Libellus Sancti Jacobi
Auszüge aus dem Jakobsbuch des 12. Jahrhunderts. Ins Deutsche übertragen und kommentiert von Hans-Wilhelm Klein (†) und Klaus Herbers
0924
2018
978-3-8233-9215-6
978-3-8233-8215-7
Gunter Narr Verlag
Klaus Herbers
Der »Libellus Sancti Jacobi«, eine Kurzform des berühmten »Liber Sancti Jacobi«, verbreitete den Jakobuskult in Europa, so könnte man zugespitzt formulieren. Nicht nur Pilger, die seit dem 11. Jahrhundert verstärkt aus Ländern von diesseits der Pyrenäen nach Santiago de Compostela zogen, förderten mit ihren Berichten das Renommee des Ortes, sondern die Verbreitung von Schriften unterstützte maßgeblich den Aufschwung des europäischen Pilgerzieles Santiago de Compostela. Als zentrales Dokument gilt der »Liber Sancti Jacobi« aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, der die verschiedenen Facetten des Kultes dokumentiert. Nachdem bereits das Vierte und das Fünfte Buch ins Deutsche übertragen wurden, legen die Autoren in diesem Band Ausschnitte aus den Predigten des ersten Teils des Jakobsbuches, die vollständigen Wundergeschichten sowie die Erzählungen über die Translation des Apostelleichnams von Jerusalem nach Santiago de Compostela in deutscher Sprache vor.
Der Text wurde für die zweite Auflage durchgesehen und um ein Vorwort des Herausgebers erweitert.
<?page no="1"?> Libellus Sancti Jacobi <?page no="2"?> Jakobus-Studien 22 im Auftrag der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft herausgegeben von Klaus Herbers und Robert Plötz 8 (†) <?page no="3"?> Klaus Herbers (Hrsg.) Libellus Sancti Jacobi Auszüge aus dem Jakobusbuch des 12. Jahrhunderts Ins Deutsche übertragen und kommentiert von Hans-Wilhelm Klein (†) und Klaus Herbers 2., durchgesehene Auflage <?page no="4"?> Titelbild: Ausschnitt aus einer Darstellung mit dem sogenannten Galgenmirakel. Die Mirakelerzählung im „Libellus“ enthält noch nicht alle Ausschmückungen des späteren Mittelalters. Holzschnitt, Oberdeutsch, um 1460 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 2., durchgesehene Auflage 2018 1. Auflage 1997 © 2018 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 0934-8611 ISBN 978-3-8233-8215-7 <?page no="5"?> 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Zur Einführung: Der „Liber“ und der „Libellus“ Sancti Jacobi - Der „ganze“ Text und der publikumswirksame „Auszug“ . . . . . . . . . . . 9 Aus Buch I Einleitungsbrief des seligen Papstes Calixtus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Wie bei der Nachtwache zu beten ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Strafwunder für Mißachtung des Festtages des Heiligen . . . . . . . . . . . 19 Gegen sündhafte Gedanken bei der Jacobusvigil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Habgier in der Welt - Simonie bei den Priestern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Die „kleine Passion“ des hl. Jacobus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Über Agrippa I., genannt Herodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Predigt des hl. Papstes Calixtus über die Passion des Apostels Jacobus, die am 25. Juli gefeiert wird Lob des hl. Jacobus als Gottesstreiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Wunderwirkung des hl. Jacobus bis auf den heutigen Tag . . . . . . . . 33 Die große Passion Prolog des hl. Papstes Calixtus zur großen Passion des hl. Jacobus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Bekehrung des Hermogenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Verurteilung und Hinrichtung des hl. Jacobus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Der hl. Jacobus in Galicien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Hermogenes als Gegner des hl. Jacobus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Predigt des hl. Papstes Calixtus zum Fest der Erwählung und der Überführung des hl. Apostels Jacobus, das am 30. Dezember gefeiert wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Ablehnung apokrypher Schriften über die Überführung des Apostels und Hinweis auf die Echtheit des „Codex Iacobus“ . . 44 Herkunft und Verhalten der Pilger in Compostela . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 <?page no="6"?> 4 Der Pilgerweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Ausrüstung und Verhalten der Pilger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Die Jakobsmuscheln ( Crusillae ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Die Ausstattung für die Pilgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Streitigkeiten unter Pilgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Über die bösen Wirte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Geldwechsler und andere Gauner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Speziell über die Geldwechsler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Die Gewürzhändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Die Kaufleute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Verwünschung aller Betrüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Buch II Einleitung durch Papst Calixtus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Cap. I. Über die zwanzig Männer, die der Apostel aus der Gefangenschaft der Muslime befreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Cap. II. Von dem Mann, dessen schriftlich niedergelegte Sünde auf dem Altar des hl. Jacobus getilgt wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Cap. III. Von dem Knaben, den der Apostel im Oca-Gebirge von den Toten erweckte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Cap. IV. Von den dreißig Lothringern und dem Toten, den der Apostel in einer Nacht vom Cisapaß bis zu seinem Kloster brachte 75 Cap. V. Von dem gehängten Pilger, den der selige Apostel nach 36 Tagen am Galgen vom Tode erlöste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Cap. VI. Von dem Mann aus Poitiers, dem der Apostel einen Engel in Gestalt eines Esels zu Hilfe sandte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Cap. VII. Von dem Seemann Frisonus, den der Apostel mit Helm und Schild bewehrt der Tiefe des Meeres entriß . . . . . . . . . . . . 83 Cap. VIII. Von dem Prälaten, der ein Responsorium zu Ehren von Jacobus verfaßte, nachdem er aus Seenot gerettet worden war . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Cap. IX. Von dem Ritter aus Tiberias, dem der Apostel die Macht verlieh, die Türken zu schlagen, und den er aus Krankheit und Seenot errettete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 <?page no="7"?> 5 Cap. X. Von dem Pilger, der ins Meer gefallen war und den der Apostel am Schopfe ergriff und in drei Tagen zum Hafen brachte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Cap. XI. Von Bernardus, den der Apostel auf wunderbare Weise aus dem Kerker entführte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Cap. XII. Von dem Ritter, den der Apostel durch Berührung seiner Muschel von seiner Krankheit befreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Cap. XIII. Von dem Ritter Dalmacius, den der Apostel wegen eines seiner Pilger zur Rechenschaft zog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Cap. XIV. Von dem Kaufmann, den der Apostel aus dem Kerker befreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Cap. XV. Von dem Ritter, den der selige Apostel im Kampf rettete, nachdem alle Gefährten gefallen waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Cap. XVI. Von dem Ritter, der im Todeskampf von den Teufeln bedrängt wurde und den der selige Apostel mit dem Stab eines Bettlers und dem Bündel einer alten Frau befreite . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Cap. XVII. Von dem Pilger, der sich, auf Betreiben des Teufels, aus Liebe zum Apostel das Leben nahm, von Jacobus aber mit Hilfe der seligen Gottesgebärerin Maria vom Tode zum Leben zurückgeführt wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Cap. XVIII. Von dem Grafen von St-Gilles, dem der Apostel die eisernen Tore seiner Kapelle öffnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Cap. XIX. Von dem griechischen Bischof Stephanus, dem der selige Apostel erschien und dem er unbekanntes künftiges Geschehen voraussagte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Cap. XX. Von dem gefangenen Ritter Guillaume, den ein Graf bei entblößtem Halse mit dem Schwert enthaupten ließ, ihn aber nicht zu verwunden vermochte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Cap. XXI. Von dem gelähmten Mann, dem der selige Apostel in seiner Basilika erschien und den er fürsorglich wieder gesund machte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Cap. XXII. Von dem Mann, der dreizehn Mal verkauft und ebensooft durch den Apostel befreit wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 <?page no="8"?> 6 Verstreute Wunderberichte aus dem Jakobsbuch und dem Anhang dazu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Wunder aus Buch IV: Die Mauern von Pamplona stürzen selbst ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Das Wunder der blühenden Lanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Wunder aus Buch V: Wie die Jakobspilger aufzunehmen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Wunder aus dem Anhang: Ein Wunder des hl. Jacobus, von Alberich, Abt von Vézelay, Bischof von Ostia und Legat zu Rom berichtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Von dem zum Leben erweckten Knaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Ein im Lande Poitou bekanntes Wunder des hl. Jacobus über das entstellte Gesicht des Sohnes eines Vizegrafen . . . . . . . . . . . . . . . 111 Wunder des hl. Jacobus zur Befreiung der Christen und der Flucht der Sarazenen aus Portugal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Buch III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Prolog des Papstes Calixtus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Cap. I. Es beginnt die Geschichte von der Überführung des heiligen Apostels Jacobus, des Bruders des Apostels und Evangelisten Johannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Cap. II. Es beginnt der Brief des Papstes Leo über die Translation des seligen Apostels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Cap. III. Papst Calixtus über die drei Feiertage des hl. Jacobus . . 125 Cap. IV. Die Jakobsmuscheln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Anhang: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Verzeichnis der Personen- und Ortsnamen (bearbeitet von Iris Holzwart) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 <?page no="9"?> 7 Vorwort zur Neuauflage des Libellus Sancti Jacobi Als der achte Band der Jakobusstudien unter dem Titel „Libellus Sancti Jacobi“ veröffentlicht wurde, war die lateinische Gesamtedition des Liber Sancti Jacobi noch nicht in Santiago de Compostela erschienen. Dies sollte erst in einer gemeinsamen Edition von Klaus Herbers und Manuel Santos 1998 geschehen. Der Liber Sancti Jacobi ( Jakobsbuch) aus der Mitte des 12. Jahrhunderts ist ein zentrales Dokument des Jakobuskultes und wird bis heute immer wieder in den verschiedensten Zusammenhängen herangezogen und sondiert. Allerdings blieben für Nichtlateinkundige lange Zeit allenfalls der bekannte Pilgerführer 1 sowie die Historia Turpini 2 in deutscher Sprache verfügbar. Es ist das Verdienst unseres Gründungsmitgliedes und Aachener Emeritus Hans-Wilhelm Klein, schon nach 1987 weitere Teile des Jakobsbuches ins Deutsche übertragen zu haben. Damit werden eben auch zentrale Passagen aus den anderen Teilen des Jakobsbuches zur Verfügung gestellt. Insbesondere geht es um eine Auswahl aus den Predigten (Buch I), eine vollständige Übertragung der Mirakelgeschichten (Buch II) sowie weiterer verstreuter Wundererzählungen. Hinzu treten die zentralen Berichte und Bestätigungen zur Übertragung der Gebeine des heiligen Jakobus‘ von Jerusalem nach Galicien (Buch III). Schon nach einiger Zeit war dieses Buch nicht mehr lieferbar, und es ist der Initiative von Bruder Kaffanke (Beuron) zu verdanken, dass wir nun eine neue Auflage des Bandes mit einer schöneren und moderneren Ausstattung vorlegen können. Ihm sei herzlich für die finanzielle Unterstützung gedankt, ebenso dem Narr Verlag für das Interesse, diesen Basistext wieder verfügbar zu machen. 1 K laus H erbers , Der Jakobsweg. Ein Pilgerführer aus dem 12. Jahrhundert (Reclams Universal-Bibliothek 18580, Stuttgart 2008) (Erstauflage 1986). 2 H ans -W ilHelm K lein , Die Chronik von Karl dem Großen und Roland: der lateinische Pseudo-Turpin in den Handschriften aus Aachen und Andernach (Beiträge zur romanischen Philologie des Mittelalters 13, München 1986). <?page no="10"?> 8 Die Deutsche St. Jakobusgesellschaft freut sich, dass die Texte des Liber Sancti Jacobi nach wie vor auch von vielen Mitgliedern der verschiedenen Jakobusvereinigungen in Deutschland zur Kenntnis genommen werden. Erlangen im Juli 2018 Klaus Herbers <?page no="11"?> 9 Zur Einführung: Der „Liber“ und der „Libellus“ Sancti Jacobi - Der „ganze“ Text und der publikumswirksame „Auszug“ Der Liber Sancti Jacobi gilt weithin als wichtigstes Dokument zum hochmittelalterlichen Jakobuskult, in dem die europäische Bedeutung der Jakobusverehrung in Santiago de Compostela erstmals in verschiedenen Facetten dokumentiert vorliegt. Einer solch allgemeinen Kurzcharakteristik wird kaum ein Forscher widersprechen, obwohl die Wissenschaft in vielen Einzelfragen noch weit von einem Konsens entfernt ist. Wer war der Initiator zu diesem Buch? War es Propaganda für eine inzwischen immer europäischer werdende Pilgerfahrt oder waren kirchenpolitische Ambitionen gegenüber Toledo und Rom entscheidend? Wo wurde die Kompilation hergestellt? Gab es Vorformen oder entstand das Werk aus einem Guß? Welche Schichten lassen sich eventuell unterscheiden? Zu diesen und vielen weiteren Fragen wird die vorliegende Publikation keine unmittelbare Auskunft geben, denn dies ist in wenigen Worten kaum möglich. Die hieran interessierten Leserinnen und Leser können nur auf eine inzwischen breiter gewordene Forschungsdebatte verwiesen werden 1 . Die Publikation führt zu den Quellen selbst: Sie erschließt durch die Übersetzung zentrale Texte des Liber Sancti Jacobi für ein breiteres Publikum. Dieses nunmehr vorgelegte Buch hat seine eigene Geschichte: Sie geht zurück auf erste persönliche Kontakte 1987 mit dem damaligen Emeritus für Romanische Philologie an der Universität Aachen, 1 Kurzcharakteristik und Literatur bei K. H erbers , Liber Sancti Jacobi, in: Lexikon des Mittelalters V (1991) Sp. 1948; seither haben vor allem Stellung genommen m oisan , Livre de Saint Jacques; H eerWarden , Op weg (beide stark in Nachfolge von R. Louis), d e m andacH , Chanson de Roland, S. 27-62 (ausgehend von seinen Turpin-Forschungen und einer möglichen Entstehung im Umkreis Alfons I. el Batalladors) und jüngst G erson / K orcHalis / s tones , Pilgrim‘s Guide (mir noch nicht zugänglich). Eine allgemeine Einführung in die Probleme der Kompilation auch bei H erbers , Jakobsweg S. 19-30. Es erschien nicht sinnvoll, eine solche Hinführung hier zu wiederholen. - Für alle in der Folge in Kurzform zitierten Belege sei auf das Literaturverzeichnis verwiesen. <?page no="12"?> 10 Hans-Wilhelm Klein. Unsere Wege trafen sich schon vor der Gründung der deutschen St. Jakobus-Gesellschaft, in deren wissenschaftlichem Beirat wir dann zusammen arbeiteten. Meine Studien zum Liber Sancti Jacobi und die Ausgabe des fünften Buches, des Pilgerführers in deutscher Übersetzung, hatten das Interesse von H.-W. Klein gefunden, der sich nach seiner Emeritierung verstärkt dem Liber Sancti Jacobi und insbesondere dem vierten Buch, dem sogenannten „Pseudo-Turpin“ widmete. Er verfügte über die Photos aus dem Nachlaß des Romanisten Adalbert Hämel, der sich schon etwa seit 1930 einer Neuausgabe des Liber Sancti Jacobi und insbesondere des Pseudo-Turpin verschrieben hatte und diesen Plan bis in die 50er Jahre weiter verfolgte. Als eine seiner letzten Publikationen hinterließ Hämel der Forschung zwei wichtige Studien zur Überlieferung und zu den Handschriftengruppen des damals noch wenig bekannten Liber Sancti Jacobi und des vielfach auch separat überlieferten Pseudo-Turpin 2 . Eine geplante Ausgabe des Liber Sancti Jacobi konnte Hämel nach seiner Kritik an der „vorschnellen“ Publikation der Transkription von Whitehell 3 nicht mehr fertigstellen 4 ; den Druck des vierten Buches, des Pseudo-Turpin, nach der Compostelaner Handschrift gab André de Mandach aus Hämels Nachlaß 1965 heraus 5 . Damit war aber nur eine wichtige Handschriftengruppe ediert. Eine von Hämel als „Aachener Gruppe“ bezeichnete Handschriftenfamilie diente Hans-Wilhelm Klein als Grundlage für eine 1986 erschienene Pseudo-Turpin-Ausgabe 6 . Die Entstehung dieser Aachener Version des Pseudo-Turpin hing wohl maßgeblich mit den Bestrebungen Friedrichs I. um die Heiligsprechung Karls des Großen zusammen 7 . Mit seiner Ausgabe des Pseudo-Turpin unterstrich Klein zugleich seine Überzeugung, daß ein Text, der schon im Mittelalter in viele Volkssprachen übersetzt worden war, auch heute eine neuhoch- 2 H ämel , Überlieferung und Bedeutung; d ers ., Los manuscritos del Falso Turpino. 3 Vgl. die Rezension H ämels zur Edition von W. m. W HiteHill , Liber S. Jacobi (1944) in: Estudis Romanics 2 (1949-1950) S. 241-245. 4 Eine Passage aus dem 17. Kapitel des 1. Buches publizierte H ämel unter dem Titel „Aus dem Liber Sancti Jacobi“. 5 H ämel -a ndré d e m andacH , Der Pseudo-Turpin. 6 K lein , Chronik von Karl dem Großen. 7 Vgl. K lein , Karl der Große und Compostela; H erbers , Karl der Große. <?page no="13"?> 11 deutsche Übertragung verdiene. Das 4. und 5. Buch 8 des Liber Sancti Jacobi waren nach Kleins Edition somit auch für einen breiteren, nicht des Lateinischen mächtigen Leserkreis verfügbar. Bestand und besteht aber das Jakobsbuch nicht aus fünf großen Teilen sowie einem Anhang? Gewiß, aber die Geschichten über Karl den Großen im Pseudo-Turpin, das vierte Buch, und der berühmte Prototyp eines Pilgerführers, das fünfte Buch, besitzen von allen fünf Büchern sicher bis heute ihre ganz besondere und herausragende Bedeutung. Deshalb war ihnen für eine Übertragung ins Neuhochdeutsche zunächst Vorrang einzuräumen. Aber bereits im Mittelalter wurden weitere Teile des Liber Sancti Jacobi gerne kopiert und gelesen. Außer dem Pseudo-Turpin mit seinen Geschichten um den Spanienzug Karls des Großen erfreuten sich insbesondere die Wundergeschichten des zweiten Buches großer Beliebtheit 9 . Schon im 12. Jahrhundert gerieten Kurzfassungen des Jakobsbuches in Umlauf, welche die damals als besonders wichtig angesehenen Passagen der gesamten Kompilation enthielten, insbesondere wurden hierbei die umfangreichen Teile des liturgischen ersten Buches auf ein geringes Maß reduziert. Diese Kurzfassungen bezeichnete A. Härmel als „Libellus Sancti Jacobi“ 10 . Mit diesen Auszügen und insbesondere auch mit der teilweise auch separat tradierten Mirakelsammlung wurde der Ruf des hl. Jakobus in ganz Europa verbreitet und nachhaltig gefördert 11 . Für die folgende Auswahl wurde der Titel „Libellus Sancti Jacobi“ gewählt. Er verdeutlicht, daß hier nicht der ganze Liber Sancti Jacobi, sondern nur Teile geboten werden. Die Zusammenstellung kommt zwar nur teilweise den mittelalterlichen „Libellus“-Fassungen nahe, jedoch dürfte die Intention den mittelalterlichen Vorbildern weithin entsprechen. Denn es geht ja heute wie damals darum die 8 Fast gleichzeitig mit Kleins Edition erschien die Übersetzung des fünften Buches: H erbers , Der Jakobsweg. 9 Vgl. H erbers , Miracles; P lötz , Jakobspilger. 10 Vgl. Anm. 2. Unentschieden bleibt hier die vor allem von d e m andacH , Neues, und d ers ., Chanson de Roland, geführte Diskussion, ob verschiedene Libelli Vorform oder nachträgliche Kürzung des Jakobsbuches waren. 11 Vgl. hierzu zusammenfassend H erbers , Expansión. <?page no="14"?> 12 wichtigsten Teile dieses Jakobsbuches einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im Zeitalter von Buchdruck und neuen Medien konnten dabei die schon in deutscher Sprache verfügbaren Bücher IV und V ausgeklammert werden. Von den verbliebenen Büchern I-III wurden die Mirakelsammlung und der Teil über die Translation des Apostelleichnams nach Spanien (Buch II und III) vollständig berücksichtigt, jedoch konnte das ausführliche erste Buch mit liturgischen Texten nicht vollständig aufgenommen werden. Hier galt als Auswahlprinzip, diejenigen Teile zu übersetzen, die über den Heiligen selbst, seine Verbindung mit Spanien und besonders über die mittelalterliche Pilgerfahrt Auskunft geben. Diese Passagen stammen vor allem aus den Predigten zu den verschiedenen Festtagen, kaum aus den ebenfalls im ersten Buch enthaltenen Meßformularen und Proprien. Hans-Wilhelm Klein hat noch in den letzten Jahren vor seinem Tod am 3.11.1992 die hier der Öffentlichkeit vorgelegte Übersetzung weitgehend beendet. Wie ein mittelalterlicher Kompilator hat er dabei mit Rücksicht auf den modernen Leser einzelne Abschnitte des ersten Buches umgestellt sowie dem zweiten Buch weitere in den anderen Teilen des Liber Sancti Jacobi aufgenommene Mirakelberichte angefügt 12 . Nachdem Hans-Wilhelm Klein mir das Manuskript kurz vor seinem Tode übergeben hatte, mußte entschieden werden, ob für die Drucklegung wieder zur urspünglichen Anordnung der Compostelaner Handschrift zurückzukehren sei. Der Plan einer erneuten Umstellung des Kleinschen Manuskriptes wurde nach mehrfachen Erwägungen jedoch ebenso wie der Gedanke an eine lateinisch-deutsche Ausgabe verworfen. Angesichts der Tatsache, daß in Kürze die komplette lateinische Transkription des Liber Sancti Jacobi zum Faksimile herauskommen wird 13 und eine kritische Edition in Arbeit ist 14 , erschien es vertretbar, bei einer ohnehin auszugsweisen, übersetzten Ausgabe auf die strenge Abfolge des Compostelaner Manuskriptes zu ver- 12 Diesen weiteren Mirakeln des Liber Sancti Jacobi, die nicht zu den 22 des 2. Buches gehörten, galt schon zuvor sein Interesse, vgl. K lein , Verstreute Mirakelberichte (mit Edition der lateinischen Texte). Die Zahl von 22 Mirakeln in der Compostelaner Handschrift basiert vielleicht darauf, daß man die Mirakel für Liturgie und Tischlesung verwenden wollte. 13 Erstellt von K. Herbers und M. Santos. 14 Bearbeitet von einer Equipe unter der Leitung von M. C. Díaz y Díaz. <?page no="15"?> 13 zichten. Diese Entscheidung trägt auch der Tatsache Rechnung, daß so die Vorstellungen, die sich Hans-Wilhelm Klein von diesem Buch im Laufe der Zeit angeeignet hatte, besser zum Ausdruck kommen. Allerdings machen die Verweise auf die Kapitelzählung und die Angabe der jeweiligen Folien 15 einen Vergleich der Übersetzung mit der künftigen lateinischen Transkription möglich. Wegen der bevorstehenden lateinischen Ausgaben wurde auch auf eine umfassende Dokumentation des Forschungsstandes und auf die Erörterung paläographischer und philologischer Fragen weitgehend verzichtet. Wer sich intensiv mit dem Text auseinandersetzen will, wird ohnehin zum lateinischen Text und zu der einschlägigen Spezialliteratur greifen. Durchgesehen habe ich jedoch die von Hans-Wilhelm Klein schon im Zeichen schwerer Krankheit gefertigte Übersetzung, dabei aber den speziellen Akzent, die individuelle Gestaltung sowie kleinere Freiheiten gegenüber der lateinischen Vorlage belassen. Weiterhin habe ich dem Text die notwendigsten Erläuterungen und erste Hinweise zur Forschungsliteratur beigegeben. Die zitierte sowie weitere grundlegende Literatur und die Orts- und Personennamen werden in zwei Verzeichnissen erschlossen. Die von Hans-Wilhelm Klein teilweise zur besseren Gliederung und Verständlichkeit neu geschöpften Zwischenüberschriften wurden - soweit sie nicht aus der Handschrift stammen - in Klammem gesetzt. Bibelzitate sind in Klammern an der jeweiligen Stelle angefügt und folgen der Form, wie sie auch das neue „Lexikon für Theologie und Kirche“ verwendet. Mit der Publikation, welche die Xunta de Galicia und ihr Director Xeral D. Manuel Antonio Silva Romero dankenswerterweise großzügig finanziell unterstützte, möchten wir die Arbeit unseres ehemaligen Mitgliedes des Wissenschaftlichen Beirates, Hans-Wilhelm Klein, würdigen und auch seiner Intention gerecht werden, die zentralen Texte des Jakobsbuches zu verbreiten. 25. Juli 1996 Klaus Herbers 15 Nur zu Buch I, denn Buch II und III sind ja vollständig aufgenommen. <?page no="16"?> 14 Abb. 1: Papst Calixt II. als angeblicher Verfasser des Jakobbuches (Santiago de Compostela, Archivo de la Catedral, fol. 1r) <?page no="17"?> Liber Sancti Iacobi (Aus dem ersten Buch des „Codex Calixtinus“ in Santiago de Compostela) Einleitungsbrief des seligen Papstes Calixtus 1 (Cap. I, fol. 1r-2v) Der Oberhirte Calixtus, Diener der Diener Gottes, sendet an den ehrwürdigen Konvent der Basilika von Cluny, den auserwählten apostolischen Sitz, an die berühmten hohen Herren Wilhelm, Patriarch von Jerusalem, und Didacus, Erzbischof von Compostela, und an alle rechtgläubigen Christen Heil und apostolischen Segen in Christo. Da in keiner Gegend der Welt Männer zu finden sind, die euch an Würde oder Ansehen übertreffen, sende ich an eure fromme Gemeinschaft diesen Kodex des hl. Jacobus. Solltet ihr darin etwas zu verbessern finden, so möget ihr, kraft eurer Autorität und der Liebe zum Apostel, den Text korrigieren. Ich freilich habe um diesen Kodex zahllose Ängste durchlitten. Als Schüler hatte ich schon ab frühester Kindheit den Apostel geliebt. Als ich darauf vierzehn Jahre lang fremde Länder und Provinzen durchreiste, schrieb ich alles, was ich über ihn geschrieben fand, auf kleinen, schlichten und groben Zetteln eifrig auf, um später all dies in einem Bande zusammenzufassen, damit die Verehrer des hl. Jacobus die Texte vereint finden könnten, die als Lesungen für Festtage er- 1 Papst Calixtus II. (1119-1124). Er stammte aus einem burgundischen Grafengeschlecht. Neben verwandtschaftlichen Bezügen dürfte für den Kompilator des Jakobsbuches auch die Legitimation durch einen Papst wichtig gewesen sein. Die vielfältigen Papsturkunden dieses Papstes für Compostela sind hauptsächlich in der Historia Compostelana überliefert (ed. F alque r ey ), vgl. hierzu V ones , Historia Compostellana. Den schon lange als Fälschung geltende hier übersetzte Einleitungsbrief ( J aFFé -l öWenFeld † 7108) hat d ìaz y d íaz , Códice Calixtino, S. 335-340, gleichsam als „Probelauf “ für eine kritische Edition gedruckt. Da im Folgenden nur die notwendigsten Erläuterungen gegeben werden, sei hier allgemein auf die immer noch nützliche Kommentierung der schon 1951 erschienenen spanischen Übersetzung von m oraleJo / t orres / F eo , Liber, verwiesen. <?page no="18"?> 16 forderlich sind. Welch wunderbares Glück! lch fiel unter die Räuber, wurde all meiner Habe beraubt, aber der Kodex verblieb mir. Ins Gefängnis wurde ich geworfen, all meines Vermögens beraubt, nur der Kodex blieb mir erhalten. Oft sank ich in tiefe Meeresfluten und war dem Ertrinken nahe, aber mit mir tauchte der Kodex wohlbehalten und trocken wieder auf. Ein Haus, in dem ich wohnte, brannte nieder, all mein Besitz verbrannte, aber der Kodex blieb unverbrannt mit mir. So begann ich darüber nachzudenken, ob nicht dieser Kodex, den ich mit eigener Hand zu sammeln mich mühte, Gott wohlgefällig sein würde. Als ich dies noch bei mir erwog, sah ich mich eines Nachts im Traum in einen glänzenden Königssaal versetzt und erblickte einen jugendlichen Mann von unsagbarer Schönheit, von strahlendem Licht umflossen, mit königlichem Gewand wunderbar gekleidet, mit königlichem Lorbeer gekrönt. Dieser trat mit einigen Begleitern durch die östliche Pforte des Saales ein. Einer von ihnen sagte zu mir: „Dies ist der Sohn des Königs.“ Gleich nahm dieser auf dem höchsten Sitz Platz und sprach zu mir, der ich zu seinen Füßen saß: „Gib mir die Handschuhe, die du in deiner Hand hältst.“ Ich reichte sie ihm gern. Er nahm sie in die Hand und betrat ein anderes Gemach. Einer der Gefährten, wohl sein Truchseß, sagte mir, jener sei der Sohn des höchsten Königs, und fügte hinzu: „So wie er die Handschuhe aus deinen Händen angenommen hat, so wird er den Kodex über den Apostel, wenn er vollendet ist, freundlich und gern entgegennehmen.“ Als ich eines Tages die Predigt zur Translation Veneranda dies (Der ehrwürdige Tag) 2 im Geiste wiederholte und das Heft mit diesem Text in Händen hielt, erschien er selbst mit dem hl. Jacobus mir im Traum und sagte: „Zaudere nicht, diese mir willkommenen Lehren, die für alle gelten, niederzuschreiben. Schreibe weiter, was du begonnen hast, rüge die Missetaten schlechter Gastwirte, die am Wege meines Apostels wohnen“. Und darum soll keiner meinen, ich hätte von mir Erfundenes 2 Vgl. Auszüge aus dieser Predigt unten S. 43-64, die mit der Konzeption der Pilgerfahrt zusammenhängenden Passagen in Übersetzung auch schon bei H erbers , Jakobsweg, S. 57-82. <?page no="19"?> 17 niedergeschrieben. Nein! Man soll wissen, alles, was im ersten Buch enthalten ist und auszugsweise dargestellt ist, stammt aus authentischen Büchern der beiden Testamente, der heiligen Kirchenlehrer Hieronymus, Ambrosius, Augustinus, Gregorius, Beda, Maximus, Leo und anderer anerkannter Kirchenlehrer. Das andere, das in den darauf folgenden Büchern an Geschichten enthalten ist, habe ich entweder mit eigenen Augen gesehen oder bereits schriftlich vorgefunden oder schließlich nach wahrheitsgetreuen Berichten erfahren und niedergeschrieben. Niemand soll also dieses Buch geringschätzen, auch wenn er findet, es sei in schlichtem Stil geschrieben. Wir haben nämlich unsere Predigten in schlichtem Stil geschrieben, damit sie Laien und Kundigen in gleichem Maße zugänglich sind. Viele nämlich schätzen das gering, was sie nicht verstehen. Die Franzosen schätzen die Deutschen gering und die Römer die Griechen, weil sie deren Sprache nicht verstehen. Wenn ich täglich einen Griechen oder einen Deutschen reden höre und ihn nicht verstehe, welchen Nutzen habe ich davon? Aus diesem Grunde haben heilige Männer schon seit langem Auslegungen der vier Evangelien und der Propheten dargeboten, denn man verstand sie nicht recht. Wenn man mir ein unangeschnittenes Brot zu Tische gibt, nehme ich es gern an, ein angeschnittenes aber noch lieber. Die Kruste nutzt nicht viel, bevor die Krume erscheint. Ein klarer Trank zeigt, was er enthält. Ein klares und offenes Auge sieht heller als ein trübes oder geschlossenes. Eine helle Kerze, die allen Anwesenden Licht spendet, nützt mehr, als eine, die es den einen spendet, anderen aber versagt. So steht dies kleine Werk allen offen, um allen, den Kennern der Grammatik wie den weniger Kundigen, von großem Nutzen zu sein. Was nun in der Kirche daraus vorgelesen werden soll, sei hiermit angedeutet: Alles, was in den ersten beiden Büchern bis zu dem Zeichen 3 steht, ist in den Kirchen der Vorschrift entsprechend zum Frühgebet und zu den Messen zu singen und zu beten, denn es ist authentisch und mit großem Nachdruck gesagt. Was nach diesem Zeichen im Folgenden geschrieben steht, ist in den Refektorien (Speisesälen) zu den Mahlzeiten zu lesen, denn auch dies ist von hoher Geltung. 3 Ein P mit eingeschriebenem X, die griechischen Anfangsbuchstaben für „Christus “ . Dieses Zeichen taucht am Ende von Buch II wieder auf. <?page no="20"?> 18 Was weiter in den ersten beiden Büchern steht, genügt zur Lesung beim Frühgottesdienst. Es ist im übrigen nicht möglich, alle Predigten und Wunder des hl. Jacobus aus diesem Kodex in der Kirche vorzulesen, weil sie zu umfangreich sind. Sie können später wochenweise an dem betreffenden Festtag im Refektorium vorgelesen werden (…) Sollte aber jemand den Inhalt dieses Buches mit nichtigen Argumenten oder wertlosen Diskussionen für ungültig erklären, ihn verachten oder sich anmaßen, ihn rundweg abzulehnen, so sei er mit (den Irrlehrern) Arius und Sabellinus verflucht. Lebt wohl alle im Herrn. Gegeben im Lateran am 15. Januar. (Wie bei der Nachtwache zu beten ist) (Cap. II, fol. 8v ff.) Man muß also am Tage vor der Vigil (des hl. Jacobus) die Basilika sowohl mit Besen vom Staub reinigen, als auch mit Teppichen, Seidentüchern und Bodenstreu ausschmücken, damit in ihr die Geistlichkeit wie auch das Volk gebührend ihre Gebete verrichten können. (…) Es gehört sich, daß die ganze Nacht lang das Volk in der Kirche am Altar betet, in den Händen brennende Kerzen hält, steht und nicht sitzt, wacht und nicht schläft. Dies bezeugt der Herr, wenn er sagt: „Eure Lenden seien umgürtet, und brennende Lichter haltet in euren Händen“ (Lk 12,35). (…) Viele haben ihre Gesichter zur Schlafenszeit mit brennenden Kerzen angesengt, um nicht einzuschlafen. Sie wollten lieber Bart und Haupthaar ansengen, als am Altar Gottes mit schlechten Gedanken ihren Geist beflecken. Daß die Wachskerze eines jeden vom Abend bis zum Ende der ersten Messe brennen soll, bezeugt das Volk Israel, das bei dem Zug durch die Wüste von einer Feuersäule erleuchtet wurde, die nachts als Wolke über ihm erschien (vgl. Ex 13,21-22). Sie blieb nämlich vom Einbruch der Nacht an bis zum Erscheinen Lucifers, das heißt des Morgensterns. (…) So also, wie der in der Nachtwache zu verehrende Leib unter den Wachenden gegenwärtig ist, so weilt wahrlich auch der hl. Jacobus selbst unter seinen wachenden Betern und übermittelt Gott ihre <?page no="21"?> 19 Bitten. Viele versichern sogar, sie hätten bei der Vigil seines Festes den Heiligen in seiner apostolischen Gestalt erblickt. Wir müssen zum einen bei seiner Vigil mit zerknirschtem Herzen und durch mündliches Bekenntnis unsere Sünden beweinen. Zum andern aber sollen wir voller Freude sein, denn wenn wir die Vigil andächtig feiern, erlangen wir Ehren und Lohn des ewigen Lebens. Besonders die Galicier haben Grund zur Freude, sie, die sein wertvollstes Gut, nämlich seinen verehrungswürdigen Leib, erhalten haben. Wenn sie so täglich sein Erbe, nämlich die von den Pilgern gestifteten Spenden, entgegennehmen, so ist das Grund zu täglicher Freude und Trauer zugleich; zur Trauer, wenn sie es schlecht verwalten, zur Freude, wenn sie es gut, so wie der hl. Laurentius, verteilen, denn von ihm wird psalmodierend (in seiner Meßfeier) gesagt: „Er verteilte alles unter die Armen, gab nichts den Reichen“ (vgl. Ps 111,9 und 2 Kor 9,9). (Strafwunder für Mißachtung des Festtages des Heiligen) (Cap. II, fol. 11r) Folgendes sind denkwürdige Wunder, die einstmals als Strafe Gottes an denjenigen geschahen, die die Festtage des hl. Jacobus nicht achteten: In Spanien, bei der Stadt Tudején, pflegte ein Bauer jeweils am Tage des hl. Jacobus den Weizen auf seiner Tenne zu dreschen. Als es an einem solchen Tage Abend wurde, begab er sich in das Badehaus, das, wie man weiß, nahe der Stadt als bewundernswertes altes sarazenisches Werk errichtet worden war. Er ließ sich darin nieder, und alsbald blieb seine Haut am Rücken, von den Schultern bis zu den Beinen, an den Wänden des Bades haften, und vor aller Augen hauchte er seinen Geist aus, weil er ein so großes Fest mißachtet hatte. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen 4 . Bei den 4 Diese Schlußformel findet sich auch in den Wundergeschichten von Buch II sowie einigen Mirakelgeschichten des Anhangs. Vgl. zur Formel die Grundlage in Ps 117,23; wichtiger für die mittelalterliche Tradition dürfte jedoch das Graduale der zweiten Messe an Weihnachten (mit dieser Formel) gewesen sein. Diese und weitere Wunder lateinisch auch bei K lein , Verstreute Mirakelberichte. - In manchen Abschriften des Jakobsbuches erscheinen diese Wunder zusammen mit den weiteren Mirakeln, was auf verschiedene Gruppierungen schließen läßt, vgl. hierzu H erbers , Miracles, bes. S. 15. <?page no="22"?> 20 Gascognern, in dem Ort Aubin 5 , lehnte die Gemeinde es ab, das Fest des hl. Jacobus zu begehen und arbeitete an diesem Tage. Aber die göttliche Strafe wirkte alsbald, und der ganze Ort wurde in der folgenden Nacht ein Raub der Flammen. Keiner wußte, von welchem Haus aus sich das Feuer ausgebreitet hatte. Man sagte, es sei vom Himmel gekommen. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. ln der Diözese Besançon fuhr Bernard von Mayorra am Festtage des hl. Jacobus den ganzen Tag mit seinem Karren Weizen, obwohl die Nachbarn Einspruch erhoben. Als es aber Abend wurde und er immer noch arbeitete, kam ein mächtiger Bitzschlag vom Himmel und verwandelte den Karren, die Garben und die Ochsen zu Asche. Auch einige Frauen, die jenem Bernard behilflich gewesen waren, waren wie vom Donner gerührt und wurden von einigen Herbeieilenden zum nächsten Brunnen gebracht, damit sie der glühenden Hitze entrinnen konnten. Sie kamen gerade noch davon. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Ähnliches geschah einem Manne namens Arduinus, einem Ritter aus derselben Stadt. Er fuhr eines Tages von morgens bis abends einen schweren, mit Weizengarben beladenen Wagen. Die göttliche Strafe jedoch ließ am Abend die Ochsen erblinden. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Im gotischen Gebiet der Provinz Montpellier 6 fertigte eine Bäuerin beim Ort des hl. Damian auf Befehl eines Ritters von Mircoria am Festtage des hl. Jacobus ein Brot an und buk es unter der Asche. Als das Brot auf den Tisch kam und gebrochen wurde, schien es vor den Augen aller Tischgenossen zu bluten. Und je mehr man das Brot brach, desto stärker floß Blut heraus. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. 5 Wahrscheinlich ist ein Ort in der Diözese Auch gemeint, der laut einer Urkunde Alexanders III. vom 20. März 1178 der Compostelaner Kirche gehört haben soll, vgl. l óPez F erreiro , Historia IV Apénd. 52, S. 132. 6 Genauer: Im einstmals gotischen Gebiet; angespielt wird auf die frühere westgotische Herrschaft bis ins 8. Jahrhundert. Die Bezeichung des Ritters „von Mircoria“ dürfte sich auf die Gegend von Montpellier beziehen. <?page no="23"?> 21 (Gegen sündhafte Gedanken bei der Jacobusvigil) (Cap. II, fol. 10v) Diese Nacht ist der Nacht der Osterfeier in vielem vergleichbar, denn jene dient vielen Gläubigen zum ewigen Heil, vielen Ungläubigen aber zur Verdammnis. So wird auch diese Nacht (des Jacobus) den einen zum Heil, den andern zum Schaden. Es werden nämlich diejenigen verdammt, die sich in dieser Nacht schändlicher, leerer oder eitler Reden, nichtiger Worte, Streithändel oder der Unzucht oder des Ehebruchs oder des Diebstahls oder der Trunkenheit oder der Völlerei schuldig gemacht haben, ebenso, wenn sie verschiedene Gauklerspäße ausgeführt oder angeschaut haben oder Schelmenlieder gesungen oder angehört haben. Wenn sie alledem nicht widersagen, werden sie mit Sicherheit verdammt. (Habgier in der Welt - Simonie bei den Priestern) (Cap. II, fol. 15v ff.) (…) Der Name Judas 7 wird im guten Sinne als „Bekenner“ gedeutet. Er weist dann auf diejenigen Priester hin, die das Glaubensbekenntnis, das sie im Herzen tragen, auch mit dem Mund allen verkündigen. (…) Wenn aber der Name Judas im schlechten Sinne aufgefaßt wird, so bezeichnet er schlechte Bischöfe, sündhafte Priester, Äbte, Mönche und Prälaten der heiligen Kirche, die wie Judas den Herrn verkaufen, indem sie für die Erteilung der heiligen Weihen, insbesondere für Bischofsweihen, aber auch für kirchliche Pfründen, für Spendung des Ehesakraments, für Kirchenweihen, für mehr oder minder gerechte Einsetzung von Geistlichen in den Pfarren, für Exequien für die Verstorbenen, für Kindtaufe, für auferlegte Bußen, für Duldung eigentlich zu Exkommunizierender in der Kirche, für Messen und Metten Geld verlangen. 7 Der folgende Text stammt aus einer längeren Passage, in der die zwölf Apostel mit ihren jeweiligen Eigenschaften vor allem als Vorbild für die Priester der damaligen Zeit des 12. Jahrhunderts vorgestellt werden. Judas steht für alle schlechten Eigenschaften am Schluß dieser Aufzählung. Vgl. zu dieser Passage H erbers , Jakobskult, S. 99-102. <?page no="24"?> 22 So wie der Händler und Fleischer, der auf dem Fleischmarkt für das ausgelegte Fleisch drei, sechs oder zwölf oder dreißig Münzen erzielt, so verkaufen schlechte Priester und Mönche, die der Irrlehre der Simonie verschworen sind, den Herrn für ebensoviele Silberlinge, indem sie kirchliche Dienste käuflich anbieten. So verkaufen sie Messen und Vigilien und Exequien, die doch unentgeltlich abzuhalten sind, für einen oder sieben oder dreißig Heller oder verlangen fünf Schillinge für dreißig Messen. Sie müssen wissen, daß sie auf ewig zu der gleichen Strafe verdammt werden, mit welcher der Verräter Judas verdammt wurde. So wie Judas verdammt wurde, der Christus verriet und dafür den Preis von dreißig Silberlingen erhielt (vgl. Mt 27,3-10), so wird auch derjenige bestraft, der etwa dreißig Messen liest und etwa dreißig Münzen dafür verlangt. Einige von diesen Geschäftemachern nennt man Judaitae ( Judasjünger), andere Simoniaci (Simonisten), wieder andere Giezitae (Gieziten). So nämlich, wie Judas, der zunächst das Geld annahm und dann den Leib des Herrn auslieferte (vgl. Mt 27,5), so werden auch die Bischöfe und alle Geistlichen, Erzpriester und Dekane und Archidiakone verdammt, die zunächst Geld annehmen und dann die kirchlichen Gaben spenden. So wurde auch der Magier Simon zur Höllenstrafe verurteilt. Er bot dem hl. Petrus Geld an, damit dieser ihm den Heiligen Geist spende, durch den er dann Wunder wirken wollte, um daraus Gewinn zu ziehen (Apg 8,18-20). Ihm sagte Petrus mit Recht: „Behalte du dein Geld“, und er wurde zur Höllenstrafe verurteilt. Dementsprechend werden Bischöfe, Geistliche, Kleriker und Mönche verdammt, die, um einen höheren Rang zu erlangen, ihren Vorgesetzten Geld anbieten. Auch Giezi , ein Diener des Propheten Elisäus, verlangte von dem Heerführer Naaman Geld, nachdem dieser (durch den Propheten) vom Aussatz geheilt worden war. Aber der Meister übertrug zur Strafe auf Giezi den Aussatz, von dem der Syrer Naaman befreit worden war (vgl. 2 Kön 5). So geht es denen, die nach der Spendung geistlicher Gaben und kirchlichen Segens Geld verlangen. Sie werden bedeckt sein vom Aussatz aller Sünder, von denen sie Geld genommen haben, und die göttliche Verdammnis ist ihnen sicher. <?page no="25"?> 23 Meiden wir also, liebe Brüder, die Schandtaten dieser Leute, auf daß wir nicht mit ihnen zur ewigen Pein verdammt werden. Lernen wir, unentgeltlich zu spenden, was wir unentgeltlich vom Herrn empfangen haben: „Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch“ (Mt 10,8). Der Herr hat von uns keinen Preis verlangt, als er die geistliche Gabe spendete. Verlangen also auch wir keinen weltlichen Lohn von denjenigen, denen wir sie weitergeben. Dabei muß man wissen, daß Geld anzunehmen keine Sünde ist, wohl aber, es zu fordern. Wenn wir also für die Spendung eines kirchlichen Dienstes Geld fordern, sündigen wir. Wenn aber der Spender von sich aus, ohne äußeren Zwang und ohne unsere Aufforderung etwas gibt und wir es annehmen, dann sündigen wir nicht. Geistliche und Mönche wiederum, die Erde zur Bestattung eines Verstorbenen verkaufen, sind zu verdammen. Ein seltsamer Kaufmann ist es in der Tat, der mit einem Toten einen Handel abschließt, denn einen barbarischen Handel schließt derjenige ab, der Erde an einen Toten verkauft. Es ist sicher wahr, was ein erfahrener Dichter über die Anhänger der Simonie schrieb 8 : „Alle Gerechtigkeit ist geschwunden, nirgendwo mehr erblickt man wahre Güte. Alles ist voll von Ungerechtigkeit und leerer Eitelkeit. Aus purer Geldgier findet die Meßfeier und jede heilige Handlung nur noch gegen Geldgebühr statt. Aber all dieser Niedergang und dieser Schmutz gehen in ihrem Ursprung zurück auf die Lasterhaftigkeit der Priester. Schon allzu viele Geistliche trachten nur nach dem irdischen Leben und sind keine Jünger Christi mehr. Nein! Sie sind alle Sklaven des Mammon. “ Nicht weniger verdammenswert sind die schlechten Prälaten, die von Leuten, die eine Waffenruhe gebrochen oder andere schwere Sünden begangen haben, in betrügerischer Weise Geld nehmen, seien es nun fünf Schillinge oder zwanzig oder eine Silbermark. So nämlich spricht der Prälat als öffentlicher Ankläger zu dem vor ihm stehenden Angeklagten: „Geh, der du die Waffenruhe gebrochen hast oder soviel Böses getan hast. Laß mir Recht werden, stelle die Waffenruhe wieder her und stelle mir Bürgen zur Sicherheit.“ Er sagt nicht, er solle Gott 8 Der Autor der folgenden Verse ist unbekannt. <?page no="26"?> 24 Genugtuung geben, gegen den er gesündigt hat, sondern er sagt, ihm selbst müsse Recht werden, gegen den er sich gar nicht vergangen hat. Der Angeklagte aber stellt dem Prälaten seine Bürgen und zahlt ihm persönlich die von diesem festgesetzte Geldstrafe. Tut er dies nicht, so bestraft der Prälat ihn mit einem strengen Gerichtsurteil oder mit Exkommunikation. Weh! Welch ein Betrug! Er will dem Sünder für sein Vergehen keine Buße auferlegen und kümmert sich nicht um sein Seelenheil. Im Gegenteil! Das verwerfliche und verfluchte Geld steckt er in seinen Beutel, und seine Seele schickt er in die Hölle. Weh! Welch ein Frevel! Dieser Prälat gehört zu jenen, von denen der Herr klagend durch den Propheten sagt: „Sie verzehren die Sündopfer meines Volkes (= Sie leben von den Sünden meines Volkes), und nach seinen Schuldopfern (= Bußgaben) steht ihr Verlangen“ (Hos 4,8). Von den Sündopfern des Gottesvolkes leben diejenigen, die, wie geschildert, Geld von den ihnen anvertrauten Christen nehmen. Von den Sünden des Volkes leben die schlechten Richter, welche gerechte Urteile um Geldes willen in ihr Gegenteil verkehren oder welche die Schuldigen verschonen, über die sie Recht sprechen sollen, wenn sie nur Geld von ihnen bekommen. Nach den Missetaten des Gottesvolkes strecken schlechte Prälaten und Richter ihre Hände aus, denn sie freuen sich, wenn sie einen Untergebenen als Schuldigen antreffen, um ihn anzuklagen und Geld von ihm zu erpressen. Ähnlich verdammenswert ist mancher Bischof, der mit fadenscheinigen Gründen einem Pfarrer seine Kirche oder einem andern sein Amt wegnimmt und dies einem dritten gegen eine Geldsumme zukommen läßt. So, wie der Bischof nicht will, daß er selbst in seinem Rang herabgesetzt werde, so soll er auch einen andern nicht aus geringfügigem Anlaß absetzen, denn der Herr sagt im Evangelium: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“ (Tob 4,16 et alibi). Aus Frankreich ist ein verwerflicher Brauch zu uns gekommen 9 , der weder auf die alten Väter der Kirche zurückgeht noch von den heutigen eingeführt wurde und der von allen rechtgläubigen Katholiken 9 Der folgende Abschnitt findet sich wörtlich erneut an späterer Stelle des ersten Buches (Cap. XVII), vgl. unten S. 59 mit Anm. 49. <?page no="27"?> 25 mit Stumpf und Stiel auszurotten ist. Es sind nämlich gewisse heuchlerische, teuflische Geister aufgetreten, sowohl Kleriker als auch mit geistlichem Gewand verkleidete Laien. Den Pilgern, die sie auf den Pilgerstraßen nach Vézelay oder zum hl. Aegidius (St-Gilles) oder nach Rom antreffen, oder anderen, die sie in einsamen Gegenden nichtsahnend vorfinden, legen sie falsche Buße auf. Sie wandern eine Strecke Wegs mit ihnen und halten zunächst erbauliche Reden. Dabei zählen sie allen der Reihe nach alle Laster auf. Dann reden sie getrennt und vertraulich mit einzelnen, erforschen deren Gewissen und fragen nach begangenen Sünden. Sobald die Pilger gebeichtet haben, geben sie dem einen dreißig Messen, dem andern dreizehn, je nach der begangenen Sünde, als Buße auf. „Laß, so sagen sie, dreißig Messen für dreißig Heller lesen, und zwar von solchen Priestern, die niemals Unzucht getrieben haben, kein Fleisch gegessen haben und kein Eigentum besitzen.“ Der Pilger, der natürlich nicht weiß, wo er solche Priester finden kann, gibt dann dreißig Heller oder den entsprechenden Wert dem andern, der versichert, er werde schon einen zu finden wissen. Der Empfänger kümmert sich dann nicht um das Seelenheil des Sünders, sondern steckt das Geld in seinen Beutel und gibt es verschwenderisch aus. Seine verfluchte Seele gibt er damit der Hölle preis. Ähnlich treiben es viele Priester in der Kirche, die trügerisch im Namen der zwölf Apostel den Leuten Geld abverlangen. Nach dem Vorbild der dreißig Silberlinge, für die Christus verkauft wurde (vgl. Mt 27,3-10), fordern sie gierig dreißig Silbermünzen oder fünf Goldmünzen für dreißig Messen und Vigilien zum Heil eines Verstorbenen oder Lebenden. So wie Judas den Herrn für dreißig Silberlinge verkaufte, so verkaufen sie den Leib Christ für dreißig Silbermünzen. Welch böser Handel, welch schlimmer Gewinn! Sie verkehren die Wahrheit, legen falsche Bußen auf, verkaufen den Leib Christi, der doch umsonst zu spenden ist, an die Sünder, sind Zeugen voller Falschheit. Sie schicken die Seelen der Sünder in die Hölle, indem sie die ganze lrrlehre der Simonie in die Tat umsetzen, und so führt ein Blinder den andern in die Grube. Ihnen muß nicht nur durch kirchliche Prälaten das Handwerk gelegt werden, sondern sie sind auch durch die weltliche Macht mit schweren Geldbußen zu belegen. <?page no="28"?> 26 Ebenso verdammenswert ist der Priester, der eine Frau, die zur Beichte zu ihm kommt, durch wollüstige Anspielungen und frivole Reden zur Sünde mit ihm verführt. Diese Frau gleicht jener, die Wasser am Brunnen holen will, aber ausgleitet, hineinstürzt und ertrinkt. Ähnlich ist sie auch dem, der in der Einsamkeit den rechten Weg sucht und in entlegener Gegend auf einen Bären trifft, der ihn verschlingt. Jener Priester ist mit jemandem zu vergleichen, der zur Erntezeit Netze zum Vogelfang ausspannt. Auf seine Lockrufe hin kommt ein argloser Vogel, fällt in das Netz und ist der Betrogene. Ich sah am Jakobsweg einen Gehängten, der, bevor er gehängt worden war, die Pilger am Rande einer Stadt vor dem Morgengrauen zum Aufbruch zu mahnen pflegte. Er rief nämlich nach Pilgerart mit lauter Stimme: Deus adiuva, sancte Iacobe (Gott hilf, und du, St. Jakob). Wenn dann ein Pilger heraustrat, um mit ihm aufzubrechen, ging er ein Stück Weges mit ihm, bis sie in eine einsame Gegend kamen. Dort standen schon seine Kumpane bereit, mit denen er ihn sofort umbrachte und ausraubte. All dem entspricht der Priester, der die Frau, die zu ihm zur Beichte kommt, mit wollüstigen Reden verführt. Er ist der Brunnen, der den, der in ihn fällt, ertrinken läßt, der Bär, der das Lamm frißt, der Löwe, der das Schaf verschlingt, der Räuber, der den Wanderer umbringt, der Blinde, der eine Blinde irreführt. Es müssen daher die Bischöfe sorgfältig darauf achten, daß sie nur die sittenreinsten Prälaten als Beichtväter zulassen. Diese sollen den Sündern weder aus Habsucht noch aus persönlicher Abneigung oder Zuneigung oder Unerfahrenheit oder eigener Unsittlichkeit, sondern nur nach kanonischem Recht und entsprechend der persönlichen Eigenart des reuigen Sünders eine gerechte Buße auferlegen. Es ist nämlich für ein und dieselbe Sünde eine andere Buße aufzuerlegen, je nachdem, ob es sich um einen Kranken oder einen Gesunden, einen Kleriker oder Laien, einen Soldaten oder einen Mönch, einen Reisenden oder einen am Ort Seßhaften, einen jungen oder alten Mann oder eine Frau handelt. Weisen wir also, liebe Brüder, die Taten dieser bösen Menschen von uns, damit wir nicht mit ihnen in der ewigen Pein verderben. Ein jeder achte darauf, daß er nicht aus Begierde eine arglistig erdach- <?page no="29"?> 27 te Buße auferlege oder für eine unentgeltlich zu lesende Messe den Preis seiner eigenen Verdammnis bezahle. Ein Sünder darf nicht vom Priester ermahnt werden, eine Messe lesen zu lassen. Der Priester muß vielmehr demütig von ihm gebeten werden, sie zu lesen. Der Priester muß ohnehin von sich aus oder auf Bitten eines andern das Meßopfer feiern. Der Sünder jedoch soll aus freien Stücken in der Messe für die Sünden der Lebenden und der Toten, seinen Verhältnissen entsprechend, sein Opfer als Spender darbieten. Laßt uns daher zu der Gemeinschaft der Apostel eilen, deren Andenken wir durch ein reines Leben und durch unsere Predigten erhöht haben, damit wir, an ihrer Stelle auf Erden wirkend, durch ihre Verdienste und ihre Fürsprache würdig werden, uns mit ihnen des Himmels zu erfreuen 10 . (Die „kleine Passion“ des hl. Jacobus) (Cap. IV, fol. 18r ff.) Beginn des Prologs des hl. Papstes Calixtus zur „kleinen Passion“ des hl. Jacobus Zebedäus, Apostel Galiciens, die am 25. Juli gefeiert wird. Ich habe diese „kleine Passion" des Apostels Jacobus Zebedäus, des Schutzheiligen Galiciens [und Spaniens] 11 , wortwörtlich so, wie sie in der Kirchengeschichte (des Eusebius) aufgezeichnet ist, in dem vorliegenden Buch niedergeschrieben 12 . Ferner wird berichtet von dem elenden Tod des Herodes, der zu Recht durch einen Engel an ihm vollzogen wurde, weil er den Apostel hatte hinrichten lassen. 10 Es folgt ein langes Gedicht nach Venantius Fortunatus (gest. nach 600) über Herkunft und Verdienste der Apostel, allerdings sind einige Verse gegenüber der ursprünglichen Version des Venantius verändert, vgl. H erbers , Jakobuskult, S. 77 mit Anm. 116. 11 Bezeichnenderweise von späterer Hand hinzugefügt; dem ursprünglichen Zusammensteller dieser Passagen kam es offensichtlich besonders auf den hl. Jacobus als Patron Galiciens an. Für eine Beurteilung des Landespatronates ist dies aufschlußreich. 12 Eusebius von Caesarea, Hist. ecclesiastica (in der lat. Fassung des Rufin, ed. Theodor Mommsen, Die griechisch-christlichen Schriftsteller der ersten 3 Jahrhunderte, Leipzig 1903). Vgl. auch die nächste Anm. sowie zum Hintergrund l acarra , Espiritualidad, S. 120. <?page no="30"?> 28 Es mögen nun diejenigen, welche die „große Passion“ des Apostels wegen ihrer Ausführlichkeit nicht lesen wollen, diese (kleine) lesen, welche ebenfalls ein großes Ansehen genießt. So nämlich, wie ein klarer Bach aus reinster Quelle entspringt, so geht die „große Passion“ aus dieser „kleinen“ hervor. Jede der beiden Passionen gilt jeweils als klarer Bach und reine Quelle. So, wie Quelle und Bach von Verunreinigungen frei sind, so ist jede der beiden Passionen frei von Lügenberichten. Aber wie es viele mehr erfreut, Wasser aus der Quelle als aus dem reichlich sprudelnden Bach zu trinken, so werden viele eher diesen Text als den anderen lesen wollen. ENDE DES PROLOGS - BEGINN DER PASSION 13 Gaius Caligula hatte nicht ganz vier Jahre als Kaiser in Rom geherrscht. Ihm folgte Kaiser Claudius 14 . Es herrschte aber unter ihm eine schreckliche Hungersnot, die den ganzen Erdkreis heimsuchte. Daß dies geschehen würde, hatten freilich schon lange vorher unsere Propheten geweissagt. So wird in der Apostelgeschichte berichtet, ein Prophet namens Agabus habe eine große Hungersnot unter dem Kaiser Claudius vorhergesagt. Lukas, der Agabus erwähnt, erzählt in diesem Zusammenhang, daß zwei Brüder aus Antiochia, Paulus und Barnabas, gemeinsam nach besten Kräften Lebensmittel zu den frommen Glaubensbrüdern in Jerusalem schickten. Dann fährt Lukas fort: „Zu jener Zeit“ - zweifellos ist die Zeit unter Claudius mit der Hungersnot gemeint - „streckte König Herodes seine Hände aus, um einige Männer der Gemeinde heimzusuchen. Jacobus, den Bruder des Johannes, ließ er mit dem Schwert hinrichten“ (Apg 11,28ff.). Clemens von Alexandrien liefert über Jacobus im siebten Buch seiner „Wissenschaftlichen Erörterungen“ 15 einen denkwürdigen Bericht. Er schreibt, es sei ihm aus der Tradition der Vorfahren über- 13 Der hier folgende Text entspricht wörtlich der lateinischen Übersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius durch Rufinus von Aquileia (Hist. II 8ff.), vgl. die vorige Anm. 14 Beide herrschen von 37-41 beziehungsweise von 41-54 nach Chr. 15 Der griechische Titel des Werkes „Hypotyposeis“ wird im Lateinischen mit „Dispositiones“ wiedergegeben, es ist in acht Bücher unterteilt und enthält Kommentare und Erläuterungen zur Heiligen Schrift. Nur einzelne Fragmente dieses Werkes sind enthalten, die vor allem Boethius weiter überliefert hat. Clemens von Alexandrien starb um 215. <?page no="31"?> 29 liefert worden, daß ein gewisser Mann, der den Jacobus dem Richter zum Martyrium ausgeliefert hatte, reuevoll bekannte, selbst Christ zu sein. Sie wurden, so heißt es, beide zur Hinrichtung geführt. Als sie nun auf dem Wege dorthin waren, bat der Mann Jacobus, er möge ihm vergeben. Dieser sann kurz nach und sagte dann: „Der Friede sei mit dir.“ Dann küßte er ihn. So wurden beide gemeinsam enthauptet. Aber dann, so fährt Clemens fort, berichtet die Heilige Schrift: Als Herodes sah, daß den Juden die Ermordung des Jacobus willkommen war, ging er noch weiter und ließ Petrus in den Kerker werfen, zweifellos, um auch ihn mit dem Tode zu bestrafen. Aber göttliche Hilfe ward Petrus zuteil: Ein Engel trat nachts zu ihm, erlöste ihn von seinen Fesseln und befahl ihm, frei zu seinem Predigtamt zurückzukehren“ (vgl. Apg 12,3-7). Da solches nun auch mit Petrus geschehen war, duldete die Rache für das Verbrechen des Königs, das er an den Aposteln begangen hatte, keinen Aufschub mehr, und alsbald erschien die göttliche Rechte als Rächerin. Dazu berichtet die Apostelgeschichte folgendes: Herodes begab sich nach Caesarea, nahm an einem Festtage, mit glänzendem Gewande angetan, auf der Tribüne Platz und hielt von der Höhe herab eine Ansprache an das Volk. Das Volk aber rief ihm zu: „Das ist Gottes Stimme, nicht die eines Menschen.“ Alsbald, so heißt es, schlug ihn der Engel Gottes, weil er die Ehre nicht Gott gab. Und von Würmern zerfressen verschied er (Apg 12,21-23). Es erscheint wie ein Wunder, wenn man feststellt, eine wie große Übereinstimmung hier zwischen der heiligen Schrift und dem Geschichtsschreiber jenes Volkes besteht. Auch Flavius Josephus berichtet nämlich darüber im neunzehnten Buch seiner „Jüdischen Altertumskunde“ 16 und erwähnt das oben Gesagte mit folgenden Worten: 16 Jüdischer Geschichtsschreiber (gest. nach 100), der außer den hier genannten „Antiquitates Iudaicae“ vor allem sein Werk über den Jüdischen Krieg verfaßte. <?page no="32"?> 30 Herodes hatte schon drei Jahre über Judäa geherrscht. Eines Tages kam er nach Caesarea, das vordem „Stratons Turm“ geheißen hatte. Er veranstaltete dort Schauspiele für das Volk, zu Ehren des Kaisers und seines Wohlergehens. Es waren dazu hochgeehrte und tüchtige Männer aus der ganzen Provinz herbeigeeilt. Am zweiten Tage der Spiele erschien Herodes bei Tagesanbruch, gekleidet mit einem von Gold und Silber schimmernden, herrlich gewirkten Gewand. Als nun die Falten dieses Gewandes die ersten Sonnenstrahlen aufnahmen und das Licht mit verdoppeltem Glanz zurückwarfen, traf der Schein des glitzernden Metalls auf die Reihen der Zuschauer, die bei diesem Anblick erschauerten. Das Gewand war so kunstvoll gewirkt, daß in Herodes etwas anmaßend Übermenschliches vorgetäuscht wurde. Sofort erschollen Rufe des ihn kriechend verehrenden Volkes, die zwar ihm zu Ehren erklangen, aber seinen Untergang herbeiführten. Von hier und dort wurden Zurufe von den Rängen laut, in denen er als Gott angerufen und flehend um Milde gebeten wurde. Das Volk rief: „Bisher haben wir dich als Menschen gefürchtet, aber von jetzt an bekennen wir, daß du hoch über menschlichem Wesen stehst.“ Der König jedoch wies diesen frevelhaften Beifall nicht zurück, schauderte auch nicht vor der Gottlosigkeit dieser unterwürfigen Schmeichelei. Als er aber kurz darauf sich umwandte, erblickte er einen Engel 17 dicht neben sich, der sein Haupt bedrohte. Alsbald verstand er, daß dieser zum Verkünder seines Untergangs bestimmt war, er, den er früher als Boten guter Nachrichten gekannt hatte. Schon ergriff ihn ein quälender und unsagbarer Schmerz, und sein Leib schwoll unmäßig an. Er schaute auf seine Freunde und sprach: „Seht her! Ich, euer Gott, ich werde schon jetzt gejagt und aus dem Leben gerissen. So beweist die göttliche Macht, daß die mir zugedachten Ehrungen falsch waren. Und ich, der ich eben noch Unsterblicher genannt wurde, werde jählings vom Tode dahingerafft. Aber wir müssen uns dem göttlichen Spruch fügen, denn wir lebten hochgeachtet 17 Bei Flavius Josephus, Antiquitaes Buch XIX, 8,2, steht an dieser Stelle nicht „Engel“ sondern „Eule“ ( bubo ), die als „Bote“ ( angelos ) dem Agrippa (Herodes) in Buch XVIII, 4 schon einmal, und zwar mit guter Botschaft (Befreiung aus Gefangenschaft), erschienen war. Eusebius, nach dem der Text zitiert wird, hat die Eule ausgelassen, und nur der „Bote“ bleibt als „Engel“ ( angelos ), ebenso die Apostelgeschichte. <?page no="33"?> 31 und haben ein glücklich zu nennendes Alter erreicht.“ Nach diesen Worten wurde er, noch heftiger von Schmerz gequält, sofort zum Königshaus zurückgebracht. Als nun bekannt wurde, daß er in nächster Zukunft sterben werde, lief eine riesige Menge jeden Alters und Geschlechts zusammen, ließ sich nach Vätersitte allenthalben auf Bußgewändern nieder und flehte zum allmächtigen Gott für das Wohlergehen des Königs. Der ganze Königshof hallte wider von Klagen und Seufzern. Der König selbst lag auf erhöhtem Söller, schaute nach unten und erblickte alle weinend in demütiger Haltung hingestreckt, und auch er konnte sich der Tränen nicht erwehren. Nach fünf Tagen quälender Schmerzen im Leibe schied er jäh aus dem Leben, als Strafe dafür, daß er Jacobus hatte hinrichten lassen. Er stand in seinem vierundfünfzigsten Lebensjahr und hatte sieben Jahre regiert. Vier Jahre hatte er unter Kaiser Gaius regiert, drei Jahre davon hatte er die Tetrarchie des Philippus innegehabt. Im vierten Jahr fügte er die des Herodes hinzu und verlebte die übrigen drei Jahre unter Kaiser Claudius 18 - unter der Herrschaft unseres Herrn Jesus Christus, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste als Gott regiert in alle Ewigkeit. Amen. (Über Agrippa I., genannt Herodes) 19 (Cap. XV, fol. 70r) Da über diesen Herodes auch unter Fachleuten, aus Unkenntnis der Geschichte, die Meinungen auseinandergehen, ist es angebracht, mitzuteilen, wer er war und von welchen Vorfahren er stammte. Die meisten nämlich meinen, er sei identisch mit Herodes Tetrarcha (Vierfürst), das heißt dem Sohn Herodes des Großen, der Johannes den Täufer hatte hinrichten lassen. Aber sie irren in Unkenntnis der Geschichte, denn, wie die Kirchengeschichte (des Eusebius), gestützt auf das Zeugnis des Flavius Josephus, berichtet, wurde Herodes Tetrarcha durch Kaiser Gaius Caligula auf mancherlei Weise gequält 18 Bis hierher die wörtliche Übereinstimmung mit dem Text des Eusebius. 19 Aus einem späteren Kapitel (Cap. XV) hierher übernommen. <?page no="34"?> 32 und dann auf Lebenszeit verbannt. Der Herodes aber, der Jacobus hinrichten ließ, beschloß sein Leben noch während seiner Herrschaftszeit, wie noch zu berichten sein wird. Nachdem die irrigen Meinungen also widerlegt sind, folgen wir dem wahren Lauf der Geschichte. Diese weiß nämlich zu berichten, daß Herodes der Große, der die unschuldigen Kinder und nicht Christus ermorden ließ, von Mariamne, die von königlicher Herkunft war, zwei Söhne bekam, nämlich Aristobalus und Alexander. Als diese erwachsen waren, verdächtigte er sie, sie wollten Vatermord an ihm begehen, und ließ sie töten. Aristobalus aber hinterließ einen Sohn namens Agrippa. Ihm übertrug Kaiser Gaius Caligula die Herrschaft über die Juden. Diesen nun nennt der Evangelist Lukas in der Apostelgeschichte - wohl wegen der Würde des Königtums oder eher wegen der Grausamkeit, die er mit Herodes dem Großen teilte - ebenfalls „Herodes“. Predigt des hl. Papstes Calixtus über die Passion des Apostels Jacobus, die am 25. Juli gefeiert wird (Lob des hl. Jacobus als Gottesstreiter) (Cap. VI, fol. 25v) Keine Feder vermag zu beschreiben, wie viele hervorragende Taten, Zeichen und Wunder Christus durch ihn den Ungläubigen sichtbar vor Augen führte. Er lebte nur eine kurze Zeitspanne nach der Passion Christi, aber er gewann eine große Menge des Volkes, denn er war von sehr schöner Gestalt, von vornehmem Äußeren, stattlichem Wuchs, makellosem Körper, frommem Geist, liebenswürdigem Auftreten, mit Weisheit begabt, vorbildlich in seiner Mäßigung, von festem Charakter, von beständiger Langmut, unerschütterlicher Geduld, demütig und milde, voll reger Nächstenliebe, von gläubiger Hoffnung, eifrig in nächtlichen und täglichen Gebeten, freundlich in der Lehre, wahr in seinen Worten, klug in der Rede, weise im Rat, durch keine weltliche Fessel gebunden, von verschwenderischer Freigebigkeit für die Armen, zu jeder Hilfe für die Diener Gottes bereit, im Unglück wie ein Senf- <?page no="35"?> 33 korn stark und mächtig (vgl. Mt 13,31-32), sicher in der Versuchung, über jeden Schimpf erhaben, milde gegenüber allen Haßausbrüchen. Kein Mittel vermochte der Feind des Menschengeschlechts zu finden, ihn durch Betrug zu täuschen oder durch Verstellung zu verwirren. Aber wozu die vielen Worte? In seiner gesamten Wirkung auf andere strahlte er, wie der Morgenstern vor den anderen Sternen, wie ein mächtiges Licht. Christus, der König der Könige, hatte ihn als den Streiter auserwählt, den er wie das sanfteste Lamm gegen Legionen wildester Bestien sandte. „Siehe, sprach er, ich sende euch wie Lämmer unter die Wölfe“ (Lk 10,3). Und dieser Mann Gottes, voller Tatkraft im Heiligen Geiste, ein tapferer Krieger und echter Ritter, ein herausragender Bannerträger, vom Schild des Glaubens beschirmt, mit dem Panzer der Gerechtigkeit gewappnet, mit dem Schwert des Wortes Gottes gegürtet, trat an zum Kampf in offener Schlacht gegen den alten Feind, den Teufel. Er machte alle seine bösen Waffen zunichte, bekriegte alle gespenstischen Mächte, entriß die von Gott geschaffenen Menschen durch Christi Kraft den Händen des Todes und brachte nach dem Sieg über den Feind reiche Beute in die Kirche Christi ein 20 . (…) Aber nicht nur im Gebiet von Jerusalem trat er durch seine glänzenden Predigten und seine frommen Werke leuchtend hervor. Nein! So, wie der Morgenstern die Weiten des Ozeans durcheilt und durch seinen Aufgang als Verkünder des Tageslichts die nächtlichen Schatten vertreibt, so erleuchtete der Ruhm des Jacobus fremde Nationen und Länder, denn überallhin drang die Gnade seiner Wunder. So strahlt sein Ruhm in der ganzen Welt bis auf den heutigen Tag. 21 (Wunderwirkung des hl. Jacobus bis auf den heutigen Tag) (Cap VII, fol. 44r) Ein jeder der Apostel begab sich, gleich nach der Hinrichtung des hl. Jacobus, an den vom Herrn vorherbestimmten Ort und bekehrte die 20 Die Charakterisierung des hl. Jacobus als kämpferischer, ritterlicher Streiter für die Sache Christi ist offensichtlich außer von Lk 10,3 auch von Eph 6,10-17 beeinflußt. Vgl. zur Interpretation H erbers , Jakobuskult, S. 152f. mit Anm. 287. 21 Es folgt ein langes Preisgedicht nach Versen des Venantius Fortunatus. <?page no="36"?> 34 zu erlösenden Völker zum Christenglauben. So heißt es auch von dem ruhmreichen Apostel Jacobus, er sei von der Last des Fleisches befreit, von Jerusalem nach Galicien gebracht worden, und man glaubt, er habe die bis dahin ungläubigen und gottlosen Völker dieses Landes durch seine Ankunft und seine überall sichtbaren Wunder mit Christi Hilfe zur Gottesverehrung bekehrt. Was er also als Lebender nicht zustande gebracht hatte, vollendete er als Toter. Wenn er auch schon als Lebender viel Volk durch seine Predigt und seine Wunder zum Glauben bekehrte, so gewann er doch, vom Fleische befreit, durch die Kraft seiner Wunder und die Gnade des Heiligen Geistes noch viel mehr Volk für Gott. Denn er ist Helfer in vielen Anlässen, vor allem, wenn diejenigen in Bedrängnis sind, die ihr Vertrauen in ihn setzen. Vom Herrn ist ihm gewährt worden, in allen Gebieten der Erde und weit auf das Meer hinaus die Hoffnung der Seinen zu sein. Viele bezeugen, seinen Beistand in gefährlicher Seenot oder in der Gefangenschaft erfahren zu haben, ja sogar ihn bei der Befreiung in schönster leiblicher Gestalt erblickt zu haben. Er hilft den Bedrängten in Gefahren, richtet die Unterdrückten zu Lande auf und flößt den Schiffbrüchigen im tiefen Abgrund des Meeres neues Leben ein. (Die „große Passion“) Prolog des hl. Papstes Calixtus zur „großen Passion“ des hl. Jacobus (Cap. IX, fol. 48r) Gewiß irren alle diejenigen, die behaupten, die „große Passion“ des hl. Jacobus sei nicht authentisch 22 . Dabei wissen sie nicht, daß diese mit der „kleinen Passion“, die wir aus der Kirchengeschichte (des Eusebius) übernommen haben, übereinstimmt, die doch ein hohes Ansehen genießt. Beide Passionsberichte nämlich enthalten die Angabe, daß der Truchseß des Herodes, namens Josias, auf Betreiben der Juden den Apostel gefesselt vor den Richterstuhl des Herodes brachte. Von Reue ergriffen, habe er beim Anblick der wundersamen Heilung eines Kran- 22 Die große Passion geht auf Schriften des 6. Jahrhunderts, des sogenannten Pseudo-Abdias zurück, vgl. hierzu P lötz , Apostel Jacobus, S. 58-60 mit Belegen zur weiteren Forschung. <?page no="37"?> 35 ken bekannt, er sei Christ. Durch die Gnade der Taufe neugeboren, habe er gemeinsam mit dem Apostel die Märtyrerkrone empfangen. Diese große Passion stimmt auch gut mit Lukas überein. Bei ihm heißt es nämlich: „König Herodes streckte seine Hände aus, um einige von der Gemeinde heimzusuchen. Jacobus aber, den Bruder des Johannes, ließ er mit dem Schwert hinrichten“ (Apg 12,1-2). (…) Das großartige Streitgespräch mit Hermogenes und dessen glückliche Bekehrung, worüber in der Passion berichtet wird, soll niemand zurückweisen, sondern aus Liebe zum Apostel freudig erfassen und lesen. (…) Den Tod des Herodes, den wegen des Apostels ein Engel an ihm vollzog, habe ich nach der Apostelgeschichte dargestellt. Aus all diesen Gründen soll diese Passion in den Kirchen und Refektorien ohne Bedenken gelesen werden. ENDE DES PROLOGS - BEGINN DER PASSION (Bekehrung des Hermogenes) (Cap. IX, fol. 48v ff.) Nach der Himmelfahrt des Herrn besuchte Jacobus, Apostel Jesu Christi und Bruder des Apostels und Evangelisten Johannes, ganz Judäa und Samaria. Er besuchte die Synagogen und lehrte nach der Heiligen Schrift, daß alles, was von den Propheten geweissagt worden war, in unserem Herrn Jesus Christus erfüllt wurde. Es begab sich nun, daß ein gewisser Magier namens Hermogenes seinen Jünger Filetus zu Jacobus schickte. Dieser kam mit einer Reihe Pharisäer zu ihm. Er wollte beweisen, daß Jesus von Nazareth, als dessen Apostel Jacobus sich bezeichnete, nicht der wahre Sohn Gottes sei. Jacobus aber sprach voll Vertrauen und erfüllt vom Heiligen Geiste und machte alle Behauptungen des Filetus zunichte. Er bewies nach der Heiligen Schrift, daß jener der wahre Sohn Gottes sei. Filetus kehrte zu Hermogenes zurück und sagte, daß Jacobus, der sich Diener des Nazarener Gottes nenne und dessen Apostel sei, nicht widerlegt werden könne. „Ich sah, wie er in seinem Namen die Teufel aus den Besessenen austrieb, wie er Blinde sehend machte, Aussätzige heilte. Meine engsten Freunde versichern sogar, sie hätten gesehen, <?page no="38"?> 36 wie er Tote auferweckte. Aber wozu das alles aufzählen? Er weiß alle heiligen Schriften auswendig, und aus diesen weist er nach, es gebe keinen anderen Sohn Gottes als diesen, den die Juden gekreuzigt haben. Höre daher auf meinen Rat, geh zu ihm und bitte ihn um Vergebung. Tust du das nicht, so wisse, daß deine Zauberkunst dir ganz und gar nicht mehr nützen kann. Wisse ferner, daß ich zu ihm zurückkehre und ihn bitten werde, sein Jünger sein zu dürfen.“ Als Hermogenes das hörte, wurde er zornig und legte Filetus in Fesseln, so daß er sich nicht rühren konnte. Dann sprach er: „Wir wollen sehen, ob dein Jacobus dich aus diesen Fesseln löst.“ Filetus schickte daraufhin eiligst seinen Diener zu Jacobus. Als der nun ankam und ihm alles meldete, schickte Jacobus dem Filetus sofort sein Halstuch und fügte hinzu, er solle sagen: „Der Herr Jesus Christus richtet Krüppel auf und befreit die Gefesselten.“ Kaum aber hatte der Überbinger ihn mit dem Tuch berührt, als Filetus von seinen Fesseln befreit war. Eilends lief er zu Jacobus und verhöhnte die üblen Künste des Magiers. Hermogenes war aber beleidigt über diese Verhöhnung. Er beschwor mit seinen Künsten Dämonen herbei und schickte sie zu Jacobus mit den Worten: „Bringt mir schleunigst den Jacobus her und auch meinen Jünger Filetus, damit ich Rache an ihm nehmen kann und damit meine übrigen Jünger es nicht wagen, mich ebenso zu verhöhnen.“ Die Dämonen aber kamen zu Jacobus, der gerade seine Gebete sprach, und erhoben ein großes Geheul in der Luft. Dann sagten sie: ,Jacobus, Apostel Gottes, habe Erbarmen mit uns, denn noch bevor die Zeit unserer Feuerpein gekommen ist, brennen wir schon.“ Jacobus fragte: „Weshalb seid ihr zu mir gekommen? “ Da erwiderten die Teufel: „Hermogenes hat uns geschickt, um dich und Filetus zu ihm zu bringen. Aber sobald wir hier eingedrungen sind, hat ein Engel uns mit feurigen Ketten gefesselt, und wir leiden Qualen.“ Da sprach der Apostel Jacobus: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Der Engel soll euch von den Fesseln lösen. Wenn ihr aber zu Hermogenes zurückkehrt, so tut ihm nichts an, sondern führt ihn gefesselt her zu mir.“ Sie eilten fort, banden ihm mit Stricken die Hände auf dem Rücken zusammen und entführten ihn so. Dabei sagten sie: „Du hast uns an einen Ort geschickt, wo wir ins Feuer gerieten, gequält und unsäglich <?page no="39"?> 37 geschunden wurden.“ Als er so vor den hl. Jacobus geführt wurde, sagte der Apostel zu ihm: „Du törichter Mensch, der du glaubst, einen Pakt mit dem Feind des Menschengeschlechts zu haben, warum bedauerst du nicht, ihn angerufen zu haben, damit er dir seine Boten zu meinem Schaden schicke, Boten, denen ich bisher nicht gestatte, ihre Wut an dir auszulassen? “ Schon aber riefen die Dämonen und sagten: „Gib ihn in unsere Gewalt, damit wir das dir zugefügte Unrecht rächen können und auch unsere Feuerqualen.“ Der Apostel aber sagte: „Da steht Filetus, warum ergreift ihr ihn nicht? “ Sie antworteten: „Es ist uns nicht möglich, auch nur eine Ameise zu berühren, die in deiner Kammer ist.“ Da sagte der hl. Jacobus zu Filetus: „Damit du erkennst, daß dies eine Gemeinschaft Jesu Christi ist, und damit die Menschen lernen, Böses mit Gutem zu vergelten: Jener hat dich gebunden, du aber löse ihn; er hat versucht, dich gefesselt durch die Dämonen zu ihm zu bringen. Du aber erlaube ihm, der in der Gewalt der Dämonen ist, frei von hinnen zu gehen.“ Als aber Filetus ihn losgebunden hatte, stand Hermogenes ganz verstört, demütig und unterwürfig da. Der hl. Jacobus sprach zu ihm: „Geh frei, wohin du willst. Es ist nämlich gegen unsere Grundsätze, jemand gegen seinen Willen zu bekehren.“ Da sagte Hermogenes: „Ich kenne die Wut der Dämonen. Wenn du mir nicht einen Gegenstand von dir mit auf den Weg gibst, den ich an mir trage, so ergreifen sie mich und töten mich unter vielen Qualen.“ Darauf sagte der hl. Jacobus: „Nimm hier meinen Wanderstab und geh ungefährdet mit ihm, wohin du willst.“ So nahm er den Stab des Apostels, ging zu seinem Hause und hielt den Stab (zum Zeichen der Unterwerfung) über seinen und seiner Jünger Nacken. Dann brachte er dem Apostel Gottes Säcke voll Bücher und schickte sich an, sie zu verbrennen. Der hl. Jacobus aber sagte: „Der Gestank des Feuers mit diesen Büchern könnte nichts ahnende Leute belästigen. Belade die Säcke zusätzlich mit Steinen und Blei und laß sie ins Meer versenken.“ Hermogenes tat dies, kehrte zum Apostel zurück, warf sich ihm zu Füßen und bat: „Nimm, Befreier der Seelen, den Büßer auf, den du bisher als Neider und Schmäher erduldet hast.“ Der hl. Jacobus antwortete: „Wenn du vor dem Herrn wahre Reue zeigst, wirst du <?page no="40"?> 38 auch seine wahre Vergebung erlangen.“ Darauf Hermogenes: „Eine so große, wahre Reue bringe ich Gott entgegen, daß ich alle meine Bücher mit ihren ketzerischen, anmaßenden Lehren verworfen habe und gleichzeitig allen Künsten des Feindes entsagt habe.“ Der Apostel: „Nun geh in die Häuser derer, die du irregeführt hast, und rufe pflichtgemäß zu Gott zurück, die du ihm geraubt hattest. Lehre sie, daß das wahr ist, was du falsch nanntest, und das falsch, was du wahr nanntest. Mache den Götzen zunichte, den du angebetet hast, und auch die Prophezeiungen, die, wie du glaubtest, von ihm stammten. Das Geld, das du durch deine bösen Werke erworben hast, verwende nun zu guten Werken. So, wie du ein Sohn des Teufels warst und dem Teufel folgtest, so werde jetzt ein Sohn Gottes und folge ihm, der täglich sogar den Undankbaren seine Wohltaten erweist und denen, die ihn lästern, Gutes tut. Denn wenn der Herr gut zu dir war, als du schlecht gegen ihn handeltest, um wieviel mehr wird er gütig sein, wenn du aufhörst, böse zu sein, und beginnst, ihn mit guten Werken zu erfreuen? “ Dieses und ähnliches sprach der hl. Jacobus, und Hermogenes stimmte in allem zu. Er wurde in der Gottesfurcht so vollkommen, daß durch ihn mit Gottes Hilfe sogar zahlreiche Wunder geschahen. (Verurteilung und Hinrichtung des hl. Jacobus) (Cap. IX, fol. 49r ff.) Da nun die Juden sahen, daß Jacobus diesen für unbesiegbar gehaltenen Magier bekehrt hatte, daß auch dessen Jünger und Anhänger, die sonst regelmäßig zur Synagoge kamen, jetzt an Jesus Christus glaubten, ließen sie den römischen Hauptleuten und Stadtkommandanten Lisias und Theokritus Geld zukommen 23 . Sie bemächtigten sich des Jacobus und warfen ihn in den Kerker. Das Volk aber empörte sich, und es hieß, er müsse vor Gericht gestellt und nach dem Gesetz verhört werden. Die Pharisäer fragten ihn daraufhin: „Wie kommst du dazu, Jesus Christus Mensch und Gott zu nennen, wo wir doch alle wissen, daß er zwischen Räubern ans Kreuz geschlagen wurde? “ 24 (…) 23 Ein römischer Tribun namens Lysias erscheint in Apg 22-24 (mehrfach). 24 Es folgen zahlreiche Belege aus dem Alten Testament über die Gottheit Christi. <?page no="41"?> 39 Einige Tage später erkannte Abiathar, der in diesem Jahr Hoher Priester war, daß sehr viel Volk an den Herrn glaubte. Von Zorn ergriffen, stiftete er durch Bestechungen einen schweren Aufruhr an und befahl, den Apostel des Herrn zu züchtigen. Das ging so weit, daß ein Schreiber der Pharisäer Jacobus einen Strick um den Hals legte und ihn vor den Sitz des Königs Herodes brachte. König Herodes aber befahl, ihn zu enthaupten. Als er zur Enthauptung geführt wurde, sah er einen Gelähmten liegen, der ihm zurief: „Heiliger Jacobus, Apostel Jesu Christi, erlöse mich von den Schmerzen, die alle meine Glieder quälen.“ Er aber sprach zu ihm: „Im Namen meines gekreuzigten Herrn Jesus Christus, um dessen Glaubens willen ich zur Enthauptung geführt werde, erhebe dich geheilt und preise deinen Erlöser.“ Und alsbald stand jener auf, lief froh umher und segnete den Namen des Herrn Jesus Christus. Der Schreiber der Pharisäer, sein Name war Josias, löste daraufhin den Strick, den er ihm um den Hals gelegt hatte, warf sich ihm zu Füßen und sagte: „Ich bitte dich flehentlich, habe Nachsicht mit mir und laß mich teilhaben am heiligen Namen Christi.“ Jacobus aber erkannte, daß sein Herz vom Herrn berührt worden war, und sagte: „Glaubst du, daß mein Herr Jesus Christus, den die Juden gekreuzigt haben, der wahre Sohn des lebendigen Gottes ist? “ Josias sprach: „Ich glaube es, es ist mein fester Glaube von Stund an, daß er der Sohn des lebendigen Gottes ist.“ Da ließ ihn der Hohe Priester Abiathar ergreifen und sagte zu ihm: „Wenn du nicht von Jacobus abläßt und den Namen Jesu Christi verfluchst, wirst du gemeinsam mit ihm enthauptet.“ Josias aber erwiderte: „Verflucht seist du, und verflucht seien alle deine Götter! Der Name des Herrn Jesus Christus aber, über den Jacobus predigt, sei gelobt in Ewigkeit.“ Da befahl Abiathar, ihn mit Fäusten ins Gesicht zu schlagen, sandte einen Bericht an Herodes und erreichte, daß er gemeinsam mit Jacobus enthauptet werde. Dann gelangte man an die Stelle, wo sie enthauptet werden sollten, und Jacobus sagte zu dem Scharfrichter: „Bevor du uns enthauptest, laß uns etwas Wasser geben.“ Man brachte einen Krug mit Wasser. Dann ließ er den Josias seine Kleider ablegen, nahm den Krug und sagte: „Josias, glaubst du an Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer <?page no="42"?> 40 des Himmels und der Erde? “ - „Ja“, erwiderte dieser. Der Apostel fuhr fort „Glaubst du an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unserern Herrn, der geboren wurde und gelitten hat, wiederauferstanden ist und zur Rechten des Vaters sitzt? “ Und Josias sagte: „lch glaube es.“ Der Apostel: "Glaubst du an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und ein Leben nach dem Tode? “ - „Ja“, sagte er. Dann besprengte ihn der Apostel dreimal im Namen der göttlichen Dreifaltigkeit mit Wasser und sprach: "Gib mir, mein Sohn, den Friedenskuß.“ Nachdem auch er ihn geküßt hatte, legte er ihm die Hand aufs Haupt, segnete ihn, machte über seiner Stirn das Kreuzeszeichen Christi und sagte: „Bruder, laß uns zum Herrn beten, er, der sie geschaffen hat, möge unsere Seelen bei sich aufnehmen.“ Der hl. Jacobus erhielt dann vom Henker die Erlaubnis, ein Gebet zu sprechen, und er betete mit zum Herrn erhobenen Augen und ausgestreckten Hände. 25 (…) Als das Gebet beendet war, legte Jacobus seine Kleider ab und gab sie seinen Verfolgern. Dann kniete er zur Erde nieder, streckte seine Hände hoch zum Himmel empor und bot dem Scharfrichter seinen Hals dar mit den Worten: "Die Erde nehme meinen irdischen Leib auf in der Hoffnung auf Auferstehung.“ Nachdem er dies gesagt hatte, zog der Henker sein Schwert, hob es hoch empor, ließ es zweimal auf seinen Hals niederfallen und trennte so das geheiligte Haupt vom Körper. Sofort strömte das kostbare Blut hervor, aber das Haupt fiel nicht zur Erde, sondern der heilige Apostel fing es, von Gottes Wunderkraft erfüllt, mit seinen zum Himmel erhobenen Armen auf. So verblieb er mit gebeugten Knien, das Haupt in der Armbeuge haltend, bis zum Einbruch der Nacht, in der die Jünger seinen Leib bergen sollten. Inzwischen versuchten einige Abgesandte des Herodes, sein Haupt an sich zu reißen, vermochten es aber nicht, weil ihre Hände über dem kostbaren Leib des hl. Jacobus erstarrten. Dann enthauptete der Henker den seligen Josias, Märtyrer Christi und Jünger des hl. Jacobus. Alsbald entstand ein gewaltiges Erdbeben, der Himmel öffnete sich, und das Meer erbebte. Ein fürchterlicher Donner rollte. Die Erde öffnete sich und verschlang eine gewaltige Zahl von bösen Menschen. 25 Es folgt ein langes Sterbegebet. <?page no="43"?> 41 Aber auch ein helles Licht leuchtete in der Gegend auf. Viele hörten eine Schar von Engeln, die die Seelen (der Guten) durch die Lüfte zu himmlischen Wohnungen trugen, zu einer Freude ohne Ende. Wie schlimm und bitter ist dieser Tag für die Bösen, wie köstlich und glorreich für die Gerechten, der Tag, da die Heiligen zum Himmel, die Bösen zur Hölle fahren! (…) Alle, die zugegen waren, riefen in tiefem Erschrecken und von Angst geschüttelt laut aus: „Jener ist der wahre Gott, den er gepredigt hat und den die Juden gekreuzigt haben.“ Andere sagten: "Wahrlich, dieser war ein Mann Gottes, und zu Recht wird Gott diesen Ort und diese Stadt zerstören, denn er ist zu Unrecht enthauptet worden.“ 26 Als der Tag vergangen war, kamen in der Nacht seine Jünger zu ihm und fanden ihn, wie schon gesagt, kniend, das Haupt in der Armbeuge haltend. Sie legten seinen Körper und seinen Kopf in einen hirschledernen Beutel, zusammen mit köstlichen Spezereien, und brachten alles von Jerusalem nach Galicien. Ein Engel begleitete sie über das Meer. Am Ziel angekommen, bestatteten sie ihn dort, wo er bis zum heutigen Tage verehrt wird. Auf welche Weise aber Herodes, der schuld am Tode des hl. Jacobus war, mit schimpflichem Tode bestraft wurde, wird in der Apostelgeschichte folgendermaßen erzählt: „ Da er sah, daß dies den Juden gefiel, fing er auch Petrus und warf ihn in den Kerker. In der Nacht aber konnte dieser, von einem Engel des Herrn geführt, wohlbehalten entkommen. Da es nun Tag wurde und Petrus nicht zu finden war, zog Herodes enttäuscht von Judäa nach Caesarea hinab und verweilte dort. Er war aber den Einwohnern von Tyrus und Sidon feindlich gesinnt. Sie aber kamen gemeinsam zu ihm und überredeten den Kämmerer des Königs, Blastus, und baten um Frieden, weil ihre Länder sich von des Königs Land ernähren mußten. An einem bestimmten Tage nun setzte sich Herodes, mit königlichen Gewändern angetan, auf den Richterstuhl und hielt eine Rede an sie. Das Volk aber rief: Das ist die Stimme Gottes, nicht eines Menschen! Alsbald schlug ihn ein Engel des Herrn, und von 26 Diese Passage greift in mehreren Punkten Elemente der Leidensgeschichte Christi auf. Vita und Tod des Heiligen war in der hagiographischen Literatur ausgesprochen häufig auf das Vorbild Christi bezogen. Vgl. zu diesen Bezügen vor allem H einzelmann , Gregor, bes. S. 148ff. <?page no="44"?> 42 Würmern zerfressen verschied er, denn er hatte nicht Gott die Ehre erwiesen und das Blut des hl. Jacobus zu Unrecht vergossen. Das Wort Gottes aber wuchs und verbreitete sich immer mehr.“ (vgl. Apg 12,3-24). Kurze Zeit darauf wurde Jernsalem, wie die Geschichte wahrheitsgemäß berichtet, durch die Kaiser Titus und Vespasian zerstört, so daß kein Stein auf dem andern blieb. Dies geschah, weil Jerusalem zu Unrecht das Blut glorreicher Märtyrer vergossen hatte, nämlich das des Erlösers, des Erzmärtyrers Stephan, das Jacobus des Älteren und des Jüngeren. Über allem aber herrscht unser Herr Jesus Christus, dessen Reich und Herrschaft ohne Ende währt in alle Ewigkeit. Amen. (Der hl. Jacobus in Galicien) (Cap. VII, fol. 42v ff.) So wie ein Getreidekorn, das doch schon gestorben ist, in der Erde wieder reiche Frucht bringt, so gewinnt der Jünger Christi, Jacobus, nach seiner siegreichen Passion die Völkerscharen, die zu ihm nach Galicien kamen, mit Christi reicher Hilfe und unter göttlichem Schutz für sich und bringt sie wie eine reiche und wohlriechende Frucht ruhmvoll ein. So wie die Setzlinge von Lauch und Kohl im Garten ausgerupft und an anderer Stelle wieder eingesetzt werden, damit sie besser gedeihen, so wird auch Jacobus in seiner leiblichen Gegenwart der Stadt Jerusalem entrissen und nach Galicien versetzt, damit er bei allen Völkern, die zu ihm pilgern, an Ruhm zunehme. Zu seiner Basilika in Galicien strömen nämlich heute die Völker aus allen Teilen der Erde. Sie erzählen das Lob des Herrn und seine Kraft und die Wunder, die er durch den Apostel an ihnen getan hat. (…) Und er bringt ebenso viele Früchte hervor, wie Menschen aus fernen Ländern bis nach Galicien seinen Weg mit müden Gliedern und großen Mühsalen beschreiten, sein Grab küssen und seine Segnungen erflehen. (…) So viele Pilger, wie mit heiligem Eifer zu ihm in die galicische Heimat streben, so viele führt er in die Heimat des Paradieses aus den irdischen Gefilden Galiläas. <?page no="45"?> 43 (Hermogenes als Gegner des hl. Jacobus) 27 (Cap. XV, fol. 69v f.) Es lebte zu jener Zeit ein Zauberer namens Hermogenes, der, durch die Künste des bösen Feindes verführt, selbst andere unaufhörlich zu verführen suchte. Es hatte nämlich dieser Zauberer mit dem Feind des Menschengeschlechts einen so vertrauten Umgang, daß er mehr zu befehlen schien, als daß ihm befohlen wurde. Deshalb erflehten die Juden die Hilfe dieses Zauberers gegen Jacobus. Wenn sie diesem schon nicht mit Vernunftgründen widerstehen konnten, so wollten sie wenigstens mit Hilfe von Zaubertricks ihre Niederlage verhindern. Und weil der Zauberer mit weltlicher Weisheit begabt war und die Juden voller Vertrauen auf seine betrügerischen Wunder waren, schickten sie sich an, mit menschlicher Weisheit den Donner des hl. Jacobus zum Schweigen zu bringen. Sie hofften dabei, die Wunder des Jacobus durch die Wunder des Zauberers in den Schatten zu stellen. Der hl. Jacobus aber widerlegte nicht nur die Aussagen des Zauberers, sondern machte auch die Wundertaten, die jener mit Teufelskunst vollbrachte, völlig zunichte. Den Zauberer selbst bekehrte er sogar mit seinem Jünger zum Herrn. Predigt des hl. Papstes Calixtus zum Fest der Erwählung und der Überführung des hl. Apostels Jacobus, das am 30. Dezember gefeiert wird (Cap. XVII, fol. 74r-93v) Der ehrwürdige Festtag ( Veneranda dies 28 ) des hl. Jacobus, liebe Brüder, ist heute für die Welt angebrochen. Laßt uns frohlocken und uns an ihm erfreuen. Dies ist ein Tag, der festlicher ist als viele ande- 27 Vgl. dazu die ausführliche Schilderung der Bekehrung des Hermogenes in der „großen Passion“, oben S. 35-38. 28 Gerade diese Predigt, die ausführlich auf die Pilgerfahrten eingeht, wird nach diesen ihren lateinischen Anfangsworten oft gekennzeichnet. Vgl. oben Anm. 2, vgl. auch für dieses Kapitel die Anmerkungen bei H erbers , Jakobsweg, S. 57ff. Der Autor scheint jedenfalls dem Verfasser von Buch V, des Pilgerführers, durchaus nahegestanden zu haben. <?page no="46"?> 44 re, strahlender, leuchtender, würdiger als andere und geheiligter. An ihm hat der große Apostel Jacobus, der Schutzheilige Galiciens, den Himmel mit seinem geistigen Einzug aufs Glücklichste geziert und die Spanier und Galicier durch seine leibliche Ankunft und durch überall vollbrachte Wunder reichlich beschenkt. Die Himmel also hat er an diesem Tage für immer bereichert, er, der auch die irdischen Länder treu beschenkt hat. Darob freut sich im Himmel die Gemeinschaft der Engel, darum freut sich auf Erden die Mutter Kirche. Ein doppeltes Fest wird heute von den Gläubigen gefeiert: das seiner Erwählung, durch die er am galiläischen Gestade gemeinsam mit Johannes, Petrus und Andreas auserwählt wurde, und das der Überführung, das würdigt, auf welche Weise sein kostbarer Leib von Jerusalem nach der Stadt Compostela überführt werde 29 (…) Wie nun diese Überführung des Apostels vor sich gegangen ist, wird durch den Mund vieler Gläubiger berichtet. Demzufolge wurde sein ehrwürdiger Leichnam nach der Hinrichtung durch Herodes unversehrt, unter dem Geleit eines Engels des Herrn, über das Meer in einem von seinen Jüngern gesteuerten Schiff von Jerusalem nach Galicien gebracht, wobei vielerlei Wunder geschahen. (Ablehnung apokrypher Schriften über die Überführung des Apostels und Hinweis auf die Echtheit des „Codex Iacobus“) (Cap. XVII, fol. 75v f.; 78r) Wir dürfen aber jene unechten und nicht anerkannten Schriften nicht verschweigen, sondern wir müssen sie korrigieren, in denen viele unvernünftige, ja schändlich zur Irrlehre neigende Menschen die Überführung des Jacobus zu erzählen pflegen, ja, was noch schlimmer ist, mit lügnerischer Feder niederzuschreiben sich anmaßen. Die einen nämlich glauben, was völlig abwegig ist, er sei der Sohn 29 In der alten spanischen (mozarabischen) Liturgie war der 30. Dezember ausschließlicher Festtag des hl. Jacobus. Im Liber S. Jacobi scheinen der 25. Juli und der 30. Dezember nebeneinander zu stehen, vielleicht mit einem gewissen Vorzug für den Festtag des römischen Festkalenders, den 25. Juli. <?page no="47"?> 45 der Mutter Gottes, weil sie hören, daß Jacobus Bruder des Herrn genannt wurde, und zwar im Evangelium und im Brief an die Galater (Gal 1,19) 30 . Andere behaupten, er sei auf Geheiß Gottes, auf einem Felsen sitzend, ohne Floß über die Meeresfluten von Jerusalem nach Galicien gekommen. Ein Teil dieses Felsens sei dabei bei Jaffa zurückgeblieben. Wieder andere behaupten, der Stein sei im Schiff gemeinsam mit dem leblosen Körper angekommen 31 . Ich habe jedoch nachweisen können, daß beides Lügenfabeln sind. ln der Tat, als ich vor einiger Zeit den Fels sah, erkannte ich, daß es sich um eine in Galicien entstandene Klippe handelt. Aus zwei Gründen jedoch ist der Felsen des hl. Jacobus zu verehren. Einmal, weil der apostolische Leichnam seinerzeit, wie man berichtet, von den Jüngern am Hafen von Iria darauf niedergelegt wurde, zum andern, weil dort die Eucharistie andachtsvoll gefeiert wurde 32 . Andere wiederum erzählen, der Apostel habe Galicien unter Verwünschungen untersagt, weiterhin Wein anzubauen, und zwar deshalb, weil eine ältere Frau namens Compostela, angeblich vom Weine trunken und vom Schlaf übermannt, dem Apostel, der in ihrem Schoße schlief, den Herrn nicht gezeigt habe, als dieser die Basilika besuchte. Der Apostel soll ihr nämlich eingeschärft haben, sie solle ihm die Ankunft des Herrn melden. Andere dagegen sagen, der Herr sei dem Apostel erschienen und habe einen Zweig, den jener in Händen hielt, von der Rinde befreit und verheißen, daß so, wie der Zweig von seiner Rinde befreit werde, so auch die Pilger an seinem Grabe von ihren Sünden gereinigt würden. Dieser Irrtum ist jedoch folgendermaßen zu widerlegen: Wenn der Sünder wie der Zweig gesäubert wird, dann wird er nicht gut geläutert, denn der Zweig kann nicht innerlich, sondern nur äußerlich gereinigt werden, während der Sünder innerlich und äußerlich, also an Körper und Seele, gereinigt wird. Andere behaupten, Engel hätten in der Basilika öffentlich geredet und vor allen gesungen. Andere reden daher, Engel hätten den Leib 30 Vgl. auch Mt 12,46f., Mk 3,31f., Lk 8,19f., Jo 2,12 und 1 Kor 9,5. 31 Zu bildlichen Darstelluungen dieser Traditionen vgl. m oraleJo , Jakobus und die Wege seiner Ikonographie, S. 76-79. 32 Vgl. auch den heutigen, von dem Felsen abgeleiteten Namen El Padrón für das alte Iria Flavia an der Westküste Galiciens. <?page no="48"?> 46 des Apostels ohne menschliche Hilfe durch die Luft nach Galicien getragen. Andere schwätzen, er sei in einem gläsernen Boot durch Schiffsleute von Jerusalem nach Galicien gebracht worden. Solche Träumereien und die Märchen all dieser Leute verweisen wir unter die nicht anerkannten Schriften, wir erklären sie für nichtig und tun sie als Geschwätz ab, ja, wir verfluchen sie, damit niemand mehr dergleichen zu schreiben wagt. Echt und maßgebend ist nur das, was in diesem Codex mit Namen „Jacobus“ enthalten ist. Er allein berichtet, was zur Lesung oder zum Vorsingen an den Festtagen des hl. Jacobus erforderlich ist, denn er ist, wie in ihm ersichtlich, aus authentischen Quellen ausgewählt worden. Die Wunder jedoch, die der Heilige noch wirken wird und die von zwei oder drei Zeugen bestätigt werden, dürfen zur Erbauung der Gläubigen niedergeschrieben werden 33 . Wir aber, die wir die genannten Irrtümer zurückweisen und des Apostels wahre Zeugnisse für allgemeingültig erklären und seine hervorragenden Taten erforschen, freuen uns seiner auf Erden, über dessen Gegenwart in der himmlischen Heimat sich die Engel glücklich preisen. (…) Denn die heilige Kraft des Apostels, übertragen aus dem Gebiet Jerusalems in die galicische Heimat, erstrahlt durch göttliche Wunder. Bei seiner Basilika nämlich geschehen sehr oft Wunder, die Gott durch ihn wirkt. Kranke kommen und werden geheilt, Blinde werden sehend, Lahme werden aufgerichtet, Stumme beginnen zu reden, vom Teufel Besessene werden befreit, Traurige werden getröstet und, was noch größer ist, die Gebete der Gläubigen werden erhört 34 . Dort wird die schwere Last der Vergehen abgelegt, und die Fesseln der Sünder werden gesprengt. Mit welcher Heiligkeit und Gnade erstrahlt Jacobus im Himmel, er, der auf Erden mit Gottes Kraft solche Wunder wirkt! 33 Vgl. zur Legitimation der Texte auch die verschiedenen Prologe zu den einzelnen Büchern und insbesondere den Einleitungsbrief, oben S. 15-18. Daß noch eine gewisse Zeit Wundergeschichten angefügt wurden, zeigen die Texte des Anhangs, vgl. unten S. 109-113. 34 Auch bei den Wundern scheinen die thaumaturgischen Fähigkeiten Christi vielfach die generelle Orientierung für hagiograpbische Aufzeichnungen geboten zu haben, vgl. oben Anm. 26. <?page no="49"?> 47 (Herkunft und Verhalten der Pilger in Compostela) (Cap. XVII, fol. 78r ff.) Dorthin kommen fremde und einheimische Völker aus allen Teilen der Welt 35 . (…) Zu ihm streben sie in hellen Scharen, lösen unter Danksagungen an den Herrn ihre Gelübde ein und spenden Preis und Lob. Voll Freude erblickt man die Scharen von Pilgern, die am ehrwürdigen Altar Jakobs die Nachtwache halten. An einer Stelle stehen, jeweils in geschlossenen Gruppen, die Deutschen, an anderer die Franzosen, an anderer die Italiener. In den Händen halten sie brennende Wachskerzen, durch welche die ganze Kirche wie bei Sonnenschein oder hellichtem Tage erleuchtet wird. Ein jeder verbringt die Nachtwache sinnvoll mit seinen Landsleuten. Einige spielen Zither, andere Laute, andere auf kleinen Pauken, andere spielen Flöte, andere Panflöte, andere Trompete, andere Harfe, andere Viola, andere britische oder gallische Rotta 36 , wieder andere Psalter. Andere singen während der Nachtwache, von verschiedenen Instrumenten begleitet. Einige beweinen ihre Sünden, andere lesen Psalmen, andere geben Almosen an die Blinden. Hier hört man die verschiedensten Sprachen und fremdartige Laute, Reden und Gesänge der Deutschen, Engländer, Griechen und anderer Stämme und Völker aus allen Teilen der Welt. "Es gibt keine Sprache noch Rede, die nicht ihre Stimme erhebt“ (Ps 19,4). Diese Art Nachtwache wird fleißig geübt. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Ein jeder bringt ein anderes Geschenk als Opfergabe dar. Kommt jemand traurig, so geht er froh von dannen. Dort herrscht ununterbrochen hohe Kirchenfeier, jeder Festtag wird eifrig gehalten, feierliche Riten werden Tag und Nacht beachtet, Lob und Jubel, Freude und Frohlocken erschallen ständig. Alle Tage und Nächte werden wie ein einziges Fest in fortwährender Freude zum Lobpreis des Herrn und des Apostels begangen. Die Pforten 35 Es folgt eine lange Liste: Franken, Normannen, Schotten, Iren, Gallier, Iberer, Gascogner, Baiern, gottlose Navarreser, Basken, und viele damals bekannte Völkernamen. Die Charakterisierung der gottlosen Navarreser trifft sich mit derjenigen in Buch V des Liber Sancti Jacobi (H erbers , Jakobsweg S. 100), vgl. zum vielleicht gleichen Verfasser oben Anm. 28. 36 Eine Art Gitarre. <?page no="50"?> 48 der Basilika bleiben Tag und Nacht weit geöffnet, und niemals kann schwarze Nacht dort herrschen (Apk 21,25) 37 , denn alles erstrahlt im hellen Glanz der Lichter und Kerzen. Dorthin streben Arme, Reiche, Räuber, Ritter, Fußvolk, Vornehme, Blinde, Krüppel, Wohlhabende, Adlige, Soldaten, hochgestellte Personen wie Bischöfe und Äbte, zum Teil barfüßig. Die einen kommen ohne eigenen Besitz, andere wegen ihrer Sünden mit Ketten gefesselt. Einige tragen ein Kreuz, wie die Griechen, in ihren Händen, andere verteilen Ihre Habe unter die Armen, andere bringen mit ihren Händen Eisen oder Blei für den Bedarf der Apostelkirche, andere tragen auf den Schultern eiserne Riegel und Handfesseln, von denen sie durch den Apostel aus den Kerkern ungerechter Herren befreit worden waren. Alle tun Buße und beklagen ihre Vergehen. Dies ist das auserwählte Geschlecht, der heilige Stamm, das Volk Gottes, die Elite der Völker, die Frucht des apostolischen Werbens, die Frucht neuer Gnade, die Frucht der allerbarmenden Kirche, die Frucht von dem Apostel am himmlischen Throne dargebracht (…). Man glaubt fest, daß, wer immer würdig und reinen Herzens zum Gebet zum ehrwürdigen Altar des hl. Jacobus nach Galicien pilgert, dort, wenn er wirkliche Reue erweckt, die Absolution seiner Sünden durch den Apostel und die Vergebung Gottes erhält. (…) O wie selig sind die, die einen solchen Mittler bei Gott haben, eine solche Quelle der Sündenvergebung. Warum also säumst du, Freund des hl. Jacobus, zu seiner Stätte zu ziehen, wo nicht nur alle Stämme und Sprachen, sondern auch die Engelscharen sich vereinen, und wo die Sünden der Menschen vergeben werden? Keiner vermag nämlich zu sagen, welche Segnungen der heilige Apostel für diejenigen bereithält, die ihn aus ehrlichem Herzen aufsuchen. Viele nämlich pilgerten zu ihm als Arme, die später wohlhabend geworden sind, viele Hinfällige wurden gesund, viele Zerstrittene später einig, viele Ungerechte fromm, viele Wollüstige keusch, viele Weltmenschen wurden Mönche, viele Geizige freigebig, viele Wucherer verteilten später ihre Habe, viele Hochfahrende wurden leutselig, viele Lügner ehrlich, viele, die andere ausraubten, verteilten 37 Die weitgehende Übernahme der Passage aus der Apokalypse zeigt, daß der Verfasser in der Kirche des Zielortes Compostela durchaus ein Abbild des himmlischen Jerusalem sieht, vgl. hierzu P lötz , Proyección, S. 57f. <?page no="51"?> 49 danach ihre Kleider an die Armen, viele Meineidige wurden ehrbar, viele, die falsches Zeugnis ablegten, bezeugten später die Wahrheit, viele unfruchtbare Frauen gebaren später Kinder, viele Bösewichter wurden mit Gottes Hilfe zu Gerechten. So wurde die Stadt Compostela durch die Fürsprache des hl. Jacobus zur geheiligten Stätte. (…) Zu Recht also wird unser Jacobus der Große genannt, er, der überall allen große Gaben spendet. Es erhebt sich daher die Frage, warum er auch an Orten, an denen er nicht ruht, ebenso Wunder wirkt wie in Galicien, wo er ja köperlich bestattet ist? 38 Wenn wir aber genauer hinsehen, wird schnell folgendes klar: Er ist immer und überall gegenwärtig, um unverzüglich denen zu helfen, die ihn in schwerer Gefahr und Not, auf dem Meere oder dem festen Land, anrufen. Wenn es also von der Gegenwart der heiligen Märtyrer heißt, daß, wo sie körperlich ruhen, sie auch ihre Wundertaten vollbringen, so ist das in der Tat so, und sie zeigen den mit reinem Herzen Bittenden auch diese Wunder. Weil aber wankelmütige Geister daran zweifeln könnten, daß sie zur Erhörung der Gebete auch dort gegenwärtig sind, wo sie bekanntlich nicht körperlich ruhen‚ müssen sie notwendigerweise dort größere Wunder vollbringen, wo der Wankelmütige an ihrer Gegenwart zweifeln kann. Diejenigen aber, deren Geist im festen Glauben ruht, ernten den Lohn dieses Glaubens, denn sie wissen, daß der Heilige zwar nicht körperlich anwesend ist, dennoch aber die Erhörung nicht versagt. Daher sagt Christus, der die Wahrheit ist, von sich selbst: „Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Heilige Geist nicht zu euch“ ( Joh 16,7). (Der Pilgerweg) (Cap. XVII, fol. 80r) Überall ist also der hl. Jacobus von allen zu verehren, er, der ohne Zaudern allen beisteht, die zu ihm rufen. Weil wir aber bisher von den verschiedenen Völkern gehandelt haben, die zu ihm wandern 38 Zur folgenden Erörterung, die auf Augustin († 430) und Papst Gregor dem Großen (590-604) basiert, vgl. H erbers , Via peregrinalis, S. 3f. mit Nachweis der jeweiligen zugrunde liegenden Quellen. <?page no="52"?> 50 und die eine göttliche Belohnung erhalten haben, so müssen wir jetzt von dem Pilgerweg dieser Völker handeln. Der Pilgerweg ist herrlich, aber schmal, denn der Weg ist schmal, der den Menschen zum Leben führt. Breit aber und geräumig ist der Weg, der zum Tode führt (vgl. Mt 7,13-14). Der Pilgerweg bedeutet für die Rechtschaffenen die Absage an die Laster, die Abtötung des Leibes, die Erhebung der Tugenden, die Vergebung der Sünden, die Buße der Büßer. (Ausrüstung und Verhalten der Pilger) (Cap. XVII, fol. 80r ff.) Nicht ohne Grund empfangen die Pilger, die zu den Stätten der Heiligen streben, in der Kirche den Pilgerstab und die geweihte Tasche. Wenn wir sie nämlich um der Buße Willen zum Sitz der Heiligen schicken, geben wir ihnen nach kirchlichem Brauch die geweihte Tasche mit den Worten: Im Namen unseres Herrn Jesus Christus empfange diese Tasche, die zur Tracht deiner Pilgerschaft gehört, damit es dir vergönnt sei, geläutert und gereinigt zum erstrebten Grabe des hl. Jacobus zu gelangen, und damit du nach vollbrachter Pilgerreise wohlbehalten und freudevoll zu uns zurückkehren kannst. Das gewähre jener, der als Gott herrscht und regiert in alle Ewigkeit. Amen 39 . Ebenso sagen wir bei der Überreichung des Pilgerstabes: Empfange diesen Stab als Stütze für deine Reise und die Mühsale deiner Pilgerfahrt, auf daß du alle Scharen des bösen Feindes besiegen kannst und sicher zum Grabe des hl. Jacobus gelangst und auf daß du nach Vollendung deiner Reise freudevoll zu uns zurückkehrst, nach dem Willen dessen, der als Gott lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen. Die Tasche ( pera ) aber, welche die Italiener scarsella (Tasche, Beutel), die Provenzalen sporta (Korb), die Franzosen aber ysquirpa 40 nennen, 39 Diese Segensformeln sind seit dem 10. Jahrhundert belegt. 40 Altfranzösisch escrepe ,Pilgertasche, neufranzösisch écharpe . <?page no="53"?> 51 bedeutet die Freigebigkeit der Almosen und die Abtötung des Fleisches. Die pera ist ein enger Beutel aus der Haut eines toten Tieres, der immer oben offen steht und nicht mit Schnüren verschlossen ist. Die pera als enger Beutel bedeutet, daß der auf Gott vertrauende Pilger nur einen bescheidenen Lebensunterhalt mitnehmen darf. Daß sie aus der Haut eines toten Tieres ist, bedeutet, daß der Pilger sein Fleisch mit Lastern und Gelüsten in Hunger und Durst, in vielem Fasten, in Kälte und Nacktheit, in Schmähungen und vielen Mühsalen abtöten soll. Daß die pera nicht mit Bändern verschlossen, sondern oben immer offen ist, bedeutet, daß der Pilger zuallererst sein Gut gemeinsam mit den Armen ausgibt und daher immer zum Nehmen und Geben bereit sein muß. Den Stab empfängt der fromme Pilger gleich einem dritten Fuß, als seine Stütze. Dies deutet hin auf den Glauben an die heilige Dreifaltigkeit, auf die er standhaft bauen soll. (…) In ähnlicher Weise führen nicht ohne Grund die von Jerusalem zurückkehrenden Pilger Palmzweige und die vom Grabe des hl. Jacobus kommenden Muscheln ( crusillas ) mit sich. Der Palmzweig aber ist ein Siegeszeichen, die Muschel bedeutet gute Werke. (Die Jakobsmuscheln, Crusillae) (Cap. XVII, fol. 81r) Im Meere des hl. Jacobus gibt es eine gewisse Fischart, die in der Volkssprache verae 41 (span. vieira ) genannt wird. Die Fische haben auf jeder Seite einen Schild, und zwischen diesen Schilden verbirgt sich, wie zwischen zwei Schalen, der Fisch in Gestalt einer Auster. Diese Schalen sind wie die Finger einer Hand geformt. Bei den Provenzalen heißen sie nidulae (Nestchen), bei den Franzosen crusillae (kleine Gefäße). Die Pilger, die vom Grabe des hl. Jacobus zurückkehren, heften sie an Hut und Mantel und tragen sie zu Ehren des Apostels, zur Erinnerung an ihn und als Zeichen einer solch großen Pilgerfahrt freudig in ihre Heimat zurück. 41 Spanisch Vieira , vgl. zu den Muscheln auch Buch III, Cap. IV, unten S. 130. <?page no="54"?> 52 (Die Ausstattung für die Pilgerschaft) (Cap. XVII, fol. 81v f.) Es bleibt uns darzulegen, daß der Pilgerweg bis auf die Vorväter zurückgeht und wie er zu beschreiten ist. Sein Beginn liegt schon bei Adam, und er führt weiter über Abraham und Jakob und die Kinder Israel bis hin zu Christus. Über Christus und die Apostel hinaus wird er bis heute weitergeführt. Als erster Pilger gilt Adam, weil er wegen Übertretung des göttlichen Gebots das Paradies verlassen mußte, in die Verbannung dieser Welt geschickt wurde und erst durch das Blut und die Gnade Christi erlöst wurde. So bricht auch der Pilger von seiner Heimat auf, wegen seiner Sünden von seinem Pfarrer auf Pilgerfahrt geschickt, und auch er wird erlöst, falls er aufrichtig gebeichtet hat und in der ihm auferlegten Buße sein Leben beschließt. (…) Auch die Apostel, die der Herr ohne Geld und ohne Schuhwerk aussandte, waren demnach Pilger. Es darf daher den Pilgern keinesfalls die Mitnahme von Geld gestattet werden, es sei denn, sie teilen dieses Geld mit den Armen. Wenn Christus jene ohne Geld aussandte, was soll dann aus denen werden, die heute mit Gold und Silber reisen, sich satt essen und trinken und nichts den Armen zukommen lassen? Wahrlich, sie sind keine wahren Pilger, sondern Diebe und Räuber an Gott. Ja, aus der Gemeinschaft der Apostel sind diejenigen ausgeschieden und ziehen eine andere Straße, die Geld mitnehmen, aber Pilger und Bedürftige nicht daran teilhaben lassen. Sie sollten daran denken, was der Herr seinen ausziehenden Pilgern sagte: "Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Geld in euren Gürteln haben, auch keine Tasche zu eurer Reise, auch nicht zwei Röcke, noch Schuhe, auch keinen Stab“ (Mt 10,9-10). Bei solcher Aussendung der Apostel wird zu verstehen gegeben, daß der Pilger keinen Besitz mitnehmen darf, es sei denn, er wolle ihn den Armen geben. Er soll also entweder kein Geld mitnehmen oder in der Absicht, es mit den Armen zu teilen. (…) So soll allen Pilgern alles gemeinsam sein; sie seien ein Herz und eine Seele. Schändlich aber ist es und eine große Schmach, dazu schwerste Sünde, wenn ein Pilger hungert, ein anderer übersatt ist. (…) Wenn der Herr in Jerusalem nicht auf einem Pferd oder Maultier, sondern auf einer Eselin einritt (vgl. Apg 5,1-10), was wird dann aus <?page no="55"?> 53 denen, die mit feisten Pferden oder Maultieren und großen Reichtümern im Gepäck aufbrechen? Wenn der hl. Petrus ohne Geld und barfuß nach Rom wanderte und schließlich durch den Kreuzestod zum Herrn gelangte, warum brechen dann viele Pilger zu ihm auf mit viel Geld und doppelter Kleidung, zu Pferde, köstliche Speisen essend und allzusehr dem Wein zusprechend, aber nichts den armen Mitbrüdern überlassend? (…) Und was wird aus denen, die ihr Geld, und sicherlich nicht einmal das ihre, sondern das eines andern, für sich behalten, dabei betteln und schließlich unterwegs mit all diesem Geld sterben? Ein Pilger, der mit seinem Geld bei einer Pilgerfahrt zu den Heiligen stirbt, ist vom Reich der wahren Pilger wahrlich ausgeschlossen. Derjenige nimmt allenfalls zur Pilgerfahrt erlaubterweise Geld mit, der allen, die ihn darum bitten, Unterstützung gewährt und der selbst arm wird, wenn seine Geldmittel wegen seiner Nächstenliebe schwinden. Auch derjenige wird verdammt, der Almosen oder sonstige Mittel von einem auf der Reise verstorbenen Pilger angenommen hat und sie nicht denen zurückgibt, für die der Verstorbene sie bestimmt hatte. Was nützt es, geliebte Brüder, den Pilgerweg einzuschlagen, wenn nicht so, wie es rechtens ist? Rechtmäßig strebt derjenige zum Grabe des hl. Jacobus, der vor Aufbruch zur Reise denen verzeiht, die ihm Unrecht getan haben, der alle Vorfälle, die andere oder sein Gewissen ihm vorwerfen könnten, nach Möglichkeit bereinigt, der von seinen Geistlichen oder Untergebenen oder seiner Gattin oder anderen Angehörigen den gebührenden Urlaub nimmt, der nach Möglichkeit das zurückgibt, was er zu Unrecht besaß, der Meinungsverschiedenheiten in seinem Einflußbereich gütlich beilegt, der von allen Verzeihung erbittet, der sein Haus wohl bestellt, der seine Habe auf Rat der Verwandten und der Priester, wie zu einem Todesfall, als Almosen bestimmt, der nach dem Aufbruch zur Reise das für Körper und Seele Nötige, wie schon gesagt, an die bedürftigen Pilger, seine Brüder, verteilt, der keine müßigen Reden führt, sondern von den Vorbildern der Heiligen erzählt, der Trunkenheit, Händel und Begierden meidet, der die Messe, wenn nicht an allen Tagen, so doch an Sonn- und Feiertagen hört, der ohne Unterlaß betet und alle Widrigkeiten geduldig erträgt, der, in die Heimat zurückgekehrt, sich allen Unrechts <?page no="56"?> 54 enthält und bis zum Ende in seinen guten Werken beharrt, so daß er mit dem Psalmisten sagen kann: „Deine Gesänge, o Herr, waren für mich wie deine Satzungen im Raume meiner Pilgerschaft“ (Ps 118,54). Wer aber wegen der Pilgerfahrt Messen und Frühgottesdienst versäumt, der gibt von zwei Dingen das bessere preis. (Streitigkeiten unter Pilgern) (Cap. XVII, fol. 83r f.) Die Pilger müssen auf ihrer Reise sorgfältig darauf achten, daß keine Zwistigkeiten oder Streitereien zwischen ihnen ausbrechen. Ich habe einmal in der ehwürdigen Kirche des frommen Bekenners Aegidius (St-Gilles) gesehen 42 wie des Nachts einige Pilger während der Wache, und zwar vor dem Altar des Heiligen, miteinander stritten. Die Franzosen hatten sich an dem Platz neben dem Schrein des Heiligen niedergelassen, die Gascogner wollten ebenfalls dorthin und griffen sie an. Allmählich entstand zwischen ihnen eine solche Schlägerei und ein solcher Kampf mit Stöcken, Fäusten und Steinen, daß einer von ihnen schwer verwundet zu Boden stürzte und verschied. Ein anderer wurde am Kopf getroffen, gelangte noch auf der Straße nach Périgueux bis nach Castelnau, starb aber dort ebenfalls. Deshalb sollen die Pilger jede Sreiterei streng meiden, ebenso auch die Trunkenheit. Beides sind nämlich Laster, die von allen Heiligen und allen Schriften verabscheut werden. (Über die bösen Wirte) (Cap. XVII, fol. 84v ff.) Aber was soll ich über die bösen Wirte sagen, die mit zahllosen Betrügereien die Pilger täuschen 43 ? So wie in der Passion unseres Herrn Jesus Christus sowohl Judas die Strafe für seine Schuld als auch der 42 Dieser Ort ist einer der im Pilgerführer von Buch V genannten vier Ausgangspunkte der Wege zum Grab des hl. Jacobus. 43 Diese Passage hatte schon H ämel , Aus dem Liber Sancti Jacobi, lateinisch gedruckt. Sie wurde wegen ihrer deutlichen Sprache mehrfach interpretiert, vgl. Z. B. s cHmuGGe , <?page no="57"?> 55 Schächer am Kreuz für sein Geständnis seinen Lohn erhielt (vgl. Mt 27,3-5), so müssen die bösen Gastwirte am Jakobsweg ihre Missetaten in der Hölle büßen und die wahren Pilger für ihre guten Werke und ihre Mühsale den Lohn im Himmel erhalten. Es werden daher die bösen Wirte am Jakobsweg verdammt, die den Pilgern durch ihre unzähligen Betrügereien schweres Unrecht tun. Einige nämlich kommen ihnen bis zum Ortseingang entgegen und küssen sie zur Begrüßung, als seien sie Verwandte, die von weither kommen. Was treiben sie noch? Sie führen sie in ihre Häuser, versprechen ihnen lauter gute Dinge und geben nur Schlechtes. Sind sie nicht wie der Verräter Judas, der den Herrn durch einen Kuß verriet? (vgl. Mt 26,49) Sie geben nämlich den Pilgern zunächst den besten Wein zu kosten und verkaufen ihnen einen möglichst schlechten. Die einen verkaufen Apfelwein als Wein, andere verkaufen umgeschlagenen Wein als guten. Andere verkaufen Fische oder drei oder zwei Tage altes abgekochtes Fleisch, woran dann die Pilger erkranken. Andere zeigen ihnen ein großes Maß und verkaufen möglichst nach einem kleineren. Wieder ein anderer hat gefälschte Maße für Wein und Hafer, die von außen recht groß scheinen, innen aber eng sind und wenig Hohlraum besitzen und die in der Volkssprache marsiciae heißen. Von einem solchen verworfenen Gastwirt klagt Isaias mit den Worten: „Die Gefäße des Geizhalses sind schlecht, denn er ersinnt böse Schliche, um die Harmlosen mit lügnerischen Worten zu verderben“ ( Jes 32,7). Ein anderer schüttet beim Abfüllen des Weines aus dem Faß in betrügerischer Absicht Wasser in das Trinkgefäß. Andere versprechen dem Pilger beste Betten und bieten dann nur schlechte. Kommen neue Pilger an, so setzen einige die zuerst gekommenen vor die Tür, nachdem sie von ihnen schon den verabredeten Lohn bekommen haben. Wenn ein Geldstück des Pilgers in der Stadt, in der er essen möchte, zwei Geldstücke wert ist, nimmt es der Gastwirt nur eines an. Ist es aber nur eines wert, so wertet er es nur für einen Obolus. Der böse Gastwirt bietet seinen Gästen den besten Wein an, um sie damit betrunken zu machen. Wenn sie dann eingeschlafen sind, Pilgerverkehr, S. 55, H erbers , Jakobuskult, S. 187 und d ers ., Verehrung des hl. Jakobus, S. 75ff. <?page no="58"?> 56 stiehlt er ihnen die Börse oder den Beutel. Der böse Wirt tötet sie gar mit giftigen Getränken, um sie auszurauben. Und welche Strafe werden diejenigen erleiden, die in ein Faß je zur Hälfte verschiedene Weine gießen, die aber getrennt bleiben? Den besseren davon haben sie ihnen vorher zum Kosten gegeben. Dann füllen sie zur Mahlzeit aus einem zweiten Hahn den schlechteren ab. Andere überlassen einen Scheffel Gerste oder Hafer, den die Spanier capbit 44 oder aroa 45 nennen und der auf dem richtigen Markt der Stadt vielleicht für sechs Münzen zu haben ist, nicht unter zwölf oder allenfalls zehn Münzen. (...) Und was soll ich von der unrechten Magd sagen, die auf Befehl ihrer Herrin abends alles Wasser im Haus ausgießt, damit die durstigen Pilger, die kein Trinkwasser finden, Wein beim Wirt kaufen müssen? Und was ist mit derjenigen, die nachts mit Wissen des Wirts Gerste und Hafer aus den Krippen stiehlt? Sie alle sind verflucht. Zu verdammen sind auch die Wirtsmägde am Jakobsweg, die, vom Teufel getrieben, nachts zur Unzucht und aus Geldgier sich an das Bett irgendeines Pilgers schleichen. Die Dirnen, die in dieser Absicht zwischen der Miño-Brücke und Palas del Rey in waldigem Gelände den Pilgern entgegengehen, sind nicht nur zu exkommunizieren, sondern auszuplündern und, weil sie sich einzeln nur dem einzelnen zeigen, öffentlicher Schande preiszugeben. Ich vermag nicht niederzuschreiben, liebe Brüder, auf wie vielerlei Weise der Teufel den Pilgern seine verruchten Netze und welchen Abgrund an Verderbnis er bereithält. Und nochmals, was soll ich von den bösen Wirten sagen, die den Besitz eines in ihrem Hause verstorbenen Pilgers, statt es pflichtgemäß als Almosen den Geistlichen und den Armen zu geben, aus Habgier für sich behalten? Sie sind wahrlich verdammt. Böse Wirte in der Stadt des hl. Jacobus geben ihren Gästen die erste Mahlzeit umsonst, verkaufen ihnen dafür aber Wachskerzen und Wachs. O entweihte Nächstenliebe, o falsche Frömmigkeit, o trügerische Freigebigkeit. (...) Andere kochen Hammel- oder Ziegenfett [oder abgekochte geschälte Bohnen] 46 gemeinsam mit dem Wachs auf und machen daraus Wachskerzen. Wieder andere tischen auf Fragen der 44 Heute: cahiz , von arab. cafiz ‚Scheffel‘. 45 Heute: arroba , von arab. roba ‚Gewicht‘. 46 Im lateinischen Text der Compostelaner Handschrift von späterer Hand hinzugefügt. <?page no="59"?> 57 Pilger diesen bekannte und verwerfliche Lügengeschichten als wahre und verehrenswerte Taten des hl. Jacobus auf. Ein anderer Einwohner der Stadt schickt den Pilgern einen Partner bis zur Miño-Brücke entgegen, der Folgendes zu sagen hat: „Liebe Brüder und Freunde, ich bin Bürger der Stadt des hl. Jacobus und bin nicht als Werber für einen Gastwirt gekommen, sondern um mich im hiesigen Ort um ein erkranktes Maultier meines Herrn zu kümmern. Geht doch zu seinem Haus und meldet ihm bitte, es gehe seinem Maultier schon besser, und nehmt dort Herberge, denn er wird mir zuliebe euch auf diese Meldung hin nur Gutes tun.“ Kommen sie dann dorthin, so finden sie im Gegenteil alles schlecht. Ein anderer kommt ihnen bis Barbadelo oder Triacastela entgegen. Er begrüßt sie zunächst und erzählt angelegentlich von allen möglichen Dingen. Dann sagt er: „Meine Brüder, die ihr zum hl. Jacobus wollt, ich schätze mich glücklich, ein Bürger seiner Stadt zu sein, und bin nicht als Herbergsvermittler hierher gekommen, sondern um mit meinem Bruder zu sprechen, der hier am Ort wohnt. Wollt ihr aber eine gute Herberge beim hl. Jacobus haben, so nehmt Wohnung in meinem Hause und sagt meiner Frau und meinem Gesinde, sie möchten euch mir zuliebe gut versorgen. Ich gebe euch ein Erkennungszeichen mit.“ Bei solchen Worten gibt er der einen Pilgergruppe sein Messer, der anderen einen Gürtel, der anderen einen Schlüssel, der anderen einen Riemen, der anderen einen Ring, der anderen einen Hut, der anderen einen Handschuh als Symbol mit. Sind sie dann in dem Haus untergebracht, so verkauft ihnen die Hausfrau bei Tisch, gleich beim ersten Gang, eine Wachskerze von vier Münzen Wert für acht oder zehn. So werden die Pilger des hl. Jacobus von den Wirtsleuten betrogen. (Geldwechsler und andere Gauner) (Cap. XVII, fol. 86r ff.) Wenn irgendein Pilger eine Silbermark besitzt, die 30 Schillinge wert ist, führt ihn der böse Wirt zu einem Wechsler, seinem Komplizen, und gibt ihm heimtückisch den betrügerischen Rat, er möge die Mark <?page no="60"?> 58 dem Geldwechsler für 20 Schillinge geben, so daß der unrechte Wirt selbst vom Käufer den Reibach erhält, mehr oder weniger 12 passut. Passut nennen sie betrügerisch die Schillinge, und reva bedeutet ungerechter Gewinn, Reibach. Wenn der Pilger über etwas von hohem Wert zum Verkauf verfügt, überredet der Wirt ihn zur Herausgabe für einen niedrigen Preis, damit er selbst einen großen Reibach macht, sei es von dem Käufer oder von beiden. Die Küster, die die Altäre der Kirchen der Heiligen - etwa des Jacobus, Aegidius (St-Gilles), Leonardus, Martinus von Tours, der seligen Maria von Le Puy, des Apostels Petrus in Rom 47 - bewachen, stecken mit den bösen Wirten unter einer Decke. Sie führen die Pilger aus Habgier an alle Altäre und legen ihnen nahe, Opfergaben darauf niederzulegen. Davon kann dann der Gastwirt seinen Reibach machen, und auch der Küster nimmt etwas davon. Der Küster treibt es sogar ganz schlimm. Wenn er einen Teil der Opfergaben vom Altar gestohlen hat, verlangt er für den Rest von der Kirchenleitung auch noch seinen Anteil. Die Pilger sollen sich auf ihrer Reise wohl vor gewissen Räubern hüten, die volkstümlich cinnatores heißen und die ihnen unterwegs auflauern. Andere wechseln ihnen Falschgeld ein, wieder andere unterschlagen beim Geldwechseln einige Münzen. Manche geben dabei vor, sie wollten ihnen einen Riemen oder Gürtel oder Gurt oder Handschuhe oder Wachs oder sonst etwas besonders billig verkaufen. Während nun einer von ihnen diese Dinge dem Pilger zeigt und der Pilger ihm Geld zum Wechseln gibt, verbirgt der Dieb diese guten Geldstücke in seinem Ärmel und gibt falsche dafür zurück. Ein anderer wirft eine Unze Messing auf die Straße, auf der er die Pilger gerade herankommen sieht. Dann tut er so, als ob er gerade eine Münze fände, und bückt sich vor den Augen der Pilger danach. Weil nun auch die Pilger sich gemeinsam mit ihm als Finder betrachten, wollen auch sie wie er ihren Anteil daran haben. Doch der unredliche Dieb gibt vor, sehr arm zu sein und verkauft seinen Anteil an der Münze teuer für vier oder fünf Schillinge, als wäre sie reines Gold, obwohl sie kaum einen Pfifferling 47 Außer Rom sind hier die Ausgangsorte der in Buch V genannten vier Wege nach Santiago genannt; dabei hat St-Leonard im Limousin die Kirche von Vézelay ersetzt. <?page no="61"?> 59 wert ist. Mit wem soll man solche Leute vergleichen, wenn nicht mit Dathan und Abiron, welche die Erde verschlang? (vgl. Num 16,31-32) Auch sollten sich die Pilger sorgsam vor einigen bösen Wirten hüten, die einen eigenen silbernen Ring oder Becher nachts den schlafenden Pilgern hinterlistig ins Gepäck stecken. Wenn diese dann aufbrechen, verfolgen die Wirte sie bis etwa eine Meile vor dem Ort und plündern sie dann mit fadenscheiniger Begründung aus 48 . Besonders die Italiener sind zu verdammen, denn sie dulden in ihrer Gesellschaft Räuber, welche die Pilger insgeheim ermorden. Werden die Räuber je erkannt, nehmen sie Geld von ihnen und lassen sie laufen. Deshalb sind sie mit ihnen zu verdammen, denn Täter und Mitwisser werden mit derselben Strafe in der Hölle belegt. Und was soll man von den falschen Beichtvätern sagen 49 ? (...) Wie vor reißenden Wölfen muß man sich vor solchen Leuten hüten. Ich weiß nicht recht, was ich von einigen Heuchlern sagen soll, die, angeblich krank, in Wirklichkeit kerngesund, am Jakobsweg oder einer anderen Pilgerstraße sitzen und sich den Vorübergehenden zur Schau stellen. Einige haben ihre Beine oder Arme entweder mit Hasenblut oder mit der Asche von Pappelrinde gefärbt und zeigen sich als Jammergestalten den Vorüberziehenden. Gierig hoffen sie, ihnen ein Almosen zu entlocken. Andere färben ihre Lippen oder Wangen schwarz, andere, die Palmwedel oder Mäntel aus Jerusalem tragen, färben, um sich ein krankes Aussehen zu geben, Gesicht und Hände mit gewissen Waldpilzen, die die Franzosen lotuessas 50 nennen. Wieder andere, die sehr gut hören and sehen können, stellen sich taub und stumm. Andere, denen man einen Arm oder Fuß als Strafe für Räuberei abgeschlagen hatte, färben die Stümpfe ebenfalls mit Tierblut und zeigen sie den Vorübergehenden, als hätten sie die 48 Mit diesem Hinweis auf eine gängige Praxis deutet sich bereits das Motiv des unrechtmäßig gehenkten, aber von Jakobus wieder erretteten Pilgers an, vgl. unten im Mirakelteil (Buch II) Cap. V, S. 79f. Später wurde die Geschichte ausgestaltet und mit dem Ort von Santo Domingo de la Calzada verbunden. Zu den verschiedenen Motiven und Elementen vgl. P lötz , Hunlr, H assauer , Santiago; W illiams -K raPP , Zeichen, sowie H erbers / P lötz , Nach Santiago zogen sie, S. 55f. mit weiterer Literatur. 49 Der folgende Abschnitt ist wortgleich mit dem oben im Zusammenhang mit simonistischen Praktiken übersetzten Passage auf S. 24f. (Habgier in der Welt — Simonie bei den Priestern) und wird deshalb hier nicht wiederholt. 50 Ein gelblich färbender Pilz. Kein französisches Wort. <?page no="62"?> 60 Glieder durch eine Krankheit verloren. Andere, die wegen Diebstahls geblendet worden waren, sitzen am Weg und tun so, als hätten sie das Augenlicht durch Krankheit verloren. Andere zeigen gesunde Hände und Füße, als wären sie verrenkt, verdorrt oder steif geworden. Andere, deren Leib wie ein Ochsenbalg angeschwollen ist, zeigen sich ebenfalls aus Geldgier den Reisenden. Einige, die schlappfüßig sind und mit Stelzen aufrecht gehen könnten, verzichten auf deren Gebrauch und kriechen mit krummen Knien, ihre Krücken in der Hand haltend, wie Krüppel am Boden. In einsamen Gegenden erscheinen sie so den Pilgern und bitten um Almosen. Dabei sind sie so anmaßend, daß sie ein Stück Brot oder ein bescheidenes Almosen ablehnen und nur Münzen oder Wachs annehmen 51 . (...) Und was soll ich von den Frauen sagen, die Wachskerzen zum Verkauf herstellen, aber so dicke Dochte in die Kerzen einarbeiten, daß sie bei der Messe oder bei Lesungen nicht brennen können? Und was von jenen, die den Scharen heranziehender Pilger Brot, Wein, Hafer, Obst, Käse, Fleisch und Geflügel viel zu teuer verkaufen? Voller Unrecht und Betrug sind die Straßen zu den Heiligen! (Speziell über die Geldwechsler) (Cap. XVII, fol. 87v) Und was ist mit den betrügerischen Geldwechslern, die volkstümlich cambiatores heißen? (...) 52 Der unredliche Geldwechsler hat verschiedene Waagen, nämlich grobe und feinere. Mit gröberer Waage und größerem Maß kauft er das Silber, und mit empfindlicherer Waage verkauft er es. Sein eigenes Gold und Silber und seine Wertsachen preist er an und macht die Sachen des anderen schlecht. Teuer verkauft er, und billig kauft er ein. Den andern betrügt er so gut er kann, aber achtet auf den eigenen Vorteil. Die Geldstücke wiegt er jedes 51 Diese Passage über die Humpler steht in der Compostelaner Handschrift als Randnotiz; sie ist vielleicht, aber nicht sicher, später hinzugefügt worden, vgl. H erbers , Jakobuskult, S. 205 und d íaz y d íaz , Códice Calixtino, S. 248ff. 52 Das schriftsprachliche Wort lautet nummularius . <?page no="63"?> 61 für sich in einer Waage ab, die man trébuchet 53 nennt. Das schwerere Geldstück verkauft er anderen teurer oder gießt es im Schmelzofen mit anderem Silber zusammen. Größere Geldstücke beschneidet er hinterhältig mit einer Zange. Weh ihm, und nochmals weh dem, der solche Betrügereien begeht! Und was treibt er heimtückisch sonst noch? Einen Ring oder Kelch oder Leuchter oder einen anderen Metallgegenstand, der nur oberflächlich versilbert ist, verkauft er dem Unerfahrenen als massives Silber. Seine silbernen oder goldenen Markstücke oder sein goldenes Talentstück, das nicht als Münze geeicht ist, verkauft er wenn möglich als geprüft und teuer, geeichtes Silber- und Goldgeld eines anderen betrachtet er als nicht geeicht und kauft es billig ein. Ebenso verkauft er an Unerfahrene gewöhnliche Steine, die echten Edelsteinen ähnlich sind und die man „gefälscht“ ( contrafactos ) nennt, als wertvolle und echte. Dieses und ähnliches treibt er, so daß er es verdient, daß ihn die Fallstricke des Teufels zu Fall bringen, die er übersieht, und daß die verborgene List ihn selbst treffe und er so in die Falle gehe. Hört also, ihr falschen Geldwechsler, auf das, was von euch der Psalmist sagt: „Trügerisch sind die Menschensöhne auf der Waagschale. Sie betrügen sich selbst in eitlem Tun“ (Ps 61,10). Ihr seid Opfer eurer eigenen Werke, denn eure Werke führen euch in die Hölle. Mit dem Maß, mit dem ihr gemessen habt, werdet auch ihr gemessen. Zweierlei Gewicht, zweierlei Geld, zweierlei Waagen finden sich auf euren Tischen. Hört also, was euch ein Weiser sagt: Zweierlei Gewicht, zweierlei Maß sind dem Herrn ein Greuel (vgl. Spr 20,10). Eure Tische hat einst der Herr im Tempel umgestürzt, wie es im Evangelium heißt, „Die Tische der Geldwechsler im Tempel und die Stühle der Taubenverkäufer stürzte der Herr um“ (Mt 21,12). 53 Ein früher Beleg für französisch trébuchet ,Goldwaage‘. <?page no="64"?> 62 (Die Gewürzhändler) (Cap. XVII, fol. 88r f.) Was aber soll ich von den betrügerischen Gewürzhändlern sagen? Einige bewahren die verschiedenen Kräuter so lange auf, bis sie verfaulen, aber die verfaulten Kräuter verkaufen sie als gute Ware. Andere verkaufen unreine Arten als echte. Andere besprengen den Pfeffer, damit er mehr wiegt, mit Wasser. Andere mischen unter den Pfeffer geröstete Ingwerkörner oder schwarzen Sand, der ihm ähnlich sieht. Andere mischen gewöhnliche Tonerde unter den Alaun und berauben ihn so seiner guten Eigenschaften. Andere mischen unter den Weihrauch Tannen- oder Fichtenharz. Andere vermischen die Farben mit ähnlich aussehender Erde. Andere verkaufen den Dummen grünliche Erde für griechisches Grün, andere Mennige für Scharlachrot. Wieder andere mischen den Zinnober mit Mennige, andere begießen Azurblau mit Wasser, damit es mehr wiegt. Ebenso verfälschen sie die übrigen Farben und Gewürze mit anderen, ihnen ähnlichen Substanzen. Dasselbe tun die Ärzte. Sie scheuen sich nicht, Latwergen und Medikamente mit Sirup und andere Heilmittel mit fremden Stoffen zu verfälschen. Gute Mittel vermengen sie mit schlechten, statt wertvoller Spezereien verkaufen sie schlechte Abarten. (Die Kaufleute) (Cap. XVII, fol. 88v) Und was soll ich von den betrügerischen Kaufleuten sagen? Die einen kaufen die Tuche mit großer Elle ein und verkaufen sie mit kleiner, andere bewahren die Tuche so lange auf, bis sie brüchig sind, verkaufen sie aber als gute Ware. Andere verkaufen Felle von wilden Tieren oder einen Gürtel oder Handschuhe oder sonstige Ware an die Pilger teurer als an ihre Nachbarn. Andere halten es für eine geringfügige Sache, einen Falscheid zu schwören, weshalb sie verdammt werden. Andere strecken und spannen neue, zum Verkauf bestimmte Tuche mit ihren Händen, damit sie länger und breiter werden. Andere <?page no="65"?> 63 verkaufen betrügerisch Riemen aus Schaf-, Schweine-, oder Pferdeleder als Hirschleder oder Gürtel oder Geldbörsen oder Hosen oder Schwertscheiden aus Schweine- oder Schafsleder ebenfalls als Hirschleder. Pfui über diese abscheuliche Habgier! Diejenigen, die wollen, daß aus ihren Lehrlingen Schüler des Betruges werden, schicken sie nach Le Puy, St-Gilles, Tours, Piacenza oder Lucca oder Rom oder Bari oder Barletta. Besonders diese Städte nämlich sind Ausbildungsstätten für jeden Betrug 54 . (Verwünschung aller Betrüger) (Cap. XVII, fol. 88v f.; 90v) O falsche Gastwirte, betrügerische Geldwechsler und unehrliche Kaufleute, bekehrt euch zu eurem Gott, gebt eure Missetaten auf! Laßt die Habsucht fahren, legt die unrechten Betrügereien ab! Was werdet ihr am Tage des Gerichtes sagen, wenn ihr seht, wie alle die, welche ihr betrogen habt, euch vor Gott anklagen? Wisset, daß ihr Gott durch eure unzähligen Missetaten beleidigt habt. Wahrlich, wenn ihr euch nicht abkehrt von euren zahllosen Betrügereien, dann werden die Heiligen vor Gott gegen euch auftreten, nämlich Jacobus und Petrus, Aegidius, Leonardus, die Gottesgebärerin Maria von Le Puy, Magdalena, Martinus von Tours, Johannes der Täufer von Angély, Michel du Péril de la Mer, Bartholomäus von Benevent, Nikolaus von Bari, denn ihr habt alle ihre Pilger betrogen. Ihr werdet diejenigen als Ankläger haben, welche die ganze Welt als Helfer anruft, die der ganze Erdkreis verehrt, zu deren Kirchen jedes Volk zieht, deren Gräber alle mit frommer Liebe umarmen, deren Asche und Staub wie erlesenes Gold und Edelsteine sorgsam gehütet werden, durch deren Kraft, Verdienst und Gebet die Vergehen der Sünder getilgt werden, Kranke geheilt werden, Blinde sehend, Krüppel aufgerichtet, Verzweifelte getröstet, Gefesselte befreit werden. 54 Auch die Passage zu den Schulen des Betruges in bekannten Pilgerorten steht im lateinischen Text als Randnotiz, vgl. Anm. 51. <?page no="66"?> 64 Denn sie, deren Gebeine Gebete der Frommen verehren, Stehen heute vor Gott und bitten durch Tage und Nächte, Daß die reuigen Sünder Vergebung der Sünden erlangen. Keiner kennt bessere Mittler als sie, denen Gott als Erwählten, Auch nachdem sie zum Himmel erhoben, die Gnade gewährte, Das, was sie zu erfüllen begehren, alsbald zu erfüllen. Was auch das flehende Volk durch sie bei Gott sich erbittet, Wird durch göttliche Huld ohn’ Ende alles gegeben. (...) Und was soll ich schließlich von denen sagen, die von den Jakobspilgern Wegegeld nehmen? Die Zöllner von Ostabat oder St-Jean oder St-Michel-Pied-de-Port, die ihnen ungerechten Zoll abnehmen, sind streng zu bestrafen. Keine Sprache nämlich vermag zu sagen, wie viele Übel den Pilgern angetan werden. Kaum einer überquert dort die Grenze, der nicht von ihnen ausgeraubt wird. Auf Geheiß Gottes, des allmächtigen Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes seien sie durch den Mund vieler heiliger Bischöfe und Priester und Mönche hundertmal exkommuniziert und verflucht und von den Gefilden des Paradieses ausgeschlossen, denn auch die Priester werden dort allzu häufig ausgeplündert. Wir wollen daher lieber über die Untäter schweigen als reden. <?page no="67"?> 65 Beginn des zweiten Buches des hl. Jacobus Zebedäus, des Patrons von Galicien 1 , über seine zweiundzwanzig Wunder Einleitung durch Papst Calixtus Es ist äußerst wichtig, die Wunder des hl. Jacobus zu Ehren unseres Herrn Jesus Christus niederzuschreiben und so ihr Gedächtnis für immer zu bewahren 2 . Wenn nämlich die vorbildlichen Taten der Heiligen von kundigen Männern erzählt werden, fühlen sich die Herzen der Hörer fromm und in Liebe zu den Wonnen der himmlischen Heimat emporgehoben. Darauf lenkte ich mein Augenmerk besonders bei meinen Streifzügen durch ferne Länder. Ich fand dabei einige dieser Wunder in Galicien, andere in Frankreich, andere in Italien, andere in Ungarn, andere in Dakien, einige auch jenseits der drei Meere 3 , und zwar in unterschiedlichster Form und an den verschiedensten Orten. Einige fand ich auch in fernen, fremden Ländern, in denen der Apostel sie gewirkt hatte, und erfuhr davon durch Erzählungen von Augen- oder Ohrenzeugen. Einige habe ich sogar mit eigenen Augen gesehen. All das habe ich gewissenhaft zu Ehren des Herrn und seines Apostels niedergeschrieben, und je schöner sie sind, desto willkommener sind diese Wunder. Man glaube nun nicht, ich hätte a l l e Berichte über Wunder und Taten niedergeschrieben, die mir erzählt wurden. Ich nahm nur solche auf, die ich nach der glaubwürdigen 1 Auch hier gilt Jacobus wiederum als Patron Galiciens, nicht Spaniens, vgl. oben Buch I, S. 27 Anm. 11 u.ö. 2 Vgl. zu den Wundergeschichten, besonders in Buch I, fortlaufend: d aVid , Etudes 11 (1947) S. 159-185; H erbers , Miracles, und d ers ., Milagro y Aventura. Bei H erbers , Miracles, S. 34 gewährt eine Tabelle Aufschluß über die Folien der Handschrift, frühere Editionen usw. Einzelne Mirakelgeschichten sind inzwischen neu ediert; dies wird am jeweiligen Ort vermerkt. — Unbeachtet bleibt in der Übersetzung die Verwendung der unterschiedlichen Bezeichnungen in den Titeln durch „miraculum“, „exemplum“ oder ähnlich; auch die lateinischen Verbformen „conscriptum”, „editum“ usw., die Aufschlüsse über die Verfasserschaft bzw. die Zusammenstellung gewähren könnten, werden nicht durch spezifische Termini im Deutschen berücksichtigt. Hierzu muß auf die lateinische Ausgabe verwiesen werden. 3 Gemeint sind das Tyrrhenische Meer, die Adria und das Ägäische Meer. <?page no="68"?> 66 Versicherung wahrheitsliebender Männer als wahr erkannt hatte. Schriebe ich nämlich alle Wunder auf, die ich über ihn an mehreren Orten und aus vieler Munde vernommen habe, so würde eher meine eifrige Hand versagen und das Pergament eher ausgehen als die Zahl der Berichte über seine Taten. Wir ordnen daher an, daß dieser Codex zu den wahren und echten Codices gezählt und daß er in den Kirchen und den Refektorien an den Festtagen unseres Apostels oder gegebenenfalls auch an anderen Tagen eifrig gelesen werde. ENDE. Es beginnen die Kapitel des zweiten Buches des hl. Jacobus über die 22 Wunder 4 Cap. I: Über die zwanzig Männer, die der Apostel aus der Gefangenschaft der Muslime befreite Cap. II: Von dem Mann, dessen schriftlich niedergelegte Sünde auf dem Altar des hl. Jacobus getilgt wurde Cap. III: Von dem Knaben, den der Apostel im Oca-Gebirge von den Toten erweckte Cap. IV: Von den dreißig Lothringern und dem Toten, den der Apostel in einer Nacht vom Cisapaß bis zu seinem Kloster brachte Cap. V: Von dem gehängten Pilger, den der selige Apostel nach 36 Tagen am Galgen vom Tode erlöste Cap. VI: Von dem Mann aus Poitiers, dem der Apostel einen Engel in Gestalt eines Esels zu Hilfe sandte Cap. VII: Von dem Seemann Frisonus, den der Apostel mit Helm und Schild bewehrt der Tiefe des Meeres entriß Cap. VIII: Von dem Prälaten, der ein Responsorium zu Ehren von Jacobus verfaßte, nachdem er aus Seenot gerettet worden war Cap. IX: Von dem Ritter aus Tiberias, dem der Apostel die Macht verlieh, die Türken zu schlagen, und den er aus Krankheit und Seenot errettete 4 Das folgende Inhaltsverzeichnis befindet sich in der Handschrift nur an dieser Stelle; der besseren Verständlichkeit wegen werden die hier gebotenen inhaltlichen Überschriften abweichend von der lateinischen Vorlage auch vor jeder Geschichte erneut wiederholt. <?page no="69"?> 67 Cap. X: Von dem Pilger, der ins Meer gefallen war und den der Apostel am Schopfe ergriff und in drei Tagen zum Hafen brachte Cap. XI: Von Bernardus, den der Apostel auf wunderbare Weise aus dem Kerker entführte Cap. XII: Von dem Kriegsmann, den der Apostel durch Berührung seiner Muschel von seiner Krankheit befreite Cap. XIII: Von dem Ritter Dalmacius, den der Apostel wegen eines seiner Pilger zur Rechenschaft zog Cap. XIV: Von dem Kaufmann, den der Apostel aus dem Kerker befreite Cap. XV: Von dem Krieger, den der selige Apostel im Kampf rettete, nachdem alle Gefährten gefallen waren Cap. XVI: Von dem Ritter, der im Todeskampf von den Teufeln bedrängt wurde und den der selige Apostel mit dem Stab eines Bettlers und dem Bündel einer alten Frau befreite Cap. XVII: Von dem Pilger, der sich, auf Betreiben des Teufels, aus Liebe zum Apostel das Leben nahm, von Jacobus aber mit Hilfe der seligen Gottesgebärerin Maria vom Tode zum Leben zurückgeführt wurde Cap. XVIII: Von dem Grafen von St-Gilles, dem der Apostel die eisernen Tore seiner Kapelle öffnete Cap. XIX: Von dem griechischen Bischof Stephanus, dem der selige Apostel erschien und dem er unbekanntes künftiges Geschehen voraussagte Cap. XX: Von dem gefangenen Ritter Guillaume, den ein Graf bei entblößtem Halse mit dem Schwert enthaupten ließ, ihn aber nicht zu verwunden vermochte Cap. XXI: Von dem gelähmten Mann, dem der selige Apostel in seiner Basilika erschien und den er fürsorglich wieder gesund machte Cap. XXII: Von dem Mann, der dreizehn Mal verkauft wurde und ebensooft durch den Apostel befreit wurde <?page no="70"?> 68 Cap. I Über die zwanzig Männer, die der Apostel aus der Gefangenschaft der Muslime befreite Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Der selige Apostel Jacobus, der als erster der Apostel hingebungsvoll die Schmerzen des Martyriums ertrug, mühte sich, mit zahllosen Wunderzeichen die Roheit der Ungläubigen von Grund auf auszurotten und die Lehre seiner heiligen Predigt über sie auszugießen. Er, der in der Verbannung dieses gegenwärtigen Lebens durch göttliche Fügung als solcher Wundertäter hervortrat, legt auch jetzt, in der ewigen Seligkeit, die Hände nicht in den Schoß 5 , sondern überschüttet diejenigen, die ihn ständig und leidenschaftlich mit dringenden Bitten anflehen, mit Beweisen seiner Wunderkraft. Daher werden wir ein Wunder, das wir auf seine Wahrheit geprüft und als wahr erkannt haben, zum Nutzen kommender Geschlechter im Rahmen dieser Schrift so genau wie möglich erzählen: Zur Zeit des Königs Alfons 6 wüteten die Sarazenen in den spanischen Landen besonders schlimm. Ein gewisser Graf mit Namen Ermengotus 7 , der sah, daß der christliche Glaube unter dem Ansturm der Muslime in große Bedrängnis geriet, eilte, auf die Kraft seines Heeres gestützt, ihren wütenden Angriff zu brechen. Er hielt sich für unbesiegbar, aber wegen unserer allgemeinen Versündigung wurde seine Schar geschlagen und er mußte das Gegenteil eines Sieges, die Niederlage, hinnehmen. Der grimmige Stolz der Feinde erreichte so den Gipfel des Hochmuts, und sie nahmen zwanzig Männer gefangen, die im Wasser des Glaubens wiedergeboren 8 waren und deren einer sogar ein Priester war. Man führte sie als Siegesbeute in die Stadt Saragossa, wo man sie, wie als Vorgeschmack der ewigen Höllenfinsternis, in einem düsteren Kerker in starke Fesseln legte. Durch göttliche Eingebung jedoch 5 Wörtlich: „trocknet den Schweiß seiner Mühen nicht mit dem Leintuch seiner Belohnung ab“. 6 Gemeint ist wohl Alfons VI. von León-Kastilien (1065/ 1072-1109), vielleicht auch Alfons I., el Batallador (1104-1134). 7 Graf Ermengol IV. oder V. von Urgel (1065-1092, oder 1092-1102). 8 Das heißt: „getauft“ waren. <?page no="71"?> 69 und auf den Rat des Priesters riefen sie den hl. Jacobus an: „Jacobus, wunderbarer Apostel, der du in deiner Milde den Bedrängten in ihren Ängsten gütig deinen Beistand gewährst, reiche deine tröstende Hand in den Leiden einer solch unerhörten Gefangenschaft, die uns hier unmenschlich gefesselt hält, und eile, unsere Ketten zu lösen.“ Der hl. Jacobus vernahm die Rufe dieses unerträglichen Leidens, erschien strahlend und leuchtend in der Finsternis des Kerkers und sprach: „Ihr habt mich gerufen, hier bin ich! “ Durch diese Worte und durch die Erscheinung ermutigt, erhoben sie ihre Gesichter, die sie in ihrem großen Schmerz auf die Knie gesenkt hatten, und warfen sich ihm demütig zu Füßen. Der hl. Jacobus aber, von Mitleid tief gerührt, goß den Balsam seiner Tugend über sie aus und zerbrach ihre Ketten. Dann reichte er den Gefangenen seine mächtige Rechte und führte sie mit göttlicher Hilfe aus dem verderblichen Gefängnis. So gelangten sie unter seiner Führung bis an die Tore der Stadt. Die Tore aber gehorchten ergeben dem Kreuzeszeichen des Apostels und ließen sie durch. Dann jedoch, als sie draußen waren, verschlossen sie sich wieder streng wie vorher. Längst nach dem ersten Hahnenschrei, als schon das Tageslicht durchbrach, führte sie der hl. Jacobus, der ihnen voranschritt, zu einem Kastell, das unter christlicher Obhut stand. Dort riet er ihnen, ihn jederzeit anzurufen, und fuhr dann sichtbar zum Himmel auf. Als sie ihn nun auf seinen Rat hin mit lauter Stimme um Hilfe anriefen, öffneten sich die Tore und sie wurden eingelassen. Am folgenden Tage brachen sie von dort auf, um in ihre Heimat zurückzukehren. Einer von ihnen, der zum Grabe des hl. Jacobus pilgerte, verkündete öffentlich am Festtage des Heiligen, der bei uns jährlich am 30. Dezember gefeiert wird 9 , das alles habe sich so zugetragen, wie erzählt. 9 Der 30. Dezember war der traditionelle Festtag der alten spanischen (mozarabischen) Liturgie. Die Tatsache, daß hier durch die Bemerkung „bei uns“ offensichtlich auf Compostela verwiesen wird, dürfte auf eine relativ frühe Zeit deuten, in der dieses Mirakel verschriftlicht wurde. Die Auseinandersetzungen um die Einführung römischer liturgischer Gebräuche in Spanien bestimmte vor allem das letzte Drittel des 11. und das erste des 12. Jahrhunderts. <?page no="72"?> 70 Dieses ist von Gott geschehen und ist wunderbar in unseren Augen 10 . Daher sei dem allerhöchsten König Ruhm und Ehre in alle Ewigkeit. Amen. Cap. II Von dem Mann, dessen schriftlich niedergelegte Sünde auf dem Altar des hl. Jacobus getilgt wurde Ein Exemplum des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch den seligen Priester und Gelehrten Beda Zu Zeiten des seligen Theodomirus, Bischof von Compostela 11 , lebte in Italien ein Mann, der eine einst sündhaft begangene große Missetat seinem Pfarrer und auch dem Bischof kaum zu beichten wagte. Auf die Nachricht von einer solchen Tat war der Bischof entsetzt und wagte es nicht, ihm die Absolution zu erteilen. Von Mitleid bewegt, schrieb er ihm aber dieses Vergehen auf ein Blatt und schickte den Sünder damit zur Buße zum Grabe des hl. Jacobus. Er trug ihm auf, er solle aus ganzem Herzen die Hilfe des Apostels erflehen und sich dem Urteil des Bischofs der Apostelkirche unterwerfen. Der Mann begab sich also unverzüglich an das Grab des hl. Jacobus nach Galicien und bereute an dessen ehrwürdigem Altar, eine so große Sünde begangen zu haben. Unter Weinen und Schluchzen erflehte er von Gott und dem Apostel Vergebung und hinterlegte am Namensfest des hl. Jacobus, dem 25. Juli, um die erste Stunde, das heißt um fünf Uhr morgens, das handschriftliche Zeugnis seiner Schuld. Als nun der ehrwürdige Theodomirus, Bischof von Compostela, mit allen Insignien seiner Bischofswürde geschmückt, um die dritte Stunde, also um acht Uhr, an den Altar trat, um die Messe zu lesen, fand er unter dem Altartuch das Blatt. Er fragte sich, warum und von wem es dorthin gelegt worden war. Da trat der Büßer zu ihm, kniete vor ihm nieder und erzählte unter Tränen, daß er schwer gesündigt habe und 10 Vgl. zu dieser Formel, oben Buch I, S. 19 mit Anm. 4. 11 Ca. 800-843. In die Amtszeit dieses Bischofs wird in der Regel die Entdeckung des Jakobusgrabes gelegt. Gleichwohl bleibt natürlich die angebliche Berichterstattung durch Beda Venerabilis († 735) anachronistisch. <?page no="73"?> 71 daß er auf Anordnung seines Bischofs gekommen sei. Der ehrwürdige Bischof entfaltete das Blatt, fand aber nichts darauf geschrieben, ganz als hätten niemals Buchstaben darauf gestanden. Welch Wunder und große Freude! Lob und Ruhm sei Gott und dem Apostel in Ewigkeit 12 . Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Der ehrwürdige Bischof aber glaubte, jener habe durch den Apostel bei Gott Vergebung erlangt, wollte daher für die vergebene Sünde keine Buße auferlegen und ordnete nur an, er solle fürderhin jeweils am Freitag fasten. Dann schickte er ihn, aller Sünden ledig, in seine Heimat zurück. Daraus mag man ersehen, daß ein jeder, der wahrhaft Buße tut und, aus fernen Ländern kommend, in Galicien von ganzem Herzen Gottes Vergebung und den Beistand des hl. Jacobus erfleht, ganz gewiß sein Sündenregister für immer getilgt findet. Das gewähre gnädig Christus, unser Herr, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist als Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. III Von dem Knaben, den der Apostel im Oca-Gebirge von den Toten erweckte Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1108 vermählte sich in Frankreich ein Mann, der Sitte gemäß, weil er Kinder zu haben wünschte 13 . Er lebte lange Zeit mit seiner Gattin, doch seiner Sünden wegen blieb seine Hoffnung unerfüllt. Er war darüber tief betrübt, denn ihm fehlte ein Erbe, und er beschloß, zum hl. Jacobus zu pilgern und ihn persönlich um einen Sohn zu bitten. Kurz und gut, er zauderte nicht lange und erreichte 12 Das Motiv dieses Wunders findet sich auch im Zusammenhang mit Karl dem Großen in den Wundergeschichten von St-Gilles; daß ähnliche Motive in unterschiedlichen Mirakelsammlungen auftauchen, ist jedoch durchaus üblich. Deshalb revidierte d aVid , Etudes (2/ 1947, S. 160-162), seine These, die Mirakel des Liber Sancti Jacobi basierten auf der Sammlung von St-Gilles, später (4/ 1949, S. 53-57). 13 Zu dieser Geschichte vgl. H erbers , Les collections de miracles; und knapper d ers ., Reisen für das Seelenheil, bei Anm. 28. <?page no="74"?> 72 bald das Grab des Heiligen. Dort trat er vor ihn hin, betete unter Tränen und aus tiefstem Herzen zu ihm und erreichte schließlich die Gewährung dessen, was er von dem Apostel Gottes erflehte. Er beendete dann wie üblich seine Gebete, nahm Urlaub vom hl. Jacobus und kehrte wohlbehalten in seine Heimat zurück. Drei Tage ruhte er aus, sprach ein Gebet und begab sich dann zu seiner Frau. Aus dieser Vereinigung wurde sie schwanger und gebar nach neun Monaten einen Sohn, dem er voller Freude den Namen des Apostels gab. Das Kind wuchs heran, und als es fünfzehn Jahre alt war, begab es sich mit Vater und Mutter auf Pilgerfahrt zu dem seligen Apostel, gelangte auch wohlbehalten bis zum Oca-Gebirge. Dort aber erkrankte der Junge sehr schwer und starb. Die Eltern waren darüber wie wahnsinnig vor Schmerz und erfüllten wie besessen Stadt und Land mit ihrem Wehgeschrei. Die Mutter äußerte ihren Schmerz am heftigsten. Sie war wie von Sinnen und rief den hl. Jacobus mit folgenden Worten an: „Heiliger Jacobus, du, dem von Gott die Macht gegeben war, mir einen Sohn zu geben, gib ihn mir jetzt zurück. Gib ihn zurück, denn du kannst es. Tust du es aber nicht, so nehme ich mir auf der Stelle das Leben oder lasse mich lebendig mit ihm begraben.“ Viele Menschen waren inzwischen zur Begräbnisfeier versammelt. Aber durch Gottes Erbarmen und des seligen Jacobus Fürbitte erwachte da plötzlich der Verstorbene wie aus einem tiefen Schlaf. Ob eines solchen Wunders jubelten die Anwesenden und priesen Gott. Der Knabe aber, der neu zum Leben erweckt war, erzählte allen, wie der selige Jacobus seine vom Leibe getrennte Seele von neun Uhr des Freitags bis zum Nachmittag des Samstags um drei Uhr, also schon in der ewigen Ruhe, erwärmt und sie dann, auf Gottes Geheiß, dem Leib wiedergegeben hatte. Dann, so sagte er, habe er ihn mit dem rechten Arm gestützt und vom Totenbett aufgerichtet und ihm aufgetragen, sich schnell wieder mit seinen Eltern auf den Jakobsweg zu begeben. Der Jüngling sagte weiter, im himmlischen Leben sei es viel schöner gewesen als jetzt in diesem elenden Dasein. Schließlich brach er wieder mit den Eltern zum Grabe des seligen Jacobus auf. Und weiter? Er weihte sich dem ehrwürdigen Altar des Heiligen, dessen Fürbitte er sein neues <?page no="75"?> 73 Leben verdankte. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Das alles ist neu, und man hat noch nie gehört, daß ein Toter einen Toten erweckt hätte. Der selige Martinus und unser Herr haben als Lebende drei Tote erweckt. Der selige Jacobus aber hat als Toter einen Toten ins Leben zurückgerufen 14 . Dagegen wird dieser oder jener sagen: „Wenn, wie zu lesen ist, unser Herr und der selige Martinus niemals nach, sondern nur vor ihrem Hinscheiden drei Tote erweckt haben, so ist erwiesen, daß kein Toter, sondern nur ein Lebender einen Toten erwecken kann.“ Nach diesem Argument kommt man zu folgendem Schluß: Wenn ein Toter einen Toten nicht erwecken kann, sondern nur ein Lebender, dann ist der hl. Jacobus, wie der Herr, wahrhaft ein Lebender und hat als solcher einen Toten erweckt. Damit steht fest, daß jeder Heilige mit Gottes Beistand vor seinem Tode und auch nach seinem Hinscheiden einen Toten erwecken kann. „Wer an mich glaubt“, sagt der Herr, „wird die Werke, die ich tue, selber tun und sogar noch größere“ ( Joh 14,12). Und an einer anderen Stelle: „Alles ist möglich dem, der glaubt“ (Mk 9,23). So sagt der Herr, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. 14 Vgl. zum hier deutlichen Aspekt der Konkurrenz zwischen Jacobus und Martin H erbers , Miracles, S. 18f. <?page no="76"?> 74 Abb. 2: Liber Consortii Sancti Iacobi apostoli de Galitia (1399, Parma, Biblioteca Palatina), in: Santiago, Camino de Europa, Santiago de Compostela 1993, S. 303 (Nr. 45) <?page no="77"?> 75 Cap. IV Von den dreißig Lothringern und dem Toten, den der Apostel in einer Nacht vom Cisapaß bis zu seinem Kloster brachte Ein Exemplum des hl. Jacobus, aufgezeichnet von dem frommen Magister Hubertus, Kanoniker der Kirche Maria Magdalena zu Besançon. Seine Seele ruhe in Frieden 15 . In diesem Wunder des hl. Jacobus Zebedaeus, Apostel von Galicien, wird als wahr erwiesen, was die Heilige Schrift bezeugt: „Es ist besser, keinen Eid zu leisten, als den gegebenen zu brechen“ (Koh 5,4). Es wird nämlich berichtet, daß dreißig Kriegsleute aus lothringischem Gebiet in frommer Ergebenheit beschlossen, im Jahre des Herrn 1080 das Grab des seligen Jacobus in Galicien zu besuchen. Da aber der menschliche Geist manchmal recht wandelbar ist, gelobten sie gegenseitige Hilfe und gaben sich die Versicherung dauerhafter Treue. Nur einer von ihnen wollte sich durch einen solchen Eid nicht binden. Schließlich brachen alle zu der geplanten Reise auf und gelangten wohlbehalten zu einer gascognischen Stadt namens Porta Clusa. Dann aber wurde einer recht krank und konnte unmöglich seinen Weg weiter zu Fuß fortsetzen. Ihn brachten seine Gefährten, dem geleisteten Eid entsprechend, auf Pferderücken und zum Teil ihn tragend, mit großer Mühe in vierzehn Tagen bis zum Cisapaß, eine Wegstrecke, für die unbehinderte Reisende fünf Tage brauchen. Schließlich wurden sie der übergroßen Last überdrüssig, ließen Eid Eid sein und gaben den Kranken auf. Der eine jedoch, der als einziger keine Treue gelobt hatte, ließ den Hinfälligen nicht im Stich, sondern bewies an ihm tätige Treue und Freundesliebe. In der darauffolgenden Nacht erreichte er mit ihm, etwa zur Stunde der Vigilien, das Dorf Sankt Michael am Fuße des genannten Berges (St-Michel Pied-de- Port). Als es Morgen wurde, sagte der Kranke zu seinem Gefährten, er wolle versuchen, den Berg zu besteigen, wenn der Gesunde, seinen Kräften entsprechend, ihm dabei helfen wolle. Der andere sagte, er werde ihn bis zum Tode nicht im Stich lassen. Als sie so gemeinsam bis zum Gipfel des Berges hinaufgestiegen waren, erlosch das 15 Vgl. die Neuedition und Interpretation dieser Geschichte ebenda S. 30-32. <?page no="78"?> 76 Tageslicht und die glückliche Seele des Kranken schied von dieser eitlen Welt und gelangte, ihren Verdiensten gemäß, unter Führung des seligen Jacobus, in die friedliche Ruhe des Paradieses. Als der Lebende das sah, war er tief erschrocken, einmal wegen der einsamen Gegend, dann wegen der finsteren Nacht in Gesellschaft des Toten, voll Grauen vor dem barbarischen Volk der um den Paß herum wohnenden Basken, und er war in großer Furcht. Da er nun sich selbst nicht helfen konnte und auch bei keinem anderen Menschen Hilfe fand, richtete er sein Sinnen auf Gott und erbat flehenden Herzens den Schutz des seligen Jacobus. Der Herr aber, Quelle der Liebe, der die nicht verläßt, die auf ihn hoffen, zeigte sich dem Verzweifelten durch seinen Apostel. Es erschien nämlich der selige Jacobus dem Verängstigten in Gestalt eines Kriegers zu Pferde und sprach: „Was tust du hier, Bruder? “ — „Herr, sagte jener, ich möchte so sehr meinen Gefährten bestatten, aber ich habe nichts, womit man ihn in dieser öden Gegend beerdigen könnte.“ Da sagte der hl. Jacobus: „Reiche mir den Toten herauf und du, reite hinter mir auf dem Pferd, bis wir an eine Begräbnisstätte gelangen.“ So geschah es. Der Apostel nahm den Toten vorsichtig in seine Arme und ließ den Lebenden hinter sich aufsitzen. Wunderbar ist Gottes Kraft, wunderbar die Güte Christi, wunderbar der Beistand des Jacobus. In jener Nacht legten sie die Strecke einer Zwölftagereise 16 zurück, und noch vor Sonnenaufgang, eine Meile vor dem Kloster des Apostels, ließ Jacobus die beiden am Berg der Freude (Mons Gaudii, Monte de Gozo) vom Pferd herabgleiten. Er wies den Lebenden an, die Kanoniker der dortigen Kirche um die Bestattung dieses Jakobspilgers zu bitten. Dann fügte er hinzu: „Wenn du siehst, daß die Obsequien deines Verstorbenen würdig vollzogen sind, und du, wie üblich, noch eine Nacht im Gebete verharrt hast, wirst du bei deiner Rückkehr bei der Stadt León deine Gefährten treffen, und denen sollst du folgendes sagen: Weil ihr euren Gefährten verlassen habt und ihm untreu geworden seid, meldet der selige Apostel euch durch mich, daß eure Gebete und eure Pilgerfahrt ihm aufs äußerste mißfallen, solange 16 Vgl. den im Pilgerführer von Buch V (Cap. II) in 13 Etappen eingeteilten spanischen Wegabschnitt. <?page no="79"?> 77 ihr nicht die schuldige Buße tut. Nach diesen Worten erkannte jener nun endlich in ihm den Apostel Christi und wollte ihm zu Füßen fallen, aber der Gottesstreiter war nicht mehr zu erblicken. Der Pilger kehrte nach diesen Ereignissen zurück und fand seine Gefährten in der genannten Stadt. Ihnen erzählte er im einzelnen, was ihm seit ihrer Trennung zugestoßen war, wie viele und heftige Drohungen der Apostel wegen der Verletzung der Treuepflicht gegen einen Gefährten ausgestoßen hatte. Sie waren darüber über die Maßen erstaunt, taten sofort Buße vor dem Bischof der Stadt León und vollendeten ihre Pilgerfahrt. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Denn dieses hat der Herr getan. Jubeln und freuen wir uns darüber! Durch dieses Wunder ist bewiesen, daß alles, was wir Gott geloben, freudig zu erfüllen ist, denn der, der ein würdiges Gelübde ablegt, erwirbt Wohlgefallen beim Herrn. Das gewähre Jesus Christus, unser Herr, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. <?page no="80"?> 78 Abb. 3: Galgenmirakel, Altartafel aus einem dreiteiligen Zyklus, Oberrhein, um 1520, Lindenholz, gefaßt, aus: Klaus Herbers, Wol auf sant Jacobs straßen, Ostfildern 2002, S. 129 <?page no="81"?> 79 Cap. V Von dem gehängten Pilger, den der selige Apostel nach 36 Tagen am Galgen vom Tode erlöste Ein Exemplum vom hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Es ist zu berichten, daß im Jahre 1090 nach Christi Geburt einige Deutsche im Pilgergewand zum Grabe des seligen Jacobus unterwegs waren 17 . Sie kamen mit großen Reichtümern bis zur Stadt Toulouse 18 und fanden dort bei einem reichen Manne Unterkunft. Dieser aber heuchelte hinterlistig, wie ein Wolf im Schafspelz, große Harmlosigkeit, nahm sie geziemend auf, machte sie dann jedoch, scheinbar als Zeichen der Gastfreundschaft, mit verschiedenen Getränken in betrügerischer Absicht betrunken. Welch blinde Habgier, welch nichtswürdige Neigung des Menschen zum Bösen! Schließlich waren die Pilger von Schlaf und Rausch völlig übermannt. Der falsche Gastgeber aber, von Habgier angestachelt, steckte heimlich einen silbernen Becher in das Gepäck der Schlafenden. Er wollte sie damit als des Diebstahls schuldig überführen und dann ihr Geld einheimsen. Nach dem ersten Hahnenschrei verfolgte der ungetreue Gastgeber mit einer Handvoll bewaffneter Männer die Pilger, mit dem Ruf: „Gebt mir meine gestohlene Habe wieder! “ Darauf erhielt er von ihnen als Antwort: „Wenn du das Gestohlene bei einem findest, soll er nach deinem Gutdünken verurteilt werden.“ Es fand also eine Durchsuchung statt, und bei zweien, Vater und Sohn, fand er in ihrem Gepäck den Becher. Widerrechtlich beschlagnahmte er ihre Habe und schleppte sie vor das öffentliche Gericht. Der Richter aber war von Mitleid gerührt und verurteilte einen zur 17 Zu dieser frühen Form des Wunders vom gehängten Pilger, aus dessen Motiv sich später das sogenannte „Hühnerwunder“ entwickelte, vgl. P lötz , Hunlr; unter dem Aspekt von Mündlichkeit und Schriftlichkeit H assauer , Santiago, sowie erneut P lötz in: H erbers / P lötz , Nach Santiago zogen sie, S. 53-59. 18 Es wird diskutiert, ob der lateinische Text „Toulouse“ oder „Tolosa“ in Spanien bezeichnet. Bedenkt man aber, daß wenig später von 36 Tagesetappen für den Hin- und Rückweg gesprochen wird und vergleicht dies mit den in der vorhergehenden Erzählung angegebenen Etappen (Anm. 16), so dürfte die Lokalisierung in Toulouse sicher sein, zumal Tolosa erst im 13. Jh. gegründet wurde. <?page no="82"?> 80 Todesstrafe, der andere sollte frei sein. O ergreifende Vater- und Kindesliebe! Der Vater wollte, daß sein Sohn freigesprochen werde und daß man ihm das Todesurteil zuspreche. Der Sohn dagegen sagte: „Es ist unbillig, daß der Vater an Stelle des Sohnes dem Tode ausgeliefert wird. Vielmehr muß der Sohn für den Vater die verhängte Strafe erleiden.“ Ein bewundernswertes Beispiel gegenseitiger Hingabe! Schließlich wurde der Sohn nach seinem Wunsch um den geliebten Vater zu befreien, erhängt. Der Vater aber setzte weinend und trauernd seinen Weg zum hl. Jacobus fort. Nachdem er den ehrwürdigen Altar des Apostels besucht hatte, kehrte der Vater nach 36 Tagen zurück und machte einen Umweg zu dem noch immer am Galgen hängenden Leichnam seines Sohnes. Er rief unter Tränen und Seufzern und mitleiderregendem Stöhnen: „Weh mir, mein Sohn, wozu habe ich dich gezeugt, warum dich aufgezogen, den ich jetzt dort hängen sehe? “ Aber wie großartig sind deine Werke, o Herr! Der Gehängte tröstete seinen Vater und sprach: „Trauere nicht, herzgeliebter Vater, über meine Qual, die keine ist, sondern freue dich lieber, denn es geht mir jetzt besser als bisher in meinem vergangenen Leben. Der selige Jacobus hat mich mit seinen Händen gestützt und wärmt mich voller Milde.“ Auf diese Worte hin eilte der Vater in die Stadt und rief das Volk auf, dieses Gotteswunder zu schauen. Sie kamen herbei, sahen, daß der Gehängte nach so langer Zeit noch lebte und erkannten jetzt, daß er wegen der unersättlichen Gier des Wirtes angeklagt worden war, durch Gottes Erbarmen aber gerettet. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Sie nahmen ihn also unter großem Jubel vom Galgen ab. Den Wirt aber verurteilten sie verdientermaßen zum Tode und hängten ihn auf der Stelle auf. Demzufolge sollen alle, die als Christen gelten wollen, mit großer Sorgfalt darauf bedacht sein, niemals ihren Gästen oder überhaupt ihren Nächsten gegenüber einen solchen Betrug zu begehen. Sie sollen vielmehr den Pilgern Mitgefühl und freundliche Zuneigung erweisen, auf daß sie den Lohn der ewigen Glorie von dem empfangen, der als Gott lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen. <?page no="83"?> 81 Cap. VI Von dem Mann aus Poitiers, dem der Apostel einen Engel in Gestalt eines Esels zu Hilfe sandte Ein Exemplum vom hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Während des Jahres des Herrn 1100, als Wilhelm von Poitiers unter König Ludwig von Frankreich herrschte 19 , brach eine todbringende Pest so unheilvoll über das Volk des Poitou herein, daß mancher Familienvater mit seiner ganzen Sippe beerdigt werden mußte. Damals beschloß ein Ritter, aus Angst vor dieser Seuche nur von dem Wunsche beseelt, dieser Geißel zu entfliehen, durch spanisches Gebiet zum hl. Jacobus zu pilgern. Er gelangte mit seiner Ehefrau und zwei kleinen Knaben, die auf einer Stute ritten, bis zur Stadt Pamplona. Dort aber verstarb seine Frau und ein betrügerischer Gastwirt bemächtigte sich der Habe, die der Mann und seine Frau mit sich geführt hatten. Er aber, voller Trauer über den Tod seiner Frau und seiner ganzen Habe und auch der Stute beraubt, auf der die Kinder geritten waren, führte diese nun mühsam an der Hand und machte sich wieder auf den Weg. Er war in höchster Bedrängnis und Sorge, als ihm ein Mann von vornehmem Äußeren begegnete, der auf einem kräftigen Esel saß. Als dieser aus seinen Erzählungen erfuhr, ein wie großes Unglück ihm widerfahren war, sagte er voller Mitleid zu ihm: „In Anbetracht deiner großen Bedrängnis stelle ich dir meinen kräftigen Esel zur Verfügung. Du kannst darauf die Kinder bis nach Compostela reiten lassen. Ich bin Bürger dieser Stadt, und du kannst ihn mir dort zurückgeben.“ Der Pilger übernahm den Esel, setzte seine Kinder darauf und gelangte so zum Grabe des seligen Jacobus. Schließlich, als er in dessen ehrwürdiger Basilika in einer bescheidenen Ecke in frommem Gebet wachte, erschien ihm der ruhmreiche Apostel in glänzendem Gewande und sagte mit schlichten Worten: „Nun Bruder, kennst du 19 Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien unter Ludwig VI. von Frankreich (1108-1137). Diese Geschichte unterstützt u. a. die klassische These von einem poitevinischen Ursprung des Liber S. Jacobi, die sich vor allem mit burgundischen Einflüssen vermischt habe (so zuletzt am entschiedensten m oisan , Livre). Ab dieser Erzählung bis zur 12. (14.) Geschichte wird kontinuierlich mit je einem Jahr aufwärts datiert. <?page no="84"?> 82 mich nicht? “ Der andere sprach: Ich kenne euch überhaupt nicht, Herr.“ — „Ich bin, sagte Jacobus, jener Apostel Christi, der dir in deiner Not in der Gegend von Pamplona seinen Esel anvertraut hat. Jetzt vertraue ich ihn dir wiederum an, bis du in deine Heimat zurückgekehrt bist, und ich tue dir kund, daß dein gottloser Gastwirt aus Pamplona, der deine Habe widerrechtlich zurückbehalten hatte, von seinem Sitz 20 stürzen und elendiglich umkommen wird. Außerdem wisse, daß alle ungerechten Gastwirte, die an meinem Wege wohnen und zu Unrecht von ihren lebenden oder toten Gästen einen Wegezoll fordern, der den Kirchen und Armen zum Seelenheil der Verstorbenen zusteht, in Ewigkeit verdammt werden.“ 21 Der Pilger wollte sich neigen und die Füße des zu ihm Sprechenden küssen, aber der ehrwürdige Apostel entschwand schon den menschlichen Blicken. Der Pilger war hocherfreut über diese Apostelerscheinung und eine so große Tröstung. Bei der Morgenröte brach er mit dem Esel und seinen Kindern von Compostela auf, gelangte nach Pamplona und erfuhr, daß sein Gastwirt, so wie der Apostel vorhergesagt hatte, von seinem Sitz gestürzt war und sich den Hals gebrochen hatte. Froh gelangte er nach Hause und setzte seine Kinder am Eingang seines Hauses von dem Esel ab, als plötzlich der Esel vor seinen Augen verschwand. Darüber wunderten sich viele, denen er das erzählte, über die Maßen und meinten, es sei entweder ein richtiger Esel gewesen oder ein Engel in Eselsgestalt, wie ihn Gott oft zu den ihn Fürchtenden sendet, um sie zu erretten. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. So wird also aus diesem Wunder klar ersichtlich, daß alle betrügerischen Gastwirte zu ewigem Tode verdammt werden, die von ihrem Gast, ob lebend oder tot, zu Unrecht einen Wegezoll fordern, der eigentlich den Kirchen und Armen Christi als Almosen zum Seelenheil der Verstorbenen gebührt. Allen Betrug und alle Verdammnis 20 In anderen Überlieferungen dieser Mirakelerzählung, so bei Jacobus de Voragine in der Legenda Aurea, stürzt er vom Söller seines Hauses. Unser Text lautet aber eindeutig nicht de solario (vom Söller), sondern de solio (vom Sitz). 21 Vgl. dazu im einzelnen die Kapitel über die bösen Wirte in Cap. XVII von Buch I, oben S. 54-57. <?page no="85"?> 83 möge durch die Verdienste des seligen Jacobus von allen Gläubigen abwenden Jesus Christus, unser Herr, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste als Gott lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen. Cap.VII Von dem Seemann Frisonus, den der Apostel mit Helm und Schild bewehrt der Tiefe des Meeres entriß Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1101 lenkte ein Seemann mit Namen Frisonus ein Schiff voller Pilger zum Grabe des Herrn in Jerusalem, wo er seine Gebete verrichten wollte 22 . Da begegnete ihm, zum Kampf bereit, ein gewisser Sarazene mit Namen Avitus Maimon 23 , der alle Pilger als Gefangene in das Land der Muslime entführen wollte. Als nun beide Schiffe, das des Sarazenen und das der Christen, aufeinander trafen und heftig gekämpft wurde, stürzte Frisonus, mit eisernem Brustpanzer, Helm und Schild bewehrt, tief ins Meer. Im Bewußtsein von Gottes Güte gestärkt, rief er in seinem Herzen den seligen Jacobus mit folgenden Worten an: „Glorreicher, großer Jacobus, über die Maßen frommer Apostel, dessen Altar ich einstmals mit meinem unwürdigen Munde geküßt habe, befreie mich und alle diese dir anvertrauten Christen.“ Auf der Stelle erschien der selige Apostel ihm in der Tiefe des Meeres, ergriff seine Hand und trug ihn unversehrt auf das Schiff zurück. Dann sagte der Apostel, für alle vernehmbar, zu dem Sarazenen: „Wenn du nicht dieses Christenschiff in Frieden läßt, liefere 22 Die folgenden vier Mirakelberichte verbinden die Jerusalemer Pilgerfahrt mit derjenigen nach Santiago; die Datierungen könnten davon beeinflußt worden sein, daß 1099 Jerusalem von christlichen Kreuzfahrern zurückerobert worden war. Der Name des Seemannes Frisonus deutet auf friesische Herkunft; vgl. auch das Schlußkolophon des Liber S. Jacobi im Anschluß an Buch V, deutsch bei H erbers , Jakobsweg, S. 162. 23 Die Identifizierung dieser Person ist schwierig, da offensichtlich mehrere Personen der Beni-Maimon die Küsten des Mittelmeeres durch Raubzüge verunsicherten. Vgl. hierzu r. d ozy , Recherches sur l’histoire et la littérature de l’Espagne pendant le Moyen Age (3. Aufl. Paris-Leiden 1881) S. 410ff. Vgl. auch die in der etwa zeitgleichen Historia Compostelana berichteten sarazenischen Raubzüge bis zu den Küsten Galiciens und Asturiens Buch I Cap. 103 (ed. Falque Rey S. 174-176). <?page no="86"?> 84 ich dich und deine Galeere Ihrer Macht aus.“ Avitus erwiderte. „Bitte, großer Held, warum willst du mir meine Beute nehmen? Bist du etwa der Meeresgott, der du unserem Volk auf dem Meer die Stirn bietest? “ Schnell antwortete der Apostel: „Ich bin nicht der Meeresgott, sondern ein Jünger des Gottes des Meeres. Ich helfe auf dem Meer wie auf dem Land denen, die in Gefahr sind und die nach mir rufen, so wie Gott es will.“ Sofort geriet durch Gottes Macht und des seligen Jacobus Hilfe das starke Schiff des Sarazenen durch einen Sturm in höchste Seenot. Das Schiff der Christen aber, vom seligen Jacobus mit Gottes Beistand gelenkt, gelangte an den ersehnten Ort. Frisonus besuchte das Grab des Herrn und noch im selben Jahre das Grab des seligen Jacobus in Galicien. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem König Jesus Christus, unsrem Herrn, sei Ruhm und Ehre in alle Ewigkeit. Amen. Cap. VIII Von dem Prälaten, der ein Responsorium 24 zu Ehren von Jacobus verfaßte, nachdem er aus Seenot gerettet worden war Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1102 kehrte ein gewisser Prälat 25 aus Jerusalem zurück. Er saß im Schiff dicht an der Reling und sang einen Psalm bei aufgeschlagenem Psalter, als plötzlich eine mächtige Woge ihn mit einigen anderen ins Meer riß. Als sie nun, auf den Wellen treibend, schon 60 Ellen vom Schiff entfernt waren und den seligen Jacobus mit lauter Stimme anriefen, erschien ihnen alsbald der selige Apostel. Er stand trockenen Fußes neben ihnen auf der Meeresflut und sagte zu den ihn in ihrer Not anrufenden: „Fürchtet euch nicht, meine lieben Söhne.“ Sofort befahl er dem Meere, alle, die es zu Unrecht geraubt hatte, auf das Schiff zurückzubringen. Den Seeleuten rief er von weitem zu, sie sollten das Schiff anhalten. So geschah es. Die See- 24 Antwortgesang der Liturgie. 25 Nicht identifiziert. <?page no="87"?> 85 leute hielten das Schiff an, und mit des seligen Jacobus Hilfe brachte das Meer alle, die es böswillig mitgerissen hatte, völlig trocken und gesund zurück. Auch die Handschrift, in der der Prälat gelesen hatte, lag noch aufgeschlagen vor ihm. Der Apostel aber verschwand auf der Stelle. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Später suchte der verehrenswerte Prälat, der mit Hilfe des seligen Jacobus aus Seenot errettet worden war, den ruhmreichen Apostel im galicischen Gebiet auf und verfaßte ihm zu Ehren folgendes Responsorium 26 , das er im ersten Ton der musikalischen Kunst freudig anstimmte: „O immerdar wirkender Helfer, Zierde der Apostel, heilstrahlendes Licht der Galicier, Fürsprecher der Pilger, Jacobus, Vernichter aller Laster, löse die Ketten unserer Sünden und führe uns zum Hafen des Heils.“ Dem fügte er noch folgenden Vers hinzu: „Der du allen hilfst, die auf dem Meere oder zu Lande in Gefahr nach dir rufen, stehe uns bei jetzt und bei Lebensgefahr.“ Und er wiederholte: „Führe uns zum Hafen des Heils.“ Das gewähre gnädig Jesus Christus, unser Herr, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste lebt und regiert in alle Ewigkeit. Amen. Cap. IX Von dem Ritter aus Tiberias, dem der Apostel die Macht verlieh, die Türken zu schlagen, und den er aus Krankheit und Seenot errettete Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1103 gelobte ein edler, berühmter fränkischer Ritter bei Tiberias, im Gebiet von Jerusalem, er werde zum Grab des Apostels pilgern, wenn ihm dieser die Macht verliehe, die Türken zu besiegen und zu vernichten. Ihm gab der Apostel mit Gottes Hilfe eine solche Macht, daß er alle Sarazenen, die mit ihm kämpften, besiegte. Aber da, wie es heißt, jeder Mensch unzuverlässig ist, geriet das, was 26 Dieses Responsorium findet sich in Buch I des Liber Sancti Jacobi (Cap. XXIII, ed. Whitehill, S. 208). <?page no="88"?> 86 der Ritter dem Apostel gelobt hatte, in Vergessenheit. Er wurde deshalb auf den Tod krank. Als er nun wegen seiner schweren Krankheit nicht mehr sprechen konnte, erschien der selige Jacobus seinem Schildknappen im Traum und sagte, sein Herr werde sofort genesen, wenn er ausführte, was er dem Apostel versprochen habe. Das begriff der Ritter sofort, als ihm der Schildknappe dies zu verstehen gab. Alsbald teilte er den anwesenden Geistlichen durch ein Handzeichen mit, man möge ihm Pilgerstab und Tasche reichen. Sobald er dies erhalten hatte, versah er sich sofort mit allem Nötigen und brach zum seligen Jacobus auf. Als er nun eingeeschifft war, geriet das Schiff durch einen wütenden Sturm in Seenot, so daß alle auf dem Schiff von den hereinbrechenden Wassermassen völlig überflutet wurden. Einstimmig riefen da alle Pilger: „Heiliger Jacobus, steh uns bei“; und die einen versprachen, zu seinem Grabe zu pilgern, die anderen gelobten, ein jeder werde einen Geldbetrag zugunsten seiner Basilika stiften. Die entsprechenden Münzen sammelte der Ritter auf der Stelle ein. Sofort erschien der selige Apostel den Verängstigten in Menschengestalt auf dem Schiff und sagte: „Fürchtet euch nicht, meine lieben Söhne, hier bin ich, den ihr ruft. Seid getrost in Christus, dann wird euch Heil jetzt und in Zukunft.“ Sofort löste er die Segeltaue, beruhigte das Schiff und gebot dem Sturme, und es ward eine große Stille auf dem Meere. Der Apostel aber entschwand. Sein Antlitz war so schön und edel gewesen, wie es keiner von ihnen vorher oder nachher je gewahrte. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dann gelangte das Schiff mit den Pilgern in ruhiger Fahrt zum gewünschten Hafen in Apulien 27 . Unser Ritter kam froh mit den anderen Pilgern zur Basilika des seligen Jacobus in Galicien und hinterlegte die Geldkollekte, die er eingesammelt hatte, in der Geldtruhe des seligen Jacobus zugunsten seiner Kirche 28 . Dem König der Könige sei Ehre und Ruhm in Ewigkeit. Amen. 27 Es muß sich um Bari, Brindisi oder Tarent gehandelt haben. 28 Dies ist nur ein Beispiel, wie Pilger materiell zum Bau der großen Kathedralen und Kirchen an den verschiedensten Pilgerorten beitrugen. <?page no="89"?> 87 Cap. X Von dem Pilger, der ins Meer gefallen war und den der Apostel am Schopfe ergriff und in drei Tagen zum Hafen brachte Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1104 war ein gewisser Pilger auf dem Rückweg von Jerusalem. Als er nun, um seine Notdurft zu verrichten, über den Rand des Schiffes gebeugt saß, stürzte er in die Meeresflut. Während er den seligen Jacobus mit lauter Stimme anrief, warf ihm ein anderer Gefährte vom Schiff aus seinen Schild ins Meer, mit den Worten: „Der glorreiche Apostel Jacobus, dessen Hilfe du erflehst, wird dir helfen.“ Der Pilger ergriff den Schild, der selige Jacobus zog ihn mit göttlicher Hilfe, und der Pilger schwamm im Kielwasser des Schiffes drei Tage und drei Nächte lang durch das Wasser des Meeres. So gelangte er mit den anderen unversehrt zu dem ersehnten Hafen und erzählte allen im einzelnen, wie der selige Jacobus, von der Stunde an, da er ihn anrief, ihn am Schopfe ergriffen und mit fester Hand haltend gezogen habe. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem König der Könige sei Ehre und Ruhm in alle Ewigkeit. Amen. Cap. XI Von Bernardus, den der Apostel auf wunderbare Weise aus dem Kerker entführte Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt durch Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1105 lebte in Italien ein gewisser Bernardus 29 . Bei dem Kastell Corzano, Diözese Modena, geriet er in Gefangenschaft. Er wurde in Ketten gelegt und von den Feinden tief unten in einen Turm geworfen. Als er nun Tag und Nacht unermüdlich die Hilfe des seligen Apostels erflehte, erschien der glorreiche Apostel Christi und sprach. „Komm, folge mir nach Galicien! “ Er zerbrach dann die Ketten und verschwand. Mit Unterstützung des seligen Jacobus, aber ohne 29 Diese Person ist nicht identifiziert. Vgl. die Edition der Mirakelgeschichte bei H erbers , Miracles, S. 33. <?page no="90"?> 88 jede menschliche Hilfe, bestieg der Pilger alsbald, die Fesseln noch am Hals tragend, die Zinnen des Turmes, dann schwang er sich mit einem Sprung von dem Turm herab auf den Erdboden, ohne die geringste Verletzung davonzutragen. Wenn man bedenkt, daß der Turm 60 Ellen 30 hoch war, ist es um so wunderbarer, daß er, aus solcher Höhe fallend, nicht umkam, sondern unverletzt blieb. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem König der Könige sei Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. XII Von dem Ritter, den der Apostel durch Berührung seiner Muschel von seiner Krankheit befreite Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1106 schwoll einem Ritter aus Apulien der Schlund wie ein aufgeblasener Schlauch an. Als er bei keinem Arzt ein Heilmittel fand, sagte er, im Vertrauen auf den seligen Jacobus, er würde sofort Heilung finden, wenn er eine Muschel finden könnte, wie sie die vom seligen Jacobus zurückkehrenden Pilger mitzubringen pflegten 31 . Er brauche nur die kranke Stelle damit zu berühren. Als er nun bei einem Pilger, seinem Nachbarn, eine solche Muschel fand und damit seine Kehle berührte, genas er auf der Stelle. Zum Dank pilgerte er zum Grabe des seligen Jacobus in Galicien. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem Herrn, dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste sei Ruhm und Ehre in alle Ewigkeit. Amen. Cap. XIII Von dem Ritter Dalmacius, den der Apostel wegen eines seiner Pilger zur Rechenschaft zog Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1135 schlug ein gewisser allobrogischer Ritter 30 Mindestens 30 Meter. 31 Vgl. zu den Muscheln der Pilger die Passagen aus Buch I und II, oben S. 51 sowie unten S. 130. <?page no="91"?> 89 aus Chavannes namens Dalmacius von Chavannes 32 einen Pilger des hl. Jacobus, der mit ihm im Streit lag, heftig mit der Faust ins Gesicht. Raimbert aber rief, als er von dem Ritter geschlagen wurde: „Gott hilf, und du, heiliger Jacobus! “ Alsbald wirkte die göttliche Vergeltung. Der Ritter lag mit verrenktem und sogar gebrochenem Arm wie entseelt am Boden. Er erhielt von den Geistlichen die Absolution und bat den Bauern um Verzeihung. „Raimbert“, sagte er, „Jakobspilger, bitte den Apostel, auf den du vertraust, um meine Genesung.“ Auf das Gebet Raimberts hin gab ihm der selige Jacobus mit Gottes mildem Beistand die Gesundheit wieder. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem König der Könige sei Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. XIV Von dem Kaufmann, den der Apostel aus dem Kerker befreite Ein Wunder des hl. Jacobus, mitgeteilt von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1107 wollte ein Kaufmann mit seinen Waren zu einem Markttag reisen. Er wandte sich an den Herrn der Gegend, in die er zu reisen gedachte, und der zufällig in der selben Stadt wohnte wie er, und bat ihn dringend, er möge ihm sicheres Geleit bis zu der Messe und zurück nach Hause gewähren. Jener genehmigte den Antrag und gab ihm sein Wort. Der Kaufmann, voll Vertrauen auf die Worte eines solchen Mannes, machte sich mit seinen Waren auf den Weg in die Gegend, wo der Markttag stattfand. Als aber der andere, der sein Wort gegeben hatte, ihn und sein Gut zu schützen, und der ihm Wegegeleit versprochen hatte, die reichen Waren sah, nahm er, vom Teufel angestachelt, den Kaufmann gefangen und warf ihn eng gefesselt in einen Kerker. Der Kaufmann aber gedachte der unzähligen Wunder des seligen Jacobus, die ihm von vielen erzählt worden waren, und rief ihn um Hilfe an: „Seliger Jacobus, befreie mich aus diesem Kerker, und ich 32 Die Allobroger, die in Cap. XVII von Buch I als Pilgervolk genannt werden, gehörten zu einem keltischen Stamm, der wohl zwischen Alpen und Rôhne angesiedelt war. Chavannes gehörte zur alten Erzdiözese Vienne. <?page no="92"?> 90 gelobe dir, daß ich mit all meinen Gütern der deine bin.“ Der selige Jacobus aber vernahm sein Seufzen und seine Bitten und erschien ihm eines Nachts im Kerker, obwohl die Wächter noch wach waren. Er befahl ihm aufzustehen und führte ihn auf die Zinnen eines Turmes. Dieser neigte sich so tief, daß er mit der Spitze den Boden zu berühren schien. Der Kaufmann verließ ihn, ohne herabspringen zu müssen und ohne sich zu verletzen, und ging, seiner Fesseln ledig, von dannen. Die Wächter, die ihn verfolgten, kamen bis nahe an ihn heran, fanden ihn aber nicht und kehrten wie blind um. Die Ketten aber, mit denen er gefesselt gewesen war, nahm er mit zu der Basilika des seligen Apostels in Galicien. Sie hängen noch heute, zum Zeugnis dieses Ereignisses, vor dem Altar des glorreichen Jacobus. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem höchsten König sei Ehre und Ruhm in Ewigkeit. Amen. Cap. XV Von dem Ritter, den der selige Apostel im Kampf rettete, nachdem alle Gefährten gefallen waren Ein Wunder des hl. Jacobus, berichtet von Papst Calixtus Im Jahre 1110 des Herrn trafen in Italien die Ritter zweier Städte, die untereinander verfeindet waren, in einer Schlacht aufeinander. Eine Seite wurde durch die andere besiegt und wandte sich zu kopfloser Flucht. Ein Ritter unter ihnen, der regelmäßig nach Santiago zu pilgern pflegte, sah auf der Flucht, daß ein Teil der Seinen gefangen, ein Teil gefallen war. Er fürchtete um sein Leben und rief den seligen Jacobus mit kaum hörbarer Stimme, eher nur noch stöhnend, um Hilfe an. Schließlich brachte er vernehmlich hervor: „Seliger Jacobus, wenn es dir gefällt, mich aus dieser Gefahr zu befreien, werde ich ohne Zögern zu deinem Heiligtum eilen. Ich werde mich und meinen kostbarsten Besitz, mein Pferd, dir schenken.“ Nach diesem Bittgebet erschien der selige Jacobus, der sich denen nicht versagt, die ihn mit aufrichtigem Herzen anrufen, sondern denen er sofort hilft, zwischen ihm und den Feinden. Diese setzten ihm schon <?page no="93"?> 91 heftig nach, hatten alle anderen Flüchtlinge durch Schwert oder Gefangenschaft schon überwältigt, hatten auch ihn schon fast erreicht, als der Apostel ihn während einer Verfolgungsjagd von sechs Meilen mit seinem Schild schützte und ihn befreite. Und damit dieses Wunder nicht etwa eher der Kraft seines Pferdes als dem Ruhme des seligen Jacobus zugeschrieben werde, wie dies gewöhnlich durch die Neider des Guten und die Widersacher der Kirche geschieht, daß also aller Zweifel der Neider behoben werde, sei klar gesagt, daß jenes Pferd keine zwanzig gewöhnlichen Münzen wert war 33 . Er aber, der nichts von seinem Versprechen schuldig bleiben wollte, begab sich mit seinem Pferd vor den seligen Apostel, und damit er sein Gelübde auch voll erfülle, trat er mit dem Pferd, trotz des Einspruchs der Wächter, bis vor den Eingang zum Altar. Wie üblich eilten Geistliche und Laien aus Freude über ein solches Wunder herbei und sagten Gott in Hymnen und Psalmen Dank. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem Herrn sei Ehre und Ruhm in Ewigkeit. Amen. Cap. XVI Von dem Ritter, der im Todeskampf von den Teufeln bedrängt wurde und den der selige Apostel mit dem Stab eines Bettlers und dem Bündel einer alten Frau befreite Ein Wunder des hl. Jacobus, berichtet vom hl. Anselm, Erzbischof von Canterbury 34 Drei Ritter aus dem Dorf Donzy in der Diözese Lyon hatten sich abgesprochen, zum Gebet den hl. Apostel Jacobus in Galicien zu besuchen. Sie brachen also auf und trafen unterwegs auf ihrer Pilgerfahrt eine alte 33 Diese Passage zeigt deutlich, daß auch in dieser Zeit mit Kritikern am Wunderglauben gerechnet werden mußte. Vgl. allgemein G utH , Guibert von Nogent. 34 Mirakel 16-18 soll Anselm von Canterbury (1093-1109) verfaßt haben. Sie sind in den sogenannten „Dicta Anselmi“, die 1116 ihre heute überlieferte Form erhielten, enthalten. Angeblich wurden die von einem Begleiter Anselms aufgezeichneten Geschichten diesem 1099-1100 oder 1104-1105 bei einem Besuch in Cluny erzählt, vgl. die Nachweise bei H erbers , Jakobuskult, S. 40f. mit Anm. 168 sowie S. 111; ferner s iGnori , Rechtskonstruktionen, S. 43f. Die Sonderstellung der drei Erzählungen im Liber Sancti Jacobi geht auch <?page no="94"?> 92 Frau, die das zur Reise Nötigste in einem Bündel bei sich trug. Als sie die Reiter erblickte, flehte sie diese um Mitleid an und bat, man möge ihr Gepäck, aus Liebe zum seligen Apostel, auf den Reittieren mitnehmen und ihr so die Beschwerden einer solchen Reise erleichtern. Einer willigte in die Bitte der Pilgerin ein und nahm ihr Gepäck auf sein Pferd. Jeden Abend nahm sie sich dann aus ihrem Bündel, was sie brauchte, und beim ersten Hahnenschrei, wenn die Pilger aufbrachen, die zu Fuß gingen, gab sie dem Reiter ihr Gepäck zurück. Dann setzte sie frohgemut ihren Weg fort. So strebte der Ritter, der aus Liebe zu dem Apostel der alten Frau gefällig war, der ersehnten Gebetsstätte zu. Als sie aber zwölf Tagereisen von der Stadt des seligen Jacobus entfernt waren, fand er einen erkrankten Bettler am Wege, der ihn anflehte, er möge ihm sein Pferd zu reiten geben, andernfalls würde er unterwegs sterben, denn er könne nicht mehr gehen. Der Ritter willigte ein, stieg ab und setzte den Bettler auf sein Pferd, nahm seinen Stab in die Hand und trug das Bündel der alten Frau auf den Schultern. Aber als er so weiterzog, war er von der Sonnenglut und der Anstrengung der langen Reise bald so ermattet, daß er erkrankte. Als er das fühlte, dachte er daran, daß er oft in vielen Dingen schwer gefehlt hatte, ertrug seine Mühsal gleichmütig aus Liebe zum Apostel und setzte seinen Weg bis zu dessen Grabe zu Fuß fort. Dort angekommen, betete er zum Apostel, fand ein Obdach, legte sich mit dem Leiden, das er sich unterwegs zugezogen hatte, ins Bett und blieb mehrere Tage liegen, weil sich seine Krankheit noch verschlimmerte. Die anderen Ritter, seine ehemaligen Kameraden, bemerkten das, suchten ihn auf und ermahnten ihn, er möge seine Sünden bekennen und nach dem streben, was einem Christen geziemt, der sich auf ein baldiges Ende vorbereitet. Als er das hörte, wandte er sein Gesicht ab und vermochte nicht zu antworten. So lag er drei Tage lang, ohne ein Wort zu sprechen. Seine Kameraden waren darum von tiefem Schmerz bewegt, einmal, weil sie nicht mehr an seine Gesundung glaubten, dann aber vor allem, weil sie nichts zur Rettung seiner Seele tun konnten. An einem Tage aber, als sie glaubten, er werde bald seine daraus hervor, daß alle drei Mirakel die übliche Formel „A Domino factum est istud et est mirabile in occulis nostris“ nicht aufweisen. <?page no="95"?> 93 Seele aushauchen, um ihn herum saßen und seinen Tod erwarteten, seufzte er plötzlich schwer auf und sprach: „Dank sei Gott und dem hl. Jacobus, meinem Herrn, denn ich bin befreit.“ Als die Anwesenden fragten, was das bedeute, sagte er: „Von dem Augenblick an, da ich fühlte, daß meine Krankheit sich verschlimmerte, dachte ich im Stillen bei mir, ich wolle meine Sünden beichten, die Heilige Ölung empfangen und mich durch den Empfang des Leibes des Herrn stärken. Als ich dies im Stillen erwog, kam plötzlich eine Schar scheußlicher Höllengeister über mich, die mich so sehr bedrängten, daß ich weder durch Worte noch durch Zeichen irgend etwas anzuordnen vermochte, was zu meinem Heil führen konnte. Ich vernahm wohl, was ihr spracht, aber ich konnte auf keine Weise antworten, denn die herbeigeströmten Teufel banden mir die Zunge, andere hielten mir die Augen zu, einige schüttelten mir Kopf und Leib gegen meinen Willen hin und her. Aber kurz bevor ich wieder zu euch redete, trat der hl. Jacobus in den Raum. Er trug in der Linken das Bündel der alten Frau, das ich unterwegs getragen hatte, in der Rechten aber den Stab des Bettlers, den ich trug, während er auf meinem Pferde ritt, an dem Tag, da mich die Krankeit erfaßte. Den Stab schwang er als Lanze, das Bündel trug er als Rundschild. Unverzüglich, wie von Zorn ergrimmt, kam er auf mich zu und begann mit erhobenem Stab auf die Teufel einzuschlagen, die mich festgehalten hatten. Entsetzt flohen sie davon. Er setzte ihnen nach und hetzte sie durch jene Ecke dort aus dem Raum. So kann ich jetzt reden, durch Gottes und des seligen Jacobus Gnade von denen befreit, die mich quälten und bedrängten. Aber sendet schnell nach einem Priester, der mir die Wegzehrung der Heiligen Kommunion erteilen soll. Mir ist es nämlich nicht gegeben, noch länger in diesem Leben zu verweilen.“ Seine Gefährten schickten nach dem Priester, und als dieser etwas auf sich warten ließ, ermahnte der Kranke einen seiner Gefährten mit den Worten: „Lieber Freund, diene nicht weiter dem kahlköpfigen Girinus 35 , dem du bisher als Herrn gefolgt bist. Denn er ist wahrlich verdammt und wird bald eines bösen Todes sterben.“ Daß dies so geschah, wurde durch 35 Girinus Calvus ist laut David, Etudes (11/ 1947) S. 169 Anm. 1 aus verschiedenen Dokumenten des Klosters Savigny bekannt. <?page no="96"?> 94 die Tatsachen erwiesen. Denn nachdem der Pilger eines seligen Todes gestorben und bestattet worden war, kehrten seine Gefährten zurück und erzählten das Geschehene. Girinus aber, genannt der Kahlkopf, ein reicher Mann, nannte ihren Bericht ein Hirngespinst und wollte sich nicht von seiner Verworfenheit lösen. Deshalb geschah es nach wenigen Tagen, daß er selbst, während er einen Soldaten mit Waffengewalt niederstreckte, von dessen Lanze durchbohrt umkam. Daher sei dem König der Könige, unserem Herrn Jesus Christus, Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. XVII Von dem Pilger, der sich, auf Betreiben des Teufels, aus Liebe zum Apostel das Leben nahm, von Jacobus aber mit Hilfe der seligen Gottesgebärerin Maria vom Tode zum Leben zurückgeführt wurde Ein großes Wunder des hl. Jacobus, berichtet vom hl. Anselmus, Erzbischof von Canterbury In der Nähe der Stadt Lyon liegt ein Dorf, in dem ein junger Mann namens Giraud wohnte 36 . Er war von Beruf Gerber und lebte ehrlich von seiner Hände Arbeit. Sein Vater war gestorben, und er unterstützte seine Mutter mit dieser Arbeit. Er liebte den hl. Jacobus leidenschaftlich und pflegte jedes Jahr zu seinem Grabe zu kommen und ihm ein Opfer darzubringen. Er war nicht verheiratet, sondern lebte mit seiner alten Mutter und führte ein keusches Leben. Als er sich nun aber längere Zeit enthalten hatte, kam schließlich doch die Fleischeslust über ihn, und er beging Unzucht mit einem Mädchen. Als es Morgen wurde, brach er zu einer bereits vorbereiteten Pilgerfahrt in Gesellschaft zweier Nachbarn zum hl. Jacobus nach Galicien auf. Sie führten einen Esel mit sich, und unterwegs trafen sie einen Bettler, der ebenfalls auf dem Weg zum 36 Ausführlich zu dieser Erzählung samt Vorgeschichte und Nachwirkung bis in die heutige Literatur (wobei seit dem 13. Jahrhundert das Wunder teilweise Maria zugeschrieben wird) sowie zum Aspekt des Selbstmordes: H erbers , Milagro, passim. Unter dem Aspekt des Selbstmordes — nicht zur Überlieferungstradition des Liber S. Jacobi — jetzt auch s iGnori , Rechtskonstruktionen, S. 43-48. <?page no="97"?> 95 hl. Jacobus war. Ihn nahmen sie zur Gesellschaft mit, vor allem aber aus Liebe zum Apostel, und schenkten ihm alles, was er zum Leben brauchte. So reisten sie zu mehreren fröhlich weiter. Der Teufel aber, der diese friedliche und freundschaftliche Gruppe beneidete, trat heimlich in recht ehrbarer Menschengestalt an den jungen Mann heran, der zu Hause Unzucht getrieben hatte, und sprach: „Weißt du, wer ich bin? “ — „Nein, ich kenne dich nicht“, versetzte der andere. Darauf der Teufel: „Ich bin der Apostel Jacobus, den du seit langem regelmäßig alle Jahre besuchst und mit deinen Geschenken ehrst. Wisse, daß ich große Freude an dir hatte, und ich erhoffte viel Gutes für dich. Aber neulich, vor deiner Abreise von zu Hause, hast du mit einer Frau Unzucht getrieben, hast dies aber bisher weder bereuen noch beichten wollen. So bist du als Pilger mit deiner Sünde abgereist, ganz so, als wäre deine Pilgerfahrt Gott und mir willkommen. So geht das aber nicht! Denn jeder, der mir zuliebe pilgern will, muß vorher seine Sünde in demütiger Beichte bekennen und danach die Taten durch eine Pilgerfahrt büßen. Wer anders handelt, dessen Pilgerfahrt ist nicht gottgefällig.“ Nach diesen Worten verschwand der Teufel vor seinen Augen. Der Pilger war über das Gehörte tief betrübt und erwog, nach Hause zurückzukehren, seinem Pfarrer zu beichten und dann die begonnene Pilgerfahrt wieder aufzunehmen. Während er dies so bei sich dachte, kam der Teufel wieder, in derselben Gestalt wie vorher, und sagte: „Was überlegst du da in deinem Herzen? Du willst nach Hause zurückkehren, Buße tun, um dann würdiger zu mir zurückkehren zu können? Meinst du denn, du könntest ein solches Verbrechen mit Fasten und Tränen tilgen? Du bist ein großer Narr. Glaube lieber meinen Ratschlägen, dann bist du gerettet, anders ist es nicht möglich. Wie sehr du auch gesündigt hast, ich liebe dich dennoch, und deshalb bin ich zu dir gekommen, um dir einen Rat zu geben, der dich erretten kann, wenn du mir nur vertrauen willst.“ Darauf sagte der Pilger: „Ich plante in der Tat zu tun, was du sagst, aber nachdem du mir versicherst, daß das nicht zu meinem Heile taugt, sage mir, was dir zu meiner Heilung richtig erscheint, und ich will es gerne tun.“ Der Teufel aber sagte: „Wenn du voll und ganz von deiner Sünde gereinigt werden willst, mußt du das Glied, mit dem du gesündigt hast, abschneiden! “ <?page no="98"?> 96 Entsetzt über diesen Rat sagte der Pilger: „Wenn ich das tue, was du mir rätst, kann ich nicht mehr leben. Ich werde ein Selbstmörder sein, und das ist, wie ich oft vernommen habe, vor Gott verdammenswert.“ Der Teufel sagte verächtlich lachend: „Du Narr, wie wenig vestehst du doch von dem, was dir zum Heile gereichen kann. Wenn du auf diese Weise stirbst, wirst du sicher bei mir aufgenommen, weil du, indem du dein Vergehen büßt, ein Märtyrer bist. Wärest du doch klug genug, dich ohne Zögern selbst zu töten. Ich würde dann gewiß mit einer großen Schar meiner Gefährten zu dir kommen und würde deine Seele froh als meinen Gast begrüßen. Ich bin“, so sagte er, „der Apostel Jacobus und gebe diesen Rat. Tu, wie ich gesagt habe, wenn du in meine Gesellschaft aufgenommen werden und Heilung von deiner Sünde finden willst.” Der einfältige Pilger, durch diese Worte zu einem solchen Vergehen ermuntert, zog in der Nacht, als die Gefährten schliefen, sein Messer hervor und schnitt sich die Geschlechtsteile ab. Dann kehrte er das Messer um, warf sich gegen die ausgerichtete Spitze und durchbohrte seinen Leib. Als aber das Blut in Strömen floß und er sich zuckend hin und her wälzte, riefen die Gefährten erschreckt seinen Namen und fragten, was er habe. Als er keine Antwort gab, sondern in Todesnot seine letzten Atemzüge tat, standen sie bestürzt auf, machten Licht und fanden ihn halbtot und nicht mehr fähig, ihnen zu antworten. Ganz betroffen und gleichzeitig von großer Furcht ergriffen, man könne ihnen diese Tat zur Last legen, wenn man sie am Morgen noch an diesem Ort vorfände, ergriffen sie die Flucht. Sie ließen ihn in seinem Blute liegend zurück und ließen auch den Esel und den Bettler, den sie bisher ernährt hatten, im Stich. Am Morgen nun, als die Hausbewohner aufstanden und den Getöteten fanden, wußte man nicht genau, wem man den Mord zur Last legen sollte. Sie riefen die Nachbarn herbei und trugen den Verstorbenen zum Begräbnis zur Kirche. Während das Grab geschaufelt wurde, legten sie ihn, weil er noch stark blutete, vor die Kirchentür. Nach ganz kurzer Zeit aber kam er, der tot gewesen war, wieder zu sich und setzte sich auf der Totenbahre auf. Die Anwesenden sahen das und liefen entsetzt schreiend davon. Auf diesen Lärm hin eilte das Volk herbei. Man fragte, was geschehen sei, und vernahm, der Tote sei wieder lebendig <?page no="99"?> 97 geworden. Sie traten näher heran und fragten ihn, was vorgefallen sei. Er aber begann, mit klarer Stimme vor allen zu berichten: „Ich“, sagte er, „den ihr vom Tode erweckt hier seht, habe von Kindheit an den hl. Jacobus geliebt und pflegte ihm in jeder nur möglichen Weise zu dienen. Vor kurzem aber, als ich zu einer Pilgerfahrt zu ihm entschlossen war und schon bis zu dieser Stadt gekommen war, kam der Teufel und täuschte mich, denn er gab vor, er sei der hl. Jacobus.“ Dann berichtete er der Reihe nach, was vorgefallen war, und fügte hinzu: „Nachdem ich mir das Leben genommen hatte und meine Seele dem Körper entwich, kam wieder der böse Geist zu mir, der mich betrogen hatte, und brachte eine ganze Horde von Teufeln mit, die mich auf der Stelle erbarmungslos an sich rissen. Ich weinte und stöhnte elendiglich, aber sie schleppten mich zur Höllenqual fort. Ihr Weg ging in Richtung Rom. Als wir aber an einen Wald gelangten, der zwischen der Hauptstadt und einer Ortschaft namens Labicanum 37 gelegen war, kam der hl. Jacobus, der uns verfolgt hatte, hinter uns hergeeilt, stellte die Teufel und fragte: „Woher kommt ihr und wohin geht die Fahrt? “ Sie antworteten: „O Jacobus, das geht dich gar nichts an, denn er hat uns so viel Glauben geschenkt, daß er sich selbst das Leben nahm. Wir haben ihn überredet und betrogen, und so gehört er uns.“ Darauf sprach er: „Ihr habt meine Frage nicht beantwortet, sondern brüstet euch damit, einen Christen betrogen zu haben. Das soll euch schlecht bekommen. Der Pilger gehört mir, er, den ihr zu besitzen behauptet. Ihr sollt ihn mir nicht ungestraft entführt haben.“ Mir schien der hl. Jacobus jung und schön anzusehen. Er war schlank, von mittlerer Gesichtsfarbe, was man gewöhnlich braun nennt. Auf sein Drängen hin kamen wir schnell nach Rom. Dort, nahe der Peterskirche, befand sich ein weiträumiger Platz in den Lüften, auf dem eine unzählige Schar von Heiligen sich zum Konzil versammelt hatte. An der Spitze des Konzils stand die hochwürdige Gottesgebärerin und immerdar Jungfrau gebliebene Maria 38 . Viele berühmte und vornehme Heilige nahmen zu ihrer Rechten und Linken Platz. Ich schaute sie be- 37 Vgl. die alte Via Labicana südöstlich von Rom bei den Albaner Bergen. 38 Diese Passage dürfte eine spätere Übertragung auf Maria als alleinige Wunderhelferin gefördert haben. <?page no="100"?> 98 wegten Herzens an. Niemals in meinem Leben hatte ich irgendwo ein so schönes Geschöpf gesehen. Sie war nicht groß, sondern von mittlerer Gestalt, von wunderschönem Antlitz, ein lieblicher Anblick. Der selige Apostel, mein frommer Schutzpatron, trat alsbald vor sie hin und erhob Anklage gegen die Ränke des Satans und seinen Betrug an mir. Sie wandte sich schnell zu den Teufeln und sagte: „O ihr Elenden, was suchtet ihr in einem Pilger meines Herrn und Sohnes und des Jacobus, des getreuen Jüngers? Euch sollte eure Höllenpein genug sein. Es war nicht nötig, sie auch noch durch eure Bosheit zu vergrößern.“ Nachdem die allerseligste Jungfrau gesprochen hatte, wandte sie milde ihren Blick auf mich. Die Teufel aber wurden von großer Furcht ergriffen, denn alle Anwesenden sagten, die Teufel hätten, indem sie mich betrogen, sich gleichzeitig gegen den Apostel vergangen. Die Herrin befahl daher, mich in meinen Körper zurückkehren zu lassen.“ Nach dieser Erzählung trugen die Einwohner des Ortes den Pilger hocherfreut in ihre Häuser und behielten ihn drei Tage lang bei sich. Sie zeigten ihn allem Volk als denjenigen, an dem Gott durch den hl. Apostel Jacobus ein erstaunliches und ungewöhnliches Wunder getan hatte. Seine Wunden waren nämlich unverzüglich geheilt, und nur Narben waren an Ihrer Stelle geblieben. An der Stelle der Geschlechtsteile wuchs das Fleisch zu einer Warze aus, durch die der Urin abfließen konnte. Als die Tage vorüber waren, da ihn die Einwohner des Ortes voller Freude für sich behalten hatten, bepackte er seinen Esel und brach mit dem Bettler, der sein Weggefährte geworden war, auf. Wie er aber bis in die Nähe des Apostelgrabes gekommen war, begegneten ihm die Gefährten, die ihn verlassen hatten. Als diese noch ein Stück entfernt waren und die beiden mit ihrem Esel sahen, sprachen sie untereinander: „Die beiden Männer da sehen aus wie unsere Gefährten, die wir verlassen haben, den einen tot und den anderen lebendig. Auch das Tier, das sie führen, ist anscheinend kein anderes als das, was bei ihnen zurück geblieben ist.“ Als sie aber näher aufeinander zugekommen waren und sich an zahlreichen Zeichen wiedererkannten und als sie erfuhren, was geschehen war, jubelten sie begeistert auf. Zu Hause angekommen, berichteten sie das Vorgefallene genau. Als aber derjenige, der vom Tode auferstanden war, seinerseits vom hl. Jacobus <?page no="101"?> 99 zurückkehrte, bekräftigte er, was die Gefährten vorher erzählt hatten, durch die Tatsachen. Er verkündete überall, was geschehen war. Er zeigte seine Narben, und vielen, die das zu sehen wünschten, zeigte er auch, was in seiner Schamgegend geschehen war. Diesen Mann und alle Wundmale seines Todes sah auch der ehrwürdige Abt Hugo von Cluny mit vielen andern 39 . Er versicherte voller Bewunderung, daß er all dies, genau so, wie es berichtet wurde, öfters mit eigenen Augen gesehen habe. Wir aber haben es, aus Liebe zum Apostel und damit es nicht in Vergessenheit gerate, aufgezeichnet, mit der Anweisung an alle, daß in allen Kirchen das Fest eines solchen Wunders und auch anderer Wunder des hl. Jacobus jährlich am 3. Oktober würdig und feierlich zu begehen sei 40 . Dem König der Könige, der solches und so vieles für seinen geliebten Jacobus gewirkt hat, sei Ehre und Ruhm in Ewigkeit. Amen. Cap. XVIII Von dem Grafen von St-Gilles, dem der Apostel die eisernen Tore seiner Kapelle öffnete Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Vor einiger Zeit kam Graf Poncius von St-Gilles 41 mit seinem Bruder zum Gebet zum hl. Jacobus. Als sie nun die Kirche betreten hatten und nicht nach Wunsch auch in die Kapelle gehen konnten, in der der Leib des Apostels ruht, baten sie den Küster, er möge ihnen die Kapelle öffnen, damit sie vor dem Leibe des Apostels ihr nächtliches Gebet verrichten könnten. Als sie sahen, daß ihre Bitten ohne Erfolg blieben, denn es war dort Sitte, daß von Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen die Tore der genannten Kapelle verschlossen blieben, kehrten sie traurig in ihre Herberge zurück. Dort angekommen, ließen sie alle Pilger ihrer Gruppe sich versammeln. Ihnen sagte der 39 Zur Rolle Hugos von Cluny (1049-1109) für die Wundergeschichten 16-18 vgl. Anm. 34. Zu Hugo jetzt auch K oHnle , Hugo, bes. S. 243-245. 40 Für dieses Fest wurde im ersten Buch ein eigenes Folio später eingefügt. Die Notiz zur Einführung des neuen Festes findet sich in der Handschrift auf dem Rand von fremder Hand, vgl. H erbers , Jakobuskult, S. 205 sowie d íaz y d íaz , Códice Calixtino S. 250. Vgl. auch unten die Notiz in Buch III S. 127 Anm. 20. 41 Graf Pontius von Toulouse (1037-1060/ 61). <?page no="102"?> 100 Graf, er wolle den hl. Jacobus jetzt aufsuchen, wenn sie mit derselben Absicht ihn begleiten wollten. Er wolle sehen, ob er selbst, nämlich der Heilige, sie nicht von sich aus einlassen würde. Sie stimmten dem einmütig und gern zu und besorgten sich Handlichter für die Nachtwache. Am Abend zündeten sie ihre Lichter an und betraten, etwa zwölf an der Zahl, die Kirche. Sie kamen vor die Kapelle des seligen Jacobus und riefen mit lauter Stimme: „Seligster Apostel Gottes, Jacobus, wenn es dir recht ist, daß wir zu dir gekommen sind, so öffne uns deine Kapelle, damit wir bei dir Vigil halten können.“ Und o Wunder! Kaum waren die Worte gesprochen, als die Tore der Kapelle mit solchem Getöse erdröhnten, daß alle Anwesenden meinen konnten, sie seien in winzige Stücke zersprungen. Als sie aber näher hinschauten, waren die Riegel, die Schlösser und die Ketten, mit denen die Tore verschlossen waren, zerbrochen und zerborsten. So gewährten die Tore, ohne menschliches Zutun und durch eine unsichtbare Kraft geöffnet, den Pilgern den Zutritt. Hocherfreut traten sie ein. Sie jubelten über dieses Wunder um so mehr, als sie dadurch als klar erwiesen erkannten, daß der selige Apostel, der Streiter des unbesiegbaren Herrschers, wahrhaft lebendig sei und sofort ihrer Bitte entsprochen habe. Man kann daraus ermessen, wie gern der Heilige eine fromme Bitte erhört, er, der so gütig diesem Flehen seiner Diener entsprach. Deine Milde also, gnädiger Apostel Gottes, Jacobus, möge uns beistehen, damit wir in den Gefahren dieses Lebens den Fallstricken Satans entgehen und mit frommem Eifer der himmlischen Heimat zustreben, so daß wir, mit deiner Hilfe, durch unseren Herrn Jesus Christus zu ihr gelangen können, durch ihn, der als Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. XIX Von dem griechischen Bischof Stephanus, dem der selige Apostel erschien und dem er unbekanntes künftiges Geschehen voraussagte Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet von Papst Calixtus All denen, die in Compostela wohnen, ob Geistlichen oder Laien, ist <?page no="103"?> 101 ein wahrhaft tugendhafter Mann namens Stephanus bekannt 42 . Aus Liebe zu dem seligen Jacobus hatte er Bischofswürde und Bischofsamt abgelegt und war aus Griechenland zum Grabe des Apostels gezogen. Er hatte den Verlockungen dieser Welt entsagt, um ganz den göttlichen Geboten gemäß leben zu können. Er wies es von sich, in seine Heimat zurückzukehren, und wandte sich an die Hüter des Heiligtums, in dem das kostbarste Gut, die Zierde Spaniens, aufbewahrt wird. Er warf sich ihnen zu Füßen und bat sie, um der Liebe zum ehrwürdigsten Apostel willen, dem zuliebe er die Wonnen der Welt und die irdischen Freuden verschmäht habe, sie mögen ihm im Innern der Kirche einen versteckten Platz zuweisen, wo er sich voll und ganz dem Gebete widmen könnte. Obwohl er nur ärmliche Kleidung trug und sich nicht wie ein Bischof, sondern wie ein armer Pilger gebärdete, blickten sie nicht auf ihn herab, sondern entsprachen seinem berechtigten Wunsch und bereiteten ihm in der Basilika des seligen Apostels als Zelle eine Art Binsenhütte, von der aus er den Altar gerade vor sich sehen konnte. Darin verbrachte er Tag und Nacht mit Fasten, Wachen und Beten und führte ein eheloses und seliges Leben. Eines Tages aber, als er wie gewohnt seine Gebete verrichtete, strömte eine Schar von Bauern zum besonderen Festtage des hochwürdigen Jacobus herbei. Sie standen dicht an der Zelle des heiligmäßigen Mannes, gegenüber dem Altar, und beteten zum Apostel Gottes: „Seliger Jacobus, trefflicher Ritter, erlöse uns von gegenwärtigen und zukünftigen Übeln.“ Dieses Wort behagte dem heiligen Gottesmann gar nicht, und weil die Bauern ihn „Ritter“ genannt hatten, fuhr er sie mit folgenden Worten an: „Ihr dummen Bauern, albernes Volk! Ihr solltet den seligen Jacobus nicht Ritter, sondern Fischer nennen.“ Und er erinnerte sie daran, daß Jacobus, dem Rufe des Herrn folgend, den Fischerstand aufgegeben hatte und dem Herren nachfolgte und daß er später ein Menschenfischer geworden war. 42 Diese Geschichte, die schon aufgrund des Einleitungssatzes eher auf spanisch-galicische als auf Traditionen aus dem mittleren Europa verweist, ist mit Varianten auch in der Historia Silense überliefert, vgl. den Paralleldruck beider Berichte bei d íaz y d íaz , Visiones, S. 134-143. Vgl. zur Sache ebenda sowie P lötz , Lazo espiritual, S. 57-74 und H erbers , Politik und Heiligenverehrung, S. 203-209 (auch zur Nachwirkung hauptsächlich in späteren historiographischen Werken in Spanien). <?page no="104"?> 102 In der Nacht freilich nach dem Tage, da der heiligmäßige Mann dies über den seligen Jacobus verkündet hatte, erschien ihm dieser. Er war angetan mit einem glänzenden Gewand, dazu mit einer Kriegsrüstung gewappnet, die heller als die Sonne strahlte, sah also ganz wie ein Ritter aus, und er hielt zwei Schlüssel in der Hand. Dreimal rief er Stephanus beim Namen und sagte: „Stephanus, Diener Gottes, du hast geordert, man solle mich nicht Ritter, sondern Fischer nennen. Nun aber erscheine ich dir als Ritter, damit du nicht mehr daran zweifelst, daß ich in Gottes Kriegsdienst stehe und sein Streiter bin, und damit du nicht daran zweifelst, daß ich im Kampf gegen die Sarazenen den Christen voranschreite und für sie als Sieger erscheine. Ich habe nämlich bei Gott erwirkt, daß ich für alle, die mich lieben und aus reinem Herzen anrufen, Schützer und Helfer in allen Gefahren sein darf. Damit du noch fester daran glaubst, werde ich mit diesen Schlüsseln in meiner Hand morgen um die dritte Stunde 43 die Tore der Stadt Coimbra aufschließen, die seit sieben Jahren unter König Ferdinand von den Christen belagert wird 44 . Ich werde die Christen einlassen und die Stadt in ihre Gewalt geben.“ Danach verschwand er vor den Augen des Stephanus. Am folgenden Morgen rief dieser nach der Frühmesse die führenden Geistlichen und Laien zu sich und erzählte genau, was er mit Augen gesehen und mit Ohren gehört hatte. Das alles wurde später durch viele Beweise als wahr erhärtet. Sie aber schrieben Tag und Stunde auf, und alles wurde nach Einnahme der Stadt durch Boten des Königs bestätigt, denn diese meldeten, genau an diesem Tag und zu dieser Stunde sei die genannte Stadt eingenommen worden. So war die Wahrheit seiner Weissagungen erwiesen, und der Gottesdiener Stephanus bekräftigte, daß der selige Jacobus allen, die ihn im Kampf anriefen, den Sieg verleihe, und er ermahnte alle Streiter für die Wahrheit, ihn anzurufen. Stephanus selbst vermehrte noch seine Bußübungen und wachte noch inniger in seinen Gebeten, um des Schutzes des Apostels würdig zu sein. So verzehrte er sein Leben im Dienste Gottes und wurde schließlich ehrenvoll in der Basilika des 43 Neun Uhr. 44 Die Stadt Coimbra wurde 1064 von Ferdinand I. (1038-1065) erobert. <?page no="105"?> 103 seligen Apostels bestattet. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem höchsten König sei Ehre und Ruhm in alle Ewigkeit. Amen. Cap. XX Von dem gefangenen Ritter Guillaume, den ein Graf bei entblößtem Halse mit dem Schwert enthaupten ließ, ihn aber nicht zu verwunden vermochte Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet durch Papst Calixtus Nachdem nun schon manche Zeit vergangen ist und auch in unserer Zeit der selige Apostel Jacobus durch viele Zeichen und Wunder auf dem ganzen Erdkreis weit und breit berühmt wurde, geschah es neulich, daß ein heftiger Krieg zwischen dem Grafen von Forcalquier und einem seiner Ritter namens Guillaume entbrannte 45 . Dieser ritt kampfesmutig mit seinen Kriegern in die Schlacht, und beide Heere prallten aufeinander. Die Truppen des Ritters aber wichen vor dem Feind und wandten sich zur Flucht. Der Ritter wurde gefangen genommen und vor den Grafen geführt. Der befahl, ihn zu enthaupten. Da rief der Ritter mit lauter Stimme: „Jacobus, Apostel Gottes, den Herodes in Jerusalem enthaupten ließ, hilf mir und befreie mich! “ Das Schwert des Henkers traf dreimal seinen Hals. Er aber hielt mit zum Himmel erhobenen Händen den Schwerthieben stand, und keine Verletzung war zu sehen. Als der Henker sah, daß er ihm mit der Schärfe des Schwertes nichts anhaben konnte, richtete er die Spitze der Waffe gegen den Leib, um ihn zu durchbohren. Aber der selige Jacobus ließ die Waffe stumpf werden, so daß der Ritter auch diesen Stich nicht spürte. Der Graf und alle Anwesenden wunderten sich darüber sehr, und er ließ ihn gefesselt in seiner Burg einsperren. Als der Morgen des nächsten Tages anbrach, und der Gefangene den seligen Jacobus unter Seufzern anrief, stand der Apostel plötz- 45 Laut d aVid , Etudes (11/ 1947) S. 174 handelt es sich um den Grafen von Forcalquier in der Provence, den Erben der Alix von der Provence, die mit einem jüngeren Sproß aus dem Haus Barcelona verheiratet war. <?page no="106"?> 104 lich vor ihm und sagte: „Du hast mich gerufen, hier bin ich.“ Darauf erfüllte sich das Haus mit lieblichem Duft und hellstrahlendem Licht, so daß alle Krieger und die Anwesenden sich in die Wonne des Paradieses versetzt fühlten. In all diesem Glanz schritt der selige Jacobus, den Gefangenen an der Hand haltend, voraus und gelangte durch die wie geblendet dastehenden Wachen bis zum äußersten Tor. Die Torflügel sprangen auf, und beide schritten weiter, bis sie eine Meile von den Mauern entfernt waren. Der Ritter aber, in Liebe zum seligen Jacobus entbrannt, eilte sofort zu seinem Grabe und seiner Kirche und erzählte alles, wie oben berichtet. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem höchsten König sei deshalb Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. XXI Von dem gelähmten Mann, dem der selige Apostel in seiner Basilika erschien und den er fürsorglich wieder gesund machte Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet von Papst Calixtus Zu unserer Zeit litt ein berühmter Mann aus Burgund namens Guibert von seinem vierzehnten Lebensjahr an unter einer solchen Schwäche seiner Gliedmaßen, daß er keinen Schritt tun konnte. Man legte ihn auf zwei Pferde, und mit seiner Frau und seinen Dienern brach er zum hl. Jacobus auf. Dort war er im Spital des Apostels untergebracht, denn er wollte nirgendwo anders wohnen. Im Schlaf wurde er aufgefordert, er solle so lange in der Kirche des seligen Jacobus im Gebete verharren, bis dieser seine gelähmten Glieder gestreckt hätte. Als er nun in der Basilika des Apostels zwei Nächte lang gewacht hatte und auch in der dritten Nacht im Gebete verharrte, kam der selige Jacobus, faßte ihn an der Hand und richtete ihn auf. Der Mann fragte ihn, wer er sei. „Ich bin“, sagte er, „Jacobus, der Apostel Gottes.“ Danach war der Mann geheilt. Er wachte weitere dreizehn Nächte in der Kirche des Heiligen und verkündete allen laut, was geschehen sei. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem höchsten König sei Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. <?page no="107"?> 105 Cap. XXII Von dem Mann, der dreizehn Mal verkauft und ebensooft durch den Apostel befreit wurde Ein Wunder des hl. Jacobus, aufgezeichnet von Papst Calixtus Im Jahre des Herrn 1100, so wird erzählt, kam ein Bürger von Barcelona auf einer Pilgerfahrt zu der Basilika des hl. Jacobus nach Galicien 46 . Er erbat von dem Apostel lediglich, er möge ihn von jeder feindlichen Gefangenschaft befreien, in die er geraten könne. Dann kehrte er nach Hause zurück. Auf einer Handelsfahrt nach Sizilien wurde er dann auf dem Meere von Sarazenen gefangen genommen. Und was geschah? Auf Märkten und Messen wurde er dreizehn Mal zum Verkauf angeboten und gekauft. Die Käufer aber konnten ihn nicht halten, denn jedesmal zerbrach der selige Jacobus seine Ketten und Fesseln. Zum ersten Mal wurde er in Corozina verkauft, dann bei der Stadt Zara im Slavenland, zum dritten Mal in Blasia, zum vierten in der Türkei, zum fünften in Persien, zum sechsten in Indien, zum siebten in Äthiopien, zum achten in Alexandria, zum neunten in Afrika, zum zehnten im Berberland, zum elften in Bizerta, zum zwölften in Bugia, zum dreizehnten Mal schließlich in der Stadt Almeria 47 . Dort wurde er von einem Sarazenen mit doppelten Ketten an den Beinen gefesselt. Als er nun den seligen Jacobus mit lauter Stimme anflehte, erschien dieser und sprach: „Weil du damals in meiner Basilika nur um das Heil deines Leibes, nicht aber für das deiner Seele gebeten hast, bist du in all diese Fährnisse geraten. Gott aber hat Erbarmen mit dir und er hat mich zu dir gesandt, um dich diesem Kerker zu entreißen.“ Der Apostel brach die Ketten entzwei und entschwand alsbald aus seinen Augen. So machte er sich, von den Fesseln befreit, auf und durchquerte Städte und feste Plätze der Sarazenen, ein Stück der Kette 46 Zu den religiösen Vorstellungen in dieser Geschichte vgl. H erbers , Collections de miracles, und d ers ., Reisen für das Seelenheil, bei Anm. 32. 47 Die Orte, besonders die ersten vier, sind nicht einfach zu identifizieren. Es könnte sich um Corozain in Palästina, um Zara in Dalmatien, Blesle in Frankreich und eine Stadt im Gebiet der Türken handeln. Besonders die Identifizierung von Blesle ist unsicher, weil ansonsten alle weiteren Orte in nichtchristlichen Gebieten liegen, vgl. auch m oraleJo / t orres / F eo , Liber, S. 380 Anm. 17. <?page no="108"?> 106 als Zeugnis eines solchen Wunders in den Händen haltend, und wanderte vor den Augen der Sarazenen in den christlichen Teil des Landes. Wenn ihm ein Sarazene begegnete und versuchte, ihn gefangen zu nehmen, zeigte er ihm nur das Stück Kette, und alsbald floh sein Gegner vor ihm. Ganze Scharen von Löwen, Bären, Leoparden und Schlangen wollten ihn auf seiner Wanderung durch wüste Gegenden verschlingen, wichen aber weit von ihm zurück, wenn sie die Kette sahen, die der Apostel berührt hatte. Diesen Mann habe ich selbst wirklich zwischen Estella und Logroho getroffen, als er erneut zum Grabe des seligen Jacobus pilgerte. Er wanderte mit bloßen und wunden Füßen, die Kette in der Hand halten, und hat mir dies alles erzählt. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dieses Exempel betrifft alle diejenigen, die von Gott und den Heiligen eine Frau, irdisches Glück oder Lehen oder Geld oder den Tod ihrer Feinde oder ähnliche eitle Dinge erbitten, die nur zum Nutzen des Leibes dienen, nicht aber zum Heil der Seele. Wenn schon Dinge für leibliche Bedürfnisse erstrebenswert sind, dann gibt es viel Wichtigeres: Das Heil der Seele, rechte Tugenden, wie Glaube, Hoffnung, Liebe, Keuschheit, Geduld, Mäßigung, Gastlichkeit, Freigebigkeit, Demut, Gehorsam, Friedfertigkeit, Beharrlichkeit und andere solche Werte 48 , damit die Seele im himmlischen Reich gekrönt werde. Das möge der gewähren, dessen Herrschaft und Reich ohne Ende währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. „Ruhm sei dem, der dies schrieb, und Ruhm auch dem, der es liest.” 49 48 Es handelt sich hierbei um die Kardinaltugenden, an deren Spitze Glaube, Liebe und Hoffnung stehen. 49 Der übliche Schluß eines Buches im Liber Sancti Jacobi. Es finden sich außerdem noch einige Wunder in den anderen Büchern, auch im Anhang des Codex Calixtinus. In der Handschrift aus Ripoll von 1173 sind einige dieser Wunder in das Buch II aufgenommen. Wir bringen diese Wunder (mit Ausnahme der bereits oben oder unten abgedrucken Mirakel) in dem hier folgenden Anhang. <?page no="109"?> 107 Verstreute Wunderberichte aus dem Jakobsbuch und dem Anhang dazu 50 WUNDER AUS BUCH IV Die Mauern von Pamplona stürzen von selbst ein (Cap. II., fol. 165r) Die erste Stadt, um die Karl der Große einen Belagerungsring legte, war Pamplona 51 . Er lag etwa drei Monate davor, konnte sie aber nicht nehmen, weil sie mit uneinnehmbaren Mauern bewehrt war. Da wandte er sein Gebet an den Herrn und sprach: „Herr Jesus Christus, um dessen Glaubens willen ich in dieses Land gekommen bin, um das ungläubige Volk zu besiegen, gewähre mir, daß ich diese Stadt nehme, zum Ruhme deines Namens. O seliger Jacobus, wenn es wahr ist, daß du mir erschienen bist, laß mich sie erobern! “ Da gewährte es Gott, während der hl. Jacobus betete, und die Mauern zerbarsten und sanken in den Grund. Das Wunder der blühenden Lanzen (Cap. VIII. fol. 167v f.) Es waren nun einige Christen, die am Abend vor der Schlacht ihre Waffen sorgfältig pflegten 52 . Sie steckten ihre Lanzen vor dem Lager in einer Wiese senkrecht in den Boden, und zwar an dem oben genannten Fluß Cea. Früh am Morgen fanden etliche diese mit Rinde und Laub geschmückt, nämlich diejenigen, welche in der kommenden Schlacht die Märtyrerpalme im Glauben an Gott empfangen sollten. 50 Lateinische Texte und ausführliche Kommentare dazu bei K lein , Verstreute Wunderberichte. Vgl. den Text der Strafwunder aus Buch I oben S. 19-21 sowie des Wunders aus Buch III unten S. 116f. 51 Lateinisch-deutscher Text mit Kommentierung auch bei K lein , Chronik von Karl dem Großen, S. 38f. 52 Lateinisch-deutsch ebenda S. 48-51. <?page no="110"?> 108 Sie wunderten sich über die Maßen und schrieben ein solches Wunder der göttlichen Gnade zu. Sie schnitten die Lanzen dicht über dem Boden ab. Die im Boden verbleibenden Wurzeln trieben Schößlinge hervor, und es enstanden große Wälder, die noch heute dort zu sehen sind. Es waren übrigens viele der Lanzen aus Eschenholz. Ein wunderbares Ereignis und eine große Freude, ein Segen für die Seele, aber ein gewaltiger Schaden für den Leib. Was weiter? An jenem Tage fand die Schlacht der beiden Heere statt. Es fielen vierzigtausend Christen, und auch Herzog Milo, der Erzeuger Rolands, erwarb dabei die Märtyrerkrone, gemeinsam mit denen, deren Lanzen erblüht waren. WUNDER AUS BUCH V Wie die Jakobspilger aufzunehmen sind (Cap. XI, fol. 184r f.) Die Pilger, ob arm oder reich, die vom Grabe des hl. Jacobus zurückkehren oder dort ankommen, sind von allen liebevoll aufzunehmen und zu verehren 53 . Denn wer immer sie aufnimmt und eifrig bewirtet, der hat nicht nur den seligen Jacobus, sondern den Herrn selbst zu Gast, so wie der Herr im Evangelium sagt: „Wer euch aufnimmt, der nimmt auch mich auf“ (Mt 10,40). Es gab nun einstmals viele Menschen, die den Zorn Gottes auf sich zogen, weil sie Pilger des hl. Jacobus nicht aufnehmen wollten. Bei Nantua, einer Stadt zwischen Genf und Lyon, verweigerte ein Weber einem Pilger ein Stück Brot, um das dieser bat. Daraufhin riß sein Gewebe mitten entzwei und fiel zu Boden. Bei Villeneuve erbat ein bedürftiger Jakobspilger von einer Frau, die noch warme Brote unter der Asche hatte, eines davon als Almosen, um der Liebe Gottes und des seligen Jacobus willen. Sie antwortete, sie habe kein Brot. Darauf sagte der Pilger: „Das Brot, das du hast, soll zu Stein werden.“ Als der Pilger schon weit von ihrem Hause ent- 53 Vgl. H erbers , Jakobsweg, S. 160-162 mit Kommentierung. <?page no="111"?> 109 fernt war, ging die nichtswürdige Frau zu der Asche, in dem Glauben, sie werde dort ihr Brot holen können. Aber statt eines Brotes fand sie einen runden Stein. Reuigen Herzens eilte sie dem Pilger nach, konnte ihn aber nicht finden. Bei der Stadt Poitiers kehrten zwei französische Kriegsleute ohne Habe vom hl. Jacobus zurück und suchten von dem Hause des Jean Gautier bis zur Kirche St-Porchaire ein Obdach, fanden aber keines. Schließlich fanden sie in dem letzten Hause des Ortes, neben der Kirche des seligen Porcharius, ihre Unterkunft bei einem Armen. Die Strafe Gottes aber trat ein: In einer schnell um sich greifenden Feuersbrunst brannten alle Häuser des Nachts nieder, von dem Hause an, in dem sie zuerst um Obdach gebeten hatten, bis zu dem, in dem sie Unterkunft gefunden hatten. Das Haus aber, in dem die Diener Gottes aufgenommen worden waren, blieb durch Gottes Gnade verschont. Man soll daher wissen, daß die Jakobspilger, ob arm oder reich, ein Recht darauf haben, aufgenommen und versorgt zu werden. WUNDER AUS DEM ANHANG Ein Wunder des hl. Jacobus, von Alberich, Abt von Vézelay Bischof von Ostia und Legat zu Rom, berichtet (fol. 192v) Im Jahre des Herrn 1139, als Ludwig VII. König von Frankreich war und Innozenz I. als Papst der Kirche vorstand, kehrte ein Mann namens Bruno von Vézelay, dem Ort der hl. Maria Magdalena, vom hl. Jacobus zurück 54 . Seine Geldmittel waren zu Ende, und er begann zu darben. Er hatte keinen Heller, um sich ein Stück Brot zu kaufen. 54 Die Wundergeschichte findet sich gleich nach der autoritativen Epistola, die angeblich von Papst Innozenz II. stammen soll. Zu den dort unterzeichnenden Kardinälen gehörte auch Bischof Alberich von Ostia, der päpstlicher Legat u. a. in England war. Das Schreiben Innozenz’ II. (1130-1143), des Zeitgenossen Ludwigs VII. von Frankreich (1137-1180), hat vielfach (unter anderem, weil in diesem Brief Aimericus Picaudus als Überbringer des Jakobsbuches nach Santiago de Compostela bezeichnet wird) dazu Anlaß gegeben, auch den Ursprung des gesamten Buches in Burgund und im Umkreis von Vézelay zu suchen. <?page no="112"?> 110 Eines Tages, als er am späten Nachchmittag (um die neunte Stunde) noch nichts gegessen hat und sich zu betteln schämte, erflehte er in großer Not aus tiefem Herzen die Hilfe des seligen Jacobus und schlief einsam unter einem Baume ein. Nachdem er eine Weile geschlafen hatte, träumte er, daß ihn der selige Apostel Jacobus mit Speise labe. Erwacht fand er denn auch zu seinen Häupten ein unter der Asche gebackenes Brot. Von dem lebte er vierzehn Tage lang, bis er in seine Heimat kam. Jeden Tag aß er sich daran zweimal satt und fand am nächsten Tag dasselbe Brot ganz in seinem Beutel wieder. Welch wunderbares Geschehen um den Propheten Elias hat sich hier wiederholt 55 ! Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Dem König der Könige sei daher Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Von dem zum Leben erweckten Knaben (fol. 194r) 56 Ein Wunder des hl. Jacobus aus dem Jahre 1164 Unter den Heiligen lebt Gott wunderbar und alle überragend, und er, der Allmächtige, vermag als einziger, Wunder zu wirken. Doch kann durch Gottes Kraft ein Teil der Heiligen viele Wunder wirken und Zeichen setzen. So kommt es, daß Jacobus, voll heiliger Wunderkraft, als frommer Träger des göttlichen Banners auf dem ganzen Erdkreis erstrahlt. Er steht als Säule der Heimat, als Tugend und Schutz des Reiches. Gesichert steht unser Heil, das durch ihn seine fromme Erfüllung findet. Damals erklang weithin der Ruhm der Mauern von Clermont-Ferrand, der edlen Stadt Le Puy und der Stadt des hl. Florus (St-Flour). Aus dieser Gegend wanderte ein Pilger zum Grab des hl. Jacobus, und von ihm stammt der Bericht, wie seinem Sohn das Leben wiedergeschenkt wurde. Von den jüngsten Vertretern dieser schon seit langem verfochtenen These vgl. vor allem H uGlo , Pièces notés, H erWaarden , Op weg, und m oisan , Livre. 55 Vgl. 1 Kön17,6. 56 Die hier folgenden Wunder sind in Gedichtform (lat. Distichen) verfaßt. Dieses und das folgende wurden aber wohl noch vor 1173 der Compostelaner Handschrift zugefügt, weil sie der Mönch aus Ripoll 1173 kopierte. <?page no="113"?> 111 Das Kind war drei Jahre alt, als sein Geist zwischen Sonnenuntergang und Tagesanbruch die sterblichen Glieder verließ. Das Weinen der Eltern nahm kein Ende, und sie ließen nicht ab, ihre Gebete zum hl. Jacobus zu senden. Am nächsten Tage schon wurde der Leib zur Bestattung bereitet und heftig in unermüdlichen Klagen beweint, als plötzlich die immer glückbringende und überreiche Huld des Jacobus den Knaben zu neuem Leben erweckte. Wer vermag die Fülle an Lob und Preis zu nennen, wer die Gaben, die ungezählte Pilger spendeten? Der Vater berichtete getreu, was mit seinem Kind geschehen war, und brachte als Zeugnis dessen Schweißtüchlein mit. Dieses Wunder ist vom Herrn geschehen. Ihm gebührt Ehre unter den Heiligen und ewiger Ruhm. Amen. Ein im Lande Poitou bekanntes Wunder des hl. Jacobus Über das entstellte Gesicht des Sohnes eines Vizegrafen (fol. 194r) Wie Gottes Gerechtigkeit viel Schmerz und verdiente Strafe bringt, so kommt alles Heil von der Güte Gottes. Glücklich, wer in seinem Leben des Heiles würdig geworden ist, denn Gottes Rechte ist voll Gerechtigkeit. Ein Pilger, der zum Grabe des Jacobus kam, erzählte folgende Begebenheit, die auch seine Gefährten bezeugten: Vielen ist der wehrhafte Ort Châtellerault bekannt, der zwölf Meilen von Poitiers liegt. Als sich ein Jakobspilger mit vier anderen diesem Ort näherte, geriet er in einen Hinterhalt. Mächtig und schwer bewaffnet vertrat ihm der Sohn eines Vizegrafen den Weg. Er begehrte des anderen Weib. Die Pilgerin sprang in das Wasser eines Flusses, denn sie wollte lieber sterben, als daß ein Ehebruch geschehe. Der andere beteuerte seine guten Absichten, gab ihr sogar trügerische Küsse, versicherte, er werde sie nicht anrühren, sie solle nur nicht im Wasser ertrinken. Aber wie leichtgläubig war die Frau! In Gegenwart ihres Mannes und der Gefährten erlitt sie Gewalt. Doch die Strafe folgte sofort dem Verbrechen. Etwas Staunenswertes geschah, etwas, das jeder fürchten sollte. Alsbald kennzeichneten schimpfliche Strafmale die schändliche Tat: Dem Schuldigen ragte aus verrenktem Mund <?page no="114"?> 112 weit die Zunge heraus. Nur noch sechs Tage blieben ihm zum Leben. Wahrhaft ein Beispiel göttlicher Gerechtigkeit zugunsten der Pilger, ein abschreckendes Beipiel für Übeltäter in aller Welt. Es verschied der Elende, der nie zu etwas taugte. Wo der Böse versagt, gewinnt der Gute. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Gott, wir loben dich! Das besingen diese beiden Wunder. Wunder des hl. Jacobus zur Befreiung der Christen und der Flucht der Sarazenen aus Portugal Zu lesen am Feste der Wunder des hl. Jacobus am 3. Oktober 57 (fol. 194v) 1. Lesung: Es kehren die Wundertaten Gottes mit den Makkabäern 58 wieder und Wunderzeichen kommen wieder vom Himmel her. Das Volk der Mauren vergeht, und die Gerechten triumphieren überall. Unter König Alfons fiel der Miramolin 59 , König Sancho steht im Dienste des hl. Jacobus, so wie früher sein Vater ihm ein treuer Freund war. Königliche Tugend und treue Gefolgschaft vereint die beiden Herrscher. Rechter Glaube gebietet: Der Sohn der Königsherrschaft vereint beide Szepter, und Sevilla wird in die Hand des Königs gelangen. 57 Zu diesem Fest vgl. oben Anm. 40, zur Thematik der Kämpfe gegen die Muslime in Portugal, vgl. H erbers , Politik und Heiligenverehrung, S. 253f. 58 Anspielung auf den Befreiungskampf der Juden unter Judas Makkabäus gegen die Herrschaft der Seleukiden. 59 Der Herrscher der Muslime. Wahrscheinlich wird hier auf die Schlacht von Santarem 1184 (am 24. Juli, dem Vorabend des Jakobstages) angespielt, die unter Beteiligung von Truppen, die Alfons Heinrich von Portugal (1128/ 39-1185), Ferdinand I. von León (1157-1188) und der Erzbischof von Compostela entsandt hatten, von Portugal und den christlichen Truppen gewonnen wurde. Der kurz darauf im Text genannte Sohn Alfons’ I. war der ihm folgende Sancho I. von Portugal (1185-1212). <?page no="115"?> 113 2. Lesung: In den Chroniken wird berichtet, der (König) Almansor sei, als Strafe Gottes, an tödlicher Ruhr gestorben 60 . Nun verschied auf gleiche, schimpfliche Weise der Sohn des Miramolin, ein großer König auf Erden, an Blasenverschluß (? ). So ist denn auch dieser Eindringling, nichtswürdiger Sproß seines Vaters, von göttlicher Hand getroffen, untergegangen. Es ertönen darum göttliche Gesänge und frohe Loblieder, in die die Kirche mit ihrem Te Deum laudamus einstimmt. Du aber, Kalliope 61 , die du würdige Taten besingst, schweige nun nicht beim Lobgesang auf Jacobus. 3. Lesung: Als einst die Feinde den Tempel des Herrn in Jerusalem bedrängten, erschien am Himmel eine wunderbare Streitmacht: Weiße Pferde in schnellem Lauf, goldene Waffen, strahlende Gewänder und Reiter zum Schutz des rechten Glaubens. So führen noch immer die Kraft des Herrn und die himmlischen Heerscharen ihren Kampf gegen die Feinde des Glaubens. Denn genauso sahen viele Gläubige, die dessen würdig waren, den großen Bannerträger Jacobus kämpfen. Darum fühlt sich die Kirche an den drei Festtagen des Jacobus befreit, wenn sie je irgendwo gefesselt war. Die drei Festtage sind ein dreifacher Lobgesang auf Jacobus, eine neue Verkündung, die vom Herzen über den Mund spricht, wenn nur ein rechter Glaube wirkt. Sie ist eine Erneuerung des Lebens und Liebe dieser Erneuerung. Also soll Jacobus, der ruhmreiche Streiter göttliche Gerechtigkeit allzeit in Christus leben. Amen. Dieses ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder in unseren Augen. Im Jahre des Herrn 1190 62 . 60 Es handelt sich um den „Altumaior Cordube“, der als Al-Mansūr (oder Almanzor) 997 Compostela überfallen und geplündert hatte. Einzelheiten in Buch IV (Pseudo-Turpin), Appendix B, ed. K lein , Chronik von Karl dem Großen, S. 134-137. 61 Muse der epischen Dichtung. 62 Das Datum zeigt, daß es sich um einen Nachtrag zu dem vor 1173 abgeschlossenen Codex Calixtinus (älteste Compostelaner Handschrift des Liber S. Jacobi) handelt. <?page no="116"?> 114 Abb. 4: Erstes Kapitel in Buch III des Liber S. Jacobi, (Santiago de Compostela, Archivo de la Catedral, Folio 156r) <?page no="117"?> 115 Es beginnt das dritte Buch des hl. Jacobus Cap. I: Die „große Translation“ des hl. Jacobus Cap. II: Brief des hl. Papstes Leo Cap. III: Über die drei Festtage des hl. Jacobus und die Prozession des Königs Alfons Cap. IV: Über die Muscheln des hl. Jacobus Es beginnt der Prolog des seligen Papstes Calixtus zur „großen Translation“ des seligen Jacobus Den Bericht über die Überführung des hl. Jacobus habe ich von unserem Codex nicht ausschließen wollen, weil in ihm so große Wundertaten und Siegeszeichen zu Ehren unseres Herrn Jesus Christus und seines Apostels enthalten sind. Das alles weicht auch kaum von der Epistel ab, die mit dem Namen des seligen (Papstes) Leo gezeichnet ist 1 . Man muß wissen, daß der selige Jacobus zahlreiche Jünger, darunter aber zwölf auserwählte, hatte. Wie zu lesen ist, wurden drei im Gebiet von Jerusalem erwählt, darunter Hermogenes als Bischof und der Archidiakon Filetus 2 . Nach dessen Märtyrertod bei Antiochia entschliefen diese, durch zahlreiche Wunder in einem heiligmäßigen Leben ausgezeichneten Männer, selig im Herrn. Auch der selige Josias, Truchseß des Herodes, errang die Märtyrerkrone gemeinsam mit dem Apostel 3 . Neun, so heißt es, wurden noch zu Lebzeiten des Apostels in Galicien auserwählt. Sieben davon kehrten mit ihm nach Jerusalem zurück und überführten seinen Leichnam, nach seinem Märtyrertod, über See nach Galicien. Zwei andere waren zur Verkündung des Christentums in Galicien geblieben. Über sie schrieb der selige Hieronymus in seinem Martyrologium, so wie er es von dem 1 Vgl. unten Cap. II, S. 123-125. 2 Vgl. in der großen Passion über Hermogenes. Hier in der Handschrift fälschlich Filatus geschrieben. Zu diesen Personen vgl. oben Buch I, S. 34-38. 3 Durch Jacobus kurz vor dessen Hinrichtung bekehrt, vgl. oben Buch I, S. 397. <?page no="118"?> 116 seligen Cromatius erfahren hatte 4 , folgendes: Nachdem der Leib des seligen Jacobus in Galicien bestattet worden war, wurden sie von den Aposteln Petrus und Paulus in Rom mit der Bischofswürde ausgestattet und zur Verkündung des Gotteswortes zu den Einwohnern Spaniens entsandt, die damals noch in heidnischer Irrlehre befangen waren. Schließlich aber, nachdem unzählige Völker durch ihre Lehre erleuchtet worden waren, entschliefen, genau am 15. Mai, Torquatus in Acci, Tisephonus in Vergi, Secundus in Abla, Endalecius in Urci, Caecilius in Heliberi, Esicius in Carcesa, Eufrasius in Eliturgis 5 . Es ist bis heute ein großartiges Wunder zum Zeugnis ihres kostbaren Todes lebendig geblieben, denn in der Vigil zu ihrem genannten Feiertag heißt es: Bei der Stadt Accinctina 6 erblüht jährlich, durch göttliche Fügung, am Grabe des heiligen Torquatus, hinter der Kiche, ein Olivenbaum. Dieser bringt reife Früchte hervor, aus denen das Öl gewonnen wird, das in den Lampen vor seinem heiligen Altar brennt. Zwei andere Jünger aber, Athanasius und Theodorus, wurden, wie aus dem Brief Leos hervorgeht, neben dem Leichnam des Apostels bestattet 7 , einer zur Rechten und einer zur Linken. Es soll aber niemand meinen, Athanasius sei Esicius, denn beide sind voneinander wohl zu unterscheiden. Es ist aber auch zu berichten, was zu unserer Zeit mit dem Buch über diese Translation (Überführung) in den Händen eines gewissen Jacobuspilgers geschah. Ein mir bekannter Geistlicher, ein Verehrer und Pilger des heiligen Jacobus, wollte diese Translation mit einigen anderen Wunderberichten über den Apostel mit sich nach Hause nehmen. Er ließ das Buch von einem Schreiber namens Ferdinand in der Stadt des Apostels abschreiben, um den Preis von zwanzig Mün- 4 Dem hl. Hieronymus wird das sogenannte Martyrologium Hieronymianum zugeschrieben. Cromatius war zu Ende des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts Bischof von Aquileia (gest. um 407). Zu den Jacobus-Traditionen in den frühen Martyrologien vgl. P lötz , Apostel Jacobus, S. 94f. 5 Dieser Teil unterstreicht (anders als weite Teile von Buch I) die Predigttätigkeit des Apostels in Spanien und Galicien; zu den sieben apostolischen Begleitern sowie dem gesamten Komplex der Translatio vgl. P lötz , Apostel Jacobus, S. 124-139, zu den „varones apostolicos“ S. 127f. Von den zugeordneten Städten ist vor allem Acci mit Guadix (vgl. die folgende Anm.) zu identifizieren. 6 Guadix el Viejo. 7 Teilweise gelten beide als Bischöfe von galicischen Sitzen. <?page no="119"?> 117 zen aus Rouen. Er zahlte den Preis, erhielt das Buch und las darin ganz allein in einem abgelegenen Winkel der Basilika. Da fand er plötzlich in seinem Schoß genau so viele Münzen, wie er dem Schreiber gegeben hatte. Er glaubte fest, sie seien nicht von Menschenhand, sondern durch den Apostel dorthin gelegt worden. Deshalb gilt der selige Apostel als freigebiger Spender himmlischer Gaben, er, der so schnell seinen Diener mit irdischen Geschenken belohnte. ENDE DES PROLOGS Cap. I Es beginnt die Geschichte von der Überführung des heiligen Apostels Jacobus, des Bruders des Apostels und Evangelisten Johannes, die am 30. Dezember gefeiert wird. Wie der Leichnam von Jerusalem nach Galicien überführt wurde Nach der Passion unseres Erlösers und dem Sieg seiner glorreichen Auferstehung und seiner wunderbaren Himmelfahrt zum Throne seines Vaters, ferner nach der feurigen Ausgießung des Heiligen Tröster-Geistes über die Apostel, wurden diese vom Strahl der Weisheit durchdrungen und durch göttliche Gnade erleuchtet. Die von Christus auserwählten Jünger offenbarten allen Völkern und Nationen seinen Namen durch ihre Predigt. Zu deren hochberühmter Zahl gehört der heilige Jacobus, ein Mann von bewundernswerter Tugend, von gesegnetem Leben, von erleuchtetem Geiste und glänzender Beredsamkeit, dessen leiblicher Bruder Johannes, der Evangelist und Apostel, ist. Ihm wurde sogar von Gott eine solche Gnade gewährt, daß der Herr selbst in seiner überwältigenden Glorie ihm in unvergleichlichem Glanz in seiner Verklärung auf dem Berg Thabor sich sichtbar offenbarte. Als Wahrheitszeugen dessen waren Petrus und Johannes zugegen (vgl. Mt 17,1ff.). Während nun die anderen Apostel verschiedene andere Teile der Welt besuchten, verkündete Jacobus, nach Gottes Willen in westlichen Ländern gelandet, den dort beheimateten Menschen in seinen <?page no="120"?> 118 Predigten unerschrocken das Wort Gottes. Er blieb dort eine Weile, bis die bescheidene Saat, die unter Dornen aufgehen sollte, fruchtbar gedieh. Dann, so heißt es, habe er, Christus treu ergeben sieben Anhänger auserwählt. Deren Namen sind: Torquatus, Secundus, Endalecius, Tisephonus, Eufrasius, Caecilius, Ysicius 8 . Er war bestrebt, gemeinsam mit ihnen den Geist des Unfriedens von Grund auf zu bekämpfen und die Saat des guten Wortes in einen lange Zeit unfruchtbar gewesenen Boden zu senken. Als sein Ende bevorstand, begab er sich eilig nach Jerusalem, damit jedem der oben erwähnten Jünger freundschaftliche Tröstung zuteil werde. Eine boshafte Schar von Saduzäern jedoch und Pharisäern, verführt durch die ruchlose alte List der Schlange, umringte ihn und stellte ihn zahllosen Fangfragen über Christus gegenüber. Seine Beredsamkeit aber war voll vom Heiligen Geiste und allen überlegen. Daher rasten sie in schäumender Wut umso schärfer gegen ihn. Diese Wut wurde durch ihren Haß derart angestachelt, daß er bei einem wilden, gewalttätigen Überfall gefangen genommen und vor Herodes geführt wurde, der ihn zum Tode verurteilen sollte. Durch blutrünstigen Richterspruch wurde er zum Tode durch Enthaupten verdammt. Von einer Woge seines roten Blutes überströmt, errang er die siegreiche Märtyrerkrone. Er flog zum Himmel auf und erhielt dort unverwelklichen Lorbeer. Seine Jünger entwendeten heimlich den entseelten Leib ihres Meisters. Mit größter Mühe und in großer Eile schafften sie ihn zum Strand, wo sie ein bereitliegendes Schiff vorfanden. Sie schifften sich ein, gewannen das offene Meer und gelangten am siebenten Tag vor den Hafen von Iria Flavia 9 in Galicien. Rudernd erreichten sie das ersehnte Festland. Sicherlich haben sie damals dem Schöpfer aller Dinge überreichen Dank und würdiges Lob gespendet. Dies einmal für ein solch großes Geschenk, das ihnen der Herr gewährt hatte, dann aber auch, weil sie die Nachstellungen der Seeräuber, die gefährlichen Riffe und Klippen, gähnende, finstere Abgründe und Wasserwirbel ohne jeden Schaden überstanden hatten. 8 Vgl. hierzu Anm. 5. 9 Heute El Padrón. <?page no="121"?> 119 Im Vertrauen auf einen solchen Beschützer wandten sie sich nun ihrer neuen Aufgabe zu und machten sich auf die Suche nach einem Ort, den der Herr als Ruhestätte für ihren Märtyrer ausersehen hatte. Sie wandten sich nach Osten und kamen zu einem „Luparia“ genannten Besitztum einer gewissen Frau 10 , das etwa fünf Meilen von der Stadt Iria entfernt lag, und legten dort den Heiligen in seinem Sarg nieder. Sie fragten nach dem Eigentümer dieses Besitztums und erfuhren dies durch den Hinweis einiger Ortsansässiger. Dieser Spur folgend, bemühten sie sich mit aller Macht und Anstrengung, den Eigentümer ausfindig zu machen. Schließlich fanden sie ihn in der genannten Frau und erzählten der Reihe nach, was ihr Ziel war: Sie baten sie, sie möge ihnen einen kleinen Tempel schenken, wo sie ein Götzenbild zur Anbetung errichtet hatte, das dort in abwegigem heidnischem Irrglauben als Heiligtum verehrt wurde. Die Frau war von vornehmer Herkunft, hatte aber durch widriges Geschick ihren Gatten verloren. Sie war zwar noch immer gottlosem Aberglauben ergeben, aber ihres Adels eingedenk lehnte sie jegliche Verbindung mit adligen und nichtadligen Bewerbern ab, um nicht wie eine Dirne ihr einstiges Ehebett zu beschmutzen. Sie erwog die Bitte und die Berichte der Jünger, und bevor sie eine Antwort gab, überlegte sie insgeheim, wie sie sie einer tödlichen Gefahr aussetzen könnte. Schließlich erwiderte sie in geheuchelter Hilfsbereitschaft: „Geht hin und sucht den König auf, der in Dugio 11 weilt, und erbittet von ihm einen Ort, an dem ihr dem Verstorbenen eine Grabstätte bereiten könnt.“ Auf diese Worte hin hielt ein Teil von ihnen nach dem Bestattungsritus Totenwache bei dem Leichnam des Apostels, ein anderer Teil begab sich eilends auf den angegebenen Weg zum Königspalast. Sie wurden vor den König geführt und begrüßten ihn seinem Rang entsprechend. Dann eröffneten sie ihm, wer sie seien, woher sie kämen und weshalb sie hierher gekommen seien. Der König hätte zwar von Anfang des Gespräches an ihren Antrag am liebsten abgewiesen, hörte aber aufmerksam und scheinbar wohlwollend zu. Er war jedoch zutiefst betrof- 10 Dieser Ort ist nicht sicher identifiziert; vielleicht eine Stelle auf dem Weg von Santiago nach El Padrón, die „Castro Lupario“ heißt. 11 Ort unbekannt; vielleicht beim Kap Finisterre gelegen. <?page no="122"?> 120 fen und wußte nicht recht, was er tun sollte. Vom Teufel angestachelt, befahl er dann in grausamem Entschluß, ihnen einen Hinterhalt zu bereiten und sie zu töten. Dies aber wurde ihnen durch Gottes Willen insgeheim bekannt. Sie zogen sich heimlich zurück und ergriffen schleunigst die Flucht. Sobald aber der König von ihrer Flucht unterrichtet wurde, brach er in schäumende Wut aus, und wild wie ein Löwe folgte er mit allen Leuten seines Hofes hartnäckig der Spur der Gottesdiener. Als es beinahe so weit gekommen war, daß sie in die Hände der grausamen Verfolger fielen, betraten die einen zitternd und zagend, die andern voller Zuversicht die Brücke über einen Fluß. Plötzlich löste sich auf Gottes Geheiß die Brücke unter den Verfolgern in ihrem Gefüge und stürzte in die Tiefe hinab. Der weise Spruch des ewigen Richters bestimmte so, daß von der gesamten Schar der Verfolger nicht einer übrigblieb, der das Geschehene am Königshof hätte berichten können. Die heiligen Männer jedoch blickten beim Lärm der Waffen und der herabstürzenden Steine zurück. Beim Anblick der mächtigen Männer, der Pferde und des Kriegsgeräts, das alles in den Wasserfluten umhergewirbelt wurde - nicht anders als einstmals die ägyptischen Herrscharen - rühmten sie laut die Wundertaten Gottes. So setzten sie, von der Rechten Gottes geschützt und der Gefahr entronnen, frohgemut und mutig den rettenden Weg zu der genannten Frau fort. Sie berichteten dann wie der wilde Spruch des Königs sie alle hatte vernichten wollen und wie Gott an ihm Vergeltung geübt hatte. Darüber hinaus forderten sie dringend, sie solle das erwähnte, den Teufeln geweihte Haus ihnen überlassen, um es Gott zu weihen. Sie ermahnten sie nachdrücklich, sie solle sich von den Götzenbildern lossagen. Diese seien von Menschenhand geschaffen, nützten weder ihr noch könnten sie anderen schaden. Sie könnten weder mit Augen sehen noch mit Ohren hören, nicht mit der Nase riechen, kurz, sie nützten kein einziges Organ. Der Geist der Frau jedoch bangte nach dem Untergang des Königs um das Schicksal von Verwandten und Verschwägerten. Sie war darum, wie dies auch sonst oft geschieht, heilsamen menschlichen Ratschlägen nicht zugänglich und ersann, ganz im Gegenteil, betrügerische und törichte Machenschaften. Als die Jünger nun noch heftiger mit Bitten in sie drangen, sie möge ihnen wenigstens ein kleines Stück ihres Landes <?page no="123"?> 121 zur Bestattung der Gebeine des heiligen Mannes überlassen, sann sie schon auf neue, ungewöhnliche Anschläge, in dem Glauben, sie könne sie durch eine List zu Fall bringen. Sie sprach daher folgendes: „Da ich nun sehe, daß ihr eure Absicht erfolgreich und zielbewußt verfolgt und auch auf keine Weise davon abzubringen seid, hört: Ich besitze auf einem Berg zahme Rinder. Geht dorthin und nehmt sie, und wenn ihr irgend etwas zum Bauen Wichtiges, Nützliches oder Notwendiges erblickt, schafft es mit ihnen fort. Wenn etwas zum Lebensunterhalt fehlt, will ich es gern für euch und die Tiere besorgen.“ Die Männer des Apostels hörten das, und ohne die weibliche Verschlagenheit zu bedenken, zogen sie dankbar zu dem Berg. Dort aber fanden sie etwas vor, auf das sie nicht gefaßt waren. Während sie nämlich den Berg hinanstiegen, erschien unversehens ein gewaltiger Drache. Durch seine häufigen Überfälle waren die Behausungen der ringsum liegenden Dörfer längst verödet. Er kam flammenspeiend aus seiner Höhle, griff die Männer Gottes im Fluge an und bedrohte sie mit dem Tod. Sie aber beherzigten die Lehren des Glaubens (vgl. Mk 16,17-18), hielten ihm zu ihrem Schutz das Kreuzeszeichen entgegen und wiesen ihn so zurück. Er konnte das Zeichen der Wundmale des Herrn nicht ertragen, und sein Leib brach mitten entzwei. Nach diesem Kampf richteten sie die Augen gen Himmel und sagten dem höchsten König aus tiefstem Herzen ihren Dank. Schließlich, um die Masse der bösen Geister ganz von dort zu verjagen, weihten sie Wasser mit dem sie den ganzen Berg besprengten. Dieser Berg aber war vorher der „verlockende“, oder besser, der „verführerische“ Berg genannt worden, weil viele Sterbliche vor dieser Zeit verführerisch angelockt dort Dämonenkult betrieben. Von ihnen wurde er jetzt der „heilige“, der „geweihte“ Berg genannt 12 . Darauf erblickten sie beim Fortgehen von ferne die Rinder, die ihnen in betrügerischer Absicht zugesprochen worden waren, die aber ungezähmt waren und wild brüllten. Sie warfen mit ihren Hörnern den Grund auf und stampften ungestüm den Boden, stürmten die Berghänge herab und verfolgten sie in wildem, todbringendem Lauf. Plötzlich aber überkam sie eine solche Sanftmut, daß sie, die vorher 12 Pico Sagro, Berg im Tal des rio Ulla. <?page no="124"?> 122 in grausamer Wildheit herangestürzt gekommen waren, um alles in ihrem Lauf zu vernichten, jetzt unterwürfig mit geneigtem Hals sich den heiligen Männern in die Hand gaben und die Hörner senkten. Die Männer aber, die den heiligen Leib des Apostels gebracht hatten, streichelten die Tiere, die vorher wild, jetzt aber sanftmütig waren, legten ihnen unverzüglich das Joch auf, gingen geradewegs weiter und betraten mit den unterjochten Tieren den Palast der Frau. Diese war tief erschrocken, als sie die ungewöhnlichen Wunder erkannte, und überwältigt durch diese dreifachen Wunderzeichen gab sie ihrer Bitte nach, denn sie, die vorher anmaßend gewesen war, war nun gehorsam geworden. Sie übergab ihnen ein kleines Gebäude, und, im Namen der Dreifaltigkeit getauft, wurde sie mit ihrem ganzen Hause eine gläubige Christin. So wurde sie durch Gottes Eingebung von der Lehre des Glaubens durchdrungen, und sie, die vorher in irrigem Wahn befangen, alles gefordert hatte, war jetzt demütig und ergeben. Sie zerbrach und zerschmetterte die hochragenden Götzenbilder, und das Heiligtum, das ihr unterstand, ließ sie zerstören. Nachdem es abgerissen und dem Erdboden gleichgemacht war, wurde der Boden tief ausgegraben. In wunderbarem Steinwerk errichteten die Jünger ein Grabmal, in dem sie den Leib des Apostels in einer kunstvollen Grabkammer bestatteten. Eine Kirche der gleichen Größe wurde darüber errichtet, die, mit einem Gott geweihten Altar geschmückt, dem frommen Volk Zutritt gewährte. Nach einiger Zeit, als das Volk durch die Jünger des Apostels in der Lehre des Glaubens erzogen worden war und die vorher brachliegenden Felder mit göttlichem Tau benetzt waren, wuchs schnell eine reiche und von Gott vermehrte Ernte heran. Zwei Diener des Meisters bewachten liebevoll, aus Verehrung für ihn, unermüdlich sein Grab. Als ihre letzte Stunde gekommen war, zahlten sie der Natur ihren Tribut, hauchten in seligem Tode ihren Geist aus und sandten froh ihre Seele zum Himmel. Jacobus, der vorzügliche Lehrer, ließ sie nicht im Stich, sondern erwirkte bei Gott, daß sie ihm im Himmel und auf Erden zugesellt würden. Mit purpurner Stola angetan und einer Krone geschmückt, erglänzt er im Himmelssaal mit seinen Jüngern. Die Elenden, die ihn anrufen, beschützt er mit nie versagender Fürsprache, mit Beistand unseres Herrn <?page no="125"?> 123 und Erlösers Jesus Christus, dessen Herrschaft und Reich mit dem Vater und dem Heiligen Geiste für immer währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. II Es beginnt der Brief des Papstes Leo über die Translation des seligen Apostels Jacobus, die am 30. Dezember gefeiert wird Eure Bruderschaft, geliebte Oberhirten der gesamten Christenheit, möge erfahren, wie der unversehrte Leib des allerseligsten Apostels Jacobus nach Spanien in das galicische Land überführt wurde 13 . Nach der Himmelfahrt unseres Erlösers und der Ausgießung des Heiligen Geistes über die Jünger wurde im Verlauf des Jahres 11 nach der Passion Christi, zur Zeit der ungesäuerten Brote, der hochselige Apostel Jacobus, nach eifrigem Besuch der jüdischen Synagogen, in Jerusalem durch den Hohen Priester Abiathar gefangen genommen und durch Herodes gemeinsam mit dem Jünger Josias zum Tode durch Enthaupten verurteilt. Aus Furcht vor den Juden aber wurde der Leib des heiligen Apostels des Nachts von seinen Jüngern entführt. Diese gelangten dann im Geleit eines Engels des Herrn nach Jaffa an den Strand. Als sie sich noch zögernd fragten, was sie nun tun sollten, erschien auf Gottes Geheiß ein abfahrbereites Schiff. Voller Freude gingen sie mit dem Jünger unseres Erlösers an Bord, hißten die Segel, segelten bei günstigen Winden und ruhiger See und landeten, voller Lob über die Milde unseres Erlösers, im Hafen von Iria Flavia. Voller Freude sangen sie folgenden Vers Davids: „Im Meere sind deine Wege und deine Pfade in vielen Wassern“ (Ps 76,20) Sie verließen das Schiff und legten den seligen Leichnam in einem Landgut namens „Liberum Donum“ 14 nieder das von der genannten Stadt etwa acht Meilen entfernt war. Dort wird er jetzt noch verehrt. 13 Zu diesem Brief vgl. aus der zahlreichen Literatur außer der schon in Anm. 5 genannten Abhandlung von P lötz vor allem l óPez a lsina , Ciudad, bes. S. 122ff., 186ff. (mit weiteren Hinweisen auch zu den im vorigen Kapitel genannten Orten) und S. 307f. 14 Der Name ist nicht geklärt, vielleicht Libredón, was eine Schenkung Lupas gewesen sein könnte. <?page no="126"?> 124 An diesem Ort fanden sie einen riesigen, von Heiden errichteten Götzentempel. Als sie sich genauer umschauten, fanden sie in einem Gewölbe eiserne Werkzeuge, mit denen die Steinmetzen Gebäude zu errichten pflegten. Freudig rissen die Jünger den besagten Tempel ab und ließen keinen Stein auf dem anderen. Sie gruben dann in die Tiefe, legten ein festes Fundament und bauten darüber ein kleines gewölbtes Gebäude in schön behauenem Steinwerk, wo sie in kunstvoller Grabkammer den Leib des Apostels beisetzten. Darüber errichteten sie eine Kirche von geringem Umfang, die, mit einem Gott geweihten Altar geschmückt, dem frommen Volk Zutritt gewährt. Nach der Bestattung des allerheiligsten Leibes sangen sie Lobgesänge auf den höchsten König und psalmodierten folgende Verse Davids: „Der Gerechte freut sich im Herrn und hofft auf ihn, und gepriesen werden alle, die reinen Herzens sind“ (Ps 63,11). Ferner: „In ewigem Andenken bleibt der Gerechte, und üble Rede wird er nicht fürchten“ (Ps 111,7). Nach einiger Zeit, als das Volk durch die Jünger des Apostels in der Lehre des Glaubens erzogen worden war, wuchs schnell eine reiche und von Gott vermehrte Ernte heran. Nach reiflicher Überlegung blieben zwei Jünger zurück, um diesen kostbarsten Schatz, den verehrenswerten Leib des heiligen Jacobus, zu bewachen. Einer von ihnen hieß Theodorus, der andere Athanasius. Die anderen Jünger dagegen machten sich unter Gottes Geleit zur Bekehrung Spaniens auf. Die erwähnten zwei Jünger, die als ergebene Diener ihres Meisters liebevoll und unermüdlich Tag und Nacht sein Grab hüteten, verfügten, sie mögen von den Christen nach ihrem Tode neben ihrem Meister bestattet werden, einer zu seiner Rechten, einer zu seiner Linken. Als ihre letzte Stunde gekommen war, zahlten sie der Natur ihren Tribut, hauchten in seligem Tode ihren Geist aus und sandten ihre Seele zum Himmel. Jacobus, der vorzügliche Lehrer, ließ sie nicht im Stich, sondern erwirkte bei Gott, daß sie ihm im Himmel und auf Erden zugesellt würden. Er jubiliert, mit purpurner Stola angetan und einer Krone geschmückt, gemeinsam mit seinen Jüngern im Himmelssaal. Die Elenden, die ihn anrufen, schützt er mit nie versagender Fürsprache, unter dem Beistand unseres Herrn und Erlösers <?page no="127"?> 125 Jesus Christus, dessen Herrschaft und Reich mit dem Vater und dem Heiligen Geiste für immer währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Cap. III Papst Calixtus über die drei Feiertage des hl. Jacobus Der selige Evangelist Lukas legt in der Apostelgeschichte dar, wie der Apostel Petrus am Tage der ungesäuerten Brote von Herodes in den Kerker geworfen wurde, und zwar an der Stelle, wo er sagt: „Es waren aber die Tage der ungesäuerten Brote ...“ (Apg 12,3ff.) 15 . Außerdem sagt er, daß der selige Jacobus vor Ostern von demselben Herodes ermordet wurde, das heißt, zu der Zeit der Hungersnot, die durch den Propheten Agabus vorhergesagt worden war und die sich unter dem römischen Kaiser Claudius ereignete. Lukas sagt nämlich so: „Zu dieser Zeit streckte der König Herodes seine Hände aus, um einigen Anhängern der Kirche nachzustellen. Jacobus aber ließ er mit dem Schwert hinrichten“ (Apg 12,1-2). Er gibt zwar so die Zeit der Passion des seligen Jacobus und auch die Personen jener Zeit an, aber er sagt nichts über den genauen Tag. Obwohl also dieser Tag lange Zeit jedermann unbekannt war, wurde er einem mir bekannten Gläubigen in einem geistigen Traumgesicht geoffenbart. In der Nacht der Vigil der Verkündigung der seligen Jungfrau Maria hatte er folgende Erscheinung: Während der selige Jacobus zur Aburteilung vor den Rat des Herodes in einen Saal geführt wurde, entstand im Volk der Juden und der Heiden ein großer Streit. Die einen sagten, der fromme Apostel dürfe nicht hingerichtet werden, die anderen dagegen waren für eine Hinrichtung. Schließlich wurde er von Herodes in einem ungerechten Spruch verurteilt, von einer Schar gottloser Herodianer mit Fesseln um den Hals zu seinem Richtplatz außerhalb der Stadt geführt und enthauptet. Alsbald ergriff ein berühmter Mann, ein hoher Würdenträger, vor dem Volk im Königssaal für ihn das Wort und sagte unter Tränen und mit klagender Stimme: „Um die dritte Stunde wurde er verurteilt, und wie Christus hat er um die neunte Stunde 15 Vgl. zu den Festtagen H erbers , Jakobuskult, S. 104f. <?page no="128"?> 126 den Tod erlitten.“ Am gleichen Tage also und zur gleichen Stunde wie der Meister fand auch der Jünger den Tod. Andere gingen ihren Geschäften nach oder zu ihrem Dienst, er aber ging zum würdigen Dienste Gottes, das heißt, zur Erringung der Märtyrerkrone. Andere gingen zum Essen und Trinken, er aber ging, um die selige Speise und den Trank des Märtyrertodes zu empfangen und so des nie versiegenden Trankes des ewigen Lebens würdig zu werden, der ihm vom Herrn mit den Worten verheißen worden war: „Auch ihr werdet meinen Kelch trinken ...“ (Mt 20,23) Der heilige Hieronymus aber setzte die Märtyrerfeier des heiligen Jacobus als erster auf den 25. September fest, und zwar in seinem Märtyrerverzeichnis 16 , das er an die heiligen Bischöfe Cromatius und Heliodorus schickte. Später bestimmte der selige Papst Alexander 17 , die Feier sei an demselben Tage zu begehen, als er nämlich den Tag von Petri Kettenfeier auf den 1. August legte. An diesem Tage, nämlich dem 1. August, so heißt es in römischen Geschichtsbüchern, waren lange vorher die Ketten Petri durch die Kaiserin Eudoxia von Jerusalem nach Rom gebracht worden 18 . Der genannte Papst Alexander barg sie, mit Weihwasser und heiligem Öl gereinigt, in der Kapelle des hl. Petrus. An diesem gleichen Tage nämlich, dem 1. August, hatten vor dem die Heiden traditionsgemäß, zu Ehren des Kaisers Augustus, dessen Sieg über Antonius und die durch Schlangenbiß verstorbene Kleopatra gefeiert. Der Papst ordnete an, nunmehr an diesem Tage den hl. Petrus zu verehren. An einem ebensolchen Tage hatte übrigens die Tochter eines hochgestellten Römers namens Quirinus auf den Rat des genannten Papstes hin, der von diesem Quirinus in den Kerker geworfen worden war, dort die Fesseln des hl. Petrus geküßt und war von einer schweren Krankheit befreit worden, an der sie schon lange litt. Der selige Papst aber verließ dann, begleitet 16 Vgl. oben Anm. 4. 17 Dies dürfte sich auf Papst Alexander II. (1061-1073) beziehen. 18 Eudoxia, die Gemahlin Theodosius II. soll 439 zwei Ketten von Jerusalem besorgt haben. Eine sei in Konstantinopel geblieben, die andere habe sie ihrer Tochter Eudoxia, der Frau des weströmischen Kaisers Valentinianus III. geschenkt. Zusammen mit der Geschichte von einer anderen Kette wird u.a. hierin der Ursprung der Kirche S. Petrus ad Vincula in Rom gesehen. Zu weiteren Gründungstraditionen vgl. W alter b ucHoWJecKi , Handbuch der Kirchen Roms, 3 (Wien 1974) S. 551-559, vgl. vor allem S. 559. <?page no="129"?> 127 von den Entschuldigungen des Quirinus, den Kerker. Schließlich bestätigte auch der selige Beda, jener glänzende Kirchenlehrer, schriftlich und mündlich in seinem Märtyrerverzeichnis 19 , daß an dem genannten Tage der Märtyrertod des hl. Jacobus zu feiern sei, mit den Versen: Julius in quadris bis gaudet ferre kalendis Iacobum fratremque Iohannis more colendum. „An seinem fünfundzwanzigsten Tage, so freut sich der Juli, wird Sankt Jakob gefeiert sowie sein Bruder Johannes.“ So erlitt er am 25. März das Martyrium und wurde am 25. Juli von Iria nach Compostela geleitet und am 30. Dezember bestattet. Die Beschaffung des Materials und die Errichtung seines Grabmals dauerten nämlich von August bis Januar. Mit Recht also pflegte die hl. Kirche die Feierlichkeiten des Märtyrertodes des seligen Jacobus und Petri Kettenfeier an den genannten Tagen zu begehen, denn wenn sie diese Feste um die Osterzeit beginge, so fielen das festliegende Osterfest oder das des 40. Fastentages auf diese Tage, und es müßte alles verschoben werden. Oftmals fiel der Tag von Mariä Verkündigung, der am 25. März zu feiern ist, entweder zwischen Palmsonntag und Ostern oder in die Osterwoche und konnte infolgedessen gar nicht gebührend gefeiert werden. Das Fest der Wunder des hl. Jacobus - wie er zum Beispiel den Mann, der auf Anraten des Teufels Selbstmord begangen hatte, wiedererweckte und andere Wunder wirkte - wird am 3. Oktober gefeiert 20 . Der selige Anselmus hatte es als erster eingesetzt 21 , und wir bestätigen es ausdrücklich. Es heißt, der berühmte spanische König Alfons 22 würdigen Angedenkens habe vor uns und vor unserer aus- 19 Zu Jacobus-Traditionen im Martyrologium Bedas vgl. P lötz : Apostel Jacobus, S. 96 mit Besprechung der im folgenden zitierten Verse. 20 Vgl. hierzu oben Buch II., Anm. 40. Auch diese Passage steht wiederum als Randnotiz. In den Text des gesamten Kapitels wird hiermit ein Widerspruch eingeführt, denn nun wären sogar vier Jacobus-Feste zu berücksichtigen. 21 Vgl. oben das Anselm von Canterbury zugeschriebene Mirakel, Buch II, S. 94-99. 22 Gemeint ist wohl Alfons VI. (1065/ 1072-1109). <?page no="130"?> 128 drücklichen Bestätigung die Feierlichkeiten der Überführung und der kirchlichen Wahl des seligen Jacobus auf den 30. Dezember gelegt. Er war nämlich der Ansicht, die Feier der Überführung sei nicht weniger bedeutend als die seines Märtyrertodes, weil in ihr das Volk von Galicien den Trost der leiblichen Gegenwart des Herrenjüngers freudig miterlebt hat. Zu dieser Feierlichkeit 23 ordnete der hochgeachtete König an, zu Ehren der zwölf Apostel zwölf Pfund Silber und ebensoviele Talente Gold auf dem ehrwürdigen Altar beim Meßopfer darzubringen. Ferner erhielten seine Krieger ihren Sold und besondere Belohnungen. Sie wurden mit seidenen Gewändern und Mänteln gekleidet. Die Schildknappen wurden in den Kriegerstand eingeführt, neue Soldaten eingewiesen. Es gab außerdem die Anweisung, alle Ankömmlinge, ob bekannt oder unbekannt, mit allerlei Speisen zu bewirten, keinem Armen die Pforten seines Hofes zu verschließen. Er wies sogar die Ausrufer an, sie sollten mit Trompetenschall alle zur Ehre eines solchen Festes zum Mahle laden. Der König selbst, angetan mit königlichen Gewändern, umringt von Scharen von Kriegern und den verschiedenen Rängen von Heerführern und Grafen, Reihen vornehmer, bewährter Helden, umschritt regelmäßig an diesem Tage in königlich feierlicher Prozession die Basilika des seligen Jacobus. Das wunderbare, silberne Szepter des spanischen Reiches, das der ehrwürdige König trug, blitzte, mit goldenen Blumen, verschiedenen Schnitzereien und lauter Edelsteinen besetzt. Das goldene Diadem, mit dem der mächtige König zu Ehren des Apostels geschmückt war, war verziert mit smaragdenen Blumen, schwärzlicher Einlegearbeit, allen erdenkbaren Edelsteinen, glänzenden Darstellungen von Landtieren und Vögeln. Ein zweischneidiges, blankes Schwert, das dem König vorangetragen wurde, glänzte mit goldenen Blumenmustern, leuchtenden Inschriften, goldenem Knauf und silbernem Heft. Neben ihm schritt, würdevoll, von seinen Mitbischöfen umgeben, der Bischof der Jacobusgemeinde. Er war mit bischöflichen Gewän- 23 Das Folgende hebt sich deutlich ab und könnte zumindest bei der Zusammenstellung des Buches relativ spät hinzugefügt worden sein. Diese Beschreibung einer festlichen Prozession steht nicht in der 1173 angefertigten Abschrift des Mönches von Ripoll. Zur Sache auch H erbers , Jakobuskult, S. 85f. sowie d íaz y d íaz , Procesión (mit Edition). <?page no="131"?> 129 dern angetan: Sein Haupt deckte die weiße Mitra, an den Füßen trug er vergoldetes Schuhwerk, er war geschmückt mit einem goldenen Ring, trug weiße Handschuhe und den elfenbeinernen Bischofsstab. Die Geistlichkeit, die ihm voranschritt, war in würdigen Ornat gehüllt. Die Chormäntel, die die zweiundsiebzig Kanoniker trugen, waren mit kostbaren Steinen, silbernen Schnallen und goldenen Blumen geschmückt und ringsum, vorne und hinten, mit herrlichen Säumen versehen. Andere trugen seidene Dalmatiken, die, mit goldverbrämten Bändern von wunderbarer Schönheit durchwebt, von den Schultern über den Rücken herabhingen. Andere schmückten sich dazu noch prächtig mit goldenen, mit allen Arten von Edelsteinen besetzten Halsketten, goldbestickten Halsbändern, herrlichen Mitren, passenden Sandalen, goldenen Gürteln, golddurchwirkten Stolen und mit Perlen besetzten Manipeln. Und weiter? Die Chorherren waren mit aller Art von Edelsteinen und allem Glanz von unschätzbarem Gold- und Silberschmuck ausgestattet. Die einen trugen Kerzenleuchter, andere silberne Weihrauchfässer, andere vergoldete Kreuze, andere goldene, mit allerlei Edelsteinen besetzte Gefäße, andere mit den Reliquien verschiedener Heiliger gefüllte Kapseln, andere Amulette, andere goldene oder elfenbeinerne, für die Sänger bestimmte Taktstöcke, die an der Spitze mit Onyx oder Beryll oder Saphir oder Karfunkel oder Smaragden oder anderen Edelsteinen verziert waren. Wieder andere führten zwei silberne, oben vergoldete Altartische auf silbernen Wagen mit sich, auf denen die Wachskerzen des frommen Volkes brannten. Dann folgte die fromme Menge: berühmte Krieger und Vornehme, Edelinge, Adlige, Grafen, Einheimische und auch Fremde, sie alle festlich gekleidet. Die Scharen verehrenswerter Frauen, die darauf folgten, trugen vergoldetes Schuhwerk, Marder-, Zobel-, Hermelin-, Fuchs- und andere Pelze, dazu seidene Umhänge, Grauwerk, ferner weite Mäntel aus außen scharlachrotem, innen verschiedenfarbigem Tuch. Sie waren geschmückt mit goldenen Halbmonden, vornehmen Halsbändern, Haarspangen, Ohrringen, Schenkelspangen, Ringen, Gemmen, Spiegelchen, goldenen Gürteln, seidenen Bändern, schleierartigen <?page no="132"?> 130 Kleidern, Stirnbinden und baumwollenen Geweben. Ihr Haar war golddurchflochten. Dazu trugen sie noch vielerlei Arten anderer Kleidung oder Zierat. Cap. IV Die Jakobsmuscheln Man erzählt, daß, wo immer der Klang der Jakobsmuscheln 24 die die Pilger mit sich führen, in den Ohren der Menschen erklingt, deren frommer Glaube bestärkt wird. Alle Nachstellungen des Widersachers werden durch sie zurückgewiesen, ebenso Hagelschlag, Wirbelstürme und Unwetter. Verheerende Wetterschläge werden besänftigt, stürmische Winde werden milde und sanft, kurz, alle Mächte der Luft werden gebannt. 24 Vgl. oben Buch I, S. 51. <?page no="133"?> 131 Anhang Literaturverzeichnis Im folgenden Verzeichnis wird vor allem die jüngere und die oben gekürzt zitierte Literatur angeführt, die zum Liber Sancti Jacobi einschlägig ist. Von dort aus sind ältere Werke leicht erschließbar. Ausführliche Literaturverzeichnisse zur Thematik im weiteren Sinne bieten die 1993 und 1996 erschienenen Werke: Santiago. Camino de Europa (Ausstellungskatalog, Santiago de Compostela 1993) Caucci von Saucken, Paolo G. (Hg.), Santiago de Compostela. Pilgerwege (Übersetzt von Marcus Würmli) (Augsburg 1993) Herbers, Klaus/ Plötz, Robert, Nach Santiago zogen sie. Berichte von Pilgern ans „Ende der Welt“ (München 1996) Quellen und Literatur Antelo Iglesias, Antonio, Santiago y Cluny: Poder eclésiastico, letras latinas y epopeya, in: Compostellanum 39, 3-4 (1994) S.-355-369 Ayres, Larry M., The Illumination of the Codex Calixtinus. A Norman Dimension, in: The Codex Calixtinus and the Shrine of St. James, hg. von John Williams und Alison Stones (Jakobus-Studien 3, Tübingen 1992) S.-245-253 Benesch, Kurt, Pilgerwege. Santiago de Compostela (Freiburg 1991) Bravo Lozano, Millán, Guía del peregrino Medieval (Sahagún 1989, mehrere Neuauflagen) Brown, Elizabeth A. 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Regionen (Sigmaringen 1993) <?page no="144"?> 142 —, Die ‚Historia Compostellana‘ und die Kirchenpolitik des nordwestspanischen Raumes 1070-1130. Ein Beitrag zur Geschichte der Beziehungen zwischen Spanien und dem Papsttum zu Beginn des 12. Jhs. (Kölner Historische Abhandlungen 29, Köln-Wien 1980) Wallfahrt kennt keine Grenzen, hg. von L. Kriss-Rettenbeck und G. Möhler (München-Zürich: 1984, 2 1985) Wallfahrt und Alltag in Mittelalter und Früher Neuzeit, Veröffentlichungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit 14 (Wien-1992) Werft, Hendrik van der, The Polyphonic Music, in: The Codex Calixtinus and the Shrine of St. James, hg. von John Williams und Alison Stones (Jakobus-Studien 3‚ Tübingen 1992) S.-125-136 Whitehill, Walter Muir (Hg.), Liber Sancti Jacobi. Codex Calixtinus, 3 Bde. 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Adjektive werden den entsprechenden Substantiven (z.B. „römisch“ zu „Rom“), Personenbezeichnungen den entsprechenden Toponymen (z.B. „Römer“ zu „Rom“) zugeordnet, sofern diese im Text auftreten. Bei Namensvarianten, alternativen Schreibweisen u.ä. wird auf das Hauptstichwort verwiesen. Wo nicht das Sterbedatum einer Person angegeben ist, beziehen sich Jahresangaben auf deren Amtszeit. Folgende Abkürzungen werden im Register verwendet: at. (alttestamentarisch); Bf. (Bischof); d. Gr. (der Große); Ebf. (Erzbischof); F. (Frankreich); Hl. (Heiliger); Jh. ( Jahrhundert); Kl. (Kloster); L. (Land, Landschaft); n. Chr. (nach Christus); nt. (neutestamentarisch); O. (Ort); P. (Provinz); röm. (römisch); s. (siehe); Span., span. (Spanien, spanisch); St. (Sankt, Saint); u. (und); V. (Volk); v. (von); v. Chr. (vor Christus). Abdias, Bf. v. Babylon (1. Jh.), der als Verfasser der ‚Virtutes apostolorum‘ galt 34 Abiathar, Hoher Priester 39, 123 Abiron, at. Gestalt 59 Abla, O., vermutlich zwischen Guadix und Almería 16 Abraham, at. Gestalt 52 Acci, Accinctina, s. Guadix el Viejo Adam, at. Gestalt 52 Adria, Meer 65 Aegidius, Hl. († 720/ 726), s. auch St-Gilles 25, 54, 58, 63, 71 Afrika 105 Agabus, nt. Prophet 28, 125 Ägäisches Meer 65 Ägypten, ägyptisch, L. 120 Agrippa, s. Herodes Agrippa Aimericus (Aymericus) Picaudus, Priester aus Parthenay u. angeblicher Kompilator des Liber Sancti Jacobi (12. Jh.) 109 <?page no="146"?> 144 Albaner Berge 97 Alberich, Abt v. Vézelay, Bischof v. Ostia u. päpstl. Legat († 1148) 109 Alexander II., Papst (1061-1073) 126 Alexander III., Papst (1159-1181) 20 Alexander, Sohn Herodes d. Gr. († 7 v. Chr.) 32 Alexandria, Alexandrien, O. an der Nilmündung 28, 105 Alfons Heinrich, König v. Portugal (1128/ 39-1185) 112 Alfons I., el Batallador, König v. Aragonien u. Navarra (1104-1134) 9, 68, 112 Alfons VI., König v. León-Kastilien (1065/ 72-1109) 68, 115, 127 Alix v. der Provence 103 Allobroger, allobrogisch, V. 88f. Al-Mansūr (Almansor, Almanzor, Altumaior Cordube), maurischer Reichsverweser (978-1002) 113 Almería, O. 105 Alpen 89 Altumaior Cordube, s. Al-Mansūr Ambrosius, Bf. v. Mailand (374-397), Kirchenlehrer 17 Andreas, Apostel († um 60) 44 Angély, s. St-Jean d’Angely Anselm (Anselmus), Ebf. v. Canterbury (1093-1109) 91, 94, 127 Antiochia, O. in Kleinasien 28, 115 Antonius (Marcus A.), röm. Staatsmann († 30 v. Chr.) 126 Apulien, L. 86, 88 Aquileia, O. 28, 116 Arabien, arabisch, L. 56 Arduinus, Ritter aus Besançon 20 Aristobalus, s. Aristobulos Aristobulos, Sohn Herodes’ d. Gr. († 7 v. Chr.) 32 Arius, Presbyter in Alexandria († 336) 18 Asturien, L. 83 Athanasius, Jacobusschüler, vielleicht Bf. in Galicien 116, 124 Äthiopien, L. 105 Aubin, O. in der Gascogne (Diözese Auch) 20 Auch, O. 20 Augustinus (Augustin), Bf. v. Hippo Regius (396-430), Kirchenlehrer 17, 49 Augustus, röm. Kaiser (31 v. Chr.-14 n. Chr.) 126 Avitus Maimon, Sarazene (11./ 12. Jh.) 83f. Aymericus, s. Aimericus Baiern, s. Bayern Barbadelo, Santiago de Barbadelo, O. 20 km westlich v. Triacastela 57 Barcelona, O. 103, 105 Bari, O. 63, 86 Barletta, O. 63 Barnabas, Einwohner v. Antiochia 28 Bartholomäus, Apostel 63 Basken, V. 47, 76 Bayern (Baiern), V. 47 Beda Venerabilis, Hl., northumbrischer Mönch († 735) 17, 70, 127 Benevent, O. 63 Beni-Maimon, sarazenische Adelsfamilie 83 Berberland 105 Berg der Freude, s. Monte de Gozo Bernard v. Mayorra, Bauer aus der Diözese Besançon 20 Bernardus, nicht identifizierter Norditaliener 67, 87 Besançon, O. 20, 75 Bizerta (Biserta), O. in Nordafrika 105 Blasia, s. Blesle Blastus, Kämmerer d. Herodes Agrippa 41 Blesle (? ) (Blasia), O. in F. 105 Brindisi, O. 86 <?page no="147"?> 145 Britannien, britisch, L. 47 Bruno v. Vézelay, Jakobspilger 109 Bugia, O. in Nordafrika 105 Burgund, burgundisch, L. 15, 81, 105 Byzanz, s. Konstantinopel Caecilius, Hl. 116, 118 Caesarea, O. in Palästina 27f., 30, 41 Caligula (Gaius Caligula), röm. Kaiser (37-41) 28, 31, 32 Calixtus I., Papst (1119-1124) 15, 27, 32, 34, 43, 65, 68, 71, 79, 81, 83-85, 87-90, 99, 100, 103-105, 115, 125 Canterbury, O. 91, 94, 127 Carcesa, O., wohl Cazorla oder Carchel in der span. P. Jaén 116 Castelnau, O. 54 Castro Lupario (? ) (Luparia), Landgut in Galicien 119 Cea, Fluß 107 Chátellerault, O. 111 Chavannes, O. in der alten Erzdiözese Vienne 89 Christus ( Jesus Christus, Jesus v. Nazareth) 15, 22f., 25, 31-42, 46, 49, 50, 52, 54, 65, 71, 77, 82-87, 100, 107, 115, 117f., 123-125 Cisapaß bei Roncesvalles 66, 75 Claudius, röm. Kaiser (41-54) 28, 31, 125 Clemens v. Alexandrien, Kirchenschriftsteller († vor 215) 28, 29 Clermont-Ferrand, O. 110 Cluny, Kl. 15, 91, 99 Coimbra, O. 102 Compostela, legendäre Frau aus Galicien (1. Jh.) 45 Compostela (Santiago de C.), compostelanisch, O. 9f., 12f., 15, 20, 44, 47-49, 56, 58, 60, 69, 71, 81-83, 100, 109, 112f., 119, 127 Corozain (Corozina), O. in Palästina 105 Corzano, Kastell in der Diözese Modena 87 Cromatius, Bf. v. Aquileia († um 407) 116 Cuevas de Lituergos (Eliturgis), O. in der span. P. Jaén 116 Dakien, L. 65 Dalmacius v. Chavannes, allobrogischer Ritter 67, 88f. Dalmatien, L. 105 Damian, Hl. 20 Dathan, at. Gestalt 59 David, at. König u. Psalmist 123f. Deutsche, V. 17, 47, 79 Didacus, s. Diego Diego, Ebf. v. Compostela (1098/ 99-1140) 15 Donzy, O. in der Diözese Lyon 91 Dugio, unbekannte O. in Galicien, vielleicht beim Kap Finisterre 119 El Padrón, s. Padrón Elias, at. Prophet 110 Elisäus, at. Prophet 22 Eliturgis, s. Cuevas de Lituergos Elvira, O. 116 Endalecius, Hl. 116, 118 England, Engländer, L. u. V. 47, 109 Ermengol IV. oder V., Graf v. Urgel (1065-1092 bzw. 1092-1102) 68 Ermengotus, s. Ermengol Esicius (Ysicius), Hl. 116, 118 Estella, O. 106 Eudoxia, Frau Theodosius’ II., († 460) 126 Eudoxia, Tochter Theodosius’ II., Frau Valentinianus’ III. (5. Jh.) 126 Eufrasius, Hl. 116, 118 Europa 11 Eusebius, Bf. v. Caesarea (um 313-339), Kirchenlehrer 27f., 30f., 34 <?page no="148"?> 146 Ferdinand, Schreiber in Compostela 116 Ferdinand I., König v. León-Kastilien (1038-1065) 102 Ferdinand II., König v. León (1157-1188) 112 Filatus, s. Filetus 115 Filetus (fälschlich Filatus), Jünger des Hermogenes 35-37, 115 Finisterre, Kap 119 Flavius Josephus, jüdischer Geschichtsschreiber († nach 100) 29f., 32 Florus, Hl., Bf. v. Lodève (1. Jh), s. auch St-Flour 110 Forcalquier, O. u. Grafschaft in der Provence 103 Franken, fränkisch, V. 47, 85 Frankreich, Franzosen, französisch, L. u. V. 17, 24, 47, 50f., 54, 61, 65, 71, 81, 105, 109 Friedrich I., Barbarossa, Kaiser (1155-1190) 10 Frisonus, Seemann 66, 83 Gaius Caligula, s. Caligula Galater, V. 45 Galicien, Galicier, galicisch, L. u. V. 19, 27, 34, 41f., 44f., 48f., 65, 70, 75, 83-88, 91, 94, 101, 105, 115-118, 123, 128 Galiläa, galiläisch, L. 42, 44 Gallier, gallisch, V. 47 Gascogne, Gascogner, gascognisch, L. u. V. 47, 54, 75 Genf, O. 108 Giezi, Diener des Propheten Elisäus 22 Giezitae, Gieziten 22 Giraud, Gerber aus der Gegend v. Lyon 94 Girinus Calvus (der Kahlkopf) 93, 94 Goten, gotisch, V. 20 Gregor (Gregorius) I., d. Gr., Papst (590-604) 17, 49 Griechenland, Griechen, griechisch, L. u. V. 17, 28, 47, 67, 100f. Guadix el Viejo (Acci, Accinctina), O. in der P. Granada 116 Guibert, Pilger aus Burgund 104 Guillaume, provenzalischer Ritter 67, 103 Heliberi, s. Elvira Heliodorus, BF. v. Altinum († nach 404) 126 Hermogenes, Magier 35-38, 43, 115 Herodes Agrippa, jüdischer König (37-44), Enkel Herodes d. Gr. 27-32, 34f., 39f., 44, 103, 115, 118, 123, 125 Herodes Antipas (H. Tetrarcha), jüdischer Fürst (4 v. Chr.-40 n. Chr.) 31 Herodes I., d. Gr., jüdischer Fürst († 4 v. Chr.) 31f. Herodes Philippos (Philippus), jüdischer Fürst (4 v. Chr.—34 n. Chr.) 31f. Herodes Tetrarcha, s. H. Antipas Hieronymus, Kirchenlehrer († 420) 17, 115f., 126 Hubertus, Kanoniker in Besançon 75 Hugo, Abt v. Cluny (1049-1109) 99 Iberer, V. 47 Indien, L. 105 Innozenz II., Papst (1130-1143) 109 Iren, V. 7 Iria, Iria Flavia, s. Padrón Isaias, Jesaja, at. Prophet 55 Israel, L. 18, 52 Italien, Italiener, L. u. V. 47, 50, 59, 65, 70 Jaffa, O. in Palästina 45, 123 Jacobus de Voragine ( Jakob v. Varazze), Ebf. v. Genua (1288/ 92-1298) 82 Jacobus der Jüngere, Apostel 42 Jakob, at. Patriarch 52 Jakob v. Varazze, s. Jacobus de Voragine <?page no="149"?> 147 Jakobsweg 26, 55f., 59, 72 Jean Gautier, Einwohner v. Poitiers 109 Jerusalem, O. 28, 33, 41f., 44-46, 51f., 59, 83-85, 87, 103, 113, 115, 118, 123, 126 Jesaja, s. Isaias Jesus v. Nazareth, Jesus Christus, s. Christus Johannes der Täufer, nt. Hl., s. auch St-Jean 31, 64 Johannes, Apostel u. Evangelist (im Text gleichgesetzt) 28, 35, 44, 117, 127 Josephus Flavius, s. Flavius Josephus Josias, Truchseß d. Herodes, Schreiber d. Pharisäer 34, 39, 40, 115, 123 Judäa, L. 30, 35, 41 Judas Ischariot, Apostel 21f., 25, 54 Judas Makkabäus, jüdischer Freiheitskämpfer († 161/ 2) 112 Judaitae, Judasjünger 22 Juden, jüdisch, V. 29, 32, 36, 38f., 41, 43, 112, 123, 125 Kalliope, Muse der epischen Dichtung 113 Kap Finisterre, s. Finisterre Karl der Große, fränkischer König u. Kaiser (768-814) 10f., 71, 107 Kleopatra, ägyptische Königin (51-30 v. Chr.) 126 Konstantinopel, Byzanz, O. 126 Labicanum, s. Via Labicana Lateran, Kirche in Rom 18 Laurentius, Hl. 19 Le Puy, s. Puy Leo I., Papst (440-461) 17 Leo I. oder III. (? ), Papst (440-461 bzw. 795-816) 115f., 123 Leonardus, Hl. (6. Jh. ? ), s. auch St-Léonard 58, 63 León, O. u. L. 76f., 112 Liberum donum, s. Libredón Libredón (? ) (Liberum donum), O. in Galicien 123 Limousin, L. 58 Lisias (Lysias), röm. Tribun, Stadtkommandant in Jerusalem 38 Logrono, O. 106 Lothringer, lothringisch, V. 66, 75 Lucca, O. 63 Lucifer, der Morgenstern 18, 33 Ludwig VI., König v. F. (1108-1137) 81 Ludwig VII., König v. F. (1137-1180) 109 Lukas, Evangelist 28, 32, 35, 125 Lupa, legendarische Königin in Galicien 123 Luparia, s. Castro Lupario Lyon, O. 91, 94, 108 Lysias, s. Lisias Magdalena, s. Maria Magdalena Maimon, s. Avitus Maimon u. Beni-Maimon Makkabäer, jüdische Familie 112 Mansūr, s. Al-Mansūr Maria, Mutter Gottes 67, 94, 97, 125, 127 Maria Magdalena, nt. Hl. s. auch Ste-Madeleine 63, 109 Maria v.‚ Le Puy, Hl. 58, 63 Mariamne, Frau Herodes’ d. Gr. (1. Jh. v. Chr.) 32 Martin (Martinus), Hl., Bf. v. Tours (371-397) 58, 63, 73 Mauren, s. auch Muslime, Sarazenen, Türken 112 Maximus, Kirchenlehrer 17 Mayorra, O. in der Diözese Besançon 20 Michael, Erzengel, s. St-Michel Milo, Vater Rolands 108 Miño, Fluß in Galicien 56f. <?page no="150"?> 148 Miramolin, Herrscher der Muslime 112f. Mircoria, O. in der Gegend von Montpellier 20 Modena, O. 87 Mons Gaudii, s. Monte de Gozo 76 Monte de Gozo (Mons Gaudii, Berg der Freude), Berg 5 km östlich v. Compostela 76 Montpellier, O. 20 Morgenstern, s. Lucifer Mozaraber, mozarabisch 44, 69 Muse 113 Muslime, s. auch Mauren, Sarazenen, Türken 66, 68, 83, 112 Naaman, syrischer Heerführer 22 Nantua, O. 108 Navarra, Navarreser, L. 47 Nazareth, nazarenisch, O. 35 Nikolaus, Bf. v. Myra (wohl 4. Jh.), s. auch Bari 63 Normannen, V. 47 Oca-Gebirge, 25 km v. Burgos 66, 71, 72 Ostabat, O. im Departement Basses- Pyrénées 64 Ostia, O. 109 Padrón, El (Iria Flavia), O. bei Santiago de Compostela 45, 118f., 123, 127 Palas del Rey, O. in Galicien 56 Pamplona, O. 81, 107 Paulus, Apostel 116 Paulus, Einwohner v. Antiochia 28 Perigueux, O. 54 Persien, L. 105 Peterskirche in Rom 97 Petrus, Apostel, Bf. v. Rom († 64/ 67) 22, 29, 41, 44, 53, 58, 63, 116f., 126f. Pharisäer 35, 38, 118 Philippus, s. Herodes Philippos Piacenza, O. 63 Picaudus, s. Aimericus Picaudus Pico Sagro, Berg im Tal d. Ulla 121 Poitiers, poitevinisch, O. 66, 81, 109, 111 Poitou, L. 81, 111 Poncius v. St-Gilles, s. Pontius, Graf v. Toulouse Pontius, Graf v. Toulouse (1037-1060/ 61) 99 Porcharius, Hl., Abt v. Lerins († 730), s. auch St-Porchaire 109 Porta Clusa, O. beim Cisapaß 75 Portugal, L. 112 Provence, Provenzalen, L. u. V. 50, 51, 103 Pseudo-Abdias, s. Abdias Pseudo-Turpin, s. Turpin Puy, Le, O. 58, 63, 110 Quirinus, röm. Adliger 126f. Raimbert, Pilger 89 Rhône, Fluß 89 Rio Ulla, s. Ulla Ripoll, Kl. 106, 110, 128 Roland, Markgraf der Bretagne († 778), Held des Rolandslieds 108 Rom, Römer, römisch, O. u. V. 9, 17, 25, 28, 38, 52, 58, 63, 69, 97, 109, 116, 126 Rouen, O. 117 Rufinus (Tyrannius) v. Aquileia, Kirchenschriftsteller († 410/ 11) 28 Sabellinus (Sabellios), Häretiker (um 217 in Rom) 18 Saduzäer 118 Sagro, s. Pico Sagro Samaria, L. 35 Sancho I., König v. Portugal (1185-1212) 112 Sankt Michael, s. St-Michel-Pied-de-Port <?page no="151"?> 149 Santarém, O. 112 Santiago de Barbadelo, s. Barbadelo Santiago de Compostela, s. Compostela Santo Domingo de la Calzada, O. in der P. Logrono 59 Saragossa, s. Zaragoza Sarazenen, sarazenisch, s. auch Mauren, Muslime, Türken 19, 68, 83-85, 105, 106, 112 Satan, s. Teufel Savigny, Kl. 93 Schotten, V. 47 Secundus, Hl. 116, 118 Seleukiden 112 Sevilla, O. 112 Sidon, O. im Hl. Land 41 Simon, Magier 22 Simoniaci, Simonisten, Simonie 21-23, 25 Sizilien, L. 105 Slavenland, L. 105 Spanien, Spanier, spanisch, L. u. V. 11f., 19, 27, 44, 51, 56, 65, 69, 76, 81, 101, 116, 123, 127f. Ste-Madeleine, Kirche in Besançon, s. auch Maria Magdalena 75 Stephan, Erzmärtyrer 42 Stephanus, griechischer Bischof 67, 101f. St-Flour, Hl., s. Florus St-Flour, O. 110 St-Gilles, Hl., s. Aegidius St-Gilles, O. 63, 67, 99 St-Jean, Hl., s. Johannes der Täufer St-Jean d’Angély, O. 63 St-Jean-Pied-de-Port, O. 64 St-Leonard, Hl., s. Leonardus St-Leonard-de-Noblat, O. 58 St-Michel du Péril de la Mer, Hl. 63 St-Michel-Pied-de-Port (St. Michael), O. in der Nähe des Cisapasses 64, 75 St. Petrus ad Vincula, Kirche in Rom 126 St-Porchaire, Kirche des hl. Porcharius bei Poitiers 109 Stratons Turm, s. Caesarea Syrer, V. 22 Tabor, s. Thabor Tarent, O. 86 Teufel, Satan 33, 35f., 39, 92, 95-98, 100, 127 Thabor, Berg im Hl. Land 117 Theodomirus, Bf. v. Compostela (ca. 800-843) 70 Theodorus, Jacobusschüler, vielleicht Bf. in Galicien 116, 124 Theodosius II., oström. Kaiser (408-450) 126 Theokritus, röm. Stadtkommandant in Jerusalem 38 Tiberias, O. im Gebiet v. Jerusalem 66, 85 Tisephonus, Hl., 116, 118 Titus, röm. Kaiser (79-81) 42 Toledo, O. 9 Tolosa, O. 79 Torquatus, Hl. 116, 118 Torre de Villaricos (Urci), O. in der P. Almeria 116 Toulouse, O. 79, 99 Tours, O. 58, 63 Triacastela (Triacastra), O. in Galicien 57 Tudején, O. in Aragón 19 Türkei, Türken, L. u. V., s. auch Mauren, Muslime, Sarazenen 105 Turpin, Ebf. v. Reims (748/ 49-794) 10f., 113 Tyrrhenisches Meer 65 Tyrus, O. im Hl. Land 41 Ulla, Fluß in Galicien 121 Ungarn, L. 65 Urci, s. Torre de Villaricos <?page no="152"?> 150 Valentinianus III., weström. Kaiser (425-455) 126 Varazze (Voragine), O. 82 Venantius Fortunatus, Bf. v. Poitiers († nach 600) 27, 33 Vergi, O. in Span. Albuniel de Cambil (P. Jaén) oder Berja (P. Almería) 116 Vespasian, röm. Kaiser (69-79) 42 Vézelay, O. 25, 58, 109 Via Labicana, Labicanum, südöstlich v. Rom bei den Albaner Bergen 97 Vienne, O. 89 Villeneuve, O. (Lage nicht geklärt) 108 Voragine, s. Varazze Westgoten, westgotisch, V. 20 Westrom, weströmisch 126 Wilhelm v. Poitiers, Herzog Wilhelm IX. v. Aquitanien, Troubadour († 1127) 81 Wilhelm, Patriarch v. Jerusalem (1130-1145) 15 Ysicius, s. Esicius Zara im Slavenland (Zara in Dalmatien), O. 105 Zaragoza (Saragossa), O. 68 <?page no="153"?> Jakobus-Studien im Auftrag der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft herausgegeben von Klaus Herbers und Robert Plötz Bisher sind erschienen: Band 1 Klaus Herbers (Hrsg.) Deutsche Jakobspilger und ihre Berichte 1988, 175 Seiten, zahlr. Abb. €[D] 19,- ISBN 978-3-8233-4000-3 Band 2 Robert Plötz (Hrsg.) Europäische Wege der Santiago-Pilgerfahrt 2. durchges. Auflage 1993, VIII, 232 Seiten €[D] 23,- ISBN 978-3-8233-4001-0 Band 3 John Williams / Alison Stones (eds.) The Codex Calixtinus and the Shrine of St. James 1992, XIV, 262 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-4004-1 Band 4 Ursula Ganz-Blättler Andacht und Abenteuer Berichte europäischer Jerusalem- und Santiago-Pilger (1320-1520) 3. Auflage 2000, VII, 425 Seiten €[D] 34,- ISBN 978-3-8233-4003-4 Band 5 Klaus Herbers / Robert Plötz (Hrsg.) Spiritualität des Pilgerns Kontinuität und Wandel 1993, 152 Seiten €[D] 19,- ISBN 978-3-8233-4005-8 Band 6 Thomas Igor C. Becker Eunate (Navarra): Zwischen Santiago und Jerusalem Eine spätromanische Marienkirche am Jakobsweg 1995, 135 Seiten, zahlr. Abb. €[D] 19,- ISBN 978-3-8233-4006-5 Band 7 Klaus Herbers / Dieter R. Bauer (Hrsg.) Der Jakobuskult in Süddeutschland Kultgeschichte in regionaler und europäischer Perspektive 1995, XIV, 401 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-4007-2 Band 8 Klaus Herbers (Hrsg.) Libellus Sancti Jacobi Auszüge aus dem Jakobsbuch des 12. Jahrhunderts Ins Deutsche übertragen und kommentiert von Hans-Wilhelm Klein (†) und Klaus Herbers 2. Aufl. 2018, 154 Seiten €[D] 24,99 ISBN 978-3-8233-8215-7 Band 9 Klaus Herbers / Robert Plötz (Hrsg.) Der Jakobuskult in »Kunst« und »Literatur« Zeugnisse in Bild, Monument, Schrift und Ton 1998, XII, 303 Seiten, zahlr. Abb. €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-4009-6 <?page no="154"?> Band 10 Klaus Herbers (Hrsg.) Stadt und Pilger Soziale Gemeinschaften und Heiligenkult 1999, XIV, 248 Seiten, zahlr. Abb. €[D] 24,- ISBN 978-3-8233-4010-2 Band 11 Luís M. Calvo Salgado Die Wunder der Bettlerinnen Krankheits- und Heilungsgeschichten in Burgos und Santo Domingo de la Calzada (1554-1559) 2000, X, 500 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-4011-9 Band 12 Klaus Herbers / Dieter R. Bauer (Hrsg.) Der Jakobuskult in Ostmitteleuropa Austausch - Einflüsse - Wirkungen 2003, X, 387 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-4012-6 Band 13 Robert Plötz / Peter Rückert (Hrsg.) Jakobuskult im Rheinland 2004, VI, 279 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-6038-4 Band 14 Klaus Herbers (Hrsg.) Jakobus und Karl der Große Von Einhards Karlsvita zum Pseudo-Turpin 2003, XVI, 246 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-8233-6018-6 Band 15 Hedwig Röckelein (Hrsg.) Der Kult des Apostels Jakobus d.Ä. in norddeutschen Hansestädten 2005, 261 Seiten €[D] 42,- ISBN 978-3-8233-6039-1 Band 16 Klaus Herbers (Hrsg.) Die oberdeutschen Reichsstädte und ihre Heiligenkulte Tradition und Ausprägung zwischen Stadt, Ritterorden und Reich 2005, XII, 232 Seiten €[D] 39,- ISBN 978-3-8233-6192-3 Band 17 Klaus Herbers / Enno Bünz (Hrsg.) Der Jakobuskult in Sachsen 2007, VI, 340 Seiten, zahlr. Abb. €[D] 42,- ISBN 978-3-8233-6332-3 Band 18 Klaus Herbers / Peter Rückert (Hrsg.) Augsburger Netzwerke zwischen Mittelalter und Neuzeit Wirtschaft, Kultur und Pilgerfahrten 2009, VI, 256 Seiten, zahlr., teils farbige Abb. €[D] 42,- ISBN 978-3-8233-6447-4 Band 19 Klaus Herbers / Peter Rückert (Hrsg.) Pilgerheilige und ihre Memoria 2012, 277 Seiten, zahlr., teils farbige Abb. €[D] 42,- ISBN 978-3-8233-6684-3 Band 20 Klaus Herbers / Hartmut Kühne (Hrsg.) Pilgerzeichen - „Pilgerstraßen“ 2013, 212 Seiten, zahlr., teils farbige Abb. €[D] 34,- ISBN 978-3-8233-6779-6 Band 21 Volker Honemann / Hedwig Röckelein (Hrsg.) Jakobus und die Anderen Mirakel, Lieder und Reliquien 2015, 258 Seiten, zahlr., teils farbige Abb. €[D] 42,- ISBN 978-3-8233-6981-3