuch von Jones und Tschirner (2006) keine zusammen (im Hinblick auf) oder getrennt (je desto) erscheinenden Mehrworteinheiten oder Kollokationen übernommen; diese erfordern eine Bearbeitung, die technisch nicht mit der von Einzelwörtern vergleichbar war. Diese Einheiten, zu denen aus der Perspektive der Verarbeitung auch abgetrennte Verbpräfixe zählen, sind sehr häufig und bilden zusammen mit anderen eine Gruppe von Einheiten dar, deren Untersuchung vielversprechend für die Bestimmung von Sprachstand sein kann. Des Weiteren könnte der Einfluss der Anwendung von Stopwortlisten 4 zu einer Verschiebung der Ergebnisse führen. Denn, wie angemerkt, besteht Gruppe A hauptsächlich aus Inhaltswörtern, und der Unterschied zwischen Muttersprachlern und Lernern kann dementsprechend auch aus der Per- 4 Wie z.B. http: / / members.unine.ch/ jacques.savoy/ clef/ index.html (31.03.2015). <?page no="70"?> Oliver Strunk 70 spektive einer inhaltlichen Dichte untersucht werden, wie Lindqvist/ Gudmundson/ Bardel (2013) anmerken. Weitere Maßnahmen zur methodologischen Verbesserung wäre die Erstellung von textsortenspezifischen oder thematischen Wortlisten, oder sogar von Wortlisten, die aufgrund eines Referenzkorpus erzeugt werden. Literatur Daller, Helmut et al. 2003. „Lexical richness in spontaneous speech of bilinguals“, in: Applied Linguistics, 24/ 2, 197-222. DeReWo: Korpusbasierte Grund-/ Wortformenliste (2009), v-100000t-2009-04-30-0.1. 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Vermeer, Anne 2000. „Coming to grips with lexical richness in spontaneous speech data“, in: Language Testing, 17, 65-83. <?page no="73"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo El uso de los diccionarios de / para ELE y DaF: análisis de una encuesta desde una perspectiva contrastiva 1. Introducción El propósito de este artículo es presentar y analizar algunos de los resultados de una encuesta sobre el uso de diccionarios en la enseñanzaaprendizaje tanto de español como de alemán como segundas lenguas (L2) o lenguas extranjeras (ELE / DaF). Nos centramos en extraer de ella información acerca del empleo de algunos diccionarios bilingües alemán↔español. Esta nos permitirá hacer un análisis comparativo de su utilización y de las necesidades de los diferentes usuarios según su lengua de partida (L1). El sondeo pretende, entre otros objetivos, obtener respuestas para las siguientes cuestiones: (i) por un lado saber si los usuarios buscan lo mismo en los diccionarios bilingües 1 , independientemente de cuál sea su lengua materna (L1) y determinar si encuentran o echan en falta aspectos similares en cuanto a la información en las respectivas segundas lenguas. (ii) Por otro lado, realizar un análisis de errores en torno a las cuestiones de codificación (traducción y verbalización de determinados conceptos) planteadas en algunos ítems de la encuesta, con el objetivo de detectar en qué medida los diccionarios bilingües ayudan a resolverlas. Resulta de especial interés revelar si existe una diferencia contrastiva relevante en la utilidad de la información ofrecida, dependiendo de la lengua de partida del usuario. Encuestar a sus potenciales usuarios constituye el paso previo a la elaboración de cualquier obra de consulta (cf. Ripfel/ Wiegand 1987; Hartmann 1989) y resulta fundamental para la creación de un nuevo diccionario de consulta con un carácter innovador y diferente: onomasiológico, modular, bilingüe y en línea, enmarcado en el proyecto DICONALE. 2 1 El centro de interés de la encuesta radica en los diccionarios bilingües, si bien aporta también información sobre otro tipo de diccionarios. 2 La elaboración del diccionario se lleva a cabo en el marco del proyecto de investigación DICONALE. Diccionario conceptual del alemán y del español (MINECO - FEDER: FFI-2012- 32658) y COMBIDIGILEX (MINECO: FFI2015-64476-P) por un equipo internacional e interdisciplinar de investigación dirigido por la profesora Meike Meliss desde el Departamento de Filología Inglesa y Alemana de la Universidad de Santiago de Compostela (https: / / www.usc.es/ es/ proxectos/ diconale/ , 15.04.2015) y vinculado a la red de lexi- <?page no="74"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 74 Constatamos la existencia de una crítica lexicográfica actual muy activa y fructífera que ha permitido y sigue permitiendo, por una parte, que las obras de consulta existentes mejoren paulatinamente y se ajusten a las necesidades del usuario 3 y, por otra parte, que se elaboren nuevos productos que respondan en mayor medida a las exigencias de sus destinatarios. Paralelamente han de tenerse en cuenta en la elaboración de nuevas obras lexicográficas los resultados de los crecientes estudios empíricos sobre la utilización del diccionario, el perfil del usuario, sus gustos, necesidades, etc., ya que dichos datos complementan el abanico de posibles mejoras, tendencias y nuevos requisitos. Si bien en la última década se observa un creciente interés por estudios empíricos de uso 4 , podemos apreciar una tendencia todavía escasa a realizar investigaciones empíricas sobre el empleo de diccionarios de aprendizaje de segundas lenguas. 5 La tendencia a investigar mediante una metodología empírica el uso de diccionarios bilingües desde una perspectiva bilateral es igualmente insuficiente. Partimos pues de la hipótesis de que son necesarios más estudios empíricos que detecten las necesidades de los usuarios en contextos de L2, tal como afirman entre otros Meliss (2013a, 195) y Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez (2013, 140sqq.), y que apoyen la simple observación del hábito de consultar léxico en la clase de segundas lenguas, para poder conocer con detalle las diferencias entre ambos destinatarios y, con ello, aportar elementos de mejora en el diseño de los futuros diccionarios pedagógicos o de enseñanza-aprendizaje. Es remarcable el desequilibrio que representa la gran atención prestada a la estructura del diccionario frente a la escasa que se presta a las necesidades y al comportamiento de los usuarios (Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez 2013, 166), en especial a los de estas obras en formato electrónico (Müller-Spitzer 2014, 299). Así, junto a la mencionada observación docente de la actividad de consulta del alumcografía RELEX (Ref.: R/ 2014/ 042) coordinada por la profesora María Dolores Sánchez Palomino de la Universidad de la Coruña (http: / / relex.udc.es/ , 15.03.2015). 3 Nos limitamos aquí a citar las siguientes obras seleccionadas: (i) para el alemán: Wiegand (1998, 2008, 2010), Wiegand (1998, 2002, 2003, 2005); (ii) para el español: Haensch/ Omeñaca ( 2 2004), García Sanz (2009), Porto Dapena (2009), (iii) para diccionarios bilingües: alemán-español: Hausmann (1991), Hausmann/ Werner (1991), Fuentes Morán (1997), Werner (1998), Meyer/ Wiegand (2000), Model (2010). 4 Cfr. Rossenbeck (2005), Welker (2010), Müller-Spitzer (2013), Abel/ Vettori/ Ralli (2014), Müller-Spitzer (2014), Rautmann (2014), Domínguez Vázquez/ Valcárcel Riveiro (2015), Müller-Spitzer/ Koplenig (2015). En este contexto son de especial mención las actividades en torno a la elaboración del diccionario en línea elexiko (Klosa/ Koplenig/ Töpel 2011, 2014) y las actividades relacionadas con la red lexicográfica Netzwerk Internetlexikographie (Klosa/ Müller-Spitzer 2011; Abel/ Klosa 2014b; Abel/ Lemnitzer 2014). 5 A continuación citamos algunos estudios empíricos sobre el uso de diccionarios en el aprendizaje de segundas lenguas: Azorín Fernández (2000), Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez (2013), Flinz (2014), Marello (2014), Nied Curcio (2014), Meliss (2015c). <?page no="75"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 75 no/ estudiante en clase, uno de los métodos empíricos más fiables es el de una encuesta que nos aporte datos estadísticos suficientes, sobre cuya base podamos fundamentar un análisis teórico y, a continuación, su aplicación en el diseño y planificación de una obra de consulta innovadora, como pretende ser el diccionario en línea DICONALE. 6 2. Elaboración de la encuesta Teniendo en cuenta las perspectivas de uso de un diccionario bilingüe para ELE y DaF, se elaboró una encuesta en alemán y español, diseñada para conocer en detalle las necesidades, costumbres y preferencias de los usuarios, y para obtener datos tanto en torno a la recepción como a la verbalización de ideas en las respectivas lenguas extranjeras. 7 Para evitar el posible problema de cobertura de la encuesta, garantizar que llegue al público meta y que se asegure la motivación para realizarla, se procede a su distribución a través del profesorado entre distintos grupos de enseñanza de instituciones españolas y alemanas: se solicita la colaboración de los responsables de estos grupos, ya que consideramos esencial la puesta en práctica del rol de profesor-orientador, ante una encuesta inevitablemente extensa, que exige el desarrollo de habilidades por parte de los encuestados (como traducción de frases y verbalización de ideas). La encuesta se elaboró en el mes de abril de 2014 a través del formato libre sobre máquina de Google. 8 Se eligió esta herramienta por su disponibilidad y su formato versátil, así como por la sencillez de la gestión de los datos estadísticos. Presenta una estructura de 30 ítems con preguntas de respuesta múltiple, única o de escritura, divididos en tres grandes bloques: información y datos personales, opinión y valoración del uso dado a estas obras de consulta y, por último, tareas concretas de traducción y verbalización de conceptos en la lengua meta, con ayuda de diccionarios. Se trata de una única encuesta, diseñada sin embargo en un formato bilingüe para los destinatarios DaF en español y ELE en alemán. Las únicas diferencias entre las dos versiones se hallan en los matices específicos de cada idioma para las cuestiones de traducción/ producción en lengua extranjera. En Alemania, la encuesta fue distribuida en sedes del Instituto Cervantes, en instituciones de enseñanza secundaria y en universidades, mientras que 6 Para más información sobre DICONALE véanse entre otros los siguientes estudios: Fernández Méndez/ González Ribao/ Meliss (2015), Meliss (2015b), Meliss/ Sánchez Hernández (2015). 7 Optamos por la denominación „lengua extranjera“ para cualquiera de las dos - español/ alemán - en contexto de aprendizaje en el aula. Combinamos las denominaciones „L1“ y „lengua de partida“ para referirnos a la lengua materna de los usuarios. 8 Su formato y funciones están accesibles en: http: / / www.google.com. <?page no="76"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 76 en España se difundió en universidades y EOIs, así como en instituciones de enseñanza secundaria. La difusión se realizó entre mayo de 2014 y marzo de 2015. Esta distribución nos permitió obtener los primeros resultados objetivos entre julio y octubre de 2014, que sirvieron como valoración inicial hasta que la encuesta se cerró con un total de 142 respuestas válidas en marzo de 2015. Esto implica que el margen de error puede considerarse en torno al 5%, en un margen de confianza del 98% y los resultados deben ser considerados, por tanto, con las reservas propias de este tipo de sondeos. A pesar de ello, su análisis nos permite conocer cuáles son las diferencias fundamentales en el uso de los diccionarios para ambos grupos de usuarios. De esas respuestas, 93 son de DaF en español y 49 de ELE en alemán, y mayoritariamente se respondieron en clase, gracias a la colaboración del profesorado que administró la encuesta. 3. Resultados de la encuesta y análisis Los tres bloques principales — (i) información personal, (ii) opinión e información sobre diccionarios y (iii) tareas de traducción y producción escrita — nos permiten destacar en cada uno de ellos los elementos más interesantes para el contraste, tanto entre los dos tipos de usuarios como entre la información encontrada en los diccionarios, cuyas cuestiones relevantes presentaremos aquí: 3.1. En el ámbito de los datos personales obtenemos un perfil similar en cuanto a edad en ambos grupos. Así, el grueso de los encuestados se encuentra en la franja de 21-30 años, si bien es reseñable un elevado porcentaje de aprendices de DaF entre 41 y 50 años. En este punto es necesario destacar que la encuesta fue difundida tanto en el ámbito universitario como el no universitario y que algunos encuestados eran docentes. Pese a que la encuesta se envía al profesorado de grupos con un nivel de conocimiento en torno al B1-B2, los encuestados de habla alemana estudiantes de ELE se consideran poseedores de un mayor nivel de idioma. De este modo, un 47% de los aprendices de ELE declara tener un nivel C, frente al 34,4% de los aprendices de DaF. Mientras algo más del 18% de los encuestados españoles afirma tener nivel B2 en alemán, este número crece hasta el 30,6% en el caso de los aprendices de español como L2 (tabla 1). Es importante tener en cuenta esta premisa a la hora de contrastarla con el análisis de errores posterior, referido a las producciones/ traducciones que se realizan dentro de la encuesta. <?page no="77"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 77 Tabla 1. Conocimiento declarado A tenor de los resultados obtenidos, el prototipo de usuario de diccionario estudiante de DaF es una mujer, de entre 21 y 30 años, con conocimientos de inglés, seguidos a bastante distancia del francés y en menor medida de otros idiomas como el italiano o el portugués. Poseedora de un título superior, se dedica a la enseñanza o está en el paro. De formación eminentemente filológica, ha estudiado y/ o estudia alemán en la universidad y/ o en la EOI. Sitúa sus conocimientos de alemán en torno al nivel B1. Lleva entre dos y cuatro años estudiando alemán. Dedica cuatro horas de media semanales o más al estudio del mismo, que ha emprendido por motivos esencialmente académicos y laborales. El usuario medio estudiante de ELE encuestado es también del sexo femenino y comparte franja de edad con su homóloga española. Habla inglés, francés y algo de portugués, pero en lugar de otra lengua romance, como en el caso de la estudiante española de DaF, asegura tener conocimientos de otras lenguas no romances como el ruso, entre otras. A punto de alcanzar un título superior, si no lo ha obtenido ya, tiene experiencia en el ámbito de la docencia. La facultad, el instituto y estancias en España son los escenarios de su aprendizaje de ELE. Estudia español desde hace más de seis años. Es igual de aplicada que su compañera de encuesta para DaF, ya que también dedica unas cuatro horas semanales al aprendizaje del español. Los estudios y las perspectivas laborales constituyen, del mismo modo que en el otro grupo de encuestados, su mayor fuente de motivación. En conclusión, en cuanto al perfil de los encuestados existen muchos puntos en común, con lo que parece que partimos de grupos bastante homogéneos, caracterizados por rasgos similares, algo que a priori facilita la determinación de paralelismos y divergencias entre ambos. 3.2. En el bloque de opinión e información sobre el uso, se analizan tres cuestiones de interés referentes al: (i) tipo de diccionario preferido, (ii) formato preferido, (iii) acceso a links externos, (iv) formación recibida y (v) finalidad de las búsquedas. <?page no="78"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 78 (i) La primera de ellas, en la que se permitía una respuesta múltiple, plantea cuál es el tipo de diccionario más consultado. El resultado obtenido muestra que los diccionarios bilingües son los preferidos por ambos grupos de encuestados, especialmente por los aprendices de DaF (un 93% frente al 83% de los aprendices de ELE), seguidos a mucha distancia por los diccionarios generales/ universales monolingües y con una presencia casi residual de los demás tipos (tabla 2). Este hecho se constata en otra encuesta previa, referida solo al uso de diccionario en el ámbito de enseñanza/ aprendizaje del español entre estudiantes universitarios en Alemania (García Sanz 2009, 36-49), si bien en ella la utilización de diccionario bilingüe resulta incluso mayor entre los estudiantes de ELE (87%) que el obtenido en nuestro sondeo (83%). En ambos estudios se confirma una clara preferencia por el formato digital. En la encuesta UDALPE (Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez 2013: 147) resulta un 75,5% de frecuencia en el uso de diccionarios bilingües. Meliss (2015) indica por su parte un 86,6%, teniendo en cuenta estudiantes de DaF tanto en Alemania como en España. Tabla 2. Tipos de diccionarios más usados Es destacable que el usuario ELE germanohablante recurre más a diccionarios generales/ universales monolingües. Esto se explica por la mayor presencia de este tipo de obras en la tradición escolar en los países de habla alemana y por el acceso rápido y sencillo que ofrecen diccionarios monolingües como el DRAE, de consulta muy frecuente debido a su prestigio como obra de referencia, a pesar de la escasa ayuda que pueda aportar en un contexto de producción del español como lengua extranjera. Esta preferencia por el diccionario bilingüe en vez de, por ejemplo, por un diccionario monolingüe específicamente diseñando para usuarios de L2 se ve corroborada al final de la encuesta: tras ser planteadas las cuestiones de traducción y expresión libre, los usuarios confirmaron de manera claramente mayoritaria (96%) que para ellas acuden o acudirían a un diccionario bilingüe en primer lugar, y solo después citan los otros tipos reflejados. <?page no="79"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 79 Como la respuesta permitía opción múltiple e introducir el tipo de diccionario consultado, nos encontramos también con comentarios relevantes que indican que sólo acuden o acudirían a otro tipo de obra de consulta (monolingüe, fraseológico, ortográfico, de sinónimos, etc.) si no hallaran la información necesaria en el diccionario bilingüe. Esta actitud de preferencia hacia las obras bilingües puede deberse al distinto grado de conocimiento lexicográfico que tengan los usuarios o, como se concluye en otras encuestas, a la falta de conexión entre el planteamiento del diccionario y la necesidad real del usuario (Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez 2013, 155-156) e incluso a lo que se podría considerar un desconocimiento de las posibilidades de búsqueda que ofrecen estas obras (Meliss 2015a, 24). (ii) Respecto al formato preferido, también con opción de respuesta múltiple, la mayoría de los encuestados utilizan los diccionarios en línea frente a los otros tipos de formatos y a gran distancia de ellos (DaF 90%, ELE 95,9%) (tabla 3). 9 Es llamativa la diferencia de más de 10 puntos porcentuales entre el uso de diccionarios impresos por parte de los hispanohablantes aprendices de DaF (55%) 10 frente a los germanohablantes aprendices de ELE, que prefieren solo en un 40% los diccionarios en formato papel, incluyendo tanto bilingües como monolingües: esto puede deberse a la mayor oferta de obras impresas para DaF que para ELE, a la escasez de obras para DaF en línea en comparación con las disponibles para ELE 11 , y a la creciente tendencia de uso de Apps (Renau 2012, 151). El empleo de máquinas traductoras y de diccionarios en CD-ROM se revela escaso. Existe una preferencia evidente por el formato digital. La diferencia en este punto entre ambos tipos de usuarios puede deberse a la menor oferta disponible en la red específicamente diseñada para hispanohablantes aprendices de DaF, puesto que todas las herramientas citadas, aun mostrando un formato bidireccional, parecen principalmente diseñadas para ayudar a un usuario germanohablante en tareas de descodificación y codificación de la 9 Los encuestados tenían la posibilidad de citar explícitamente los diccionarios en línea usados e indicar incluso más de uno. Los más repetidos en DaF son, por este orden: Pons, Leo online y Linguee, tanto en su versión para ordenador como en la aplicación para móvil. Las herramientas en línea citadas por los usuarios en ELE son también por este orden: Pons, Google Translator, Reverso y Leo online. 10 La encuesta UDALPE (Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez 2013) reflejó un 75,78% de uso de diccionarios en línea (sin contemplar en ella el empleo de apps). En los datos que revelan el uso de los diccionarios en contextos DaF tanto en Alemania como en España (Meliss 2015c) resulta una frecuencia de un 83,25% de uso en línea y un 35 % de uso de Apps frente a un 54,85% de diccionario impreso. 11 El DRAE es una obra de referencia muy accesible en línea, al igual que el diccionario Clave, a pesar de no aportar de manera específica información para ELE. Para DaF existe igualmente una obra de referencia en línea: Duden. Los otros recursos son de más difícil acceso y exigen un nivel elevado, como el caso del DWDS. <?page no="80"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 80 lengua extranjera, como se constatará en el análisis de errores (§ 3.3.), o quizás también a un número más elevado de consulta fallida, de la que también son conscientes los usuarios. El uso de aplicaciones para móvil es destacable en ambos grupos de aprendices y se confirma su fuerte incremento (Nied Curcio 2014, 269), con un pequeño porcentaje a favor de su empleo en DaF por los hispanohablantes: estos citan de manera específica dos aplicaciones: pons y leo. Tabla 3. Formato de las obras de consulta (iii) Preguntados sobre la utilización de enlaces externos (bases de datos, diccionarios monolingües, información fonética y morfológica, entre otros), el resultado muestra un mayor acceso a este tipo de recursos entre los usuarios DaF (71,5%, tabla 4) frente a un escaso 40% entre los aprendices de ELE. Para entender estos datos, debemos tener en cuenta la escasa oferta de enlaces de este tipo en las obras específicas para ELE. El hecho de que los ejemplos de corpus sean, sin embargo, menos consultados en DaF puede ser atribuido a que recursos como DeReKo necesitan previamente un registro en el sistema, mientras que el acceso a un banco de datos como el CREA resulta más sencillo, pero también a que persiste un desconocimiento general de la utilización de los recursos existentes. 12 12 Sobre el valor añadido de los diccionarios en línea, véase también Meliss 2013a, 195; 2015c. <?page no="81"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 81 Tabla 4. Recursos usados dentro de las obras en línea consultadas (iv) Ambos tipos de encuestados declaran que han sido formados y orientados en el uso de diccionarios en la clase de lengua extranjera, si bien las diferencias son notables entre ambos grupos, puesto que un 61% de los aprendices de ELE dice haber recibido formación, frente a un 54% de los aprendices de DaF que lo reconoce. Esto puede explicar el mayor porcentaje de encuestados que no utiliza ningún recurso de los disponibles en los diccionarios en línea en DaF, y la mayor búsqueda de perfiles combinatorios entre los aprendices de ELE. (v) Al ser preguntados por la finalidad de las búsquedas y sobre lo que echan en falta en los diccionarios bilingües, las respuestas indican más similitudes que diferencias entre usuarios de DaF y de ELE. Puesto que en la respuesta se permitía una opción múltiple (uso correcto, denominación, exploración de variantes, traducción a / de la lengua extranjera) se constata que los aprendices de ELE marcan más cuestiones, y muestran con ello que utilizan los diccionarios bilingües para más finalidades, anticipando en ellos más utilidades. Destacan, además, en la búsqueda de traducción a la lengua extranjera, citada en un 89% de los casos en ELE, frente al 68% que citan los encuestados en DaF. Otro resultado que revela un contraste entre ambos tipos de usuarios es la afirmación de que esta clase de diccionario se considera necesario para la búsqueda de un uso correcto en ELE 77% frente al 59% en DaF (tabla 5). En este punto podemos entender que la necesidad de encontrar las formas adecuadas de la morfología verbal del español (conjugación) puede justificar esa mayor utilización. La busca de información sobre el uso correcto de las palabras y de variantes adecuadas, indica también que los aprendices de ELE utilizan el diccionario para ese fin. <?page no="82"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 82 Tabla 5. Finalidad de la búsqueda en los diccionarios bilingües Sin embargo, a través de la pregunta sobre lo que echan de menos en sus búsquedas en diccionarios bilingües, detectamos que precisamente esa información no siempre está presente o accesible en las obras consultadas para este fin. Ambos grupos coinciden en destacar en primer lugar la falta de ejemplos en DaF (61%) y ELE (55%), seguida por la escasez de sinónimos detectada en las encuestas de ELE, al igual que la ausencia de definiciones claras y traducciones precisas por parte de casi un 50% en ambas direcciones (tabla 6). En el ámbito de DaF sorprende que los usuarios no encuentren definiciones claras de las palabras en un porcentaje alto (más de un 40%), cuando es algo que debe consultarse más en un diccionario monolingüe. Lo mismo sucede con la busca de los sinónimos, donde incluso es mayor el porcentaje de los que los echan en falta en DaF, superando el 50%: se esperaría aquí que acudiesen a otro tipo de obras específicas como son los diccionarios de sinónimos, en lugar de a los bilingües. De la misma manera que cuando hacen mención a que no encuentran definiciones precisas, probablemente más propias de un diccionario monolingüe que del tipo de obra consultada aquí. También hay que señalar el hecho de que sean los usuarios de DaF los que proporcionalmente más echen de menos la explicación sobre colocaciones y fraseología, lo cual nos puede indicar que no han sido tenidos en cuenta como grupo meta en la misma medida que los usuarios de ELE. De manera global se acentúa la diferente necesidad entre los hablantes de L1 alemán y los de L1 español: los primeros consultan en la obra bilingüe más información sobre diferentes registros, mientras que los segundos buscan comparativamente más definiciones de significado y esclarecimiento de las colocaciones en alemán. En general son los usuarios de DaF los que más cuestiones echan en falta, por lo cual podemos afirmar que se detecta un déficit grave en la información proporcionada y a la vez se constata una peor formación lexicográfica de los encuestados, puesto que buscan en el lugar <?page no="83"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 83 equivocado. Poniendo estos datos en relación con los aspectos anteriores, entendemos que sean estos usuarios los que más usan los recursos externos (tabla 4), ya que las obras de consulta no proporcionaron aclaraciones suficientes y por consiguiente se ven obligados a acudir a un recurso relacionado. A los usuarios de ELE les gustaría conseguir más explicaciones sobre diferentes registros y sinónimos para actividades de codificación en lengua extranjera. Tabla 6. Qué demandan en los diccionarios bilingües 3.3. En cuanto a las tareas de codificación, es decir, actividades de traducción y expresión libre (verbalización de ideas) en la lengua extranjera que conforman la tercera parte de la encuesta, nos centramos aquí en dos casos concretos en DaF y dos en ELE. Ellas nos permitirán, a su vez, comprobar el grado de ayuda que aportan los diccionarios para llevarlas a cabo, y contrastarlo con la pregunta anterior de „qué buscan y qué echan en falta“del segundo bloque. Planteamos varias cuestiones de traducción y de expresión en la lengua meta, para las que invitamos a realizar una consulta en un diccionario bilingüe, si el encuestado lo precisa. Las palabras y expresiones propuestas para traducir presentan una dificultad contrastiva relativamente alta, lo que requería un conocimiento específico de las diferencias de estructura argumental y de los lexemas equivalentes. Cuando el encuestado no conoce estas cuestiones, tiene la opción de acudir a una obra de consulta para hallar allí la solución: si a pesar de reali- <?page no="84"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 84 zar esa consulta no la encuentra y persiste en el error, eso nos indica que la obra no parece aportar suficiente información, o bien que esta no se presenta de manera fácilmente inteligible como para ser utilizada. Pretendemos con estas cuestiones saber, por tanto, en qué medida estas consultas ayudan a resolver la codificación a través de los errores que se detecten. a. La primera cuestión propone una traducción a la lengua extranjera, ya que es una de las posibilidades más cercanas a la producción libre que podemos abordar: (a al ) -Übersetzen Sie folgende Sätze ins Spanische. (ELE) Ich möchte einen Film für dieses Wochenende ausleihen. (a esp ) -¿Cómo traduce al alemán? (DaF) Quiero alquilar una película para el fin de semana. En la primera dirección alemán→español (ELE), un 74% de las respuestas presenta un formato correcto. El 26% restante no resulta aceptable por distintas razones. Desglosado por niveles, comprobamos que esas respuestas inaceptables fueron generadas mayoritariamente por encuestados que manifestaban poseer un nivel de lengua B1/ B2 en un 89%, y que sólo un 11% de los que las produjeron declaraba tener un nivel C1/ C2. En la dirección español→alemán, el porcentaje de errores, sin embargo, aumenta considerablemente, hasta llegar a un 69% de respuestas inaceptables, aunque se constata que en ambos sentidos se repite la misma tipología de error. Los tres tipos más frecuentes son: (i) la elección errónea del lexema correspondiente, (ii) una elección errónea de la estructura argumental que acompaña al lexema y (iii) el uso incorrecto de la estructura sintáctica. Los ejemplos concretos más repetidos en la encuesta DaF son: (i) „*ich will einen Film für dieses Wochenende verborgen“, (ii) „*ich möchte einen Film nehmen für dieses Wochenende“ y (iii) „*ich wollte einen Film für das Wochenende mieten“. En ELE los esquemas de error más frecuentes son (i) „*quería prestar una película” y (ii) „*me gustaría tomar prestado una película“. A la vista de estos ejemplos, nos cuestionamos por qué no han obtenido ayuda en la consulta del diccionario e incluso si están inducidos por esta, máxime cuando ni a los encuestados con mayor nivel de idioma les resultó de utilidad la búsqueda. También nos planteamos la razón de la diferencia de frecuencia: ¿por qué hay más errores en situaciones DaF que en ELE? ¿Puede deberse a la menor información que aportan los diccionarios con la dirección español→alemán para resolver estas cuestiones? Aunque los usuarios parecen no haberlo echado tanto en falta, según lo que ellos declaran, resulta fácilmente deducible que la falsa elección del lexema „verborgen, mieten“ se debe a que la información sobre la combinación de estos lexemas es muy escasa en los diccionarios. Por ello surge aquí la duda acerca de si estas obras, tanto las impresas como las electrónicas, están realmente concebidas <?page no="85"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 85 en ambas direcciones o si solo han sido elaboradas para la perspectiva de un hablante de alemán (cf. Fuentes Morán 1997; Model 2010; Meliss 2013b). Asimismo es necesario plantearse si incluso estos errores están inducidos de manera indirecta por los diccionarios, ya que son accesibles mientras se cubre la encuesta en línea. Veamos lo que estos dicen en la búsqueda español→alemán. Al analizar los resultados que se obtienen en el más usado según la encuesta realizada por nosotros, el pons online o App (tabla 7), nos encontramos: alquilar → mieten / vermieten. Nunca aparece ausleihen. La deducción evidente que se extrae es que no está pensado para un usuario que quiera producir en alemán. La interfaz así lo demuestra: se puede elegir la „lengua de partida”; sin embargo, los datos que se coligen de ambas búsquedas son los mismos, con lo cual solo la interfaz es bidireccional, no así la información reflejada, ya que no contempla el cambio de perspectiva y de necesidad del usuario. Tampoco figuran suficientes explicaciones de uso, ni ejemplos que expliciten con qué palabras se pueden combinar los lexemas equivalentes. Existe una dificultad contrastiva en alquilar vs. mieten/ vermieten que no se resuelve con una correspondencia 1: 1, sino que es necesario ampliarla a las diferentes posibilidades combinatorias como son „alquilar una película“, „alquilar una casa“, „alquilar un coche“, etc., algo que el hablante de alemán como L1 no necesita consultar pero que puede ser muy relevante, como se comprueba a través de este sondeo de errores, para los aprendices de alemán como L2 incluso en un nivel elevado como B2 o C1. 13 Tabla 7. Pons online. Entrada de „alquilar“ y „borgen” 13 Precisamente esta necesidad se tiene en cuenta en distintos proyectos lexicográficos como, por ejemplo, ELDIT (Abel 2008) o DICONALE (Fernández Méndez/ González Ribao/ Meliss 2015), que ponen de manifiesto la necesidad de atender especialmente a las divergencias intere intralingüísticas, que permitan a los usuarios encontrar el lema correcto y obtener la información precisa sobre su uso. <?page no="86"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 86 En el caso de la perspectiva alemán→español podemos igualmente considerar que el diccionario en línea sea el inductor de un posible error morfosintáctico, al presentar para borgen el equivalente: tomar prestado. Precisamente esa es la forma que aparece en algunos de los resultados en las tareas de producción de la encuesta, ya que el usuario interpreta que esa indicación es la apropiada para el lexema alemán en una equivalencia también de 1: 1 (tabla 7). En la información reflejada en el segundo diccionario en red más citado, Leo online, podemos rastrear también algunos de los errores que detectamos en la encuesta: este diccionario ofrece información sobre el entorno semántico. Así consultamos „alquilar algo“: → etwas mieten; „alquilar algo a alguien“ coche, bote, película, etc.: → etwas verborgen, -gegen Gebühr, verleihen-. Estos datos del entorno semántico podrían ser útiles en situaciones de recepción para un usuario del alemán como L1. Sin embargo, no sirven a los usuarios con español como L1 en situaciones de producción en alemán como L2 e incluso, como ya hemos sugerido anteriormente, podrían contribuir al mantenimiento del error (Meliss 2013a y 2013b). b. La segunda cuestión planteada es de verbalización en la lengua extranjera de una idea expresada en la lengua de partida: (b al ) -Wie drücken Sie folgende Ideen auf Spanisch aus? sich von jemandem Geld borgen / leihen. (b esp ) -¿Cómo expresaría esto en alemán? Pedir prestado dinero a alguien En la dirección alemán→español, un 61% aporta una solución aceptable, pero un 39% de los encuestados genera una estructura inaceptable, todas del siguiente tipo: (i) „*prestar[se] dinero de alguien“ o (ii) “*pedir [de] alguien prestar dinero“. Es evidente que a algún encuestado le parece cercana la estructura „pedir prestado“, pero le falta ayuda en la formulación de la estructura sintáctica, a través de un ejemplo o de una referencia abstracta, ya que los verbos españoles como „pedir, regalar, dar“ piden en español un pronombre personal de objeto indirecto, pero no reflexivo: su aparición en los ejemplos de los encuestados puede atribuirse a un calco de la estructura con el dativo de interés alemán „Ich habe mir das Geld von ihm geborgen/ ausgeliehen“. Además falta un acercamiento conceptual que permita, a partir de „pedir“, entender „pedir prestado“ y llegar a esa estructura: pues, si no es así, el interesado nunca va a llegar a consultar „pedir prestado“ en el diccionario, ni puede evitar obtener información errónea si consulta „prestar“ ya que no obtiene datos sobre la combinación de palabras. En la dirección español→alemán, el porcentaje de respuestas aceptables baja sin embargo hasta un 45%, con un 55% de respuestas en las que desta- <?page no="87"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 87 can tres modelos: (i) „*Geld bitten/ verlangen“, (ii) „*[sich] Geld ausleihen bitten“, o (iii) „*Um [das] Ausleihen von Geld bitten”. Lo que realmente se deduce de las observaciones expuestas es que, aunque estos diccionarios están diseñados para los hablantes de alemán como L1, no lo están, sobre todo, para situaciones de producción en L2, ya que es aquí donde sube proporcionalmente mucho el porcentaje de error con respecto a los errores de traducción de las cuestiones planteadas más arriba (§ 3.3.a.). Por otra parte interesa también la actividad de búsqueda de variantes expresivas y sinónimos en lengua extranjera. Por ese motivo se formula la pregunta „¿Cómo expresaría de otra manera o con un sinónimo las formas verbales de las siguientes frases? Suchen Sie Varianten oder Synonyme für die in den folgenden Sätzen beinhalteten Verbformen.” Tomamos aquí como ejemplo sólo una de ellas en cada dirección: (c al ) -Sie hören dem Redner aufmerksam zu en DaF, y (c esp ) -Escuchan atentamente al orador en ELE. El porcentaje de respuestas correctas es más alto en ELE (85%), mientras que en DaF hay cerca de un 30% de respuestas que no coinciden con lo aceptable. En DaF hay errores repetidos como (i) „*aufpassen“, (ii) „*lauschen“ o (iii) „*sie macht dem Redner aufmerksam“, cuyos autores parece que no han buscado o podido encontrar solución en el diccionario. En ELE, la respuesta más repetida es „prestar atención“: comprobamos que aparece en algún diccionario bilingüe 14 como equivalente de „zuhören“, por lo que se desambigua claramente y permite su uso correcto. En cualquier caso, se constata que la información que los encuestados echaban en falta en los diccionarios bilingües (tabla 6) incluía en un porcentaje alto los sinónimos, aunque, de forma paradógica, los aprendices de ELE que más lo afirman, son los que proporcionalmente menos errores cometen al utilizarlos: algo que se explica por la aparente mayor precisión de la información en esta dirección alemán→español. 4. Conclusiones Los diccionarios bilingües alemán-español utilizados por los encuestados ofrecen una información insatisfactoria para las situaciones de producción en los ámbitos de ELE y DaF, algo que incluso genera dificultades a un número relevante de aprendices que se encuentran ya en niveles altos de conocimiento de la lengua. Esto incide en las conclusiones apuntadas por otras 14 En Pons-online y en el diccionario online Reverso. <?page no="88"?> Manuel Fernández Méndez, Mario Franco Barros, Irene Sueiro Orallo 88 encuestas previas, en las que estas obras están expuestas a una dura crítica por parte de los consultados (Domínguez Vázquez/ Mirazo Balsa/ Vidal Pérez 2013, 163; Meliss 2013b, 77sqq.). En cualquier caso, parece que la mayoría de estas obras están diseñadas para la perspectiva de los hablantes de alemán como L1 y, sobre todo, para tareas de descodificación del español como L2. Por otra parte, para la producción también parece que se atiende mejor a los germanohablantes (L1) que necesitan codificar en español como lengua extranjera (L2) que viceversa. El grado de satisfacción del usuario con la información recibida revela que éste precisa una serie de informaciones que no encuentra en los diccionarios que maneja, o que por su falta de formación o de transparencia en el diccionario, no logra llevar a cabo una consulta efectiva. Por todo ello, se hace necesario el desarrollo de herramientas de consulta que atiendan a los problemas específicos que plantean las dos direcciones de búsqueda tanto en situaciones de ELE como en DaF. Asimismo, de los resultados de la encuesta también se desprende la necesidad de atender con mayor esfuerzo al desarrollo de una destreza lexicográfica: para ello es necesario que el profesorado disponga de los conocimientos adecuados y que esté convencido de la utilidad de desarrollar estrategias de uso de diccionarios en la enseñanza de lenguas extranjeras (Meliss 2015c). 15 Las cuestiones elegidas en esta encuesta se basan de forma ejemplar en la verbalización de conceptos / ideas y de lexemas que generan especial dificultad entre los aprendices, pero al mismo tiempo se pueden hacer extensivos, en mayor o menor medida, a gran parte del léxico en ambas lenguas. Por ello, la microestructura correspondiente a cada entrada léxica debe incluir las cuestiones contrastivas relevantes, ya que, al no hacerlo, permite que el usuario presuponga que — por mencionar solamente un ejemplo — el mismo esquema sintáctico es válido en ambos lexemas o en ambas direcciones de consulta (cf. Fuentes Morán 2015). No resulta aceptable que en un diccionario bilingüe los usuarios se encuentren con un mayor o menor déficit de información dependiendo de cuál sea su L1 y su L2: si buscan y necesitan informaciones distintas que atiendan a las especificidades comparativas, lo deseable es que las puedan satisfacer en una búsqueda, sea cual sea la L2, y que estas obras de consulta no presupongan nada que pueda inducir al error. Por todo lo cual, se evidencia la necesidad de tener en cuenta al 15 La organización de cursos de formación para el uso de herramientas lexicográficas en la clase de L2 son uno de los requerimientos más evidentes de las observaciones aquí expuestas (Meliss/ González Ribao 2016). Por otra parte, en el marco de DICONALE se está desarrollando actualmente una encuesta dirigida al profesorado de ELE y DaF, que debe ser extendida a otros ámbitos como DaF en Portugal, con la que se pretende, por una parte, obtener datos reales sobre el uso del diccionario en la clase de L2 y por otra, ayudar a concienciar al profesorado de su utilidad. <?page no="89"?> El uso de los diccionarios de/ para ELE y DaF 89 usuario de una manera mucho más cercana, a pesar de la complejidad que ello conlleva, en los futuros proyectos lexicográficos que se emprendan. 16 Bibliografía CREA: Corpus de referencia del español actual. Real Academia Española (http: / / corpus.rae.es/ creanet.html, 15.04.2015). DeReKo: Deutsches Referenzkorpus. Institut für Deutsche Sprache (http: / / www1.idsmannheim.de/ kl/ projekte/ korpora, 20.05.2015). Diccionario Clave (http: / / clave.smdiccionarios.com/ app.php, 12.05.2015). DRAE: Diccionario de la lengua española. 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Information zu dem lexikologischen Kombinationspotenzial mittels Konkordanzen, Kookkurrenzen, Wortkarten, Wortprofilen etc. in unterschiedlicher Präsentationsform wie z.B. Wortwolken (Duden und DWDS), Wortgraphen (Uni-Wortschatz Leipzig), Wortkarten (CCDW-IDS), Tabellen (DWDS, CCDB-IDS, CORPES) etc. anbieten und damit auch in Lernersituationen im Bereich Deutsch als Fremdsprache (=DaF) zur Verfügung stehen. Ausgangspunkt ist aber auch gleichzeitig die Beobachtung, dass laut Auswertungen einer aktuellen Benutzerumfrage zu lexikographischen Benutzergewohnheiten und -wünschen, die für die Bereiche DaF/ Ele 2 von unserer Forschungsgruppe DICONALE entwickelt wurde 3 , genau diese Ressourcen kaum bekannt zu sein scheinen, bzw. wenig genutzt werden. Obwohl zwar bezüglich des bevorzugten Formats aus der Umfrage deutlich erkennbar wurde, dass die Benutzung von lexikographischen online-Ressourcen, die der Print- 1 Dieser Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprojekts DICONALE (= Diccionario conceptual del alemán y del español) (MINECO - FEDER: FFI2012-32658) entstanden und steht außerdem in Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt COMBIDIGILEX (MINECO: FFI2015-64476-P) und dem lexikographischen Forschungsnetzwerk RELEX (R/ 2014/ 042) (cf. dazu auch: https: / / www.usc.es/ gl/ proxectos/ diconale/ aleman, 01.02.2015). 2 Ele = „Español como lengua extranjera“ = Spanisch als Fremdsprache. 3 Im Rahmen des Forschungsprojekts DICONALE wurde eine komplexe online-Umfrage ausgearbeitet, die sowohl an einigen philologischen Fakultäten als auch an universitären und nicht universitären Spracheninstituten und anderen, v.a. öffentlichen Sprachenschulen in Spanien und Deutschland in spanischer und deutscher Sprache für DaF- und für Ele-Lernende angeboten wurde. Für eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse für den DaF- und Ele-Bereich im Vergleich siehe Fernández Méndez/ Franco Barros/ Sueiro Orallo (2016) in diesem Sammelband. Eine Darstellung der Umfrageergebnisse der DaF-Probanden in Deutschland und Spanien im Vergleich wurde von Meliss (2015c) vorgelegt. <?page no="94"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 94 WB schon übersteigt, zeigen die Daten auch, dass die formatspezifischen online-Rechercheoptionen, wie z.B. die computergenerierten Informationen (ganz unabhängig von ihrer Darstellungsform) zu typischen/ häufigen Verbindungen wenig genutzt werden. Die dargestellten Zahlen verwundern, denn in der besagten Umfrage wurde auch deutlich, dass sich die Benutzer allgemein sowohl in zweisprachigen, als auch in einsprachigen Wörterbüchern im deutsch-spanischen Umfeld mehr Information zu dem kombinatorischen Potenzial wünschen. Es liegt daher nahe, anzunehmen, dass die WB- Benutzer die vorhandenen Ressourcen nicht genügend kennen, bzw. nicht damit umgehen können und daher von ihrem informativen Mehrwert nicht genügend profitieren (cfr. Meliss 2015c; Fernández Méndez/ Franco Barros/ Sueiro Orallo 2016). Unser Beitrag beschäftigt sich daher mit automatischer, korpusgenerierter Information zu dem lexikologischen Kombinationspotenzial und ihrem Nutzen sowohl für die Forschung als auch für die - hauptsächlich - universitäre Lehre im Bereich der Deutsch als Fremdsprachenvermittlung, wobei hier vor allem eine unilaterale kontrastive Sichtweise - konkret die eines hispanophonen DaF-Lerners - eingenommen wird. Im ersten Abschnitt soll zunächst der Untersuchungsgegenstand genauer bestimmt und verschiedene Arten von „Wortprofilen & Co.“ für das Deutsche und - zwecks vergleichender Studien - auch für das Spanische vorgestellt werden. Dabei wird durch konkrete Beispiele aufgezeigt, dass Wortprofile inter- und intralingual relevante empirisch fundierte Information aufdecken können, die einerseits in der kontrastiven Sprachbetrachtung genutzt werden sollte und andererseits konkret für die fremdsprachige Textproduktion im DaF-Kontext ihre Anwendung finden kann. Ein Kriterienkatalog, mit dem das aktuelle Angebot von Wortprofilen und Ähnlichem bezüglich verschiedener Faktoren untersucht und gegenübergestellt wird, schließt den ersten Abschnitt ab. Über den Nutzwert für die Forschung und Lehre im Bereich DaF wird kurz im zweiten Abschnitt reflektiert. Der abschließende Ausblick verweist auf verschiedene Plädoyers für eine optimalere inter- und intralinguale Nutzung des Informationsangebotes im DaF-Bereich und speziell auf noch wenig genutzte Potenziale für eine neue Generation von online-Lernerwörterkonsultationssystemen. 2. Gegenstandsbereich: Worum geht es? 2.1. Allgemeines: Korpusbelege und Konkordanzen Elektronische Korpora werden seit geraumer Zeit nicht nur für Forschungszwecke, sondern auch für das (Fremd)Sprachenerlernen eingesetzt. Die Korpusbelege geben die verschiedenen Verwendungen eines Wortes auf der Grundlage realer Textbeispiele wieder und ergänzen u.a. das in den Wörter- <?page no="95"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 95 büchern oft bemängelte Beispieldefizit. De facto bestätigen die Ergebnisse der anfangs erwähnten Umfrage, dass die Probanden gerne auf Korpusbelege zurückgreifen, da sie in den Wörterbüchern allgemein adäquate Beispiele vermissen (cf. Meliss 2015c; Fernández Méndez/ Franco Barros/ Sueiro Orallo 2016). Bei der Anzeige der Suchergebnisse basieren die elektronischen Plattformen auf Konkordanzen, die in übersichtlicher Form die Suchergebnisse anbieten, wie in Abbild 1 an Beispielen aus DWDS für das Deutsche und an Beispielen aus CORPES für das Spanische ersichtlich wird. Abbildung 1. Konkordanzen zu duften aus DWDS und oler aus CORPES Da die elektronischen Korpora rapide anwachsen und somit auch die Anzahl der Suchergebnisse, bzw. der Trefferanzahl, ist eine manuelle Analyse zur Beantwortung bestimmter Fragen für die Lehre und Forschung meist nicht mehr zu bewältigen. Church und Hanks haben schon 1989 gezeigt, dass es sinnvoll erscheint, typische Verwendungen statistisch auszuwerten. Es wurden Kookkurrenzstatistiken etc. entwickelt, die die Gebräuchlichkeit von Wortverbindungen aufzeigen. Abbildung 2. Wortprofile und Ähnliches <?page no="96"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 96 Im Folgenden werden wir exemplarisch auf unterschiedliche online- Ressourcen eingehen, die syntagmatische Bezüge bzw. signifikante Kookkurrenzen anbieten. Die Graphik bietet einen Überblick über die sechs Ressourcen (4 für das Deutsche und die 2 für das Spanische), auf die näher eingegangen werden soll (Abbild 2). 2.2. Kookkurrenzen Beispiel 1: riechen: Uni-Wortschatz Leipzig 4 . Wir erhalten statistisch relevante Information zu signifikanten Kookkurrenzen. Am Beispiel von riechen (Abbild 3) sieht man, dass u.a. eine enge Verbindung mit „unangenehm“ vorliegt: unangenehm riechen. Die Information zu den linken und rechten Nachbarn von riechen zeigt uns z.B. häufige Verbindungen mit Rosen und Chemikalien. Dass es sich hier um das Subjekt handeln muss, verät die linke Position vom Verb. Rechts findet der Benutzer z.B. die Präposition nach, die auf eine Präpositionalphrase deutet: „riechen nach etwas“. Im rechten Feld vom Verb befindet sich auch häufig das Adjektiv streng, was zu Verbindungen führt wie: „etwas riecht streng“. Die Wortgraphen verbinden die Information der signifikanten Kookkurrenzen mit den Satzkookkurrenzen. Eine Verlinkung zu Korpusbelegen ist allerdings nicht möglich. Abbildung 3. Signifikante Kookkurrenzen und Wortgraph zu riechen aus Uni- Wortschatz Leipzig Deutsch (Ausschnitt) 4 Das Portal ‚Uni-Wortschatz Leipzig‘ bietet uns über einen versteckten Link Information zu dem Projekthintergrund, Korpusumfang, Publikationen etc. an. Cf. dazu auch Richter et al. (2006) (http: / / asvdoku.informatik.uni-leipzig.de/ corpora, 01.02.2015). <?page no="97"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 97 Beispiel 2: simsen sms: Uni-Wortschatz Leipzig. Erwähnenswert und besonders interessant für sprachvergleichende Studien ist die Recherchemöglichkeit für andere Sprachen über das internationale Portal (Leipzig Corpora Collection), welches seit 2002 für bestimmte Sprachen, unter anderem für das Spanische, angeboten wird. So kann man z.B. mittels gleicher Verfahren Ergebnisse verschiedener Sprachen gegenüberstellen. Dahingegen besteht hier u.a. das Problem, dass die Suchmaschine formell bzw. graphisch empfindlich ist. Wie man in dem Beispiel beobachten kann, entspricht das Wort sms - je nachdem, ob es klein oder groß geschrieben wird - zwei unterschiedlichen Formen, wird aber nicht als dasselbe Wort identifiziert. Man erhält folglich zwei unterschiedliche Analysen. Eine der Anwendungsmöglichkeiten dieser Art der Information soll kurz exemplarisch mit folgender Situation dargestellt werden: Ein deutschsprachiger Muttersprachler, der Spanisch als Fremdsprache lernt, sucht nach den treffenden Entsprechungen im Spanischen für das deutsche Verb simsen. Unabhängig davon, ob er weiß, dass sich der Neologismus esemesear im spanischen Wortschatz nicht richtig festgesetzt hat, kann er, wenn er von seiner Muttersprache ausgeht, nach dem Substantiv sms suchen und überprüfen, ob man auf Spanisch etwas wie enviar/ mandar un sms bzw. enviar/ mandar vía/ por/ a través de sms sagen kann. Wenn das der Fall ist, kann er herausfinden, welche Option am häufigsten verwendet wird (Abbild 4). In beiden Graphen ist auffällig, dass sowohl das Verb enviar als auch die Präposition vía mit sms stark verbunden sind. Ein weiterer Blick auf die Statistik zu den einzelnen Relationen bestätigt, dass sms häufiger mit dem Verb enviar (als mit mandar) und mit der Präposition vía (als por) auftritt. Aus einer kontrastiven Perspektive, bzw. im deutsch-spanischen Sprachvergleich, wäre es z.B. interessant, die gleiche Abfrage für das Deutsche zu tätigen und beide Ergebnisse im Kontrast zu betrachten. Abbildung 4. Signifikante Kookkurrenzen und Wortgraph zu sms vs. SMS aus Uni-Wortschatz Leipzig Spanisch (Ausschnitt) <?page no="98"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 98 Bei den bis jetzt genannten Beispielen 1 und 2 lassen sich die syntagmatischen Bezüge in vielen Fällen nur erraten, da die Korpora nicht entsprechend syntaktisch annotiert sind. Daher wuchs die Notwendigkeit nach der Entwicklung von Verfahren, die auch typisch syntaktisch motivierte Wortverbindungen aufzeigen. Für das Englische liegt z.B. der Ansatz von Adam Kilgarriff: Sketch Engine (2004) vor. Im Folgenden werden einige Beispiele dazu für das Deutsche und Spanische aufgezeigt: Beispiel 3: riechen: CCDB-IDS-Mannheim. CCDB ist eine Kookkurrenzdatenbank, die am IDS-Mannheim entwickelt wurde (Belica 2011). Sie bietet eine Reihe von Recherchemöglichkeiten an und ermöglicht u.a. (i) das Aufdecken von signifikanten Regelmäßigkeiten bei der Verwendung von Wortkombinationen in dem deutschen Referenzkorpus (DeReKo), (ii) die Auswertung des definierbaren Kontextes eines vorgegebenen Suchobjekts in beliebigen virtuellen Korpora mit Hilfe mathematisch-statistischer Analyse- und Clusteringverfahren, (iii) das Angebot von Hinweisen auf systematisches, gemeinsames Auftreten von Wörtern (Kookkurrenzen) und ein Maß für deren Affinität (Kohäsion), (iv) die Zusammenfassung der Belege, die ein ähnliches Kookkurrenzverhalten des Wortes dokumentieren, zu Gruppen/ Clustern, (v) die Strukturierung dieser Belegmengen ggf. hierarchisch, (vi) das Angebot einer entsprechenden synoptischen Präsentation der Belege, (vii) die Erfassung von binären Wortrelationen und auch usuellen phrasalen Mustern bis hin zu (idiomatischen) Mehrworteinheiten etc. (Abbilder 5a und 5b). Die verschiedenen Recherchemöglichkeiten sind vielseitig, aber sehr komplex und ohne entsprechende Einweisung im DaF-Lerner- und Lehrerkontext nicht zu bewältigen. Abbildung 5a. Kookkurrenzpartner zu riechen aus CCDB-IDS-Mannheim (Ausschnitt) <?page no="99"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 99 Abbildung 5b. Wortkarte zu Lexemen im Vergleich und verwandte Kookkurrenzprofile zu riechen und duften aus CCDB-IDS-Mannheim (Ausschnitt) Beispiel 4: sms: CORPES. Für das Spanische haben wir u.a. das Referenzkorpus CORPES XXI von der Real Academia Española (=RAE). Das Korpus umfasst eine Zeitspanne von 2001 bis 2012 und bietet statistische Informationen zu den Kookkurrenzen („coapariciones“) eines Lemmas. Das Korpus ist z.Z. noch eine Beta Version und ist unvollständig, besteht aber schon jetzt aus über zweihundert Millionen Wortformen. Die Texte sind morphosyntaktisch annotiert und manuell desambiguiert. Die Kookkurrenzen können nach den unterschiedlichen statistischen Berechnungen (absolute Frequenz, mutuale Information, Log-Likelihood und T-Score) geordnet werden. Dazu wird auch die Wortart der Kontextwörter gekennzeichnet. 5 (a) Wenn man noch einmal auf dieselbe Benutzersituation von Beispiel 2 eingeht, kann man sehen, dass die Ergebnisse der Abfrage in CORPES die Informationen bestätigen, die uns schon das Korpus der Uni Leipzig geliefert hat: sms kommt mit enviar häufiger als mit mandar vor. Die Information aus den Kookkurrenzenlisten kann auch in anderen Benutzersituationen behilflich sein. Zum Beispiel bei der Übersetzung folgenden Satzes vom Deutschen ins Spanische: Ich habe gestern eine SMS von deinem Bruder bekommen. Wenn man in einem zweisprachigen Wörterbuch das Verb bekommen nachschlägt, erhält man als mögliche Entsprechung die spanischen Verben recibir und obtener. Aber mit welchem spanischen Verb kombiniert das Substantiv sms am besten: mit recibir oder obtener? Die Kookkurrenzenanalyse zeigt, dass das passendere Verb recibir ist. Diese Informationen kann man validieren, wenn die Kookkurrenzen von obtener und recibir 5 Für mehr und genauere Information zu CORPES, siehe http: / / web.frl.es/ CORPES (01.02.2015). <?page no="100"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 100 dementsprechend abgefragt werden. Es könnte dann festgestellt werden, dass sms als signifikanter Kookkurenzpartner von recibir vorkommt. (b) Noch ein weiteres Fallbeispiel: In einer kontrastiven Studie zur Argumentstruktur der medialen Kommunikationsverben im Sprachvergleich Spanisch-Deutsch kann man ebenfalls von den syntagmatischen Informationen, die die Kookkurrenzenlisten liefern, profitieren. Bei dem Verb televisar lassen sich aus der dazu gehörigen Kookkurrenzenliste die typischen Argumente des Verbs herausfinden (Subjekt: cadena und Objekt: debate, discurso, partido, mensaje). Daneben kann man aber auch pragmatische Informationen zum Gebrauch des Verbs erhalten. Zum Beispiel lässt sich hier beobachten, dass das Verb sehr häufig in passiver Form verwendet wird, da das Verb ser als ein starker Kookkurrenzenpartner von televisar auftritt. Ebenfalls kommt das Verb in unpersönlicher Form bzw. halbpassiver Form häufig vor, da es mit dem Personalpronomen se eng verbunden ist. Genaue Information zu der Beziehung eines Kookkurrenzenpaares kann man außerdem durch den Wiederaufruf der entsprechenden Korpusbelege erhalten. Wenn man aber schon eine Wortkombination im Kopf hat, kann man auch direkt die Konkordanz des gegebenen Wortpaares abrufen, wie das Beispiel in den Abbildern 6a-c illustriert. Abbildung 6a. Kookkurrenzpartner zu sms aus CORPES (Ausschnitt) <?page no="101"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 101 Abbildung 6b. Kookkurrenzpartner im Vergleich zu recibir und obtener aus CORPES (Ausschnitt) Abbildung 6c. Konkordanzen und Kookkurrenzpartner zu televisar aus CORPES (Ausschnitt) 2.3. Typische Verbindungen Beispiel 5: Für das Deutsche bietet das Duden-Online WB auf der Basis von dem Dudenkorpus automatisch generierte und durch statistische Verfahren erzeugte Information zu „typischen Verbindungen im Kontext“. Das ent- <?page no="102"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 102 sprechende Suchstichwort wird mit Kontextwörtern unterschiedlicher Wortarten (Adjektive, Substantive, Verben) in Form von Wortwolken in Verbindung gebracht. In übersichtlicher und benutzerfreundlicher Weise können die Interessierten überprüfen, ob bestimmte Verbindungen „häufig“ sind, da sie nach Grad ihrer Typizität visuell-graphisch durch Groß-/ Kleinschrift hervorgehoben werden. So kann man erkennen, dass Schweiß als Nomen und muffig als Adjektiv signifikante Partner von riechen sind. Allerdings kann der Benutzer nicht aus der Information erschließen, dass die Verbindung durch eine Präpositionalphrase (nach Schweiß riechen) erfolgt und dass die Verbindung mit muffig bestimmten Distributionsbeschränkungen unterliegt. Etwas riecht muffig / irgendwo riecht es muffig - aber nicht: *jemand riecht muffig (Abbild 7). 6 Eine Verlinkung zu den Kontextstichworten ist möglich, leider aber nicht zu konkreten Frequenzdaten oder zu Korpusbelegen und eine vergleichende Darstellung zweier ähnlicher Stichworte ist ebenfalls nicht gegeben. 7 Der Einsatz dieser Ressource im DaF-Anfängerunterricht ist durchaus denkbar, da die Information klar, deutlich und übersichtlich präsentiert wird und auch weder spezifische grammatische noch korpuslinguistische Kenntnisse erfordert. Für den fortgeschrittenen Bereich ist es allerdings notwendig, weitere Informationsquellen zu konsultieren. Abbildung 7. Typische Verbindungen mit anderen Wortarten zu riechen aus Duden-online 6 Diese Information wird allerdings nicht für alle Einträge angeboten. So haben wir zwar für riechen, aber nicht für bedeutungsähnliche Lexeme wie stinken und duften ein derartiges Angebot. Welche Lemmata Kandidaten für diese Darstellung der typischen Verbindungen sind, bleibt unklar. 7 Man erhält weitere allgemeine Information zu typischen Verbidungen über ein Infobutton: http: / / www.duden.de/ hilfe/ typische-verbindungen (01.02.2015). <?page no="103"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 103 2.4. Wortprofile Beispiel 6: Das DWDS-Profil ist Teil des Online-Informationssystems der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, das 2008 ursprünglich in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Bozen entwickelt und seither stark erweitert wurde. Das DWDS-Wortprofil ist das Ergebnis einer automatischen syntaktischen und statistischen Analyse sehr großer Korpora. Es liefert einen kompakten Überblick über die statistisch signifikanten Beziehungen eines Wortes. (Geyken 2011, 115) Es ermöglicht die Extraktion von syntaktischen Relationen aus größeren Textkorpora (Geyken 2011; Didakowski/ Geyken 2014) 8 und liefert statistische und grammatische Informationen über den Gebrauch von Wörtern im Deutschen. Diese Ressource ermöglicht u.a. (i) den Überblick über das grammatische und kollokationale Verhalten von Wörtern, (ii) einen einfachen und intuitiven Zugriff auf Korpusbelege und (iii) den Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Verwendung zweier Wörter (Abbild 8b). Die Art der Darstellung kann in Form von Wortwolken oder in Form einer tabellarischen Information erfolgen und ist nach 12 verschiedenen syntaktischen Relationen, die dem Benutzer unterschiedliche Selektionsmöglichkeiten anbieten, strukturiert und dementsprechend abfragbar (Abbild 8a). Die Abfrage kann mit statistischer Information zu Häufigkeit und Verlinkung zu Belegbeispielen bereichert werden (Abbild 8c). Das Informationsangebot ist gut strukturiert, erfordert aber durch seine Komplexität beim Benutzer gute Grammatik- und Sprachkenntnisse. 9 Abbildung 8a. Information zu verschiedenen syntaktischen Funktionen zu riechen aus: DWDS (Ausschnitt) 8 Siehe auch den Ansatz zur Extraktion „signifikanter Wortpaare als Webservice“, der an der Universität Stuttgart entwickelt wurde (Schielen 2003). Cf. Geyken 2011, 118. 9 Die interessierten Benutzer erhalten über „Ressourcen“ genaueres Informationsangebot zu den DWDS-Wortprofilen: http: / / www.dwds.de/ ressourcen/ wortprofil (01.02.2015). <?page no="104"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 104 Abbildung 8b. Wortwolken im Vergleich: riechen duften aus DWDS und Frequenzinformation (Ausschnitt) Die Anwendungssituationen für den DaF-Bereich sind vielfältig und durch die syntaktisch-funktionell strukturierten Abfrage- und Vergleichsmöglichkeiten bedeutungsähnlicher Lexeme besonders für die fremdsprachigen Produktionssituationen interessant. Die kombinatorischen Distributionsbeschränkungen zwischen riechen und duften - die einem hispanophonen DaF- Lerner nicht unbedingt sofort klar sind, da es im Spanischen kein Verb für die positive Geruchsemission gibt - werden anhand der Information zu folgenden Fragen des Benutzers deutlich: → Was kann wonach/ wie/ riechen oder duften? → Was oder wer kann riechen oder duften? Eine Verlinkung zu den Korpusbelegen verdeutlicht das Gesuchte (Abbild 8c). Es ist allerdings anzumerken, dass nur ein in diese Ressourcen eingeführter DaF- Lerner die Möglichkeiten der Wortprofile optimal nutzen kann. Abbildung 8c. Verlinkung zu Korpusbelegen: riechen aus DWDS (Ausschnitt) <?page no="105"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 105 2.5. Kriterienkatalog und Typologie Um festzuhalten, welche Ressourcen uns zur Verfügung stehen, haben wir in einer Tabelle (siehe Tabelle 1) die spezifischen Kriterien der genannten Ressourcen schematisch zusammengefasst. Dies soll die Grundlage für eine Art Kriterienkatalog bilden und könnte als Information für Interessierte in Lehre und Forschung dienen. Tabelle 1. Kriterienkatalog zu den präsentierten Online-Ressourcen 3. Anwendungsbereiche Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass die Nutzung der besagten Ressourcen sowohl in der Lehre als auch für die Forschung im zweisprachigen Kontext eine Reihe von Möglichkeiten bietet, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. 3.1. In der Lehre Wie schon aus dem Kriterienkatalog (Tabelle 1) ersichtbar wurde, eignen sich nur wenige der vorgestellten Ressourcen vorbehaltlos für die praktische Anwendung im Fremdsprachenerwerb im Allgemeinen und für die L2- Sprachproduktion im Speziellen. Das Verständnis und der adäquate Gebrauch des vielseitigen Angebotes setzen relativ hohe Sprach- und Fachkenntnisse bei den Lernenden und Lehrenden voraus. Entsprechende Schulungsmaßnahmen in der Lehrerfortbildung sind nach wie vor noch selten <?page no="106"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 106 und auch Einführungen in die Wörterbuchbenutzung in DaF-Kursen jeglicher Sprachstufen sind nicht regulärer Bestandteil der curricula. Trotz dieser allgemeinen Beobachtungen erweist sich z.B. die Wortwolken-Information von Duden-online als interessante Ressource für den DaF- Anfängerunterricht, wobei die Verbindung zu illustrativen Beispielen allerdings von großem Nutzen wäre. Für den fortgeschrittenen DaF-Bereich ist im besonderen Maße das Informationsangebot der DWDS-Wortprofile zu nennen, die explizit unter anderem als Anwendungsbereich das Sprachenerlernen anvisieren. Im DaF- Bereich ermöglicht das DWDS-Wortprofil ein „intuitives und datengetriebenes Lernen“ (siehe Flyer: GAL Aachen 2013). Neben dem allgemeinen Nutzen für den Spracherwerb ist die Ressource besonders für die Textproduktion von großem Mehrwert 10 , da die Benutzer u.a. das Kombinationspotenzial von bedeutungsähnlichen Lexemen im Vergleich abfragen können und über die unterschiedlichen syntaktischen Funktionen konkrete Information zu häufigen Verbindungen erhalten, die mit entsprechenden Korpusbelegen bereichert wird. Aktuell sind Bemühungen im Gange, die Oberfläche benutzerfreundlicher zu gestalten, „in order to make the Wortprofil 2012 useful for a broader public“ (Didakowski/ Geyken 2014, 46). Erste konkrete anwendungsorientierte und didaktisierte Studien zur Benutzung der DWDS-Wortprofile haben u.a. Drumble (2011) und Wallner (2013) vorgelegt. Die automatisch generierte Information zu Kookkurrenzen, die u.a. CCDB-IDS anbietet und die auch aus einer sprachvergleichenden Perspektive mit entsprechender Information aus den spanischen Referenzkorpora CREA und CORPES gegenübergestellt werden kann, sowie die Wortprofilinformation für Deutsch und andere Sprachen im Vergleich, die die Ressource der Uni-Wortschatz Leipzig zur Verfügung stellt, erfordert im fremdsprachigen Lernerkontext eine sehr hohe Sprach- und Fachkompetenz, die im besten Fall im universitären Umfeld eines Philologiestudiums genutzt werden kann. Aus einer kontrastiv motivierten Betrachtung heraus, lässt sich zusammenfassen, dass es wünschenswert wäre, Ressourcen zu entwickeln, die z.B. auf der Basis von Parallelkorpora oder vergleichbaren Korpora zweier oder mehr Sprachen vergleichbare Wortprofile generieren könnten, die dem Lernenden beim Fremdsprachenerwerb nützlich sind. 10 „Darüber hinaus sind Wortprofile als Ressource für die Textproduktion von großen Wert. Mit statistischen Wortprofilen lassen sich sowohl typische Wortverbindungen für ein Wort auffinden als auch deren semantische und pragmatische Kontexte in authentische Textzusammenhängen mit wenigen Mausklicks nachschlagen“ (Geyken 2011, 151). <?page no="107"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 107 3.2. In der Forschung: Korpusbasierte Lexikographie Die Nutzung von elektronischen Korpora als empirische Basis für diverse sprachwissenschaftliche Phänomene ist heutzutage unumstritten. Für kontrastive Studien ergeben sich allerdings nach wie vor gewisse Probleme, da nicht immer adäquate vergleichbare Korpora, die die Grundlage für kontrastive Studien bilden, vorliegen, bzw. die entsprechenden Suchmaschinen nicht vergleichbare Daten herausfiltern können. Bezüglich des Sprachenpaares Deutsch-Spanisch steht seit der Freischaltung von CORPES ein aktuelles Referenzkorpus der spanischen Sprache zur Verfügung, welches zusammen mit dem Referenzkorpus der deutschen Sprache: DeReKo eine adäquate empirische Basis für vergleichende Studien der Gegenwartssprache darstellt. So können mit ähnlichen Suchkriterien über die entsprechenden Suchmaschinen die jeweils relevanten Daten zur qualitativen und quantitativen Analyse herausgefiltert und in jedem Fall mit authentischen Belegen dokumentiert werden (González Ribao 2015a; González Ribao/ Fernández Méndez/ Meliss 2016). Die umfangreiche Datenmenge erschwert allerdings die manuelle Analyse der Daten, so dass die mit diesen Korpora in Verbindung stehenden Möglichkeiten zu Kookkurrenzanalysen ein nützliches Handwerkszeug für die linguistische Datengewinnung liefern. Allerdings bedarf es einer adäquaten Einführung in die verschiedenen Recherchemöglichkeiten, um die Ressourcen optimal nutzen und die Ergebnisse korrekt analysieren zu können. Für kontrastive Studien bietet sich außerdem u.a. die Ressource Uni- Wortschatz Leipzig an, die es erlaubt, die Ergebnisse auf der Basis vergleichbarer Korpora in beiden Sprachen zu betrachten und anhand von Wortgraphen auch visuell zu vergleichen. Im Hinblick auf eine Zuarbeit und Erleichterung für lexikographische Forschungsarbeiten erweist sich auch die Nutzung der DWDS-Wortprofile als extrem nützlich. So werden sie z.B. von Didakowski/ Radtke (2014) zur Erstellung eines lexikologischen Informationssystems zu deutschen Stützverbgefügen genutzt. Auch für unser Projekt DICONALE 11 wurden ebenfalls einige Pilotstudien erstellt, die - ausgehend von der Information der Wortprofile - Rückschlüsse auf die Verbalkombinatorik bestimmter Verben des Deutschen erlauben. Die Ergebnisse werden zusätzlich zu den noch manuell erstellten Analysen verwendet. 11 Zu der allgemeinen Konzipierung des Wörterbuches und Fragen zu den methodologischen und theoretischen Grundlagen, sowie zu dem mehrstufigen, modularintegrativen Beschreibungsmodell liegen u.a. folgende Studien vor: Meliss (2014), Egido Vicente/ Fernández Méndez/ Franco Barros (2015), Fernández Méndez/ González Ribao/ Meliss (2016), González Ribao/ Meliss (2015), Meliss/ Sánchez Hernández (2015). Zu empirisch belegten Einzelstudien: Egido Vicente (2015), Fernández Méndez (2015), González Ribao (2015b), Meliss (2015b), Sánchez Hernández (2015). <?page no="108"?> Meike Meliss, Vanessa González-Ribao 108 4. Fazit und Ausblick Zusammenfassend können wir festhalten, dass wir einerseits folgendes Informationsangebot vorliegen haben: • zahlreiche online-Ressourcen mit Angebot zu verschiedenen Arten von automatisch generierten, korpusbasierten Verbindungen / Verknüpfungen etc.; • sehr große Korpora - viele Belege; • einige Ressourcen für inter- und intralinguale Vergleichsmöglichkeiten; • technische Möglichkeiten zu einem hohen Visualisierungsgrad. Daneben haben wir aber auch folgende Defizite feststellen können: • keine / geringe Anzahl von vergleichbaren Korpora, die neben einzelsprachlichen Untersuchungen auch vergleichende Studien ermöglichen; • geringer Bekanntheitsgrad der besagten Ressourcen und unzureichende Nutzung des informativen Mehrwertes im außeruniversitären Bereich; • wenig benutzerfreundlich. Obwohl aufgezeigt werden konnte, dass die besagten Ressourcen aus inter- und intralingualer Perspektive eine Reihe von Möglichkeiten für die Lehre und Forschung im fremdsprachigen Lernerkontext, konkret hier im DaF- Bereich, anbieten, ist ihr Zugang und die Interpretation der Daten komplex und bedarf einer intensiveren Auseinandersetzung seitens der Nutzer. In Einverständnis mit folgenden Worten von Rothenhöfer Especially in terms of innovative article layouts, intelligent cross-referencing and language production components, there is ample room for improvement with the next generation of GFL dictionaries. (Rothenhöfer 2013, 425) leiten sich u.a. folgende Desiderata für eine zukünftige optimalere Nutzung der besagten online-Ressourcen - speziell für eine neu orientierte ein- und zweisprachige Lernerwörterbuchgeneration 12 - ab: 12 Zu der Darstellung von bestimmten Defiziten der deutsch-spanischen zweisprachigen Lexikographie und der einsprachigen DaF-LernerWB siehe u.a. Meliss 2013a, 2013b und 2015a. Zu allgemeinen Aspekten der modernen und zukünftigen E-Lexikographie siehe u.a. Fuertes-Olivera/ Bergenholtz (2010); zu zukünftigen Anforderungen an die Lexikographie in Verbindung mit Korpusdaten siehe u.a. Heid/ Prinsloo/ Bothma (2012). <?page no="109"?> Wortprofile, Kookkurrenzen und Konkordanzen in Forschung und Lehre 109 • Optimalere Nutzung dieser Ressourcen für die Forschung - vor allem unter kontrastiver Perspektive - durch die Zusammenarbeit in der Forschung zwischen Linguisten, Didaktikern und Korpuslinguisten; • Schulung der Lehrenden und Lernenden in einer neuen Kompetenz: online-Wörterbuch-Benutzung; • Ausarbeitung von entsprechenden Didaktisierungsvorschlägen für den fremdsprachigen Unterricht auf allen Sprachstufen; • benutzerfreundliche Darstellung der Ressourcen. Im Sinne von Schmitz sehen wir gerade in dem lexikographischen Ausbau der hier exemplarisch vorgestellten Ressourcen für die Lehre und Forschung ganz neue Potenziale, die noch nicht ausgeschöpft sind: The potential that Internet dictionaries provide for science as well as particularly for those who are dependent on dictionaries experts, learners and laypersons and for the entire society has not been exploited by far. (Schmitz 2013, 1023) Literatur CCDB-IDS: Kookurrenzdatenbank. Institut für Deutsche Sprache (http: / / corpora.idsmannheim.de/ ccdb/ , 01.02.2015). CORPES: Corpus del Español del Siglo XXI. Real Academia Española (http: / / web.frl.es/ CORPES, 01.02.2015). CREA: Corpus de Referencia del Español Actual. Real Academia Española (http: / / corpus.rae.es/ creanet.html, 01.02.2015). DeReKo: Deutsches Referenzkorpus. Institut für Deutsche Sprache (http: / / www1.idsmannheim.de/ kl/ projekte/ korpora, 01.02.2015). Duden-Online (http: / / www.duden.de, 01.02.2015). 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Desde el punto de vista del significado, los diccionarios alemán-español actuales cumplen esta premisa. Sin embargo, una herramienta de consulta que pretenda ser útil no solo para la comprensión sino también para la producción oral y escrita deberá procurar dar cuenta, también, de las condiciones concretas de empleo de las unidades lingüísticas. Los corpus de referencia del alemán escrito (DeReKo, DWDS y Tiger) son fuentes capaces de proporcionarnos toda la información necesaria para una mejor descripción de la forma, el significado y el uso real de los fraseologismos. Pretendemos mostrar cómo, a partir de las muestras reunidas en este corpus, es posible establecer una teoría de los fraseologismos aplicable a su descripción lexicográfica que sirva de base para un futuro diccionario de las locuciones verbales del alemán. Tomando como ejemplo una locución verbal idiomática, pondremos de manifiesto de qué manera el aprovechamiento del corpus nos ayuda a delimitar aspectos como la valencia semántica y sintáctica de una locución, su carácter literal o metafórico, su contexto habitual de empleo, sus restricciones (estilísticas, geosociales, dialectales) de uso, sus particularidades formales (léxicas, morfológicas y transformacionales), sus valores pragmático-discursivos asociados, etc. Nuestro trabajo concluirá con una propuesta de entrada lexicográfica para un diccionario bilingüe alemán-español realizada desde una perspectiva integradora modular. Este estudio quiere subrayar la conveniencia de incluir en las entradas del diccionario ejemplos reales —procedentes de los corpus informatizados de referencia— que ilustren todos los niveles de significación que convergen en el empleo discursivo de una locución dentro de un determinado contexto comunicativo. 1 Trabajo realizado en el seno del proyecto de investigación FFI2013-45769-P Combinaciones fraseológicas del alemán de estructura [Prep. + Sust.]: patrones sintagmáticos, descripción lexicográfica y correspondencias en español, financiado por el Ministerio de Economía y Competitividad y subvencionado con fondos FEDER. <?page no="114"?> Ferran Robles i Sabater 114 2. La fraseología y las unidades fraseológicas Definimos la fraseología como la parte de la lexicología dedicada al estudio de las expresiones fijas de una lengua, es decir, de construcciones estables formadas por dos o más lexemas que aparecen en el discurso, no como el resultado de la aplicación de las reglas de libre combinación de un idioma, sino como estructuras prefabricadas que se hallan almacenadas en el lexicón mental de los miembros de una comunidad lingüística o dialectal y que son repetidas de memoria de acuerdo con unas restricciones de empleo que estos hablantes reconocen de manera intuitiva. Esta clase de construcciones poliléxicas se denominan unidades fraseológicas (en adelante, UFS) y su uso es habitual tanto en la lengua oral como en los distintos géneros discursivos del canal escrito. Pese a no haber ocupado un lugar destacado dentro de los estudios lingüísticos en España hasta tiempos muy recientes, las UFS han desempeñado desde siempre un papel fundamental en la educación discursiva de los hablantes nativos y en la enseñanza de segundas lenguas. Son un elemento esencial para la caracterización de los distintos géneros textuales y ocupan una posición preeminente en la investigación traductológica en torno a la equivalencia lingüística y a los problemas que se derivan del intento realizado por un traductor de reproducir en una lengua meta (en adelante, LM) cada uno de los niveles de significación implicados en el uso discursivo de cada unidad lingüística de la lengua origen (en adelante, LO). Aunque todavía hoy no existe un consenso absoluto sobre qué propiedades lingüísticas deben prevalecer en la definición de las UFS, la mayoría de los autores (Corpas 1996, 19-20) coinciden en señalar la fijación y la polilexicalidad como sus rasgos constitutivos. Otras particularidades que ayudan en la descripción de las UFS y su delimitación respecto de otros tipos de unidades pluriverbales son: la no composicionalidad semántica, el carácter idiomático, la presencia de anomalías léxicas y estructurales, la modificación del cuerpo fónico, la asunción de funciones pragmático-discursivas y el papel básico de la repetición y las figuras retóricas como mecanismos de creación e institucionalización de las UFS (Corpas 1996, 19-24). Ninguna de estas características es de por sí necesaria ni suficiente, sino que es la presencia simultánea de varias de ellas lo que convierte un segmento de habla en una UF y lo emplaza en una posición más o menos central dentro de la categoría. En el centro del universo fraseológico, como miembros más prototípicos, habría que situar las locuciones verbales con valor idiomático y anomalías formales como etw. klipp und klar sagen o einen heben; mientras que en la periferia de la categoría hallaríamos estructuras con menor grado de fijación formal y un significado más composicional, es decir, deducible a partir de la suma de los semas distintivos de sus constituyentes (Ruiz 1997, 112-113), como las construcciones con verbo soporte Hilfe leisten, eine Entscheidung treffen o in Ver- <?page no="115"?> El corpus informatizado como herramienta 115 bindung bringen. Dado que nuestro estudio solamente representa una primera aproximación de carácter cualitativo al tratamiento lexicográfico de las UFS alemanas en el diccionario bilingüe, nos hemos decantado por tomar en consideración la locución verbal Kapital flüssig machen, que presenta varios de los rasgos prototípicos de estas construcciones. El sintagma verbal Kapital flüssig machen pertenece a la segunda de las tres clases de UFS que Corpas (1997, 50-52) identificó a partir de su clasificación basada en un doble criterio formal y semántico-pragmático (grado y tipo de fijación y equivalencia de la UF a un enunciado o acto de habla): colocaciones, locuciones y enunciados fraseológicos. Así, Kapital flüssig machen es una locución con núcleo verbal que, como tal, se define como una una combinación estable de dos o más términos, que funciona como elemento oracional y que, según Corpas, se distingue de otros sintagmas, estables o libres, por haber quedado fijada en el sistema de la lengua (institucionalización) y presentar una función sintáctica unitaria. En su empleo discursivo, las locuciones verbales muestran un funcionamiento muy similar al de los lexemas verbales, puesto que a menudo presentan un elevado grado de cohesión sintáctica y semántica que permite su uso como si de un solo elemento léxico se tratase, con una función sintáctica única y un significado en bloque. A pesar de ello, no siempre es posible la equiparación entre ambas categorías (léxica y fraseológica), ya que, en ocasiones, las locuciones verbales están sujetas a restricciones de uso que impiden operaciones que sí serían posibles con los lexemas equivalentes, como la nominalización, la pasivización, la atribución o ciertas formas de complementación verbal. 3. El diccionario bilingüe: forma y función La lexicografía monolingüe y bilingüe de que disponen los usuarios de las lenguas alemana y española es múltiple y variada. Este hecho se explica por la diversidad de destinatarios y propósitos con que cuenta cada tipo de diccionario. Dado que el objetivo último de este estudio es enunciar un modelo de descripción válido para un diccionario fraseológico bilingüe para aprendices del alemán como lengua extranjera, convendrá repasar en primer lugar qué rasgos caracterizan una obra lexicográfica y dibujar las líneas fundamentales de nuestro futuro diccionario. La discusión en torno a la variedad y abundancia de diccionarios ha sido el objeto de un interesante debate desde hace varias décadas. Ya Alvar (1993, 59-72) puso de relieve la incapacidad de los lexicógrafos para dar una definición clara y unívoca de su objeto de estudio. Con todo, en su opinión, dos ideas se repiten en las definiciones que se suelen dar sobre el diccionario: en primer lugar, son libros que contienen y explican las dicciones de uno o más idiomas; en segundo, suelen seguir un orden alfabético (Alvar 1993, 59). En <?page no="116"?> Ferran Robles i Sabater 116 términos semejantes se expresa Bajo (2000, 14) al referirse al diccionario como „un catálogo o colección de unidades léxicas definidas o explicadas de algún modo, que se disponen en un orden determinado“, si bien esta autora olvida que una obra de estas características recopila otras clases de unidades que no son necesariamente léxicas, sino que tienen un valor fraseológico, gramatical o pragmático. La caracterización más precisa del diccionario pertenece a Martínez (2009, 17), según el cual Entendemos por diccionario la recopilación de las palabras, locuciones, giros y sintagmas de una lengua o, dentro de ella, los términos de una ciencia, técnica, arte, especialidad, etcétera, generalmente dispuestos en orden alfabético. También se aplica esta palabra al libro en el que al lado de las palabras de una lengua, generalmente colocadas en orden alfabético, figuran sus equivalentes en otra u otras lenguas. Finalmente se aplica, en general, a cualquier obra que ofrece por orden alfabético nombres, hechos, noticias, etcétera, referentes a un orden de conocimientos. Es necesario, pues, establecer una taxonomía de los distintos tipos de diccionarios antes de seguir adelante. Alvar (1993, 66) nos da algunas claves para su diferenciación. Por una parte, existen diccionarios lingüísticos y no lingüísticos. Y dentro de los primeros, los hay monolingües y bilingües. Por otra parte, los diccionarios pueden ser generales de la lengua, o particulares de una ciencia, técnica o actividad humana. Parece evidente, según la clasificación de Alvar, que los dos elementos que determinan la naturaleza y la forma de un diccionario son el usuario al que van dirigidos y el ámbito del que se toman las unidades (léxicas, fraseológicas, gramaticales) definidas. El primer parámetro, referido al usuario, explica las diferencias existentes entre los diccionarios escolares y generales, pero también entre los diccionarios monolingües y bilingües. Las características del destinatario del diccionario serán decisivas para la selección y presentación del material lexicográfico. Como apunta Bajo (2000, 15), „para confeccionar con rigor un diccionario, en primer lugar se debe decidir a qué tipo de usuario va dirigido“. Según esta autora existen dos tipos básicos de usuarios: aquellos que disponen de conocimiento y dominio del idioma, a los que les corresponden los llamados diccionarios generales (definitorios, de uso, de sinónimos, de estilo, especializados, etc.), y los que se hallan en fase de aprendizaje, que suelen hacer uso de los diccionarios didácticos. Este segundo grupo de obras, dirigidas a alumnos que todavía no disponen de una plena competencia lingüística en un idioma, pueden ser de dos clases: los diccionarios bilingües y los diccionarios monolingües para extranjeros, pensados para quienes están aprendiendo una segunda lengua; y los diccionarios escolares, destinados a estudiantes de una lengua materna. El caso que aquí nos ocupa son los diccionarios bilingües no especializados para aprendices de alemán como lengua extranjera. Se trata, pues, de obras con un destinatario y un propósito muy concretos. Esto condicionará, <?page no="117"?> El corpus informatizado como herramienta 117 necesariamente, la forma en que los términos, giros o expresiones recopiladas aparecerán representados, definidos y ejemplificados. Para nuestro estudio, nos hemos decantado por centrar nuestra atención en los diccionarios de Pons, Langenscheidt y Herder por ser los de uso más habitual entre los aprendices del alemán, los docentes y los traductores. Como ya hemos apuntado, el principal rasgo que determinará la forma y la función de un diccionario es el tipo de usuario al que va dirigido, puesto que solo atendiendo a este parámetro, el lexicógrafo será capaz de identificar las necesidades reales de uso que debe satisfacer y las situaciones de comunicación más habituales que pueden presentarse a este grupo de destinatarios. De este modo, y no de otro, podrá cerciorarse de si la selección del léxico y los distintos componentes internos y externos del diccionario se ajustan a sus propósitos (Haensch 2003/ 2004, 133-134). Azorín (2000, 21), que define los diccionarios didácticos como „diccionarios especialmente diseñados para los usuarios que se encuentran en el proceso de aprendizaje de una lengua“, basa su distinción entre éstos y los diccionarios generales en criterios de tipo práctico, es decir, en “las finalidades específicas de los diccionarios”, que se hallan estrechamente vinculadas al tipo de destinatario al que van dirigidos. Según esta autora, el destinatario de un diccionario didáctico es „aquel individuo que todavía no ha alcanzado un dominio pleno de la lengua de referencia“. Centrándonos específicamente en los diccionarios didácticos para extranjeros, éstos tienen como destinatario ideal un tipo de hablante que, lejos de contar con la competencia e intuición lingüística del usuario nativo medio, suele presentar lagunas en el conocimiento activo y pasivo de la lengua; por ello, no podrá prescindir, como sí lo hace el diccionario de uso para hablantes nativos, de la explicitación de todo tipo de propiedades léxico-semánticas de las piezas léxicas lematizadas, así como de las reglas que gobiernan su capacidad combinatoria y su actualización en el discurso. Además, un diccionario didáctico de una L2 debe prestar especial atención a las necesidades específicas de quienes lo consultan: el aprendizaje del vocabulario, la producción y la recepción textual, la traducción, así como los principales problemas de transferencia de significado derivados de razones pragmáticas, sintácticas, estilísticas, etc., del uso de una palabra o expresión. En una línea muy parecida se expresa Sánchez (2002), que además pone sobre la mesa la discusión que había tenido lugar pocos años antes en torno a la conveniencia de presentar ejemplos genuinos de uso de una palabra lematizada: Los autores de este tipo de obras, entre sus objetivos básicos, consideran la mejora sustancial de la competencia comunicativa del usuario, por lo que sentirán una preocupación continua por incluir muestras reales, auténticas y lo más representativas del uso cotidiano de la lengua, oral u escrito (Sánchez 2002, 203). <?page no="118"?> Ferran Robles i Sabater 118 De la importancia del ejemplo en la lexicografía para aprendientes también deja constancia Azorín (2000, 22), que incluye éste elemento entre los cuatro rasgos fundamentales que distinguen un diccionario monolingüe didáctico de otro común: „control del vocabulario; mayor presencia de información gramatical o sintáctico semántica; tipo de ejemplificación; tratamiento de las unidades fraseológicas“. Gutiérrez (1999) identifica los diccionarios monolingües para la enseñanza de lengua extranjera como una clase aparte, que se distingue de las demás obras lexicográficas a partir de su destinatario preferente. Según este autor, el diccionario didáctico debe cumplir una doble función: facilitar una visión organizada del funcionamiento de la lengua y el vocabulario que el usuario aprende mediante su presentación en contextos adecuados y proporcionar seguridad en la codificación de la lengua puesto que se trata de unos hablantes que todavía no son plenamente competentes en ella: Debe reunir informaciones sobre las dudas ortográficas, morfológicas o sintácticas que no aparecerían en los diccionarios tradicionales. Debe también […] marcar las diferentes acepciones y frases hechas desde el punto de vista diatópico, diastrático, diacrónico y de registro. La razón parece clara: el hablante extranjero no tiene la competencia lingüística adecuada en estas cuestiones (que, en principio, sí posee el hablante nativo adulto medio). (Gutiérrez 1999, 78) Es interesante el énfasis que este autor pone en la función de este tipo de diccionarios no sólo como instrumentos de descodificación sino también de codificación, puesto que deberán servir de ayuda al hablante extranjero en tareas como el aprendizaje del vocabulario, la traducción, la recepción y la producción textual. Gutiérrez concluye que un buen diccionario didáctico de L2 será aquel que responda satisfactoriamente a dos preguntas: a) qué rasgos sintácticos, morfológicos, etc. deben seleccionarse para incluirlos en los diccionarios; b) cómo deben presentarse y sistematizarse en las entradas, porque es evidente que el diccionario no puede ser una gramática alfabética. (Gutiérrez 1999, 78) Es nuestro propósito ofrecer al usuario del nuevo diccionario fraseológico bilingüe una herramienta útil de consulta que satisfaga sus necesidades comunicativas. Por lo tanto, nuestro objetivo fundamental será ofrecer una información relevante, suficiente y accesible para el usuario sobre las unidades lingüísticas descritas que pueda resultar de ayuda en situaciones como la producción y la recepción textual, la traducción directa e inversa y la enseñanza y el aprendizaje de vocabulario (cf. Kromann 1995, 504; Heine 2006, 87). Nuestro diccionario será bilingüe y, a diferencia de las obras monolingües para hablantes nativos —donde la definición de una UF a menudo no pasa de ser una mera paráfrasis en términos más sencillos e inteligibles—, <?page no="119"?> El corpus informatizado como herramienta 119 debería proporcionar mayor cantidad de detalles no solo sobre el significado literal y el idiomático o trasladado de una UF, sino también sobre sus condiciones de empleo, las cuales no se hallan interiorizadas en las mentes de quienes aprenden una lengua extranjera tal como lo están en las de los hablantes nativos. Mientras que la mayoría de los diccionarios bilingües plasman con acierto el sentido de una UF en la LM, son pocos los que proporcionan instrucciones suficientes sobre su empleo discursivo, que es, precisamente, el principal escollo que deben salvar los aprendices de una lengua extranjera así como el traductor, que a menudo opta por trasladar a su propio idioma estructuras propias de la LO sin llegar a verificar si se trata de construcciones genuinas también de la LM. 4. La información fraseológica en el diccionario bilingüe En trabajos anteriores dedicados al análisis del tratamiento de la fraseología en la lexicografía bilingüe alemán-español (cf. Robles 2010, 2011), intentamos determinar qué clases de información aportan los diccionarios generales de uso más habitual entre los aprendices y traductores de alemán sobre el significado y el empleo de las UFS. Repetidamente llegamos a la conclusión de que los diccionarios analizados reúnen hasta cinco tipos de datos sobre las locuciones verbales españolas y alemanas: a) El significado fraseológico de la locución en la LM, a veces asociado a un determinado valor metafórico del término en cuyo artículo está recogida. b) Las variantes formales internas, que pueden referirse tanto a los aspectos morfológicos: -variación en el morfema de número: das Ding/ die Dinge beim richtigen Namen nennen, ein Loch/ Löcher in den Bauch fragen; -variación en el morfema de género: kein(en) Pieps sagen; -variación en el morfema de caso: beim Bart(e) des Propheten schwören, aus vollem Hals(e) schreien; -variación en el uso del artículo: j-n in (des) Teufels Küche bringen, mit jdm. auf (dem) Kriegsfuß stehen, reden wie der Blinde/ ein Blinder von der Farbe; -variación en el uso de morfemas derivativos: kein Sterbenswort (Sterbenswörtchen) sagen, kein Wort (Wörtchen) reden, einen Bock (ein Böcklein) schießen, Gift(igkeit) spucken, s. ins Geschirr legen od werfen; -variación en la flexión de los adjetivos: auf gut(es) Glück, um gut(es) Wetter bitten; como a la composición léxica de la locución: <?page no="120"?> Ferran Robles i Sabater 120 -alternancia del núcleo verbal: in Misskredit geraten / kommen, in Harnisch geraten / kommen; gegen eine Mauer reden / sprechen; -alternancia del componente nominal: die Schnauze / den Mund / die Klappe halten, gegen eine Mauer / Wand reden; -alternancia de otros componentes, como el adverbio de negación en mit et. (nicht) zu Rande kommen, el determinante en (keine) Märchen erzählen, el pronombre en lügen, dass es / man stinkt o el adjetivo en jdm. zureden wie einem kranken / lahmen Gaul, sich den Mund fransig / fusselig reden y frei / frisch von der Leber weg reden; -supresión de alguno de los componentes: frisch von der Leber (weg) reden, in den Bart (hinein) brummen. c) Indicaciones sobre la estructura argumental de la locución verbal y los rasgos sintáctico-semánticos de sus actantes. Asumiendo que una construcción de este tipo puede sustituir o actuar como lo haría un lexema verbal en el discurso, empleamos la fórmula R a b c → indicando la valencia de la locución a partir de una relación triargumental que contemple potencialmente la realización de los roles de agente, paciente (P) y destinatario (D). Mediante esta fórmula podemos indicar, además, si los argumentos de esta locución son obligatorios o facultativos. Así, según DLEA, la estructura argumental de jdn. / etw. mit keinem Wort erwähnen (R a b c → 2) está formada por dos argumentos obligatorios (sujeto y CD), (1) Die Resolution des Sicherheitsrats erwähnt aber den Sturz des Diktators Muammar Gadhafi mit keinem Wort. (SG 23.03.2011) 2 mientras que aus voller Lunge schreien y wie ein Wasserfall reden (R a b c → 1 + (1)) tienen un argumento obligatorio (sujeto) y otro facultativo (CD), (2) Mohammed, seine Milch in Sichtweite, schreit aus voller Lunge. (SN 11.11.1993) (3) „Broncos, let’s go“, schreien die Mädchen aus voller Lunge. (SO 06.06.2010) (4) Marius redet wie ein Wasserfall. Keine Spur mehr von dem blassen, ernsten Jügendlichen. (FO 05.08.2013) (5) Da sitzt die 84jährige Frau und redet wie ein Wasserfall über den Wind, die Schiffatmosphäre und den Meergeruch. (NN 19.09.1996) 2 Tomamos nuestros ejemplos del Deutsches Referenzkorpus (DeReKo), por ser el que recoge un mayor número de textos escritos en lengua alemana y poseer una opción de búsqueda que permite localizar gran cantidad de combinaciones sintagmáticas con formas flexionadas. Las abreviaturas se refieren a la fuente de cada ejemplo: Die Presse (DP), Die Südostschweiz (SO), Die Tageszeitung (DT), Focus (FO), Kleine Zeitung (KZ), Mannheimer Morgen (MM), Nürnberger Nachrichten (NN), Salzburger Nachrichten (SN), Sankt Galler Tagblatt (SG), Tiroler Tageszeitung (TT) y Vorarlberger Nachrichten (VN). <?page no="121"?> El corpus informatizado como herramienta 121 y lügen wie gedruckt es un verbo monoargumental, con el sujeto agente como único actante posible. (6) Die Befragten beantworteten zwar artig die Frage, wem sie denn ihre Stimme geben werden aber viele lügen wie gedruckt, aus Angst vor Repressalien. (DP 25.04.1994) Es importante puntualizar aquí que todos los diccionarios analizados recogen la insólita utilización de verbos con particularidades en su valencia cuando actúa como núcleo de una locución fija. Así, el lexema verbal fragen, en cuya estructura argumental se incluye un acusativo en función de D (jdnakk etw/ nach etw fragen); sin embargo, en el sintagma jdm. ein Loch in den Bauch fragen 3 el rol de D corresponde a un dativo. (7) Die Kids kommen nach dem Konzert und fragen mir ein Loch in den Bauch über Jazz. (DT 26.09.2007) Un caso similar se da en el empleo de jdm. etw. ins Gesicht lügen, donde hallamos un verbo monoargumental funcionando como núcleo de una locución trivalente con un CD facultativo y un CI obligatorio. (8) Warum soll der Bürger die Wahrheit sagen, wenn der Präsident ihm ins Gesicht lügen darf? (DP 12.08.1998) (9) „Sie sprechen sehr gut“, log man mir mit echt britischer Höflichkeit ins Gesicht. (MM 10.10.1999) d) Valores estilísticos y pragmáticos asociados al empleo de una locución. Aquí se incluiría información referente al grado de formalidad —familiar ‹fam›, figurado ‹fig›, figurado y familiar ‹figf›, vulgar ‹vulg›, ‹pey› peyorativo— o a la intención —irónica ‹iron›, jocosa ‹joc›, etc.— con que el hablante hace uso de una locución. En la entrada jemanden ins Gebet nehmen de LHS encontramos información tanto de tipo estilístico como pragmático: „‹fig› [verweisend] sermonear acc, echar un sermón a u. ‹fam› echar un párrafo aparte con alg., [ausforschend] interrogar severamente, someter a un interrogatorio a u.“ Aquí se diferencia el empleo de esta expresión para poner de manifiesto una intención punitiva o inquisitiva. e) Indicaciones sobre la procedencia local o regional, o del medio o contexto de uso habitual, de la locución definida y sus equivalentes en la LM. Citaremos como ejemplo la entradas de LHS correspondiente a jemandem den Stuhl vor die Tür setzen, una de cuyas acepciones es el argentinismo „‹Arg› 3 Algo parecido sucede en jdm. ein Loch in den Bauch reden y su variante jdm. ein Kind in den Bauch reden. El verbo suele ser intransitivo cuando aparece como lexema libre y núcleo del predicado, con la única excepción de los nombres de lenguas: Mit seinen Eltern redet er nur Deutsch. No obstante, cuando forma parte de las locuciones indicadas, reden admite la aparición de un complemento en dativo para referirse al destinatario de su acción: Dann kam meine Mutter immer an und versuchte, mir ein Kind in den Bauch zu reden. <?page no="122"?> Ferran Robles i Sabater 122 colgarle la galleta a u.“ También se incluyen aquí las expresiones im Jahre Schnee y Butter auf dem Kopf haben, que son caracterizadas, respectivamente, como ‹öst› austriaco y ‹öst südd› austriaco y alemán meridional. Por lo aquí expuesto, resulta evidente que cualquier intento de realizar una definición integral de un sintagma fraseológico de esta naturaleza deberá pasar por la consideración de múltiples factores que afectan a su empleo, que necesitan ser codificados para que el hablante no nativo y el traductor puedan utilizarlo de forma correcta y adecuada dentro de un contexto discursivo determinado. 5. La representación lexicográfica de las locuciones verbales: propuesta de entrada para un diccionario bilingüe Como el resto de categorías lingüísticas, la descripción lexicográfica de una UF debe realizarse de acuerdo con los rasgos distintivos de la categoría a la se halla adscrita. En el caso de las locuciones verbales y teniendo en cuenta lo apuntado sobre su capacidad para ser empleadas en el discurso tal como si de un único lexema verbal se tratase, será importante que, además de las propiedades inherentes a las UFS ya apuntadas, demos cuenta de aquéllas que se derivan de su naturaleza verbal. De este modo, consideramos que la representación lexicográfica exhaustiva de una locución verbal en un diccionario bilingüe debería incluir los siguientes niveles de descripción: a) En el nivel semántico, deberán tenerse en cuenta el grado de composicionalidad de la locución y su valor figurado, su significado denotativo y las relaciones entre el significado trasladado de la construcción y los posibles valores metafóricos de sus constituyentes. Sería recomendable recoger también aquí otras UFS construidas sobre la misma base metafórica y con, al menos, algún componente de la locución analizada. b) En el nivel formal será necesario considerar tres planos: ― Plano léxico: composición léxica de la locución; alternancia de sus constituyentes; opcionalidad de elementos como complementos adverbiales al núcleo verbal, determinantes o adyacentes al elemento nominal o partículas negativas; ― Plano morfosintáctico: variabilidad en morfemas de género y número; uso facultativo del componente verbal en forma reflexiva; anomalías estructurales causadas por la falta de concordancia entre dos o más constituyentes; ― Plano estructural interno: relación de dependencia entre los componentes de la locución; posibilidad de alterar el orden de los constituyentes o su relación jerárquica. c) En el nivel sintáctico consideraremos principalmente dos aspectos: <?page no="123"?> El corpus informatizado como herramienta 123 ― La estructura argumental de la locución y los rasgos semánticos y formales básicos de sus posibles actantes; ― La capacidad de realizar determinados tipos de operaciones sintácticas, como la nominalización, la pasivización, la relativización o la tematización de la locución o de alguno de sus constituyentes (cf. Fleischer 1997, 49-58; Ruiz 1997, 78). d) En el nivel pragmático y estilístico será necesario dar cuenta del nivel de formalidad y del carácter popular, vulgar, familiar, etc., de una determinada locución, así como la posibilidad de que pueda ser empleada con un propósito irónico, jocoso o despectivo. De algunas de estas consideraciones incluso podrían derivarse conclusiones sobre la actitud del emisor, su relación con el receptor o el propósito de su actuación lingüística. e) En el nivel discursivo habrá que señalar la adscripción frecuente de determinadas locuciones a contextos comunicativos muy precisos. Así, sería posible destacar la pertenencia de un sintagma a un género discursivo o una tipología textual concretos. Siguiendo este esquema, presentamos un modelo de entrada para un diccionario fraseológico alemán-español de locuciones verbales. El elemento lematizador es el sintagma Kapital flüssig machen, equivalente a la expresión española movilizar fondos (capital, dinero, etc.). Los ejemplos que aportamos están extraídos del corpus del alemán escrito DeReKo. KAPITAL FLÜSSIG MACHEN Nivel semántico movilizar capital (fondos, dinero, etc.) Nivel formal Plano estructural SN <Acus> [Det + N] + SAdj + V Plano léxico [Kapital/ Geld/ u. ä. flüssig machen] • Wir wollen das Kapital flüssig machen, aber etwa in Düsseldorf das Management des Flughafens in der Hand behalten. (MM 27.03.2004) • Damit konnte die Standgemeinschaft mit einer Hypothek Geld flüssig machen. (SG 04.11.1998) • Das Land müsse für Ausnahmefälle Gelder flüssig machen. (SN 24.04.1993) • Im sogenannten außerordentlichen Haushalt, wo die großen Projekte finanziert werden, macht Gröbming nächstes Jahr hohe Kapitalsummen flüssig. (KZ 11.12.1999) • Für das Verfassen von positiven Artikeln in diversen Regionalzeitungen, die Überwachung von Autobahngegnern und PAGfreundliches Verhalten bei Pressekonferenzen machte die PAG ein Honorar für einen oberösterreichischen Jour- <?page no="124"?> Ferran Robles i Sabater 124 nalisten flüssig. (SN 15.01.1993) Plano morfosintáctico [Ø/ das/ kein/ mehr/ Zahlwort] Kapital/ Geld flüssig machen • Das Problem besteht nun darin, das Geld aus Nigeria herauszubringen und flüssig zu machen. (VN 17.09.1999) • „Dass die Republik Österreich kein Geld dafür flüssig macht, empfinde ich als Skandal“, so Schröder im Wochenmagazin Format. (TT 27.09.1999) • All dies macht mehr Kapital für Kredite und Investitionen flüssig. (DP 01.04.1998) • Pfeifenberger ist dagegen, die Budgetreserve von 300 Millionen für das Familienprogramm von SPÖ und ÖVP flüssig zu machen. (TT 08.01.2000) Nivel sintáctico Estructura argumental jd. macht Kapital/ Geld flüssig (für etw.) SN <Nom> , (SP [Prep + SN <Akk> ]), LocV • Er bat mich, 80000 Euro flüssig zu machen. (NN 10.05.2008) • Finanzminister Ferdinand Lacina hat es am Freitag abgelehnt, für die AMAG bzw. deren Muttergesellschaft Austrian Industries Budgetmittel flüssig zu machen. (SN 24.04.1993) • Er machte dafür mehr als 130 Millionen Schilling flüssig. (VN 26.07.2000) Transformaciones sintácticas + Pasivización • Für Forschung und Entwicklung wird mehr Geld flüssig gemacht. (SN 29.01.1993) • 610 000 Mark an Steuergeldern wurden flüssig gemacht, der Ersatzbau wurde Wirklichkeit. (NN 17.08.2001) + Relativización • Gemäss Mailänder Zeitung war Fenini auf Turower neidisch wegen der Geldströme, die er aus dem Osten für die Gotthard-Bank flüssig machte. (SG 27.08.1999) + Nominalización • Er ließ sich das flüssig gemachte Kapital bei mehreren hiesigen Banken anweisen. (MM 28.06.2000) Nivel estilístico y pragmático Economía y finanzas Registro formal Lengua oral y escrita <?page no="125"?> El corpus informatizado como herramienta 125 6. Conclusiones Este trabajo representa, meramente, una primera indagación en las capacidades de un diccionario bilingüe para dar cuenta de los diferentes niveles de expresión de una UF que todo aprendiz o traductor del alemán como lengua extranjera debe tener en cuenta para su correcta interpretación y reproducción. El ensayo de entrada lexicográfica aquí realizado demuestra que es posible una sistematización de los rasgos formales, sintácticos, pragmáticos y estilísticos que determinan el empleo discursivo de estas unidades de significación complejas. Ahora bien, su caracterización y representación en un diccionario capaz de satisfacer las necesidades de unos usuarios determinados pasará por la correcta identificación de los rasgos definitorios de este tipo de destinatario y sus requerimientos específicos. Un diccionario didáctico bilingüe de UFS deberá proporcionar de forma clara y precisa la información adecuada, suficiente y relevante sobre las locuciones que recopile. Además, las necesidades concretas de su usuario preferente exigen que esta obra se convierta en una herramienta útil no solo para la comprensión sino también para la producción oral y escrita. Por ello, no bastará con reproducir en español el contenido semántico de una locución alemana, sino que será forzoso añadir datos precisos sobre sus condiciones reales de uso, algo que no sería necesario en el caso de los diccionarios generales o los monolingües para hablantes nativos. El modelo de entrada, que aquí sólo se esboza, persigue dar respuesta a todas estas exigencias y todavía es susceptible de admitir nuevos elementos que puedan facilitar su empleo y consulta, como etiquetas léxicas del tipo [ COMUNICACIÓN ] o [ COGNICIÓN ] mediante las cuales las locuciones podrán ser agrupadas después en los respectivos índices temáticos y sea más sencillo para el usuario el establecimiento de correspondencias y la búsqueda de equivalentes para la traducción. Por último, este estudio deja abierta la puerta a las posibilidades que podría abrir la incorporación de una base de datos en forma de diccionario realizada siguiendo estas directrices a los programas de traducción automática y asistida que, además, pueda incluir numerosos ejemplos reales de uso como los aquí aportados procedentes de corpus informatizados de la lengua oral y escrita. Bibliografía LHS: Álvarez-Prada, Enrique. 2001. Langenscheidts Handwörterbuch Spanisch. Berlin / München: Langenscheidt. 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Die Zahl der deutschsprachigen Lerner (hier nur Deutschland, Österreich, Schweiz) beträgt etwas mehr als eine halbe Million. Gerade im historischen Vergleich belegen die aktuellen Zahlen eine zunehmende Beliebtheit des Spanischen als Fremdsprache. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den möglichen Sprachenfolgen an deutschen Sekundarschulen wider. Spanisch ist vielfach zum Wahlpflichtfach an deutschen Gymnasien geworden, häufig als die dritte zu erlernende Fremdsprache, wenn nicht sogar als zweite, wie vornehmlich in den norddeutschen Bundesländern. So gibt es zunehmend Bildungsbiographien, in denen Spanisch die erste und bislang einzige erlernte romanische Fremdsprache darstellt. Unabhängig von allen fremdsprachen- und kulturpolitischen Wertungen 1 gilt es diese Tatsache pragmatisch im Sinne der Mehrsprachigkeit zu nutzen: zentral stellt sich hier die Frage, inwieweit Spanisch L2 für das Erlernen einer verwandten romanischen Sprache L(2+x) tatsächlich eine Hilfe darstellen kann. Diese Frage steht auch im Einklang mit curricularen Verweisen auf interromanische Mehrsprachigkeit, die wiederum europäische Vorgaben zur Fremdsprachenpolitik aufnehmen. Fremdsprachendidaktisch sehen wir uns zahlreichen Publikationen zur romanischen Mehrsprachigkeit gegenüber. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt ist zumeist die Mobilisierung des lexikalischen Transfers (z.B. EuroComRom, Klein/ Stegmann 2000) Ein weiterer Ausgangspunkt der vorliegenden Argumentation ist die persönliche Erfahrung vieler Romanisten: auf der Basis individueller Stärken in einer, vielleicht zweier romanischer Sprachen sind sie häufig in der Lage, eine subordinierte 2 romanische Mehrsprachigkeit zu entwickeln. Das hier verfolgte Interesse besteht nun darin, diese individuelle Erfahrung aus dem Bereich anekdotischer, individueller Curricula zu heben und sie auf linguistischer Ebene nachvollziehbar und didaktisch operationalisierbar zu machen. 1 Dazu Caspari/ Rössler 2008, 66sq. 2 Terminologie nach Weinreich 1953. <?page no="128"?> 2. Didaktische Konzepte der Mehrsprachigkeit: Brückensprache und Relaissprache Ein erweitertes Konzept zum Erlernen von weiteren Fremdsprachen auf der Basis bestehender Sprachkenntnisse ist die sogenannte Brückensprache. Eigentlich hat der Begriff der Brückensprache hat seinen Ursprung in der romanistischen Areallinguistik: als Brückensprache bezeichnet man dort Sprachen, deren räumliche Zuordnung nicht eindeutig vorzunehmen ist. So wird typischerweise das Katalanische als Brückensprache (Badia Margarit 1955) klassifiziert, da es sprachliche Mittel und Strukturen aufweist, die fallweise der Gallo- oder der Iberoromania zuzurechnen sind. Mittlerweile wurde der Begriff in die Mehrsprachigkeitsdidaktik eingeführt, allerdings im Sinne einer stützenden Sekundärsprache (L2), auf die ein Tertiärsprachenlerner kognitiv zurückgreifen kann. Klein (2002, 35sq.) versteht unter Brückensprache eine Sprache, die erstens „einen beschleunigten Einstieg in eine ganze Gruppe von Sprachen“ ermöglicht und zweitens „fest in den europäischen Unterrichtssystemen verankert sein muss.“ Für die genealogische Gruppe der romanischen Sprachen betrachtet Klein (2002) das Französische als „die optimale Brücke zum Leseverstehen romanischer Sprachen“, wie dem gleichlautenden programmatischen Titel des Aufsatzes zu entnehmen ist. Zur sprachwissenschaftlichen Unterfütterung seiner These, dass gerade das Französische eine ideale Basis darstelle, um Lesekompetenzen in bislang nicht beherrschten romanischen Schwestersprachen aufzubauen, führt Klein drei Hauptargumente (ibid. 40-43) an: Französisch lernen bedeute eigentlich zwei Sprachen zu erlernen: das gesprochene (code oral) und das geschriebene (code écrit). Insbesondere die geschriebene Realisierung des Französischen erlaube in ihrer etymologischen Tradition den Zugriff auf andere romanische Verschriftungen. Das gesprochene Französisch dagegen verfüge über das am weitesten fortentwickelte Phonemsystem und könne mit seinem Inventar nahezu alle distinktiven Laute der übrigen Romania ausdrücken. Im Bereich des Wortschatzes hält Klein eine empirisch feststellbare ‚Panromanität’ des Französischen fest. Panromanität bemesse sich anhand der Parameter ‚Wiedererkennbarkeit’ und ‚Vorkommen in anderen romanischen Sprachen’. Andererseits führt er unter der Rubrik ‚Profilhaftes’ eine anekdotische Auswahl von lexikalischen Elementen an, den sog. ‚Profilwörtern’, die in der Romania eine unterschiedliche Distribution aufweisen und daher „sich kontextfrei als erschließungsresistent erweisen“ (Klein 2002, 42sq.). Ferner decken sich die morphosyntaktischen Strukturen des Französischen in den Kernsatztypen mit den übrigen romanischen Sprachen, was keine Nachteile, aber auch keine besonderen Vorteile im innerromanischen Vergleich mit sich bringe. Doch sei Französisch gerade in drei Phänomenen „profilhaft“: linksverschiebende Topikalisierung (C’est...), Endungsverluste Benno H. Berschin 128 <?page no="129"?> Romanische Mehrsprachigkeit? Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 129 und damit verbunden pronominale Prädeterminierung (canto, cantas ... ↔ je chante, tu chantes), und die Fragesatzmarkierungen (Est-ce que .../ Inversion). Vorläufig und zusammenfassend lässt sich sagen, dass die von Klein ins Felde geführten sprachwissenschaftlichen Argumente zwar im Einzelfall plausibel, aber im gesamtromanischen Kontext keinesfalls zwingend sind, um eine besondere Eignung des Französischen zu belegen. Zu kritisieren ist, dass je nach Sachlage die charakteristischen Merkmale des Französischen als entweder „panromanisch“ oder, wenn sie es nicht sind, eben als „profilhaft“ bewertet werden und so im Sinne Kleins in jedem Fall eine zu begrüßende ‚Brücke‘ darstellen. 3 Kommen wir zum Spanischen zurück: hier interessiert uns allerdings nicht nur das interkomprehensive Potential — also Antworten auf die Frage, was auf der Grundlage des Spanischen in anderen romanischen Sprachen verstanden werden kann—, sondern auch Antworten auf die Frage nach seiner Eigenschaft als Muster zur Produktion in der Tertiärsprache. Ist Spanisch also eine geeignete Produktionsvorlage zur Äußerung in einer anderen romanischen Sprache? In den Kontext der Fremdsprachendidaktik möchte ich hier den Begriff der Relaissprache einführen. Von Relaissprache spricht man bislang im Metier der Übersetzer und Dolmetscher, wenn eine Übertragung in eine Sprache X als Grundlage für weitere Übersetzungen benutzt wird, d.h. dass eine gewünschte Übersetzung von der Ausgangssprache A in die Zielsprache B nicht direkt, sondern über den Umweg der Relaissprache X vorgenommen wird. Als Relaissprache fungieren typischerweise gängige Verkehrssprachen, wie z.B. in unserer Zeit das Englische. Relaissprache im Sinne einer Mehrsprachigkeitsdidaktik könnte nun eine individuell schon beherrschte Fremdsprache sein, die erstens eine andere, nicht beherrschte Fremdsprache rezeptiv erschließen lässt und zweitens eine leicht zu operationalisierende produktive Transfervorlage darstellt. Voraussetzungen dabei wären außersprachlich eine gewisse Verbreitung, z.B. auf der Grundlage bildungspolitischer Vorgaben, innersprachlich eine individuell erfahrbare und linguistisch beschreibbare Nähe der Relaissprache (nunmehr B‘) zur Zielsprache B. 3 An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Klein seinen Artikel im Organ der Vereinigung der Französischlehrerinnen und -lehrer veröffentlichte. Auch ist seine sprachwissenschaftliche Argumentation eingebettet in eine kulturgeschichtliche Perspektive, in der sachlich nachvollziehbar auf die internationale Bedeutung des Französischen in der Vergangenheit und seine privilegierte Stellung in vielen staatlichen Bildungscurricula verwiesen wird. <?page no="130"?> Benno H. Berschin 130 Ausgangssprache A Zielsprache B Relaissprache B‘ Abbildung 1. Relaissprache in Tertiärsprachenerwerb 3. Relaissprache Spanisch: ein Beispiel Zur Verdeutlichung der Nähe des Spanischen zu anderen romanischen Sprachen sei hier ein praktisches Beispie angeführt: zugrunde gelegt wird hier ein gängiger Schulbuchtext des dritten Lernjahres Spanisch. Konkret handelt es sich um einen Zeitschriftenartikel mit dem Titel Mi primer año en España. Er wurde der Zeitungsbeilage El País Semanal (10.12.2000) entnommen und gibt nun den Lektionstext 4 B im Schülerband Encuentros 2 (Amann/ Marín Barrera et al. 2004) ab. a. Spanischer Originaltext: Mi primer año en España: Vinieron de todo el mundo. Por dinero, por amor, por azar, porque sí. Cuatro testimonios de latinoamericanos que cuentan sus primeros días en España: „Nunca había visto la nieve. Fue el 4 de enero pasado cuando pisé España y mi marido me esperaba en el aeropuerto. Nos habíamos enamorado y casado meses antes en Cuba pero su trabajo nos separó hasta entonces. Los primeros días fueron muy alegres, siempre entre amigos, pero no me gusta este país, estoy aquí sólo por amor. Me he dado cuenta de que aquí se puede tener lavaplatos, una casa bonita ... pero se vive para trabajar, mientras en mí país se fomentan más las relaciones sociales. Mi sueño es volver a Cuba con mi marido.“ (Greisi Silva Vera, 24 años, Cuba) In didaktischer Perspektive können wir diesen Text durchaus als repräsentativ für einen zeitgenössischen kommunikativen Fremdsprachenunterricht begreifen. Denn er ist authentisches, d.h. nicht didaktisiertes Sprachmaterial, wenn wir mal von den Kürzungen absehen. Auch handelt es sich um eine monologische Textform mit einem personalen Erzähler in der ersten Person. Inhaltlich liegt hier ein Erfahrungsbericht vor, der mit Nennung des Namens, des Alters und des Herkunftslandes der Zeugin authentifiziert wird. Die Themenauswahl und die Präsentationsform sprechen die Zielgruppe des jungen Lerners an: die Texte sind Ausgangspunkt einer kommunikativ intendierten Lektion, in der das Lernziel ist, „persönliche Eindrücke zu schildern“ mithilfe des „grammatischen Inhaltes“ der Tempora der Vorzeitigkeit (Amann/ Marín Barrera et al. 2004, 4). Insofern stellt der Lektionstext auch eine Produktionsvorlage für die angestrebte individuelle Äußerung der <?page no="131"?> Romanische Mehrsprachigkeit? Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 131 Lerner dar. Lexikalisch und morphosyntaktisch stellen die Texte die Lerner vor keine größeren Lernschwierigkeiten. Die Tempusformen sind bekannt, die lexikalischen Neueinträge vom Umfang her überschaubar (12 zu unserem Beispiel) und in ihrer Beschaffenheit vielfach transparent (z.B. ‚separarse’). Varietätenlinguistisch können wir von einem diatopisch kaum markierten Text von eher konzeptioneller Mündlichkeit sprechen - auch wenn die Publikationsform schriftlich ist: die Affektivität ist hoch, die Satzfolge eher parataktisch, und die formale Komplexität der Aussagen gering. Nun kontrastieren wir den vorliegenden spanischen Lehrbuchtext mit selbst angefertigten Parallelversionen im Portugiesischen, Katalanischen und Italienischen. Die Übertragungen sind spontan und lernersprachlich intendiert. Dabei ist die offenkundige sprachliche Subordination zur spanischen Vorlage, sowohl lexikalisch als auch syntaktisch, beabsichtigt. Die so generierten Texte wurden nun Muttersprachler unter der Maßgabe idomatischer Akzeptanz vorgelegt — und sie wurden für akzeptabel befunden. Was ist die Absicht? Es soll demonstriert werden, dass ausgehend von einer spanischen Vorlage normsprachlich akzeptable, also kommunikativ mehr als hinreichende Aussagen in den subordinierten romanischen Tertiärsprachen Portugiesisch, Katalanisch oder auch Italienisch produziert werden können. In der Darstellung der Texte wird nun die lexikalische und syntaktische Übereinstimmung per Fettdruck, der grammatische Kontrast durch Kursivsetzung und die lexikalische Differenz (nur bei abweichenden Etyma) mittels K APITÄLCHEN markiert. Die einzelsprachlichen Ausprägungen der grammatischen Morpheme und die erbwörtliche Differenz bei denselben lateinischen Etyma wurden grundsätzlich nicht berücksichtigt. b. Portugiesisch: O meu primeiro ano em Espanha Vieram de todo o mundo. Por dinheiro, por amor, por ACASO , porque sim. Quatro testemunhos de latino-americanos que contam os seus primeiros dias em Espanha: „Nunca TINHA visto a neve. Foi no dia 04 de janeiro, quando pisei Espanha e o meu marido me esperava no aeroporto. Tínhamo-nos APAIXONADO e casada meses antes em Cuba, mas o seu trabalho separou-nos até ent-o: os primeiros dias foram muito alegres, sempre entre amigos, mas n-o gosto deste país, estou aqui só por amor. Dei-me conta de que aqui se pode ter uma MÁQUINA DE LAVAR - LOUÇA , uma BOA casa ... MAS vive-se para trabalhar, ENQUANTO no meu país se fomentam mais as relações sociais. O meu sonho é VOLTAR a Cuba com o meu marido.“ <?page no="132"?> Benno H. Berschin 132 Der portugiesische Paralleltext ist nur in wenigen Punkten kontrastiv auffällig: zu nennen ist hier der Artikel vor den Possessivbegleitern, der im Vergleich zum Spanischen häufigere Gebrauch des Präteritums und die nachgestellte Position der Klitika (z.B. tinhamo-nos). c. Katalanisch: El meu primer any a Espanya Van venir de tot el món. Per diners, per amor, per atzar, perquè sí. Quatre testimonis de llatinoamericans que conten els seus primers dies A Espanya: „M AI ( NO ) havia vist la neu. Va ser el 4 de gener passat quan vaig TREPITJAR Espanya i el meu marit m'esperava A l'aeroport. Ens havíem enamorat i casat mesos abans A Cuba però la seva FEINA ens va separar FINS ALESHORES : els primers dies van ser molt alegres, sempre entre amics, però no m' AGRADA AQUEST país, estic aquí NOMÉS per amor. M'he ADONAT que aquí es pot tenir rentaplats, una casa bonica ... però es viu per treballar, mentre A l meu país es fomenten més les relacions socials. El meu somni és TORNAR a Cuba AMB el meu marit.“ Auch der katalanische Paralleltext weist nur in wenigen Punkten größere kontrastive Abweichungen auf: ebenso wie im Portugiesischen steht hier der Artikel vor den Possessivbegleitern. Auffällig ist zudem die periphrastische Form des Präteritums (z.B. va ser). d. Italienisch: Il mio primo anno in Spagna Sono venuti DA OGNI PARTE del mondo. Per denaro, per amore, per caso, SOLO perché. Quattro testimonianze di latino-americani che RAC contano i loro primi GIORNI in Spagna: „N ON avevo MAI visto la neve. Era il 4 gennaio passato, quando MISI PIEDE IN Spagna e mio marito mi ASPETTAVA ALL 'aeroporto. C I eravamo innamorati e CI siamo sposati mesi PRIMA in Cuba, ma il suo LAVORO CI separà FINO ALLORA : i primi GIORNI sono stati molto allegri, sempre tra amici, ma non mi PIACE QUESTO paese, IO SONO qui solo per amore. Ho NOTATO che qui si può AVERE LAVASTOVIGLIE , una BELLA casa ... MA si vive per LAVORARE , mentre nel mio paese si PROMUOVONO più le relazioni sociali. Il mio sogno è TORNARE a Cuba con mio marito.“ Selbst der italienische Paralleltext ist nur im lexikalischen Bereich von größerer Abweichung. Syntaktisch wird auch hier der Artikel vor das Possessivum mit Artikel gesetzt (mit Ausnahme von ‚mio marito‘). Ferner sind kleine Unterschiede in der Bildung (Kopula) und im Gebrauch der Tempora der Vorzeitigkeit festzuhalten. <?page no="133"?> Romanische Mehrsprachigkeit? Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 133 Was können wir in einer vorläufigen Bilanz festhalten? Die Versionen decken sich syntaktisch nahezu und lexikalisch-etymologisch weitgehend; der grammatische Kontrast ist gering: er betrifft grundsätzlich die Gestalt der grammatischen Morpheme, aber selten die Syntax. Ist Spanisch nun eine grundsätzlich zuverlässige Produktionsvorlage für die Äußerung in einer subordinierten romanischen Tertiärsprache? Nun kann dieses singuläre und anekdotische Beispiel nicht als erschöpfender Nachweis dienen. Auch spielt der vorliegende Text der hier verfolgten Demonstrationsabsicht in die Hände, indem der Text manche saliente kontrastive Merkmale des Spanischen nicht oder nur in geringem Umfang aufweist, wie z.B. Klitikahäufung oder den präpositionalen Akkusativ. Nicht zuletzt ist die Textsorte des Erfahrungsberichts in ihrer Mittellage zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit ein dankbares Demonstrationsobjekt, weil hier Phänomene des konventionalisierten, idiomatischen Sprachgebrauchs nur schwach vertreten sind. Dennoch vermittelt das Beispiel eine vielversprechende Idee, wie leicht der halbwegs spontane, also implizite und subordinierende interromanische Transfer auf der Basis des Spanischen gelingen könnte. Zur allgemeinen didaktischen Operationalisierung dieser bislang anekdotischen Erfahrung stellen sich nun zwei Fragen: 1. in linguistisch deskriptiver Hinsicht: Wie lässt sich sprachliche Nähe sprachwissenschaftlich objektivieren? 2. didaktisch-empirisch: wie lässt sich sprachliche Nähe gewinnbringend mobilisieren? Antworten zur Frage 1 sind für den Bereich der Lexik in der Genealogie, der Wortbildungslehre oder auch der Areallinguistik zu suchen. Hier hat bereits eine umfangreiche didaktische Beschäftigung stattgefunden, z.B. im Rahmen von EuroComRom. Für den Bereich der Syntax wollen wir uns nun die Typologie der romanischen Sprachen näher anschauen, Frage 2 wird hier zum Abschluss programmatisch gestreift werden. 4. Spanisch und Französisch im inneromanischen Vergleich: eine typologischer Auswertung Wir wollen nun versuchen, mithilfe einer kontrastiven Auswertung die typologische Eignung des Spanischen als Relaissprache erfahrbar zu machen. In einem zweiten Schritt stellen wir Französisch dagegen. Es sei an dieser Stelle nochmals erwähnt, dass damit kein fremdsprachen- oder gar kulturpolitischer Wettbewerb eröffnet werden soll, denn es gibt über rein sprachliche Kriterien hinaus viele gute Gründe, die einen oder die andere Sprache zu erwerben − oder im Idealfall beide (cf. Caspari/ Rössler 2008). <?page no="134"?> Benno H. Berschin 134 Halten wir zunächst fest, was typologisch alle romanischen Sprachen teilen: die romanische Sprachen werden in der morphologischen Typologie traditionell und in Abgrenzung zum Lateinischen als analytische Sprachen bezeichnet. Klassische Beispiele für den Ersatz synthetischer durch analytische sprachliche Strukturen sind etwa die Bildung periphrastischer Tempusformen, der Ausfall der postdeterminierenden Kasus und ihr Ersatz durch Präpositionalgefüge. Gemeinromanisch ist ferner eine vorherrschende C-V-Silbenstruktur, die Palatalisierung der K e,i- Gruppen (mit Ausnahme des Sardischen), der Artikel, eine grundlegende SVO-Wortstellung, die dominante Nachstellung von attributiven Adjektiven, das Erzählrelief im Präteritum aus Perfektiv und Imperfekt, und der Subjunktiv als der Modus im Nebensatz zur Einschränkung oder Relegation der Assertion (cf. Kabatek/ Pusch 2011). Anschließend versuchen wir in einer synoptischen Aufbereitung, typologische Merkmale der größeren romanischen Sprachen in ihrer Normvarietät zu kontrastieren. Dialektale Varianten wurden, soweit sie nicht eine regionale Norm widerspiegeln, nicht berücksichtigt. Auswertend werden zwei Synopsen erstellt - auswertend dahingehend, dass zunächst Spanisch die Referenzgröße darstellt und anschließend Französisch. Die Auswahl der Messpunkte ist vorläufig und nicht erschöpfend. Sie spiegeln zunächst den typologischen Forschungsstand (im Wesentlichen nach Körner 1987; Bossong 2008; Kabatek/ Pusch 2011) wider, ihre fremdsprachendidaktische Relevanz ist grundsätzlich gegeben, muss aber im Einzelfall noch vertieft behandelt werden. <?page no="135"?> Romanische Mehrsprachigkeit? Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 135 a. Spanisch kontrastiv Merkmal PT 4 ES CAT FR IT RO Akzent 5 2-1-3 2-1-3 2-1-3 1 2-1-3-4 2-1-3-4 etc. Geminierung nur / rr/ nur / rr/ nur / rr/ ja ja nein Palatalisierung K e,i →/ s/ →/ θ/ →/ s/ →/ s/ →/ s/ →/ tʃ/ →/ tʃ/ Verschriftung 6 phon. / etym. phon. phon. etymol. phon. phon. Kasus nein nein nein nein nein ja Artikel ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (post) Possessivbegleiter mit Artikel ohne Artikel mit Artikel ohne Artikel mit Artikel mit Artikel präpos. Akk. (DOM) in Resten ja in Resten nein nein ja Partitiv nein nein ja ja ja nein Kopula 7 ser/ estar ser/ estar ésser/ estar être essere fi Auxiliaria ter haber haver avoir/ être avere/ essere 1: avea Präteritum synth. synth. / analyt. periphr. / analyt. analyt. (/ synth.) analyt. / syntht. analyt. (/ synth.) Subjetklitika nein nein nein ja nein nein Anredestufen 3 (P) 2 (BR) 2 2 2 2 3 gemeinsam mit ES 8 10/ 14 14/ 14 10,5/ 14 5/ 14 7/ 14 7/ 14 Abbildung 2. Kontrastivauswertung Spanisch 4 Zum Kontrast Portugiesisch-Spanisch cf. Schäfer-Priess/ Schöntag 2012. 5 Die Zahlenreihen geben hier die vorkommenden Akzentpositionen in ihrer statistischen Rangfolge von hinten gezählt wieder, also 1 steht für einen oxytonalen Wortakzent, 2 für paroxytonal usw., cf. Bossong 2008. 6 Cf. Meisenburg 1996. 7 Dazu vertiefend Remberger/ González-Vilbazo 2007. 8 Legende: Für eine Deckung mit dem Spanischen (grauschattiertes Feld) gibt es pro Kriterium einen Wertungspunkt, für eine Teildeckung einen halben (nur unterlegter Text). <?page no="136"?> Benno H. Berschin 136 Wir sehen typologisch, dass Spanisch sich insbesondere und erwartungsgemäß mit den iberoromanischen Sprachen vielfach deckt, aber selbst für die ostromanischen Sprachen Rumänisch und Italienisch zumindest hälftig vergleichbare Verfahren aufweist. b. Französisch kontrastiv Merkmal PT ES CAT FR IT RO Akzent 2-1-3 2-1-3 2-1-3 1 2-1-3-4 2-1-3-4 etc. Geminierung nur / rr/ nur / rr/ nur / rr/ ja ja nein Palatalisierung K e,i →/ s/ →/ θ/ →/ s/ →/ s/ →/ s/ →/ tʃ/ →/ tʃ/ Verschriftung phon. / etym. phon. phon. etymol. phon. phon. Kasus nein nein nein nein nein ja Artikel ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (prae) ille (post) Possessivbegleiter mit Artikel ohne Artikel mit Artikel ohne Artikel mit Artikel mit Artikel präpos. Akk. (DOM) (in Resten) ja (in Resten) nein nein ja Partitiv nein nein ja ja ja nein Kopula ser/ estar ser/ estar ésser/ estar être essere afi Auxiliaria ter haber haver avoir/ être avere/ essere 1: avea Präteritum synth. synth. / analyt. periphr. / analyt. analyt. (/ synth.) analyt. / syntht. analyt. (/ synth.) Subjetklitika nein nein nein ja nein nein Anredestufen 3 (P) 2 (BR) 2 2 2 2 3 gemeinsam mit FR 5/ 14 5/ 14 6,5/ 14 14/ 14 9/ 14 2/ 14 Abbildung 3. Kontrastivauswertung Französisch Französisch weist nun deutlich weniger typologische Entsprechungen mit den anderen romanischen Sprachen auf: selbst wenn der vorliegende typo- <?page no="137"?> Romanische Mehrsprachigkeit? Spanisch nur Brücke? Oder auch Relais? 137 logische Vergleich in Bezug auf das Italienische bessere Werte ergibt, so ist doch das Französische im Hinblick auf seine sehr spezielle Lautentwicklung kaum eine „optimale Brückensprachen“ im Sinne linguistischer Empirie. Das soll jedoch in keiner Weise den Bildungsnoch den Nutzwert des Französischen insgesamt schmälern. Allerdings darf festgehalten werden, dass das Argument der sprachlichen Nähe des Französischen im Vergleich mit anderen romanischen Sprachen kaum sticht. 5. Relaissprache Spanisch: Thesen für einen spanisch-basierten Tertiärsprachenerwerb Abschließend wollen wir für die romanische Tertiärsprachendidaktik Folgendes festhalten: Falls mit Pienemann (2006, 45) grundsätzlich gilt, dass es im Spracherwerb eine klar identifizierbare Abfolge von Erwerbssequenzen gibt und Unterricht den Spracherwerb beschleunigen kann, „wenn er die entwicklungsmäßig richtigen sprachlichen Formen fördert“, so ist auf der Grundlage objektiver kontrastiver Erkenntnisse wie folgt anzunehmen: 1. der Lerner einer romanischen Tertiärsprache L rom (2+x) verfügt im Besitz der Sekundärsprache Spanisch L rom 2 schon über umfangreiche potentielle Erwerbs- und eben auch Produktionssequenzen in L rom (2+x). 2. in der Förderung der „entwicklungsmäßig richtigen sprachlichen Formen“ macht der erfolgreiche Tertiärsprachenunterricht aus den individuell potentiellen Erwerbssequenzen real mobilisierbare durch punktgenaue Intervention. 3. die Punkte der Intervention werden auf der Beschreibungsebene von der kontrastiven romanischen Linguistik ermittelt. 4. für den Bereich der Lexik liegen auf der Grundlage von Analogie, produktiven Wortbildungsverfahren, kontrastiven Fehlerglossaren der ‚falschen Freunde‘ und genealogischen Vergleichen umfangreiche didaktische Anregungen vor. Diskutabel ist hier v.a. die Frage nach dem Grad der äußeren Steuerung (cf. Lütjeharms 2003; Berschin 2014). 5. hinsichtlich der Morphosyntax stellt die romanistische Typologie didaktisch wertvolle Erkenntnisse bereit, die bislang kaum berücksichtigt worden sind. Typologisch-vergleichend betrachtet ist Spanisch nicht nur eine wirksame Verständnishilfe (‚Brücke‘), sondern auch ein erfolgsversprechender Pfad (‚Relais‘) in der romanischen Tertiärsprachenäußerung. 6. Aufgabe der romanistischen Tertiärsprachendidaktik ist es nun, unter Berücksichtigung von kommunikativen Kompetenzbeschreibungen, sprachlichen Frequenzauswertungen und empirischer Transferdiagnostik die salienten Merkmale im Kontrast von L rom relais (2) zu L rom (2+x) zu identifizieren: sie stellen die linguistisch beschreibbaren Gegenstände einer er- <?page no="138"?> Benno H. Berschin 138 folgsversprechenden, mehrsprachigkeitsdidaktischen Steuerung im romanischen Tertiärsprachenunterricht dar. 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Kontrastive Linguistik und Fremdsprachendidaktik Iberoromanisch-Deutsch. Tübingen: Narr. Reimann, Daniel. 2014b. „Kontrastive Linguistik, revisited oder: Was kann Sprachenvergleich für Linguistik und Fremdsprachenvermittlung heute leisten? “, in: Reimann 2014a, 9-35. Remberger, Eva-Maria / González-Vilbazo, Kay-Eduardo. 2007. „Die Kopula im Romanischen", in: Ljudmila Geist / Björn Rothstein (ed.): Kopulaverben und Kopulasätze: Intersprachliche und Intrasprachliche Aspekte. Tübingen: Niemeyer, 201-226. Schäfer-Priess, Barbara / Schöntag, Roger. 2012. Spanisch/ Portugiesisch kontrastiv. Berlin: de Gruyter. Weinreich, Uriel. 1953. Languages in contact. Findings and problems. New York: Linguistic Circle of New York. <?page no="139"?> Andreu Castell Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 1 Reporter: [...] Was meinen Sie? Muss man Grammatik lernen? Fremdsprachenlernerin (Fräulein Böhlmann): Ach, vergessen Sie die Grammatik! Ich finde Grammatik schrecklich. Immer nur Tabellen! Meiner Meinung nach ist Grammatik unnötig. Kommunikation ist alles! Hauptsache, ich verstehe Sie und Sie verstehen mich! Dieses fiktive Interview stammt aus einem DaF-Lehrbuch, nämlich Sprachbrücke (Mebus et al. 1987, 72), das sich nicht gerade dadurch auszeichnete, auf Grammatik zu verzichten. Ganz im Gegenteil, es handelte sich um ein Lehrbuch, das großen Wert auf die explizite Darstellung von Grammatik legte. Ein gewisser Herr Schmitt, der von dem Reporter danach gefragt wird, ob er Grammatik auch überflüssig finde, antwortet nämlich ganz anders: Reporter: Und Sie, Herr Schmitt? Finden Sie Grammatik auch überflüssig? Fremdsprachenlerner (Herr Schmidt): Nein! Im Gegenteil! Grammatik ist wichtig. Grammatik ist das Skelett der Sprache. Wer sich mit Sprachunterricht beschäftigt oder beschäftigt hat, weiß, dass nicht alle Lerner gleich lernen und dass nicht alle Lerner zur Grammatik die gleiche Einstellung haben (cf. Zimmermann 1995). Tatsache ist aber auch, dass die Einstellung von Fräulein Böhlmann nicht selten auch von Lehrern vertreten worden ist (cf. Zimmermann 1990). Gastarbeiter haben sich in den 60er und 70er Jahren mit ihren deutschen Arbeitskollegen, ihren deutschen Freunden und ihren deutschen Ärzten auf Deutsch verständigt. Und sehr viele haben dabei wahrscheinlich sogar nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland nur selten ein Verb konjugiert oder ein Personalpronomen dekliniert. Je nachdem, wie man Kommunikation definiert, kann man behaupten, dass sie kommuniziert haben. Aber ist das die Art von Kommunikation, die wir durch unsere Tätigkeit als DaF-Lehrer unseren Lernern ermöglichen wollen? Wenn dem so wäre, dann sollten wir uns vielleicht fragen, ob wir nicht ganz und gar überflüssig sind. Und das sind wir eben nicht, denn im Normalfall spielt die korrekte Anwendung der Sprache eine wichtige Rolle im Kommunikationsprozess. Eine Kommunikation, wie wir sie zu ermöglichen haben, muss als Voraussetzung haben, dass die Regeln weitgehend respektiert werden sollten, nach denen sich das lin- 1 Die Untersuchungen, auf denen diese Arbeit beruht, gehen zum Teil aus dem vom spanischen Ministerium für Wirtschaft und Wettbewerb (MINECO) geförderten Projekt FFI2012-32705 hervor. <?page no="140"?> Andreu Castell 140 guistische System des Deutschen richtet. Und das sind gerade, natürlich neben den Regeln der Aussprache, die Regeln der Grammatik. Ich will damit keineswegs den alten Grammatikunterricht verteidigen, wie er noch bis Anfang der 70er Jahre betrieben wurde, wo ja Grammatik meist um ihrer selbst willen erklärt wurde. Und auch nicht die Art und Weise, wie Grammatik erklärt wurde, nämlich kontextlos und immer deduktiv durch den Lehrer als Alleswisser. Ich will damit nur Folgendes sagen: Ohne das Regelsystem so weitgehend wie möglich zu beachten, kommt keine authentische Kommunikation zustande. Zugleich möchte ich aber auch Folgendes festhalten: Grammatik nützt wenig, es sei denn um grammatische Tests zu bestehen, wenn sie nicht als Mittel zur Kommunikation verstanden wird (cf. Rall 2001). Die Rolle der Grammatik im Fremdsprachen- und somit auch im DaF- Unterricht hat sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Von einer absoluten Grammatikalisierung des Unterrichts bis Anfang der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über den Versuch einer weitgehenden Entgrammatikalisierung desselben bis hin zu einem viel gesünderen Relativismus, der dem DaF-Lehrer hinsichtlich des Themas große Freiheit lässt, ist vieles erprobt worden. Diesbezüglich bemerkt Aguado (2012, 7), die Forschungslage zu der Frage, ob Grammatik im Fremdsprachenunterricht überhaupt gelehrt und gelernt werden könne und falls ja, wann und wie dies am besten erfolgen sollte, sei alles andere als eindeutig. 2 Tatsache ist auf jeden Fall, dass sich nicht wenige Lerner unsicher fühlen, wenn man ihnen grammatische Erläuterung verweigert (cf. Fandrych 2010, 1014). Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die meisten Fremdsprachenlerner lediglich im Klassenverband die Möglichkeit haben, die Fremdsprache zu hören und zu sprechen. Ein unbewusstes und unentwegt fortschreitendes Erfassen des Regelsystems, wie es beim Kind stattfindet, wenn es seine Muttersprache lernt, oder wie es zumindest zum Teil beim Erlernen der Fremdsprache im Zielsprachenland stattfinden dürfte, ist unter diesen Umständen praktisch ausgeschlossen. Ein Erasmus-Student, der nach Deutschland geht, lernt ganz anders Deutsch als er es bis dahin in vier bis fünf Wochenstunden an der Universität oder in einer Sprachenschule gelernt hat. In diesem Beitrag geht es aber nicht nur um Grammatik, sondern auch um Muttersprache. Der entschiedenste Befürworter der expliziten Einbeziehung der Muttersprache im Fremdsprachenunterricht ist ohne Zweifel Butzkamm, der sich von Beginn der 70er Jahre bis heute in zahlreichen Aufsätzen dafür eingesetzt hat. Als Zusammenfassung seiner Einstellung zum Thema mag sein Aufsatz „Eine methodische Reform ist überfällig: die Muttersprache als Sprachmutter“ (Butzkamm 2005) gelten. Auch diesbezüglich, vor allem in Zusammenhang mit dem Thema Einsprachigkeit im Unterricht, 2 Siehe zu Pro- und Kontraargumenten für Grammatikunterricht Fischer (2007, 15-18). <?page no="141"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 141 gehen die Meinungen, wie im Falle der Grammatikvermittlung, weit auseinander. 3 Natürlich ist es sinnvoll, dass man im Unterricht so oft wie nur möglich auf Deutsch spricht, das bedeutet aber nicht, dass man dabei voll und ganz die Mutterbzw. Ausgangssprache der Lerner beiseite lassen muss. Und zwar nicht nur, um gelegentlich ein bestimmtes Wort direkt zu übersetzen oder um besonders komplizierte grammatische Phänomene zu erläutern. Ich vertrete in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass der explizite Rückgriff auf die Muttersprache besonders bezüglich der Grammatikvermittlung sehr hilfreich sein kann. 4 Ich gehe dazu von der Annahme aus, dass der Mensch das Neue und Unbekannte besser und schneller versteht, wenn er es mit etwas Bekanntem vergleichen kann. Wie erklärt man jemandem, der nie ein Schnabeltier (auf Spanisch ornitorrinco), gesehen hat, was für ein Tier das ist? Schauen wir uns dazu die Definition im Wörterbuch von Moliner (2008) an: ornitorrinco (de ornitoy el gr. rhýnchos, pico) m. *Mamífero monotrema del tamaño de un conejo; tiene las mandíbulas ensanchadas y recubiertas de una lámina córnea, lo que les da semejanza con el pico de un pato, y pies palmeados. Habita en Australia y Tasmania. Ornithorhynchus anatinus. Wir würden natürlich im wirklichen Leben noch weitere Vergleiche vornehmen, aber wie man sieht, greift selbst Moliner dazu: „del tamaño de un conejo“ (so groß wie ein Kaninchen) und „semejanza con el pico de un pato“ (dem Schnabel einer Ente ähnlich) heißt es da. Es sind Vergleiche, die der Mensch braucht, um sich Unbekanntes überhaupt vorstellen zu können. Und das kann auch auf den Fremdsprachenunterricht übertragen werden. Der Vergleichsprozess, der - bewusst oder unbewusst - vom Fremdsprachenlerner durchgeführt wird, muss, um Fehlschlüsse jeglicher Art zu vermeiden, vom Lehrer kontrolliert werden. Und dabei ist nicht nur auf Unterschiede hinzuweisen, sondern auch auf die nicht seltenen Analogien. Es geht ja nicht nur darum, mögliche Interferenzfehler zu vermeiden, 5 sondern vor allem darum, den Lernprozess zu vereinfachen. Die Devise ist nicht der Vergleich um des Vergleiches willen, sondern: der Vergleich als Stütze zum Verständnis der fremden Strukturen. Um entscheiden zu können, wann, wo, wie und ob es überhaupt sinnvoll sein kann, im Unterricht explizit auf Unterschiede und Analogien aufmerk- 3 Eindeutig dafür äußert sich z.B. Ciepielewska (2008), während z.B. Haidl (2012) Butzkamms Thesen eher kritisch gegenübersteht. 4 Fandrych (2010, 1015) spricht diesbezüglich von „bewusster Kontrastivität“. Siehe dazu auch De Florio-Hansen (1995, 49-51). 5 Dass nicht alle Fehler auf Interferenzen zurückzuführen sind und dass die kontrastive Linguistik nicht ausreicht, um alle möglichen Fehler vorauszusagen und zu vermeiden, bedarf keiner expliziten Beweisführung. Das bedeutet aber nicht, dass es diese Interferenzfehler nicht gibt (cf. Pütz 1991). <?page no="142"?> Andreu Castell 142 sam zu machen, muss der Vergleich zwischen Ziel- und Ausgangssprache vom Lehrer selbst im Voraus vorgenommen werden. Dabei muss man sich Folgendes fragen: 1. Kann die Komplexität der Struktur durch einen expliziten Vergleich mit der Ausgangssprache verringert werden? 2. Kann der explizite Vergleich zu einem besseren und schnelleren Verständnis der fremden Struktur beitragen? 3. Wie ist dieser Vergleich, wenn man ihn für angebracht hält, vorzunehmen: auf theoretischer oder eher auf intuitiver Ebene? 4. Geht es darum, Analogien oder Unterschiede aufzudecken? Ist es wir lich nötig, diese aufzudecken? 5. Soll man das überhaupt erklären? Der explizite Vergleich mit der Ausgangsbzw. Muttersprache der Lerner kann dazu beitragen, didaktisch sowohl Unterschiede als auch Übereinstimmungen bewusst zu machen, was ich im Folgenden anhand einiger Beispiele exemplifizieren möchte. Hinsichtlich der Unterschiede, auf die auf jeden Fall explizit im Unterricht verwiesen werden sollte, zunächst ein ganz paradigmatisches Beispiel. Das spanische und das katalanische Verbalsystem sind ohne Zweifel, auch wenn es die Lerner zunächst überraschen mag, viel komplizierter als das deutsche. Fragt man Studenten oder Schüler, was sie dazu meinen, so antworten die meisten ganz spontan, das deutsche Verbalsystem sei ganz bestimmt viel komplizierter. Was natürlich keineswegs stimmt, wie es die Entsprechungen der deutschen Vergangenheitsformen Perfekt und Präteritum beweisen. Geht man bei deren Behandlung im Unterricht nicht kontrastiv vor, dann wird es nur allzu leicht geschehen, dass die Lerner auf Grund der morphologischen Struktur Analogien sehen, wo es sie gar nicht gibt: Formale Übereinstimmung (Deutsch-Spanisch/ Katalanisch) Perfekt Span. Pretérito perfecto compuesto Kat. Pretèrit indefinit oder Pretèrit perfet perifràstic Präteritum Span. Pretérito perfecto simple (indefinido) oder Pretérito imperfecto Kat. Pretèrit perfet simple oder Pretèrit imperfet Es ist nur logisch, dass sie denken, das Perfekt entspreche den spanischen und katalanischen zusammengesetzten Formen (z.B. he ido/ he anat, vaig anar), das Präteritum hingegen den einfachen Formen (fui oder iba/ aní oder anava). Aber das ist natürlich falsch. Sowohl das Perfekt als auch das Präteritum (Letzteres zumindest im Falle der Verben sein und haben und der Modalverben) kann allen drei erwähnten spanischen Tempora bzw. den vier katalanischen Formen entsprechen. Hier handelt es sich ganz eindeutig um einen großen Unterschied im Gebrauch. Die Lerner müssen explizit darauf aufk <?page no="143"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 143 merksam gemacht werden, dass die Wahl der einen oder der anderen Tempusform im Deutschen, von bestimmten Fällen abgesehen, hauptsächlich von der Textsorte bedingt ist: Perfekt im Gespräch, Präteritum in der Erzählung, vor allem, wenn diese schriftlich wiedergegeben wird. Dies sollte anhand einer expliziten Gegenüberstellung von spanischen/ katalanischen und deutschen Sätzen veranschaulicht werden, wo deutlich wird, dass es keineswegs eine Eins-zu-Eins-Entsprechung gibt: (1) ¿Has ido al hospital esta mañana? / Has anat a l’hospital aquest matí? (1a) Bist du heute Morgen ins Krankenhaus gegangen? (2) ¿Fuiste al hospital ayer? / Vas anar/ Anares a l’hospital ahir? (2a) Bist du gestern ins Krankenhaus gegangen? (2b) *Gingst du gestern ins Krankenhaus? (3) En 1985 fuimos a Roma. / Al 1985 vam anar/ anàrem a Roma. (3a) 1985 sind wir nach Rom gefahren. (3b) 1985 fuhren wir nach Rom. (4) Por aquel entonces todavía iba a la escuela. / Llavors encara anava a escola. (4a) Damals bin ich noch zur Schule gegangen. (4b) Damals ging ich noch zur Schule. Satz (1) ist auf jeden Fall Bestandteil eines Dialogs, sodass die Wahl ausschließlich auf das Perfekt fällt, sofern es sich nicht um Modalverben oder um die Verben sein und haben handelt. Dem Lerner muss auf jeden Fall klar gemacht werden, dass Satz (2), das sowohl im Spanischen als auch im Katalanischen eine andere Tempusform fordert, im Deutschen eben weiterhin durch das Perfekt wiedergegeben werden muss (2a). Satz (2b) ist nämlich im Deutschen völlig falsch. In den Sätzen (3) und (4) hingegen hängt im Deutschen die Wahl hauptsächlich davon ab, ob sie Bestandteil eines Dialogs (4a) oder einer länger anhaltenden Erzählung (4b) sind. Es gibt viele grammatische Phänomene wie das eben erwähnte, bei deren Vermittlung die explizite Konfrontation im Unterricht nicht nur von Nutzen, sondern sogar unbedingt notwendig sein kann. Man denke z.B. an die possessiven Determinative, wo das Deutsche in der dritten Person Singular eine Unterscheidung zwischen maskulinem bzw. neutralem und femininem Besitzer vornimmt, die dem Spanischen fremd ist. Dort, wo es z.B. im Spanischen immer su heißt, stehen im Deutschen zwei verschiedene Formen zur Verfügung, die vom Genus des Besitzers abhängen, nämlich sein und ihr. (5) Pedro y su padre (5a) Peter und sein Vater (6) María y su padre (6a) Maria und ihr Vater In diesem Fall ginge es ebenfalls um die Bewusstmachung einer eindeutigen Divergenz, also darum, falsche Analogieschlüsse zu vermeiden, dass der <?page no="144"?> Andreu Castell 144 Lerner z.B. denkt, das spanische su müsse eben immer sein heißen. Hinzu kommt in diesem Fall, zumindest im katalanischsprachigen Raum, noch ein weiterer expliziter Vergleich, den man auf jeden Fall im Unterricht vornehmen sollte: (7) *Peter und der sein Vater (7a) Pere i el seu pare (8) *Maria und die ihre Mutter (8a) Maria i la seva/ seua mare Ein Sprecher des Spanischen, der kein Katalanisch kann, wird nicht auf den Gedanken kommen, Sätze wie (7) und (8) zu produzieren. Ein Sprecher des Katalanischen wird diesen Fehler aber logischerweise doch begehen können, weil der bestimmte Artikel in seiner Sprache durchaus vor dem Possessivdeterminativ erscheinen kann, wie in (7a) und (8a). Man braucht diesbezüglich nur darauf hinzuweisen, dass es auch im Katalanischen die einfachen Formen son und sa gibt (Pere i son pare, Pere i sa mare). Im Grunde sind die katalanischen possessiven Determinative den deutschen ähnlicher als die spanischen, da sie, wie die deutschen, auch noch das Genus des folgenden Nomens berücksichtigen. Normalerweise wird in DaF-Lehrbüchern und so gehen dann auch DaF- Lehrer vor, darauf bestanden, dass bei der Imperativform der zweiten Person Singular und Plural im Deutschen das Personalpronomen, das das Subjekt vertritt, weggelassen werden muss: (9) Geh! (9a) ¡Vete! / (9b) Ves-te’n! (10) Geht! (10a) ¡Idos! / (10b) Aneu-vos-en! Aber stimmt das? Eigentlich nicht, denn man kann durchaus Äußerungen wie (11) produzieren: (11) Geh du. / Geht ihr. Ich bleibe noch eine Weile. (11a)Vete tú. / Idos vosotros. Yo aún me quedaré un rato. (11b) Ves-te’n tu. / Aneu-vos-en vosaltres. Jo encara em quedaré una estona. Tatsache ist aber auch Folgendes: In allen drei Sprachen erscheint in solchen Fällen obligatorisch das pronominale Subjekt. Und in den dreien fehlt es, wie in (9) und (10), wenn dieses pronominale Subjekt nicht hervorgehoben wird. Auch hier lohnt sich der direkte Vergleich mit der Mutterbzw. Ausgangssprache, in diesem Fall aber nicht, um auf Unterschiede aufmerksam zu machen, sondern um eine klare Analogie auszunutzen. Tatsache ist ebenfalls, dass die wörtliche Übersetzung, die immer stark und natürlich mit Recht kritisiert worden ist, nicht selten zur Veranschaulichung der fremden Struktur herangezogen werden kann (cf. Butzkamm 2005, 36). Es gibt viele Fälle, in denen die muttersprachliche Spiegelung (im Gegensatz zur idiomatischen Übersetzung) den Lernern sofort klar macht, wie das eigentlich funktioniert. Beispiele, die das bestätigen, gibt es viele: <?page no="145"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 145 (12) Wie alt bist du? (12a)*¿Cómo de viejo eres? / (12b) *Com de vell ets? (13) Wie groß bist du? (14) Wie teuer ist der Wagen? Durch die muttersprachliche Spiegelung der in Satz (12) verwendeten Struktur wie + Adjektiv + sein durchschaut der Lerner auf sehr einfachem Wege, was dahinter steckt, wobei er zugleich in die Lage versetzt wird, sie auf analoge Strukturen zu übertragen und somit Sätze wie (13) und (14) zu bilden. Das darf natürlich nicht als Plädoyer für eine systematische wörtliche Übersetzung interpretiert werden, über deren negative Auswirkungen wir uns seit langer Zeit alle im Klaren sind. Es ist jedoch offensichtlich, dass es nicht wenige Fälle gibt, bei denen es durchaus sinnvoll sein kann, auf diese wörtliche Übersetzung zurückzugreifen. Nicht selten gibt es ja auch tatsächlich eine wörtliche oder zumindest eine fast wörtliche Entsprechung in der Muttersprache, was wahrscheinlich auch nicht immer ausgenutzt wird: (15) Ich danke dir für deine Hilfe. (DO + PO) (15a)Te agradezco tu ayuda. (DO + AO) (15b) T’agraeixo la teva ajuda. (DO + AO) (15c) Te doy las gracias por tu ayuda. (DO + PO) (15d)Et dono les gràcies per la teva ajuda. (DO + PO) Möglicherweise tendiert man dazu, danken durch agradecer oder agrair zu übersetzen. Und vielleicht ist die Übersetzung in (15a) und (15b) auch die im Spanischen und Katalanischen häufiger verwendete Form. Problematisch dabei ist, dass danken ein Dativobjekt (DO) und ein Präpositionalobjekt (PO) besitzt, während agradecer und agrair ein Dativobjekt (DO) und ein Akkusativobjekt (AO) aufweisen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, auf eine andere Übersetzung zu greifen. Man kann nämlich erklären, danken bedeutet im Spanischen dar las gracias und im Katalanischen donar les gràcies. Der Vorteil: Diese Funktionsverbgefüge besitzen die gleiche Valenz wie das deutsche Verb danken, nämlich ein DO und ein PO. Andererseits kann der explizite Vergleich mit der Muttersprache im Unterricht dazu dienen, bestimmte Phänomene, die im Grunde recht kompliziert sind, leicht verständlich zu machen, und zwar auch in solchen Fällen, wo man normalerweise sogar zu wenig erklärt. In Lehrbüchern und daher auch im Unterricht gilt größtenteils die Regel, dass grammatische Phänomene stark vereinfacht zu erläutern sind. Dass diese Vereinfachung im Lehr- und Lernprozess einen Sinn hat, wird niemand leugnen wollen. Dabei darf jedoch zweierlei nicht übersehen werden: Erstens, dass die Komplexität einer grammatischen Erscheinung durch ihre fortwährende Vereinfachung nicht geringer wird — sie bleibt auf jeden Fall bestehen —, und zweitens, dass man durch diese fortwährende Vereinfachung nur allzu oft erreicht, <?page no="146"?> Andreu Castell 146 dass sich beim Lerner Regeln festwurzeln, die im Grunde falsch oder zumindest nicht völlig richtig sind. Ein Thema, das immer wieder zu vereinfacht erklärt wird, ist die Wortstellung. Und nicht nur die Wortstellung im Mittelfeld, die natürlich am kompliziertesten ist, sondern selbst die Besetzung des Vorfeldes im Aussagesatz, auf die ich mich im Folgenden beziehen möchte: Vorfeld Position I Position II Position III ... (16) Eva arbeitet bei Seat. (17) Ich lerne Englisch. (18) Morgen gehe ich ins Kino. Das erste, was dem Lerner hinsichtlich des deutschen Aussagesatzes vermittelt wird, ist, dass das Subjekt für gewöhnlich die erste Stelle vor dem konjugierten Verb einnimmt, wie in (16) und (17). Schon bald wird er aber lernen müssen, dass das nicht immer so ist und dass auch andere Komplemente ins Vorfeld treten können, wie in (18). Hier angelangt, geht es dem DaF-Lehrer hauptsächlich darum, das Phänomen der sogenannten Inversion klarzumachen, ein Begriff, der mir wenig gefällt, der sich aber eingebürgert hat. Es heißt dann für gewöhnlich, wenn das Vorfeld nicht vom Subjekt besetzt werde, dann trete dieses Subjekt, wie in (18), automatisch nach rechts neben die konjugierte Verbform, da im Vorfeld nur ein Komplement stehen dürfe. Das ist natürlich äußerst wichtig und man muss es im Laufe des Lernprozesses sehr oft wiederholen. Damit ist aber zum Vorfeld selbst, d.h. darüber, welche Elemente überhaupt die erste Position besetzen können und warum, wenig, um nicht zu sagen nichts gesagt. Nicht selten heißt es im Unterricht, jedes Komplement könne das Vorfeld besetzen. So ausgedrückt, ist die Regel zum Teil falsch, zum Teil einfach zu pauschal. Es gibt ja nun tatsächlich eine, wenn auch sehr kurze, Reihe von Elementen, die, im Gegensatz zu ihren Entsprechungen im Spanischen und Katalanischen, keineswegs allein im Vorfeld platziert werden können (z.B. auch und sogar), das größere Problem ist jedoch, dass sehr oft nichts mehr dazu gesagt wird. Oder es wird schlimmstenfalls, um obige Regel zu veranschaulichen, Folgendes gemacht: Man gibt Satz (19) an und lässt dann alle möglichen Umstellungen vornehmen, was dazu führt, dass die Lerner die Sätze (20) und (21) bilden: (19) Ich gehe morgen ins Theater. (20) Morgen gehe ich ins Theater (21) Ins Theater gehe ich morgen. Bleibt man dabei, dann stehen wir vor einem eindeutigen Mangel an Information. Und zwar vor einem Mangel an kommunikativ durchaus rele- <?page no="147"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 147 vanter Information. Wie soll der Lerner eine solche Beispielreihe interpretieren? Folgt keine nähere Erläuterung, dann wird er womöglich denken, es ist im Deutschen egal, wie man den Satz beginnt und dass die Sätze (19)-(21) völlig gleichwertig sind. Und das stimmt natürlich nicht. Die Sätze (19) und (20) weisen durchaus eine normale Wortstellung auf, ja man könnte sie kommunikativ sogar als synonym bezeichnen. Satz (21) hingegen bedarf eines bestimmten Kontextes, um überhaupt so ausgedrückt werden zu können. Man kann natürlich versuchen, die Funktionen des Vorfeldes zu erklären. Tatsache ist jedoch, dass es sehr langwierig sein kann und dass nicht wenige Lerner Schwierigkeiten haben würden, sie zu verstehen, was zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, dass sich die verschiedenen Funktionen sehr oft überschneiden, sodass sie nicht immer scharf voneinander zu trennen sind. Tatsache ist aber auch, dass es sich größtenteils um die gleichen Funktionen handelt, die der Satzanfang im Spanischen und im Katalanischen besitzt, sodass man hier als Lehrer beim Rückgriff auf die Muttersprache im Grunde das Ganze durch die sprachliche Intuition der Lerner verständlich machen kann: (21) Ins Theater gehe ich morgen. (21a) Al teatro iré mañana. (21b) Al teatre aniré demà. (22) Ins Theater gehe ich morgen, nicht ins Kino. (22a) Al teatro iré mañana, no al cine. (22b) Al teatre aniré demà, no al cinema. (23) Ins Theater gehe ich morgen, heute gehe ich ins Kino. (23a) Al teatro iré mañana, hoy voy al cine. (23b) Al teatre hi aniré demà, avui vaig al cinema. Eine Aussage wie (21) mag ohne Kontext komisch aussehen, genauso wie die Aussagen (21a) und (21b) im Spanischen und im Katalanischen. Fügt man jedoch hinzu, wie in (22), nicht ins Kino oder, wie in (23), heute gehe ich ins Kino, erscheint die Aussage durchaus sinnvoll. Und dasselbe geschieht in der jeweiligen Muttersprache. Man könnte das natürlich mit den Begriffen Thema und Rhema erklären, die Lerner wissen aber normalerweise nichts damit anzufangen. Tatsache ist, dass diese Vorfeldbesetzung im Spanischen und im Katalanischen gleich funktioniert. Allein durch diese explizite Gegenüberstellung, die idealerweise in Dialogen eingebettet angeboten werden sollte, kann der Lerner rein intuitiv verstehen, wann er den Satz mit diesem ins Theater beginnen kann. Nämlich dann, wenn er es auch im Spanischen oder im Katalanischen so machen würde. Der einfache Vergleich ersetzt in diesem Fall schwierige Erklärungen. Noch ganz kurz zum Thema Wortstellung und Vergleich. In Corcoll/ Corcoll (1994, 218sq.) heißt es z.B., Personalpronomina in der Funktion eines <?page no="148"?> Andreu Castell 148 direkten oder indirekten Objekts könnten nicht im Vorfeld stehen; und in Reimann (1996, 199) heißt es ganz allgemein: „Die Akkusativ- und Dativobjekte bleiben im allgemeinen im Mittelfeld. Nur wenn man sie sehr betonen möchte, können sie an erster Position stehen“. Die erste Behauptung ist natürlich nicht richtig, die zweite einfach zu pauschal: (24) Ihn kenne ich. ≠ (25) Ich kenne ihn. Ein Satz wie (24) ist nämlich durchaus produzierbar. Aber er bedeutet natürlich nicht das Gleiche wie (25). Wie bringt man das aber einem Lerner bei, ohne lange und komplizierte Erklärungen? Auch hier erweist sich der Zugriff auf die Ausgangssprache als sinnvoll und vor allem nützlich. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber kontrastiv gesehen dürfte die allgemeingültige Regel ganz einfach wie folgt formuliert werden: Normalerweise kann/ muss das pronominalisierte Akkusativ- oder Dativobjekt im Deutschen nur dann im Vorfeld stehen, wenn in diesem konkreten Beispiel im spanischen oder katalanischen Vorfeld nicht nur das unbetonte Personalpronomen lo/ el steht, sondern auch, und zwar vor diesem, auch noch die betonte Form mit a él/ a ell: (26) Lo conozco. (27) El conec. (26a/ 27a) Ich kenne ihn. (28) A él lo conozco (, a ella no). (29) A ell el conec (, a ella no). (28a/ 29a) Ihn kenne ich (, sie nicht). So lautet die Übersetzung der spanischen und katalanischen Aussagen in (26) u. (27) auf jeden Fall immer wie in (26a/ 27a), während die Aussagen in (28) u. (29) der deutschen Aussage in (28a/ 29a) entsprechen. Andererseits kann der Vergleich, den der Lehrer im Voraus vornimmt, ab und zu auch dazu führen, dass man bestimmte grammatische Phänomene, die in den Lehrbüchern thematisiert werden, einfach unerklärt lässt, aus dem einfachen Grunde, dass sie für unsere Lerner einfach keiner Erklärung bedürfen. Ich denke dabei z.B. an das sogenannte Zustandspassiv oder sein- Passiv. Das wurde in DaF-Lehrbüchern aus den letzten zwei Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts immer irgendwann thematisiert, und es wird auch noch in ganz aktuellen weiterhin behandelt, so z.B. in Berliner Platz 4 neu (Harst et al. 2012) und in Tangram aktuell 3 (Dallapiazza et al. 2005b), wo jeweils von Vorgangs- und Zustandspassiv und von Passiv mit sein und werden die Rede ist. Dabei muss man bedenken, dass diese Lehrbücher das Vorgangsbzw. werden-Passiv schon Monate vorher eingeführt haben (Dallapiazza et al. 2005a und Lemcke et al. 2013). So gehört in Berliner Platz neu das Vorgangspassiv zum A2- Niveau, das Zustandspassiv zum B2-Niveau, in Tangram aktuell gehören sie beide zum B1-Niveau, das zweite wird aber ebenfalls viel <?page no="149"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 149 später eingeführt. Schauen wir uns doch einige Beispiele für das Zustandspassiv an und vergleichen wir sie mit den entsprechenden spanischen und katalanischen Entsprechungen: (30) Das Fenster ist geschlossen. (30a) La ventana está cerrada. (30b) La finestra està tancada. (31) Das Problem ist gelöst. (31a) El problema está solucionado. (31b) El problema està solucionat. (32) Bist du verletzt? (32a) ¿Estás herido? (32b) Estàs ferit? In allen Fällen handelt es sich, sowohl im Deutschen als auch im Spanischen und Katalanischen um Strukturen mit dem kopulativen Verb sein/ estar und einem Partizip II. Man muss dabei zweierlei bedenken: Dass das deutsche Verb sein im Spanischen und im Katalanischen sowohl ser als auch estar entsprechen kann, ist etwas, was die Lerner schon in den ersten Unterrichtsstunden problemlos verstanden haben. Zweitens muss man sich darüber im Klaren sein, dass das Bedürfnis, solche Sätze zu produzieren, schon sehr früh entsteht, auf jeden Fall bevor die Lehrbücher das Passiv überhaupt thematisieren. Wenn der Lerner solche Sätze produzieren will, dann wird er uns bestimmt nicht fragen, wie das deutsche Zustandspassiv funktioniert. Erstens, weil das Passiv noch nicht behandelt worden ist, und zweitens, weil der Lerner gar nicht weiß, dass es so etwas wie ein Zustandspassiv gibt, da das Partizip in solchen Strukturen im Spanischen und Katalanischen und übrigens auch in einigen deutschen Grammatiken (z.B. Kars/ Häussermann 1989, 61) als ein Adjektiv in der Rolle eines atributos/ atribut bzw. eines Prädikativums interpretiert wird. Der Lerner wird uns ganz einfach fragen, wie man auf Deutsch cerrado/ tancat, solucionado/ solucionat und herido/ ferit sagt. Und allein mit dieser Information wird er in der Lage sein, die erwähnten Sätze zu bilden. Was hat es dann für einen Sinn, viel später, nämlich für gewöhnlich erst in einem dritten oder neuerdings sogar in einem vierten Kurs, zu erklären, dass diese Strukturen das Ergebnis des Vorgangspassivs wiedergeben? Aus kommunikativer Sicht ist es völlig nutzlos und didaktisch kann es eigentlich nur dazu dienen, etwas für den Lerner völlig Unproblematisches plötzlich zu problematisieren (cf. Castell 2004). Andererseits - und somit komme ich zum vorletzten Punkt - darf man nicht außer Acht lassen, dass nur der Vergleich mit der Ausgangssprache, den der Lehrer im Voraus vorzunehmen hat, Lücken füllen kann, die universell anwendbare Lehrbücher einfach nicht berücksichtigen können: <?page no="150"?> Andreu Castell 150 (33) Hier gibt es auch spanische Zeitschriften. (33a) Aquí también hay revistas españolas. (33b) Aquí també hi ha revistes espanyoles. (34) Schau mal, hier ist eine spanische Zeitschrift. (34a) Mira, aquí hay una revista española. (34b) Mira, aquí hi ha una revista espanyola. (35) *Unten gibt es einen Mann, der mit dir sprechen möchte. (36) Unten ist ein Mann, der mit dir sprechen möchte. Ein Native-Speaker des Deutschen weiß normalerweise genau, dass es, wie in (33), heißen sollte Hier gibt es auch spanische Zeitschriften, wenn er meint, dass man sie dort erhalten kann, aber, wie in (34), Schau mal, hier ist eine spanische Zeitschrift, wenn er vor Ort eine entdeckt. Aber wie kann unser Lerner das wissen? Im Spanischen und im Katalanischen heißt es in beiden Fällen hay/ hi ha. Wann man im Deutschen es gibt und wann man ist bzw. sind zu benutzen hat, wird in keinem DaF-Lehrbuch thematisiert. Nur allzu oft wird im Unterricht die Erklärung abgegeben, hay/ hi ha heiße im Deutschen es gibt, so dass Lerner dann immer wieder Sätze bilden wie Unten gibt es einen Mann, der mit dir sprechen möchte (35), wo es richtig natürlich heißen muss Unten ist ein Mann, der mit dir sprechen möchte (36). Ein zweites Beispiel zu diesem Problem: Das Deutsche besitzt keine entsprechende Form für das spanische gerundio, eine Form, die im Spanischen sehr oft und zwar in den verschiedensten Funktionen benutzt wird: (37) Estoy trabajando en una nueva novela. (37a) Ich arbeite gerade an einem neuen Roman. (38) En lugar de detenerse siguió corriendo. (38a) Anstatt stehen zu bleiben, rannte er weiter. (39) Puede regular el volumen girando este botón. (39a) Sie können die Lautstärke regeln, indem Sie diesen Knopf drehen. Und schließlich noch ein drittes Beispiel dazu: (40) No ha regalado nunca nada a nadie. (41) No ha regalat mai res a ningú. (40a/ 41a) *Er hat nicht nie nichts niemandem geschenkt. (40b/ 41b) *Er hat nie nichts jemandem geschenkt. (40c/ 41c) Er hat nie jemandem etwas geschenkt. Sowohl im Spanischen als auch im Katalanischen erscheinen in (40) und (41) insgesamt vier negative Elemente: no, nunca/ mai, nada/ res und a nadie/ a ningú. Die spontane Tendenz aufmerksamer Spanisch und/ oder Katalanisch sprechender Lerner wäre natürlich, einen Satz wie (40a/ 41a) oder bestenfalls einen wie (40b/ 41b) zu bilden, die natürlich beide falsch sind. Richtig ist auf Deutsch nur die Aussage in (40c/ 41c). Normalerweise wird den Lernern nur <?page no="151"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 151 erklärt, im Deutschen könne immer nur ein negatives Element im Satz erscheinen. Was haben aber die Lerner von einer solchen Erklärung? Sie besagt nämlich nichts darüber, welches der verschiedenen Elemente im Deutschen in seiner negativen Version zu erscheinen hat. Natürlich brauchen DaF-Lehrer im Unterricht nicht alles über den Unterschied zwischen es gibt und ist bzw. sind als Entsprechungen von hay/ hi ha zu erklären. Und sie können auch nicht alle möglichen Entsprechungen des spanischen gerundios im Unterricht erläutern. Genauso wenig können sie auf alle möglichen Konstellationen hinsichtlich der Negation eingehen. 6 Aber nur wenn sie sich dieser Lücken in den Lehrbüchern bewusst sind, werden sie sich Gedanken darüber machen, was man vielleicht doch erklären und üben könnte oder sollte. Zuallerletzt stellt sich bezüglich der Grammatik - und in Zusammenhang damit auch hinsichtlich der Muttersprache - folgende Frage: Wie soll man im Unterricht darüber sprechen? Die Antwort lautet ohne Zweifel: Anhand grammatischer Terminologie, es geht nicht anders. Der Mensch braucht Namen für die Dinge, um über sie überhaupt sprechen zu können. Wenn man dies allgemein akzeptiert, dann sollte man es auch bezüglich grammatischer Phänomene akzeptieren. Natürlich darf man in diesem Zusammenhang nicht übertreiben, da man davon auszugehen hat, dass wir von DaF-Unterricht sprechen und nicht von Linguistikunterricht, wie er z.B. im Germanistikstudium betrieben werden könnte und auch sollte. Aber mit der Antwort, über Grammatik müsse man anhand grammatischer Terminologie sprechen, ist es leider nicht getan, denn die Frage, die darauf folgt, ist: Welche Terminologie soll man benutzen? (42) Klaus ist krank. Prädikativ(ergänzung) (43) Klaus ist ein guter Lehrer. Prädikativ(ergänzung) (42a) Klaus está enfermo. atributo (42b) Klaus està malalt. atribut (43a) Klaus es un buen profesor. atributo (43b) Klaus és un bon professor. atribut Wer in Spanien Germanistik studiert und/ oder mit deutschen Grammatiken gearbeitet hat, wird, wie es auch in allen Lehrbüchern der Fall ist, das Adjektiv in (42) oder die Nominalphrase in (43) als Prädikativ, Prädikativergänzung oder auch anders bezeichnen, aber nicht al Attribut. Ein Attribut ist - zumindest in der neueren deutschen Grammatikschreibung - z.B. das Adjektiv guter, das in (43) das Nomen begleitet. Fragen wir jedoch Lerner, die in Spanien gelernt haben, ihre eigene Muttersprache - sei es nun Spanisch oder Katalanisch - syntaktisch zu beschreiben, dann stellt sich heraus, dass sie die hervorgehobenen Elemente in (42a/ 42b) und (43a/ 43b) spontan und zu- 6 Zu detaillierten Erklärungen dazu siehe Castell (2008, 182-184, 175-177 u. 12-14). <?page no="152"?> Andreu Castell 152 gleich systematisch als atributo bzw. atribut, das Adjektiv buen/ bon in denselben Sätzen jedoch als complemento del nombre bzw. complement del nom bezeichnen. 7 Wie soll ein DaF-Lehrer in Spanien diesbezüglich vorgehen? 1972 hat Ulrich Engel, einer der bedeutendsten und auch klarsichtigsten Stellvertreter der Valenzgrammatik in Deutschland, an der Ausarbeitung des Zertifikat Deutsch als Fremdsprache mitgewirkt, und zwar bei der Auflistung der syntaktischen Strukturen (Engel 1985). Er hat somit praktisch die Gesamtheit der DaF-Lehrbücher der folgenden Jahrzehnte geprägt. In fast allen hat sich ab 1978 die Valenzgrammatik als Beschreibungssystems eingebürgert: von den verschiedenen Fassungen von Sprachkurs Deutsch (Häussermann et al. 1978), Deutsch Aktiv (Neuner et al. 1979), Themen (Aufderstraße et al. 1983) und Sprachbrücke (Mebus et al. 1987) aus den 70er und 80er Jahren, über Lehrwerke aus den 90er Jahren wie Stufen International (Vorderwülbecke/ Vorderwülbecke 1995) bis hin zu Lehrwerken aus Anfang des neuen Jahrhunderts wie Delfin (Aufderstraße/ Müller/ Storz 2001) und Dimensionen (Jenkins et al. 2002). In allen war - richtig oder falsch, denn einige Lehrbuchautoren haben die Theorie vielleicht nicht ganz korrekt gedeutet - die Rede von Ergänzungen und Angaben, Termini mit denen viele spanische DaF-Lehrer wenig anzufangen wussten. Denn einerseits wurde die Valenztheorie, vor allem noch in den 80er Jahren, kaum im Germanistikstudium behandelt, andererseits hatte sie in der spanischen Grammatikschreibung selbst keinerlei Anklang gefunden. 8 Letzteres war auch der Grund dafür, dass die Lerner mit den erwähnten Begriffen nichts anfangen konnten. Nur allzu oft wurde z.B. sowohl seitens der Lerner als auch der Lehrer der falsche Schluss gezogen, Angaben seien complementos circunstanciales/ complements circumstancials, Ergänzungen hingegen ausschließlich alle anderen complementos/ complements. Beispiele für diesen Fehlschluss lassen sich nicht selten selbst in für Spanien regionalisierten Fassungen der verschiedensten Lehrbücher und Grammatiken finden (cf. Castell 2013). Erst jetzt, fast 30 Jahre später, wird in DaF-Lehrbüchern wie Berliner Platz (Lemcke et al. 2002), Schritte International (Niebitsch et al. 2006), Netzwerk (Schmitz et al. 2011) und Menschen (Evans/ Pude/ Specht 2012) - wahrscheinlich als Neuigkeit - wieder die Idee aufgegriffen, die grammatische Terminologie, die im Unterricht benutzt werden sollte, weitgehend dem Lehrer zu 7 Bezeichnungen, die der früheren deutschen Grammatikschreibung auch nicht fremd sind. So ist z.B. in Jude (1975, 233 u. 11) jeweils von Attribut und von Beiwort die Rede. 8 Erst in der Gramática descriptiva de la lengua española (Bosque/ Demonte 1999) und in der Nueva Gramática de la lengua española (RAE 2009) ist dieses Beschreibungsmodell in Grammatiken des Spanischen aufgenommen worden. Inwiefern sich diese Aufnahme der Theorie in der letzten, theoretisch der maßgebenden Grammatik der spanischen Sprache, in den Schulbüchern der Primar- und Sekundarstufe auswirken wird, ist derzeitig eine Frage, die völlig offen bleibt. <?page no="153"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 153 überlassen. 9 Valenzgrammatik ja, Valenzgrammatik nein? Nied (2012) plädiert ganz offensichtlich dafür, da sie ihren Beitrag „Valenz? Auf jeden Fall! “ betitelt. Wenn es aber darum geht, diese Auffassung zu rechtfertigen, schreibt sie zu Anfang ganz pauschal: „Trotz der genannten Defizite geht man heute davon aus, dass die Valenztheorie - verständlich und klar angewandt - beim Erlernen einer Fremdsprache nützlich ist“. Was sie genau damit meint, bleibt unklar, sie bezieht sich wahrscheinlich auf die Gegenüberstellung von deutschen und italienischen Satzmustern im Sinne von Engel (1988), deren Nützlichkeit niemand leugnen wird. Denn gerade das ist zweifelsohne der wichtigste Beitrag der Valenztheorie für den DaF-Unterricht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man unbedingt die Theorie als Ganzes und somit auch ihr Beschreibungsinstrumentarium im Unterricht zu übernehmen hat. (44) Ich gehe am Sonntag mit meinen Freunden ins Kino. (44a) El domingo iré con mis amigos al cine/ al cine con mis amigos. (44b) Diumenge aniré amb els meus amics al cinema/ al cinema amb els meus amics. Natürlich muss man im Unterricht erklären, dass Direktivergänzungen wie ins Theater (44) am Ende des Mittelfeldes stehen müssen, was ja weder im Spanischen noch im Katalanischen (44a/ 44b) obligatorisch ist. Ob man aber deshalb erklären muss, dass es sich im Falle von ins Theater valenztheoretisch um eine Ergänzung und nicht um eine Angabe handelt, wo Lerner mit dem Spanischen oder Katalanischen als Muttersprache dieses Komplement einfach als complemento circunstancial bezeichnen würden, ist meiner Ansicht nach mehr als fraglich. Beharrt man darauf, sei es nun, weil das Lehrbuch es so darstellt oder weil man als Lehrer Anhänger der Valenztheorie ist, dann begeht man meines Erachtens zwei große Fehler zugleich: Auf der einen Seite überfordert man unnütz den Lerner, der, um die neue Theorie überhaupt zu begreifen, erst mal voll und ganz umdenken muss, auf der anderen verzichtet man dadurch ebenfalls sinnlos auf etwas, was er schon mehr oder weniger kennt, nämlich das, was er in der Schule bezüglich grammatischer Terminologie gelernt hat. Er erinnert sich möglicherweise nicht spontan daran, im Hinterkopf hat er es aber auf jeden Fall. Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht: Man kann darüber streiten, wie viel Grammatik man braucht, auch darüber, wie sie im Unterricht einzubeziehen ist. Tatsache ist aber, dass man in einem Unterricht, wo die Lerner nur einen sehr geringen Kontakt mit der Fremdsprache haben, ohne sie nicht auskommen kann. Umstritten ist auch die Rolle der Muttersprache im Fremdsprachenunterricht. Aber solange einschlägige Untersu- 9 Eine Auffassung, die schon von Schäpers (1972, 14) vertreten wurde, wo es hieß, der Lehrer solle die Bezeichnung auswählen, die seinen Schülern noch am ehesten verständlich sei. <?page no="154"?> Andreu Castell 154 chungen nicht das Gegenteil beweisen, sollte man auf ihre Einbeziehung im DaF-Unterricht nicht verzichten. Dabei ist auf jeden Fall zu bedenken, dass der Vergleich zwischen Ziel- und Ausgangssprache nicht um ihrer selbst willen stattfinden sollte, sondern immer nur dann, wenn man es für didaktisch sinnvoll hält. Literatur Aguado, Karin. 2012. „Progression, Erwerbssequenzen und Chunks. Zur Lehr- und Lernarbeit von Grammatik im Fremdsprachenunterricht”, in: AkDaF Rundbrief, 64, 7-22. Aufderstraße, Hartmut / Müller, Jutta / Storz, Thomas. 2001. Delfin. Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. Lehrbuch. Ismaning: Hueber. Aufderstraße, Hartmut et al. 1983. Themen 1. Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. Kursbuch. München: Hueber. Bosque, Ignacio / Demonte, Violeta (ed.). 1999. Gramática descriptiva de la lengua española. Madrid: Espasa Calpe. Butzkamm, Wolfgang. 2005. „Eine methodische Reform ist überfällig: die Muttersprache als Sprachmutter“, in: Nouveuax Cahiers d’Allemand, 1, 27-39. Castell, Andreu. 2004. „Über Sinn und Unsinn des Zustandspassivs“, in: María José Domínguez / Barbara Lübke / Almudena Mallo (ed.): El alemán en su contexto español - Deutsch im spanischen Kontext. Actas IV Congreso de la Federación de Asociaciones de Germanistas y Profesores de Alemán en España. Santiago de Compostela: Universidade de Santiago de Compostela, 175-185. Castell, Andreu. 2008. Gramática de la lengua alemana. Explicaciones y ejemplos. Madrid: Editorial Idiomas. Castell, Andreu. 2013. „Die Valenztheorie in der Praxis: Deutsch an deutschen Schulen und Deutsch als Fremdsprache in Spanien“, in: Estudios Filológicos Alemanes, 25, 619-637. 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(ed.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: ein internationales Handbuch, Bd 1. Berlin / New York: de Gruyter, 1008-1021. <?page no="155"?> Grammatik und Muttersprache im DaF-Unterricht 155 Fischer, Sylvia. 2007. „Sprechfähigkeit und -willigkeit fördern: Das Dilemma der Grammatikvermittlung“, in: Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht, 12, 1-23. Haidl, Anton. 2012. „Zur Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht: Kommentare, Fragen und alternativen zu W. Butzkamms 13 Thesen (2005)“, in: Michael Pfeiffer / Teresa Vinardell / Anna Montané (ed.): Was mich wirklich interessiert. Girona: Documenta Universitaria, 109-123. Harst, Eva et al. 2014. Berliner Platz 4 neu. Berlin: Klett-Langenscheidt. Häussermann, Ulrich et al. 1978. Sprachkurs Deutsch 1. Frankfurt a.M. / Wien / Aarau: Diesterweg / ÖBV / Sauerländer. Jenkins, Eva Maria et al. 2002. Dimensionen. Lernstationen 1. Ismaning: Hueber. Jude, Wilhelm K. 1975. Deutsche Grammatik (Neufassung Rainer F. Schönhaar). 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Tübingen: Narr, 181-189. <?page no="157"?> Christina Horst Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF- LernerInnen 1. Hintergrund der Untersuchung Es ist allgemein bekannt, dass der Wortbildung in der deutschen Sprache eine besondere Relevanz zukommt, unabhängig von Kontext und Kommunikationsmedium. Im Deutschen lassen sich mit Leichtigkeit neue Wörter bilden (und verstehen), ob zur Benennung einer neuen Wirklichkeit oder um einen persönlichen Akzent zu setzen. Dies gilt für Muttersprachler ebenso wie für Nichtmuttersprachler, wobei DaF-Lerner zuerst mit der Materie vertraut gemacht, also an die Wortbildungsarten und -muster herangeführt werden müssen, damit sie sich relevantes Wortbildungswissen zum Erlernen der Sprache und zum Ausbau ihrer Sprachkompetenz zu Nutzen machen können. Hiermit soll deutlich gemacht werden, wie wichtig die Vermittlung der Wortbildung im DaF-Unterricht ist. Sie macht schließlich „als Teil der Wortschatzarbeit einen zentralen Teil des Lernbereichs Reflexion über Sprache aus [...]“ (Stein 2011, 241). Da Wortbildungsprodukte (WBP) überwiegend aus vorhandenem Sprachmaterial zusammengesetzt werden, dienen sie gleichzeitig der Vertiefung des Wortschatzes. Auch Fandrych/ Thurmair (1994, 34) heben hervor, dass „Wortbildungen [...] ganz allgemein ein ökonomisches und sehr produktives Mittel der Wortschatzerweiterung im Deutschen“ sind. Somit scheint es von großem Vorteil, wenn der Deutschlerner über ein grundlegendes Wortbildungswissen verfügt. Ungeachtet dieser Tatsache nimmt Wortbildung im DaF-Unterricht meist nur eine Nebenrolle ein. So stellt auch Stein überrascht fest, „dass die Einheit ‚Wort‘ und ‚Wortbildung‘ als sprachlicher Phänomenbereich nur vereinzelt zu einem systematischen Lerngegenstand gemacht und als Reflexionsansatz genutzt wird“ (2011, 241). Darüber hinaus wird Wortbildung meist nur in Verbindung mit rezeptiven Fähigkeiten und erst ab dem Mittelstufenniveau explizit behandelt (cf. Berth 2009). In diesem Zusammenhang ist dem Ansatz von Storch zuzustimmen, der schon Anfängern die Fähigkeit zur Bildung neuer Wörter zutraut: „[D]as Wortbildungspotenzial des Wortschatzes [ist] von der ersten Lektion eines Deutschkurses an sehr groß [...] - und somit auch die Möglichkeit, ab der ersten Unterrichtsstunde Wortbildung zu betreiben“ (Storch 2009, 91). <?page no="158"?> Christina Horst 158 In der vorliegenden Arbeit wird sich auf spanische DaF-Lerner beschränkt. Um kontrastiv vorgehen zu können, werden deutsche Texte von nichtmuttersprachlichen Lernern auf WBP untersucht; hierbei sollen vor allem okkasionelle Neubildungen in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Ziel der Arbeit ist es herauszufinden, welche Wortbildungsmuster spanische DaF-Lerner (unabhängig von ihrem Sprachniveau) am häufigsten verwenden. Darüber hinaus sollen Wortbildungsarten und -muster daraufhin untersucht werden, warum bestimmte Muster den Lernern keine oder weniger Probleme bereiten. Es wird versucht sich von der reinen Fehleranalyse abzuwenden und vor allem auf die Probleme einzugehen, die diese Lerner bei der Bildung von deutschen Wortbildungsprodukten haben, und ihren Ursprung herauszufinden. 2. Grundlagen Im Folgenden werden die Grundlagen zum Verständnis dieser Arbeit noch einmal dargelegt. Zum einen die Prinzipien der Wortbildung, die von Bedeutung sind und die Information, die wichtig wird, wenn Lernersprache und Wortbildung zusammentreffen. 2.1. Prinzipien der Wortbildung Wenn man von Wortbildung spricht, dann versteht man darunter, die Schaffung von Wörtern aus schon vorhandenem Sprachmaterial bzw. durch die Überarbeitung von diesem (cf. Erben 2006; Duden 2009; Gärtner 2012). „Die Grundeinheit der Wortbildung ist das Wortbildungsprodukt“ (Fleischer/ Barz 1995, 21). Barz et al. (2007, 186) definieren Wortbildungsprodukt als „ein durch Wortbildung entstandenes morphosemantisch motiviertes Wort“. So scheint es schlüssig, dass sich Wortbildungsprodukte zunächst wortartübergreifend nach strukturellen und grammatischen Merkmalen in die zentralen Wortbildungsarten gliedern lassen (cf. Duden 2009, 660). Außerdem werden bei der Klassifizierung die Ausgangseinheiten der Wortbildungen untersucht (cf. Fleischer/ Barz 2013). Bei den binären Wortbildungsarten (Komposita und Derivation) kommen hier vor allem die unmittelbaren Konstituenten (UKs) zu tragen. In dieser Arbeit wird vor allem auf die drei zentralen Wortbildungsarten eingegangen, da nur diese motiviert sind. Es handelt sich hierbei um Komposition, Derivation und Konversion. Kurzwortbildung ist in dieser Arbeit nicht von Bedeutung, da durch sie nicht direkt neue Wörter entstehen, sondern nur bereits bestehende abgekürzt werden. <?page no="159"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 159 Okkasionell gebildete Wörter stellen die Grundlage der Analyse, da sich nur so herausfinden lässt, ob die Lerner Regeln anwenden, analoge Bildungen vornehmen oder selbst kreativ werden. Es wird also das Augenmerk auf Okkasionalismen bzw. Einmalwörter oder auch Kontextwörter gelegt, welche im Gegensatz zu Neologismen eher subjektiv sind. Meist ist ihre Entstehung nachvollziehbar, weil es sich um motivierte Wörter handelt, die aus vorhandenem Sprachmaterial entstanden sind. Gierden Vega/ Hofmann (2008, 197) definieren Okkasionalismen als „Stilmittel der kreativen Sprachverwendung[, die] konkrete textspezifische Funktionen ausüben“. 2.2. Wortbildung und Lernersprache Als Einstieg in die Lernersprache eine kurze Definition Vogels (1989, 13) zum Begriff: Mit Lernersprache bezeichnen wir das hypothetische Konstrukt, das sich in einem Fremdsprachlerner infolge der Konfrontation mit zielsprachlichen Daten herausbildet, ohne dabei jedoch völlig mit der jeweiligen Zielsprache identisch zu sein. Bei der folgenden Analyse der Wortbildungsprodukte soll nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Probleme bei der Produktion auf die Muttersprache (MS) der DaF-Lerner zurückzuführen sind. Diese Option soll jedoch auch nicht ausgeschlossen werden. In Anlehnung an die Kontrastivhypothese, die in dieser Arbeit eine zentrale Rolle spielt, wird darauf hingewiesen, dass man heutzutage „davon aus[geht], dass der Einfluss der Muttersprache nur ein Einfluss unter vielen anderen ist“ 1 (Edmondson/ House 2011, 224), aber wohl „die treibende Kraft hinter dem Erwerb und Gebrauch einer Fremdsprache“ (Berth 2009, 28). Die theoretische Grundlage der kontrastiven Analyse beruht auf der Grundannahme der beiden Linguisten Fries und Lado, „dass Strukturunterschiede zwischen Mutter- und Fremdsprache (FS) automatisch zu Lernschwierigkeiten führen“ (Königs 2010, 756). Folglich bildet die Muttersprache „sozusagen die Folie oder Matrix für den Erwerb weiterer Sprachen“ (Roche 2008, 105) und deren Strukturen werden auf die zu erlernende Fremdsprache übertragen. Gülbeyaz (2012, 32) fasst die Prinzipien dieser Hypothese noch einmal zusammen: Lados Interferenz-Begriff [beschränkt sich] auf das Phänomen des negativen Transfers, der sich in Interferenzfehlern manifestiert. Transfer und Interferenz bezeichnen beide - der Kontrastivhypothese nach - Übertragungsprozesse (ähnlicher Strukturen) und unterscheiden sich dadurch, dass bei der In- 1 Markierung vom Autor. <?page no="160"?> Christina Horst 160 terferenz die Übertragung in der FS zum Verstoß gegen die Norm führt und beim Transfer die Übertragung aus der ES keine fremdsprachliche Regel verletzt. Wie schon angedeutet, lässt sich nicht immer mit Sicherheit die Ursache des Fehlers auf eine bestimmte Quelle zurückführen. Roche (2008, 105) führt z.B. noch andere Interferenzerscheinungen an, wie „sprachliche Mischungen, falsche Verallgemeinerungen der Zielsprache und [...] Auslassungen“. In dieser Arbeit soll die Kontrastivhypothese durch die kontrastive Gegenüberstellung der beiden Sprachen vor allem als „Erklärungspotenzial für Lernschwierigkeiten dienen“ (Königs 2010, 576). Die Einflussfaktoren auf den Fremdsprachenerwerb können jedoch sehr verschieden sein, hierzu zählen auch Motivation, Vorwissen, Aufgabenstellung usw. Zudem zählt das Medium auch als Einflussfaktor. In dieser Arbeit werden nur schriftliche Arbeiten der Lerner untersucht, da es sich hierbei um einen langsamen Prozess handelt, der stark von kognitiven Aktivitäten begleitet wird (z.B. Nachdenken über Inhalt, Ausdruck, sprachliche Form, sprachliche Korrektheit), d.h. während des Schreibens werden intensive Kontrollaktivitäten durchgeführt (cf. Storch 2009, 248). Es handelt sich somit um eine sehr lernintensive Aktivität. Wobei im Gegensatz dazu die mündliche Produktion liegt, die eher spontan und unüberlegt ist. So kann man annehmen, dass Fehler, die nach der intensiven Kontrolle einer schriftlichen Arbeit noch übrig bleiben, diejenigen sind, bei denen die Lerner besondere Schwierigkeiten haben. In Bezug auf die Wortbildungskompetenz muss klar unterschieden werden zwischen dem Muttersprachler und dem Fremdsprachler. Ein Muttersprachler verfügt über einen sehr großen Wortschatz, gefestigte Regeln zur Wortbildung, Klarheit über die Differenz zwischen motivierten und nicht motivierten Wortbildungsmustern, Wortbildungsregeln usw. und natürlich über ein angeborenes Sprachgefühl, das ihn intuitiv bei der Bildung neuer Wörter lenkt. Der Lerner hingegen muss sich der Schwierigkeit stellen „gerade für den produktiv-kreativen Bereich ein eigenes ‚Sprachgefühl‘ zu entwickeln und Sprachkonventionen [kennen] zu lernen“ (Gärtner 2012, 506). Zum einen verfügt der Muttersprachler über die Speicherung bestimmter Wortbildungsprodukte im Wortschatz, die als Blockade für synonymische Wortneubildungen dienen und zum anderen bildet ein Muttersprachler eine Ad-hoc-Bildung bewusst, um „Benennungslücken“ (Gierden Vega/ Hofmann 2008, 200) zu füllen. Beim Lerner sei dahingestellt, ob er sich immer bewusst für eine Neubildung entscheidet oder ob ihm einfach das nötige sprachliche Wissen fehlt, das ihn dazu anhalten könnte, ein schon lexikalisiertes Wort zu verwenden oder auch daran erinnert, dass ein eventuell sogar systemgerecht gebildetes neues Wortbildungsprodukt schon durch ein anderes usuelles Wort blockiert ist. Das Phänomen der Blockierung schreibt <?page no="161"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 161 Rainer (1993, 115) nicht nur Lernern, sondern auch Muttersprachlern zu, vor allem aber Kindern: In Versprechern kommen solche normalerweise blockierten Bildungen manchmal an die Oberfläche [...]. Besonders häufig sind solche [blockierten] Bildungen in der Kindersprache [...], da das Kind das blockierende Wort oft noch gar nicht kennt, noch nicht fest genug gespeichert hat oder aber nicht als Synonym des zu blockierenden Wortes erkennt. Was Rainer hier als Besonderheit der Kindersprache deutet, lässt sich auch auf Lerner übertragen. Wenn sie zur Bildung eines neuen Wortes die ihnen bekannten Wortbildungsregeln richtig anwenden, kann es jedoch vorkommen, dass die dadurch erzeugte Neuwortbildung schon von einem usuellen Wort blockiert ist. Muttersprachlern werden solche blockierten Wortbildungen nur in Versprechern zugeschrieben, Lernern kann so etwas jedoch auch in schriftlichen Arbeiten und nach mehrmaligem Überprüfen des Textes noch passieren. Lernern werden kreative Wortbildungsprodukte aus unterstelltem Unwissen oft nicht zugesprochen. Natürlich ist es schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, zu überprüfen, ob ein Lerner ein Wortbildungsprodukt bewusst oder unbewusst gebildet hat, man sollte ihm jedoch die Chance geben, es unvoreingenommen zu analysieren. 3. Empirischer Teil Nachdem die Grundlagen zum Verständnis der Analyse erläutert wurden, folgt nun die Präsentation des Korpus. Außerdem werden der Analysegegenstand und das Vorgehen beschrieben. 3.1. Korpus, Analysegegenstand und Vorgehen Das dieser Arbeit zugrunde liegende Korpus besteht aus 275 Texten spanischer Germanistik- und Translationswissenschaftsstudenten, die freundlicherweise von Professoren der Hochschulen Universitat Pompeu Fabra (Barcelona) und Universidad de Salamanca zur Verfügung gestellt wurden. Bei der Zielgruppe handelt es sich ausschließlich um spanische Muttersprachler. Dieser Beschluss wurde aufgrund der Bedeutung der Muttersprache beim Erlernen einer Fremdsprache gefasst: „Die Unterschiede in der WB hängen ferner ebenso wie die Grammatik mit dem Typ der Muttersprache des Deutschlerners zusammen, mit deren Interferenz gerechnet werden muss“ (Šimečková 2004, 146). Die Anzahl der Studenten, die als Autoren der Texte in Frage kommen, lässt sich nicht bestimmen, da die Texte anonymisiert wurden und sich nicht <?page no="162"?> Christina Horst 162 auf eine spezielle Lernergruppe, ein bestimmtes Fachsemester oder ein konkretes Niveau beschränken lassen, sondern es sich um von den Dozenten ausgewählte Texte handelt. Infolgedessen wird die Angabe der sprachlichen Niveaus darauf limitiert, sie grob einzuschränken. Laut Angaben der jeweiligen Dozenten liegen hier die Niveaustufen A1 bis C1 des europäischen Referenzrahmens vor. Bei der Analyse wird darauf verzichtet, zwischen den verschiedenen Sprachniveaus zu unterscheiden. Bei den zu untersuchenden schriftlichen Produktionen handelt es sich um frei geschriebene Texte, die als Hausaufgabe zu erledigen waren und benotet wurden. Diese Textproduktionen wurden im Laufe mehrerer Jahre (2005-2013) gesammelt und umfassen eine Textlänge von jeweils ca. 120-400 Wörtern. Bewusst wurden als Gegenstand dieser Arbeit freie und kreative Texte gegenüber spanisch-deutschen Übersetzungen bevorzugt, da, wie Putzer (1994, 59) bestätigt, von der Übersetzung eine „manipulierende Wirkung“ auf die lernersprachliche Produktion ausgeht. Nachdem der Korpus ausreichend vorgestellt wurde, nun zum Gegenstand der Analyse selbst: okkasionelle Wortbildungsprodukte. Zweifelsfrei lassen sich anhand der im Korpus aufgenommenen Texte auch andere Merkmale untersuchen, Fehleranalysen durchführen o. ä., jedoch wird hier das Augenmerk auf die kreative Arbeit der Lerner gelegt. Der ausschlaggebende Grund, warum die Entscheidung auf Ad-hoc-Bildungen und nicht auf Wortbildungsprodukte allgemein fiel, liegt darin, dass Wortbildungsprodukte in der deutschen Sprache keine Seltenheit sind und die Lerner diese meist als Simplizia lernen. Erst bei okkasionell gebildeten Wortbildungsprodukten zeigt sich, ob die DaF-Lerner das nötige Wissen besitzen und gleichzeitig die Initiative ergreifen, um diese in schriftlichen Texten zu produzieren. Für die Datenerhebung wurde als erstes Kriterium ein sehr subjektives eingesetzt und zwar das Sprachgefühl eines deutschen Muttersprachlers. Anhand dieses Sprachgefühls wurde eine erste Auswahl möglicher okkasioneller Wortbildungsprodukte getroffen. Es wurden überwiegend auffällige und auch ungebräuchliche Wortneubildungen herausgefiltert. Danach wurde sichergestellt, dass es sich dabei nicht um usuelle Wortbildungsprodukte handelte, indem ihr Vorkommen im Online-Duden überprüft wurde. Die Wahl fiel auf den Duden, da „der Duden [bekanntlich] das in Deutschland am meisten benutzte Wörterbuch [ist] und [...] nahezu ein Universal- oder Mehrzweckwörterbuch geworden“ (Ludwig 2005, 139) ist. Der Online- Duden wurde der gedruckten Ausgabe vorgezogen, da bei der Online- Version die Möglichkeit einer umgehenderen Aktualisierung besteht. Bei der Eingabe zur Überprüfung der Wortbildungsprodukte wurden orthografische Fehler ausgebessert und zuweilen auch mögliche Fugenelemente und orthografische Zeichen eingefügt um die Suche authentischer zu machen (ohne die WBP jedoch grundlegend zu verändern). Abschließend wurde das <?page no="163"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 163 Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache (DWDS) in Hinblick auf die noch verbliebenen Wortbildungsprodukte konsultiert, sprich die WBP, die im Duden keinen Eintrag aufweisen konnten. Die Wahl fiel auf das DWDS, da es mit „über 410.000 lexikografisch geprüfte[n] Einträge[n] aus fünf Wörterbuchquellen“ und „1,8 Milliarden Korpusbelege[n] aus 15 Korpora“ (DWDS 2014) ein sehr umfangreiches und auch aussagekräftiges Korpus der deutschen Sprache darstellt. Zudem lassen sich Texte von ca. 1650 bis zum Jahr 2013 zu Rate ziehen. Beim DWDS wurde als Ausschlusskriterium eine Trefferzahl von 100 festgelegt, um sicherzustellen, dass die Lerner diese Wortbildungsprodukte wirklich selbst produziert und nicht aus der Vielfalt des Internet kopiert haben. Im Anschluss sollen die erhobenen okkasionellen Wortbildungsprodukte analysiert werden. Hier wird vor allem Wert darauf gelegt, dass es sich um keine pure Fehleranalyse handelt, sondern versucht werden soll, mithilfe der Kontrastivhypothese, die sich durch ihre „diagnostische Erklärungsfunktion“ (Edmondson/ House 2011, 222) auszeichnet, eine aussagekräftige Untersuchung anzustellen. Es soll versucht werden, sich nicht nur auf die Fehler der Lerner bei der Produktion von Wortbildungsprodukten zu fokussieren, sondern gezielt die möglichen Probleme, die bei der Produktion in der Fremdsprache auftreten können, festzuhalten. 3.2. Analyse Nach Anwendung der vorgestellten Kriterien konnten insgesamt schließlich 244 okkasionelle Wortbildungsprodukte aus den Texten der spanischen DaF-Lerner erhoben werden. Bei diesen handelt es sich überwiegend um Substantive (230) und auffallend wenige Adjektive (14). Verben tauchen in okkasioneller Form gar nicht auf. Folglich überrascht es zwar auf der einen Seite, dass den Verben von Seiten der Lerner keine Aufmerksamkeit geschenkt wird, was jedoch daran liegen könnte, dass „es hier weniger Wortbildungsmuster als beim Nomen“ (Boettcher 2009, 212) gibt und sie mit Vorbehalt auf die, aus Sicht eines Nichtmuttersprachlers, durch die ausgeprägte Partikelverbbildung komplizierten Verben reagieren; auch Fernández Villanueva/ Strunk beobachten dieses Phänomen in ihrem empirischen Experiment (cf. 2008, 193). Zudem war zu erwarten, dass die Komposita (195) einen wesentlichen Anteil der Wortbildungsarten stellen, nachdem sie laut Thiele (1992, 95) „eine schier unversiegbare Quelle der Wortschatzerweiterung darstell[en]“. Die erhobenen Derivate (45) beschränken sich hauptsächlich auf Suffigierung, mit Ausnahme eines Präfixmusters; was wohl auch nicht erstaunt, da „die Suffigierung[,] [...] das im Spanischen am meisten verwendete [Wortbildungs- <?page no="164"?> Christina Horst 164 mittel]“ (Rainer 1993, 21) ist und daher den spanischen DaF-Lernern am ehesten vertraut scheint. Schließlich bleiben noch die Wortbildungsprodukte, die aus der Konversion (4) entstanden sind, sich aber auf Substantivierung beschränken. 3.2.1. Wortbildungsarten Mit deutlicher Mehrheit überwiegt die Komposition gegenüber den anderen Wortbildungsarten. Die 80% der Wortneubildungen, die auf diese Art und Weise entstanden sind, verdeutlichen abermals, dass es sich hier um die wichtigste Wortbildungsart des Deutschen handelt. Wohl auch deshalb, weil sie laut Donalies (2005, 60) „eine leicht handhabbare Wortbildungsart“ ist. Es scheint nicht nur für Muttersprachler eine einfache Form der Wortbildung darzustellen, sondern selbst für den Fremdsprachenlerner. Es erstaunt nicht, dass im Lernerkorpus Komposita mit substantivischer Erstkomponente überwiegen (67%). Aus quantitativer Sicht verdienen nach den „prototypischen Komposita des Deutschen“ (Donalies 2005, 245) noch zwei weitere Erwähnung: Die Adjektiv+Nomen-Komposita mit 13% und die Verb+Nomen-Komposita mit 7%. Nun soll auf die drei häufigsten Komposita mit Beispielen eingegangen werden. Nomen+Nomen-Komposita können durch eine einfache „Kontaktstel lung“ (Fandrych/ Thurmair 1994, 34) nahezu uneingeschränkt gebildet werden. Fandrych/ Thurmair geben als Regel zur Interpretation eines Kompositums AB an, dass „B etwas mit A zu tun hat“ (ibid.). Trotz der simplen Bildung und der eher vagen Interpretation ist der Großteil der erhobenen Komposita problemlos interpretierbar. Nur für einen relativ geringen Teil scheint der Kontext bzw. die Muttersprache wesentlich zum Verständnis beizutragen. Als Beispiel sei hier das Kompositum Rasensandalen erwähnt. Ohne Kontext ist es nicht interpretierbar. Es handelt sich hierbei um Sandalen, die analog zum Kompositum Ledersandalen gebildet wurden. Leder bezieht sich auf das Material, aus dem die Sandalen sind; so auch bei den Rasensandalen. Es gibt bei diesem Beispiel noch zusätzlich ein Rasenhandtuch, das man mit an den Strand nehmen kann, wenn man den sandigen Untergrund vermeiden möchte und lieber auf einem Stück Rasen liegen möchte. Anhand dieses und vieler ähnlicher Beispiele lässt sich aussagen, dass die Lerner bei substantivischen Komposita keine auffälligen Probleme zu haben scheinen bzw. sind ihnen durch die nur eingeschränkt vorhandenen Restriktionen viele Freiheiten bei der Bildung gegeben. Adjektiv+Nomen-Komposita scheinen den Lernern Probleme zu bereiten. Aus eigener Lehrerfahrung kann bestätigt werden, dass die Adjektivdeklination für spanische DaF-Lerner eine kontinuierliche Fehlerquelle ist. Die - <?page no="165"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 165 Lerner scheinen diese Norm so sehr zu verinnerlichen, dass sie selbst bei der Komposition das adjektivische Erstglied nicht ohne Flexionsendung gebrauchen: Akademischessekretärsamt, Elektrischegitarre, Internationalverein u. a. Diese Beispiele sind systemwidrig; zum einen, weil es sich um vorangestellte flektierte Adjektive handelt, und zum anderen, weil „sich suffigierte Adjektive weitgehend der Erstgliedposition [widersetzen]“ (Fleischer/ Barz 2013, 117). Anhand der folgenden Beispiele soll gezeigt werden, dass ein Großteil der Komposita durch eine attributive Wortgruppe system- und normgerecht gebildet werden könnte: akademischsekretärsamt (akademisches Sekretärsamt), Elektrischegitarre (Elektrische Gitarre), Internationalverein (internationaler Verein). Daraus schlussfolgernd sollte man den Lernern die Option nicht vorenthalten, Adjektiv+Nomen-Komposita zu bilden, sie jedoch darauf hinweisen, dass die attributive Wortgruppe weniger Probleme verursacht und meist gleichbedeutend mit dem Kompositum ist. Zusammenfassend ist ersichtlich, dass die Adjektiv+Nomen-Komposita deutlich mehr Restriktionen unterliegen als Nomen+Nomen-Komposita und deshalb eine größere Fehlerquelle für die Lerner darstellen. Hier sollte man als Lehrkraft zuerst auf Grundlegendes hinweisen, wie z.B. dass nur unflektierte Adjektive als Erstkonstituente verwendet werden dürfen, und anschließend auf komplexere Besonderheiten eingehen. Insgesamt wurden 14 substantivische Komposita mit verbaler Erstkonstituente identifiziert. Diese Verb+Nomen-Komposita sind meist Wortneubildungen, die systemwidrig geformt wurden, indem das Verb einschließlich des Infinitivsuffixes -en mit dem Nomen verbunden wurde: Dolmetschenkabinen, Essentisch, Filmenkulissen, arbeitenplan, Badenzimmer. Die ersten Beispiele dieser Gruppe lassen sich durch das einfache Eliminieren der Infinitivsuffixe des Verbs (und ggf. das Einfügen eines Fugenelements) in system- und normkonforme usuelle Wörter verwandeln. Zusammenfassend lässt sich zu den Verb+Nomen-Komposita bemerken, dass weniger als die Hälfte korrekt gebildet wurden und man die Lerner als DaF-Lehrkraft darauf hinweisen muss, dass diese Komposita sich nur aus dem Stamm des Verbs, folglich ohne die Infinitivendung -en und dem Nomen zusammensetzen. Anhand der Analyse lässt sich als zweitgrößte Gruppe bei der Bildung okkasioneller Wortbildungsprodukte der Lerner die Derivation mit insgesamt 45 Wortneubildungen (d.h. fast 20%) ausmachen. Bei dieser Wortbildungsart ist auffällig, dass Suffigierung überwiegt und nur eine Art der Präfigierung erhoben werden konnte. Auch hier machen die substantivischen Wortneubildungen die Mehrheit aus. Von der Gesamtanzahl der derivationellen Wortbildungsprodukte enden 18 auf dem Suffix -er und sind ausnahmslos der deverbalen Personenbezeichnung zuzuordnen. Es handelt sich folglich um das Wortbildungsmuster nomen agentis. Mit der Wortneubildung Zelter bezieht sich der Lerner auf Personen, die in einem Zelt übernachten. Diese Derivation scheint logisch und ist überdies <?page no="166"?> Christina Horst 166 doppelt motiviert, da hier entweder das Verb zelten oder das Nomen Zelt als Basis gedient haben können. Anhand der Häufigkeit analoger Bildungen wie laufen > Läufer scheint der Verbstamm naheliegender. Trotz der wohl potenziellen Wortneubildung ist sie durch den usuellen (aus dem Englischen entlehnten) Ausdruck Camper blockiert. Der Wortbildungsart Konversion kommt keine herausragende Rolle bei den okkasionellen Wortbildungsprodukten der Lerner zu; sie macht nur 2% der Wortneubildungen aus. Im Korpus entstehen auf diese Weise insgesamt vier okkasionelle WBP, die ausschließlich durch Substantivierung zustande gekommen sind. Dieses Vorkommen überrascht nicht, wenn man folgende Aussage Lohdes (2006, 45) in Betracht zieht: „Die Konversion zum Substantiv stellt die bedeutendste und produktivste Art des Wortartwechsels dar. [...] Häufigste Konversionsbasis ist das Verb.“ Bei der syntaktischen Konversion soll als Beispiel die Konversion des Verbs sprechen zum Nomen Sprechen dienen. Hierbei ist fälschlicherweise die Sprache und nicht der Akt des Sprechens gemeint. Auch wurde das falsche Genus verwendet. So lässt sich abschließend festhalten, dass die Lerner das Prinzip der syntaktischen Konversion verstanden haben, wenn auch die semantische Bedeutung nicht immer mit der zu erwartenden übereinstimmt. Der Semantik kommt in diesem Fall eine wichtige Rolle zu, die der DaF- Lehrer ohne Probleme erläutern kann. Auch muss auf das Genus hingewiesen werden, das alle substantivierten Verben gemeinsam haben: Neutrum. 3.2.2. Interlinguale Ursachen Auf der Kontrastivhypothese beruhend, wird versucht den WBP eine Entstehungsursache zuzuordnen, auch wenn das nicht immer möglich ist und diese auf Annahmen beruhen (cf. Kleppin 2001, 40). Den Erwartungen entsprechend, beruhen viele der okkasionell gebildeten WBP der Lerner auf Strukturen oder Konzepten der MS. Seltener sind es dabei die Strukturen, die sich wiedererkennen lassen, als vielmehr Wörter oder Bezeichnungen, die von der MS in die FS durch wörtliche Übersetzungen übertragen werden. Viele dieser WBP sind ohne Kontext und Rückübersetzung in die MS kaum zu entschlüsseln, wie etwa Meter-Halt (anstatt U-Bahn-Haltestelle). Im positiven Sinne fällt auf, dass selbst bei wörtlichen Übersetzungen die Lerner sich stets an die intralingualen Strukturen des Deutschen halten. Die UK werden invers wiedergegeben, cf. parada de metro > Meter-Halt, wobei hier zu beachten ist, dass metro im Spanischen homonym ist. Dieses Substantiv kann sich sowohl auf die Längeneinheit Meter, als auch auf die spanische U-Bahn beziehen. Dieses Phänomen kann fast ausnahmslos im Korpus beobachtet werden. Daraus lässt sich ableiten, dass die Lerner schnell verstehen, dass <?page no="167"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 167 der Kopf des Kompositums im Deutschen rechts steht, entgegen der spanischen Linksköpfigkeit. Wie auch schon das Beispiel zeigt, entspringen viele dieser deutschen Komposita einem spanischen präpositionalen Syntagma. Thieles (1992, 118) Aussage wird im Korpus bestätigt: Die größte Produktivität verzeichnen Lexeme mit ‚de’, die in vielfältigen Sprachbereichen nachweisbar sind. Die zweite Konstituente ist bei diesen Determinativkomposita als Bestimmungswort zu betrachten. Getrenntschreibung ist die Regel. Interessant ist, dass die Lerner die beiden Sprachen insofern in ihren typischen Strukturen differenzieren, als dass sie in den deutschen Übertragungen keine Präposition zwischen die beiden UK einfügen. Sie haben vermutlich verinnerlicht, dass im Deutschen die beiden Konstituenten eines Kompositums einfach aneinandergereiht, gegebenenfalls durch phonetische oder orthografische Zeichen modifiziert, aber selten durch eine Präposition verbunden werden. 3.2.3. Intralinguale Ursachen Nicht nur die Strukturen der Muttersprache, sondern auch die der zu erlernenden Fremdsprache nehmen großen Einfluss auf die Wortneubildung der Lerner. Einige der blockierten Wortneubildungen wurden analog zu usuellen Wörtern produziert. Als Beispiel soll hier Badzimmer erläutert werden. Es scheint für die Lerner eine logische Schlussfolgerung aus Wortbildungsprodukten wie Ess-, Schlaf- und Wohnzimmer zu sein. Das Kompositum Badezimmer verhält sich jedoch anders, da, nachdem die Verbendung -en eliminiert wurde ein Fugen-e zwischen die beiden UK tritt. Dies können die Lerner ohne den direkten Hinweis des DaF-Lehrers kaum wissen und schaffen folglich eine konkurrierende analoge Wortbildung. Um eine analoge Wortneubildung, die auf den ersten Blick nicht transparent wirkt, handelt es sich bei doppelzeit. Der Gedanke des Lerners, der sich hinter diesem WBP verbirgt, wird erst durch den Kontext deutlich. Es soll ausgedrückt werden, dass man doppelt so viel Zeit für etwas braucht bzw. verliert. Das Konzept ist richtig und überraschenderweise gibt es im Deutschen dafür keinen Ausdruck; nur das sogenannte Antonym: Halbzeit. Diese verweist bekanntlich auf die Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit. Wohl aber gibt es das Doppelbett oder die Doppelbesetzung, auf die sich wahrscheinlich bei der Bildung gestützt wurde. Es könnte ein potenzielles Wort darstellen, jedoch ist die Bedeutung auf den ersten Blick nicht leicht zu erfassen. Resultierend aus den in diesem Abschnitt genannten Beispielen kann angenommen werden, dass die Lerner sich stark an analogen Bildungen in der <?page no="168"?> Christina Horst 168 Zielsprache orientieren und dadurch versuchen neue Wörter zu bilden. Überraschend oft ist die Idee hinter dem versprachlichten Konzept originell, meist bleibt es jedoch nur bei einem Versuch, da die Wortneubildungen schon durch usuelle Wörter blockiert sind. 4. Fazit In Anbetracht der Aussagen, dass der Wortbildung im DaF-Unterricht zu wenig Aufmerksamkeit zukommt, lässt sich im Hinblick auf die Analyse jedoch darlegen, dass die Lerner in ihren Texten viele okkasionelle WBP bilden. Hier wurden sie unabhängig davon analysiert, ob sie systemund/ oder normkonform/ -widrig sind, da das Augenmerk in erster Linie auf die angewandten Wortbildungsnormen und den daraus resultierenden Schwierigkeiten für Lerner sowie auf die möglichen Ursachen, die diesen WBP zugrunde liegen können, gerichtet war. Wie zu erwarten, überwiegen die Kompositabildungen, weshalb gerade auf diese Wortbildungsart im Fremdsprachenunterricht großen Wert gelegt werden sollte. Die spanischen DaF-Lerner des Korpus zeigen keine gravierenden Schwierigkeiten bei der Produktion von Komposita. Da es sich hier um die häufigste Wortbildungsart im Korpus handelt, kann festgestellt werden, dass sie vergleichsweise gut umgesetzt wird (cf. hierzu z.B. die Einhaltung der Rechtsköpfigkeit der deutschen Komposita). Bei den Kompositionsmustern, die Probleme bereiten, lässt sich durch wenige, aber deutliche Hilfestellungen des Lehrers die systematische Falschverwendung unterbinden (z.B., dass Adjektiv+Nomen-Komposita nicht mit einem flektierten Adjektiv gebildet werden können oder Verb+Nomen-Komposita sich nur mit dem Verbstamm verbinden). Durch solch einfache Hinweise können die Lerner in die richtige Richtung gelenkt werden. Auch bei der Derivation können grundlegende Regeln für die Lerner vorgegeben werden, um immer wieder auftauchende Phänomene zu verhindern (siehe hierzu z.B. die adjektivische Suffigierung im Korpus). Die Konversion scheint sich vor allem auf die Substantivierung von Verben zu beschränken, da diese auch im Spanischen üblich ist. In diesem speziellen Fall sollte besonders auf die semantische Bedeutung und das Genus dieser Wortbildungen hingewiesen werden. Der Vermutung entsprechend konnte ein wesentlicher Einfluss der Muttersprache festgestellt werden. In diesem Zusammenhang sollte der DaF- Lehrer vor allem auf die Bedürfnisse und Fehlerquellen der spanischen Lerner im Unterricht eingehen. Es sollte besonders auf die unterschiedlichen Strukturen der beiden Sprachen und die daraus resultierenden normwidrigen und meist schwer verständlichen WBP durch wörtliche Übertragungen aus der MS aufmerksam gemacht werden. Ebenfalls sind auch Analogiebildungen im Korpus sehr präsent, die auf intralinguale Einflüsse zurückzu- <?page no="169"?> Wortbildungsprodukte in Texten spanischer DaF-LernerInnen 169 führen sind. Mit analogen Bildungen sollte im Fremdsprachenunterricht häufig gearbeitet werden, da sie zum einen die Rezeption der Lerner schult und zum anderen der Wortschatz auf eine simple Art und Weise vergrößert wird. Auch Vogel bezeugt die positive Auswirkung der Anwendung von ähnlichen Phänomenen: „Übergeneralisierungen sind kreative Abweichungen von der Zielsprachennorm, die als Anzeichen für regelgesteuertes, exploratives und generatives Lernerverhalten gesehen werden“ (Vogel 1967, zitiert nach Vogel 1989, 48). Er bekräftigt die Aussage, dass selbst Normabweichungen ein positives Zeichen für die Entwicklung der Lerner seien, denn so würde die kreative Wortbildungskompetenz gefördert. So kann auch im Korpus beobachtet werden, dass die Lerner Wortbildungsregeln korrekt anwenden, diese jedoch meist durch „Konkurrenzbildung, Konventionen, spezifische Semantik u. a.“ (Gärtner 2012, 507) blockiert sind. Der Lehrer sollte hinter jeder Wortbildung, die seine Lerner produziert haben, versuchen die Ursache herauszufinden, um ihnen so gezielt Hilfestellung geben zu können. Diese Arbeit will darauf aufmerksam machen, dass die WBP der Lerner, die auf den ersten Blick vielleicht system- und normwidrig scheinen, vom Lehrer nicht unbedacht als inkorrekt abgestempelt werden sollten, sondern ihnen eine Chance gegeben werden sollte. Der DaF-Lehrer sollte sich Gedanken darüber machen, warum der Lerner eine bestimmte Wortneubildung erstellt hat und welche Ursachen dahinter stecken könnten. Den Lernern sollte nur, weil sie ein nichtusuelles Wort kreiert haben, nicht sofort die Wortbildungskompetenz abgesprochen werden, sondern es sollte sich ausführlich mit diesen Bildungen beschäftigt und ihnen eine Möglichkeit zur möglichen Interpretation gegeben werden. Ausschlaggebend ist hier wohl die Aufmerksamkeit, die solchen WBP im Unterricht zugeschrieben wird. Es sollte ihnen ausreichend Platz im Unterricht gegeben und somit den Lernern geholfen werden, Regeln zu festigen und sich sprachlich weiterzuentwickeln. Dies kann besonders mithilfe der Besprechung der WBP im Unterricht Umsetzung finden. Verbesserungen können dadurch im Wortschatzausbau und auch in der Rezeptions- und Produktionsfähigkeit der Lerner verzeichnet werden. Literatur Berth, Michael. 2009. Treffungen, Sinkung und Benutzung. Korpuslinguistische Untersuchung des Erwerbs von derivationsmorphologischen Wortbildungsregularitäten bei fortgeschrittenen Lernern des Deutschen als Fremdsprache. Masterarbeit. Humboldt Universität zu Berlin (http: / / edoc.hu-berlin.de/ master/ berth-michael-2009-09- 17/ PDF/ berth.pdf, 06.07.2014). Boettcher, Wolfgang. 2009. Grammatik verstehen, Bd. 1: Wort. Tübingen: Niemeyer. Brooks, Nelson. 1973. Sprache und Spracherwerb. Theorie und Praxis des Fremdsprachenunterrichts. Bielefeld: Cornelsen / Velhagen & Klasing. <?page no="170"?> Christina Horst 170 Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS). Berlin-brandenburgische Akademie der Wissenschaften (http: / / www.dwds.de, 15.04.2015). 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Universität Göttingen. <?page no="171"?> Alla Klimenkowa Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb der nominalen Pluralmorphologie (am Sprachenpaar Deutsch-Spanisch) Mutter: „¿Vos sos una nena o una princesa? ¿Qué sos vos? “ Shannon: „Kind.“ (Erwerbsdatenkorpus 2009) 1. ‚Mehrsprachig‘ ist nicht gleich ‚doppelt einsprachig‘ Die Welt ist voller Sprachgenies. Eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Lernen mehrerer Sprachen lässt sich in unserem Alltag an bilingual aufwachsenden Kindern bestens beobachten. Laut dem Bildungsbericht von 2014 hat von den unter 6-Jährigen ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands einen Migrationshintergrund. Dies bedeutet, dass diese Kinder mehr als eine Erstsprache gleichzeitig erwerben. Spracherwerbsforscher sind sich darüber einig (cf. Meisel 2001, 12), dass der Verlauf der Sprachentwicklung der Kinder, welche sich zwei oder mehr Sprachen von Geburt an oder ab ihren ersten Lebensmonaten gleichzeitig aneignen, mit dem der monolingual aufwachsenden übereinstimmt und die beiden das gleiche Niveau des grammatischen Wissens erreichen. In der Gesellschaft ruft jedoch die simultane Zweibzw. Mehrsprachigkeit Bedenken hervor. So befürchten Eltern und Lehrer, dass das mehrsprachige Kind in seiner sprachlichen (u.a. durch Stottern) und kognitiven Entwicklung negativ beeinträchtigt wird (cf. Howell et al. 2009). Des Weiteren wird oft behauptet, dass der frühkindliche bilinguale Spracherwerb mit Verzögerungen verbunden ist und sich die Trennung der beiden Sprachsysteme dermaßen problematisch gestalten lässt, dass es zu einer „doppelten Halbsprachigkeit“ der Betroffenen führt, d.h. die Kinder könnten keine der beiden Sprachen „richtig“ sprechen (cf. Wiese et al.). Derartige Schlussfolgerungen über die Nachteile der sprachlichen und kognitiven Entwicklung bilingualer Kinder sind meist auf die auch heute vorherrschenden monolingual orientierten Sprachideologien zurückzuführen, welche die Tatsache missachten, dass Mehrsprachigkeit von Kindesbeinen an zur Normalität in menschlichen Gesellschaften gehört. Weiterhin sind dafür auch methodische Ansätze verantwortlich, welche die Fähigkeiten multilingualer Sprecher im direkten Vergleich mit Monolingualen aus- <?page no="172"?> Alla Klimenkowa 172 werten und als Folge eher ‚Defizite‘ der ersten Gruppe fokussieren. Die Differenzen zwischen der Kompetenz eines Einsprachigen und Kompetenz(en) eines Mehrsprachigen rücken viel seltener ins Blickfeld der Analysen. Die Besonderheit der Erwerbsstrategien zweisprachiger Kinder besteht laut Grosjean (1998; 2001) darin, dass diese im Unterschied zu Einsprachigen nicht auf der intralingualen Ebene, im monolingualen Modus agieren, sondern ihre Sprachwahl der kommunikativen Situation anpassen und zwischen dem intra- und dem interlingualen Pol eines Sprachmodus-Kontinuums variieren. Die Flexibilität im Umgang mit ihrem Sprachrepertoire äußert sich u.a. in der Übernahme von Elementen aus der einen in die andere Sprache sowie in grammatischen und lexikalischen Neubildungen. Betrachtet man Sprachmischungen, die der Mehrsprachigkeit in jeder ihrer Ausprägungsformen innenwohnen, aus einer monolingual orientierten Perspektive, stellen sie ‚Fehler‘ dar. Lassen sie sich aus einer mehrsprachigkeitsgerechten Perspektive anders erklären? Welche Funktion üben sie aus? Wie wirkt sich das Alter des Kindes und der Grad seiner sprachlichen Entwicklung auf Erscheinungen der zwischensprachlichen Interaktion aus? Wird die Interaktion der vorhandenen Sprachsysteme von bestimmten Regeln gesteuert? Der vorliegende Beitrag diskutiert diese Fragen mit Blick auf den simultanen Erwerb der nominalen Pluralmorphologie des Deutschen und des Spanischen. Infolge deutlicher struktureller Unterschiede in diesem Bereich lässt sich eine potenzielle zwischensprachliche Wechselbeziehung beim bilingualen Spracherwerb bestens beobachten. Die verwendeten empirischen Beispiele stammen aus einer eigenständig 2009 durchgeführten Feldstudie zum Sprachgebrauch von sieben Kindern im Vorschulalter, die bilingual in Familien mit deutsch-lateinamerikanischem Hintergrund in Sachsen-Anhalt aufwachsen. Das zusammengestellte Korpus beinhaltet 48 ausgewertete Audioaufnahmen der Sprachproduktion der Probanden in spontan gewählten Momenten des kindlichen Alltags im Laufe von drei Monaten. 2. Zum Erwerb der deutschen/ spanischen nominalen Pluralmorphologie Kinder, die das Deutsche und das Spanische als Erstsprachen erwerben, stehen vor einer Aufgabe, unterschiedlich komplexe sprachliche Systeme der Pluralbildung lernen zu müssen. Durch die fünf Pluralallomorphe -s, -en, -e, -er und -Ø, von denen die drei noch mit Umlaut kombinierbar sind, verfügt das deutsche Pluralsystem über insgesamt acht Hauptmöglichkeiten der Pluralmarkierung, denen das überschaubare Inventar aus drei spanischen Pluralallomorphen -s, -es und -Ø gegenübersteht. Zur Besonderheit des deutschen grammatischen Systems gehört weiterhin die Homonymie der Systeme von Genus, Kasus und Numerus, was auch die Dauer des Erwerbsprozesses beeinträchtigt. So ist das Pluralallomorph -e <?page no="173"?> Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb 173 gleichzeitig der Teil eines Lexems wie in Has-e, Tasch-e. Das Pluralsuffix -n dient bei vielen Nomina auch zur Markierung des Dativs wie die Tasche-n und den Tisch-e-n. Der bestimmte Artikel die markiert nicht nur den Plural, sondern auch das weibliche Genus. Die Zuweisung eines Pluralmarkers ist im Spanischen phonotaktisch motiviert, und spezifische Bildungen, z.B. singularische Wortformen, deren Auslaut einer pluralischen Markierung ähnelt, sind relativ selten. Die spanische Nominalphrase zeichnet sich aber durch die morphosyntaktische Beziehung der Kongruenz zwischen Determinierern (Artikelwörtern bzw. Pronomina), Nomina und Adjektiven aus. Diese Besonderheit bedingt auch die Richtung des Erwerbsprozesses von Pluralmarkierungen, sodass spanisch sprachige Kinder zunächst lernen, Artikelwörter nach Zahl zu ändern, bevor sie mit Substantiven und Personalpronomina fortfahren (cf. Montrul 2004, 54). Im Deutschen verläuft der Erwerb der Pluralmarkierungen in einer anderen Reihenfolge, d.h. Kinder markieren zuerst Nomina und erst später Artikelwörter und Pronomina. Es hängt möglicherweise damit zusammen, dass Plural anzeigende Flexionsmorpheme unmittelbar an das Nomen im Deutschen angefügt werden. Somit sind sie als Pluralmarker erkennbarer und zuverlässiger als der bestimmte Artikel, der auch als Marker der Feminina dient. Der Erwerb der Pluralmarkierungen im Deutschen ist ein langwieriger Prozess, den einsprachige Kinder nach Ewers (1999, 103) erst im Alter von sieben Jahren abschließen. Spanische monolinguale Kinder beherrschen nach Einschätzungen von Montrul (2004, 55) die Pluralmorphologie zum Alter von vier Jahren vollständig. Den Erwerbsprozess kann man sich nach Koehn (1994, 38-41) so vorstellen, dass das Kind zuerst ein semantisches Konzept für Numerus entwickelt, d.h. etwa ab dem Alter von 1,3 werden die Konzepte ‚ein’ und ‚mehr als ein’ unterschieden (cf. auch Elsen 2002, 118). In einem weiteren Schritt erwerben Kinder grammatische Merkmale einzelner Kategorien und lernen, Flexionsmorpheme nach dem Kongruenzprinzip anzuwenden. In traditionellen Forschungsansätzen stellte man oft den Erwerbsprozess als Lernen einzelner Formen (insbesondere im Fall von unregelmäßigen Bildungen) bzw. generalisierbarer Regeln zu ihrem Gebrauch, Paradigmen dar (cf. Köpcke 1993, 15-18 zum Überblick der bisherigen Ansätze; Koehn 1994, 30). Aus heutiger Perspektive weisen diese Thesen deutliche Defizite auf. Einsprachigkeit, von der traditionelle Ansätze ausgehen, kann nicht länger als Orientierung gelten. Der auf dem rote-learning basierende Erwerb setzt darüber hinaus eine extreme Memorieren-Kapazität eines Kindes bereits in einer Sprache voraus, ganz zu schweigen, wenn es sich um mehrere Sprachsysteme handelt. Die These über das regelbasierte Lernen berücksichtigt ihrerseits zahlreiche unregelmäßige Bildungen nicht, die in verschiede- <?page no="174"?> Alla Klimenkowa 174 nen Sprachen existieren und für welche u.a. das deutsche Pluralsystem ein klares Beispiel bietet. Als kritische Würdigung der bisherigen Auffassungen erweiterte Köpcke (1993) mit seinem Schema-Modell die Interpretation des Entwicklungsprozesses morphologischer Markierungen um eine kognitive Komponente. Dieser Ansatz argumentiert, dass Kinder neben dem Lernen von Regeln und Auswendiglernen auch auf weitere Lernmechanismen zurückgreifen. Aus zahlreichen Beispielen des Inputs leiten sie prägnante und regelmäßige Muster ab und fassen danach morphologisch komplexe Formen mit ähnlichen semantischen und phonologischen Eigenschaften zu Schemata bzw. prototypischen Gestalten einer Kategorie wie ‚Femininum‘, ‚Plural‘ oder ‚Singular‘ zusammen (cf. Köpcke 1993, 10, 72). 1 Anhand von Studien verschiedener Forscher (Köpcke 1993, 10; Koehn 1994, 33, 45; Ewers 1999, 108) kann man folgende Organisationskriterien zusammenfassen, nach denen sich Kinder bei der Bildung von Schemata für den Numerus richten. Einsilbige Wörter sind prototypische Vertreter des Singulars. Als ein weiteres Kriterium gilt die Transparenz der Segmentierung einer morphologischen Markierung (cf. Köpcke 1993, 24). Als Funktionsmarker sind deutsche Suffixe in dieser Hinsicht prägnanter als eine Stammänderung mittels Umlauts. Einer der beständigsten Fehler bei der Pluralbildung im Spanischen, der Gebrauch des Pluralallomorphs -s anstatt -es, wird genau durch eine falsche morphologische Analyse der betroffenen Nomina bzw. durch Schwierigkeiten beim Erlernen der spanischen Epenthese und der Regeln der Silbertrennung erklärt (Montrul 2004, 57). Fantini (1985, 167) illustriert diese Abweichungen anhand der singularischen Formen nuece und nach der Analogie luece, die sein spanisch-englisch aufwachsender Sohn von den pluralischen Formen der entsprechenden Nomina nueces und luces ableitete. Vor dem Hintergrund des Schema-Ansatzes lassen sich diese Abweichungen u.a. dadurch verdeutlichen, dass Kinder bestimmte Nomina aufgrund ihres Auslautphonems als pluralisch erfassen und bei der Bildung der Singularformen nach einer klaren Differenz streben. Eine wichtige Rolle spielt weiterhin die token- und type-Häufigkeit, mit welcher ein Morphem im Input vorkommt und dabei ein bestimmtes grammatisches Muster, in unserem Fall die Pluralmarkierung, repräsentiert. Demnach ist -(e)n das häufigste Pluralmorphem im Deutschen, während -s dies im Spanischen ist. Tritt das gleiche Flexionsmorphem in beiden Kontrastkategorien in Erscheinung, entscheidet sich das Kind vor allem für die Kategorie, in welcher es am häufigsten verwendet wird. So erscheint das Affix -er sowohl in singularischen als auch in pluralischen deutschen Nomi- 1 Heutzutage dient der Schema-Ansatz als theoretischer Rahmen für unterschiedliche Studien zum ein- und mehrsprachigen Erwerb sowohl der Pluralals auch der Genusmorphologie (cf. Koehn 1994; Elsen 2002). <?page no="175"?> Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb 175 na; Kinder verbinden es aber vorwiegend mit dem Singular, da es das prototypische Suffix bei der Bildung belebter Maskulina ist und als Pluralmarker hingegen nicht so oft vorkommt. Das weitere wichtige Merkmal ist die Fähigkeit der Flexionsmorpheme zur Silbenbildung. So sind die singulartypischen deutschen Morpheme -er und -e immer silbenbildend, die pluraltypischen Morpheme -s und -n nicht. Damit erklärt sich die Tendenz, weshalb Kinder genau die zuletzt genannten Suffixe an auf -er auslautende Wörter anhängen. Mittels eines derartigen ikonischen Markers versuchen sie, identische Singular- und Pluralmorpheme im Deutschen auseinander zu halten. Die meisten Fehler treten auf, wenn sich Kinder mit unregelmäßigen Formen vertraut machen. Sie kennen bereits Normen der zu erwerbenden Sprache und können gewisse Regeln aus dem Input ableiten, wenden diese aber auch dann an, wenn eine unregelmäßige Form erforderlich ist. Es handelt sich dabei um sogenannte Übergeneralisierungen. Nach dem Schema-Ansatz richten sich Kinder bei der Zuweisung einer Kategorie nach gespeicherten prototypischen und wenig prototypischen Gestalten dieser Kategorie. Abweichende Analogiebildungen bei stark flektierten und unregelmäßigen Formen sind also funktional motiviert. 3. Analyse der Spracherwerbsdaten Das zusammengestellte Datenkorpus zeigte auf, dass intralinguale Übergeneralisierungen, d.h. die jeweils im Deutschen oder im Spanischen stattfinden, schon vor dem Alter von drei Jahren auftreten. Der Lernprozess neuer Pluralformen zeichnet sich durch zwei Typen von Übergeneralisierungen: die Verwendung eines abweichenden Pluralmorphems und eine Doppelmarkierung aus. 3.1. Intralinguale Übergeneralisierungen Die analysierten Beispiele des Gebrauchs des Morphems -e legen den Schluss nahe, dass die Kinder es immer nur einer der beiden Numerusfunktionen zuordnen. In den folgenden Beispielen identifizierten sie -e als Teil eines singularischen Nomens, sodass die normativ auf -e auslautenden pluralischen Formen eine zusätzliche Endung -n wie in freunden, schuhen, füßen, sternen und baumen in Tabelle 1 erhielten. Beispiele Kind, Alter (Jahr; Monat, Tag) seine freunden David 02; 08,27 ein bausteine David 02; 08,27 <?page no="176"?> Alla Klimenkowa 176 das nass die schuhen Lukas 02; 10,24 ein großer baume Lukas 02; 10,24 wieder ein schuhe Manuel 02; 11,14 mein schuhe ist Manuel 03; 00,09 tuyo groß füßen Lukas 03; 00,09 sternen Lukas 03; 01,03 baumen Lukas 03; 01,03 ein boot boote Manuel 03; 01,03 machen jetzt eine drache Shannon 04; 00,19 Tabelle 1 Für diese Schlussfolgerung sprechen die Äußerungen, in welchen die zielsprachlichen Pluralformen der Nomina *baume, bausteine und schuhe in Singularkontexten verwendet wurden. Beispielsweise fügte ein dreijähriger Junge das Suffix -e an die ursprünglich korrekt verwendete Singularform boot an. Eine andere Probandin tilgte -n bei der Bildung der Singularform *drache, möglicherweise weil sie dieses Morphem mit der Funktion Plural assoziierte und -e, wenn man nach dem Artikel (eine Drache) urteilt, als Marker der Feminina deutete. Die Analyse deckte gleichzeitig die Beispiele auf, in welchen die Kinder das Morphem -e als Pluralmarker interpretierten. Davon zeugen apokopierte Formen wie giraff, schneck, jung oder blum in Tabelle 2. Beispiele Kind, Alter (Jahr; Monat, Tag) ein giraff Lukas 02; 11,14 mami (.) ich hab ein schneck gefund Lukas 03; 00,09 schneck (.) mami schneck schnecke Manuel 03; 00,09 ich bin ein großer jung Lukas 03; 01,03 blum Manuel 03; 01,03 Tabelle 2 Die Erscheinung dieser Formen lässt sich in Anlehnung an Köpcke (1993, 50) durch die Regel erklären, dass monosyllabische Maskulina und Neutra ihren Plural meist mit -e bilden. Auf der Basis dieser Bedingung re-analysierten die Kinder nicht nur die singularischen Formen der männlichen, sondern auch der weiblichen Nomina (blum, tomat, schneck), die dementsprechend, wenn man nach dem verwendeten Artikel urteilt, als männlich wahrgenommen wurden. 2 Die Pluralformen kuhe, stuhle und wolfe in Tabelle 3 weisen darauf hin, dass die Kinder hier das Suffix als erkennbarer Pluralmarker dem Umlaut bevorzugten. 2 Laut Köpcke (1993, 81) weisen einsilbige deutsche Nomina eine deutliche Tendenz zum Maskulinum auf. <?page no="177"?> Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb 177 Beispiele Kind, Alter (Jahr; Monat, Tag) da auch kuhe machen Manuel 03; 00,09 mit seinen stuhlen Jaro 05; 03,12 die wolfe Sophia 05; 04,29 Tabelle 3 An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die Kombination der beiden Markierungen zwar bei den Pluralsuffixen -e und -er möglich ist, sie jedoch verhältnismäßig selten vorkommt, was auch häufige Abweichungen in der Sprachproduktion der Kinder erklärt. In einer Studie von Köpcke (1993, 62) wurde der Stammvokal sogar in zielgrammatisch erwarteten Fällen verblüffend selten umgelautet, um den Kontrast zwischen Singular und Plural auszudrücken. Wie die hier analysierten Daten zeigen, treten die Schwierigkeiten mit der Mehrfachmarkierung noch im Alter von fünf Jahren auf. Die Verwendung des Pluralmorphems -e(n) in Bildungen wie estas fahrräden und vogeln demonstriert darüber hinaus eine klare Wirkung des Prinzips der Prototypikalität (cf. auch die Studie von Elsen 2002). Weder das Suffix -el noch -er dienen als prägnante Pluralmarkierungen im Deutschen. Wie die Beispiele fensten und zuschauern vorführen, wurden auf -er auslautende Formen in den ausgewerteten Daten häufig mit einem zusätzlichen -n markiert. Köpcke erläutert (1982, 139), dass das Kind die Fälle schneller beherrscht, bei denen semantische und formale Kriterien bei der Wahl einer Markierung einander ergänzen. Die Kinder scheinen sich mit dem Morphem -er zuerst als mit einem häufigen Derivationssuffix bei der Bildung von Nomina agentis vertraut zu machen, seine Funktion als Pluralmarker muss hingegen noch gelernt werden. So zog ein fünfjähriger Junge diesem Suffix das Pluralmorphem -e im Beispiel lichte bei der Bildung der Pluralform des Nomens Licht vor. Abweichungen dieser Art alternieren häufig mit korrekten Formbildungen in ein und derselben Aufnahme. Die Kinder scheinen sich der Existenz mehrerer Schemata des gleichen Typs bewusst zu sein. Die Schwankungen im Gebrauch und die Rolle der Häufigkeit eines Musters deuten auf das Prinzip des assoziativen Lernens hin (cf. Elsen 2002, 125). Die Tatsache, dass die ursprünglich richtig gebildeten Formen oft zugunsten von Übergeneralisierungen aufgegeben werden, führen die Forscher (cf. Oksaar 1987, 199) auf die „eigene Konstruktionsleistung des Kindes“ zurück. Wie Elsen (2002, 123- 125) und Köpcke (1993, 50-51) für das Deutsche präzisieren, entstehen Analogiebildungen nicht willkürlich, sondern infolge der Kombination spezifischer Bedingungen wie eine hohe token-Häufigkeit einer Markierung, syllabische Struktur und Semantik der Nomina, der anschließende Erwerb der Genusmarkierungen und Derivationsaffixe, Prototypikalitätseffekte und eine zunehmende Datenakkumulation. <?page no="178"?> Alla Klimenkowa 178 Spanische Sprachdaten weisen wenige Abweichungen auf. Auffallend sind einige wenige Bildungen. Die Formen zucchinis und spagettis stammten aus den Sprachdaten ein und derselben fünfjährigen Probandin, welche sie aus ihrem Input übernahm. Die deutschen bzw. erst in Deutschland gelernten Substantive wurden durch das Zufügen des spanischen Pluralallomorphs -s bereits im Vokabular ihrer Mutter verspanischt. Bei der der Verwendung der Singularform lápiz in Bezug auf mehrere Objekte (con estos lápiz no) aus den Daten einer weiteren dreijährigen Probandin erfolgte die Nullmarkierung durch die Ähnlichkeit des Auslauts des Wortes mit dem Pluralmarker / -s/ . 3.2. Switching von Schemata Die analysierten Daten deckten weiterhin Beispiele auf, in denen die zweisprachigen Kinder Schemata der Pluralmarkierung aus der einen Sprache in Äußerungen in der anderen Sprache nutzten. An die Wurzel eines Substantivs in der einen Sprache hingen sie das gleiche Suffix an, welches mit dem Äquivalent dieses Substantivs in der anderen Sprache erforderlich ist. Interessanterweise scheinen sich dabei die Schemata für Plural- und Genusmarkierung zu überlappen. Bei diesem switching kann man zwei Untergruppen identifizieren, die Fantini (1985, 168sqq.) als „Transfer der Form“ und „Transfer der grammatischen Beziehung“ bezeichnete. Beispiele Kind, Alter (Jahr; Monat, Tag) das ist jungo Lukas 02; 10,24 ojen David 02; 11,17 ich hab ein schuho ['ʃu: ʝo] Manuel 02; 11,14 vieles autos Lukas 02; 11,14 Alla (.) schuhes Manuel 03; 00,09 ich hab ich ein großer jungo Lukas 03; 00,09 rota es la abeja Shannon 03; 09,20 rot es la abeja Shannon 03; 09,20 Tabelle 4 Den Bildungen jungo und schuho in Tabelle 4 liegt die Übertragung des spanischen singularbildenden männlichen Suffixes -o an die Wurzeln der deutschen Nomina zugrunde. Als kognitives Muster scheinen dabei die spanischen Äquivalente chic-o und zapat-o gedient zu haben. Die Pluralform schuhes wurde analog zum spanischen Wort zapatos mithilfe des spanischen Pluralmorphems -s gebildet. 3 Das weitere Beispiel ojen demonstriert die Ver- 3 Die Mutter des Kindes teilte mit, dass auch die pluralische Form jungos öfters vorkam. <?page no="179"?> Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb 179 wendung des prototypischen deutschen Pluralmorphems -en mit der Wurzel des spanischen Wortes ojo als Äquivalent des deutschen Nomens Auge. Die Flexion -es in Verbindung mit dem deutschen Adverb viel wie im Beispiel vieles autos in Tabelle 4 und das Suffix -a mit dem deutschen Adjektiv rot in der Äußerung rota es la abeja stellen Beispiele der Kongruenz dar, die für die spanische Nominalphrase obligatorisch ist. Dies deutet wiederum auf das spanische kognitive Muster hin. Nach den analysierten Daten stammten die übernommenen Morpheme bei ein und demselben Kind lediglich aus einer Sprache. Ebenso wie bei intralingualen Übergeneralisierungen scheint auch hier die Signalstärke der morphologischen Markierungen, welche Köpcke (1993, 82-85, 180) anhand der Parameter ‚Salienz‘, ‚Frequenz‘ und ‚Differenzierbarkeit‘ beschreibt, eine wichtige Rolle zu spielen. Während sich ‚Salienz‘ auf akustische Prägnanz einer Markierung bezieht, lässt sich ‚Frequenz‘ als ihre Gebrauchshäufigkeit in Bezug auf die Anzahl der Nomina im Allgemeinen (type) wie in Bezug auf ein spezifisches Morphem (token) verstehen. ‚Differenzierbarkeit‘ berücksichtigt die Eindeutigkeit einer Pluralmarkierung als solche sowie ihre Fähigkeit zur Bildung einer neuen Silbe. Wenn diese Kriterien auch beim mehrsprachigen Gebrauch gelten, stellt sich die Frage, warum morphologische Markierungen aus einer bestimmten Sprache eine höhere Signalstärke aufweisen, sodass multilinguale Äußerungen auf eine bestimmte Art und Weise konstruiert werden. In den illustrierten Beispielen handelte es sich doch lediglich um prototypische Marker. Ist die Sprache, aus der Morpheme stammen, gleich eine nicht-dominante Sprache? Wie Chilla/ Rothweiler/ Babur (2010, 59-60) kommentieren, lässt sich die Sprachdominanz aus einer systembezogenen und aus einer sprecherbezogenen Perspektive interpretieren. Traditionell versteht man darunter die Präferenz einer Sprache infolge eines weiter entwickelten grammatischen Systems. Sie kann sich aber auch auf eine vom Sprecher selbst bevorzugte Sprache beziehen. Welche Sprache kognitive Muster für das Kind in einer bestimmten Situation liefert, hängt von weiteren soziokulturellen und pragmatischen Faktoren ab. Bereits Fantini (1985, 176) betonte den Einfluss, welchen der Aufenthalt in einem anderen Land, der Besuch des Kindergartens bzw. der Schule oder die Verknüpfung ausschließlich einer Sprache mit bestimmten kindlichen Aktivitäten wie Singen oder Vorlesen von Märchen auf die Sprachproduktion ausübt. Eine große Rolle fällt auch dem Sprachmodus zu, in dem sich die Kommunikationspartner befinden. Ein bilingualer Sprecher kann zwar in Abhängigkeit vom Gesprächspartner zwischen seinen beiden Sprachen wechseln, sie sind jedoch durch diverse Faktoren verschieden stark aktiviert, was sich entsprechend auf die Sprachverarbeitung und Sprachproduktion auswirkt. Sprachmodi oder „Verhaltensvarianten des zweisprachigen Sprechers“ (Chilla/ Rothweiler/ Babur 2010, 56) werden nicht nur durch einen Gesprächspartner, sondern <?page no="180"?> Alla Klimenkowa 180 durch die kommunikative Situation, den Inhalt und die Funktion des Sprechaktes bestimmt (cf. Grosjean 1998, 175). Nimmt man die Situationen, in denen die hier diskutierten Äußerungen produziert wurden, näher in Augenschein, lässt sich der unterschiedliche Grad, mit dem die jeweilige Sprache aktiviert wurde, deutlich erkennen. Die Formen schuho und jungo traten in den Kontexten auf, als das Spanische im Gespräch dominierte. Die Bildung ojen entstand in einem auf Spanisch geführten Gespräch mit einem dreijährigen Jungen, welcher jedoch der Sprache seiner kubanischen Eltern konsequent das Deutsche vorzog. Die erfolgten Neuschöpfungen legen den Schluss nahe, dass sich das Kind für die Affixe der Sprache entscheidet, die in der gegebenen Situation am stärksten aktiviert wird und die Grosjean (1998, 175) als base language gegenüber einer wenig aktiven Sprache, guest language, bezeichnet. Diese Morpheme rücken stärker in den Vordergrund, auch wenn die Äquivalente aus der anderen Sprache eine vergleichbare Signalstärke aufweisen. Diese Annahme weicht von der These von Müller (1998, 153) ab, laut welcher der Transfer eine ‚Entlastungstrategie‘ (relief strategy) darstellt und es bilingualen Sprechern erlaubt, im Fall eines problematischen Inputs aus einer weniger sicheren Sprache in die andere, sicherere zu wechseln. Aus den analysierten Daten ist ersichtlich, dass die Kinder zumindest die prototypischen Pluralmarker des Deutschen und des Spanischen gleich gut beherrschten. Den dargestellten zweisprachigen Beispielen liegt eine klare Segmentierung der Morpheme zugrunde, sodass die Flexionsmuster, welche die Kinder aus den beiden Sprachen kennen, nicht verletzt sind. Dies stimmt mit der Äquivalenzeinschränkung, die Poplack (1979, 10-11) für code-switching postulierte, überein, nach welcher nur die grammatischen Elemente übertragen werden können, die in den beiden Sprachen vorhanden sind 4 (cf. auch Müller 1998, 168). Vor dem Hintergrund der illustrierten bilingualen Beispiele schließt sich dieser Beitrag der These von Köpcke (1982, 133-142; 1993, 70) in Bezug auf das Organisationsprinzip des mentalen Lexikons an. Einerseits wird laut Köpcke eine Reihe von Nomina infolge ihrer Häufigkeit im Input zusammen mit morphologischen Markierungen gespeichert. Andererseits lernt das Kind 4 Geht man von einer phonetischen Integration der analysierten Elemente in die jeweilige Basissprache, was insbesondere die frikativische Realisierung der zweiten Silbe in schuho ['ʃu: ʝo] demonstriert, wird die zweite Einschränkung von Poplack (1979, 10-11), the free-morphem constraint, ebenfalls beachtet. Laut diesem Kriterium werden nur freie Morpheme gewechselt, es sei denn, dass gebundene Morpheme phonetisch integriert sind. Die Bildung Augi in der Äußerung „ich colouring Augi mama“ eines englisch-deutsch bilingual aufwachsenden Jungen aus der Studie von Zangl (1998, 256) ist ein weiteres Beispiel für switching von kognitiven Mustern. Das Kind scheint das englische Diminutivsuffix -y/ -ie wie in birdie, froggy, piggy usw. auf die Wurzel des deutschen Nomens zu übertragen haben. <?page no="181"?> Switching von kognitiven Schemata beim simultanen bilingualen Erwerb 181 auf der Basis prägnanter formaler Markierungen Regeln der Genusbzw. Numeruszuweisung. Darüber hinaus speichert es auch prototypische Gestalten bzw. Schemata einer grammatischen Kategorie. In Bezug auf die Beispiele jungo und schuho ist anzunehmen, dass sich das Kind den Regeln der deutschen Sprache bewusst war, dass die meisten Nomina mit einem Nasallaut in finaler Position (jung-e) bzw. mit einem Konsonanten im Anlaut und einem ihm folgenden Vokal / u: / (schuh) die Tendenz zum Maskulinum aufweisen (cf. Köpcke 1982, 93, 98). Im ersten Fall wird die Regel noch durch das semantische Kriterium, d.h. das natürliche Geschlecht des Nomens verstärkt. Da aber die Konversation vorwiegend auf Spanisch verlief und spanische Maskulina typischerweise mit -o markiert werden, wies das Kind den beiden deutschen Nomina das entsprechende spanische Suffix zu. In pluralischen Kontexten erhielten diese den spanischen Pluralmarker -s (schuhes, jungos). Als entscheidende Faktoren zeigen sich das Alter eines Kindes und der Grad seiner sprachlichen Entwicklung. Die Sprachmischung auf der morphologischen und lexikalischen Ebene in den Spracherwerbsdaten der beobachteten Kinder betrifft einen kleinen Teil der kindlichen Äußerungen im Verhältnis zu allen Äußerungen in der jeweiligen Sprache und tritt häufiger in den Daten der jüngeren Probanden auf. Die Sprachdaten offenbaren auch erhebliche individuelle Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit und den dynamischen Charakter der Sprachmischungen. Reduzieren sich gemischte Äußerungen auf einer Ebene in den Sprachdaten eines Kindes, schließt dies ihr höheres Auftreten in den anderen Bereichen des Sprachsystems nicht aus. Wie die Analyse eindeutig feststellen lässt, spielt der systematische und regelmäßige Input eine ausschlaggebende Rolle für den Grad der Kompetenz eines bilingual aufwachsenden Kindes in seinen beiden Sprachen. 4. Schlussbemerkung Der switching von gespeicherten Schemata im bilingualen Spracherwerb lässt sich keinesfalls auf den Mangel an Kompetenz und die Unfähigkeit der Kinder zur Differenzierung der beteiligten Sprachsysteme zurückführen. Beim Erwerb der Pluralmorphologie stehen Zweisprachige vor gleichen Schwierigkeiten wie einsprachige deutsche und spanische Kinder. In den beiden Gruppen findet beispielsweise das Erlernen der Pluralmarkierungen erst nach dem Erwerb der Genusmorphologie in der jeweiligen Sprache statt. In den beiden Gruppen lassen sich Übergeneralisierungen der in der jeweiligen Sprache gespeicherten Schemata für grammatische Funktionen beobachten. Die Überschneidungen bei der Anwendung der Schemata aus den beiden Sprachen spiegeln das Bewusstsein der Sprecher über die Existenz dieser Ressourcen wider. Die vorhandenen Sprachsysteme Mehrsprachiger können <?page no="182"?> Alla Klimenkowa 182 und müssen nicht nicht-interagieren. Die konventionelle Vorstellung, es handele sich um die Summe separater Sprachkompetenzen (L1 + L2 + L3 +…), wird in der heutigen Forschung durch die Ansätze (cf. Grosjean 1998; Herdina/ Jessner 2002) korrigiert, welche alle vorhandenen Sprachsysteme eines multilingualen Sprechers als ein einheitliches Ganzes analysieren. Es ist auch neurowissenschaftlich bewiesen (cf. Starreveld et al. 2014), dass die Sprachkodes bei Bilingualen vernetzt gespeichert sind und beim Hören/ Lesen sowie in der Sprachproduktion zusammen aktiviert werden. Mit dem Alter entwickeln mehrsprachige Personen spezifische Sprachmanagementkompetenzen, die den Sprachgebrauch nach geltenden sozialen und kommunikativen Konventionen steuern. Der Sprachgebrauch der Kinder zeichnet sich jedoch noch durch eine außerordentliche Flexibilität aus, welche glücklicherweise die Einheitlichkeit eines multilingualen Repertoires und die charakteristische Wechselbeziehung der vorhandenen Sprachen nachzuweisen erlaubt. Bilinguale Kinder nehmen natürlicherweise die Möglichkeiten in Anspruch, die ihre beiden Sprachsysteme ihnen zur Verfügung stellen. In der modernen wissenschaftlichen Literatur ist es unumstritten, dass Sprachmischungen keineswegs auf die nicht ausreichend entwickelten Fähigkeiten des bilingualen Kindes, die Sprachen zu nutzen, hinweisen. Auch dieser Typ der Sprache wird von bestimmten ‚Regeln‘ gesteuert. Grammatische, pragmatische, kognitive und soziolinguistische Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Bildung gemischter Äußerungen und beim codeswitching. Literatur Bildungsbericht 2014 (http: / / www.bildungsbericht.de/ zeigen.html? seite=11123). Chilla, Solveig / Rothweiler, Monika / Babur, Ezel. 2010. Kindliche Mehrsprachigkeit: Grundlagen-Störungen-Diagnostik. München: Reinhardt. Elsen, Hilke. 2002. „The acquisition of German plurals“, in: Sabrina Bendjaballah et al. (ed.): Morphology 2000: selected papers from the 9th Morphology Meeting, Vienna, 24- 28 February 2000. 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P-9000-208 Funchal mariofb@uma.pt María Jesús Gil Valdés Universidad Complutense de Madrid Departamento de Filología Alemana Avda. Complutense s/ n. E-28040 Madrid gilval@filol.ucm.es Vanessa González-Ribao Institut für Deutsche Sprache / Universidade de Santiago de Compostela Abteilung Lexik R 5, 6-13, Büro A2.07 D-68161 Mannheim ribao@lexik.ids-mannheim.de <?page no="186"?> Zu den Autorinnen und Autoren 186 Christina Horst Universitat de València Departament de Filologia Anglesa i Alemanya Avda. Blasco Ibáñez 32. E-46010 Valencia christina.horst@hotmail.com Alla Klimenkowa Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Romanistik Bismarkstr. 1. D-91054 Erlangen alla_klimenkowa@freenet.de Elsa Liste Lamas Universidade de Santiago de Compostela Departamento de Filoloxía Inglesa e Alemá Avda. Castelao s/ n. E-15782 Santiago de Compostela elsa.liste@usc.es Meike Meliss Universidade de Santiago de Compostela Departamento de Filoloxía Inglesa e Alemá Avda. Castelao s/ n. E-15782 Santiago de Compostela meike.meliss@usc.es Hans-Ingo Radatz Universität Bamberg Institut für Romanistik An der Universität 5. D-96047 Bamberg hans-ingo.radatz@uni-bamberg.de Laura Ramírez Sainz Universität Siegen Romanisches Seminar Adolf-Reichwein-Str. 2. D-57076 ramirez-sainz@romanistik.uni-siegen.de Ferran Robles i Sabater Universitat de València Facultat de Filologia, Traducció i Comunicació Departament de Filologia Anglesa i Alemanya Avda. Blasco Ibáñez 32. E-46010 Valencia ferran.robles@uv.es <?page no="187"?> Zu den Autorinnen und Autoren 187 Oliver Strunk Universitat de Barcelona Facultat de Filologia Gran Via de les Corts Catalanes 585. E-08007 Barcelona strunk@ub.edu Irene Sueiro Orallo EOI Conde Floridablanca Departamento de Alemán C/ Castilla-La Mancha 5. E-02400 Hellín isueiro@yahoo.de <?page no="188"?> Narr Francke Attempto Verlag GmbH+Co. KG • Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen Tel. +49 (07071) 9797-0 • Fax +49 (07071) 97 97-11 • info@francke.de • www.francke.de Ferran Robles i Sabater, Daniel Reimann, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Angewandte Linguistik Iberoromanisch - Deutsch Studien zu Grammatik, Lexikographie, inter kultureller Pragmatik und Textlinguistik Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung, Vol. 5 2016, 25 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-8233-6941-7 Im Herbst 2014 fand in Valencia der dritte Kongress der Reihe „Contrastivica - Deutsch-iberische Tagung zur kontrastiven Linguistik“ statt. Zu dem Thema „Sprachen und Kulturen vermitteln zwischen Spanien, Portugal und Deutschland: Kontrastive Linguistik und Fremdsprachenforschung in Zeiten transkultureller kommunikativer Kompetenz“ setzten sich namhafte Linguistinnen und Linguisten wie auch Nachwuchsforscherinnen und -forscher aus dem deutschsprachigen und iberoromanischen Raum mit germanistischen und romanistischen Fragestellungen auseinander. Ausgewählte linguistische Beiträge werden in diesem Band vorgestellt: Sie zeigen, wie vor dem Hintergrund jüngerer grammatikographischer und lexikographischer, pragma- und textlinguistischer Theorien kontrastive Zugriffe in angewandt-linguistischer Perspektive an neuerlicher Virulenz gewinnen. - 9 <?page no="189"?> Der Band stellt die (fremd-)sprachendidaktischen Beiträge des 3. Kongresses „Contrastivica - Deutsch-iberische Tagung zur kontrastiven Linguistik“ vor, der im Oktober 2014 zum Thema „Sprachen und Kulturen vermitteln zwischen Spanien, Portugal und Deutschland: Kontrastive Linguistik und Fremdsprachenforschung in Zeiten transkultureller kommunikativer Kompetenz“ in Valencia stattgefunden hat. Die Einzelstudien zeigen am Beispiel des Sprachenpaares Spanisch - Deutsch (mit Ausblicken auf das Katalanische, Portugiesische und weitere romanische Sprachen), wie gerade auch linguistische Ansätze für die Fremdsprachendidaktik (hier DaF und Spanisch als Fremdsprache / ELE) fruchtbar gemacht werden können und veranschaulichen so, wie die Linguistik (wieder) zu einer zentralen Bezugsdisziplin der Fremdsprachenforschung werden kann. Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 6 ISBN 978-3-8233-8014-6
