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Musik im Fremdsprachenunterricht

0611
2019
978-3-8233-9102-9
978-3-8233-8102-0
Gunter Narr Verlag 
Charlott Falkenhagen
Laurenz Volkmann

Dieses narr STUDIENBUCH beinhaltet die erste umfassende Perspektivierung eines hochaktuellen und immer wieder diskutierten Themas in der Fremdsprachendidaktik und -forschung. Neben einem kompakten Überblick zu theoretischen Dimensionen, Modellen und Konzepten zur Thematik beantworten die Genrekapitel praxisorientierte Fragen zum didaktisch-methodischen Einsatz von beispielsweise Liedern, Musikvideoclips oder Instrumentalmusik und zeigen multiperspektivisch verschiedene literatur-, kultur- und mediendidaktische sowie interkulturelle und kompetenz­orientierte Zugänge zu Musik im Fremdsprachenunterricht auf. Die Ausführungen wie auch die unterrichtspraktischen Beispiele beinhalten einen Querschnitt verschiedener moderner Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch sowie Deutsch als Fremdsprache).

<?page no="0"?> Dieses narr STUDIENBUCH fokussiert erstmals umfassend ein hochaktuelles und immer wieder diskutiertes Thema der Fremdsprachendidaktik und -forschung. Neben einem kompakten Überblick zu theoretischen Dimensionen, Modellen und Konzepten beantworten die Genrekapitel praxisorientierte Fragen zum didaktisch-methodischen Einsatz von beispielsweise Liedern, Musikvideoclips oder Instrumentalmusik. Sie zeigen multiperspektivisch verschiedene literatur-, kultur- und mediendidaktische sowie interkulturelle und kompetenzorientierte Zugänge zu Musik im Fremdsprachenunterricht auf. Die Ausführungen wie auch die unterrichtspraktischen Beispiele beinhalten einen Querschnitt verschiedener moderner Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch sowie Deutsch als Fremdsprache). ISBN 978-3-8233-8102-0 Falkenhagen / Volkmann (Hrsg.) Musik im Fremdsprachenunterricht Musik im Fremdsprachenunterricht Charlott Falkenhagen / Laurenz Volkmann (Hrsg.) <?page no="1"?> Prof. Dr. Laurenz Volkmann ist Lehrstuhlinhaber für Englische Fachdidaktik an der Friedrich- Schiller-Universität Jena und Autor sowie Herausgeber zahlreicher Bände zu Themenbereichen des interkulturellen Lernens. Zuletzt ist im Narr Verlag erschienen: Teaching English - 2015 veröffentlicht zusammen mit Nancy Grimm und Michael Meyer. Dr. Charlott Falkenhagen ist studierte Musik- und Englischlehrerin, praktizierende Musikerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Englische Fachdidaktik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie promovierte zum Thema Content and Language Integrated Learning im Musikunterricht und publiziert vor allem zum Einsatz von Musik im Englischunterricht. <?page no="2"?> Charlott Falkenhagen / Laurenz Volkmann (Hrsg.) Musik im Fremdsprachenunterricht <?page no="3"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: pagina GmbH, Tübingen CPI books GmbH, Leck ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-8102-0 (Print) ISBN 978-3-8233-9102-9 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0141-7 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="4"?> 5 Inhalt Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Dimensionen und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1 Audio literacy-- (Zu)hören zwischen Sprache und Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2 Zusammenhänge bei der Verarbeitung von Musik und Sprache . . . . . . . . . . . . 20 3 Musik im multimodalen Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4 Förderung von audio literacy im kompetenzorientierten fremdsprachlichen Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Musik und interkulturelles Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1 Einleitung-- Musik als ‚naturalisiertes‘ kulturelles Phänomen . . . . . . . . . . . . . . 29 2 Funktionen von Musik im Kontext interkulturellen Lernens . . . . . . . . . . . . . . . 32 3 Interkulturelles Lernen mit Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4 Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 5 Musik und interkulturelle Kompetenzentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46  Kompetenzstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1 Legitimation: Warum Musikunterricht in der Fremdsprache? . . . . . . . . . . . . . . 51 2 CLIL -Musik: Was ist das? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3 Kurzzeit- und Langzeitformen: Welche Vor- und Nachteile gibt es? . . . . . . . . . 54 4 Sachfachliche, fremdsprachliche, interkulturelle, pädagogische oder bildungspolitische Ziele? Was steht im Fokus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 5 Kurzüberblick Forschung: Wann wurde wonach geforscht und warum? . . . . . . 58  Ist Musik als Sachfachpartner ‚besser geeignet‘ als beispielsweise Mathematik? 59 7 Was sollte man grundsätzlich beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 9 Drei Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 10 Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften . . . . 77 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2 Auswirkungen von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen 81 3 Auswirkungen von Musik auf das Fremdsprachenlernen jenseits der funktionalen kommunikativen Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 <?page no="5"?> 6 Inhalt Genres und Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1 Warum sollten Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2 Die Frage der Aktualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3 Auswahlkriterien und Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 4 Wann und wozu können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102  Beispiele mit einem Song . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 8 Tipps, Tools und nützliche Websites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3 Zum Einsatz von Rap im Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4 Überlegungen zu Unterrichtsmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1 Absolutely opposite-… I’m afraid to see something like this, and I think the film never belongs to the music . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2 Filmmusik: Ein Kaleidoskop an Formaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3 Der Kompetenzbereich Filmmusik erleben, Filmmusik nutzen und Filmmusik verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4 Beispiele für den Einsatz von Filmmusik erleben, nutzen und verstehen im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157  Ausgewählte Filme und Filmmusik aus dem Beitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1 Musikvideos-- noch ein Thema im Fremdsprachenunterricht? . . . . . . . . . . . . 159 2 Vorüberlegungen und Kompetenzorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3 Methodische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4 Themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . 171 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2 Definitionen und Einsatz von Instrumentalmusik im FU . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3 Zieldimensionen und Sprachlern- und Verstehensprozesse . . . . . . . . . . . . . . . 178 <?page no="6"?> 7 Inhalt 4 Zentrale Bausteine beim methodischen Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182  Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 7 Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht . . . . . . . . . . . 195 1 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2 Zum Einsatz im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3 Kinderreime und Fingerspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 4 Didaktische Lieder und Reime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 5 Beispiele, Unterrichtsmodelle, Verlaufspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202  Woran man außerdem denken sollte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 8 Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Total Physical Response und Suggestopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2 Suggestopädie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3 Total Physical Response ( TPR ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4 Ganzheitliches, harmonisches Lernen mit Stirrers und Settlers . . . . . . . . . . . . 218 5 Musikbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219  Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Chansons im Französischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1 Neulich im Französischunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2 La chanson: qu’est-ce que c’est? Definitionsansätze und Auswahlkriterien . . . . 222 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht . . . . . . . . . . . . 225 4 Beispiele für den Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237  Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Songtexte und Lyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 2 Kontextualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3 Überlegungen zum Einsatz relevanter Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 4 Praxisbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Beiträgerinnen und Beiträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 <?page no="8"?> 9 Vorwort Vorwort Charlott Falkenhagen und Laurenz Volkmann Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an. (E. T. A. Hoffmann) Oder anders gedacht: wo Musik aufhört, fängt erneut Sprache an. Und warum nicht auch Fremdsprache? Schon seit Jahrhunderten-- stark einsetzend mit der neusprachlichen Reform vor circa 120 Jahren, die man mit dem Namen Wilhelm Viëtor verbindet-- findet Musik Eingang in den Fremdsprachenunterricht. Sie wird geschätzt in ihren verschiedenen Formen und Genres, vom Lied bis zur Instrumentalmusik, vom Anfangsunterricht bis in die Sekundarstufe II . Bereits Generationen von Lernenden bietet sie vielfältige Chancen, Fremdsprache ‚musikalisiert‘ zu erleben und zu erwerben. Unbestritten sind dabei die Potenziale von Musik beim Fremdsprachenlernen, sei es aus linguistischer, neurowissenschaftlicher, pädagogischer, entwicklungs- und lernpsychologischer, literatur- und kulturwissenschaftlicher und soziokultureller Perspektive. In neueren fremdsprachendidaktischen Diskussionen wird die Bedeutung von Musik vor allem im Kompetenzbereich der multiliteracies erwähnt. Dabei verschieben sich traditionell logozentrische, auf Schriftlichkeit konzentrierte Paradigmen der Bildung in Richtung eines ganzheitlichen, verstärkt auch visuelle, kinästhetische und auditive Modi berücksichtigenden Verständnisses von Sinnkonstitution sowie kommunikativen Prozessen. Und wie könnte bei dieser Neuausrichtung die Musik nicht berücksichtigt werden? Denn Musik ist und bleibt in besonderem Maße Auslöser von Emotionen, kann Liebe, Hass, Trauer, Wut, Glück oder Melancholie tragen und führt unweigerlich zu (fremd-)sprachlichen Reaktionen. Man möchte und muss sich austauschen über Musik, das Hörerlebnis sowie die eigenen Gefühle auch auf verbaler Ebene mit anderen teilen. Dieser emotionalisierende Effekt von Musik unterstützt beide, in der Forschungsliteratur wie Schulpraxis zu findenden Herangehensweisen an Musik im Fremdsprachenunterricht. Einerseits ist sie, trivial formuliert, ‚methodisches‘ Mittel zum Zweck. So lässt sie beispielsweise eine positive Lernatmosphäre im Klassenzimmer entstehen, katalysiert Grammatik- und Vokabellernen, fördert Hörverstehen und Aussprache, schafft Authentizität durch das Bearbeiten originaler Materialien aus dem zielkulturellen Raum oder motiviert ganz einfach für das Fremdsprachenlernen. Andererseits kann aber auch die Musik selbst Gegenstand der fremdsprachlichen Auseinandersetzung sein, bei der die inhaltliche Beschäftigung mit ihr vor der Analyse und dem Erwerb von fremdsprachlichen Strukturen steht. Die Funktion, Bedeutung und Vielschichtigkeit von Musik als (Kunst-)Werk, Konsumobjekt oder Alltagsphänomen innerhalb einer Gesellschaft oder auch innerhalb globaler Strukturen-- wie auch die Wirkung von Musik auf den Rezipienten-- sind Aspekte, die durchaus diskutiert und reflektiert werden sollten. Beiden Perspektiven, also einerseits Musik als methodisches Mittel, Transportmedium oder Katalysator fremdsprachlichen Lehrens und Lernens sowie andererseits auch als lohnenswerter Inhalt, möchte der vorliegende Band Rechnung tragen und Verbindungsmöglichkeiten zwischen ihnen aufzeigen. Dabei werden aktuelle Forschungen wie schulpraktische Beispiele und methodische Tipps gleichermaßen berücksichtigt. <?page no="9"?> 10 Vorwort Music makes the people come together. (Madonna) Das Studienbuch Musik im Fremdsprachenunterricht gibt einen konzisen Überblick über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Musik und musikalischen Elementen im Kontext des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen. Nach den einführenden Kapiteln (1-4), die neben allgemein theoretisch-konzeptuellen Überlegungen immer auch mindestens einen besonderen genreübergreifenden Themenaspekt fokussieren, schließen sich neun Kapitel zu Genres und Zugängen (5-13) an, welche vor allem eine kompakte Zusammenfassung zu einzelnen Gattungen wie beispielsweise Songs, Rap, Filmmusik oder Musikvideoclips und deren didaktischen Nutzen bieten. Die einzelnen Kapitel führen in das jeweilige Unterthema bzw. die jeweilige Gattung ein, präsentieren den derzeitigen Forschungsstand, diskutieren noch ausstehende Fragen, geben methodisch-didaktische Hinweise zum Einsatz und zeigen modellartig praxisrelevante Beispiele. Alle Ausführungen beinhalten immer einen Querschnitt verschiedener moderner Fremdsprachen. Kapitelabschließend werden Lesehinweise gegeben und gegebenenfalls weiterführende Literatur zur Thematik aufgeführt. Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten. (Gustav Mahler) Musik ganzheitlich erleben, verstehen und versprachlichen- - dies scheint immer wieder Fokus musikalischen Arbeitens im Fremdsprachenunterricht (im Folgenden auch FU ) zu sein. So vereinen auch die vier einführenden Kapitel diesen Gedanken, auch wenn sie aus unterschiedlichen Perspektiven auf Musik und musikalischen Input im FU blicken. Christiane Lütge und Claudia Owczarek diskutieren in ihrem Beitrag die Bedeutung von Hörverstehen im multimedialen Zeitalter und stellen theoretisch-konzeptuelle wie praktische Überlegungen an, wie der Entwicklung von audio literacy als Teil des Multiliteracies-Ansatzes mit Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht zu begegnen wäre. Lütge und Owczarek geben einen kompakten Überblick über die Rolle von Musik im FU und bieten zugleich verschiedene Beispiele an, wie man, basierend auf einem handlungsorientierten Zugang, mit musikalischen Höreindrücken und deren Versprachlichung im Fremdsprachenunterricht umgehen kann. Laurenz Volkmann erkundet in seinem Beitrag erstmalig das Potenzial von Musik in Hinsicht auf Aspekte des inter- und transkulturellen Lernens im FU - - ein bisher sowohl von der Fremdsprachdidaktik als auch von den benachbarten Disziplinen vernachlässigtes Thema. Anhand sieben critical incidents beschreibt er Wirkung und Funktion von Musik bei Begegnungen mit „interkulturellen [musikalischen] Irritationen“ und erörtert die dabei im Individuum entstehenden Gestimmtheiten zwischen dem Nationalem und dem Globalen, persönlichem Geschmack und Tradition sowie der Musik als Kulturgut oder Alltagsphänomen. Bevor verschiedene Beispiele verdeutlichen, dass bei der Rezeption von Musik zunächst eine kulturelle oder individuelle ‚Aneignung‘ im Vordergrund steht, schlägt Volkmann verschiedene Modelle vor (angelehnt an Byram und Hall), wie interkulturelle Kompetenzentwicklung mit Musik funktionieren könnte und welche Ebenen die Lernenden <?page no="10"?> 11 Vorwort durchlaufen müssten. Abschließend transferiert Volkmann seine Erkenntnisse auf das Kompetenzstufenmodell von Bähr et al. und stellt vor, wie interkulturelle Diskurskompetenzen in der Fremdsprache mithilfe von Musik zu entwickeln wären. Die Möglichkeiten zur Förderung musikalischer Diskursfähigkeit und einem umfänglichen ‚Musikverstehen‘ (musical literacy als Teil von multiliteracies) als Grundlage genereller fremdsprachlicher Diskurskompetenzen sehen Charlott Falkenhagen und Gabriele Noppeney in der bilingualen Vermittlung von Musik und Fremdsprache und diskutieren vor allem die Vorteile für das Fremdsprachenwie auch das Musiklernen im Modell des Content and Language Integrated Learning. Ein tiefgründiger, in der Fremdsprache geführter Diskurs über Musik setzt nämlich auch Fachkenntnisse (Wissen über Musik) und dazugehöriges Vokabularbzw. Phrasenwissen voraus. Dieses kann auf effektive Weise im Fachzusammenhang von Musik und Fremdsprache in CLIL -Musik erworben werden. Zusätzlich kann ein fremdsprachig geführter (in Anlehnung an den muttersprachlichen) Musikunterricht, aufgrund seiner fachimmanenten Arbeitsweisen, affektive, ästhetische und soziale Erfahrungen beim Musizieren und Singen generieren, d. h. beim direkten Erleben und kreativen Schaffen von Musik. Wie Falkenhagen und Noppeney darlegen, bündelt dies wiederum viele Vorteile für die Vermittlung und die Anwendung der Fremdsprache. Der Beitrag von Aline Willems zur Verbindung von Musik, (Fremd-)Sprache und Gehirn und den entstehenden Synergien wie daraus abzuleitenden Potenzialen für den (Fremd-) Spracherwerb schließt den ersten Teil „Dimensionen und Perspektiven“ dieses Studienbuchs ab. Er thematisiert eine noch relativ junge Forschung, die essenzielle Erkenntnisse für das Sprachenlernen mit Musik hervorgebracht hat. Willems gibt einen Einblick in relevante Forschungsergebnisse zu den gegenseitigen Einflüssen von Musik und (Fremd-)Sprache im Gehirn auf das Lernen einer Sprache und mahnt zugleich an, unterschiedliche kognitionswissenschaftliche Studien stets mit Blick auf die eigenen Bedarfe in fremdsprachigen Lehr- und Lernsettings zu hinterfragen. Music makes my world go round. Music gets me high and keeps me on the ground. In music I feel safe and sound, get lost and still be found. (Lovebugs) Unbestritten sind nach wie vor die großen Vorteile für den Fremdsprachenerwerb bei der Verwendung bzw. dem Einsatz von Liedern, Reimen und Raps. Die diesen Genres immanenten textuellen Komponenten sowie die meist kurzweiligen, musikalisch ansprechenden Strukturen, deren Aktualität und Lebensweltbezug ermöglichen eine Vielzahl von Herangehens- und Bearbeitungsweisen zum Erwerb beziehungsweise zur Anwendung fremdsprachlichen Inputs. Hanna Usbeck-Frei leistet eine, offensichtlich weiterhin notwendige, Überzeugungsarbeit für die sinnvolle und lernintensive Auseinandersetzung mit Songs und zeigt, dass es „sich lohnt, mehr mit einem Song zu machen als ‚bequem‘ Lückentexte auszufüllen“. Sie demonstriert in ihrem umfangreichen wie umfassenden Beitrag alle Facetten zum Einsatz und zu den didaktisch-methodischen Möglichkeiten von Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht. Ein Novum sind die von ihr erstellten Kategorien zu Verwendungsmöglichkeiten <?page no="11"?> 12 Vorwort plus Differenzierungsoptionen für Songs im FU , die sie tabellarisch ordnet und dabei Bezüge zwischen einzelnen Aspekten herstellt. Zusätzlich beinhaltet der Beitrag weitere Beispiele für die Unterrichtspraxis und verweist auf nützliche Tools und Websites für die Arbeit mit Pop- und Rocksongs. Roman Bartosch greift den Gedanken des Aktualitäts- und Lebensweltbezuges von Songs für die Lernenden auf und elaboriert in seinen Ausführungen das fremdsprachendidaktische Potenzial von Rap als „popkulturelles Medienerzeugnis“, das aus einer an den „Interessen von Lernenden orientierten Fremdsprachendidaktik und Unterrichtspraxis nicht mehr wegzudenken“ ist. Bartosch diskutiert den Rap in dessen ureigenem Hip-Hop-Kontext, aber auch vor dem Hintergrund von Popkulturen allgemein. Seine Argumentation zielt darauf ab, Rap bzw. Hip-Hop im Sinne einer Entwicklung kultureller Diskursfähigkeit zu verstehen. Dazu zeigt er in seinen Überlegungen zu Unterrichtsmodellen zum einen ‚klassische‘ literaturdidaktische Herangehensweisen an das Phänomen (textzentriertes Analysieren, Dekodieren der Metaphorik und Rhetorik etc.) und zum anderen kulturökologische Zugänge, die intertextuell, kontextuell und diskursiv mit Raps und Hip-Hop arbeiten, immer dem „Globalziel kritischer Medien- und Diskurskompetenzen verpflichtet“. Gabriele Blell und Alexander Woltin betreten Neuland, indem sie den Umgang mit Filmmusik bzw. Soundtracks mit Bezug auf das sprach- und kulturübergreifende Filmkompetenzmodell Film erleben, Film nutzen und Film verstehen (Blell / Grünewald / Kepser / Matthis / Surkamp 201) untersuchen und davon ausgehend vier Kompetenzfelder für die Arbeit mit Filmmusik entwickeln und definieren: Filmmusikbezogen sprachlich handeln, Filmmusik analysieren, Filmmusik kontextualisieren und Filmmusik gestalten. Drei Unterrichtsszenarien zeigen exemplarisch die Applizierbarkeit der theoretischen Überlegungen zum Einsatz von Filmmusik für die schulische Praxis. Laurenz Volkmanns Ausführungen zu einer in den frühen 2000er Jahren noch sehr beliebten Variante von Musik und ‚Film‘, nämlich den Musikvideoclips ( MVC s), fassen den didaktischen Nutzen dieses Kurzgenres zusammen und bieten methodisch-konzeptuelle Überlegungen vor allem vor dem Hintergrund von Lernziel- und Kompetenzorientierung, Motivation und kreativen Lehr-/ Lernformen. Damals ‚heiß‘ diskutiert, ist es im fachdidaktischen Diskurs doch ziemlich ruhig um den Musikvideoclip geworden. Volkmann erweckt die Gattung zu neuem Leben, indem er themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche definiert und mit klassischen wie auch aktuellen Beispielen illustriert. Er betont dabei auch die Möglichkeiten, die heute das Internet, im Vergleich zur didaktischen ‚high season‘ des MVC s vor 15 Jahren, bietet. Die Nutzer können nämlich kurze Clips zu einer Musik selbst erstellen oder bereits bestehende verändern und verbreiten, was wiederum großes Potenzial für u. a. kreativ-produktive Arbeitsweisen mit diesem vielleicht doch noch nicht ganz ausrangierten Medium bietet. Im Beitrag zur Arbeit mit ‚reiner‘ Instrumentalmusik im FU beschreibt Charlott Falkenhagen zunächst den deutlichen Bruch zwischen dem (theoretischen) Potenzial von Instrumentalmusik und der tatsächlichen Unterrichtspraxis und versucht, Gründe dafür zu finden. Neben einer detaillierten Zusammenfassung der bisher dazu geleisteten Forschung stellt sie Überlegungen zum Mehrwert beim Einsatz von Instrumentalmusik im Vergleich zu Songs an, bündelt überblicksartig Zieldimensionen und Sprachlern- und Verstehensprozesse und präsentiert zentrale <?page no="12"?> 13 Vorwort Bausteine für das methodische Vorgehen bei einer fremdsprachlichen Auseinandersetzung mit Instrumentalmusik. Beispiele für die unterrichtliche Arbeit runden den Beitrag ab. Grit Bergner erläutert den sogenannten ‚Urtypus‘ für den Einsatz von Musik beim Fremdsprachenlernen: Lieder und musikalisch unterlegte Reime gehören zur unbestrittenen Basis und zum alltäglichen Geschäft im Fremdsprachenfrühbeginn und das nachweislich schon seit vorchristlicher Zeit. Bergner gelingt es, von den historischen Zusammenhängen über die Gründe dieser starken Nutzung von Liedern im Anfangsunterricht bis hin zu verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von (didaktischen) Liedern, Kinderreimen oder Fingerspielen, einen kompakten Überblick zur Thematik zu geben. Besonders hilfreich, vor allem für Lehrernovizen, sind die methodischen Hinweise. Musik als Auslöser von An- und Entspannungszuständen bei den Lernenden ist vor allem beim Suggestopädischen Lernen und bei der Total Physical Response-Lehrmethode ein wichtiges Element. Katharina Glas beschreibt in ihrem Beitrag die Effekte von Musik beim Fremdsprachenerwerb aus psychohygienischer Perspektive und verbindet die durch Musik entstandene Auflockerung der Unterrichtsatmosphäre oder Förderung von Konzentration beim Lernen mit Aspekten eines effektiven Classroom Management. Sogenannte musikalische Stirrers oder Settlers beeinflussen den Gruppenlernprozess positiv. Das gemeinsame Musikerleben fördert nicht nur das soziale Gefüge innerhalb der Klasse, sondern koordiniert und strukturiert auch die Unterrichts- und Lernphasen. Aline Willems beleuchtet in ihrem zweiten Beitrag den Mehrwert bei der Arbeit mit der Textsorte Chanson speziell für den Französischunterricht. Neben einer Darstellung und Diskussion wichtiger Aspekte wie Auswahl, verschiedene didaktisch-methodische Herangehensweisen, Zielformulierungen und Einsatzmöglichkeiten bietet der Beitrag exemplarisch aufbereitetes Material sowohl für die Primarals auch für die Sekundarstufe. Bernd Klewitz beschreibt den fremdsprachlichen Mehrwert bei der Arbeit mit Songtexten und Songlyrik vor allem im Zusammenhang mit einer musikalischen Interpretation als besonders fruchtbar. In Form einer Musikreise rund um die Welt belegt er anhand vieler Beispiele, warum Musik besonders geeignet für den Erwerb fremdsprachlicher Kompetenzen ist und im Besonderen das transkulturelle Lernen fördert. Im Rahmen von communication awareness und multiliteracies werden modellhaft drei Beispiele für die verbindende Arbeit von Lyrik und Musik im Unterricht gezeigt. * Unser Dank gilt allen Beiträgerinnen und Beiträgern für die facettenreich ausgestalteten und individualisierten Zugänge zum Thema Musik und Fremdsprache-- und dafür, dass sie sich zugleich erfolgreich den Herausforderungen stellten, den Ansprüchen eines Überblickswerks zu genügen. Im Besonderen ist dem Narr Verlag zu danken, respektive Frau Kathrin Heyng und Herrn Arkin Keskin, für ihre große Unterstützung dieses unserer Ansicht nach für die Fremdsprachendidaktik und musikalische Bildung wichtigen Projekts. Ein sehr großes Dankeschön für die tatkräftige Unterstützung bei der Arbeit mit dem Manuskript geht an den wissenschaftlichen Mitarbeiter Florian Wagner und die wissenschaftliche Hilfskraft Franz Brückner. <?page no="14"?> 15 Dimensionen und Perspektiven <?page no="16"?> 17 1 Audio literacy - (Zu)hören zwischen Sprache und Musik Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies Christiane Lütge und Claudia Owczarek Abstract Der folgende Beitrag widmet sich der Bedeutung des Hörverstehens in Zeiten multimodaler Kommunikation. Eingangs werden die Rolle und potentiellen Funktionen musikalischen Inputs im kompetenzorientierten fremdsprachlichen Unterricht diskutiert. Im Anschluss folgt ein Überblick über die Zusammenhänge bei der Verarbeitung von Sprache und Musik und die daraus resultierenden Konsequenzen für den Fremdsprachenunterricht, welcher das Potenzial vieler Musikstücke für die Förderung sprachlicher Lernprozesse unterstreicht. Zudem wird das Konzept audio literacy im Kontext seines Entstehungsumfeldes, dem Multiliteracies-Ansatz, situiert. Den Abschluss bildet eine Reihe von praktischen Überlegungen zur Förderung von audio literacy im Fremdsprachenunterricht. Music oft hath such a charm To make bad good, and good provoke to harm. (William Shakespeare, Measure for Measure) 1 Audio literacy - (Zu)hören zwischen Sprache und Musik Musik spielt im Alltag vieler Jugendlicher eine große Rolle und ist in digitalen Formaten jederzeit verfügbar. Aber auch im Fremdsprachenunterricht ist Musik kein neues Phänomen. Lieder und songs, Pop- und Rockmusik wurden und werden häufig in frühen Klassenstufen eingesetzt, um einerseits das Hörverstehen zu schulen und allgemein die Motivation für das Fremdsprachenlernen zu befördern (vgl. Lütge 2009, 2010). Instrumentalmusik, insbesondere klassische Musik, ist hingegen noch wenig etabliert und findet sich allenfalls in suggestopädischen Ansätzen (vgl. Cranmer / Laroy 1992: 1), die aber weniger sprachhandlungs- und produktions-orientiert sind. Argumentiert wird hier häufig mit motivationalen Aspekten, teilweise auch recht pauschal mit einer Stärkung der Konzentrations- und Gedächtnisleistung, andererseits aber auch mit der Entspannung, die durch Musikkunst im Rahmen der Suggestopädie angestrebt wird. Eine systematische Einbeziehung musikalischer Hörerfahrungen in den- - auch fortgeschrittenen- - Fremdsprachenunterricht lässt sich trotzdem nicht konstatieren, möglicherweise auch deshalb, weil das Hören von Musik gelegentlich mit passiver Hingabe gleichgesetzt wird. Kapteina betont, dass es sich beim Hören durchaus um einen aktiven und kreativen Vorgang handelt: Aus der Fülle der uns umgebenden Geräusche und Klänge selektiert unser Ohr. Der Mensch hört nicht etwas, das von außen auf uns eindringt, sondern er schafft aktiv und individuell das, was er hört in einem Zusammenspiel von in ihm liegenden Fähigkeiten mit einem äußeren akustischen Angebot. Das Ohr ist ein ‚Informationen suchendes Wesen‘. (Kapteina 2001: 24) <?page no="17"?> 18 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies Unterricht müsse daher Lust machen auf intensives und genaues Hinhören, auf Klang-, Sprach-, Sing- und Hörexperimente. Tatsächlich kann bewusstes Hören als Voraussetzung für handlungsorientierte Zugänge durch Musik auf vielfältige Weise angeregt werden. Wenn nun einerseits das Hörverstehen und andererseits die ästhetische Bildung mit dem Ziel kreativitätsfördernder und schüleraktivierender Ansätze in Einklang gebracht werden, so ist es ratsam, Musik als gleichberechtigte semiotische Komponente im gesamtkulturellen Diskurs zu betrachten (vgl. Blell 2007: 324). Die Entwicklung von Sensibilität, Hörkonzentration und musikalischem Gedächtnis für Musik- und Klangkontexte sowie die Schulung der rhythmisch-akustischen Diskriminierungsfähigkeit sind dabei genauso zu nennen wie das Aushalten des „Nichtverstehens von (musikalisch und sprachlich) Gehörtem“, um damit eine erhöhte Aufmerksamkeit zu erreichen (ebd.: 324). Eine gewisse Frustrationstoleranz, wie dieser Umgang mit dem Nichtverstehen häufig auch genannt wird, oder zumindest Ambiguitätstoleranz ist nicht nur für fremdsprachliches, sondern auch für literarisches Lernen von zentraler Bedeutung. Die Ähnlichkeiten von Musik und Sprache bzw. Literatur werden in vielen Zusammenhängen betont (vgl. Gruber 1995: 19). So wird die Musik selbst gelegentlich als Sprache oder Text aufgefasst und der Sprache Rhythmus sowie Melodie zugeschrieben: […] Literatur ist aus Sprache gemacht, und Sprache allerdings hat mit Musik viel zu tun. Auch in der Literatur ist der Atem des Autors und (des Lesers) wichtig, sein Herzschlag. Der Rhythmus eines Textes macht seinen Sinn, sein Tempo (presto, adagio) steuert die Lektüre. (Widmer, zitiert nach: Blell 2007: 324) Auch in der Musikrezeption lässt sich die Verbindung von Sprache (Literatur) und Musik verfolgen. Carl Ph. E. Bach spricht von „Sing-Poesie“ und dem „redenden Prinzip“, Beethoven von einer „poetischen Idee“. Musik als ‚Seelensprache‘ wird insbesondere im 19. Jahrhundert etabliert, laut Robert Schumann habe die Musik „Sprache und Zeichen für Seelenzustände“. Schließlich wurde auch der Begriff der „musikalischen Prosa“ zentral bei Wagner, Schönberg u. a. (vgl. Gruber 1995: 20 f.). Für die Fremdsprachendidaktik lässt sich das Verhältnis von Musik und Sprache aus mindestens zwei Perspektiven betrachten (vgl. Lütge 2009, 2010). Einerseits führt die Erweiterung des Textbegriffs im Rahmen eines veränderten kulturwissenschaftlichen Paradigmas (vgl. Bachmann-Medick 1998) in der Fremdsprachendidaktik mit dem „Spiel der Texte“ (Hallet 2002) zu einem neuen Verständnis des Zusammenwirkens von Text und Musik. So finden in der intermedialen Literatur- und Kulturdidaktik Texte unterschiedlicher medialer Repräsentationen Eingang in den Fremdsprachenunterricht. Musik spielt hier neben Bild, Film, Hyperfiktionen Tanz und Theater eine Rolle (Blell 2007). Wechselbeziehungen zwischen Musik und Literatur und ihre lernfördernden Impulse werden im Kontext des medien- und prozessorientierten Ansatzes von Gienow und Hellwig (1993) untersucht und in ihren intermedialen Wechselwirkungen u. a. von Blell und Hellwig (199) weiterentwickelt. Andererseits sind für die Fremdsprachendidaktik auch aus spracherwerbstheoretischer Sicht Bezüge zu klanglichen und rhythmischen Aspekten relevant. Wahrnehmungstheoretische und psycholinguistische Erkenntnisse legen nahe, dass Musik auf vielfältige Weise <?page no="18"?> 19 1 Audio literacy - (Zu)hören zwischen Sprache und Musik den Fremdsprachenunterricht bereichern kann. Langsame Instrumentalsätze, z. B. aus der Wiener Klassik, können einen emotional entspannten Zustand schaffen, der die Aufnahme von Texten intonatorisch und rhythmisch begünstigt (vgl. Quast 199). Wie Badstübner-Kizik betont, ist die Herabsetzung des psychophysischen Erregungsniveaus durch Musik eines der wesentlichen Ziele, das im Rahmen suggestopädischer Ansätze für das Fremsprachenlernen nutzbar gemacht werden kann (Badstübner-Kizik 2005: 40). Das Potenzial klassischer Instrumentalmusik für einen schüleraktivierenden und handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht wird dabei aber noch gemeinhin unterschätzt. Fremdsprachendidaktische Entwicklungen lassen vermuten, dass das Konzept der audio literacy (vgl. Blell 200, 2007, Lütge 2010) im Rahmen kulturdidaktisch orientierter intermedialer Ansätze eine zunehmend wichtigere Rolle spielen wird. Die besonders in der Deutschdidaktik starke Tradition einer Verbindung von Medien- und ästhetischer Erziehung hat ebenfalls zu einer „Wiederentdeckung der akustischen Dimension“ (Wermke 1997: 117) für handlungsorientierte Zielsetzungen beigetragen. Im Rahmen des vieldiskutierten Konzepts der multiliteracies (Kalantzis et al. 201) findet auch der Bereich der audio literacy eine theoretisch-konzeptionelle Heimat, die weit über traditionelle Hörverstehenskompetenzen hinausweist mit einer Einbettung in die Multiliteralitäts-Pädagogik (vgl. Bach 2007: 2). Wermke postuliert die Wiederentdeckung der akustischen Dimension und bezeichnet das Hören als spezifische Form der Wirklichkeitswahrnehmung. Hören, Horchen und Lauschen gelten als Formen auditiver Aufmerksamkeit, denen gemeinsam ist, dass sie (im Unterschied zum bloßen ‚Zuhören‘) „akustische Wahrnehmungen außerhalb von Kommunikationsprozessen bezeichnen“ (Wermke 1997: 122). Die Besonderheit des Hörens für die ästhetische Erfahrung wird auch von Gadamer betont; das Hören als physiologische Voraussetzung des eigentlichen Verstehens spielt dabei eine besondere Rolle für die Hermeneutik. Dazu führt Lecke aus: „Das Hören ist gleichsam die physiologische Voraussetzung des eigentlichen Verstehens, welches wiederum ein ‚Vernehmen‘ voraussetzt, das mehr als bloßes Hören oder Zuhören ist“ (Lecke 2001: 91). Musikalisch-ästhetische Erfahrung ist nach Vogt eine responsive Erfahrung, die immer als „antwortendes Hören“ zu begreifen ist (vgl. Lecke 2001: 91). Gerade die scheinbar allgegenwärtigen ‚Klangteppiche‘, denen man in verschiedenen Kontexten ausgesetzt ist und die Lernenden in Youtube-Videos oder in der Werbung begegnen, mögen zum Ausgangspunkt für eine neue ‚Kultur des Hörens‘ genommen werden. Hier wird wiederum sehr deutlich, dass es sich beim Hören keinesfalls um ein passives Erlebnis handelt, was im Kontext von audio literacy im Fremdsprachenunterricht zunehmend betont wird (vgl. Blell 200, Lütge 2009). Nicht nur dem Sehbzw. Hör-Seh-Verstehen, sondern verstärkt auch-- wieder-- dem Hörverstehen und seinen Vorstufen des (Zu)Hörens, Lauschens und Horchens (vgl. Wermke 2001) wird dabei Beachtung geschenkt. Die Wahrnehmung der Verarbeitung musikalischer Eindrücke als aktiver Prozess im Kontext des Sprachenlernens ist vor dem Hintergrund kompetenzorientierter Ansätze von besonderer Bedeutung. <?page no="19"?> 20 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies 2 Zusammenhänge bei der Verarbeitung von Musik und Sprache Schon Charles Darwin trieb die Frage nach den Parallelen zwischen Sprache und Musik um, wie in seinem Werk The Descent of Man and Selection in Relation to Sex deutlich wird: „We may-[…] believe that musical sounds afforded one of the bases for the development of language”. (1874: 572) Bis heute wird diese Thematik in der Evolutionsforschung kontrovers diskutiert. Es ist davon auszugehen, dass Musik und Sprache sich aus einem gemeinsamen referentiell-emotiven Vorläufer entwickelten (Brown 2000). Während Sprache sich nun überwiegend auf referentielle-inhaltliche Bedeutungen konzentriert, steht bei Musik eher die Vermittlung von Emotionen im Vordergrund. Die Beziehungen zwischen diesen beiden Formen der Kommunikation werden mithilfe neuester Technologien vor allem in den Neurowissenschaften sukzessive erforscht. Grant (2012) macht in diesem Kontext deutlich, dass es für die Betrachtung von Musik und Sprache auf der neuronalen Ebene, d. h. auf der Ebene der Verarbeitung im Gehirn, unabdingbar ist, zwischen den verschiedenen Subkategorien der beiden Begriffe zu differenzieren. Musik kann demnach in Melodie, Harmonie und Rhythmus unterteilt werden; Sprache hingegen wird mithilfe der Kategorien Phonetik und Phonologie, Morphologie, Semantik und Syntax näher beschrieben. In einigen dieser Subkategorien operieren Sprache und Musik in unterschiedlichen neuronalen Netzen, in anderen nutzen sie ein gemeinsames System (vgl. Grant 2012: 428). Beispiele für die Notwendigkeit dieser Differenzierungen finden sich bei Besson und Schön (2001), die die Zusammenhänge zwischen Semantik und Melodie untersuchen. Dabei vergleichen sie die Hirnaktivitäten der Probanden in zwei Szenarien: Zunächst hören diese einen Satz, bei dem das letzte Wort zwar in grammatikalischer Hinsicht, nicht aber in semantischer passend ist. Die dabei zu beobachtende Hirnaktivität vergleichen die Wissenschaftler dann mit den Aktivitäten, die im Gehirn ablaufen, wenn die Probanden eine Melodie mit einer abweichenden Note hören. Besson und Schön können dabei gravierende Unterschiede zeigen und machen auf diese Weise deutlich, dass Wortbedeutung und Melodie in unterschiedlichen neuronalen Netzen verarbeitet werden (vgl. 2001: 241 f.). In einem weiteren Experiment widmen sich Besson und Schön den zeitlichen Aspekten von Musik und Sprache. Dazu spielen sie den Probanden nacheinander Aufnahmen von Sätzen und Musik vor, bei denen jeweils ein Wort oder eine Note zeitlich verzögert ertönt. Dabei messen sie Aktivitäten in denselben Hirnarealen und zeigen somit, dass zeitliche Verstöße sowohl bei musikalischem als auch bei sprachlichem Input in gemeinsamen neuronalen Netzen verarbeiten werden (vgl. Besson / Schön 2001: 253-254). Die Erkenntnis, dass Sprache und Musik mitunter in gemeinsamen nervlichen Systemen verarbeitet werden, ist insbesondere im Kontext von Spracherwerbs- und fremdsprachendidaktischer Forschung von großem Interesse. Sie ist Ausgangspunkt für eine Vielzahl von weiterführenden Studien zu den Einflüssen von Musik auf den Sprachlernprozess. Dabei ist jedoch eine wichtige Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen musikalischen Inputs zu treffen, denn wie-- Kang und Williamson konstatieren: „music has the potential to both hinder and help performance on a secondary task by acting as a disruptive or stimulating agent” (2014: 729). Musik ist also nicht gleich Musik-- es ist vielmehr so, dass insbesondere <?page no="20"?> 21 2 Zusammenhänge bei der Verarbeitung von Musik und Sprache das gleichzeitige Hören komplexer musikalischer Stücke eher vom Lernprozess ablenkt und kognitive Ressourcen in Anspruch nimmt, die der Lerner für das Erfüllen der eigentlichen Aufgabe benötigt. Stimulierende Musik hingegen hat das Potenzial, die Lernleistung zu fördern. Dieser Effekt wird vor allem musikalischem Input zugesprochen, der sich positiv auf die Stimmung und psychophysiologische Prozesse auswirkt (vgl. Kang / Williamson 2014). Ähnlich verhält es sich bei der Auswirkung von Musik auf die Leistung des Gedächtnisses. Auch hier scheint die Art der Musik ausschlaggebend dafür, ob sich ein positiver oder negativer Effekt auf das Gedächtnis einstellt. So konnte Wilcox (1995) in einem Experiment zeigen, dass der Einsatz von Musik Fremdsprachenlernenden dabei hilft, sich an die Aussprache in der Zielsprache zu erinnern. Die Kombination des fremdsprachlichen Inputs mit einer Melodie erleichtert somit den Abruf der Satzmelodie. Jäncke und Sandman (2010) können indes in ihrer Studie keinen positiven Einfluss von Musik auf die Gedächtnisleistung nachweisen. Eine mögliche Erklärung für diese Resultate ist die Verwendung von den Probanden unbekannter, „slightly more distracting out-of-tune music“ (Jäncke / Sandmann 2010: 10). Auch hier wird einmal mehr deutlich, welch wichtige Rolle die Art des musikalischen Inputs spielt. Die Erkenntnisse zur neuronalen Verarbeitung von Musik und Sprache haben ein besonderes Interesse an den Auswirkungen von musikalischer Ausbildung auf Sprachlern- und -erwerbsprozesse nach sich gezogen. Zeromskaite (2014) zufolge schult musikalische Expertise das auditive System nicht nur in Bezug auf Musiksondern auch auf Sprachverarbeitung. Gleichzeitig werden die damit verbundenen kognitiven und neuronalen Systeme trainiert. Musikalische Fähigkeiten wirken sich außerdem förderlich auf die Ausbildung und Funktionsweise neurophysiologischer Mechanismen aus, die zur Verarbeitung der Syntax dienen (Jentschke / Koelsch 2009). In Bezug auf fremdsprachliche Sprachlernprozesse findet sich eine Vielzahl von Studien zum Einfluss musikalischer Fähigkeiten auf die verschiedenen Teilaspekte der Sprachkompetenz. Besondere Beachtung erfahren dabei phonologische Prozesse. So wurde beispielsweise gezeigt, dass Erwachsene mit musikalischer Bildung besser lexikalische tonale Variationen in einer Fremdsprache erkennen können als Erwachsene ohne musikalische Expertise (vgl. Zeromskaite 2014: 79). Auch in Bezug auf die Verarbeitung der Dauer von Phonemen und auf die Sprachsegmentation zeigen musikalische Fähigkeiten einen förderlichen Effekt auf die Fremdsprachenkompetenz. Marie et al. (2011) weisen in einer Studie nach, dass Fremdsprachenlernende mit musikalischem Training leichter segmentale und klangliche Unterscheidungen und Kategorisierungen vornehmen können. Überdies haben musikalische Vorerfahrungen auch einen positiven Einfluss auf die Aussprache. In einer Studie mit Spanischlernenden können Posedel et al. (2011) zeigen, dass deren Fähigkeiten, die Tonhöhe zu bestimmen, direkt mit der Qualität ihrer spanischen Aussprache korrelieren. Schließlich lassen sich auch positive Wechselbeziehungen zwischen musikalischem Training und der Lesekompetenz in der Fremdsprache herstellen (Strait et al. 2011). Von großer Relevanz im Kontext des Fremdsprachenlernens mit Musik ist ferner eine Studie von Ludke et al. (2014) zum Wortschatzerwerb. Darin untersuchen sie mithilfe eines „randomized, controlled, experimental design“ (51), auf welche Weise kurze Phrasen in einer den Probanden gänzlich unbekannten Fremdsprache (hier: Ungarisch) besser memorisiert werden können. Die Teilnehmenden werden dabei in drei Gruppen geteilt: der ersten Gruppe <?page no="21"?> 22 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies werden die Phrasen gesprochen präsentiert, für die zweite Gruppe werden sie rhythmisch gesprochen und für die dritte Gruppe gesungen. Die Analyse der Tests zur Überprüfung der Lernleistung zeigt, dass die gesungene Darbietung der ungarischen Phrasen die besten Resultate erzielt (vgl. Ludke et al. 2014: 47-49). Die Wissenschaftler vermuten, dass die Tonstruktur als zusätzliche Unterstützung beim Abrufen der neuen Phrasen dient. Melodische Strukturen scheinen dabei einen größeren Effekt zu haben als rhythmische Strukturen. Vor allem zu Beginn des Erlernens einer neuen Fremdsprache sprechen Ludke et al. der Musik eine besondere Rolle zu, da sie bei der Segmentierung der Töne in individuelle Wörter helfen könne (vgl. 50). Die Studie zeigt darüber hinaus, dass sich das Erlernen neuer Phrasen in gesungener Form auch förderlich auf die fremdsprachliche Sprechkompetenz auswirkt. Die Probanden der dritten Gruppe zeigen in diesem Bereich ebenfalls signifikant bessere Ergebnisse als die der beiden anderen Gruppen (ibid.). Schließlich sind auch die „psychohygienische[n] und emotionale[n] Funktionen vom Musik“ (Blell 200: 114) für den (fremdsprachlichen) Lernprozess erwähnenswert. Benenzon (1997) macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass Musik sich auf den Blutdruck, den Puls, die Körperhaltung und die Atemfrequenz auswirkt und somit die Aufmerksamkeit und die Leistung eines Lerners beeinflussen kann. Erneut ist dabei die Art der Musik entscheidend: Während langsamere, melodische Musik beruhigend und lernfördernd wirkt, dient dynamische, rhythmische Musik der Aktivierung der Lernenden (vgl. Blell 200: 114). Des Weiteren zeigen Fonseca-Mora et al. (2011), dass Musik sich auch eignet, um die Lernbereitschaft zu fördern. Zudem weist Engh (2013) auf die soziale Dimension der Musik hin. Die gemeinsame Rezeption und Produktion von Musik im Unterricht stärke das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammenarbeit der Lernenden. Hier sei ein kritischer Blick auf die Schlussfolgerungen aus den genannten Studien erlaubt: Aus der Vielzahl der Untersuchungen zu dieser Thematik sollte, insbesondere wenn quasiexperimentelle Designs zugrunde gelegt werden, nicht abgeleitet werden, dass die gleiche Musik den identischen Effekt auf unterschiedliche Lernende hat. Individuelle Wirkfaktoren werden in der Regel nicht berücksichtigt. Die Einzigartigkeit musikalischer Eindrücke hebt auch Blell hervor, wenn sie schreibt: „aufgrund nicht festlegbarer konnotativer Bedeutung von musikalischen Abläufen-[…] verbindet sich die Musikrezeption auch mit sehr subjektiven emotionalen Erfahrungen, die wiederum ganz individuelle sprachbezogene Informationsverarbeitungsprozesse stimulieren“ (200: 114). Wie so oft im Fremdsprachenunterricht ist also auch beim Einsatz von Musik auf die individuellen Eigenschaften und Präferenzen der Lernenden Rücksicht zu nehmen, um mit dem gewählten musikalischen Input die intendierten Lehr- und Lernziele zu erreichen. 3 Musik im multimodalen Fremdsprachenunterricht Wie bereits eingangs erwähnt, ist es anzuraten, Musik als gleichberechtigtes Bedeutung tragendes Element im multimodalen mutter- und fremdsprachlichen Diskurs zu betrachten. Mit der voranschreitenden Digitalisierung und Globalisierung verändert sich auch die Art und Weise der Kommunikation. Bedeutungen werden nicht mehr in erster Linie durch <?page no="22"?> 23 3 Musik im multimodalen Fremdsprachenunterricht Schrift vermittelt. Austausch mithilfe von geschriebenen Worten wird zunehmend ergänzt oder gar ersetzt durch „[…] other ways of crossing time and distance, such as recording and transmissions of oral, visual, audio, gestural and other patterns of meaning“ (Kalantzis / Cope 2012: 2). Daraus folgern Kalantzis und Cope die Notwendigkeit den Begriff der Literalität zu erweitern. Es reiche nicht mehr aus, lediglich die schriftliche Verständigung zu beherrschen. Multimodale Kommunikation müsse gelehrt und gelernt werden, um eine kompetente Nutzung der zeitgenössischen Medien zu ermöglichen (vgl. Kalantzis / Cope 2012: 2). Auch die Kontexte, in denen Menschen miteinander kommunizieren, gewännen an Komplexität. Aufgrund der voranschreitenden globalen Vernetzung würden sie sprachlich und kulturell diverser (vgl. Kalantzis / Cope 2000: ). All diese Herausforderungen verlangten es, das herkömmliche Lehren und Lernen von Literalität zu überdenken, zu erweitern und das Aushandeln einer Vielzahl verschiedener Diskurse und Modi darin einzuschließen (vgl. The New London Group 199: 1). Wird dabei die Ausbildung von audio literacy als Teil eines weiten Kommunikations- und Sprachlernansatzes (vgl. Blell 200: 113) verstanden, so wird die Dringlichkeit der Auseinandersetzung mit Musik auch in den sprachlichen Fächern deutlich. Nur durch die Einbeziehung dieses semiotischen Codes im Unterricht erhalten die Lernenden die Möglichkeit, „[…]- to incorporate their varied meaning-making practices from home, popular culture, technology, sports and culture into-[…] the classroom“ (Tremblay-Beaton 2015: 2579). Diese Notwendigkeit macht auch Blell deutlich, wenn sie „[…]-die für den Einsatz von Musik wichtige kulturelle, materiell-mediale und auch mehrsprachigkeitsorientierte Verankerung im Fremdsprachenunterricht“ (Blell 2010: 12 f.) fordert. Um die audio literacy in all ihren Facetten zu schulen, reicht es nicht aus, gelegentlich einen Popsong in die Unterrichtsplanung zu integrieren. McKerrell und Way machen deutlich, dass Musik Bedeutung auf sehr komplexe Weise vermittelt, da es sich um ein Zusammenspiel von Rhythmus, Tonhöhe, Instrumentierung, Tonalität, Melodie sowie gegebenenfalls deren Wechselwirkungen mit dem Liedtext und weiteren interagierenden semiotischen Modi handele (vgl. 2017: 8). All diese Teilaspekte von Musik bedürfen der Thematisierung im Unterricht; Barton und Unsworth unterstreichen dies, wenn sie schreiben: […] not only will children need to understand the interpretive possibilities of language and image in literary meaning but it is also important that they are able to value the place and impact that sound and music has in this meaning. Having an awareness and understanding of a variety of tonal, rhythmic, expressive and timbral features- […] is important in being able to optimally appreciate multimodal texts involving sound and music. (2014: 13) Die Lernenden sollen also die verschiedenen Bestandteile von Musik kennenlernen und ein Verständnis dafür entwickeln, wie diese die Bedeutung eines multimodalen Texts im weitesten Sinne beeinflussen. Ein Beispiel für die Thematisierung der vielschichtigen Bedeutungskonstitution durch Musik im Unterricht findet sich bei Barton und Unsworth. Sie zeigen dieses im Klassenzimmer mithilfe des Bilderbuchs The Lost Thing von Shaun Tan sowie dem darauf basierenden Animationsfilm. Ein essentieller Unterschied zwischen diesen beiden Medien ist die Einbindung der Musik in letzterem. Somit eignet sich eine vergleichende Analyse der beiden <?page no="23"?> 24 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies multimodalen Texte in außerordentlichem Maße, um die besonderen Merkmale der Musik herauszustellen. Barton und Unsworth weisen jedoch auf ein Forschungsdesiderat hin, denn es sei nicht ausreichend belegt, […] what kind of knowledge about music will be needed to optimise the effectiveness of students’ multimodal literacies development, and how the development of metasemiotic understanding more broadly, can be accommodated within our conceptualisations of multimodal literacy learning and teaching. (2014: 14) Auch wenn die Thematisierung von Musik als bedeutungstragendes Element multimodaler Kommunikation im Unterricht noch nicht erschöpfend untersucht ist, so wird bereits heute klar, dass Musik in Zeiten multimodaler Diskurse eine essentielle Rolle spielt und folglich auch in den sprachlichen Fächern einen Platz im Curriculum verdient. Denn nur, wenn die verschiedenen literacies, also auch audio literacy in all ihren Facetten, gefördert werden, bereitet der mutter- und fremdsprachliche Unterricht die Lernenden ausreichend auf die Herausforderungen der Kommunikation im 21. Jahrhundert vor. 4 Förderung von audio literacy im kompetenzorientierten fremdsprachlichen Unterricht Klassische Übungen zum Hörverstehen stellen in der Regel die Informationsentnahme aus Tonaufnahmen in den Mittelpunkt. Wird Hörverstehen jedoch im Kontext des Multiliteracies- Ansatzes verstanden, so ergibt sich daraus ein vielschichtigeres Verständnis des Begriffs. Blell (2017: 8) differenziert dabei die folgenden Teilkompetenzen: ▶ Sensibilität für Hörkontexte aller Art (Sprache, Musik, Klang); ▶ Bereitschaft und Fähigkeit, Nichtverstehen von Gehörtem auszuhalten und in erhöhte Aufmerksamkeit umzuwandeln; ▶ Fähigkeit, andere Hörweisen und Interpretationen auszuhalten und eigene Wertungen hinauszuzögern oder gar auszusetzen; ▶ Fähigkeit zur ‚Lücke‘ bzw. kontextuell angepasstem Einsatz von sprachlichen, para- und nichtsprachlichen Mitteln zum Ausgleich von ‚Hörlücken‘ (nonverbale Kommunikation); ▶ Fähigkeit, Gehörtes in kulturellen Bedeutungsstrukturen kritisch zu interpretieren und anzuwenden. Um diese verschiedenen Facetten von audio literacy in den kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht zu integrieren, schlägt Lütge vor, die aktivierende Wirkung von Klangwelten für fremdsprachliche Inszenierungen nutzbar zu machen (2010: 102). Sie plädiert also dafür, Synergien zwischen der Förderung von audio literacy und performativer Kompetenz herzustellen. Diese Verbindungen identifiziert sie auf drei Ebenen. Zunächst kann Musik eine „aktivierende und kommunikationsfördernde Atmosphäre“ (Lütge 2010: 102) schaffen, die sich förderlich auf die Gruppendynamik einer Lerngemeinschaft auswirken kann. Auch „multisensorische/ mehrkanalige Sprachlernerfahrungen“ (ibid.) können mithilfe von Musik erreicht werden. Eine Illustration dieser Überlegungen findet sich bei von Blanckenburg <?page no="24"?> 25 4 Förderung von audio literacy im kompetenzorientierten fremdsprachlichen Unterricht (2018). Er beschreibt, wie Body Percussion im Fremdsprachenunterricht zur Aktivierung der Lernenden und zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb der Lerngruppe genutzt werden kann. Zudem macht er deutlich, dass durch das gemeinsame Intonieren eines rhythmischen Musters auch dessen Wirkung und die erzeugte Stimmung erlebbar gemacht werden. Auch die Nutzbarmachung von Musik für ästhetische und interkulturelle Sprech- und Spielanlässe spielt eine wichtige Rolle im kompetenzorientierten Englischunterricht. Lütge (2010: 102) argumentiert für die Förderung von interkultureller kommunikativer Kompetenz mithilfe intermedialer Wechsel zwischen Musik, Schrift und Bildkunst, welche durch Verbalisierung zur kritischen Auseinandersetzung mit dem ästhetischen Empfinden führen können (2010: 103). Lütges Ausführungen stehen im Einklang mit Hallets Forderung nach einem Unterricht, der „die große Zahl der Darstellungs- und Symbolisierungsformen wider[spiegelt], die an der Herausbildung kultureller Vorstellungen, Deutungsmuster und Handlungsweisen beteiligt sind“ (201: 41). Dazu zählen nicht zuletzt auch musikalische Darstellungsformen. Musikalische Stimmungen in Bewegungen übersetzen Musikalische Höreindrücke visualisieren und fremdsprachlich kommunizieren Musikalische Formen fremdsprachlich inszenieren Abb. 1: Stufenmodell zur Handlungsorientierung durch musikalische Hörerfahrung (nach Lütge 2010) Für die Annäherung an einen handlungsorientierten Ansatz zur Förderung von audio literacy schlägt Lütge ein Vorgehen in drei Phasen vor, welche zunehmend komplexeres und autonomeres fremdsprachliches Handeln der Lernenden erfordern (vgl. Abb. 1). Im ersten Schritt stehen ganzheitliche Aktivitäten im Vordergrund, die die Lernenden animieren, sich zur Musik zu bewegen. Diese können zunächst nonverbal ablaufen, später aber auch fremdsprachliche Kommunikation umfassen. Gut eignet sich hier die von von Blanckenburg (2018) beschriebene Methode der Room Walks: Dabei wird ein Musikstück gespielt und die Lernenden sind aufgefordert, sich auf eine Weise durch den Raum zu bewegen, die ihnen zur Musik passend erscheint. Auf diese Weise werden die Lernenden zu einer ersten Interpretation des Stückes animiert. In einer sich anschließenden Reflexion können dann die für die individuellen Auslegungen bedeutsamen Elemente und Muster gemeinsam identifiziert werden. <?page no="25"?> 26 Zur Rolle von Musik im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht - audio literacy als Teil von multiliteracies Im zweiten Schritt von Lütges (2010) Stufenmodell entwerfen die Lernenden inspiriert von musikalischen Eindrücken Szenarien. Dabei sind verschiedene Herangehensweisen denkbar. So können die Lernenden ihre Impressionen zeichnerisch, pantomisch oder sprachlich festhalten. Die Lehrkraft kann diese Prozesse mithilfe von leitenden Fragen während des Musikhörens anregen. Weitaus mehr Herausforderungen stellt die dritte Phase der Handlungsorientierung durch musikalische Hörerfahrung dar. Um eine umfangreichere Inszenierung ausgehend von einem Musikstück zu gestalten, ist es unabdingbar, den plot in kleineren Schritten anzubahnen und zu entwickeln. Besonders gut geeignet sind hier Musikstücke, die sich in verschiedene thematische Einheiten gliedern lassen und folglich Raum für Sprech- und Spielanlässe und Interpretationen durch die Lernenden bieten (vgl. Lütge 2010: 104 f.). Während Musik i. d. R. primär als ein möglicher Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts verstanden wird, finden sich in letzter Zeit vermehrt Ansätze, die noch einen Schritt weiter gehen und die Synergien der beiden Fächer im Rahmen eines bilingualen Musikunterrichts nutzen möchten. So fordert Helms (2004) die Förderung einer medien- und themenübergreifenden kommunikativen Kompetenz. Laut Blell (2017a: 20) muss diese auch beinhalten, dass „Lernende sich von einer musikalischen Mitteilung emotional und kognitiv angesprochen fühlen und mit einer kommunikativen Anschlusshandlung darauf reagieren“. Abermals wird deutlich: Erst wenn Lernende mit den verschiedenen semiotischen Modi, also auch musikalisch vermittelter Bedeutung, souverän umgehen können, sind sie kommunikativ kompetente (Fremdsprachen-)Lerner. 5 Schlusswort In den „Hoch-Zeiten des ‚Cross-Over‘ der Medien und Künste“ (Blell 2007: 311) sind sogenannte Grenzüberschreitungen zwischen Literatur und Musik nicht ungewöhnlich. Medienkombinationen und -verschränkungen, der Blick auf musikoliterarische Texte und musikalisierte Narrationen gewinnen im Rahmen einer intermedialen Literatur- und Kulturdidaktik an Bedeutung. Aus der Perspektive des Multiliteracies-Ansatzes lässt sich die Bedeutung der audio literacy in einen größeren Zusammenhang von Medienkompetenz und Multilingualität stellen. Die Bedeutung der akustischen Dimension für das Fremdsprachenlernen wird im Rahmen empirischer Medienrezeptionsforschung allerdings weiter zu untersuchen sein. Da in jüngster Zeit der Kompetenz des Hörverstehens wieder stärkeres Gewicht eingeräumt sowie eine Betonung der-- ästhetischen-- Bildung auch für den Fremdsprachenunterricht dezidiert eingefordert wird, bietet sich der Einbezug von (Instrumental-) Musik in den Fremdsprachenunterricht an. Insbesondere affektive und imaginative Aspekte spielen eine große Rolle. Mindestens genauso wie beim Lesen von Literatur führt das Hören von Musik zu individuellen Erfahrungen, denn „no two people will hear a piece of music in quite the same way“ (Cranmer / Laroy 1992: 2). Analog zum reader-response ließe sich somit von einem Konzept des listener-response ausgehen. Eine solche Perspektive kann das handlungsorientierte Potenzial von Musik im Fremdsprachenunterricht besonders betonen, denn die individuell sehr unterschiedlichen imaginativen Momente, Emotionen und Leerstellen <?page no="26"?> 27 5 Schlusswort beim Hören von Musik können auf produktive Weise dazu beitragen, dass Erfahrungen mit Differenz gemacht werden, wie Cranmer und Laroy (1992: 2) ausführen: The fact that different people perceive the same music in different ways is crucially important-[…], but equally so is the need people have to tell others and find out from others what they have heard-- what we might call a ‘curiosity gap’ has been created. Now this curiosity gap goes a great deal further than the ‘information gap’ or ‘opinion gap’ that much so-called ‘communicative’ teaching aims to produce, for all too often in these ‘communicative’ lessons there is absolutely no reason to exchange information or opinions other than that the teacher says so. Ein weiterer Punkt scheint uns hervorhebenswert. Die Lehrkraft besitzt im Fremdsprachenunterricht in der Regel nicht automatisch die Deutungshoheit über die verwendeten Musikstücke. Das ist von großer Bedeutung, wenn es darum geht, emotional-engagiert, kreativ und vor allem aktiv in einem handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht zu agieren. Hier scheint Musik eine besondere Rolle spielen zu können. Und so mag man mit Grant (2012: 433) zu einer Schlussfolgerung gelangen, die das ganze Potenzial von Musik für das Fremdsprachenlernen treffend zusammenfasst: When we give music the same credence as any other subject, we will then be able to harness its full potential as a powerful tool for improving language learning as well as cultural competence. It is our duty and our privilege to do everything we can to enable the rising generation to not only speak to others in another language, but to truly communicate with others in our increasingly global community. <?page no="28"?> 29 1 Einleitung - Musik als ‚naturalisiertes‘ kulturelles Phänomen Musik und interkulturelles Lernen Laurenz Volkmann Abstract Die Rolle der Musik wurde bisher bei Theorien, Konzepten und Praxisüberlegungen zum interkulturellen Lernen kaum beachtet - dabei können musikalischer Geschmack, musikalische Traditionen und Praktiken entscheidende Prägefaktoren interkultureller Begegnungssituationen sein. Dieses Kapitel stellt den Bereich der Musik als wichtiges interkulturelles Phönomen vor, nennt und analysiert idealtypische Beispiele und entwickelt grundsätzliche Überlegungen zur Dynamik von musikbestimmten interkulturellen Verstehens- und Kommunikationsprozessen. Diese münden in ein auf den Fremdsprachenunterricht ausgerichtetes mehrschichtiges Kompetenzmodell zum Einsatz von Musik, illustriert an mehreren praxisnahen Beispielen. 1 Einleitung - Musik als ‚naturalisiertes‘ kulturelles Phänomen Ziel dieses Beitrags ist es, das Potenzial von Musik beim interkulturellen Lernen bzw. beim Erwerb interkultureller Kompetenz aufzuzeigen. Dabei ist zunächst eine höchst erstaunliche Feststellung zu treffen. In den drei relevanten wissenschaftlichen Disziplinen ist das Thema der Bedeutung von Musik im Kontext von Interkulturalität bisher im Grunde nur am Rande behandelt worden. Die Fremdsprachendidaktik hat zwar ausführlich beschrieben, wie Musik „in vielfältiger Weise für Sprachlernzwecke genutzt“ werden kann (Blell / Hellwig 199a: 7). Sie bietet Anregungen vom Singen oder Anhören von Liedern über gap-filling activities bis zur Arbeit mit Songs für die Grammatikarbeit oder Musik „als Form und Auslöser von Kommunikationsprozessen“ (Quast 199: 110). Ausführungen zu ihrem Potenzial beim interkulturellen Lernen beschränken sich aber in der Regel auf Hinweise zu Songs und Musikvideos mit zielkulturell relevanten Themen. Auch die Musikdidaktik hat zwar früh das Thema „Interkulturelle Musikerziehung“ (Ulrich 1997) aufgegriffen und weiter ausgeführt, ohne allerdings wesentliche interkulturelle Aspekte und Dimensionen von Musik im Rahmen des Paradigmas der ästhetischen Bildung als „tätige Auseinandersetzung und Aneignung von Musik“ (Spychiger 2010: 115) systematisierend aufzubereiten. Die Disziplin der Interkulturellen (Wirtschafts-) Kommunikation schließlich hat das Thema der Bedeutung von Musik in interkulturellen Kommunikationsprozessen bisher weder theoretisch noch praxisbezogen als bedeutsam erkannt (vgl. z. B. Gibson 2000, Weidemann et al. 2010). Es lässt sich mutmaßen, dass sich dieses Forschungs- und Aufmerksamkeitsdefizit direkt auf das Wesen der Musik selbst zurückführen lässt-- auf den Prozess „dieses sprachlose[n] [Verstehens], das sich zwischen der Musik und dem Menschen herstellt von selbst“ (Eggebrecht 2000: 718). Anders ausgedrückt: Die sinnliche Präsenz der Musik im-- auch interkulturellen-- Lebensalltag widersetzt sich einerseits einer kalt sezierenden wissenschaftlichen Analyse und Verortung innerhalb der Schemata interkultureller Kompetenz. Andererseits ist die Musik, um es mit dem Diskursanalytiker Foucault (1991) auszudrücken, ein ‚naturali- <?page no="29"?> 30 Musik und interkulturelles Lernen sierter‘ Diskurs, dessen ganzheitliche Wirksamkeit im Grunde unhinterfragt angenommen und verinnerlicht ist. Um erneut die Worte des Musiktheoretikers Eggebrecht zu gebrauchen: Die ästhetische Erfahrung der Rezeption von Musik findet primär in „unbewußten Lernprozessen“ (ibid.), als „sinnliches Verstehen“ (ibid: 722) statt. Dass es bei der Musik und der Erfahrung mit Musik in interkulturellen Kontexten jedoch nicht allein um Fragen der ästhetischen Bildung oder kommunikativen Kompetenz geht, sollen am Anfang dieses Beitrags sieben critical incidents illustrieren. Die hier durch musikalische Begegnungen ausgelösten interkulturellen Irritationen (vgl. Volkmann 2010: 181-183) mögen einerseits die Bandbreite des Themas Musik und interkulturelles Lernen aufzeigen. Zugleich werfen sie Fragen nach den hinter ihnen stehenden Dimensionen von Kultur auf und betonen die Notwendigkeit der Berücksichtigung des Themas Musik beim interkulturellen Lernen. Die sieben realitätsnahen Beispiele werden zunächst knapp beschrieben. Die Leserin oder der Leser dieses Beitrags sei zu Überlegungen angeregt, warum jeweils Momente der Irritation bzw. des Missverständnisses entstehen. Die Beispiele, wie auch weitere illustrative Ausführungen im Text, werden vor allem aus dem englischsprachigen Kulturraum sowie für die Disziplin Deutsch als Fremdsprache ausgewählt. Einige knappe deutende Hinweise folgen der Darstellung der Beispiele. Sieben mit Musik verbundene critical incidents 1. Eine deutsche Austauschschülerin wohnt einem Football-Spiel der Highschool-Mannschaft ihrer Gastschule in den USA bei. Sie ist aufs Höchste irritiert, als vor Beginn des Spiels sämtliche Zuschauer voller Inbrunst die amerikanische Nationalhymne intonieren, dabei strammstehen und sich die Hand aufs Herz legen. Wie soll sie sich verhalten? 2. Wie viele seiner Landsleute angezogen von günstigen Flugpreisen und billigem Bier sowie der besonderen Atmosphäre, besucht ein Brite gerne Fußballspiele im Westfalenstadion (Iduna-Park). Dabei wundert er sich vor dem Anstoß eines Bundesligaspiels, warum alle Fans von Borussia Dortmund lauthals „You never walk alone“ intonieren. Ist dieses Lied nicht eigentlich die Stadionhymne des FC Liverpool und hatte ursprünglich überhaupt nichts mit Fußball zu tun? 3. Eine engagierte Englischlehrerin möchte ihre Schülerinnen und Schüler für das Lesen einer Kurzgeschichte Edgar Allan Poes motivieren und setzt auf das Abspielen eines Songs des Konzeptalbums Tales of Mistery and Imagination der Gruppe The Allan Parson’s Project (1976). Die Schülerinnen und Schüler sind allerdings wenig begeistert von der rockigen Version eines literarischen Klassikers. 4. Eine argentinische Austauschschülerin erzählt ihrer Deutschlehrerin, dass sie ihre ersten Sprachlernerfahrungen unter anderem mit dem Lied „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ von Heino hatte. Gerne würde sie weitere deutsche Volkslieder im Unterricht hören. Die Lehrerin zeigt sich deutlich irritiert. 5. Ein deutscher Austauschschüler hört im Radio das fetzige Lied „Whistle“ von Flo Rida („Can you blow my whistle baby, whistle baby“) und summt dieses nun gerne im Haus seiner Gastfamilie. Erst nach einigen Tagen macht ihn seine Gastmutter darauf aufmerksam, dass dieses Lied sich doch wohl eindeutig auf sexuelle Praktiken beziehe und er doch eher ein deutsches Heimatlied summen sollte. Er googelt die Bedeutung des Textes nach und erkennt, um welche eindeutig zweideutigen Inhalte es in dem Lied geht. <?page no="30"?> 31 1 Einleitung - Musik als ‚naturalisiertes‘ kulturelles Phänomen Hier nun einige Hinweise zur Deutung der interkulturellen Irritationen: 6. Im Jahr nach dem Abitur zieht ein deutsches Paar als Rucksackreisende durch Indien. In den Überlandbussen spielt grundsätzlich laut scheppernde Hindi-Musik, die vor allem nachts als erhebliche Lärmbelästigung wirkt. Die deutschen Reisenden überlegen, ob sie sich beschweren sollen. 7. Auf einer Reise durch Georgia führt die Route durch Germantown, einer Disneyland-Version eines deutschen Alpendorfes. Im Hamburger-Restaurant wird lautstarke Blasmusik von einer Trachtenband gespielt und amerikanische Touristen springen auf der Tanzfläche umher. Die deutschen Touristen sind irritiert ob der Tatsache, dass kein einziger ‚echter Deutscher‘ unter den Feiernden ist. 1. Musik trägt bekanntlich Emotionen, und hier sind es nationale Gefühle, die von unterschiedlichen Nationen und deren Angehörigen unterschiedlich tief und stark empfunden und ausgedrückt werden. Der offene Ausdruck von Patriotismus (nicht nur) bei öffentlichen Veranstaltungen stößt hier auf eine differente Haltung gegenüber der öffentlichen Demonstration von Nationalstolz. Es stellt sich die Frage, ob eine momentane kulturelle Assimilation ratsam erscheint, oder zumindest eine neutrale körperliche Reaktion. 2. Musik ‚wandert‘ global und gehört nicht allein einer bestimmten Personengruppe oder Nation. Sie kann dabei übernommen, ‚appropriiert‘ werden, ihre Bedeutung ändern und sogar in der Bedeutung radikal verändert werden. Diese kulturellen und auch individuellen Aneignungsprozesse stellen ein besonderes Potenzial beim Fremdsprachenlernen wie beim Erwerb interkultureller Kompetenzen dar. 3. Musik bezieht sich auch auf andere Texte und gerade intermediale Aspekte geraten in der Didaktik in den Fokus des Interesses, also Musik-Wort-Verbindungen und Verarbeitungsprozesse zwischen Medien. Jedoch ist Musik auch eine Frage des persönlichen Geschmacks, der von Variablen wie Alter, Peer Group, Aktualität usw. abhängig ist. Die noch in den 1990er Jahren geradezu zum Standard der Behandlung von Kurzgeschichten Poes gehörende, als ‚didaktisches Geschenk‘ erscheinende Vertonungen von Allan Parson mit dem Einsatz von Synthesizer und Voicecorder wirken, wie Erfahrungen im Unterricht zeigen, auf die heutige Generation allerdings eher altbacken und wenig motivierend. So zeigt sich, dass die Rezeption von Musik und damit auch ihr Einsatz im Unterricht in besonderem Maße von subjektiven emotionalen Faktoren bestimmt sind. 4. Deutsche Volkslieder und Schlager werden - je nach Generation, aktuellem Zeitgeist und sozialem Kontext - höchst unterschiedlich rezipiert. Durch den Missbrauch deutschen ‚Kulturguts‘ durch die Nationalsozialisten haftet deutschem Liedgut tendenziell das Odium des Engstirnigen, Spießigen, Provinziellen oder Nationalistischen an. Bestimmte Lieder scheinen zudem rassistische oder sexistische Botschaften zu tragen. Musik spielt also eine bedeutende Rolle bei der Identitäts- und Sinnstiftung und kann sehr unterschiedlich wirken bzw. aufgenommen werden. 5. Gerade die ambivalente Sprache von Lyrik und Songtexten trägt Bedeutungen, welche von Fremdsprachenlernern nicht komplett oder falsch verstanden werden. Sie verstehen bestimmte kulturelle ‚Aufladungen‘ nicht, nicht nur solche sexuell-erotischer Art, sondern auch regionale, nationale, ethnische usw. Anspielungen und Subtexte. <?page no="31"?> 32 Musik und interkulturelles Lernen Die hier aufgezeigte Rolle der Musik in interkulturellen Szenarien soll im Folgenden in einem ersten Schritt überblicksweise konzeptuell aufbereitet werden. Es gilt dabei, den Begriff des interkulturellen Lernens mit Blick auf die Wirkung von Musik zu modellieren; dies muss geschehen mit einem Ausblick auf Definitionen von Musik als medialem sowie als interkulturell wirksamem Phänomen. Im zentralen Fokus dieses Beitrags steht dann die Frage, wie in der interkulturellen Verhandlung mit und durch Musik Bedeutung geschaffen wird und wie Individuen kulturell jeweils unterschiedlich beeinflusst sein können. Dem schließt sich ein systematisierender Überblick an zu den beim interkulturellen Lernen beachtenswerten musikalischen Phänomenen. Im letzten Teil des Beitrags werden mögliche Kompetenzfelder und Kompetenzbereiche interkulturellen Lernens mit Bezug auf Musik beschrieben und illustrativ ausgeführt. 2 Funktionen von Musik im Kontext interkulturellen Lernens Bevor wir uns der Frage annähern, inwieweit das interkulturelle Potenzial von Musik bisher erkannt, beschrieben und als verfügbar modelliert wurde, erscheinen drei Aspekte einer Definition von ,Musik‘ wichtig. Erstens ist zu konstatieren, dass die moderne Musikwissenschaft und -didaktik von einem „erweiterte[n] Musikbegriff “ (Spychiger 2010: 115) ausgeht, der Ewie U-Musik (klassische wie populäre Musik) beinhaltet und den Hörer bzw. Rezipienten fokussiert und dessen „tätige Auseinandersetzung und Aneignung von Musik“ (ibid.). Musik tritt als „Praxis, als Ausübung, besonders als Komposition in Erscheinung“, ist jedoch stets zu begreifen als „ein auf die Praxis gerichtetes Betrachten, begriffliches Erkennen und Lehren“ (Eggebrecht 2000: 13). Neben diesem Fokus auf individuellen und kollektiven Aneignungsprozessen gilt es aus interkultureller Perspektive einen zweiten Gesichtspunkt zu betonen-- die musikgeschichtlich enge Verbindung von Tonkunst mit Sprache und Tanz (Michels 2001: 11). Die Musiktheorie formuliert hier etwas vergeistigt vom Wesen des „akustische[n] Material[s]“ als „Träger der geistigen Idee“ (Eggebrecht 2000: 13). Diese Formulierung verweist freilich auf die unten eingehender zu beschreibende ‚semiotische‘ Funktion von Musik als Träger von kultureller Bedeutung. Diese semiotische ‚Aufladung‘ geschieht entlang bestimmter Linien-- der von Tönen, Text und medialen, visuellen, räumlichen, haptischen, die Musikschaffenden wie die Rezipierenden betreffenden Kontexten. Darüber hinaus sind kognitive und emotionale Wirkungsphänomene zu beachten. „Das Gesamterlebnis von sinnl[icher] Wahrnehmung und geistigem Erfassen der Musik im Hörer steigert in seiner Komplexität dessen Emotion, 6. Geschmack, Lautstärke und Integration von Musik im Alltagsleben können kulturell und national sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Diese Differenzen können zu erheblichen Irritationen führen, in dem geschilderten Fall zu der Frage, inwieweit eine bestimmte musikalische Beschallung körperlich erträglich ist. 7. Erneut zeigt sich, dass Musik und die mit ihr verbundenen Gefühle und Traditionen ‚wandern‘ können und kulturell appropriiert werden. Diese Veränderungen können unter Umständen von dem Urheber musikalischer Phänomene (einzelnen Interpreten, aber auch bestimmten Kollektiven und Nationen) als unecht, falsch oder verwerflich empfunden werden. <?page no="32"?> 33 2 Funktionen von Musik im Kontext interkulturellen Lernens Fantasie und Erlebniskraft.“ (Michels 2001: 11) Auch bei analytisch-kognitiven Herangehensweisen und der im interkulturellen Lernen favorisierten Methode des kontextuellen oder historischen Einbettens von ‚Musikerfahrung‘ bleibt die konkrete ästhetische Erfahrung die „primäre Instanz“ der Wirkung von Musik (Eggebrecht 2000: 719). Das Thema Musik hat dabei im fremdsprachlichen Unterricht eine andere Schwerpunktsetzung als im Musikunterricht, auch in dessen bilingual ausgerichteten Formaten. Letzterer zielt auf ‚musikalische Kompetenz‘ gemäß folgender Definition ab: „Musikalische Kompetenz verstehen wir als aktive Auseinandersetzung mit Musik, wobei dem Gestalten von Musik besondere Bedeutung zukommt.“ (Bähr et al. 2003: 27). Auf dieses Gestalten von Musik soll im Folgenden weniger eingegangen werden, wie auch ein bisher in zahlreichen Publikationen beschriebenes ‚sekundäres‘ Auftreten von Musik weniger zu erörtern sein wird. Es sei hier allerdings verwiesen auf die didaktisch interessante Funktion von Musik in anderen Medien und in Verbindung mit anderen Medien, beispielsweise in der Literatur, im Theater oder in der bildenden Kunst (vgl. Blell / Hellwig 199, Blell / Kupetz 2010a). Bei der historischen Spurensuche nach der Rolle von Musik im Fremdsprachenunterricht fallen vor allem zwei Traditionslinien auf, welche interkulturelle Aspekte eher an den Rand des Unterrichtens drängten. Einerseits ist dies die seit der Kommunikativen Wende der 1970er Jahre prägende Betonung der alltagssprachlichen, funktionalen Fremdsprachenkenntnisse. Andererseits ist es die allerdings in den letzten zwei Jahrzehnten stark zurückgehende Ausrichtung auf hochkulturelle Phänomene der Zielkulturen, die verbunden war mit einer nachlassenden kritischen Perspektive auf die Produkte der kommerziellen Unterhaltungsindustrie (vgl. Horkheimer, Adorno 1998). So wirkt nach wie vor die Vorstellung, Popmusik sei vor allem als „Lernschrittmacher“ (Timm 1998: 178) zu verwenden. Kinderlieder, didaktisierte Songs und Raps aus Lehrbüchern, aber auch action songs erhalten vor allem Beachtung als Teil eines multisensorischen Repertoires (Sambanis 2013: 9), welches Lehrkräfte vor allem im Anfangsunterricht einsetzen. Darüber hinaus gerät die Verbindung von Sprache und Bewegung mit Musik ins didaktische Blickfeld aufgrund des Vorteils, dass einzelne Text- oder Refrainzeilen ‚nachklingen‘ und „die Festigung der Fremdsprache über die zusätzliche Stütze des Rhythmus und der Melodie-[…] erleichtern“ (Schmidt-Schönbein 1998: 119). Neben der Schulung des Hör oder Seh-Hörverstehens kann Musik insgesamt beitragen zur „Effektivierung von Spracherwerbs-, Sprachrezeptions- und Sprachproduktionsprozessen“ (Quast 199: 107) und bietet Auflockerung gegenüber traditionell „textorientierten Lernprozessen“ (Badstübner-Kizik 2007: 30). Was für Pop und Rocksongs gilt, betrifft den gesamten Bereich der Musik im Fremdsprachenunterricht: Sie sind ein authentischer und vertrauter Teil der Jugendkultur, von ihrer Musik und ihren Interpreten geht eine hohe Motivation aus und ihre Inhalte sprechen eigene Erfahrungen und Interessen der Schülerinnen und Schüler an. So setzen sie-- auch im Unterricht-- als Musikerlebnisse eine Vielzahl von Emotionen und Assoziationen frei und als Unterrichtsmedien bieten sie Gesprächs- und andere Handlungsanlässe. Damit tragen Songs einmal zur Entwicklung von Sinn- und Wertvorstellungen bei; zum anderen lösen sie sprachliche Verarbeitungs- und Lernprozesse aus-[…]. (Timm 1998: 178) <?page no="33"?> 34 Musik und interkulturelles Lernen Musik spielt demnach in einem auf Inhaltsorientierung, Lern- und Lernerorientierung, Authentizität, Ganzheitlichkeit (Total Physical Response, Suggestopädie), Aufgaben- und Handlungssowie Prozessorientierung ausgerichteten Fremdsprachenunterricht eine bedeutende Rolle (Quast 199, Badstübner-Kizik 2007, 2-31, 7-8, Blell / Kupetz 2010a, Thaler 2015). In ihrer wichtigen Studie zum Einsatz von Bildmaterialien und Musik im Fremdsprachenunterricht führt Badstübner-Kizik die einzelnen Funktionen von Musik aus und beschreibt entsprechend sprachliche, kommunikative, musikalische, textuelle und genrespezifische Dimensionen. Auch landeskundliche und interkulturelle Kompetenzen geraten in dieser Studie zum ersten Mal vertieft in den Fokus: „Bildende Kunst und Musik ermöglichen hier eine exemplarische Erfahrung von Fremdheit und Vieldeutigkeit.“ (Badstübner-Kizik 2007: 2) Sie betont besonders das „Reizpotenzial“ von Musik. Ihre Relevanz liegt dann hauptsächlich in einem Einüben von (individuell übertragbaren) Wahrnehmungs-, Aktivierungs-, Verarbeitungs- und Erschließungsstrategien, im Einüben von Geduld, Sensibilität und Empathie. Subjektive, auf einzelne Lernende individuell wirkende Reize liegen z. B. in kontroversen, mehrdeutigen, geheimnisvollen, offenen Themen und Titeln, die die jeweilige Gefühlslage der Lernenden treffen (können), oder in subjektiv ungewohnten Anforderungen an das Wahrnehmungsvermögen. (Badstübner-Kizik 2007: 28) Darüber hinaus wird betont, dass zu beachten sei, wie das jeweilige Reizpotenzial „an den jeweiligen sprachlichen und kulturellen Kontext gebunden“ sei (Badstübner-Kizik 2007: 28 f.). Bevor wir dieses Reizpotenzial genauer mit Bezug auf Kategorien des interkulturellen Lernens erörtern und damit konzeptuell verorten, gilt es eine Reihe von fünf in der Forschung zum Einsatz von Musik im Fremdsprachenunterricht präsentierten methodischen Empfehlungen knapp darzustellen. Die folgenden fünf methodologischen Prinzipien gelten auch für das interkulturelle Lernen mit Musik: 1. Behutsames Vorgehen: Musik ist und bleibt eine Frage individueller Sozialisation, Sinnstiftung und Wahrnehmung. Ein „behutsames Vorgehen“ bei der Behandlung musikalischer Themen erscheint wesentlich (Timm 1998: 179). Damit erhält der „einfühlende, emotionale Zugang eine wichtige, wenn nicht gar die entscheidende Rolle“ (Krämer 2004: 100). Da die Sinnbezüge durch die Hörer oder Rezipienten selbst geschehen und emotional eingefärbte Bedeutung individuell geschaffen wird, ist ein Vorgehen gefragt, welches individuelle Interpretationen und Herangehensweisen offen lässt. 2. Lernen als Prozess-- vom Aufnehmen zum Verstehen von Bedeutung (vgl. Krämer 2004: 101): Der erkenntnistheoretisch und -praktisch wesentliche Schritt vom Hören von Musik bzw. Rezipieren musikalischer Eindrücke hin zum Identifizieren von Strukturen, zum Verstehen und Hinterfragen von Musikrichtungen, Texten und Kontexten von Musik, also zu Einsichten in die Funktionszusammenhänge von Musik ist ein höchst komplexer Prozess. Da dieses affektive mit kognitiven Elementen verbindet und unter Umständen kognitive und emotionale Dissonanzen schafft, stellt die Begleitung dieses Prozesses eine hohe didaktische Herausforderung an die Lehrenden. <?page no="34"?> 35 3 Interkulturelles Lernen mit Musik 3. Vorgehen nach einem dreistufigen Phasenmodell: Die Didaktik hat für den Umgang mit ‚Texten‘ jeglicher Art das Phasenmodell von pre-, while- und post-activities zur Verfügung gestellt (vgl. Grimm et al. 2015: 123). Dieses Modell gilt auch im Bereich des Hörens bzw. Rezipierens von Musik und Produkten im Bereich der Musik. Wesentlich erscheint hier eine in sich schlüssige Verzahnung der Phasen, welche lernziel- und kompetenzorientiert ist und zugleich die affektiven und subjektiven Bedingtheiten der Auseinandersetzung mit Musik nicht in ein starres didaktisches Korsett zwängt, welches Eingehen auf individuellen Respons verhindert. 4. Verstehen auf mehreren Ebenen (vgl. Krämer 2004: 102): Im Sinne des Kompetenzmodells der audioliteracy oder multiliteracy (vgl. Blell / Kupetz 2010a) gilt es, Musik, Bild, Text, Darbietung und andere Modi der Präsentation und Auseinandersetzung mit Medien aufeinander zu beziehen und gegebenenfalls zur kreativen Mitgestaltung aufzugreifen. Zur Rezeption wie Gestaltung sind dabei sprachliche wie die Aktivitäten tragende Unterstützungsmaßnahmen zu integrieren (scaffolding). 5. Inhaltsorientierung und Wahl der Unterrichtsgegenstände: Wie im folgenden Unterkapitel aufgezeigt, kann aus einer breiten, bisher teilweise kaum beachteten Reihe von musikalischen Themen und Medien ein schülerwie auch kompetenzorientierter Unterricht konzipiert werden, welcher interkulturelle Zielsetzungen verfolgt. Die Wichtigkeit der Themenwahl und Textbzw. Medienauswahl wird auch von Blell und Kupetz erkannt, wenn sie betonen, „dass Musik auf Englisch bei geschickter Inhaltsauswahl bezüglich des zielsprachigen Kulturkreises in besonderer Weise Schülerinnen und Schüler befähigen kann, ästhetische und geschichtliche Einsichten in Musik und ihre unterschiedlichen kulturellen Voraussetzungen zu gewinnen“ (Blell / Kupetz 2010a: 1). 3 Interkulturelles Lernen mit Musik Um den Begriff des interkulturellen Lernens mit Bezug auf die Bedeutung von Musik operabel zu gestalten, soll hier ein fünf Dimensionen umfassendes Definitionsmodell vorgestellt werden. Es komprimiert im Wesentlichen die Forschung zu Aspekten und Dimensionen interkultureller Kompetenz (vgl. Volkmann 2002). 1. Auf der Ebene individueller oder kollektiver Kommunikationshandlungen bezieht sich interkulturelles Lernen auf konkrete, sprachhandelnd umzusetzende Kompetenzen. Diese liegen im generellen pragmatischen Bereich und beinhalten die in konkreten interkulturellen Szenarien eingesetzten Fähigkeiten und Fertigkeiten des adäquaten Kommunikationsverhaltens mit Bezug auf die anderskulturellen Akteure und deren Sprach- und Verhaltenshorizonte. Zu beachten wären Höflichkeits- und Interaktionsregeln, nonverbales Verhalten, Beachtung von Kontext, Register, sprachlichen Formeln etc. Derartige pragmalinguistisch zu verstehende Kompetenzen werden in der Regel mit der Forderung nach der Beherrschung bestimmter soft skills und Interaktionsfähigkeiten (Empathie, Interesse für die andere Person etc.) verbunden. Sie wären auch als ‚transkulturelle‘ Kompetenzen beschreibbar (vgl. Welsch 1992). Für diesen pragmatischen Bereich wird Musik vor allem als Mittel zum Zweck, also als didaktisches Förderungsinstrument verstanden und ist von dienender Bedeutung. <?page no="35"?> 36 Musik und interkulturelles Lernen 2. Während der erste Bereich der interkulturellen Kompetenz auf allgemeine kommunikative Fähigkeiten in interkulturellen Kontexten abhebt, bezieht sich ein zweiter Bereich auf die Kommunikation mit Akteuren bestimmter Kulturen. Hier gilt es, ‚zielkulturell‘ spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, welche es dem Lernenden ermöglichen, möglichst wie ein Muttersprachler oder ein weitgehend zielkulturell versierter Akteur aufzutreten. Da es sich um eine kulturell spezifisch geprägte Form der interkulturellen Kompetenz handelt, spielt die spezifische kulturelle Prägung von und durch Musik hier eine erhebliche Rolle, wie weiter unten noch eingehender beschrieben wird. 3. Interkulturelles Lernen beinhaltet dabei auf einer weiteren Ebene die Beherrschung von oder die Vertrautheit mit zielkulturellen Wissensbeständen. In Konzepten des landeskundlichen Wissens beinhaltete dies eher hochkulturelle Praktiken und Artefakte (wie klassische Kompositionen und Opernhäuser), inzwischen beziehen sich diese Wissensbestände, bisweilen unter dem Terminus ‚Weltwissen‘ subsumiert, auch auf populärkulturelle, kind- und jugendnahe sowie subkulturelle Phänomene-- womit die Musik in ihren in den Alltag hineinwirkenden Funktionen eine wesentliche Rolle der Bedeutungsstiftung erhält. 4. Mit der teilweisen Auflösung der eher fakten- und wissensbasierten Vorstellung von Landeskunde geht eine ungeheure Erweiterung der Aspekte und Dimensionen interkultureller Kompetenz bis in die feinsten Verästelungen des Alltags hinein von statten. Die interkulturelle Forschung beschreibt hier kulturspezifische Standards, Normen, Vorstellungen, Gebräuche usw. und regt zum Nachdenken über kulturspezifische Ausprägungen im Vergleich wie in der Differenz nach, womit sich Richtlinien für adäquates (sprachliches) Verhalten und das Vermeiden interkultureller Missverständnisse und Konfliktsituationen bieten (Gibson 2000). Auch bei dieser anwendungsbezogenen und lebensweltorientierten Sichtweise von interkultureller Kompetenz erhält die Musik eine große Bedeutung, lassen sich doch in ihr und durch sie interkulturelle Facetten identifizieren und handlungswirksam nutzbar machen. 5. Schließlich gehen pädagogisch-didaktische, philosophische und psychologische sowie soziologische und anthropologische Verständnisse von interkulturellem Lernen von einer lebenslangen Lern- und Aushandlungsaufgabe in multikulturellen, von der Globalisierung und Internationalisierung geprägten Gesellschaften aus. Interkulturelles Lernen erhält nun eine Bedeutungszuweisung als Akt des Fremdverstehens, in einem komplexen Aushandlungsprozess, welcher wiederum begründet ist in der Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Dies beinhaltet die Fähigkeit, die fremde Perspektive zu verstehen oder einzunehmen, gefolgt von der Fähigkeit zur Perspektivenkoordination bzw. des Verhandelns kultureller Bedeutungen (vgl. Bredella 2010). Die dabei auftretenden Forderungen nach „Empathie, Rollendistanz, Ambiguitätstoleranz“ (Ulrich 1997: 85) sind in der interkulturell ausgerichteten Musikdidaktik keine Fremdwörter. Während diese betont, dass in interkulturellen Aushandlungsprozessen „durch Klänge Verstehen“ (ibid., 89) vermittelt werden könne und Musik als ein vermittelndes Medium fungiere, um Verständnis und Achtung zu schaffen, kann es beim interkulturellen Lernen vor allem darum gehen, in und mit Musik die Vielzahl kulturell differenter Sinnmuster zu erkunden. Diese Sinnmuster entstehen durch den kulturellen Kontext beim Encodieren von Musik (Text, Töne, Kontext wie Tanz oder Videos) und der Decodierung, also Anverwandlung dieser Bedeutung in einem kulturell anderen Kontext. Zu dieser zunächst einfachen <?page no="36"?> 37 3 Interkulturelles Lernen mit Musik Vorstellung ‚fester‘ Encodierungs- und Decodierungspole kommt komplizierend hinzu, dass gerade im Bereich der Musik an beiden Polen eine Vielzahl von kulturell ‚hybriden‘, transkulturellen Encodierungsprozessen wirken, wie die oben aufgeführten Beispiele deutlich machen. Führen wir nun diese Verortung von Musik in gängigen Vorstellungen von interkultureller Kompetenz mit Bezug auf ein in entsprechenden Fachdiskursen geläufiges Modell zum Grundverständnis von Kultur weiter aus. Das häufig bemühte Modell des Eisbergs stellt ein anschauliches Verstehenskonstrukt zur Bedeutung interkultureller Dimensionen beim Erwerb einer fremden Sprache oder in der Kommunikation mit Menschen anderer Kulturen zur Verfügung. Es verdeutlicht, dass bei interkulturellen (kommunikativen) Begegnungssituationen der weitaus größte Teil unsichtbar ist und nur ein geringer Teil sichtbar, erfassbar und konkret wahrnehmbar erscheint (vgl. Gibson 2000, Volkmann 2010). Trinken Kleidung Literatur Essen MUSIK Kunst Sprache Werte und Normen Kommunikationsstile Weltwahrnehmung Einstellungen Abb.1: Eisberg-Modell der Kulturen (nach Gibson 2000: 16, modifiziert) Auch die Musik-- in Form von Tönen, Musiktexten, Stimmen, Genres, Musikinstrumenten, Musizierenden, Musikleben oder in Form ihrer Verbreitung durch Medien-- hat demnach einen hörbaren oder wahrnehmbaren Teil und zugleich ihre Tiefendimensionen bzw. Tiefenstruktur. Diese lässt sich semiotisch als von dem ‚Zeichen‘ Musik jeweils getragene Bedeutungsstruktur begreifen. Musikalische Phänomene lassen sich auch mit dem Musiktheoretiker <?page no="37"?> 38 Musik und interkulturelles Lernen Dartsch (2010: 137) entsprechend als zu den „Symbolsystemen der Gesellschaft“ gehörend erklären. Je nach kulturellem Kontext tragen musikalische Phänomene bestimmte Normen, Werte, Einstellungen, Vorstellungen, Wünsche, Geschmacksvorstellungen, Distinktionen, Identifikations- und Gruppenzugehörigkeitsgefühle usw. Musikalische Phänomene dienen der Repräsentation, der Festlichkeit, der Aktivierung von Bewegung, sie tragen pädagogische, sozialisierende, sozialkritische, kommunikative, kontaktknüpfende, kultische, magisch-religiöse Funktionen und vieles mehr. In der interkulturellen Begegnung treffen unterschiedliche Symbolsysteme aufeinander. Diese können ungeahnte Überschneidungen mit sich tragen-- etwa im Fall, dass ein musikalisches Stück die Vertreter unterschiedlicher Kulturen gleichermaßen berührt oder zu ähnlicher physischer Reaktion herausfordert. Unterschiedliche Symbolsysteme können aber auch Irritationen, culture clash und Konfliktsituationen heraufberufen, insbesondere, wenn es an interkultureller Sensibilität mangelt. Beim interkulturellen Lernen im Bereich der Musik geht es nicht allein um die Begegnung zwischen Akteuren verschiedener Kulturen, die von unterschiedlichen Symbolsystemen von Musik affiziert sind. Es geht auch um die Rezeption und die Verarbeitung von Musik selbst als dem Bedeutung tragenden ‚Gegenüber‘. Zur Konzeptualisierung des höchst komplexen Prozesses der ‚Verhandlung von Bedeutung‘ bei diesem Prozess bietet sich ein Modell des Kulturwissenschaftlers Stuart Hall (1973, adaptiert) an. Es drückt die wesentliche Erkenntnis der modernen Medienwissenschaft aus: Jede kulturell encodierte Produktion ist in sich ambivalent und wird von kulturell unterschiedlichen Rezipienten jeweils kulturell unterschiedlich decodiert bzw. neu encodiert. Stuart Hall unterscheidet im Wesentlichen vier Arten des Decodierens kultureller Texte, im vorliegenden Fall also vier Arten des Umgangs mit musikalischen Phänomenen. Ich bediene mich zur Illustration verschiedener Reaktionen auf das Abspielen der amerikanischen Nationalhymne „The star-spangled banner“. Bevorzugte Rezeptionsstruktur (BVR) Typen des Decodierens kultureller Texte nach Stuart Hall 1 2 3 4 Individueller Erwartungs- und Verarbeitungshorizont (IEV) „dominante Hegemonialposition“ BVR kritiklos übernommen „verhandelte Position“ BVR + IEV teils vereint, teils in Spannung „oppositionelle Position“ BVR verstanden IEV lehnt ab, benutzt aber (gezielt) BVR „abweichende, gegenläufige Position“ IEV nicht verstanden BVR nach IEV umgeändert Rezipient Sender Abb. 2: nach Stuart Hall (1973, adaptiert) <?page no="38"?> 39 3 Interkulturelles Lernen mit Musik Zunächst gehen Medien- und Rezeptionstheoretiker davon aus, dass bei aller Ambiguität textueller oder musikalischer Phänomene eine bestimmte Appellfunktion eines Produktes vorhanden ist (sie wird auch als fixed meaning bezeichnet, vgl. Blell / Kupetz 2010a). Bei der US -amerikanischen Nationalhyme wäre deren primäre Appellfunktion- - die bevorzugte Rezeptionsstruktur-- die des Evozierens patriotischer oder nationaler Gestimmtheiten, des Gefühls der Gemeinsamkeit aller US -Amerikaner. Typ 1 des Decodierens: Dies entspricht einer distanz- und kritiklosen Aufnahme und Verarbeitung dieser bei der Hymne mitschwingenden Gefühlslagen, die sich in entsprechenden emotionalen und körperlichen Reaktionen bemerkbar macht. Typ 2 des Decodierens: Die verhandelnde Position entspricht beispielsweise der eines interkulturell sensiblen Ausländers, der sich der evozierten nationalen Gefühle bewusst ist, diese akzeptieren oder nicht akzeptieren mag, jedoch genau abwägt, inwieweit sie oder er ihre oder seine kulturell anders ausgeprägte Reaktion auf die US -amerikanische Nationalhymne öffentlich, im Freundeskreis oder interpersonell bemerkbar macht. Typ 3 des Decodierens: Diese oppositionelle Position entspricht in diesem Fall etwa dem Auftreten des Rockidols Jimi Hendrix, welcher beim Woodstock-Festival im Jahre 199 die amerikanische Nationalhymne auf seiner elektrischen Gitarre spielte und dabei mit jaulenden Tönen und musikalischen Verzerrungen instrumentell seinem Protest gegen den Vietnamkrieg und gegen das politische Establishment Ausdruck verlieh. Typ 4 des Decodierens: Diese Position zeugt von Ignoranz oder Unkenntnis gegenüber den Bedeutungen von „The star-spangled banner“ und käme etwa-- analog zum modischen Tragen von T-Shirts mit amerikanischer Flagge auf europäischen Oberkörpern- - einem naiven Mitsummen des Liedes gleich, bei dem zum Beispiel weder der Text noch dessen Bedeutung begriffen werden. Betrachten wir zur Illustration der Bedeutung dieser Unterscheidungen von kulturell bestimmten Decodierungsprozessen folgende typische Beispiele. Dabei geht es um die Frage, um welche der vier von Hall beschriebenen Formen es sich handelt: ▶ Ein typischer ‚Hörfehler‘ mit Bezug auf einen Popsong der Gruppe Snap belustigt seit Jahren das Internet: Der Titel „I’ve got the power“ (1990) wird bisweilen als „Agathe Bauer“ verstanden (Typ 4). ▶ Auf einer Party einer konservativen deutschen Burschenschaft tanzen die Studenten ausgelassen zu dem Popsong „Smalltown boy“ (1984) der britischen Popgruppe Bronski Beat. Sie erkennen nicht, dass es sich dabei um den Coming-out-Song des homosexuellen Sängers handelt (Typ 4). ▶ Der Song „Born in the USA “ von Bruce Springsteen wird auch bei Partys ausgesprochen links und amerikakritisch ausgerichteter Deutscher gerne gehört. (In der Regel Typ 4; Typ 2 oder 3, da unter Umständen die Doppeldeutigkeit des Textes verstanden wird, der zugleich die Klage eines sozial unterprivilegierten Sprechers ist.) ▶ Die deutsche Heavy Metal Band Rammstein genießt in den USA enormen Erfolg. Teil des Appeals ist der harte, an Hitlers Diktion erinnernde Gesang des Frontmanns. (Hier ist die Kategorisierung schwierig, da die Band selbst mit martialischen Anklängen spielt <?page no="39"?> 40 Musik und interkulturelles Lernen und der Umgang damit in fremden Kulturen auch eine gewisse, nicht unbedingt politisch akzentuierte Anti-Establishment-Haltung ausdrücken kann). ▶ Der Hit „Sunshine reggae“ der dänischen Gruppe Laid Back (1983) stößt bei vielen eingefleischten Reggae-Fans auf wenig Gegenliebe. Sie wehren sich dagegen, dass die ursprünglich sozialkritische Funktion von Reggae auf einen seichten Touristensound reduziert wird (Typ 4). ▶ Die deutsche Band Scooter ist vor allem in osteuropäischen Ländern erfolgreich. (Erneut ein schwierig zu bestimmender Fall, da Scooter im deutschen Feuilleton (bisher) wenig geschätzt werden und in angelsächsischen Ländern bisweilen in die Rubrik des Eurotrashs fallen). ▶ In den Zelten des Oktoberfests wird inzwischen auch gerne die Kölner Stadthymne „Viva Colonia“ gespielt, obgleich die Großstadt aus Nordrhein-Westfalen keinerlei Verbindungen zur bayerischen Metropole hat (je nach Sichtweise Fall 2, 3 oder 4; als ironischer, gewitzter Beitrag oder nur als Gassenhauer). Es geht, so wird deutlich, bei der Rezeption von Musik oftmals weniger darum, die Botschaft des Urhebers zu verstehen oder zu deuten. Vielmehr steht in der Regel eine kulturelle oder individuelle ‚Aneignung‘ im Vordergrund. Für das interkulturelle Lernen sind vor allem die hier mit 2 und 3 beschriebenen Verhandlungs- und Aneignungsprozesse interessant. Zeigen sie doch, dass es unterschiedliche Arten der ernsten, aber auch gewitzten und spielerischen Appropriation und des Umgangs mit kulturellen Produkten aus der Zielkultur gibt, die schon in der Zielkultur selbst verschieden gedeutet werden. Bedeutung kann also höchst subjektiv zugewiesen werden. Welche Einflussebenen bei dieser Bedeutungskonstruktion eine Rolle spielen, soll nun kurz dargestellt werden. In interkulturellen Begegnungen ist dieses multidimensionale Erklärungsmodell insofern wichtig, als es aufzeigt, dass Bedeutung in und mit Musik nicht allein kulturabhängig ist, sondern von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und es zudem starke gegenseitige Beeinflussungen der verschiedenen Ebenen im Sinne von Überschneidungen, Hybridisierungen und auch geschmacklichen Abkapselungen geben kann. Beispiele sollen hier zur Veranschaulichung aus dem deutschen Bereich genommen werden. Dieses Fünf- Ebenen-Modell der Bedeutungsschaffung mit Musik von der individuellen Aneignung bis zur globalen Beeinflussungs- und Auswahldimension verdeutlicht auch, dass es bei der Frage des Erwerbs interkultureller Kompetenzen mit Bezug auf musikalische Phänomene keine einfache Opposition von Eigenkultur und Fremdkultur geben kann. Insofern bestätigt gerade der Bereich der Bedeutungsschaffung mit Musik Theorien der Transkulturalität, welche die Durchwirkung und Hybridisierung überholter Konzepte von einheitlichen Kulturen betonen. Die einstmals als ‚geschlossene Container‘ beschriebenen Nationalkulturen erweisen sich damit als stark geprägt von Überschneidungen und Prozessen gegenseitiger Beeinflussung im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung (Welsch 1992, Binas 2001). ▶ Die erste Ebene, auf der Bedeutung mit Musik entsteht, ist die Ebene des Individuums, welches einerseits im Sinne von Theorien des empowerment sich eigene Sinnhaftigkeit mit Hilfe von Musik (z. B. Popstars, Liedfetzen, Habitus bestimmter Musikrichtungen) <?page no="40"?> 41 4 Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen zusammenbastelt, andererseits von den anderen, nun darzustellenden Ebenen geprägt wird. ▶ Die zweite Ebene ist die der Sozialisation durch Familie und Peer Group sowie die gesellschaftliche Herkunft, etwa mit Bezug auf die Einstellung zur klassischen Musik. ▶ Die dritte Ebene ist lokal zu verorten und beinhaltet den engeren geographischen Raum des Individuums, etwa mit Bezug zur Volksmusik. ▶ Die vierte Ebene ist die nationale Ebene, etwa mit Bezug auf deutschsprachige Popmusik, die deutsche Nationalhymne usw. ▶ Die fünfte Ebene ist die globale Ebene, welche stark von der soft power der angelsächsischen Musikgenres und Musikindustrie geprägt ist (Fluck 1994), zugleich aber auch in „komplexen Konstellationen ihres Zustandekommens“ (Binas 2001: 97) zu verstehen ist und zu regional oder national geformten aber zugleich global rezipierten Musikrichtungen und Stilen führt (vom Italobis zum Ethno-Pop). 4 Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen Das Modell zu Elementen der Musik (siehe Abb. 3), die beim interkulturellen Lernen eine Rolle spielen können, versteht sich als ein erster Überblick zu diesem bisher wenig systematisch erfassten Themenkomplex. Es berücksichtigt in abstrahierender Form wesentliche Elemente und erstreckt sich von den durch Menschen allein oder in Gruppen produzierten oder rezipierten Musikformaten über Formen der Instrumentalmusik zu populärer und elektronisch verbreiteter Musik. Weitere, schwer kategorisierbare Aspekte sind in der fünften Spalte abgebildet. Insgesamt ist zu beachten: 1. Die Zuordnung zu bestimmten Elementen ist nicht immer eindeutig und insgesamt gibt es zahlreiche Überschneidungen, die dem Wesen der Musik als multisensorischem Medium entsprechen. 2. Allein die Terminologie weist auf kulturelle Unterschiede hin. So sind die Begriffe der ‚Volksmusik‘ und folk music oder county music kulturell höchst unterschiedlich konnotiert. Dies betrifft auch die Unterscheidung zwischen E- und U-Musik. Die hier vorgestellten Gattungen der elektronisch verbreiteten Musik stellen nur eine Auswahl dar. 3. Eine hauptsächliche Funktion dieser Übersicht ist es, ein Bewusstsein zu schaffen für die Vielzahl musikalischer Elemente, die im Bereich des interkulturellen Lernens eine Rolle spielen können, von den konkreten Gegenständen (Musikinstrumente) über den Klang bis zu Musik-Events und bis zum Starkult um Musikerinnen und Musiker. <?page no="41"?> 42 Musik und interkulturelles Lernen Selbst produziert oder rezipiert (Familie und Peers) Selbst produziert oder rezipiert (Veranstaltungen) Instrumente, Instrumentalmusik und klassische Musik (E-Musik) Kinderlieder, Bewegungslieder Geburtstags- und Feierlieder Trinklieder etc. Volkslieder Kirchenlieder/ religiöse Lieder Spirituals Weihnachtslieder/ Lieder zu zeremoniellen Anlässen Protestlieder, Lieder mit sozialen Funktionen Hausmusik Musik und Bewegung / Tanz ‚Didaktische‘ musikalische Formate (Reimlieder, action songs, body percussion etc.) Konzerte (inkl. Oper, Operette, Musicals) Fußballlieder Protestlieder Call-response-Formen Nationalhymnen und inoffizielle Nationalhymnen Glee Club, Gesangsvereine Schulmusik, Chöre … Bewegungs- und Tanzveranstaltungen Klangfolgen, Melodien Bestimmte national oder ethnisch konnotierte Musikinstrumente Klassische Musik und ihre Gattungen Popularisierte Klassik Experimentelle Musik Dancehall Muzak, Trivialmusik (Hintergrundsmusik) Elektronisch verbreitete Musik (populär, auch sog. U-Musik) Elektronisch verbreitete Musik nach weiteren Genres Weitere Aspekte Filmmusik Musik in Werbung Jingles Ringtones Populäre Musik Schlager Folk music - Volksmusik Country music Chansons Liedermacher Sozialkritische und politische Songs Blues Jazz Rock Reggae Hard Rock, Heavy Metal Punk / New Wave Hip-Hop Rap und Sprechgesang World Music, Ethnorock Ambient Music Hybride Formen, “mash-ups” usw. Ton-/ Lautstärkeempfinden Ästhetisches Empfinden Konzerte und Konzertformen Musik in und im Verbund mit anderen Medien (Kunst, Lyrik, Fiktion, Drama, Theater, Film, Aufführungen) Musik und Mode, Lifestyle, Ideologie, Religion Orte für Musik (Musik auf der Straße, Musikraum in Schule, Kleinkunstbühnen, Konzertsäle, Opernhäuser, Musical-Arenen) Musiktheorie Biographien zur Musik (Musiker im Fokus) Straßenmusiker, Stars, Megastars Tonträger (Schallplatten bis Online- Formate) Elektronische Medien, Radio bis Internet Streaming Abb. 3: Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen <?page no="42"?> 43 4 Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen Im Folgenden nun einige Ausführungen zu den jeweiligen Hauptelementen. Der Bereich der selbst produzierten oder rezipierten Musik stellt gerade im Anfangsunterricht sowie in der Mittelstufe eine große Bandbreite von sprachlich einfachem und eingängigem Liedgut zur Verfügung. Bewegungslieder bzw. action songs wie z. B. „Hokey- Pokey“ („I put my right hand in, I put my right hand out-…”), können mit altersgemäßer Bewegung, auch mit rhythmischer Unterstützung oder body percussion, funktionale Sprachinhalte vermitteln und nach dem Prinzip des „bewegten Lernens“ (Sambanis 2013: 91) auch „heitere Abwechslung zum ernsten Stillsitzen bieten” (Schmidt-Schönbein 1998: 119). Viele Kinder- und Volkslieder erlauben Einblicke in kulturelle Praktiken der Zielkulturen, zugleich stellen z. B. Weihnachtslieder oder Spirituals auch für sich ein wertvolles Kulturgut dar, dessen Vermittlung oder Aneignung einen wichtigen Beitrag zur ästhetischen Bildung liefert (einen Überblick zu den Formaten bietet Bossen 2015: 72). Verwiesen sei hier auch auf die Tradition von sozialen Protestsongs und religiösen Liedern, welche in vielen Ländern einerseits vertrautes Liedgut sind, andererseits in interkulturellen Lernszenarien musikalische Anlässe zum Erkunden gesellschaftlicher Probleme bieten. So lassen sich beispielsweise mit dem Spiritual „We shall overcome some day“ vielfältige, emotional reiche Ansätze zu US -amerikanischen Geschichte der Sklaverei speziell und der Afroamerikaner allgemein oder zur Rolle von Religion und der Entwicklung ‚schwarzer Musik‘ entfalten. Der zweite Bereich der über die unmittelbare soziale Bezugsgruppe hinausgehenden Formate von Veranstaltungen mit Musik erfasst vor allem das kollektive Erleben und die kollektive Sinnstiftung. Ein wichtiges Thema wäre hier sicherlich, welche soziale Funktion bestimmte musikalische Veranstaltungen innehaben und welche nicht musikalischen, etwa körperlichen Momente dabei ins Spiel kommen. Schon der gesamte Bereich des ‚Tanzes‘ erschließt interkulturell sehr aufschlussreiche Themen, von national geprägten Tanzstilen, die global aufgenommen werden (Tango, Lambada, Samba usw.), bis zur Thematik, welche Tänze und Tanzstile welche sozialen, geschlechterbezogenen, zeitgeistigen und altersbezogenen Konnotationen mit sich tragen. Der dritte Bereich bezieht sich auf Instrumente, Instrumentalmusik und klassische Musik und berücksichtigt zunächst vor allem Musikinstrumente, welche eine bestimmte nationale oder regionale Bedeutung haben. Haptische und akustische Eindrücke können so im Unterricht bei der Behandlung von Instrumenten wie dem Didgeridoo, dem Alphorn, dem Dudelsack, der Sitar, den Steel drums, der (irischen) tin whistle oder dem Schifferklavier zum Tragen kommen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die kulturellen Konnotationen dieser und anderer Instrumente in ihrem Herkunftsland oder -gebiet zu thematisieren und- - in älteren Jahrgangsstufen-- die Frage nach deren globaler Verbreitung und dem Einsatz in der Popmusik zu diskutieren. Klassische Musik der Zielkulturen, wie Stuart Coplands „Fanfare to the common man“ oder Edward Elgars „Pomp and circumstance marches“ (bekannt von den „Night of the proms“) können auch mit Bezug auf zielkulturelle Bedeutungsschaffung höchst aufschlussreich besprochen werden. Schließlich kann auf so unterschiedliche global verbreitete Gattungen wie Trauermärsche oder, im Gegensatz dazu, auf die weltweite Verbreitung von Beethovens „Ode an die Freude“ in verschiedenen Sprachen eingegangen werden. <?page no="43"?> 44 Musik und interkulturelles Lernen Betrachten wir den Bereich der elektronisch verbreiteten Musik im Überblick, so ist zu konstatieren, dass gerade Schlager oder kitschige Musik deutliche Aussagen über Träume, Wunschvorstellungen usw. vermitteln können und je nach Unterrichtsziel bei der Behandlung auch kritische Stimmen zur berücksichtigen wären. Appellieren Schlager doch „an einfachste Hörgewohnheiten und Gefühle“ (Michels 2001: 509) und das dabei geschaffene „Pseudogefühl suggeriert Pseudo-Lebenshilfe“ (ibid.). Andererseits gibt es, wie die zahlreichen Beispiele in diesem Band zeigen, interkulturell besonders wertvolle und wirksame Musikstücke, welche Einblicke in kulturelle Praktiken der Zielländer aufgreifen oder aktuelle Themenbereiche wie Gender, soziale Probleme, lokale, regionale oder nationale Identitäten fokussieren. Verwiesen sei an dieser Stelle nur auf die Möglichkeit aufzuzeigen, wie musikalische Formate kulturell anders verarbeitet werden, etwa bei der Übertragung der „Dreigroschenoper“ (1928) von Brecht und Weil ins amerikanische Englisch, wie bei der leicht verfremdeten Version des „Mackie Messer Songs“ von Louis Armstrong („Mack the knife“) (vgl. den Unterrichtsentwurf bei Badstübner-Kizik 2007: 105-109). Anregend kann beispielsweise auch ein Vergleich verschiedener Seemannslieder oder Shanties sein, wie dies Bähr et al. (2003: 33-34) vorschlagen. Begleitet von Klavier oder Akkordeon können so Klassiker des Genres wie „What shall we do“ neben „Eine Seefahrt, die ist lustig“ gestellt und musikalische wie textuelle Vergleiche gezogen werden. Für den Englischunterricht bietet sich das weite und ungeheuer einflussreiche Themengebiet der Entwicklung und Einflussgeschichte von Black Music an. Es eröffnet Einblicke in musikkulturelle und soziologische Entwicklungen, vor allem zu dem Gebiet der Musik als „wichtige[m] Emanzipationsfeld der Afroamerikaner“ (Allwardt 2015: 17). Ermöglicht ist hier ein leichter Zugang zu vertrauter Musik mit dem Ziel, Musikerfahrungen zu schaffen, Charakteristika verschiedener Stile festzuhalten, weitere Informationen zu verarbeiten (Textmaterial, Bildmaterial, Filmausschnitte, Internetrecherche) und so zu einem komplexen Bild afroamerikanischer Musikgeschichte zu gelangen. Besondere Beachtung kann den Spirituals gewidmet werden. Zu diesen heißt es in einem Standardwerk der Musik: Die Schwarzen der Südstaaten sangen ihre geistl. Lieder zum Gottesdienst mit alten afrikan. Bräuchen wie ostinates Händeklatschen und Fußstampfen, Reigentänzen vor der Kirche und aktiver Teilnahme an der Liturgie. Call und Response beleben den Priester-Vortrag der bibl. Geschichte und des Evangeliums-[…]. Israels Knechtschaft in Ägypten wird zum Ausdruck der eigenen Versklavung. Auf den Call des Priesters antwortet die Gemeinde „Let my people go“-[…]. Man sang mit oder ohne Instr. und mit allen Ausdrucksarten der Schwarzen (Hot-Intonation usw.). Die Spirituals gehören zu den unmittelbaren Quellen des Jazz. (Michels 2001: 507) Einblicke in den Jazz, Blues, Soul, Ragtime, Swing usw. wiederum erlauben eine historische Verankerung der gegenwärtigen Popmusik, unter anderem des Hip-Hop und Rap, welche stark von den Musizier- und Ausdrucksweisen der Afroamerikaner geprägt wurde. Diese griffen auf tradierte Praktiken ihrer afrikanischen Heimatländer zurück, wie emotionsgeladene, unsaubere Tongebung (dirty notes) beim Singen und Spielen, blue notes, offbeat, <?page no="44"?> 45 4 Elemente der Musik beim interkulturellen Lernen Alterationen, Wechsel zwischen Vorsinger und Chor (call and response), überlappendes und mehrstimmiges Singen sowie Improvisation und Polyphonie (Michels 2001: 505). Viele Schülerinnen und Schüler kennen Louis Armstrongs lebensbejahenden Song „What a wonderful world“ (198) mit den Zeilen „I see trees of green, red roses too / I see them bloom for me and you / And I think to myself what a wonderful world“. Weniger vertraut dürften sie dagegen sein mit den historischen Kontexten der Rassentrennung und Diskriminierung zur Zeit der Entstehung eines anderen, gattungsverwandten Songs, „Strange fruit“ von Billie Holiday (1939). In diesem wird melancholisch ein Lynchmord besungen („Southern trees bear strange fruit / Blood on the leaves and blood at the root / Black bodies swinging in the southern breeze / Strange fruit hanging from the poplar trees“). Eine kontrastive Gegenüberstellung dieser Songs zweier berühmter schwarzer Interpreten könnte dabei durchaus didaktische ‚Reizpunkte‘ setzen. Selbstverständlich können auch bestimmte Musikepochen wie die der Neuen Deutschen Welle oder des Punks fokussiert werden. Gleiches gilt für Untergattungen des Rock wie Gothic oder Krautrock, je nach Vorlieben und Erkenntnisinteresse der Lernenden. Schließlich sei auf die Gattung der Chansons und sozialkritischen Songs verwiesen, die zu zahlreichen landeskundlichen und kulturellen Themen eingesetzt werden können, von Reinhard Meys „Mein Berlin” (1990, vgl. Badstübner-Kizik 2007: 128-130) über Jacques Brells „Le plat pays“ (192) zu Franz Josef Degenhardts „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ (195) bis zu Tom Paxtons oder Pete Seegers „What did you learn in school today“ (194). Bei hybriden, als Mash-up oder Sampling zu beschreibenden Formaten von Musik, etwa im Ethno-Pop bei Musikgruppen wie Deep Forest, können Fragen nach dem Ursprung bestimmter Tonfolgen und der von ihnen evozierten Gefühle aufgeworfen werden (Binas 2001). Ruhige Musik wird darüber hinaus bereits seit Jahrzehnten für Imaginationsübungen und Phantasiereisen (Quast 199: 112) und in suggestopädischen Aktivitäten und bei musiktherapeutischen Sitzungen wirksam eingesetzt (vgl. den Beitrag von Katharina Glas in diesem Band). Sie dient der Beeinflussung der psychischen Ausgangssituation der Lernenden sowie der sinnlichen Einstimmung auf bestimmte Themen. Betrachten wir eine Reihe von weiteren Aspekten, so wird deutlich, wie umfassend das Thema des interkulturellen Lernens mit und in Musik sein kann. Allein der Bereich des kulturell differenten Ton- und Lautstärkeempfindens ist ein Kapitel für sich, welches hier nur angesprochen werden kann. Fragestellungen, wie Musik im Raum wirkt oder zelebriert wird, schließen sich an. Weiterhin ist das Thema relevant, inwieweit Musik im ‚Interplay‘ mit anderen Medien wirkt, im Sinne des Erlernens von multiliteracies und der Präsentation von facettenreichen, multimodalen Lehr-Lernszenarien (Blell / Kupetz 2010). Verwiesen sei hier nur erneut auf die Bedeutung von Musikern, ihren Karrieren und sozialen Aufstiegen, die von besonderem Interesse sein können. Als Beispiel mag hier die Präsentation des weißen amerikanischen Hip-Hop-Stars Eminem in dem Film 8 Mile (2002) gelten. Dieser wirkt wie ein mediales Musterbeispiel für den nach wie vor wirksamen Mythos des American Dream, inszeniert er doch den steinigen Aufstieg des Musikers aus dem Trailer Park zum erfolgreichsten Performer der afroamerikanisch geprägten Hip-Hop-Szene. <?page no="45"?> 46 Musik und interkulturelles Lernen 5 Musik und interkulturelle Kompetenzentwicklung Gegenwärtig herrscht in der Bildungspolitik wie auch in der fremdsprachendidaktischen Forschung die Tendenz vor, Curricula und Lehrpläne wie auch Unterrichtsentwürfe weniger nach Inhalten auszurichten als nach den zu erwerbenden Kompetenzen (vgl. Grimm / Meyer / Volkmann 2015). Modellierungen des Kompetenz-erwerbs im Bereich interkulturelles Lernen wurden wesentlich von einem Fünf-Ebenen-Modell des britischen Fremdsprachenforschers Michael Byram (1997) beeinflusst (vgl. Abb. 4). Es hat den klaren Vorteil, operationalisierbar, ausdifferenzierend und direkt auf Lernziele ausgerichtet zu sein. Byram unterscheidet hierbei-- neben einer bildungspolitischen Dimension-- drei zwar miteinander verbundene, aber doch teilweise separat zu beschreibende Lernzielbereiche: knowledge, skills und attitudes. Wissen ist dabei primär im Bereich der kognitiven Dimension angeordnet, die beiden skills-Bereiche dagegen in der affektiven und kognitiven Dimension, wie auch die attitudes beiden zuzuordnen wären. SKILLS of discovery and interaction KNOWLEDGE of social groups and their products and practices SKILLS of interpreting and relating ATTITUDES curiosity and openness, readiness to suspend disbelief Educational context: critical cultural awareness / political education 5.2 Evaluation interkulturellen Lernens nach Kompetenzfeldern Zwei Modelle interkultureller Kompetenz Es wundert angesichts des Gesamteuropäischen Referenzrahmens für Fremdsprachen (CEF), den kultusministeriellen Standardisierungsvorgaben und der allseits vorangetriebenen Output-Orientierung nicht, dass die Messbarkeit interkultureller Kompetenz - analog zur Messbarkeit von Vokabel- und Grammatikwissen - inzwischen vielfach diskutiert wird. Vorschläge zur Bildung von an den CEF angelehnten Kompetenzrastern mitsamt Deskriptoren stehen bereits im Raum (Bergfelder 2007, kritisch hierzu Bredella, Hallet 2007, Hu, Byram 2009). Dabei bieten sich zwei Parameter zu interkulturellem Lernen beispielhaft als Ausgang an. Beide stammen aus dem angelsächsischen Bereich und applizieren dort gängige Kategorien der Lernzielbeschreibung auf den Bereich interkulturelle Kompetenz. Das erste hier zu nennende Modell, welches Michael Byram entwickelte, hat den Vorteil, stärker operationalisierbar, deutlich ausdifferenzierend und direkt auf Lernziele ausgerichtet zu sein. Byram unterscheidet hierbei - neben einer bildungspolitischen Dimension - drei zwar miteinander verbundene, aber doch teilweise separat zu beschreibende Lernzielbereiche: knowledge, skills und attitudes. Wissen ist dabei primär im Bereich der kognitiven Dimension angeordnet, skills dagegen in sämtlichen Bereichen verortet (soft skills oder emotionale Intelligenz also im affektiven Bereich) und attitudes vor allem im affektiven Bereich. Abb. 20: Interkulturelle Kompetenz, definiert nach Lernzielen (Byram 1997: 49-55, vgl. Doff, Klippel 2007: 120) Abb. 4: Interkulturelle Kompetenz, definiert nach Lernzielen (Byram 1997: 49-55, vgl. Volkmann 2010: 165) Betrachten wir das Byram’sche Modell unter dem Gesichtspunkt, wie musikalische Elemente wirksam werden können. Der dem unmittelbaren Kompetenzerwerb übergeordnete Bereich der bildungspolitischen Ziele, der mit dem Fokus auf Musik anvisiert wird, sei hier nur knapp als musikalische Bildung, Verstehen von Musik und ihrer Bedeutung für Individuen, Kollektive und Kulturen beschrieben. Mit Bezug auf die drei Hauptbereiche von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Einstellungen (knowledge, skills and attitudes) seien mit dem Fokus auf das Thema Musik hier folgende abstrahierte und idealtypisch dargestellte Lernbzw. Kompetenzziele aufgeführt: <?page no="46"?> 47 5 Musik und interkulturelle Kompetenzentwicklung Wissen: Die Lernenden wissen-… ▶ dass unterschiedliche Kulturen unterschiedliche musikalische Formate ‚hervorgebracht‘ und weiterentwickelt haben, dass musikalische Formate jedoch auch international andere Bedeutungen erhalten können. ▶ dass Musik ein wichtiger Träger von individuellen und kollektiven Emotionen und Einstellungen ist. ▶ dass bestimmte musikalische Phänomene starke soziokulturelle Bezüge aufweisen (die Wissensvermittlung in diesem Bereich richtet sich stark nach Alters- und Reifegrad). ▶ dass interkulturelle Kompetenz Wissen um die kulturelle Bedeutung von musikalischen Phänomenen und einen reflektierten Umgang mit dieser beinhaltet. Fähigkeiten und Fertigkeiten: Die Lernenden können-… ▶ erkennen, dass Musik in interkulturellen Diskursen Bedeutung trägt; sie können diese identifizieren und situationsadäquat und reflektiert bei der Verhandlung von Bedeutung mitwirken. ▶ sie können erkennen, wie musikalische Phänomene in unterschiedlichen kulturellen Kontexten wirken und daraus reflektiert Einsichten über kulturelle und interkulturelle Prozesse der Sinnstiftung erhalten. ▶ sie können entsprechend kultursensibel im Kontext der Auseinandersetzung mit differenten musikalischen Phänomenen handeln. Einstellungen: Die Lernenden sind-… ▶ sensibilisiert worden für die interkulturellen Aspekte von Musik. ▶ wertschätzend mit Bezug auf den Beitrag bestimmter Ethnien oder sozialer Gruppen zur Geschichte der Musik. ▶ daran interessiert, Musik nicht allein zu konsumieren, sondern reflektiert interkulturelle Aspekte von Musik wertzuschätzen. ▶ bereit, sich bezüglich interkultureller Aspekte von Musik weiterzubilden und Toleranz und Empathie zu entwickeln mit Bezug auf differente musikalische Phänomene. Damit nähert sich die Beschreibung interkultureller Kompetenz mit Bezug auf Musik der von Bähr et al. vorgeschlagenen Definition von ‚Musikalischer Kompetenz‘. Für die Musikdidaktiker geht es dabei um eine Kulturerschließungskompetenz „als Zusammenspiel- […] verschiedener Komponenten. Sie enthält nicht nur kognitive oder prozedurale Leistungskomponenten, sondern auch Haltungen, Einstellungen und förderliche Strategien“ (Bähr et al. 2003: 28). Diese Kulturerschließungskompetenz kann entsprechend differenzierend in fünf Teilkompetenzen aufgeteilt werden, die jedoch nicht isoliert, sondern mit Bezug zu den anderen Praxisfeldern erreichbar sind (in Anlehnung an Bähr et al. 2003: 37): ▶ Die materielle Dimension: Diese entspricht im Wesentlichen der affektiven und kognitiven Rezeption und Verarbeitung von fremdsprachlichen und fremdkulturellen Klängen, (Lied-)Texten und Praktiken im Bereich Musik. <?page no="47"?> 48 Musik und interkulturelles Lernen ▶ Die historisch-kulturelle Dimension: Das Interesse richtet sich hier auf die unterschiedlich semantisierten musikalischen Objekte und Praktiken verschiedener Zeiten und Kulturen und damit auf Fragen der Verhandlung von Perspektiven und Fremderfahrung. ▶ Die funktionale Dimension: Hier werden Einsichten in die kulturell und individuell unterschiedlichen En- und Decodierungsprozesse mit Bezug auf musikalische Phänomene angesprochen. ▶ Die ästhetische Dimension: Hier stehen Wertungs- und Entscheidungsfragen in ihrer jeweiligen kulturellen und individuellen Relativität zur Disposition. ▶ Die subjektive Dimension: Hier geht es um das Bewußtmachen der individuellen und subjektiven Zugänge zur Musik bei den Lernenden. „Sie erfahren in besonderer Weise die Eindrücklichkeit von Musik als ästhetischem Phänomen, das Menschen in ihrer Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit und in ihrer Empfindsamkeit direkt ‚betrifft‘.“ Im Folgenden seien zwei prägnante Beispiele ausgeführt, die aufzeigen mögen, wie sich die Teilkompetenzen der Kulturerschließung entfalten können. Ich wähle hier aus dem Bereich des Englischunterrichts das Thema ‚Reggae: Musik und Kultur‘ sowie für den Bereich Deutsch als Fremdsprache das Thema ‚Das deutsche Schlager-Phänomen Helene Fischer‘. Beispiel 1: Reggae: Musik und Kultur Hier gilt es, neben dem Einsatz ausgesuchter Musikstücke auch einen Überblick zu erlangen-- mit Hilfe anderer Texte-- über die Geschichte der Rastafaris, Reggae als sozialer Kritik, als Träger religiös-spiritueller Botschaften, sowie zur Entwicklung des Reggae von der Karibik in die westindische Diaspora Großbritanniens und schließlich in den globalen Musikmarkt hinein. Im Folgenden seien stichpunktartig Beispiele für die fünf Dimensionen der interkulturellen Sinnerschließung des Themas skizziert: Materielle Dimension: Melodischer Aufbau und formale Anlage, Rhythmus, Instrumentation usw.; typische Themen von Songs, Textmuster, typische Ausdrücke des karibischen Englisch und der Rastafaris. Historische Dimension: Geschichte und Gegenwart der Reggae-Musik; Identitätsstiftung mit und in Reggae-Musik; typische Themenkomplexe der Songs; Fragen der Kommerzialisierung und Appropriation durch die Hegemonialkulturen. Funktionale Dimension: Entwicklung des Musikstils einer religiös geprägten Minderheit, anti-kolonialistische Ideologien; unterschiedliche Themensetzungen unterschiedlicher Künstler, von Bob Marley („Babylon is burning“, aber auch „No woman no cry“) über Peter Tosh („Mystic man“) bis zu Steel Pulse („Handsworth revolution“) und zum Einfluss auf New Wave (The Police: „Can’t stand losing you“); vom Aufruf zum politischen Widerstand bis zu Verherrlichung schwarzer Maskulinität. Ästhetische Dimension: Ausdruck des sozialen Protests in der Reggae-Musik im Vergleich; Themen von Liebesliedern, Modellierung von Männlichkeit und Weiblichkeit bei verschiedenen Interpreten. Subjektive Dimension: Reggae heute, Recherchen zu individuellen Fragestellungen mit Bezug auf Reggae-Musik und Kultur (Bob Marley als kulturelle Ikone, Thema Drogen und <?page no="48"?> 49 5 Musik und interkulturelle Kompetenzentwicklung Drogenmissbrauch, Thema maskulin geprägte Kultur etc.), dabei auch Präsentationen von subjektiv eingefärbten Berichten und Reaktionen auf Musik oder Themen. Wie beim Thema Reggae-Musik und Reggae-Kultur lassen sich auch beim Thema Helene Fischer als deutschem Entertainment-Phänomen vielfache Zugänge hörend, lesend, untersuchend und beschreibend und mit weiteren Formen des sprachlichen Reagierens und Gestaltens erschließen. Beispiel 2: Das deutsche Schlager-Phänomen Helene Fischer Das Phänomen der gegenwärtigen medialen Omnipräsenz der Unterhaltungskünstlerin Helene Fischer erscheint im Bereich Deutsch als Fremdsprache ein vielversprechendes Thema. So erlaubt es zum einen den Einsatz vielfältiger medialer Produkte, neben der Musik vor allem Konzertposter, Mitschnitte aus Fernsehshows, Fanblogs und Beiträge in Klatschblättern wie auch im Feuilleton qualitätsvoller Online-Zeitschriften. Zum anderen kann hier in besonderem Maße der Zusammenhang von künstlerischem Image, musikalischen Formen, Songtexten, Vermarktungsstrategien und vor allem dem ‚Appellcharakter‘ der Performerin präsentiert, diskutiert, recherchiert und auf unterschiedliche Weise bewertend kommuniziert werden. Erneut seien stichpunktartig Themen der fünf Kompetenzerschließungsbereiche genannt: Materielle Dimension: Melodischer Aufbau und formale Anlage, Rhythmus, Instrumentation usw. eines typischen Songs der Künstlerin; das visuell bestimmte Image der Performerin und ihre Modellierung von ‚Weiblichkeit‘; Textbausteine und ihr Appellcharakter (Sehnsuchtsbilder, eingehegter Eskapismus, Wunsch nach starken Emotionen etc.). Historische Dimension: Wandel der Kunstfigur Helene Fischer und Anpassung an den Massengeschmack; Erschließung immer weiterer Formate des Entertainments; besonderer Bezug des Liedes „Atemlos“ zur Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien; Kritik an einer Performance vor dem DFB -Pokalfinale 2017, Eintreten für die Bewegung ‚wirsindmehr‘ 2018. Funktionale Dimensionen: musikalische und textuelle Komponenten von Schlagern, wiederkehrende Textsignale und ihre Funktion für die Zuhörer und Zuschauer („Achterbahn“; „Atemlos“, „Herzbeben“), Entwicklung der Gattung ‚Schlager‘ und dessen unterschiedliche Bewertung, von der Ablehnung durch die kritische Musiktheorie bis zur gegenwärtigen Aufwertung und breiten Popularität. Ästhetische Dimension: Schaffung von Emotionen und Stimmungen durch Liebeslieder, Modellierung von Weiblichkeit und Starkult. Subjektive Dimension: Helene Fischer als ambivalente ‚Reizfigur‘ (mit Bezug auf die Modellierung von Weiblichkeit), Schlager in Deutschland heute, Recherchen zu individuellen Fragestellungen mit Bezug auf Helene Fischer und Schlager (Regionalität, andere Künstler und Künstlerinnen), Kritik an der Künstlerin und am Schlager, aber auch Schreiben eigener Schlagertexte in (ironisierender) Nachahmung oder Verwendung von Versatzstücken. <?page no="49"?> 50 Musik und interkulturelles Lernen 6 Kompetenzstufen In Anlehnung an Bähr et al. kann gleichfalls ein Kompetenzstufenmodell bei der hier vorgestellten Beschäftigung von Musik im interkulturellen Diskursfeld entwickelt werden (vgl. Bähr et al. 2003: 37). ▶ Kompetenzstufe 1 umfasst dabei lediglich die Wahrnehmung und Erfahrung elementarer Momente, wobei nahe liegende Beziehungen zur eigenen Erfahrungswelt sprachlich formuliert werden können. ▶ Kompetenzstufe 2 bezieht sich auf die Kompetenz, verschiedene, auch kulturell unterschiedliche Phänomene miteinander in Beziehung zu setzen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Persönliche Reaktionen auf Musik werden relativiert und können mit anderskulturellen Bezügen verbunden werden. ▶ Kompetenzstufe 3 beinhaltet vor allem, die Integrationsleistung mit Bezug auf interkulturelle Sinnzusammenhänge zu erkennen. Diese sind zu beurteilen und einzuordnen. ▶ Kompetenzstufe 4 schließt die Fähigkeit der eigenständigen Bewältigung von kulturdifferenten und ambivalenten Sinnstrukturen ein. ▶ Kompetenzstufe 5 beinhaltet die Fähigkeit, komplexe, unbekannte und auch thematisch breite Musikphänomene in vielfachen, prozessualen Bedeutungen zu erschließen. Diese Kulturerschließung stellt eine Art der übergeordneten interkulturellen Orientierungskompetenz dar. Diese schrittweise aufeinander bezogenen Kompetenzstufen beginnen demnach mit grundlegenden Lernprozessen, die sukzessive zu einer erweiterten Kultur- und Welterschließungskompetenz führen. Den Themenbereichen des interkulturellen Lernens mit Musik sind dabei keine Grenzen gesetzt. Denn es existiert, mit den Worten des Musikwissenschaftlers Eggebrecht, eine „unauslotbare Menge“ (2000: 721) von Bedeutungen im Bereich musikpraktischer, lebensweltbezogener, sozial- und kulturgeschichtlicher, wirtschaftlicher, politischer, bildungs- und religionsgeschichtlicher Themen. All diese Bezüge finden sich in musikalischen Phänomenen. Es spricht demnach vieles dafür, das Thema Musik beim interkulturellen Lernen stärker als bisher zu beachten. <?page no="50"?> 51 1 Legitimation: Warum Musikunterricht in der Fremdsprache? CLIL -Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning ( CLIL ) Charlott Falkenhagen & Gabriele Noppeney Abstract Was ist eigentlich CLIL -Musik? Wie unterrichtet man nach diesem Konzept? Und wie legitimiert sich die Verbindung aus Fremdsprachenunterricht und dem ‚Randfach‘ Musik in einem bilingualen Unterrichtssetting? Im folgenden Beitrag steht die Vermittlung von grundlegendem Wissen über CLIL-Musik im Mittelpunkt. Neben einer Einordnung und Definition von CLIL-Musik sowie der Erläuterung seiner Ziele und Formen wird ein kurzer Überblick über bisherige Forschungstendenzen gegeben. Zu Beginn des Beitrags steht eine Potenzialanalyse. Einen weiteren Schwerpunkt bilden methodisch-didaktische Aspekte der unterrichtlichen Arbeit. Kurze Beispiele aus der Unterrichtswirklichkeit zeigen die ineinander verschränkte fachlich-inhaltliche, fremdsprachliche wie auch methodische Arbeit in CLIL-Musik. Abschließend folgt ein Plädoyer für den Musikunterricht in der Fremdsprache, allerdings nicht ohne auch auf die Herausforderungen hinzuweisen. 1 Legitimation: Warum Musikunterricht in der Fremdsprache? Viele Lehrerinnen und Lehrer, Referendarinnen und Referendare wie auch Lehramtsstudierende haben bei der Diskussion über CLIL -Musik immer wieder dieselben Bedenken. Musiklehrkräfte äußern die Sorge, ob das ‚Fachliche‘ nicht zu kurz komme, wenn man Musik in der Fremdsprache unterrichtet. Weiterhin zweifeln sie daran, ob die Schülerinnen und Schüler auch wirklich alles in der Fremdsprache sagen könnten, was sie über die gehörte oder erlebte Musik ausdrücken wollen. Einige fragen explizit nach dem Mehrwert für das Fach Musik, denn betrachtet man das gesamte Stundenkontingent, bliebe ja ohnehin schon wenig Zeit für die eigentlichen Fachinhalte- - wie soll man da noch die Fremdsprache bedienen? Die Fremdsprachenlehrkräfte bemängeln die eigenen musikpraktischen Kompetenzen und das fehlende Fachwissen in Musik. So steht für viele Lehrkräfte von vornherein fest: nur Kollegen mit Doppelfakultas (Musik und eine moderne Fremdsprache) können CLIL -Musik unterrichten oder es muss im Team unterrichtet werden, was planungstechnisch oftmals eine Herausforderung ist. 1 Trotz dieser Bedenken gibt es viele gute Gründe für ein kombiniertes Musik- und Fremdsprachenlernen in der Schule (vgl. Falkenhagen 2014, Helms 2004, Mentz 1 Die in diesem Absatz genannten Eindrücke und Meinungen entstanden in den Diskussionen zu CLIL - Musik in unserer zehnjährigen Fortbildungs- und Seminartätigkeit in der Lehreraus- und -fortbildung. Studien zur Lehrerperspektive im bilingualen Musikunterricht existieren bisher noch nicht. Es gibt in zwei Studien vereinzelte Aussagen von Lehrkräften, die Rückschlüsse auf die Herausforderungen von CLIL -Musik zulassen (vgl. Rosenbrock 200, Falkenhagen 2014). Diese werden aber hier nicht weiter thematisiert. <?page no="51"?> 52 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) 2010, Rosenbrock 200). Mögliche Positiveffekte von bilingualem Musiklernen können unter anderem wie folgt kategorisiert und beschrieben werden: ▶ Motivation Im bilingualen Musikunterricht sind Fremdsprache und Musik als Motivationsträger wechselseitig aktiv und bedingen sich gegenseitig. Lernende mit Präferenzen für die Fremdsprache, aber Ressentiments gegenüber Musik können den Musikunterricht als Anwendungsform von Fremdsprache neu entdecken und sich stärker einbringen (vgl. Falkenhagen 2014). Andererseits können musikaffine Schülerinnen und Schüler weiterhin ihre Stärken in der fachlichinhaltlichen Arbeit zeigen, auch wenn sie in der Fremdsprache weniger leistungsbereit sind, da die musikpraktischen, handlungsaktiven Anteile immer ein fester Bestandteil jeglichen Musikunterrichts sind und so nonverbale Kommunikation über das Musikmachen gewährleistet ist. Durch die Kombination mit einem prüfungsrelevanten Kernfach (meist Englisch oder Französisch) kann das Fach Musik im Bewusstsein und in der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler wie auch der Kolleginnen und Kollegen eine Aufwertung aus seiner Nische als ‚Randfach‘ erfahren (vgl. Helms 2004). Das Sprachfach wiederrum wird in Bezug auf die Schaffung eines authentischen Kontexts, in dem Fremdsprache als gelebte Arbeitssprache fungiert und von den Schülern ausprobiert werden kann, stärker geschätzt (vgl. Falkenhagen 2014). ▶ Authentizität Jegliches CLIL -Unterrichtssetting profitiert von der Möglichkeit authentische Materialien zu erleben und zu bearbeiten-- so auch bei der Besprechung von musikalischen Werken, Genres, Gattungen oder Liedern aus dem Zielsprachenraum. Der Zusammenhang zwischen Fremdsprache, authentischen Materialien und musikalischen Inhalten erscheint für die Lernenden logisch und bildet einen sinnstiftenden Lernkontext (vgl. Rosenbrock 200). ▶ Musikalische und fremdsprachliche Fachkompetenz Beim kombinierten fremdsprachlichen wie musikalischen Handeln entstehen wichtige Synergieeffekte, die es zu nutzen gilt. Singen ist die Basis eines jeden Musikunterrichts und eignet sich in besonderer Weise, Vokabeln und fremdsprachige Phrasen zu memorisieren. Weiterhin machen Singen, Rappen und rhythmisches Sprechen mit dem Klang, der Betonung und dem Rhythmus der Fremdsprache vertraut. In musikpraktischen Unterrichtsphasen, die vor allem den Unterricht in der Sekundarstufe 1 dominieren, müssen die Schülerinnen und Schüler Anweisungen rezeptiv folgen und sie unmittelbar musikpraktisch umsetzen. Dies geschieht vielfach durch Vor- und Nachmachen. So unterstützt und begleitet die Fremdsprache die Hands-on-Aktivität. Weiterhin erlaubt eine Besonderheit des Fachs Musik, nämlich die Konkretheit der verwendeten Dinge (Instrumente, Spieltechniken, Sitzordnungen, Abläufe), eine ständig wiederholte und damit festigende Verwendung der Fremdsprache. Das geringe Abstraktionsniveau beim musikpraktischen Arbeiten entlastet die Fremdsprachennutzung und ermöglicht problemloses Verstehen der Handlungsaufträge. Bei der Besprechung einiger Themenfelder des Musikunterrichts verwendet man auch im muttersprachlichen Unterricht fremdsprachliche Fachtermini (z. B. Bridge, Blue notes, Worksong), die keine Übersetzung <?page no="52"?> 53 2 CLIL-Musik: Was ist das? erfahren würden. Hier ist der Schritt zu einer vollständigen fremdsprachlichen Erschließung des Themas eher klein. ▶ Selbstkompetenz CLIL -Musik bietet optimale Rahmenbedingungen für das ungezwungene Ausprobieren von Fremdsprache im Fachkontext und kann damit die Bereitschaft der Lernenden erhöhen, die Fremdsprache zu verwenden. Im Optimalfall gehen fremdsprachliche Leistungen nicht in die Bewertung ein. Die Sachfachleistung steht im Vordergrund der Benotung. ▶ Kontaktzeit Findet der Musikunterricht in der Fremdsprache statt, erhöht sich automatisch die Kontaktzeit. Die Schülerinnen und Schüler sind der Fremdsprache länger bzw. öfter ausgesetzt und erleben die Fremdsprache auch aus einer anderen Perspektive als im regulären Sprachunterricht. Es steht insgesamt mehr Zeit für das Musik- und das Fremdsprachenlernen zur Verfügung. Studien von Cabernard 201, Falkenhagen 2014 und Rusteberg 201 konnten weitere Potenziale von CLIL -Musik identifizieren. So beschreiben die Schülerinnen und Schüler immer wieder das freie ungezwungene Englischsprechen als besonders motivierend. Einige Schülerinnnen und Schüler sprechen von fast ‚automatischem‘ Englisch ohne Angst vor Fehlern, andere von einer beinahe schon unbewussten Verwendung der Arbeitssprache Englisch (Falkenhagen 2014). 2 CLIL -Musik: Was ist das? Allgemein bezeichnet das bilinguale Lehren und Lernen den Unterricht eines oder mehrerer Schulfächer in einer Fremdsprache als Unterrichtssprache. Eine bilinguale Partnerschaft können hierbei alle modernen (Schul-)Fremdsprachen und jegliche Sachfächer eingehen. Im Handbuch Fremdsprachenunterricht wird das derzeitige bilinguale Bildungsangebot als sprachen- und fachintegrierter Unterricht beschrieben, welches auf die Ausbildung einer zweibzw. mehrsprachigen (Fach-) Kompetenz (Literalität) abzielt und dazu zumeist zwei Sprachen (gemeint sind Mutter- und Fremdsprache) für die systematische Vermittlung von nicht sprachlichen Inhalten nutzt (vgl. Burwitz-Melzer et al. 2015). Begriffsvarianten oder Spezifizierungen sind ‚Bilingualer Bildungsgang‘, ‚Bilingualer Sachfachunterricht‘ ( BSFU ), ‚Bilinguale Züge‘ und ‚Bilinguale Module‘ (BilMod). Diese Bezeichnungen führen teilweise die entsprechende Organisationsform bereits im Begriff, z. B. als Kurz- oder Langzeitvariante. Auch werden die genannten deutschsprachigen Bezeichnungen allgemein mit dem Begriff Content and Language Integrated Learning ( CLIL ) gleichgesetzt, denn CLIL definiert sich als „dual-focused educational approach in which an additional language [≠ native language] is used for learning and teaching of both content and language” (Marsh 2008: 9). Im deutschsprachigen Raum hat sich der Begriff ‚Bilingualer Unterricht‘ ( BU ) durchgesetzt, während im internationalen Kontext und in der wissenschaftlichen Forschung CLIL gebräuchlicher ist. Bilingualer Musikunterricht oder CLIL -Musik ist die Durchführung des Musikunterrichts (komplett oder teilweise) in der Fremdsprache. <?page no="53"?> 54 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) 3 Kurzzeit- und Langzeitformen: Welche Vor- und Nachteile gibt es? Bilingualer Unterricht besitzt deutschlandweit vom Kindergarten über die Primarstufe bis in die weiterführenden Schulen einen hohen Verbreitungsgrad und wird in vielen Formen und Varianten angeboten. Insgesamt konstatiert die KMK (2013), dass bilingualer Unterricht in Deutschland: 1) in mindestens vierzehn verschiedenen Sprachen, 2) von der Vorschule bis zum (Fach-)Abitur, 3) sowohl durchgängig für ein oder mehrere Schuljahre als auch in Modulen, Projekten oder auch nur einzelnen Schulstunden, 4) in allen nicht sprachlichen Fächern und 5) mit verschiedenen inhaltlichen, sprachlich-interkulturellen und methodischstrategischen Lernzielen erteilt wird. 2 Für den bilingualen Musikunterricht existiert keine aktuelle Datenlage, die zeigen würde, in welchen Formen (Kurz- oder Langzeit) Musik bilingual unterrichtet wird. Trotz dieser Datenlücke finden sich in den Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz Zahlen, die die allgemeine Verbreitung von CLIL -Musik in Deutschland zeigen ( KMK 200 / 2013). Während das Fach Musik im Jahre 200 nur von vier Bundesländern als Sachfachpartner für bilingualen Unterricht gemeldet wurde (vgl. KMK 200: 17), sind es 2013 schon elf Bundesländer (vgl. KMK 2013: 14). Mittlerweile dürfte sich dieser Trend fortgesetzt haben, so dass man heute davon ausgehen kann, musikalisch-bilinguale Lehr- und Lernangebote in allen Bundesländern finden zu können. Obwohl in der Praxis sowohl Langzeitals auch Kurzzeitvarianten von CLIL -Musik an vielen unterschiedlichen Schultypen existieren, lässt sich bisher nur darüber spekulieren, ob eher die eine oder die andere Implementierungsform favorisiert wird. Für beide Varianten ergeben sich für die unterrichtliche Arbeit Potenziale, aber auch Herausforderungen. Generell entstehen für das Arbeiten in Kurz- oder Langzeitvariante unterschiedliche Zielsetzungen und Herangehensweisen an CLIL -Musik. Auch die Effekte der integrierten Fremdsprachen- und Sachfacharbeit können sich von Kurzzeitzu Langzeitvariante unterscheiden. CLIL -Musik Modul (Kurzzeitvariante) ▶ Potenziale Die Modulvariante (vgl. Krechel 2003: 195 ff.) gestaltet sich als besonders flexibel (Zeitpunkt, Dauer und Themenwahl) und eröffnet für die Schülerinnen und Schüler kurzweilige Möglichkeiten der Annäherung an die vernetzende Arbeit von Inhalts- und Sprachenlernen. Vor allem in der Modulform kann CLIL -Musik sich an die jeweiligen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler im Unterricht anpassen. Das ermöglicht auch im Schulalltag oder im Rahmen des Schulprogramms fremdsprachliche Schwerpunktsetzungen. Es kann immer ein Thema bzw. ein Stoff aus dem Zielsprachenraum ausgewählt werden, d. h. die inhaltliche Passung zur Fremdsprache ist gewährleistet (z. B. Jazz, West Side Story, Komponisten und deren Kompositionen aus dem anglophonen Sprachraum, aktuelle Popmusik). 2 Eine genaue Auflistung der Formen bilingualen Unterrichts in Deutschland findet sich bei Finkbeiner / Fehling (2002: 9 ff.). <?page no="54"?> 55 4 Sachfachliche, fremdsprachliche, interkulturelle, pädagogische oder bildungspolitische Ziele? In der unterrichtlichen Arbeit im Modul werden die positiven Effekte auf die Schülermotivation am stärksten empfunden. Die neue Arbeitsform ist an sich schon motivierend, berücksichtigt aber auch andere Potenziale bei den Schülerinnen und Schülern und bietet somit neue Möglichkeiten, sich und sein Können in den Fachunterricht einzubringen (vgl. Falkenhagen 2014). ▶ Herausforderungen Besonders bei erstmaliger Durchführung in Modulform findet verstärkt das sogenannte Code-switching statt und sollte zunächst toleriert werden (vgl. Falkenhagen 2014). Auch kann das fachliche Niveau sinken, da zu wenig Zeit für die fremdsprachliche Einführung und Umwälzung der nötigen Fachsprache bleibt. Um dennoch den Unterrichtsfluss und die Kommunikation zu gewährleisten, kann in einigen Situationen die fachliche Tiefe leiden. Hier ist es allerdings möglich, bewusst eine Unterrichtsphase in der Muttersprache einzuschieben, die Aufgaben mit einem höheren Anforderungsniveau beinhaltet. CLIL -Musik (Langzeitvariante) ▶ Potenziale In der Langzeitvariante von CLIL -Musik können grundlegende Kompetenzen im bilingualen Arbeiten aufgebaut und mit bereits bestehenden Kompetenzen aus der separaten Arbeit in beiden Fächern vernetzt werden: fachliche, fremdsprachliche, aber auch konzeptuelle und diskursiv-reflexive Kompetenzen. Es bleibt mehr Zeit für die fremdsprachliche Arbeit (Scaffolding) und die Bildung von fachspezifischer Fremdsprache durch mehrfaches Umwälzen, Üben und Anwenden. ▶ Herausforderungen Die inhaltliche Passung von Lerngegenstand und Zielsprache kann nicht immer gegeben sein, da nach dem Musiklehrplan gearbeitet wird und dieser auch rein muttersprachliche Themen wie Bachs Oratorien oder Beethovens Symphonien beinhalten kann. Hier kann entweder auf zielsprachliche Inhalte zurückgegriffen werden (z. B. Händels englischsprachige Oratorien) oder Originalquellen zum Sujet (z. B. Notizen Beethovens) werden in der Muttersprache belassen, aber fremdsprachig bearbeitet. 3 4 Sachfachliche, fremdsprachliche, interkulturelle, pädagogische oder bildungspolitische Ziele? Was steht im Fokus? Allgemein zielen die verschiedenen Formen von bilingualem Musikunterricht darauf ab, eine Integration von inhaltlich-fachlichem und fremdsprachigem Lernen mit einem tieferen Einblick in die musikalische Kultur des Zielsprachenraums zu erreichen. Auch kommt CLIL -Mu- 3 Zur Diskussion um die Auswahl der Inhalte im längerfristigen CLIL Musikunterricht vgl. Rosenbrock (2007: 115 ff.). <?page no="55"?> 56 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) sik angesichts der zunehmenden Ausbreitung beispielsweise des Englischen als lingua franca durch die Globalisierung den immer stärker werdenden Forderungen nach Vorbereitung auf die internationalisierte Lebens- und Berufsrealität der Schülerinnen und Schüler nach. Diese Ziele beinhalten einen übergeordneten, bildungspolitischen Anspruch, den Länder, Bund und Europa an den bilingualen Unterricht stellen. Getragen von den Mehrsprachigkeitskonzepten innerhalb der EU (vgl. Nelde 1993, Rutke 2002, Christ 2002, Wolff 2000, 2007) meißelt der gesamteuropäische Referenzrahmen, der sogenannte Common European Framework for Language Reference ( CEF 2001), den interaktiven, interkulturell adäquat handelnden Fremdsprachensprecher als Zielfigur in Stein. Wie der folgende Auszug zeigt, favorisiert der CEF ein handlungsorientiertes und inhaltlich-kontextuell stark angebundenes Fremdsprachenlernen. Language use, embracing language learning, comprises the actions performed by persons who as individuals and as social agents develop a range of competences, both general and in particular communicative language competences. They draw on the competences at their disposal in various contexts under various conditions and under various constraints to engage in language activities involving language processes to produce and / or receive texts in relation to themes in specific domains, activating those strategies which seem most appropriate for carrying out the tasks to be accomplished. (Council of Europe 2001: 9, Hervorhebung hinzugefügt) Den unterschiedlichen Gewichtungen der im Wesentlichen auszumachenden fünf Zieldimensionen- - sachfachlich, fremdsprachlich, interkulturell, pädagogisch und bildungspolitisch-- kann auch im wissenschaftlichen Diskurs zu einer allgemeingültigen bilingualen Didaktik der letzten 20 Jahre nachgespürt werden. Wolfgang Hallet (1998) setzt mit seinem Bilingual Triangle, welches die Ziele und Inhalte eines bilingualen Unterrichts aus eigenkulturellen, zielkulturellen und kulturübergreifenden Aspekten zuordnet, stark auf die interkulturelle Sprachhandlungsfähigkeit der Lernenden. Das 4Cs Framework von Do Coyle (200) basiert eher auf einem vom Sachfach (content) ausgehenden Ansatz. Dieses Modell fokussiert die wechselseitigen Beziehungen und das integrative Moment zwischen Inhalts- und Sprachenlernen vor einem lerntheoretischen Hintergrund und betont die Synergieeffekte zwischen dem eigentlichen Lernprozess eines Menschen (content & cognition) und dem Fremdsprachenlernen (communication & culture). Damit rückt das fremdsprachige Begriffslernen ins Zentrum bilingualer Didaktikforschung. Hier werden im und durch den Lerner fachspezifische Konzepte als kognitive Strukturen sprachlich repräsentiert und zugleich fachliche Systematiken aufgebaut (vgl. Zydatiß 2002, Heine 2010). Wolfgang Zydatiß (2007) wiederum propagiert die Entwicklung fächerübergreifender, transferfähiger Diskurskompetenzen als Hauptziel des bilingualen Lehrens und Lernens. Dazu stellt er den Erwerb von Diskursfunktionen wie beispielsweise ‚Beschreibung‘ oder ‚Hypothesenbildung‘ in den Mittelpunkt, mit deren Hilfe jegliche fachlich-diskursive Sprachverwendung stattfinden kann (vgl. Dalton-Puffer 2007, Zydatiß 2007: 447 ff.). Mit Stephan Breidbachs ‚Reflexiver Didaktik‘ (2007) verschiebt sich erneut der Fokus in den Zieldimensionen für den bilingualen Unterricht. Breidbachs Modell einer integrativen bilingualen Didaktik aus der Perspektive bildungstheoretischer und pädagogischer Reflexionen möchte „das Nachdenken über grundsätzliche didaktische und bildungstheoretische Fragen, <?page no="56"?> 57 die sich aus dieser Unterrichtsform ergeben, anregen und schärfen“ (Breidbach 2007: 44 f.). Er kategorisiert dabei vier Zieldimensionen (konzeptuelle, praktisch-methodische, sprachliche und reflexive Dimension), wobei die reflexive Dimension im Sinne einer übergeordneten ‚Menschenbildung‘ im Vordergrund steht. Das Finden der persönlichen wie kulturellen Identität und die dazu nötige reflexive Tätigkeit sich selbst ins Verhältnis zur Welt setzen zu können, um eigene Identität zu begreifen und zu verändern, bestimmen in dieser Theorie den Bildungsanspruch von bilingualem Unterricht. Gemäss den jeweiligen Ausrichtungen der verschiedenen didaktischen Ansätze werden auch die Zielvorstellungen immer wieder neu diskutiert und anders akzentuiert. Neben diesen wissenschaftlichen Orientierungen und Zielvorstellungen hat sich für den Unterrichtsalltag folgende Praxis bewährt, konkrete Ziele für den eigenen Unterricht zu formulieren: Die fachlich-inhaltlichen Zielsetzungen bilingualen Lehrens und Lernens orientieren sich meist an den jeweiligen Zielsetzungen, Themenstellungen, Methoden und Lerngegenständen der Sachfächer, die den spezifischen Lehrplänen des jeweiligen muttersprachigen Unterrichts der einzelnen Bundesländer und Schultypen entnommen sind. Mittlerweile haben die meisten Bundesländer für die gängigsten Kombinationen, z. B. die Gesellschaftswissenschaften auf Englisch bzw. Französisch, eigene Lehrpläne entwickelt oder Erweiterungen für die bestehenden Curricula formuliert. Hier lohnt sich ein Blick in die Lehrpläne auf den verschiedenen Schulportalen der Länder. Fremdsprachliche Ziele beinhalten vor allem die Erweiterung des Fachvokabulars, das Sammeln von Erfahrungen im Umgang mit der Fremdsprache als Lern- und Arbeitssprache sowie die Bewältigung fachspezifischer Situationen und Anforderungen. Zusätzlich kann die bilinguale Arbeit im Sachfach den Schülerinnen und Schülern erhöhte Einsichten zum Nutzen der Fremdsprache in einem fachbezogenen Rahmen geben. Bei bestimmten Fachinhalten kann u. a. eine Verbesserung der Berufsvorbereitung durch den Kontakt mit fachspezifischem Englisch oder Französisch angestrebt werden. Im musikalischen Kontext wären hier vor allem Berufsmusiker (Orchestermusiker, Sängerinnen und Sänger, Musikpädagoginnen und -pädagogen etc.) zu nennen. Diese müssen nicht selten mit Gastdirigentinnen und -dirigenten aus aller Welt proben und sollten das gängige Fachvokabular und Phrasenwissen besitzen, um beispielsweise einer fremdsprachig angeleiteten Orchesterprobe folgen zu können. Im Fach Musik bestimmen musikalisch-analytische, musiktheoretische wie -praktische, interpretatorische, interwie transkulturelle Kompetenzen und Diskursfähigkeiten den Unterricht und dessen Planung. Ausgehend davon wird nicht nur die Unterrichtsgestaltung, sondern auch die Zielformulierung vorgenommen. Grob skizziert ergeben sich folgende Kompetenzfelder für CLIL -Musik, wobei eine weiterführende Differenzierung immer abhängig von der Ausprägung der Sachfachkompetenzen im Lehrplan des jeweiligen Bundeslandes bleibt. 4 Sachfachliche, fremdsprachliche, interkulturelle, pädagogische oder bildungspolitische Ziele? <?page no="57"?> 58 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Sachkompetenz in der Fremdsprache musikalische Konzepte, Strukturen und Begrifflichkeiten verwenden können und auf neue Kontexte applizieren können Kommunikative Kompetenz in der Fremdsprache Musik analysieren und interpretieren können in der Fremdsprache über Musik diskutieren und reflektieren können (Inter)kulturelle Kompetenz zwischen fremdsprachiger und muttersprachiger Musik Bezüge finden fremdsprachige und muttersprachige Musik rezipieren können Gestaltungskompetenz fremdsprachige Musik gestalten und performen können in der Fremdsprache proben können Interkulturelle fremd- und muttersprachliche musikästhetische Handlungskompetenz Abb. 1: Subkategorien einer bilingualen musikästhetischen Handlungskompetenz (eigene Darstellung) 5 Kurzüberblick Forschung: Wann wurde wonach geforscht und warum? Seit den frühen 1970er Jahren findet man die unterschiedlichsten Praktiken und Modelle bilingualen Unterrichtens in Deutschland. Impulse für die Durchführung erster Unterrichtsmodelle lieferten die deutsch-französischen Verträge von 193, die die Aussöhnung der beiden Staaten zum Ziel hatten: hier fungierte der bilinguale Unterricht als besonderer Beitrag zur Völkerverständigung (vgl. Mäsch 2007, Mentz et al. 2007). Der fremdsprachig geführte Unterricht der Gesellschaftswissenschaften (v. a. Geschichte) setzte auf eine direkte Förderung der politisch angestrebten Aussöhnung zwischen den Völkern. Damals zeichnete sich der bilinguale Unterricht also durch eine Reihe von praxisbezogenen Ansätzen aus, die zunächst nur wenig mit wissenschaftlicher Forschung seitens der Fremdsprachen- oder Sachfachdidaktiken vernetzt waren (vgl. Zydatiß 2004: 89, vgl. Wildhage / Otten 2003: 15, vgl. Doff 2010: 11). In den 1990er Jahren begann allmählich die wissenschaftliche Aufarbeitung und damit einhergehende theoretische Erschließung der bilingualen Unterrichtspraxis. In dieser Zeit erforschte man diese Unterrichtsform vor allem aus der Sicht der Fremdsprachendidaktiken, die den Fokus auf die Beschreibung und Analyse fremdsprachlichen Kompetenzgewinns legten. Sachfachliche Anliegen wurden wenig bis gar nicht thematisiert (vgl. Doff 2010: 11). Dies änderte sich jedoch mit der zunehmenden Verbreitung von bilingualem Unterricht und dem immer größer werdenden Kanon an Sachfächern. Zusätzlich zu den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern (Geschichte, Geographie, Wirtschaft und Politik), <?page no="58"?> 59 6 Ist Musik als Sachfachpartner ‚besser geeignet‘ als beispielsweise Mathematik? die bis heute den größten Anteil der bilingualen Sachfächer ausmachen, wurden nun auch die Naturwissenschaften (v. a. Biologie) und die künstlerisch-ästhetischen Fächer (Musik, Sport, Kunst) in einer Fremdsprache unterrichtet. Neben den Bestrebungen den fremdsprachlichen Kompetenzzuwachs zu bestimmen, stellte man nun verstärkt Fragen nach dem Mehrwert für das Sachfach. Auch rückten Fragen nach der fachlich-diskursiven Sprachverwendung und nach den mit dem fachlichen Lernen verbundenen Bedeutungsaushandlungsprozessen in den Blick (vgl. Zydatiß 2004, 2007). Gerade bezüglich des sachfachlichen Kompetenzerwerbs lassen sich bis heute wenig allgemeingültige Aussagen treffen (vgl. Mentz 2010: 35). Eine breite, wissenschaftlich fundierte und empirisch abgesicherte Grundlagenforschung zum sachfachlichen Kompetenzerwerb existiert bisher nur für die Fächer Geografie (u. a. Weber 1993, Meyer 2003, Golay 2005, Müller-Bittner 2008, Meyer 2009, Albrecht / Böing 2010) und Geschichte (u. a. Helbig 2001, Lamsfuß-Schenk 2002, Rössler 2002, Hasberg 2004, 2009, Müller-Schneck 200, Kollenrott 2008, Theis 2010). Diese Studien weisen eindeutig den gleichen sachfachlichen Kompetenzzuwachs im bilingualen Unterricht wie im muttersprachlichen Unterricht nach. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen erste stichprobenartig durchgeführte Studien in den naturwissenschaftlichen Fächern (u. a. Bonnet 2004, Bohn / Doff 2010). Auch einzelne qualitative Studien im Fach Sport (Schmidt-Millard 2004, Devos 201) und in den künstlerisch-ästhetischen Fächern (Rymarczyk 2003, Rottmann 200, Falkenhagen 2014) bestätigen die Annahme, dass sich keine Verluste sachfachlicher Inhalte bei der Vermittlung in einer Fremdsprache nachweisen lassen. Aktuelle Studien (z. B. Rumlich 201) thematisieren erneut den fremdsprachlichen Nutzen. In einem quantitativen Forschungssetting zeigt Rumlich, dass abgesehen von einem kleineren Zugewinn im Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler, CLIL oder bilingualer Unterricht langfristig wenig signifikante Effekte in Bezug auf seine Wirksamkeit beim fremdsprachlichen Kompetenzgewinn aufweist. Nach anfänglichem Kompetenzzuwachs in der Fremdsprache bei den bilingual geführten Klassen, spricht er von einer Art Niveauangleichung in der Fremdsprache nach einigen Jahren bilingualen Unterrichts zwischen muttersprachlich und fremdsprachlich geführten Klassen. Andere Studien kommen zu dem Schluss, dass gerade die Kombination aus Mutter- und Fremdsprache das Vokabel- und Konzeptwissen insgesamt vergrößert und zu höherer Verarbeitungstiefe der Inhalte führt (vgl. Heine 2010, Lamsfuß-Schenk 2010, Zydatiß 2010, Poarch 2013). Bezüglich der Gesamtheit aktueller Forschungstendenzen konstatieren Breidbach und Viebrock (2013) eine stetig steigende Anzahl an empirischen Studien, die alle möglichen Bereiche der Prozesse und Erträge bilingualen Lehrens und Lernens untersuchen. 6 Ist Musik als Sachfachpartner ‚besser geeignet‘ als beispielsweise Mathematik? Mit der Anfang der 2000er Jahre beginnenden Erweiterung des bilingualen Fächerkanons stellte man sich die Frage, ob beispielsweise bestimmte Fächer wie Musik besser für ein CLIL - Unterrichtsetting geeignet seien als andere. Dazu konstatierte einst Wolfgang Zydatiß: „Jedes Fach birgt ein Potenzial, welches im bilingualen Unterricht als wechselseitige Beziehung zwischen Sprach- und Sachfachkompetenzerwerb wirken kann.“ (Zydatiß 2004: 89) Das <?page no="59"?> 60 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) bestätigt auch die derzeitige bilinguale Unterrichtspraxis: Kein Sachfach ist ausgeschlossen. Aber gibt es nicht doch Fächer, in denen das bilinguale Lernen ‚leichter‘ oder ‚besser‘ geht? In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder das Fach Musik erwähnt: Gerade im Hinblick auf den BU [bilingualer Unterricht] kann darüber hinaus berücksichtigt werden, dass es in manchen Fächern fachspezifische Arbeitsweisen und Inhalte gibt, die primär auf rezeptive sprachliche Fertigkeiten zurückgreifen. Mit solchen Inhalten und Arbeitsweisen können auch Lernende mit einer geringeren produktiven Sprachkompetenz einem BU folgen, da in erster Linie der Input der Lehrkraft von hoher Relevanz ist. Dies kann zum Beispiel bei den eher praktisch orientierten Fächern wie Musik, Kunst oder Sport der Fall sein. (Mentz 2010: 41-42) Nach Meinung der Autorinnen kann man generell wohl eher von ‚besonderer‘ als von ‚besserer Eignung‘ sprechen. Das Fach Musik bzw. alle künstlerisch-ästhetischen Fächer können aufgrund ihrer fachspezifischen Methoden und Arbeitsweisen demnach in ‚besonderer Weise‘, vor allem auch für CLIL -Anfänger, für den bilingualen Unterricht geeignet sein. Folgende fachspezifische Eigenheiten fördern das bilinguale Arbeiten: Der Musikunterricht an sich besitzt vor allem in der Sekundarstufe I ein niedriges Abstraktionsniveau sowie eine starke Handlungsorientierung. So müssen die Schülerinnen und Schüler in musikpraktischen Unterrichtssituationen nicht immer gleich die Fremdsprache sprechen, sondern können nonverbal bzw. musikalisch antworten. Das gemeinsame Singen und Musizieren löst bei den Schülerinnen und Schülern positive Effekte in Bezug auf die Arbeitsatmosphäre und das Gruppenempfinden aus (Falkenhagen 2014, Rusteberg 201, Cabernard 201), was sich auch auf das als immer wieder „angstfrei“ (Falkenhagen 2014) beschriebene Ausprobieren der Fremdsprache in den musikpraktischen Probesituationen (rehearsals) auswirkt. Zusätzlich können sich die Schülerinnen und Schüler an immer wiederkehrenden Aufforderungen und Anweisungen orientieren sowie sich an der Form und dem Text des Musikstücks ‚festhalten‘. Weiterhin ist es im Fach Musik möglich, viele Themen aus dem zielkulturellen wie auch globalen Raum über unterschiedliche theoretische und musikpraktische Zugänge zu erarbeiten. Diese starke Verknüpfung von Theorie und Praxis führt zu einem tiefgreifenden Verstehen des Lerngegenstands und ist in dieser Form wahrscheinlich nur für die künstlerisch-ästhetischen Fächer charakteristisch. Dies gilt auch dann, wenn Musik bilingual unterrichtet wird. Das Fach Musik bietet schülernahe Sprechanlässe und kann (inter- und trans-) kulturelle Perspektiven einbeziehen. Der hohe Anteil an immer wiederkehrenden Elementen aus der Alltagssprache ist ein weiterer positiver Gesichtspunkt, der einen niedrigschwelligen Zugang zu CLIL ermöglicht. Zudem haben Schülerinnen und Schüler sehr gute Möglichkeiten, eigene Erfahrungen in den Musikunterricht einzubringen. Neben seinem hohen Anschauungsgrad und seiner großen Präsentationsvielfalt besitzt das Fach Musik also genau die Komponenten, die eine abwechslungsreiche und aktiv-handelnde, sprachliche wie musikpraktische Auseinandersetzung mit einer in der Fremdsprache vermittelten Thematik bieten. Es scheint somit auch als CLIL -Einsteigerfach sehr geeignet. <?page no="60"?> 61 7 Was sollte man grundsätzlich beachten? 7 Was sollte man grundsätzlich beachten? Auch in CLIL -Musik gelten die für bilingualen Unterricht üblichen Prinzipien der ‚funktionalen Mehrsprachigkeit‘ und message before accuracy. Funktionale Mehrsprachigkeit bezieht sich auf den sinnvollen Einsatz der Muttersprache und deren ausgewogener Nutzung im Unterrichtsgeschehen im Vergleich zur Fremdsprache. Fachbegriffe, wichtige Sachverhalte und Ergebnisse sollten in der Muttersprache abgesichert werden. Auch bei der Klärung von Verständnisschwierigkeiten sowie bei der Erläuterung komplexer, abstrakter und damit schwieriger Sachfachinhalte kann auf die Muttersprache zurückgegriffen werden (vgl. Krechel 2003: 200-201). In einem bilingualen Unterrichtssetting wird die Fremdsprache ausschließlich als Arbeitssprache verwendet, d. h. die fachbezogenen Inhalte stehen im Vordergrund und die Fremdsprache dient als Instrument der Bewältigung derselben. Hierfür benötigen die Schülerinnen und Schüler vor allem rezeptive Fähigkeiten im Umgang mit authentischen Materialien sowie eine gewisse fremdsprachliche Flexibilität und beides muss gefördert werden. Da erscheint es nur logisch, dass diese fachbezogene Spracharbeit auch einen anderen Umgang mit der Fremdsprache erfordert. Die Texte, egal ob sprachliche oder außersprachliche Zeichen (Bilder, Graphen, Noten, Partituren, Comics, Cartoons), werden nicht sprachlich analysiert, sondern müssen inhaltlich dekodiert und verarbeitet werden. Auf diese Informationsentnahme und -verarbeitung müssen die Schülerinnen und Schüler sprachlich vorbereitet werden. So bedarf es bei der Nutzung von authentischen Texten oftmals verschiedener (nicht) sprachlicher Stützen, wie zum Beispiel Glossare, Wörterbücher oder visueller Hilfen, die bei der Informationsentnahme helfen. Bei der Besprechung und Auswertung der im Text, in den Noten oder in Graphen präsentierten Inhalte, der sogenannten Versprachlichung der gewonnenen Erkenntnisse und Informationen, müssen auch fremdsprachliche Unterstützersysteme (vgl. Christ 2002, Krechel 2003) in Form von Scaffolding, einer strukturierten, aufeinander aufbauenden Wortschatz- und Phrasenarbeit, zur Verfügung stehen. Diese beinhaltet fremdsprachliche Warm-ups und Wiederholungsübungen zu Vokabeln, den Gebrauch von einfachen grammatikalischen Formen und Satzstrukturen, den Einsatz von Glossaren sowie Schlag- und Stichwörtern und die Bereitstellung von vorbereiteten Phrasen zur Sprachproduktion. 4 Starkes Scaffolding ermöglicht die reibungslose Teilnahme am Unterrichtsgeschehen. Zudem erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre fremdsprachlichen Kompetenzen verstärkt in den Bereichen der spontanen mündlichen Sprachproduktion, vor allem bei der Reproduktion und Verwendung von fremdsprachigen Fachtermini und Phrasen im fachspezifischen Kontext z. B. in Musiziersituationen, beim Beschreiben von Musik nach dem Hören, bei eigenen Einschätzungen oder Geschmacksäußerungen hinsichtlich behandelter Musik. Die Aufbereitung des Stoffes erfolgt nach den Prinzipien des muttersprachlichen Unterrichts: man setzt Schwerpunkte, arbeitet exemplarisch und reduziert die Inhalte. Empfohlen wird die Arbeit mit authentischen Musikbeispielen und Materilien aus dem fremdsprachigen 4 Das produktive sprachliche Handeln ist auf das Beschreiben, Erklären, Benennen, Analysieren, Begründen, Schlussfolgern, Vergleichen, Diskutieren und Bewerten von fachbezogenen Inhalten ausgelegt (vgl. Christ 2002, Krechel 2003). <?page no="61"?> 62 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Raum, z. B. Interviews, Zitate, Tweets, Lexikon-/ Zeitungsartikel, Ausschnitte aus Biographien, Tagebucheinträge von Komponistinnen und Komponisten, Cartoons und filmisches Material. Diese sollten sorgfältig entsprechend der Altersstufe und dem fremdsprachlichen Leistungsvermögen ausgesucht werden und mit fremdsprachlichen Unterstützersystemen (Glossare, Scaffolding, ready to use phrases, Wiederholungs- und Festigungsübungen für Fachtermini, fremdsprachliche Warm-ups etc.) versehen werden. In Bezug auf die fachspezifische, praktische Arbeit im Musikunterricht (Singen, Tanzen und Musizieren) ist es selbstverständlich, dass auch hier die Fremdsprache zur Einstudierung und Probe des Liedes oder Musizierstücks verwendet wird. Diese Arbeit ist zunächst stark direktiv und lehrerzentriert, d. h. auch die sprecherischen Anteile liegen in der Mehrheit bei der Lehrkraft. Die Schülerinnen und Schüler müssen vorerst nur die Einstudierungsanweisungen, welche durch Vor- und Mitmachen der Lehrkraft unterstützt werden, hörend verstehen und in teils nonverbale, musikpraktische Reaktionen bzw. Tätigkeiten umwandeln. Das erlaubt einen sehr niedrigschwelligen Einstieg in das fremdsprachige Musiklernen, baut Ängste vor ‚falscher‘ Sprach-verwendung ab und schafft Erfolge im Umgang mit der aus Schülersicht vermeintlich schweren Aufgabe, Musik in einer Fremdsprache zu verstehen (vgl. Falkenhagen 2014). Die folgenden Beispiele demonstrieren die Verwendung der Fremdsprache Englisch seitens der Lehrkraft in einer solchen Probensituation 5 : ▶ Play the beat with both hands. Clap! -(…) Now snap.-(…) Combine the two sounds! Clap, snap, clap, snap. ▶ Slap your fists on your thighs! Play four beats. Now combine fist-- hand-- fist-- hand and so on. ▶ Repeat the pattern / dance / move or beat. ▶ Sing / play the pattern / line 3 / bar 1 / verse 2 / the chorus / the solo-(…). Ein fremdsprachig angeleiteter, musikpraktischer Einstieg (Warm-up) zu Beginn jeder bilingual gehaltenen Musiksequenz kann die Lernenden wie Lehrenden auf das bevorstehende fremdsprachige Musiklernen einstimmen. Auch für den CLIL -Musikunterricht gilt der reguläre Musiklehrplan des jeweiligen Bundeslandes, es sei denn, es existiert ein explizites CLIL -Musikcurriculum. Neben der Auswahl von (Standard-)Werken oder Musikstücken aus dem zielkulturellem Raum eignen sich insbesondere Themen und Themenkomplexe, die globale musikalische und damit verbundene gesellschaftliche Entwicklungen angestoßen bzw. beeinflusst haben, kulturübergreifende oder internationale Zusammenhänge beinhalten und dennoch eine Passung mit der Fremdsprache aufweisen. Auch die Erfahrungen, die Lebenswelt, sowie die Kultur und Gesellschaft der Schülerinnen und Schüler sowie nicht zuletzt deren musikalische Interessen sollten mit einbezogen werden. Die folgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick über Themen aus dem anglo-amerikanischen Kulturraum, die sich für einen bilingualen Musikunterricht eignen. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. 5 Viele weitere Beispiele für die unterrichtliche Arbeit mit der Fremdsprache Englisch in CLIL -Musik finden sich in Falkenhagen / Noppeney 2018. <?page no="62"?> 63 8 Zusammenfassung Genre/ Gattung ▶ Musicals, Opern / Operetten (z. B. The Lion King, Westside Story, Wicked, Porgy & Bess) ▶ Oratorien (z. B. Israel in Egypt (Händel); King Arthur (Purcell)) ▶ Popularmusik (z. B. historische Entwicklung, Einfluss auf heutige Musik) ▶ Tanz: tap dancing / line dancing ▶ Filmmusik (z.B. Howard Shore: Lord of the Rings) ▶ Konzeptalben (z. B. Rick Wakeman: King Arthur and the knights of the round table; Journey to the center of the earth) Stil ▶ Black music (worksongs, spirituals, blues, ragtime) ▶ Jazz ▶ Hip-Hop (Rap) ▶ Chansons ▶ Minimal music ▶ Musik zur Zeit Elisabeths I (z. B. John Dowland) ▶ Folk music ▶ Popularmusik Stile: Soul, Funk, Reggae, Disco, Beat, Rock, Pop, Metal, Indie, Punk … Personen ▶ Sänger / innen und Bands aus der Popularmusik (z. B. American singer songwriters im Vergleich zur deutschen Liedermachertradition) ▶ Jazzcombos/ -ensembles ▶ bekannte aber auch weniger bekannte englischsprachige Komponisten & Komponistinnen (Henry Purcell, Georg Friedrich Händel, Edward Elgar, Benjamin Britten, Leonard Bernstein, Charles Ives, Samuel Barber, George Gershwin, Aaron Copland) Aktuelles ▶ Evergreens ▶ Songs aus den Charts ▶ Musikvideoclips ▶ Create your own pop song ▶ ‘musical’ tutorials on youtube Veschiedene Foki GLOBAL ISSUES: ▶ Funktionen, Einsatz und Wirkungen von Musik in der Werbung ▶ Musik und Manipulation ▶ Musik in Regimen GENDER: ▶ Ethel Smyth: famous suffragette and female composer ▶ female composers today and in history (e. g. Fanny Hensel, Lili Boulanger, Florence Price, Rebecca Clarke, Augusta Read Thomas ) ▶ Amy Beach: first woman who composed, published and staged a symphony ADAPTIONEN: ▶ musikalische Versionen bekannter englischsprachiger Literatur (z. B. Fall of the House of Usher / La chute de la maison Usher (Oper von Claude Debussy)) 8 Zusammenfassung Gerade die zunehmende Verbreitung von bilingualem Musiklernen in den verschiedensten Formen und die immer besser werdende Materiallage für CLIL -Musik im deutschsprachigen Raum lassen auf das Überwiegen der positiven Effekte für das kombinierte Lernen und Lehren von Musik und einer Fremdsprache schließen- - in der Unterrichtspraxis ein also immer beliebter werdendes Modell. Vor allem in der Modulform kann auf diese Weise Abwechslung in den Musikunterricht gebracht und neue Herausforderungen für die Lernenden geschaffen werden. In den folgenden Kurzzitaten von Schülerinnen und Schülern, die bilinguales Musiklernen erleben konnten, werden nochmals punktuell Stärken und Schwächen von CLIL -Musik herausgestellt. <?page no="63"?> 64 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) „Denn das Feeling kam besser rüber als auf Deutsch, wenn es in der Sprache gemacht wird, in der sich die Geschichte des Jazz abgespielt hat.“ [H9n43] (Falkenhagen 2014: 250) CLIL -Musik kann die Empathiefähigkeit der Lernenden stärken (vgl. Falkenhagen 2014). Die Fremdsprache dient neben der Musik als Emotions- und Motivationsträger. Dennoch können diese Emotionen auch negativ bzw. die Motivation weniger hoch sein, wenn die Schülerinnen und Schüler beispielsweise Versagensängste gegenüber einer reibungslosen Nutzung der Fremdsprache entwickeln. Vor allem die im Fremdsprachenunterricht leistungsschwächeren Lernenden sind davon betroffen. Hier ist es an der Lehrkraft die reine Nutzung der Fremdsprache als Arbeitssprache und nicht deren Bewertung in den Vordergrund zu stellen. „Da Jazz auch in Amerika erfunden wurde, fand ich es sogar besser, da man direkt mit den richtigen Fachbegriffen vertraut gemacht wurde. Durch das viele Reden haben sich mein Englisch und meine Musikkenntnisse verbessert.“ [L9n25] (ibid.: 13) Die Verwendung der Fremdsprache in CLIL -Musik behindert nicht die Erweiterung der fachlichen Kompetenz, befördert diese aber auch nicht in irgendeinem besonderen Maß (vgl. Falkenhagen 2014). Der fachliche Lernzuwachs in CLIL -Musik verbleibt auf dem Niveau, den er auch in einem muttersprachlich geführten Musikunterricht erreichen würde. Es gibt Einzelfälle, bei denen nach eigener Aussage der Lernenden, die Motivation durch die Fremdsprache so stark war, dass diese Schülerinnen und Schüler auch glaubten, den musikalischen Sachverhalt besser verstanden zu haben, als bei einem Unterricht in der Muttersprache. Eine Stärkung erfährt die fremdsprachliche Kompetenz, vor allem im Hörverstehen aber auch im mündlich-produktiven Bereich. Das freie Ausprobieren von Fremdsprache und die beispielsweise logische Einbettung englischer Fachbegriffe und dazugehöriger sprachlicher Strukturen in den Unterrichtablauf wirken sich positiv auf den Fremdsprachenerwerb aus. Dennoch verbraucht die fremdsprachliche Arbeit im bilingualen Unterricht mehr Zeit, so dass weniger in der Tiefe, aber eventuell in der Breite Sachfachinhalte zu kurz kommen könnten. „Schon, weil die Jazzgeschichte auch echter gewirkt hat, durch das Englisch.“ [Proband B9n74] (ibd.: 251) CLIL -Musik kann bei inhaltlicher Passung von Fremdsprache und Unterrichtsgegenstand, wenn beispielsweise das Musical West Side Story auf Englisch unterrichtet wird, eine starke Authentizität des Lerngegenstands erzeugen (vgl. Falkenhagen 2014). Diese inhaltliche Passung darf allerdings bei längerfristigem CLIL -Musikunterricht nicht einseitig die Werkauswahl beschränken, so dass auch global-kulturelle oder mutter-/ anderssprachige Inhalte besprochen werden können. Hier könnte beispielsweise die Fremdsprache Englisch als lingua franca dienen. So sind Formen von CLIL-Musik als sinnvolle Ergänzung des regulären Musikunterrichts zu sehen. Hier kann eine optimale Verschmelzung von Unterrichtssprache und -gegenstand zur Schaffung einer authentischen Lernumgebung gelingen. „In [auf] Deutsch hätte man alles sofort verstanden und wieder vergessen. Im Englischen denkt man immer nochmal darüber nach.“ [E8n11] (ibid.: 13) <?page no="64"?> 65 9 Drei Beispiele CLIL -Musik könnte eine höhere Verarbeitungstiefe durch die (un-)bewusste ständige Übersetzungsleistung der CLIL -Lernenden wie auch eine stärkere Konzentration auf das Verstehen und Begreifen des fremdsprachlich präsentierten Unterrichtsgegenstands bewirken. Dazu liegen allerdings für das Fach Musik bislang keinerlei Studien vor. Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die Schülerinnen und Schüler in CLIL -Musik anregende, ‚echte‘ Kommunikationssituationen erleben können, in denen die Verwendung der Fremdsprache essenziell, logisch und natürlich ist. Durch die Auseinandersetzung mit fremdsprachigen Originaltexten und -quellen können Fachinhalte authentisch vermittelt werden. Das den Musikunterricht immanente kommunikative wie musikpraktische Handeln unterstützt das fremdsprachliche Lernen. Schließlich lassen sich die in den letzten Jahren verstärkt geforderten inter- und transkulturellen Kompetenzen durch die Integration von fachlichem und fremdsprachlichem Lernen in besonderem Maße fördern, da CLIL -Musik durch Passung von Unterrichtsgegenstand und Unterrichtssprache in hohem Grad authentische Lernsituationen entstehen lassen kann. CLIL -Musik schafft somit ein Bewusstsein für Interkulturalität und bietet neue Möglichkeiten des fächerübergreifenden Lehrens und Lernens. 9 Drei Beispiele 9.1 Der Worksong als CLIL -Modul auf Englisch Level mittel Dauer 1-2 Unterrichtstunden Produkt Singen und perkussives Begleiten eines Worksongs Material Worksong (1; 2); This ol´ hammer (Noten) Ziele: ▶ Worksong singen und perkussiv begleiten können ▶ musikalischen Aufbau (Call & Response) und Funktion des Worksongs verstehen können, ▶ Worksongs historisch einordnen können, ▶ einfache musikanalytische Begriffe auf Englisch verwenden können. Umsetzung: Der Schwerpunkt bei der Bearbeitung des Themas Worksong wird auf das Verstehen und Nacherleben des musikalischen Aufbaus im Call & Response sowie auf die Funktion desselben im historischen Kontext gelegt (d. h. die Frage: „Warum klingt der Worksong genauso und nicht anders? “ sollte im Unterrichtsgeschehen beantwortet werden). Am Ende der Kurzsequenz sind die Schülerinnen und Schüler in der Lage, einen Worksong im Call&Response zu singen und sich dabei selbst perkussiv zu begleiten. Zusätzlich können die Schülerinnen und <?page no="65"?> 66 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Schüler folgende Fragen mit einfachen englischen Sätzen beantworten: Who sang worksongs? ; When did people first sing worksongs? ; Where did the slaves sing those worksongs? ; Why were they sung? ; What are the main musical features of worksongs? Einstieg: Es bietet sich an, entweder mit der Musikpraxis oder mit dem Hörbeispiel zu beginnen und so die Schülerinnen und Schüler zunächst eine Erfahrung mit dieser Musik machen zu lassen. Diese beschreiben die Schülerinnen und Schüler mit einfachen englischen Worten (Wörter und Phrasen für Hilfe an Tafel), um über den Worksong allgemein ins Gespräch zu kommen. Musikpraxis: Neben den regulären Abläufen einer englischsprachigen Einstudierung können die Schülerinnen und Schüler selbst verschiedene bodypercussion sounds frei ausprobieren und sich dann für einen oder zwei für sie am besten passende als Begleitung zum Worksong (Imitation der worktools) entscheiden. Für das Internalisieren des Vorsänger-Nachsänger- Prinzips ist es am besten, wenn die Lehrkraft als Beispiel vorangeht. D. h., zunächst singt die Lehrkraft das Solo und die Klasse den Response. Hier sollte die Lehrkraft auch Raum für Improvisation geben. Als Vorübungen zur Liedeinstudierung von This ol´ hammer eignen sich kurze Melodiephrasen mit dem Tonmaterial aus dem Lied auf Fantasiesilben (du, dab, dey), die mit einem Walking Bass über d (im Klavier) improvisierend von der Lehrkraft in die Klasse gesungen werden können. An dieser Stelle ist es auch möglich, ohne dass man das Vorsänger-Nachsänger-Prinzip oder den Worksong schon benannt hat, sich von den Schülerinnen und Schülern Beispiele aus heutigen Situationen zu dieser Art des musikalischen Ablaufs geben zu lassen (z. B. bei Live-Konzerten zum Aktivieren des Publikums). Hier verknüpft man gerade bei älteren Schülerinnen und Schülern eigene Konzerterfahrungen und die Lebenswelt mit dem zu vermittelnden Stoff. Fremdsprachenfokus: Die Schülerinnen und Schüler beschreiben Musik nach eigenem Spielen oder Hören in einfachen Sätzen mit dem entsprechenden Fachvokabular und fassen die historische Situation (slave trade, life on plantations- …) zusammen (produktiv / mündlich). Sie üben die Aussprache des Textes über das Singen des Worksongs (pronunciation) und folgen während der Einstudierung den Rehearsal Operatoren. Wichtige Fachtermini wie die musical features eines Worksongs und das Call&Response-Prinzip als übergeordnetes musical pattern werden vermittelt. Worksongs (1) Let’s find out about the musical features of worksongs. 1. Listen to the worksong and describe the music with your own words. 2. Match the German terms with the correct English ones. Decide if the musical feature belongs to the categories rhythm, melody, instruments or tempo. <?page no="66"?> 67 9 Drei Beispiele wiederholend supporting rhythm of work einfach according to work pace einer singt vor und alle wiederholen repetitive unterstützt den Arbeitsrhythmus simple, unisonous einfach, einstimmig tools used for percussion Stimme sung by one person first(call) and repeated by the chorus (response) Werkzeuge als Schlaginstrumente moderate gemäßigt human voice entsprechend dem Arbeitstempo simple r = rhythm m = melody i = instruments t = tempo 3. Sing the worksong This ol’ hammer and accompany yourself! ▶ Stomp your foot on beat 1! ▶ Bang your fists on the table on beat 1 of the next bar! ▶ Now alternate the accompaniment: foot-- fist-- foot-- fist! Change the sound on every new beat 1! The underlying musical pattern in a worksong is CALL & RESPONSE . The CALL is sung by the solo singer and the RESPONSE is carried out by the tutti / group of singers / choir. Highlight in the notes: where is the call and where do we have time for the response. Imitate that pattern while singing in class. <?page no="67"?> 68 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Abb. 2: eigene Darstellung Worksongs (2) 1. Let´s find out more about the historical facts of worksongs. a) Read the text below and fill in the gaps. Use the words in the box. By 1808 the Atlantic slave trade had brought almost half a million African slaves to the United States. The slaves largely came from West Africa and brought strong tribal musical traditions with them. The slaves were shipped to America under unbearable conditions. Half of all slaves did not survive the passage to the new world. Once brought to America they had to do hard labour mostly on farms and cotton plantations. The slaves had not only suffered from loss of family, hunger, sickness and other humiliations but were also punished by repression of their own culture. They were not allowed to carry out their traditions, beliefs and cultural rituals. The white farmers only let them sing while working on the fields. The rhythms of these worksongs accompanied the hard labour. Singing was an emotional outlet for the slaves. America, new, sing, hunger, half a million, culture, slaves, worksongs, emotional outlet b) Match the words with their explanation. 1. unbearable c a. disrespecting someone and making him / her lose the respect of other people 2. slave trade d b. a group of people of the same race 3. labour e c. too painful to deal with or accept 4. cotton f d. buying and selling people <?page no="68"?> 69 9 Drei Beispiele 5. belief g e. work 6. humiliation a f. a plant growing in warm countries that is used to make cloth 7. tribe b g. a strong feeling that something / somebody exists or is true 9.2 Der „Boleró“ von Maurice Ravel in einem CLIL -Modul auf Französisch 6 Level Leicht Dauer 1-2 Unterrichtsstunden Material Rhythmus (notiert); Tafel; Hörbeispiel Boleró Ziele: ▶ Unterschiedliche Taktarten mit Stimme, Bewegung oder Instrument kennen lernen und umsetzen können, ▶ rhythmische Motive mithilfe einer Rhythmussprache umsetzen und anwenden (hören, lesen, spielen) können, ▶ Musikinstrumente erkennen, ▶ Rhythmus erkennen und üben (v. a. Triolen). Umsetzung: Abb. 1: Grundrhythmus des Bolero 7 Quelques petites informations sur le compositeur et son œuvre: Maurice Ravel, 1875-1937, il a lui-même déclaré le Boléro comme son œuvre la plus importante, mais au début (première en 1928) cette pièce était fortement critiquée par le public: elle est révolutionnaire parce qu’elle ne fait que répéter toujours la même mélodie-- avec de petites variations--, orchestrée par différents instruments et groupes d’instruments. C’est donc une étude sur le timbre des différents instruments et de leurs combinaisons. Le rythme se base sur celui d’une danse espagnole.  Entnommen und adaptiert aus dem Share-Laufwerk der Primarstufenlehrerinnen und -lehrer der Nordwestschweiz. Diese Unterrichtssequenz wurde von Estha Stankowski ausgearbeitet und ist online verfügbar unter: https: / / onedrive.live.com/ ? authkey=%21ANn0bKmoJyfcfAg&id=- 5A7A0F47F552FCD%21549&cid=5A7A0F47F552FCD (zugangsbeschränkter Server). 7 Von Kokin: eigenes Werk, CC BY - SA 2.5, https: / / commons.wikimedia.org/ w/ index.php? curid=17788 <?page no="69"?> 70 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Phase Inhalt Einstieg Introduction du rythme, définition des triolets Ecrire le rythme au tableau noir (croche triolet croche triolet croche croche / croche triolet croche triolet triolet triolet: c t c t c c / c t c t t t) Essayer de frapper ou claquer les triolets, ensuite la première partie du rythme (tout en disant à haute voix „croche triolet …“), finalement le rythme entier. Essayer de frapper le rythme sur différents instruments de percussion (tambourin …) Erarbeitung Travail en groupes de 3-4 élèves Tous ensemble, on écoute la musique et en même temps les groupes essayent de noter des instruments qu’on reconnaît (en allemand ou en français, si connu). Zusammenführung En plénum, on recueille les instruments notés et on écrit la liste des instruments au tableau noir, avec les noms en français et en allemand. Elle sera complétée par l’enseignant(e). Glossar le tambour le trombone la flûte traversière la clarinette le basson le hautbois la timbale la trompette le saxophone ténor le saxophone soprano la percussion le piccolo le cor anglais (un instrument en bois) l’œuvre (f.) le compositeur le timbre la croche le triolet la noire die Trommel die Posaune die Querflöte die Klarinette das Fagott die Oboe die Pauke die Trompete das Tenor-Saxophon das Sopran-Saxophon die Schlaginstrumente die Piccoloflöte das Englisch-Horn (Holzblasinstrument) das Werk der Komponist der Klang, die Klangfarbe die Achtelnote die Triole die Viertelnote 9.3 Ballett „Schwanensee“ von Peter Tschaikowski als CLIL -Modul auf Russisch Level Fortgeschritten Dauer 2 Unterrichtsstunden Material Tschaikowski (1 / 2); Thema des Schwans (Hörbeispiel) Videoausschnitt des Balletts „Schwanensee“, 2. Akt, Nr. 14 (Odette und Prinz) <?page no="70"?> 71 9 Drei Beispiele Ziele: ▶ Einfache Sätze zur musikalischen Charakterisierung des Themas des Schwans formulieren können, ▶ einige biografische Fakten zu Peter Tschaikowski als wichtigen russischen Komponisten kennenlernen, ▶ das Sujet des Märchens „Schwanensee“ als inhaltliche Vorlage für das Ballett verstehen, ▶ eine Bodypercussion unter Anleitung in russischer Sprache erarbeiten. Umsetzung: Phase Inhalt Einstieg В начале урока мы будем учить легкую Bodypercussion. Для етого я прошу вас встать и повторять за мной. Все нужные слова я написала на доске . Zunächst gibt die Lehrkraft wichtige Hinweise zur besonderen Anlage der Stunde als Musikunterricht auf Russisch und initiiert eine kurze Bodypercussion-Sequenz zur Erwärmung der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf Musik und Fremdsprache gleichermaßen. Je nach Leistungsstand der Klasse sollten Vokabeln, die für die Bodypercussion wichtig sind, als Hilfe an der Tafel visualisiert werden. Erarbeitung I Сегодня я хочу поговорить с вами о русской музыке 19ого века эпоха Романтика. И для начала мы сыграем вам одну мелодию, которую вы наверно уже слышали. Я буду играть на фортепиано, а ваша учительница по музыке - Фрау Вайдауер - на скрипке . Ваше заданее : внимательно слушать эту мелодию и подумать, как можно описать эту музыку или какие ассоциации у вас к ней появятся . Im Anschluss hören die Schülerinnen und Schüler das Thema des Schwans aus Tschaikowskys Ballett „Schwanensee“ und versuchen, die Musik auf Russisch zu beschreiben bzw. Assoziationen zu finden. Hörbeispiel: Thema des Schwans aus Schwanensee (Tschaikowsky) Vokabeln zur Beschreibung der Musik: ▶ грустная - traurig ▶ весёлая - fröhlich, heiter ▶ печальная - klagend ▶ быстрая - schnell ▶ медленная - langsam ▶ яркая - strahlend ▶ энергичная - energisch ▶ мелодичная - melodisch, wohlklingend ▶ громкая - laut ▶ тихая - leise <?page no="71"?> 72 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) Phase Inhalt Hinführung Как вы думаете, ребята, где можно услышать эту музыку ? ( в фильме, в церкви, в опере ) / Как вам кажется : эта музыка больше подходит к мужчине или к женщине ? / Давайте теперь посмотрим, откуда же эта мелодия на самом деле ! Итак, внимание на экран ! Mithilfe eines Videoausschnitts des Balletts „Schwanensee“, 2. Akt, Nr. 14 (Odette und Prinz) ordnen die Schülerinnen und Schüler die Musik in Gattung und Zeit ein. Вы услышали нашу мелодию ? Что вы видели на видео - какой жанр музыки ? (Gattung) Правильно - это балет. Мы видели танцоров, сцену, декорации и слышали музыку, которую играл оркестр. Этот балет называется " Лебединое озеро " (Schwanensee). Кто нибудь знает, какой композитор написал музыку ? Правильно - Пётр Чайковский . Erarbeitung II Здесь на листочках вам нужно прочитать предложения на русском и понять о чём этот текст. Вы будете работать в группах по 4 человека. Проведите короткое исследование и найдите информацию по категориям семья, день и место рождения, детство, школьные годы, музыкальное образование и профессия. Сделайте In einer Gruppenarbeit erarbeiten die Schülerinnen und Schüler Informationen zu einzelnen Aspekten zum Ballett selbst und zum Komponisten und verständigen sich darüber. Zusammenführung/ Ergebnissicherung Я вижу, уже все прочитали. Молодцы ! Давайте теперь вместе посмотрим - что у нас получилось . Die Schülerinnen und Schüler tragen die Ergebnisse der Gruppenarbeit vor und schreiben sich die Informationen ins Arbeitsblatt. Fremdsprachenfokus: Die Schülerinnen und Schüler beschreiben Ausschnitte der Musik nach dem Hören in einfachen Sätzen mit Fachvokabular (produktiv / mündlich) und können einzelne biografische Begebenheiten im Leben Tschaikowskys in einfachen Sätzen wiedergeben bzw. zusammenfassen. Sprachlich-rezeptiv folgen die Lernenden den direktiven Anweisungen der Lehrkraft zur Einstudierung der Bodypercussion und schulen so das Hörverstehen. Fachtermini wie балет (Ballett), жанр (Genre), Лебединое озеро (Schwanensee), Пётр Чайковский (Peter Tschaikowski) können die Schülerinnen und Schüler lesen, aussprechen, verstehen und in den Kontext setzen. <?page no="72"?> 73 9 Drei Beispiele 101 geben bzw. zusammenfassen. Sprachlich-rezeptiv folgen die Lernenden den direktiven Anweisungen der Lehrkraft zur Einstudierung der Bodypercussion und schulen so das Hörverstehen. Fachtermini wie балет (Ballett), жанр (Genre), "Лебединое озеро" (Schwanensee), Пётр Чайковский (Peter Tschaikowski) können die Schülerinnen und Schüler lesen, aussprechen, verstehen und in den Kontext setzen. Пётр Чайковский (1) Проведите короткое исследование и найдите информацию по категориям семья, день и место рождения, детство, школьные годы, музыкальное образование и профессия. Сделайте! Пётр Ильи́ ч Чаико́ вскии родился 25 апрёля 1840-ого года в России в городё Воткинскё (на Уралё). Его отёц был извёстным русским инжёнёром и работал начальником горного завода. Его мать очёнь любила музыку: она играла на фортёпиано, органё и пёла. (Ю.Келдыш, Музыкальная энциклопедия, 1973-1982) Словарь Урал das Uralgebirge известный berühmt начальник - Direktor, Chef горный завод - Bergwerk <?page no="73"?> 74 CLIL-Musik: Fremdsprache und Musik im Content and Language Integrated Learning (CLIL) 102 Пётр Ильич Чайковский (2) Даты рождения Родина Семья Детство Школьные годы Интересы Музыкальные произведения Профессия Балет "Лебединое озеро" Главныё пёрсонажи _________,____________,_____________,___________________,___________________,_______________ Сюжёт(либрётто): __________________________________________________________________________________________ Словарь  pодина - Geburtsland  детство - Kindheit  произведения - Werke  профессия - Beruf  Главные персонажи - Hauptfiguren <?page no="74"?> 75 10 Literaturtipps 10 Literaturtipps Überblicksband / Lehrbuch: Falkenhagen, Charlott; Noppeney, Gabriele (2018). Bilingualer Musikunterricht in Theorie und Praxis. Band 1: Grundlagen. Esslingen: Helbling. Wörterbücher: Braccini, Roberto (2009). Praxiswörterbuch Musik. Italienisch-Englisch-Deutsch-Französisch. Berlin: Langenscheidt in Kooperation mit dem Musikverlag Schott. Leuchtmann, Horst (Hg.) (2012). Wörterbuch Musik. Englisch-Deutsch / Deutsch-Englisch. Berlin: De Gryuter Verlag. Lehrmaterial Englisch: Fischer, M.; Giancola-Bürer, C.; Gutmann Keller, B. (Hg.) (2012). Open World Unit 09. Band 2 + Student’s Book. Zug: Klett und Balmer. Ramsey, G.; Betts, P. (2013). Unit 2 “Music styles and their roots”. In: Voices Basic. English for Secondary Schools. Course Book. Zürich: Lehrmittelverlag des Kantons Zürich. Lehrmaterial Französisch: La musique au cycle d’orientation 1, 7e-9e. Schülerbuch, Schülerheft und Methodologie ( CD ). Schulverlag plus. Notes en herbe, 4e-e. Fiches de travail. Arbeitsblätter. Schulverlag plus. CLIL -Musik Materialien: Falkenhagen, Charlott; Röser, Diana (2017). Chuck Berry-- Daddy of Rock´n´Roll or King of the Riff ? In RAA bits Musik, 9. I / G, Reihe 17. Stuttgart: Raabe, 1-2. Falkenhagen, Charlott (2017). Make America Great Again-- Analysing a Music Video Clip about Trump (grades 10-13) In RAA bits Englisch online (https: / / www.raabits.de/ englisch/ - - Teaser-Box unten rechts), Stuttgart: Raabe. Falkenhagen, Charlott; Röser, Diana (2017). The Year the Music died? -- Verstorbene (Pop-) Legenden 201. In RAA bits Musik, 95. Ergänzungslieferung. I / G, Reihe 1. Stuttgart: Raabe, 24-4. Falkenhagen, Charlott; Röser, Diana (2017). Bob Dylan: The Master-Mind of American Singer-Songwriting. In RAA bits Musik, 94. Ergänzungslieferung. I / G, Reihe 15. Stuttgart: Raabe, 1-3. Falkenhagen, Charlott; Röser, Diana (201). Bond at his Best! Filmmusikalische Aspekte am Beispiel von James Bond „Skyfall“ erleben, erkennen und deuten! In RAA bits Musik, 93. Reihe 20. Stuttgart: Raabe, 1-42. Fredrich, Tanja (2012). Musicals. In Bilinguale Module. Stuttgart: Westermann Schulbuchverlag. Häckel, Jasmin. (2012). Tapdancing. In Bilinguale Module. Stuttgart: Westermann Schulbuchverlag. Heine, Gertrud (2012). What makes the sound? Wie Rohrblattinstrumente funktionieren. In Grundschulmagazin Englisch 4 / 2012. München: Oldenbourg Schulbuch Verlag, 9-13. Heine, Gertrud (2013). The Sound of Scotland. Kein Fest ohne Dudelsack. In Grundschulmagazin Englisch 3 / 2013. München: Oldenbourg Schulbuch Verlag, 21-24. Music. Englisch 5-10. 31 / 2015. Music. Transcending Language. Praxis Englisch. 1 / 2012. Music. Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch 152 / 2018. Noppeney, G.; Cslovjecsek, Markus (2017). 500 Miles-- Ein Song, der uns auf viele Züge aufspringen lässt. In: Babylonia. Die schweizerische Zeitschrift für Sprachunterricht und Sprachenlernen. Musik und Lied im Fremdsprachenunterricht 3 / 2017, 38-41. <?page no="76"?> 77 1 Einleitung Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften Aline Willems Abstract Der Beitrag gibt einen Einblick in die Forschungsergebnisse der Kognitionswissenschaften 1 im Hinblick auf die Fragestellung nach den gegenseitigen Einflüssen von Musik und Sprache im Gehirn. Wenngleich das entsprechende Forschungsfeld noch relativ jung ist, haben sich bereits zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Einzelaspekten wie der Rezeption und / oder Produktion von Klängen und Rhythmen auf sprachlicher wie musikalischer Ebene auseinandergesetzt. Sie konnten häufig zeigen, dass Musikerinnen und Musiker in sprachlichen Bereichen gegenüber Menschen ohne musikalische Förderung oder Ausbildung von kognitiven Vorteilen profitieren. Nachfolgend wird zunächst auf einige Herausforderungen beim Vergleich kognitionswissenschaftlicher Studienergebnisse hingewiesen, bevor schließlich potentielle Einflüsse von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen sowie zahlreiche andere im Fremdsprachenunterricht geförderten Fähigkeiten und Fertigkeiten vorgestellt und kritisch diskutiert werden. 1 Einleitung Musik und Sprache sind eng miteinander verbunden. Dies zeigt sich in unterschiedlichen Argumentationsmustern: Im Bereich der Neurowissenschaften ist aktuell z. B. nachgewiesen, dass Musik und Sprache im menschlichen Gehirn teilweise in denselben Hirnarealen verarbeitet werden, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen (vgl. z. B. Jäncke 2008: 359, 39 f., Scherder 2017) 2 . Unter anderem aufgrund dieser Tatsache wird erklärt, warum musikalisches Training Kompetenzen im sprachlichen Bereich beeinflussen kann und umgekehrt (vgl. u. a. White et al. 2013, Moreno et al. 2011, Patel 2011). Darüber hinaus 1 Die Kognitionswissenschaften (engl. cognitive sciences) gelten als interdisziplinärer Forschungsbereich, in welchem Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften, der kognitiven Psychologie, der Linguistik, der Philosophie und der Informatik (z. B. in Bezug auf künstliche Intelligenz) zusammengeführt werden, um die geistigen Prozesse des Menschen zu untersuchen (vgl. u. a. Zimbardo / Gerrig 1999: 277; für eine Einführung in den Themenbereich kognitiver Prozesse vgl. bspw. Gerrig 2018: 301-321). Das Teilgebiet der Neurowissenschaften setzt sich v. a. mit den neurologischen Vorgängen auseinander, die z. B. einen Einfluss auf das Verhalten des Menschen haben (für eine Einführung in das menschliche Nervensystem von den Neuronen und Neurotransmittern über das periphere Nervensystem bis zum Gehirn vgl. u. a. ibid.: 94-121). 2 Für eine Übersicht der an der Musik- und Sprachverarbeitung beteiligten Hirnbereiche vgl. bspw. Fritz et al. (2013). Für eine Einführung in die Hypothesen darüber, welche Hirnstrukturen sowohl an der Musikals auch der Sprachverarbeitung beteiligt sind respektive in Bezug auf welche Hirnbereiche Unterschiede vorliegen, vgl. z. B. Patel (2013). <?page no="77"?> 78 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften überwiegt die Ansicht, dass Sprache und Musik rein menschliche Phänomene seien (Patel 2008: 355 f.). Zwar kommunizieren unterschiedliche Tierarten auch auf lautlicher Ebene miteinander und manche Tiere nutzen zu diesem Zweck gar Melodien, gleichwohl scheinen diese Kommunikationstechniken anderen Regeln zu unterliegen als die menschgemachte Sprache und Musik (vgl. Patel 2008: 35, Dissanayake 2008). Eher extreme Annahmen gehen gar davon aus, dass die menschliche Evolution ohne Musik nicht den derzeit bekannten Verlauf genommen hätte, da beispielsweise Musik eine Bonding- Funktion zwischen Eltern und Kindern erzeugen kann (z. B. wenn eine Mutter ihr Kleinkind singend in den Armen wiegt) und generell die kognitive wie auch soziale Entwicklung unterstützt. Andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lehnen diese evolutionsbasierte Position unter Anerkennung der Ergebnisse der Einzelstudien eher ab (vgl. Patel 2008: 99 f., 411 f.). Diese Uneinigkeit in der Deutung von Studienergebnissen ist im Bereich der empirischen Forschung bzw. den Naturwissenschaften nicht unüblich und wird auf dem Feld der Forschung um die Einflüsse von Musik auf Sprache bzw. Kognition noch dadurch verstärkt, dass die Mehrzahl der bislang durchgeführten Einzelstudien sog. Korrelationsstudien sind (vgl. u. a. Moreno 2009: 330), also Untersuchungen, die Zusammenhänge zwischen Variablen aufzeigen, aber keine Kausalitäten offenlegen. Die die Ergebnisse auswertenden Forscherinnen und Forscher können demnach nur Vermutungen, also Kausalitätszuschreibungen vornehmen, die wiederum in weiteren Studien überprüft werden müssten, sofern dies mit den derzeit verfügbaren Methoden bereits möglich ist. Das bedeutet gleichzeitig, dass bei der Lektüre von Studienergebnissen stets die verwendeten Forschungsmethoden unter die Lupe genommen werden müssen, um zu ergründen, ob die Ergebnisse auf Datenkorrelationen beruhen und daher mit einer gewissen Vorsicht zu rezipieren sind. Weiter erschwert wird der Vergleich der Studienergebnisse dadurch, dass im Bereich der Neurowissenschaften aktuell drei hauptsächliche Untersuchungsmethoden gebräuchlich sind, die unterschiedliche körperliche Parameter betrachten, um daraus Rückschlüsse auf den Einfluss von Musik und / oder Sprache auf das Gehirn bzw. die menschlichen kognitiven Funktionen zu ziehen: Einige Studien bedienen sich einer direkten Messung von Hirnströmen z. B. mittels elektrischer oder magnetischer Aktivitätsmessungen, um zu belegen, dass bei Aufgabe oder Einfluss X erhöhte Aktivierungsmuster in Hirnbereich Y auftreten, dieser also zur Bewältigung der Aufgabe bzw. Verarbeitung des Einflusses maßgeblich genutzt wird (vgl. hier und im Folgenden Moreno 2009: 330 f.). Andere Untersuchungen messen die Aktivität einzelner Hirnbereiche auf indirektem Weg, indem sie z. B. den Blutfluss untersuchen und ob diesbezüglich Zu- oder Abnahmen in einzelnen Hirnbereichen zu verzeichnen sind, oder sie betrachten die Plastizität des fokussierten Hirnareals, also ob es eventuell an Größe zunimmt. Eine solche Steigerung kann entweder auf eine erhöhte Anzahl neuronaler Verbindungen zurückgeführt werden oder auf die Zunahme der Myelinisierung von Nerven, was deren Leitgeschwindigkeit erhöht (vgl. Scherder 2017: 8 f.). Wenngleich alle hier vorgestellten Messmethoden eine Steigerung der Aktivierung bestimmter Hirnbereiche nachweisen können, lassen sich die jeweiligen Studienergebnisse jedoch schwer vergleichen, wenn nicht dieselben Parameter gemessen wurden. Darüber hinaus sind auch Meta-Analysen von Studien, welche <?page no="78"?> 79 1 Einleitung dasselbe Messinstrument verwenden, stets heikel, wie z. B. die Forscherinnen- und Forschergruppe um Müller et al. (2018) ausführlich am Beispiel von f MRI -Studien darstellt, die den Blutfluss im Gehirn messen. Hinzu kommt, dass jedes menschliche Gehirn einzigartig im Aufbau ist, da die individuelle Biographie seiner Trägerin bzw. seines Trägers einen maßgeblichen Einfluss auf die Struktur ausübt. Darum wird es noch schwieriger, verschiedene Gehirne gemäß der empirischen Trias Validität, Reliabilität und Objektivität miteinander in Beziehung zu setzen und über entsprechend große Gruppen an Versuchspersonen generalisierbare Ergebnisse zu erzeugen. Neben den bereits erwähnten Verbindungslinien teilen Musik und Sprache ebenfalls die Gemeinsamkeit, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhaltend über Anlage- und Umweltfaktoren diskutieren 3 , also welche Fähigkeiten in Bezug auf Sprache oder Musik angeboren und folglich genetisch bedingt sind oder sein könnten und welche erst im Laufe des Lebens erlernt werden (vgl. z. B. Moreno 2009: 331, Honing & Ploeger 2012, Schellenberg 2015). Dieses Dilemma kann wiederum Einfluss auf die Interpretation von Korrelationsstudien ausüben, da die Ergebnisse-- je nach zugrundeliegender Annahme ob nature oder nurture-- teilweise gegensätzlich ausgelegt werden können. All diese Aspekte sollten stets mitbedacht werden, wenn nachfolgend einzelne Studienergebnisse vorgestellt werden, die Einflüsse von Musik auf Sprache und Kognition belegen. Trotz der eingangs beschriebenen Herausforderungen des Forschungsfeldes ist es durchaus lohnend, dieses näher zu betrachten, um den Fragen nachzugehen, ob bzw. in welchem Maß-- realistisch betrachtet eher in welchem Bereich-- Musik einen positiven Einfluss auf den Spracherwerb respektive das Sprachenlernen ausüben kann. Das terminologische Paar Erwerb vs. Lernen eröffnet eine weitere Hürde, denn die Mehrheit der Studien fokussiert den L1-Erwerb bzw. Auswirkungen von Musik auf Kompetenzen in der L1, eher wenige setzen sich mit den Vorgängen beim Erlernen einer Fremdsprache auseinander (vgl. auch im Folgenden z. B. Jäncke 2008, Scherder 2017). Darum muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass nicht alle nachfolgend vorgestellten Erkenntnisse aus den Kognitionswissenschaften unmittelbar auf die Situation des Fremdsprachenunterrichts übertragen werden können. Außerdem zeigen Studien, dass sich Effekte erst bei mehrfachen, teilweise mehrere Wochen oder Monate umfassenden Wiederholungen einstellen. Das bedeutet, dass ein- oder zweimal pro Woche im Fremdsprachenunterricht Musik einzusetzen keine radikalen Veränderungen der Sprachlernfähigkeiten auf kognitiver Ebene bewirken kann, sondern dass es dazu meist umfangreicherer Interventionen bedarf. Hinzu kommt, dass in einigen Fällen ein intensives musikalisches Training 4 stattgefunden hat, bevor sich positive Einflüsse auf sprachliche Kompetenzen zeigten, was wiederum im Schulunterricht schwierig zu replizieren ist, aber als Motivation betrachtet werden kann, Kinder so früh wie möglich musikalisch zu fördern, um diejenigen kognitiven Kompetenzen dadurch positiv zu beeinflussen, die beispielsweise zur Rezeption und Produktion von 3 Im englischen Sprachgebrauch wird diese Debatte kurz mit der Phrase ‚nature versus nurture‘ zusammengefasst. 4 Zu den unterschiedlichen Charakteristika des musikalischen Trainings und dessen pot. Einflüssen vgl. etwa Miendlarzewska / Trost (2014), Barrett (2013), Trainor et al. (2003). <?page no="79"?> 80 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften Sprache benötigt werden bzw. sich positiv auf ihre soft skills auswirken, und um damit sowohl ihre allgemeine Lernbereitschaft sowie -fähigkeit als auch ihr Empathievermögen zu steigern. Die potentiellen Auswirkungen aktiven Musizierens auf die Sprachverarbeitung bzw. -speicherung auf neuronaler Ebene fasst z. B. Patel (2011) in seiner OPERA -Hypothese zusammen: ▶ Overlap: die akustischen Phänomene, welche Sprache und Musik bestimmen, werden in sich überschneidenden Hirnarealen verarbeitet; ▶ Precision: zur Verarbeitung von Musik bedarf es im Gehirn einer höheren Präzision in eben jenen Arealen als bei der Verarbeitung sprachlicher Signale; ▶ Emotion: die musikalischen Tätigkeiten, die gleichzeitig die sprachverarbeitenden Hirnbereiche aktivieren, lösen gleichzeitig starke positive Emotionen aus; ▶ Repetition: die musikalischen Tätigkeiten, die gleichzeitig die sprachverarbeitenden Hirnbereiche aktivieren, werden häufig wiederholt; ▶ Attention: die musikalischen Tätigkeiten, die gleichzeitig die sprachverarbeitenden Hirnbereiche aktivieren, erfordern eine fokussierte Aufmerksamkeit (vgl. Patel 2011: 1). Resümierend bedeutet dies, dass diejenigen Hirnareale, die auch für die Sprachverarbeitung genutzt werden, durch die musikalischen Aktivitäten wesentlich stärker trainiert werden (Precision, Repetition, Attention) als durch die vergleichsweise eher automatisch ablaufende Verarbeitung von Sprache, was zu einer Verbesserung der allgemeinen Leistungsfähigkeit dieser Hirnbereiche führt, die dann wiederum positive Auswirkungen auf die Sprachverarbeitungen hat. Für all diejenigen Sprachverwenderinnen und Spracherverwender sowie Sprachlernerinnen und Sprachlerner, die nicht selbständig musizieren, bleibt jedoch auch festzuhalten, dass sich ein paar Studien finden, die darauf hinweisen, daß mit kleineren Veränderungen des Unterrichtsgeschehens im musikalischen Bereich manchen Lernerinnen und Lernern bereits eine Erleichterung beim Sprachenlernen geschaffen werden kann (vgl. u. a. Scherder 2017). Darüber hinaus können die nachfolgenden Forschungsergebnisse unter Umständen auch dienlich sein, um in Lerngruppen beobachtete individuelle Sprachlernfähigkeiten oder auch Sprachbegabungen ansatzweise zu erklären (vgl. etwa Miendlarzewska / Trost 2014). Nachfolgend sollen zunächst diejenigen strukturellen Eigenschaften von Musik und Sprache betrachten werden, die sich entweder systemimmanent ähneln und / oder sogar in denselben Hirnarealen verarbeitet werden und darum einen gegenseitigen Einfluss auf die Förderung der funktionalen kommunikativen Kompetenzen (vgl. KMK 2004a) ausüben können, wie Rhythmus und Klang. Anschließend wird noch ein Ausblick auf nicht sprachliche kognitive Funktionen angeboten, die sich durch Musik positiv beeinflussen lassen und ihrerseits das Sprachenlernen- - z. B. im Bereich der interkulturellen kommunikativen und methodischen Kompetenzen-- unterstützen können. <?page no="80"?> 81 2 Auswirkungen von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen 2 Auswirkungen von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen Musik und Sprache sind beide durch Regelsysteme definiert, die sich in dieselben Unterkategorien zerlegen lassen: Rhythmus, Klang, Syntax und Semantik (vgl. u. a. Patel 2008). Darum bietet es sich an, die jeweiligen Regelsysteme miteinander zu vergleichen, um zu sehen, ob sie in denselben Hirnarealen verarbeitet werden und ob beispielsweise das Training innerhalb einer dieser Kategorien auf musikalischer Ebene Auswirkungen auf die sprachlichen Fähigkeiten derselben Kategorie hat sowie ob diese Auswirkungen nachhaltig sind. Es geht dabei um die Fragestellung, ob eine Hirnveränderung stattgefunden hat oder ob sie nach kurzer Zeit nicht mehr messbar ist. Gleichwohl zeigt sich, dass es mitunter schwierig ist, manche Untersuchungen im Bereich der Sprache eindeutig einer Kategorie zuzuordnen, da z. B. Klang und Rhythmus hier in der Wahrnehmung eng miteinander verbunden sind. 5 Darüber hinaus ist die Forschungslage zu den Bereichen Syntax und Semantik sehr überschaubar, so dass zu diesen Kategorien keine eigenständigen Kapitel konzipiert wurden, sondern die wenigen tatsächlichen Konsequenzen für die funktionalen kommunikativen Kompetenzen in diesen Bereichen an den passenden Stellen in die Auseinandersetzung mit Rhythmus und Klang einfließen. Außerdem zeigen Metastudien, dass nicht von einem generellen Einfluss von Musik auf Sprache ausgegangen werden kann, sondern dass immer nur einzelne Bereiche der Sprachproduktion oder -rezeption durch Musik gefördert werden können, wie z. B. phonetische Elemente oder die Speicherung der Wortbedeutung (vgl. Scherder 2017: 2, Yang et al. 2014: 5). 2.1 Rhythmus Der Terminus Rhythmus kann unterschiedlichen Definitionen unterliegen, die etwa eine Periodizität miteinschließen. Im Fall von Rhythmus in der Sprachproduktion und -rezeption erscheint jedoch die von Patel vorgeschlagene, auf einen regelmäßigen Turnus verzichtende sinnvoller, da sich darüber zahlreiche Sprachen klassifizieren und zu Rhythmusgruppen  vereinen lassen (vgl. Patel 2008: 119-122). Er beschreibt Rhythmus als „the systematic patterning of sound in terms of timing, accent, and grouping“ (ibid.: 9). Zudem fährt er fort: „Both speech and music are characterized by systematic temporal, accentual, and phrasal patterning“ (ibid.: 9), also drei Aspekten, durch die sich der jeweils individuelle Rhythmus definieren lässt. Jedoch lassen sich trotz einer Vielzahl an Untersuchungen zu Rhythmus in der Sprachproduktion und -rezeption keine empirischen Belege finden, dass natürliche Sprache-- also außerhalb etwa literarischer oder künstlerischer Strukturen wie Gedichten und 5 Für eine Einführung und Diskussion der jeweiligen Strukturen in Sprache und Musik vgl. bspw. Thompson-Schill et al. (2013).  So gehört das Englische beispielweise zu denjenigen Sprachen, die einem „distinct pattern of stronger and weaker syllables“ folgen (Patel 2008: 15). Musikaffinen Hörerinnen und Hörern ist es möglich, solche Betonungsmuster leichter herauszuhören, was wiederum positive Einflüsse auf ihr Fremdsprachenlernen haben kann. <?page no="81"?> 82 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften Liedern-- durch regelmäßige zeitliche Intervalle beeinflusst wird bzw. diese in ihr messbar sind (vgl. ibid.: 143), wie dies meist in musikalischen Werken zu beobachten ist. Eine weitere Fragestellung widmete sich der Hypothese, dass die Fähigkeit, bestimmte Betonungsmuster in gesprochener Sprache herauszuhören, im Rahmen der Informationsverarbeitung vorteilhaft sei, weil Betonung u. a. mit der Markierung wichtiger Informationen einhergehen kann. Wenn die Hörerin oder der Hörer in der Lage ist, solche Muster bereits vorherzusagen, dann vereinfache dies die Informationsverarbeitung (vgl. ibid.: 145 f.). Für den Fremdsprachenunterricht bestünde demnach die Möglichkeit, die akustische Sensibilität der Lernenden für entsprechende Betonungen zu erhöhen, um das Hörverstehen zu fördern. Allerdings konnte diese Hypothese nicht mit empirischen Daten gefestigt werden (vgl. ibid.: 14). Rhythmus ist jedoch im Rahmen der funktionalen kommunikativen Kompetenz Lesen von recht hoher Bedeutung (vgl. u. a. Thomson & Goswami 2008): Untersuchungen mit an entwicklungsbedingter Dyslexie 7 (Stein 2018)-- in Deutschland auch häufig Lese-Rechtschreib- Schwäche ( LRS ) genannt-- leidenden Schülerinnen und Schülern konnten zeigen, dass deren Fähigkeiten, einen vorgegebenen Rhythmus nachzuklopfen, wesentlich geringer ausgeprägt sind als bei ihren Altersgenossinnen und -genossen ohne dieses Störungsbild. Umgekehrt konnte ebenfalls belegt werden, dass musical metric sensitivity als Prädikator für Lesefähigkeiten angesehen werden kann (vgl. auch im Folgenden Huss et al. 2011). Darum schlagen die Autorinnen und Autoren der Studie ein gezieltes Rhythmustraining zur Förderung von Lesekompetenzen vor. Gegen diesen Vorschlag könnte sprechen, dass Musikerinnen und Musiker mit Dyslexie keine oder kaum Unterschiede in der musical metric sensitivity aufwiesen im Vergleich zu Musikerinnen und Musikern ohne Dyslexie (vgl. auch im Folgenden Weiss et al. 2014). Allerdings wurde nicht erhoben, welche Form des Rhythmustrainings die jeweiligen Musikerinnen und Musiker durchlaufen hatten. Außerdem könnte sich eine Erklärung für die Ergebnisse in den Definitionsansätzen von Stein (2018) finden lassen, der für einen Teil der von Dyslexie Betroffenen Beeinträchtigungen in Hirnarealen, welche für die visuelle Verarbeitung zuständig sind, diagnostiziert, jedoch wurden die Testpersonen in der Studie von Weiss et al. (2014) nicht entsprechend untersucht, so dass der Vorschlag eines spezifischen Rhythmustrainings zur Leseförderung nach wie vor nicht falsifiziert werden kann. Darüber hinaus weisen u. a. Miendlarzewska & Trost (2014) auf die positiven Einflüsse eines guten Rhythmusvermögens auf die Exekutiven Funktionen 8 hin. Diese stellen zwar mit ihren Teilbereichen Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität keine unmittelbar sprachrezipierenden oder -produzierenden Gehirnbereiche dar, sind aber massiv in die Sprachrezeption eingebunden, da die über den auditiven Kortex aufgenommenen sprachlichen Signale im Arbeitsgedächtnis vor der Weiterverarbeitung- - z. B. der Entscheidung 7 Entwicklungsbedingte Dyslexie unterscheidet sich in ihren Ursachen und Behandlungsansätzen von derjenigen, die durch Hirnläsionen verursacht wurde (vgl. Stein 2018). 8 Zu einer Einführung in das Konstrukt der Exekutiven Funktionen vgl. bspw. Kubesch (201a) bzw. Weidner (201). Zur Erklärung der neurobiologischen Hintergründe der Exekutiven Funktionen vgl. z. B. Diamond (201) und für die Auswirkungen auf die pädagogische Praxis vgl. Teil 2 des Sammelbandes Kubesch (201). <?page no="82"?> 83 2 Auswirkungen von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen über Speicherung oder nicht-- zwischengelagert werden müssen und die beiden anderen Teilbereiche die Bewältigung sprachlicher Aufgaben möglich machen oder erschweren können. Darüber hinaus ordnet ein weithin rezipiertes und anerkanntes Arbeitsspeichermodell-- das Mehrkomponentenmodell von Baddeley (198)-- diesem eine eigene phonologische Schleife zu, auch als verbales Kurzzeitgedächtnis bekannt (vgl. u. a. Heidler 2013: 34-42). „Die Kapazität der phonologischen Schleife ist ein guter Prädiktor für die Fähigkeit von Kindern, ihre Muttersprache zu erwerben, und von Erwachsenen, eine Fremdsprache zu erlernen, weil hierbei die Repräsentation neuer Wörter während des Lernprozesses aufrecht erhalten werden müssen“ (Heidler 2013: 42; vgl. auch Baddeley 2003). Einige derjenigen Hirnareale, die an den Aufgaben der phonologischen Schleife beteiligt sind, sind auch für die Speicherung und Verarbeitung von Rhythmus oder Klängen zuständig, 9 wie beispielsweise das Broca-Areal ( BA 44 10 ), welches durch Singen gefördert bzw. beeinflusst werden kann, oder das supplementärmotorische Areal (Teil von BA ), welches ebenfalls für Rhythmus und Gesang zuständig ist (vgl. u. a. Heidler 2013: 14, 22 f., Scherder 2017: 83 f., 42-432). 2.2 Klang Klänge lassen sich durch ihre charakteristischen Tonhöhen (engl. pitch 11 ) und die jeweilige Klangfarbe (engl. timbre) fassen. Patel beschreibt die klangliche Sozialisierung eines jeden Menschen dergestalt, dass sich das Gehirn im Laufe der ersten Lebensjahre auf die entsprechenden klanglichen Spezifika der Umgebung einstellt, also etwa für die in der bzw. den Muttersprache(n) bedeutenden Klänge sensibel bleibt, während die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Klängen, die nicht in der oder den Muttersprache(n) vorhanden sind, abnimmt. Relativ analog verläuft die klangliche Sozialisierung in Bezug auf die das Kind umgebende Musik (vgl. Patel 2008: 9). Dieses Phänomen gilt in der Spracherwerbsforschung als Gemeinplatz, denn es bedingt beispielsweise, dass ab einem gewissen Alter das Erlernen einer Fremdsprache im Bereich ihrer phonologischen Aspekte wesentlich schwieriger wird als in jüngeren Lebensjahren. Die Desensibilisierung für nicht in der Umgebungssprache vorhandene Klänge gestaltet die lautliche Diskriminierung von Morphemen ökonomischer und lässt sich demnach u. a. evolutionsbiologisch erklären. Während Klänge in der Musik jedoch primär über die Tonhöhe definiert werden 12 , gilt für die Sprache die Klangfarbe als erstes Charakteristikum, um Vokale und Konsonanten von- 9 Für eine zusammenfassende Darstellung zur Frage, wie das Gehirn Musik verarbeitet vgl. z. B. Jäncke (2008: 277-293). 10 Die Abkürzung BA weist auf die Klassifikation der Hirnareale nach dem deutschen Neuroanatomen und Psychiater Korbinian Brodman hin (vgl. Heidler 2013: 15). Da dieses System international anerkannt ist, lassen sich Hirnregionen damit über Sprachgrenzen hinweg eindeutig zuordnen, ohne Übersetzungsherausforderungen der entsprechenden Fachtermini zu begegnen. 11 Die englischen Termini werden an dieser Stelle bewusst angegeben, da die meisten Einzelpublikationen zu diesen Fragestellungen derzeit auf Englisch verfügbar sind. 12 An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass aus einer musik-ästhetischen Perspektive die Klangfarbe ebenso von Bedeutung ist wie die Tonhöhe (vgl. z. B. Patel 2008: 28), sie jedoch keiner analogen Kodierung beispielweise in Form von Noten unterliegt wie die Tonhöhe und darum schwieriger <?page no="83"?> 84 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften einander zu unterscheiden (vgl. Patel 2008: 9). Dies erschwert die Untersuchung der Einflüsse von Musik auf Sprache im Bereich der Klangverarbeitung und -produktion ein wenig, soll aber dennoch nicht davon abhalten. Den Ausführungen Scherders (2017: 79) folgend, wird ein Klang im Gehirn grob betrachtet dreistufig verarbeitet: Zunächst wird im primären auditiven Bereich analysiert, um welche einzelnen Phoneme es sich bei einem ‚eintreffenden‘ Wort handelt. Diese Ergebnisse werden anschließend an den sekundären auditiven Bereich übermittelt, in welchem dann z. B. festgestellt wird, welches Wort die Phoneme darstellen und welche Bedeutung damit einhergeht. Im letzten, dem tertiären auditiven Bereich wird die Bedeutung schließlich abstrahiert und ausgeweitet. Doch nicht nur Sprache wird zunächst im auditiven Kortex 13 verarbeitet, auch Melodien (vgl. hier und im Folgenden Scherder 2017: 85), obwohl diese eine komplexe Konstruktion aus Rhythmus, Tonhöhen und Klangfarben darstellen. Demnach lassen sich die an der Sprachverarbeitung beteiligten Areale ebenfalls durch Rhythmus und Klangfarbe aktivieren, was u. a. dazu beiträgt, dass eine musikalische Förderung im frühen Lebensalter beispielsweise zu einer Volumenzunahme des auditiven Kortex führen kann (vgl. z. B. Yuskaitis et al. 2015), was wiederum als positiv für dessen Leistungsvermögen angesehen wird. Tatsächlich konnten Sleve & Miyake bereits 200 in einer Studie, in der sie den Zusammenhang zwischen musikalischen Fähigkeiten und den Fremdsprachenkompetenzen von Erwachsenen untersuchten, feststellen, dass „[m]usical ability predicted L2 phonological ability (both receptive and productive)“ (ibid.: 75). Hingegen ließen andere ebenfalls erhobene Variablen- - wie die Dauer des Aufenthaltes in Zielsprachenländern oder die Häufigkeit des Gebrauchs der Fremdsprache-- einen wesentlich geringeren Einfluss erkennen. Einschränkend muss angemerkt werden, dass es sich bei den 50 Testpersonen um Japanerinnen und Japaner handelte, die zwischenzeitlich in die USA immigriert waren und dort Englisch als Fremdsprache erlernt hatten. Die Studie sollte ggf. mit einer größeren Kohorte und weiteren beteiligten L1 und L2 repliziert werden, um die Ergebnisse abzusichern. Neben den phonologischen Fähigkeiten testeten die Forschenden auch die syntaktischen und lexikalischen Kompetenzen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es ließ sich jedoch kein Zusammenhang zwischen diesen und individuellen musikalischen Fähigkeiten erkennen. 14 Jedoch scheinen Kinder, die ein musikalisches Training durchlaufen haben, einen Vorteil in Bezug auf die Wahrnehmung des Satzakzentes, der in vielen Sprachen ein Signal für den besonders bedeutungstragenden Teil einer Phrase bzw. die neuen Informationen in einer zu definieren ist. Dies hat auch unmittelbare Auswirkungen auf den Musikunterricht in Deutschland, in welchem überwiegend die Tonhöhe fokussiert und erst bei sehr fortgeschrittenen Lernerinnen und Lernern, z. B. im Rahmen von Instrumentalunterricht, die Klangfarbe mit einbezogen wird. 13 Über Jahrzehnte hinweg galt das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell der Sprachverarbeitung im Gehirn als Ausgangsbasis für die Beschreibung von sprachlichen Prozessen im Gehirn: Es weist dem Broca-Areal in der linken Hemisphäre die Aufgabe der Sprachproduktion und dem ebenfalls linksseitigen Wernicke-Areal die Hauptarbeit an der Sprachrezeption zu. Mittels moderner Messverfahren konnte jedoch gezeigt werden, dass dieses Modell zu vereinfachend konzipiert ist, denn beide Hirnregionen übernehmen auch Aufgaben der jeweils anderen (vgl. z. B. Hagoort 2014). 14 Für eine zusammenfassende Darstellung der Studie vgl. auch Jäncke (2008: 3 f.). <?page no="84"?> 85 2 Auswirkungen von Musik auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen Äußerung darstellt, gegenüber musikalisch nicht geförderten Kindern zu haben (vgl. Jäncke 2008: 35): Daraus lässt sich ableiten, dass die musikalisch geförderten Kinder wiederum im Bereich der allgemeinen Hör- und Hör-Sehverstehenskompetenz des Fremdsprachenunterrichts eine bessere Ausgangslage haben könnten als Kinder ohne entsprechende Förderung. Ähnliche Vorteile lassen sich auch im Bereich der Aussprache erkennen. So konnten etwa Milovanov et al. (2007) zeigen, dass diejenigen Fremdsprachenlernerinnen und -lerner- - hier 40 finnische Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 10 und 12 Jahren- - bessere Aussprachefähigkeiten unter Beweis stellen, die gleichzeitig in den Musikalitätstests besser abschnitten; sie spielten zudem wesentlich häufiger ein Instrument als die Altersgenossinnen und -genossen mit schlechterer Englischaussprache. Musikerinnen und Musiker haben ebenfalls statistisch gesehen Vorteile beim Vokabellernen, wie Dittinger et al. (201) belegen. Allerdings wurden hier erwachsene Profimusikerinnen und -musiker mit Nicht-Musikerinnen und Musikern verglichen. Während beiden Gruppen in einer unmittelbar nach dem Lernen erfolgten Testung das Zuordnen von Vokabeln zu Bildern oder Definitionen gleich schwer bzw. leicht fiel, zeigten die Musikerinnen und Musiker eine deutlich geringere Fehlerquote in der Semantikaufgabe und schnitten bei einer fünf Monate später durchgeführten erneuten Testung auch in den Zuordnungsaufgaben besser ab als die Nicht-Musikerinnen und Musiker; sie zeigten also einen länger anhaltenden Lerneffekt. Darüber hinaus gelang es den Berufsmusikerinnen und Musikern auch schon im Vorfeld, die Vokabeln schneller zu lernen. Dass Vokabeln, die singend gelernt werden, mitunter schneller und nachhaltiger ins mentale Lexikon aufgenommen werden, als wenn dies ohne Singen geschieht, ist seit längerem bekannt (vgl. u. a. Scherder 2017: 27) und im Hinblick auf das Konstrukt des mentalen Lexikons selbst gut erklärbar. Einzelne Studien konnten jedoch auch zeigen, dass gewisse Musikstücke als Primer 15 mit Bezug auf entsprechende semantische Netzwerke fungieren können und zwar mit derselben Intensität wie semantisch verwandte Priming-Wörter (vgl. z. B. Koelsch et al. 2004). Wenngleich die Studie in einer bedeutenden Fachzeitschrift (Nature) veröffentlicht wurde, scheint die praktische Anwendbarkeit im Fremdsprachenunterricht mit zunehmend sprachlich und kulturell heterogenen Lerngruppen doch eher gering zu sein. Eventuell ließen sich daraus noch Vorteile beim individuellen Lernen zu Hause erkennen, aber dann stellt sich wiederum die Frage, wie der Abrufprozess in der Schule bzw. in einer konkreten fremdsprachlichen Handlungssituation ohne das entsprechende musikalische Priming verlaufen sollte. Wenngleich Van de Carvey & Hartsuiker (201) das Priming-Potential von Musik ebenfalls belegen, sind diese Studien doch auch zwei Beispiele unter vielen, welche die Problematik bei der Übertragung von Studienergebnissen, die unter limitierten Testbedingungen zustande kamen, auf die Praxis des realen Fremdsprachenunterrichts, in welchem eine Vielzahl von Variablen schwer bis gar nicht kontrollierbar ist, unterstreichen. 15 In der Psychologie versteht man unter Priming eine Beeinflussung des Denkens, indem ein bestimmter vorangegangener Reiz die Denk- und Verhaltensweise bei einer darauffolgenden Reaktion beeinflusst. Bei dem Reiz kann es sich um ein Wort, einen Geruch oder ein Bild handeln. Diese sanfte Beeinflussung läuft in der Regel unbewusst ab und kann je nach Art des Priming Gedächtnisleistungen verbessern (vgl. Myers 2008: 91). <?page no="85"?> 86 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften 3 Auswirkungen von Musik auf das Fremdsprachenlernen jenseits der funktionalen kommunikativen Kompetenzen Neben den funktionalen kommunikativen Kompetenzen gilt es im Fremdsprachenunterricht u. a. interkulturelle kommunikative, methodische sowie Text- und Medienkompetenzen zu fördern (vgl. KMK 2004, KMK 2004a, KMK 2012). Studienergebnisse lassen erkennen, dass Musik auch in diesen Bereichen positive Einflüsse ausüben kann. Während ältere Gehirnmodelle darauf basierten, dass Sprache v. a. in der dominanten Hemisphäre verarbeitet werde- - also bei der Mehrheit der Menschen linksseitig (vgl. u. a. Jäncke 2008: 358)-- zeigt die aktuelle Forschung, dass gewisse sprachliche Aspekte durchaus im Bereich der rechten Gehirnhälfte angesiedelt sind: So geht man derzeit davon aus, dass rechtsseitig die Kontrolle über die prosodische Grundfrequenz ausgeübt wird und entsprechend dem emotionalen Grad der Äußerung jeweils Frequenzveränderungen indiziert werden. Hingegen werden die Dauer der Äußerung und Sprachpausen, welche dem Sprechen ihre temporale Struktur verleihen, linksseitig gesteuert (vgl. bspw. Guranski & Podemski 2015: 114). Dies könnte erklären, dass in Untersuchungen zum emotionalen Gehalt sprachlicher Äußerungen, „Kinder mit formalem Musikunterricht auch noch geringe emotionale Unterschiede aus den dargebotenen Wörtern heraushören konnten, während Kinder ohne formalen Musikunterricht dabei deutlich schlechter abschnitten“ (Jäncke 2008: 34). Während dies zum einen Auswirkungen auf das allgemeine Lernklima und die sozialen Kompetenzen der jeweiligen Schülerinnen und Schüler haben kann, ist es zum anderen im Fremdsprachenunterricht besonders im Hinblick auf die Förderung der interkulturellen Kompetenzen von großer Bedeutung. Denn hier soll sowohl das Eigenals auch Fremdverstehen gefördert und Empathiefähigkeit weiterentwickelt werden. Lernerinnen und Lerner, die sensibel auf den emotionalen Subtext einer Äußerung reagieren können, könnten hier im Vorteil sein gegenüber denjenigen, die keine Unterschiede bemerken. Ebenso kann das regelmäßige Musizieren in einer Gruppe, wie in einem Orchester, die Emphatiefähigkeit fördern, denn neben den sozialen Fähigkeiten, die dazu erforderlich sind und dadurch gestärkt werden, müssen auch die Spiegelneuronen 1 ein erhöhtes Aktivitätsniveau aufweisen, um das Zusammenspiel erfolgreich zu gestalten (vgl. Babiloni et al. 2012). Das (regelmäßige) Singen im Chor kann die soziale Kohäsion und damit das allgemeine Klassen- und Lernklima ebenfalls positiv beeinflussen, denn synchron ausgeführte Aktivitäten „may produce positive emotions that weaken the psychological boundaries between the self and the group“ (Wiltermuth / Heath 2009: 1). Über die verbindenden Emotionen hinaus scheinen auch Prozesse im Gehirn dabei abzulaufen, die in unmittelbarem kognitiven Zusammenhang mit der Sprachrezeption und -produktion in Bereichen des auditiven Kortex stehen und Gruppenbindungseffekte ebenfalls erklären könnten (vgl. Jasmin et al. 201). Dass Klänge und Sprache im Gehirn in ähnlichen bis teilweise überlappenden Regionen verarbeitet werden, beeinflusst ebenso die menschliche Fähigkeit mit oder ohne Hintergrundmusik zu arbeiten und zu lernen. Bereits wenn kein fokussiertes Lernen stattfindet, sondern 1 Zur Theorie der Spiegelneuronen und ihrer Entdeckung Anfang der 1990er Jahre vgl. bspw. Rizzolatti & Fabbri-Destro (2009). <?page no="86"?> 87 3 Auswirkungen von Musik auf das Fremdsprachenlernen jenseits funktionaler kommunikativer Kompetenzen konkrete Handlungen ausgeführt werden sollen, kann Musik im Hintergrund Effekte auf die handelnden Personen ausüben. Zusammenfassend haben Untersuchungen u. a. belegen können, dass ▶ Hintergrundmusik um so negativere Auswirkungen auf die jeweiligen Handlungen hat, je komplexer / schwieriger diese sind; ▶ kurze Phasen eingespielter Musik zwar eine aktivierende Wirkung haben können, längere jedoch nicht; ▶ stimmungsaufhellende und aktivierende Musikstücke eher einen positiven Einfluss auf das Ergebnis der Handlung haben können und ▶ extravertierte Personen weniger stark durch Hintergrundmusik gestört werden als introvertierte (vgl. Jäncke 2008: 212). Insbesondere die erste Erkenntnis steht in engem Zusammenhang mit der Cognitive Load Theory (vgl. etwa Sweller 2003), die zwar in Bezug auf die vorgeschlagenen Arten der Belastung empirisch noch nicht belegt werden konnte, in ihrer Grundaussage, dass Lernen generell mit einem gewissen Maß kognitiver Belastung einhergeht, das Arbeitsgedächtnis jedoch nur eine eingeschränkte Belastungskapazität aufweist, jedoch häufig rezipiert wird. Studien haben nicht nur den Einfluss von Hintergrundmusik auf das Arbeitsverhalten/ -ergebnis, sondern auch auf das Lernen untersucht. Die Ergebnisse ergänzen die oben genannten Befunde: Hintergrundmusik kann dann dem Lernen förderlich sein, wenn sie nicht mit verbalen Leistungen verbunden ist und keine besonders hohe Aufmerksamkeitskapazität fordert (vgl. Jäncke 2008: 212). So weisen bspw. Yang et al. (2015) darauf hin, dass Musikerinnen und Musiker bei tonaler 17 Hintergrundmusik mehr Zeit zum Erfüllen von Aufgaben, die das visuelle Arbeitsgedächtnis beanspruchten, benötigen, als wenn ihnen atonale Hintergrundmusik eingespielt wurde. Die Forscherinnen und Forscher erklären dies damit, dass Musikerinnen und Musiker bei tonaler Musik daran gewöhnt sind,-- wenn auch unbewusst-- während des Musikhörens die Struktur des Stückes zu analysieren und gewisse Voraussagen über die sich anschließenden Tonfolgen zu entwickeln, was einen Teil ihres Arbeitsgedächtnisses in Anspruch nimmt. Bei atonaler Musik lassen sich jedoch schwer bis keine Voraussagen treffen, so dass das Arbeitsgedächtnis mit einem solchen ‚Denkprozess‘ nicht von der eigentlichen visuellen Aufgabe abgelenkt wird. Bei Nicht-Musikerinnen und Musikern zeigten sich keine Unterschiede zwischen tonaler und atonaler Hintergrundmusik, da deren Arbeitsgedächtnisse die Vorhersagedenkleistung ohnehin nicht automatisch auszuführen scheinen (vgl. Yang et al. 2015). Somit wirken sich in diesem Zusammenhang musikalische Fähigkeiten eher negativ auf die Lernleistung aus-- wenn entsprechende Hintergrundmusik eingespielt wird--, während bislang eher Vorteile aus einem musikalischen 17 Während ein tonales Musikstück jeweils auf einen bestimmten Grundton bezogen ist und die Intervalle wiederum jeweiligen Funktionen zugeordnet werden können, also einer erkennbaren Struktur unterliegen, zeichnet sich atonale Musik dadurch aus, dass sie auf der chromatischen Tonleiter gründet, und damit keine Tonalität, wie bspw. Dur oder Moll, bzw. Modalität (Stichwort: Kirchentonarten) aufweist. Vor allem ungeübte Zuhörerinnen und Zuhörer lehnen darum atonale Musik stärker ab (vgl. bspw. Scherder 2017: 92, Proverbio et al. 2015). <?page no="87"?> 88 Musik und Fremdsprachenunterricht - Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften Training für den Fremdsprachenunterricht abzuleiten waren. Gleichzeitig kann atonale Musik jedoch bei Nicht-Musikerinnen und Musikern Gefühle wie Anspannung, Stress und Angst hervorrufen-- was etwa bei der Vertonung von Horror-Filmen gerne genutzt wird-- (vgl. Proverbio et al. 2015), die wiederum ebenfalls nicht lernförderlich wären. Ebenso ist bekannt, dass das Anhören von Heavy Metal-Musik das individuelle Stresslevel erhöhen kann-- zumindest bei erwachsenen Männern (vgl. Silva et al. 2014, 2014a). Sobald Hintergrundmusik- - unabhängig vom Genre- - verbale Anteile enthält, die verstanden werden können, sind ebenfalls bei Erwachsenen eher negative Effekte auf die Lernleistungen zu erkennen (Jäncke 2008: 214). Darüber hinaus gilt grundsätzlich, dass Musikhören-- auch im Hintergrund-- ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit einfordert. Wenn gleichzeitig eine weitere Aufgabe-- wie Lernen-- erledigt werden soll, dann spricht man in Bezug auf das Gehirn von einer Doppeltätigkeit (vgl. auch im Folgenden Jäncke 2008: 214). Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass die zentrale Kontrollkapazität des Gehirns ebenfalls nicht unendlich ist, d. h., dass beim Lernen und gleichzeitigen Musikhören die volle Aufmerksamkeit nicht auf das Lernen-- in diesem Fall die Primäraufgabe-- gerichtet ist, sondern in Teilen von der Musik in Anspruch genommen wird. Je nach persönlichen Veranlagungen kann dies negative Effekte auf die Ausführung der Primäraufgabe haben. Die diesbezügliche Studienlage ist für erwachsene Lernerinnen und Lerner jedoch uneindeutig, während bei Kindern sowie Probandinnen und Probanden mit kognitiven Beeinträchtigungen durchaus deutlich fördernde Effekte von Hintergrundmusik beobachtet werden konnten. Darüber hinaus scheint bei Jugendlichen und Erwachsenen die Gewöhnung noch eine wichtige Rolle zu spielen, d. h., wenn regelmäßig mit Hintergrundmusik gelernt wird, werden die Lernenden dadurch nicht weiter abgelenkt (vgl. Jäncke 2008: 213-219). 4 Fazit Der Einblick in Erkenntnisse der Kognitionswissenschaften der vergangenen Jahre macht deutlich, dass sich das Forschungsfeld um die gegenseitigen Einflüsse von Musik und Sprache im Gehirn bedeutend ausgeweitet hat, obwohl es im Vergleich zu anderen Fragestellungen noch relativ jung ist (vgl. u. a. Moreno 2009: 329). Gleichzeitig handelt es sich dabei jedoch stets um recht begrenzte Einzelerhebungen, in welchen zahlreiche Variablen labormäßig kontrolliert und / oder gesteuert werden können, wie etwa dass die Art und Weise sowie der Umfang des musikalischen Trainings vergleichbar ist oder dass alle Probandinnen und Probanden über ähnliche IQ -Testwerte verfügen. Im Allgemeinen lassen sich all diese Faktoren im Fremdsprachenunterricht-- unabhängig davon, um welche Schulart oder Zielfremdsprache es sich handelt-- nicht bzw. nur bedingt beeinflussen. Dies stellt eine der großen Hürden dar beim Versuch, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien auf den Lehr- und Lernalltag zu übertragen. Wenngleich die kognitionswissenschaftlichen Erkenntnisse für die schulische Praxis nicht ohne Einschränkungen zu rezipieren sind, so lassen sie doch erste Ideen zu, wie sich eine musikalische Förderung auf das Fremdsprachenlernvermögen einzelner Schülerinnen und Schüler auswirken könnte <?page no="88"?> 89 4 Fazit bzw. geben Anlass zur Entwicklung von Unterrichtssequenzen oder im Idealfall von ganzheitlichen Schulkonzepten, in denen Musik eine größere Rolle spielt, als derzeit in den meisten Bildungseinrichtungen. Gleichzeitig wäre eine Ausweitung der Forschung mit dem konkreten Ziel zu befürworten, die Einflüsse von Musik auf den Fremdsprachenunterricht im Schulalltag unter die Lupe zu nehmen und dabei interdisziplinäre Wissenschaftsteams mit einzubeziehen. <?page no="90"?> Genres und Zugänge <?page no="92"?> 93 1 Warum sollten Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Hanna Usbeck-Frei People seldom do what they believe in. They do what is convenient. Then repent. (Bob Dylan) Abstract Dieser Beitrag möchte Überzeugungsarbeit leisten, warum es sich lohnt, Pop- und Rocksongs im FU einzusetzen, und einen Überblick über sinnvolle Vorüberlegungen hinsichtlich Aktualität und Auswahlkriterien geben. Anschließend soll aufgezeigt werden, in welchen Unterrichtsphasen und zu welchem Zweck sich Pop- und Rocksongs im FU eignen und welche vielfältigen didaktisch-methodischen Möglichkeiten und Differenzierungsoptionen dabei zur Verfügung stehen. Abschließend widmet sich dieses Kapitel auf exemplarische Weise verschiedenen Unterrichtsbeispielen und weist auf nützliche Tools und Websites hin, die den Einsatz von Popsongs im Unterricht vereinfachen, unterstützen und bereichern können. 1 Warum sollten Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Der Einsatz von Pop- und Rocksongs 1 im Fremdsprachenunterricht ist sicherlich keine neue Idee-- aber dennoch oft eine Überzeugungssache. Nicht wenigen Lehrkräften drängen sich häufig skeptische Fragen auf, wie beispielsweise: „Lohnt sich der Aufwand, diesen Popsong für meinen Unterricht aufzubereiten? “ oder „Haben meine Schülerinnen und Schüler wirklich fremdsprachlichen Zuwachs nach der Beschäftigung mit diesem Lied? “ Aber auch ganz banale Probleme beispielsweise der Organisation („Komme ich dann noch mit meinem Stoff durch? “) oder mit dem bereits angebotenen Material („Finden meinen Schülerinnen und Schüler den Song im Buch wirklich interessant? “) aber auch Skepsis gegenüber den eigenen (musikalischen) Kompetenzen („Ich kann nicht singen und kenne mich mit aktueller Pop- und Rockmusik doch gar nicht aus-- wie soll ich das überzeugend unterrichten? “) ersticken manchmal den Gedanken einer Integration von Popsongs im Fremdsprachenunterricht ( FU ) bereits im Keim oder schränken den Gebrauch zumindest häufig ein. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, warum es sich trotz aller Bedenken lohnt, Pop-/ Rocksongs in den FU zu integrieren. Die größte Stärke von Pop- und Rocksongs liegt darin, dass sie authentisches (nicht didaktisiertes), aktuelles, kulturelles, fremdsprachliches Material mit hohem affektivem Identifikations- und Motivationsfaktor sind-- man fühlt mit oder lehnt ab, man fühlt sich 1 Der Einfachheit halber wird im Folgenden ‚Pop- und Rockmusik‘ als Überbegriff für alle modernen Musikstile der Unterhaltungsmusik ab ca. 190 genutzt. <?page no="93"?> 94 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht verstanden oder nicht, man möchte verstehen, dazugehören, genießen und mitsingen. Musik kann daher zum einen die Stimmung im Klassenzimmer deutlich beeinflussen: Music and song is a communal activity in which, for a while, the world becomes one. Everything we see, everything we do is associated with the sound we are hearing (and which is echoing in our minds). The use of music and song in the classroom can stimulate very positive associations to the study of a language, which otherwise may only be seen as a laborious task, entailing exams, frustration, and corrections. (Murphey 1992: ) Zum anderen bietet der emotionale Gehalt von Songs und die affektive Reaktion der Hörenden Gelegenheit zu vielfältigem sprachlichen Handeln-- in Worte fassen, was zwischen den Zeilen liegt, Gefühle und Haltungen versprachlichen und vergleichen etc. Letztendlich ist auch nicht zu vergessen, dass […] populäre Musik-(…) sich heute nicht mehr nur als Verbindung lyrischer Muster mit musikalischer Unterlegung darstellt, sondern seit dem durch MTV forcierten Durchbruch des Musikvideos ein audiovisuelles Medium [ist]. Vor diesem Hintergrund kann populäre Musik auch zur Herausbildung von Medienkompetenz herangezogen werden-- ergeben sich doch aus der Verbindung von Text, Musik und Bild vielfältige Bedeutungsdimensionen. (Grimm 2009: 19) Diese Verbindung von Text, Musik und Bild ermöglicht nicht nur mehrkanaliges Lernen und Intepretation auf verschiedenen Ebenen, sondern steigert meist ebenfalls die Lernmotivation, da Musikvideos besonders im Alltag der jungen und jugendlichen Lernenden nach wie vor eine große Rolle spielen. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor ist die Tatsache, dass Pop- und Rockmusik immer auch Gegenstand der (fremd-)sprachlichen alltäglichen Umwelt und des Handelns von Schülerinnen und Schülern (und auch Erwachsenen) ist: Songtexte hören, (innerlich) übersetzen und verstehen, vergleichen, bewerten und mitsingen oder nachsingen sind dabei die häufigsten sprachlichen Aktivitäten, die dann im Fremdsprachenunterricht authentisch genutzt und geübt werden können. Die Beschäftigung mit Pop- und Rockmusik im Kontext des FU kann somit auch als alltagsrelevant und damit lohnenswert empfunden werden, da die Lernenden die im FU gelernten Fähigkeiten im Umgang mit Songs auf den Alltag übertragen und sich auf diese Weise Erfolgsmomente im persönlichen Umgang mit Pop- und Rocksongs einstellen können. Auch inhärente Eigenschaften von Songs machen die Beschäftigung mit ihnen für den FU in motivationaler und sprachlicher Hinsicht gewinnbringend. So sind Songs immer eine Verbindung von Musik, Rhythmus und (rhythmisierter) Sprache, bei denen Wiederholung eine große Rolle spielt, einerseits in der großen formalen Anlage (Strophe, Refrain, Strophe, Refrain usw.), und andererseits auch im Kleinen (sprachlich und musikalisch durch verschiedene Satzmodelle, z. B. Liedform, Bluesschema, Verwendung ähnlicher sprachlicher Strukturen / rhythmischer Modelle). Diese Wiederholungen helfen das Hören zu strukturieren, Denkpausen an passenden Stellen einzubauen und sprachliche Strukturen wiederzuerkennen (vgl. Spitzer 200, Allmayer 2010). <?page no="94"?> 95 1 Warum sollten Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Musik und Sprache ähneln sich jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer syntaktischen Strukturen. Auch ihre Verarbeitung „basiert auf stark überlappenden (teilweise sogar identischen) neuronalen Ressourcen-[…]. “ (Koelsch 2008: 409 f., vgl. auch Patel 2008). Dies, verbunden mit der Tatsache, dass Pop- und Rocksongs-- im Gegensatz zu sprachlichen Hörtexten, die den Lernenden im FU häufig begegnen- - darauf angelegt sind, mehr als zwei bis drei Mal gehört zu werden, führt meist zu einer erhöhten Behaltensleistung der Songtexte und Melodien. Es ist daher zu bedenken, dass mehrfaches Hören eines Songs nicht nur vom Künstler so gedacht und gewollt ist, sondern den Lernenden auch vielfältige Möglichkeiten der Selbstkorrektur, der emotionalen Anbindung, der Erkenntnis (Stichwort: noticing) und der Anwendung des bereits Gehörten (z. B. durch Mitsingen) bietet. Ein weiterer inhärenter Vorteil von Pop- und Rocksongs liegt in deren Inhalt und Umfang. Sie sind in der Regel kurze, thematisch abgegrenzte, abgeschlossene Sinn-Einheiten, vergleichbar mit Kurzgeschichten, die häufig für jugendliche Lerner bedeutsame Themen aufgreifen, wie z. B. Liebe, Verlust, Angst, Sehnsucht, Identität (vgl. Timm 2007). Gelegentlich wird jedoch die Frage aufgeworfen, „ob [die Schülerinnen und Schüler] die schulische Behandlung solcher Themen nicht vielmehr als ‚Einbruch in ihre Privatsphäre’ empfinden und als Reaktion eine Verweigerungshaltung einnehmen.“ (zitiert nach Timm 2007: 179). Diesen Bedenken ist entgegenzustellen, dass es vielfältige Lehr-/ Lernformate gibt, die eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema / Inhalt des Songs und ein affektives und inhaltliches Nachvollziehen mit einiger Distanz ermöglichen, ohne dass sich Schülerinnen und Schüler vor versammelter Klasse öffnen und erklären müssen-- beispielsweise durch die Übernahme von Rollen in Rollenspielen oder Briefen. Nicht zuletzt ist hier sicherlich auch die Atmosphäre in der Lerngruppe, die nicht unwesentlich von der jeweiligen Lehrkraft geprägt wird, ausschlaggebend: Die Musik, die Musiker und deren Umfeld bieten zwar einen ersten Zugang; für weitergehende, inhaltsbezogene Aktivitäten kommt es jedoch- - neben dem methodischen Geschick- - ganz entscheidend auf die Persönlichkeit der Lehrperson sowie auf ihre Beziehung zu den Schülern an. (Timm 2007: 179) Auch für das Erkennen und Analysieren literarischer Stilmittel und sprachlicher Besonderheiten, das im fortgeschrittenen Fremdsprachenunterricht zunehmend an Bedeutung gewinnt, bietet sich der Einsatz von Pop- und Rocksongs im FU an. Nicht erst seit der Verleihung des Literaturnobelpreises an Bob Dylan wird die poetisch-literarische Qualität vieler Pop- und Rocksongs erkannt und gewürdigt. So sind die Texte von Pop- und Rocksongs oft reich an Metaphern, Bildern und poetischen Sprachkonstruktionen, und weisen so Ähnlichkeiten zur Lyrik auf, werden aber durch ihre Kürze, thematische Begrenztheit und Bedeutsamkeit und ihr bekanntes Format gerade von jugendlichen Lernenden oft mit mehr Motivation gehört, gelesen und analysiert. Pop- und Rocksongs sind jedoch trotz ihrer thematischen Begrenzung nicht immer eindeutig auslegbar (vgl. Thaler 2015). Diese Auslegbarkeit bietet viele sprachliche Lern- und Anwendungsmöglichkeiten, denn Interpretationsspielraum bedeutet immer auch (fremdsprachlicher) Handlungsspielraum: <?page no="95"?> 96 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Ähnlich wie beim Lesen von Literatur kann-[…] auch das Hören von Musik einerseits zu sehr individuellen Erfahrungen führen-[…]. Andererseits können diese individuell sehr unterschiedlichen imaginativen Momente beim Hören von Musik zu Differenzerfahrungen führen und Leerstellen erzeugen, die wiederum auf produktive Weise im Fremdsprachenunterricht fruchtbar genutzt werden können. (Lütge, 2010: 101) Schließlich spricht besonders im heutigen digitalen Zeitalter auch die einfache Verfügbarkeit von Pop- und Rocksongs für deren Einsatz im FU - - sei es in der Originalversion, als Karaoke-Video mit unterlegtem Text, als Playbackversion, oder in reiner Textform. Tipps und Hinweise für nützliche Websites / Tools / Apps werden am Ende dieses Kapitels aufgelistet. 2 Die Frage der Aktualität Im Hinblick auf die Frage der Aktualität der im Fremdsprachenunterricht verwendeten Pop- und Rocksongs gehen die Meinungen auseinander. Manche Lehrkärfte nehmen lieber Abstand von aktuellen Songs: Gerade aktuelle Songs, die Schüler in ihrer Freizeit hören, die für sie emotional stark besetzt sind und die vielleicht sogar einen Teil ihres soziokulturellen Selbstfindungsprozesses ausmachen, sind meist ungeeignet. Ziel sollte eher sein, dass sich die Schüler für verschiedene Musikstile öffnen und erkennen, dass auch Songs, die vielleicht nicht der favorisierten Musikrichtung zugehören, interessante Botschaften enthalten können. (Heidrich / Hass 2014: 28) Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass besonders jüngere Schülerinnen und Schüler die Texte der Songs, die sie privat (oder bei großen Geschwistern) hören, verstehen und mitsingen wollen. Oft sind die Lieder in diesem Alter, bedingt durch das limitierte Sprachvermögen der Lernenden, inhaltlich noch nicht emotional besetzt. Warum sollte hier also Sprachlernpotenzial verschenkt werden? Durch die Behandlung im Unterricht lernt das Kind nicht nur den richtigen Text kennen und schult in Zukunft bei jedem Hören sein Sprachvermögen, sondern kann auch auf seinem Lernstand etwas an dem Song lernen. Meist macht nicht der Song das Verstehen komplex, sondern die gestellte Aufgabe. Doch dazu mehr in Teil 5. Auch für ältere Schülerinnen und Schüler kann es sehr gewinnbringend sein, komplexere Texte der Lieder, die sie in ihrer Freizeit hören, sprachlich zu durchdringen oder emotionale Reaktionen zu versprachlichen- - wieso sollte man dem ‚soziokulturellen Selbstfindungsprozess’ den Zutritt zum Klassenzimmer verbieten? Ist nicht auch das Klassenzimmer ein Ort, an dem Gleichaltrige mit verschiedenen Geschmäckern und Einstellungen aufeinandertreffen, ein Ort, der immer zur Diskussion und zum Hinterfragen anregen sollte? Hier bieten verschiedene Methoden differenzierte Möglichkeiten, in Kleingruppen oder individuell das Gehörte aufzugreifen, ohne dass Lernende ihre innersten Gefühle vor der ganzen Klasse offenlegen müssen. Letztlich ist die Atmosphäre in der Lerngruppe entscheidend. Eine offene Atmosphäre im Klassenzimmer ermöglicht nicht nur die Auseinandersetzung mit einer Vielfalt an Songs verschiedener Stilistiken, sondern auch eine Vielfalt an Songs quer durch die Jahrzehnte, <?page no="96"?> 97 3 Auswahlkriterien und Vorüberlegungen die als Teil des Fremdsprachenunterrichts gehört, besprochen, diskutiert, hinterfragt und (mit aktuellen Titeln) verglichen werden können. Zu der Erkenntnis, dass „auch Songs, die vielleicht nicht der favorisierten Musikrichtung zugehören, interessante Botschaften enthalten können“ (Heidrich / Hass 2014: 28) kommt so im Idealfall außerdem die Erkenntnis, dass viele Themen keine Erfindung der aktuellen Songschreibergeneration sind, sondern sich universell durch die Menschheitsgeschichte ziehen. Spannend ist hierbei sicherlich auch ein Vergleich der Einstellung zu bzw. des Umgangs mit diesen Themen zu verschiedenen Zeiten. Solche Rückbezüge finden sich im Übrigen auch immer wieder in Interviews mit (aktuellen) Pop- und Rockstars, die durchaus auch ihre Idole und Inspiration in Liedern und Künstlern bzw. Bands aus vergangenen Jahrzehnten gefunden haben und sich zum Teil sehr aktiv mit dem musikalischen Erbe auseinandersetzen. 3 Auswahlkriterien und Vorüberlegungen Die Auswahl geeigneter Songs stellt Lehrkräfte immer wieder vor Herausforderungen. Mögliche Auswahlkriterien nach Thaler (2015) sind unter anderem: ▶ Das Thema des Songs (in Anlehnung an den Lehrplan, pädagogische Ziele usw.), ▶ lexikalische bzw. grammatikalische Strukturen des Songs (ebenfalls in Anlehnung an den Lehrplan, pädagogische Ziele usw.), ▶ die Aktualität (aktuelle Ereignisse, Jahreszeiten, Jahrestage, usw.), ▶ die Musikalität (Genre, Melodie, zum Mitsingen einladender Refrain), ▶ die Popularität, ▶ die Komplexität-- dazu zählt einerseits die akustische Komplexität, (Länge, Sprache, Geschwindigkeit, Spurlautstärke, Störgeräusche usw.) aber auch die sprachliche Komplexität (Vokabular, Grammatik, Weltwissen usw.) eines Songs, ▶ die Verfügbarkeit (Download / Tonträger / Stream, ggf. mit Untertitel oder als Karaoke- Version, Liedtext, Hintergrundinformationen usw.). Ebenfalls relevant sind auch: ▶ Das Alter der Lernenden, ▶ das Sprachvermögen der Lernenden, ▶ der Geschmack der Lernenden und / oder der Lehrkraft, ▶ die erhoffte Motivation (Aktualität, Beliebtheit / Bekanntheitsgrad der Band / des Sängers / der Sängerin), ▶ die Repräsentativität (für eine Epoche, einen Stil, eine Zeit, eine Generation, oder ein Thema). Welche dieser Kriterien ausschlaggebend für die Auswahl eines Songs für eine bestimmte Unterrichtssequenz sind, ist immer abhängig vom jeweiligen Lernziel und der Lerngruppe. <?page no="97"?> 98 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Anmerkungen zur Komplexität von Songs Viele Lehrkräfte lassen sich schnell von (fremd-)sprachlichen Herausforderungen bei bestimmten Songs abschrecken- - wenn z. B. der Song lexikalische oder grammatikalische Konstruktionen enthält, die den Lernenden bisher unbekannt sind, oder das Singtempo sehr hoch ist. Die Komplexität eines Songs liegt jedoch meist weniger in der Sprache als in der Art der Aufgabenstellung zum Song und in der Anzahl der Wiederholungen beim Hören. So können beispielsweise auch sprachlich komplexe, aktuelle Popsongs für Lernende, die sich am Anfang des Sprachenlernens befinden, nutzbar gemacht werden, indem beispielsweise nur bestimmte Nomen erkannt und Bildern zugeordnet oder Verben in Bewegungen umgesetzt werden sollen. Einige Ideen und Differenzierungsmöglichkeiten zur Reduktion oder Steigerung der Komplexität eines Songs werden in den Tabellen in Abschnitt 5 aufgelistet; ein Beispiel für den Einsatz eines komplexeren aktuellen Popsongs im Anfängerunterricht findet sich in Abschnitt . Um die fremdsprachliche und akustische Komplexität des Songs (Soundqualität, Tempo etc.) richtig einzuschätzen und eine Überforderung der Lernenden zu vermeiden, ist es außerdem empfehlenswert, Entscheidungen hinsichtlich der Auswahl eines Songs und besonders hinsichtlich verschiedener Aufgabentypen nicht rein auf Grundlage des Songtextes zu treffen, sondern immer auch hörend. Anmerkungen zur Auswahl von Songs Da Motivation bei Lernenden vor allem auch durch Selbsttätigkeit und Mündigkeit entsteht, können sie durchaus in die Auswahl von Songs für den Unterricht mit einbezogen werden, bzw. es kann ihnen auch (innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen oder nach gegebenen Kriterien) die Auswahl und Vorbereitung überlassen werden. So werden Lernende einerseits zu eigenständigem sprachlichen und sprachmittelndem Handeln angeregt, z. B. in Form kleiner Präsentationen über den Song, den Inhalt, oder den Interpreten, andererseits auch zu zunehmend analytischem Handeln: „Wie meint der Songwriter bestimmte Textstellen? “, „Warum werden hier ‚grammatikalisch falsche’ Wendungen gebraucht? “, „Welche Wörter können meine Klassenkameraden sich selbst erschließen, welche nicht? “ Natürlich ist es der Lehrkraft unbenommen, sich die letztendliche Entscheidung, welche Songs von Lernenden in den Unterricht eingebracht werden, vorzubehalten um ggf. Unpassendes zu filtern. Abgesehen von Songs mit wirklich problematischem Inhalt wie rechtsradikalen Ideen, Aufrufen zur Gewalt etc. (alles Themen und Kriterien, die ggf. auch mit den Lernenden vorher besprochen und abgesprochen werden können), gibt es meines Erachtens kaum wirklich für den FU ungeeignete Songs. Etwas sprachlich / kulturell / historisch / musikalisch Interessantes, das sich zur Besprechung in einer Fremdsprache lohnt, findet sich in nahezu jedem Song. Wenn ich als Lehrkraft die Songs für den Unterricht auswähle, sollte ich für viele Arten von Musik und auch für Vorschläge von anderen Kolleginnen und Kollegen sowie Schülerinnen und Schülern offen sein. Dabei ist es durchaus wichtig, auch die eigene Einstellung <?page no="98"?> 99 4 Wann und wozu können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? zu hinterfragen: „Lebe ich vor, was ich von meinen Schülern erwarte? Kann ich auch Musik, die mir nicht gefällt, für kurze Zeit ‚ertragen‘ und sachlich darüber sprechen? Bin ich bereit auch an einem Song, der musikalisch vielleicht nicht meinem Geschmack entspricht, etwas Neues zu entdecken und zu lernen? “ Nur so kann das ‚pädagogische Anbiedern’ vermieden werden, bei dem die Lernenden durchaus merken, dass die Lehrkraft etwas tut, wovon sie eigentlich nicht überzeugt ist, nur um der Lerngruppe zu gefallen. Genau in diesem selbstreflektierten, authentischen, sachlichen und respektvollen Umgang mit verschiedensten Arten und Geschmäckern von Musik liegt doch auch eine große pädagogische Chance jenseits des reinen Fremdsprachenerwerbs-- eine Chance, in genau diesen Eigenschaften zu wachsen, die auch für den Umgang mit anderen Kulturen so unerlässlich und wertvoll sind. 4 Wann und wozu können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Pop- und Rocksongs können viel mehr als nur die letzten Stunden vor den Ferien füllen-- sie können den Unterricht an verschiedenen Stellen und in verschiedenen Funktionen bereichern. A) Pop- und Rocksongs als Rituale Pop- und Rocksongs eignen sich hervorragend zur Strukturierung von Unterricht-- egal ob zu Beginn oder am Ende der Stunde / Woche, zum Einleiten bestimmter Arbeitsphasen (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit, Umbauphasen) oder als (Bewegungs-)Pausen. Dafür muss auch nicht immer der ganze Song abgespielt werden; ggf. reicht auch eine Strophe oder ein Refrain. B) Pop- und Rocksongs als thematischer Einstieg oder Zusammenfassung/ Reflexion Pop- und Rocksongs können hervorragend als Einstieg in ein bestimmtes Thema oder zum Abschluss desselben dienen. Hier führen gerade aktuelle Pop- und Rocksongs häufig zu einem ‚Aha-Effekt‘ bei den Lernenden, wenn sie die tatsächliche Thematik eines sonst einfach so ‚daher‘ gehörten und gesungenen Songs durch die intensivere Auseinandersetzung mit diesem im Unterricht erfassen. Ein Unterrichtsbeispiel zum Einsatz des Songs In the year 2525 als thematischen Einstieg in das Thema Science and Utopia wird in Teil A näher dargestellt. C) Pop- und Rocksongs als Sprechanlass / sprachliche Aufwärmübung Dies ist wohl die für die Schülerinnen und Schüler am meisten alltagsorientierte Handlung in der Fremdsprache: Meinungen über einen Song oder einen Künstler austauschen, Interpretationen des Songtextes diskutieren, Songs vergleichen, über Geschmack sprechen, über Musikstile sprechen, über Bands / Künstler / Personen sprechen, Playlists erstellen und vieles mehr. Einige Fragestellungen um Pop- und Rocksongs als Sprechanlass zu nutzen, sind beispielsweise: <?page no="99"?> 100 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht ▶ Wie würdest du die Atmosphäre des Songs beschreiben? ▶ Wann / bei welcher Gelegenheit würdest du diesen Song hören, z. B. beim Bahnfahren, beim Warten, oder beim Lernen? Und warum? ▶ Was will der Sänger / die Sängerin mit diesem Song ausdrücken? Mögliche weiterführende Aufgaben, die Songs als Ausgangspunkt / Sprechanlass nutzen, werden in Abschnitt 5 vorgestellt. D) Pop- und Rocksongs als ein eigenständiger und wertvoller (landeskundlicher) Lerninhalt Wie in Teil 1 dargestellt, kann man viele Pop- und Rocksongs durchaus als musikalischsprachliches ‚Kunstwerk‘ mit Rückbezügen auf Kultur, Landeskunde, Geschichte und Gegenwart betrachten. Als solches ist ein Song nicht nur ‚Mittel zum Zweck‘, sondern kann ein eigenständiger, wertvoller Lerninhalt sein. Außerdem haben Songs durch das Zusammenspiel von Musik und Sprache eine weitere Deutungsebene und heben sich so von Kurzgeschichten und Lyrik ab. Das allein bietet viel Potenzial für sprachliches, deutendes und auslegendes Handeln. Darüber hinaus sind auch Vergleiche des gleichen Songs von verschiedenen Interpreten (Coverversionen) und der Vergleich des Textes mit der Gestaltung des Musikvideos interessant. E) Pop- und Rocksongs zur Einführung/ Bewusstmachung/ Wiederholung/ Übung bestimmter sprachlicher Mittel und Strukturen Oft treten in Songs Häufungen bzw. vielfache Wiederholungen einer bestimmten sprachlichen Struktur auf. Diese Wiederholungen fördern das Erkennen (noticing) der Struktur sowie deren Verankerung im Gehirn durch die Verbindung von Musik und Sprache. Daher sind Songs besonders geeignet für das Erlernen, Erkennen, Üben und Wiederholen bestimmter sprachlicher Mittel und Strukturen. Dies ist eine der im Fremdsprachenunterricht und den entsprechenden Lehrwerken am häufigsten anzutreffenden Funktionen von Musik und hat zu einer Fülle von Listen mit zur Grammatikvermittlung geeigneten Pop- und Rocksongs in Büchern und im Internet, aber auch zu einer wachsenden Anzahl von speziell für die Grammatikvermittlung komponierten Songs geführt. Letztere bieten natürlich meist die gewünschte Struktur in noch dichterer Fülle im Song und haben durch ihren in der Regel simplen melodischen Aufbau oft ‚Ohrwurmcharakter‘. Dadurch sind sie leider häufig musikalisch und / oder inhaltlich eher banal und werden deshalb vor allem von älteren Lernenden oft als wenig motivierend empfunden. Grammatikvermittlung anhand authentischer Pop- und Rocksongs hingegen bietet die gewünschte Authentizität und damit verbundene Motivation. Ein Unterrichtsbeispiel zum Einsatz des Songs „On ira“ als Wiederholung des futur simple im Französischunterricht der Mittelstufe wird in Teil B näher dargestellt. F) Pop- und Rocksongs zur Einführung/ Bewusstmachung/ Wiederholung/ Übung bestimmter Lexik Durch ihren thematischen Fokus kommt in vielen Songs ein breiter Vorrat an Wörtern, Kollokationen und chunks zu diesem Themenfeld vor. Hier bieten sich vielfältige Lernchancen für Lernende aller Altersstufen-- zur Einführung, Wiederholung oder Übung eines bestimmten Themenwortschatzes. <?page no="100"?> 101 4 Wann und wozu können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Gerade auch bei Sprachanfängern eignen sich Songs für die Erweiterung und Übung des Wortschatzes sehr gut, da die Lernenden bestimmten Wortschatz, wie beispielsweise Verben oder Emotionsadjektive, physisch nachahmen können (Stichwort: TPR - - Total Physical Response) und so (zunächst) auf schriftbasiertes Verstehen und Reagieren verzichtet werden kann. Ein zusätzlicher Vorteil dabei ist natürlich die bessere Verankerung des Wortschatzes im Gedächtnis durch die mehrkanalige Präsentation und Reaktion der Schülerinnen und Schüler. Für fortgeschrittene Lernende stellen Songs oft einen reichen Fundus an authentischen chunks und Kollokationen mit teilweise bereits bekanntem Wortschatz dar, der sich durch die Verbindung von Musik und Sprache gut und nachhaltig einprägt. G) Pop- und Rocksongs als Ausgangspunkt kreativen Lernens und Spiels mit der Sprache Gerade für den freien Umgang mit der Sprache oder auch zum gezielten Üben sprachlicher Strukturen eignen sich Pop- und Rocksongs sehr gut, da dabei ein spielerischer und kreativer Umgang mit Sprache gut möglich ist: z. B. eine eigene Strophe schreiben oder eine Strophe nach bestimmten Kriterien umschreiben (z. B. negieren oder in eine andere Zeitform setzen). Viele weiterführende Aufgaben, die auf Songs basieren, sind mit einem konkreten Endprodukt verbunden, was wiederum zu Erfolgserlebnissen und erhöhter Motivation bei den Lernenden führen kann, auch wenn manche dieser Aufgaben mit einem erhöhten Zeitaufwand verbunden sind-- eine Zeitinvestition, die sich auszahlt. Einige Beispiele für weiterführende (Übungs-)Aufgaben sind unter Abschnitt 5 tabellarisch mit Differenzierungsmöglichkeiten aufgelistet. H) Pop- und Rocksongs als Gegenstand fächerübergreifenden Lernens Nicht zuletzt stellen Pop- und Rocksongs eine Brücke zwischen verschiedenen Fachbereichen dar (Deutsch, Geschichte, Englisch, Religion, Ethik) und eignen sich daher ideal als Gegenstand fächerübergreifenden Lernens. Im fächerübergreifenden Unterricht wird der Song in einen realen, zeitgeschichtlichen Kontext gestellt und nicht isoliert betrachtet, was wiederum ein ganzheitlicheres Bild des Zeitgeschehens bzw. der Thematik und damit eine erhöhte Behaltensleistung ermöglicht. Dabei ist auch die Anwendung von Sprachmittlung in einem realen Kontext nicht zu unterschätzen. I) Pop- und Rocksongs als Spaßmacher und/ oder Lückenfüller Schlussendlich können und sollen Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht auch genau das tun, was sie im realen Leben tun: Spaß machen, Hintergrundmusik sein, einfach nur gehört werden, mitgesungen werden, zum Tanzen / zur Bewegung genutzt werden usw. Dies garantiert nicht nur einen hohen Spaß- und Motivationsfaktor und eine lockere Unterrichtsatmosphäre, sondern ermöglicht oft Lernen ‚nebenbei‘, wie z. B. Ausspracheschulung durch Mitsingen. Auch vor oder nach Konzentrationsphasen können Songs geeignete Helfer sein, um Lernende in Bewegung zu bringen, vom Sitzen steif gewordene Körper zu lockern, zur Fokussierung der Aufmerksamkeit oder zur Entspannung. Insbesondere die letzten beiden Funktionen lassen sich auch gut mit instrumentaler Musik erreichen (siehe Falkenhagen und Glas in diesem Band). Beispiele: <?page no="101"?> 102 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht ▶ Song der Woche / des Monats, ▶ (Karaoke) singen, ▶ Tänze, kleine Choreographien erstellen / üben, ▶ ‚nur’ Hören, ▶ Hören und dabei andere Dinge tun, z. B. Aufräumen, Stühle hochstellen, Zimmer putzen usw., ▶ Meditationsübungen. Ein Unterrichtsbeispiel zum Einsatz des Songs „Best day of my life“ von American Authors als Bewegungspause im Englischunterricht der Unterstufe wird in Abschnitt c näher dargestellt. 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Auf welche Art und Weise Pop- und Rocksongs in den Unterricht integriert werden, also mit welcher Methode, ist immer lernzielabhängig und basiert auf lernpsychologischen Grundannahmen. Selbstverständlich kann die Arbeit mit Pop- und Rocksongs in verschiedene methodische Ansätze integriert werden, wie beispielsweise das klassische Pre-, While-, Post- Listening oder Task-based Learning ( TBL ), die an dieser Stelle jedoch nicht weiter ausgeführt werden sollen. Spezifika von Songs Anders als bei anderen Hörtexten im Fremdsprachenunterricht haben Songs folgende Besonderheiten: ▶ Sie sind darauf angelegt, mehrfach gehört zu werden, ▶ sie nutzen häufig grammatikalisch ‚falsche’ Wendungen (z. B. ain’t, gonna, oughta), ▶ sie haben oft einen ähnlichen Aufbau (Intro, Strophe, Refrain, Bridge, Outro), ▶ sie sind kein didaktisiertes Material, daher kann Geschwindigkeit und Deutlichkeit sehr unterschiedlich sein und Lernende mehr oder weniger herausfordern. Lernende sollten auch mit diesen Besonderheiten vertraut gemacht und befähigt werden, diese neben den ‚traditionellen’ Hörverstehensstrategien zu nutzen. Im Hinblick auf die Anzahl der Wiederholungen beim Hören kann und soll an dieser Stelle keine Zahl genannt werden-- die Anzahl der Wiederholungen hängt vom Lernziel ab. Grundsätzlich steht einem mehrfachen Hören im Unterricht nichts im Wege- - im realen Leben werden die meisten Songs auch mehr als einmal gehört. <?page no="102"?> 103 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Aufgabentypen Im Folgenden sind tabellarisch einige Ideen für die verschiedenen Unterrichtsphasen (Hinführungsphase, Hörphase, anschließende weiterführende Aufgaben) dargestellt, jeweils unter Angabe von Differenzierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Aufgabenkomplexität (-leichtere, weniger komplexe Aufgabenstellungen, + komplexere, anspruchsvollere Aufgabenstellungen). Grundsätzlich kann jede Aufgabenstellung durch eine vorangehende Entlastung etwas vereinfacht werden, z. B. durch die Einführung von neuem, zur Bewältigung der Aufgabe benötigtem Vokabular oder durch das Bereitstellen von benötigten Redemitteln. Dies ist zwar nicht unbedingt realitätsnah, beugt aber zumindest im anfänglichen Umgang mit Songs in der Fremdsprache Frustration bei den Lernenden vor. Aufgabentypen, die sich eher dem CLIL -Musikunterricht zuordnen lassen bzw. hauptsächlich mit Musikvideos arbeiten, bleiben an dieser Stelle unerwähnt, finden sich aber bei Falkenhagen und Volkmann in diesem Band. Hinführung zum Song / Vorentlastung / Einstimmung / Aktivierung von Vorwissen Aufgaben, die zum Song hinführen, dienen meist der affektiven und kognitiven Einstimmung auf den Song, dem Wecken von Neugierde und Motivation. Sie sollen Vorwissen und bekannten Wortschatz aktivieren, und die Möglichkeit bieten, neues relevantes Vokabular einzuführen. All dies kann über mehrere Sinne geschehen und diverse Medien einbinden, z. B. Musik, Bilder, Texte, oder Zitate. <?page no="103"?> 104 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Hinführung zum Song / Vorentlastung / Einstimmung / Aktivierung von Vorwissen Mögliche Aufgaben und Varianten Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Basierend auf Thema Vorwissen / Bekannten Wortschatz aktivieren ▶ Mindmap erstellen ▶ Kartenabfrage - ▶ Überbegriffe / Struktur der Mindmap vorgeben ▶ Zuordnungsaufgabe vorschalten: Wörter mit Definitionen verbinden ▶ Differenzierung durch Gruppenzusammensetzung: Leistungsstärkere Lernende können oft leistungsschwächeren bei Wortfindungsschwierigkeiten helfen. ▶ Bei der gemeinsamen Besprechung / Vorstellung der Ergebnisse kann gut neuer (im Lied vorkommender) Wortschatz eingeführt werden. + ▶ Strukturierung der Wörter den Lernenden überlassen. So muss auch die Strukturierung sprachlich bewältigt werden. Basierend auf Text Spekulation basierend auf dem Titel / einzelnen Strophen / Sätzen / Wörtern: ▶ Das ist der Titel des Songs. Worum könnte es gehen? ▶ Wer könnte singen? ▶ In welcher Situation befindet sich der Sänger / das lyrische Ich? ▶ Wie könnte die Musik dazu klingen? ▶ Wie könnte ein Musikvideo zu diesem Song aussehen? - ▶ Wort-Bank mit Themenwortschatz zur Verfügung stellen (z. B. Adjektive für verschiedene Gefühle, zur Beschreibung von Stimmungen usw.) ▶ Redemittel zur Spekulation angeben („Es könnte sein, dass …“, „Vielleicht ist er …“) 1. Bei einer reinen Spekulation über den Inhalt, die auf dem Titel / einzelnen Wörtern basiert, steuert die Lehrkraft die Weite der möglichen Lösungen durch die Art und Anzahl der bereitgestellten Wörter. 2. Man kann den Lernenden durch eine indirekte Präsentation der zur Verfügung gestellten Redemittel freistellen, in wieweit sie diese nutzen wollen, z. B. mittels einer Overheadfolie, die während der Arbeitszeit für Rückversicherungen für alle sichtbar projiziert wird. 3. Anstelle des Themas kann auch ein Wordle aus dem Songtext gezeigt werden, die Lernenden müssen dann das Oberthema bzw. Zusammenhänge erraten. + ▶ Wort-Bank mit bekanntem und erweitertem / neuem Themenwortschatz angeben (z. B. Adjektive für verschiedene Gefühle) Spekulation auf Basis des deutschen Titels/ der deutschen Übersetzung der 1. Strophe / des Refrains Deutschen Text ggf. zunächst in die Fremdsprache übersetzen lassen. - ▶ Wortangaben machen (zur Bearbeitung ohne Wörterbuch) ▶ siehe oben Übersetzungen von Online-Übersetzern sorgen hier ggf. für viel Humor, können aber auch gute Hinweise auf Sprachstrukturen liefern - welche sprachliche Struktur in der Zielsprache wird so wortgetreu übersetzt? Wie müsste eine bessere Übersetzung auf Deutsch lauten? Übersetzungsvarianten können verglichen werden. + ▶ Bearbeitung mit Wörterbuch, ggf. Thesaurus <?page no="104"?> 105 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Mögliche Aufgaben und Varianten Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Basierend auf Musik Spekulation basierend auf Intro oder Playback / Karaokeversion oder anderem Musikbeispiel: ▶ In welcher Situation / Stimmung befindet sich der Sänger? ▶ Wann / In welcher Situation würdest du diesen Song hören? ▶ Wie könnte ein Video zu diesem Song aussehen? Mental Image / Situation vorstellen, z. B. Würde der Song als Hintergrundmusik für einen Roadtrip durch die USA passen? Warum? - ▶ Wort-Bank mit Themenwortschatz zur Verfügung stellen (z. B. Adjektive für verschiedene Gefühle, zur Beschreibung von Stimmungen usw.) ▶ mehr Redemittel zur Spekulation angeben („Es könnte sein, dass …“, „Vielleicht ist er …“) ▶ Aus Bildern die zur Musik passenden wählen lassen Die Spekulation ist offener, wenn die Musik des Songs instrumental präsentiert wird, z. B. durch die Karaoke- Version oder nur das instrumentale Intro. Bei dieser Aufgabenstellung ist zur Bearbeitung gelegentlich auch musikspezifischer Wortschatz nötig, z. B. um die Wirkung von Musik oder den Stimmklang zu beschreiben. + ▶ Wort-Bank mit bekanntem und erweitertem / neuem Themenwortschatz angeben (z. B. Adjektive für verschiedene Gefühle) <?page no="105"?> 106 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Mögliche Aufgaben und Varianten Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Basierend auf Bildmaterial Bildimpuls Ein zum Song passendes Bild beschreiben lassen; Thema und ggf. Wortschatz einführen. - ▶ Wort-Bank mit Themenwortschatz zur Verfügung stellen (z. B. Adjektive für verschiedene Gefühle, zur Beschreibung von Stimmungen, …) Je zwei Schüler arbeiten zusammen; ein Schüler sieht das Bild nicht, der andere sieht es und beschreibt es dem Partner. Ggf. Wechsel mit einem anderen Bild. Anschließend Besprechung / Interpretation der Gemeinsamkeiten / Themen der Bilder und Spekulation: Wie könnte Musik dazu klingen? Welche Wörter könnten in einem Song zu diesem Bild / diesen Bildern vorkommen? + ▶ Wort-Bank mit bekanntem und erweitertem / neuem Themenwortschatz angeben Bilder, die Aspekte des Songs verdeutlichen, ordnen bzw. in eine begründete Reihenfolge bringen - ▶ kleinere Anzahl von Bildern ▶ Wort-Bank mit Themenwortschatz zur Verfügung stellen ▶ Redemittel zum Sprechen über Bilder zur Verfügung stellen Dieses Vorgehen eignet sich besonders gut bei erzählenden Songs, die den Ablauf einer Geschichte wiedergeben. + ▶ größere Anzahl von Bildern ▶ Wort-Bank mit bekanntem und erweitertem / neuem Themenwortschatz angeben Musikvideo (Original oder Usergeneriert) ohne Ton vorspielen: ▶ Wie könnte die Musik dazu klingen? Warum? ▶ Welche Themen kommen im Song vor? ▶ Lernende beschreiben / benennen Bilder dem nicht sehenden Partner ▶ Lernende merken sich möglichst viele Bilder - ▶ Wort-Bank mit Adjektiven oder Wörtern zur Beschreibung von Musik (Auswahl je nach Lernstand) ▶ Redemittel zur Bildbeschreibung zur Verfügung stellen ▶ Anzahl der zu merkenden Motive begrenzen bzw. eingrenzen (z. B. alle Sehenswürdigkeiten) ▶ In höheren Klassenstufen bietet sich hier eine Spekulation auch aufgrund der filmischen Machart (z. B. Einsatz von Licht, Kameraführung, Schnittsequenz usw.) an. ▶ Hier eignen sich von Usern erstellte, nicht offizielle Videos besonders gut, da sie oft zu den Lyrics passende Einzelbilder aneinanderreihen. Youtube bietet hier viel. + ▶ Anzahl der neuen Wörter / Synonyme in der Wort-Bank erhöhen ▶ offene Fragen stellen <?page no="106"?> 107 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Aufgaben während des Hörens / Aufgaben zum Hörverstehen mit und ohne Textgrundlage Songs können im Unterricht mit oder ohne Liedtext gehört werden. Bei Aufgabenstellungen mit dem Liedtext (lyrics) ist zu bedenken, dass mit mehr Text auch weniger das Hörverstehen per se geübt wird, sondern zunächst das Leseverstehen. Grundsätzlich gibt es die Optionen, zuerst zu hören und dann die Aufgaben mit dem Text zu bearbeiten oder zuerst zu versuchen die Aufgaben mit Hilfe des Textes zu lösen und dann anhand des Hörens zu überprüfen / vervollständigen. Viele der folgenden Beispiele lassen sich auch kombinieren, beispielsweise indem die Strophen mit Nonsens-Wörtern versehen werden, aber der Refrain als Lückentext vorkommt. Es muss auch nicht zwangsläufig der Text des gesamten Songs dargeboten werden. Gerade der Refrain bietet sich für freiere Aufgabenstellungen an, da dieser Songteil in der Regel wiederholt wird und die Lernenden so mehrere Chancen haben, Informationen zu entnehmen oder bereits Herausgehörtes zu überprüfen. Eine Bemerkung zu (den allgegenwärtigen) Lückentexten Für guten, auf die jeweilige Lerngruppe abgestimmten Unterricht ist es wichtig, bei einem Lückentext die Lücken mit Bedacht zu wählen. Mögliche Leitfragen bei der Vorbereitung können sein: ▶ Warum sollen die Schüler genau diese Wörter hörend erkennen? ▶ Sind es neue, unbekannte Wörter? ▶ Sind es bekannte Wörter, die trainiert werden sollen? ▶ Sind es Wörter mit minimalen phonetischen Unterscheidungen, die den Schülern helfen sollen, phonetisch differenziert zu hören? ▶ Sind es bestimmte grammatikalische Formen / Strukturen, die erkannt / geübt / eingeführt werden sollen? ▶ Wie sinnvoll ist es, dass die Schülerinnen und Schüler sich nur auf eine Auswahl einzelner Wörter konzentrieren? ▶ Wie stelle ich sicher, dass sie dennoch das Lied als Ganzes verstanden haben? (wenn das als Lernziel definiert wurde) Lorenzutti (2014) nutzt bei Lückentexten den „Double-Gap-Fill“, um die Schülerinnen und Schüler dazu zu bewegen, vor dem Hören über die Sprache und Sprachstrukturen nachzudenken und so linguistisches Vorwissen zu aktivieren. Die Lernenden bekommen den Lückentext mit einem Hinweis (Umschreibung, Synonym) in der Fremdsprache in Klammern hinter der Lücke sowie mit insgesamt zwei Lücken-- eine für ihre Vermutung vor dem Hören, eine für die richtige Lösung. Vor dem Hören versuchen sie zunächst selbst, die Lücken sinnvoll zu füllen, ehe sie dann beim Hören ihre Vermutungen überprüfen und ggf. korrigieren. <?page no="107"?> 108 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Auf diese Weise sind die Lernenden gezwungen, sich vor dem detaillierten Hören mit dem Text als Ganzes auseinanderzusetzen und so den Text zu verstehen. 2 Jede Arbeit mit dem Songtext kann immer auch als Sprechanlass genutzt werden, z. B. indem vor der Korrektur mögliche Lösungen verglichen und diskutiert werden (in Partner- oder Gruppenarbeit). Mit Hilfe entsprechender Redemittel entsteht auch dabei sinnvolle Kommunikation in der Fremdsprache. Zur Sicherung einiger Aufgaben beim Hörverstehen kann zur Überprüfung durchaus auch das Musikvideo herangezogen werden- - entweder das Original oder die bereits angesprochenen, durch User erstellten Musikvideos, die meist eine an den Songtext angepasste Bildcollage sind und daher oft mehr direkten Textbezug haben als manche Originalvideos. Die folgenden Tabellen geben einen zusammenfassenden Überblick zu den verschiedenen Aufgabenmöglichkeiten beim Hören mit und ohne Textgrundlage und geben Ideen zu Differenzierungsoptionen. 2 Eine genaue Beschreibung mit Beispiel-Lückentexten findet sich unter https: / / americanenglish.state. gov/ files/ ae/ resource_files/ forum_article_-_beyond_the_gap_fill-_dynmaic_activties_for_song_in_ the_efl_classrom.pdf <?page no="108"?> 109 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Aufgaben während des Hörens / Aufgaben zum Hörverstehen mit Textgrundlage Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Lyrics als Lückentext (lernzielabhängig! ) ▶ beliebige Wörter auslassen ▶ bestimmte Wörter auslassen (zu Themenwortschatz gehörig, alle Verben / Nomen / Adjektive, bestimmte Zeitformen usw.) ▶ Auslassen der Reimwörter am Zeilenende ▶ nur die ersten Wörter pro Zeile angeben, Rest auslassen - ▶ Auswahlwörter angeben ▶ pro Lücke zwei oder mehr Alternativen angeben ▶ Erste Buchstaben angeben ▶ Anzahl der Buchstaben durch Unterstriche angeben ▶ Anzahl der fehlenden Wörter durch Unterstriche andeuten ▶ Song im eigenen Tempo hören (am besten auf eigenem Gerät) für individuelle Pausen und Wiederholungen ▶ Sprechanteil und Verständnis können erhöht werden, indem der Text erst gelesen wird und mögliche Füllwörter für die Lücken in Paaren oder Kleingruppen diskutiert werden + ▶ Synonyme statt Auswahlwörter angeben ▶ keine Auswahlwörter angeben ▶ Anzahl der (unbekannten) Auswahlwörter erhöhen Jumbled sentences Textabschnitte ordnen - Sätze, Strophen, … - ▶ längere Abschnitte wählen ▶ durch Sozialform: Partnerarbeit, Gruppenarbeit ▶ Song im eigenen Tempo hören (am besten auf eigenem Gerät) für individuelle Pausen und Wiederholungen ▶ Strophen / Zeilen einer Strophe auf Personen aufteilen, Gruppe muss sich in der richtigen Reihenfolge aufstellen → total physical response. ▶ Um Verständnis zu sichern und nicht nur das gezielte Hören zu üben, sollten sich die Lernenden vor dem Hören eine Abfolge überlegen. + ▶ kürzere Abschnitte wählen ▶ durch Sozialform: Einzelarbeit, mehr Eigentätigkeit Text gliedern Wo beginnt und endet die Strophe / der Refrain, … Wiederholungen erkennen - ▶ kompletten Text ungegliedert herausgeben und gliedern lassen, ggf. mit Hinweisen auf Anzahl der Strophen / Formteile ▶ Song im eigenen Tempo hören (am besten auf eigenem Gerät) für individuelle Pausen und Wiederholungen Reaktiviert Vorwissen über den Aufbau von Songs + ▶ Gliederung ohne Hinweise Text mit falschen Wörtern / Nonsense- Wörtern berichtigen - ▶ falsche Wörter im Layout hervorheben ▶ falsches und richtiges Wort als Alternative angeben ▶ richtige Wörter in Wort-Bank angeben ▶ Song im eigenen Tempo hören (am besten auf eigenem Gerät) für individuelle Pausen und Wiederholungen Tipp: Doppelter Zeilenabstand, um Platz für Berichtigungen zu haben + ▶ Reimwörter oder Wörter mit minimalen phonetischen Veränderungen als falsche Wörter nutzen (Lorenzutti 2014) ▶ Anzahl der falschen Wörter im Text erhöhen, nicht mehr als eines pro Zeile ▶ zusätzliche / überflüssige Wörter einfügen <?page no="109"?> 110 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Aufgaben während des Hörens / Aufgaben zum Hörverstehen ohne Textgrundlage Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Verständnis sichern mit Bildern Verständnis sichern durch das Ordnen von Bildsymbolen / Bildern - ▶ Anfangsbild / Endbild vorgeben ▶ weniger Bilder ▶ langsamere Geschwindigkeit, in der die Bilder aufeinander folgen Aufgaben nicht nur auf Grundlage der Lyrics vorbereiten, immer auch das Tempo des Songs und v. a. das Singtempo der Lyrics beachten, um Aufgaben fair und machbar zu stellen. + ▶ mehr Bilder ▶ Bilder folgen in schnellerer Geschwindigkeit Verständnis sichern durch das Auswählen von Bildern aus mehreren Bildern / Symbolen - ▶ Anzahl der Distraktoren (falscher Bilder) geringer halten ▶ deutlich unterschiedliche Bilder wählen + ▶ Anzahl der Distraktoren und / oder Bildanzahl an sich erhöhen ▶ Bilder mit kleineren Unterschieden wählen Verständnis sichern durch das Malen von Bildern ▶ Bilder zu bestimmten Wörtern des Textes malen (Song pictures, z. B. Holidays-Bilder können Verben, Adjektive, Nomen, … darstellen (vgl. Lorenzutti 2014: 16) ▶ Hier erfolgt die Differenzierung inhärent, d. h. leistungsstärkere Lernende werden mehr Wörter heraushören / malen als leistungsschwächere ▶ Ggf. kann eine Reduzierung auf Nomen die Aufgabe vereinfachen Mit den Lernenden vorher besprechen, dass es nicht vorrangig um die Bildqualität geht. <?page no="110"?> 111 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Aufgaben während des Hörens / Aufgaben zum Hörverstehen ohne Textgrundlage Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Verständnis sichern mit Fragen Verständnis sichern durch Fragen - Differenzierung durch verschiedene Fragetypen: Progression leicht → schwer: richtig / falsch → Multiple Choice → offene Fragen ▶ Verschiedene Zusammenfassungen (für den ganzen Song oder Teile des Songs) angeben, Schüler wählen die beste Darauf achten, dass sowohl das Grobals auch das Detailverständnis geprüft wird, wobei beim ersten Hören der Fokus auf dem Gesamtverständnis liegen sollte. + ▶ offene Fragen ▶ Schüler schreiben / erzählen eigene Zusammenfassung ▶ Lernende entwickeln eigene Fragen zum Song (Antwort sollte im Text zu hören sein - wobei auch Fragen über den Text hinaus die anschließende Interpretation bereichern können) Verständnis sichern mit Gesten ( TPR ) Liedtexte gestisch begleiten ▶ Inhalte pantomimisch darstellen - ▶ Gesten vorher einführen, Lernende müssen die richtige Stelle hören ▶ Differenzierung durch Sozialform - mehr Hilfestellung durch Gruppenarbeit ▶ Beim ersten Hören überlegen / Notizen machen, beim zweiten Hören sofort in Bewegung umsetzen Besonders geeignet für Bewegungspausen! Auch Formteile können durch Bewegungen markiert werden, z. B. Mitschnipsen in der Strophe, Aufstehen beim Refrain (Badstübner- Kizik 2007: 69). <?page no="111"?> 112 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Detailliertes Hörverstehen / Fokus auf Details Inhaltsbezogenen Wortschatz heraushören ▶ Aus vorgegebener Liste mit mehreren Wörtern die im Song vorkommenden auswählen und / oder nummerieren (Badstübner-Kizik 2007: 69) ▶ In Stichworten notieren - ▶ Weniger Auswahlwörter ▶ Auswahlwörter in der Reihenfolge des Auftretens auflisten ▶ Oberbegriffe für Stichworte angeben ▶ Anzahl der gesuchten Wörter angeben ▶ Anfangsbuchstaben der gesuchten Wörter angeben ▶ Buchstabenanzahl der gesuchten Wörter angeben Auch eine Aufteilung der Lerngruppe bietet sich hier an: leistungsschwächere Lernende konzentrieren sich auf den Refrain, der wiederholt wird, leistungsstärkere Lernende auf die Strophen. + ▶ mehr Auswahlwörter ▶ Auswahlwörter alphabetisch ordnen ▶ keine Liste angeben, freies Notieren Grammatikalische / Lexikalische Besonderheiten heraushören z. B. alle Verben, alle Adjektive, alle Verben in einer bestimmten Zeitform. - ▶ Wortliste mit Auswahlwörtern und Distraktoren angeben ▶ Auswahlwörter in der Reihenfolge des Auftretens auflisten Hier kann die Arbeit mit Synonymen und / oder Definitionen sehr gewinnbringend sein (vgl. Lorenzutti 2014, „Matching Meaning“). Definitionen für Auswahlwörter in einer Liste angeben - daneben je eine Spalte für die Vermutung der Schüler und eine leere Spalte für das tatsächlich gehörte Wort. Erst spekulieren lassen, dann hören. + ▶ umfangreichere Wortliste ▶ Auswahlwörter alphabetisch ordnen ▶ anstelle der Wörter des Songs auch andere Wörter inkludieren ▶ Synonyme oder Definitionen anstatt den Wörtern des Songs angeben (vgl. Lorenzutti 2014) ▶ keine Liste zur Verfügung stellen <?page no="112"?> 113 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Strophen / Refrain / Liedtext heraushören - ▶ erste / letzte Wörter bzw. Zeilen-/ Strophenanfänge und / oder -enden angeben ▶ Erste Buchstaben angeben ▶ Anzahl der Buchstaben / Wörter durch Unterstriche angeben (Murphy 1997: 69) ▶ Hier kann sich gut eine Arbeit mit dem Wörterbuch anschließen, um ggf. unbekannte Wörter zu erschließen. ▶ Zur individuellen Differenzierung ist hier das Abspielen vom schülereigenen Gerät mit Kopfhörern sehr sinnvoll, damit der Lernende die Anzahl der Wiederholungen und die Länge des Hörtextes selbst bestimmen kann. + ▶ weniger Vorgaben ▶ unbekannte Wörter phonetisch / lautschriftlich notieren, anschließend mit Wörterbuch ermitteln Notizen für Übersetzung parallel anfertigen (Badstübner-Kizik 2007: 69) - ▶ Song im eigenen Tempo hören (am besten auf eigenem Gerät) für individuelle Pausen und Wiederholungen Einen fremdsprachlichen Songtext in der Muttersprache zusammenfassen (und umgekehrt) sind beides lebensnahe Sprachmittlungs-Aufgaben; eine Simultan-Übersetzung eines Songs jedoch eher nicht. + ▶ Hier sorgen Sprech-/ Singtempo, Verständlichkeit des Textes und natürlich die sprachliche Komplexität des Songs für größere Herausforderungen <?page no="113"?> 114 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Weiterführende Aufgaben / Tasks Die folgende Auflistung sowie die anschließende Tabelle stellen eine Auswahl möglicher weiterführender Aufgaben mit Songs bereit. Die Aufgaben unterscheiden sich dabei nicht nur hinsichtlich des Grades der sprachlichen Freiheit, sondern auch hinsichtlich der dabei geübten Fertigkeiten. 1. Sprechen Im Anschluss an das Hören und Verstehen von Songs lässt sich hervorragend darüber sprechen: Reflektieren, Kommentieren, Diskutieren, Beurteilen, Bewerten, Zusammenfassen, in geschichtliche / thematische Zusammenhänge einordnen, über Entstehungsgründe und -prozesse mutmaßen (Badstübner-Kizik 2007: 83). Bei all diesen Aufgaben kann der Sprechanteil durch die Auswahl der Methode deutlich erhöht werden. Im Plenum haben einzelne Lernende den geringsten Sprechanteil, mithilfe der Think-Pair-Share Methode oder in Kleingruppen erhöht sich der Sprechanteil. Linien- oder Vier-Ecken Abfragen erhöhen nicht nur den Redeanteil der Einzelnen, sondern visualisieren auch verschiedene Positionen. Leistungsschwächeren Lernenden hilft beim Sprechen immer mehr Zeit zur Vorbereitung und auch der Rückgriff auf mögliche Redemittel (z. B. Satzanfänge / Redewendungen für Meinungsäußerungen). 2. Produktorientierte kreative Aufgaben mit einem Song ▶ Standbilder zum Song entwickeln und aufführen, ▶ einen Dialog / Filmszene / Geschichte um die Situation des Songs schreiben und aufführen, ▶ ein Plattencover / CD Cover / Bild / Bildcollage / Poster entwerfen und die Gestaltung begründen / vorstellen, ▶ ein Musikvideo bzw. Video (z. B. auf die Lyrics abgestimmt Fotocollage / Diashow) zum Song erstellen, ▶ Song-Box (analog zur aus der Literaturdidaktik bekannten Lesekiste). <?page no="114"?> 115 5 Wie können Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden? Weiterführende Aufgaben / Tasks - enger geführt Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Kreatives Schreiben Neue Strophe schreiben - ▶ Redemittel zur Verfügung stellen ▶ sprachliches Gerüst angeben, in dem nur Leerstellen gefüllt werden müssen Hier bietet sich ggf. die Arbeit mit Reim- oder Synonymwörterbüchern an. + ▶ Strophe frei schreiben lassen Songtextfragmente in andere Texte einbauen. - ▶ einen Text vorgeben, in welchen die Fragmente an passender Stelle eingebaut werden können (z. B. als innere Monologe, direkte Rede, Hintergrundmusik, …) Alle diese Aufgaben haben ein neues literarisches Produkt als Ergebnis und sollten daher entsprechend vorgestellt und gewürdigt werden. Hier bieten sich Formate wie z. B. der Gallery Walk an, aber auch Ergebnispräsentationen. + ▶ eigene Texte suchen / schreiben lassen Liedtext in eine andere lyrische Form umschreiben (z. B. Gedicht, Rap, Geschichte) (vgl. Heidrich und Hass 2014: 30) - ▶ ggf. Form vorgeben ▶ ggf. Text vorgeben, in dem Leerstellen gefüllt werden müssen + ▶ weniger Vorgaben ▶ Differenzierung durch Individualisierung Erstellen eines Wordle / Akrostichon - ▶ Differenzierung durch Sozialform und Gruppenzusammensetzung: Stärkere Schüler helfen sprachlich schwächeren ▶ Hilfestellung durch Wörterbücher / Synonymwörterlisten Link-Tipps zur Erstellung von Wordles finden sich am Ende des Kapitels. + ▶ vorgegebenes Wort für die Anfangsbuchstaben des Akrostichon variieren. <?page no="115"?> 116 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Weiterführende Aufgaben / Tasks - enger geführt Mögliche Aufgaben Differenzierung (einfacher + komplexer) Tipps / Hinweise Anwendung und Übung neuer Lexik / Strukturen, Schreiben und Sprechen Songtexte nach vorgegebenen Strukturen umformen - ▶ benötigte Wörter / Formen (in richtiger und falscher Form) angeben Mögliche Umformungsaufgaben können sein: Präteritum → Futur, Aktiv → Passiv, Positiv → Negativ (vgl. Murphey 1992: 79). + ▶ weniger Hilfestellung Interviews durchführen - ▶ Interviewfragen vorgeben, die für die Antwort eine bestimmte grammatikalische Struktur voraussetzen („Was wirst du im Sommer tun? “ - „Im Sommer werde ich …“.) ▶ ggf. Verben in der gebeugten Form zur Verfügung stellen Das Vorstellen der herausgefundenen Informationen (dem Plenum, dem Sitznachbarn, …) erhöht hier nicht nur den Sprechanteil, sondern erfordert häufig auch die Umformung der Informationen („Er wird im Sommer …“), und stellt so eine weitere Komplexitätsstufe dar. + ▶ Verben müssen erst in die benötigte Form gebracht werden Texte verfassen z. B. (Mein schönster Sommer) - ▶ Strukturen, Satzfragmente und / oder Themenwortschatz zur Verfügung stellen Eignet sich gut als Vorarbeit für eine Kurz-Präsentation. + ▶ freies Schreiben <?page no="116"?> 117 6 Beispiele mit einem Song Weiterführende Aufgaben mit mehreren Songs ▶ Songs nach Kriterien finden / ordnen / begründen / auswählen, z. B. „subjektive Rankinglisten unter Verwendung von Komparationen anfertigen (z. B. melodisch-- melodischer-- am melodischsten usw.)“ (Badstübner-Kizik 2007: 7), ▶ Playlists erstellen und begründen, z. B. Filmmusik zur Verfilmung einer Lektüre, Sommer-Playlist (vgl. Badstübner-Kizik 2007: 84), ▶ Songs für Konzerte / Anlässe auswählen und anmoderieren, ▶ musikalisches Tagebuch erstellen und vorstellen (vgl. Badstübner-Kizik 2007), ▶ ein Land mit Songs / Interpreten vorstellen, ▶ eine Personengruppe / Person mit Songs / Künstlern / Textzeilen charakterisieren, ▶ Präsentation: Mein(e) Lieblingssong/ -interpret/ -band, ▶ Klassencharts erstellen. Grundsätzlich kann man mit Pop- und Rocksongs neben den oben aufgelisteten Tätigkeiten all die Dinge tun, die man im alltäglichen Leben auch mit ihnen tut. Murphey (1992) listet achtzehn verschiedene alltägliche Tätigkeiten, die jedoch nicht erschöpfend sind. Einige davon sind: ▶ Hören; ▶ Singen, Summen, Pfeifen, Klatschen, Schnipsen oder Tanzen während des Hörens; ▶ über die Musik, die Lyrik, den Sänger / die Sängerin, den Videoclip sprechen; ▶ Songs als Hintergrundmusik nutzen, um eine bestimmte Atmosphäre herzustellen; ▶ Songs nutzen, um eine soziale Umgebung herzustellen- - ein Gemeinschaftsgefühl, Tanz,-… Manche dieser Punkte klingen banal, gehen aber im Fremdsprachenunterricht dennoch oft unter. Zu Recht weist Murphey darauf hin, dass Lehrende bei allem didaktischen Eifer darauf achten sollten, das Potenzial des Materials (der Songs) nicht ‚abzutöten’, indem es mit zu vielen didaktisierten Aktivitäten verbunden wird (Murphey 1992: 10). Auch einfach ‚nur’ Singen hat also durchaus seinen berechtigten Platz im Fremdsprachenunterricht. 6 Beispiele mit einem Song A) Pop- und Rocksong als thematischer Einstieg: „In the year 2525“ von Zager & Evans in der Oberstufe Dieser Song von Zager und Evans von 199 eignet sich trotz seines ‚höheren Alters‘ hervorragend als Einstieg in den in vielen Bundesländern in Klasse 10 oder in der Oberstufe zu behandelnden Themenkomplex Science and Utopia. Viele der Fragen und Probleme, die auch heute noch im Hinblick auf dieses Thema diskutiert werden, werden im Song aufgezeigt-- wie beispielsweise die zunehmende Macht von Maschinen, die Rolle der Medizin und der künstlichen Befruchtung, die zerstörerische Kraft der Menschheit auf die Erde, und natürlich die Rolle des Menschen im Großen und Ganzen des Universums. <?page no="117"?> 118 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Der Songtext beinhaltet meist einfache Satzstrukturen (Will-Future, Conditional Sentences Type I) und wenige, den Lernenden meist bekannte songtypische Strukturen (ain’t, gonna, oughta). Das Vokabular ist ebenfalls lernstandsangemessen, ggf. können einige Wörter vorher eingeführt werden (z. B. glass tube, judgement day, to chew, to tear, limp, reign). Je nach vorhandener Audio-Ausstattung bietet ggf. eine Cover-Version (z. B. von Jane Rossi oder Pete Stark, beide auf Youtube zu finden) die bessere Audio-Qualität. Einstieg Option 1: Sie hören einen Song mit dem Titel „In the year 2525“. Wie könnte der Songschreiber sich die Welt zu dieser Zeit vorstellen? Welche Träume oder Befürchtungen könnten zum Ausdruck kommen? Welche Erfindungen und Entwicklungen könnten maßgebend sein? Einstieg Option 2: Die gleichen Fragen wie in Option 1, jedoch an die Lernenden gerichtet: In the year 2525-- Wie stellen Sie sich die Welt zu dieser Zeit vor? Beim Austausch zu diesen Fragen kann ggf. neues relevantes Vokabular eingeführt werden. While-Listening / Verständnissicherung Hier sind je nach Leistungsstand verschiedene Aufgabentypen denkbar. Leistungsstärkere Klassen / Lernende könnten offene Fragen beantworten (mit oder ohne weitere thematische Hinweise), leistungsschwächere Klassen / Lernende könnten Multiple-Choice-Aufgaben bearbeiten. In beiden Fällen lassen sich durch den Aufgabentyp sowohl das Globalals auch das Detailverständnis des Songs überprüfen. <?page no="118"?> 119 6 Beispiele mit einem Song Post-Listening / Weiterführende Aufgabe: Nach Besprechung bzw. Sicherung der While-Listening-Aufgaben sollte sich, auch im Vergleich mit den im Einstieg geäußerten Ideen, eine Diskussion der Kernaussagen des Songs bzw. eine mögliche Interpretation des Songs anschließen. Leitfragen könnten dabei sein: ▶ Welche Erfindungen oder wissenschaftlichen Erkenntnisse werden im Song angesprochen? Wie steht es heute um diese? ▶ Wie sieht der Sänger die Zukunft der Menschen? ▶ Wie bewertet er die Rolle des Menschen auf dieser Erde? ▶ Stimmen Sie dem Sänger zu? Diese Leitfragen können gerade in der Oberstufe auch sehr gut zunächst in Kleingruppen besprochen werden, bevor sie im Plenum vorgestellt und weiter diskutiert werden. So erhöht sich der Redeanteil der einzelnen Schülerinnen und Schüler deutlich. Im Anschluss daran sind vielfältige weitere Möglichkeiten denkbar. Zwei davon wären die folgenden: Weiterführende Textarbeit Da der Song in diesem Beispiel als Einstieg in ein neues Oberthema dient, könnte an dieser Stelle ein vertiefender Text über eines der im Song angesprochenen Themen (Gentechnik, Verhältnis Mensch-Maschine, Erderwärmung oder andere menschengemachte Probleme für die Erde,-…) eine mögliche weiterführende Aufgabe sein. Aber auch eine Lektüre zum Thema Utopie / Dystopie böte sich an (z. B. The Giver von Louis Lowry oder The Divergent von Veronica Ross, beide auch mittlerweile als Film verfügbar). <?page no="119"?> 120 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht Grammatikalische Übungen Wenn eine vertiefende sprachliche Beschäftigung mit dem Song gewünscht wird, wäre an dieser Stelle auch eine Wiederholung bestimmter grammatikalischer Strukturen, z. B. von Konditionalsätzen, verschiedenen Futur-Zeiten, oder dem Futur Perfekt denkbar. Eine Übung für Letzteres wäre die Umformung des Songtextes nach dem folgenden Schema: By the year 3535 people will have lost the ability to think and speak freely. By the year 5555 machines will have taken over people’s body movements / lives. B) Pop- und Rocksong zur Grammatikarbeit: „On ira“ von Zaz zur Übung des ‚Futur Simple’ in der Mittelstufe Pop- und Rocksongs mit regelmäßig wiederkehrenden grammatikalischen Strukturen eignen sich besonders gut zur Einführung / Übung / Vertiefung dieser grammatikalischen Struktur. So können zum Beispiel mit dem Song „On ira“ der französischen Sängerin Zaz (2013) die unregelmäßigen Futur-Simple-Formen geübt werden. Zur Einführung des ‚Futur Simple’ eignet sich der Song eher nicht, da der Text im Song recht schnell gesungen wird, der Anteil unbekannter Wörter eher hoch ist und die meisten im Song vorkommenden Formen die der unregelmäßigen Verben sind. Einstieg / Hinführung: Die Lernenden wiederholen die bereits gelernte Struktur des Futur-Simple in einem geleiteten Interview. Zunächst beantwortet jede / r Lernende die Frage Qu’est-ce que tu ferras l’été prochain? für sich (z. B. J’irai a la plage.) und hält seine Antwort fest. Im Anschluss interviewt er / sie eine bestimmte Anzahl anderer Schüler / innen und notiert deren Antworten. Abschließend berichten einige Lernende im Plenum, was sie über ihre Mitschüler / innen herausgefunden haben. Die Lehrkraft sammelt die Antworten an der Tafel in den Kategorien les pays / les villes, la mer / le paysage und les attractions touristiques. Im Anschluss erweitern die Lernenden kooperativ (Think-Pair-Share) die Wortnetze zu les pays / les villes, la mer / le paysage und les attractions turistiques und aktivieren so zunächst in Einzel-, dann in Partnerarbeit vorhandenen Wortschatz. In Vierergruppen vergleichen die Lernenden ihre Netze, fügen ggf. Wörter hinzu und stellen diese, wenn gewünscht, im Plenum vor. Anschließend (oder bereits in der ersten Gruppenphase) kann die Lehrkraft im Song vorkommende unbekannte Wörter zu diesen Themengebieten einführen und die Lernenden ergänzen diese. Überleitung: Die Lehrkraft leitet über zum Song: La chanteuse chante de ses plans pour son été prochain. Elle pense qu’il sera un été parfait. Avant d’écouter la chanson, lisez les paroles et essayez compléter les paroles avec les formes des verbes au futur simple. Activité avant l’écoute (Hinführende Aufgabe) Die Lernenden erhalten den Songtext mit doppelten Lücken und einer Wort-Bank mit entweder den Infinitiven der einzusetzenden Verben oder den gebeugten Verben im Futur-- je <?page no="120"?> 121 6 Beispiele mit einem Song nach Lernstand. Zwei verschiedene Arbeitsblattversionen können hier eine sinnvolle innere Differenzierung darstellen. Activité pendant l’écoute (Aufgabe während des Hörens) Complétez les paroles avec la bonne forme du futur simple des verbes donnés. Attention: Il faut mettre quelques verbes deux fois / plusieurs fois. ira * lèvera * dira * fera * entendra * saura * verra On ______________ (c) _______________(s) écouter Harlem au coin de Manhattan, On ______________ (c) _______________(s) rougir les thés dans les souks à Amman, On ______________ (c) _______________(s) nager dans le lit du fleuve Sénégal, Et on ______________ (c) _______________(s) brûler Bombay sous un feu de Bengale, On ______________ (c) _______________(s) gratter le ciel en-dessous de Kyoto, On ______________ (c) _______________(s) sentir Rio battre au cœur de Janeiro, On ______________ (c) _______________(s) nos yeux sur le plafond de la chapelle Sixtine, Et ______________ (c) _______________(s) nos verres dans le café Pouchkine. … Zunächst versuchen die Lernenden die Lücken zu füllen, ohne den Song gehört zu haben. Ihre Vermutung tragen sie für die Lücke (c-= conjecture-- Vermutung) ein. Beim anschließenden Hören überprüfen die Lernenden ihre Vermutung und korrigieren sie gegebenenfalls (und tragen das gehörte Wort in die Lücke (s-= solution-- Lösung) ein). Ob der gesamte Songtext oder nur die ersten beiden Strophen des Songs gehört werden, liegt im Ermessen der Lehrkraft. Der zweite Teil des Songs ist weniger konkret, jedoch sehr poetisch, und handelt von den Vorstellungen einer idealen Welt. Gegebenenfalls hilft die Lehrkraft, das Verständnis der weiteren Strophen zu sichern. Bei der anschließenden gemeinsamen Besprechung des Lückentextes können auch alternative Lösungen besprochen werden, besonders im Hinblick auf Kollokationen und Metaphern. Activité après l’écoute (Weiterführende Aufgabe) Als weiterführende Aufgabe erstellen die Lernenden nun eine eigene Strophe für den Song, die sich im Aufbau an der 1. Strophe orientiert. (Beispiel: On jouera avec les vagues de la Méditerranée, on mangera de la glace à la vanille, on sauvera la liberté-…). Im Fach Englisch könnte mit dem Song „Brighton in the rain“ (Robert Campbell und Jonathan Dykes), auf eine recht ähnliche Art und Weise verfahren werden, um das present perfect einzuführen oder zu üben. <?page no="121"?> 122 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht C) Pop- und Rocksong als Bewegungspause: „Best day of my life“ von American Authors (2013) in der Unterstufe Dieser Song eignet sich besonders in niedrigeren Klassenstufen sehr gut als Bewegungspause und zum Mitsingen- - am Tages- oder Stundenbeginn oder für zwischendurch. Jede Zeile im Liedtext entspricht vier Vierteln (Grundschlägen) in der Musik, sodass sich einfache Bewegungsmuster erstellen lassen (im Übrigen auch gemeinsam mit der Klasse). Strophe 1: I had a dream so big and loud → pretend to sleep I jumped so high I touched the clouds → jump Wo-oah-oah-oah-oah-oah-oh → step to the right, step to the left, jump+clap, jump+clap Wo-oah-oah-oah-oah-oah-oh → step to the right, step to the left, jump+clap, jump+clap I stretched my hands out to the sky → stretch hands in the air We danced with monsters through the night → dance Wo-oah-oah-oah-oah-oh → step to the right, step to the left, jump+clap, jump+clap Wo-oah-oah-oah-oah-oh → step to the right, step to the left, jump+clap, jump+clap Für die erste Strophe wurden hier zum Songtext passende Bewegungen gewählt (jeweils kursiv hinter dem Text notiert), für den Refrain eine kurze, einfache Choreographie, die sich auch am Platz ausführen lässt und wenig Raum beansprucht. Einführung des Songs: Pre-Chorus: I'm never gonna look back, whoa → wag the index finger of your right hand Never gonna give it up, no → wag the index finger of your left hand Please don't wake me now → cross your forearms in front of you (x-shaped) (Break) → bow your head and stand completely still Chorus: Oh, oh - oh -oh -oh → sing along and jump (with your hands in the air) This is gonna be the best day of li-i-ife Um den Song auch in Anfängerklassen einzuführen, bieten sich verschiedene Verben für Körperbewegungen an, welche die Lernenden auf Bildern erkennen und dann dem englischen Verb zuordnen müssen (als Arbeitsblatt, auf Folie, im Plenum,-…). Ein zweiter Schritt <?page no="122"?> 123 7 Schlussbemerkungen wäre dann bewegter Unterricht bzw. eine kurze Total-Physical-Response-Einheit, bei der die Lehrkraft entweder auf ein Verb-Bild zeigt oder das Verb ruft und die Lernenden die entsprechende Bewegung ausführen. Im dritten Schritt identifizieren die Lernenden hörend die im Song vorkommenden Verben und deren Reihenfolge, entweder mit dem Songtext mit Lücken oder gestisch bzw. indem den Lernenden in Kleingruppen jeweils ein Verb zugeteilt wird und sie sich entsprechend der Reihenfolge des Auftretens der Verben im Song aufstellen. Im vierten Schritt führt die Lehrkraft weitere Verben ein, die für die Bewegungen zum Song benötigt werden, aber nicht im Songtext vorkommen (zum Beispiel clap). Abschließend führen die Lernenden die gelernten Bewegungen zum Song aus. Tipp: Mit einem Audio-Schneideprogramm kann der Song auf die gewünschte Länge gekürzt werden. Gerade für sehr junge Lerngruppen, bei denen die Bewegung im Vordergrund steht, ist es nicht notwendig, den ganzen Song inklusive Bridge abzuspielen. Eine gekürzte Fassung kann auch gut mehrfach hintereinander abgespielt werden. Weitere Möglichkeiten mit diesem Song wären die Einführung / Wiederholung / Übung des simple past oder des going-to-future. In letzterem Fall kann auch gut die songspezifische Form gonna bewusst gemacht werden. Ebenfalls denkbar sind weiterführende Aufgaben, die thematisch anknüpfen, z. B. einen Text verfassen zum Thema „The best day of my life“ (simple past), oder eine Interviewaufgabe mit einer would-Konstruktion: How would the best day of your life look like? Erwartete Antworten könnten sein: On the best day of my life the sun would shine all day. I would meet my friends and we would eat lots of icecream-… Für letztgenannte Interviewaufgabe können die Lernenden im Sinne kooperativen Lernens zunächst die Frage entweder als Fließtext oder in Stichpunkten für sich beantworten. Anschließend interviewen sie mit der angegebenen Frage vier Mitschülerinnen oder -schüler und notieren deren Namen sowie Antworten (in Stichpunkten). Im Anschluss können sie entweder ihren Sitznachbarn oder im Plenum berichten, was sie über die anderen Schülerinnen und Schüler und deren Vorstellungen herausgefunden haben. 7 Schlussbemerkungen Dieses Kapitel sollte deutlich machen, dass der Einsatz von Pop-und Rocksongs in vielfältigen Formen und an verschiedenen Stellen des Unterrichts sehr motivierend und gewinnbringend sein kann-- und dass es sich lohnt, mehr mit einem Song zu machen als ‚bequem’ Lückentexte auszufüllen: Music is a powerful stimulus for student engagement precisely because it speaks directly to our emotions while still allowing us to use our brains and analyze it and its effects if we so wish. A piece of music can change the atmosphere in a classroom or prepare students for a new activity. It can amuse and entertain, and it can make a satisfactory connection between the world of leisure and the world of learning in the classroom. (Harmer 2007: 319) <?page no="123"?> 124 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht 8 Tipps, Tools und nützliche Websites Sehr arbeitserleichternd (und daher convenient) ist vor allem auch die wachsende Anzahl gelungener Beispiele und Songlisten im Internet sowie vielfältiger Tools (Apps, Programme etc.), die Lehrkräften mittlerweile zur Verfügung stehen. Eine Auswahl davon findet sich in diesem letzten Teil. Tipps ▶ Wenn technisch möglich, viel mit Mp3 arbeiten um direkt bestimmte Stellen anspielen zu können. Ggf. im Voraus die einzelnen Songteile mit Minuten-/ Sekundenangabe notieren, um schnell navigieren zu können. ▶ Auf gute Soundqualität achten, denn gute Soundqualität fördert Erfolgserlebnisse. Legal heruntergeladene Songs haben meist die bessere Soundqualität, und der Künstler verdient daran. ▶ Auf gute Lautsprecher achten. ▶ Lyrics / Songtexte aus dem Internet immer noch einmal selbst hörend überprüfen. ▶ Nie einen Song rein auf Grundlage des Songtextes beurteilen; Aufgabenstellungen immer hörend überprüfen. Nützliche Tools / Programme / Apps ▶ Yokee (i OS , Android): Karaoke-Versionen vieler aktueller und älterer Popsongs mit mitlaufendem Text und Aufnahmefunktion des eigenen Gesangs (Audio oder Video). In der kostenlosen Version mit Werbung. ▶ http: / / www.wordclouds.com/ : Website zum kostenlosen Erstellen von Wordclouds. ▶ http: / / www.wordle.net/ create: Website zum kostenlosen Erstellen von Wordles ▶ Wondershare Video Converter Ultimate, Garage Band, Audacity oder ähnliche Programme zum Schneiden und Bearbeiten von Audio- und Videodateien. Nützliche Websites 1. Zum Abspielen von Popsongs mit Internetzugang ▶ Spotify (nur Audio): kostenlose Registrierung, legale Nutzung, jedoch Werbeunterbrechungen zwischen Songs; Amazon Music; Apple Music ▶ Youtube, Vimeo (Audio+Video): kostenlos, z. T. legale Grauzone, ggf. vorgeschaltete Werbung. 2. Unterrichtsbeispiele / Material Englisch ▶ https: / / tefltunes.com/ songs-for-teaching-english-grammar/ : Songs nach grammatikalischen Strukturen geordnet, mit Lyrics. Einige Songs nach kostenfreier Registrierung auch mit Material / Unterrichtsbeispielen. <?page no="124"?> 125 8 Tipps, Tools und nützliche Websites ▶ http: / / www.esl-lounge.com/ songstop.php: Songs nach Titeln sortiert, meist mit Angabe von Themen / grammatikalischen Strukturen und Lyrics, z. T. mit Material. ▶ http: / / www.tuneintoenglish.com: Learning English Through Pop Songs. Registrierung notwendig, Material kostenfrei (meist komplette Lyrics, Gapfill, Pre-Activity-- ggf. Änderungen notwendig). ▶ https: / / www.funsongs.co.uk: Action Songs und Downloadmaterial für wenig Geld; Zielgruppe sind eher jüngere Lerner. ▶ http: / / wmpeople.wm.edu/ asset/ index/ mjtier/ schoolhouserock-- Liederliste zum Thema International Relations, eher oberstufengeeignet. ▶ https: / / www.esolcourses.com/ topics/ learn-english-with-songs.html: Videos, Höraufgaben und Vokabelhilfen zu älteren und aktuellen Songs- - auch zur selbstständigen Bearbeitung durch Lernende oder als Anregung für eigene Materialien. Auch nach Sprachniveau und Typ (z. B. Christmas-Songs) sortierbar. 3. Unterrichtsbeispiele / Material Französisch ▶ https: / / www.cornelsen.de/ francomusiques/ 1.c.2744885.de: Fertig ausgearbeitete Unterrichtsentwürfe mit Arbeitsblättern (Songtext, annotierte Vokabeln, Hörverstehensaufgaben etc.) und Lösungen für verschiedene aktuelle Songs (nach Erscheinungsjahr sortiert) zum Gratisdownload. Teilweise ist eine Anmeldung erforderlich. Eine tabellarische Übersicht im Excel-Format (sortierbar nach Thema, Niveau nach GER , Interpret) aller bisher in dieser Reihe erschienenen Unterrichtsmaterialien kann heruntergeladen werden. 4. Unterrichtsbeispiele / Material Deutsch als Fremdspache ▶ http: / / www.goethe.de/ ins/ us/ saf/ prj/ stg/ tte/ ftm/ deindex.htm: Hier findet man fertige Arbeitsblätter zu aktuellen deutschen Songs mit GER -Niveauangabe, mit Songtexten und Aufgaben (oft auch unter Einbeziehung des Musikvideos). ▶ Podcast „Der Sound aus Deutschland“-- Landeskundliche Beiträge rund um “Musik in Deutschland”, Podcast und Transkript: http: / / www.goethe.de/ ins/ us/ saf/ prj/ stg/ mus/ sou/ enindex.htm. ▶ „Lautstark“-- Junge Musik aus Deutschland: https: / / www.goethe.de/ de/ spr/ unt/ ver/ lst. html: Materialien für Lehrkräfte (Video, Lyrics, Arbeitsblätter) sowie interaktive Übemöglichkeiten für Lernende. ▶ http: / / www.dw.com/ de/ tv/ popxport/ s-7851 „Pop-Export“-- Das deutsche Musikmagazin des Radiosenders Deutsche Welle. Pop-Export stellt Bands und Interpreten aus Deutschland vor, wöchentlich Videoclips aktueller Hits und von Popklassikern. ▶ http: / / www.dw.com/ de/ arbeitsmaterialien-für-den-unterricht/ a-19747 „ EINS- HOCH -- das Bandtagebuch“, Deutschland entdecken durch die Augen der Münchner HipHop-Band EINSHOCH . Unterrichtseinheit mit Materialien zu 40 landeskundlichen Videoclips und 25 Songs. <?page no="125"?> 126 Pop- und Rocksongs im Fremdsprachenunterricht ▶ https: / / landeskunde.wordpress.com/ musik-und-daf/ -- Sehr nützlicher Blog mit vielen weiteren Ideen, Links und Beispielen (Unterrichtsmaterialien, Aufgabenstellungen, Arbeitsblätter). Literaturtipps mit Praxisbeispielen für Songs im Englischunterricht ▶ Praxis Englisch 1 / 2012: „Music-- Transcending Language.“ Themenheft mit fertig ausgearbeiteten Unterrichtsbeispielen und Materialpaket zu verschiedenen Songs im Englischunterricht. ▶ English 5 bis 10 3 / 2014: „Songs.“ Themenheft mit fertig ausgearbeiteten Unterrichtsbeispielen und Materialpaket zu verschiedenen Songs im Englischunterricht. ▶ Murphey, Tim (1992): Music and Song. Oxford: Oxford Unviersity Press. <?page no="126"?> 127 1 Einleitung Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Roman Bartosch Abstract Dieser Beitrag beschreibt das fremdsprachendidaktische Potenzial von Rap im Kontext seiner Situiertheit nicht nur innerhalb des Hip-Hop, sondern auch allgemein in Popkulturen. Nach einleitenden Bemerkungen und theoretischen Überlegungen soll kompetenzorientiert und inklusiv für zwei literaturbzw. kulturdidaktische Zugänge geworben werden, die zum einen textzentriert das lyrische Potenzial von Raptexten hervorheben und zum anderen kontextualistisch verfahren. In einem in diesem Beitrag als kulturökologisch beschriebenen Sinne sollen Rap, Hip-Hop sowie ironische Bezugnahmen darauf als ‚kulturelle Energie‘ begriffen werden, die zu verstehen zentrales Anliegen nicht nur von Literaturdidaktik sein sollte, sondern einen wichtigen Baustein kultureller Diskursfähigkeit und interkultureller Kompetenz darstellt. 1 Einleitung Popkulturelle Medienerzeugnisse und Texte sind aus einer modernen und an der Lebenswelt und den Interessen von Lernenden orientierten Fremdsprachendidaktik und Unterrichtspraxis nicht mehr wegzudenken. Eines der Phänomene, das in diesem Kontext aufgrund seiner inzwischen unbestreitbaren Sichtbarkeit, seiner Popularität gerade bei jüngeren bzw. adoleszenten Jugendlichen, aber auch seines Verunsicherungspotentials in den Augen älterer Menschen sicherlich sofort in den Sinn kommt, sind die Texte des Rap. Als textliches bzw. gesangliches Phänomen stellt Rap einen zentralen Aspekt v. a. des kulturellen Feldes des Hip- Hop dar. Fremdsprachendidaktisch lässt sich somit ein Fokus auf multibzw. vor allem audioliteracies und Medienkompetenzen realisieren, wenn man sich primär mit dem Bereich der Texte und gesanglicher performance beschäftigen möchte. Ebenso besteht die Möglichkeit, im Sinne einer allgemeiner gefassten (inter-)kulturellen Kompetenz den Verbund medialer und semiotischer Praktiken zu untersuchen, von denen Rap einen bedeutsamen Bestandteil bildet. Gründe für den verstärkten Einsatz von Popmusik gerade im Englischunterricht der Sekundarstufen finden sich in der Forderung nach authentischen Materialien (vgl. Harmer 2011: 135), vor allem aber im Postulat einer lebensweltlich bedeutsamen Textauswahl. Während gegenüber der Forderung nach Authentizität gerade innerhalb der hoch artifiziellen und durch-ökonomisierten Welt der Popkultur durchaus eine gewisse „postmoderne Skepsis gegenüber dem Begriff des ‚Authentischen‘ zu berücksichtigen“ ist und Lehrkräfte stets beachten sollten, dass „ein ‚authentischer‘ Text, wie ein Musikvideo, im pädagogischen Kontext des institutionalisierten Unterrichts automatisch an Authentizität verliert“ (Volkmann, 2010: 235), so lässt sich doch sagen, dass auch und gerade in Zeiten digitaler Medien Popmusik, zumal aus dem angloamerikanischen Raum, für eine große Zahl von Schülerinnen und Schülern einen bedeutsamen und oft motivierenden Lerngegenstand darstellt. <?page no="127"?> 128 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Der vorliegende Beitrag geht von einem solchen Potential aus und stellt verschiedene Zugänge vor, die Rap für den fremdsprachlichen Unterricht bieten kann. Nach einigen einführenden Bemerkungen zu den Begrifflichkeiten und relevanten Kontexten soll dies aus zweierlei Perspektive geschehen: Zum einen soll ein primär textwissenschaftlicher Fokus die Möglichkeiten skizzieren, mit dem im Rap verhandelten Sprachmaterial konstruktiv umzugehen, so dass analytische, aber auch kreative Arbeiten am Text möglich und gleichzeitig Forderungen nach multiliteracies erfüllt werden. Zum anderen sollen Rap und die damit eng verbundene Kultur des Hip-Hop systemisch als Medienverbund und komplexe kulturelle Praxis verstanden werden und unter Rückgriff auf theoretische Überlegungen aus dem Bereich der Kulturökologie fachdidaktisch thematisiert werden. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten kontextualistischer Textarbeit vor allem vor dem Hintergrund kooperativer Lernformate. Nicht zuletzt erlauben die hier vorgestellten Überlegungen und Unterrichtsmodelle, einen Ausweg aus dem als Konflikt zwischen Vorstellungen von „pop culture als ‚Medienhimmel‘ oder ‚Medienhölle‘“ (Volkmann 2007: 287) beschriebenen Dilemma zu finden und zu versuchen, „einen differenzierten Standpunkt zu entwickeln, der einerseits-[…] das große Potenzial der Popkultur erkennt (‚media heaven‘), andererseits aber auch die Gefahren einer ‚medialen Verwahrlosung‘ (‚media hell‘) berücksichtigt“ (Volkmann 2010: 0). Geschehen soll dies, indem hier nicht über die Güte oder Qualität von Rap geurteilt wird, sondern Rap als kulturelles Faktum und möglicher Lerngegenstand gefasst wird, der letztlich hilft, Lernendenautonomie und kritische Medienkompetenzen zu fördern. Das von Volkmann erwähnte popkulturelle Potenzial soll dabei durch kreativ-partizipatorische sowie kritische Unterrichtsansätze ausgeschöpft werden. Schließlich sollen die hier gemachten Vorschläge verstehen helfen, dass Rap wie andere Kunstformen auch als Inszenierungspraxis funktioniert und so auch im Unterricht kommuniziert werden kann und soll. Damit wird dem eingangs erwähnten Konflikt zwischen der Forderung nach Authentizität und der zu Recht ins Feld geführten Skepsis dem vermeintlich Authentischen gegenüber Rechnung getragen. 2 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen Wie eingangs erwähnt, versteht man Rap für gewöhnlich im Kontext der weiter gefassten Hip-Hop-Kultur, die neben Musik und dem markanten Sprechgesang zahlreiche andere, inzwischen ebenfalls recht bekannte Elemente wie breakdancing, Graffiti, DJ ing und vor allem auch bestimmte Kleidungsstile umfasst. Aus Gründen der argumentativen Stringenz und mit Blick auf die in diesem Beitrag thematisierten Kompetenzen möchte ich hier das Phänomen des Rap zuerst isoliert betrachten und erst in einem zweiten Schritt mit den anderen Aspekten theoretisch und unterrichtspraktisch zusammenführen (für andere Zugänge zu diesem inzwischen recht etablierten Themenkomplex im Fremdsprachenunterricht siehe u. a. Freese 2012). Schaut man sich die Kunst- und Ausdrucksformen des Rap an, zeigen sich schnell mögliche Potenziale und methodische Zugänge. Umgekehrt formuliert lässt sich sagen, dass eine entsprechende Betrachtung des Phänomens unterrichtliche Zugänge, mögliche Lernziele und gewünschte Kompetenzzuwächse vorhält, die es in der didaktischen Planung zu adressieren und effektiv aufzugreifen gilt. Diese sollen hier kurz aus theoretischer Sicht skizziert und <?page no="128"?> 129 2 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen in ihren unterrichtlichen Implikationen diskutiert werden, bevor in einem nächsten Schritt konkrete Beispiele analysiert und in Hinblick auf mögliche Aufgabenformate und Lernziele beschrieben werden. Verortet man die Arbeit mit Rap-Texten im Bereich der Literaturdidaktik, muss zuerst geklärt werden, ob die Feststellung, dass Literatur „im Zuge der aktuellen Kompetenzorientierung-[…] um ihre Daseinsberechtigung kämpfen“ muss (Decke-Cornill / Küster 2010: 243), auch in diesem Kontext zutrifft. Tatsächlich werden literar-ästhetischen Kompetenzen durch Rahmenvorgaben wie den Bildungsstandards oder dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen kaum ein zentraler Platz eingeräumt; im Falle popkultureller Kunstformen kommt noch hinzu, dass mangelndes Prestige und ganz speziell grammatisch inkorrekter Sprachgebrauch mögliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Lerngegenstands ‚Rap‘ vermehren dürften. Neben den oben bereits genannten Aspekten des Lebensweltbezugs und der Motivation von Schülerinnen und Schülern, sich mit einem solchen Thema auseinanderzusetzen, ist aus Sicht des kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts jedoch zu erwähnen, dass das mediale System, in dem Rap verortet werden kann, hervorragend in bestehenden Kompetenzbeschreibungen abgebildet werden kann: Neben kommunikativen und analytischen Kompetenzen bietet Rap die Möglichkeit, interkulturelle sowie Medienkompetenzen aufzubauen und zu vertiefen; wie weiter unten gezeigt werden wird, können außerdem affektive, kreative und produktive Fähigkeiten und Fertigkeiten adressiert werden. Ganz eindeutig lässt sich die Behandlung von Rap zudem im Kontext literar-ästhetischer Kompetenzen sowie der Multiliteracies-Debatte verorten: Nicht nur befinden sich die lyrics selbst in einem Spannungsverhältnis von Formvorgabe und speziellem Register bzw. Soziolekt, so dass interpretatorische Kompetenzen sowie Momente der Sprachmittlung (im Klassengespräch) essentiell wichtig sind. Darüber hinaus sind die Texte immer in einem medialen Verbund-- Songstruktur und Klangästhetik, Begleitung durch Musikvideos, Image der Künstlerinnen und Künstler in Werbung und in sozialen Medien-- eingebunden, der viele Möglichkeiten der Thematisierung und analytischen Dekodierung bietet. Auch die globale Verbreitung von Rap sowie die zahlreichen ‚glokalen‘ Varianten lassen sich hier verorten (vgl. Cope / Kalantzis 2000, Pennycook 2007). Blell verweist in diesem Kontext auf die Ergebnisse ihrer Forschung zu den Themen multiliteracies und Rezeptionsautonomie: „der Verstehensprozess literarischer Texte [kann] durch das ‚Hinzuschalten‘ musikalischer ‚Texte‘“ vor allem affektiv bereichert werden, und Musik „kann und sollte in ihrer sprachschulenden Dimension ergänzend und vertiefend zur Verstehensarbeit hinzugezogen werden“ (2007: 323). Sie fordert daher, verstärkt „intermedial“ zu lesen und dies als „verstehendes Spiel“ zu modellieren (324). Der vorliegende Beitrag wird sich diesen Forderungen anschließen und Zugänge skizzieren, die das Phänomen Rap jeweils unterschiedlich fassen und somit zu anderen didaktischen Zielsetzungen führen. Damit soll keinesfalls gesagt werden, dass die genannten Ansätze sich gegenseitig ausschließen; im Gegenteil scheint eine Kombination sinnvoll und nützlich. Möchte man sich Rap unterrichtlich nähern, lassen sich theoretisch zwei zentrale Zugänge formulieren. So lässt sich zum einen das Thema aus einer textzentrierten, also eher traditionell literaturdidaktischen Perspektive behandeln. Die lyrics werden dabei analog zu Lyrik behandelt, stellen jedoch eine ‚aktualisierte‘ und zeitgenössische, der Lebenswelt nahe <?page no="129"?> 130 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Form lyrischer Sprache dar, welche die seit Jahren diskutierte Herausforderung, Dichtung im fremdsprachlichen Unterricht zu behandeln, konstruktiv und, wenn möglich, als „intensive Begegnung“ annimmt (vgl. Volkmann 1999). Dies lässt sich unter anderem mit der zentralen Stellung der Texte im Hip-Hop begründen (vgl. Pennycook 2007: 10, Bradley 2009). Genau wie für traditionelle Lyrik gilt für rap lyrics, dass es sich um einen „gesteigerten Fall von hermeneutischer Schwierigkeit“ handelt (Gadamer zit. in Decke-Cornill / Küster 2010: 252), wobei im Fall von Rap neben den lyrisch-poetischen Ambiguitäten noch Aspekte wie Registerhöhe, Soziolekt und slang sowie alle die performance betreffenden Elemente hinzukommen. Dies legt nahe, dem Text oder den Texten isoliert und schrittweise zu begegnen und am Gegenstand selbst poetische wie allgemeinsprachliche Erkenntnisse zu gewinnen. Wie oben bereits erwähnt, bietet Rap als ‚glokales‘ Phänomen zudem Möglichkeiten, gerade z. B. die englische Sprache als lingua franca zu thematisieren und zu problematisieren, handelt es sich dabei doch, wie Pennycook festhält, um eine Sprache der „transcultural flows, a language of imagined communities and refashioning identities“ (2007: ). Die Didaktiken anderer Sprachen können natürlich ebenfalls auf französische, spanische und andere nationalsprachliche Rap-Varianten zurückgreifen, um die jeweilige Sprache, aber eben auch transkulturelle Einflüsse und Kreolisierungsformen zu analysieren. Ebenso ließe sich sprachenvergleichend und im Hinblick auf Sprachmittlung und Sprachbewusstsein der Einfluss des Englischen auf global zu verortende kulturelle Praktiken, zum Beispiel im Kontext der Debatte um „Sprachimperialismus“ (vgl. Volkmann 2010: 142-15), nachvollziehen. Dies zeigt auch, dass bei der Behandlung von rap lyrics im fremdsprachlichen Unterricht nicht vergessen werden darf, dass lyrics eben nicht bloß Lyrik sind, sondern aufgrund der Charakteristika popkultureller Enkulturations- und Produktionsprozesse besondere soziokulturelle Aspekte zu beachten sind. So wäre eines der anspruchsvollsten, an philologischen Methoden orientierten Lernziele, gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern herauszuarbeiten, dass Rap-- und andere Pop-Subkulturen-- textlich immer sowohl exkludierend als auch inkludierend funktionieren. In einer Analyse der Texte der malaysischen Hip-Hop-Gruppe Too Phat formuliert Pennycook dies so: While on the one hand Too Phat claim membership of this global culture, they simultaneously use the in-house register of hip hop that excludes many with its cultural references. Thus, while locating themselves within the linguistic and cultural world of hip hop, which links across the globe yet operates as a cultural code, they are also-[…] positioning themselves in particular ways in relation to hip hop culture. (2007: 3; dies lässt sich auch für andere popkulturelle Texte und Subkulturen zeigen-- siehe Bartosch 2011) Rap lässt sich also textzentriert untersuchen-- Reimschemata, Metaphern, Fragen der Komposition generell--, beinhaltet aber auch immer ein spezifisches Moment der Hybridisierung von traditionellen literarischen und ingroup-Codes, die sich gegenseitig ausschließen können und ein spezifisches popkulturelles Charakteristikum darstellen, das zu verstehen entsprechende Kompetenzen erfordert. Es ließe sich daher ebenso argumentieren, dass ein primär textorientierter Zugang eine unnötige Verkürzung und somit auch didaktische Beschränkung darstellt; immerhin kön- <?page no="130"?> 131 2 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen nen Rap und Hip-Hop als „quintessential arts of postmodern times“ (Pennycook 2007: 11) gesehen werden und müssen daher immer im intermedialen Verbund und vor dem Hintergrund umfassender kultureller Prozesse der Aneignung und damit verbundener Aushandlungspraktiken gesehen werden, wie sie bekannterweise u. a. von Stuart Hall und dem Birmingham Centre for the Study of Culture untersucht und inzwischen weiterentwickelt worden sind. Dies unterstreicht bereits ein Blick in die Geschichte des Rap. Entstanden als Teil der sich seit den 1970er Jahren entwickelten Hip-Hop-Kultur New Yorks, stellt Rap als Gesangsstil und Ausdrucksform z. B. bereits eine Reaktion auf Urbanisierungsprozesse bzw. urbane Degradation v. a. der South Bronx dar, was wiederum untrennbar verknüpft ist mit Fragen der sozialen Schicht und Ethnizität: Rap und Hip-Hop waren und sind undenkbar ohne „marginalisierte schwarze und westindische Jugendliche, die keine heilen Familien, keine annehmbaren Schulen, keine brauchbaren Sportstätten und keine Aussicht auf einen Arbeitsplatz hatten“ (Freese 2012: 294). Zu Recht stellt Freese die landeskundliche und historische Bedeutsamkeit dieser Epoche der jüngeren amerikanischen Geschichte heraus und betont das didaktische Potenzial z. B. für ein Projekt zur Situation afroamerikanischer New Yorker Jugendlicher, das von Schülerinnen und Schülern weitgehend autonom mithilfe von Internetrecherchen und gemeinsamen tasks bearbeitet werden kann (zur historischen Genese und Kultur des Rap in den USA siehe auch Rose 1994). Solche Projekte müssten heute jedoch zudem vor allem hinterfragen, inwiefern ein Blick auf Rap als Phänomen marginalisierter schwarzer Jugendlicher die Gegenwart verklärt und übersieht, dass spätestens seit Mitte der Neunziger „HipHop-Kultur zum Goldesel der globalen Kulturindustrie“ (Marquardt 2015: 59) geworden ist und somit eine neue Form kultureller Hegemonie geschaffen hat. In diesem Kontext erinnert uns David Samuels, “although rap is still proportionally more popular among blacks, its primary audience is white and lives in the suburbs” (2004: 147). Das soziale Kapital der Authentizität oder realness ist also übergreifend zu einer Währung der Identitätskonstruktion geworden (siehe auch Klein / Friedrich 2003, Judy 2004). Nur am Rande sei daher erwähnt, dass dies zu adressieren der oben erwähnten und von Volkmann (vgl. 2010: 135) beschriebenen Herausforderung entgegenkommt, dass authentische Materialien ihre Authentizität im Unterricht in gewissen Teilen einbüßen: Das unterrichtliche Ziel kann nicht sein, von der realness des Rap zu profitieren; vielmehr liegt der fachdidaktische Wert und die Kompetenzerwartung im Bereich einer kritischen Medien- und Diskurskompetenz, die die Konstruktion von Authentizität im Blick hat. Ich möchte hier den Blick jedoch auf die Tatsache lenken, dass die kulturellen Verflechtungen, die das Phänomen Rap kennzeichnen, eine Lesart und didaktische Adressierung nahelegen, die man mit Hubert Zapf als kulturökologisch bezeichnen kann (Zapf 201, siehe auch Härning 2012). Unter Rückgriff auf Vorarbeiten von Gregory Bateson, Jürgen Link sowie Peter Finke postuliert Zapf, dass Literatur im Sinne eines kulturellen Ökosystems verstanden werden kann, was erlaubt, metadiskursive sowie gegendiskursive Spannungen innerhalb sprachkünstlerischer Dokumente produktiv aufzugreifen und verstehen zu können. Dabei identifiziert er drei zentrale Funktionen: den „kulturkritischen Metadiskurs“, der kulturelle Fehlentwicklungen sprachlich benennt, einen „imaginativen Gegendiskurs“, der darauf mit Szenarien und Bildern von Energie und Selbstartikulation reagiert sowie schließlich einen <?page no="131"?> 132 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht „reintegrativen Interdiskurs“, der nahelegt, „Literatur als Ort der Zusammenführung von Spezialdiskursen“ zu verstehen (Zapf 2008: 33-35). Wie oben in Bezug auf die Genese des Hip-Hop als Widerstandspraxis ausgeführt, lässt sich vor allem das Kulturkritische leicht im Rap nachweisen; tatsächlich ist die Benennung von Missständen und die Ablehnung einiger gesamtgesellschaftlich akzeptierter Vorstellungen zentraler Bestandteil vieler Texte vom gangsta rap bis zu den gesellschaftskritisch-braven und hedonistischen Texten der Fantastischen Vier. Auch Fragen der Selbstartikulation sind augenfällig, wenn man bedenkt, dass vor allem die frühe Produktionspraxis von Rap bzw. Hip-Hop eine technisch einfache, aber doch komplexe Aneignungsstrategie von bestehendem musikalischen Textmaterial darstellt, die letztlich, wie die Ausführungen zu verschiedenen Registern, Soziolekten und ingroup-Vokabular zeigen sollten, auch als diskursive Zusammenführung verstanden werden kann. Darüber ließe sich kulturökologisch jedoch auch noch hinausgehen. Tatsächlich-- und auch dies ist ein kulturökologisches Argument-- muss das funktionale Modell, das Zapf vorschlägt, ja nicht zwangsläufig auf literarische Fiktion oder andere Texte im engeren Sinne beschränkt werden. So schlagen Gurr und Butler in einer Fallstudie zu urban art eine kulturökologische Lesart vor, die zu verstehen hilft, dass die künstlerischen Produkte, die in städtischem Umfeld entstehen, “are shaped by and tied to a range of the very specific infrastructural, architectural and technological parameters that constitute the environment“ (2013: 139). Im Falle von Hip-Hop bzw. Rap und ihrer Produktions- und Rezeptionspraktiken ist dies offenkundig; fachdidaktisch gälte daher, diese infrastrukturellen und technologischen Kontexte im Zusammenspiel mit dem kulturellen Erzeugnis zu adressieren und das Augenmerk auf eben diese Prozesse des Zusammenspiels zu legen, um die von Zapf und anderen oft diskutierte kulturelle Energie besser lokalisieren zu können. Im Sinne Gurrs und Butlers ließe sich so über Hip-Hop und Rap kulturökologisch zusammenfassen: “They reflect and comment upon forms and functions of architectural and infrastructural design- […]; they create alternative spaces- […] [and they] reintegrate the ideologically peripheral with manifestations of hegemonic power in the very moment of their being produced“ (2013: 142). Auch wenn Gurr und Butler nicht über musikalische Praktiken sprechen, lassen sich die Ausführungen eindeutig auf den Kontext von Hip-Hop-Kultur, Rap und Praktiken der Aneignung von Raum zusammenbringen. Für den Fremdsprachenunterricht bedeutet dies, dass prozess- und projektorientiert nicht der vermeintlich für sich stehende und sprechende Text im Mittelpunkt des Lernens steht, sondern das kulturellsemiotische System, das ihn hervorgebracht hat: von Graffiti über die eingangs erwähnten Praktiken des breakdancing, die Mode(n) und Geschichte(n) der Subkultur und gang culture sowie spezifische historische oder gegenwärtige Konflikte wie die Auseinandersetzung East Coast vs. West Coast (vgl. u. a. Rose 2008). Dass eine solche Vielzahl an thematischen Anknüpfungspunkten didaktisches Potenzial vor allem im Hinblick auf differenzierende Zugänge auf verschiedenen Niveaustufen bereithält, dürfte offenkundig sein. Die Herausforderung läge damit eher in der Gestaltung und Organisation von komplexen Aufgabensettings (vgl. Hallet / Krämer 2012), die eine kommunikativ-kooperative Zusammenführung entsprechend <?page no="132"?> 133 3 Zum Einsatz von Rap im Fremdsprachenunterricht erarbeiteter Einzelergebnisse im Sinne eines gemeinsamen Gegenstands ermöglichen (Bartosch / Köpfer 2015, Feuser 2013). Unterstützt wird eine kulturökologische Lesart zudem zum Beispiel durch einen Blick auf die (Weiter-)Entwicklung des Rap als Kunst- und Ausdrucksform, die keinesfalls mehr ausschließlich an den Hip-Hop gebunden ist: Während in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts Rap vermehrt und hauptsächlich aus Gründen der guten Vermarktbarkeit Einzug in die Charts-orientierte Popmusik gefunden hat (‚Euro Dance‘), findet er sich heute in zahlreichen Genres und Subkulturen, von Crossover über Hardcore bis hin zum amerikanischen Nu Metal. Auch diese Entwicklung lässt sich kulturökologisch oder systemisch lesen und legt nahe, Rap als evolutionäres Phänomen kultureller Kommunikation zu verstehen, was wiederum neue und nicht auf Hip-Hop-Kulturen beschränkte unterrichtliche Zugänge ermöglicht. 3 Zum Einsatz von Rap im Fremdsprachenunterricht Wie oben bereits erwähnt, darf bei einer fachdidaktisch fundierten Planung von Unterricht nicht übersehen werden, dass die Auswahl eines bestimmten Lern- oder Unterrichtsgegenstands nicht automatisch zu einem gewünschten Ergebnis bzw. zu Lernerfolg führt: Gerade im Fall von als ‚authentisch‘ oder ‚cool‘ geltenden subkulturellen Praktiken bestimmt eben auch der Kontext den Gehalt und somit die Motivation, sich damit zu beschäftigen, so dass ein didaktisch aufbereiteter Unterrichtsauftrag zu Bushido durch eine ansonsten selten als ‚krass‘ wahrgenommene Lehrperson deutlich weniger appeal haben dürfte als ein Konzert oder eine Unterhaltung mit Freunden. Daher sollte bei der Planung beachtet werden, dass Rap nicht allein zum Gegenstand werden kann und sollte, weil man sich Aufmerksamkeit und Interesse verspricht, sondern weil z. B. im Sinne von kritischer Medienkompetenz gerade die realness als Inszenierung und Modellierung von Identität thematisiert bzw. die dazugehörigen sprachlichen Praktiken analysiert werden können. Eine zweite Herausforderung liegt in der tatsächlichen Modellierung einzelner Unterrichtsreihen oder -stunden, also eher auf der Mikro- und Mesoebene des Unterrichts. Ein oben geforderter vielschichtiger Ansatz, der nicht nur dem zu behandelnden Phänomen, sondern vor allem einer heterogenen Schülerschaft und der Forderung nach offenen Aufgabenformaten und vielfältigen Zugängen gerecht wird, verbietet eigentlich eindeutig und rigide strukturierte Unterrichtsentwürfe, die ohne Analyse der Ausgangslagen, individuelle Kompetenzprofile und Zielerwartungen und Flexibilisierungsangebote auskommt. Daher können die nachfolgenden Überlegungen nur verstanden werden als vorläufiges und durch individuelle Lehrkräfte vor dem Hintergrund persönlicher Expertise weiterzuentwickelndes Inventar, das Teilbereiche des Phänomens aufgreift und fachdidaktische Handlungsräume benennt, ohne auf der Mikroebene erschöpfend konkret werden zu können. Diese beiden Stränge-- Fragen der Inszenierung(stechnik) sowie offene und auf Kooperation und Kreativität abzielende Methodik- - sollen im Folgenden beschrieben werden, wobei zuerst eher analytisch-subjektive Ansätze beschrieben werden und daraufhin kulturökologisch motivierte Kontexte benannt und produktionsorientierte Vorschläge gemacht werden (vgl. zu dieser Einteilung Grimm / Meyer / Volkmann 2015: 178-190). <?page no="133"?> 134 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Analytische und kreative Zugänge stellen den Text als solchen in den Mittelpunkt unterrichtlichen Handelns und können sich diskursiv und produktiv entweder mit den bekannten W-Fragen (who, what, when, where, and why; vgl. ebd. 178) auseinandersetzen oder stilistische oder weitergehend poetische Merkmale und Kommunikationssituationen im Rahmen von kreativen Schreibaufgaben selbst erkunden. Rap könnte auf diese Weise als lyrische Form erkannt und im Sinne literarisch-kommunikativer Kompetenz (vgl. Thaler 2008: 31) diskutiert werden. Neben der relativ einfachen Umsetzbarkeit entsprechender Ansätze, die eben wenig z. B. geschichtliches Vorwissen erfordern, sondern generische und poetische Kategorien aus dem Text selbst abzuleiten anregen, spricht für diesen Ansatz der dezidierte Fokus auf Sprachlichkeit, weshalb ein solcher Zugang differenzierte Möglichkeiten der Förderung und Reflexion in den Bereichen Grammatik, Aussprache und Wortschatz möglich machen kann. Problematischer ist eher der Widerspruch, dass im traditionellen Literaturunterricht oft versucht wird, der intentional fallacy zu entkommen und Textzentrierung zu nutzen, um nicht die leidige und allzu oft vollkommen irrelevante Frage nach auktorialer Intention zu stellen. Bei Popmusik und ganz speziell im Rap kann von einer solch klaren Trennung keine Rede sein: Das zentrale Moment fast aller popularen Musik ist die Selbst-Erzählung (vgl. Murphey 2015: 85), und ein Großteil der Vermarktungsstrategien gerade im Hip-Hop zielt auf die oben erwähnte Authentizität der Künstler(innen)persönlichkeit. Eine zentrale didaktische Frage ist somit die nach dem Umgang mit dieser Spannung: Intention kann als bedeutsamer Aspekt lyrischen Schreibens (wieder)entdeckt oder im Sinne einer ‚sanften Dekonstruktion‘ als Marketingelement und rhetorisches Stilmittel erkannt werden. Dabei muss nicht die klassische Interpretation im Vordergrund stehen; kreative Ansätze zum Beispiel in Form von Parodien oder Pastiche-Techniken verfügen über ein ganz anderes Motivationspotenzial, führen aber oft zu vergleichbaren Kompetenzzuwächsen (vgl. Fricke / Zymner 2007). Kontextualisierende Zugänge gehen dagegen von der Annahme aus, dass „Kontext und Kultur als Bedingung von Bedeutung“ zu sehen seien (vgl. Grimm / Meyer / Volkmann 2015: 182) und versuchen, Texte im Zusammenspiel mit kulturellen Praktiken und politischen, soziokulturellen und anderen Sprachhandlungen und Textdokumenten zu verstehen. Da dieser Ansatz naturgemäß hochkomplex ist, soll er hier kombiniert werden mit kooperativen Formen der Textarbeit, die eine zentrale Forderung z. B. in inklusiven bzw. diversitätssensiblen Unterrichtssettings sind (vgl. Bartosch / Köpfer 2015). Da das Ziel solcher Zugänge darin liegt, kulturelle Felder und Zusammenspiele zu verstehen, um einen bestimmten Text angemessen verorten zu können, soll hier versucht werden, Rap als Ausdrucksform und Spiegel lebensweltlicher Umstände verständlich zu machen. Allen Zugängen gemein ist das Primat der Handlungsorientierung. Handlungsorientierung umfasst allgemein alle Ansätze, bei denen „über den Kommunikationsakt eine Beziehung zum Gesprächspartner“ hergestellt, „Ideen, Emotionen, Erfahrungen, Kenntnisse, und Wünsche- […] verhandelt“ sowie durch Sprache „bestimmte Handlungsreaktionen“ ausgelöst werden (Bach / Timm 2013: 12). Dieser Idee des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts folgend, soll Handlung hier also verstanden werden als sprachhandelnde Tätigkeit von Lernenden, die auf Bedeutsamkeit und (Selbst)Wirksamkeit aufbaut. Dies kann unabhängig von einer bestimmten Sozialform stattfinden und somit-- auch im Sinne innerer Differen- <?page no="134"?> 135 4 Überlegungen zu Unterrichtsmodellen zierung- - im Hinblick auf individuelle Kompetenzerwartungen und Förderung produktiv, rezeptiv, allein, phasenweise im Plenum oder eben in Gruppen- und Projektarbeit entstehen. Wie oben bereits erläutert, muss eine spezifische Unterrichtsplanung durch die Lehrkraft konkretisiert werden bzw. erfolgt die Textauswahl gemeinsam mit den Lernenden (vgl. Volkmann 2010: 254). Die zahlreichen Möglichkeiten individueller Modellierung mögen abschreckend oder zumindest herausfordernd wirken; im Vordergrund sollte jedoch im besten Fall der Reichtum an Gestaltungs- und Umsetzungsmöglichkeiten stehen sowie eine gewisse unterrichtlich-methodische Flexbilität, die einzig den übergeordneten Zielen der bedeutsamen Sprachhandlung und der Diskursfähigkeit verpflichtet ist (vgl. Hallet 2011: 54-5). 4 Überlegungen zu Unterrichtsmodellen 4.1 Analytische und kreative Zugänge Der im Folgenden an Beispielen von Texten der britischen Rapperin und Autorin Kate Tempest sowie des deutschen Rappers Samy Deluxe erarbeitete unterrichtliche Zugang versteht die oben theoretisch hergeleitete Textzentriertheit als Rahmung des Lerngegenstands und versteht damit den Text als (eher) geschlossene Einheit, der sich auf vielerlei Weise genähert werden kann. Damit geht einher, dass keinerlei methodische oder die Sozialformen betreffende Einschränkungen (z. B. individuelles Lesen und anschließendes Klassengespräch zum Inhalt des Textes) gemacht werden müssen; vielmehr bietet es sich an, möglichst offene Einstiege zu gestalten, um Motivation aber auch individuelle Beteiligung der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. So könnten nach einem ersten Brainstorming zum Thema Rap bzw. Hip-Hop zentrale, von der Klasse benannte Elemente in Projektgruppen untersucht und im Hinblick auf eine spätere gemeinsame Vorstellung miteinander in Beziehung gebracht und die Signifikanz der Texte und ihrer Charakteristika (flow, rhyming etc.) betont werden. Wird das Augenmerk so auf Texte gelenkt, bietet es sich an, dafür Sorge zu tragen, dass verschiedene Subgenres ebenso Berücksichtigung finden wie verschiedene Schwierigkeitsniveaus bzw. individualisiert didaktisierte Zugänge. Ziel sollte sein, die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, u. a. in den folgenden Kompetenzbereichen Fortschritte zu erzielen (weitere Bereiche können und sollen individuell ergänzt werden): ▶ Die Schülerinnen und Schüler können einen Text oder Textauszug lesen, verstehen und diskutieren oder sprachmittelnd zusammenfassen und sich mit dem Textmaterial gestalterisch auseinandersetzen; ▶ Dabei lernen sie, Grundaspekte und -phänomene lyrischer Sprache zu erkennen und zu benennen und verstehen, dass rhetorische und poetische Mittel keinesfalls auf eine wie auch immer zu definierende Hochliteratur beschränkt sind; ▶ Sie können das Konzept von Metaphorik als zentralen Aspekt lyrischer und rhetorischer Sprache erkennen und erfahren; ▶ Durch eigene kreative Versuche in den Bereichen des Schreibens, Sprechens und Aufführens sammeln sie erste Erfahrung mit der Praxis der Rap-Lyrik. <?page no="135"?> 136 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Wie dies konkret zu erreichen ist, soll Kate Tempests „The Beigeness“ aufzeigen helfen: Der Titel findet sich auf Tempests 2014er Debut-Album Everybody Down, mit dem die Künstlerin bekannt wurde und das den Beginn ihrer Pop-Karriere begründet hat (inzwischen publiziert sie neben Musikalben auch Theaterstücke und Romane-- der Medienverbund und ihre dadurch entstehende stage persona verweisen bereits auf das kulturökologische Potenzial ihrer Werke, das hier allerdings nicht im Vordergrund stehen soll). In einer vorbereiteten (pre-) Phase könnten die Schülerinnen und Schüler bereits vor einer ersten Lektüre angeregt werden, Überlegungen zum Titel anzustellen: was ist beigeness bzw. was könnte damit gemeint sein? Es liegt in der Natur einer solch offenen Frage, dass es keine falschen Antworten gibt, sondern alle Vorstellungen gesammelt und ggf. besprochen werden. Festhalten können die Schülerinnen und Schüler ihre Ideen sprachlich, aber natürlich auch visuell oder sogar szenisch (freeze frame o. Ä.). Zentral ist der Austausch über die Ideen und das sie womöglich Verbindende: Auf diesem Wege wird nicht nur Bedeutung kommunikativ ausgehandelt; es wird auch ein Verständnis von Metaphorik angebahnt, wenn gezeigt werden kann, dass die Substantivierung einer Farbe bestimmte, sich oftmals gleichende Assoziationen auslöst. Ein weiterer Schritt bzw. ein auf einer höheren Kompetenzstufe anzusiedelnder Zugang läge in der Analyse eines längeren Textauszugs (Tempest 2014): You’re so focused on finding the differences You ignore the bonds that bind us Got my hand on my heart when the rhythm hits It’s looking for us but can’t find us In the valley of vanity, viciousness Full schedules and empty containers We’re kissing the coshes that cripple us Enjoying the Beigeness Do it your way and they’ll find you ridiculous Pick apart your behaviour Their scorn ignites what inhibits us And then we hate ourselves And our fear pickles us Sitting in jars ‘cause it’s safer Some of us are happy to live with it But some of us know it’s against our nature Die Zeilen beschreiben ein zuvor erkundetes Gefühl der beigeness vor dem Hintergrund von Entfremdungserfahrungen und unter starker Bezugnahme auf metaphorische bzw. bildliche Sprache. Die Formulierungen sowie die unbekannten und in der Form ihrer Nutzung ungewöhnlichen Wörter können gemeinsam analysiert werden; ebenso lassen sich neue Ausdrücke und Bilder finden, die ein ähnliches Gefühl ausdrücken. Differenzieren lässt sich eine solche Aufgabe vielfältig; ein Bild zu finden, kann buchstäblich visuell oder performativ geschehen und muss nicht zwingend Lautsprache voraussetzen. Auf einer deutlich höheren Niveaustufe könnten unter Rückgriff auf Erkenntnisse zu Reimschema und musikalischer <?page no="136"?> 137 4 Überlegungen zu Unterrichtsmodellen Textur erste eigene kreative Schreibübungen unternommen werden, bei denen eigene affektive und andere Erfahrungen vertont werden. Das affektive und empathische Spekulieren über innere Zustände und ihr Sichtbarmachen durch literarische Verfahren lassen sich konkretisieren und üben durch halboffene Formate, bei denen die Schülerinnen und Schüler Textstellen anschauen, die ein solches Inferieren nahelegen: See the kid with the memory he can’t shake See the man with the lover on his mind See the lady with the guilt and the heartache See the woman trying to battle with time (Tempest 2014) Im Sinne zum Beispiel der storyline-Methode (vgl. Bell / Harkness 2007) bietet ein solcher Textauszug Möglichkeiten, die erwähnten Charaktere verstehen zu lernen: Was ist die genannte Erinnerung, wieso ist der Liebhaber oder die Liebhaberin nicht mehr da, wieso ist die „lady“ schuldig-- und wie sehen sie beim Leiden und Erleben aus? Dass von ihnen in analoger Weise erzählt wird, ist kein Zufall, sondern künstlerische Entscheidung; dass sie alle ähnlich (dargestellt) sind, könnte auch als Anreiz verstanden werden, sie ins Gespräch zu bringen: In Rollenspielen oder post-listening/ -reading Schreibaufgaben könnte das erwähnte Kind auf die Frau treffen und von sich berichten-- dies wiederum sollte in Gruppenbzw. Partnerarbeit geschehen und kann später auch während des erneuten Hörens des Stücks szenisch dargestellt werden, falls der Fokus an dieser Stelle eher darauf liegt, die Schülerinnen und Schüler Prozesssprache nutzen, am Schluss aber primär performativ handeln zu lassen (oder aber nicht sprechende Schülerinnen und Schüler einzubinden). Ein anderer Zugang zu Poetizität und Textlichkeit liegt in der Behandlung intertextueller Verweise. In Samy Deluxes Stück „Poesie Album“ (2011) beispielsweise verweist der Künstler gleichsam auf die deutschsprachige bzw. europäische literarische Tradition und die bei Schülerinnen und Schülern möglicherweise noch bekannte Praxis des Schreibens in ein Poesiealbum: Guck mal hier, dies’ mein Poesielbum Schau’ mal rein, in mein Poesiealbum Schwarz auf weiß, in mei’m Poesiealbum Der klare Verweis auf ein solches Album (und die Doppelbedeutung als musikalisches Album) legt bereits nahe, produktionsorientiert und ggf. digital entweder eine Sammlung von eigenen musikalischen oder aber poetischen Werken im Klassenverbund (also individualisiert, aber schließlich kooperativ) zu erstellen. Im Fokus sollte auch hier stehen, dass ein spezieller literarischer Duktus genutzt und bewusst kreativ eingesetzt wird: Ich bin so Schiller, so Goethe, so bitter, so böse Noch immer der größte Poet der hier lebt Wenn ihr jetzt noch mehr wollt Fütter ich euch deutschen Dichtern Reime <?page no="137"?> 138 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Bis ihr alle Brecht wie Bertolt Das ist für mich echter Erfolg Wenn der Text noch mehr rollt Und ich schein’ wie der Morgenstern Hoffe, dass ihr alle aus den Reim’ und den Worten lernt Meine Damen und Herren Dass hier klassischer Bildungskanon und persönliches empowerment verbunden werden, sollte von den Lernenden verstanden und selbst kreativ ausprobiert werden: Dazu kann auf bekannte Texte oder auch Autorinnen und Autoren zurückgegriffen und ‚mit deren Hilfe‘ ein eigener Rap kreiert werden. Nicht außer Acht lassen darf eine solche unterrichtliche Behandlung Fragen von Gender und Macht und eine Sensibilität zum Beispiel des Macho- Duktus von „Poesie Album“ oder der speziellen Position einer weiblichen Rapperin wie Kate Tempest: Ebenso wie Rockmusik ist auch Rap „in Bezug auf Kontrolle und Produktion eine männliche Kunstform“ (Frith / McRobbie 2012: 147), was bedeutet, dass eine Rapperin zu besprechen auch immer eine politische Dimension hat, die bei der Analyse von Performance und Performativität nicht einfach übersehen werden kann. Die Inszenierung von Männlichkeiten durch Kleidung, Gestik, Mimik und Wortwahl stellt ebenso wie Übernahmen oder das Infragestellen der entsprechenden Codes durch weibliche wie männliche Rapper (siehe z. B. Frank Ocean, Qboy oder Le1f) einen wichtigen Aspekt der Rap-Kultur dar und könnte entsprechend gewinnbringend in den Unterricht integriert werden (zum subversiven Potenzial von Gender-Performances siehe auch Bartosch 2011 und Walser 2012). Der Verweis auf diese nicht zu vernachlässigenden Kontexte sowie die immer schon multimediale und intertextuelle Natur der Texte deuten bereits auf die oben als kulturökologisch bezeichneten kontextualisierenden Zugänge hin. „Poesie Album“ funktioniert u. a., weil sich der Text in einem ‚Zwischen‘ positioniert-- nicht ganz Höhenkammliteratur, aber doch darauf verweisend; nicht ganz Poesiealbumspruch, aber doch darauf Bezug nehmend. Die Tatsache, dass Tempests Stück ebenso in ein größeres Narrativ eingebunden ist bzw. das Werk der Autorin (auch) in Romanform veröffentlicht wird, legt ebenfalls nahe, nach dem bigger picture Ausschau zu halten. Dies soll nun forciert werden. 4.2 Kontextualisierende und kooperative Zugänge Ich hoffe, durch die oben gemachten Verweise bereits erste Anregungen geliefert zu haben, wie die Texte und KünstlerInnen in einem kontextualisierenden Ansatz thematisiert werden könnten und möchte daher nun ausführlicher auf einen Text zu sprechen kommen, der in einem kulturdidaktischen Sinne das Thema Englishness thematisiert: Professor Elementals „I’m British“. Die Behandlung des Themas Britishness kann nur als ironischer Kommentar richtig gelesen werden, verlangt also ein Verständnis dieses Konzepts als gegendiskursive Äußerung. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch das zweite Thema der Urbanität deuten, wie gezeigt werden soll. Die Ziel- und Kompetenzerwartungen lassen sich daher wie folgt formulieren: <?page no="138"?> 139 4 Überlegungen zu Unterrichtsmodellen ▶ Die Schülerinnen und Schüler erkennen Rap-Texte als Form des kulturellen Ausdrucks von Erfahrungen in der Lebenswelt; ▶ Sie kennen und benennen ironische Formen der Vertextung und Aufführung und deuten diese kulturökologisch als gegendiskursiv; ▶ Sie verstehen Texte, die in einem größeren Kontext verortet werden, als (Teil einer) kulturelle(n) Energie und setzen sich kritisch mit den diskursiven Praktiken in der Popkultur auseinander, die als mehr verstanden werden sollen als ‚bloße‘ Unterhaltung. Der britische Rapper und (Musik-)Künstler Professor Elemental (Paul Alborough) eignet sich schon allein deshalb für den Fremdsprachenunterricht, weil er neben Musikvideos und Songs, die er produziert und veröffentlicht, auch als Musikpädagoge tätig ist. Dabei bietet er u. a. Hip-Hop-Workshops an, schreibt und vertont als „Bespoke Services“ Auftragsarbeiten auch für Schulklassen und hat das didaktische Potenzial seiner Arbeit somit immer im Blick. Inwieweit dieses Potenzial direkt durch Workshop-Formate genutzt werden kann, dürfte in erster Linie eine Frage von Infrastruktur und finanzieller Ausstattung sein und wird deswegen hier nicht weiter vertieft (Informationen dazu finden sich auf www.professorelemental.com, siehe auch Rees 2008, Schindler / Zepter 2017). Stattdessen sollen die veröffentlichten Videos als Herausforderung und Lerngegenstand des Hörsehverstehens sowie des Interpretierens herangezogen werden. Im Video des Stücks „I’m British“ (2012) beschreibt Professor Elemental textlich und visuell eine Reihe von Stereotypen, die Lehrkräften des Englischen allzu bekannt sein dürften: I begin every sentence with an apology Sorry that’s the case. That’s just British policy Probably the case with, everything in honesty I use ten words when two would do, honestly I’m British I don’t want to be fantastic Just adequate, and if I’m nice it’s probably sarcastic Ridiculously cynical that’s what we’re like If you can’t take a joke, get on your bike I’m British Like a clotted cream tea Apologetic Morris dancer then you must be me Die schiere Menge an Vorurteilen sowie die visuelle Darstellung, die auf zahlreiche Klischees und popkulturelle Ikonen verweist, lassen eigentlich keine andere als eine ironische Lesart zu; dies zu erkennen, erfordert jedoch nicht nur Textverstehen, sondern vor allem auch landeskundliches Wissen, das z. B. in Einzelprojekten erarbeitet und schließlich gemeinsam vorgestellt werden kann („Was ist clotted cream tea? “, „Was ist ein Morris Dancer? “). Zudem sind zahlreiche Anspielungen auf einem hochkomplexen Niveau, da zum Beispiel sprachliche Besonderheiten, die auch viele deutsche Sprecherinnen und Sprecher des Englischen nicht unbedingt erkennen und beherrschen, Teil des Texts sind und es sich somit anbietet, <?page no="139"?> 140 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht Sprachbewusstheit zu trainieren (“I begin every sentence with an apology”, “and if I’m nice it’s probably sarcastic”). Dies verweist auch auf den Komplex der interkulturellen Kompetenzen und legt noch einmal nahe, zu betonen, dass ein solcher Text keinesfalls als Dokument der Britishness gelesen werden darf, sondern in seiner ironischen Übertreibung erkannt werden muss. Dies ist zugleich ein genuin literaturdidaktisches Ansinnen (Fiktionalitätsbewusstsein, Genrewissen) und regt an, im Schonraum ironischer Brechung individuell bekannte Klischees z. B. über die deutsche Bevölkerung aufzugreifen, unterhaltsam zu vertonen und dabei gewissermaßen zu hinterfragen, da die Darstellung nur funktioniert, wenn sie gnadenlos übertrieben und übergeneralisiert wird, was der Text zeigt, da sein Humor nur so funktioniert. Der Song verweist neben kulturellen Praxen auch auf zentrale literarische Figuren und kann so sowohl interkulturell als auch intertextuell verstanden werden; wichtig ist dabei, nicht aus den Augen zu verlieren, dass die sichtbare Textintention sich im Bereich des Humors bzw. der Ironie bewegt und daher immer auch als uneigentlich verstanden werden muss; dies soll helfen, Stereotype nicht zu festigen, sondern zu verstehen, dass Literatur im weiten Sinne eben auch gelesen werden kann, um Klischees und Stereotype zu hinterfragen (ibid.): I’m British As a fat dame in a panto Like Wodehouse, Orwell, Wells and Poe So if you’re down with the Brits then make some noise But if you’d rather not, that’s fine Die letzte Zeile dieses Auszugs, bei der der flow des Rap überraschend gebrochen wird und der Song auf amüsante Weise zum Erliegen kommt, bezieht ihre Energie aus einem ansonsten rein sprachlich-soziolinguistischen Phänomen englischer Rede und kann entsprechend analysiert werden. Die zahlreichen Verweise auf Ikonen englischer Kultur-- und die Nennung Poes in diesem Kontext-- dagegen laden ein, sich vertiefend mit den genannten Autoren zu beschäftigen und das kulturelle Zusammenspiel solcher Figuren und Texte zu erkennen. ‚Nach oben‘ sind diesbezüglich keinerlei Grenzen gesetzt: Neben Übungen und Aufgaben zu den erwähnten Texten oder visuell dargestellten Aspekten britischer Popkultur lässt sich in einem hochkomplexen Aufgabensetting auch eine doppelte ironische Brechung thematisieren, da Professor Elemental selbst die Hip-Hop-Szene ironisiert und eigentlich aus einer anderen Subkultur stammt bzw. dort berühmt ist (Goth bzw. Steam Punk). Man muss diese Szenen nicht genau kennen, um zu sehen, dass das weiter oben erwähnte popkulturelle Charakteristikum der Inklusivität bei gleichzeitiger Exklusivität hier zur Geltung kommt: Man versteht den ironischen Text nur mit hochkulturellem Wissen; gleichzeitig jedoch wird auch subkulturelles Wissen notwendig, wenn man die ironische Brechung auch der Referenzkultur verstehen will. Kulturökologisch ließe sich daher sagen, dass ironische Rede als kulturelle Energie verstanden werden kann, die sich auf Missstände und kulturelle (Fehl-)Entwicklungen in Form von Stereotypen, aber auch im Sinne des im Text kritisch benannten britischen ‚Imperialismus‘ bezieht, dabei aber gleichzeitig sprachlich-diskursive Möglichkeitsräume und Alternativen er- <?page no="140"?> 141 5 Zusammenfassung öffnet, die auch Schülerinnen und Schüler produktionsorientiert und gestalterisch erkunden können. Daher bietet sich bei allen gemachten didaktischen Vorschlägen an, Unterrichtssequenzen verstärkt offen zu beginnen, auch, um eine gewisse Vielfalt von Meinungen und Ideen in die sprachlich-kulturelle Aushandlung des Fremdsprachenunterrichts integrieren zu können. Zum Ende hin empfehlen sich verstärkt produktionsorientierte und kreative Ansätze, die zum einen helfen sollen, Rap als kulturelle Praxis kompetenzorientiert zu vermitteln und zum anderen Bewertung und (formative) assessment durch die Lehrkraft durch Produktbzw. Prozessevaluation zu ermöglichen (vgl. Haß und Kroschewski 2012: 127). Die im Verlauf einer oder mehrerer Sequenzen anzubietenden scaffolding-Optionen, Fragen angemessener Prozesssprache sowie im einzelnen festzulegende Kompetenzziele sollten dagegen individuell innerhalb des Klassenverbunds ausgehandelt und transparent festgelegt werden. Mit diesen Ausführungen sind jedoch allenfalls einige Aspekte benannt, die sich theoretisch bestimmen lassen und fachdidaktisch und methodisch den Lerngegenstand ‚Rap‘ konturieren helfen. Das bedeutet natürlich nicht, dass die hier vorgeschlagenen Zugänge das Phänomen erschöpfend bestimmen können; auch soll nicht suggeriert werden, dass es unterrichtliches Ziel sein kann oder sollte, dass alle Schülerinnen und Schüler im Gleichschritt dieselben Lernschritte vollziehen und dasselbe inhaltliche Ergebnis mit derselben Methodik erreichen sollen. Dies ist in Zeiten vermehrter Bewusstheit der Heterogenität von Schulklassen ohnehin kaum mehr möglich; unnötig wird es vor allem dann, wenn man bedenkt, dass ein Gegenstand wie Kultur-- in diesem Fall die subkulturelle Ausdrucksform des Rap als „Textensemble“ (Volkmann 2010: 255-257) mit Intertexten, graffiti und anderen (diskursiven) Praktiken- - vielfältige Zugänge bietet und dass jede kulturökologische Auseinandersetzung mit einer Fragestellung oder einem Aspekt weitere und grundlegend andere Zugänge nahezu verlangt. Es ist also weiterhin möglich und legitim, individualisiert Ziele und Kompetenzgewinne festzulegen, die auf verschiedenen Niveaus angesiedelt sein sollen: Von Aspekten der Aktivierung und Total Physical Response (Mitklatschen oder -klopfen von Rhythmen oder Textstellen), der Markierung von Lauten, Wörtern oder Phrasen, Wortschatzarbeit sowie Arbeitsformen zur literar-ästhetischen, bewussten Wahrnehmung sind zahlreiche Lerngelegenheiten erkennbar und zu unterstützen (vgl. Badstübner-Kizik 2007: 7-8, Blell 2007: 31). Dies sollten die oben dargestellten Ausführungen verstehen helfen. Dabei ist letztlich nicht entscheidend, welcher der genannten Zugänge gewählt oder wie beide Zugänge verbunden werden; in beiden Fällen wird der Blick auf die Gemachtheit von Text, Musik und Image gelenkt, so dass die Schülerinnen und Schüler letztlich darin bestärkt werden, sich kritisch mit zentralen popkulturellen Formen z. B. der Identitätsarbeit am Beispiel dargestellter oder ironisierter Authentizität auseinanderzusetzen. 5 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde Rap als textlicher Bestandteil primär der global verbreiteten und lokal differenten Hip-Hop-Kultur beschrieben. Ein zentrales Merkmal, das auch große unterrichtliche Relevanz hat, ist die Frage und das Phänomen von Authentizität, die hier auf zwei Arten thematisiert worden sind: Zum einen wurde ein als eher klassisch bezeichneter, litera- <?page no="141"?> 142 Rap: Textzentrierte und kulturökologische Zugänge im heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht turdidaktischer Zugang skizziert, der textzentriert und durch kreative Methoden Metaphorik und Rhetorik erkennen, analysieren und ggf. auch produzieren helfen sollte. Zum anderen wurden kontextualisierende Ansätze (hier als kulturökologische Ansätze bezeichnet) vorgestellt, die eine diskursive Einbettung thematisiert und den Schritt von der Intertextualität zur Interkulturalität gemacht haben, indem Vorschläge unterbreitet wurden, wie Stereotype und nationale Identität ironisch aufgegriffen und didaktisch adressiert werden können. Es soll abschließend noch einmal betont werden, dass es nicht Ziel des Beitrags ist, konkrete unterrichtliche Planungen vorzustellen, da solche vor allem in Zeiten als heterogen wertgeschätzter Lerngruppen kaum umfassend möglich sind. Stattdessen war das Ziel der Überlegungen, die vielfältigen Zugänge zu einem interessanten und Lernzuwächse versprechenden Gegenstand aufzuzeigen, der die erwartete Motivation und Begeisterung der Lernenden aufgreifen, gleichzeitig aber dem Globalziel kritischer Medien- und Diskurskompetenz verpflichtet bleibt. <?page no="142"?> 143 1 Absolutely opposite … I’m afraid to see something like this, and I think the film never belongs to the music Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen Gabriele Blell & Alexander Woltin Abstract Filme sind heute ohne Soundtrack bzw. Filmmusik nicht mehr denkbar. Wie alle anderen filmischen Symbolsysteme kann auch Musik im Film zu einer umfassenden Hör-Seh-Verstehensbildung im Fremdsprachenunterricht beitragen. Gestützt auf bereits bestehende Erkenntnisse zur Rolle von Filmmusik im Fremdsprachenunterricht werden im Beitrag zuerst Filmmusik definiert und typische Filmmusikformate vorgestellt, ehe in einem weiteren Kapitel versucht wird, den Umgang mit Filmmusik im Kontext des (sprach- und kulturübergreifenden) Filmkompetenzmodells Film erleben, Film nutzen und Film verstehen zu verankern (Blell / Grünewald / Kepser / Surkamp 2016). Abschließend werden, basierend auf dem Modell, beispielhaft Unterrichtsszenarien für den Umgang mit unterschiedlichen Filmmusikformaten im Englisch- und Spanischunterricht vorgestellt und ein kurzes Fazit gezogen. 1 Absolutely opposite … I’m afraid to see something like this, and I think the film never belongs to the music I feel that music on the screen can seek out and intensify the inner thoughts of the characters. It can propel narrative swiftly forward or slow it down. It often lifts mere dialogue into the realm of poetry. Finally, it is the communicating link between the screen and the audience, reaching out and enveloping all into one single experience. (Bernard Herrmann (Komponist) 1972, in Thomas 1979) 1 Wer kennt ihn nicht, den von James Horner komponierten, irisch geprägten Soundtrack zu Titanic (1997) mit dem mehr als melancholischen „My heart will go on“, der Céline Dions Popularität sicherlich gesteigert hat und Rose (Kate Winslet) und Jack (Leonardo DiCaprio) berühmt machte. Warum erleben wir den Titelsong aber als Ohrwurm? In einem anderen Kontext kann eine Schülerin oder ein Schüler einer 9. Klasse überhaupt nicht verstehen (vgl. Zitat aus Überschrift, Blell / Lütge 2012: 10), wieso eine der grausamsten Bombardierungsszenen in Good Morning, Vietnam (1987) mit Armstrongs „What a wonderful world“ unterlegt ist? Welche Erklärung gibt es dafür? Einer der berühmtesten Filmmusikkomponisten, Bernard Herrmann (1911-1975, u. a. Musik zu Hitchcock-Filmen), schreibt der Musik im Film, neben verstärkend einfühlender Funktion, auch einen ganz pragmatischen Nutzen zu, nämlich den 1 Thomas, Tony (1979). Film Score: The View from the Podium. New York: A. S. Barnes and Co., 143 (DVD Cover: Good Morning, Vietnam. DVD , 1987, Titanic. DVD , 1997). <?page no="143"?> 144 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen mit dem Zuschauer ins Gespräch zu kommen: „the communicating link between the screen and the audience“ (Herrmann in Thomas 1979). Dierksen-Thedens Musikuntermalung für sein für den Englischunterricht produziertes Video Tutorial: A Quick Guide to Simple Film Analysis macht sich darüber hinaus auch die Erkenntnis zunutze, dass Musik mit Ruhepuls- Rhythmus in Kombination mit Bild und Sprache Memorierungsprozesse fördern kann. Soundtrack sind für ihn Sprache, Musik, Geräusche und Soundeffekte. Abb.1: Soundtrack in A Quick Guide to Simple Film Analysis (Dierksen-Thedens 2017) 2 Filmmusik: Ein Kaleidoskop an Formaten Filmmusik als (semiotischer) Text wird durchaus nicht einheitlich definiert. Ist sie in Dierksen-Thedens Informationsvideo Teil des gesamten filmischen original sound track (auch bei Badstübner-Kizik 2012: 55), steht der soundtrack „inzwischen aber meistens für die Filmmusik allein” (isid). Insofern, und auch im Hinblick darauf, dass Sprache, Musik und Klang für die Ausbildung von audio literacy eine anerkannt wichtige Rolle im Fremdsprachenunterricht spielen (Blell 2017: 7 f.), ist es angebracht, von einem weiten, auch Sprache und Klang einbeziehenden Verständnis von Filmmusik in einem sehr komplexen visuell-akustischen Zeichensystem Film auszugehen, „das (dieses) musikalisch, akustisch-phonetisch oder rhythmisch-klanglich, diegetisch, als auch nichtdiegetisch bzw. on screen / off screen, bereithält” (Blell / Roscher 2012: 72). Ein solches Verständnis umfasst dann sowohl die Sprache der Figuren, paralinguistische Aspekte (Intonation und Aussprache), Geräusche und Klänge sowie verschiedene Formate von Filmmusik im eigentlichen Sinn. Obwohl mögliche Transfereffekte von Musik auf Sprache mit äußerster Vorsicht zu genießen sind-- abgesehen von mittlerweile nachweisbaren begünstigenden Wirkungen von Musik auf soziale, emotionale und bestimmte kognitive Aspekte des Sprachenlernens (vgl. Sambanis 2015: 10)--, ist zumindest gesichert, dass Sprache und Musik in „stark überlappenden Nervenzellnetzwerken” verarbeitet werden (Jänke 2008: 387, auch Jentschke / Koelsch 2010: 4). Im Folgenden sollen dennoch die eher musikfokussierenden Formate im Mittelpunkt stehen, auch wenn filmmusikbezogenes (fremd-)sprachliches Handeln der Bereich ist, der quasi das Alleinstellungsmerkmal der (Fremd-)Sprachenfächer bei der Filmarbeit ausmacht (vgl. Blell / Grünewald / Kepser / Surkamp 201: 23-27). <?page no="144"?> 145 2 Filmmusik: Ein Kaleidoskop an Formaten Musikformate im Film / Musikfilmformate Verschiedene Filmmusikformate lassen sich am besten identifizieren, indem man zuallererst die semantische Ebene der Unterscheidung zwischen Musik on-screen (im Film sichtbare Musikquelle) und off-screen (im Film unsichtbare Musikquelle) betrachtet. Wird z. B. im Film als Teil der Handlung gesungen, handelt es sich um diegetische Musik. Sind Sänger oder Sängerin nicht unmittelbar in die Filmhandlung involviert, der Song aber quasi zur filmischen Erzählung gehört, handelt es sich um score-Musik (nicht diegetisch). Die Musik kann dabei direkt für den Film komponiert sein (Originalmusik) oder auch aus anderen Musikstücken zitiert werden (source music) (vgl. u. a. Maas / Schudack 2008: 13-1, Surkamp 2010: 275-289, Badstübner-Kizik 2012, Lütge 2012: 8-74, Blell 2017a: 259-22). In der folgenden Tabelle sind einige typische Filmmusikformate (einschließlich sound) mit ausgewählten Beispielen zusammengetragen. Filmmusikformate Beispiele für den Fremdsprachenunterricht Einzelsong (Sänger sichtbar) Love Actually (Richard Curtis, 2003) - Rock Legende Billy Macks singt; Into the Woods (Rob Marshall, 2014) - Hexe (Meryl Streep) singt Stay with Me; 8 Femmes (Francois Ozon, 2002) - alle acht Protagonistinnen inszenieren sich musikalisch. Score-Musik Opernbesuch (Madame Butterfly) der Protagonisten in Pretty Woman (Garry Marshall, 1999); Citizen Kane (Orson Welles, 1941) - ‚Frühstücksmontage‘; Babel (Alejandro González Inárritu, 2006) landestypische Musikstile, typische Instrumente, zur Charakterisierung von settings: Marokko, Mexiko und Japan. Trailermusik Cliffhanger (Renny Harlin, 1999) - Mozarts Requiem für den Trailer. Titelmusik Céline Dions My Heart Will Go On (Titanic, 1997); Tatort-Titelmusik am Sonntagabend (Vorspann); Star Wars Filme (George Lucas, ab 1977). Musikfilm/ musical films/ Musikverfilmungen The Magic Flute (Kenneth Branagh, 2006) - Verfilmung Mozarts Zauberflöte vor dem Hintergrund des I. Weltkriegs; Buena Vista Social Club (Wim Wenders, 1999); Highschool Musical (Kenny Ortega, 2006); Moulin Rouge (Baz Luhrmann, 2001) - auch film song; La La Land (Damian Chazelle, 2016). Musikerfilm (biopics) Ray (Taylor Hackford, 2004) - Musikerbiografie Ray Charles; Amadeus (Peter Shaffer, 1984) - Musikerbiografie Mozart; Bushido. Zeiten ändern dich. (Uli Edel 2009) - Musikerbiografie Bushido; Yellow Submarine (Beatles, 1968). Musikvideoclip Adele’s music video Hello (Xavier Dolan, 2015). Klanglandschaften/ soundscapes / Tonmischungen Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul (Fatih Akin, 2005); Strange Days (Kathryn Bigelow, 1995) - internationale Musik zur Setzung futuristischer Atmosphäre, pop-vernacular; Night on Earth (Jim Jarmusch, 1991) - Uhrengeräusch als Zwischenspann. Bestimmt lassen sich viele weitere authentische Filmmusikformate und -genres ausmachen, insbesondere was neuere und eher experimentelle Zwischenformen und digitale Musik- <?page no="145"?> 146 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen Sound-Hybride betrifft, wie z. B. Tonmischungen, Tonmontagen oder musikalische Spezialeffekte. Das Wissen um verschiedene Filmmusikgenres kann sicherlich eine erste Orientierung für ein mögliches auszumachendes sprachliches, kulturelles oder medienkritisches fremdsprachendidaktisches Potenzial sein. Inwieweit Filmmusik aber aufgrund ihrer nicht selten einhergehenden Textlosigkeit für bestimmte Lernsettings und -gruppen einsetzbar ist, muss jedoch immer ganz individuell entschieden werden. Sowohl Volkmann (2007: 287-303), Thaler (2010: 244, 2014: 0-3-- insbesondere für MVC s) als auch Badstübner-Kizik (2012: 1 f.) fragen nach potentiellen Auswahlkriterien für den Fremdsprachenunterricht. Die von Badstübner-Kizik erarbeiteten Fragen für die Auswahl von Filmmusik sind aus unserer Sicht besonders überzeugend, da mit ihnen der ‚Weg‘ in die Teilkompetenzbereiche ‚geebnet‘ wird, die auch in unserem Kompetenzmodell eine zentrale Rolle spielen. Sie sind im Folgenden zusammengefasst und ergänzt. ▶ Wie ist die Materiallage? (z. B.: Gibt es passende und zugängliche Filmausschnitte? Gibt es genügend Zusatzmaterial wie Kritiken, Blogs etc.? ) ▶ Wie ist das fremdsprachliche Potenzial? (z. B.: Ist die Sprache direkt zugänglich? Bieten die dazugehörigen Filmausschnitte genügend narrativen Gehalt? ) ▶ Wie ist das interkulturelle Potenzial? (z. B.: Gibt es ausreichend Anlass und Impulse für Diskussion und Reflexion? Treffen musikalische Stereotypisierungen aufeinander? ) ▶ Wie ist das medienkritische und -ästhetische Potenzial? (z. B.: Liegen erkennbare Bild-Tonbeziehungen vor? Inwieweit werden filmmusikalische Erwartungen bedient oder nicht? ) ▶ Wie ist das konkret kulturspezifische Potenzial? (z. B.: Bietet die Sequenz/ der Film ausreichendes kulturelles Anschluss-Potenzial? Gibt es Impulse für kulturvergleichendes Lernen? ) (Badstübner-Kizik 2012: 1 f.; gekürzt und paraphrasiert) ▶ Wie ist das Potenzial bezogen auf den kerncurricularen Kompetenzerwerb? (z. B.: Für die Entwicklung welcher funktionaler Kompetenzen bietet der Filmsong eine entsprechende Textbasis? ). 3 Der Kompetenzbereich Filmmusik erleben, Filmmusik nutzen und Filmmusik verstehen In bisherigen Modellen zur schulischen Filmbildung in Deutschland hat Musik, ausgehend von einer Zerlegung des filmischen Zeichensystems in Bild (primär für das Fach Kunst), Text (primär für das Fach Deutsch) und Ton (primär für das Fach Musik), schon immer eine gewisse Rolle gespielt. Im eher gegenstandsorientierten Freiburger Modell einer Integrativen Filmdidaktik (Klant / Spielmann 2008: 5, Pfeiffer / Staiger 2010: ), das insbesondere die drei Fächer Musik, Deutsch und Kunst in den Blick nimmt, liegt ein Schwerpunkt im Fach Musik auf dem Umgang mit Ton / Filmmusik. Der Multimodalität des Films wurde jedoch in diesem wie auch in späteren Filmmodellen 2 bisher nicht genügend Aufmerksamkeit ge- 2 z. B. das Wolkenmodell nach Michael Klant (2012: 5); Sphärenmodell nach Raphael Spielmann (2011: 105) und das Modell der Länderkonferenz MedienBildung (2015: 5), das bereits kompetenzorientiert, jedoch mit medienpädagogischem Fokus, ausgerichtet ist. <?page no="146"?> 147 3 Der Kompetenzbereich Filmmusik erleben, Filmmusik nutzen und Filmmusik verstehen schenkt, genauso wie das gesamte kulturelle Handlungsfeld Film, in dem Produzenten und Rezipienten miteinander interagieren, zu wenig berücksichtigt wurde. Eine Modell-Perspektivierung aus Sicht der sprachlichen Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch, wie sie Blell et al. 201 vorgenommen haben, ist bisher neu. In ihrem kompetenzorientierten Modell Film erleben, Film nutzen, Film verstehen, das Schülerinnen und Schüler zudem einen genussvollen, selbstbestimmten und kritischen Zugang zum Handlungsfeld Film in seiner ganzen Breite eröffnen will, werden vier Felder identifiziert, die aus der Sicht (fremd-)sprachlicher Bildung didaktisch relevant für die integrative Filmarbeit sind: Filmbezogen sprachlich handeln, Film analysieren, Film kontextualisieren und Film gestalten. Abb. 2 und die folgende Tabelle stellen das Modell dar. Damit sollen sowohl den affektiven als auch den pragmatischen und kognitiven Dimensionen des Lernens mit Filmen und über Filme Rechnung getragen werden.- […] Analytische Kompetenzen sind darüber hinaus für das Verstehen der Wirkungsmechanismen von Filmen wichtig, nicht zuletzt deshalb, weil sie das filmische Erleben erklärbar machen: Filmerleben und Filmverstehen, d. h. Subjekt- und Objektorientierung, sind eng miteinander verknüpft. (Blell / Grünewald / Kepser / Surkamp 201: 20 f.) Insofern, auch mit Blick darauf, dass sich das Modell auf die wichtigsten schulischen (Fremd-) Sprachenfächer bezieht und das Kompetenzfeld filmbezogenes sprachliches Handeln quasi alle Sprachfächer durchzieht, ließe sich die These aufstellen, dass diese Überlegungen auch für den Bereich der Filmmusik zutreffen sollten. Demzufolge konturieren wir in Anlehnung an das obige Modell vier Kompetenzfelder für die Arbeit mit Filmmusik: Filmmusikbezogen sprachlich handeln, Filmmusik analysieren, Filmmusik kontextualisieren und Filmmusik gestalten. <?page no="147"?> 148 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen Abb. 2: Filmkompetenzmodell „Film erleben, Film nutzen und Film verstehen“ (Blell / Grünewald / Kepser / Surkamp 2016: 41) Kompetenzfeld: Filmmusikbezogen sprachlich handeln Aufgrund der Besonderheit dieses Kompetenzfeldes für die (fremd-)sprachlichen Fächer sollen einige vertiefende Ausführungen dazu gemacht werden. Bezugnehmend auf Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften, dass Sprache und Musik in ‚stark überlappenden Nervenzellnetzwerken‘ (s. oben) verarbeitet werden, wird davon ausgegangen, dass auch filmmusikbezogene und sprachhandlungsbezogene Kompetenzen genuin sehr eng miteinander zusammenhängen. So sind z. B. Hörverstehensprozesse (das Hören eines Filmsongs) eng verbunden mit der visuellen Rezeption der gesamten Performance, die unter Umständen das Verstehen und den sprachlichen Austausch dazu erleichtern kann. Andererseits kann jedoch auch die Unmittelbarkeit der auditiv-musikalischen Erwartung völlig konterkariert werden und zur Sprachlosigkeit führen (wie z. B. die Unterlegung der Bombardierungsszene in Good Morning, Vietnam (1987) mit ausgesprochen romantisch-harmonischer Musik), wenn die ein- <?page no="148"?> 149 3 Der Kompetenzbereich Filmmusik erleben, Filmmusik nutzen und Filmmusik verstehen gesetzte Technik der Kontrapunktierung 3 nicht erkannt wird und damit die Funktionalität für die Interpretation ins Leere läuft. Gelegentliche musikalische Hörschulung (bewusstes Hören, Horchen, Lauschen, Hinhören, Zuhören) kann jedoch zur Differenzierung auditiver Prozesse beitragen und schrittweise dazu führen, Hörerlebnisse auch ästhetisch zu begreifen und zu versprachlichen. In eigenen empirischen Untersuchungen konnte dazu nachgewiesen werden (vgl. Blell / Lütge 2012: 107 f.), dass die filmmusikalische Hörleistung in einer 9. Klasse vorwiegend affektiv-emotiv ist (im Vergleich zu einer komplexeren und differenzierteren bei Studierenden, unterstützt durch das größere Versprachlichungspotenzial der Lerngruppe), sie aber durch gezielte Aufgabenstellungen kognitiv ausdifferenzierbar ist. Möglich erscheint in diesem Zusammenhang, eher sprachlose Erkennensleistungen (z. B. matching exercises, scene drawing, drawing instruments) sukzessive durch eher sprachhandlungsorientierte Tätigkeiten zu erweitern (z. B. scene-writing, comment, give reasons, name instruments etc.) (ebd.). Mögliche weitere Teilkompetenzbereiche sowie sprachliche Handlungen und / oder Produkte / Texte sind in der Tabelle aufgeführt. Sprachlich gehandelt wird natürlich auch, wenn Filmmusik analysiert, kontextualisiert oder auch produziert wird. Aus Platzgründen werden diese Kompetenzfelder nur tabellarisch dargestellt. Teilkompetenzbereiche Mögliche (fremd-)sprachliche Handlungen / Produkte Filmmusikbezogen sprachlich handeln ▶ Sich auf Filmmusik einlassen (Entwicklung von Motivation) ▶ Verschiedene Rezeptionsstrategien einsetzen zur Fokussierung (sound-off / sound-on-Techniken) ▶ Gefühle, Eindrücke und Assoziationen zu Filmmusik/ sound darstellen ▶ Kritisches Urteil fällen zu Filmmusik (bezogen auf Filmbilder) ▶ Sich beschreibend, analytisch und interpretativ zu Filmmusik äußern ▶ Filmsongs mitsingen ▶ Narrative Spannungskurve für Filmmusik komponieren audio description sound bubbles Songs als Mediationsanlass karaoke singing Garageband-App (Mac) Filmmusik analysieren ▶ Verschiedene mit Musik untersetzte, theatrale bzw. performative Aspekte erkennen, beschreiben und interpretieren ▶ Bandbreite an audiovisuellen Gestaltungsmitteln (z. B. Tongestaltung) auch in ihrem Zusammenwirken erkennen, beschreiben und interpretieren ▶ Ästhetische, dramatische, manipulative Wirkung verschiedener Filmmusik erkennen (paraphrasing/ polarising / counterpointing function) ▶ Musikfilmgenres erkennen und im Hinblick auf Funktionsweise differenziert beschreiben 3 Weitere Funktionen sind die Paraphrasierung und Polarisierung nach Pauli (197: 91-119). Paraphrasierungen (oder auch underscoring / mickey mousing), d. h. die Parallelität bzw. Synchronität zwischen Bild und Musik über einen längeren Zeitraum können positive (oder auch negative) emotionale Wirkungen auslösen und so auch zum ‚Ohrwurm’ werden. <?page no="149"?> 150 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen Teilkompetenzbereiche Mögliche (fremd-)sprachliche Handlungen / Produkte Filmmusik kontextualisieren ▶ Wirkung (z. B. Gewaltdarstellung) und Einfluss von Musik auf gesellschaftliche Diskurse reflektieren ▶ Verschiedene Filmmusik in Literaturverfilmungen vergleichen und analysieren, ▶ Intertextuelle Bezüge von Filmmusik erkennen ▶ Durch Musik anderskulturelle Perspektiven einnehmen und mit der eigenen abgleichen und ggf. relativieren Sprachmittlung play (scene) Filmmusik gestalten ▶ Eine einfache Filmproduktion detailliert planen und auch über passende Filmmusik nachdenken ▶ Schnittprogramm mit mehreren Spuren verwenden, um Filmmaterial eigener oder fremder Herkunft auditiv (z. B. Musik, Geräusche, Off-Kommentar, Audiodeskription, Neusynchronisation) und mit Montage und Schnitttechniken gestalten ▶ Eigene & fremde Filme mit Musik bewerben und vertreiben ▶ Sprachproduktiv-sprachmittelnd tätig sein (z. B. mehrkanaliges Dekodieren und sprachmittelndes, spielerisch-inszenierendes Übertragen einer Szene in eine andere Sprache durch revoicing und captioning) ▶ Eigenen Film mit Musik unterlegen dubbing / revoicing respeaking / reciting Garageband-App (Mac) 4 Beispiele für den Einsatz von Filmmusik erleben, nutzen und verstehen im Unterricht Unterrichtsszenario 1 - Music Drives our Imagination and the Atmosphere Der Anfang des von Stanley Kubrick 1980 produzierten Horrorfilms The Shining, der auf Stephen Kings gleichnamigem Roman basiert, eignet sich hervorragend, um Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, wie Filmmusik bestimmte Emotionen auslösen kann. Das nachfolgend skizzierte Unterrichtsszenario integriert die vier aufgezeigten Kompetenzbereiche zu Filmmusik erleben, nutzen, verstehen. 4 Inhaltliche Ziele: Schülerinnen und Schüler können durch Musik implizierte Emotionen in der Anfangsfilmsequenz affektiv erkennen und deren Wirkung auf einen möglichen plot bezogen pragmatisch interpretieren, indem sie filmmusikalisch intendierte Emotionsperspektiven im Spannungsfeld der Subjekt- und Objektorientierung deuten und sich so impulsgeleitet kognitiv eine Filmmusikterminologie aneignen. Sprachliches Potenzial: Schülerinnen und Schüler können eigene Emotionen, Gedanken und Standpunkte spontan und überzeugend darlegen und dabei unter Einhaltung von Diskursregeln flexibel und adäquat auf ähnliche und andere Standpunkte eingehen, indem sie auf einen differenzierten Allgemein- und Funktionswortschatz zurückgreifen. Darüber hinaus erweitern sie ihren Funktionswortschatz im Bereich der filmmusikalischen Terminologie. 4 Das Szenario greift Ideen des Musiklehrers Saddo Heibatt auf. <?page no="150"?> 151 4 Beispiele für den Einsatz von Filmmusik erleben, nutzen und verstehen im Unterricht Unterrichtsverlaufsskizze Einstieg: Das unterrichtliche Vorhaben wird angegeben: Today we are going to experience and learn how film music has an effect on its recipients. Zunächst wird der Anfang von The Shining stumm, ohne Originalton, präsentiert. 5 Währenddessen machen sich die Schülerinnen und Schüler Notizen zu folgenden Arbeitsaufträgen: 1.) Outline the plot of the movie’s beginning. 2.) Describe your emotions based on the presented scene. Speculate about a possible story. Nach einer Austauschphase (Think! Pair! Share! ) werden Ergebnisse an der Tafel fixiert (vgl. Abb. 3). Für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler sollte ein language support zur Beschreibung von Emotionen und deren Begründungen bereitgehalten werden. Hauptphase: Der Anfang des Films wird abermals abgespielt, diesmal mit der unterlegten Tonspur von „Surfin’ USA “ (194) von den Beach Boys. Bezugnehmend zum plot sollen die Schülerinnen und Schüler abermals ihre individuellen Emotionen schildern und über eine mögliche story spekulieren: State your emotions and comment on the movie’s possible story. Ergebnisse werden schlagwortartig fixiert. Im Anschluss erfolgt die gleiche Vorgehensweise mit dem Song „Yesterday“ (195) von den Beatles. Zum Schluss wird die Anfangsszene mit Originalton (score-music), also der von der Symphonie fantastique adaptierten Instrumentalmusik von Wendy Carlos und Rachel Elkind, präsentiert und die Schülerinnen und Schüler verbalisieren erneut ihre individuellen Emotionen sowie Spekulationen. Zugleich wird das Tafelbild komplettiert. Nachfolgend vergleichen und diskutieren die Schülerinnen und Schüler im Plenum ihre individuellen Ergebnisse. Die Lehrperson hält das Gesamtergebnis fest und ergänzt dieses definierend mit der Terminologie der Filmmusik. An dieser Stelle bietet sich auch ein Exkurs über genrespezifische Filmmusik an. Schlussphase: Nachdem die Schülerinnen und Schüler die emotionalisierende Wirkung von Filmmusik selbst erfahren und erkannt haben, sollen sie ihre Erkenntnisse handlungsorientiert umsetzen, indem sie mit ihrem Smartphone eine kurze Szene entwerfen, diese drehen sowie gegebenenfalls schneiden und im Anschluss mit unterschiedlichen Tonspuren unterlegen (z. B. mit iMovie). Hierbei ist auf kurze Szenen zu achten, etwa: Bewegung auf eine halboffene Tür zu; Blick aus dem Fenster / in ein Fenster; eine Fahrrad-/ Autofahrt usw. 5 Die Anfangsfilmsequenz ist bei YouTube zu finden (https: / / www.youtube.com/ watch? v=kiV3J_e977Q). <?page no="151"?> 152 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen images only different types of music plot feelings / → story F E E L I N G S & speculations about the plot / story bird-eye’s view; crane / tracking shot of an autumn-like, mountainous scenery depiction of nature (lake, trees, mountains etc.) a single yellow car driving uphill through the scenery hardly any traffic destination assumably a hotel at the top of a mountain (…) no particular feelings calmness contentment closeness to nature freedom (…) individual answers → someone who might enjoy nature’s beauty going on a relaxing vacation to a remote place high in the mountains (…) “Surfin’ USA ” The Beach Boys levity / troublefree / sanguine enjoyment holiday mood party atmosphere (…) individual answers → Someone being light-hearted on a road trip through lonesome nature “Yesterday“ The Beatles fraught with problems / disappointment sadness solitude heartbroken / hurt (…) individual answers → Someone who was left by a beloved one escaping from the pain by driving alone through desolated nature “The Shining” Main score; Carlos & Elkind frightening / threatening anxiousness gloominess concernment unhappiness (…) individual answers → Someone travelling through deserted nature, being seemingly in great danger. Something terrible is probably going to happen. ( → road movie? ) ( → tragic love movie? ) ( → horror movie? ) off-music / score-music (= non-diegetic music), which suggests a gloomy atmosphere → → → Our movie experience is intensely influenced by film music. It can contextualize or make us anticipate a certain plot. It might also have a manipulative function. Music that has been composed and / or used for the movie without being a part of the plot, thus, which is just perceived by the movie’s audience, is referred to as off-music / score-music (= non-diegetic music). The opposite is on-music / source-music, which is a part of the movie’s plot (diegetic music). Music in combination with images can either accentuate (= to paraphrase / illustrate sth.) or explain and clarify (= to polarize sth.) a certain emotion. However, sometimes the music can also be in extreme contrast to the shown images (= to counterpoint sth.). Abb. 3: Mögliches Tafelbild: Music drives our imagination and the atmosphere <?page no="152"?> 153 4 Beispiele für den Einsatz von Filmmusik erleben, nutzen und verstehen im Unterricht Unterrichtsszenario 2 - Una canción para bailar, una canción seria o ¿ambas cosas? „Die immer lacht“, der Sommerhit aus dem Jahr 2015 von Stereocat featuring Kerstin Ott, ist ein europaweit beliebter Party-Song und Ohrwurm zugleich, doch dessen inhaltliche Entstehung und Tragweite sind eher unbekannt. So komponierte Kerstin Ott ihren Song als Gitarrenballade als Aufmunterung für eine sehr gute, vom Schicksal gebeutelte Freundin, die sich öffentlich ihren Schmerz und Unmut niemals anmerken ließ, sondern nur weinte, wenn sie alleine war. Vor diesem Hintergrund ist der Remix des Upbeat-Songs mit dem offiziellen Musikvideoclip irreführend, weil hier ein beschwingtes, tränenloses Model Shooting auf einer Insel präsentiert wird. Der nachfolgende Unterrichtsgang ist fremdsprachenunabhängig und kann in jede Fremdsprache übertragen werden. Hier wird das Szenario exemplarisch für den Spanischunterricht vorgestellt. Es umfasst alle Kompetenzbereiche zu Filmmusik erleben, nutzen, verstehen. Inhaltliche Ziele: Schülerinnen und Schüler können Bezüge zwischen unterschiedlichen Textmedien herstellen und diese in ihrer Umsetzung in der Mediengesellschaft kritisch reflektieren, indem sie Diskrepanzen zwischen der Bedeutung eines Songtexts und dessen Umsetzung in einem Musikvideo entlarven, um dann einen eigenen Musikvideoclip unter filmischen Gestaltungsmitteln zu planen und zu produzieren, der der Bedeutung des Liedes auditiv und visuell diegetisch gerecht wird. Sprachliches Potenzial: Schülerinnen und Schüler können gedruckte und visuell-auditive, authentische Texte und deren explizite sowie implizite Aussagen rezeptiv verstehen, diese in die Zielsprache angemessen sprachmitteln und entsprechende Ergebnisse unter Einhaltung der Diskursregeln produktiv versprachlichen. Ferner üben sich die Schülerinnen und Schüler darin, konstruktiv und kriteriengeleitet Feedback zu geben. Unterrichtsverlaufsskizze Einstieg: Als Einstiegsimpuls wird folgender Kontext präsentiert: Tu compañero / a de intercambio de España vio el video de la canción “Die immer lacht” y piensa, basándose en sus conocimientos, que es una canción para bailar que trata de modelos y su felicidad infinita delante de las cámaras. Decidís encontrar el significado verdadero de la canción. Hauptphase: Lehrperson verteilt den Songtext und einen (Boulevard-) Zeitungsartikel über die Genese des Liedes und dessen Erfolg (Meyer 201). Beide Texte werden von den Schülerinnen und Schülern unter folgenden Aspekten gesprachmittelt: 1) Examina el contenido de la canción. 2) Cuenta la historia de la canción de Kerstin Ott. Nachdem die Sprachmittlungsergebnisse (contenido y origen) für den spanischen Austauschschüler präsentiert und fixiert worden sind (vgl. Abb. 4), vergleichen die Schülerinnen und Schüler das offizielle Musikvideo mit ihren Ergebnissen: Compara el origen de la canción y su contenido con el videoclip oficial ( MVC ). Sie erkennen, dass die Musikvideohandlung und der Song konträr sind und der Musicvideoclip quasi ein Beispiel für nicht diegetische Musik <?page no="153"?> 154 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen ist. Die Schülerinnen und Schüler können nach dieser Kontextualisierung mögliche Gründe für die Wahl des offiziellen Musikvideos diskutieren (Think! Pair! Share! ): Discute y evalúa el por qué el video musical muestra otra trama que nada tiene que ver con significado de la canción original. Schlussphase: Schülerinnen und Schüler planen und produzieren einen eigenen Musikvideoclip, der abschließend dem Klassenplenum als Jury zu präsentieren ist. Die Jury analysiert dabei die inhaltsgetreue filmische Darstellung. Como ya conocéis el tema y el mensaje de la canción ahora queréis hacer una versión nueva del video que muestre mejor el mensaje verdadero de la canción. Un grupo de jueces va a evaluar vuestra producción analizando el contenido verdadero de la canción. „Die immer lacht“ (contenido y origen) „Die immer lacht“ (MVC) La canción trata de una mujer que siempre está de buen ánimo, siempre riéndose pero no es como parece. La cantante lo sabe y quiere convencer a la mujer para que sea honesta a si misma y a sus emociones. Consciente de que será amada incondicionalmente. para su amiga, la cual había sufrido un acontecimiento amargo, para mostrarle que no siempre es necesario ser fuerte y que podía exteriorizar sus debilidades, sabiendo que a pesar de las circunstancias adversas la querría de forma incondiconal. (…) una historia visual sobre una modelo durante una sesión fotográfica en una isla la mayor parte del tiempo el ambiente es alegre y animado la modelo como protagonista del MVC aparece - en todo caso - pensativa a veces, pero permanece sin derramar una lágrima (…) Ideas de como mejorar el MVC (video) para combinar mensaje y significado: (…) Abb. 4: Mögliches Tafelbild: Una canción para bayilar, una canción o ambas cosas? Unterrichtsszenario 3 - Is Sound Only Enough to Get the Gist of a Story? Kurze Videoclips, die zur Ankündigung und Werbung für einen Film produziert wurden, also Trailer, sind ein guter Fundus für eine auditiv basierte Rezeption. Im Regelfall sind Trailer kurze, werbewirksame Zusammenfassungen eines Films, die neben zusammengeschnittenen Originalfilmszenen, einschließlich aussagekräftiger Dialoge und voice-over Kommentare, auch musikalische Leitmotive beinhalten. Der Trailer zu dem von Joe Wright produzierten Film Atonement (2007), der auf dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan basiert, bietet eine gute Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler erfahren zu lassen, wie viel ein Rezipient über den auditiven Kanal über Personen, Handlungsstränge und musikalische Leitmotive herausfinden kann, wenn man aufmerksam den dialogischen sowie kommentarischen Äußerungen, den Geräuschen und der Filmmusik zuhört. So wird rein auditiv deutlich, dass die Protagonisten Cecilia und Robbie sich lieben, aber deren Liebe durch Briony irgendwie gestört wird und so eine Separation des vermeintlichen Liebespaars vorliegt. Ursächlich dafür scheinen ein Brief und eine fiktive Geschichte zu sein, die Brionys kindlicher Imagination zuzuschreiben ist. Dass Wörter bzw. Geschichten signifikant sind, wird durch das fast fortwährende Schreibmaschinentippgeräusch als ein musikalisches Leitmotiv (sound) untermauert. Die Kriegsgeräusche und Robbies Wahl zwischen dem Gefängnis oder der Armee lassen <?page no="154"?> 155 4 Beispiele für den Einsatz von Filmmusik erleben, nutzen und verstehen im Unterricht Rückschlüsse über das Setting zu-- vermutlich der Zweite Weltkrieg. Alles in allem also eine augenscheinlich dramatische Liebesgeschichte, deren Ausgang ungewiss bleibt, was auch durch die Musikdramaturgie verdeutlicht wird. Der nachfolgende Unterrichtsgang umfasst wiederum die Kompetenzbereiche Filmmusikbezogen sprachlich handeln, analysieren und kontextualisieren.  Inhaltliche Ziele: Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich den komplexen Inhalt eines Trailers durch auditive Rezeption, indem sie Schauplatz, Situation, Charaktere und Handlung durch die Tonspur mit on-/ off-voices, Musik und Hintergrundgeräuschen im Rahmen eines storyboards erschließen. Ferner können sie über das Genre Trailer und dessen Funktion reflektieren. Sprachliches Potenzial: Die Schülerinnen und Schüler trainieren Hörstrategien (skimming, listening for gist, scanning, careful listening, infer and deduce meaning). Beim Inhaltsaustausch des Gehörten können sie unter Wahrung diskursiver Regeln ihre Ideen mit Mitschülerinnen und -schülern austauschen, indem sie diese mittels adäquatem Wortschatz zusammenhängend und verständlich erläutern. Unterrichtsverlaufsskizze Einstieg: Ein Problem wird angegeben: My laptop is not functioning today. Admittedly it displays sounds, but only shows a black screen. That is why I can only present to you the audio of a trailer without its images. Let’s see how much we can figure out about the trailer’s plot / topic. Hauptphase: Im Think! Pair! Share! -Verfahren sollen sich die Schülerinnen und Schüler bei mehrmaligem Zuhören der Tonspur gemäß Hörauftragsaspekten Notizen machen (siehe Worksheet), diese dann mit dem Sitznachbarn abgleichen und ggf. gemeinsam abermals die Tonspur anhören, um Abgleichungen bzw. Änderungen vorzunehmen. Je nach Leistungsniveau kann dieser Arbeitsprozess mehrfach wiederholt werden. Zwei Arbeitstandems finden sich anschließend in einer Vierer-Gruppe zusammen. Diese Gruppe soll das Thema und den Handlungsstrang des Trailers gemeinsam diskursiv eruieren und auch präsentierbar fixieren (Share Phase). Nachdem die Gruppen sich auf das objektiv Gehörte und die daraus resultierte subjektive Trailerinterpretation geeinigt haben, kann entweder abermals ein finaler Abgleich der jeweiligen Gruppen mit der Tonspur des Trailers erfolgen oder die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse. In leistungsschwächeren Lerngruppen bietet es sich an, eine inhaltliche prelistening phase durchzuführen, um höhere Hörerfolgschancen zu ermöglichen. Hierfür bietet sich die Beschreibung des Filmposters zu Atonement nebst anschließender Spekulation über ein mögliches Thema und eine mögliche Handlung an. Dieser niedrigschwellige Einstieg ist sowohl sprachals auch inhaltsvorentlastend. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, einen language support zur Beschreibung der gehörten Musik, der Stimmen und der Geräusche bereitzuhalten (vgl. Grieser-Kindel et al. 201: 2140 f.).  Die Idee wurde modifiziert übernommen von Grieser-Kindel et al. 201: 209 ff. <?page no="155"?> 156 Musik im Film: Erleben, Nutzen und Verstehen Worksheet Take down as many notes as possible to construct a potential plot / topic of the trailer. These aspects might be useful to focus on: ▶ the number of speakers / their voices (on-/ off-voice) / their relationship to one another, ▶ what is being said and how (e. g. emotions), ▶ facts you understand, ▶ music, ▶ background noise. 🙂 Think about the possible plot / topic of the trailer from its sound with the aspects mentioned above. How do you imagine the kind of film (genre) the plot the scenery / setting (time and place) the characters, their appearance and (inter-)actions → character constellation Write down your ideas in key words and give reasons! 🙂 ← → 🙂 Pair up with your neighbour and compare / discuss your ideas about the possible plot / topic. 🙂🙂 ← → 🙂🙂 Share your ideas about the plot and the topic with another pair and, thereby, build a group of four. Together construct a transparency about the plot and the topic. Make sure that you separate your objective hearing results (description) from your subjective interpretation. Try to compose a storyboard and be prepared to present your results. Schlussphase: Ausgewählte Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse / ihr storyboard und erörtern mit dem Plenum Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Vermutlich wird ein möglicher inhaltlicher Minimalkonsens des Trailers betreffend generiert werden. Dieser wird durch die Präsentation des nunmehr wieder funktionierenden Laptops dargeboten. Die Schülerinnen und Schüler vergleichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer storyboards. Zum Abschluss kann im Plenum erörtert werden, was überraschend war oder welche kreativen Gruppenalternativideen ggf. als besser empfunden werden. Danach kann zur Disposition gestellt werden, ob die Schülerinnen und Schüler nach der Beschäftigung mit dem Trailer interessiert sind, den gesamten Film zu sehen oder nicht, indem sie das Für und Wider erläutern. So kann eine Reflektion über die Funktionalität eines Trailers angebahnt werden. <?page no="156"?> 157 5 Fazit 5 Fazit Filmmusik wurde im Beitrag umfänglich definiert. Darüber hinaus wurden grundlegende Film-Musikformate vorgestellt sowie Auswahlkriterien für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht beschrieben. Die Arbeit mit Filmmusik wurde schließlich kompetenzorientiert verankert und auf der Grundlage des Filmkompetenzmodells von Blell/ Grünewald/ Kepser und Surkamp (201) ein Teilkompetenzbereich Filmmusik erleben, nutzen und verstehen für das Fremdsprachenlernen konturiert. Die Lernaufgaben in den skizzierten drei Unterrichtsszenarios sind danach modellgeleitet entwickelt worden und können zeigen, dass es auch mit dem Soundtrack eines Films möglich ist, kompetenz- und schülerorientiertes Lernen zu gestalten: affektiv, pragmatisch, kognitiv-analytisch und kontextuell. 6 Ausgewählte Filme und Filmmusik aus dem Beitrag Filme, MVC s und Trailer Good Morning, Vietnam (1987). Barry Levinson. ( DVD , Touchstone Picture, 1989) Titanic. (1997). James Cameron. ( DVD , Paramount Pictures, 1997) The Shining (1980). Stanley Kubrick. ( DVD , Warner Home Video, 2001) Atonement (2007). Joe Wright. ( DVD , Universal Pictures Germany GmbH, 2008) Die immer lacht (2015). Kerstin Ott feat. Stereoact. (Musikvideo, online unter: https: / / www.youtube.com/ watch? v=Bkj3IVIO2Os) (Download 2017-09-22) “Die immer lacht” (Lyrics) (<http: / / www.songtexte.com/ songtext/ stereoact/ die immer-lacht-73 1ef1.html >) (Download 2017-09-22) Filmmusik The Shining (1980). Stanley Kubrick. (Score-Musik) ( DVD , Warner Home Video); (https: / / www. youtube.com/ watch? v=kiV3J_e977Q). (Download 2017-09-22). “Surfin’ USA ” (194). Beach Boys. (Capitol Records) (https: / / www.youtube.com/ watch? v=2s4slliAtQU). (Download 2017-09-22). “Yesterday” (195). The Beatles. (Parlophone, Capitol, EMI , Universal Music Group) (https: / / www. youtube.com/ watch? v=jo505ZyaCbA). (Download 2017-09-22). The Shining (1980). Wendy Carlos & Rachel Elkind. (Adaption des Dies-Irae-Motivs des 5. Satzes Songe d’une nuit du Sabbat (Hexensabbat) der Symphonie fantastique op. 14 von Hector Berlioz). Atonement (Trailer) (<https: / / www.youtube.com/ watch? v=rkVQwwPrr4c>). (Download 2017-09-22). Atonement (Filmposter) (https: / / en.wikipedia.org/ wiki/ File: Atonement_UK_poster.jpgfile). (Download 2017-09-22). <?page no="158"?> 159 1 Musikvideos - noch ein Thema im Fremdsprachenunterricht? Musikvideos im Fremdsprachenunterricht Laurenz Volkmann Abstract Obleich sich Konzepte von visual literacy oder mulitliteracies im aktuellen fremdsprachendidaktischen Diskurs als neue Paradigmen durchsetzen, ist es um das visuelle Leitmedium der ‚ MTV -Generation‘ deutlich stiller geworden. Musikvideos, einst mit Bezug auf das didaktischpädagogische Kontrastpaar von „media heaven or media hell“ heftig diskutiert, können jedoch erneut als wichtige schülermotivierende, interkulturelle Lernprozesse anbahndende Medienprodukte Bedeutung gewinnen, wenn sie im Rahmen neuerer Kompetenzmodelle und im Sinne von multimedial gestalteten Unterrichtssequenzen ihren Einsatz finden. Dieses Kapitel liefert entsprechende Vorschläge für Auswahlkriterien, den kompetenzorentierten Einsatz sowie methodische Vorgehensweisen - illustriert mit ausgewählten Beispielen. 1 Musikvideos - noch ein Thema im Fremdsprachenunterricht? „Video killed the radio star”-- mit diesem programmatisch klingenden Titel der britischen Popgruppe The Buggles wurde bekanntlich am 1. August 1981 das Zeitalter des Musikvideos und seines kongenialen Fernsehkanals MTV in den USA eingeläutet. Mehr als eine Generation später möchte man ein wenig kalauernd formulieren: „YouTube killed the MTV star“. Denn das über gut zwei bis drei Jahrzehnte viel beachtete Medium des Musikvideos hat deutlich an Einfluss verloren, als elektronisches Medium, in kulturellen Diskursen und in fremdsprachendidaktischen Veröffentlichungen. Als elektronisches Medium verloren Musikvideos, die es im Übrigen bereits lange vor dem Spartenkanal MTV gab (vgl. Albers 2008), mit der globalen Ausbreitung des Internets, dem Abrutschen von MTV in die Sparte des Bezahlfernsehens bzw. der sukzessiven Umwandlung von Musikvideokanälen zu Unterhaltungskanälen zunehmend an Bedeutung. Schließlich hat mit der Ausbreitung von Streaming-Diensten und Online-Portalen wie YouTube der leichte Zugang zu den Produkten der Populärkultur zwar einerseits zu einer unüberschaubaren Proliferation von kreativen, gewitzten, aber auch schlicht dümmlichen und amateurhaft gestalteten medialen Produkten im Bereich der Bebilderung von Musik geführt. Andererseits haben die massenhafte Ausbreitung und neue Formen musikalischer Präsentation in sozialen Medien das Medium Musikvideo eher zum kulturellen Begleitbzw. Randphänomen gemacht. Bester Beleg für diese Beobachtung ist die Tatsache, dass es für viele aktuelle Hits bedeutender angloamerikanischer Gruppen keine Originalvideos mehr gibt. Dem schließt sich eine kulturelle Bedeutungserosion an- - aus dem vielfach diskutierten Symbolmedium des sich anbahnenden visuellen Zeitalters ist inzwischen ein Randmedium geworden, welches in entsprechenden Publikationen zu didaktischen Aspekten von visual literacy oder multiliteracy kaum oder nur marginal Erwähnung findet (vgl. Eisenmann / Meyer 2018). Mit seinem Aufkommen in den 1980er Jahren entwickelte sich zunächst eine heftige <?page no="159"?> 160 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht kulturkritische Debatte rund um die schöne ‚Guck-Guck-Welt‘ des neuen visuellen Mediums, getragen von herabsetzenden und kulturkritischen Tönen (vgl. v. a. Thaler 1999, Volkmann 2003, 2004, 200, auf den Punkt gebracht in Thaler 2010: 241-243). Besorgte Bedenkenträger monierten Inhalt wie Wirkung des im Sekundentakt seine Rezipienten mit visuellen Reizen überflutenden medialen Simulakrums. Inhaltlich sahen sich bereits in den 1980er Jahren viele Clips mit Vorwürfen von Rassismus, Sexismus und Gewaltverherrlichung ausgesetzt. Generell wurde ihr oberflächlich-klischeehaftes, Konsum- und billige Reizbefriedigung propagierendes Weltbild bemängelt. Übermäßiger Videogenuss vermittle, so die Kritiker, als zweifelhafter Sozialisationsfaktor eine verzerrte, unrealistische und Jugendliche unter Umständen entwicklungspsychologisch negativ prägende Konzeption persönlicher Identität, etwa im wichtigen Bereich der Liebesbeziehungen und der Gender-Identitäten. Zu der Vermittlung bedenklich anmutender vorgestanzter Rezeptionsmuster komme die drogenartige Wirkung der ungeheuren Reizfülle, welche ihre Opfer in Form von MTV junkies produziere. Kurzum, das neue Medium der Vor-Internet-Ära wurde als weiteres mediales Instrument kultureller Massenverdummung abgetan. Auch Pädagogen und Pädagoginnen klammerten das Medium zunächst aus, wiesen ihm eine Funktion als gelegentlicher Lückenfüller zu oder betonten seine pädagogischen Gefahren eher als seine didaktischen Potenziale (vgl. die Diskussion in Thaler 2010, Volkmann 2004). Es ist bezeichnend für den fremdsprachendidaktischen Diskurs, dass erst Ende des letzten Jahrtausends mit der Dissertationsschrift von Engelbert Thaler ein merkbares Umdenken einsetzte. Bereits der Titel der Arbeit, Musikvideoclips im Englischunterricht. Phänomenologie, Legitimität, Didaktik und Methodik eines neuen Mediums (1999), lässt erkennen, dass hier, bei einer gewissen defensiven Grundhaltung angesichts eines bis dahin eher kritisch bewerteten Mediums, eine umfassende Neubewertung erfolgte, welche sich sukzessive bis in die heutige Zeit fortgesetzt hat. Jedoch geht auch mit dem kulturellen Bedeutungsverlust von Musikclips ein didaktischer Interessensrückgang einher. Noch im ersten Jahrzehnt nach 2000 gibt es mehrere didaktische Publikationen zum Einsatz von Musikvideos im Fremdsprachenunterricht (vor allem von Thaler selbst, siehe Bibliographie, aber auch u. a. von Blell 2002, Volkmann 200, Eisenmann 2010). Auch die Diskussion um den didaktisch-pädagogischen Wert von Musikvideos wurde, wenn auch eher auf theoretischer Ebene, weitergeführt und programmatisch mit Bezug auf die Nutzung neuer Medien insgesamt erweitert, wie im Titel eines Beitrags von Gabriele Blell aus dem Jahre 2002 zu erkennen ist: Musikvideoclips im Englischunterricht: ‚medialer Himmel‘ oder ‚mediale Hölle‘ ? In den letzten Jahren ist es allerdings auch in fachdidaktischen Diskursen ruhiger geworden mit Bezug auf Musikvideos. Der Bedeutungsverlust des Genres in der Fremdsprachendidaktik geht mit drei interessanten Phänomenen einher: Erstens werden pädagogische und kulturkritische Bedenken kaum noch geäußert, die Forderung nach einer kritisch-reflexiven Betrachtungsweise von Musikvideos ist eher der Forderung nach einer allgemeinen (d. h. eher ‚digitalen‘) ‚Medienkompetenz‘ gewichen (vgl. Volkmann 2012). Zweitens wird eine Förderung dieser Medienkompetenz in ihren Ausformungen nicht notwendigerweise allein mit dem Fokus auf einzelne Musikvideos angestrebt, sondern mit Bezug auf das Zusammenspiel verschiedener Medien, analoger und digitaler Art, wobei hier häufiger das hybride Medium <?page no="160"?> 161 2 Vorüberlegungen und Kompetenzorientierung Internet im Fokus steht. Drittens werden Musikvideos spätestens seit dem Europäischen Referenzrahmen und den KMK -Beschlüssen zu Fremdsprachenkompetenzen wenn überhaupt, dann als mediale Tools zur Kompetenzentwicklung im Bereich kommunikative Kompetenz und vereinzelt interkultureller kommunikativer Kompetenzen betrachtet. Trotz dieses Bedeutungsrückgangs von Musikvideos bleibt zu konstatieren, dass dieses Medium durchaus nach wie vor seinen ausgewählten Platz im Fremdsprachenunterricht behalten kann. Dass dabei einige grundsätzliche didaktische Überlegungen dem Einsatz vorausgestellt werden sollten, wird im Folgenden zuerst kurz ausgeführt. Dem schließen sich Überlegungen zu möglichen Lernzielen bzw. Bereichen der Kompetenzentwicklung an. Diese sind aus Sicht des Autors methodologischen Überlegungen des Einsatzes vorzuschalten. Für den Einsatz liegen methodische Repertoires vor, die kurz im Überblick präsentiert werden, bevor der letzte Teil des Beitrags einige praxisbezogene Beispiele für einen lernziel- und kompetenzorientierten Einsatz von Musikvideos vorstellt. 2 Vorüberlegungen und Kompetenzorientierung Bevor Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Unterricht Medien, hier Musikvideos, einsetzen, sollten sie sich noch einmal vor Augen führen, welche Lernziele bzw. Vorstellungen von Kompetenzerwerb sie damit verbinden. Eingerahmt von dem Bildungsauftrag schulischen Unterrichts besteht die primäre Aufgabe des gegenwärtigen Fremdsprachenunterrichts in der Vermittlung und im Erwerb interkultureller kommunikativer Kompetenz (Byram 1997). Der Einsatz von Medien ist mit Bezug auf diese Zielsetzung auszurichten, indem Medien gewissermaßen als Vermittlungsinstrumente verstanden werden, es sei denn die Verfasstheit und Wirkung bestimmter Medien wird selbst (mit) zum Thema und damit bezüglich des Erwerbs von ‚Medienkompetenz‘ berücksichtigt. Kommunikation in der Fremdsprache-- interkulturelles Lernen-- Medienkompetenz bzw. Medienkunde: wenn wir die drei hier genannten Bestandteile von Kompetenzforderungen hintereinander gereiht genauer betrachten, so ergeben sich, je nach Akzentsetzung, durchaus unterschiedliche didaktische Überlegungen mit Bezug auf den Einsatz von Musikvideos. (1) Wenn die Lehrkraft die Kommunikation in der Fremdsprache mit den vier rezeptiven und produktiven Skills von Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben in den Vordergrund stellt, ergibt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit Musikvideos im Sinne einer visuellen und musikalischen Unterstützung durch ein mehrere Sinneskanäle ansprechendes Medium einzusetzen sind. Die Frage stellt sich hier nach dem ‚Mehrwert‘ eines Medieneinsatzes, der über die Präsentation eines Songs durch einen abgedruckten Text oder das Vorspielen des Tonträgers hinaus das Verstehen unterstützt bzw. unterstützen soll. Hier ist zu beachten, dass es durchaus sinnvoll erscheint, unterschiedliche Formen des Hörverstehens bzw. Hör-Seh-Verstehens und / oder der Präsentation von Texten zu üben. Auch sollten zur zusätzlichen Motivation gerade die visuellen Stimuli, die im Musikvideo zur Verfügung stehen, berücksichtigt werden, als zusätzliche Angebote zur produktiven Sprachverwendung und zur Diskussion oder schriftlichen Reaktion mit Bezug auf das im Clip Präsentierte. (2) Steht der Bereich des interkulturellen Lernens (zudem) im Fokus der Unterrichtsplanung, dann kann selbstverständlich die semiotisch zu entschlüsselnde Bilderwelt <?page no="161"?> 162 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht des Videos, in Verbindung mit Text und Musik, im Vordergrund des Unterrichtsgeschehens stehen. Dann gilt es hier, die Semiotik der medialen Präsentation zielkultureller Elemente zu entschlüsseln und im Sinne eines hermeneutischen Ansatzes mit Bezug auf die eigene Perspektive in Aushandlungsprozesse zu setzen. Auch hier wird auf sprachhandelnde Akte abgezielt und die mediale Einkleidung der Präsentation kultureller Phänomene selbst ist zu beachten- - indem beispielsweise gattungstypische Darstellungsmodi erkannt werden. (3) Gerade Musikclips bieten sich durch ihre multimedialen und multimodalen Formate (Text, Musik, Bild, dazu Fanforen und Diskussionsplattformen etc. im Internet) dabei zur Fokussierung des Lernziels multiliteracies an, welches wie folgt in Anlehnung an ein bewährtes Drei-Ebenen-Modell von Dieter Baacke (1997: 8 f.) zu definieren wäre: ▶ Die Fähigkeit zur Medienkritik, wobei problematische gesellschaftliche Prozesse erkannt sowie die eigene Position reflektiert werden. Dies führt idealiter zu ethisch abwägendem, eigenverantwortlichem Denken und Handeln (hier geht es beispielsweise auch um kritisch-reflexive Herangehensweisen an Clips sowie das Verhandeln kritischer Einsichten im medialen Diskurs). ▶ Einblicke in die Medienkunde, was technischen Sachverstand sowie dadurch die Fähigkeit zur gezielten, qualifizierten Nutzbarmachung der neuen Medien beinhaltet (hier: das technische Know-how zur Bearbeitung von Clips, Herstellung eigener Clips, Erstellen von Internet-Foren und Fähigkeit zur Partizipation an Online-Diskussionen). ▶ Medienhandeln ist als Mediennutzung und Mediengestaltung zu verstehen. Dies geht über eine rezeptiv oder interaktiv zu gestaltende Nutzung hinaus und betrifft den innovativen Umgang mit neuen Medien (Erarbeiten eigener Clips, kreativer Umgang mit Vorlagen usw.). Die Fragestellung der jeweiligen Schwerpunktsetzung mit Bezug auf die anvisierte Kompetenzentwicklung beim Einsatz von Musikvideos lässt sich weiter konkretisieren mit Blick auf die fünf Kompetenzbereiche der Bildungsstandards, also auch der Abiturstandards (Thaler 2015): Erneut sei betont, dass hier eine gezielte Auswahl zu treffen ist, geformt von den Vorgaben des Lehrplans, der Altersstufe, den sprachlichen Fähigkeiten der Lernenden usw. ▶ Funktionale kommunikative Kompetenz: Dies entspricht unterschiedlichen Teilkompetenzen wie dem Hör-/ Hörsehverstehen, dem sprachlichen und semantischen Verständnis eines Songs und seiner Präsentation im Clip; bei Arbeit mit abgedruckten Texten spielt das Leseverstehen eine Rolle; gleichfalls unterschiedliche Formen der sprachlichen Reaktion auf das präsentierte Medium; zudem können durch Nachsingen oder Nachsprechen die Aussprache und bestimmte Intonationsmuster geschult werden (u. a. auch mit Karaoke); Aufgaben im Bereich der Mediation können sich anschließen; bestimmte sprachliche Muster, Grammatikstrukturen, Textbausteine etc. können eingeführt und eingeübt werden mit Hilfe von Musikvideos; Erarbeitung von Vokabelfeldern und chunks im thematisierten Bereich ▶ Sprachbewusstsein: Z. B. Sensibilisierung für kolloquiale Elemente, Register, Situationen; Sprechen und Singen als Performanz; Elemente nonverbaler Kommunikation. <?page no="162"?> 163 3 Methodische Überlegungen ▶ Sprachlernkompetenzen: Autonomes Lernen durch Rezeption / Diskussion von Online- Musikvideo-Portalen; Bewusstsein für das Erlernen von chunks, aber auch Bewusstsein für unterschiedliche Register und Sprachstile. ▶ Interkulturelle kommunikative Kompetenz: Musikvideos als mediale Präsentation von kulturellen und / oder zielkulturellen Elementen; Perspektivwechsel durch entsprechende produktive Aktivitäten (Rollenübernahme von dargestellten Akteuren, Inszenierungen etc.). ▶ Text- und Medienkompetenz: Analyse typischer Merkmale eines Videos, Typen von Videos; sowie- - je nach Schwerpunktsetzung- - Beachtung der oben genannten drei Elemente von Medienkompetenz; Möglichkeiten der Einbettung von Videos in andere Texte und Medien zur Förderung von multiliteracy. Bei der Auswahl von Musikclips können folgende Auswahlkriterien zum Tragen kommen (Thaler 2002: 8): ▶ Bezug auf Lernziele und Kompetenzerwerb, ▶ Möglichkeit, die unten aufgeführten Methoden einzusetzen, ▶ Einbindung in jeweilige Lehr-Lernkontexte, ▶ Überlegungen zur Einbettung in weitere Texte und Medien, ▶ Schwierigkeitsgrad mit Bezug auf Sprache, mediale Darstellung sowie interkulturelle Kontexte, ▶ Verfügbarkeit sowie technische Möglichkeiten der Präsentation (Streaming), Frage des Einsatzes von Songtexten, ▶ Musikalische Faktoren (von Musikgenre bis zu Aktualität), ▶ Ästhetische Qualität-- künstlerisch wertvolle Produkte oder auch ästhetisch fragwürdige Clips zu Medienkritik, ▶ Pädagogische Erwägungen (Sexualität und Erotik, Sexismus, Gewalt, Homophobie, Rassismus, Banalität, Glorifizierung von Materialismus etc.). 3 Methodische Überlegungen Drei Fragestellungen sind bei den methodischen Erwägungen zu beachten. Erstens: Mit welchen anderen Medien oder Texten soll das Medium Musikvideo eingesetzt werden? Welchen Mehrwert bietet ein Clip gegenüber dem Einsatz eines Songs mit Text und / oder mit Tonträger? Zweitens: Welche Herangehensweisen werden mit Bezug auf die zunächst definierten Lernziele präferiert? Sind die Lernziele eher analytisch und bestehen in einer kritischen Interpretation oder Auseinandersetzung mit dem Clip oder dem Medium insgesamt oder zielen sie auf eine produktive, schüler-, prozess- und produktorientierte Behandlung des Mediums ab, bei der kreative Verfahren und Reaktionen auf das Medium im Mittelpunkt stehen? Oder aber: Wie können analytische und kreative Verfahren sinnvoll miteinander verschränkt werden? Drittens stellt sich die Frage, wie aus den beim Umgang mit Texten und Medien jeglicher Art etablierten Drei-Phasen-Modellen von Aktivitäten eine in sich geschlossene Unterrichtssequenz erstellt werden kann. Das Schema der Aktivitäten in den Phasen von <?page no="163"?> 164 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht pre-, whileand post-viewing erlaubt eine zielgerichtete und planvolle Unterrichtsgestaltung, verlangt aber auch eine genaue Passung der drei Phasen mit Bezug auf ein bestimmtes Video. Im Überblick seien die Möglichkeiten der Gestaltung der drei Phasen hier dargestellt: Pre-viewing: Im Sinne der Vorentlastung und Motivation sowie Lenkung mit Bezug auf die geplante Kompetenzentwicklung ergeben sich unter anderem folgende Aktivitäten: Visuelle Impulse durch Bilder, Cartoons, Standbild des Clips; Statements oder Zitate, die zum Nachdenken oder zur sprachlichen Reaktion herausfordern; Spekulation über ausgewählte Textschnipsel, Kernvokabeln, Standbilder des Songs oder des Clips; Präsentation des Liedtextes und / oder des Lieds im Ganzen, im Auszug, als Lückentext; verschiedene Formen des sprachlichen und kontextuellen Scaffolding (Mindmaps etc.). While-viewing: Möglichkeiten des Anhaltens und Spekulierens über Fortgang etc.; verschiedene Formen der Präsentation: nach und mit Liedtext, ohne Ton (nur Bild); Wiederholungen, evtl. mit Untertiteln; Mitsingen oder Mitsprechen. Post-viewing: Verständnisfragen zum Hören, Lesen, Sehen; analytische Fragen zu diesen Bereichen; Übungen zum Fremdsprachenerwerb; Aktivitäten mit Bezug auf musikalische Fragestellungen (Genre, Rhythmus, Melodie, Instrumente etc.) sowie zum Genre MVC (Genre, Visualisierungen, Kleidung, Posen, Narration, Kameraführung etc., in diesem Sinne wird das MVC als filmische Darstellung zur Förderung von film literacy verwendet); Fragen der Korrelation von Musik, Text, bewegten Bildern; interkulturelle Fragestellungen (z. B. Darstellung des American Dream im Video), kulturelle Fragestellungen (z. B. Darstellung von Gender im Video); Recherche und Respons zu Videos durch WebQuests und Teilnahme an Internet-Diskussionen; Produktion eigener (parodistischer) Versionen usw. Folgende weitere Tätigkeiten listet Thaler (2002: 8) auf: ▶ textproduktive Übungen: summary, completing missing scenes, extending the story-line, devising alternative endings, changing the perspective, transforming the video into a short story, writing a review, writing a letter [or a whats-app message or e-mail] to the singer; ▶ dialogische Übungen: interview with the band members, chat between two fans, dialogue between video protagonists, debate on MTV ; ▶ musikalische Übungen: playing the melody on the guitar / keyboard, singing, lip-synching; ▶ visuelle Übungen: drawing key scenes, designing a poster, transforming the video into a comic, publishing a video magazine online. 4 Themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche Im Folgenden seien zehn typische unterrichtsrelevante Einsatzbereiche von Musikvideos im Fremdsprachenunterricht skizziert und jeweils kurz am Beispiel oder an Beispielen illustriert. Die Bereiche sind jeweils thematisch bzw. lernzielorientiert formuliert und sollten weniger als in sich abgeschlossene Vorschläge verstanden werden denn als Schwerpunktbereiche, die zugleich zur gezielten Berücksichtigung anderer aufgeführter Bereiche einladen. <?page no="164"?> 165 4 Themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche 1. Musikvideos für fremdsprachliches Lernen. Beim Einsatz von Musikvideos für das fremdsprachliche Lernen geht es vor allem um bedeutsame, mehrfach wiederholte und für die Lernenden relevante Formen des Input, wobei das Video gegenüber der reinen Textpräsentation oder dem Abspielen eines Songs zusätzliche Stimuli und Aktivitäten ermöglicht. So erscheint es sinnvoll, hier Videos einzusetzen, welche eine bestimmte grammatikalische Struktur, ein bestimmtes Wortfeld oder bestimmte chunks entsprechend multisensorisch und motivierend präsentieren. Paradigmatisch geschieht dies im Clip von Beyoncé mit dem Titel „If I were a boy“, in welchem mehrfache Beispiele von if clauses (hier der Irrealis) auftauchen. Auf für die heutige Lernergeneration motivierendere Weise als etwa Klassiker der Popmusik wie Pete Segers Gassenhauer von 1949 „If I had a hammer“ (Potenzialis) ermöglicht Beyoncés Song vielfache Aktivitäten. Diese erstrecken sich von kreativem Arbeiten mit den Grundstrukturen des Textes und / oder Videos und dem Einüben von Lautketten mit Hilfe von Bewegung und Singen bis zur Gender-Diskussion unter Verwendung der neuen Struktur, die bekanntlich nicht gerade zu den Lieblingsphänomenen der Englischgrammatik gehört (hier ein kurzes Beispiel des Liedtextes, Beyoncé 2008): If I were a boy I think I could understand How it feels to love a girl I swear I’d be a better man 2. Musikvideos für interkulturelles Lernen. In interkulturell ‚wertvollen‘ Musikvideos werden bestimmte zielkulturelle Phänomene, seien sie alltagsweltlicher, seien sie soziopolitisch besonders herausgehobener Art, in multimodaler, multimedialer Einkleidung präsentiert. Die Klassiker des interkulturellen Lernens im Bereich des Englischunterrichts fokussieren dabei konfliktgeladene historische oder politische Themenbereiche wie im Video „Sunday, bloody sunday“ (U2), „Zombie“ (The Cranberries) (beide zum anglo-irischen Konflikt), „We didn’t start the fire“ (Billy Joel, in einer Art visuellem Schnelldurchlauf zu vierzig Jahren US -amerikanischer Geschichte) oder in „American idiot“ von Green Day als bissiger Kommentar zu Kommerz und Materialismus. Diese und andere Videos erhalten im Gegensatz zur reinen Textaussage eine zusätzliche, interkulturell wertvolle Dimension, weil sie mit visuellen Stimuli und ikonischen Bildern operieren. Zusätzlich zu Aspekten von Musik und Text können die collageartig zusammengestellten, hohe kulturelle Bedeutung tragenden Bilderwelten für interkulturelles Lernen sensibilisieren. Die dabei hervortretende zentrale Fragestellung, inwiefern optische Präsentationen kulturell mit Bedeutung aufgeladen werden, kann auch paradigmatisch mit Videos zu Nationalhymnen oder zu Liedern gezeigt werden, welche nationale Identitäten thematisieren, von „God bless the USA “ über „Living in America“ bis zu „The star spangled banner“. Reizvoll könnte dabei ein Vergleich verschiedener in Videos präsentierter Nationalhymnen sein, da in diesen nationalen Mythen, Stereotype und Selbstinszenierungen quasi offiziell ‚abgesegnet‘ als Autostereotype präsentiert werden. So bietet sich ein Vergleich der bilingualen und inzwischen genderneutralen Nationalhymne Kanadas in ihrer visuellen Darbietung mit der Nationalhymne der USA oder Deutschlands an, mit <?page no="165"?> 166 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht der Zielsetzung, unterschiedliche Formen der Konstruktion von nationaler Identität mit unterschiedlichen Aussagen zu vergleichen. 3. Musikvideos und transkulturelles Lernen. Aussagestarke Musikvideos können Verwendung finden in dem Sinne, dass typische Themenbereiche transkultureller, also nationale Unterschiede überschreitender Themenkomplexe in ihnen auf motivierende, kontroverse oder idealtypische Weise präsentiert werden. Die rites of passage des Älterwerdens, der ersten Liebeserfahrungen usw. sind hier ebenso ein beachtenswertes Thema wie die Konflikte zwischen Menschen, Ethnien und Nationen, der Umgang mit der Natur und (Kritik am) Materialismus. Gerade für das Thema Gender-Konstruktion bieten sich dabei Musikvideos an, in denen aus Sicht der Gender Studies problematische Konstruktionen von Männlichkeit oder Weiblichkeit präsentiert werden. Didaktisch interessante Videos bieten dabei Diskussionsstoff für vielschichtige Debatten, lassen sie doch unterschiedliche Lesarten der in ihnen inszenierten Geschlechterdiskurse zu. Während viele Rap-Videos ein eher eindimensionales Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit entwerfen und damit eher von vornherein zum didaktischen Einsatz im Sinne einer kritischen Herangehensweise einladen, können einige Videos durchaus mehrdimensionale Diskussionen eröffnen. Interessant ist hier beispielsweise das Video „Vai Malandra“ (etwa: Auf geht’s, du Luder) der brasilianischen Künstlerin Larissa de Macedo, die unter dem Künstlernamen Anitta bei Twitter, Facebook und Instagram Millionen von Fans hat. Im Video räkelt sich die nur äußerst leicht bekleidete Sängerin auf den Dächern von Rios Favela Vidigal und lässt sich von einer Gang von Gangster-Rappern auf ihrem im scheppernden Rhythmus des Baile-Funks zuckenden, eingeölten Hintern wie auf Bongos trommeln. Es lohnt eine Recherche im Internet, um die hitzige Diskussion zu dem Video zu verfolgen: Während Kritiker der Sängerin und des Videos hier plumpen Sexismus und Dienstleistung für männlichen Voyeurismus beklagen, finden sich auch Popkritikerinnen und Kulturanthropologinnen, die für eine emanzipatorische Lesart von „Vai Malandra“ eintreten. „Demnach handelt das Lied von einer modernen, selbstbewussten Frau, die eine Horde Vorzeigemachos nach ihrer Pfeife tanzen lässt“ (Herrmann 2018: 1). Damit laden Videos wie „Vai Malandra“ nicht nur im Portugiesischunterricht (zudem sich englischsprachige Rap-Versatzstücke im Text finden) bei entsprechender Rücksichtnahme auf Alters- und Reifheitsgrad der Lernenden zu einer sehr umfassenden Gender-Diskussion ein. 4. Musikvideos im Interplay mit anderen Medien. Wenn Musikvideos im diskursiven Zusammenspiel mit anderen Medien eingesetzt werden, kann einerseits ihre spezielle mediale Formung und Wirkweise beachtet und im Vergleich herausgearbeitet werden. Andererseits kann das besondere multimediale und multimodale, schülernahe Format des Mediums in Verbindung mit anderen, z. B. textuellen Präsentationen eines bestimmten Themas gewinnbringende Erkenntnisse schaffen. So lässt sich das oben erwähnte Video in einer Unterrichtssequenz zu Gender-Konstruktionen mit Cartoons, Werbung, aber auch mit themennahen Sachtexten, Gedichten oder Kurzgeschichten in eine didaktische Unterrichtssequenz einbetten, wodurch unterschiedliche, auch konfligierende Perspektiven auf das Thema beachtet sind. 5. Mehrere Musikvideos zu einem Thema. Darüber hinaus können mehrere thematisch miteinander verbundene Musikvideos mit einer Fokussierung auf Darstellungsmodi des <?page no="166"?> 167 4 Themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche Mediums in einer Unterrichtseinheit zusammengestellt werden. Ein Beispiel hierfür wäre die Präsentation von Auto- und Heterostereotypen zu den USA (vgl. Volkmann 200). Eine Unterrichtssequenz könnte hier mit Videos zum positiven Selbstbild der USA beginnen. „Living in America“ (James Brown, 1985, noch eher ein Konzertmitschnitt) lässt sich kontrastieren mit einem eher ausgewogenen, US -amerikanische Alltagskultur über vierzig Jahre präsentierenden Video von Billy Joel („We didn’t start the fire“). Schließlich lassen sich kritischere Außenperspektiven anschließen, wie die von der britischen Rockband Genesis als Kritik an Ronald Reagan gedachte Videoproduktion „Land of confusion“ oder die Kritik am US -amerikanischen ‚Kulturimperialismus‘ in Rammsteins „Amerika“. Die genannten Videos bieten nicht nur eine visuelle Präsentation amerikanischer Symbole, sondern auch historische Perspektiven auf die USA und sich ändernde Amerikabilder. Wenn in Lehr-Lernkontexten darüber hinaus Bezug genommen wird auf die zahlreichen Kommentare und Diskussionen im Internet zu den jeweiligen Videos, können diese nicht nur rezipiert werden, sondern laden zur aktiven Teilnahme in Online-Foren ein. . Musikvideos zur Behandlung von Lifestyle, Mode, Musikstilen. Durch ihre von historischen Kontexten abhängige visuelle Präsentation laden Musikvideos in besonderem Maße dazu ein, bestimmte Phänomene von Lifestyle, Mode und auch Musikstilen zu fokussieren, die sich mit dem Zeitgeist einer bestimmten Epoche verbinden. Von der Mode des Rock’n’Roll über den Zeitgeist von Punk oder New Wave, vom Glam-Rock bis zu Rapper-Attitüden: Musikvideos bieten hier anschauliches Material für das Eintauchen in vergangene oder aktuelle Welten der Populärkultur. Ein Beispiel sei hier eine Unterrichtseinheit zur Neuen Deutschen Welle in den 1980er Jahren. Wenn dabei Videos wie Nenas „99 Luftballons“, Falcos „Der Kommissar“, Markus’ „Ich will Spaß“ oder von Extrabreit „Hurra, hurra, die Schule brennt“ sowie die lyrisch anspruchsvollere Interpretation von Fehlfarben „Ein Jahr (Es geht voran)“ einzeln oder besser noch in Kombination miteinander gezeigt und besprochen werden, lässt sich viel Wissenswertes und Interessantes über Modeverirrungen wie die Minipli-Frisur, ausstaffierte Blazer oder neonfarbene Stirnbänder zeigen und diskutieren. Es lassen sich aber auch weiterführende Fragen zur kulturellen Bedeutung von Modestilen, Musikrichtungen usw. aufwerfen (vgl. dazu grundlegend Hebdige 1979). 7. Musikvideos als eigenständiges Medium. Im Sinne des Erlernens von film literacy können Musikvideos durchaus als Miniaturversionen filmischen Darstellens eingesetzt werden. Sie lassen sich mit den üblichen Fragestellungen der Filmanalyse untersuchen, unter zusätzlicher spezieller Beachtung von Text und Musik. Da Musikvideos in besonderem Maße in ihrer Kürze auf sofortigen Wiedererkennungswert von bestimmten visuellen Stimuli setzen, bieten sie sich zur Behandlung von filmischen Konventionen, kulturellen Stereotypen sowie zu Fragen der Genre-Einordnung bzw. zum Spiel mit verschiedenen medialen Genres an, wie folgende Ausführungen zu Clips deutlich machen: Typische und wiederkehrende Motive des Musikvideos sind die Klappe zu Beginn des Videos, das Fernsehgerät, die Kamera, Close-Ups einzelner Körperteile, Menschenmassen etc. Konventionen des visuellen Darstellens ergeben sich auch aus den verschiedenen musikalischen Genres, wobei die Definition des Pop-Mainstreams am schwammigsten bleibt, während subkulturell orientierte Genres <?page no="167"?> 168 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht mit stärkeren visuellen Konventionen einhergehen, um die Erwartungshaltung der Fans zu erfüllen. Typische Settings sind z. B.: die Straße (v. a. Hip-Hop), Studio und computeranimierter Background (v. a. Pop), Natur (v. a. Soft Pop) und Club / Party (v. a. Pop und Hip-Hop). Die stereotype Wahrnehmung wird auch genützt, um Bands gezielt bestimmten Subkulturen zuzuordnen, Settings wie Tattoo Studios, Slums, aber auch teure Geschäfte und Immobilien sollen Künstler eindeutig zuordnen. Jungstars werden gerne im Umfeld von Schule und Freizeitsport gezeigt. (Westreicher 2015: 12 f.) 8. Klassiker des Mediums selbst als Thema. In Kombination mit dem Fokus auf mediale Darstellungsformen kann bei der Auswahl von Musikvideos auch das Thema der ‚Klassiker der Musikvideogeschichte‘ eine Rolle spielen. So können fortgeschrittene Lernende dazu eingeladen werden, im Internet gattungsbezogene, epochenbezogene, themenbezogene oder kulturbezogene Listen-- von Top 10 bis zu Top 100-- zu recherchieren und hierzu Präsentationen zum Unterricht beizusteuern. Hier lohnt sich beispielsweise ein Blick auf die Top 10 des Rolling Stone-Magazins (Ausgabe von 20. 4. 2011) für viele anspruchsvollere Rockfans das Referenzjournal schlechthin. Interessant bei dieser von Lesern und Leserinnen gewählten Top-Auswahl der besten Clips ‚aller Zeiten‘ sind hier Fragestellungen zur Kanonbildung in diesem Bereich (verglichen mit der Kanonformation in eher traditionellen Bereichen, wie literarischen, filmischen, musikalischen). Dem schließen sich Fragen an, warum bestimmte Clips wegweisende Funktionen zeigen, wie etwa die Horrorfilmparodie „Thriller“ (Michael Jackson), und wie die heutige Generation der Lernenden auf diese Klassiker reagiert. Top 10 des Rolling Stone 1. Michael Jackson, „Thriller” (1983) 2. Peter Gabriel, „Sledgehammer” (198) 3. Nirvana, „Smells like teen spirit” (1991) 4. a-ha, „Take on me” (1985) 5. Guns N’ Roses, „November rain” (1992) 6. Fatboy Slim, „Weapon of choice”(2000) 7. Foo Fighters, „Learn to fly” (1999) 8. Soundgarden, „Black hole sun” (1994) 9. Nine Inch Nails, „Closer” (1994) 10. Pearl Jam, „Jeremy” (1992) 9. Didaktische Musikvideos. Im Internet, vor allem auf YouTube, finden sich zudem Unterrichtsvideos bzw. didaktische Videos, welche teilweise dem Format von Musikclips zuzuordnen sind. Für nahezu jedes Unterrichtsthema und für jedes Fach produzieren Lehrkräfte, Lernende und auch professionelle Anbieter entsprechende Angebote. In der Regel werden bestimmte Phänomene in einen sich reimenden Song gepackt, der Refrain bietet einen Merksatz und die visuelle Präsentation geschieht auf witzige Weise mit Cartoons, Elementen des Zeichentricks oder durch eine lustige Vermittlerfigur. Für den bilingualen Bereich des Lernens (Chemie) sei hier als Beispiel auf das Video des Lehrer-Künstlers Mister C verwiesen. In seinem Video „Heat transfer song” mit dem Titel „Hot to cold“ (2012) tritt der Sänger dabei <?page no="168"?> 169 4 Themen- und kompetenzbezogene Einsatzbereiche als etwas versponnener, weltfremder Pauker auf, der in Slapstick-Manier Einsichten in den Wärmeaustausch rappt. Interessant sind hier die Einbettung von auch sprachlich komplexen chemischen Sachverhalten in ein comic-haftes Setting und ein eingängiger Refrain, der an jugendlichen Jargon angelehnt ist (Mister C, 2012). Heat transfer is really neat, It always goes from hot to cold, You’ll always remember this kiddies, Even when you’re getting old. […] When molecules gain heat energy, They move around faster! The liquid expands and the temp goes up, On the thermometer, cuz-… [repeat chorus] 10. Witzige und ironische Arbeit mit Musikvideoclips-- rezeptiv und produktiv. Beispielhaft für den witzigen und parodistischen, kreativen Umgang mit dem Medium Musikvideo ist der sogenannte literal video clip. Bei dieser Variante wird ein bestehendes Video kreativ bearbeitet und anschließend auf YouTube gepostet. Häufig werden dazu Untertitel beschriftet. Dabei sind Copyright-Fragen und Fragen des fair use zu beachten. Häufig werden Texte neu verfasst und auf ulkige, das Original satirisierende Weise auf das Originalvideo hin zugeschnitten. Als Beispiel sei hier aus Wikipedia zu einem bekannten Musikvideo zitiert (Stichwort literal video clip): Zu Weihnachten 2009 wurde beispielsweise durch einen- […] Bearbeiter eine Abwandlung des Titels „Last Christmas“ von „Wham“ veröffentlicht. Die neue Fassung enthält Seitenhiebe auf das Privatleben des Lead-Sängers und befasst sich mit diversen Methoden der filmischen Inszenierung während sie nebenbei kleineren Schwächen des originalen Videomaterials als Angelpunkt aufzeigt. Weiterhin wurde mehrmals ein umgangssprachliches Schimpfwort bemüht. Aber auch die umgekehrte mediale Bearbeitung findet sich in der Regel auf YouTube: Die Musik einer Gruppe oder eines Interpreten / einer Interpretin wird für ein von den Usern produziertes Musikvideo verwendet. So findet sich beispielsweise eine Reihe von selbst erstellten Clips für den bemerkenswerten, an die Thematik von Orwells Dystopie 1984 erinnernden Song „The dictator decides“ der Pet Shop Boys. Sie illustrieren den Songtext des amtsmüden, sich selbst dekonstruierenden Diktators auf sehr unterschiedliche Weise und verwenden dabei Bildmaterial, welches sich auf verschiedene Persönlichkeiten der Geschichte wie Hitler, Saddam Hussein oder Donald Trump und Hillary Clinton bezieht. Selbstverständlich ist die ästhetische Qualität der Neupräsentationen sehr unterschiedlich. Es ist jedoch leicht, hier auf der Suche nach attraktivem Unterrichtsmaterial fündig zu werden-- oder auch die Schülerinnen und Schüler dazu anzuregen, für ihre Lieblingshits selbst Bearbeitungen zu erstellen und diese im Unterricht und online zu präsentieren. Als Fazit dieses Beitrags zu Musikvideos im Fremdsprachenunterricht kann damit bleiben: Auch wenn das Medium inzwischen seinen didaktischen Aufmerksamkeitshöhepunkt über- <?page no="169"?> 170 Musikvideos im Fremdsprachenunterricht schritten hat, bietet es doch mannigfaltige Potenziale für einen motivierenden, lernziel- und kompetenzorientierten Einsatz. Zusätzlich erlaubt die weite Verbreitung der von Usern bearbeiteten Videos im Internet eine große Bandbreite von rezeptiven wie produktiven, analytischen wie kreativen Lehr- und Lernformen. <?page no="170"?> 171 1 Einleitung Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Charlott Falkenhagen Abstract Dieser Beitrag thematisiert einen von der Fremdsprachendidaktik eher wenig diskutierten, aber dennoch äußerst umfangreichen Teil von Musik - die Instrumentalmusik. Zunächst wird vor dem Hintergrund des marginalen Einsatzes von Instrumentalmusik in der schulischen Praxis die bisherige Forschung zur Thematik zusammengefasst und diskutiert. Zwei Zugänge zur Arbeit mit Instrumentalmusik im Fremdsprachenunterricht werden dabei ausführlicher besprochen und an Beispielen gezeigt: Einerseits sieht man Instrumentalmusik als Auslöser und Transporter für kommunikative Momente jeglicher Art, und andererseits möchte man das Eintauchen in die Musik und anschließende selbstständige Versprachlichen der Klangdimension durch die Lernenden im Sinne einer Hör- und Zuhörschulung fördern. Unter Bezugnahme auf die ablaufenden Sprachlern- und Verstehensprozesse bei der unterrichtlichen Arbeit mit Musik ohne Worte werden zentrale methodische Bausteine für den sinnvollen Einsatz von Instrumentalmusik vorgestellt. Abschließend demonstrieren drei detaillierte Beispiele mögliche Anknüpfungspunkte für eine ‚instrumental-musikalische Perspektive‘ im Fremdsprachenunterricht. 1 Einleitung Sieht man sich in den Fremdsprachenklassenzimmern Deutschlands um, findet Musik sehr häufig über Songs, Raps und Musikvideoclips oder Filmmusik / Soundtracks Eingang in den Unterricht (siehe auch Usbeck-Frei; Blell / Woltin in diesem Band). Die textliche wie bildliche Komponente dieser Musik steht dabei oftmals im Vordergrund, was für Fremdsprachenlernende wie -lehrende auf den ersten Blick logisch erscheint. Badstübner-Kizik beschreibt und begründet dieses Phänomen wie folgt: Aus Mangel an Erfahrung und geeigneten Methoden, ihre sprachlichen und nicht-sprachlichen Potenzen zu erkennen und zu integrieren, fällt in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts die Entscheidung fast immer zugunsten der sprachlichen Bearbeitung. Objekte, die deutlich ‚sprachdominiert‘ sind-- z. B.-[…] vertonte Texte (Lieder) oder „Programmmusik“ hinter der (möglicherweise? ) eine Geschichte steckt-- rücken damit folgerichtig in den Vordergrund, scheinbar wenig- oder nichtsprachliche bleiben am Rande oder ganz unberücksichtigt. (Badstübner-Kizik 2007: 12) Schon 1992 konstatieren Cranmer und Laroy in Musical Openings: “[…]-the use of songs to teach structures, to provide some kind of broader cultural input or for sheer enjoyment has been a constant feature.-[…] This book [Musical Openings] takes the use of songs and lyrics for granted, as a good deal has been written on the subject already” (ebd. 1992: 1). Auch in den Lehrwerken, die „wie kein anderer Faktor das [bestimmen], was im Fremdsprachenunterricht geschieht“ (Neuner 1994: 8), steht die Beschäftigung mit der Textaussage immer deutlich vor <?page no="171"?> 172 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht der Auseinandersetzung mit der Klangdimension (vgl. Badstübner-Kizik 2010), so dass auch hier die Verwendung von Musik mit Text dominiert. Instrumentalmusik, also Musik ohne Worte, ist dagegen sehr viel weniger präsent, obwohl sich doch mit und aus ihr heraus so viele kommunikative Lerngelegenheiten für die Ausbildung (fremd-)sprachlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ergeben. Auch im Sinne einer Entwicklung von audio literacy als die „Fähigkeit zur bewussten Aufnahme und Einordnung von Geräuschen, Tönen, Klängen und Musik auf der Grundlage von (kulturspezifischen) Hörerfahrungen“ (Badstübner-Kizik 2010: 117) bieten gerade die verschiedenen Formen von Instrumentalmusik großes Potenzial. Betrachtet man aber unabhängig von Lehrwerken und Unterrichtspraxis das Thema Instrumentalmusik für den Fremdsprachenunterricht, fragt man doch zunächst nach den Zielsetzungen, nach geeigneten Inhalten und dem Zugewinn für die Fremdsprachenlernenden. Dabei Musik nicht immer nur als ‚Mittel zum Zweck‘ zu sehen, gestaltet sich schwierig und lässt sich nur über den audio literacy Ansatz und der damit verbundenen bewussten Beschäftigung mit der Klangdimension von Musik (vgl. Blell 200, Blell / Kupetz 2010) überwinden. Beide Positionen, einerseits Instrumentalmusik als Auslöser und Transportmedium für kommunikative Momente jeglicher Art im Fremdsprachenunterricht ( FU ) zu sehen, und andererseits das selbstständige Erleben, Erarbeiten und Versprachlichen der Klangdimension von Instrumentalmusik im Sinne einer Hör- und Zuhörschulung zu fördern, werden in den folgenden Ausführungen diskutiert und an Beispielen demonstriert. 2 Definitionen und Einsatz von Instrumentalmusik im FU 2.1 Definitionen Zunächst bietet es sich an, den Begriff ‚Instrumentalmusik‘ zu definieren und seine Bedeutung für den heutigen wie auch historischen Fremdsprachenunterricht zu umreißen. Der Begriff beinhaltet jegliche Musik, die nur auf Instrumenten, also ohne den Einsatz der menschlichen Stimme (Gegensatz: Vokalmusik) gespielt wird und wurde. Musikgeschichtlich kurzgefasst: Instrumentalmusik wurde bis in den Barock hinein weitgehend improvisiert. Auch war sie zunächst nicht selbstständig und diente vornehmlich als Begleitung zu Tanz und Gesang. Ab dem 1. Jahrhundert entwickelte sie sich eigenständig durch Übertragung der Vokalgattungen bzw. deren Kompositionsweisen auf Instrumente in einer spezifisch instrumentalen Konzeption (vgl. Michels 2001). So entstanden beispielsweise die ersten Ricercare, Tokkaten und Sonaten. Heute umfasst die ‚klassische‘ Instrumentalmusik viele verschiedene Gattungen, Formen und Besetzungsvarianten, die sich über die Jahrhunderte entwickelt haben. Beispiele für die sogenannten Großformen wären Sinfonien, Konzerte, Ballettmusiken, Programmmusiken oder auch Ouvertüren, meist von einem Orchester gespielt. Auch Suiten, Sonaten, Streichquartette, Tänze, Variationen, Fugen, Serenaden und Charakterstücke, solistisch oder in Ensemblebesetzung als Kammermusik gespielt, zeigen die Vielfalt von Musik ohne Worte. Gerade mit Blick auf den Einsatz im Fremdsprachenunterricht muss diese eher ‚klassische‘ Definition von Instrumentalmusik um moderne Ton- und Klangcollagen sowie mit dem Konzept von Soundscapes erweitert werden. Dieses Kunstwort benennt ‚Klanglandschaften‘ <?page no="172"?> 173 2 Definitionen und Einsatz von Instrumentalmusik im FU und setzt sich aus sound (Geräusch) und landscape (Landschaft) zusammen. Soundscapes wurden in den späten 1970er Jahren durch den kanadischen Komponisten und Forscher Murray Schafer entwickelt. Diese ‚Klanglandschaften‘ beschreiben akustisch eine bestimmte Gegend, Umgebung oder einen besonderen Ort mit beispielsweise Naturgeräuschen, Maschinen- oder Städtelärm im Verbund mit einer musikalischen Inszenierung (vgl. Schafer 1994). Elektronisierungs- und Digitalisierungsprozesse in der Musikkomposition wie auch in der Musikproduktion befördern die Verbreitung von Soundscapes oder Klangcollagen und deren Einsatz im Unterricht. 2.2 Verschiedene Positionen in Forschung und Praxis Blickt man zurück auf den Fremdsprachenunterricht der letzten 150 Jahre, so kommt der Instrumentalmusik erst relativ spät, nämlich Mitte der 1980er Jahre, eine größere Bedeutung zu. Vorher wurden vorrangig Lieder (Kinder- und Volkslieder, Rock- und Popsongs oder Chansons) oder Reime für Sprachlernzwecke 1 genutzt, z. B. für die Wortschatz- und Grammatikarbeit, Hörübungen, Ausspracheschulungen, Singen, als Gesprächsanlässe und für das (inter-)kulturelle Lernen (vgl. Hellwig 199, Blell / Kupetz 2010). Mit dem Aufkommen des suggestopädischen Ansatzes 2 in der Fremdsprachendidaktik, in dem ‚Lernkonzerte‘ zur Stimulierung und Entspannung des Gehirns beim Lernen von Vokabeln oder fremdsprachlichen Strukturen von besonderer Bedeutung sind (vgl. Lozanov 1978, Schwerdtfeger 1983, Baur 1991), steht erstmals der Einsatz von Instrumentalmusik im Fokus. Auch beginnt Anfang der 1990er Jahre der Trend zur Verwendung sogenannter ‚Phantasiereisen‘ auf der Basis von Instrumentalmusik oder Klangcollagen, um fremdsprachlichen Output zu generieren (vgl. Gompf / Fromm 1991: 25-28). 1994 setzt Gabriele Blell Akzente, indem sie, basierend auf Alan Parsons Programm-Komposition „The Fall of the House of Usher“ 3 aus dem Konzeptalbum Tales of Mystery and Imagination (197), Musik ohne Worte erfolgreich sprachlich verständnisintensiv und gestaltend im FU einsetzt und die Wirkungen auf die Sprachproduktion der Schülerinnen und Schüler empirisch erforscht. Sie untersucht die wechselseitigen Beziehungen zwischen Musikverarbeitung und sprachlichen Verarbeitungsstrategien und überträgt ihre Erkenntnisse auch auf die Arbeit mit Bildern im Fremdsprachenunterricht (vgl. Blell 1994). Im Sinne einer prozessorientierten Mediendidaktik (vgl. Gienow / Hellwig 1994, Blell 1994) mit Fokus auf der Entwicklung medienästhetischer Kompetenz bei den Schülerinnen und Schülern wird das bewusste Hören, Hinhören bzw. Genau-Zuhören wieder verstärkt gefordert (vgl. Wermke 2001, Badstübner-Kizik 2005). Wermke (2001) beispielsweise plädiert für eine bewusste methodische Schulung des Hörens, um eine differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit zu entwickeln. Badstübner-Kizik konstatiert dazu, dass aktives konzentriertes Hören „akustische Geduld“ und ein „offenes Ohr“ voraussetzt (Badstübner-Kizik 2005: 132 ff). 1 Siehe auch den Beitrag von Usbeck-Frei in diesem Band. 2 Siehe auch den Beitrag von Glas in diesem Band. 3 Basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. <?page no="173"?> 174 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Die Versprachlichung von Musik ist demnach von verschiedenen Komponenten beeinflusst: 1) der Fähigkeit zum genauen (Zu-/ Hin-)Hören, 2) der subjektiv geprägten Wahrnehmungsfähigkeit und 3) der Hör(vor-)erfahrung der Schülerinnen und Schüler. All das beeinflusst musikalisches Verstehen und wirkt sich auf die fremdsprachige Verbalisierung musikalischer Texte aus, vor allem wenn die gehörte oder erlebte Musik keine Worte enthält, an denen man sich ‚festhalten‘ kann. 2.3 Verbalisierungsverhalten der Lernenden nach dem Hören von Instrumentalmusik Wegweisend und vor allem applizierbar auf den Einsatz von reiner Instrumentalmusik im FU sind die Ergebnisse zweier Studien von Blell (199) und Derer (1995). Bei beiden Studien stehen die wechselseitigen Beziehungen zwischen Musik und der Arbeit mit literarischen Texten im Vordergrund. D. h. dass die für die Studie verwendeten Musikbeispiele 4 auch textliche Passagen beinhalteten. Dennoch weisen beide Musikbeispiele längere instrumentale Passagen im Stil einer Konzeptkomposition auf. Das erlaubt Rückschlüsse auf das Rezeptions- und Verbalisierungsverhalten der Schülerinnen und Schüler beim Hören reiner Instrumentalmusik. Blells Ausführungen basieren auf der Idee der ‚Visualisierung vor dem inneren Auge‘, angelehnt an Cranmer und Laroys Aussage zur „power of music to stimulate images for the inner eye“ (1992: 2). In ihrer Studie analysiert sie die Verbalisierungen von Englischlernenden (13-49 Jahre) nach dem Musikhören und stellt fest, dass die ersten Versprachlichungen zur Musik fast ausschließlich auf der Assoziationsebene stattfinden (Blell 199: 4). Nur 14-1 % der Verbalisierungen sind auf der Urteilsebene angesiedelt (Geschmacks- und ästhetisches Urteil, Sachurteil). Noch viel weniger Äußerungen gibt es in Bezug auf die musikalischstrukturelle Ebene (Gattung, Form, Besetzung, Charakter, musikalische Elemente). Blell schlussfolgert daraus, dass „im Kontext sprachschulender Dimension beim Umgang mit Tonkunst vor allem erste Versprachlichungen auf der Assoziationsebene-[…] fruchtbar sind und dass diese-[…] besonders vom Rezipienten mit fortgeschrittenem Sprachniveau leistbar sind“ (Blell 199: 4). Sie definiert die Diskussion von Assoziationen über Imaginationen zur Metaphernbildung als einen möglichen Schlüssel zur Versprachlichung von musikalischer Wahrnehmung und musikalischem Verstehen. 5 Allerdings ist auch dieser Prozess, nämlich passende, dem musikalischen Erlebensgefühl der Schülerinnen und Schüler entsprechende „Image-Metaphern“ (ibid.: 51) zu bilden, nicht voraussetzungslos. Die Lernenden brauchen eine gewisse „Fähigkeit zur Metaphernbildung“, ein „angemessenes fremdsprachiges Repertoire“ und die „Fähigkeit zur Synästhesie sowie kreativer Phantasie“ (ibid.: 51). 4 Bei Derer: „Wuthering Heights“ von Kate Bush; bei Blell: Alan Parson’s „A Dream Within A Dream“ (nach E. A. Poe). 5 Blell diskutiert das Phänomen ‚Metapher‘ und dessen Rolle im Erkenntnisprozess von menschlichem Verstehen im Kontext von Musikverstehen nach Kleinen (1994) und Walton (1994) sowie aus philosophischer Sicht nach Lakoff / Turner (1989) und Johnson (1987). Dann bezieht sie es auf die sprachschulende Dimension. <?page no="174"?> 175 2 Definitionen und Einsatz von Instrumentalmusik im FU 2.4 Auswirkungen auf die Praxis Aber was lässt sich nun daraus für die Instrumentalmusik, für Soundscapes oder Klangcollagen im Fremdsprachenunterricht ableiten? Metaphern als Schlüssel für musikalischsprachliches Verstehen zu sehen, ist kognitionspsychologisch gesehen ein wichtiger Gedanke. Um aber überhaupt irgendeine Metapher, und sei es nur gedanklich also noch nicht versprachlicht, bilden zu können, braucht es Vorstellungskraft bzw. eine gewisse Fähigkeit zur Imagination. Was aber stellen sich Schülerinnen und Schüler vor, wenn sie Beethovens Eroica oder Strauss’ Radetzky Marsch hören? Sind es ganze Geschichten oder nur einzelne Szenen, die sich vor ihrem inneren Auge abspielen? Oder fühlt sich der Klang dieser Musik, die Besetzung (z. B. ein klassisches Orchester), die Länge des Musikstücks, die musikalischen Gesten nicht für die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler antiquiert, fremd und ungewohnt an? Sind nicht ‚akustische Geduld‘ und ‚offenes Ohr‘ dabei zu sehr strapaziert, da diese Musik so wenig an die Hörgewohnheiten der meisten jungen Menschen anknüpft und damit die Vorstellungskraft im Sinne von Bildern, Images oder Metaphern im Keim erstickt, also wie eine emotionale Blockade wirkt? Mit diesen Problemen müssen sich auch Musiklehrkräfte immer wieder auseinandersetzen. Diese Art von Musik ‚spricht einfach nicht an‘ und provoziert höchstens ein Geschmacksurteil. Könnte hier eine der Ursachen dafür liegen, dass die ‚klassische‘ Instrumentalmusik, außer in suggestopädisch ausgerichtetem Unterricht, so selten Eingang in den FU findet? Man stelle sich vor, man solle eine Hörgeschichte zu Eric Saties Gymnopédie Nr. 1 schreiben und der Solo-Klavierklang in seinem melancholisch-träumerischen Auf und Ab bewegt einen nicht einmal ansatzweise zu einer Narration. So ist es nicht verwunderlich, wenn dann doch häufiger Soundscapes und Klangcollagen aufgrund ihres eher niederschwelligen Zugangs und den daraus resultierenden Sprachproduktionsanlässen Verwendung im FU finden. Die in Soundscapes verarbeiteten realen Geräusche, wie beispielsweise ‚Wasserrauschen‘ oder ‚Autolärm‘, erscheinen für die Schülerinnen und Schüler vertraut, erzeugen Alltagsnähe und wecken so vermeintlich ‚leichter‘ Imaginationen als der Solo-Cello-Klang einer Bach-Suite. Natürlich finden ‚klassische‘ Kompositionsstrukturen und musikalische Gesten wie auch das klassische orchestrale Instrumentarium immer wieder Eingang in die heutige Filmmusik und auch in die moderne Popularmusik. Hier ist es aber die Mischung, die entweder mit visuellen Stimuli, wie beim Film, versehen ist, also imaginationsunterstützend wirkt, oder im modernen Gewand mit pop- oder rockmusikalischen Elementen durchsetzt ist, die das Hören und Verstehen ‚erleichtern‘. Wie bereits oben dargelegt, hängt die Bildung von ‚Image-Metaphern‘ und die dazugehörige Dekodierung von akustisch-musikalischen Texten nicht nur von der Imaginationsfähigkeit, sondern auch von der Hör(vor-)erfahrung der Rezipienten ab. Diese kann mitunter stark differieren, so dass das Spektrum bei Schülerinnen und Schülern beispielsweise vom geübten Hörer klassischer Musik (regelmäßige Konzertgänger oder -gängerinnen z. B. mit den Eltern) über das Spielen eines Instrumentes und damit verbundene spezifische Hörerfahrungen bis hin zur ‚Mainstream‘-Radiohörerin oder -hörer reichen kann. Diese Heterogenität in den Erfahrungen und Gewohnheiten beim Hören spiegelt sich auch in den sprachlichen <?page no="175"?> 176 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Repräsentationsmustern und dem Versprachlichungsvermögen wieder, d. h. dem Wissen um und die Nutzung von musikbezogenem Vokabular und Phrasenwissen. Blell beschreibt das Sprachrepertoire ihrer Probanden in den Hörgeschichten zu Alan Parsons Musik als „recht differenziert und heterogen“, was sie auf die unterschiedlichen Vorerfahrungen und die große Altersspanne  zurückführt. Weiterhin argumentiert sie: „Um jedoch z. B. wahrgenommene visuelle oder auditive Image-Metaphern auf dem Wege der Verarbeitung in subjektiv produktive Sprachtexte umzuwandeln, muss der Rezipient in der Lage sein, sie in der Fremdsprache begrifflich abzubilden bzw. den Mut haben, sprachlich etwas Neues zu lernen“ (Blell 199: 51). 2.5 ‚Musikalisches‘ Sprachrepertoire entwickeln Es ist also nötig, dass der Sprachlernende sich ein gewisses Repertoire aneignet, um seine aus der Musik gewonnenen Assoziationen zu versprachlichen. Das Angebot zur Erarbeitung eines solchen Sprachrepertoires ist in Lehrwerken nur marginal zu finden, da es auf den ersten Blick nur einen kleinen Teilbereich im Kompetenzreigen des Fremdsprachenunterrichts ausmacht. Doch auch hier liegen große Potenziale, vor allem in der Fähigkeit bestimmtes Vokabular und Phrasenwissen zur Versprachlichung von Assoziationen auf andere Bild-, Musikkunst oder Texte übertragen zu können. Sehr hilfreich kann an dieser Stelle das integrierte Fach- und Sprachenlernen sein. In sogenannten CLIL -Musik-Settings 7 kann ein solider Grundstock an Fachvokabeln und Phrasenwissen zur Beschreibung von Instrumentalmusik auf der Basis von Assoziationen, Stimmungen und Gefühlen aufgebaut werden. Auch das Kennenlernen, ‚Heraushören‘ und Verbalisieren von musikalisch-strukturellen Phänomenen in der Musik wird in solchen Szenarien geübt. Fachlich-inhaltlicher Kompetenzerwerb geht hier Hand in Hand mit fremdsprachlichem Lernzuwachs. Auch zielt sowohl der Fremdsprachenals auch der Musikunterricht auf den „Aufbau einer sinnkonstituierenden musikalisch-akustischen Wahrnehmungs- und Differenzierungskompetenz“ (Blell 200: 11) ab, welche sich nicht nur, wie sehr häufig im Fremdsprachenunterricht, auf sprachliche Hörverstehensprozesse beschränken darf. Wenn das Fach Musik und der Fremdsprachenunterricht gemeinsam das genaue Zuhören, das Lauschen, das Horchen wieder stärker in den Fokus nehmen, also das Hörerlebnis an sich wieder emotionaler und weniger kognitiv oder output-orientiert gestalten, kann sich audio literacy im Sinne einer Hörschulung entwickeln (vgl. Blell 200). Und welche Musikform wäre da nicht geeigneter als Instrumentalmusik, bei der man aufgrund der fehlenden Sprache sanft ‚gezwungen‘ wird, genau zuzuhören, mehrfach zu hören und sich auch auf ‚fremde‘ Klänge einzulassen? Fest steht, dass in der kulturwissenschaftlich geprägten Erzählforschung Konsens darüber herrscht, dass das Narrative als kognitives Schema durch narrative Medien ganz gezielt stimuliert werden kann. Zu diesen narrativen Medien zählt auch das musikalische Erzählen, welches Instrumentalmusik (meist Programmmusik) einschließt (vgl. Blell / Kupetz 2010).  Einige Versuchspersonen spielten ein Instrument. Die Altersspanne reichte von 13-49 Jahre. 7 Siehe den Beitrag CLIL -Musik in diesem Band. <?page no="176"?> 177 2 Definitionen und Einsatz von Instrumentalmusik im FU Blell konnte nachweisen, dass „Instrumentalmusik- […] erzählerische kognitive Schemata zu stimulieren vermag und zu (fremd-)sprachlichen Erzählprodukten führt“ (Blell 200: 13). Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass bei Blell die verwendeten Musikbeispiele immer intermedial mit Bild und / oder passagenweise mit Text gekoppelt wurden. Christiane Lütge (2010) sieht das Potenzial von Instrumentalmusik unter anderem auch bei dessen Einsatz zur Schüleraktivierung durch musikalische Hörerfahrungen. Sie entwirft ein an Methoden der szenischen Interpretation (vgl. Scheller 2008) erinnerndes dreistufiges Modell, in dem das fremdsprachliche Handeln erst im Anschluss an eine gestisch-pantomimische ‚Übersetzung‘ der Musik 8 stattfindet. Hier übersetzen die Schülerinnen und Schüler zunächst die musikalischen Stimmungen in Bewegung. Dann visualisieren sie musikalische Höreindrücke (pantomimisch, zeichnerisch etc.) und inszenieren diese abschließend fremdsprachlich, zum Beispiel in Form einer kleinen szenischen Improvisation (vgl. Lütge 2010: 104). Weitere Forschungen, die sich unter anderem auch auf Beispiele aus der Instrumentalmusik beziehen, beschäftigen sich explizit mit den Gedächtnisleistungen (recall and memory) beim Lernen mit Musik und den damit verbundenen lernpsychologischen Wirkungen auf den Zweitspracherwerb. Dazu wurde in den 1990er Jahren ausgiebig geforscht. Neben vielen Studien zum Potenzial von Songs beim Memorieren von Vokabeln sowie der Wirksamkeit von Songs zur Unterstützung von Aussprache und als Hilfe für sichere Intonation, Sprachrhythmusgefühl und Betonung (Graham 1992, Palmer / Kelly 1992, Schunk 1999, Fonseca Mora 2011), fragen einige Forscher (Brown / Perry 1991, Balch / Bowman / Mohler 1992) nach den Effekten, die instrumentale Hintergrundmusik auf das context-dependent memory Phänomen ( CDM ) in Bezug auf das Memorieren lexikalischer Items haben kann. Sie nutzen schnelle und langsame klassische Musik 9 und Jazzbeispiele 10 , um unmittelbar sowie zeitversetzt die Effekte beim vocabulary recall ihrer Versuchspersonen unter Stimulierung von Hintergrundmusik 11 zu ermitteln. Ihre Ergebnisse besagen “that background music can be used to induce context-dependent memory-[…] [and] that music-dependent memory is basically a reliable phenomenon” (Balch / Bowman / Mohler 1992: 2-27). Aber anders als in den Studien von Fonseca-Mora (2000), Wilcox (1995) oder Brown & Perry (1991) konnten Balch et al. keinen Effekt der Musik auf die Behaltensleistung ihrer Probandinnen und Probanden nach 48 Stunden nachweisen. Gründe dafür sehen sie u. a. in der methodologischen Anlage ihrer Studie, da den Versuchspersonen, anders als in der Smith-Studie, nicht gesagt wurde, dass sie diese Wörter memorieren sollen, um sie irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzurufen (vgl. Balch et al.: 27). 8 Angelehnt an Haas (2007), der allerdings von sprachlichen Texten ausgeht. 9 Auszüge aus dem Klarinettenquintett A-Dur von Mozart; „Teufelstriller-Sonate“ [Violinsonate g-Moll] von Guiseppe Tartini. 10 Instrumentale Versionen von Benny Goodmans „Sing, sing, sing“ und „How long has this been going on“ von F. Fox, B. Worth & S. Cowan. 11 Die Versuchspersonen memorierten 24 lexikalische Items unter einer bestimmten Musik. Dann testeten Bach, Bowman und Mohler die Behaltensleistung ihrer Probandinnen und Probanden zu zwei Zeitpunkten: 1. unmittelbar und 2. mit einer Verzögerung von 48 Stunden mit der gleichen, anderer und keiner Musik, wie der, der sie beim Memorieren ausgesetzt waren. Details siehe Artikel. <?page no="177"?> 178 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Kang und Williamson (2014) fragen etwas allgemeiner nach dem lernfördernden oder doch eher lernhindernden Potenzial von (Instrumental-)Musik. Sie kommen zu dem Schluss, dass komplexe musikalische Werke, und dazu gehören sicherlich auch die ‚großen Klassiker‘ der Instrumentalmusik, die Lernenden kognitiv ablenken und so den Spracherwerb auch behindern können (vgl. Kang / Williamson 2014). Die Komplexität der Musik ist allerdings nur in Wechselwirkung mit den Hörerfahrungen der Lernenden zu sehen. Denn ein geübter Hörer von beispielsweise klassischer Instrumentalmusik oder Jazzmusik, könnte diese Musik weniger ablenkend oder fremd empfinden. Dieses Phänomen bestätigt auch Blell (200). Sie erklärt, dass die Versuchspersonen, die ein Instrument spielen und somit eine um verschiedene Dimensionen erweiterte Hörerfahrung (Klänge, Strukturen, Instrumente diskriminieren) mitbringen, mehr spezifische Wahrnehmungen auf der Musikebene nach dem Hören benennen und in die Versprachlichungen zur Musik einfließen lassen können. Wichtig ist also die Erkenntnis, dass sich die verschiedenen Formen von Instrumentalmusik in ihrer Wirkung unterscheiden können und nicht jegliche Musik per se den Sprachlernprozess bei jedem Lernenden gleich gut unterstützt. Jäncke und Sandmanns Ergebnisse antizipieren die Aussage von Kang und Williamson bereits in ihrer Studie von 2010. Sie konnten keine signifikanten positiven Wirkungen auf die Behaltensleistung ihrer Probanden beim Lernen mit Musik nachweisen, was sie vorrangig auf die für die Probanden unbekannte, leicht dissonante und somit ablenkende Musikauswahl zurückführten (vgl. Jäncke / Sandmann 2010: 10). Auch hier trifft wieder zu, dass eine geschickte und sinnvolle Auswahl der Musikstücke zum Großteil auch den Erfolg beim Einsatz im Fremdsprachenunterricht bestimmt. Dies trifft sowohl auf die Wahl von Instrumentalmusik als auch auf Songs zu. 3 Zieldimensionen und Sprachlern- und Verstehensprozesse Allgemein hat der Einsatz von Musik im FU viele verschiedene und dennoch miteinander verschränkte Ziele und kann ganz unterschiedliche Sprachlern- und Verstehensprozesse auslösen oder fördern. Als übergeordnetes Ziel lässt sich die Ausbildung von audio literacy nennen, welche eine Sensibilität für Hörkontexte jeglicher Art (Sprache, Musik, Klänge / Geräusche) erreichen möchte. Auch die Fähigkeit, genau hinzuhören, zu verstehen und über den eigenen Hörprozess reflektieren zu können, ist im Begriff audio literacy verankert (vgl. Blell 2010: 17). Audio literacy versteht sich im Sinne des Multiliteracies-Ansatzes, einem ganzheitlich medialen Lernansatz, der einer immer schneller medial wachsenden und sich verändernden Welt Rechnung trägt (vgl. Eisenmann / Meyer 2018). Findet Instrumentalmusik Verwendung im FU , stärkt man sicherlich am meisten die Wahrnehmungsfähigkeit der Lernenden. Bewusstes, ausdauerndes Hören ist u. a. Ziel von audio literacy, welches beim Einsatz von instrumentaler Musik besonders gefördert wird, da hier kein Text ablenken oder die Gedanken beeinflussen könnte. Auch ist der Lernende von dem ‚Zwang‘ befreit, nur auf die Worte zu hören, um möglichst viel Inhalt zu dekodieren. Sicherlich sind Schülerinnen und Schüler in ihrem Alltag häufiger mit Songs und Text beinhaltender Musik konfrontiert und beschäftigen sich bewusst und aktiv damit, so dass sich das bewusste Hören von rein instrumentaler Musik meistens unbekannt anfühlt. Man kennt <?page no="178"?> 179 3 Zieldimensionen und Sprachlern- und Verstehensprozesse es höchstens aus dem Musikunterricht. Die Bewusstmachung, wie viel von dieser Musikart uns tatsächlich auch alltäglich umgibt (Klänge-/ Geräuschkulissen, Filmmusik, instrumentale Caféhaus- und Kaufhausmusik, Musik in der Werbung) und welche Formen es als Musikkunst gibt und über die Jahrhunderte gab (z. B. von Bach bis Bernstein), ist der Grundstein für die Entwicklung der Fähigkeit, aufmerksamer hinzuhören sowie Details zu entdecken und diskutieren zu können. Diese Ziele, Hörausdauer entwickeln, Unbekanntes bekannt machen, ein Bewusstsein schaffen für nichtalltägliches, ‚fremdes‘ Hören und damit Denkprozesse anstoßen, können Instrumentalmusik und ähnliche Musikformen vielleicht sogar in besonderem Maße unterstützen. Selbstverständlich soll auch bei der Arbeit mit Instrumentalmusik Fremdsprache erworben werden. Besonders für die spontane (freie wie auch gelenkte) mündliche Sprachproduktion bietet die Nutzung von instrumentaler Musik viele Gelegenheiten. So zielt man vornehmlich auf die Initiierung von Kommunikationsprozessen: das freie und gelenkte Sprechen über das Gehörte, eigene Assoziationen verbalisieren, Meinungsaustausch untereinander, Diskussion von Funktionen und Wirkungen der Musik sowie die Einordnung, Bewertung und Beurteilung des Gehörten. Auch für die schriftliche Sprachproduktion (z. B. das Schreiben komplexer narrativer Texte) kann Instrumentalmusik Anlass sein oder dazu motivieren. Im Bereich der Lexikvermittlung gilt es, zwei Herausforderungen gleichzeitig zu bedienen. Zum einen muss der Spagat zwischen der Bereitstellung und Umwälzung von allgemeinsprachlichen Wort- und Redemitteln zur Musik sowie von fachspezifischen Ausdrucksmöglichkeiten (Instrumente, Formen, Struktur, Rhythmus / Melodie) gemeistert werden. Zum anderen sind die Vorerfahrungen der Lernenden mit Musik so heterogen und individuell, dass die Erweiterung des Vokabulars und Phrasenwissens eines jeden einzelnen Lernenden auch durchaus individuell unterstützt werden müsste. Dies bezieht sich nicht nur auf das Sprechen über Instrumentalmusik, wo beispielsweise Musikexpertinnen und -experten meist schon in der Muttersprache mehr und variantenreichere Begrifflichkeiten kennen, sondern auch auf das kreative Arbeiten zur Musik. Nimmt man zum Beispiel die Aufgabe, eine Geschichte zur gehörten Musik zu schreiben, hat man im extremen Fall in einer Klasse mit 28 Schülerinnen und Schülern 28 verschiedene Narrationen, die alle unterschiedliche Redemittel und Vokabeln beinhalten. Das ist per se nichts Schlechtes und sollte gewinnbringend in den Unterricht integriert werden. Welche Methoden und Arbeitsmittel sich dazu eignen, findet sich unter Punkt 3. Kernstück beim Audio-literacy-Ansatz bildet das sogenannte allumfassende ‚Verstehen‘ der Musik. Ganz im Sinne des im FU üblichen Textverstehens, d. h. die Instrumentalmusik ist wie ein Text zu ‚lesen‘ (hören) und zu dekodieren, definiert Blell ‚Verstehen‘ als Prozess, welcher auch in Bezug auf Musik bestimmte Lern- und Arbeitstechniken benötigt (vgl. Blell 1994: 19-170). Mit verschiedenen Strategien zur fremdsprachigen Bereitstellung, Erschließung und Verarbeitung können gerade bei der unterrichtlichen Arbeit mit Instrumentalmusik prozedurales Wissen und Können aufgebaut, Sprachhemmungen im Umgang mit Musik ohne Worte abgebaut und Sprachhandlungen auf der Basis des ‚Musiktextes‘ initiiert werden. Auch aufgrund ihres physiologischen Effekts, die Hörenden durch die akustischen Signale zu stimulieren und zu aktivieren, hat die Musik Einfluss auf den Lernprozess. Sie kann <?page no="179"?> 180 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Emotionen auslösen, für bestimmte (sprachliche) Tätigkeiten motivieren und Menschen zusammenbringen (vgl. Quast 199). Die folgende Übersicht bündelt die verschiedenen Zieldimensionen, die für die Arbeit mit Instrumentalmusik im FU zentral sind und nennt mögliche Beispiele. Diese erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bereich Zieldimensionen beim Einsatz von instrumentaler Musik Entwicklung von audio literacy ▶ Wahrnehmungsfähigkeit schulen (v. a. Klänge und musikalische Strukturen diskriminieren können) ▶ Akustische Geduld entwickeln ▶ Zuhören und genaues Hinhören ▶ Musiktext verstehen können Fremdsprachenerwerb ▶ Sprachproduktion (mündlich / schriftlich, frei oder gelenkt assoziieren, ‚Geschichten‘ erzählen, Vorstellungen zur Musik teilen, mit Text- oder Bildvarianten vergleichen etc.) ▶ Sprachrezeption (Aufgaben zur Bearbeitung des Gehörten verstehen und umsetzen können, Fachvokabular verstehen können) ▶ Kommunikation initiieren (sprechen und diskutieren über das Gehörte, eigene Standpunkte zum Gehörten einnehmen, präsentieren und sprechen über das eigene Sprachprodukt zum Gehörten etc.) Motivation ▶ Lernatmosphäre entspannen (z. B. als Einstiegs- oder Hintergrundmusik) ▶ Lernergruppe aktivieren ▶ das Einfühlen in eine ‚andere Welt‘, eine andere Perspektive erleichtern, z. B. bei kreativen Schreibprozessen Beispiele ▶ Soundscapes (z. B. Andreas Vollenwieder: Caverna Magica [1. Titel]) ▶ Instrumentale Musik aus anderen Kulturen (z. B. Didgeridooklänge aus Australien, Flötenmusik aus den Anden, arabische Tablaklänge) ▶ westliche Instrumentalmusik der letzten 300 Jahre: ▷ Orchestermusik mit programmatischen Inhalt: z. B. Antonio Vivaldi: Die Vier Jahreszeiten; Arthur Honegger: Pacific 231; Antonin Dvorak: 9. Sinfonie e-Moll Aus der neuen Welt; Nicolai Rimski-Korsakov: Hummelflug; Alexander Borodin: Eine Steppenskizze aus Mittelasien; Bedrich Smetana: Die Moldau; Ludwig van Beethoven: Wellingtons Sieg; Hector Berlioz: Symphonie Fantastique; Felix Mendelssohn Bartholdy: Ein Sommernachtstraum, Die Hebriden, Meeresstille und glückliche Fahrt; Modest Mussorgski: Bilder einer Ausstellung; Franz Liszt Hunnenschlacht; Camille Saint-Saëns: Karneval der Tiere; Claude Debussy: La Mer; Richard Strauss: Alpensinfonie, Also sprach Zarathustra; Olivier Messiaens: Vingt regards sur l’enfant Jésus; Gustav Holst: Die Planeten; Mark-Anthony Turnage: Three Screaming Popes; György Ligeti: Atmosphères ▷ Orchestermusik ohne direkten programmatischen Inhalt: z. B. Sinfonien, Streichquartette o. Ä. von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Mahler ▷ Charakterstücke: z. B. für Klavier solo: Robert Schumann: Kinderszenen; Eric Satie: Gymnopedien; Frédéric Chopin: Regentropfen-Prélude ▷ Instrumentalmusik im Pop / Rock / Jazzbereich, teilweise mit textlichen Anteilen: Andreas Vollenweider [New Age]: Caverna Magica, Traumgarten, AIR (mit Xavier Naidoo); Konzeptalben von Yes (Art Rock), z. B. Rick Wakemans King Arthur and the Knights of the Round Table), Alan Parson (z. B. The Fall of the House of Usher), Vangelis (z. B. Mondlandung); Hail of Bullets (z. B. Of Frost and War); Manfred Mann’s Earth Band (z. B. Somewhere in Africa); Pink Floyd (z. B. Wish You Were Here) <?page no="180"?> 181 4 Zentrale Bausteine beim methodischen Vorgehen 4 Zentrale Bausteine beim methodischen Vorgehen Die methodischen Schritte bei der Arbeit mit instrumentaler Musik ergeben sich zwangsläufig aus den oben erwähnten Besonderheiten. Nach gründlicher Überlegung seitens der Lehrkraft, warum man eine bestimmte Instrumentalmusik auswählt und im Unterricht einsetzen will und einer genauen Definition der Zielparameter (z. B.: Welcher fremdsprachliche Output soll gegeben werden? Welche skills werden gefordert und gefördert? Was ist das fremdsprachliche Produkt? Wie gestaltet man dessen Präsentation und Evaluation? ), gilt es für das erste Hören eine angenehme Atmosphäre herzustellen, um den Erstkontakt mit dem Medium so organisch wie möglich in den Unterrichtsablauf zu integrieren. Oftmals ist ein erstes Hören ohne Hörauftrag sinnvoll, nur im Sinne von Ohren spitzen und genießen. Das bietet sich gerade bei für Schülerinnen und Schüler eher unbekannter / ungewohnter Musik an-- immer vor dem Hintergrund der heterogenen Hörerfahrungen, die die Lernenden mitbringen. Die ersten Arbeitsaufträge zur Musik sollten immer den Assoziationsbereich (associating) bedienen. Hier schlägt Blell u. a. vor, beispielsweise Titel und Überschriften zu assoziieren sowie der Musik über das freie visuelle Assoziieren (Malen zur Musik), das freie motorische Assoziieren (Bewegen zur Musik) oder freie sprachliche Assoziieren (What can you see if you listen to the music? ) zu begegnen (Blell 200: 19). Gerade für niedrige Sprachniveaus plädiert Badstübner-Kizik (2005) ebenfalls dafür, im Sinne einer Schulung des globalen Hörens, akustisches Wissen aufzunehmen, aber dieses nicht gleich zu versprachlichen. Ihrer Meinung nach sollte der erste Schritt der Auseinandersetzung mit Musik und Klang immer pantomimisch, szenisch oder bildlich erfolgen (vgl. Badstübner-Kizik 2005). Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Musikbeispiel ist es ratsam, von den freien Formen des Assoziierens zu einer stärkeren Lenkung des sprachlichen Outputs voranzuschreiten. Hier werden nun sprachliche Entlastungen in Form von Vokabelhilfen (z. B. Adjektive zur Musikbeschreibung) oder Phrasenwissen zu Aufgabenbereichen wie: Identifizieren (recognizing) von Klängen / Instrumenten / Rhythmen / Formen und sich deren Funktionen und Wirkungen innerhalb des Musikstücks und in Bezug auf die Hörer bzw. sich selbst bewusst werden; Schaffung und Bewertung eines eigenen kreativen Zugangs zur Musik über Text- oder Bildkomposition (creating, composing); Vergleichen (comparing, matching) von Musik und eigener Darstellung der Musik in Text, Bild oder Bewegung / Szene. Weitere Ideen zu grundsätzlichen Arbeitsstrategien mit (Instrumental-)Musik finden sich bei Blell (199: 19 f). Auch sollte man Möglichkeiten für die Erweiterung des individuellen Vokabulars einzelner Schülerinnen und Schüler bereitstellen, welche zum Beispiel direkt auf geübte Hörer (mit musikalischem Hintergrund und / oder Instrumentalerfahrung) abzielen oder besonders imaginationsschwache Lernende unterstützen. Da Schülerinnen und Schüler sehr heterogene Hörerfahrungen und unterschiedliches Expertenwissen zu einzelnen Genres und Musikstilen auch im Bereich der Instrumentalmusik mitbringen, ist es in der unterrichtlichen Arbeit schwierig, den fremdsprachlichen Bedürfnissen eines jeden einzelnen gerecht zu werden. Um sich zur Musik individuell ausdrücken zu können-- und das wollen Lernende tun, da sie die Musik auch emotional individuell erleben-- reichen die von der Lehrkraft nach dem Gießkannenprinzip ausgegebenen Phrasen und Vokabeln manchmal nicht aus, dass sich <?page no="181"?> 182 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht der Einzelne darin wiederfindet und befähigt wird, beispielsweise seine eigene Geschichte zur Musik zu schreiben. Hier müssen tools bereitgestellt werden, wie z. B. ein unkomplizierter Zugang zu Online-Wörterbüchern oder das Nutzen von Übersetzungs-Apps, um die mündliche wie schriftliche Kommunikation über das Musikstück reibungslos zu gestalten. Fühlen sich die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, ihre Gedanken und Emotionen zur Musik fremdsprachlich ausdrücken zu können, kann genau diese Heterogenität der Hörvorerfahrungen und der emotionalen Eindrücke den Unterricht gewinnbringend bereichern. 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis Generell gibt es für den Einsatz von ausschließlich instrumentaler Musik im Fremdsprachenunterricht im Vergleich zur Arbeit mit Songs sehr viel weniger bereits aufbereitetes und publiziertes Material. Bei Paterson und Willis’ English Through Music (2008) finden sich neben einem starken Fokus auf Liedern, Reimen und musikalischen Aktionen (v. a. singen, reimen, musizieren und mit Klängen experimentieren) auch zwei Bereiche, in denen mit Musik ohne Text gearbeitet wird. Einerseits üben die Lernenden hier listening und responding to music in Bezug auf Geschmacks- und Gefühlsäußerungen (opinions & feelings). Andererseits komponieren die Schülerinnen und Schüler ‚musikalische Bilder‘ zur Musik (Paterson / Willis 2008: 1-3, 82, 85). Dieses Buch ist allerdings ausschließlich für den Fremdsprachenbeginn im Primarstufen- oder Vorschulbereich konzipiert. Murphey (1992) widmet der instrumentalen Musik in seinem Praxishandbuch Music and Song ein kurzes Kapitel. Es werden Methoden und Aufgaben vorgestellt, die Instrumentalmusik als ice-breaker oder background music zur Aktivierung von Sprachoutput oder Herbeiführung von Konzentrationsbzw. Entspannungszuständen bei den Schülerinnen und Schülern benutzen. Auch composition tasks sind hier zu finden, beispielsweise eine „stream of consciousness writing“-Aufgabe zu Mozarts zweiter Sinfonie (Murphey 1992: 42). Das Schwergewicht bei den Praxishandbüchern für instrumentale Musik im Fremdsprachenunterricht bildet Musical Openings von Cranmer und Laroy (1992). Hier findet sich eine Fülle an schülermotivierenden Aktivitäten für die praktische Umsetzung im Klassenzimmer. Problematisch bleibt die Einschränkung der verwendeten Musik auf DWEM s (Dead White European Males). In der Mehrheit überwiegen Beispiele von Bach, Beethoven, Mozart, Berlioz, Bizet, Prokofjew, Gershwin, Copland, Honegger, Verdi, Brahms, Purcell etc., also Komponisten der westlichen orchestralen Musik des 18. bis 20. Jahrhunderts. Komponistinnen fehlen ganz und gar. Wesentlich geringer, aber immerhin vorhanden, ist die Anzahl an Beispielen aus dem Bereich der Weltmusik, z. B. Flötenmusik aus den Anden oder eine asiatische Volkweise gespielt auf der japanischen Koto oder der vietnamesischen Dan tranh (Cranmer / Laroy 1992: 18). Ursachen dafür liegen vor allem im Alter der Publikation. In der heutigen globalisierten Welt stehen inter- und transkulturelle Kompetenzen im Fokus von Fremdsprachenvermittlung und bedienen sich daher zwangsläufig auch anderer, kulturell heterogenerer Beispiele. Trotz dieser Einschränkungen bieten die Aktivitäten und Methoden bei Cranmer / Laroy in den meisten Fällen die Möglichkeit der Übertragung auf andere instrumentale Musikstücke. <?page no="182"?> 183 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis Generell bedarf es vor allem für den Einsatz von Instrumentalmusik im FU neuer innovativer Publikationen auch im Bereich praktischer Handreichungen für den Unterrichtsalltag. Im Folgenden werden exemplarisch drei Unterrichtssequenzen vorgestellt, in denen die instrumentalen Musikbeispiele eine zentrale Rolle im Unterrichtsgeschehen einnehmen. Sie fordern genaues Zu- und Hinhören, intensives Nachdenken über die gehörte Musik sowie deren Verbindung zur Thematik und regen Sprachoutput an. 5.1 Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 „The Resurrection” und Martin Goldsmiths Roman The Inextinguishable Symphony: A True Story of Music and Love in Nazi Germany (Englisch) Niveau: fortgeschritten Dauer: 2-3 Stunden Material: Worksheet 1; Hörbeispiel Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 (1. und 4. Satz) Ziele: ▶ kulturhistorische Informationen erarbeiten und in Bezug zur Musik und zum Text setzen ▶ über Mahlers Musik sprechen, eigene Imagination mithilfe von Aspekten der Musik begründen ▶ Vermutungen über Klang einzelner Musikpassagen äußern und anschließend mit Original vergleichen können ▶ den Verlauf des Textauszugs in Verbindung mit dem Musikverlauf strukturieren und diese Struktur auf ein selbst erlebtes Beispiel anwenden Umsetzung In dem Roman The Inextinguishable Symphony (2001) erzählt Martin Goldsmith die Geschichte seiner Eltern Günther und Rosemarie Goldschmidt, die von 1938 bis 1941 Mitglieder des Orchesters des Jüdischen Kulturbundes in Berlin waren. Der von den Schülerinnen und Schülern zu bearbeitende Auszug findet sich in Kapitel 21 (The Resurrection Symphony, S. 259 f.). Hier wird die Aufführung von Mahlers Auferstehungssymphonie beschrieben, welche genau an dem Tag stattfand, an dem die Goldschmidts ihre Visa für eine Immigration nach Amerika erhielten. Obwohl die Symphonie an sich als reine Instrumentalform gilt, finden sich spätestens seit Beethovens 9. Symphonie immer wieder textliche Elemente in dieser Gattung. So auch bei Mahler. Diese Texte in Orginalsprache (deutsch) helfen den Schülerinnen und Schülern, die musikalische Kernaussage zu erfassen, zu verstehen und auf die Situation der Juden im damaligen Deutschland zu übertragen. Auszüge aus Mahlers Musik werden hier als lead in für die Textarbeit mit Goldsmiths Romanauszug genutzt, um die Schülerinnen und Schüler für die Geschichte zu emotionalisieren. Zunächst aber sollten Lehrkraft und Klasse allgemein über die Bedeutung von Musik im Leben von Menschen ins Gespräch kommen. Dazu eignen sich Frageimpluse wie: What role does music play in your life? What other functions can music have in people’s lives? What can music express and how? What effects can music have on people? <?page no="183"?> 184 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Action Tasks 1. Listening (1 st movement) duration: at least 4 minutes, then: fade out Listen to the following extract of music. ▶ What does the music make you think of? (images, emotions …) ▶ Silently come to the board and write down at least one keyword matching one of the following categories: memories | images | associations | emotions 2. In-class discussion How did the music make you feel and why? Refer to your thoughts and ideas in our collection at the board. Listen again and describe features / characteristics of the music piece that support your ideas, e. g. instruments, mood, tempo, dynamics, tonality. 3. Collecting and structuring information Learn more about the music you have just listened to and answer the questions (worksheet 1). 4. Listening (4 th movement) Now listen to the 4 th movement of the Resurrection Symphony. Compare your expectations to the actual music by Mahler. Did your expectations come true? Why, why not? 5. Group discussion What do you think is the overall message of the symphony? What does Mahler want to convey? When do people need hope the most? Why does the symphony have such an impact on the Goldschmidts and the audience? Worksheet 1 Information box: The Resurrection Symphony The Symphony No. 2 in C-minor, known as “The Resurrection”, was written between 1888 and 1894 by the Jewish composer Gustav Mahler and was first performed in 1895. Apart from the eighth Symphony, it was Mahler’s most popular and successful work during his lifetime. In 1894, the conductor Hans von Bülow died and Mahler went to his funeral. There he heard a setting of Friedrich Gottlieb Klopstock´s “The Resurrection” and this inspired him to complete his symphony with a massive choral movement with lyrics based on Klopstock’s poem. Mahler devised a narrative program for the work, which he told to a number of friends. In this program the first movement represents a funeral and asks questions such as “Is there life after death? ” The second movement is a remembrance of happy times in the life of the deceased. The third movement represents a view of life as a meaningless activity, whereas the fourth movement is a wish for release from life without meaning. Finally the fifth movement, after a return of doubts, ends with a fervent hope for everlasting, transcendent renewal. The symphony is written for orchestra (strings, winds, brass and percussion), mixed choir, two soloists, organ and an offstage ensemble of brass and percussion. Tasks: 1. Use the dictionary and find out what the underlined words mean! 2. Filter the information and write down the most important facts! Start like this: <?page no="184"?> 185 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis name: historic events: composer: form & contents: composed in: instrumentation: 3. Look at the music and lyrics of the 4 th movement of the symphony below. Looking at the notes and words, what do you expect the music will sound like? Make suggestions in terms of instruments, volume, speed, mood, tonality. Excerpt taken from 4 th movement Urlicht O Röschen roth! Der Mensch liegt in größter Noth! Der Mensch liegt in größter Pein! Je lieber möcht ich im Himmel sein. Da kam ich auf einen breiten Weg: Da kam ein Engelein und wollt’ mich abweisen. Ach nein! Ich ließ mich nicht abweisen! Ich bin von Gott und will wieder zu Gott! Der liebe Gott wird mir ein Lichtchen geben, Wird leuchten mir bis in das ewig selig Leben! Primeval Light O red rosebud! Man lies in deepest need! Man lies in deepest pain! Oh how I would rather be in heaven. There, I came upon a broad path; There, came a little angel and wanted to send me away. Ah no! I would not let myself be sent away! I am from God and will return to God! The loving God will give me a little light, Which will light me into that eternal blissful life! 4. In Klopstock’s poem as narrative program for Mahler’s symphony mankind’s struggle of life and death, despair and hope is described. Compare the emotional messages of the single movements of the symphony to the fate of the Jews in Nazi Germany. What emotion does triumph after all? Worksheet 2 Working with the excerpt from the novel The Inextinguishable Symphony: A True Story of Music and Love in Nazi Germany. 1. Read chapter 21: Start on page 259. Answer the following questions. a) Find at least three phrases from the text that describe musical action. b) What splendid nature composition is Günter’s and Rosemarie’s experience compared to? <?page no="185"?> 186 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht c) Find at least three reactions of the audience or the musicians to the appealing sound of Mahler’s music. d) What is so special about this particular performance for the Goldschmidts, the other musicians and the audience? 2. Structure the plot of the narrative. time reference action / events / reactions (possible solutions) 5 past 3 pm - symphony starts ▶ conductor gives down beat 1 hour and 25 minutes ▶ symphony lasts and takes possession of the theatre, musicians and audience ▶ reference to danger, humiliation, hurt and pain the audience has suffered for the last eight years ▶ everybody longing for the infinitely hopeful message of the symphony - rising from the depths again last few measures of 5 th movement ▶ a rise of hope, crashing percussion, huge musical thunderstorm the final beat ▶ resurrection is complete - silence in audience after the symphony ▶ 15 minutes of standing ovations: applauding, cheering, stamping their feet ▶ conductor holding the score of Mahler’s symphony above his head ▶ an emotionally and spiritually outstanding event for everybody 3. Think of a musical event that moved you as much as the symphony performance touched the Goldschmidts. Draft a flashback of that event in the style of the novel excerpt. Use time references and specific musical terms and facts to enrich your writing. Finally, create a diary entry including own feelings and thoughts. 5.2 Documents sonores “Ville sous la pluie” et “Fôret équatoriale” - Soundscapes Stadt im Regen und Regenwald von Borneo (Französisch) Niveau: mittel Dauer: 1-2 Stunden Material: Arbeitsblatt 1 Documents sonores Ville sous la pluie (03: 02 Minuten) 12 Documents sonores Fôret équatoriale (01: 15 Minuten) 13 Ziele: ▶ genaues Zuhören und akustische Geduld trainieren ▶ in der Monotonie der Klänge einzelne Sounds identifizieren können und Bilder im Kopf dazu entstehen lassen zur späteren Verbalisierung ▶ Gegensatz beider Klangcollagen identifizieren und menschliche wie Naturgeräusche in Bezug auf (Ur-)Rhythmen, Muster und Puls diskutieren ▶ Frage: Welche der beiden Soundscapes ist für dich Lärm? diskutieren und den eigenen Standpunkt begründen ▶ eine der beiden Soundscapes zur Grundlage einer eigenen Geschichte machen 12 https: / / www.youtube.com/ watch? v=lYRz-94oIaQ&index=2&list=RDQMbunE2QP24NE 13 http: / / www.faz.net/ aktuell/ wissen/ klang-soundscape-aus-dem-regenwald-von-borneo-13929482.html <?page no="186"?> 187 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis Umsetzung Beide Soundscapes sind wegen ihrer Kürze besonders gut geeignet, da aufgrund ihrer auf den ersten Blick starken klanglichen Monotonie beim Zuhören bereits bei drei Minuten die Grenze des Aushaltens erreicht sein kann. Zunächst weist man die Lernenden an, sich bequem hinzusetzen und eventuell die Augen zu schließen (Détendez-vous, fermez les yeux (si vous voulez) et écoutez bien. Vous allez entendre quelque chose.) Anschließend bespricht man im Plenum die ersten Höreindrücke (mögliche Frageimpulse: Qu´est-ce que vous avez entendu? Est-ce que vous avez eu des images dans la tête? Est-ce que vous avez reconnu des bruits? ) und verortet die Soundscapes im Regenwald und in einer Stadt. Beide Angaben müssen nicht näher spezifiziert werden. Gern können die Schülerinnen und Schüler auch eigene Erfahrungen (vielleicht hat schon einmal jemand einen Regenwald besucht) in das Plenumsgespräch einbringen. Für den weiteren Verlauf der Unterrichtssequenz kann sich am Arbeitsblatt orientiert werden. Es müssen noch weitere Redemittel je nach individuellem Sprachstand der Lernenden aufbereitet werden. Die hier gezeigte Version erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das zusätzliche Zeigen des Spektrogrammvideos von Andreas von Bubnoff zur Regenwald-Soundscape ist sinnvoll, um die immer wiederkehrenden Rhythmen des Dschungels auch grafisch zu zeigen. Man erkennt deutlich die wiederkehrende Regelmäßigkeit des Ur-Rhythmus der Natur. Beim ersten und zweiten Hören empfiehlt sich allerdings die vision-off-Methode, um bewusstes Hin- und Heraushören zu schulen. Für die Stadt-Soundscape ließe sich ein beliebiges Bild einer Stadtszenerie mit vielen Menschen, die sich zum Beispiel bei Regen unter ein Dach flüchten, als visuelle Stimulation einsetzen. Auch könnten die Schülerinnen und Schüler selbst auf die Suche nach einer Verbildlichung gehen oder zeichnerisch kreativ tätig werden. Feuille de travail 1a) Ecoutez les deux documents sonores une deuxième fois. Identifiez et notez au moins deux sons différents et décrivez l´image quei vous vient à l´esprit en entendant ces bruits. Des sons Des images que les sons déclenchent Document sonore «Ville sous la pluie» beaucoup de pas et le piétinemt Des gens traversant la rue et marchant sur des trottoirs 1. 2. Document sonore «Fôret équatoriale» striduler Des sauterelles sont assises sur des feuilles d´un grand arbre 1. 2. <?page no="187"?> 188 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht Voilà du vocabulaire pour vous aider. la pluie = der Regen le criaillement = das Schreien une cigale = eine Zikade le brouhaha = das Stimmengewirr l´insecte (m.) = das Insekt bruisser = rauschen le trafic = der Autoverkehr le braiment du singe = das Affengeschrei coasser = quaken couiner = fiepen craquer = knacken la chauve-souris = die Fledermaus klaxonner = hupen sonner = klingeln vibrer = flirren le grenouille = der Frosch crépiter = prasseln le vent = der Wind la conversation = das Gespräch chuchoter = flüstern 1b) Echangez vos résultats avec un camarade de classe. Décrivez ce que vous avez entendu et l´effet de ces bruits sur vous. <?page no="188"?> 189 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis Voilà des expressions utiles. Je pouvais entendre … Ich konnte hören … C´était assez fort/ léger. Es war ziemlich laut/ leise. Le bruit m´a fait penser à … Das Geräusch hat mich erinnert an … J´ai découvert le bruit de … Ich habe das Geräusch eines … entdeckt. Ça sonnait étrange/ bizzare/ intéressant … Es klang fremd/ seltsam/ interessant … Cela m´a plu./ Cela ne m´a pas plu. Das hat mir gefallen. 2. Répondez aux questions suivantes: a) Présentez les différences et convergences de ces deux documents. b) Est-ce que vous pouvez découvrir un schéma rythmique dans ses bruits? c) Est-ce qu´ un de ces documents est seulement du bruit pour vous? Jugez votre point de vu. 3. Choisissez un de ces documents sonores et écoutez-le encore une fois. 4. À la base des bruits, inventez et écrivez une petite histoire qui joue en ville ou dans la fôret équatoriale. Utisez les mots de n° 1. 5. Lisez à haute voix vos histoires aux autres élèves en entendant en même temps les bruits du document sonore choisi. 5.3 „Und Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht.“ Auszüge aus Joseph Haydns Oratorium Die Schöpfung (DaF / DaZ) Niveau: fortgeschritten Dauer: 1-2 Stunden Material: Arbeitsblatt Hörbeispiele Ouvertüre und Teil I (00: 00-07: 16 Minuten): Auszüge aus Haydns Schöpfung: Einleitung. Vorstellung vom Chaos. Rezitativ & Chor. Im Anfange schuf Gott Himmel Ziele: ▶ ein kulturhistorisch bedeutsames Phänomen (biblische Schöpfungsgeschichte) kontextuell einordnen und eigene Vorstellungen zu einer möglichen Vertonung entwickeln ▶ in eine historische Vertonung der Schöpfungsgeschichte eintauchen und diese dekodieren (Wie hat Haydn mit den musikalischen Mitteln seiner Zeit Chaos und Licht dargestellt? ) ▶ Finden von Beispielen aus anderen Weltreligionen und Übertragen der Erkenntnisse Umsetzung Obwohl Haydns Werk ein Oratorium ist und damit zur Vokalmusik gehört, beschäftigt sich diese Unterrichtssequenz ausschließlich mit der C-Moll-Ouvertüre (rein instrumental) und dem ersten Teil des Oratoriums (00: 00-07: 1 Minuten). Die aus der Ouvertüre gewonnenen Erkenntnisse werden um eine Analyse und Diskussion des ersten textlichen Teils erweitert: Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war ohne Form und Licht. Und Fins- <?page no="189"?> 190 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht ternis war auf der Fläche der Tiefe. Und der Geist Gottes schwebte über der Fläche der Wasser. Und Gott sprach, es werde Licht und es ward Licht. Kernstück der Einheit ist die Förderung der eigenen Vorstellungskraft über eine mögliche Musik zu einem solchen menschheitsgeschichtlich wichtigen Text, der Dekodierung des musikalischen Textes aus der Zeit der Wiener Klassik und das Finden von Entsprechungen der Schöpfungsgeschichte in anderen Religionen. Die folgende Tabelle zeigt einen möglichen Einstieg in die Thematik. Es ist Aufgabe der Lehrkraft, entsprechend des Sprachniveaus der Lerngruppe Scaffolds und Glossare zur Verfügung zu stellen sowie Wörterbucharbeit anzuregen. Die nachstehenden Materialien zeigen mögliche weitere Zugänge zur Thematik. Phase Aktivitäten und Aufgaben Einstieg: Gespräch im Plenum zur Einordnung des Zitats in den Kontext der biblischen Schöpfungsgeschichte (Christentum) An der Tafel steht folgender Satz: Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht! 1. Woher stammt dieser Satz? Bist du diesen Worten schon einmal begegnet? In welchen Kontext lässt er sich einordnen? 2. Wie war die Welt nach biblischer Vorstellung bevor Gott sprach? (Finsternis, Chaos, Unruhe, alles wild durcheinander, Kälte, Furcht …) 3. Wie könnte Musik dazu klingen? Macht Euch Gedanken zu einer möglichen Vertonung dieses Bibelabschnitts. Nutzt dafür die Tabelle auf dem Arbeitsblatt. Arbeitsblatt 1. Beschreibe in Stichworten deine Vorstellungen einer musikalischen Umsetzung des Anfanges der biblischen Schöpfungsgeschichte. Gehe dabei auch auf Instrumente, Lautstärke, Stimmung, Tempo und Tonalität ein. 2. Zur Zeit der Wiener Klassik (1770-1830) vertonte der damals wie heute berühmte Komponist Joseph Haydn die Schöpfungsgeschichte in einem Oratorium. Höre den Anfang abschnittweise und kreuze die musikalischen Mittel an, die Haydn verwendet, um Chaos und Licht darzustellen. <?page no="190"?> 191 5 Beispiele für die Unterrichtspraxis CHAOS in der Welt Im Anfange schuf Gott … Und Gott sprach: Es werde Licht und es ward … … Licht. Deine musikalische Vorstellung Haydns musikalische Umsetzung □ Dur □ Moll □ laut (f=forte, ff) □ leise (p=piano; pp) □ abrupte laute Schläge des Orchesters (fz= forzato) □ schnell □ mäßig □ langsam □ düster □ strahlend □ aus der Tiefe aufsteigend □ solo Bass □ solo Chor □ volles Orchester □ kraftvoll □ schwebend □ intensiv □ tiefe Bläser und Streicher 🖉 Hier kannst Du eigene Ideen aufschreiben: _________________________________ □ Dur □ Moll □ laut (f=forte, ff) □ leise (p=piano; pp) □ abrupte laute Schläge des Orchesters (fz= forzato) □ schnell □ mäßig □ langsam □ düster □ strahlend □ solo Bass □ solo Chor □ volles Orchester □ aus der Tiefe aufsteigend □ kraftvoll □ schwebend □ intensiv □ tiefe Bläser und Streicher 🖉 Hier kannst Du eigene Ideen aufschreiben: _________________________________ □ Dur □ Moll □ laut (f=forte, ff) □ leise (p=piano; pp) □ abrupte laute Schläge des Orchesters (fz= forzato) □ schnell □ mäßig □ langsam □ düster □ strahlend □ solo Bass □ solo Chor □ volles Orchester □ aus der Tiefe aufsteigend □ kraftvoll □ schwebend □ intensiv □ tiefe Bläser und Streicher 🖉 Hier kannst Du eigene Ideen aufschreiben: _________________________________ <?page no="191"?> 192 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht 3. Lies die Infotexte und kontrolliere deine Angaben in 2. Infotext 1 14 Die Schöpfung ist ein Oratorium für drei Solostimmen Sopran, Tenor, Bass, Chor und Orchester, komponiert von Joseph Haydn. Dieser lebte von 1732-1809 und war neben Beethoven und Mozart einer der berühmtesten deutschen Komponisten der Wiener Klassik. Die Schöpfung wurde 1798 in Wien uraufgeführt. Diese Uraufführung dirigierte Haydn selbst. Das Oratorium thematisiert die Erschaffung der Welt, wie sie in der Schöpfungsgeschichte der Bibel erzählt wird (Genesis, im 1. Buch Mose). Der Aufbau des Oratoriums folgt den dort genannten Werken Gottes an den Tagen eins bis sechs, führt aber statt des siebten Tags eine Betrachtung der ersten Menschen im Paradies aus. Haydn selbst sagte über die Entstehung des Werkes: „Erst als ich zur Hälfte in meiner Komposition vorgerückt war, merkte ich, dass sie geraten wäre; ich war auch nie so fromm, als während der Zeit, da ich an der Schöpfung arbeitete. Täglich fiel ich auf die Knie und bat Gott, dass er mir Kraft zur glücklichen Ausführung dieses Werkes verleihen möchte“ (Griesinger 1810: 75). Infotext 2: Teil I des Oratoriums 15 Nr. 1a (1) Die Vorstellung des Chaos Die C-Moll-Ouvertüre in langsamem Tempo ist einer der berühmtesten Abschnitte der Komposition. Haydn beschreibt das uranfängliche Chaos, indem er die Kadenz zur Grundtonart bis zum Ende der Ouvertüre vermeidet. Nr. 1b (2) Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde Dieser Satz stellt eine Vertonung des Handlungsverlaufs aus der Schöpfungsgeschichte dar. Er beginnt mit einem Rezitativ (Raphael) in c-Moll. Nach dem Einsatz des Chores im Pianissimo und einem Pizzicato-Akkord der Streicher findet der Chor mit den Worten „Und es ward Licht“ zu einem ebenso gewaltigen wie überraschenden Fortissimo in C-Dur, das dann auch vom Orchester aufgenommen wird und eindrucksvoll ausgestaltet wird. Die musikalisch gestaltete Geburt des Lichts wurde bei der Premiere zu einer Sensation. Ein Freund Haydns (Name unbekannt) schreibt: „In dem Moment, als das Licht zum ersten Mal erschien, konnte man sagen, dass Strahlen aus den leuchtenden Augen des Komponisten schossen. Die Verzauberung der elektrisierten Wiener war so allgemein, dass das Orchester einige Minuten lang nicht weiterspielen konnte.“ (Archiv des Wiener Burgtheaters) 4. Haydns Werk übersetzt die biblische Schöpfungsgeschichte des Christentums in westliche Orchestermusik des 18. Jahrhunderts. 14 Informationen aus: Georg Feder (1999). Joseph Haydn. Die Schöpfung. Kassel: Bärenreiter. 15 Quelle: http: / / www.lukas14.de/ tag/ wiener-burgtheater <?page no="192"?> 193 6 Fazit ▶ Finde musikalische und / oder bildliche Beispiele aus deiner oder anderen Religionen. ▶ Wie wird die Schöpfung der Menschheit im Islam, im Judentum, im Hinduismus oder im Buddhismus erzählt? ▶ Welche Ähnlichkeiten oder Unterschiede bestehen? ▶ Existieren in anderen Religionen Umsetzungen in Musik oder Bild? Warum, warum nicht? 6 Fazit Instrumental music has the potential to change the atmosphere in a classroom. It seems to give energy where there was none, and to spark off images when students complain of having nothing to write about.-[…] Teachers can catch on to the powerful effect that music can have on a student’s performance, whether it is used as background or foreground to composition, reading and discussion. (Murphey 1992: 37) Nicht nur Murphey, sondern auch Blell, Cranmer / Laroy, Lütge und viele andere Forscherinnen und Forscher argumentieren für diverse Potenziale von reiner Instrumentalmusik bei deren Verwendung im FU . Man fragt sich allerdings: Warum, bei allen in der Literatur und Forschung so positiv beschriebenen Effekten, findet Instrumentalmusik und Co so wenig Eingang in die Unterrichtspraxis? Auch didaktisch aufbereitetes Material für diese Art von Musik ist kaum zu finden. Vielleicht liegen die Gründe dafür unter anderem darin, dass das bewusste Hören von Musik ohne Text sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrenden an sich schon ungewohnt, schwierig und teilweise fremd ist. Sich dann dezidiert auch über strukturelle, musikimmanente Eigenheiten zum Gehörten zu äußern, fällt vielen schon in ihrer Muttersprache schwer. Zusätzlich hat klassische orchestrale Instrumentalmusik oftmals wenig Lebensweltbezug für die Lernenden und so kann deren Einsatz auch auf Ablehnung stoßen. Einzig im Bereich der Filmmusik 1 haben die Lernenden immer wieder, und das zumeist unbewusst, Kontakt mit Kompositionsstrukturen aus der westlichen Orchesterwelt der letzten 200 Jahre. Große Blockbuster wie auch kleinere low budget-Produktionen bedienen sich u. a. auch des ‚klassischen‘ Instrumentariums und der dazu gehörigen Tonsprache, um filmmusikalisch wirksame Effekte zum Bild zu schaffen. Eventuell könnte die Entdeckung dieser (Filmmusik-)Welt Ohren öffnen für eine Auseinandersetzung mit rein instrumentalen Konstrukten ohne Bild. Auch die Komplexität klassischer Werke, die Durchdringung des orchestralen ‚Klangbreis‘ und das kompetente darüber Reden stellen nicht nur die Lernenden, sondern auch die Unterrichtenden vor fachliche Herausforderungen. Musikspezifisches Vokabular muss vermittelt und verstanden werden, denn nur, wenn man Details und Besonderheiten des gehörten Stückes identifiziert und diskutiert (Wirkung, Funktion etc.), legitimiert sich die eigene Meinung und das eigene sprachliche Produkt dazu. Ansonsten wäre die für die fremdsprachliche Kommunikation ausgewählte Musik beliebig. Dieses Aneignen von Kenntnissen und Wissen zum prozeduralen Dekodieren eines Instrumentalstückes findet eigentlich im Musikunterricht statt. Die Arbeit mit und Nutzung von Instrumental- 1 Siehe den Beitrag Filmmusik (Blell / Woltin) in diesem Band. <?page no="193"?> 194 Musik ohne Worte: Instrumentalmusik und Co im Fremdsprachenunterricht musik sollte also nicht nur einen festen Platz im traditionellen Fremdsprachenunterricht einnehmen, sondern ist besonders auch für das Content and Language Integrated Learning 17 zwischen Fremdsprache und dem Fach Musik geeignet. Im FU lohnt es sich dennoch allemal, schrittweise, regelmäßig und in stetig steigender ‚Dosis‘ rein instrumentale Musik erklingen zu lassen. Es ist sinnvoll, bereits im Anfangsunterricht zu beginnen, um die Lernenden an diese Klänge zu ‚gewöhnen‘ und entsprechend langfristig Vokabular aufbauen zu können. 7 Literaturtipps Murphey, Tim (1992). Music and Song. Resource Books for Teachers. New York: Oxford Univ. Press. Cranmer, David, Clement Laroy (1992). Musical Openings. Using Music in the Language Classroom. Harlow: Longman. 17 Siehe den Beitrag CLIL -Musik (Falkenhagen) in diesem Band. <?page no="194"?> 195 1 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht Grit Bergner Abstract Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Potential von Liedern und Reimen für den Fremdsprachenunterricht der Grundschule. Zunächst wird der Forschungsstand zum Thema zusammengefasst. Anhand von Beispielen aus verschiedenen Sprachen werden verschiedene Funktionen von Liedern und Reimen im Unterrichtsablauf dargestellt. Vorteile und mögliche Probleme bei der Arbeit mit authentischen wie auch didaktischen Liedern und Reimen werden diskutiert. Unterrichtsmodelle und praktische Tipps illustrieren und ergänzen die Ausführungen zu den theoretischen Hintergründen. 1 Theoretisch-konzeptuelle Überlegungen Fremdsprachenunterricht an Grundschulen ist ohne Lieder und Reime nicht vorstellbar. Bereits in vorchristlicher Zeit wurden poetische Texte wie die Gesänge der Ilias im Griechischunterricht für junge Römer verwendet. Im Anfangsunterricht mittelalterlicher Lateinschulen übten die Kinder den lateinischen Sprach-rhythmus mit Liedern und liturgischen Gesängen, bevor zum Erlernen der Grammatik übergegangen wurde (Kelly 199: 99). In der am Beginn des 20. Jahrhunderts von Rudolf Steiner entwickelten Waldorfpädagogik werden ab Klasse 1 poetische Sprache in Form von Liedern und Reimen, das chorische Nachsprechen, Rezitieren und Singen sowie rhythmisch gesprochene Dialoge in den Mittelpunkt des Fremdsprachenunterrichts gestellt (Jaffke 2013: 12). Während Liedern und Reimen im Sekundarbereich lange Zeit eher die Rolle von ‚Lückenfüllern‘ zukam, wurden sie im Grundschulbereich von jeher als Mittel ganzheitlicher Sprachanwendung, zur Lautschulung sowie Pattern- und Wortschatzübung wertgeschätzt (Fay / Hellwig 1971: 78). Die ersten Lehrwerke für Grundschulenglisch in Deutschland wie Here we go (Gompf 1992), Kooky (Fröhlich-Ward 1992) und Pop goes the weasel (Piepho 1995) enthalten eine große Auswahl an Liedern, Chants und Reimen, von denen viele bis heute einen festen Platz im frühen Englischunterricht haben. Weltweit gehören Lieder zu den Top 5 der häufigsten Aktivitäten im frühen Englischunterricht: Children repeating after the teacher 74.4 % Listening to tape-recorder / CD 73.5 % Children reading out loud 70.3 % Playing games 9.9 % Songs .9 % Abb. 1: “Activities used every lesson or often by the majority of teachers” (Garton/ Copland/ Burns 2011: 12) <?page no="195"?> 196 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht Die Gründe dafür sind vielfältig. In der Arbeit mit sehr jungen Kindern mag das Potenzial von Liedern unter anderem darin liegen, dass sie eine Brücke zwischen Erstspracherwerb und Fremdsprachenlernen darstellen. Murphy (1992: 7) stellt Zusammenhänge zwischen Singen und Erstspracherwerb her: Song appears to precede and aid the development of language in young children. Motherese is the highly affective and musical language that adults use with infants. The singing of songs resembles what Piaget describes as ‘egocentric language’. Songs may strongly activate the repetition mechanism of the language acquisition device. Anhand der Ziele der meisten Sprachlehrprogramme fassen Brewster et al. (2012: 12 f.) die Gründe des Einsatzes von Liedern und Reimen zusammen: a linguistic resource ▶ allow new language to be introduced and structures to be reinforced ▶ present familiar language in new forms and imaginative context ▶ provide for lots of natural and enjoyable repetition ▶ help improve pronunciation an affective resource ▶ are motivating and fun ▶ help develop a positive attitude towards target language ▶ encourage a feeling of achievement a cognitive resource ▶ help develop concentration, memory and coordination ▶ sensitize children to rhyming clues as aids to meaning ▶ repetition enables children to predict what comes next a cultural resource ▶ provide insights into day-to-day lives in different countries ▶ provide information about history, manners and customes ▶ allow to compare English songs and rhymes with their own a social resource ▶ are a shared social experience and help to develop group identity ▶ can be used as basis for a performance or show Abb. 2: Gründe und Ziele des Einsatzes von Musik im Fremdsprachenunterricht (Brewster et al. 2012: 162 f.) Das gemeinsame Singen erhöht die faktische Sprechzeit der Lernenden, die beim Einzelsprechen nur wenige Stunden pro Jahr beträgt, um ein Vielfaches (Jaffke 1997: 34). Vor allem Kinder, die sich ungern mündlich äußern, entfalten im chorischen Sprechen und Singen ihr Selbstvertrauen. Lehrkräfte beobachten häufig Zusammenhänge zwischen musischen Fähigkeiten und dem Erfolg beim Lesen- und Schreibenlernen: Just ask any music teacher who teaches primary-grade children. They can tell you which children might be able to read more proficiently by observing their musical behaviours. Among other indicators, these children have a great sense of rhythm; they can clap on the left side of their bodies, then the right without missing a beat. (Hansen / Benstorf 2014: xiii) Die Forschung belegt die positiven Einflüsse der musischen Förderung auf den Verlauf des Schriftspracherwerbs (Kraus / Anderson 2015, Slater / Strait / Skoe / O'Connell / Thompson 2014). Rhythmusgefühl und die Fähigkeit, aufmerksam zuzuhören, Klänge zu unterscheiden und musikalische Symbole zu interpretieren scheinen sich fördernd auf das Erlernen einer Sprache auszuwirken. <?page no="196"?> 197 2 Zum Einsatz im Unterricht Beim Singen können Lernanfänger Sprache auf einem Niveau produzieren, das deutlich über ihren aktuellen kommunikativen Fähigkeiten liegt. Im ersten oder zweiten Lernjahr ist es zum Beispiel unwahrscheinlich, dass Kinder Bedingungssätze mit if bilden und im Gespräch anwenden. Den Liedtext If you’re happy and you know it clap your hands können jedoch die meisten von ihnen mitsingen. Lieder können also eine Zone der nächsten Entwicklung (Vygotzky 1978: 8) kennzeichnen. Bei allen Vorzügen werten Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker sowie Lehrkräfte den Einsatz von Liedern und Reimen im frühen Fremdsprachenunterricht durchaus auch kritisch: „The problem is that the melody distracts from the meaning, and students can often enjoy singing them without paying attention to the actual learning features used“ (Ur 201: 35). Ein Problem, das aus dem chorischen Singen und Auswendiglernen von Liedern resultiert, beschreibt Jaffke (1997: 53): „Die Gefahr liegt darin, dass die Kinder viel sprachliches Material nur mechanisch- […] lernen, nicht aber den nächsten, notwendigen Schritt tun: aktiv-individuell- - mit dem auswendig Gelernten umzugehen“. Speziell bei durch Bewegungen begleiteten Liedern verfestigen sich durch Missinterpretationen falsch erschlossene Wortbedeutungen (Bergner 200). Um die „Fossilierung memorierter Ganzheiten“ (Jaffke 1997: 33) zu vermeiden, wird empfohlen, noch bevor die Textelemente in das ‚automatische‘ Können eingehen, Varianten einzuführen und die Aufmerksamkeit der Kinder auf die Struktur der Sprache zu lenken. 2 Zum Einsatz im Unterricht Lieder und Reime werden im Fremdsprachenunterricht der Grundschule in allen Phasen des Unterrichts eingesetzt. Neben der Wiederholung von Vokabular und dem Üben der Aussprache erfüllen Lieder verschiedene Zwecke. Begrüßungs- und Abschiedslieder stimmen auf den Fremdsprachenunterricht ein bzw. schließen ihn ab. Vor allem für jüngere Kinder stellen sie ein verlässliches Ritual dar, das zur Rhythmisierung des Schulalltages beiträgt. Die Texte bestehen nur aus sehr wenigen Worten und werden oft von der ersten Unterrichtsstunde an von allen Kindern mitgesungen. Bonjour. Bonjour, monsieur, bonjour, madame, Bonjour, mademoiselle, bonjour. (Toit et moi 3, Lehrerband, Klett 2015) Good morning, good morning, good morning to you. Good morning, good morning, and how are you? (Texte: mdl. überliefert) Manche Reime und Lieder dienen der Organisation der Abläufe im Unterricht. Der Beginn eines neuen Unterrichtsabschnittes kann zum Beispiel durch einen Stillespruch eingeleitet werden (Toit et moi 3, Lehrerband, Klett 2015): <?page no="197"?> 198 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht Un, deux, trois Croisez les bras. Les bras sont croisés, silence s'il vous plait Zahlen mit Fingern nacheinander zeigen Verschränken der Arme Finger vor den Mund Das Beenden von Bastel- oder Schreibarbeiten, etwa bei einem Stationenbetrieb, lässt sich durch ein kurzes Lied signalisieren: Tidy up everyone Tidy up everyone Tidy up everyone It’s time to tidy up. (nach der Melodie „Good night, ladies“ in Dunn 2012: 202) Bei verschiedenen Spielen erhält ein Kind eine spezielle Aufgabe, etwa die des Fängers, Rufers oder Suchers. Dieses kann mit einem Abzählreim ermittelt werden. Die Kinder stehen dabei meist im Kreis und sprechen gemeinsam den Vers, während die Lehrkraft oder ein Kind im Rhythmus der betonten Silben der Reihe nach auf die einzelnen Kinder zeigt. Dem letzten Kind wird eine bestimmte Rolle in einem Spiel zugeordnet, oder es wird so lange weiter abgezählt, bis nur noch ein Kind übrig ist. Uno due tre Spaghetti patate caffè Spaghetti patate caffè caffè Uno due tre. Plouf plouf une bague en or c’est toi qui sort au bout de trois, un, deux, trois. Durch die Anzahl der betonten Silben ist der Ausgang von Beginn an klar, erscheint den Kindern jedoch als zufällig und gerecht. Manche Abzählreime enthalten ein Zufallselement wie etwa das Alter oder den Geburtsmonat des letzten Kindes: Apples, peaches, pears, and plums Tell me, when your birthday comes-… March. January, February, March-… You’re out. Mit Bewegungsliedern (Action Songs) wird dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder entsprochen und der Unterrichtsablauf abwechslungsreicher gestaltet. Bewegungslieder kombinieren Sprache, Musik und körperliche Bewegung, indem einzelne Wörter oder Wendungen des Liedes beim Singen mit Gesten dargestellt werden. Action songs sind eine der Total Physical Response-Methode, TPR , (Asher 198) zugeordnete Technik. Es wird ihr ein hohes Potenzial beim Erwerb einer Fremdsprache zugeschrieben, da hier ganzheitlich gelernt wird, die Kinder viel Freude haben und Sprechhemmungen ablegen. Im folgenden Beispiel werden die im Lied benannten Körperteile beim Singen berührt: <?page no="198"?> 199 3 Kinderreime und Fingerspiele Head, shoulders, knees and toes, knees and toes. And eyes and ears and mouth and nose Head and shoulders, knees and toes. Голова, колени, две ноги две ноги . И ухо, глас и нос и рот , голова, колени, две ноги, две ноги Tête, épaules et jambes et pieds, Jambes et pieds. Yeux, oreilles et bouche et nez, Tête, épaules et jambes et pieds. Vereinzelt können action rhymes eine Erfahrungsgrundlage für das Erkennen grammatischer Phänomene bilden. Der folgende Reim lenkt die Aufmerksamkeit auf das present continuous (Jaffke 1997: 47): I’m standing, I’m sitting I’m writing, I’m knitting I’m reading, I’m counting, I’m swimming, I’m mounting, …And now I will stand still. In der Unterrichtspraxis zeigt sich, dass die Kinder sich bereitwillig und mit großer Freude am Singen des Liedes beteiligen. Häufig erkennen sie es auch wieder, wenn es ihnen in anderen Sprachen, im Urlaub oder im Feriencamp begegnet ist. Fragt man jedoch nach der Bedeutung einzelner Wörter, treten Fehlinterpretationen zutage. Head z. B. wird oft als Haare verstanden, weil man beim Singen die Haare berührt und das Wort mit h beginnt. Neben dem gemeinsamen Singen sind also bewusstmachende Verfahren nötig, um den zum Wort gehörenden Begriff richtig zu bilden. Das Potenzial TPR -basierter Lieder begrenzt sich dadurch, dass abstrakte Wörter damit kaum erfasst werden, die sprachlichen Mittel sich auf Benennen und Auffordern beschränken und die Verfahren inhaltlich und organisatorisch sehr lehrerzentriert sind. 3 Kinderreime und Fingerspiele Kinderreime und Fingerspiele (engl. nursery rhyme, frz. comptine) erzählen oft innerhalb eines kurzen Textes eine komplette Handlung und stellen damit ein Äquivalent zu den Kurzgeschichten, short stories, der Erwachsenen dar (Dunn 2013: 199). Sie sind mündlich überliefert und werden rhythmisch oder melodisch gesprochen, so dass die Grenzen zum Kinderlied oft fließend sind. Begleitend werden mit den Fingern oder Händen die Handlungen vorgeführt. Klein- und Vorschulkinder erweitern so spielerisch ihren Wortschatz und trainieren ihre feinmotorischen Fähigkeiten. <?page no="199"?> 200 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht Bonjour! Le petit pouce dit (lever le pouce) Bonjour à son papa (pouce contre index) Bonjour à sa maman (pouce contre majeur) Bonjour à son grand frère (pouce contre annulaire) Bonjour au p'tit bébé (pouce contre auriculaire) The itsy bitsy spider climbed up the waterspout. Down came the rain and washed the spider out. Out came the sun and dried up all the rain and the itsy bitsy spider climbed up the spout again. (oral traditional song; Roud Folk Song, index number: 11586) Einige dieser kurzen Geschichten erscheinen recht dramatisch: C’est lui qui va à la chasse, C’est lui qui a tué le lièvre, C’est lui qui l’a fait cuire, C’est lui qui l’a mangé, Et le petit glin-glin Qui était derrière le moulin Disait: Moi j’en veux, j’en veux, J’en veux, j’en veux, j’en veux! Ähnlich wie bei Märchen sind Bedrohungen und Ängste im Fingerreim fassbar und kindgemäß ausgedrückt. Sie können vom Kind selbst bewältigt werden, indem zum Beispiel am Ende des Reims die Hände ausgeschüttelt oder hinter dem Rücken versteckt werden. Manchmal werden nicht nur die Finger, sondern es wird der ganze Körper zur Darstellung des Inhaltes eingesetzt: Teddy bear, teddy bear, turn around. Ganze Drehung um die Körperlängsachse Teddy bear, teddy bear, touch the ground … Berühren des Bodens mit den Händen Obwohl Schulkinder nicht mehr die typischen Adressaten von Fingerreimen sind, empfinden sie diese speziell im ersten Lernjahr doch wieder als reizvoll, wenn sie in einer Fremdsprache dargeboten werden. Auswendig dargeboten, geben Fingerreime den Kindern die Möglichkeit, sich selbst als Sprecher zusammenhängender fremdsprachlicher Texte zu erleben. Das Selbstverständnis der Kinder als Sprachenlerner entwickelt sich, wenn sie dazu angeleitet werden, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Fingerreimen der Fremd- und Muttersprache zu finden. Vergleiche von Fingerreimen aus den verschiedenen Herkunftsländern der Kinder einer Klasse können dazu beitragen, die interkulturelle Kompetenz der Kinder zu erhöhen. Die englischen Kinderreime (nursery rhymes) spielen eine besondere Rolle in der englischen Kultur. Die bekanntesten wie etwa „Humpty dumpty“ oder „Old king cole“ werden immer wieder in Geschichten, Filmen oder Musikstücken zitiert, so dass es zum Verständnis der fremdsprachlichen Kultur beiträgt, diese Textpassagen einordnen zu können. Bei der Auswahl von nursery rhymes sollte bedacht werden, dass manche dieser Reime Wörter oder Wendungen enthalten, deren Bedeutung schwer vermittelbar und nur in ihrem historischen Kontext wirklich zu verstehen ist. Einige Inhalte von nursery rhymes könnten im multikul- <?page no="200"?> 201 4 Didaktische Lieder und Reime turellen Kontext als politisch nicht korrekt interpretiert werden, etwa bei „Ba ba black sheep“, „Ten little indians“ oder „Solomon grundy“. Traditionelle Volkslieder, traditionals wie „Sur le pont d’avignon“ und „Mary had a little lamb“ vermitteln authentische Eindrücke der Kultur des jeweiligen Landes und erzählen oft von besonderen Begebenheiten oder Orten. So können die Kinder zum Beispiel erfahren, dass es die Brücke von Avignon tatsächlich gibt und darunter (im ursprünglichen Text sous le pont) bereits vor mehreren Jahrhunderten getanzt wurde, weil sich dort eine Insel befand, auf der Jahrmärkte stattfanden. Wie bei den Fingerreimen gibt es auch in den Texten der Volkslieder zum Teil schwer verständliche Wörter und Zusammenhänge. Oft sind diese Lieder besonders klangvoll wie etwa „Scarborough fair“. Sie können einen emotionalen Zugang zu bestimmten Themen bieten, erscheinen aber für den produktiven Sprachgebrauch, das Erlernen und Singen nur bedingt geeignet. Adaptierte Lieder basieren auf Volks- und Kinderliedern, Popsongs oder Liedern aus Filmen, bei denen komplizierte Textstellen vereinfacht wurden oder zur bekannten Melodie neue, zum Unterrichtsinhalt passende Texte geschrieben wurden. Da die Kinder die Melodien oft schon kennen, fällt es ihnen leichter mitzusingen. Traditionelle Lieder lassen sich für die verschiedensten Unterrichtssituationen adaptieren: Zur Melodie von „Head and shoulders“ können die Kinder beispielsweise auf Französisch singen „Colle, feutre, stylo, trousse, stlo, trousse. Et gomme, règle, cahier, crayon-(…)” und damit die Bezeichnungen der Schulsachen wiederholen (Toi et moi 3, Schülerbuch). Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Melodie „Ah! Vous dirai-je, maman“ („Twinkle, twinkle, little star“ oder „Morgen kommt der Weihnachtsmann“) eignet sich für das Einprägen des englischen Alphabets. Das russische Alphabet lässt sich dagegen gut zu der bekannten Melodie von „Ein Männlein steht im Walde“ singen. 4 Didaktische Lieder und Reime Didaktische Lieder werden gezielt dafür entwickelt, bestimmte Lerninhalte wie Vokabular oder Sprachmuster zu wiederholen und zu üben. In manchen Lehrwerken sind sie fester Bestandteil jeder Stoffeinheit (Playway, Klett seit 2001). Das hat den Vorteil, dass der Text des Liedes genau auf den behandelten Wortschatz abgestimmt ist. Darüber hinaus werden diese Lieder und Reime auf den jeweiligen Hör- CD s in einem angemessenen Tempo und dialektfrei dargeboten. So können sich die Kinder den Inhalt größtenteils selbst erschließen. Es sind kaum zeitraubende Erklärungen unbekannter und für die Kommunikation nicht relevanter Wörter nötig. Manchmal überwiegt der didaktische Zweck jedoch derart, dass die Sprache unnatürlich wirkt und der Entwicklung eines Sprachgefühls nicht dienlich scheint (Playway 3, Pupil’s Book 2013: ): […] Give me blue. Here you are. Give me black. Here you are. <?page no="201"?> 202 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht Give me white. Yeah, all right. Da didaktische Lieder oft eigens für ein Lehrwerk komponiert werden, können die Autoren aktuelle Musiktrends flexibel aufgreifen. Seit dem Ende der 1990er Jahre finden sich beispielsweise immer wieder Raps auf den Hör- CD s für die Grundschule, so ein „Sandwich rap“ (Keystones 1999), der „Halloween rap“ (Discovery 2014) oder eine Rap-Version des Liedes „Merrily we roll along“ mit dem adaptierten Text „Autumn leaves are falling down“ (Sally 2013). Das letzte Beispiel verdeutlicht zugleich, dass es keine festen Grenzen zwischen adaptierten und didaktischen Liedern gibt, ebenso wenig wie zwischen Bewegungsliedern und Kinderreimen oder Volksliedern und Popsongs. Topic Song Purpose Body Head and shoulders To perfom actions and provide exercise Colours I can sing a rainbow Song about colours Clothes What are you wearing To learn chunks of language Days of the week Today is Monday Fairy tales There was a princess long ago To practice narrative skills Farm animals Old Mc Donald There was an old lady To develop language awareness Feelings If you’re happy To perfom actions and provide exercise Food I like to eat apples and bananas The food train chant To practice pronunciation Jobs People work Months Calendar song (January, February, March) Numbers Ten green bottles One man went to mow To develop the concept of numbers Seasons I like the flowers Traffic The wheels on the bus Wild Animals The lion sleeps tonight Let’s go to the zoo Abb. 3: Liste möglicher Lieder zu bestimmten Themeneinheiten. 5 Beispiele, Unterrichtsmodelle, Verlaufspläne Lieder und Reime sind zunächst Hörtexte und können im Unterricht nach der für die Entwicklung des Hörverstehens üblichen Schrittfolge eingeführt werden: ▶ pre-listening activities wie Wiederholung des relevanten Vokabulars, Betrachten zugehöriger Abbildungen, Wecken von Erwartungen durch Hören von Hintergrundgeräuschen, Klären der Höraufgabe; <?page no="202"?> 203 5 Beispiele, Unterrichtsmodelle, Verlaufspläne ▶ while-listening activities wie Mitsummen, Mitlesen oder -zeigen des Textes, Mitsingen, Ausführen passender Bewegungen, Ankreuzen oder Nummerieren von Bildern zum Lied; ▶ post-listening activities wie Meinungsäußerungen, verständnisüberprüfende Fragen, Besprechen der Höraufgabe, kreatives Gestalten der Lieddarbietung, Malen oder Schreiben zum Gehörten, Wiederaufgreifen des Vokabulars in Spielen oder Geschichten. Zugleich dienen Lieder und Reime der Entwicklung des Sprechens, speziell dem Training von Aussprache, Betonung, angemessenem Sprechtempo sowie dem kreativen Gestalten gesprochener Texte. Manche Lieder und Reime erlauben auch das Üben dialogischen Sprechens oder des Sprechens mit verteilten Rollen. Beispiel “I can sing a rainbow” Red and yellow and pink and green, Orange and purple and blue. I can sing a rainbow, sing a rainbow, too. Listen with your eyes, listen with your eyes, And sing everything you see. You can sing a rainbow, sing a rainbow, sing along with me. (mdl. überliefert) Unterrichtsverlauf Part of lesson Activity Material Warm-up Revision of relevant vocabulary Game: I spy with my little eye (something blue) Presentation Listening for gist, understanding the key word “rainbow” Listening practice Listening for detail, completing the lyrics while listening → comprehension check Worksheet (Abb. 1) colour flashcards on the board Reading practice Speaking the lyrics, pointing to the right colours on the worksheet while speaking Speaking practice Singing the song Speaking practice Children divided in groups (red, yellow, pink …), stand up when their colour occurs in the song <?page no="203"?> 204 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht I can sing a rainbow and and and and and I can sing a , sing a , too. Abb. 4: worksheet Beispiel: „Bruder Jakob“ Bruder Jakob, Bruder Jakob, Schläfst du noch? Schläfst du noch? |: Hörst du nicht die Glocken? : | Ding dang dong, ding dang dong. Are you sleeping, are you sleeping, Brother John, brother John, |: Morning Bells are ringing, : | Ding ding dong, ding ding dong. Frère Jacques, Frère Jacques Dormez-vous, dormez-vous? |: Sonnez les matines, : | Ding ding dong, ding ding dong. Братец Яков, Братец Яков, Спишь-ли ты? Спишь-ли ты? ||: Звонят в колокольчик, : || Динь-динь-динь, динь-динь-динь. <?page no="204"?> 205 6 Woran man außerdem denken sollte Unterrichtsverlauf Part of lesson Activity Material Warm-up A song of the students’ choice Presentation Listening for gist, finding there are different languages, guessing which ones Listening practice Listening for detail, finding similarities and differences between the languages, e. g. similar names Jakob, John, Jacques, Яков , different position of the names in the text Highlighting them in the lyrics Lyrics of the song Reading practice Imitating the teacher reading out the lyrics Linking sounds and written words Speaking practice Singing the song Speaking practice Singing in groups, as round Naming the countries where the verse comes from and showing them on the map World map 6 Woran man außerdem denken sollte ▶ Vor dem gemeinsamen Singen sollten sich die Kinder und Erwachsenen ‚aufwärmen‘. Man kann bei sich selbst oder gegenseitig den Körper von den Füßen bis zu den Schultern wachklopfen, eine bekannte Melodie summen oder sich rhythmisch zu einem Musikstück bewegen. ▶ Musik kann aus verschiedenen Quellen dargeboten werden. Vielleicht finden die Kinder selbst fremdsprachige Lieder, die sie in der Klasse präsentieren möchten, ob aus dem Internet oder mündlich überliefert. ▶ Die einmal erlernten Lieder sollten zu verschiedenen Gelegenheiten in den Tagesablauf einbezogen werden, nicht nur in den Englischstunden. ▶ Verschiedene Begleitinstrumente erlauben einen kreativen Umgang mit Sprache und Musik. Der Musiklehrer bzw. die Musiklehrerin der Schule kann sicher einiges aus seinem / ihrem Fundus zur Unterstützung anbieten. Selbst gebastelte Instrumente wie Rasseln oder Regenmacher motivieren die Kinder, sich selbst aktiv in eine Aufführung einzubringen. ▶ Vorlieben und Gefühle der Kinder sollten soweit als möglich berücksichtigt werden, etwa bei der Auswahl der Begleitinstrumente oder der aufzuführenden Lieder. Kinder brauchen viel Lob, um sich wertgeschätzt und sicher zu fühlen. Auch scheinbare Kleinigkeiten dürfen erwähnt werden, wie gute Körperhaltung, rechtzeitiger Einsatz, deutliche Aussprache. ▶ Am Ende jeder Gesangsdarbietung haben sich die Kinder ein Dankeschön und Beifall verdient. <?page no="205"?> 206 Lieder und Reime im Fremdsprachenfrühbeginn und Anfangsunterricht 7 Zusammenfassung Lieder und Reime in verschiedenen Sprachen bergen ein nahezu unerschöpfliches Potenzial für den Fremdsprachenunterricht in den unteren Klassen. Aussprache, Intonation, Wortschatz, Satzmuster werden durch gemeinsames Singen geübt. Lieder und Reime können motivieren, die Aufmerksamkeit lenken und Interesse am Fremdsprachenlernen wecken. Der Lehrkraft helfen sie, den Unterricht zu strukturieren und alle Kinder in freudbetonte sprachliche Aktivitäten einzubeziehen. Singen in einer fremden Sprache entwickelt das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein der Lernenden. Zugleich fördert es das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe und die Aufgeschlossenheit für andere Kulturen. 8 Literaturtipps Biegholdt, Georg, Julia Schwarz (2015). Singing Songs about Friends-- Monologisches Sprechen durch Singen anbahnen. Grundschule Englisch 2015. 51: 14-1. Dorno, Julie (2013). Music and Singing: Volume 7 (Ready, Steady, Play! ). London: David Fulton Publishers. Hancock, Mark (2013). Singing Grammar Book and Audio CD : Teaching Grammar through Songs. Cambridge Copy Collection. Rado, Eszter (2009). Music in the classroom: How to use music and songs in (English) language teaching? Saarbrücken: VDM Verlag. <?page no="206"?> 207 8 Literaturtipps Total Physical Response und Suggestopädie Katharina Glas Abstract Suggestopädie und Total Physical Response sind zwei Fremdsprachenlehrmethoden, die seit den 1970er Jahren zahlreichen Lernenden die Möglichkeit erschlossen haben, die Sprache in einer stressfreien, stimulierenden Lernumgebung zu lernen. Besonders in der Suggestopädie spielen dabei Musik und Entspannung eine besondere Rolle. Im Total Physical Response wird hingegen die Bewegung der Lerner eingesetzt, um mündliches Textverstehen zum Ausdruck zu bringen. Die eklektische Verwendung von Elementen beider Methoden in Verbindung mit Musik bietet im eher kopflastigen, meist im Sitzen stattfindenden Unterricht eine gelungene Auflockerung, die der Förderung von Konzentration und effektivem Classroom Management dienlich sein kann. Konkrete Beispiele für den Englisch- und Spanischunterricht, aber auch sprachübergreifend einsetzbare Ideen, werden erläutert. Ich schlafe nicht - ich lerne Englisch. Ich schlafe nicht-- ich lerne Englisch! Ich tanze nicht-- ich lerne Spanisch! (Eigene Darstellung) Ich tanze nicht - ich lerne Spanisch. <?page no="207"?> 208 Total Physical Response und Suggestopädie 1 Hintergrund Die sogenannten Designermethoden der 1970er Jahre brachten affektive Aspekte des Fremdsprachenlernens in den Fokus der Aufmerksamkeit (Brown 2001: 24 ff.). So legte die Suggestopädie ihr Augenmerk auf eine entspannte Lernatmosphäre und auf künstlerisch wertvolles Lernmaterial (Lozanov 1978). Im Total Physical Response stand die Notwendigkeit, individuelle Lernerbedürfnisse zu respektieren, im Zentrum der Aufmerksamkeit: zum Beispiel das einer silent period vor dem Beginn der produktiven Sprachverwendung oder auch die Lust auf Bewegung (Asher 1977). Beide Methoden, zusammen mit einigen anderen, stellten einen wichtigen Umbruch und eine deutliche Abwendung von behaviouristischen, Drill-orientierten oder auch auf Grammatik basierenden Methoden dar, die das Fremdsprachenlernen in den 190er Jahren kennzeichneten. Trotz der konzeptuell-methodischen Enge und ihrer teils überzogenen Erfolgsgewissheit, die die Designermethoden charakterisierten und oftmals ins Kreuzfeuer der Kritik brachten, hinterließen sie für die eklektische post-methods era ein nicht zu übersehendes Erbe, das heute von neueren Erkenntnissen aus den angewandten Neurowissenschaften untermauert wird und in vielfältiger, kreativer Weise von Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern weiterentwickelt worden ist (Arnold / Fonseca-Mora 2011, Fonseca-Mora / Herrero Machancoses 201, Kumaravadivelu 200, Larsen-Freeman / Anderson 2011 Richards / Rogers 2001). In diesem Kapitel sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie grundlegende Ideen aus der Suggestopädie und dem Total Physical Response in den Fremdsprachenunterricht des 21. Jahrhunderts eingebracht werden können- - unter besonderer Berücksichtigung ihres musikalischen Potenzials. Die gemeinsame Besprechung dieser beiden methodischen Ansätze innerhalb eines Kapitels ermöglicht es uns auch, den für erfolgreiches Classroom Management klug gehandhabten Wechsel zwischen Bewegungs- und Ruhephasen (stirrers and settlers; Clarke 2010, Purgason 2014) im Unterricht aufzuzeigen, und wie dieser durch gezielte Auswahl musikalischer Elemente unterstützt werden kann. 2 Suggestopädie „Ach, das ist ja die Methode mit der Barockmusik“, wird so manche Leserin oder so mancher Leser sagen. Die Suggestopädie, zuweilen auch Desuggestopädie genannt, geht als alternative, stressfreie Lehr- und Lernmethode auf den bulgarischen Psychiater Georgi Lozanov und die von ihm entwickelte Wissenschaft der Suggestologie zurück (Lozanov 1978). Diese baut auf Beobachtungen von Menschen auf, die unter optimalen ganzheitlichen Lernbedingungen und Bewusstheitszuständen, wie sie zum Beispiel im Yoga kultiviert werden, außergewöhnliche Gedächtnisleistungen hervorbringen können. Lozanov kritisierte traditionelle Erziehungsmethoden, in denen den Lernenden suggeriert wird, dass das Lernen von neuem Material anstrengend und langsam sein muss. Daher soll eine neue, de-suggerierende Pädagogik die Lernenden mit stimulierenden Methoden von der Last des mühsamen Auswendiglernens befreien, ihnen zeigen, dass sie über unentdeckte geistige Fähigkeiten verfügen, und somit das Augenmerk von Erziehung auf tiefere Verstehensprozesse und kreative Problemlösung <?page no="208"?> 209 2 Suggestopädie lenken (Lozanov 1978: 257). Zentrale Prinzipien der Suggestopädie sind daher Freude am Lernen und konzentrierte Entspannung, die bewusste Steuerung ganzheitlicher Gehirnaktivität, die gleichzeitig bewusst und unbewusst, synthetisch und analytisch zum Lernen eingesetzt werden soll, sowie die Erschließung von bisher ungenützten Reservekapazitäten der Lernenden, unterstützt durch eine angenehme Lehrerpersönlichkeit und Gruppendynamik. Doch welche Rolle spielt Musik in diesem Prozess? Suggestopädische ‚Mittel‘ sind, in unzertrennbarer Einheit, dreierlei: psychologisch, didaktisch und künstlerisch. Zusammen mit Literatur und darstellenden Künsten soll Musik ein befreiender Stimulus sein und jede Unterrichtsstunde zu einem ästhetischen Vergnügen machen (ibid.: 274). Jede Unterrichtseinheit ist in mehrere Teile gegliedert, in denen nach einer ersten Begegnung mit dem neu zu erlernenden Material der neue Text von der Lehrkraft vorgetragen wird-- mit musikalischer Begleitung. Für jeden neuen Text gibt es zwei ‚Konzertphasen‘, wobei beim ersten, feierlicheren Vorlesen ‚emotionalere‘ Musik im Hintergrund gespielt wird, das zweite, natürlichere Vorlesen von eher ‚philosophischer‘ Musik begleitet wird. Die Vorgehensweise wird wie folgt beschrieben: Alle Unterhaltungen werden für ein bis zwei Minuten angehalten, und der Lehrer hört der Musik zu, die aus einem Kassettenrekorder kommt. Er [sic] wartet und hört mehreren Passagen zu, um in die Stimmung der Musik einzutreten und beginnt dann, den neuen Text zu lesen oder vorzutragen, wobei sich seine Stimme harmonisch auf die musikalischen Phrasen einstellt. Die Schüler folgen dem Text in ihren Büchern, in denen jede Lektion in die Muttersprache übersetzt ist. Zwischen dem ersten und zweiten Teil des Konzerts gibt es mehrere Minuten lang feierliche Stille.-[…] Vor dem Beginn des zweiten Teils des Konzerts gibt es wieder mehrere Minuten Stille und einige Phrasen der Musik werden angehört, bevor der Lehrer den Text liest. Jetzt schließen die Schüler ihre Bücher und hören dem Lehrer beim Lesen zu. Am Ende verlassen die Schüler still das Klassenzimmer. (ibid.: 278) Die Musik, die das Fremdsprachenlernprogramm begleiten soll, wurde für jede Sitzung speziell von Lozanovs Kollegin Gateva ausgewählt; ihre Wirkung wurde in Laborversuchen experimentell getestet und soll, so Lozanov, nur nach sorgfältiger Prüfung geändert werden, selbst wenn sie den musikalischen Geschmack der Lernenden nicht treffen sollte. Es handelt sich in erster Linie um Instrumentalwerke der Wiener Klassik (Haydn, Mozart und Beethoven) und Barockmusik (Corelli, J. S. Bach, Händel und Vivaldi), doch es finden sich auch romantische Komponisten wie Brahms, Tschaikowski und Chopin unter der Werkauswahl. Lozanov selbst war der eklektischen Verwendung suggestopädischer Elemente gegenüber in einem anderweitig traditionellen Lernsetting nicht aufgeschlossen. Nur eine strikte Einhaltung seiner Vorgaben würde zu dem verheißenen superlearning führen. Allerdings konnten diese außergewöhnlichen Lernergebnisse von anderen Sprachlernforschern nicht durchgehend bestätigt werden; und auch Earl Stevick bemerkte in seinem Buch Humanism and Language Learning (1990), dass nicht alle Lehrenden, die offiziell Suggestopädie verfolgten und darin ausgebildet waren, Lozanov immer unbedingten Gehorsam boten. Heutzutage gehören lokal situierter Pragmatismus und Eklektizismus ganz natürlich zu den Geboten jeder methodischen Entscheidung. Und die Vorteile, die die Suggestopädie für eine <?page no="209"?> 210 Total Physical Response und Suggestopädie positive, emotional gesteuerte Lernatmosphäre bietet, sollen trotz Lozanovs Eklektik-Veto den Lernenden nicht vorenthalten bleiben. Heutige Einsatzmöglichkeiten Doch wo fänden außer bei den bereits beschriebenen ‚Konzert-Sitzungen‘, dem künstlerischen Vortragen von Texten mit musikalischer Hintergrundmusik, musikalisch-suggestopädische Elemente in einem zeitgemäßen Fremdsprachenunterricht Platz? In den letzten Jahren hat sich in der Unterrichtspraxis immer mehr die Notwendigkeit für ein durchdachtes Konzept des Classroom Management aufgedrängt-- nicht nur für den Fremdsprachenunterricht. Doch ist dieser möglicherweise besonders gekennzeichnet vom häufigen Wechsel von Sozial- und Interaktionsformen, des zur Entwicklung verschiedener sprachlicher Fertigkeiten-- des Hör- und Leseverstehens, des flüssigen Ausdrucks im Sprechen und Schreiben-- unabdingbaren Übergangs von Stillarbeit zu strukturierter Paar- und Gruppenarbeit, und wieder zurück. Hier kann der gezielte Einsatz von Musik ein erfolgreiches Hilfsmittel für den Ablauf von Routinen und Übergängen im Unterricht sein. Zudem kann Musik einen zusätzlichen, emotionalen Zugang zur Fremdkultur eröffnen und somit das Eintauchen in die Welt der Zielsprache erleichtern. Instrumentalmusik, wie sie in der Suggestopädie verwendet wird, bildet einen ganzheitlichen, rechtshemisphärischen Kontrast zum verbal-analytischen Arbeiten mit der Fremdsprache und mag somit stimulierenden Ausgleich für vorwiegend kognitiv geforderte Schülerhirne schaffen. Zwei verschiedenen Einsatzgebieten soll hier kurz etwas Aufmerksamkeit gewidmet werden: zum einen der langsamen Hintergrundmusik für die Stillarbeit, beispielsweise bei der schriftlichen Organisation von neuem Vokabular oder bei der gliedernden Vorarbeit zum Schreiben von Aufsätzen (Fonseca-Mora / Herrero Machancoses 201); zum anderen der schnellen, aktivierenden Begleitmusik für Eingangs-, Übergangs- und Endphasen im Unterricht, zum Beispiel, wenn Schüler das Klassenzimmer am Morgen oder nach der Pause betreten, wenn zur Paararbeit ein neuer Partner gesucht werden soll, wenn es gilt, Stühle und Tische für eine neue Sozialform umzuarrangieren, oder wenn nach getaner Arbeit Bücher und anderes Material aufgeräumt werden (vgl. McGovern 2000). Sowohl für langsame, beruhigende, potentiell konzentrationsfördernde Musik als auch für schnelle, aktivierende, zur Bewegung einladende Musik gilt, dass sie über eine immanente Zeitstruktur verfügt, die dabei hilft, den Unterricht ebenfalls zeitlich zu strukturieren; viele Musikstücke haben eine Dauer von ca. zwei bis sechs Minuten, die in etwa kürzeren Unterrichtsabschnitten oder gewissen Aufgaben entspricht. Ein weiterer Vorteil ist, dass das gemeinsame Hören und Erleben von Musik die Stimmung heben, die Gruppendynamik stärken und bei der Koordination helfen kann, besonders bei den Momenten für Um- und Aufräumen im Klassenraum. Außerdem kann Musik bestimmte Unterrichtsphasen kennzeichnen und dabei helfen, auf harmonische und motivierte Weise einen routinierten Ablauf einzutrainieren. Außer den bekannten ‚Klassikern‘ der Musik zum Lernen und Konzentrieren, wie sie von Lozanov vorgeschlagen wurden und sich heute auf verschiedenen Playlists auf Youtube finden lassen, vornehmlich langsame Sätze aus Barocksuiten und (Doppel-)Konzerten, wie <?page no="210"?> 211 2 Suggestopädie die berühmte „Air“ von Bach oder der zweite Satz aus Vivaldis „Winter“ (aus den „Vier Jahreszeiten“), gibt es auch viele andere Möglichkeiten, die von Lehrenden und Lernenden ausprobiert werden sollten-- jede Lerngruppe wird auf verschiedene musikalische Richtungen anders reagieren, und Variierung und Abwechslung bringen auch hier positivere Ergebnisse als monotones Beharren auf nur einem Stil. Eine Alternative zur rein ‚klassischen‘ Musik, die vor allem für den Englischunterricht interessant sein könnte-- vielleicht mit überraschendem Wiedererkennungseffekt-- sind zum Beispiel die ‚barockisierten‘ Versionen von Beatles-Liedern des slowakischen Komponisten und Orchesterleiters Peter Breiner, die unter dem Titel „Beatles go Baroque“ erschienen sind, oder verjazzter Bach von Jacques Loussier. Als völlig andere Stilrichtung lassen sich die beruhigenden Glockenspielversionen von Rock-Klassikern wie Queen, Led Zeppelin oder auch wieder The Beatles als „Rockabye Baby“ finden. Auch Meditationsmusik aus Indien oder Musik von Native Americans (z. B. „Ah Nee Ma“) können (nicht nur) im Englischunterricht einen Platz finden, (wiederum nicht nur) wenn der kulturelle Fokus auf postkolonialen Kontexten liegt. Für den Spanischunterricht kann man auch Alternativen finden, die dem Stereotyp entgegenwirken, alle Musik aus diesem Kulturraum sei zu energiegeladen für den Zweck der Ruhe und Konzentration im Klassenzimmer. Von der chilenischen Gruppe Barroco Andino gibt es zum Beispiel Einspielungen von Barockmusik auf Andeninstrumenten; Gitarrenmusik muss nicht nur rhythmischer Flamenco sein; wer es etwas melancholisch mag, nimmt Astor Piazzolas orchestrierte and angejazzte Tangomusik. Für das energetische Aufladen von Auf- und Umbaumomenten im Unterricht gibt es ebenfalls viele verschiedene Möglichkeiten. Auch im Barock lassen sich hier wieder Anregungen finden: Who’s faster? You-- in getting together in groups of three-- or the music? You have 1 minute and 21 seconds! (Im Hintergrund erklingt die Badinerie aus Bachs Orchestersuite Nr. 2). Irish Jigs und Reels, ebenfalls Stücke mit kurzer Dauer, bringen den keltischen Kulturkreis in den Englischunterricht. Für den Spanischunterricht darf es auch keltisch-galizisch sein, mit Carlos Núñez, andalusisch mit einer flotten Rumba oder, ein wenig gemäßigter, den Schritt einer Vogel-Strauß-Art aus den Anden nachahmend, „El paso del ñandú“. Zum schnellen Überblick können Musikvorschläge für verschiedene Unterrichtsphasen und Sprachen mit Angaben zum Stil und der ungefähren Länge den folgenden Tabellen entnommen werden: <?page no="211"?> 212 Total Physical Response und Suggestopädie Für langsame Unterrichtsphasen / Stillarbeit als Hintergrundmusik Komponist und Stück Stil und Charakter Mögliche Zielsprache / Zielkultur Länge (ca.) J. S. Bach, Air aus 3. Orchestersuite BWV 1068 (auch von Barroco Andino eingespielt) Langsam (Adagio), Barockmusik Deutsch Spanisch 5: 30 J. S. Bach, zweiter Satz aus dem Konzert für Oboe und Violine, d-moll ( BWV 1060) Langsam (Adagio), Barockmusik Deutsch 5 min. J. S. Bach, zweiter Satz aus dem Doppelkonzert für zwei Violinen, dmoll ( BWV 1043) Langsam (Largo ma non tanto), Barockmusik Deutsch 7 min. A. Vivaldi, zweiter Satz aus Winter (Vier Jahreszeiten) Langsam (Largo), Barockmusik Italienisch 2: 30 Queen: Bohemian Rhapsody Rockabye Baby! Elektronische Musik Englisch 4: 30 Led Zeppelin: Stairway to Heaven Led Zeppelin para bebés Elektronische Musik Englisch 8 min. Isaac Albéniz, Córdoba Spanische Gitarrenmusik Spanisch 6 min. Für bewegte oder schnelle Umbauphasen Komponist und Stück Stil und Charakter Zielsprache / Zielkultur Länge J. S. Bach, Badinerie aus 2. Orchestersuite, BWV 1067 (auch von Barroco Andino eingespielt) Schnell, lebendig, Barockmusik Deutsch Spanisch 1: 30 Antonio Vivaldi, 3. Satz aus dem Sommer, Vier Jahreszeiten Sehr schnell (presto) - aufwühlend! Barockmusik Italienisch 2: 30 Peter Breiner: Beatles Go Baroque - Hey Jude Yellow Submarine Bewegt / schnell Barockisiert Englisch 4: 22 1: 47 Carlos Núñez Keltisch Spanisch Quilapayún: El paso del ñandú Bewegt / Moderato, Andenmusik Spanisch 2 min. Paco de Lucía: Entre dos aguas Bewegt (Rumba flamenca) Spanisch 5 min. Also, lieber eklektisch und bunt als starr und nur rein klassisch: der Musikstil kann hier individuell den Wünschen und Interessen der Lehrenden und Lernenden angepasst und auch auf kulturelle Inhalte mit abgestimmt werden. Die Erforschung der jeweils passendsten Musik für den Unterrichtsbeginn oder für stille Schreib- und Arbeitsphasen ist ein beliebtes Thema für kleinere Classroom action research-Projekte geworden, das in verschiedenen Klassen und Lernergruppen sicherlich verschiedene Ergebnisse bringen wird-- denn jede Lernerin, jeder Lerner oder jede Gruppe reagiert mit unterschiedlichen Emotionen auf die ausgewählte <?page no="212"?> 213 3 Total Physical Response (TPR) Musik. Ein interessanter, immer wieder bestätigter und auch Lozanov sicherlich zufriedenstellender Befund bei solchen Projekten ist jedoch, dass selbst Gruppen, die normalerweise nicht viel Kontakt mit klassischer Musik haben, auch mit original suggestopädischer Musik gut und gerne lernen (z. B. McGovern 2000, Hallam / Price / Katsarou 2002). Daher: auf alle Fälle einmal ausprobieren! 3 Total Physical Response ( TPR ) Ganz anders als Georgi Lozanov war sich James Asher über die Grenzen seiner Methode, des Total Physical Response, von vornherein bewusst, und empfahl, sie unbedingt nach und nach mit anderen Methoden zu kombinieren. Hier sollen Zweit- und Fremdsprachenlernende vor allem im Anfangsunterricht die Erfahrung von Kleinkindern nachahmen, die ihre Erstsprache zunächst durch Zuhören, Zusehen und Tun erlernen. Die Sprache, die von der Lehrkraft hierzu verwendet wird, basiert daher in erster Linie auf Befehlen: Die Lerner hören zu und bezeugen erfolgreiches Verstehen, indem sie die Befehle ausführen. Die gesamte neu gelernte Sprache dreht sich um Verben, also Aktionswörter, in der Imperativform und um mögliche Kombinationen: „Steh auf! Setz dich! Dreh dich um! Berühr deine Nase mit deinem Finger! Geh zum Fenster! “ Was im Anfangsstadium noch mit der Stimme und den Gesten der Lehrkraft allein bestreitbar sein soll, wird nach und nach mit Bildmaterialien und Realia unterstützt, so dass zunehmend komplexere Befehle gegeben und ausgeführt werden können. Diese stammen hier meist aus dem Alltagsleben: Gegenstände wie Handtuch, Seife, Haarbürste werden mitgebracht, um mögliche Verbphrasen mit diesen Gegenständen zu erlernen. Allerdings ging es auch bei Asher, der seine Methode zuerst mit erwachsenen Immigranten entwickelte, zuweilen skurril-humorvoll oder sogar romantisch-poetisch zu. So gab es auch Befehle wie „Elaine, steck deine Seife in Ramiros Ohr! “ oder: „Jeffe, wirf Maria die rote Rose zu! “ (Asher 1977: 54-5). Heutige Weiterentwicklungen TPR erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit bei Fremdsprachenlehrenden im Anfängerunterricht und hat aber seither auch verschiedene Neuerungen erlebt. Eine davon, die übergreifende Lernziele mit der Suggestopädie und auch mit Ashers ursprünglicher Formulierung von Total Physical Response gemeinsam hat, ist es, Yoga in der Fremdsprache zu machen, und somit zur psychischen und körperlichen Gesundheit der Lernenden und der Lernumgebung beizutragen (Morgan 2011). Um TPR mit Musik zu ergänzen, gibt es bereits für den Anfängerunterricht vielpraktizierte Ideen, wie das berühmte „Heads and shoulders, knees and toes, knees and toes“, in dem zum Song die verschiedenen Körperteile berührt werden. Auch Tiere können mit Gesten nachgeahmt werden wie in dem spanischen Lied „El cha cha cha del cocodrilo”: „Hay un cocodrilo y un orang-után, la pícara serpiente y el águila real“. Adjektivpaare werden rhythmisch, mit Gesten und Ganzkörpereinsatz eingeübt: „Big and small, fast and slow, happy and sad“, wozu es auf Youtube verschiedenste Versionen gibt, mal mehr Rap, mal melodiöser. Auch <?page no="213"?> 214 Total Physical Response und Suggestopädie für Lernende, die erst als Jugendliche beginnen Spanisch zu lernen, gibt es Tanzvideos wie „Aprendiendo a bailar pasos básicos para la salsa“, die Lernenden helfen, Ortsadverben und Richtungsangaben ganzheitlich einzuüben-- „adelante, centro, atrás, hacia los lados, pie derecho, pie izquierdo“-- und dabei noch einmal die Zahlen bis acht zu wiederholen. Der klare, beabsichtigte Vorteil dieser Methode ist, dass Lernende nicht zu früh zum Produzieren von Äußerungen in der Fremdsprache angehalten werden und dadurch Sprechangst oder andere Hemmschwellen erst gar nicht entstehen dürften. Die häufige Bewegung, in der sich die Lernenden befinden, hat sich besonders für junge Lerner als nützlich erwiesen, die hier ein Ventil für ihren Bewegungsdrang finden. Die Grenzen bestehen in der Beschränktheit der Sprache, die so gelernt werden kann: Im Prinzip müssen abstrakte Konzepte außen vor bleiben, komplexere grammatische Strukturen können nur schwer integriert werden. Selbst im Englischen, in dem Imperativ und Infinitiv formgleich sind, gibt es noch mehr Verbformen zu erlernen. Und wie sollte man auf diese Weise jemals spanische Verbkonjugationen lernen? Diese Frage haben sich auch Anhänger von James Asher gestellt, die dadurch zu einer interessanten Weiterentwicklung kamen: Blaine Rays TPRS (Teaching Proficiency Through Reading and Storytelling-- Ray / Seely 1997), bei dem Geschichten gehört und von Lernenden teilweise mitchoreographiert oder schauspielerisch umgesetzt werden. Hier spielen Prinzipien wie Wiederholung, Fragen, Überraschungseffekte und Übertreibung eine große Rolle, um einerseits sicherzugehen, dass der Input tatsächlich comprehensible, also für alle Lernenden verständlich ist, andererseits, um alle Beteiligten bei Stange zu halten. Die Geschichten werden immer und immer wieder erzählt, immer mehr Lernende werden als Schauspielende mit eingebunden. Es werden immer mehr Details hinzugefügt, um den sprachlichen Input reichhaltiger zu machen. Die Fragen, die gestellt werden, zielen darauf ab, Verstehen sofort zu überprüfen-- mit einfachen „ja / nein“-Fragen oder „Was ist das? “ mit visueller Unterstützung, worauf die Lernergruppe im Chor antwortet. Allerdings sind nicht alle Geschichten von Beginn an fertig: die Lerner werden auch einzeln aufgefordert, Vorschläge zu machen, wie die Geschichte weitergeht, oder detailliertere Beschreibungen von Teilen oder Elementen der Geschichte beizutragen. So kann die Lehrkraft einfallsreiche Ideen von Schülerinnen und Schülern miteinbeziehen. Mit der Weiterentwicklung zu TPRS ist die Idee der Übersetzung von Sprache in Bewegung teilweise verloren gegangen: Es wird nun auch viel in die Muttersprache übersetzt, sowohl mündlich als auch schriftlich. Auch das eigene Auf- und Weiterschreiben von Geschichten spielen eine Rolle. Als Methode ist TPRS offen für Neuerungen und beschreibt sich selbst als im Entstehen begriffen. Eine andere, verwandte didaktische Option ist Sydney Solís Storytime Yoga (200), die die Idee, TPR als Yoga in den Fremdsprachenunterricht einzubringen, durch Geschichten anreichert. In diesem Fall kommt die Idee, die Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten mit Bewegung zu verbinden, von der „anderen Seite“: Sydney Solís beschreibt sich in erster Linie als Yogalehrerin, aber auch als Geschichtenerzählerin. Fremdsprachenerwerb steht nicht im unmittelbaren Zentrum dieses ganzheitlichen Ansatzes der gleichzeitigen Entwicklung von Körperbewusstsein und Sprachfertigkeit; dieser wurde jedoch in einem von spanischenglischer Zweisprachigkeit geprägten Umfeld entwickelt, und die Förderung sprachlicher <?page no="214"?> 215 3 Total Physical Response (TPR) Kompetenzen ist ausdrückliches Ziel von Storytime Yoga. Hier werden die Figuren und Elemente des Handlungsorts von kurzen Geschichten, meist mit einer starken ‚Moral‘ und aus unterschiedlichsten Kulturkreisen, durch Yogahaltungen ausgedrückt. Die bildreiche Sprache von Yoga selbst ist hilfreich-- und kommt den Vorlieben von Kindern stark entgegen: Baum, Hund, Katze, Kaninchen, Krieger, Brücke, Boot und vieles mehr sind schon von den Originalbezeichnungen der Yogahaltungen und ihrer Bildkraft vorgegeben. Trotzdem sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt und die in den Geschichten enthaltenen Bilder können auch durch Yogahaltungen ausgedrückt werden, die ursprünglich eine andere Bezeichnung haben. Das Erzählen von Geschichten zusammen mit Bewegung ist nun auch der Ansatz, bei dem-- über den Anfangsunterricht hinaus-- TPR (oder eine Weiterentwicklung davon) mit Musik eingesetzt werden kann. ‚Lieder, die Geschichten erzählen‘ sind dafür also geeignetes Material. Auch für Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe oder im Erwachsenenunterricht ist Bewegung im Unterricht eine willkommene Auflockerung. Sie hilft, neues Sprachmaterial ganzheitlich zu verankern und kann, von der Musik angeleitet und inspiriert, zu Motivation und positiver Gruppendynamik führen. Gerade für zu Schläfrigkeit einladende Nachmittagsstunden ist Bewegung unerlässlich. Kürzere Lieder-Geschichten könnten schon in einer Stunde gelernt und gespielt werden. Dennoch kann es gerechtfertigt sein, den Verlauf über mehrere Stunden auszudehnen, wenn man dem Prinzip folgt, die Geschichte mehrfach zu wiederholen und mit weiteren Details auszuschmücken. Dann wird die Geschichte zunächst mündlich, ohne Musik, aber mit Gesten (oder Yogahaltungen) eingeführt, neuer Wortschatz mit Übersetzung oder visuellen Elementen zugänglich gemacht und Textverstehen durch Frage-und-Antwort gesichert. Erst in der zweiten, darauffolgenden Stunde wird das Lied selbst eingeführt, um es dann in passender Choreographie möglicherweise sogar aufführungsfähig zu machen. In diesem Fall könnte das Lied zentraler Bestandteil von Projektarbeit sein, in der nicht nur kopfbetont Informationen aufgearbeitet werden, sondern neben der Arbeit am schauspielerischen Darstellen auch der historisch-kulturelle Hintergrund zur Geschichte-im-Liedtext beleuchtet werden kann. Hier zwei Beispiele für den Spanischunterricht: 1. „Luchín“ von Víctor Jara Frágil como un volantín En los techos de Barrancas Jugaba el niño Luchín Con sus manitos moradas Con la pelota de trapo Con el gato y con el perro El caballo lo miraba-… 1 1 Zerbrechlich wie ein Papierdrachen / Auf den Dächern von Barrancas / Spielte der Junge Luchín / Mit seinen vor Kälte blau angelaufenen Händen / Mit seinem Ball aus Stofffetzen / Mit der Katze und dem Hund / Das Pferd sah ihm dabei zu-… <?page no="215"?> 216 Total Physical Response und Suggestopädie Der Text handelt von der Landbesetzerbewegung im Chile der 190er Jahre, was heute in Chile, trotz des Einzugs von Facebook und iPhone, immer noch ein aktuelles Thema ist. Kinder, die vernachlässigt und in extremer Armut aufwachsen, mehr begleitet und ‚beaufsichtigt‘ von Tieren als von sich kümmernden Erwachsenen, stellen auch heute noch Teil der sozialen Realität des Landes dar. Der einfache, meditative Text mit vielen Wiederholungen, das langsame Tempo und die vielzähligen Anspielungen auf Tiere, machen das Lied geeignet, um-- mit Yogahaltungen kombiniert-- zu einem ganzheitlichen Unterrichtserlebnis zu werden. Ein möglicher Unterrichtsablauf ist hier, zunächst Vokabeln mit TPR und Yogahaltungen einzuführen, unterstützt von Realia bzw. Bildern (z. B. volantín, pelota de trapo, gusanos). Als Yogahaltungen bieten sich der nach unten schauende Hund (Adho mukha vriksasana), die Katze und der sitzende Adler (Garudasana) ganz natürlich an. Mit eingebaut oder adaptiert werden können die Berghaltung (Tadasana); dabei formt man mit den Händen ein Dach über dem Kopf; als Pferd kann beispielsweise die Haltung des Tänzers adaptiert werden (Natarajasana). Die weiteren Vokabeln der Geschichte können mit Gesten begleitet werden, die harmonisch in den Gesamtablauf eingepasst werden. Dann wird erst eine auf dem Lied beruhende Geschichte erzählt: „Erase una vez un niño llamado Luchín. El vivía en Barrancas, en un suburbio muy pobre de Santiago de Chile.-…” 2 Statt des Aufrufs, die Kinder wie Luchín aus ihren Käfigen zu befreien und wie Vögel fliegen zu lassen, könnte die Geschichte mit einem mystischen Riesenvogel enden, der Luchín mitnimmt und in eine neue, von Freude, Glück und nahrhafter Fürsorge (Essen) geprägte Realität fliegt. Die Lernenden hören zu; durch wiederholende Fragen und Antworten wird ihr Verstehen geprüft; sie dürfen raten, was mit Luchín, mit dem Hund, der Katze und dem Pferd wohl passieren wird. Möglicherweise tragen sie zur Entwicklung der Geschichte bei, deren Ende nicht festgelegt sein muss-- gerade da es sich ja vom Originaltext des Lieds unterscheidet. Die Geschichte wird am Ende von der Lehrkraft oder von einer Schülerin oder einem Schüler noch einmal erzählt. Diesmal wird die Yoga-Choreographie mitgemacht, indem bei jedem Schlüsselwort die dazu passende Haltung ausgeführt wird. Erst danach, in der darauffolgenden Stunde, wird das Lied (möglicherweise mit Video) zum ersten Mal vorgespielt. Je nach Tageszeit und notwendiger Bewegung werden davor Vokabeln mit Gesten und Yogahaltungen wiederholt. Die Lernenden hören zu und konzentrieren sich aufs Textverstehen. Wieder werden Fragen zum Verständnis gestellt, schließlich wird auch das Lied mitchoreographiert. 2. „Pedro Navaja” von Rubén Blades Por la esquina del viejo barrio lo vi pasar con el tumbao’ que tienen los guapos al caminar, las manos siempre en los bolsillos de su gabán pa’ que no sepan en cuál de ellas lleva el puñal. [Usa un sombrero de ala ancha de medio lao’ 2 Es war einmal ein Junge namens Luchín. Er lebte in Barrancas, in einem sehr armen Vorort von Santiago de Chile. <?page no="216"?> 217 3 Total Physical Response (TPR) y zapatillas por si hay problemas salir volao’, lentes oscuros pa’ que no sepan qué está mirando y un diente de oro que cuando ríe se ve brillando. […] Mientras camina del viejo abrigo saca un revolver, esa mujer, iba a guardarlo en su cartera pa’ que no estorbe, [un treinta y ocho esmithanhueson del especial que carga encima pa’ que la libre de todo mal. Y Pedro Navaja puñal en mano le fue pa’ encima, el diente de oro iba alumbrando toa’ la avenida, ¡se le hizo fácil! , mientras reía el puñal le hundía sin compasión, cuando de pronto sonó un disparo como un cañón, y Pedro Navaja cayó en la acera mientras veía, a esa mujer, que revolver en mano y de muerte herida ahí le decía: “Yo que pensaba 'hoy no es mi día estoy salá', pero Pedro Navaja tu estás peor, no estás en na” 3 Einen gänzlich anderen Charakter hat das Lied „Pedro Navaja“ von Rubén Blades. Politisch engagierte Salsa (salsa comprometida) ist Rubén Blades’ Stil, und sowohl die Thematik- - ‚normal gewordene‘ Gewalt und Brutalität auf offener Straße-- als auch die Komplexität des Wortschatzes sind ganz klar eher an junge Erwachsene mit mehreren Jahren Lernerfahrung als an jüngere Anfänger gerichtet. Dennoch kann auch hier ähnlich vorgegangen werden: Zuerst wird mündlich die Geschichte über diesen Doppelmord erzählt, unterstützt von Bildermaterial, Realia und Übersetzungen. Die Figuren können, wie auch im Liedtext, genau beschrieben werden: der blinkende Goldzahn, der schwungvolle, ausladende Gang des gutaussehenden Mannes. Der Vorteil des Erzählens der Geschichte, bevor das Lied in ‚Realzeit‘ abgespielt wird, ist, dass während des Erzählens durch Frage und Antwort Textverständnis überprüft und notfalls mit weiteren Übersetzungen oder Paraphrasen weitergeholfen werden kann. Anschließend kann die Geschichte von freiwilligen Lernern dramatisiert werden. Das Lied wird schließlich als ‚Überraschungseffekt‘ nachträglich eingeführt. Nun ist das Ver- 3 Ich sah ihn um die Ecke des alten Stadtviertels biegen / Mit dem schlenkernden Schritt der gutaussehenden Männer / die Hände immer in den Taschen seines Mantels / Damit keiner weiß, in welcher der beiden er das Messer hat. / (Er trägt einen breitkrempigen Hut, schief auf dem Kopf / Und Turnschuhe, damit er, falls es Probleme gibt, schnell davonrennen kann.) / Eine dunkle Brille, damit keiner weiß, wohin er blickt / und einen Goldzahn, der aufblitzt, wenn er lacht.-[…] Während sie weitergeht, zieht diese Frau aus ihrem alten Mantel einen Revolver / Sie wollte ihn in ihre Handtasche stecken, damit er nicht stört / (ein besonderer 38er Smith & Wesson / den sie dabei hat, damit er sie von allem Bösen erlöst.) / Und Pedro Navaja stürzte sich auf sie mit dem Messer in der Hand / Der Goldzahn beleuchtete die ganze Straße-- das war einfach! / Während er lachte, stach er ohne Gnade das Messer in sie / als plötzlich ein Schuss, wie aus einer Kanone erdröhnte. / Und Pedro Navaja fiel auf den Gehsteig und sah wie diese Frau / Mit dem Revolver in der Hand, zu Tode verletzt, zu ihm sagte: / „Heute dachte ich schon, heute ist nicht mein Tag, ich bin ein Pechvogel. / Aber du, Pedro Navaja, bist noch schlimmer dran, dein Leben ist nichts! “ <?page no="217"?> 218 Total Physical Response und Suggestopädie stehen gesichert, und das nochmalige Hören dient der Festigung, während der Total Physical Response als richtige Salsa-Choreographie weiter ausgebaut werden kann. 4 Ganzheitliches, harmonisches Lernen mit Stirrers und Settlers Wie beschrieben, hatten die Autoren beider Methoden, der Suggestopädie und des Total Physical Response, seit deren Ursprüngen das Anliegen, den Fremdsprachenunterricht humaner, lernerfreundlicher, entspannter, schmerzloser und auf lange Sicht erfreulicher und erfolgsversprechender zu machen. Dies ist auch eines der zentralen Ziele des heute vieldiskutierten Classroom Management: Durch geeignete Strukturen, Regeln und Abläufe soll eine Atmosphäre geschaffen werden, in der Schülerinnen und Schüler optimal und gerne lernen (und Lehrende nicht sofort ausbrennen! ). In diesem Prozess spielt eine gezielte Stundenplanung eine wichtige Rolle. Eine ausgewogene Abfolge von ruhigeren, leiseren, vielleicht sogar ‚meditativeren‘ Phasen und aufgeregteren, im positiven Sinne lauten, von Interaktion und Bewegung geprägten Momenten im Unterricht kann dabei helfen, dass auch über lange Schultage (ganz besonders in Ganztagsschulen! ) Lernende konzentriert und motiviert bleiben können. Hier sind die zwei sich ergänzenden Konzepte von Stirrers und Settlers zur Klassifikation und Auswahl von Unterrichtsaktivitäten von großem Nutzen (vgl. Clarke 2010). Grundsätzlich wären in diesem Kapitel beschriebene Elemente aus der Suggestopädie eher den Settlers, also den Ruhephasen, zuzuordnen: Hör- und Leseverstehensübungen mit ruhiger Hintergrundmusik-- inklusive konzentrierten Hörens von Liedern oder Geschichten, im Sitzen oder vielleicht sogar Liegen- - auch individuelle Schreibaufgaben zu langsamer Musik gehören hierzu. Die dem TPR inhärente Bewegung würde zu den Stirrers gehören, ‚aufrührende‘ Phasen, in denen Lerner überschüssige Energie loswerden können und aus der Starre des ewigen Sitzens befreit werden. Doch nicht alles ist schwarz und weiß oder nur settling oder stirring: ruhige, von meditativer Hintergrundmusik begleitete Yogaübungen, angeleitet in der Fremdsprache, können im Prinzip beide Bedürfnisse- - nach Ruhe und Bewegung- - gleichzeitig abdecken. Wenn Lernende mit Fragen und ‚Schauspielern‘ aktiv ins Geschichtenerzählen eingebunden werden, wird es auch laut und bewegt, auch wenn der Fokus noch auf dem Hörverstehen liegt-- was üblicherweise als Settler klassifiziert wird. Wo auch immer genau die Klassifizierungslinien verlaufen, beide Pole können hilfreich sein, negative Emotionen, Anspannung und Stress abzubauen und somit für ein besseres Lernklima zu sorgen. Der Erfolg liegt in der Balance von beidem: Ruhe und Bewegung. Bei allen Vorteilen, die Ansätze in dieser Richtung bieten, gibt es auch mögliche Nachteile: Nicht in allen Klassenräumen ist genug Platz, um ausladende Bewegungen zu machen. Eventuell muss auf Turnhalle oder Schulhof ausgewichen werden, was natürlich ein Mehr an Organisation und Planung verlangt. Ein anderes Problem ist, dass manche Kinder und Jugendliche tatsächlich totale Stille brauchen, um arbeiten zu können; gerade die Musiker unter ihnen lassen sich möglicherweise leichter ablenken, da sie genauer auf musikalische Motive achten. Aus eigener Erfahrung als Lehrerin konnte ich einmal erleben, dass in einer großen Lernergruppe, in der fast alle zufrieden mit klassischer Klaviermusik im Hintergrund konzentriert schrieben, ein Student fragte, ob er bitte draußen vor der Tür weiterschreiben <?page no="218"?> 219 5 Musikbeispiele könne-- er könne sich unmöglich bei der Musik konzentrieren. Ebenso werden verschiedene Musikgeschmäcke in Zeiten der täglich individueller abstimmbaren Dauerberieselung per Smartphone leicht in Konflikt geraten. Klar ist es, dass möglicherweise alle Anwesenden in einem Klassenzimmer mit unterschiedlichen Emotionen und Stimmungen auf die ausgewählte Musik reagieren. Was eine als schön und beruhigend empfindet, mag dem anderen depressiv und verstaubt vorkommen. Sollten wir deshalb auf Synchronisierung von Musik für alle gänzlich verzichten und es jedem erlauben, sein eigenes Gerät mit Kopfhörern einzustellen? Wenn überhaupt, sicher nicht immer. Denn die Vorteile gemeinsamen Musikerlebens für das Sozialleben und die gelungene Koordination im Unterricht sind vielfältig: Musikalische Signale ‚läuten‘ bestimmte Unterrichtsphasen und Routinen ein und unterstützen so die Einhaltung von Gruppenregeln; die synchronisierte Bewegung zu Musik und Text fordert alle dazu auf, sich aufeinander einzustellen und schweißt so die Klassengemeinschaft zusammen. Musik ist sogar in der Lage, den Herzschlag der gesamten Lernergruppe auf den gleichen Puls zu bringen (Anderson 2009). Das Fremdsprachenlernen findet so im Kontext eines positiven Gruppenerlebnisses statt, das für das weitere Lernen, für Interaktion und Zusammenarbeit von großem Nutzen ist. Wie bei einem Konzert, das uns energiegeladen nach Hause schickt, kann es auch im Unterricht heißen: „¡Y ahora todos juntos! “-- „Und jetzt, alle zusammen! “ 5 Musikbeispiele Blades, Rubén / Colón, Willie (1978): „Pedro Navaja”. Album: Siembra. Fania Records. https: / / www. youtube.com/ watch? v=ZY0vaMugAOM&list=RDZY0vaMugAOM Jara, Víctor (1972). „Luchín“. Album: La Población. Odeon. https: / / www.youtube.com/ watch? v=- EHcnR9J9-rk 6 Literaturtipps Fonseca-Mora, M. Carmen, Toscano-Fuentes, Carmen, Wermke, Kathleen (2011). Melodies That Help: The Relation between Language Aptitude and Musical Intelligence. Anglistik: International Journal of English Studies. 22(1): 101-118. Ray, Blaine, Seely, Contee (1997). Fluency through TPR Storytelling. Achieving Real Language Acquisition in School. (5. Auflage). Berkeley, CA : Command Performance Language Institute and Bakersfield, CA : Blaine Ray Workshops. <?page no="220"?> 221 1 Neulich im Französischunterricht Chansons im Französischunterricht Aline Willems Abstract Dieser Beitrag setzt sich mit dem Einsatz von Chansons 1 im Französischunterricht in der Primar- und Sekundarstufe auseinander. Dazu wird der Blick zunächst auf die Textsorte Chanson selbst gelenkt und es werden die unterschiedlichen Aspekte beleuchtet, die ein Chanson ausmachen, die aber auch einen Einfluss auf die Textauswahl und Unterrichtsgestaltung haben. Anschließend werden Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht für die Primar- und Sekundarstufe diskutiert sowie entsprechende Materialangebote vorgestellt. Eine exemplarische Präsentation dreier Chansons als konkrete Unterrichtsvorschläge sowie eine Zusammenfassung der Kerngedanken zu Chansons im Französischunterricht schließen den Beitrag ab. 1 Neulich im Französischunterricht 2 Die Lehrkraft betritt den Raum und verteilt einen Lückentext, dessen Layout alle Schülerinnen und Schüler sofort erkennen lässt, dass es sich um ein Chanson handelt. Einige Minuten später ertönt die Stimme Edith Piafs aus zwei kleinen Computerlautsprechern. Nach dem ersten Anhören fragt die Lehrkraft, ob alle Lücken ausgefüllt werden konnten und man zur Ergebnissicherung übergehen könne. Die Schülerinnen und Schüler protestieren vehement und fordern einen erneuten Hördurchlauf, der ihnen gewährt wird. Nach insgesamt 15 Minuten wurde das Stück viermal angehört, alle im Text fehlenden Wörter konnten herausgehört und zusammengetragen werden. Ende der Unterrichtssequenz. Ja, kann man machen. Aber es bleiben evtl. Fragen bei den ein oder anderen Schülerinnen und Schülern offen: ▶ Wer ist eigentlich diese Mme Piaf ? ▶ Wovon handelt das Lied denn wirklich? ▶ Ist das Lied, ist die Sängerin in Frankreich auch bekannt oder hören wir das nur, weil unsere Lehrkraft ein Fan davon ist? ▶ Wann ist das Lied entstanden und hat das einen Einfluss auf seine Botschaft? 1 Der Terminus Chanson unterliegt keiner einheitlichen Definition (vgl. u. a. Haworth 201: 2). Der nachfolgende Beitrag basiert auf einer weitgefassten Definition des Chansons als jeglichem französischsprachigen Liedgut (vgl. z. B. Gourvennec 2017, Boiron o. J., Mösel 201). Es lassen sich aber auch Bezüge zum Genre Singer / Songwriter (z. B. Calvet 2008, Robine & Hidalgo 200) oder zur historisch zu verortenden Troubadourlyrik definieren (vgl. z. B. Calvet 2013, Dicale 2010, Michels 1995: 125; insbesondere zur Troubadourdichtung vgl. bspw. Felbeck / Kramer 2008). 2 Disclaimer: Dies ist eine fiktive Situation und bildet nicht die überwiegende Realität des Französischunterrichts ab. Im Gegenteil: Die zahlreichen im Beitrag vorgestellten Unterrichtsmaterialien verdeutlichen, dass Chansons heute im Französischunterricht bereits unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte behandelt werden. <?page no="221"?> 222 Chansons im Französischunterricht ▶ Hören alle Menschen in Frankreich solche Art von Musik oder gibt es da auch andere Musik? ▶ Warum klingt die Melodie so traurig? Passt das eigentlich zum Text? In diesen Fragen, die auch weit umfangreicher ausfallen könnten, zeigt sich bereits, wie vielschichtig die Textsorte Chanson von Natur aus ist. Ihre Multimodalität bietet demnach ein reichhaltiges Angebot zum Einsatz der einzelnen Werke im Französischunterricht, gleichzeitig stellen sich dadurch aber ebenso Herausforderungen, die die Lehrkraft bei der Textauswahl nicht außer Acht lassen sollte: ▶ Ist der dargebotene Text für die Lerngruppe verständlich? ▶ Besitzt der Inhalt einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler? ▶ Entspricht das Chanson dem mehrheitlichen Musikgeschmack der Lerngruppe? Soll / te es das überhaupt? ▶ Wie repräsentativ ist das Chanson für seine Gattung / Zeit? ▶ … All jene und weitere Fragen berücksichtigt die nachfolgende Auseinandersetzung, damit Lehrkräfte sie für jedes ausgewählte Chanson für ihren Unterricht selbst beantworten können. 2 La chanson: qu’est-ce que c’est? Definitionsansätze und Auswahlkriterien Zahlreiche Autorinnen und Autoren haben sich im Hinblick auf unterschiedliche Leser- und Leserinnenkreise immer wieder der Aufgabe gewidmet, eine Definition des französischen bzw. französischsprachigen Chansons aufzustellen, indem sie z. B. notwendige bis potentielle Charakteristika zusammengetragen oder die Gattung aus unterschiedlichen Blickwinkeln wie ihrer historischen Entwicklung respektive der Bedeutung der Werke als „patrimoine collectif commun des Français“ (Boiron o. J.) untersucht haben (vgl. Zürn 2017: 19, Cuenat 2017, Siclier 201, Popa 2010 / 11, Médioni 2010). Dies führt zu Ergebnissen, die von „Romane in Noten“ (Popa 2010 / 11: 2) bis hin zu „un système complexe articulant trois composantes nécessaires intererreliées“ (Gourvennec 2017: 33) reichen-- nämlich bezüglich Text, Musik / Melodie und Interpretin bzw. Interpret. Das letztgenannte Beispiel soll nachfolgend als Ausgangsbasis dienen, um sowohl die Charakteristika des Chansons näher zu beleuchten als auch gleichzeitig aufzuzeigen, welche Aspekte im Französischunterricht von Bedeutung sein sollten bzw. könnten, wenn ein Chanson als Gesamtkunstwerk und nicht nur als Spender sprachlicher Mittel betrachtet wird. 3 Der Text eines Chansons erfüllt einige Kriterien, 4 die sich im Rahmen des Französischunterrichts vorteilhaft nutzen lassen: Er ist in der Regel relativ kurz und bereits durch seine mehrheitliche Gliederung in Strophen vorstrukturiert. Meist lassen sich die Strophen in Verse 3 Für weitere Informationen zur Material- und Medienauswahl im Fremdsprachenunterricht siehe auch Roche (201). 4 Zu den Kriterien des Chansons auf Text-, Musik- und Interpretinnen- und Interpretenebene vgl. z. B. Gourvennec (2017: 33-44). <?page no="222"?> 223 2 La chanson: qu’est-ce que c’est? Definitionsansätze und Auswahlkriterien und einen Refrain unterteilen, wobei die Wiederholungen des Refrains sich wiederum positiv auf das Verstehen auswirken können. Auf phonetischer Ebene lassen sich meist Reime am Versende oder Klangähnlichkeiten innerhalb der Verse finden, die wiederum im Zusammenhang mit der verwendeten Musik stehen können. Die im Text eingesetzten Worte sind auch inhaltlich auf mehreren Ebenen von Bedeutung: So manifestiert sich durch sie zum einen das Thema des Chansons, zum anderen beinhaltet das verwendete sprachliche Register potentiell mitschwingende Botschaften, die es zu entschlüsseln gilt, oder verdeutlicht den intendierten Adressatinnen- und Adressatenkreis. Ebenso kann die Syntax, die bereits durch die Versform von den allgemeinen Regeln abweichen kann, zu einer Verstärkung der künstlerischen Botschaft beitragen. Diese grammatikalischen und lexikalischen Aspekte können ein Chanson zu einem leichter zugänglichen Text im Vergleich zu einem Fließtext für Lernende machen, sie können das Verständnis aber genauso erschweren und sollten bei der Auswahl durch die Lehrkraft nicht unterschätzt werden. Es gilt demnach, ein französischsprachiges Chanson zunächst im Hinblick auf seine Adressatenorientierung bezüglich der sprachlichen Vorkenntnisse der Lernenden zu untersuchen und die Fragen zu beantworten, ob sich durch dessen Einsatz eine sprachliche Progression erreichen lässt oder ob das sprachliche Niveau des Chansons ggf. zu weit von den vorhandenen Kompetenzen der Lerngruppe abweicht. Der zweite Bestandteil, durch den sich ein Chanson auszeichnet, ist die musikalische Gestaltung, die den präsentierten Text entweder verstärken oder in Opposition zu diesem stehen kann. Man denke hier z. B. an einen Text, der Emotionen wie Traurigkeit evozieren kann, gepaart mit einer fröhlich anmutenden Melodie. Der Umfang, in welchem sich die Musik des Chansons im Französischunterricht analysieren lässt, ist-- abgesehen vom intendierten Lernziel-- einerseits vom sprachlichen Niveau der Lernenden abhängig, sofern man zu diesem Zweck nicht vorübergehend in die Vehikularsprache der Lerngruppe wechseln möchte, und andererseits von der musikalischen Vorbildung der Lehrperson. Doch unabhängig von der musikalischen bzw. musikwissenschaftlichen Analysetiefe sollten keinesfalls die bei den Zuhörerinnen und Zuhörern durch die Musik hervorgerufenen Emotionen außer Acht gelassen werden, die sich auch ohne den Einsatz musikalischer Fachtermini besprechen lassen. Dazu kann u. a. auf die verwendeten Instrumente, den Rhythmus, das musikalische Genre, die Melodie- und Lautstärkeführung oder das Zusammenspiel zwischen Text und Musik geachtet werden. Um die Schülerinnen und Schüler in der Entwicklung einer musical literacy, 5 also einer musikalischen Bildung im weitesten Sinne, zu unterstützen, ist es von besonderer Bedeutung, das Gehörte verbalisieren zu können. Im Fremdsprachenunterricht 5 Musical literacy meint nicht in erster Linie die Fähigkeit, Noten lesen zu können bzw. selbst anhand derer zu musizieren, sondern wird eher analog zu in der Fremdsprachendidaktik etablierten Konstrukten der multiple literacies (vgl. z. B. Kupetz 2017) wie z. B. der visual literacy (vgl. z. B. Hecke 2017) verstanden. Dabei kann musical literarcy als Erweiterung der audio literacy (vgl. u. a. Blell 2017) betrachtet werden. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Konstrukt der musical literacy vgl. Mills & McPherson (200). <?page no="223"?> 224 Chansons im Französischunterricht sollten demnach die benötigten sprachlichen Mittel  ebenso im Voraus erarbeitet wie in der Analyse angewendet werden. Die dritte Ebene, durch die jedes Chanson seine individuelle Wirkkraft entfaltet, ist diejenige des Interpreten und der Interpretin bzw. der Interpreten und Interpretinnen. Dabei ist im Vorfeld zu recherchieren, ob Autorinnen und Autoren sowie Interpretinnen und Interpreten übereinstimmen, ob es ggf. unterschiedliche Interpretinnen und Interpreten beispielsweise in Form von Coverversionen gibt und wie die Rezeption des Chansons dadurch beeinflusst werden könnte. Denn erfahrungsgemäß wird die Ebene der Interpretin oder des Interpreten eher selten in der Arbeit mit einem Chanson im Französischunterricht berücksichtigt, wie u. a. zahlreiche Unterrichtsbeispiele belegen (vgl. z. B. Blume 201, Falkner 201, Ferger / Ferger 201, Wulf 2017, Wollin 201), wenn die Lernziele beispielsweise eher auf Ebene des Textinhaltes angesiedelt sind. Gleichwohl haben die individuellen Charakteristika der Stimme / n bzw. die Art und Weise deren Einsatzes zur künstlerischen Gestaltung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Rezeption des Chansons in seiner Gesamtheit und sollten darum-- nach Erwerb der dazu benötigten sprachlichen Mittel-- in den Unterrichtsdiskurs integriert werden (so z. B. in den Unterrichtsvorschlägen von Ivanovitch-Lair 201, Mösel 201, Schillmöller 2015). Ebenso wie die Text- und Musikebene können die jeweiligen Interpretinnen und Interpreten das Hören und Verstehen eines Chansons im Französischunterricht durch ihre Stimme(n), ihre potentiellen Akzente, die individuellen Gesangsweisen oder Lautstärken vereinfachen oder erschweren und sollten darum bei der Chansonauswahl berücksichtigt werden. Weitere Faktoren, die Auswirkungen auf die Unterrichtsgestaltung haben können, sind u. a. die Disponibilität (z. B. auf Vinyl oder CD , mittels Streaming im Internet etc.) und die damit in Zusammenhang stehenden potentiellen juristischen Einschränkungen, die Aufzeichnungsbzw. Präsentationsweise (z. B. im Studio oder live aufgenommen, Videoclip vorhanden), 7 der Grad der Beliebtheit (Verkaufs-/ Streamingzahlen, Anzahl der Klicks, Hitlisten von Radiosendern etc.) oder die Verfügbarkeit an zusätzlichen Informationen zum Chanson (bspw. Liedtext, Interpretationsansätze), dessen Interpretinnen und Interpreten bzw. Autorinnen und Autoren respektive zu kulturellen und geschichtlichen Hintergründen, mit denen das Chanson in Beziehung steht (zur „complexité externe“ des Chansons vgl. beispielsweise Gourvennec 2017: 47-74). Da der heutige Französischunterricht gemäß den aktuellen methodisch-didaktischen Prinzipien der Handlungs-, Lerner-, Prozess-, Inhalts- und Aufgabenorientierung sowie Ganzheitlichkeit und Motivierung gestaltet werden sollte (vgl. z. B. Reinfried 2017), muss bei der Chansonauswahl ebenfalls stets überlegt werden, ob bzw. auf welche Art und Weise sich diese Leitgedanken beim Einsatz eines Chansons umsetzen lassen. Besonders die Frage  Musikalische Amateurinnen und Amateure finden zur Unterrichtsvorbereitung z. B. in Gourvennec (2017) zahlreiche ggf. benötigte französische Termini in übersichtlichen Tabellen / Schemata präsentiert, die das Verständnis erleichtern und das einzelne Nachschlagen aller Begriffe ersetzen bzw. reduzieren können. 7 Für weitere Informationen zur Auswirkung der Aufzeichnungsbzw. Präsentationsweise auf die Unterrichtsplanung vgl. z. B. Gourvennec (2017: 75-94). <?page no="224"?> 225 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht nach der Lernerorientierung ist an dieser Stelle von hoher Bedeutung, denn grundsätzlich gilt es zu entscheiden, ob ein Chanson den mehrheitlichen musikalischen Vorlieben und Hörgewohnheiten der Lerngruppe entsprechen und beispielsweise eher aktueller Natur sein sollte oder ob- - die Gefahr des ‚Nicht-Gefallens‘ in Kauf nehmend- - auf ältere Titel bzw. Interpretinnen und Interpreten zurückgegriffen wird, welche beispielsweise als Teil des kollektiven Gedächtnisses einer frankophonen Teilkultur gelten und somit zum Ausbau des soziokulturellen Orientierungswissens der Schülerinnen und Schülern gemäß den Bildungsstandards 8 ( KMK 2004: 14-15, KMK 2004a: 1-17, KMK 2012: 19-20) beitragen können. Um die Motivation bei den ersten Kontakten mit französischsprachigen Chansons nicht bereits langfristig zu gefährden, bietet sich in dieser Situation eine verstärkte Fokussierung der Interessen der Lernenden und des entsprechenden Lebensweltbezuges an. Darüber hinaus kann das Interesse an der Musik der Zielsprachenkultur(en) auch dadurch gefördert werden, dass die Schülerinnen und Schüler die Auswahl-- unter Umständen unterstützt durch vorgegebene Kriterien bzw. potentielle Quellen-- selbst treffen dürfen oder in der Lerngruppe eine Hitliste etabliert wird (vgl. z. B. Cuénat 2017, Krieb / Mockenhaupt 2017: 77). Aufgrund der Fülle des Angebotes lassen sich schließlich mit französischsprachigen Chansons jegliche im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (nachfolgend GeR, Europarat 2001, Council of Europe 2018) bzw. in den Bildungsstandards ( KMK 2004, KMK 2004a, KMK 2012) definierten Kompetenzbereiche fördern und darüber hinaus fächerübergreifende Inhaltsbereiche, welche beispielsweise die Kultusministerkonferenz (nachfolgend KMK ) in den Feldern Berufliche Orientierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, 9 Demokratie- und Europabildung oder Medienbildung verortet und nachdrücklich zur Behandlung in Schulen empfiehlt (vgl. KMK o. J.), im Französischunterricht umsetzen. Nachfolgend sollen zunächst allgemeine Einsatzmöglichkeiten vorgestellt und anschließend um konkrete Unterrichtsvorschläge ergänzt werden. 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht Französischunterricht, der die Sprechfertigkeit der Schülerinnen und Schüler fördern möchte, greift seit jeher auf Chansons der Zielsprache zurück (vgl. z. B. Boerner 1892, Kühn 1887, Kühn 1887a). Während dabei bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts die Beschäftigung mit chansons folkloriques dominierte (vgl. z. B. Klenk-Lorenz 200: 33), konzentriert sich die Mehrheit der aktuellen Publikationen zum Einsatz von Chansons im Französischunterricht auf eher aktuelle Veröffentlichungen, um näher an der Lebenswelt der Lernenden zu agieren (vgl. Nieweler 2009; zahlreiche Beiträge in den vergangenen Jahren u. a. in Babylonia, 8 In der Regel wird zur Legitimation des unterrichtlichen Vorgehens der jeweilige Lehrplan eines Faches des zugehörigen Bundeslandes herangezogen. Wenngleich diese Lehrpläne meist detaillierter gestaltet sind als die hier verwendeten bundeseinheitlichen Bildungsstandards, wird zur Vermeidung einer regionalen Spezifizierung auf die entsprechenden KMK -Beschlüsse zurückgegriffen. 9 Bildung für nachhaltige Entwicklung lässt sich auf internationaler Ebene in die Post-2015-Entwicklungsagenda der Vereinten Nationen einbinden und verfügt in Deutschland über einen eigenständigen Orientierungsrahmen der KMK (vgl. KMK 201), welcher Einfluss auf alle Fächer nehmen sollte. <?page no="225"?> 226 Chansons im Französischunterricht Der fremdsprachliche Unterricht Französisch, Praxis Fremdsprachenunterricht Französisch, Französisch heute). Darum soll kurz näher untersucht werden, welche Anforderungen der Bildungsstandards (s. dazu auch Fußnote 8) sich unter Einbezug französischsprachiger Chansons im Unterricht fördern lassen. 3.1 Chansons im Französischunterricht der Primarstufe am Beispiel des Saarlands Da für die Primarstufe keine Bildungsstandards für den Fremdsprachenunterricht existieren (vgl. KMK o. J.), im Saarland aber fast alle Schülerinnen und Schüler ab der dritten Klasse Französischunterricht erhalten, wird an dieser Stelle zur Legitimation des Einsatzes von Chansons auf den entsprechenden Kernlehrplan des Saarlands zurückgegriffen ( SM fB 2011). Für den Französischunterricht in der dritten und vierten Klasse im Saarland werden folgende didaktisch-methodische Grundprinzipien formuliert: Vorrang der Mündlichkeit, ‚Sprachbad‘, vom Hören zum Sprechen, Fehlertoleranz, Français en classe-- Ritualisierung, vom Mündlichen zum Schriftlichen, Sprachbewusstsein, Spiralcurriculum und Handlungsorientierung ( SM fB 2011: 5-7). Ziel ist dabei die Fähigkeit zur Bewältigung fremdsprachlicher Situationen unter Einbezug der vier Grundfertigkeiten Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben sowie der interkulturellen Kompetenz. Parallel dazu sollen Sprachlernstrategien entwickelt und die Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden ( SM fB 2011: 8). Untersucht man die konkreten Kompetenzerwartungen, finden sich zahlreiche Aspekte, die sich in der Auseinandersetzung mit Chansons erfüllen lassen bzw. an einigen Stellen wird auch direkt auf die Verwendung von Kinderliedern und Singspielen hingewiesen, z. B.: Kompetenzbereich Sprechen Kompetenzerwartungen Zur Umsetzung Die Schülerinnen und Schüler können … bekannte, eingeübte Wörter, Strukturen, Reime oder Lieder korrekt nachsprechen oder auswendig wiedergeben Lautschulung: ▶ variierendes Chorsprechen (plus / moins fort, tous les garçons, toutes les filles, toute la classe) […] ▶ Lieder bekannte Sachverhalte szenisch darstellen ▶ Singspiele (Nous faisons la ronde) ▶ Puppenspiele (les guignols) ▶ Bewegungsspiele (Jean Petit qui danse; tête, épaules, jambes et pieds; Jacques a dit) ▶ Liedauslassungen ergänzen (Savez-vous planter les choux? On les plante avec …) Tab. 1: Auszüge aus dem Kernlehrplan Französisch Klasse 3 / 4 des Saarlands - Kompetenzbereich Sprechen ( SM fB 2011: 10, 12) <?page no="226"?> 227 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht Kompetenzbereich Interkulturelles Lernen Kompetenzerwartungen Zur Umsetzung Die Schülerinnen und Schüler können … typische altersgemäße französische Lieder, Reime, Bilderbücher nennen und ansatzweise wiedergeben. Erwerb von landeskundlichem Orientierungswissen durch Einsatz authentischer Materialien, z. B. CD , DVD , Videos, Comics, Zeitschriften, Bilderbücher, Hörkassetten, Internetseiten, Werbung, Chansons, Lieder, Frankreichkarte Tab. 2: Auszüge aus Kernlehrplan Französisch Klasse 3 / 4 des Saarlands - Kompetenzbereich Interkulturelles Lernen ( SM fB 2011: 15) Interessanterweise schlägt das französische Bildungsministerium für den Grundschulbereich ebenfalls die Beschäftigung mit französischsprachigen Kinderliedern vor, um die Schülerinnen und Schüler im Musikunterricht im Bereich des patrimoine culturel français weiterzubilden (vgl. z. B. Cotte 200). Wenngleich die ausgewählten Lieder, wie z. B. „Au claire de la lune“, „Le bon roi Dagobert“ oder ein Auszug aus der „Marseillaise“, für eine mehrheitlich muttersprachliche Lerngruppe bestimmt sind, lassen sich einige der für den Cycle 1 angegebenen ebenfalls im Französischunterricht der Grundschule in Deutschland einsetzen, um die funktionalen kommunikativen Kompetenzen zu fördern und gleichzeitig im Kompetenzbereich Interkulturelles Lernen essentielles französisches Kulturgut kennen zu lernen. Exemplarisch sei hier auf „Une souris verte“ verwiesen, ein französisches Kinderlied aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert, welches als „connue dans les régions de France et dans certains pays francophones“ (Cotte 200: 1) beschrieben wird: Une souris verte Une souris verte Qui courait dans l’herbe Je l’attrape par la queue, Je la montre à ces messieurs Ces messieurs me disent Trempez-la dans l’huile, Trempez-la dans l’eau, Ça fera un escargot tout chaud. Je la mets dans un tiroir Elle me dit qu’il fait trop noir Je la mets dans mon chapeau, Elle me dit qu’il fait trop chaud-[…] (vgl. z. B. Dessine-moi une histoire 2017) Durch visuelle Unterstützungen lässt sich der Inhalt des Liedes schnell erarbeiten und im Internet sind unzählige didaktisierte Materialien verfügbar, von Malvorlagen über kleine Videos, die den Inhalt in Zeichentrickform wiedergeben, bis hin zu Bastelanleitungen. Da das Lied selbst über diverse Endvarianten verfügt, lässt sich die Geschichte auch im Klassenraum von <?page no="227"?> 228 Chansons im Französischunterricht den Schülerinnen und Schülern in sprachlich analogen Formulierungen fortsetzen und / oder szenisch darstellen. Einschränkend ist anzumerken, dass nicht alle Wörter des Liedes den im Kernlehrplan vorgeschlagenen Sprechanlässen ( SM fB 2011: 1-21) zugeordnet werden können, aber diese müssen dann nicht unbedingt in den produktiven Wortschatz integriert werden. Wer von historischen Kinderliedern Abstand nehmen möchte, der kann wiederum auf ein reichhaltiges Angebot an Kinderlieder-Mitsing- CD s im Musikalien- und / oder Buchhandel zurückgreifen oder im Internet fündig werden (vgl. z. B. Chaveau 1999-201; Paroles2Chansons o. J.). Darüber hinaus lassen sich natürlich auch alle in der Lerngruppe gefeierten Feste, wie z. B. Geburts- und Feiertage, mit zugehörigen französischsprachigen Liedern bereichern oder Rituale etablieren, wie beispielsweise die morgendliche Begrüßung oder das Ende der Stunde. Da Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter dem Singen meist noch wesentlich aufgeschlossener gegenüberstehen als diejenigen in der Pubertät, bietet es sich an, die im Französischunterricht verwendeten Lieder nicht nur rezeptiv, sondern auch produktiv einzusetzen. Zu vielen Kinderliedern lassen sich Karaokeversionen oder, falls die Lehrkraft selbst ein Begleitinstrument spielen möchte, Liedtexte mit Noten finden. 3.2 Chansons im Französischunterricht in der Spracherwerbsphase der Sekundarstufe Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in Deutschland beginnt mit dem Französischunterricht erst ab der . oder 7. Klasse an einem Gymnasium, da Französisch überwiegend als 2., 3. oder n te Fremdsprache angeboten wird (vgl. Destatis 2018: 89-93). Das bedeutet, dass in den meisten Fällen die Spracherwerbsphase in den Zeitraum der Pubertät fällt und darum andere Methoden, didaktische Prinzipien, Ziele und Inhalte gefordert sind, als (noch) in der Grundschule. Dies drückt sich auch in den Bildungsstandards aus, in denen sich keine konkreten Bezüge zu Schlagworten wie ‚Chanson(s)‘ oder ‚Lied(er)‘ finden lassen. Lediglich an zwei Stellen wird jeweils exemplarisch auf den Einsatz von Musik Bezug genommen, nämlich in den im Anhang beigefügten Kompetenzbeschreibungen des GeR: Mündliche Interaktion allgemein B1 Kann sich mit einiger Sicherheit über vertraute Routineangelegenheiten, aber auch über andere Dinge aus dem eigenen Interessen- oder Berufsgebiet verständigen. Kann Informationen austauschen, prüfen und bestätigen, mit weniger routinemäßigen Situationen umgehen und erklären, warum etwas problematisch ist. Kann Gedanken zu eher abstrakten kulturellen Themen ausdrücken, wie z. B. zu Filmen, Büchern, Musik usw. Tab. 3: Auszug aus den Bildungsstandards der ersten Fremdsprache für den Mittleren Schulabschluss ( KMK 2004a: 76; eigene Hervorhebung) Spektrum sprachlicher Mittel - allgemein B1 Verfügt über ein hinreichend breites Spektrum sprachlicher Mittel, um unvorhersehbare Situationen zu beschreiben, die wichtigsten Aspekte eines Gedankens oder eines Problems mit hinreichender Genauigkeit zu erklären und eigene Überlegungen zu kulturellen Themen (wie Musik und Filme) auszudrücken. Tab. 4: Auszug aus den Bildungsstandards der ersten Fremdsprache für den Mittleren Schulabschluss ( KMK 2004a: 78; eigene Hervorhebung) <?page no="228"?> 229 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht Trotz des nur zweifachen Auftretens dieser Bezüge wird auch hier deutlich, dass Musik sowohl zur Förderung der funktionalen kommunikativen-- hier sind explizit Sprechen und sprachliche Mittel gemeint-- als auch der interkulturellen Kompetenz (inhaltliche Aussage Tab. 4) genutzt werden kann, wie die zahlreichen Unterrichtsbeispiele in den Fachzeitschriften zum Französischunterricht der letzten Jahre ebenfalls verdeutlichen. Da der Unterrichtsfokus während der Spracherwerbsphase stärker auf den funktionalen kommunikativen und methodischen Kompetenzen liegt als in späteren Lernjahren, werden Chansons hier auch eher zur Förderung eben jener genutzt als zum Ausbau der interkulturellen Kompetenzen, obwohl es als durchaus möglich erachtet wird, beide Ziele mittels eines musikalischen Werkes zu kombinieren, wie z. B. einige der Unterrichtsvorschläge der TV 5 Monde Website Apprendre le Français erkennen lassen: Wenngleich die Lieder, welche mit didaktisierten Materialien und einer Transkription des Textes versehen sind, die sich an Lernende auf dem GeR-Niveau A1 richtet, ausschließlich die reinen sprachlichen Kompetenzen fördern möchten, lassen sich ab der Stufe A2 bereits neben den sprachlichen auch die interkulturellen Fähigkeiten ausbauen (bspw. mit „La même“-- Maître Gims ft. Vianney oder „Le plus fort du monde“-- Black M; darüber hinaus auch mit weiteren der hier verfügbaren Chansons, wenn die angebotenen Materialien selbständig erweitert werden, z. B. „Les héros de Barbès“-- Juniore oder „La vie c’est quoi? “-- Aldebert). Wer Chansons sucht, die sich sehr stark auf den Bereich der sprachlichen Mittel konzentrieren, der kann unter Umständen auf dem Markt für muttersprachliche Französischlernende fündig werden, sofern die intendierte Lerngruppe durch die Fülle an in den Liedern enthaltenen Regeln und Tipps nicht überfordert wird: Beispielsweise bietet die CD L’orthographe en chansons (Rollin 191) mehrere Titel, die auch nach der Orthographiereform von 1990 und deren verstärkter Umsetzung in den französischen Schulbüchern in den letzten Jahren noch einsetzbar sind. Darüber hinaus bietet auch Jean-Vincent Vanier in seinem Blog Apprendre l’orthographe en s’amusant derzeit 25 Chansons an, die dieses Ziel verfolgen (vgl. Vanier 2018). Anders als beim zuvor vorgestellten Angebot des Fernsehsenders müssen die benötigten didaktisierten Materialien zum Einsatz der jeweiligen Chansons hier von den Lehrkräften vollständig selbst erstellt werden, lediglich die Liedtexte werden mitgeliefert. Carmen Vera Pérez stellt auf ihrer Website La chanson en FLE 10 ebenfalls eine gut sortierte Sammlung an Chansons zur Förderung der unterschiedlichen Kompetenzbereiche, geordnet nach Teillernzielen, zur Verfügung und versieht die entsprechenden Liedtexte direkt mit zugehörigen Aufgabenstellungen, die online gelöst werden können, um ein unmittelbares Feedback zu erhalten. Zwischen 1992 und 2015 erschienen insgesamt neun Ausgaben einer französischsprachigen Chansonsammlung unter dem Titel Génération française auf CD , die speziell für den französischen Fremdsprachenunterricht zusammengestellt wurden und die aktuelle frankophone Musikszene abbilden sollten. Lehrkräfte erhielten in einem Begleitheft Zusatzinformationen zu den Chansons sowie Unterrichtsvorschläge. Zwischenzeitlich wurde das Konzept an die digitale Welt adaptiert und in eine App transferiert, welche kostenfrei für Android- und 10 FLE ist die hoch frequente Abkürzung für „français langue étrangère“ also Französisch als Fremdsprache. <?page no="229"?> 230 Chansons im Französischunterricht i OS -Verwenderinnen und -verwender angeboten wird. Unter der Federführung des Institut français werden den Nutzerinnen und Nutzern, wie bisher von der CD -Reihe gewohnt, französischsprachige Chansons präsentiert, zu denen die Sprachhochschule CAVILAM -- Alliance Française fiches pédagogiques erstellt hat (vgl. Institut français o. J.). Wer vollkommen auf vorgefertigtes Material verzichten möchte, findet auf der vom Institut français betriebenen Website Culturethèque stets die neuen Veröffentlichungen des frankophonen Musikmarktes, geordnet nach Genres oder Themen. Ebenso werden dort diverse Zeitschriften präsentiert, die sich mit einzelnen Aspekten der französischsprachigen Musikwelt auseinandersetzen. Interessierte können darin u. a. Hintergrundinformationen zur eigenen Weiterbildung aber auch-- ggf. nach entsprechender Adaption-- zum Einsatz im Französischunterricht finden. Wer lieber in der analogen Welt nach Ideen oder Materialien zum Einsatz von Chansons im Französischunterricht sucht, der findet bei Nieweler (2009) einige Anregungen zu-- inzwischen nicht mehr ganz aktuellen- - Chansons, um sämtliche in den Bildungsstandards geforderte Kompetenzen zu fördern. Darüber hinaus hat Michel Boiron für den Klett Verlag unter dem Titel Label France zwei CD s mit französischsprachigen Chansons seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zusammengestellt und ein pädagogisches Begleitheft publiziert, das jedoch ausschließlich die jeweiligen Liedtexte und keine konkreten Unterrichtsmaterialien enthält (Boiron 2001, Boiron 2001a, Boiron 2008). 11 Diese sind allerdings eher geeignet, um die Lernenden an etwas ältere, aber dafür in der französischen Kultur zum Teil fest verankerte Chansons, wie bspw. „Comme d’habitue“-- Françoise Hardy, „Comic strip“-- Serge Gainsbourg, „Göttingen“-- Barbara, „Je te donne“-- Jean-Jacques Goldman oder „Petite Marie“-- Francis Cabrel, heranzuführen. Da sie auch erst für den Einsatz ab dem 4. Lernjahr empfohlen werden (Boiron 2001, Boiron 2001a), unterstützen sie die Spracherwerbsphase nur bedingt. 3.3 Chansons im Französischunterricht im Anschluss an die Spracherwerbsphase der Sekundarstufe Wenngleich die Förderung der interkulturellen Kompetenz bereits vom Beginn des Fremdsprachenunterrichts an berücksichtigt wird, so bedingt eine vertiefte Auseinandersetzung mit deren Aspekten doch ein gewisses Maß an fremdsprachlichen Ausdrucksfähigkeiten, sofern die Thematik nicht in der sonstigen Gemeinschaftssprache der Lerngruppe behandelt wird, wie sich in den Beschreibungen der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss erkennen lässt: Interkulturelle Kompetenzen sind mehr als Wissen und mehr als eine Technik. Sie sind auch und vor allem Haltungen, die ihren Ausdruck gleichermaßen im Denken, Fühlen und Handeln und ihre Verankerung in entsprechenden Lebenserfahrungen und ethischen Prinzipien haben. Interkulturelle Kompetenzen beinhalten Einsicht in die Kulturabhängigkeit des eigenen Denkens, Handelns und 11 Gleichwohl muss angemerkt werden, dass die CD s selbst meist nur noch gebraucht zu erwerben oder in Bibliotheken ausleihbar sind. Das Internet-- und in vielen Fällen sicher auch die privaten Musiksammlungen der Französischlehrkräfte- - bieten jedoch alternative Wege, die Chansons für den Unterricht verfügbar zu machen. <?page no="230"?> 231 3 Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht Verhaltens sowie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Wahrnehmung und Analyse fremdkultureller Perspektiven. ( KMK 2004a: 1) Insbesondere in der Sekundarstufe II -- hier für die fortgeführte nicht neu einsetzende Fremdsprache-- wird in diesem Zusammenhang auch auf die Analyse- und Interpretationsfähigkeit fremdsprachiger Texte hingewiesen: Die Schülerinnen und Schüler können in direkten und in medial vermittelten interkulturellen Situationen kommunikativ handeln. Dies bezieht sich auf personale Begegnungen sowie das Verstehen, Deuten und Produzieren fremdsprachiger Texte. Die Schülerinnen und Schüler greifen dazu auf ihr interkulturelles kommunikatives Wissen zurück und beachten kulturell geprägte Konventionen. Dabei sind sie in der Lage, eigene Vorstellungen und Erwartungen im Wechselspiel mit den an sie herangetragenen zu reflektieren und die eigene Position zum Ausdruck zu bringen. ( KMK 2012: 19; eigene Hervorhebung) Chansons bieten sich in diesem Zusammenhang besonders an, weil sie einerseits eine Kleine Form, 12 also einen Kurztext, darstellen, und andererseits durch ihre Multidimensionalität (z. B. Textebene, musikalische Ebene, Ebene der Intertpretinnen und Interpreten) eine Vielzahl an Interpretationsansätzen eröffnen. Gleichzeitig ermöglichen sie nicht nur die Förderung der durch die Operatoren „Verstehen“ und „Deuten“ ( KMK 2012: 19) gefassten Teilkompetenzen, sondern können den Lernenden auch im Bereich des „Produzieren[s]“ (ibid.: 19) neue Tätigkeitsfelder anbieten, die zur Erweiterung musikalischer und ästhetischer sowie sprachlicher und interkultureller Kompetenzen einladen. Aufgabenstellungen können in diesem Zusammenhang vom Umbzw. Neubetexten eines bereits existierenden Chansons bis hin zur Eigenproduktion kompletter Chansons und beispielsweise zugehöriger Videoclips lauten. Im Fall solch ausgedehnter, projektartiger Beschäftigung mit französischsprachigem Liedgut wäre unter Umständen eine fächerübergreifende Unterstützung der Lernenden z. B. durch Einbezug von Fachkolleginnen und Fackkollegen des Musikunterrichts bzw. Expertinnen und Experten der Medienarbeit sinnvoll, es wäre aber für manch eine Lernende und einen Lernenden sicher ein Ansatz zur Motivationssteigerung. Um die mit sehr wahrscheinlich hohem Zeit- und Energieaufwand angefertigten Produkte entsprechend wertzuschätzen, wäre u. a. eine Teilnahme am seit 2005 jährlich stattfindenden Wettbewerb Chansons sans frontières in der Kategorie „Prix Jeune public“ für unter 20-Jährige, die auch die Möglichkeit bietet, Texte ohne eigene Musik einzureichen, denkbar (vgl. CSF 2017). Allerdings ist dabei anzumerken, dass die Veranstaltung in jedem Jahr unter einem bestimmten Motto steht, das sich in den Texten wiederspiegeln muss, d. h. sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrkraft können keine potentiell zum aktuellen Unterrichtsthema passenden Chansons entwickeln. Beispielsweise ist das Thema des 13. Wettbewerbs 2019 „Écrire une lettre à la Terre“, während die 12. Version unter dem Motto „Raconte-moi ton histoire“ oder die 11. unter „Toi et moi sur la Toile, si loin, si proche“ gestaltet wurden (vgl. CSF 2017)-- also alles thematische Felder, 12 Zu Theorie und Forschungsansätzen von Kleinen Formen im Unterricht vgl. bspw. das gleichnamige Graduiertenkolleg an der Humboldt Universität zu Berlin und dessen entsprechende Publikationen ( LWKF o. J.). <?page no="231"?> 232 Chansons im Französischunterricht die sich bspw. mit zahlreichen Abiturvorgaben vereinbaren lassen. Darüber hinaus wird der Terminus Chanson im Rahmen des Wettbewerbs enger definiert als beispielsweise in diesem Beitrag (vgl. u. a. Fußnote 1), so dass z. B. keine Raps oder Slams angenommen werden (für weitere Hinweise zu den Kriterien vgl. CSF 2017). Selbst wenn eine eigene Teilnahme an diesem Wettbewerb als zu ambitioniert oder zeitintensiv gelten könnte, bietet die zugehörige Website ( CSF 2017) zahlreiche Informationen an, die sich für den Unterricht nutzen lassen. Es werden u. a. zu den festgesetzten Themen bereits existierende Beispiel-Chansons aufgeführt. Schließlich sollte vor der Eigenproduktion französischsprachiger Chansons stets eine rezeptive Auseinandersetzung mit entsprechenden Werken des / der Zielkulturkreise(s) erfolgen. Doch Chansons bieten noch eine weitere, bisher teilweise vernachlässigte Einsatzmöglichkeit, denn sie können auch als Fenster in die Geschichte (vgl. bspw. Neis 201) bzw. in die historische Auseinandersetzung mit der Entwicklung des Nachbarlandes-- oder anderer frankophoner Länder und Gesellschaften-- bis hin zu den deutsch-französischen Beziehungen genutzt werden, welche in zahlreichen Bundesländern aktuell und in naher Zukunft einen mehr oder minder großen Teil der Abiturvorgaben ausmachen (vgl. u. a. MSB _ NRW 201, MSB _ NRW 2017, MSB _ NRW 2018, SM fB 2015, NSKM 201). Einen Überblick der für einzelne Epochen bedeutenden Werke bietet z. B. die kommerzielle Website Histoire de France en Chansons ( HFC 201) an. Auf der vom französischen Bildungsministerium herausgegebenen Seite Ces chansons qui font l’histoire-- Les chroniques de Bertrand Dicale diffusées sur France Info à disposition des enseignants ( MEN 2013-2018) werden neben den entsprechenden Liedern auch didaktisierte Materialien für den Einsatz im Französischunterricht-- allerdings für Muttersprachlerinnen und Muttersprachler-- angeboten, die nach Bedarf an den Fremdsprachenunterricht adaptiert werden könnten. Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass Bertrand Dicale nicht nur französischsprachige Chansons in seiner Anthologie aufführt, sondern alljene Lieder, die mit der Geschichte Frankreichs nach seiner Interpretation eng verbunden sind, unabhängig von ihrer jeweiligen Sprache. Außerdem finden sich zu zahlreichen Chansons, die als Klassiker des Genres gelten und zu einem Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses der Zielgesellschaft geworden sind, wie z. B. „Les feuilles mortes“-- Jacques Prévert / Joseph Kosma oder „Le Déserteur“-- Boris Vian, viele Unterrichtsmaterialien und / oder Vorschläge auf den Seiten der einschlägigen Lehr-/ Lernmittelverlage sowie auf Websites engagierter Französischlehrkräfte. Darum werden im nachfolgenden Teil überwiegend kürzliche Veröffentlichungen berücksichtigt, für die bislang noch keine Materialien zur Verfügung stehen oder die Anzahl an Angeboten gering ist. 4 Beispiele für den Unterricht Nachfolgend werden nun exemplarisch drei Chansons mit Unterrichtsvorschlägen angeboten, um sowohl die funktionalen kommunikativen als auch die interkulturellen Kompetenzen im Französischunterricht zu fördern. <?page no="232"?> 233 4 Beispiele für den Unterricht 4.1 Bénabar - „Brève et approximative histoire de France“ Auf dem im April 2018 erschienenen achten Studioalbum Le Début de la suite des französischen Liedermachers (fr. auteur-compositeur-interprète) Bénabar-- mit bürgerlichem Namen Bruno Nicolini-- findet sich neben elf weiteren Chansons das Lied „Brève et approximative histoire de France“, das einerseits schlaglichtartig an bedeutende Momente der französischen Geschichte erinnert, u. a. den gallischen Gründungsmythos und die Bartholomäus-Nacht, jedoch andererseits im Refrain an die Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten aller Menschen im Hier und Jetzt an der gemeinsamen Zukunft appelliert: Elle est pas finie l’histoire On n’a pas fini d’y croire A l’avenir Il est en marche il faut s’y faire En avant pas en arrière L’avenir Et au bout du bout y a nous Ici maintenant Ici maintenant Bénabar: Refrain von „Brève et approximative histoire de France“ Aufgrund der Anspielungen auf die historischen Ereignisse bietet es sich an, das Chanson erst dann einzusetzen, wenn beispielsweise im Geschichtsunterricht das Zeitalter der Aufklärung erreicht und behandelt wurde, denn dazu finden sich die meisten Verweise und alle o. g. historischen Ereignisse, auf die hingedeutet wird, liegen chronologisch betrachtet davor. Sollte kein Vorwissen zu den genannten Anspielungen vorhanden sein, lässt sich dieses aber auch in der Auseinandersetzung mit dem Lied erarbeiten und damit das soziokulturelle Orientierungswissen der Lernenden ausweiten. Was allerdings ansatzweise bekannt sein sollte, um eine sinnvolle Analyse und Interpretation zu ermöglichen, ist die Bedeutung der Aufklärung für die Entwicklung der modernen Gesellschaft. In Anlehnung an Ballin et al. (2017) kann das Chanson u. a. in den Themenfeldern „La France, l’Allemagne, l’Europe“, „Histoire et politique“ oder „Visions d’avenir“ eingesetzt werden. An dieser Stelle soll es unter Beachtung der KMK -Vorgaben „fachbezogene Teilkompetenzen der neueren Fremdsprachen des Lernbereichs Globales Lernen“ anbahnen und eine nachhaltige Entwicklung der dort aufgeführten Kernkompetenz 11 „Partizipation und Mitgestaltung“ fördern: <?page no="233"?> 234 Chansons im Französischunterricht 11. Partizipation und Mitgestaltung Die Schülerinnen und Schüler können und sind aufgrund ihrer mündigen Entscheidung bereit, Ziele der nachhaltigen Entwicklung im privaten, schulischen und beruflichen Bereich zu verfolgen und sich an ihrer Umsetzung auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu beteiligen. 11.1 … in der Fremdsprache Aktionen zur Lösung von Umwelt- und gesellschaftlichen Problemen vorschlagen und sich daran aktiv beteiligen. 11.2 … in einer Fremdsprache darstellen, was in der Schule sowie in religiösen Gemeinschaften oder Gruppen gemeinsamer Interessen für das Ziel einer zukunftsfähigen Entwicklung getan werden kann und sollte. Tab. 5: Auszug aus den „Fachbezogene[n] Teilkompetenzen der neuen Fremdsprachen für den Mittleren Schulabschluss, bezogen auf die Kernkompetenzen des Lernbereichs Globale Entwicklung“ (Becker et al. 2016: 161) Das Chanson könnte somit zu Beginn einer entsprechenden Unterrichtsreihe oder an einer Gelenkstelle hin zur Planung einer konkreten Aktivität eingesetzt werden, indem die Lernenden in der Auseinandersetzung mit ihm erkennen, dass die gesellschaftliche Partizipation aller Mitglieder einer Gesellschaft erst durch die bzw. seit der Aufklärung möglich ist, dass sie aber zur Gestaltung einer für alle lebenswerten Zukunft aktuell sehr nötig erscheint. Als activités avant l’écoute wären aktivierende Aufgabenstellungen in Einzel- oder Partnerarbeit möglich, wie „Dessinez une chronologie approximative de l’histoire française“, „Qu’estce qui vous vient à l’esprit, quand vous entendez Saint-Barthélemy, histoire de France-- les Gaulois ou Château de Loire? Notez les mots-clés“- - diese Themen könnten auch auf unterschiedliche Gruppen verteilt werden-- oder „Quelle importance le siècle des lumières a-t-il dans l’histoire? De quoi vous souvenez-vous des leçons d’histoire? Prenez des notes“. Alternativ könnte ebenso eine Internetrecherche zur Bedeutung der Aufklärung oder die Lektüre eines entsprechenden Informationstextes vorangestellt werden. Pendant l’écoute gilt es zunächst, das Globalverstehen der Lernenden anzuregen, beispielsweise mit einer Leitfrage für den ersten Hördurchgang wie „De quoi parle la chanson? “-- je nach Aktivierungsaufgabe könnten die Antworten dann allerdings auch teilweise ohne Hören von einigen Schülerinnen und Schülern antizipiert werden. Nach einer Sammlung der potentiellen Themen an der Tafel (alternativ Smartboard, Overhead-Projektor) könnten diese Hypothesen im Rahmen eines zweiten Hördurchgangs überprüft und ggf. im Anschluss adaptiert werden. Das dritte Anhören könnte dann unter der Frage „La chanson envoie-t-elle un message concret au public? Pensez à ce que ce message pourrait être“ erfolgen. Die entsprechenden Vermutungen sollten ebenfalls im Anschluss zusammengetragen und schriftlich festgehalten werden. Après l’écoute könnte der Text verteilt und individuell gelesen werden, um noch bestehende potentielle Verständnisprobleme auszuräumen und die Hypothesen bzgl. der Botschaft des Chansons zu überprüfen. Darüber hinaus kann in nachfolgenden Aufgaben diskutiert werden, welche Partizipationsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler zur Gestaltung der Zukunft überhaupt bestehen und wie diese genutzt werden können. Alternativ ließe sich der Fokus auf die musikalische Gestaltung des Chansons richten bzw. auf die Interpretation durch Bénabar selbst unter der Fragestellung, inwieweit diese die Botschaft des Liedes in der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler unterstützt oder nicht. Zahlreiche andere Aufgabenstellungen, wie z. B. der Vergleich mit weiteren Chansons oder Liedern aus dem deutschsprachigen Kulturraum mit ähnlichen Botschaften, wären <?page no="234"?> 235 4 Beispiele für den Unterricht ebenfalls möglich, verfolgten dann aber auch andere Lernziele bzw. die Förderung anderer Kompetenzbereiche. 4.2 Zaz - „Qué vendrá“ Die erste Singleauskopplung des im November 2018 erschienenen Albums Effet miroir der französischen Sängerin Isabelle Geffroy, bekannt unter dem Künstlernamen Zaz, war das Chanson „Qué vendrá“, zu dem beispielsweise via Youtube der entsprechende Videoclip verfügbar ist. Auf den ersten Blick mag es eventuell verwundern, ein Musikstück mit spanischsprachigem Titel im Französischunterricht einzusetzen, aber genau die Sprachmischung der beiden Idiome, verbunden mit dem Inhalt des Textes, lässt es zu einer reichhaltigen Quelle für den Unterricht werden. Die Darbietung ist darüber hinaus gut verständlich. Die Kernaussage des Chansons lässt sich in etwa damit zusammenfassen, dass alles, was ein Mensch denkt, fühlt und tut, von seinen bisherigen Erfahrungen, seiner persönlichen Biographie beeinflusst wird, dass die Zukunftsgestaltung davon ebenso betroffen, diese jedoch gleichzeitig schwer beeinflussbar ist. Neben den inhaltlichen Botschaften, die sich besonders im Alter der Pubertät und auch bei sprachlich-kulturell sehr heterogenen Lerngruppen zur Auseinandersetzung anbieten, lassen sich bei der Beschäftigung mit diesem Chanson auch Techniken der Interkomprehension einüben, die wiederum die individuelle Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenzen fördern können (vgl. KMK 2012: 21-22, KMK 2004a: 17-18). Je nachdem, ob sich in der Lerngruppe Schülerinnen und Schüler befinden, die bereits Spanisch sprechen-- denkbar wäre die Kombination aus Spanisch als zweiter Fremdsprache und Französisch als dritter oder die Anwesenheit von entsprechenden Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern bzw. bilingual aufgewachsenen Lernenden- -, muss die Unterrichtsgestaltung selbstverständlich angepasst werden. An dieser Stelle wird davon ausgegangen, dass bis auf potentielle rudimentäre Kenntnisse, die im Urlaub erworben wurden, keine entsprechenden Spanischkompetenzen in der Lerngruppe vorhanden sind. Als activité avant l’écoute könnte z. B. der Videoclip des Chansons ohne Ton angeschaut und auf dieser Grundlage Hypothesen zum Inhalt des Liedes gesammelt werden. Falls den Schülerinnen und Schülern das Lied bereits aus dem Radio bekannt sein sollte, was aufgrund der Beliebtheit der Sängerin in Deutschland durchaus möglich sein könnte, müsste ein alternativer Einstieg gewählt werden. Der erste Hördurchlauf könnte anschließend genutzt werden, um die Hypothesen zu überprüfen, indem pendant l’écoute zunächst das Globalverständnis in den Mittelpunkt gerückt würde. Darüber hinaus könnte den Schülerinnen und Schülern die Frage gestellt werden, was ihnen vielleicht seltsam erscheint, ob es Verständnisprobleme geben könnte und wie sie sich diese erklären. Ziel ist, zu bemerken, dass es kein rein französischsprachiges Chanson ist, sondern sich spanische Zeilen darin befinden. Um das Verständnis zu erleichtern, könnte nachfolgend der Text verteilt und das Lied ein zweites Mal gehört werden. Dabei sollten die Schülerinnen und Schüler all jene Wörter oder Phrasen unterstreichen, die ihrer Meinung nach nicht auf Französisch verfasst sind. Anschließend geht es darum, die französischsprachigen Inhalte zusammenzutragen und zu sichern. <?page no="235"?> 236 Chansons im Französischunterricht Après l’écoute ist es schließlich das Ziel, die spanischsprachigen Abschnitte zu verstehen, indem die Schülerinnen und Schüler zunächst Vermutungen zu ähnlich klingenden französischsprachigen Wörtern äußern und beschreiben, wie sie beim Vergleich bzw. der potentiellen Semantisierung der spanischsprachigen Wörter vorgegangen sind. Die Lehrkraft unterstützt die Semantisierung, indem sie ggf. Tipps gibt oder falsche Bedeutungszuschreibungen korrigiert. Im Anschluss sollten die Techniken festgehalten und reflektiert werden, bevor die inhaltliche Beschäftigung mit dem Chanson fortgeführt werden kann. Im Sinne einer intertextuellen Auseinandersetzung wäre auch der Vergleich mit „Qué será“-- Doris Day u. a. denkbar, dann wiederum mit einer veränderten Lernzielsetzung und der Herausforderung, dass dabei noch ein englischsprachiger Text miteinbezogen werden müsste. 4.3 Französischlernen in der Primarstufe: „La chanson du carnaval - mardi gras“ Wenngleich die Zahl der Französischlernenden in der Primarstufe im Vergleich zu denjenigen, die die Fremdsprache in Deutschland ab der Sekundarstufe erlernen, relativ gering ist, soll sie an dieser Stelle jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Die französischsprachige Website Monde des Titounis bietet zahlreiche Kinderlieder mit kindgerechten Zeichentrick-Videoclips und Liedtexten an, u. a. Klassiker wie „Au claire de la lune“, „Pomme de reinette et pomme d’api“ oder „Petit papa noël“. Um die in vielen deutschen Regionen gefeierte Karnevalszeit im Französischunterricht der Primarstufe zu begleiten, bietet sich „La chanson du carnaval-- mardi gras“ an (MdT o. J.), denn es knüpft an die entsprechende Lebenswirklichkeit der sich verkleidenden Kinder-- und deren Familien-- an, während das ebenfalls vorhandene Zeichentrick-Video potentielle Verständnisschwierigkeiten erleichtern kann, denn die im Chanson genannten Kostüme werden dort entsprechend abgebildet. Wer zunächst nur das Hörverständnis der Schülerinnen und Schüler fördern möchte, kann die entsprechenden Verkleidungszeichnungen auch ausdrucken und der Lerngruppe damit die Semantisierung ermöglichen. Gleichzeitig werden bei der Auseinandersetzung mit diesem Lied die verschiedenen Verwandtschaftsbezeichnungen wie papa, cousin, nièce wiederholt und es kann auf Besonderheiten des kindlichen Sprachgebrauchs hingewiesen werden, der in Deutschland in manchen Bereichen auch von der Standardsprache abweicht, wie z. B. tata für tante. Eventuell müsste die Bedeutung von Rio und Venedig im Themenfeld geklärt werden, dies würde zur Allgemeinbildung beitragen. In Bezug auf die rezeptive Auseinandersetzung könnten Bilder der unterschiedlichen Kostüme durch die Schülerinnen und Schüler gestaltet oder Rollen für alle im Chanson genannten Personen verteilt werden. Den Rollen könnten wiederum spezifische, mit den Verkleidungen in Zusammenhang stehende Gesten zugewiesen werden, die bei Nennung im Lied ausgeführt werden müssten-- entweder von allen oder nur von der oder demjenigen, die oder der die entsprechende Rolle übernommen hat. Sprachlich produktiv könnten die Schülerinnen und Schüler ebenfalls tätig werden, indem sie zunächst das Lied mitsingen bzw. das Mitsingen mit den zuvor ausgewählten Gesten <?page no="236"?> 237 5 Zusammenfassung begleiten. Weiterhin bestünde die Möglichkeit, eigene Strophen mit eigenen Verkleidungen hinzuzudichten. 5 Zusammenfassung Die Auseinandersetzung mit den Einsatzmöglichkeiten von Chansons im Französischunterricht hat gezeigt, dass die erste Herausforderung darin besteht, ein Chanson zu definieren. Dabei kann von einer eher engen (vgl. CSF 2017) oder einer weiten, alles französischsprachige Liedgut umfassenden Definition ausgegangen werden, wozu sich dieser Beitrag entschieden hat, um ein möglichst breites Angebot für den Französischunterricht zusammenstellen zu können. Denn wie beispielsweise Gourvennec (2017) deutlich macht, gilt es bei der Auswahl der Chansons und der Konstruktion potentieller Aufgaben, mit denen die entsprechenden Lernziele erreicht werden sollen, zahlreiche Aspekte zu bedenken. Die exemplarischen Unterrichtsvorschläge-- sowohl in schlaglichtartiger Version in Teil 3 als auch in den etwas ausführlicheren Darstellungen in Teil 4-- müssen selbstverständlich stets an die intendierte Lerngruppe und die äußeren Gegebenheiten adaptiert werden. Dementsprechend müssten ggf. zusätzliche Differenzierungsangebote bzw. Scaffolding-Maßnahmen konzipiert werden. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Lerninteressen können so in der Auseinandersetzung mit französischsprachigen Chansons weitere Fenster in die Frankophonie geöffnet werden, die den Lernenden die Erweiterung aller in den Bildungsstandards geforderter Kompetenzen ermöglichen und sie im besten Fall auch emotional stärker mit einzelnen Aspekten der Zielsprachenkultur(en) verbinden, was zu einer allgemeinen Motivationssteigerung beim Französischlernen beitragen kann. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass im Rahmen des Französischunterrichts entstehende Produkte natürlich stets angemessen wertgeschätzt werden sollten, dass der Einbezug von Chansons aber unter Umständen rechtliche Hürden birgt, wenn entsprechende Produkte einer wie auch immer gearteten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Hier sollte im Einzelfall abgewogen und zusätzliche juristische Informationen herangezogen werden. Ebenso gilt es zu bedenken, dass auch beim Einsatz von Chansons zunächst die Lernziele im Vordergrund stehen sollten, bevor zugehörige Inhalte und Medien gewählt werden, also das Chanson um seiner selbst willen nicht das Lernangebot dominieren sollte, denn ein Überangebot an den immer gleichen Textsorten ist ebenso wenig motivationsfördernd wie die vollkommene Ausgrenzung dieser. Abschließend bleibt festzuhalten, dass bereits ein sehr reichhaltiges Angebot an Unterrichtsvorschlägen und -materialien zum Einsatz von Chansons im Französischunterricht unterschiedlicher Lernalter besteht, auf das nach Adaption an die Situation zeitsparend zurückgegriffen werden kann, aber dass es sich genau so lohnt, bislang noch didaktisch nicht aufbereitete Chansons in den eigenen Unterricht zu integrieren. <?page no="237"?> 238 Chansons im Französischunterricht 6 Literaturtipps Gourvennec, Ludovic (2017). Paroles et musique: le français par la chanson. Venves: Hachette. Institut français (2018). Culturethèque. www.culturetheque.com/ EXPLOITATION/ DE/ ecouter.aspx [Zugriff: 11. 11. 2018]. Mills, Janet, McPherson, Gary E. (200). Musical Literacy. In: McPherson, Gary E. (Hg.). The Child as Musician: A Handbook of Musical Development. Oxford: Oxford University Press, 155-171. Nieweler, Andreas (Hg.) (2009). Französisch innovativ: Musik und Videoclips. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen. TV 5 Monde (Hg.) (o. J.). Enseigner le Français avec TV 5 Monde. http: / / enseigner.tv5monde.com [Zugriff: 11. 11. 2018]. <?page no="238"?> 239 1 Einleitung Songtexte und Lyrik Bernd Klewitz Abstract Wenn die Bearbeitung von Songtexten in engem Zusammenhang mit musikalischer Interpretation erfolgt, ergeben sich besondere Potenziale für Lernmöglichkeiten im Fremdsprachenunterricht ( FU ) auf der Basis musik-orientierter Kommunikation. Dabei wird die Vielfalt der Musikkultur erweitert durch jugendnahe Genres wie Hip-Hop und Rap, die authentische und emotionale Erfahrungen miteinander verbinden und reale Sprachanwendung ermöglichen. Die besondere Eignung von Musik für die Anbahnung verschiedener linguistischer Skills und Kompetenzen und erprobte musikalische Aktivitäten fördern insbesondere das transkulturelle Lernen und - nach Wissen und Können - die dritte Säule der Kompetenzentwicklung, die Einstellung der Lernenden. Die im folgenden beschriebenen drei modellhaften Ansätze der Arbeit mit Musik im FU tragen auf unterschiedliche Weise zur Ausprägung von multiple literacies und communication awareness bei und nehmen die Arbeit mit Gedichten in den Blick. Mit der Aufstellung relevanter Beispiele und anhand exemplarischer Unterrichtssequenzen erfolgt eine Musikreise durch Länder und Kontinente wie die USA, Schottland, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal sowie Australien und Afrika. 1 Einleitung Eine Party wird erst so richtig schön, wenn ein DJ die passende Musik zur Feier auflegt. Der DJ hat die Kontrolle, kann Menschen in Ekstase versetzen und zum Weinen bringen. Der Berufsalltag eines DJ s ist weniger glamourös als sein Mythos, aber DJ s-- so ein Radiojournalist des WDR -- sind die wirklichen Rockstars der heutigen Musikszene. Zu vor-digitalen Zeiten als ‚Alleinunterhalter‘ engagiert, sind DJ s mittlerweile zu Dienstleistern mutiert, die ihr Publikum genau kennen müssen, damit sie das auflegen, was geht und was nicht. Auf der Bühne und hinter ihrem Pult gerieren sie sich wie Popstars, die alle unterhalten und ein Publikum bedienen, das anspruchsvoller geworden ist und dessen Wünsche sich verändert haben: Häufig findet sich mehr Musik auf den mitgeführten Speichermedien des Publikums als der USB -Stick des Moderators hergibt, und es hält, so die Klagen der Zunft, sein Handy oder iPod dem DJ mit ausgefallenen Forderungen entgegen. Bis dahin mögen Ähnlichkeiten mit der Rolle einer Lehrkraft aufscheinen, die ihren (Fremdsprachen-)Unterricht mit Musik gestalten und den Hörgewohnheiten der Lernenden entsprechen will. Aber spätestens hier enden die Parallelen, denn DJ s sind nicht nur Alleinunterhalter, sondern gehören auch zu den Spitzenverdienern der Musikindustrie; die Rangliste des New Yorker Wirtschaftsmagazins Forbes wies 2011 den aus Los Angeles stammenden DJ Skrillex (mit bürgerlichem Namen Sonny John Moore) mit einem Jahreseinkommen von 15 Millionen Dollar aus. Der jetzt 30-Jährige besetzt Platz 19 der Top 100 DJ s, erwarb bereits drei Grammy Awards und hat längst sein eigenes Platten-Label. Und aus Breda in Holland stammt der 199 geborene Tijs <?page no="239"?> 240 Songtexte und Lyrik Michiel Verwest- - mit dem Künstlernamen Tiësto- -, einer der bekanntesten DJ s weltweit, dessen Jahreseinkommen 2015 22 Millionen Dollar überschritt und der als „Greatest DJ of All Times“ gefeiert wird. Er moderierte 2010 die Loveparade in Duisburg und ist als Mentor für viele Musiker tätig (Forbes Magazine 2012). Seit langem als unbestrittener Meister des anglophonen Rap gilt mittlerweile Eminem, mit bürgerlichem Namen Marshall Bruce Mathers III , aufgewachsen in einer bad neighbourhood in Michigan, dem swing state in den USA , dem der jetzige Präsident in Teilen seinen umstrittenen Wahlsieg verdankt. Eminem, frei von political correctness und seine künstlerische Freiheit bis zum Limit auskostend, nimmt Trump in seinem Freestyle Rap „The Storm“ als Rassist aufs Korn und erreicht mit dem nur viereinhalb minütigen Clip auf Youtube bis Januar 2018 unglaubliche 43 Millionen views (in Modul 3, Arbeitsblatt 1). Diese Beispiele zeigen aber auch, dass sich der Zugang zur Musik verändert hat; dem muss eine Lehrkraft Rechnung tragen, die den FU um eine Musik-orientierte Kommunikation bereichern möchte. Hier geht es weniger um den Anspruch, ‚alle zu unterhalten‘ oder das Motivationspotenzial von Rock oder Pop, gelegentlich auch Hip-Hop und Rap, für den Fremdsprachenerwerb zu instrumentalisieren. Für die Fremdsprachendidaktik wichtiger sind die Funktion von Musik im FU und die daraus entstehenden innovativen Impulse, die zu erwarten sind. Beachtenswert dabei ist, welche Kompetenzen mit der Einbindung von Musik in den FU anzubahnen sind und welche didaktischen Entscheidungen und methodischen Zugänge zu effektiven Lernszenarien führen können. 2 Kontextualisierung Dass das Singen von Liedern generell zur Schulung von Aussprache genutzt wird, hat eine lange Tradition im FU . 1 Darüber hinaus führen Lieder vom passiven Zuhören über aktives und kritisch-reflektiertes Verstehen zu Anlässen, über ihre Inhalte zu sprechen und die musikalischen Formen zu interpretieren. Insbesondere […] ist das motivationale Potenzial von Popsongs unbestritten. Sie sind das Material, das SchülerInnen hören (und sehen) wollen. Mit diesen authentischen Medien lässt sich inhalts- und aufgabenorientierter Fremdsprachenunterricht machen, der vielfältige sprachliche und außersprachliche Lernziele erreichen kann. (Thaler 2010a: 113) Wenn gewandelte Rezeptionsgewohnheiten, insbesondere durch Music Video Clips ( MVC s), berücksichtigt werden, wird Popmusik-- und andere Formen der musikalischen Unterhaltungskultur-- zu einem offenen Medium, das erweiterten didaktischen Ansprüchen genügt und methodisch äußerst vielfältig einsetzbar ist. Bewusst inszeniert, können Pop- und Rocksongs geradezu als „Lernschrittmacher“ wirken: „Je mehr ein Song zu inhaltlich motivierten Aktivitäten herausfordert, desto besser kann er über seine affektiven, thematischen und sprachlichen Potenziale auch seine Sprachlernpotenziale ins Spiel bringen und damit die Rolle eines ‚Lernschrittmachers‘ erfüllen“ (Bausch 1991: 18, zit. nach Timm 1998: 180). Als 1 Siehe dazu auch den Beitrag von Usbeck-Frei in diesem Band. <?page no="240"?> 241 2 Kontextualisierung authentischer und vertrauter Teil der Jugendkultur geht von Alltagsmusik und ihren Interpreten eine hohe Motivationskraft aus. Sie spricht eigene Erfahrungen und Interessen der Lernenden an und kann mit ihren Texten und ‚Botschaften‘ aus verschiedenen Perspektiven, mit stilistischen Verfremdungen und auch szenisch bearbeitet werden. Allerdings ist Behutsamkeit angebracht: Möglicherweise wird ihre schulische Behandlung von den Schülerinnen und Schülern als „Einbruch in ihre Privatsphäre“ (Timm 1998: 179) empfunden, so dass es sich empfiehlt, bei der Auswahl von Songs Schülerwünsche miteinzubeziehen, wechselnde Gestaltungsformen zu berücksichtigen und generell die ganzheitlichen Ansätze der Musikpädagogik zu nutzen. Und wenn eine Klasse partout nicht singen mag, dann stehen immerhin noch die Songtexte als Sprechanlässe zur Verfügung (vgl. Haß 200). Lieder im FU bieten für alle language skills vielfältige Einsatzmöglichkeiten, wobei der Song als literarische Kurzform Gelegenheiten zu Verständnisfragen, Zusammenfassungen, alternativen Textversionen, Umformungen, eigenen Liedtexten und Raps sowie Multiplechoice-Aufgaben, cloze tests, Lückentexten, Intonation und Aussprache bietet: If children are interested in the subject matter, or if they really want to join in an activity, they will listen hard and try to make sense of what they hear so that they can participate in the lesson. The more they listen and understand, the more they will learn. And everyone learns a language best by experiencing it in use, so using that language to do something that they want to do, or learning something new that interests them, provides a real purpose for listening. (Willis 2010: 29) Insbesondere in der anglophonen Diskussion wird verstärkt die Affinität von Musik und Spracherwerb betont und die Einbeziehung musikalischer Äußerungsformen, v. a. das Singen, herausgearbeitet: As teachers, we know that children love music and singing and that they have a great curiosity about language. Music and language work well together. Singing is an excellent way for children to learn and memorise words and phrases and to develop familiarity with the sounds and structure of the language. Music helps children respond to ranges in tone, pitch and expression in the voice. It encourages children to listen carefully and concentrate hard on small details of pronunciation, stress and rhythm in the context of song or rhythm activity. (ibid.: 29 f.) Musik mit Originalquellen und -texten ist eng verbunden mit der Kultur der Zielsprachenländer, knüpft an die Handlungs- und Lebensweltorientierung der Lernenden an und führt mit der „kulturhistorische[n] Kontextualisierung von Musikformen“ (Hallet 2013: 278) zum Verstehen von transkulturellen Ursprüngen schüler-eigener musikalischer Orientierungen, einem Erlernen der Formensprache und der Interaktion zwischen Musik und Sprache (vgl. Hallet 2013). Dabei unterstützen vier Aspekte eines Musik-orientierten FU die Anbahnung von multi-literacies und fördern mit dem Erwerb multimodaler Ausdrucks- und Kommunikationsfähigkeiten und der Beherrschung der Muster musikalischer Textformen und Musikstücken communication awareness: <?page no="241"?> 242 Songtexte und Lyrik ▶ Die Einbettung von Songs und anderen musikalischen Ausdrucksformen in ihre kulturhistorischen Zusammenhänge (z. B. die Geschichte der Sklaverei im US -amerikanischen Süden mit den Songformen Spiritual, Worksong, Blues als Wurzeln der Jazzmusik). ▶ Den Nachvollzug der eigenen musikalischen Orientierung in der erfolgten Beeinflussung gegenwärtiger Musikströmungen (z. B. Verständnis dafür entwickeln, dass jegliche Pop / Rockmusik auf Jazz-, Blues- und Rock´n´Roll-Schemata begründet ist). ▶ Das Erlernen von Elementen der musikalischen Formensprache (z. B. die Synkopen- Technik). ▶ Das Zusammenführen von sprachlichen (hören, sehen, artikulieren) und außersprachlichen Aktivitäten (musizieren, singen, malen, bewegen oder szenisch arbeiten zum Song) (vgl. dazu und ausführlich: Hallet 2013: 274-278). Ein Blick in die Lehrwerke und Übungsmaterialien zeigt, dass im Zuge der wachsenden medialen und digitalen Verflechtung der Material- und Methodenangebote die Nutzung von Musik im FU zunehmende unterrichtliche Praxis geworden ist. Durchgängig werden Musikstücke in den Lehrwerkseinheiten präsentiert und didaktisch-methodisch sinnvoll in Lernaufgaben integriert. So ist beispielsweise der Song „Strange fruit“ (1939 gesungen von Billie Holiday) in die Unit „Dreaming of Equality“ (Context 2010: 14) für die Jahrgangsstufe 10 / 11 eingebettet und die Lernaufgaben listen to the song / first reaction-- understanding imagery-- putting the song in context werden in der context task essay writing (ebd.: 35) wieder aufgegriffen. Auch die Integration von Gedichten als „intensive stories about the gap between personal and social identity“ (Grimm et al. 2015: 194 f.) findet sich im gleichen Lehrwerk. Sie ist die didaktische Variante von Spracharbeit mit dieser literarischen Sonderform: Auch die Verwendung von Gedichten ist praktisch in allen Stufen möglich, weil sie zu persönlichen Reaktionen auffordern und weil sie durch ihren Rhythmus und durch ihre oft farbenfrohe Sprache im Gedächtnis bleiben. Zudem laden Gedichte zum Experimentieren mit Sprache ein. (Weskamp 2001: 204) Insbesondere die interwie transkulturelle Dimension 2 des Lernens mit Songtexten und deren Lyrik wird mit der Förderung sprachlich kognitiver Prozesse und dem Auslösen fremdsprachlicher Kommunikationsprozesse befördert, die Blell in einer Übersichtstabelle als „Funktionen von Musik im FU -- Aktivitäten im Unterricht“ (Blell 2010: 228, in Auszügen) zusammenstellt: Funktionen von Musik im FU Aktivitäten im Unterricht Förderung (sprachlich) kognitiver Prozesse ▶ mehrkanalige Wortschatzarbeit ▶ Grammatikarbeit (Arbeit an unregelmäßigen Verben durch z. B. Rap-Rhythmen) ▶ Vertonung kurzer Texte bzw. sprachlicher Formulierungen (Gedichte) mit einfachen Mitteln … oder selbst gebastelten Instrumenten … ▶ Integriertes Fach- und Sprachenlernen … 2 Siehe dazu auch den Beitrag von Volkmann in diesem Band. <?page no="242"?> 243 2 Kontextualisierung Funktionen von Musik im FU Aktivitäten im Unterricht Auslöser von fremdsprachlichen Kommunikationsprozessen sowie interkulturellem Lernen ▶ Arbeit mit Rocklyrics (Hinführen von eher Stimmungs- und Fan-orientierten Hörweisen zu eher kognitiv orientierten Hörweisen …) ▶ Klangbilder/ soundscapes als Auslöser für interkulturelles Lernen (… Entdecken von Formen kulturellen Zusammenlebens in fremden Lebensräumen) ▶ Lieder (chansons, popsongs) zur Bearbeitung und Verarbeitung fremder Realitäten (ästhetischer und soziopolitischer Ansatz) ▶ vergleichende Aufgaben auf der Grundlage von Produkten medialen Transfers (Literaturvertonungen, Musik-Videoclips) ▶ Musik und szenische Interpretation (Erleben musikalischer Inhalte) Das musikalische Potenzial der Spracharbeit geht weit über das Anknüpfen an Hörgewohnheiten der Lernenden hinaus, weil sich in der Thematisierung von Alltagsproblemen und in der Kombination von Sprache und Rhythmus Jugendliche wiederfinden können: Songs handeln von Liebe, Identitätskrisen und der Suche nach dem eigenen Ich und bieten spannende Gesprächsanlässe. Mit der Freude am Lied, der musikalischen Qualität werden Lexik und Strukturen in nachvollziehbaren Geschichten effizient und passend zu Unterrichtsgegenständen kulturell ergiebig präsentiert und bedienen dabei emotionale Erwartungen, ermöglichen den Ausdruck von Gefühlsmomenten und realisieren authentische Erfahrungen mit Musik und Lyrik als kritische Auseinandersetzungen und argumentative Bewertungen (vgl. Haß 200) in der eigenen und fremdsprachlichen Musikkultur. Basierend auf dem von Hatties Direct Instruction abgeleiteten Model of Effective Teaching ( MET ) (vgl. De Florio 201: 110-113) werden im Folgenden drei verschiedene Varianten modellhafter Bearbeitung von Songtexten und Lyrik im FU unterschieden und in Unterrichtsbeispielen praxisorientiert beschrieben, je nach inhaltlichem Kontext und musikalischer Gestaltung (adaptiert und erweitert nach Thaler 2008: 19 ff.): ▶ Das bewährte PWP model of teaching (pre-, while-, post-listening and discussing) bezieht zunächst singer-songwriter und deren Hintergrund ein, verfolgt im Hör-/ Seh-Verstehen die musikalische Präsentation und erfasst in der Nacharbeitsphase ähnliche Titel und deren sozio-politische Relevanz (in Modul 1: „Beds are burning“ und „My island home“). ▶ Das komplexe Code-based model of teaching lyrics and poems geht vom Leseverstehen geschriebener Liedtexte und von Gedichten aus, analysiert deren Metaphern (codes) um dann im Hörverstehen, der Einbeziehung der musikalischen Gestaltung, der tonalen und intentionalen Präsentation von Musikstücken Spannungsverhältnisse aufzuspüren und Atmosphäre sowie die kulturrelevanten Hintergründe der Künstler zu erfassen. In der Zusammenschau (merging the codes) werden die Einzelergebnisse, als Resultat von Gruppenarbeit, in ihren wechselseitigen Einflüssen interpretiert (in Modul 2: Brassens „Supplique pour être enterré à la plage de Sète“). ▶ Mit der Herringbone Technique wird ein Modell angewandt, das sich insbesondere für die Genres von Hip-Hop, Rap und Poetry Slam eignet. Die auch in Literatur-Interpretationen bewährte Methode, Inhalte von Geschichten und Gedichten übersichtlich <?page no="243"?> 244 Songtexte und Lyrik und leicht verständlich zu beschreiben und weiterzubearbeiten, beruht auf den sechs „W-Fragen“, die jeweils auf die Texte bezogene Recherche-Anlässe erzeugen und in einer umfassenden Lernaufgabe zur kreativen Mitwirkung einladen- - wie zum Beispiel im Verfassen eines Rap (in Modul 3: Hip-Hop / Rap). 3 Überlegungen zum Einsatz relevanter Beispiele Der folgende Überblick an Beispielen für den Einsatz im FU erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit; es handelt sich vielmehr um praxiserprobte Vorschläge, die sprachlich-kulturelle und vor allem musikalische Bausteine beinhalten, die es zu bearbeiten lohnt. “We don’t need leaders-- we need ideas” ist eine der Botschaften, mit denen Suli Breaks in seinen Raps auftritt-- zum Beispiel in den TED x talks 3 (Technology-Entertainment-Design)-- vor dem Britischen Unterhaus 2014. 4 Der als Darryll Suliaman Amoako 1988 in Wood Green, London geborene Künstler stammt nach seiner eigenen Aussage aus einer conventional African family, trat als Basketballer hervor und studierte Jura in Sheffield. Als Vorbilder benennt Amoako: Steve Jobs (“for his innovations”), Michael Jordan (“for his hard work”), Nelson Mandela und Malcolm X (“as figures committed to their beliefs”). Amoakos eigener youtube channel (sulibreezy) hat mittlerweile 8,3 Millionen Klicks, und er gilt als führender Vertreter der spoken-word-poetry und einer der unverblümtesten Figuren in der britischen Musikindustrie. Seinen Durchbruch hatte Amoako mit dem Rap “Why I hate school but love education” (2012) mit der Aussage: “education is the key and school is the lock”. Er nutzt die Social Media als seine Plattform und erreicht sein Publikum mit kontroversen sozialen Themen wie Rassismus, Bildung, Religion, Erfolge und Rückschläge, Heranwachsen im Zentrum Londons und Leidenschaft. Seine spoken-word-poetry gilt als pointiert, aggressiv und provozierend und wurde zuletzt in einer Solo-Show in London, die seine Erfahrungen der letzten Jahre bündelt, als “not a role model” gezeigt. 5 Recherchen zu seiner Wortkunst sind auch wegen des typischen Londoner Jargons und der Intonation linguistisch sehr ergiebig. Im Norden der Insel spielt ein ganz anderes Musik-Genre immer noch eine große und traditionelle Rolle. Nicht nur seit den Zeiten des Brexit, aus schottischer Sicht und Abstimmungsverhalten eine völlig fehlgeleitete Politik, hat die führende Scottish National Party stets ein enges Verhältnis zur lokalen Volksmusik gepflegt, die auch zu politischen Statements genutzt wird und bei Rallys und Sportveranstaltungen als Publikumsmagnet fungiert. So eröffnet die Glasgower Nachwuchssängerin Amy Macdonald internationale Fußballspiele häufig mit der heimlichen schottischen Nationalhymne Flower of Scotland, deren lyrics die Geschichte der Jacobites wiederbeleben. Obwohl die Anhänger von Bonny Prince Charlie eher die feudale Tradition ihres Landes repräsentieren und keineswegs einem Freiheitsgedanken verpflichtet sind, appelliert der Liedtext an ein diffuses Nationalgefühl, das sich einst gegen den Nachbarn im Süden richtete: “But we can still rise now / and be the nation again / that 3 https: / / www.ted.com/ 4 https: / / www.youtube.com/ watch? v=r5vb5L7nOsc 5 https: / / www.youtube.com/ watch? v=fnEDBzi7msM <?page no="244"?> 245 3 Überlegungen zum Einsatz relevanter Beispiele stood against him / proud Edward’s army / and sent him homeward / tae think again“ (Edward war der Sohn des englischen Königs Edward I, beauftragt mit der Niederschlagung eines schottischen Aufstandes und besiegt von Robert the Bruce in der Schlacht von Bannockburn 1314). Die Themen des Liedgutes der Jacobites wurden in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von der Edinburgh Folkgroup The Corries popularisiert und eignen sich inhaltlich und musikalisch für eine Bearbeitung der schottischen Nationalgeschichte als Scotland Alive-- Teaching History Through Songs mit immer noch sehr populären Titeln, neben Flower of Scotland: The Massacre of Glencoe, Skye Boat Song, Killicrankie, Welcome Charlie und vielen anderen mehr. Die Geschichte der Jacobites ist ausführlich dokumentiert  und für weiterführende Recherchen geeignet. In den urbanen Zentren Afrikas entsteht eine neue Musikkultur als Synthese eigener Traditionen mit Einflüssen aus aller Welt. Besonders an der Westküste Afrikas ist die Veränderung in der Musik auch Teil des Ausdrucks einer großen gesellschaftlichen Dynamik. Im Senegal (Durchschnittsalter 19 Jahre) beispielsweise ist Hip-Hop allgegenwärtig und zu einem wichtigen Medium der politischen Auseinandersetzung geworden. Im Netz gibt es mittlerweile ein Journal Rap, wo mit gerapten Nachrichten und Kommentaren die etablierte Politik unter Beschuss gerät (nach FAZ 27. 11. 2017). Der deutschsprachige Hip-Hop hat in den letzten Jahren auch Phänomene wie den Rapper Money Boy hervorgebracht. Der bekennende Eminem-Fan, mit bürgerlichem Namen Sebastian Meisinger (geb. 1981), hat in seinen Raps Begriffe geprägt, die mittlerweile Sprachwissenschaftler beschäftigen und von Werbeagenturen aufgegriffen werden: „Gönn dir ist einfach. Wenn man 1 gute Bank hat vong Vorsorge her“ (Sparkassenwerbung). Der Rapper aus Wien, der schon mal Hund auf Bund reimt, oder Tiger auf Bundesliga, galt eher als Witzfigur in der Musikszene, bis er für Sido in Wien im Vorprogramm auftrat und mittlerweile vom Rap leben kann- - als eine Art Rap-Clown mit Mixtapes, Auftritten auf Abipartys und bei Privatsendern sowie mit Social-Media-Posts. Er schuf eine durchaus seltsame Sprache, nimmt beispielsweise einen englischen Wortstamm und konjugiert ihn wie im Deutschen und verweigert die Rechtschreibung. So schafft er eine eigene Diktion, die dazu dient, sich mit einer Gruppe zu identifizieren und sich gegenüber anderen abzugrenzen. Damit hat er den Rap auf Deutsch verändert und eine spezielle Jugendsprache kreiert. Der Rap „Monte Carlo“ 7 ist ein prägnantes Beispiel seiner Kunst, die ihm immerhin 2017 das Jugendwort des Jahres einbrachte: „I bims“ (nach FAS 03. 12. 2017). In der west- und südeuropäischen Musikszene sind eine Reihe von Beispielen für Musik- Arrangements verfügbar, die auch andere Genres wie französische und deutsche Chansons, den portugiesischen Fado und politische Protestlieder hervorgebracht haben. Neben dem Einfluss nordamerikanischer Songs (Pete Seeger, Bob Dylan und Leonard Cohen) sind deutsche Interpreten wie Reinhard Mey, Franz-Josef Degenhard, Wolf Biermann, Hannes Wader oder Söhne Mannheims erwähnenswert. Der französische Dichter und Schriftsteller Georges Brassens (1921-1981) wurde in den 1950er bis 1970er Jahren vor allem als Chanson-  The Jacobite Heritage; siehe http: / / www.jacobite.ca/ documents/ index.htm 7 https: / / www.youtube.com/ watch? v=PQCYjl32_Sk <?page no="245"?> 246 Songtexte und Lyrik nier berühmt. Seine Musik, an den Swing angelehnt, ordnet sich mit oft monotonen Melodien der Tradition der Bänkelsänger zu. Dessen Hommage an den Dichter Paul Valéry (1871-1945) ist Gegenstand von Modul 2, das Rilkes Übersetzung seines Gedichtes „Le Cimetière marin“ und eine zeitgenössische Lyrikversion miteinander verbindet. Auch aus Frankreich stammt Patricia Kaas (geb. 19), deren Musik nicht zum klassischen Chanson zählt, sondern eine Mischung aus Popmusik und Jazz darstellt. Seit dem Erscheinen ihres Debütalbums Mademoiselle chante (1988) wurden von ihr mehr als 15 Millionen Tonträger verkauft. Ihr Musikstil hat seine Wurzeln im anglo-amerikanischen Pop und Rock sowie in deren Vorläufern Jazz und Blues, was ihrer Altbis Mezzosopran-Stimme entgegenkommt. In Italien hat Angelo Branduardi (geb. 1950) als Folk-Rock singer-songwriter und Komponist über seine Landesgrenzen hinaus Erfolge in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Griechenland gefeiert. Seit den letzten zehn Jahren tritt er mit seiner Band in Konzerten auf und hat in seinem Album Altro ed altrove (other and elsewhere) vor allem Liebeslieder aus verschiedenen Kulturen zusammengebracht, in einer von Rassismus und Intoleranz geprägten Zeit. Madredeus, ein musikalisches Ensemble aus Portugal, hat nicht nur seine Wurzeln im Fado (portugiesischer Musikstil und Vortragsgenre; von fatum=Schicksal), sondern ist auch mit der deutschen Filmkultur verbunden. Wim Wenders Film über Madre Deus wurde 1995 bei den Filmfestspielen in Cannes gezeigt; in dieser fiktionalen Lissabonner Geschichte (O Céu de Lisboa) erzählt der deutsche Regisseur die geheimnisvolle Story der Titelheldin. Das Ensemble gleichen Namens kombiniert den Fado mit Elementen der modernen Folkmusik und ihrer häufig traurigen Lyrik und setzt damit eine mittelalterliche Liedtradition fort (cantigas de amigo). 4 Praxisbeispiele 4.1 „Beds are burning“ und „My island home“ als Modul auf Englisch Level: mittel Dauer: 3-4 Unterrichtsstunden Material: worksheet 1-2; background information; lyrics; audio file Videobeispiel: film clip; song performance Ziele: ▶ Liedtexte mit ihrem politischen Inhalt analysieren; ▶ Apology Speech diskutieren; ▶ Filmausschnitt beschreiben; ▶ High Court Entscheidung (Mabo Case) kommentieren; ▶ Liedtext in Alltagssprache umformulieren Umsetzung In der Regierung des australischen Premierministers Kevin Rudd (2007-2010) war der Lead Singer von Midnight Oil, Peter Garrett, Umweltminister und engagierte sich insbesondere für die Rechte der australischen Ureinwohner, der Aborigines. Das Lied seiner Band bereitete die <?page no="246"?> 247 4 Praxisbeispiele Entscheidung der australischen Regierung vor, sich in einer Parlamentsrede für das an den Aborigines begangene Unrecht offiziell zu entschuldigen. Liedtext und ein Ausschnitt aus Rudds Rede werden von den Schülern analysiert und in einer pre-, whileand post-activity auf den Film Rabbit-proof Fence bezogen. In der zweiten Doppelstunde wird in einem analogen Verfahren Christine Anus Lied mit seiner Botschaft diskutiert und der Frage nachgegangen, welche möglichen Folgen die Mabo-Entscheidung für die Landrechte der Aborigines in Australien haben könnte. Worksheet 1: „Beds are burning“ by Midnight Oil Pre: Midnight Oil performed this political song at the closing ceremony of the 2000 Sydney Olympics. The band was dressed in black, with the words “sorry” printed on their clothes. This was a reference to the acting Prime Minister John Howard’s refusal to apologize, on behalf of Australia, to the Aboriginal Australians for the way they had been treated over the last 200 years. 1. Research and illustrate the role of Midnight Oil’s lead singer (Peter Garrett) in the Australian government. While: How can we dance when our earth is turning How do we sleep while our beds are burning Four wheels scare the cockatoos From Kintore East to Yuendemu* The western desert lives and breathes In forty five degrees 8 *Aboriginal community in Central Australia, 250 km northwest of Alice Springs 2. Examine how lyrics and music style combine to create an accusation of sorts. Post: Eventually, in 2008, the then Australian Prime Minister Kevin Rudd apologised in the Australian Parliament for the atrocities committed against Aboriginal children, forcibly taken from their families (called the Stolen Generation by later historians) in order “to breed them out”: 8 http: / / www.songfacts.com/ detail.php? lyrics=294 <?page no="247"?> 248 Songtexte und Lyrik I move: That today we honour the Indigenous peoples of this land, the oldest continuing cultures in human history. We reflect on their past mistreatment. We reflect in particular on the mistreatment of those who were Stolen Generations-- this blemished chapter in our national history. 9 The term “breed them out” is used in the film Rabbit-proof Fence. In Western Australia in 1931, 14-year-old Molly, her sister Daisy and their cousin Gracie are taken by government officials and sent to an orphanage. Yearning for home, they attempt to find their way back by trekking 2,400 kilometres along the rabbit-proof fence. 3. Watch the trailer 10 and outline the experiences of the three Aboriginal girls. Worksheet 2: „My Island Home“ by Christine Anu Pre: Terra Nullius? * The Mabo Case: In June 1992, the Australian High Court handed down the ‘Mabo Decision’, which recognised prior ownership of land before white settlement, which had claimed Australia as terra nullius for the British Crown. This decision meant that Aboriginal tribes could claim back land tracks as the original owners if they could prove that the land had been inhabited by them for a certain amount of time. (The late Eddie Mabo was an Aboriginal activist who placed the land rights suit at the High Court and won his case). *land that belongs to nobody 1. Comment on what would happen, if the Australian Supreme Court decided that Sydney airport was native land and had to be returned to the Aboriginal community? While: I come from the salt water people We always live by the sea Now I’m down here living in the city With my man and a family 11 2. Transfer the contents of the lyrics into a plain English text. 3. Comment on the message of the song. Post: My Island Home was played at the Sydney 2000 Olympics closing ceremony. 9 https: / / www.australia.gov.au/ sites/ default/ files/ global_site/ library/ videos/ National_Apology_Speech- 48kbps_mono.mp3 10 https: / / www.youtube.com/ watch? v=QlSchfmtzQk 11 http: / / www.songlyrics.com/ christine-anu/ island-home-lyrics; MVC unter: https: / / www.youtube.com/ watch? v=OSFGK9HlEto&list=RDOSFGK9HlEto&t=29 <?page no="248"?> 249 4 Praxisbeispiele 4. Discuss the reasons why, of all songs, this one was chosen. 5. Comment on the question in how far the song represented the image of ‘being Australian’ to the world? 4.2 Brassens’ „Supplique pour être enterré à la plage de Sète“ als multilinguales Modul (Französisch / Englisch / Deutsch) Level schwer Dauer 2-3 Unterrichtsstunden Material worksheets 1-3; kultur-historische Informationen (Brassens Plattform) mehrsprachige Gedicht- und Chanson-Texte; inter-textuelle Metaphern Videobeispiele film clip with song performance Ziele ▶ intertextuelle Vergleiche und kulturhistorische Informationen bearbeiten ▶ Gedichte interpretieren und auf Metaphern untersuchen ▶ Chanson-Inhalt und musikalische Wirkung analysieren (Brassens-Valerie) ▶ Zusammenführen der Metaphern in einer Präsentation Umsetzung Eine Metaphern-geleitete Interpretation (code-based approach, vgl. Thaler 2008: 172) ermöglicht den multi-dimensionalen Zugang zu Gedichten und Songtexten. Schrittweise werden in diesem Modul die lyrics des Chansons erschlossen, die musikalische Umsetzung kommentiert, die vom Chansonnier übermittelten Stimmungen und Botschaften im Vergleich von Musik-Stil und Inhalt evaluiert und kommentiert, die kulturhistorischen Kontexte recherchiert und im Zusammenführen der Metaphern eine vergleichende Interpretation der dreisprachigen Quellen präsentiert. Die Arbeitsanweisungen für die Lernenden sind in der Übersicht zur Lernaufgabe zusammengefasst; die Auswahl der Metaphern obliegt der Lehrkraft und ist als Vorschlag angefügt. Worksheet 1: Context Georges Brassens (1921-1981), französischer Dichter und Chansonnier, geboren in Sète, wurde 1943 als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich verschleppt und arbeitete in einer Flugzeugmotoren-Fabrik. Nach gelungener Flucht lebte er bis zur Befreiung von den Nazis (1944) im Untergrund in Paris. Sein Chanson „Supplique pour être enterré à la plage de Sète” (19 geschrieben nach dem Tod seines Vaters) hat einen morbiden Unterton, gilt aber als spaßhaft gemeintes Anliegen, in der Nähe des berühmten Lyrikers Paul Valerie (1871-1945) begraben zu werden, der ebenfalls aus Sète stammte. Die folgenden Zeilen des Chansons stellen eine direkte Querverbindung zu Valeries Gedicht „Le Cimetiere marin“ her, welches Rainer Maria Rilke (1875-192) ins Deutsche übersetzte als „Der Friedhof am Meer“ (1920). Lothar Balzer (Jahrgang 1955), Musiker und Musiklehrer in Marburg, verbindet in seinem Gedicht „Sète I- III “ die drei Künstler mit seiner Interpretation verschiedener Metaphern zu einer Gesamtschau. <?page no="249"?> 250 Songtexte und Lyrik Worksheet 2: „Le Cimetière marin / Der Friedhof am Meer“ Le Cimetière marin (Paul Valéry) Ce toit tranquille, où marchent des colombes, Entre les pins palpite, entre les tombes; Midi le juste y compose de feux La mer, la mer, toujours recommencée! O récompense après une pensée Qu'un long regard sur le calme des dieux! Der Friedhof am Meer (Rainer Maria Rilke) Dies stille Dach, auf dem sich Tauben finden, scheint Grab und Pinie schwingend zu verbinden. Gerechter Mittag überflammt es nun. Das Meer, das Meer, ein immer neues Schenken! O, die Belohnung, nach dem langen Denken ein langes Hinschaun auf der Götter Ruhn! Supplique pour être enterré à la plage de Sète 12 (Georges Brassens) Déférence gardée envers Paul Valéry, Moi, l’humble troubadour, sur lui je renchéris, Le bon maître me le pardonne, Et qu’au moins, si ses vers valent mieux que les miens, Mon cimetière soit plus marin que le sien, Et n’en déplaise aux autochtones. Cette tombe en sandwich entre le ciel et l’eau, Ne donnera pas une ombre triste au tableau, Mais un charme indéfinissable. Les baigneuses s’en serviront de paravent Pour changer de tenue, et les petits enfants Diront : “Chouette, un château de sable ! ” Plea to be buried on the beach at Sète 13 With all due respect to Paul Valéry, I, the humble troubador am going one better than him, may the good master pardon me for that. and if his poetry is better than mine, at least let my burial place be more marine than his, although it might upset the natives. This tomb sandwiched between sky and water won’t add a gloomy aspect to the picture but an undefinable charm. Female bathers will use it as a screen against the wind and to get changed, and little children will say: “terrific, a sand castle! ” 12 https: / / www.youtube.com/ watch? v=aOvcTl_VpQ&list=RDaOvcTl_VpQ&t=30 13 http: / / lyricstranslate.com/ en/ supplique-pour-%C3%AAtre-enterr%C3%A9-%C3%A0-la-plage-des%C3%A8te-petition-be-buried-beach-s%C3%A8te.htmlixzz4y8eGvO4X <?page no="250"?> 251 4 Praxisbeispiele Worksheet 3: Sète I- III by Lothar Balzer (* 1955) I Meer als habe Rilke es vor Zeiten dahin gedichtet sein Schatten irrt mit dir durch diesen hellgesengten grauen Garten Wegewüste Kreuzesdickicht Urwald an Statuen das Grab findest du nie nie findest du den Namen der auf dem Grab nur unter andern steht der diesem Gräberfeld kaum Name ist nie auf dem Grab die wie vergessnen die nie erblühten Blumen Steinguts allein das Meer blüht hier und welkt am Abend seine Blüten Blau’s bis hier herauf in diese Totenvase bis hier herauf zu diesem einen Grab als habe der der es dahin gedichtet hineingelegt den Namen Valery II ein Engel an der grobsteinernen Mauer nahe dem Ausgang des Friedhofs am Meer als hätte Rilke ihn vergessen Zeit schlug ihm ins Gesicht schlug ihm die eine Wange Lächelns weg die andere er hält sie gegen das Grinsen des Nichts III sein Grab findest du nicht auf dem Friedhof vergessener Gräber Valery’s nicht unter den Soldaten pompösen Familiengräbern Statuenkitsch weiche aus auch den amtlich blauen Hinweisschildern die an seinem Namen tragen würde er nicht folgen schließ einfach die Augen und folge dem Duft der Blumen sie singen auf Brassens’ Grab noch immer das Chanson d’amour Tasks: In a group puzzle, changing between home and expert groups, choose tasks 1-5 in individual groups and then work on target task  in your home group again; share results in plenary. 1. Written poem(s) Identify codes (=metaphors) that are shared by the different poems (underlined in the given texts) 2. Listening to lyrics Outline Brassens’ “competition” with Valerie 3. Appreciating music Assess how music style and contents correspond with each other? Or do they? 4. Tone and intention Comment on the atmosphere created by the chanson and its message 5. Researching the context Find out more about the artists and their background, in historical as well as cultural terms. You start your research here: http: / / brassenswithenglish.blogspot.de/ 2010/ 03/ suppliquepour-etre-enterre-la-plage-de.html) 6. Merging the codes (target task) Compare your findings about metaphors and prepare presentations for plenary. Codes (Lösungen): <?page no="251"?> 252 Songtexte und Lyrik Rilke Brassens Balzer stilles Dach - das Meer - schenken - denken - Götter ruhn Paul Valery - his poetry - more marine - sandwiched … - gloomy aspects - undefinable charm - screen - sand castle Meer dahin gedichtet - hellgesengter grauer Garten - Blumen Steinguts - das Meer blüht - welkt … Blüten - eine Wange Lächelns - Grinsen des Nichts - Valery’s Grab - Statuenkitsch - Duft der Blumen - Brassen’s Grab - Chanson d’amour 4.3 Hip-Hop als Modul auf Englisch Level leicht bis mittel Dauer 2-4 Unterrichtsstunden Material worksheets 1-3; Free-style Rap Videobeispiele Eminem „The Storm“ 14 Ziele ▶ die politische Botschaft eines „Angry Rap“ diskutieren ▶ Musikstil des Rap und eigene Konsumgewohnheiten problematisieren ▶ einen eigenen Rap Song verfassen Umsetzung Eminem ist als einer der prominentesten Rap-Sänger den meisten Schülern bekannt, sodass eine kurze Gesprächsrunde (in der Zielsprache) über seinen Musikstil und seinen Erfolg direkt zum Rap „The Storm“ führen kann. Sowohl die sprachliche Gestaltung mit vielen Anspielungen auf aktuelle Ereignisse in den USA als auch die aggressiv wirkende Kritik am amerikanischen Präsidenten werden als Scaffolding im worksheet 1 angelegt. Ein eigener Rap bindet das Thema interaktiv zusammen-- wahlweise in deutscher oder englischer Sprache. Worksheet 1: Eminem disses Donald Trump 1. Use the Herringbone Technique for your research on Eminem. Who: ______________________ What: ______________________ Where: _____________________ When: ______________________ Why: _______________________ How: _______________________ Main idea: ___________________ 2. Read through the following extract from the lyrics: It’s the calm before the storm right here Wait, how was I gonna start this off ? 14 https: / / www.youtube.com/ watch? v=xkcX3kebYQQ <?page no="252"?> 253 4 Praxisbeispiele I forgot-… oh, yeah That’s an awfully hot coffee pot Should I drop it on Donald Trump? Probably not But that’s all I got ’til I come up with a solid plot Got a plan and now I gotta hatch it Like a damn Apache with a tomahawk Imma walk inside a mosque on Ramadan And say a prayer that every time Melania talks She gets a mou… Ahh, Imma stop But we better give Obama props ’Cause what we got in office now’s a kamikaze That’ll probably cause a nuclear holocaust And while the drama pops-… 3. Outline the starting lines of Eminem’s Rap in your own words and explain terms like: hot coffee pot a plan and now I gotta hatch it Apache with a tomahawk walk inside a mosque on Ramadan every time Melania talks we better give Obama props what we got in office now’s a kamikaze 4. Watch the video “The Storm” twice and summarise the main contents. 15 5. Discuss how the Rap title “The Storm” corresponds to the criticism aired by Eminem and evaluate why the political content of Rap songs contributes to their popularity in your peer group. Or does it? 6. Create your own Angry Rap. In case you need help, consult the webpage: https: / / www. wikihow.com/ Write-a-Rap-Song 15 https: / / www.youtube.com/ watch? v=xkcX3kebYQQ <?page no="254"?> 255 Literatur- und Quellenverzeichnis Literatur- und Quellenverzeichnis Albers, Carsten (2008). Image, Stardom, and Iconicity: Teaching Visual Reference and Intertextuality in Music Videos. In: Donnerstag, Jürgen, Laurenz Volkmann (Hg.). Media and American Studies in the EFL -Classroom. Heidelberg: Winter, 31-49. Albrecht, Volker, Maik Böing (2010). Wider die gängige monolinguale Praxis? ! -- Mehrperspektivität und kulturelle Skripte als Wegbereiter der Zweisprachigkeit im bilingualen Geographieunterricht. In: Doff, Sabine (Hg.). Bilingualer Sachfachunterricht in der Sekundarstufe- - eine Einführung. Tübingen: Narr, 58-71. Allmayer, Sandra (2010). Grammatikvermittlung mit Liedern: Methodisch-didaktische Konsequenzen aus der Kognitionspsychologie. In: Blell, Gabriele, Rita Kupetz (Hg.). 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Dr. Katharina Glas arbeitet in der Lehrerausbildung für Englisch als Fremdsprache am Institut für Literatur- und Sprachwissenschaften an der Pontificia Universidad Católica de Valparaíso in Chile. Dr. Charlott Falkenhagen ist studierte Musiklehrerin, praktizierende Musikerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Englische Fachdidaktik an der Friedrich- Schiller-Universität. Sie promovierte zum Thema Content and Language Integrated Learning im Musikunterricht und publiziert vor allem zum Einsatz von Musik im Englischunterricht. Dr. Bernd Klewitz, Oberstudienrat a. D. und Berater für Schulentwicklung, lehrt Fremdsprachendidaktik an den Universitäten von Jena und Göttingen mit den Schwerpunkten Scaffolding und CLIL . Prof. Dr. Christiane Lütge hat den Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache und Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München inne. Sie ist zudem Direktorin des Münchener Zentrums für Lehrerbildung ( MZL ). Gabriele Noppeney ist Dozentin für Musikpädagogik am Institut für Sekundarstufe I und II an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Referentin in der Lehrerfortbildung. Claudia Owczarek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache und Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In ihrem Dissertationsprojekt erforscht sie Lehrervorstellungen zum Einsatz von multimodaler Literatur im Englischunterricht. Hanna Usbeck-Frei ist Gymnasiallehrerin für Musik und Englisch mit bilingualer Zusatzqualifikation und MA in TESOL Studies (Teaching English to Speakers of Other Languages). <?page no="277"?> 278 Beiträgerinnen und Beiträger Prof. Dr. Laurenz Volkmann ist Lehrstuhlinhaber für Englische Fachdidaktik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Co-Autor von Teaching English (Narr, 2015). Prof. Dr. Aline Willems ist Juniorprofessorin für Didaktik der modernen Fremdsprachen an der Universität zu Köln. Ihre Lehrgebiete umfassen die Didaktik der romanischen Sprachen, des Englischen, Niederländischen, Russischen und Japanischen. Alexander Woltin unterrichtet als Oberstudienrat Englisch an einem Gymnasium in Hannover, ist Lehrbeauftragter am Englischen Seminar in der Didaktik der englischen Sprache an der Leibniz Universität Hannover und freiberuflicher Autor für Englischlehrbücher. <?page no="278"?> Dieses narr STUDIENBUCH fokussiert erstmals umfassend ein hochaktuelles und immer wieder diskutiertes Thema der Fremdsprachendidaktik und -forschung. Neben einem kompakten Überblick zu theoretischen Dimensionen, Modellen und Konzepten beantworten die Genrekapitel praxisorientierte Fragen zum didaktisch-methodischen Einsatz von beispielsweise Liedern, Musikvideoclips oder Instrumentalmusik. Sie zeigen multiperspektivisch verschiedene literatur-, kultur- und mediendidaktische sowie interkulturelle und kompetenzorientierte Zugänge zu Musik im Fremdsprachenunterricht auf. Die Ausführungen wie auch die unterrichtspraktischen Beispiele beinhalten einen Querschnitt verschiedener moderner Fremdsprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch sowie Deutsch als Fremdsprache). ISBN 978-3-8233-8102-0 Falkenhagen / Volkmann (Hrsg.) Musik im Fremdsprachenunterricht Musik im Fremdsprachenunterricht Charlott Falkenhagen / Laurenz Volkmann (Hrsg.)