Mehrsprachigkeit in der Schule
Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didaktische Zielsetzungen
0809
2021
978-3-8233-9305-4
978-3-8233-8305-5
Gunter Narr Verlag
Christian Helmchen
Silvia Melo-Pfeifer
Julia von Rosen
Der Band richtet sich gleichermaßen an Forschende und Lehrende in Bildungseinrichtungen für die verschiedensten Altersstufen, die sich nicht nur für die vielfältigen Dimensionen und Potenziale von Mehrsprachigkeit und ihrer Didaktik interessieren, sondern die den Wunsch der Herausgeber:innen teilen, Brücken zwischen Erkenntnissen der Forschung und ihrer unterrichtspraktischen Umsetzung zu schlagen, Phänomene der Mehrsprachigkeit in ihrer ganzen lebensweltlichen Fülle zu verstehen und kritisch zu beurteilen und schließlich daran mitzuwirken, dass der Fremdsprachenunterricht durch seine Öffnung für sprachenübergreifendes Lernen einen konstitutiven Beitrag zu einer zeitgemäßen Erziehung in einer wesentlich durch Vernetzung gekennzeichneten Welt leistet.
<?page no="0"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 19 Christian Helmchen / Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen (Hrsg.) Mehrsprachigkeit in der Schule Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didaktische Zielsetzungen <?page no="1"?> Mehrsprachigkeit in der Schule <?page no="2"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung Herausgegeben von Daniel Reimann (Duisburg-Essen) und Andrea Rössler (Hannover) Band 19 <?page no="3"?> Christian Helmchen / Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen (Hrsg.) Mehrsprachigkeit in der Schule Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didaktische Zielsetzungen <?page no="4"?> © 2021 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2197-6384 ISBN 978-3-8233-8305-5 (Print) ISBN 978-3-8233-9305-4 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0290-2 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 7 17 35 53 73 103 127 147 169 Inhalt Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? Ursula Behr Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen . . . . Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho 20 ans d’études sur l’Intercompréhension plurilingue: « empire des sens » ou « liaisons dangereuses » ? Une étude exploratoire du réseau conceptuel de l’intercompréhension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ollivier / Margareta Strasser Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension Lisa Marie Brinkmann Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit: Förderung der Language Awareness . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alice Chik / Diane Alperstein Multilingualism at school: starting points, teaching challenges and methodological-didactic objectives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marília Pereira Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language: insights from an ethnographic study in a bilingual primary school in Germany . . . Anna Schröder-Sura Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen durch plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen - Überlegungen zum Beitrag von Schule und Elternhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Reimann „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht. Ergebnisse einer Studie zu den Fächern Spanisch, Portugiesisch und Italienisch mit Blick auf die Perspektive der Schüler/ innen, state of the art der unterrichtsmethodischen Forschung und Anregungen für die Praxis . . . . . <?page no="6"?> 197 219 239 267 295 303 Julia von Rosen Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich: Überlegungen und Vorschläge aus der Schulpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffi Morkötter / Melanie van Iersel Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I bei der Bearbeitung von Aufgaben im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil . . Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras y de qué manera es posible hacerlo a partir de la experiencia de la Universidad Federal de Paraná (UFPR), Brasil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chantal Junot Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule: die neue Evidenz! . . . . Beiträger und Beiträgerinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen 1 Ausgangspunkte und Desiderate für eine erneute Forschungsagenda für die Mehrsprachigkeitsdidaktik Die Mehrsprachigkeitsdidaktik, die wir in diesem Buch nicht auf Interkompre‐ hension reduzieren, sondern im Prinzip auf alle Pluralen Ansätze und andere pädagogische Herangehensweisen (wie „translanguaging“, García & Li 2014; für die pluralen Ansätze, Candelier et al. 2012; Melo-Pfeifer & Reimann 2018; für sprachübergreifende pädagogische Herangehensweisen Kirsch & Duarte 2020; Morkötter, Schmidt & Schröder-Sura, 2020) erweitern, hat in den letzten Jahrzehnten eine beachtliche Entwicklung erfahren, sowohl theoretisch als auch empirisch. Wie Hu feststellt, „ist gerade in den didaktischen Forschungsberei‐ chen eine Hinwendung zu spezifisch mehrsprachigkeitsorientierten Ansätzen, die die traditionelle Ausrichtung auf eine sogenannte Zielsprache zugunsten einer mehrsprachigen Perspektive öffnen und die Sprachlernerfahrungen sowie die mehrsprachigen Praktiken der Lernenden wie z. B. Translanguaging als Lernpotential zu erkennen (Hu 2016, 11). Laut Lüdi bringen diese Forschungs‐ entwicklungen zwei Neuerungen mit sich: „die Überwindung langlebiger Vorur‐ teile, die auf der Basis einer „Ideologie der Einsprachigkeit“ in der sprachlichen Vielfalt Nachteile für die Kohäsion der Gesellschaft und für die Einheit der Persönlichkeit befürchteten“ (Lüdi 2018, 134) und „[den] Abschied von der Vorstellung der „doppelten Einsprachigkeit“ (ibidem). Angesichts der Fülle an innovativen Forschungsprojekten im nationalen und internationalen Kontext, die alle auf der Einsicht in die vielfältige Relevanz von Mehrsprachigkeitsdidaktik beruhen, ist es erstaunlich zu beobachten, dass eine dauerhafte Diskrepanz zwischen politischen und theoretischen Aufforde‐ rungen zur systematischen Implementierung vernetzten Sprachenlernens im Fremdsprachenunterricht gegenüber einer alltäglichen Praxis der Lehrkräfte besteht, die so stabil wie immer zu sein scheint, obwohl Studien gezeigt haben, dass zahlreiche Lehrkräfte eine positive Einstellung gegenüber individueller, <?page no="8"?> gesellschaftlicher und schulischer Mehrsprachigkeit haben (Heyder & Schäd‐ lich 2014; Lundberg 2020; Melo-Pfeifer 2020). Dieses Phänomen genauer zu verstehen und nach Lösungsansätzen zu suchen, ist ein erklärtes Ziel dieses Bandes. Im Bereich der Sprachendidaktik haben sich in der Fachliteratur einige spezielle Bereiche herauskristallisiert, von der Untersuchung der Vorstellungen von Lehrkräften und Schüler*innen über Mehrsprachigkeit und mehrsprachige Didaktik bis hin zu wahrgenommenen und realen Schwierigkeiten bei der Integration von Mehrsprachigkeit in verschiedenen Unterrichtssettings und Fächern und der Notwendigkeit, Lehrkräfteausbildungsprogramme zu imple‐ mentieren, die besser in der Lage sind, die Kompetenzen, das Wissen und die Einstellungen von Lehrkräften zu entwickeln, um Mehrsprachigkeitsdidaktik als zeitgemäße Pädagogik anzunehmen (z. B. Vetter 2013). Das bedeutet, dass die Forschung, um die Persistenz des monolingualen Habitus (Gogolin 1994) im Fremdsprachenunterricht zu verstehen, über den üblichen Forschungsapparat und -modus hinausgehen muss. Statt selbstberich‐ teter Praktiken und Einstellungen von Lehrkräften und Schüler*innen durch Interviews und Fragebögen könnten neue Erkenntnisse aus der direkten Beob‐ achtung des Fremdsprachenunterrichts gewonnen werden, nämlich daraus, wie Lehrkräfte mit mehrsprachigen Ressourcen arbeiten bzw. wie sie tatsächlich mit mehrsprachigen Kontexten und mehrsprachigen Schüler*innen umgehen. Auch die Wirksamkeit mehrsprachiger Didaktik beim Fremdsprachenlernen ist noch schlecht erforscht, und abgesehen von kurzfristigen und kleinräumigen empirischen Studien fehlt es noch an empirischen Belegen für die Nachhal‐ tigkeit mehrsprachigkeitsorientierter Ansätze für die Entwicklung von fremd‐ sprachlichen Kompetenzen der Lernenden im schulischen Kontext. Trotz des Wunschdenkens und der erneuerten Diskurse (die von einer unausweichlichen Normativität geprägt sind) rund um Mehrsprachigkeit sind die monolingualen Praktiken im Klassenzimmer also die widerständigen „Gaulois“ in der Arena der widersprüchlichen didaktischen und pädagogischen Theorien, der Lehrer*in‐ nenpraktiken, der Fremdsprachenunterrichtspolitik und der gesellschaftlichen Perspektiven und Diskurse. Eine weitere, noch unzureichend beantwortete Frage betrifft die Bewertung mehrsprachiger Repertoires, die Evaluation mit mehrsprachigen Ansätzen und die Instrumente, die es erlauben, eine monolinguale Denkweise in der Praxis und der Bewertung zu überwinden. Trotz der Aufforderung an Lehrkräfte, schuli‐ sche und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit zu nutzen, um das Sprachenlernen zu verbessern, werden die Verwendung von Lehrmaterialien und die Praxis der Bewertung durch einen fortgesetzten monolingualen Habitus ausgebremst, der 8 Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen <?page no="9"?> wenig Platz für einen „multilingual turn“ (May 2014) in der Sprachausbildung lässt (vgl. Hülsmann, Ollivier & Strasser 2020, für Innovationen in Bereich Interkomprehension und Bewertung). Hinzu kommt, dass trotz aller Fortschritte auf dem Gebiet der Mehrspra‐ chigkeitsdidaktik praktizierte Mehrsprachigkeit in der Regel nicht von den Lehrkräften selbst dargestellt wird, die solche pädagogischen Konzepte um‐ setzen, und auch nicht aus einer Perspektive, die die Überschneidungen zwi‐ schen den mehrsprachigen Repertoires der Schüler*innen, ihrem Geschlecht und ihrer soziokulturellen Identität berücksichtigt. Diese Themen werden in einigen Beiträgen dieser Publikation behandelt. Das bedeutet, dass die For‐ schung über Mehrsprachigkeitsdidaktik und plurilinguale Ansätze eher ohne Lehrkräfte als Mitforschende entwickelt wurde. In dieser Publikation wollen wir dieser Tendenz entgegenwirken, indem wir Berichte von Lehrkräften aus ihrer eigenen Praxis vorstellen, indem sie entweder auf die Perspektive der Ak‐ tionsforschung zurückgreifen oder eine autoethnographische Haltung (Chang 2008) einnehmen. Der Fragenkomplex, wie sich Mehrsprachigkeit mit anderen Aspekten individueller Identitäten überschneidet, wird in dieser Publikation als ein Forschungsfeld in den Vordergrund gerückt, das weiterentwickelt werden sollte. Als Forschungsdesiderate sehen wir ebenfalls die präzise Beobachtung des dynamischen Geschehens im Klassenzimmer in mehrsprachigen und inter‐ kulturellen Settings, die unter einer kaleidoskopischen Perspektive erfolgen sollte, um genauer zu analysieren, wie Integration, Diskriminierung, Macht‐ verhältnisse und Hierarchien im Sprachunterricht etabliert werden, die aus der Beziehung zwischen Sprecher*innen unterschiedlicher Sprachen (wo wir sowohl die Schülerschaft, Lehrkräfte aber z. B. auch Eltern inkludieren) hervor‐ gehen. Auch wenn Studien zu den Auswirkungen von Geschlecht, sexueller Orientierung, soziokultureller Identität und Ethnie sowie Mehrsprachigkeit getrennt voneinander zu vielen validen Ergebnissen darüber kommen, wie sich Machtdynamiken entwickeln und ausgeübt werden, haben die Studien zur Mehrsprachigkeit überwiegend Fragen analysiert, die sich „nur“ auf die Sprache(n) - und nicht so sehr auf Sprachvarietäten - beziehen. Obwohl dies ein aus unserer Sicht gültiger Standpunkt ist, behaupten wir, dass diese Studien davon profitieren könnten, andere, erweiterte Perspektiven einzunehmen, wie z. B. die der „raciolinguistic perspective“ (Rosa & Flores 2017). 9 Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? <?page no="10"?> 2 Zusammenfassung der Kapitel Dieses Buch ist in zwei Abschnitte gegliedert, die klar definiert sind, aber eng miteinander zusammenhängen. Der erste Teil trägt den Titel „Mehrsprachigkeit in der Schule: Theoretische und politische Ausgangspunkte“ und der zweite trägt den Titel „Unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didakti‐ sche Zielsetzung“. 2.1 Mehrsprachigkeit in der Schule: Theoretische und politische Ausgangspunkte Der erste Teil umfasst vier Kapitel, die explizit auf die theoretischen Grundlagen für eine kontinuierliche und strukturierte Arbeit mit Mehrsprachigkeit im Regelschulwesen hinweisen. Diese strukturierte Arbeit beinhaltet die Kenntnis der Dokumente, die die Umsetzung der Pluralen Ansätze im Sprachunterricht einrahmen, sowie das kritische Verständnis von Begriffen und die Notwendig‐ keit, Evaluation auch als eine mehrsprachige Praxis zu konzeptualisieren. Der Beitrag von Ursula Behr zeigt anhand der Genese und der metho‐ disch-didaktischen Ausrichtung der Thüringer Lehrpläne, inwiefern die von po‐ litischen Institutionen (u. a. der Kultusministerkonferenz in den von ihr formu‐ lierten Bildungsstandards) und der einschlägigen fremdsprachendidaktischen Forschung erhobenen Forderungen nach einem verstärkten mehrsprachigkeits‐ orientierten Konzept des Sprachunterrichts für Deutschland in Thüringen Rea‐ lität geworden sind. Behr erläutert u. a. anhand konkreter Rahmenplanauszüge, welche Kompetenzen, Operatoren und Methoden für die jeweiligen Jahrgangs‐ stufen gelten und betont dabei einerseits die Bedeutung von Sprachlernkom‐ petenz und Sprachbewusstheit als den beiden zentralen „Querschnittskompe‐ tenzen“, die für das sprachenübergreifende Lernen wesentlich sind; andererseits weist sie darauf hin, dass die Einbeziehung der eigenen Muttersprache unver‐ zichtbar sei, um das ganze Potenzial des Ansatzes auszuschöpfen. Abschließend geht Behr darauf ein, welche positive Relevanz die systematische Verbindung und Zusammenführung sprachlichen Lernens innerhalb einer Schule für den Bereich der Schulentwicklung haben können, z. B. durch die Einführung einer gemeinsamen „Fachkonferenz Sprachen“. Sílvia Melo-Pfeifer und Ana Sofia Pinho identifizieren die Forschungsob‐ jekte, die den Studien zur Interkomprehension (IK) zugrunde liegen, durch die Konstruktion eines Analysemodells, das die von J.-P. Calvet vorgeschlagene Metapher des „Gravitationsmodells“ für Sprachen einerseits und die Concep‐ tual Map als Analyse- und Interpretationsinstrument andererseits kreuzt. In Anbetracht der „kompositorischen Heterogenität“ des hier als „hyperzentral“ 10 Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen <?page no="11"?> angenommenen Konzepts der IK werden in dieser Studie die Beziehungen zwischen den verschiedenen „superzentralen“ und „peripheren“ Konzepten, die dieses konzeptuelle Netz bilden, aufgezeigt. Die Zusammenhänge werden mit Hilfe von zwei weiteren Metaphern interpretiert: „Reich der Sinne“ und „gefährliche Beziehungen“ im Zentrum dieses Netzes. Christian Ollivier und Margareta Strasser stellen in ihrem Beitrag ver‐ schiedene Konzepte und Modelle von Testverfahren vor, mit denen mehrspra‐ chige Kompetenzen, insbesondere die Interkomprehension, evaluiert werden können. Als zentrale Zielsetzung benennen sie ein möglichst authentisches Test‐ setting sowie die Integration möglichst vieler (mehr-)sprachiger Kompetenzen. Entsprechend sind die im Beitrag skizzierten Beispiele gegliedert: Ausgehend von introspektiven Verfahren auf der Grundlage von Portfolio-Arbeit über additive Verfahren (z. B. mit dem Konzept EuroComRom) präsentieren die Autor*innen bestehende Modelle, die das Prinzip der Integration zumindest in Teilen bereits realisieren (Intermar, MAGICC), um schließlich das von ihnen entwickelte Projekt EVAL-IC vorzustellen, das dem Anspruch eines holistischen und authentischen Testverfahrens am weitesten gerecht werde. Hier würden die für die Interkomprehension relevanten kommunikativen Kompetenzen (rezeptive und interaktionale Interkomprehension sowie Interproduktion) im Rahmen eines „Szenarios“ bewertet, bei dem die Lernenden (hier Studierende) eine Konferenzsituation simulieren, die von ihnen durch das Durchlaufen der unterschiedlichen organisatorischen, sozialen und kommunikativen Settings verlangt, alle genannten mehrsprachigen Kompetenzen zu zeigen. Ziel des Artikels von Lisa Marie Brinkmann ist es, auf Grundlage von theo‐ retischen Schlussfolgerungen das Potenzial herauszuarbeiten, wie das Europäi‐ sche Sprachenportfolio (ESP) Language Awareness fördern kann. Language Awareness wird als Konzept verstanden, das auf unterschiedliche Didaktiken anwendbar ist, darunter die europäische Mehrsprachigkeitsdidaktik und ihr Konzept von éveil aux langues. Das ESP ist ein dreigeteiltes Portfoliodesign des Europarats (geteilt in einen Sprachenpass, eine Sprachenbiografie und ein Dos‐ sier), dessen Ziel die Förderung von Lernendenautonomie, Mehrsprachigkeit und interkulturellen Kompetenzen im Kontext des Fremdsprachenunterrichts ist. Es wird hinsichtlich seiner Ziele und Wirkungen bezüglich Mehrsprachigkeit und konkret bezüglich Language Awareness analysiert. Der Forschungsstand zeigt, dass bisherige Verknüpfungen zwischen dem ESP und der Language Awareness sich vor allem auf die Sprachenbiografie beziehen. Die Autorin argumentiert dafür, den Sprachenpass, das Dossier sowie die gesamte Arbeit am ESP für die Förderung der Language Awareness miteinzubeziehen. Es stellt sich heraus, dass dies im Sprachenpass umgesetzt werden kann, indem über 11 Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? <?page no="12"?> Sprache und Kultur reflektiert wird und die Lernenden ihre Sprachenidentität entwickeln; in der Sprachbiografie, indem über Sprache reflektiert wird; im Dossier, indem die Erkenntnisse der Schüler*innen über Sprachen dokumentiert werden; und im gesamten Portfolio, indem das Sprachenlernen vermittelt wird. 2.2 Konkrete unterrichtliche Herausforderungen und methodisch-didaktische Zielsetzungen Der zweite Teil des Buches reflektiert die Herausforderungen und Ziele, die mit der expliziten Arbeit mit Mehrsprachigkeit im Klassenzimmer in verschie‐ denen Ländern - von der Grundschule zur Universität -, verbunden sind, sowie Methoden, die die Integration von mehrsprachiger und interkultureller Pädagogik erleichtern können. Alle Kapitel stellen eine komplexe Reihe von Prinzipien und Aktivitäten vor, die zur Entwicklung von Wissen, Einstellungen und Fähigkeiten der Schüler*innen in Bezug auf ihre mehrsprachige und interkulturelle Kompetenz führen. In allen Fällen wird auch eine detaillierte Darstellung der Makround/ oder Meso-Dimensionen, die die Interaktionen auf der Klassenebene beeinflussen, präsentiert, denn wie Sprachen verwendet und legitimiert werden (oder auch nicht), ist von einer Konstellation von sozialen, politischen, wirtschaftlichen u. a. Faktoren abhängig, die zusammenwirken, um den Sprachgebrauch zu fördern oder zu begrenzen. Das Kapitel von Alice Chik und Diane Alperstein führt kurz in die Migrationsgeschichte Australiens ein, um den Hintergrund für die Entwicklung der Sprachenpolitik zu liefern. Obwohl Sydney eine multikulturelle und mehr‐ sprachige Stadt ist, ist die Sprachbildungspolitik nicht auf die Mehrsprachigkeit Sydneys abgestimmt. Die Ergebnisse der zwei dargestellten Forschungsprojekte zeigen, dass aufgrund einer schwachen Sprachbildungspolitik die Studierenden vor der Ausbildung nur sehr begrenzte Erfahrungen mit dem Sprachenlernen haben und auch nur ein begrenztes Verständnis von Mehrsprachigkeit zu zeigen scheinen. Marília Pereira präsentiert einen Vorschlag für den Unterricht des Por‐ tugiesischen als plurizentrische Sprache im Kontext der Herkunftssprache, entwickelt aus den Daten der Forschung, die in einer bilingualen portugie‐ sisch-deutschen Schule in Deutschland durchgeführt wurde. Die Studierenden und Lehrkräfte, die an der Forschung teilnehmen, gehören verschiedenen Varietäten der portugiesischen Sprache an und nehmen, ohne Unterscheidung der Varietäten, an der gleichen Lernumgebung teil. Aus dieser Forschung wird ein Weg zur Entwicklung kommunikativer und mehrsprachiger Kompetenz in einer plurizentrischen Sprache ab den frühen Schuljahren vorgeschlagen. 12 Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen <?page no="13"?> Anna Schröder-Sura zeigt in ihrem Artikel, wie auf der Grundlage der Pluralen Ansätze und des Referenzrahmens für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) Potenziale zur Entwicklung von „Pluriliteralität“ und „Multiliteralität“ identifiziert und gezielt gefördert werden können. Ihr Fokus liegt dabei auf der aktiven Einbeziehung des Elternhauses durch die jeweiligen Bildungsinstitutionen, weil auf diese Weise die häufig komplexe sprachliche und kulturelle Identität der Kinder anders in den Blick genommen werden kann. Die Eltern können als Repräsentant*innen und Vermittler*innen von Sprachen und Kulturen pädagogische und soziale Unterstützung leisten, indem sie sich z. B. mit dem Vorlesen von Geschichten im Rahmen von Sprachprojekten einbringen, die durch einen Verein koordiniert werden, der sich für die Kooperation zwi‐ schen Elternhäusern und Bildungseinrichtungen einsetzt. Schröder-Sura betont abschließend, wie wichtig es sei, ausgehend von diesen und vielen anderen Einzelprojekten systematische und alle Altersgruppen berücksichtigende Stra‐ tegien zu entwickeln, die die Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen zum Ziel haben. Aus romanistischer Perspektive stellt Daniel Reimann in seinem Bei‐ trag „‚Muttersprachler/ innen‘ im Fremdsprachenunterricht“ ausgewählte Er‐ gebnisse aus seinen Untersuchungen zu Schüler*innen mit zielsprachlichem Hintergrund im Spanisch-, Portugiesisch- und Italienischunterricht (als Fremd‐ sprache) an deutschen Schulen vor. Dabei werden Ergebnisse der Teilstudie zur Sicht der als Herkunftssprecher*innen der fraglichen Sprachen betroffenen Schüler*innen thesenartig zusammengefasst und in der Folge jeweils ausführ‐ licher vorgestellt. Weiterhin wird der Forschungsstand zu unterrichtsmethodi‐ schen Fragen der Inklusion von Herkunftssprecher*innen der Zielsprachen von Fremdsprachenunterricht, der sich in benachbarten Disziplinen abzeichnet, aufgearbeitet, um unter Integration der Ergebnisse der vorgestellten Studie und der z. B. in den USA und in der slawistischen Fachdidaktik entwickelten Maßnahmen erste Anregungen für die Praxis im Unterricht der romanischen Sprachen zu geben. Aus ihrer eigenen schulpraktischen Tätigkeit heraus entwickelt Julia von Rosen Vorschläge für kurze sprachenübergreifende Module im Anfangsunter‐ richt Französisch, die für jeweils zwei bis drei Doppelstunden konzipiert sind, in denen zentrale sprachliche Phänomene (z. B. thematischer Wortschatz oder das Verhältnis Laut und Schrift) thematisiert und von Schüler*innen erkundet werden. Neben der konkreten Beschreibung zweier exemplarischer Module, legt die Autorin Wert darauf, nach den Ursachen für die auffällige Diskrepanz zwischen Forderungen der Bildungspolitik und der fremdsprachendidaktischen Forschung nach vielfältiger sprachlicher Vernetzungsarbeit in den Schulen 13 Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? <?page no="14"?> auf der einen Seite und einer gewissen Verweigerung, Überforderung oder Ignoranz gegenüber mehrsprachigkeitsorientierten Ansätzen in den Schulen auf der anderen Seite zu fragen. Die Gründe, so die Autorin, seien nur teilweise sprachendidaktischer Natur. Vielmehr zeige sich, dass häufig kollegiale Struk‐ turen, Haltungen von Lehrkräften, ein bestimmtes Verständnis von Fachlichkeit und insbesondere ein eng gefasstes Ressourcenmanagement den Blick für die umfassenden Potenziale verstellten, die als Impulse aus dem vernetzten Sprachenlernen auf die Lernkultur einer ganzen Schule ausgehen könnten. Steffi Morkötter und Melanie van Iersel führen in ihrem Beitrag an‐ schaulich vor Augen, welche vielfältigen und aufschlussreichen Erkenntnisse sich im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik gewinnen lassen, wenn man z. B. den authentischen Dialog von zwei Schüler*innen untersucht, die im Anfangsunterricht Spanisch gemeinsam Aufgaben zu einem spanischen Text bearbeiten. Bewusst wird bei diesem Setting die Verbindung der Pluralen An‐ sätze IK und integrierte Sprachendidaktik verfolgt, um zu untersuchen, welche Strategien Schüler*innen anwenden, die Spanisch als zweite Fremdsprache nach Englisch erlernen. Anhand von Mikroanalysen der Schüler*innenäußerungen werden Rückschlüsse auf den Umgang mit fremdsprachlichem (englischen) Vorwissen, die Aktivierung allgemeinsprachlichen Wissens (z. B. Wortarten, Satzbau) und lernstrategisches Verhalten (z. B. Arbeit mit Hypothesen) gezogen. Dabei werden insbesondere auch diejenigen Äußerungen reflektiert, die die Schüler*innen zu unvollständigen oder falschen Annahmen über die Bedeutung des Textes führen. Entscheidend sei, so die Autorinnen, dass die Schüler*innen nicht nur gemeinsam im Dialog arbeiten, sondern ihren Arbeitsprozess reflek‐ tieren, um Sprachlernkompetenz und Sprachbewusstheit zu entwickeln. Der Beitrag von Eleonora B. Bottura und Sandra R. B. Gattolin basiert auf einer Doktorarbeit, die darauf abzielt, die Praxis von Lehrkräften und die Lehrkräfteausbildung hinsichtlich der Rolle von Lehrenden für Portugiesisch als Willkommenssprache / Zweitsprache (PWL) zu untersuchen, basierend auf einer autoethnographischen Perspektive. Für diesen Vorschlag wird ein Teil der anfänglichen Kämpfe von Lehrkräften für Flüchtlinge und autoethnogra‐ phischer Forscher*innen in einem Kurs vorgestellt, der speziell für sich als weiblich definierende Teilnehmende von Portugiesischkursen an einer Bundes‐ universität in Brasilien konzipiert wurde. Das Hauptziel ist es zu zeigen, wie wichtig es ist, zu verstehen und Fachleute für Aspekte zu sensibilisieren, die die Praxis von Lehrkräften anders und vielfältig machen, wenn es darum geht, gefährdete Einwandererinnen und Flüchtlinge zu unterrichten. Wir heben die Hauptbeiträge der PWL-Definition und die Eignung der Autoethnographie für Untersuchungen auf der Suche nach lokalen Wahrheiten und Praktiken hervor. 14 Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen <?page no="15"?> Francisco Calvo del Olmo und Karine Marielly Rocha da Cunha stellen in ihrem Artikel die Erfahrung eines Curriculums für IK in romani‐ schen Sprachen (ICLR) vor, das sie an der Universität UFPR seit 2014 im Kontext lateinamerikanischer und europäischer Universitäten durchführen. Dabei berücksichtigen die Verfasser*innen die Ausbildungsbedürfnisse ihrer Studierendenschaft und die aktuellen geostrategischen und pädagogischen Herausforderungen. Auf diese Weise versuchen die Autor*innen, auf die Gründe für die Präsenz des ICLR in der sprachlichen und kulturellen Ausbildung von Studierenden in der künstlerischen Laufbahn einzugehen. Sie beschreiben auch die Inhalte des ICLR-Wahlfachs in den Ausgaben, die als Semesterkurs und als Sommerkurs konzentriert im Februar 2020 unterrichtet wurden. Abschließend präsentieren sie eine Reihe von Schlussfolgerungen und Perspektiven für zukünftige Forschung. Der Band richtet sich also gleichermaßen an Forschende und Lehrende in Bildungseinrichtungen für die verschiedensten Altersstufen, die sich nicht nur für die vielfältigen Dimensionen und Potenziale von Mehrsprachigkeit und ihrer Didaktik interessieren, sondern die den Wunsch der Herausgeberinnen teilen, Brücken zwischen Erkenntnissen der Forschung und ihrer unterrichts‐ praktischen Umsetzung zu schlagen, Phänomene der Mehrsprachigkeit in ihrer ganzen lebensweltlichen Fülle zu verstehen und kritisch zu beurteilen und schließlich daran mitzuwirken, dass der Fremdsprachenunterricht durch seine Öffnung für sprachenübergreifendes Lernen einen konstitutiven Beitrag zu einer zeitgemäßen Erziehung in einer wesentlich durch Vernetzung gekenn‐ zeichneten Welt leistet. Hamburg im Frühjahr 2021, Sílvia Melo-Pfeifer, Julia von Rosen Anmerkung: Die Herausgeber*innen dieses Buches danken Ana Luísa Oliveira, die für die Formatierung aller Kapitel verantwortlich war. 3 Literatur Candelier, Michel / Camilleri-Grima, Antoinette / Castellotti, Véronique / De Pietro, Jean-François / Lörincz, Ildikó / Meißner, Franz-Joseph / Schröder-Sura, Anna / Mo‐ linié, Muriel (ed.). 2012. Le CARAP - Un Cadre de Référence pour les Approches Plurielles des langues et des cultures - Compétences et ressources. Straßburg: Europarat. [http: / / carap.ecml.at/ , 06.02.2010]. Chang, Heewon. 2008. Autoethnography as Method. London: Routledge. 15 Einleitung: Warum ein weiteres Buch über Mehrsprachigkeit in der Schule? <?page no="16"?> García, Ofelia / Li Wei. 2014. Translanguaging. Language, Bilingualism and Education. Hampshire: Palgrave MacMillan. Gogolin, Ingrid. 1994. Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster: Waxmann. Heyder, Karoline H. / Schädlich, Birgit. 2014. „Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität - eine Umfrage unter Fremdsprachenlehrkräften in Niedersachsen“, in: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht, 19(1), 183-201. Hu, Adelheid. 2016. „Mehrsprachigkeit“, in: Eva Burwitz-Melzer / Grit Mehlhorn / Claudia Riemer / Karl-Richard Bausch / Hans-Jürgen Krumm (Hrsg.): Handbuch Fremsprachenunterricht. Tübingen: A. Francke Verlag, 10-15. Hülsmann, Christian / Ollivier, Christian / Strasser, Margaret (Hrsg.). 2020. Lehr- und Lernkomptenzen für die Interkomprehension. Perspektiven für die mehrsprachige Bil‐ dung. Salzburg: Waxmann-Verlag. Kirsch, Claudine / Duarte, Joana. 2020. Multilingual Approaches for teaching and learning. From acknowledging to capitalizing on multilingualism in European mainstream edu‐ cation. London: Routledge. Lüdi, Georges. 2018. „Mehrsprachigkeit“, in: Ingrid Gogolin / Viola Georgi / Marianne Krüger-Potratz / Drorit Lengyel / Uwe Sandfuchs (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Pädagogik. Verlag Bad Klinkhardt: Bad Heilbrunn, 133-139. Lundberg, Adrian. 2020. Viewpoints about educational language policies. Multilingualism in Sweden and Switzerland. Malmö: Malmö University. May, Stephan. 2014. The Multilingual Turn. Implications for SLA, TESOL and Bilingual Education. London: Routledge. Melo-Pfeifer, Sílvia. 2020. „‚Plurale Ansätze werden mich in der zukünftigen Unter‐ richtsvorbereitung beeinflussen‘ - Dilemmas und Einstellungen künftiger Spanisch‐ lehrer_innen zu Pluralen Ansätzen“, in: Steffi Morkötter / Katja Schmidt / Anna Schröder-Sura (Hrsg.): Sprachen- und sprachfamilienübergreifendes Lernen - lebens‐ weltliche und schulische Mehrsprachigkeit. Tübingen: Narr Verlag, 97-117. Melo-Pfeifer, Sílvia / Reimann, Daniel (Hrsg.). 2018. Plurale Ansätze im Fremdsprachen‐ unterricht in Deutschland. State of the art, Implementierung des REPA und Perspektiven. Tübingen: Narr. Mörkotter, Steffi / Schmidt, Katja / Schröder-Sura, Anna (Hrsg.) (2020). Sprachübergrei‐ fendes Lernen. Lebensweltliche und schulische Mehrsprachigkeit. Tübingen: Narr. Rosa, Jonathan / Flores, Nelson. 2017. „Unsettling race and language: Toward a raciolin‐ guistic perspective“, in: Language in Society, 46, 621-647. Vetter, Eva (Hrsg.). 2013. Professionalisierung für sprachliche Vielfalt. Baltmannsweiler: Schneider Verlag. 16 Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen <?page no="17"?> Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen Ursula Behr 1 Einführung Nachdem in den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (Bista 2003, 7) für den Unterricht in einer ersten Fremdsprache dezidiert gefordert wird, Bezüge zwischen den von den Schülerinnen und Schülern erlernten Sprachen herzustellen und durch entsprechende Methoden und Einsichten Fähigkeiten zu lebenslangem, selbstständigem Sprachenlernen weiter zu ent‐ wickeln sind, führen die Standards für die Allgemeine Hochschulreife (2012, 12) Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz als verbindliche Kompetenz‐ bereiche ein (Abb. 1). Abb 1: Kompetenzbereiche Bildungsstandards, Allgemeine Hochschulreife <?page no="18"?> Mit den Kompetenzbeschreibungen der Bildungsstandards sind Erkenntnisse der psycho- und neurolinguistischen Forschung sowie mehrsprachigkeitsdidak‐ tische Konzepte nunmehr bildungspolitisch legitimiert. Schröder (2012, 30) verweist darauf, dass in Zukunft der Unterricht in jeder der angebotenen Schul‐ fremdsprachen über die jeweils zu lernende Sprache hinausreichen muss. Damit geht es im eigentlichen Sinn um die Entwicklung von Sprachenbewusstheit (cf. Behr 2015, 11). Mit dieser Forderung ist ein veränderter unterrichtlicher Zugang zu Sprache als System und als Medium verbunden, der für jeglichen Sprachunterricht auf allen Niveaustufen von Bedeutung ist. D. h. die Schülerinnen und Schüler • erkennen, erklären und reflektieren die Funktionalität sprachlicher Formen und Strukturen, • erkennen Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Besonderheiten sprachli‐ cher und nichtsprachlicher Mittel und ihrer Verwendung, • nutzen dieses Wissen für das Verstehen und Sich-Verständigen, • erklären an ausgewählten Beispielen das Zusammenwirken von Sprache und Kultur, • wenden Strategien zur Förderung der Kommunikation an und reflek‐ tieren sie. Hieraus erwächst ein erhöhter Anspruch an kognitives, metakognitives, ent‐ deckendes und schließlich sprachenübergreifendes Lernen. Es wird folglich „Formen sprachlichen Lernens geben müssen in einem Unterricht, der sprach‐ lichen Phänomenen im Rahmen des schulisch Möglichen auf den Grund geht, sowohl in funktionaler wie auch in interkultureller Hinsicht […]. Anstelle von „Kochbuch-Regeln“ („wenn … dann“) werden Einsichten in Sprachfunktion und Sprachform geweckt, das Bewusstsein für deren Besonderheiten und Gemein‐ samkeiten wird geschärft und die Sensibilität für die eigenen sprachlichen Lernpotenziale gefördert“ (Schröder 2012, 38). Der notwendige Paradigmenwechsel, im Sinne eines integrativen Mehrspra‐ chigkeitskonzeptes und der Ergänzung einzelsprachlicher Unterrichtsroutinen durch sprachenübergreifende Lehr- und Lernansätze, ist nicht erfahrungsge‐ leitet zu erreichen. Er setzt flankierende Maßnahmen grundsätzlicher und begleitender Art voraus. Eine grundsätzliche Voraussetzung für die Installierung integrativer Mehrsprachigkeit ist deren curriculare Verortung neben einer darauf ausgerichteten Lehrerausbildung. Die curriculare Verortung sprachenübergreifenden Lernens bezieht sich auf dessen Verankerung in 18 Ursula Behr <?page no="19"?> 1 Die Lehrpläne für den Unterricht in Deutsch und den in Thüringen unterrichteten Fremdsprachen sind veröffentlicht im Thüringer Schulportal, für den Realschulbereich unter: https: / / www.schulportal-thueringen.de/ web/ guest/ lehrplaene/ regelschule, für das Gymnasium unter: https: / / www.schulportal-thueringen.de/ lehrplaene/ gymnasium. • den zentralen Steuerungsinstrumenten, d. h. in den Lehr- oder Bildungs‐ plänen bzw. (Rahmen)Richtlinien für den Sprachenunterricht, • der schulinternen Lehr- und Lernplanung, • den Lehrwerken. Von besonderer Bedeutung ist die zentrale Planungsebene, denn Lehrpläne sind ein maßgeblicher Transmissionsriemen für die Installierung des Konzepts einer integrativen Mehrsprachigkeitsdidaktik. Sie können (und müssen) den verbindlichen Rahmen setzen für • die Formulierung sprachenübergreifender (gemeinsamer) Ziele, im Sinne der vom Schüler zu erwerbenden Kompetenzen, Inhalte und mehrspra‐ chigkeitsdidaktischer Prinzipien in allen Sprachenfächern (inkl. des mut‐ tersprachlichen Deutschunterrichts), • die Ausweisung von Sprachlernbewusstheit als einer zentralen sprach‐ lernstrategischen Zielgröße in allen Sprachenfächern, • die curricular abgesicherte Nutzung von Synergien und die Vernetzung zwischen der Muttersprache oder Zweitsprache Deutsch und den vor- und nachgelernten Fremdsprachen sowie • den zwischensprachlichen Vergleich auch zu den ‚nicht-schulischen’ ver‐ wandten und nicht-verwandten Sprachen (inkl. der Herkunftssprachen von Lernern). Bausch & Helbig-Reuter (2003, 199) fordern in diesem Zusammenhang einen „neuen Lehrplantypus“. Diesem Anspruch werden die Thüringer Lehrpläne (2011) 1 gerecht. Sie formulieren - im Sinne eines curricular verankerten sprachenübergreifenden Lehr-Lernkonzeptes - sprachenübergreifende Kompe‐ tenzen als gemeinsame Zielstellungen für den muttersprachlichen Deutschun‐ terricht und für den Fremdsprachenunterricht. 2 Sprachenübergreifende Kompetenzen im Verständnis der Thüringer Lehrpläne für den Sprachunterricht Die Thüringer Lehrpläne für alle Fächer der allgemeinen bildenden Schulab‐ schlüsse folgen einer gemeinsamen Konzeption (cf. dazu die Leitgedanken zu den Thüringer Lehrplänen 2011, 7) und weisen neben zu entwickelnden 19 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="20"?> fachspezifischen Kompetenzen auch fächerübergreifende Zielstellungen aus, die einerseits für die Kompetenzentwicklung in allen Fächern, sog. Lernkompe‐ tenzen, und andererseits für Fächer eines Aufgabenfeldes, z. B. gesellschaftswis‐ senschaftliche, naturwissenschaftliche Kompetenzen, relevant und umzusetzen sind. Aufgabenfeldspezifische Kompetenzen sollen gemeinsame Zielsetzungen des Unterrichts in (verwandten) Fächern eines Aufgabenfeldes herausstellen, Treffpunkte für Zusammenarbeit in der jeweiligen Fachkonferenz und Vernet‐ zung von Lehr-/ Lernprozessen schaffen, Synergien nutzen und letztlich für Schülerinnen und Schüler Lernunterstützung ermöglichen. Die Thüringer Lehrpläne für den Unterricht in der Muttersprache Deutsch und in den Fremdsprachen (2011) setzen diesen konzeptionellen Ansatz kon‐ sequent um und weisen für die Fächer des sprachlichen Aufgabenfeldes sprachenübergreifende Kompetenzen als gemeinsame Zielsetzung jeglichen Sprachunterrichts aus. Der Auftrag, aufgabenfeldspezifische Kompetenzen in den Lehrplänen für den Sprachunterricht zu verankern, erforderte ein gemeinsames Begriffsver‐ ständnis von sprachenübergreifender Kompetenzentwicklung und deren sinn‐ volle Abbildung im jeweiligen Fachlehrplan. Hierfür waren die enge Zusam‐ menarbeit und Abstimmung der beteiligten Lehrplangruppen eine unerlässliche Voraussetzung. Wesentlich war ebenso die Verabredung von Prämissen, wie: • das Fachlehrplanprinzip steht nicht zur Disposition, • es darf keine Abstriche im Bereich sprachenspezifischer Kompetenzent‐ wicklung geben, • die Zielstellungen müssen in der lt. Stundentafel für die jeweilige Sprache vorgesehenen Lernzeit zu erreichen sein, • die Beschreibung sprachenübergreifender Zielstellungen muss in der für alle Thüringer Lehrpläne festgelegten Form erfolgen und somit Sach-, Methoden, Selbst- und Sozialkompetenz abbilden, • die Art der Darstellung sprachenübergreifender Kompetenzen muss in allen Lehrplänen als integrativer Bestandteil des Einzelfachlehrplans erfolgen. Ein erster Diskurs nahm die sprachenspezifische Kompetenzentwicklung in den Fokus. Es konnten für den muttersprachlichen Deutschunterricht und für den Fremdsprachenunterricht gleichermaßen relevante Lernbereiche lokalisiert werden, wie Textrezeption, Textproduktion, Sprachmittlung. Ein Vergleich der in diesen Lernbereichen aus sprachenspezifischer Sicht formulierten Ziel‐ stellungen ließ die Abstraktion gemeinsamer, in allen Sprachfächern für die 20 Ursula Behr <?page no="21"?> 2 Das Kapitel 1.2 erscheint in allen Lehrplänen mit gleichem Inhalt, jedoch nicht mit gleicher Seitenzahl. Daher erfolgt hier nur der Verweis auf die Kapitelnummer. Kommunikation gleichermaßen relevanter Kompetenzen zu. Damit erhielt das Verständnis sprachenübergreifender Kompetenzen eine erste Konkretion: „Sprachenübergreifende Kompetenzen sind Kompetenzen, die der Schüler gleicher‐ maßen für die erfolgreiche Kommunikation in der Muttersprache wie in den Fremd‐ sprachen benötigt. Ihre Nutzung fördert Synergien zwischen den Sprachen und wirkt lernunterstützend.“ (Lehrplankapitel 1.2) 2 . Sprachenübergreifende Kompetenzen bieten somit für die jeweiligen Lernbe‐ reiche konkrete Bezugspunkte für eine über den einzelsprachlichen Unterricht hinausgehende Abstimmung von Lehr- und Lernprozessen, für die schulinterne Sprachkonzeptentwicklung sowie für die gemeinsame Arbeit in der Fachkon‐ ferenz Sprachen, z. B. im Zusammenhang mit Schwerpunktsetzungen bei der Kompetenzentwicklung, der individuellen Förderungen, der Leistungseinschät‐ zung oder projektartigen Phasen in bestimmten Klassenstufen. Diesem grundsätzlichen Verständnis und den oben benannten Prämissen folgend werden in den Lehrplänen gemeinsame sprachenübergreifende Kompe‐ tenzen für die Lernbereiche Hör-/ Hör-Sehverstehen, Leseverstehen, Sprechen, Schreiben sowie Sprachmittlung formuliert. Derartige gemeinsame Zielsetzungen erscheinen bspw. im Lernbereich Hör-/ Hör-Sehverstehens in folgender Form - hier als punktueller Auszug aus dem in allen Lehrplänen für den Sprachenunterricht in Thüringen enthaltenen Kapitel 1.2 „Sprachenübergreifende Kompetenzen“: Sachkompetenz Der Schüler kann • verschiedene sprachlich angemessene und altersgemäße Hör-/ Hör-Seh‐ situationen in persönlichen und öffentlichen Zusammenhängen bewäl‐ tigen, • unterschiedliche Sprecher verstehen, […] 21 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="22"?> Methodenkompetenz Der Schüler kann […] • verschiedene Hör-/ Hör-Sehtechniken funktionsbezogen einsetzen, z. B. Informationen gedanklich verdichten, Sinnzusammenhänge kombi‐ nieren, Verstehenslücken ausgleichen, • sprachliches, soziokulturelles und thematisches Wissen sowie Welt‐ wissen als Verstehenshilfe nutzen. Selbst- und Sozialkompetenz Der Schüler kann […] • den Hör-/ Hör-Sehprozess entsprechend der Aufgabe selbstständig bewäl‐ tigen, • […] • seine Kompetenzentwicklung einschätzen und ggf. dokumentieren. 3 Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren - ein neuer Lernbereich für den Sprachunterricht in Thüringen Die in den Thüringer Lehrplänen formulierten sprachenübergreifenden Kom‐ petenzen gehen über das unter Punkt 2 beschriebene Grundverständnis hinaus. Impulscharakter hatten dabei v. a. die Ergebnisse von theoriegeleiteten Praxis‐ erkundungen in Thüringen (cf. Behr 2007) als auch bildungspolitische Forde‐ rungen nach mehrsprachigkeitsdidaktischen Konzepten und der Entwicklung von Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz, z. B. in den nationalen Bildungsstandards (KMK 2012). Erprobungserfahrungen in Thüringen zeigen, dass v. a. die Anwendung von Strategien • der bewussten Wahrnehmung, • der Reflexion, • der pro- und retroaktiven Verknüpfung und • des zwischensprachlichen Transfers von individuell verfügbarem sprachlichem, soziokulturellem und strategischem Wissen in der Muttersprache und den erlernten Fremdsprachen eine wesent‐ liche Reserve für die Erhöhung der einzelsprachlichen Kompetenz darstellen (cf. Behr 2007, 19-33). Dieser Befund entspricht einschlägigen Ergebnissen der 22 Ursula Behr <?page no="23"?> mehrsprachigkeitsdidaktischen Forschung, wonach lernrelevantes Vorwissen ein entscheidender Faktor für den Lernerfolg ist und Lerngegenstände mitein‐ ander interagieren (cf. z. B. Bausch, Königs & Krumm 2004; Meißner 2003, 2005). Die benannten Praxiserkundungen in Thüringen verdeutlichen, dass durch die Betonung der Kategorien Vergleich, Transfer und Reflexion im Unterricht der reflektierte Umgang mit • der Funktionalität sprachlicher Formen und Strukturen, • Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Besonderheiten sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel und ihrer Verwendung, • dem Zusammenwirken von Sprache und Kultur, • Strategien zur Förderung der Kommunikation maßgeblich angeregt und die Evaluation des eigenen Lernprozesses gefördert werden kann (cf. Behr 2007, 184-88). Für die Lehrplankonzeption erwuchs hieraus die Überlegung, einen eigen‐ ständigen Lernbereich verbindlich einzuführen, in dem „[…] die Reflexion über Sprache, ihre Verwendung und den eigenen Sprachlernprozess“ (Lehr‐ plankapitel 1.2.4) im Zentrum steht und der „dezidiert auf die Entwicklung sprachenübergreifenden Lernens ausgerichtet“ (ebd.) ist und die „Entwicklung von Sprach- und Sprachlernbewusstheit“ (ebd.) fördert. Mit dem Lernbereich „Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren“ wurde dieses Anliegen umgesetzt. Das unter Punkt 2 beschriebene Grundverständnis sprachenübergreifender Kompetenzentwicklung wird hier nun ergänzt um den Fokus auf die pro- und retroaktive Verknüpfung und den zwischensprachlichen Transfer von indivi‐ duell verfügbarem sprachlichem, soziokulturellem und strategischem Wissen in der Muttersprache und den erlernten Fremdsprachen. Hierbei erfolgte die Ziel‐ beschreibung - der Thüringer Lehrplankonzeption und Diktion folgend - für das fachlich-inhaltliche Lernen (Sachkompetenz), das methodisch-strategische Lernen (Methodenkompetenz) sowie für das sozial-kommunikative (Sozialkom‐ petenz) und das selbstbeobachtende/ selbstregulierende Lernen (Selbstkompe‐ tenz). Diesen Ansatz sprachenübergreifender Kompetenzbeschreibung verdeut‐ licht die nachfolgende Tabelle für die Sekundarstufe I. Sie ist Bestandteil des Lehrplankapitels 1.2.4 und in dieser Form in jedem Sprachenlehrplan enthalten. 23 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="24"?> Klassenstufen 5 - 10 Sachkompetenz Der Schüler kann • die Funktionalität sprachlicher Mittel erkennen und unter Verwendung von Fachterminologie erklären, • vorhandene sprachliche und nichtsprachliche Mittel in der deutschen Sprache, ggf. in seiner Herkunftssprache und in den erlernten Fremdsprachen für das Verstehen und Sich-Verständigen nutzen, • Hypothesen zur Erschließung sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel formu‐ lieren, • an ausgewählten Beispielen das Zusammenwirken von Sprache und Kultur erklären, • Methoden und Strategien des Spracherwerbs beschreiben. Methodenkompetenz Der Schüler kann • Techniken des Sprachenvergleichs selbstständig anwenden, • das Ergebnis und die Vorgehensweise beim Sprachenvergleich - dokumentieren, - präsentieren, - kommentieren, • Strategien des Sprachenlernens erklären und die für den individuellen Lernpro‐ zess in der jeweiligen Sprache geeigneten auswählen und anwenden. Selbst- und Sozialkompetenz Der Schüler kann • sprachliche und nichtsprachliche Phänomene aufmerksam und bewusst wahr‐ nehmen, • über eigene Sprachlernstrategien reflektieren, • seine Kompetenzentwicklung einschätzen und ggf. dokumentieren. Tab. 1: Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren (aus: Lehr‐ plankapitel 1.2.4). Die o. g. sprachenübergreifenden Zielformulierungen erfahren für den Unter‐ richt in der jeweiligen Sprache eine sprachensowie altersspezifische Ausprä‐ gung und werden in den Lehrplanteilen der gymnasialen Oberstufe fortgeführt. Dabei werden „in Abhängigkeit von der jeweiligen sprachlichen Kompetenz […] die deutsche Sprache und/ oder die Fremdsprache als Medium für Erläu‐ terungen von Ergebnissen und entsprechenden Vorgehensweisen beim Spra‐ chenvergleich, für das Bilden von Hypothesen und für die Reflexion genutzt“ (Lehrplankapitel 1.2.4). 24 Ursula Behr <?page no="25"?> Die Abbildung des Lernbereichs „Über Sprache, Sprachenlernen und Sprach‐ verwendung reflektieren“ in einem einzelsprachlichen Lehrplan, die Zuordnung von sprachenübergreifenden Zielen zu bestimmten Klassenstufen und die damit verbundene Progression der Kompetenzentwicklung werden in der folgenden Übersicht am Beispiel einer zweiten Fremdsprache - hier des Französischlehr‐ plans für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife - für die Sach- und die Methodenkompetenz in der Sekundarstufe I abgebildet. Die Progression zeigt sich in • der Verwendung unterschiedlicher Operatoren, • einem unterschiedlichen Grad an erwarteter Selbstständigkeit, • der Bindung an die jeweiligen niveauspezifischen sprachlichen Mittel sowie Rezeptions- und Produktionsstrategien (diese zeigt sich in der Tabelle durch den Verweis auf das jeweilige klassenstufenbezogene Lehrplankapitel), • der Ausweisung unterschiedlicher Gegenstände für den Sprachenbzw. Kulturvergleich, • dem Grad der Komplexität zu nutzender Techniken und Strategien, • dem Anwendungsspektrum für Techniken des Sprachenvergleichs. Sachkompetenz Klassenstufen 5/ 6 - A1 Klassenstufen 7/ 8 - A2 Klassenstufen 9/ 10 - B1 Der Schüler kann • vorhandene sprachliche und nichtsprachliche Mittel in der deutschen Sprache, ggf. in seiner Herkunftssprache, und in den erlernten Fremdsprachen für das Verstehen und das Sich-Verständigen im Französischen nutzen und darüber reflektieren, • die Funktion bekannter sprachlicher Phänomene, z. B. Wortarten, Satzglieder, Tempusformen (vgl. 2.4.3) erkennen und unter Verwendung lateinischer Fachtermini benennen, • die Funktion bekannter sprachlicher Mittel z. B. Wortarten, Satz‐ glieder, Tempusformen (vgl. 2.4.3) erkennen und unter Verwendung der Fachterminologie erklären, • Hypothesen zur Er‐ schließung von ele‐ mentarem Wortschatz sowie von einfachen Strukturen auf der Grundlage von Vor‐ wissen unter Anleitung bilden, • Hypothesen zur Er‐ schließung von ele‐ mentarem Wortschatz sowie von einfachen Strukturen auf der Grundlage von Vor‐ wissen, ggf. unter An‐ leitung, bilden, • Hypothesen zur Er‐ schließung sprachli‐ cher und nichts‐ prachlicher Mittel formulieren, 25 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="26"?> • über die Angemes‐ senheit einfacher sprachlicher Mittel, z. B. Anrede- und Höflichkeitsformen, sowie nichtsprachli‐ cher Mittel, z. B. Mimik und Gestik, unter An‐ leitung reflektieren, • über die Angemes‐ senheit einfacher sprachlicher Mittel, z. B. Anrede- und Höflichkeitsformen, sowie nichtsprachli‐ cher Mittel, z. B. Mimik und Gestik, ggf. unter Anleitung, reflektieren, • an ausgewählten Beispielen das Zu‐ sammenwirken von Sprache und Kultur erklären, z. B. be‐ zogen auf die Verwen‐ dung von Wortschatz in chansons, Mär‐ chen, ideomatischen Redewendungen, Wer‐ betexten, • Methoden und Strate‐ gien unter Anleitung beschreiben für - das Einprägen von Wortschatz und Strukturen im Französischen (vgl. 2.4.3), - die Rezeption französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.1.1) - die Produktion französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.1.2) - das Lösen von Aufgaben zur Sprachmittlung (vgl. 2.1.3). • Methoden und Strate‐ gien, ggf. unter Anlei‐ tung, beschreiben für - die Rezeption französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.2.1), - die Produktion französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.2.2), - das Lösen von Aufgaben zur Sprachmittlung (vgl. 2.2.3). • Methoden und Strate‐ gien selbstständig be‐ schreiben für - die Rezeption französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.3.1.) - die Produktion französischspra‐ chiger Texte (vgl. 2.3.2), - das Lösen von Aufgaben zur Sprachmittlung (vgl. 2.3.3). Methodenkompetenz Klassenstufen 5/ 6 - A1 Klassenstufen 7/ 8 - A2 Klassenstufen 9/ 10 - B1 Der Schüler kann • einfache Techniken des Sprachenvergleichs, z. B. Identifizieren, Kontrastieren, Ordnen unter Anleitung an‐ wenden, • einfache Techniken des Sprachenvergleichs, z. B. Identifizieren, Kontrastieren, Klassifi‐ zieren, ggf. unter An‐ leitung, anwenden, • Techniken des Spra‐ chenvergleichs auf der Ebenen der sprachli‐ chen und nichtsprach‐ lichen Mittel bewusst anwenden, • sprachliche Einzelphänomene isolieren und dabei gezielt nach Bekanntem und Ähnlichem suchen, 26 Ursula Behr <?page no="27"?> • Vergleichbares unter Anleitung in anderen Sprachen, gerade auch in seinen Schulspra‐ chen, erkennen, be‐ stimmen und nutzen, • Vergleichbares in an‐ deren Sprachen, gerade auch in den Schulspra‐ chen, ggf. unter An‐ leitung, erkennen, be‐ stimmen und nutzen, • über sprachliche und nichtsprachliche Mittel Verbindungen zu an‐ deren Sprachen, beson‐ ders zu jenen aus der romanischen Sprachfa‐ milie, herstellen, • das Ergebnis und die Vorgehensweise beim Spra‐ chenvergleich festhalten und anderen mitteilen, • das Ergebnis und die Vorgehensweise beim Sprachenvergleich - dokumentieren, - präsentieren und - kommentieren, • eigene Regeln für die Sprachverwendung und das Sprachenlernen formulieren und anwenden. • die für das eigene Erlernen der französi‐ schen Sprache geeig‐ neten Methoden und Strategien erklären und anwenden. Tab. 2: Darstellung der Kompetenzentwicklung im Lernbereich „Über Sprache, Sprachver‐ wendung und Sprachenlernen reflektieren“ für den Französischunterricht am Gymnasium gemäß Thüringer Lehrplan für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife Französisch 2011. Mit den 2011 veröffentlichten Thüringer Lehrplänen sind die Forderungen der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss, „Bezüge zwischen den von den Schülerinnen und Schülern erlernten Sprachen herzustellen und durch entsprechende Methoden und Einsichten Fähigkeiten zu lebenslangem, selbstständigem Sprachenlernen weiter zu entwickeln“ (KMK 2003, 7) und gleichermaßen die in den Standards für die Allgemeine Hochschulreife verbind‐ lich eingeführten Kompetenzbereiche Sprachbewusstheit und Sprachlernkom‐ petenz (vgl. KMK 2012, 12) in Thüringen curriculare Wirklichkeit geworden. 4 Sprachenübergreifende Kompetenzentwicklung im Lern-und Leistungsraum Vom Lehrplan führt kein direkter Weg in den Unterricht. Kompetenz kann man nur vermittels konkreter (Lern-) Handlungen entwickeln und erschließen. Hieraus erwächst auch für den Lernbereich „Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren“ die Rolle adäquater Übungs- und Aufgaben‐ gestaltung. Die Lernenden sollen einerseits zu Einsichten in Struktur und Gebrauch der Zielsprache sowie anderer Sprachen und andererseits zu deren bewusster 27 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="28"?> Nutzung in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation geführt werden. Hierfür sind didaktisch-methodische Szenarien erforderlich, die Schülerinnen und Schüler anregen, • sprachliche Phänomene bewusst, d. h. mit erhöhter Aufmerksamkeit, wahrzunehmen, • Einzelphänomene aus komplexen Zusammenhängen zu isolieren, mit vorhandenen Sprachbeständen in der deutschen Sprache, ggf. in der Herkunftssprache und der/ den anderen erlernten Fremdsprache/ n sowie anderen verwandten Sprachen zu vergleichen, nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu suchen, • sinnvoll Vergleichbares zu erkennen, • Erklärungshypothesen auf der Grundlage von Vorwissen oder anhand von Oberflächenmerkmalen zu entwerfen, • Hypothesen zu überprüfen, • ihre Vorgehensweise beim Sprachenvergleich und dessen Ergebnisse zu dokumentieren und zu präsentieren, • über ihr Sprachenlernen (beim Wortschatzerwerb, beim Lesen, bei der Sprachmittlung etc.) zu reflektieren. Derartige Schülertätigkeiten können angeregt und gelenkt werden durch In‐ struktionen zur: • Unterstützung der Wahrnehmung und Steuerung der Aufmerksamkeit, z. B.: Schau Dir an, (wie …), Finde heraus, (wie …), Überlege, wie/ ob…, Stelle fest…, Ergänze…, Unterstreiche…; • Anregung vergleichender Operationen, z. B. Vergleiche…, Ordne (zu)…, Finde/ Markiere Gemeinsamkeiten und Unterschiede; • Verbalisierung der Vorgehensweise und der Ergebnisse, z. B. Erkläre, wie du vorgegangen bist, Stelle dein(e) Ergebnis(se) vor, Besprich deine Ergebnisse mit einem Partner; • Zusammenfassung, Speicherung der persönlichen Erkenntnisgewin‐ nung, z. B. Formuliere eine Regel und schreibe sie auf, Notiere deine Ergebnisse. Für die Konstruktion von Aufgaben zur zielgerichteten Förderung von Sprach‐ bewusstheit und Sprachlernkompetenz sind die nachfolgenden Anforderungen sehr wesentlich: 28 Ursula Behr <?page no="29"?> • die gleichzeitige Ausrichtung der Schülertätigkeiten auf die jeweilige Zielsprache und mindestens eine weitere Sprache sowie die Einbeziehung der deutschen Sprache, • die Bereitstellung einer hinreichenden und erschließbaren Vergleichs‐ basis für die jeweilige Zielsprache zu anderen Sprachen, • das Schaffen von Anknüpfungspunkten für die Wahrnehmung von Ge‐ meinsamem, Ähnlichem und Unterschiedlichem, • die Lernerperspektive, insbesondere im Sinne von kommunikativer Re‐ levanz und Gegenwartsorientierung, • die Unterstützung entdeckenden Lernens, • die Anregung von Reflexion und Dokumentation von Lernprozessen und Lernergebnissen (cf. Behr 2010, 109-113). Hilfreich sind in diesem Zusammenhang Aufgaben, die vom Schriftbild aus‐ gehen, da mit der geschriebenen Sprache durch die selbstbestimmte Verweil‐ dauer der bewusste Umgang mit der Sprache geübt werden kann. Ferner kann durch optische Anordnung das Vergleichen erleichtert werden, und schließlich sind Selbstkontrolle und Ergebnisdarstellung besser möglich angesichts der Fixiertheit der Ausgangsbasis. Schülerinnen und Schüler unterscheiden sich in ihren Lernvoraussetzungen und -bedingungen z. T. erheblich. Es obliegt folglich der Lehrkraft, Aufgaben unter Berücksichtigung der jeweiligen metakognitiven Dispositionen der Ler‐ nenden, ihrer Vorkenntnisse und Sprachlernerfahrungen differenziert einzu‐ setzen, ggf. zusätzliche lernberatende bzw. aktivitätssteuernde Impulse vorzu‐ sehen, um Erfolge sprachenübergreifenden Lernens erlebbar zu machen und zu würdigen. Mit zunehmender Sprachbeherrschung wächst der Grad der Selbstständigkeit bei der Aufgabenbewältigung und nimmt die Komplexität der in den Sprachen‐ vergleich einbezogenen sprachlichen oder nichtsprachlichen Phänomene zu. Zudem gewinnen Aspekte des Zusammenwirkens von Sprache und Kultur an Bedeutung. Schließlich wird mit zunehmender Sprachbeherrschung die jeweilige Zielsprache sukzessive das Medium, das der Schüler/ die Schülerin für Erläuterungen von Ergebnissen und entsprechenden Vorgehensweisen beim Sprachenvergleich, für das Bilden von Hypothesen und für die Reflexion nutzt. Die dazu benötigten sprachlichen Mittel müssen demzufolge konsequent in den Unterrichtsprozess einbezogen werden. 29 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="30"?> 3 Die benannten Materialien stehen zum Download zur Verfügung unter: https: / / www. schulportal-thueringen.de/ media/ mediothek/ publikationen_thillm#Materialien. 4 Beispiele für sprachenübergreifendes Arbeiten in verschiedenen Schulfremdsprachen finden sich im Thüringer Schulportal: www.schulportal-thueringen.de/ sprachunterric ht/ sprachenuebergreifend. Publikationen des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanent‐ wicklung und Medien der Reihe „Materialien“, z. B. die Hefte 105, 129 3 sowie An‐ regungen im Thüringer Schulportal 4 zeigen Möglichkeiten der unterrichtsprak‐ tischen Umsetzung von Lehrplanzielen zum sprachenübergreifenden Lernen. Mögliche leistungsrelevante Merkmale, die der Fremd- und Selbsteinschät‐ zung zu Grunde liegen können, ergeben sich aus der Zielbeschreibung für die Kompetenzentwicklung im Lernbereich „Über Sprache, Sprachverwendung und Sprachenlernen reflektieren“ und betreffen: • die Kenntnis und Nutzung sprachenübergreifender Lernstrategien, inkl. der Einbeziehung von Welt- oder Kontextwissen, • die Arbeitsweise, auch in verschiedenen Sozialformen, • die Dokumentation von Erschließungs-/ Vergleichsprozess und/ oder -er‐ gebnis, • die Reflexion auf Erschließungs-/ Vergleichsprozess und/ oder -ergebnis, • die Nutzung von Möglichkeiten zur Überprüfung des Erschließungs-/ Ver‐ gleichsergebnisses. Konkrete Anregungen zur Umsetzung in Form einer Klassenarbeit finden sich in Behr 2020, 67 ff. 5 Sprachenübergreifendes Lernen und Lehren als ein Element von Schulentwicklung Die schulentwicklerische Potenz sprachenübergreifenden Lernens und Lehrens besteht in der notwendigen Kooperation und Abstimmung der Lehrkräfte der Mutter- und Fremdsprachen(n) und in der möglichen Verbindung zu interkul‐ turellen Zielsetzungen des Schulprofils oder Schulprogramms. Kooperation und Abstimmung beziehen sich vor allem auf das prozedurale, deklarative und soziokulturelle Vorwissen der Schülerinnen und Schüler, auf mögliche Transferbasen sowie auf Sprachlern- und Reflexionstrategien aus der jeweils vor- oder nachgelernten Sprache und deren sprachenübergreifende Einordnung in den Spracherwerbsprozess. Dabei geht es sowohl um die Bestim‐ mung von Ziel und Position sprachenübergreifender Übungssequenzen als auch um die Festlegung von Organisationsformen, um auch Nachhaltigkeit bei den 30 Ursula Behr <?page no="31"?> Lernern zu bewirken. Daraus erwachsen konkrete Bezugspunkte für die schul‐ interne Sprachenkonzeptentwicklung sowie für die gemeinsame Arbeit in der Fachkonferenz Sprachen, z. B. im Zusammenhang mit Schwerpunktsetzungen bei der Kompetenzentwicklung, der individuellen Förderungen, der Leistungs‐ einschätzung oder projektartiger Phasen in bestimmten Klassenstufen. Schließlich hilft die Kooperation der Sprachenlehrkräfte dabei, das vermeint‐ liche Defizit bezogen auf Sprachen, die man selbst nicht beherrscht, zu mindern. Hier zeigen die Erfahrungen bei der Erprobung von sprachenübergreifenden Übungsangeboten sowie in der Lehrerfortbildung, dass Lehrkräfte sich schwer tun, Schülern gegenüber fehlende Expertise einzugestehen. Der nachfolgende Auszug aus der Rückmeldung einer Kollegin aus einem Gymnasium macht die beschriebene Problematik deutlich. „Da ich als Lehrkraft leider nicht über ausreichende Französisch- und Lateinkenntnisse verfüge, konnte ich nur auf die Kenntnisse der Schüler zurückgreifen. Es war mir nicht möglich, sie zu werten oder zu korrigieren, so dass ich mich mit dem gegenseitigen Korrigieren durch die Schüler begnügen musste.“ (cf. Behr 2007, 187). An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass Sprachlehrerinnen und -lehrer Expertise vornehmlich an der Sprachbeherrschung und nicht an Strategiekom‐ petenz festmachen. In diesem Fall fällt es dann schwer, Lernern den Wert von sprachenübergreifenden Lernstrategien überzeugend zu vermitteln. Die Auswertung der Erprobung von sprachenübergreifenden Übungsange‐ boten in Thüringer Schulen (cf. Behr 2007) sowie Erfahrungen im Kontext der Im‐ plementation des gemeinsamen Lehrplankonzeptes für alle Sprachen zeigen, dass Lehrkräfte der modernen Fremdsprachen (v. a. der s. g. zweiten Fremdsprachen) sich in stärkerem Maße mit sprachenübergreifendem Arbeiten identifizieren und dies auch wahrnehmbar für die Schülerinnen und Schüler praktizieren. Hier könnte die Arbeit in einer Fachkonferenz „Sprachen“ das Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung der Sprachen/ Sprachenlehrer füreinander an der Schule fördern und die innere Überzeugung entwickeln, dass die Entwicklung von Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz ein Ziel ist, das die Lehrkräfte der Mutter- und Fremdsprachen verbindet und nur gemeinsam erreicht werden kann und von dem alle gleichermaßen profitieren - vor allem die Schülerinnen und Schüler. Das schulentwicklerische Potential sprachenübergreifender Kooperation be‐ zieht sich auch auf einen weiteren Bereich - die Reflexion auf die eigene Arbeit. Sprachenübergreifendes Lernen als Ziel und Gegenstand des Sprachenunter‐ richts und gemeinsamer Fachkonferenzarbeit setzt im Interesse der Stärkung synergetischer Effekte gleichermaßen vorbereitende Abstimmung und nachbe‐ 31 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="32"?> reitende Auswertung voraus und kann somit die Reflexionskultur im Kollegium befördern. 6 Literatur Bausch, Karl-Richard / Helbig-Reuter, Beate. 2003. „Überlegungen zu einem integrativen Mehrsprachigkeitskonzept: 14 Thesen zum schulischen Fremdsprachenlernen“, in: Neusprachliche Mitteilungen, 56(4), 194-201. Bausch, Karl-Richard / Königs, Frank G. / Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.). 2004. Mehr‐ sprachigkeit im Fokus. Arbeitspapiere der 24. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr. Behr, Ursula. 2007. Sprachenübergreifendes Lernen und Lehren in der Sekundarstufe I. Ergebnisse eines Kooperationsprojektes der drei Phasen der Lehrerbildung. Tübingen: Narr. Behr, Ursula. 2010. „Zur Typologie von Übungen zum sprachenübergreifenden Lernen in der Sekundarstufe I“, in: Peter Doyé / Franz-Josef Meißner (Hrsg.): Lernerautonomie durch Interkomprehension. Tübingen: Narr, 107-116. Behr, Ursula. 2015. „Sprach(en)bewusstheit und Sprachlernkompetenz. Ihre Bedeutung für das Sprachenlernen“, in: PRAXIS Fremdsprachenunterricht, Basisheft 4/ 2015, 11-13. Behr, Ursula. 2020. „Anregungen für die Leistungseinschätzung beim sprachenübergreif‐ enden Lernen im Russischunterricht“, in: Steffi Morkötter / Katja Schmidt / Anna Schröder-Sura (Hrsg.): Sprachenübergreifendes Lernen. Lebensweltliche und schuli‐ sche Mehrsprachigkeit. Tübingen: Narr, 67-93. [KMK] Kultusministerkonferenz. 2003. Bildungsstandards für die erste Fremd‐ sprache (Englisch/ Französisch) für den Mittleren Schulabschluss (www.kmk.org/ filead min/ veroeffentlichungen_beschluesse/ 2003/ 2003_12_04-BS-erste-Fremdsprache.pdf, 31.10.2018). [KMK] Kultusministerkonferenz. 2012. Bildungsstandards für die fortgeführte Fremd‐ sprache (Englisch/ Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife. Köln: Carl Link. Meißner, Franz-Joseph. 2003. „Grundüberlegungen zur Praxis des Mehrsprachenunter‐ richts“, in: Franz-Joseph Meißner / Ilse Picaper (Hrsg.): Mehrsprachigkeitsdidaktik zwischen Frankreich, Belgien und Deutschland. Tübingen: Narr, 92-106. Meißner, Franz-Joseph. 2005. „Mehrsprachigkeitsdidaktik revisited: über Interkompre‐ hensionsunterricht zum Gesamtcurriculum“, in: Fremdsprachen Lehren und Lernen, 34, 125-145. Schröder, Konrad. 2012. „Sprachbewusstheit und Sprachlernbewusstsein in den Bildungs‐ standards für die Allgemeine Hochschulreife der Kultusministerkonferenz Model‐ lierungen, Tragweite und Ansätze zur schulischen Realisierung“, in: Die Neueren Sprachen, 3, 27-48. 32 Ursula Behr <?page no="33"?> Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Hrsg.). 2011. Leitge‐ danken zu den Thüringer Lehrplänen für den Erwerb der allgemein bildenden Schulab‐ schlüsse (https: / / www.schulportal-thueringen.de/ web/ guest/ media/ detail? tspi=1382, 31.10.2018). 33 Zur curricularen Verankerung sprachenübergreifender Kompetenzen <?page no="35"?> 20 ans d’études sur l’Intercompréhension plurilingue: « empire des sens » ou « liaisons dangereuses » ? Une étude exploratoire du réseau conceptuel de l’intercompréhension Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho 1 Introduction « Tout concept est en droit et essentiellement inscrit dans une chaîne ou dans un système à l’intérieur duquel il renvoie à l’autre, aux autres concepts, par jeu systématique de différences. » (Derrida 1968) Le concept d’Intercompréhension (IC) s’avère très productif en ce qui concerne l’évolution de la Didactique des Langues (DL), étant à la base de l’évolution épistémologique de cette discipline (Alarc-o et al. 2009b). Ceci est visible dans plusieurs dimensions de la discipline: • Formative: en se rapportant à l’enseignant et à l’apprenant, cette dimen‐ sion praxéologique de la DL vise la formation de professeurs à une didac‐ tique de l’intercompréhension encadrée par une éducation plurilingue, dans une logique de développement professionnel centré sur la pratique didactique, tout en considérant celle-là comme un espace de développe‐ ment des élèves eux-mêmes en tant que sujets plurilingues. Ça c’est évident dans la reconfiguration des propositions et pratiques didactiques qui s’ouvrent à une nouvelle conception des objets langues-cultures, plus interactive, amplifiée et transversale; • Recherche: dans cette dimension, l’analyse chronologique des études en DL met en évidence l’intérêt progressif pour le thème de l’intercompréhen‐ sion. Aussi, les implications des études se montrent-elles orientées vers l’approfondissement de nouveaux concepts, notamment celui d’intercom‐ préhension (voir, par exemple, les études présentées au Colloque «Diálogos em Intercompreens-o» (Capucho et al. 2017); <?page no="36"?> 1 « Galapro - Formation de Formateurs à l’Intercompréhension en Langues Romanes », c’était un Project LLP (135470 - LLP - 1 - 2007 - 1 - PT - KA2 - KA2MP), qui s’est déroulé entre 2008 et 2010, coordonné par Maria Helena Araújo e Sá, de l’Universidade de Aveiro (Portugal), à la suite des travaux des équipes Galatea et Galanet. Au-delà de l’institution coordinatrice, participent à Galapro 7 autres institutions universitaires: Université Stendhal Grenoble 3 (France), Universitat Autònoma de Barcelona (Espagne), Universidad Complutense de Madrid (Espagne), Università de Cassino (Italie), Univer‐ sité Lumière Lyon 2 (France), Université de Mons-Hainault (Belgique) et Université « Al.I.Cuza » (Roumanie). Le site du projet: www.galapro.eu. • Politique, ici entendue comme « le discours concernant la pensée et les décisions qui concernaient les macro-orientations stratégiques qui influencent les lignes d’action réalisées dans l’organisation des systèmes éducatifs […] et le pouvoir d’exprimer une opinion à l’intention critique et transformatrice, influençant éventuellement les macro-décisions » (Alarc-o et al. 2009b, 16). Le rôle de l’intercompréhension dans la recon‐ ceptualisation de la DL est évident dans la forte liaison entre DL et politiques linguistiques, notamment en ce qui concerne les orientations d’une politique du plurilinguisme, qui sont à la base de plusieurs études. Malgré cette productivité, déclinée sur les terrains des pratiques et des théories, le concept d’IC reste difficile à cerner, surtout quand on essaye d’envisager ses traits communs dans les travaux des chercheurs qui s’en occupent. Concept pluriel, méta-concept ou concept seuil (Capucho 2009; Degache & Melo 2008; Meissner 2008; Melo & Santos 2008; Pinho & Andrade 2008), les frontières conceptuelles de l’IC vis-à-vis d’autres notions restent à étudier, ainsi que les lieux d’ombre et de passage entre elles (comme exceptions, Castellotti 2007 et Ferr-o Tavares 2007, pour des rapports avec les notions de Compétence Plurilingue et de Compétence de Communication, respectivement), ainsi que l’histoire, certes naissante, de ses variations diachroniques et synchroniques. Prenant appui sur le base de données du projet Galapro 1 (qui compte 71 entrées relatives à la production totale de ses chercheurs), nous chercherons à esquisser la toile de rapports du concept d’IC (son écologie conceptuelle) et à rendre compte de sa variabilité synchronique, à travers l’analyse des titres des travaux des chercheurs et des mots-clés qu’ils y ont ajoutés (cette méthodologie permettant de combler des manques dans le cas où les titres ne sont pas suffisamment précis ou les textes n’incluent pas de mots-clés). Pour le faire, nous prendrons comme référence conceptuelle la théorie du modèle gravitationnel de Calvet pour les langues (1999) et essayerons, d’un coté, d’établir des rapports entre le concept hyper-central d’IC avec des concepts à de différents degrés de centralité - super-centrales, centrales et périphériques - à 36 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="37"?> travers une étude de fréquence des occurrences, et, de l’autre coté, de saisir une toile des rapports sémantiques entre eux (une carte conceptuelle de l’IC). Notre but sera de contribuer à la compréhension de l’état actuel du concept d’IC, de son environnement conceptuel et de saisir son « hétérogénéité compositionnelle » (Foucault 1969). 2 La nature des concepts: y-a-t-il des concepts contre nature? Le souci de scientificité dans les Sciences Humaines, en général, et dans la DL, en particulier, a souvent poursuivi le rêve de se voir bâtir un sens unique pour leurs concepts, en tant que signe de rigueur et d’indépendance par rapport aux disciplines affines (Holtzer 1995). Toutefois, comme nous le rappelle G. Kleiber (1990), ces sens uniques mènent assez souvent à des impasses, puisqu’ils restent fréquemment en marge des problématiques qu’ils cherchent à cerner. C’est dans ce cadre, et parce que la nature des problématiques didactiques couvertes par le concept « Intercompréhension » a évoluée, que le concept lui-même s’est vu attribuer de nouvelles ou complémentaires acceptions (Gueid-o et al. 2009; Jamet 2009; Melo & Santos 2008). Comme l’affirme G. Holtzer, « le lien entre la vie des mots et l’histoire de la société est un fait reconnu » (1995, 7). Ainsi, nous pouvons conclure que l’IC est, à chaque reprise dans le discours des chercheurs, à différentes époques, un terme qui contient à la fois de l’ancien et du nouveau (ceci ne mettant pas fin à l’ancien), pouvant être un concept auquel il semble prometteur d’additionner de nouveaux glissements sémantiques, pour augmenter ses possibilités heuristiques. L’IC est à présent étudiée sous plusieurs perspectives (en tant que compétence ou compétence partielle, en tant que stratégie,…), dans plusieurs contextes (compréhension orale et écrite, interaction verbale, dans et dehors de familles linguistiques) et comme étant capable de développer de multiples sphères atta‐ chées à l’éducation linguistique (l’éveil aux langues et « language awareness », la compétence plurilingue et interculturelle, l’autonomie dans l’enseignement-ap‐ prentissage, la motivation, …). Cette richesse et variété, où l’on peut voir, en quelque sorte, une « auberge espagnole » (Tost 2009, 20), peuvent être analysées sous deux perspectives: • l’une plutôt pessimiste, ancrée sur une vision monodes concepts et des conceptions, que l’on pourrait résumer comme suit: « If our concepts become too general, they may be subject to ‹theoretical vaporization›. They may suffer from ‹defective denotation›, in that they cease to offer productive empirical differentiation » (Collier & Gerring 2009, 3, sur la pensée de G. Sartori sur les concepts et la méthodologie); 37 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="38"?> 2 L’auteur note, à ce propos, que « the net result of conceptual straining is that our gains in extensional coverage tend to be matched by losses in connotative precision » (Sartori 1970; republié en 2009, 20). • l’autre plus constructive, qui envisage l’ambiguïté en tant qu’opportunité de développement conceptuel et empirique, à la lumière d’un paradigme de la complexité et d’une perspective écologiste des concepts: « l’histoire à venir de ce concept, au service de la DL, implique l’acceptation de sa richesse et l’exploitation de ses subtilités et des parcours qu’il intègre » (Gueid-o et al. 2009, 62). Il est possible de reconnaître l’IC en tant que concept « équivoque » et « flottant », si nous suivons une perspective immanente du langage reposant sur les sens uniques et la chimère de l’objectivité, qui semblent être à la base des déclarations suivantes: « The lower the discrimination power of a conceptual container, the more facts are misgathered, i.e., the greater the misinformation » (Sartori 1970; republié 2009, 20); « Concepts are not only elements of a theoretical system, but equally tools for fact-gathering, serving as data containers » (idem, 36). Prenant appui sur ces mots, nous pourrions nous interroger: si les concepts sont peu clairs, s’ils sont toujours soumis à « conceptual stretching 2 » (idem, 16), comment peuvent les chercheurs sélectionner leurs objets d’étude et leurs méthodologies de travail ? Comment peuvent-ils comparer et évaluer leurs travaux? Comment peut-on légitimer leurs résultats ? Plusieurs de ces questions, que l’on reconnaît comme valides au sein d’un para‐ digme de recherche précis et issu des Sciences (dites) Exactes, peuvent cependant être surmontées à l’aide d’une perspective émique appliquée à la recherche et aux chercheurs. Cette perspective, qui a été conceptualisée en tant que choix méthodologique permettant la prise en compte des sujets étudiés, montre « the importance of taking into account [not the view of the researcher defining competence from above, but] the local operations of the participants toward their definition of mutual competence, of locally available resources, of actually possible choices, of situated and emerging categorizations of speakers, situations, troubles and tasks » (Mondada 2004, 19). Si nous appliquons cette perspective aux chercheurs eux-même (comme l’ont fait Gueid-o et al. 2009), compris en tant que participants actives à la recherche, cela signifie que tous les chercheurs portent en soi des intuitions « informées » sur leurs objets et concepts de recherche et sur leurs potentialités et limitations. 38 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="39"?> En conséquence, pour apprécier la façon dont ils comprennent l’IC en DL et leurs façons de travailler avec elle, il faut reconnaître que les représentations des chercheurs, leurs instincts avisés, ainsi qu’un certain sens d’opportunité (faut-il rappeler, notamment, les conditions qui cadrent la recherche en Europe ? ), influencent les cheminements de recherche (Gueid-o et al. 2009). Dans ce sens, la fluidité des frontières conceptuelles de l’IC serait à la base même de la diversité de points de vue et de l’évolution de la DL et aurait un effet démultiplicateur d’objets d’étude et de méthodologies de travail. Dans ce sens, l’IC a un sens, mais il est multiple (Kleiber 2008). Nous pouvons, en effet, dire que le concept d’IC a, actuellement, une « carrière » et une « valeur sociale » (Gentilhomme 1997; Holtzer 1995, 6) et scientifique et qu’il s’est installé au sein d’une communauté de recherche, à l’aide de la politique linguistique de l’UE, et qu’il façonne, de nos jours, l’« imagination scientifique » des chercheurs (Kuhn 1995, 25) et leurs « habitus » de recherche (Bourdieu 1982). Dans ce sens, l’évolution et la complexification du concept sont marquées par « l’horizon scientifique » de ses chercheurs (la Didactique des Langues et du plurilinguisme) et elles participent au changement de la biographie épistémologique de la discipline (Pinho et al. 2009). Le fait même que le mot « intercompréhension » existait déjà et qu’il s’est vu accéder au statut de « signe idéologique et épistémologique », nous montre comment le contexte politique et linguistique était prêt à le recevoir (Holtzer 1995). Pour conclure et prenant appui sur cette argumentation à propos de la nature des concepts en DL, nous affirmons que l’IC n’est pas un concept contre-nature : il se situe dans un paradigme scientifique non-positiviste, qui reconnaît, d’un côté, la subjectivité dans la compréhension des phénomènes sociaux, et, de l’autre, l’instabilité des sens attribués aux réalités à travers de concepts situés et modelés par théories, modèles et paradigmes. Et si les concepts sont instables, quoi dire de ceux-ci ? 3 Étude empirique 3.1 Contexte de recherche et la base de données Comme annoncé dans l’introduction, notre étude vise à esquisser l’écologie conceptuelle de l’IC, à travers l’analyse des publications du « groupe Gala » (à l’origine des projets Galatea, Galanet et Galapro), dans une période d’une vingtaine d’années (les limites étant difficiles à délimiter, puisque le groupe s’est constitué dans les années 90). Le corpus sélectionné a été produit lors d’une tâche de Galapro (www.galapro.eu), projet qui vise la construction de sessions prototypiques de formation de formateurs 39 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="40"?> 3 Voir note numéro 1, pour la constitution des équipes. 4 Cet outil descriptif-analytique servait à inventorier les projets et les matériaux péda‐ gogiques et leur description, ainsi qu’à inventorier et à analyser les publications des membres de l’équipe Galapro. à l’intercompréhension en Langues Romanes, à travers la pratique de l’IC, tout en s’appuyant sur les réalisations et produits déjà disponibles. Pour ce faire, une base de données des publications scientifiques en IC a été construite, afin de mettre à disposition des formés un espace de construction de connaissance théorique sur le concept. Afin de parvenir à la réalisation de la base de données, les membres des différentes équipes ont rempli des fiches de lecture concernant les publications qui se situaient dans la lignée de l’IC 3 . Dans le cadre de cette tâche, chaque équipe a groupé, dans un premier moment, les publications sur l’IC sélectionnées par chaque chercheur. Ensuite, afin de construire les fiches de lecture, on a conçu un outil de description (fiche de description et de lecture 4 ) organisé autour des champs suivants: 1. Données de la publication 2. Fiche de lecture 1.1. Auteur(s) 2.1 Objet d’étude/ Focalisation des activités 1.2. Titre 2.2 Finalités de l’étude ou du projet/ matériel 1.3. Année de publication 2.3 Cadre théorique / du matériel 1.4. Langue (de publication) 2.3.1 Disciplines de référence 1.5. Type de publication 2.3.2 Auteurs de référence (les 4 les plus relevants) 1.6 Localisation (URL) 2.4 Méthodologie de recherche 1.7 Concepts/ Mots-clés 2.4.1 Type 1.8 Public-cible 2.4.2 Procédures méthodologiques 1.9 Contexte de production 2.5 Méthodologie de formation 1.10 Date de l’introduction dans la base de données 2.5.1 Mode de travail 1.11 Auteur de la fiche 2.5.2 Niveaux d’action didactique 2.6 Langues cibles/ étudiées 2.7 Résumé de l’article / du matériel Tableau 1: Outil de description des publications (Project Galapro) 40 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="41"?> 5 En prenant en considération la limite de signes pour ce texte, nous ne présentons pas la liste du corpus analysé. Celle-là peut être consultée sur le site www.galapro.eu/ sessions. Cet outil a été appliqué, réajusté et validé après la description exploratoire de quelques projets et matériaux pédagogiques et de la réalisation de quelques fiches de lecture. Le corpus ici analysé, à partir du total des fiches de lecture (n=71) 5 , a eu comme critère de sélection les champs 1.2 (titre) et 1.7 (concepts/ mots-clés) de cet outil. Par rapport à ce dernier champ, il faut ajouter que les concepts présents dans ces fiches ont été (i) transcrits des textes, lorsqu’ils étaient explicités par les auteurs eux-mêmes, ou bien (ii) sélectionnés, à partir d’une liste de mots-clés, par les auteurs des fiches de lecture (ce qui ne correspond pas toujours aux auteurs), lorsque la publication n’en comptait pas. Ces mots-clés fonctionnent comme termes du moteur de recherche de la base de données. 3.2 La méthodologie: conceptualisation d’un modèle gravitationnel pour le concept d’IC Notre étude part d’une appropriation du modèle métaphorique gravitationnel de J.-L. Calvet (1999), que nous avons appliqué à la notion d’IC. Ainsi, si pour cet auteur, il y a des langues hyper-centrales, super-centrales, centrales et périphériques, nous croyons que c’est possible d’envisager un modèle pareil pour étudier la toile conceptuelle de l’IC. Nous sommes partis du présupposé que l’IC, étant un moteur de la recherche en DL, pouvait être considéré le concept hyper-central, dont nous voudrions cerner la constellation. Nous avons, ensuite, à l’aide de la base de données, repéré les concepts qui entraînaient un rapport plus proche avec le concept d’IC, étant plus fréquents dans la liste des mots-clés. Ces concepts ont été classés comme « super-centrales » et ont été suivis par les concepts « centraux ». Finalement, les concepts moins fréquents ont été classés comme périphériques par rapport à la notion hyper-centrale. Nous avons, en outre, essayé d’établir un réseau conceptuelle, capable de résumer le résultat. Ceci dit, notre approche croise une étude de fréquence (modèle gravitationnel) avec une étude des rapports sémantiques entre les divers concepts (carte conceptuelle). L’étude que nous présentons, de nature méta-analytique, a adopté, dans un premier moment, une approche quantitative et, dans un deuxième moment, une analyse qualitative par champs sémantiques (Ghiglione & Matalon 1995). Ainsi, après l’identification du corpus, nous avons mené une analyse des occurrences des mots-clés, en recensant les concepts associés à l’IC. A travers 41 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="42"?> cette procédure méthodologique, il a été possible d’identifier la nature centrale et périphérique des concepts dans l’écologie conceptuelle du concept hyper-cen‐ tral. Pour comprendre les frontières et les ambigüités entre les concepts, nous les avons, en plus, organisé en champs sémantiques, afin de cerner leur niveau d’interdépendance et de les organiser en niches sémantiques, pour esquisser une carte conceptuelle de l’IC. Il faut dire que le croisement de ces deux modèles s’avère utile si l’on veut trouver des pistes supplémentaires pour désigner les traits sémantiques centraux et périphériques de la notion d’IC (ou, en linguistique, les traits pertinents et les traits caractéristiques). Ainsi, nous faisons l’hypothèse que les études en IC possèdent un air de famille parce que partageant certains concepts « super-centrales » ou « centrales » et qu’ils se distinguent les unes des autres par la mobilisation de concepts « périphériques ». Ceci dit, les concepts super-centraux pourraient donc être envisagés comme faisant partie du noyau dur du concept d’IC. Il nous reste à dire que cette étude n’est qu’une étude synchronique du concept à partir d’une base de données d’une équipe de recherche, et qu’une étude plus étendue de son évolution diachronique reste à faire, étant donnée le caractère caméléonesque des concepts. 4 Analyse des résultats: description du réseau conceptuel Une analyse de notre corpus nous a permis d’ébaucher un modèle gravitationnel du concept d’IC, ainsi que de ses toiles internes (voir schéma 1). Comme prévu, le concept d’IC s’assume dans ces études comme concept hyper-central (avec un total de 36 occurrences), autour duquel d’autres circulent comme super-centraux (entre 10 et 15 occurrences), centraux (entre 4 et 9) ou périphériques (entre 1 et 3). Par rapport aux concepts périphériques, nous avons établi deux niveaux de périphérie : ceux qui n’apparaissent que dans un texte et qui ne semblent pas partagés par les chercheurs (par exemple : style communicatif, adaptation communicative, connaissances grammaticales) et ceux qui comptent entre 2 et 3 occurrences (par exemple : transparence, opacité, acquisition). Pour besoin d’espace, nous ne ferons allusion dans le schéma-synthèse qu’aux concepts du premier niveau de périphérie (2 ou 3 occurrences). Au centre, nous trouvons le concept hyper-central; en deuxième rang, ceux classés comme « super-centraux » et dans le troisième rang, ceux rangés comme centraux. Les concepts périphériques finalisent la constellation. Ceci ne vaut pas dire que les concepts plus périphériques ne soient pas importants pour préciser les problématiques des chercheurs, mais qu’ils ne font pas partie du « noyau dur » 42 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="43"?> du concept. En effet, plus les concepts-clés sont périphériques, plus on entre dans la spécificité des études ; au contraire, plus les concepts sont centraux, plus nous arrivons à des aspects transversaux de la recherche : « c’est la combinaison originale de ces différents traits sémantiques (centraux et périphériques) par les chercheurs qui est à l’origine de la multidimensionnalité et de l’hétérogénéité actuellement assignées au concept d’IC » (Gueid-o et al. 2009, 73). Schéma 1: Modèle gravitationnel conceptuel de l’IC. Malgré l’apparente simplicité et lisibilité de cette constellation, nous pouvons discuter la richesse des sens évoqués (« l’empire des sens » de l’IC) et quelques problèmes observables dans sa formation, notamment des réseaux conceptuels ambigus et des impasses (les « liaisons dangereuses » que le concept d’IC établit avec d’autres). 4.1 L’empire des sens L’empire des sens est visible, dans un premier moment, dans le nombre de concepts-clés apparus: 93. Malgré cet « empire des sens », il faut dire que les sens généralement associés à l’IC et qui le plus souvent concourent à sa nature multiforme sont reliés entre eux, même si quelques-uns évoquent le voisinage conceptuel, et d’autres le cadre disciplinaire ou méthodologique: 43 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="44"?> Les 3 concepts super-centraux Total d’occurrences Représentations + Images (des langues) 15 Interaction (en ligne) 10 Didactique (de l’Intercompréhension, du Plurilinguisme) 10 Tableau 2: Les concepts super-centraux. La compréhension de ces trois concepts « super-centraux » est aidée par la liste de concepts « centraux », qui affinent le sens à donner aux concepts de rang supérieur: Les 13 concepts centraux Total d’occurrences TICE 9 Compétence plurilingue 6 Langue étrangère 6 Connaissance professionnelle/ didactique 6 Formation (d’enseignants) 6 Communication 5 Compréhension écrite/ lecture 5 Distance inter-linguistique 5 (Intercompréhension entre) langues voisines 5 Plurilinguisme 4 Conscience (meta)linguistique 4 Identité (professionnelle) 4 Biographie (linguistique et culturelle) 4 Tableau 3: Les concepts centraux. La liste ci-dessus nous laisse voir que les TICE, en général, et les plate-formes d’apprentissage et les CD-Rom, plus particulièrement, s’avèrent des outils privilégiés dans les études en intercompréhension (Melo & Araújo e Sá 2007). La Didactique, qu’elle soit désignée comme DL, Didactique du Plurilinguisme ou Didactique de l’Intercompréhension, apparaît comme cadre épistémologique 44 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="45"?> de ces recherches. Il faut encore noter que deux cadres d’études sont présents en concurrence : l’IC dans le cadre de l’interaction plurilingue et dans le cadre de la compréhension (surtout à l’écrit, la compréhension explicitement à l’oral n’ayant eu que 3 occurrences). Il faut cependant avouer que les occurrences des mots-clés périphériques liés à la compréhension (cadre, texte, lecture, écriture, …) sont antérieurs à ceux en rapport avec l’interaction plurilingue (contrat com‐ municatif, contrat d’apprentissage, clavardage, marques transcodiques, choix de langue, …), ce qui met en évidence une évolution dans les problématiques en étude. En plus, bien que ces études soient développées dans le cadre du plurilin‐ guisme et du développement de la Compétence Plurilingue, l’occurrence de « langues voisines » ou « Langues Romanes » (avec deux occurrences, étant classées comme périphériques) en tant que mots-clés cible un plurilinguisme restreint. Même quand on analyse les textes où « Langue(s) Etrangère(s) » et « Langue(s) » sont signalés en tant que mots-clés, la majorité des études menées se situe dans le cadre des langues romanes (noyau dur des recherches de ce groupe de travail). Il faut encore signaler que les questions liées à la formation, surtout initiale de professeurs, apparaissent fréquemment, bien que récemment. Les concepts centraux plus fréquents étant « connaissance professionnelle » et « identité » situent ces travaux dans un contexte qui prône la formation à l’IC en tant qu’individualisée et constitutive des sujets. Ceci encore signale un tournant dans les préoccupations de recherche. 4.2 Liaisons dangereuses Au niveau des « liaisons dangereuses », observables dans notre constellation conceptuelle et sémantique, nous pouvons signaler deux types d’ambiguïtés: celle en rapport avec des co-occurrences qui pointent des conceptions concur‐ rentes; celle en rapport avec un manque de « différance » (Derrida 1968) entre les concepts, capable de les distinguer. Un exemple pour chacune de ces liaisons s’impose. Pour le premier type d’ambiguïté, nous remarquons des co-occurrences comme « intercompréhen‐ sion », « compétence d’IC » ou « stratégies d’IC », soit dans un même texte, soit dans plusieurs textes d’un même auteur. Ainsi, l’IC peut devenir soit le but de l’apprentissage (une compétence que l’on acquiert), soit l’outil cognitif mis en place pour acquérir d’autres compétences en LE. 45 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="46"?> 6 Ce concept n’apparaissant que dans les textes qui se penchent sur la lecture. Encore par rapport à ce type d’ambiguïté, on trouve des co-occurrences de « compréhension », « activité méta-linguistique 6 », du domaine de l’IC écrite, et « stratégies de communication », du domaine de l’IC en interaction, respec‐ tivement. Ou encore, « intercompréhension » et « compréhension plurilingue », d’un côté, et « compréhension multilingue » et « compréhension plurilingue », de l’autre. Ces deux derniers exemples montrent comment les distinctions entre « compréhension » et « intercompréhension » et « multilingue » et « plurilingue », respectivement, sont encore à conceptualiser et à discuter. Pour le deuxième cas, nous trouvons dans un cas, la co-occurrence d’« inter‐ actions », « communication exolingue » et « communication plurilingue » et, dans un autre, « interaction », « communication plurilingue », « clavardages plurilingues » et « communication médiatisée par ordinateur ». Dans ce cas, ces mots-clés sont présentés comme différents, puisqu’ils intègrent une liste, mais ni l’étude, ni li titre, ne permettent de les distinguer, en leur attribuant soit des rapports d’hyperonymie, soit de « voisinage conceptuelle ». Une autre étude fait référence à « apprentissage multilingue », « didactique intégrée » et « intercompréhension entre langues voisines ». Ici, c’est le problème de distinguer les approches plurielles qui semble apparaître (Candelier 2007). Une autre question peut se poser, après la lecture des occurrences de « Didactique »: quelles sont les spécificités d’une Didactique des Langues, d’une Didactique du Plurilinguisme et d’une Didactique de l’Intercompréhension ? Là encore, d’importantes questions épistémologiques émergent pour la définition même du cadre disciplinaire de ces études. Quoi qu’il en soit, ces remarques ne sont pas en soi négatives, mais elles pointent le besoin d’un plus grand souci dans le choix des mots-clés, puisqu’ils sont représentatifs de la recherche faite. Or, s’ils sont présentés dans une liste qui n’est pas capable de leur établir un rapport, ceci peut nuire à la réception des textes et, de par ce biais, contribuer à un amalgame interprétatif de la notion centrale. En plus, il faut signaler que, bien que titres et mots-clés soient compris en tant que complémentaires, nous avons parfois eu l’impression qu’aucun rapport n’était présent entre les deux, ce qui, à nouveau, provoque des difficultés dans l’appréhension du sens du concept d’« Intercompréhension ». Finalement, ce que ce rapide relevé d’ambiguïtés nous montre, c’est le besoin, dans le cadre de chaque texte, de bien présenter la conception d’IC liée à chaque recherche et de choisir attentivement les liaisons conceptuelles que l’on désire établir. 46 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="47"?> 5 Questions et problèmes Malgré la quantité de concepts associés, qui renvoie à l’hétérogénéité de traits sémantiques de l’IC, nous remarquons une certaine homogénéité au sein de cette équipe de travail « Gala ». Ceci parce que, comme l’affirme G. Holtzer, « tout auteur étant aussi membre d’une communauté de travail se définit comme émetteur de conceptions autant (sinon plus) collectives qu’individuelles. Il est cher‐ cheur au sein d’une équipe de travail dont il diffuse les idées, il fait partie d’un réseau repérable (maillage d’institutions, de groupes, de centres, etc.), il s’intègre dans un courant de recherche. Aussi tout texte produit par un auteur est-il dans une large mesure texte collectif nourri de la contribution d’auteurs multiples » (1995, 19). Ceci dit, nous sommes devant l’évidence que cette étude ne suffit pas à rendre compte de la totalité de conceptions et de sens attribués à l’IC. Mais elle rend compte d’une « école de pensée » et de l’état des lieux de sa réflexion autour du concept, ce qui s’avère cependant intéressant parce qu’il s’agit d’une communauté de recherche avec une (déjà) longue tradition de travail. Nonobstant cette question, aussi méthodologique qu’épistémologique, il faut encore signaler que la base de données ne comprend ni tous les textes des auteurs ni tous les auteurs. Ceci dit, même si le principe du dialogisme de Bakthine rappelé par G. Holtzer dans la citation précédente et appliqué à la production scientifique sert à justifier notre approche méthodologique et à légitimer notre analyse, un élargissement du corpus serait souhaitable pour aboutir à des résultats plus précis et complexes. En plus, nous avons remarqué, dans la section « liaisons dangereuses », un certain flou en ce qui concerne la distinction des concepts et même de l’appartenance disciplinaire désignée pour cadrer ces études. Or, si comme nous l’avions affirmé, le concept hyper-central d’IC soulève déjà des problèmes de définition, quoi dire des concepts super-centraux et périphériques, eux en marge des discussions terminologiques et définitoires actuelles ? Comment envisager donc un modèle gravitationnel conceptuel où tant d’ambiguïtés sont présentes dans les concepts ? Même si cette question paraît démotiver tout analyse conceptuelle de ce genre, nous croyons que poursuivre un modèle de ce type peut aider, à la limite, à mieux cerner le rapport entre concepts et, ainsi, à mieux comprendre la nature de tous les concepts mobilisés. Ceci parce que, comme le rappelait Derrida dans notre épigraphe, les concepts n’existent seuls et ne se définissent que par contraste dans un réseau. En plus, comme le rappellent Rastier, Cavazza et Abeillé, « les problèmes de la polysémie et de l’ambiguïté qui 47 20 ans d’études sur l’intercompréhension plurilingue <?page no="48"?> préoccupent la sémantique sont pour l’essentiel des artefacts de la conception essentialiste de la signification » (1994, 51, cité par Kleiber 2008). Ceci dit, et dans le cadre de la DL, cette « polysémie » ou « conceptual stretching » doivent être envisagés en tant que témoignages d’une épistémologie non-positiviste des sciences humaines (Sousa Santos 1989) et, ainsi, en tant que preuve que, comme chercheurs, nous nous situons toujours dans le « terreno movediço, aquele dos conceitos, cuja validade ou rigor, ao contrário do que imaginávamos, somente se calcula no horizonte próprio da teoria em que foram construídos, sem qualquer outra garantia sen-o aquela fornecida pelo mundo das teorias e de seus diálogos, harmônicos ou conflituosos » (Geraldi 2004, 602). 6 Synthèse, limites et perspectives Nos résultats rejoignent ceux d’autres textes ayant travaillé, bien que d’autre façon et à l’aide d’autres corpus, avec cette thématique (Alarc-o et al. 2009a; Pinho et al. 2009). L’analyse que nous avons menée nous permet de signaler, comme Gueid-o et al., que « le concept d’IC, bien que mutable, conserve […] un nœud sémantique qui donne cohérence et unité à leurs études, à travers l’exploitation de traits sémantiques centraux communs; d’un autre coté, il met en évidence l’originalité et l’évolution des approches des chercheuses, leur appropriation idiosyncrasique du concept, en essayant de l’adapter à différents contextes de circulation et d’observation et à différents besoins d’argumentation. » (2009, 73). Ceci dit, pour comprendre la complexité de la notion d’IC, il faut comprendre qu’il s’agit de la didactisation d’une pratique communicative, c’est-à-dire de la constitution d’un phénomène communicatif en problématique scientifique (Capucho 2009). Or, lors qu’un tel mouvement se produit, les tentatives d’appré‐ hension d’une réalité se font souvent à travers la délimitation des phénomènes (complexes) à étudier et la (tentative de) création de frontières conceptuelles. Ce mouvement scientifique de transposition implique donc une théorisation multi-conceptuelle, en toile, afin de mieux cerner les spécificités de l’objet d’étude et de construire de théories scientifiques et pédagogiques. Transformer un phénomène communicatif en concept et théorie et essayer de les rentabiliser à des fins pédagogiques, amène à des tentatives de validation soit empirique, soit scientifique, soit encore formative. En plus, transformer l’IC en objet d’étude didactique (ou psycholinguistique) fait en sorte que la DL mobilise ses référents théoriques, l’une et les autres s’influençant dialectiquement. En conséquence, les référents didactiques antérieurs ne disparaissent pas, mais ils 48 Sílvia Melo-Pfeifer / Ana Sofia Pinho <?page no="49"?> sont (re)conceptualisés et resitués; de l’autre côté, le phénomène communicatif qu’était l’IC ne reste pas inchangé, mais il va trouver une niche pour se développer et se transformer en objet didactique. Ainsi, pour conclure, nous aimerions présenter un « programme de re‐ cherche » sur le réseau conceptuel de l’IC, afin de compléter et complexifier cette étude. Premièrement, nous croyons qu’il faut développer une étude diachronique des constellations conceptuelles observées, afin de comprendre la progressive évolution du concept d’IC, ainsi que sa reconfiguration en tant que concept polyédrique (avec divers aspects constitutifs) et complexe (donc difficile à étudier dans toute son ampleur). Deuxièmement, il nous faut élargir le corpus d’analyse, afin de présenter une perspective multidimensionnelle des recherches en IC et, ainsi, pouvoir même comparer les conceptions et les aboutissements de différentes équipes de recherche. Nous croyons, en autre, qu’une étude de type méta-analytique de toute la production sur ce concept serait à envisager, parce que cela nous permettrait de comprendre l’état actuel de la DL et de repérer les champs qui ont besoin d’une attention/ compréhension/ intervention prioritaire. À notre avis, cela permettra de réaliser une « auto analyse collective » (Bourdieu, 1997) à propos de la pensée sur l’IC et de produire une connaissance réflexive plus partagée et plurale sur de concept. 7 Références Alarc-o, Isabel / Andrade, Ana Isabel / Araújo e Sá, Maria Helena / Melo, Sílvia. 2009a. « De la Didactique de la Langue à la Didactique des Langues: observation d’un parcours épistémologique », in: Les Cahiers de l’ACEDLE, 6, 3-36. 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Wir werden also im Folgenden das Thema der Kompetenzevaluation im Zusammenhang mit dem kommunikativen Ansatz und dem task based language assessment präsentieren, denn bei der Evaluation der mehrsprachigen Kompetenz geht es um die Evaluation einer kommunika‐ tiven Kompetenz, die auf dem mehrsprachigen Repertoire einer Person beruht. Die Entwicklung des kommunikativen Ansatzes in der Fremdsprachendi‐ daktik führte Forscher/ innen dazu, sich der Frage der Evaluation der neu defi‐ nierten kommunikativen Kompetenz zu widmen. So publizierte Bachman, der 1982 mit Palmer ein Modell der kommunikativen Kompetenz ausgearbeitet hatte (cf. Bachman & Palmer 1982), einige Jahre später ein Buch über Fundamental considerations in language testing (cf. Bachman 1990). Da die in den 1980er Jahren entwickelten Modelle der kommunikativen Kompetenz diese als komplexe Kompetenz darstellen, die die Aktivierung verschiedener zusammenhängender Komponenten bzw. Unterkompetenzen bedingt (cf. Canale 1983; Canale & Swain 1979; Coste 1978; Moirand 1982), <?page no="54"?> wendet sich die Forschung von Evaluationsverfahren ab, die nur Wissen und Fertigkeiten unabhängig voneinander testen, wie das in den 1960er Jahren gefor‐ dert wurde (Carroll 1961; Lado 1961). Wenn die kommunikative Kompetenz eine komplexe Kompetenz ist, so kann sie nur durch komplexe Aufgaben evaluiert werden, die die Kompetenz nicht „künstlich und willkürlich“ („artificiellement et arbitrairement“) in Sprachaktivitäten zergliedern (cf. Bourguignon 2001). Die führende Forschung spricht sich deshalb seit den 1980er Jahren (Bachman 1990, 2002; Huver & Springer 2011; Morrow 1981, 2012; Norris 2016) für holistische Evaluationsverfahren aus, die der komplexen „mehrdimensionalen“ Natur (Hu ver & Springer 2011) der Kommunikations- und Handlungskompetenz gerecht werden. Bereits 1991 plädierte Bachman (1991, 678) für Verfahren, die aus mehreren zusammenhängenden, logisch aufeinander folgenden Aufgaben („multiple, se‐ quential subtasks“) bestehen. Auf der Basis einer Analyse der Fachliteratur erarbeitete er eine Liste von vier Anforderungen an kommunikative Sprachtests: • information gap: Ein Informationsmangel soll geschaffen werden, so dass die getesteten Personen Informationen aus verschiedenen Quellen bearbeiten müssen; • task dependancy: Aufgaben bauen aufeinander auf und integrieren die Antworten der getesteten Personen in die vorhergehenden Aufgaben; • kommunikative Tests integrieren Aufgaben und Inhalte in „a given domain of discourse“; • kommunikative Tests versuchen, die verschiedenen Dimensionen der kommunikativen Kompetenz zu messen, inklusive „cohesion, functions and sociolinguistic appropriateness“. Es sollten Tests konzipiert werden, mit denen die Fähigkeit der Lernenden evaluiert werden kann, die Sprache im Kontext zu gebrauchen und lebensnahe Aufgaben zu bewältigen. In der englischsprachigen Forschung etablierte sich bald der Begriff des Task based language assessment (TBLA), das von Norris (2016, 232) wie folgt definiert wird: „the elicitation and evaluation of language use (across all modalities) for expressing and interpreting meaning, within a well-defined communicative context (and audience), for a clear purpose, toward a valued goal or outcome“. In der französischsprachigen Literatur verbreitete sich der Begriff des scénario, wobei dieser anfangs unterschiedlich gebraucht wurde. So sprach sich Lussier (1992) zum Beispiel für Evaluationsszenarien aus, die aus einer thematisch zusammenhängenden Reihe von Aufgaben bestehen und keine kohärente Gesamtaufgabe ergeben. Bourguignon, Delahaye & Vicher (2005, 54 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="55"?> 469) betrachten dagegen ein Szenario als ein „enchaînement logique dʼune série de tâches communicatives […] qui seront liées entre elles et qui permettront dʼaboutir à lʼaccomplissement dʼune tâche complexe […] en fonction dʼun objectif donné et dʼinterlocuteurs définis“. Huver & Springer (2011) unterstreichen außerdem die Notwendigkeit, Szenarien zu entwickeln, die die verschiedenen Ebenen der Bloomschen Taxonomie widerspiegeln und somit zum Beispiel nicht nur reines Verstehen testen, sondern auch die Fähigkeit zur Synthese. Über den Zweck des TBLA streiten die Spezialist/ inn/ en. Für die einen geht es darum, aus dem Erfüllen einer Aufgabe auf Fertigkeiten zu schließen, die für die Sprachnutzung im wirklichen Leben wichtig sind, für andere soll das erfolgreiche Abschließen des Tests ermöglichen, auf die Fähigkeit zu schließen, in der Zukunft ähnliche Aufgaben im Leben durchzuführen (cf. Bachman 2007). Alle sind sich aber einig, dass Evaluations-Tasks - wie alle Tasks überhaupt - so authentisch wie möglich sein sollen. Dabei soll eine doppelte Authentizität angestrebt werden, wie sie von Bachman (1991) und Ellis (2003) definiert wurde: situational authenticity und interactional authenticity, wobei es, wie Ellis unterstreicht, fraglich bleibt, ob volle Authentizität in Evaluationssituationen überhaupt erreichbar ist. Interak‐ tionale Authentizität kann am Grade gemessen werden, mit dem getestete Personen Kommunikationsstrategien verwenden, die im richtigen Leben in einer ähnlichen Situation angewendet werden. Situationale Authentizität wird erreicht, wenn die Charakteristika der Tasks sich mit denen der entsprechenden Aufgaben im Leben decken. Um es einfach auszudrücken: Eine Aufgabe wäre demnach authentisch, wenn sie eine Aufgabe aus dem Leben widerspiegelt und die Durchführung der Aufgabe in der Testsituation die gleiche Sprachnut‐ zung wie im „richtigen“ Leben ermöglicht bzw. hervorbringt. Bourguignon & Narcy-Combes (2003, 5) meinen, eine Testaufgabe sollte außerdem Vorher‐ sehbares und Unvorhersehbares beinhalten, denn im Leben, vor allem in beruflichen Situationen, gilt: „la prévisibilité est grande, mais c’est la réaction à l’imprévisible (incident, accident) qui est cruciale“. 3 Evaluation der mehrsprachigen Kompetenz Im folgenden Teil soll ein Überblick über vorliegende Befunde zu mehrspra‐ chigen Kompetenzen und Evaluationsverfahren gegeben werden: zum einen Befunde im Hinblick auf gängige Testverfahren, zum anderen Ansätze für die Evaluation einer mehrsprachigen Kompetenz und im Speziellen der Interkom‐ prehensionskompetenz. 55 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="56"?> a. Das Konzept der mehrsprachigen Kompetenz in Evaluationsverfahren Die traditionellen Testverfahren zur Evaluation einsprachiger Kompetenzen stehen seit längerem in der Kritik, was das zu Grunde liegende Sprachkompe‐ tenzmodell betrifft. In einzelsprachlichen Tests werde Sprache nach wie vor als ein homogenes, monolinguales Konstrukt betrachtet und das Ideal eines mono‐ lingualen Sprechers/ einer monolingualen Sprecherin mit muttersprachlichen Kompetenzen verfolgt. Dieses Konzept sei ein idealisiertes, das beispielsweise auch das Konzept der Variation in der Erstsprache weitgehend außer Acht lasse (vgl. dazu z. B. Cook 2007). Zu kurz würden gängige Testverfahren jedenfalls greifen, wenn es um die Abbildung der Sprachkompetenz mehrsprachiger Sprecher/ innen gehe: Studien zeigen, dass mehrsprachige Sprecher/ innen sich quantitativ und qualitativ von monolingualen Sprecher/ innen unterscheiden. So konnten Kroll & Dussias (2012) zeigen, dass in bilingualen Sprecher/ innen beide Sprachsysteme aktiv sind, auch wenn nur eine Sprache aktiv verwendet wird - ein Phänomen, das Cook (1991) als multicompetence („knowledge of two languages in one mind“) bezeichnet. Aktuelle Ansätze der Mehrsprachigkeitsdidaktik wie der Translanguaging-Ansatz oder die Interkomprehensionsdidaktik beruhen auf einem komplexen und dynamischen Kompetenzbegriff, der das gesamte sprach‐ liche und nichtsprachliche Repertoire der Sprecher/ innen umfasst und in dem die Sprachsysteme nicht voneinander getrennt sind, sondern zusammenwirken. In der Interaktion schöpfen Sprecher/ innen das gesamte ihnen zur Verfügung stehende (sprachliche) Repertoire aus. Während die Unterschiede in der Sprachkompetenz in der L2 von mehrspra‐ chigen Sprecher/ inne/ n gegenüber einsprachigen Sprecher/ inne/ n bereits recht gut untersucht sind (cf. Cenoz, Hufeisen & Jessner 2001; Gass & Selinker 1994), rückten erst in den letzten Jahren die Einflüsse der L2 bzw. der L3 auf die Erstsprachen mehrsprachiger Sprecher/ innen ins Blickfeld. Auch hier zeigen sich Unterschiede auf den verschiedenen Ebenen des Sprachsystems: bei der Geschwindigkeit der Worterkennung, der Phonologie, der Semantik und der Syntax (für einen Überblick vgl. Brown 2013). Unterschiede sind auch im Interaktionsverhalten mehrsprachiger Sprecher/ innen festzustellen: Bilinguale bzw. mehrsprachige Sprecher/ innen passen das Gesprächsverhalten, insbesondere die eingesetzten Interaktionsstrategien, an die jeweiligen Ge‐ sprächspartner/ innen an (vgl. z. B. Gumperz 1982; Giles 1984; Grosjean 2008, 2010; Valdés 2005). Hier ignoriert die Testpraxis das Konzept einer mehrspra‐ chigen Kompetenz, wie sie von Cook (1991) oder von Coste et al. (1997; 2009) beschrieben wurde: Diese in mehrsprachigen Interaktionen unter Um‐ ständen erfolgreicheren Strategien mehrsprachiger Sprecher/ innen werden in 56 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="57"?> monolingualen Testverfahren als fehlerhaft bewertet. Testverfahren haben aber traditionellerweise eine enge Beziehung zum Kompetenzbegriff und sollten auch auf aktuellen Sprachtheorien beruhen. Verfahren, die diese Sprachtheorien und Kompetenzmodelle nicht widerspiegeln, seien daher nach Shohamy (2011, 420) auch hinsichtlich ihrer Validität problematisch. Jedenfalls bilden sie die Realität einer plurilingualen Gesellschaft nicht entsprechend ab. Insbesondere was die Interaktion betrifft, müssen gängige Testverfahren überdacht bzw. eigene Testformate konstruiert werden, die dem dynamischen Charakter der mehrsprachigen Interaktion gerecht werden (cf. Canagarajah 2010, 238sq.; Shohamy & Menken 2015, 264sq.). Wie kann nun aber eine mehrsprachige Kompetenz und im Speziellen die Interkomprehensionskompetenz angemessen evaluiert werden? Im Folgenden sollen einige Ansätze bzw. Empfehlungen dargestellt werden. b. Ansätze zur Evaluation der mehrsprachigen Kompetenz Unter den Ansätzen für die Evaluation der mehrsprachigen Kompetenz können additive und integrative Verfahren unterschieden werden. Additive Verfahren, wie sie bereits von Coste et al. (2009, 64) vorgeschlagen wurden, setzen auf die Evaluation der Teilkompetenzen. Auf diese Weise könnten sowohl die ver‐ schiedenen Dimensionen der plurilingualen und plurikulturellen Kompetenz als auch die partiellen Kompetenzen (z. B. die rezeptive Kompetenz für die rezeptive Interkomprehension) berücksichtigt werden. Die praktische Umsetzung dieses Ansatzes beschreibt Reissner (2015) für EuroComRom (vgl. dazu auch das Kapitel „Beispiele“). In ihrer Studie „Assessment in plurilingual and intercultural education. Guide for the development and implementation of curricula for plurilingual and intercultural education“ für den Europarat beschreiben Lenz und Berthele (2010) derartige mehrdimensionale Verfahren der Evaluation verschiedener didaktischer Konzepte zur Entwicklung einer mehrsprachigen Kompetenz, darunter auch für die schriftliche rezeptive Interkomprehension sowie für den „polyglotten Dialog“. Im Hinblick auf die rezeptive (schriftliche) Interkomprehension schlagen Lenz und Berthele vor, den Fokus auf die Evaluation metakognitiver und metalinguistischer Kompetenzen zu legen. Konkret werden die Strategie des Inferierens sowie der Aufbau einer Hypothesengrammatik (Annahmen über die grammatischen Regularitäten der Zielsprache) genannt (cf. Meißner 2006, 64). Evaluiert werden können die Fähigkeit, Regularitäten in der Zielsprache/ den Zielsprachen zu entdecken und diese in Beziehung zu(r) bekannten Sprache(n) zu setzen, die Fähigkeit, Internationalismen bzw. Kognaten (genetisch ver‐ 57 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="58"?> wandte Wörter) zu identifizieren, sowie die Fähigkeit, relevante Informationen in Texten von weniger relevanten zu unterscheiden. Als geeignetes Setting werden offene Tests zum Leseverstehen in nahen Sprachen genannt: Dabei kann das Leseverstehen mit Hilfe allgemeiner Methoden evaluiert werden. Für die Erhebung spezifischer Interkomprehensionsstrategien werden analytische Verfahren vorgeschlagen, in denen metasprachliche Strategien getestet werden können (Wörter mit demselben Stamm sortieren, Funktion der Wörter erklären o. Ä.). Auch für die mündliche interaktionale Interkomprehension finden sich bei Lenz & Berthele sehr konkrete Vorschläge, die unter dem Begriff polyglotter Dialog subsumiert werden. Die von Lenz & Berthele angeführte Definition für diese Form der Interaktion entspricht der von uns (cf. Ollivier & Strasser 2013, 44) vorgeschlagenen Definition der mündlichen interaktionalen Inter‐ komprehension, weswegen die Vorschläge an dieser Stelle erläutert werden. Evaluationsverfahren sollten sich auf die spezifischen Bedingungen der mehr‐ sprachigen Interaktion konzentrieren, d. h. auf das Hörverstehen in einer oder mehreren Sprachen in der mehrsprachigen Interaktion sowie auf die Interaktion an sich. Evaluiert werden kann daher, analog zur rezeptiven schriftlichen Inter‐ komprehension, das Hörverstehen mit verschiedenen Hörintentionen (z. B. Glo‐ balverstehen und selektives Verstehen) und verschiedenen Registern (formell, informell). Spezifisch für die mehrsprachige Interaktion sind Anpassungen an die sprachlichen Fähigkeiten des Gesprächspartners/ der Gesprächspartnerin. Es können daher Interbzw. Translanguaging-Strategien (Strategien des bewussten Wechsels in andere Sprachen, je nach Situation, Code-Switching, der Einsatz von Chunks aus anderen Sprachen, kreative translinguale Strategien etc.) evalu‐ iert werden. Letzteres sei, so Lenz und Berthele, unabdingbar für die Evaluation des polyglotten Dialogs, stelle gleichzeitig aber die größere Herausforderung dar: Während der rezeptive Part der Interaktion mit traditionellen Testverfahren evaluiert werden könne, gebe es für die spezifischen Interaktionsstrategien (noch) keine validen Testverfahren. Vorstellbar wären retrospektive Verfahren, in denen fremdes oder eigenes Interaktionsverhalten kommentiert wird; aber auch ein Portfolio-Konzept. Auch Gorter und Cenoz (2017, 241 ff.) weisen auf die spezifischen Bedin‐ gungen der mehrsprachigen Interaktion hin, die es in einem Evaluationsver‐ fahren zu berücksichtigen gelte. Sie beschreiben drei mögliche Herangehens‐ weisen, um die Kompetenzen mehrsprachiger Sprecher/ innen angemessen zu 58 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="59"?> 1 Die drei Ansätze werden in „multilingual approach towards comprehension in assess‐ ment“, „multilingualism approach towards multilingual scoring“ und „translanguaging approach in assessment“ gegliedert: Der erste Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass Tests in der Erstsprache der Lernenden durchgeführt werden sollen, also ggf. in meh‐ reren Sprachen, um allen Teilnehmer/ inne/ n gleiche Chancen zu ermöglichen. „Mul‐ tilingual scoring“ bezeichnet das Prinzip, dass die Sprachkompetenzen in mehreren Sprachen gleichermaßen berücksichtigt werden, indem entweder ein entsprechend berechnetes Gesamtergebnis generiert wird, oder auch in Form eines Portfolios (z. B. in Form des Europäischen Sprachenportfolios) (cf. Gorter & Cenoz 2017, 241 ff.). evaluieren. 1 Der als „Translanguaging approach in assessment“ beschriebene Ansatz ist ein integrativer Ansatz, der am konsequentesten dabei vorgeht, die mehrsprachige Kompetenz in ihrem dynamischen und komplexen Charakter zu berücksichtigen. Das beinhaltet Interaktionsstrategien, die spezifisch für die mehrsprachige Interaktion sind. Die Sprecher/ innen können aus dem gesamten linguistischen Repertoire schöpfen, das ihnen zur Verfügung steht. Canagarajah (2010) schlägt für diesen Zweck ein mehrsprachiges interaktionales Setting mit mehrsprachigen Aufgaben (Tasks) vor, das auch die Beurteilung durch mehrsprachige Prüfer/ innen umfasst: If we can think of a „general“ proficiency test at all, we should move toward a multitask, multirater, and multi-candidate test. The multiple tasks would help assess the candidate’s skills in different communicative activities. The multiple raters would help assess the candidate according to a range of holistic and discrete-item criteria. The multiple candidates would create a communicative interaction where language use has to be negotiated. Such a format would also involve a spoken component with the possibility of face-to-face interactions between examiners and candidates (Canagarajah 2010, 238). Im Folgenden werden konkrete integrative und additive Beispiele präsentiert. Wir beschreiben auch introspektive Evaluationsformen. c. Beispiele i. Introspektive Verfahren: Portfolios De Carlo & Carrasco (2016, 197) unterstreichen, dass die Stärke der Inter‐ komprehension in der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten (Wissenstransfer, Sprachenvergleich, interkulturelle Kompetenzen) und in der Förderung neuer Haltungen gegenüber Sprachenlernen, Sprachen und deren Nutzer/ innen liegt. Sie sprechen sich daher neben Tests, Lerntagebüchern, Selbstevaluation und Peer-assessment für Portfolios als Bestandteil von Evaluationsverfahren aus. 59 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="60"?> 2 Candelier, Michel / Camilleri-Grima, Antoinette / Castellotti, Véronique / de Pietro, Jena-François / Lörincz, Ildikó / Meißner, Franz.-Joseph / Molinié, Muriel / Noguerol, Artur / Schröder-Sura, Anna. 2009. RePA. Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Spra‐ chen und Kulturen. Überarbeitete Fassung. Graz: Europäisches Fremdsprachenzentrum. Abgerufen von http: / / archive.ecml.at/ mtp2/ publications/ C4_RePA_090724_IDT.pdf. Verschiedene Portfolios sind in den letzten Jahren entwickelt worden, meis‐ tens im Rahmen von Interkomprehensionskursen, die an Universitäten bzw. anderen höheren Bildungseinrichtungen - zum Teil im Rahmen von Projekten - abgehalten wurden. Wir stellen hier drei dieser Portfolios vor. Hidalgo Downing (2009) berichtet über ein Portfolio, das mit Studierenden der Universidad Complutense de Madrid verwendet wurde. Dieses Portfolio hatte sowohl eine pädagogische Dimension - es sollte den Studierenden helfen, über ihr Lernen, ihre Fortschritte und Motivation zu reflektieren - als auch eine dokumentierende und eine institutionnelle Funktion, weil es auch den Lehrenden die Gelegenheit bieten sollte, die Arbeiten ihrer Studierenden zu präsentieren. Es bestand wie das Europäische Sprachenportfolio aus drei Teilen: Profil, Sprachbiographie und Dossier. Im Profil konnten die Studierenden ihre Daten festhalten, ihr Kompetenzniveau in den verschiedenen Sprachen, die sich schon kannten, selbst evaluieren und ihre institutionelle Sprachlerngeschichte dokumentieren. Die Biographie gab den Studierenden die Möglichkeit, frei über ihre Erfahrungen mit Sprachen und Kulturen zu berichten. Im (elektronischen) Dossier konnten die Arbeiten und Materialien aus dem Kurs sowie zusätzliche Dokumente, die die Studierenden beifügen wollten, gesammelt werden. Carrasco & Pishva (2009) stellen ein kursbegleitendes Portfolio vor, das an der Universität Grenoble ausgearbeitet wurde. Dieses Portfolio besteht aus vier Teilen, die im Laufe des Kurses eingesetzt wurden: Die Teile mes attentes (meine Erwartungen) und mes objectifs (meine Lernziele) ermöglichen in den ersten Kursstunden eine Reflexion über die Erwartungen gegenüber dem Kurs und fördern mit Hilfe von auf der Basis der REPA-Deskriptoren 2 entwickelten Kompetenz- und Strategiedeskriptoren das Erarbeiten von Zielsetzungen. Mon travail (meine Arbeit) begleitet die Aktivitäten, die im Kurs durchgenommen wurden. Der letzte Teil (Mon bilan) gibt den Studierenden die Möglichkeit, Lern‐ fortschritte und Erreichtes zu dokumentieren und über zukünftiges Verwerten der neu erworbenen Kompetenzen nachzudenken. Im Rahmen des Intermar-Projekts, das sich an maritime Akademien richtete, wurde ebenfalls ein Portfolio entwickelt, das aus drei Teilen (plus Anhang) besteht: Sprachenbiographie, Dossier und Tagebuch. Die Sprachenbiographie - eine Adaptation des Europäischen Sprachenportfolios - soll Lernenden helfen, „to set learning targets, to record and reflect on language learning and on 60 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="61"?> 3 Intermar (2013). Learning portfolio. Internes Arbeitsdokument. 4 www.researchgate.net/ project/ E-portfolio-de-competences-plurilingues-Intercompre hension? esc=ProjectShareMail intercultural experiences, as well as regularly assess progress“. Das Tagebuch sollte nach jedem Kurs verwendet werden, damit die Lernenden „all kinds of comments […] about their Intermar experience, their reactions on this new approach to languages, their daily discoveries“ dokumentieren können. Das Dossier ermöglicht den Lernenden, „the most significant examples of the activities s/ he performed during the course“ 3 und Dokumente zur Selbstevalu‐ ation, die im Anhang mitgeliefert sind, zu sammeln. Diese Selbstevaluations‐ bögen sollen die Reflexion der Studierenden über folgende Aspekte fördern: „Sprachenfamilien“, Mehrsprachigkeit in ihrer Umwelt und ihre Reaktionen gegenüber Mehrsprachigkeit, Kommunikation und Kultur, Rezeptions- und Interaktionsstrategien, die sie verwenden, wenn sie mit einem Text in einer „fremden“ Sprache oder mit mehrsprachiger Interaktion konfrontiert werden. All diese Portfolios sind stark an Kurse gebunden. Bis jetzt wurde - unseres Wissens - noch kein allgemeines Interkomprehensionsportfolio entwickelt. Ein solches Portfolio sollte auf Basis der im Miriadi-Projekt entwickelten Kompe‐ tenzdeskriptoren aus dem Projekt E-portfolio de compétences plurilingues-Inter‐ compréhension hervorgehen. Das Projekt wurde aber laut Projektbeschreibung in Researchgate 4 im Januar 2018 frühzeitig abgebrochen. Mit De Carlo & Carrasco (2016, 190) halten wir fest, dass in den Portfolios verschiedene Selbstevaluationsmodi angewendet werden: Selbstevaluation der rezeptiven Kompetenz in verschiedenen Sprachen, narrative Teile, gezielte Selbstevaluationsaktivitäten, reflexive (schriftliche) Aufgaben, Deskriptoren‐ liste für die mehrsprachige und interkulturelle Kompetenz, … Die Ziele decken sich aber großteils: Es geht darum, die Reflexion über die Erfahrungen mit den Sprachen und dem Sprachenlernen zu fördern, das Lernen zu planen, Fortschritte sichtbar zu machen und Kompetenzen zu dokumentieren. ii. Additive Verfahren In Institutionen, die Interkomprehensionskurse anbieten, stellt sich regelmäßig die Frage der (summativen) Evaluation. Als Antwort auf diese Frage wurden in einigen Fällen Tests entwickelt bzw. vorhandene Tests verwendet. So berichtet Jamet (2010) über den Einsatz von Prüfungsvorlagen, die im Rahmen von internationalen Zertifizierungen bzw. für die französische Reife‐ prüfung (baccalauréat) entwickelt wurden. In diesem Fall wurde die schriftliche 61 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="62"?> 5 Dies entspricht dem von Gorter und Cenoz (2017, 242 ff.) als „multilingualism approach towards multilingual scoring“ bezeichneten Prinzip. Rezeption italienischer Studierender in drei romanischen Sprachen (Franzö‐ sisch, Spanisch und Portugiesisch) getrennt getestet. 5 Hier geht es folglich eher um einen vielsprachigen Evaluationsansatz, in dem Sprachen als getrennte Systeme betrachtet werden, als um die Evaluation der holistischen mehrsprachigen Kompetenz. EuroComRom Das Evaluationsverfahren im Rahmen von EuroComRom, das u. a. von Meißner (2010) und Reissner (2015) beschrieben wird, ist ein mehrdimensionales Ver‐ fahren, in dem die verschiedenen Teilkompetenzen der plurilingualen bzw. plurikulturellen Kompetenz evaluiert werden. Für EuroComRom bedeutet das, dass neben dem Leseverstehen in der/ den Zielsprache/ n die für die Interkompre‐ hension besonders relevanten Kompetenzbereiche erhoben werden: Dies sind die Sprachbewusstheit (metakognitive Kompetenzen), die Sprachlernfähigkeit sowie die persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen (savoir-être). Das Evaluati‐ onsverfahren orientiert sich dabei an den Deskriptoren des Referenzrahmens für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (CARAP/ REPA) (cf. Candelier et al. 2012; Reissner 2015, 154). Die Evaluation der sprachlichen Kompetenzen erfolgt mithilfe eines Tests zum Lesebzw. Hörverstehen in der jeweiligen Zielsprache bzw. in den jewei‐ ligen Zielsprachen. Die rezeptive Kompetenz wird nach den Niveaustufen des GERS definiert. Die Bewertung des Leseverstehens eines Textes basiert auf der Wiedergabe der argumentativen Struktur eines Textes in der L1. Ein Text gilt dann als gänzlich verstanden, wenn die Hauptargumente eines informa‐ tiven Textes erkannt werden (cf. Meißner 2010, 200). Für die Erhebung der nichtsprachlichen Kompetenzen werden introspektive qualitative Verfahren herangezogen. Mit Hilfe von Protokollen des lauten Denkens sollen kognitive Lernprozesse sichtbar gemacht werden: bewusst eingesetzte Techniken und Strategien wie Transferstrategien und metakognitive Kompetenzen (die Fähig‐ keit zum Sprachenvergleich und der Aufbau einer Hypothesengrammatik). Aber auch Einstellungen und motivationale Faktoren können damit erfasst werden (cf. Bär 2009, 135 ff.). Das Sprachlernverhalten und damit die Sprachlernfähigkeit (savoir-ap‐ prendre) kann durch einen Fragebogen erhoben werden: Meißner (2010, 196) beschreibt den Einsatz eines auf der Grundlage von Oxford (1990) inventory 62 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="63"?> 6 „In order to get well informed you can use various sources of information in different languages“ (Intermar-Prüfungsaufgaben für die romanischen Sprachen - internes Arbeitsdokument). for language learning (SILL) erstellten und von Mißler (1999) ins Deutsche übertragenen Fragebogens zum Lernverhalten. Es stellt sich die Frage, ob die Erhebung der Lesekompetenz durch ein Testverfahren, das nur wenig von standardmäßig eingesetzten Verfahren zum Erheben der Lesekompetenz in Einzelsprachen abweicht, dem Anspruch gerecht wird, die mehrsprachige Kompetenz in ihrer Komplexität und ihrem dynami‐ schen Charakter - selbst wenn es sich um den linguistischen Aspekt der mehrsprachigen Kompetenz handelt - zu erfassen. Die für die Interkomprehensionskompetenz - ob es sich nun um die rezep‐ tive oder um die interaktionale Interkomprehension handelt - als so wichtig erachteten Teilkompetenzen der Lernfähigkeit, der metakognitiven/ metalingu‐ istischen Kompetenzen (inkl. Sprachbewusstheit) und der persönlichkeitsbezo‐ genen Kompetenzen werden in den existierenden Ansätzen zur Evaluation in der Regel mit Hilfe von introbzw. retrospektiven Verfahren erhoben. Der Einsatz qualitativer Verfahren für die Erhebung der nichtsprachlichen Kompe‐ tenzen soll Aufschluss über den Strategieneinsatz geben. Sie können wertvolle Erkenntnisse über Lernprozesse und über persönlichkeitsbezogene Faktoren wie Emotionen und Einstellungen geben (cf. Heine 2013, 2014). Die Validität solcher Daten ist allerdings umstritten: Introspektive Verfahren beruhen auf der Annahme, „dass Sprache tatsächlich als Indikator für Gedanken verwendet werden kann, ohne diese im Wesen zu verändern“ (Heine 2014, 129). Diese Verbindung scheint aber individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein - ein Umstand, den es bei der Datenerhebung zu bedenken gilt. Für standardisierte Kompetenztests sind sie daher nicht geeignet. Allerdings ermöglichen sie es, das „Produkt von Leistungsmessung“ (Arras 2013, 75) besser zu verstehen. iii. Auf dem Weg zu einem integrativen Ansatz Intermar Einen anderen Weg wählte das (bereits erwähnte) Intermar-Projekt. So wurde für jede Sprachgruppe ein einziger Test entwickelt. Für den romanischen Bereich bekamen die Studierenden fünf Zeitungsartikel zum gleichen Thema (autonome Autos) zum Lesen: jeweils einen in Französisch, Italienisch, Portugie‐ sisch, Spanisch und Rumänisch. Zwei in einer kommunikativen Gesamtaufgabe 6 eingebettete Unteraufgaben waren zu bewältigen: Zum einen sollten die Stu‐ dierenden in ihrer Muttersprache eine Liste aller Information erstellen, die in 63 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="64"?> allen Artikeln gleich waren, und zum anderen in den Texten fünf Informationen unterstreichen, die in mindestens zwei (aber nicht allen) Texten vorhanden waren. Es ging darum, nicht das reine Verstehen in verschiedenen Sprachen zu testen, sondern die Fähigkeit, Informationen aus mehrsprachigen Quellen zu vergleichen und kritisch zu bewerten. Durch den Einsatz verschiedener Sprachen im selben Test sollte außerdem die mehrsprachige Kompetenz besser testbar sein, so zumindest das diesem Test zu Grunde liegende Prinzip: Ziel war es, „to measure the final level of acquisition of IC competences in the context of plurilingual reception inside each language family“ (Intermar, 2013). Das zweite Beispiel stellt einen Versuch dar, der mehrsprachigen Dimension der Interkomprehension gerecht zu werden und eine holistische Kompetenz durch eine (für mehrsprachige Menschen) realitätsnahe Aufgabe zu testen. Allerdings wird wie im ersten Fall nur eine Fertigkeit - das Leseverstehen - geprüft. MAGICC: Szenarien mit unterschiedlichen Aufgaben (Tasks) Im Rahmen des Projekts MAGICC (Modularising multilingual and multicultural academic communication competence), das dem mehrsprachigen interkulturellen Lernen in akademischen Kontexten gewidmet war, wurden sowohl ein Refe‐ renzrahmen für die Beschreibung der notwendigen Kompetenzen im Bereich Lesen, Hören und Schreiben als auch Lernszenarien für die Entwicklung dieser Kompetenzen erstellt. Die insgesamt zehn Szenarien bestehen aus unterschied‐ lichen handlungsorientierten Aufgaben und Teilaufgaben (Tasks), die möglichst realitätsnah gewählt sind und es den Lernenden ermöglichen, die für das Studium und für die Arbeitswelt relevanten sprachlichen, akademischen und interkulturellen Kompetenzen zu erwerben. Die Teilaufgaben stehen in einer engen Beziehung zueinander. Für jede Aufgabe sind die Lernziele angegeben, die involvierten Fertigkeiten und Strategien und die Kriterien für die Evaluation dieser Kompetenzen sowie das erwartete Ergebnis, in einem konkreten Beispiel z. B. die Erstellung eines zweibzw. mehrsprachigen Texts mit Informationen über zwei Städte auf Grundlage von schriftlichen Texten. In einer Teilaufgabe geht es darum, komplexe Texte, darunter auch nichtlineare Texte mit Grafiken und Statistiken, in mindestens drei Sprachen kritisch zu analysieren und in Beziehung zu setzen. Zur Evaluation dieser Fertigkeiten sollen die Studierenden eine mehrsprachige Liste von Argumenten mit Unterpunkten erstellen (cf. Álvarez & Pérez-Cavana 2016). Die mehrsprachige interkulturelle Kompetenz wird hier in Form einer komplexen Aufgabe evaluiert: Das Szenario mit den Teilaufgaben involviert mehrere Fertigkeiten (Lesen, Schreiben) in jeweils mehrsprachigen Settings. 64 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="65"?> 7 EVAL-IC (2016-1-FR01-KA203-024155) wird im Rahmen der strategischen Partner‐ schaften innerhalb von Erasmus+ von der Europäischen Kommission mitfinanziert. Dieses Projekt hat zwei wesentliche Ziele: die Beschreibung der Interkomprehensions‐ kompetenzen und die Entwicklung eines Testverfahrens, mit dem diese Kompetenzen bei Studierenden evaluiert werden sollen. Die Evaluationskriterien stehen in engem Zusammenhang mit den Lernzielen. Damit entspricht dieser Ansatz in vielen Kriterien einem integrativen Ansatz; gemäß den Lernzielen des Kurses sind die Szenarien allerdings nicht auf eine mehrsprachige Interaktion ausgelegt. iv. Integrativer Ansatz: das Projekt EVAL-IC Grundlagen Im Rahmen des Projekts EVAL-IC 7 wird Interkomprehension als eine Kommu‐ nikationsform betrachtet, die auf spezifischen Kompetenzen beruht und durch verschiedene Sprachhandlungen verwirklicht wird: rezeptive Interkomprehen‐ sion, Interproduktion und interaktionale Interkomprehension. Unter rezeptiver Interkomprehension verstehen wir „Rezeption (Lese- oder Hörverstehen) in fremden Sprachen, wenn diese hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) unter Verwendung von interlingualem Wissenstransfer stattfindet. Vorkenntnisse in diversen Sprachen meistens der gleichen Sprachfamilie werden genutzt, um andere Sprachen zu verstehen“ (Ollivier & Strasser 2013, 43sq.). Unter inter‐ aktionaler Interkomprehension werden mehrsprachige Interaktionen zusam‐ mengefasst, bei denen „sich mindestens zwei Kommunikationspartner/ innen unter Verwendung unterschiedlicher Produktionssprachen verständigen. Jede/ r spricht/ schreibt in einer Sprache, die er/ sie in ausreichendem Ausmaß be‐ herrscht, und versteht den/ die Kommunikationspartner/ in, der/ die sich in einer anderen Sprache (oft innerhalb einer Sprachgruppe) ausdrückt“ (Ollivier & Strasser 2013, 44). Interproduktion bezeichnet „die sprachliche Produktion in einer Sprache, die potenziell von den Adressat/ inn/ en verstanden werden kann, weil sie z. B. mit einer der von den Adressat/ inn/ en gelernten Sprachen genetisch verwandt ist, wobei das Schreiben bzw. das Sprechen so gestaltet wird, dass das Verstehen erleichtert wird (Balboni 2007, 2009; Hédiard 2009; Ollivier 2017)“ (Ollivier & Strasser 2018, 196). Als Grundlage für die Entwicklung von Evaluationsverfahren wurden im Rahmen des EVAL-IC-Projekts Deskriptoren für die mündlichen und schriftli‐ chen rezeptiven und produktiven Kompetenzen sowie für die mehrsprachige mündliche Interaktion erarbeitet. 65 Mehrsprachige Kompetenz evaluieren - Der Fall der Interkomprehension <?page no="66"?> 8 Dieser Beitrag wurde Ende 2018 fertiggestellt. Um den holistischen Charakter der der Interkomprehension zu Grunde liegenden mehrsprachigen Kompetenz zu unterstreichen, wird zurzeit 8 an einem Test gearbeitet, der diese Kompetenz durch eine komplexe authentische Gesamtaufgabe (ein Szenario) überprüft, die einerseits die Aktivierung aller Sprachhandlungen fördert und andererseits verschiedene Stufen im kognitiven Bereich nach der Bloomschen Taxonomie anspricht und die Evaluation der diversen Dimensionen der mehrsprachigen kommunikativen Kompetenz testet: (inter-)linguistische, interkulturelle, soziopragmatische, kognitive und strategi‐ sche Dimensionen. Szenario-Beispiel aus dem Projekt EVAL-IC Da der Test noch in der Entwicklungsphase steht, können keine Einzelheiten dargestellt werden. Sicher ist, dass es sich um ein Szenario handeln wird, das realitätsnah ist und hohe Plausibilität für Studierende, das Zielpublikum des Projekts, aufweist. Die Präferenz geht zurzeit in Richtung einer studentischen Konferenz zum Thema „nachhaltige Entwicklung“. Die Studierenden würden verschiedene Phasen der Vorbereitung und Delegiertenauswahl durchlaufen. Die Vorbereitungsphase sähe vor, dass sich die potentiellen Kandidat/ inn/ en über Umwelt- und Entwicklungsfragen in den fünf im Projekt vertretenen romanischen Sprachen informieren (rezeptive Interkomprehension) und die Informationen synthetisch zusammenfassen, um Argumente zur Verteidigung ihrer Bewerbung zu haben. Vor dem mehrsprachigen Organisationskomitee (bestehend aus den Evaluator/ innen, multirater) sollten sie nämlich einen kurzen Vortrag (mündliche Interproduktion) mit anschließender Diskussion (interaktionale Interkomprehension) halten, in dem sie sich vorstellen und Ar‐ gumente vorbringen, warum sie ausgewählt werden sollten. Sie sollten auch mit Kolleg/ inn/ en an einem Konzept arbeiten (interaktionale Interkomprehension, multi-candidate) und in einer romanischen Sprache eine Zusammenfassung produzieren (schriftliche Interproduktion), die für die Konferenz als Präsenta‐ tions- und Arbeitsvorlage dienen könnte. Dieses Testverfahren aktiviert sowohl rezeptive als interaktionale Interkom‐ prehension und Interproduktion, wird den Kriterien nach Canagarajah (2010, 2 38) (multitask, multirater und multi-candidate) gerecht und spricht verschiedene Ebenen der Bloomschen Taxonomie an, u. a. Verstehen, Bewerten und Synthese. Das EVAL-IC-Projekt wird die erste Version des Tests Ende Januar 2019 fertigstellen. Interessent/ inn/ en können sich auf der Website des Projekts näher informieren: http: / / www.evalic.eu. 66 Christian Ollivier / Margareta Strasser <?page no="67"?> 4 Perspektiven Die Forschung im Bereich Evaluation der mehrsprachigen Kompetenz, speziell der Interkomprehensionskompetenzen, ist noch jung: Erste Modelle dieser Kompetenzen wurden erst entwickelt. Das erklärt, warum nur wenige Ansätze, die sowohl die Theorien im Bereich Evaluation kommunikativer Kompetenz als auch im Bereich Mehrsprachigkeit einbeziehen, konsistent entwickelt und um‐ gesetzt wurden. Verschiedene Tendenzen sind herauszulesen: die Verwendung introspektiver Verfahren, z. B. durch Portfolio oder Protokolle des lauten Den‐ kens, additive Testverfahren, mit denen eine Fertigkeit in mehreren Sprachen evaluiert werden soll, und integrative Verfahren, die verschiedene Stufen der Integration aufweisen. 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Er wird in einem eigenen Kapitel klar definiert, da Language Awareness nach Schmenk, Breidbach & Küster (2019, 3) unter die Begriffe fällt, die oft „sloganisiert“ verwendet werden. Das bedeutet, dass der Begriff nur als Aufhänger dient, aber nicht mit aussagekräftigen Inhalten gefüllt wird. So kann es dazu kommen, dass er entfremdet wird. Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit: Förderung der Language Awareness Lisa Marie Brinkmann 1 Einleitung Mehrere Sprachen unter Zuhilfenahme des Europäischen Sprachenportfolios (ESP) zu lernen, kann die allgemeine Sprachenbewusstheit fördern (Sheils 1996, 100). Sprachenbewusstheit ist ein Konzept, das auf der „Language Awa‐ reness“ 1 beruht und innerhalb der Pluralen Ansätze zu der Begegnung mit Sprachen weiterentwickelt wurde - im französischen Original éveil aux langues (Candelier 2012, 6). Die Relevanz des Konzepts liegt im übergeordneten Ziel des Sprachenlernens: „The development of plurilingualism as competence and value, and intercultural education as a way of living together should be the aims of language education“ (Pinho & Andrade 2009, 314). Language Awareness kommt dabei eine wichtige Stellung im Rahmen von den Pluralen Ansätzen sowie im Bereich der Sprachendidaktik zu (Pinho & Andrade 2009, 314). Die Exploration der Language Awareness mithilfe vom ESP weist laut Figueras (2018) ein Potenzial auf: Konkrete Beweise über die Lernentwicklung, in denen die spezifischen Kontexte und Zwecke der Bewertung erkennbar sind, sowie learning awareness werden entwickelt (Figueras 2018, 188). Insgesamt gibt es nur wenige Studien zur Förderung der Language Awareness durch die Arbeit am ESP (Figueras 2018; Hidalgo Downing 2012). In diesem Beitrag wird das Ziel verfolgt, zu zeigen, wie das ESP die Language Awareness ausgehend von theoretischen Schlussfolgerungen fördern kann. <?page no="74"?> Das ESP ist innerhalb der Europäischen Union entwickelt worden. Da es in Europa mehr als 250 Sprachen gibt - darunter 24 Amtssprachen - empfand es die Europäischen Union als notwendig, Sprachenpolitik und -lernen zu ver‐ einheitlichen. 1991 wurden mit dieser Intention in Rüschlikon Entwicklungen für einen Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GeR) geschaffen, der 2001 veröffentlicht wurde (Ballweg 2019, 130; Bellingrodt 2011, 29; Toulouse & Geoffrion-Vinci 2017, 153), und aus dem 2001 das ESP als Instrument für die An‐ wendung von Anforderungen (Kann-Deskriptoren zur Leistungseinschätzung von A1-C2) entwickelt wurde. Das ESP ist ein dreigeteiltes Portfolio, das die Unterstützung der Lernendenautonomie intendiert, indem sich die Lernenden selbst bewerten können, Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenzen fördert, indem alle Sprachen in das Portfolio eingeschlossen werden (können), sowie die Leistungen der Lernenden dokumentiert, indem alle selbstverfassten Dokumente der Lernenden einen Platz bekommen (Council of Europe 2020). Um die Förderung der Language Awareness im Rahmen des ESPs darzu‐ stellen, wird in diesem Beitrag folgenden Forschungsfragen mithilfe einer kritischen Zusammenfassung der Literatur (state of the art) nachgegangen: 1. Wie und inwieweit kann Language Awareness mittels des ESPs gefördert werden? 2. An welchen Inhalten des ESPs kann für die Förderung der Language Awareness angesetzt werden? Dabei werden die Potenziale des ESPs für die Förderung der Language Aware‐ ness aufgezeigt. Hierfür werden zunächst in 2. Language Awareness definiert sowie Einordnungen, Theorien und praktische Anforderungen dazu dargestellt. Daraufhin wird das ESP in 3. mit Fokus auf Mehrsprachigkeit vorgestellt, um anschließend den Forschungsstand und die empirischen Ergebnisse, die zur Förderung der Language Awareness vorliegen, in 4. darzustellen. Von diesen Ergebnissen ausgehend und basierend auf den relevanten Modellen der Lang‐ uage Awareness werden in 5. Implikationen und weitere Verknüpfungspunkte zwischen dem ESP und der Förderung der Language Awareness erschlossen, um mit einem zusammenfassenden Ausblick zu enden. 2 Language Awareness Language Awareness wird definiert als „a person’s sensitivity to and conscious awareness of the nature of language and its role in human life“ (zitiert nach Donmall 1985 in: James & Garrett 2013, 4). Language Awareness ist als Begriff schwer zu fassen, da er grundsätzlich alles einschließt, was im Zusammenhang 74 Lisa Marie Brinkmann <?page no="75"?> 2 Hierbei wird nie nur eine Sprache betrachtet, weshalb der Begriff „Sprachenbewusst‐ heit“ (Herv. i. O., Morkötter 2005, 40) adäquat erscheint. Dabei ist die Sprachenbewusst‐ heit Teil der Sprachbewusstheit, sobald eine übergeordnete Ebene des Wissens über Sprache daraus resultiert (Morkötter 2005, 40). mit Sprache steht (Cots & Garrett 2018, 1). Im Folgenden wird zuerst die Language Awareness als Konzept dargestellt (2.1.), um anschließend die Ebene der Mehrsprachigkeitsdidaktik, die für die Sprachenbewusstheit 2 greift (2.2.), zu beleuchten und abschließend auf Ebene der europäischen Mehrsprachigkeits‐ didaktik, den Ansatz éveil aux langues darzustellen (2.3.). Die Beziehungen zwischen den Ebenen der Language Awareness sind in Abbildung 1 dargestellt. Language Awareness - Sprach(en)bewusstheit Mehrsprachigkeitsdidaktik: Sprachenbewusstheit Plurale Ansätze: Éveil aux langues Abbildung 1: Beziehungen von Language Awareness und Didaktiken. Die Pluralen Ansätze ergeben sich als maximale Fokussierung, die in 2.3. dar‐ gestellt werden. Die jeweiligen Erkenntnisse aus den einzelnen Ebenen können für die folgenden eingeschlossenen Ebenen jeweils übernommen werden und werden durch spezifischere Erkenntnisse erweitert (Armand, Dagenais & Ni‐ collin 2008, 49). 2.1 Language Awareness - Sprach(en)bewusstheit Die Language Awareness ist der Pädagogik der Vielfalt nach Prengel (1995) zuzuordnen. Innerhalb dieser Pädagogik der Vielfalt sind alle Verschiedenen gleichberechtigt (Süßebecker 2019, 18). „Anderssein ist nicht bedrohlich, son‐ dern weckt den Wunsch nach Kommunikation. Gerade weil die oder der Andere anders ist, brauchen wir Kommunikation“ (Prengel 1995, 56). Das Konzept der Language Awareness entstand im schulischen Rahmen aus einer Notwendigkeit, da Schüler_innen in den sechziger-siebziger Jahren in Großbritannien Probleme sowohl im Fremdsprachenunterricht als auch im Lesen und Schreiben in der Schulsprache Englisch aufwiesen, da keine Ver‐ knüpfung zwischen Sprachen geschaffen wurde (Morkötter 2005, 28). Language Awareness äußert sich in der Diskussion über Ursprünge, Eigenschaften und 75 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="76"?> Veränderungen von Sprachen sowie Entdeckung, Wahrnehmung und Würdi‐ gung von Sprachenvielfalt (Hawkins 1985, 4-5). Hierfür sind metakognitive (die Auseinandersetzung mit Sprachlernstrategien) und metalinguistische Ebenen (Einbezug aller Sprachen) von Sprachen bedeutsam (Morkötter 2005, 38). Bestimmt wird die Language Awareness von kognitiven, sozialen und affek‐ tiven, Performanz- und Macht-Domänen ( James & Garrett 2013, 13-14; Oliveira & Anç- 2018, 242-243). Diese Domänen stehen dynamisch im Zusammenhang und können sich mit der Zeit oder dem Umfeld verändern. • Kognitive Domäne: Vergleich von metalinguistischem/ n Wissen und Kompetenzen, Funktion und Anwendungsfeldern (Kommunikations‐ kompetenzen) von Sprache; • Affektive Domäne: Entwicklung von Haltungen und Einstellungen ge‐ genüber Sprache(n); • Soziale Domäne: Bewusstwerden über die Wichtigkeit der Verbundenheit von Sprache und Gesellschaft und Verständnis von Diversität zwischen Kulturen durch Einbezug aller Sprachen und Diskussionen über Prestige- und weitere Herkunftssprachen; • Performanzdomäne: Reflexionen über Sprachen(lernen); • Machtdomäne: Bewusstheit über die (manipulative) Macht von Sprache (Morkötter 2005, 30; Oliveira & Anç- 2018, 242-243; Roehr-Brackin 2018, 45). Van Lier (1998) wählt eine andere Unterscheidung - nach Ebenen, s. Abbildung 2. Abbildung 2: Language Awareness-Ebenen angelehnt an van Lier (1998, 136). 76 Lisa Marie Brinkmann <?page no="77"?> Language Awareness findet somit sowohl auf Ebenen praktischer als auch theoretischer Orientierungen statt. Dafür ist „a dynamic balance between its elements: perception, practical, discursive and technical consciousness, and critical consciousness“ (van Lier 1998, 137) notwendig, d. h. dass Sprache sowohl praktisch angewandt als auch kognitiv erlernt wird. Seine Ebenen lassen sich in vier Phasen illustrieren: die „global intransitive consciousness“, die mit einer all‐ gemeinen achtsamen Haltung gleichzusetzen ist, die „transitive consciousness“, d. h. die Fokussierung eines sprachlichen Elements, die „metaconsciousness“, was die bewusste Anwendung oder Rezeption von Sprache meint und die „critical awareness“, innerhalb derer soziale und ideologische Haltungen im sprachlichen Ausdruck hinterfragt werden (Cots & Garrett 2018, 2). Die Sprach(en)bewusstheit ist von dem Begriff des metalinguistischen Wis‐ sens abzugrenzen: Es müssen keine linguistischen Fachwörter bekannt sein, um Phänomene in einer Sprache zu beschreiben - Language Awareness ist intuitiv (van Lier 1998, 136). Die metalinguistic awareness ist Teil der Lang‐ uage Awareness und überschneidet sich zu großen Stücken damit. Language Awareness ist insofern weiter gefasst, dass Sprache allgemein und nicht nur das Sprachenlernen zum Gegenstand der awareness wird (Roehr-Brackin 2018, 44-45). 2.2 Mehrsprachigkeitsdidaktik: Sprachenbewusstheit Language Awareness und Fremdsprachenlernen führen zu einer Identitäts‐ bildung seitens der Fremdsprachenlernenden (Byram 2012). Diesen Aspekt ausführend gilt: „in the life of the individual person, language and culture or, better, cultural experience, are inseparable for that individual and are ultimately unique to the individual“ (Byram 2012, 6). Die dabei zu unterstützende Sprachenbewusstheit ist immer auf ein Individuum bezogen und geht mit individuellem Lernen einher (Morkötter 2005, 49). Von diesem Punkt ausgehend fragt Young (2018, 35) kritisch: „But can language awareness be taught? Awa‐ reness is a personal, individual sensibility, which develops as a result of greater understanding, empathy, experience of and knowledge about language and languages“. Sprache, Interaktion und Individuum sind miteinander verknüpft, die Kennt‐ nisse und Erfahrungen des Individuums können seine Sprache und Interaktion bestimmen. Dementsprechend ist die Mehrsprachigkeitsdidaktik auf die Person ausgerichtet und sieht die Entwicklung von interpersonellen und interkultu‐ rellen Kompetenzen vor (Pinho & Andrade 2009, 315). Dabei versteht Byram (2012) Language Awareness als Teil der Mehrspra‐ chigkeitsdidaktik, die im Rahmen von Sprachkompetenzen mit der cultural 77 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="78"?> 3 Für eine Definition s. Rantz & Horan (2005, 210): „In the context of language teaching, ‚cultural awareness‘ usually means ‚awareness of the specific culture of the target country‘, which itself implies a degree of knowledge, a certain engagement with this knowledge and possibly a first step towards ‚understanding‘ the culture of the target country“. awareness 3 im Verständnis der interkulturellen Kompetenzen gekoppelt sein sollte, indem Sprache und Kultur auf gesellschaftlicher Ebene sowie auch auf individueller Ebene verordnet werden. Mit dieser Vernetzung verweist er auf eine ganzheitliche Wahrnehmung von Sprache, Mehrsprachigkeit und Kultur (Byram 2012, 6-7). Wie in der Einleitung bereits erwähnt, ist der Begriff der Language Awareness manchmal mehr eine Hülse als konkrete Inhalte; Dies kann für die Umset‐ zung im Unterricht problematisch sein. Die Arbeit mit Language Awareness ist generell ein didaktisch herausforderndes Unterfangen, insbesondere im Rahmen der Förderung von Mehrsprachigkeit. Schließlich muss die Lehrkraft sich mit Sprachen auseinandersetzen, die sie selbst nicht beherrscht, und sich auf die Ungewissheit einlassen, nicht Expert_in in dem Bereich sein zu können. Außerdem muss sie sehr fehlertolerant sein, denn der Fokus liegt nicht auf der Sprachperformanz, sondern dem Konzept der Language Awareness ( Jakisch 2019, 463). 2.3 Plurale Ansätze: Éveil aux langues Innerhalb der europäischen Mehrsprachigkeitsdidaktik, die sich im Referenz‐ rahmen für Plurale Ansätze ausdrückt, besteht der Ansatz von der Begegnung mit Sprache(n) - éveil aux langues - neben der Interkomprehension, integrierten didaktischen Sprachansätzen sowie interkulturellen Ansätzen (Candelier 2012, 6). Éveil aux langues ist dabei der Startpunkt, der die Entwicklung von Mehr‐ sprachigkeit auslöst (Balsiger et al. 2012, 7; Kervran 2011, 90), nämlich durch das Einbeziehen der Sprach(erfahrung)en der Lernenden, und gleichermaßen auch das Ziel, also die Wertschätzung sprachlicher Vielfalt (Schädlich 2014, 1023). Die eigentliche Intention des éveil aux langues-Ansatzes ist die Einführung in die und Vermittlung von Sprachenvielfalt von Beginn der Schule an, so dass die Lernenden eine Bewusstheit für Sprachen entwickeln. Dadurch sollen alle Sprachen, auch die, die nicht Teil des Curriculums sind, von allen anerkannt werden. Des Weiteren intendiert der Ansatz die Förderung des allgemeinen Sprachenlernens (Candelier 2012, 7). Dabei spielen nicht nur eine isolierte Fremdsprache, sondern alle Sprachen (aus dem Umfeld der Schüler_innen) inklusive der Herkunftssprache(n) eine Rolle (Candelier 2012, 7). Sie alle werden aus sprachlicher und gesellschaftlicher Perspektive beobachtet. Die Lernenden 78 Lisa Marie Brinkmann <?page no="79"?> 4 Aus dem Projekt ging 2001 die Organisation EDiLiC hervor. Die Internetseite der Organisation bietet Material und Aufgaben für die Umsetzung der Ziele des éveil aux langues-Ansatzes im Unterricht für alle Klassenstufen (sprachlich heterogene Klassen einschließend) (Edilic 2020). Weitere Projekte wurden gestartet, darunter JA-LING in Europa (ed. Candelier 2003; 2007, 370; Roehr-Brackin 2018, 47), Thinking through languages, discovering language und Springboard to languages in Großbritannien (Roehr-Brackin 2018, 47) und Éveil au Langage et Ouverture à la Diversité Linguistique in Kanada (Combes/ Armand/ Lory 2012, 141-142). sollen alle Sprachen und Kulturen, die in ihrem Umfeld auftreten, und die Sprachkompetenzen, die Mitschüler_innen oder andere Bekannte aufweisen, wertschätzen. Auf kognitiver Ebene zielt der éveil aux langues-Ansatz auf die Optimierung des Sprachenlernens durch Sprachbeobachtungen und -analysen seitens der Lernenden ab. Schlussendlich sollen sie Lust bekommen, (weitere) Sprachen lernen zu wollen (Candelier 2007, 371). Diese Ziele wurden in inten‐ dierte Haltungen, Kompetenzen und Wissen im Rahmen des Projekts Evlang (von 1997 bis 2001) in der Grundschule transferiert. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung einer solidarischen, sprachlich-kulturell vielfältigen Gemein‐ schaft (Dabène 2003; Kervran & Candelier 2003). Der éveil aux langues-Ansatz im Projekt versucht, das Sprachenlernen auszuweiten, so dass Sprache(n) in ver‐ schiedenen Anwendungen, Kontexten und Ebenen erkennbar wird. Außerdem kann dadurch die Bedeutung für das Individuum und in der Gesellschaft ergründet werden, wodurch er einen Beitrag zur politischen Erziehung leistet (Goumoëns et al. 2003) 4 . Die Anwendungsbereiche für den éveil aux langues-Ansatz sind im Unter‐ richt nicht eingeschränkt. Schließlich sind sprachheterogene Klassen, in denen Sprachen auch nicht gleich verteilt sein müssen und auf alle präsenten (Minder‐ heiten-) Sprachen eingegangen wird, eine bereichernde Ausgangslage. Der Un‐ terricht muss nicht bilingual ausgerichtet sein, kann aber ggf. darauf vorbereiten (Candelier 2007, 375-376). Erfahrungen mit Language Awareness im Unterricht zeigen positive Erkenntnisse: „On retiendra encore que l’apport d’Evlang au développement des attitudes concerne essentiellement les élèves les plus faibles scolairement, et que l’éveil aux langues développe significativement le désir d’apprendre des langues“ (Candelier 2007, 378). Darüber hinaus zeigen die Forschungsergebnisse aus einer empirischen Studie auf Französisch-Guayana und La Réunion, dass die Haltung und Verwendung der Kreolsprachen sowie die Offenheit gegenüber Mehrsprachigkeit nach dem Unterricht unter dem éveil aux langues-Ansatz positiv gestiegen sind (Candelier 2007, 378). 79 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="80"?> 3 Das Europäische Sprachenportfolio Das Europäische Sprachenportfolio (ESP) wird i. d. R. im Fremdsprachenunter‐ richt verordnet und wie folgt definiert: The European Language Portfolio (ELP) was developed by the Language Policy Programme of the Council of Europe • to support the development of learner autonomy, plurilingualism and intercultural awareness and competence; • to allow users to record their language learning achievements and their experience of learning and using languages (Council of Europe 2020). Es besteht aus drei Teilen mit unterschiedlichen Funktionen: 1. Der Sprachenpass: Die Lernenden stellen sich, ihre Sprachen(erfah‐ rungen) und -niveaus in ihren Kontexten dar (Funktion: Information und Zertifizierung). 2. Die Biografie: Erbrachte Leistungen werden ausgewertet und mithilfe von Kann-Deskriptoren des GeRs bewertet (Funktion: Zusammenfassung). 3. Das Dossier: Selbsterstellte Dokumente und Zertifikate werden zusam‐ mengestellt (Funktion: Zusammenfassung und Zertifizierung) (Ballweg 2019, 130-131; Bellingrodt 2011, 30-31; Council of Europe 2020; López de la Torre 2013, 55; Riley 2010, 375; Sisamakis 2010, 351). Das ESP dient dazu, Kompetenzen in Sprachen einschätzen zu können und Lernstrategien (weiter) zu entwickeln. Es ist ein Speicherort für wichtige Doku‐ mente, die die sprachlichen und interkulturellen Erfahrungen aus formellen und informellen Kontexten zusammentragen. Die Lernenden arbeiten selbstständig an den individuellen Inhalten ihres Portfolios und bewerten sie/ sich selbst. Es kann mithilfe der Bewertungsraster des GeRs ausgewertet werden und dadurch in ganz Europa und teilweise darüber hinaus verstanden werden (Bellingrodt 2011, 32-33). Das Portfolio trägt zu folgenden Punkten bei: • Wahrnehmung der kulturellen Diversität als eine gesellschaftliche und gegenseitige Bereicherung (Little 2012, 284); • Förderung von kultureller und sprachlicher Vielfalt für das Kollektiv und das Individuum (Bellingrodt 2011, 32); • Wahrung von Freiheit und den Rechten von Minderheiten (Little 2012, 284); • Respekt für andere Kulturen und Sprachen sowie verstärktes Verständnis untereinander (Bellingrodt 2011, 32); 80 Lisa Marie Brinkmann <?page no="81"?> 5 Trotz der notwendigen Anpassungen steht das ESP in der Kritik, zu standardisiert zu sein und keine Individualität für die Lernenden zuzulassen. Problematisch erscheint auf theoretischer Ebene die produktorientierte Natur des ESPs, wodurch das Lernen nicht gefördert wird, sondern Leistungsstärken dargestellt werden und unauthentische Hochglanzportfolios entstehen. Außerdem unterbindet die Dreiteilung des ESPs die Reflexion an konkreten Leistungen. Die Dokumente im Dossier bleiben ungeachtet von der Selbsteinschätzung, wo die Reflexion verordnet ist (Bellingrodt 2011, 37-39; Schwarz 2010, 169-170). 6 Viele weitere Studien examinieren die Wirkung der Portfolioarbeit auf die Lernenden‐ autonomie, die hier dargestellten unterliegen keiner vermeintlichen „sloganization“ (Schmenk et al. 2019, 3), sondern gehen von einem fundierten Begriff der Lernenden‐ autonomie aus. • Unterstützung der Sprachenlernenden mithilfe von Transparenz und Autonomie im Lehren und Lernen (Bellingrodt 2011, 32). Der Council of Europe hat Prinzipien und Richtlinien für die Erstellung des ESPs herausgegeben, so dass verschiedene Formate entwickelt werden können (Riley 2010, 375; Tagliante & Deleuse 2002, 139). Allgemein sollten der GeR und das ESP als Ausgangspunkte für die Unterrichtsgestaltung mit Lernreflexionen genutzt werden und nicht als vollendetes Konzept. Das ESP muss an die Klasse angepasst werden und die dreifaltige Bewertung zwischen Selbst-, formativer und summativer Bewertung ausgenutzt werden (Brinkmann & Melo-Pfeifer im Druck; López de la Torre 2013, 57, 61) 5 . Um einen Rahmen für die Portfolioarbeit zu schaffen, sind (zusätzliche) Veränderungen notwendig: 1. die Ausrichtung der Unterrichtsinhalte an den Kompetenzbeschreibungen des Referenzrahmens, 2. die Einführung und Pflege einer von Selbstbeurteilung geprägten Evaluationskultur, 3. die Einführung von Methoden zur Förderung autonomen Ler‐ nens und 4. die Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen, um auch die übrigen an einer Schule vertretenen Fremdsprachen in die Portfoliopraxis mit einzubeziehen (Bellingrodt 2011, 264). Die Arbeit am Portfolio sollte eine Auseinandersetzung mit emotionalen Aspekten des Fremdsprachenlernens zulassen und subjektive Einstellungen berücksichtigen denn es fördert die ganzheitliche Reflexion über das Sprachen‐ lernen und die (ggf. affektive) Bedeutung davon (Bellingrodt 2011, 39). Innerhalb dieser Rahmenbedingungen fördert das ESP die Lernendenauto‐ nomie, indem die Lernenden die Verantwortung über ihr Lernen übernehmen, sich selbst Ziele setzen und diese verfolgen sowie über ihr Lernen reflektieren (Bellingrodt 2011, 251-252; Lamb, Vieira & Jiménez Raya 2017, 81; Little 2012, 276-277; Sisamakis 2010, 354, 362) 6 . Auch die Demokratisierung für die Partizi‐ pation der Lernenden im Unterricht wird gefördert (Kristmanson, Lafargue & 81 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="82"?> Culligan 2013, 472-473; Sisamakis 2010, 354). Allerdings stehen Aspekte davon - insbesondere die Selbstbewertung mithilfe der Kann-Deskriptoren - in der Kritik, unzureichend zu sein. Ein wichtiger Punkt und erklärtes Ziel des ESPs ist die Förderung der indi‐ viduellen und kollektiven Mehrsprachigkeit (Bellingrodt 2011, 32-33; Council of Europe 2020; Langner 2019, 42; Little 2012, 284; 2019, 22; Sisamakis 2010, 351). Es wird sowohl auf dieser strukturellen und theoretischen, aber auch empirisch erforschten Ebene zum zu bearbeitenden Gegenstand. Im ESP und mit der Arbeit daran werden alle Sprachen und Kulturen genauso wie die formellen oder informellen Sprachlernkontexte gewürdigt (Tagliante & Deleuse 2002, 139). Der Hintergrund ist der Anspruch, Sprachen zu lernen sowie zu lernen, wie man Sprachen lernt (Canga Alonso 2011, 137). Das ESP kombiniert Leistung (in Form von Niveaustufen des GeRs, die in der Sprachenbiografie angewendet werden), Fortschritte und Erfahrungen in den unterschiedlichen Sprachen (nachweisbar im Sprachenpass) und Belege (im Dossier) in einem einzigen Dokument (Coste & Simon 2009, 179; Little 2012, 277). Dabei werden die Lernenden zu Vernetzungen angehalten, damit sie (Meta-) Kompetenzen für das Sprachenlernen und eine cultural/ Language Awareness entwickeln. Auch die neue Kultur, die sie mithilfe einer neuen Sprache kennenlernen, wird mit der (/ den) ihnen bekannten Sprache(n) konstruiert. Die Lernenden bauen Stereotypen ab und weiten ihre Fähigkeiten zur Mediation zwischen Kulturen und Sprachen aus (Little 2012, 277). Durch die Vereinigung dieser genannten Komponenten ist eine Möglichkeit gegeben, Mehrsprachigkeit zu fördern und wertzuschätzen. Außerdem können die verschiedenen Sprachen schrittweise wahrgenommen, gewertet und selbstbewertet werden. Schlussendlich arbeiten die Lernenden kontinuierlich an ihrer holistischen (sich verändernden) (Sprach-) Identität (Coste & Simon 2009, 179). Dies führt dazu, dass: „the image and the model of the ‚native speaker‘ is now replaced by that of the real, plurilingual speaker“ (Herv. i. O., Coste & Simon 2009, 180). Authentischere Situationen der Sprachenwelt werden also geschaffen. Die Arbeit am ESP fördert die Verflechtung von Interkulturalität und Mehr‐ sprachigkeit, indem zusammenhängend interagiert und kommuniziert wird. Diese Förderung zeigt sich bspw. in der Reflexion über den Kontakt mit anderen Kulturen, in Material, das die Bedeutung von interkulturellen Dimensionen und Kompetenzen einführt und ausweitet, oder auch in Simulationen, in denen Fremdsprachenkenntnisse angewandt werden müssen (Little 2011, 34-35). Um dies fördern zu können, sollten Aufgaben individuell auf die Lernenden zuge‐ schnitten sein. In der Bearbeitung von Einträgen für das Dossier sollte Mehr‐ 82 Lisa Marie Brinkmann <?page no="83"?> sprachigkeit evident werden, so dass keine einsprachigen Produkte entstehen (Little 2011, 34-35). Die Forschung zeigt, dass die Wahrnehmung, Wertschätzung und Anwen‐ dung vom Sprachenlernen und Mehrsprachigkeit mithilfe des ESPs bei Ler‐ nenden gefördert wird (Bellingrodt 2011, 40; Brinkmann & Melo-Pfeifer im Druck; Coste & Simon 2009, 179; Gonçalves & Andrade 2007, 200; Hansen-Pauly 2014, 9; Hidalgo Downing 2012, 70; Little 2011, 45; 2012, 277; 2019, 22; Riley 2010, 383-384; Sheils 1996, 100), aber auch kritische Stimmen dazu bestehen (Bellin‐ grodt 2011, 40; Morencia 2002, 10). Die Lernenden können durch die Arbeit am ESP auf spezifische Situationen von Mehrsprachigkeit vorbereitet werden und ihre Sprachenerfahrungen differenziert dokumentieren (Sheils 1996, 100). Bei der Arbeit am ESP werden sich die Lernenden über ihre eigenen sprachlichen, kulturellen und auch Lernhintergründe bewusst und schätzen diese wert, indem eine positive Haltung gegenüber eigenen und anderen Kulturen sowie Sprachen gestützt wird und die Bewusstheit gefördert wird, beim Sprachenlernen mehr als nur eine Sprache zu lernen. Durch das Lernen auch über Sprachen werden Grundsteine für das weitere Sprachenlernen gesetzt. Letztendlich soll die Arbeit am ESP dazu führen, dass die Lernenden mit/ in Sprachen interagieren können (Gonçalves & Andrade 2007, 200). Neben diesen Wirkungen, die für alle Lernenden gelten, sind es größtenteils die mehrsprachigen Schüler_innen, die an einer Fortführung ihres individuellen Sprachenportfolios interessiert sind (Bellingrodt 2011, 40). Außerdem kann das ESP zu einem bedeutsamen Bewertungsinstrument für mehrsprachige Schüler_innen werden, da metalin‐ guistische Kompetenzen mit der Arbeit am ESP aufgebaut werden können und die mehrsprachigen Lernenden sich dadurch ihre individuellen Sprachenerfah‐ rungen zunutze machen können. Demzufolge kann ihnen ein Rahmen gegeben werden, der ihnen gerecht wird und gleichermaßen das Sprachenlernen in den Fokus rückt - auch für alle anderen Lernenden in einer Klasse - und konkrete Kompetenzen bewertbar macht (Brinkmann & Melo-Pfeifer im Druck). Anspruch des ESPs ist es, die Sprachen nicht getrennt voneinander zu erfassen, sondern eine Perspektive auszulösen, die Verknüpfungen, Interrela‐ tionen und Interaktionen von Sprachen vorsieht (Little 2019, 22). Allerdings kritisiert Langner (2019) genau diesen Aspekt bezogen auf den Sprachenpass und die Sprachenbiografie. Im ESP werden Sprachen getrennt voneinander und die verschiedenen Kompetenzen (interkulturelle, Lese-, Schreib-, Hörver‐ ständnis-, Mediations- und Sprechkompetenzen) einzeln bewertet. Laut ihm wird die Mehrsprachigkeit in diesem Rahmen somit nicht im holistisch-ver‐ knüpfenden Sinne umgesetzt (Langner 2019, 46). Weitere Kritiken beruhen auf der Verwendung von Sprachen für die Arbeit am ESP: Bellingrodt (2012, 40) 83 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="84"?> bemängelt, dass die Instruktionssprache der ESPs in der Regel die nationale Unterrichtssprache ist bzw. eine der drei großen Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch; Es liegen nur wenige Modelle für andere Herkunftssprachen vor, die aber gerade für mehrsprachige Lernende bedeutsam sind. Des Weiteren werden ausschließlich europäische Sprachen für das ESP bereitgestellt und dieses nicht auf Sprachen aus anderen Kontinenten ausgeweitet (Morencia 2002, 10). Otwinowska (2017) zeigt für das ESP-Format für Lehrkräfte, EPOSTL, das Problem auf, dass Mehrsprachigkeit in diesem Format (EPOSTL) nur in einem Kann-Deskriptor (von insgesamt 193 Deskriptoren) auftaucht. Damit wird eher einer traditionellen Zielsprachendidaktik gefolgt anstatt einer europäi‐ schen Mehrsprachigkeitsdidaktik. Dies spiegelt auch den allgemeinen Umstand wieder, nämlich dass Mehrsprachigkeitsdidaktik im Fremdsprachenunterricht eher eine Seltenheit ist (Otwinowska 2017, 307). 4 Empirischer Forschungsstand zur Language Awareness im Europäischen Sprachenportfolio Ausgehend von den Erkenntnissen zur Mehrsprachigkeit im ESP werden im Fol‐ genden Aspekte spezifisch zur Metakognition, Reflexion, Interkomprehension, metalinguistischen und globalen Kompetenzen, Natur von Sprachen, Haltung, Sprachenkontakt und -erfahrungen innerhalb der Language Awareness für das ESP dargestellt. Es gibt einen breiten Forschungsstand für Portfolios und Language Aware‐ ness in der Lehrkräfteausbildung (z. B. Ayan & Seferoğlu 2011; Başyurt Tüzel & Akcan 2009; Burkert & Schwienhorst 2008; Byon 2007; López-Fernández 2014; Newby 2012; Ní Dhiorbháin 2019; Otwinowska 2017; Pomphrey & Burley 2009; Rantz & Horan 2005). Für den Einsatz von Language Awareness im Schulunterricht ist das Portfolio als Unterrichtsmethode für die Förderung davon oftmals als Ausblick genannt: Oliveira & Anç- (2009, 403) nennen es in Bezug auf die Reflexion über die eigene Sprachidentität und die Bewusstheit über Mehrsprachigkeit; In einer Einführung zur Language Awareness wird ebenfalls das Portfolio und Language Awareness im Rahmen der Mehrsprachig‐ keitsdidaktik als weiter(auszu)führende Information erwähnt (Balsiger et al. 2012, 22), wie auch in Moore & Gajo (2009, 149) als Ausblick auf eine holistische Wahrnehmung von Sprachen auf individueller und kollektiver Ebene. Pinho & Andrade (2009, 326) nennen Portfolios neben Lerntagebüchern als Ausblick, um die drei Dimensionen der Language Awareness nach James & Garret (2013) erfüllen zu können. In ihrer Studie untersuchten sie spezifisch Interkomprehen‐ 84 Lisa Marie Brinkmann <?page no="85"?> sionstechniken, die aus der Language Awareness im Unterricht aus den Pluralen Ansätzen hervorgingen (Pinho & Andrade 2009, 318). Bellingrodt (2011) untersucht in ihrer Dissertation die Portfolioarbeit im Spanischunterricht unter Verwendung der ePortfolio-Plattform epos. Ihre Er‐ gebnisse richten sich auf den metakognitiven Anteil der Language Awareness: Die Selbsteinschätzung der Sprachkompetenzen mithilfe von Kompetenzbe‐ schreibungen muss laut ihr gut angeleitet werden, damit die Lernenden in ihrer Einschätzung konkret werden können, wofür eine offene Kommunikation und Beispiele gegeben sein müssen. Die Lernenden können auch dazu angehalten werden, eigene Kompetenzbeschreibungen zu entwickeln, wenn dies ihrem individuellen Lernen hilft (Bellingrodt 2011, 253). Die Ergebnisse aus zwei Studien (ed. Candelier 2003; Hidalgo Downing 2012), die mit unterschiedlichen pluralen Ansätzen arbeiten (éveil aux langues und Interkomprehension) sind für den vorliegenden Beitrag besonders relevant. Explizit Language Awareness behandelt Hidalgo Downing (2012), die den Ein‐ fluss von Portfolios auf die Language Awareness bei Lernenden untersucht. Sie versteht das Portfolio als authentisches Bewertungsinstrument. Es dient dazu, dass sich Lernende selbst beurteilen und über ihr Lernen und ihren Sprachstand reflektieren. Der untersuchte Kontext findet sich in einem Unterrichtsdesign ein, in dem mehrere romanische Sprachen gleichzeitig online präsent und im Rahmen des Galanet-Projekts aktiv werden (Hidalgo Downing 2012, 66). Dafür haben die Lernenden ein digitales Profil von sich erstellt, Foren gegründet, ein kollektives Dossier erstellt und in einem letzten Schritt das Dossier kom‐ mentiert, aber auch eine Language and inter-cultural Biography erstellt, womit alle Inhaltsformen des ESPs vertreten sind (Hidalgo Downing 2012, 68,72). Die Methode, die Hidalgo Downing (2012, 72-73) für die Erforschung von Selbstbewertung im ESP für die Förderung von Language Awareness, reflexiven Praktiken über und Entwicklung von Interkomprehensionskompetenzen wählt, ist sehr zugeschnitten. Sie beschreibt die Inhalte aus dem Profil und der Biografie und stellt eine konkrete Frage („Have you noticed any progress? “), die alle Befragten zustimmend beantworten. Schlussendlich bestätigt sie durch diese Unternehmung folgende Effekte des Portfolios: • Wahrnehmung und Beschreibung des Lernprozesses und Sprachenlernst‐ rategien; • Förderung der Language Awareness; • Förderung der metalinguistischen sowie globalen Kompetenzen; • Wahrnehmung, dass Sprachenlernen natürlich ist (Hidalgo Downing 2012, 77-81). 85 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="86"?> Aus dem Projekt Evlang sind folgende Punkte für den Forschungsstand zum éveil aux langues-Ansatz (s. 2.3. in diesem Beitrag) innerhalb der Language Awareness festzuhalten: Die reale Diversität in der Gesellschaft und in der Schule darf nicht ignoriert werden, sondern muss alle dazu anhalten, Solidarität zu entwickeln. An diesen relevanten Punkt greift Evlang an, indem es die Entwicklung einer sprachlich sowie kulturell vielfältigen und Vielfalt bejahenden Gesellschaft anstrebt. Das Projekt ist auf den Vor- und Grundschulunterricht ausgelegt, wobei die Motivation und offene Einstellung für kulturelle und sprachliche Vielfalt, die Entwicklung kognitiven und metalinguistischen Wissens über Sprache und das Sprachenlernen Ziel sind, damit Lernende ihr multilinguales und multikulturelles Umfeld annehmen und verstehen können (Candelier 2003, 20-21). Innerhalb der europäischen Mehrsprachigkeitsdidaktik erforschen Gou‐ moëns et al. (2003) für das Projekt Evlang das Cahier d’éveil aux langues. Es dient dem Festhalten von gemachten Erfahrungen und Erkenntnissen zu Sprache(n) und orientiert sich am Portfolio-Design (offen in der Anwendung, keine Bewertungs-, Auswahl- oder Darstellungsfunktion) mit vier Teilen: „Les langues que j’ai entendues […], Je trouve des textes écrits dans différents langues […], Les mots et les phrases que j’ai appris […], Mes découvertes sur les langues“, wobei der letzte Teil am Ende als Synthese entstehen sollte (Goumoëns et al. 2003, 52-54). Portfolios helfen als authentisches Lehr-, Lern- und Bewertungsinstrument dabei, sich ein Bild von sich selbst als Sprachenlerner_in und -sprecher_in zu machen (Hidalgo Downing 2012, 70). Das ESP zeigt sich vor allem hinsicht‐ lich seiner Form für die Selbstbeurteilung als förderlich, um mehrsprachige Kompetenzen und Aspekte für den Sprachlernprozess zu aktivieren, darunter die Language Awareness sowie reflexive Praktiken für die Wahrnehmung und Anwendung von Interkomprehensionskompetenzen (Hidalgo Downing 2012, 81). Aus der empirischen Studie geht somit hervor: „the programme has a clear language awakening effect in the sense that it breaks away from the barriers learners feel with unknown languages and awakens an awareness process regarding a series of skills of which speakers are unaware and do not normally use“ (Hidalgo Downing 2012, 82). Die Zielsetzung der Mehrsprachigkeit in Kombination mit den daraufhin entwickelten Anforderungen, Strukturen und dem Aufbau des ESPs sind somit Träger für die Förderung der Language Awareness. Daran anschließend verhilft das ESP durch die Lernendenautonomie, Curriculumsanpassung, die Fokussie‐ rung individueller Stärken und die Vernetzung von Lernen und Lehren dazu, die Language Awareness zu fördern; darunter der allgemeine Kontakt mit Sprachen 86 Lisa Marie Brinkmann <?page no="87"?> 7 Im éveil aux langues-Ansatz ist im Folgenden der Begriff der Language Awareness inbegriffen. außerhalb der Schule und auch der Abbau von Ängsten in Situationen, in denen Sprachen der gleichen Familie gesprochen werden (Hidalgo Downing 2012, 71). Oliveira & Anç- (2018, 252) sehen zusätzlich in der Kompetenzentwicklung in Sprachen und dem handlungsorientierten Ansatz Grundlagen hierfür. 5 Implikationen für die Förderung der Language Awareness mittels des Europäischen Sprachenportfolios Für die theoretischen Schlussfolgerungen wird unter Language Awareness die Auffassung der (europäischen) Mehrsprachigkeitsdidaktik gewählt 7 , d. h. dass das Sprachenlernen zur Vernetzung von Sprachkenntnissen, -erfahrungen und -kompetenzen, zum Spaß am Lernen, zur cultural awareness, zu einer positiven Haltung gegenüber Anderen/ anderen Sprachen/ anderen Kulturen und zum Verständnis der Bedeutung von Sprache beiträgt. Das ESP wird als Modell verstanden, es werden keine konkreten Formate aufgezeigt. Im Gegenteil, ein entsprechendes Format hinsichtlich der folgenden Schlussfolgerungen wäre zu entwickeln. In diesem Kapitel sollen zunächst von der Kritik der in Teil 4. dargestellten bestehenden Verknüpfungen (s. 5.1.) ausgehend Weiterentwicklungen vorge‐ schlagen werden (s. 5.2.). Die Theorie aus Teil 2. soll daraufhin auf einzelne Teile des ESPs bezogen werden (s. 5.3.). Die Darstellungen orientieren sich an der Struktur von Abbildung 2 - Language Awareness-Ebenen angelehnt an van Lier (1998, 136). 5.1 Kritik an den bestehenden Verknüpfungen Es ist unabdinglich und als positiv zu bewerten, dass das ESP die Förderung von Mehrsprachigkeit und Language Awareness als grundsätzliche Intention verfolgt. Insgesamt darf das ESP nicht als einziges oder isoliertes Element, das Language Awareness fördert, verstanden werden. An den Modellen aus dem empirischen Forschungsstand in 3. lässt sich dennoch allgemein kritisieren, dass keine Balance zwischen praktischen und theoretischen Ebenen im Sinne von van Lier (1998) gehalten wird. Aufgrund dessen werden im Folgenden die nicht berücksichtigten Ebenen in den Fokus gestellt. Das Cahier d’éveil aux langues zeigt vielversprechende Strukturen für den Aufbau eines auf Language Awareness ausgerichteten Portfolios, da es An‐ forderungsbereiche strukturiert, aber keine standardisierten oder im Vorfeld 87 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="88"?> festgelegten Antworten ersucht. Dabei nimmt es Bezug auf die theoretischen Ebenen in der Phase der „global intransitive consciousness“ (van Lier 1998, 137). Es kann dahingehend ausgebaut werden, dass die Förderung von Kompetenzen in den Vordergrund gerückt wird und Deskriptoren entwickelt werden, die es den Lernenden erlauben, sich Schritt für Schritt autonom mit dem Thema der Language Awareness zu befassen. Neben dieser globalen Bewusstheit müssen die praktischen Ebenen miteinbezogen werden, indem Teile des Portfolios bestimmte sprachliche Phänomene fokussieren und die Lernenden zur Vernet‐ zung von Theorie und Anwendung der Sprache angehalten werden, um diese bewusst nutzen zu können. Nur so können sie schlussendlich eine „critical consciousness“ (van Lier 1998, 137) entwickeln. Dem Ansatz von Hidalgo Downing (2012) mangelt es an Aufgaben, die die Language Awareness differenzierter fördern. Auf der theoretischen Ebene der „global intransitive consciousness“ (van Lier 1998, 137) zeigt sie, dass konkrete Arbeiten in Verbindung mit der Sprachenbiografie stehen, innerhalb derer über das Sprachenlernen und die -leistungen reflektiert wird. Im Einklang mit Reflexionen kann die Lernendenautonomie Lernende dazu anstiften, sich über ihr Sprachenlernen bewusst zu werden. Auf Ebene der „metaconsciousness“ (van Lier 1998, 137) stellt Hidalgo Downing (2012) die Selbstbeurteilung als entscheidenden Grund für die Förderung der Language Awareness und weiterer mehrsprachiger Kompetenzen dar, was kritisch zu bedenken ist. Selbstbeurtei‐ lung fordert einen reflektierten Umgang mit dem Sprachenlernen und den eigenen Sprachkompetenzen sowie Lernendenautonomie, wobei die emanzipa‐ torische Funktion der Language Awareness deutlich wird. Diese können nicht mit dem Beginn der Arbeit an einem Portfolio „mitgeliefert“ werden, sondern müssen im Unterricht entwickelt und weiter ausgebaut werden. Die Instruktion der Lehrkraft ist zwar nicht Ziel des Portfolioansatzes, aber dennoch notwendig, um die Language Awareness fördern zu können. Zudem findet die Reflexion allgemein über die Kompetenzen und nicht an konkreten Produkten statt, was auch kritisch gesehen werden kann, wie Schwarz (2010, 169-170) zeigt: Die Dreigliedrigkeit des ESP - Sprachenpass, Sprachenbiografie, Dossier - trennt, was zusammengehört. Die Beschreibung von persönlichen Sprachlernerfahrungen in der Sprachenbiografie, die viel an reflexiven Momenten aufnehmen könnte, geschieht in dieser Erscheinungsform isoliert von den ausgewählten Artefakten im Dossier und verführt in der Rastrierung der Vorlagen zu minimalistischen Sprachleistungen: Erreichtes wird aufgelistet, datiert, unterschrieben, bestätigt; Wörter - maximal Halb‐ sätze werden von den Lernenden eingefügt, aber Lerngeschichten, die lohnen gehört zu werden […] und die zudem persönliche Schreibstile und Denkweise repräsentieren könnten, entstehen so oft kaum. 88 Lisa Marie Brinkmann <?page no="89"?> Damit die Lernenden mithilfe des ESPs Language Awareness entwickeln können, benötigen sie Deskriptoren für die Beurteilung der entsprechenden Kompetenzen. Diese Reflexionen, die Hidalgo Downing (2012) im ESP konsta‐ tiert, entsprechen der theoretischen Ebene der technischen Steuerung von Sprache. Sprache wird bewusst erkannt; aber eben nicht praktisch genutzt. Für die praxisbezogene Ebene von Sprachen fehlt ihrem Ansatz der Aspekt der Wertschätzung aller Sprachen, in der der Angebotscharakter von Sprache zu unterstreichen wäre. Aber auch die sprachliche Vielfalt als eine kollektive und individuelle Bereicherung sollte wahrgenommen und die Rechte von Min‐ derheiten gewahrt werden. Dafür muss die Ebene der kritischen Bewusstheit aufgebaut werden. Generell sind zur Begegnung mit Sprache weitere Anhalts‐ punkte zu schaffen, die die soziale und ideologische Dimension von Sprache beleuchten (hier kann auch an die Macht- und soziale Domäne angeknüpft werden). Um dies zu erreichen, ist es grundsätzlich wichtig, zu unterstreichen, dass auch alle außercurricularen und außerschulischen Sprachen einbezogen werden können/ dürfen/ sollten, und ihre soziologischen und ideologischen Zuweisungen zu hinterfragen. Für die empirischen Ergebnisse aus 4. muss hinsichtlich der bisherigen Kritik verdeutlicht werden, dass noch weitere Kompetenzen und Wirkungen bei den Lernenden hinsichtlich ihrer Language Awareness entstanden sein können, ohne direkt sichtbar geworden sein zu müssen. Es bleibt daher abzuwägen, inwiefern die Methode von Hidalgo Downing (2012) des expliziten Erfragens aussagekräftig ist. Diese Aussagekraft ihrer Studie wird vielmehr über die Reflexionseinträge der Lernenden in ihren Portfolios gewährleistet, die die Förderung der Language Awareness bestätigen. Die Reflexionen zeigen, welche Language Awareness-Veränderungen bei den Lernenden durch die Portfolioar‐ beit aufgetreten sind. Das bedeutet, dass das Reflektieren zum eigentlichen Gegenstand geworden ist. Darauf sollte sich Language Awareness aber nicht beschränken, sondern die oben genannten Bereiche mit einbeziehen. Kritisch zu hinterfragen bleibt im Forschungskontext, wie Language Awareness und ihre Förderung überhaupt „messbar“ oder „kategorisierbar“ sind. 5.2 Weiterentwicklungen In den dargestellten und kritisierten Studien zur Verknüpfung des ESPs mit der Language Awareness bleiben die metalinguistischen Kompetenzen ausge‐ blendet, die im Folgenden im Sinne von van Lier (1998) eingebracht und weiterentwickelt werden sollen. Die theoretische Ebene der Language Awareness kann in einem ersten Schritt mithilfe des Aufbaus von metalinguistischem Wissen gewährleistet werden. 89 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="90"?> Die Lernenden können Inhalte der Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik entdecken, ohne linguistisches Fachwissen zu benötigen. Diese formalen Analysen können im ESP zu einzelnen Vorzeigedokumenten werden, die im Dossier eingelegt werden können. Die Lehrkraft kann Materialien wie Arbeitsblätter dafür vorbereiten und/ oder die Lernenden selbst erkunden lassen, aus welchen Komponenten Sprache besteht. Um die technische Steuerung und formale Analysen auszuweiten, können Sprachvergleiche (s. Behr und von Rosen in diesem Band) helfen, müssen aber nicht zwingend genutzt werden; die Fokussierung auf die Zielsprache des Fremdsprachenunterrichts bietet genügend Beispiele, um ein metalinguistisches Wissen aufzubauen. Mit der Fokussierung der Zielsprache kommt wiederum das Dossier des ESPs zum Einsatz, in dem die Dokumente, die in erster Linie in der/ für die Fremdsprache verfasst werden. Ein weiterer Schritt kann sein, die linguistischen Erkenntnisse zu verordnen und Bezüge zur Kultur herzustellen. Diese Verordnung kann im Sprachenpass des ESPs begünstigt werden. Denn die Sprache, die jemand dort zu verzeichnen hat, stehen in direkter Verbindung mit einer Kultur. Dieser Aspekt wird in 5.3. noch weiter ausgeführt. Damit erlangen die Lernenden allmählich eine „global intransitive consciousness“ (van Lier 1998, 137). Fließend können sie in die Phase der „transitive consciousness“ (van Lier 1998, 137) übergehen, in der es darum gehen sollte, die metalinguistischen Kompetenzen aufzubauen. Dabei können die Lernenden ein sprachliches Element ins Visier nehmen und analysieren. Aufbauend auf 5.1. können diese Punkte mithilfe von Reflexionen in der Sprachenbiografie exploriert und ihre metalinguistischen Kompetenzen mittels Kann-Deskriptoren überprüft werden. Allgemein sollten ein Gleichgewicht und Abwechslung zwischen der theo‐ retischen Auseinandersetzung mit Sprache und dem praktischen Nutzen der Bewusstheit bestehen. Um eine Brücke zwischen diesen Ebenen zu schlagen, können sich die Lernenden durch den Aufbau der metalinguistischen Kom‐ petenzen nun auf einer Metaebene mit der Anwendung und Rezeption von Sprache befassen. Dies verhilft ihnen dazu, sich über die Nutzung der Sprache bewusst zu werden. Teil des ESPs sollte die Reflexion darüber werden, wie das metalinguistische Wissen und die Kompetenzen den Lernenden beim Lernen weiterhelfen und angewendet werden können. Durch diese Reflexion können die Lernenden sich über ihre Sprachlernstrategien bewusst werden. Sie können zur Analyse der ihnen bekannten Methoden zum Sprachenlernen angeleitet werden und dabei diskutieren, mit welchen sie am besten lernen. Damit leitet die Reflexion über das Fremdsprachenlernen zur learning awareness und durchaus auch Language Awareness über. Beispielsweise könnte ein/ e Schüler_in reflek‐ tieren, dass er_sie besonders gut in kommunikativen Situationen Sprachen 90 Lisa Marie Brinkmann <?page no="91"?> 8 Es bleibt kritisch zu bedenken, dass das ESP nicht explizit auf interdisziplinären Unterricht ausgelegt ist. lernt, in denen er_sie sich ausprobieren kann. Sprachenbewusstheit kann hier konkret im kommunikativen Nutzen von Sprache, in der Bedeutung von kom‐ munikativen Kompetenzen oder von sprachübergreifenden kommunikativen Elementen (z. B. Gestik, Mimik, Visualisierungen, Interjektionen etc.) auftreten. Durch die Selbstbewertung im Rahmen des autonomen Arbeitens im Fremdspra‐ chenunterricht mittels des ESPs setzen sich die Lernenden damit auseinander, wie sie lernen und was ihnen beim Lernen hilft. Nach van Lier (1998) ermöglicht ihnen dies, ihre Sprache(n) und die Nutzung davon auf Ebene der Steuerung oder auch des Spiels zu verordnen. Um auf Ebene der theoretischen Kompetenzen die kritische Bewusstheit gegenüber Sprache in die letzte Phase überzuleiten, sind Analysen zur Hinter‐ fragung von sozialen und ideologischen Haltungen im sprachlichen Ausdruck denkbar. Die Lehrkraft muss dabei gewährleisten, das Hinterfragen zu initiieren, damit die Lernenden lernen, Kritik auszuüben. Nicht die Aufgabenerstellung, sondern die Reflexion darüber, was das Lernen beim Einzelnen ausgelöst hat, welche Kenntnisse sie dazugewonnen haben, welche Fähigkeiten sie da‐ durch entwickeln konnten und wie ihnen dies in ihrem weiteren (Sprachen-) Lernen hilft, ist Inhalt des ESPs. Die Auseinandersetzung mit Sprache auf einer Metaebene ermöglicht es, interdisziplinär zu arbeiten. So können aus so‐ ziolinguistischer Sicht die gesellschaftlichen Fächer wie Geschichte und Politik, aus anwendungsorientierter Sicht die künstlerisch-literarischen Fächer, aus syntaktischer Sicht gar Mathematik oder aus phonetisch-phonologischer Sicht Biologie mit dem Fremdsprachenunterricht, die Language Awareness mithilfe eines Portfolios fördert, vernetzt werden. Erkenntnisse können Dokumente für das Dossier darstellen 8 . Generell sollte den Lernenden die Transversalität von Sprache bewusst werden. 5.3 Schlussfolgerungen für den Fremdsprachenunterricht auf Basis der Kritik und Weiterentwicklungen Aus der Weiterentwicklung in 5.2. sollen nun Schlussfolgerungen und Per‐ spektiven für zusätzliche Weiterentwicklungen entstehen, die die Language Awareness auf theoretischer und praktischer Ebene mittels des ESPs poten‐ ziell fördern. Im Folgenden werden drei Konzepte hinsichtlich Abbildung 2 - Language Awareness-Ebenen angelehnt an van Lier (1998, 136). ausgelegt: die Wertschätzung von Sprache mittels des Sprachenpasses, die Wertschätzung von 91 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="92"?> Sprechenden innerhalb der Arbeit am Sprachenpass und Mehrsprachigkeit, die sich im Dossier zeigt. Es kann innerhalb der sozialen Domäne ein Gefühl für die Wertschätzung der sprachlichen Vielfalt und für Solidarität entstehen. Um die sprachliche Vielfalt wertschätzen zu können, ist es hilfreich, den Lernenden die vorhandenen Sprachen in der Klasse aufzuzeigen und damit die Diskursbewusstheit und das Verstehen des Angebotscharakters von Sprache zu fördern. Die Sprachen, die im Kontext des Sprachenpasses auftreten werden, sind Herkunftssprachen, Schul‐ sprachen, Zweit- und Fremdsprachen sowie Minderheitensprachen, wodurch der éveil aux langues-Ansatz eine maximale Auffassung der Spracheninklusion vertritt. Diesem Anspruch muss das ESP gerecht werden, besonders in Anbe‐ tracht der bestehenden Kritik, dass es nur europäische Sprachen einschließe. Dadurch, dass im Rahmen des Sprachenpasses direkt an den Sprachenerfah‐ rungen der Lernenden gearbeitet wird, ist es wahrscheinlich, dass die Herkunfts‐ sprachen der Lernenden nicht europäisch sind oder Minderheitensprachen darstellen. Sollte es sich um eine Klasse mit relativ homogenen Sprachenerfah‐ rungen handeln, so muss die Lehrkraft explizit - über die Fremdsprache oder die Schulsprache - über Minderheiten- und andere Sprachen, die im Kontext der Länder der Fremdsprache stehen, aufklären. Ein Ansatz dafür ist auch die Hinterfragung der Varietäten einer Sprache und das Ergründen, welche davon als Fremdsprache (warum) gelehrt wird. Daneben fassen alle Schüler_innen mithilfe des Sprachenpasses ihre Sprachenerfahrungen zusammen. Die Vorstel‐ lung dieses Sprachenpasses in der Klasse, bei denen es ihnen freigestellt werden kann, ob und auf welche Sprache sie sich in ihrer Kurzpräsentation fokussieren, trägt dazu bei, die sprachliche Vielfalt erlebbar zu machen. Es gibt mit großer Wahrscheinlichkeit Kinder, die monolingual aufgewachsen sind und nur die Schulfremdsprachen kennen. Es ist wichtig, den Lernenden zu vermitteln, dass die Präsentation keinen Wettkampf, wer die meisten Sprachen spricht, darstellt, sondern ein Impuls, der die Diversität im Klassenraum aufzeigt. An diesem Punkt wird die bewusste Nutzung von Sprache deutlich, die van Lier (1998, 137) als „metaconsciousness“ versteht. Das erste éveil über die Diversität in der Klasse - sichtbar im Sprachenpass - sollte insofern weiter genutzt werden, dass die Lernenden dazu angestiftet werden, zu hinterfragen, warum manche Kinder monolingual und andere mehrsprachig aufwachsen, und ob es Monolingualität überhaupt gibt. Diesen Diskursen, die in Partnerarbeit stattfinden können, sind keine Grenzen gesetzt, so dass sie auch zur „global intransitive consciousness“, „transitive consciousness“ und „critical consciousness“ hinleiten. Anspruch des ESPs ist die Entwicklung von Respekt gegenüber anderen Sprachen und Kulturen (s. 3.); Dies zum Teil der Identität der Sprachenlernenden 92 Lisa Marie Brinkmann <?page no="93"?> werden zu lassen, kann hinsichtlich der Diskursbewusstheit zu einer überge‐ ordneten Zielsetzung entwickelt werden. Im Rahmen des ESPs können sich die Lernenden über ihren Sprachenpass austauschen und dabei die unterschiedli‐ chen Sprachen und Kulturen, die dahinterstecken, entdecken. Der Anspruch des Ent-deckens kann mit dem Anspruch des éveils in Zusammenhang gebracht werden, d. h. die Lernenden machen individuelle Erfahrungen mit Sprache, so dass sie das bisher Verdeckte wahrnehmen und sich in einen bewussten, wachsamen Modus gegenüber Sprache begeben. Diese Ebene von Aufmerksam‐ keit, nach van Lier (1998) eine praktisch zu verordnende, spiegelt sich in der Arbeit am ESP. Die sprachliche und kulturelle Diversität wird zur Chance und zum eigentlichen Lerngegenstand im Unterricht und außercurriculare Sprachen werden explizit eingeschlossen; Grundsätzlich sollte die Lehrkraft von Beginn der Arbeit am ESP an, Kultur und Sprache als vernetzte Elemente vermitteln. Die Grundsteine für dieses Verständnis liegen in der Arbeit am Sprachenpass. Ein nächster Schritt kann die Reflexion und allgemein die Bearbeitung von Materialien zur Entwicklung interkultureller Kompetenzen sein. Rückschlie‐ ßend auf die Förderung der Language Awareness bedeutet dies, dass das ESP zur Vermittlungs- und Dokumentationsinstanz für die Wertschätzung von Sprachen- und kulturellen Identitäten auf individueller und gesellschaftlicher Ebene wird. Generell ist bedeutsam, dass das ESP die Möglichkeit bietet, éveil aux langues und Language Awareness prozesshaft und integrativ zu entwickeln und dass mehr als ein einmaliges Erwachen bezweckt wird. Zusätzlich dazu muss die Balance zwischen den theoretischen und praktischen Ebenen der Language Awareness gehalten werden. Die éveils im Sprachenpass können sich sowohl mit dem Angebotscharakter von Sprache auf der praktischen Ebene, aber auch mit einer Diskursbewusstheit und auch kritischen Bewusstheit verbinden lassen. Insgesamt ist es für die Förderung der Language Awareness wichtig, dass die Lernenden individuell für sich wahrnehmen, was Sprache ist, was sie bedeutet und was sie individuell für sie bedeutet. Dies und die Frage, ob Bewusstheit überhaupt unterrichtet werden kann, können mit der Lernendenautonomie, die das ESP fordert und fördert, ergründet werden. Denn da Language Awareness einer individuellen Sensibilität zugrunde liegt, mutet das Lernendenautonomie fördernde/ fordernde ESP an, als Lehr- und Lerninstrument passender als indi‐ vidualitätsmindernde Unterrichtsformen wie der Frontalunterricht zu sein. Um die affektive Domäne der Language Awareness zu berücksichtigen, gilt es, sich selbst als Sprachenlernende_r oder -sprechende_r wertzuschätzen. Entdeckungen und Erkenntnisse dazu werden am Anfang die Form eines éveil annehmen, die Bewusstheit wird sich über die gesamte Auseinandersetzung mit Sprache und dem Sprachenlernen im Laufe der Arbeit am ESP und darüber 93 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="94"?> hinaus entwickeln. Die Wertschätzung von Sprache vollzieht sich demzufolge auf allen Phasen nach van Lier (1998). Bspw. wird die „global intransitive consciousness“ (van Lier 1998, 137) dadurch angeregt, dass die Lernenden dazu angehalten werden, direkte Verbindungen zu ihren kulturellen Erfahrungen zu schaffen. Dazu dient der Sprachenpass im ESP. In ihm wird nicht nur individuell an den bekannten Sprachen gearbeitet, sondern auch an spezifische Erfahrungen oder Einstufungen, die damit einhergehen. So wird zu den Phasen der „metaconsciousness“ und „critical consciousness“ (van Lier 1998, 137) über‐ gegangen. Die individuelle Arbeit steht im Zusammenhang mit der sprachlichen und der damit verbundenen kulturellen Identität. Die Wahrnehmung dieser so‐ zialen Domäne kann sich mit der praktischen Bewusstheit über Sprache decken und kritisch hinterfragt werden. Denn in der Bearbeitung des Sprachenpasses können Verknüpfungen von sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen den Lernenden bewusstwerden, da nicht Sprachen, sondern Sprachenerfah‐ rungen (auf der Performanzebene einordbar) zusammengefasst werden. Der Sprachenpass ist eine Zusammenfassung der Sprachenerfahrungen, die aber kontextualisiert werden sollten. An dieser Stelle können soziologische und ideologische Hinterfragungen angebracht sein. Jede_r Lernende_r wird dazu angehalten, ganzheitlich über seine_ihre Identität als Sprachenlerner_in zu reflektieren, wobei er_sie auch auf sensible Themen wie Sprachenlernen im Kontext von Migrationserfahrungen stoßen kann. Die Arbeit an der eigenen Identität bedeutet, sie in erster Linie versuchen zu erfassen und zu analysieren. Dabei ist die Language Awareness vor dem Hintergrund, eine Sprache zu lernen, auf die individuelle Mehrsprachigkeit vom/ von der Schüler_in gerichtet. Dies wird im Sprachenpass zum Thema. Die Arbeit am Sprachenpass ordnet sich grundsätzlich der Pädagogik der Vielfalt unter und geht offen und positiv mit Heterogenität um. Zudem kann das ESP als Reflexionsinstrument der Identi‐ tätsarbeit auf individueller Ebene einen Rahmen geben und ausschlaggebend für Austausche über solche sensiblen Erfahrungen sein und/ oder Diskussionen reflektierend dokumentieren. Mehrsprachigkeit im Kontext der Pluralen Ansätze ist der aufgezeigte Rahmen der Language Awareness. Im Sinne von van Lier (1998) wird dies durch die Vernetzung von theoretischen und praktischen Ebenen angedacht. Auf der praktischen Seite steht der Angebotscharakter von Sprache, der sich im ESP klar im Dossier zeigt. Dieses sollte nicht nur einsprachig entstehen, sondern mehr‐ sprachig, wobei die Lehrkraft einen Fokus auf die Fremdsprache legt, wenn das ESP im fremdsprachlichen Unterricht entsteht; Authentisches Sprachenlernen und die Anwendung dessen stehen jedoch im Kontext mit anderen Sprachen, bspw. bei der „Sprachmittlung“ (Reimann 2014). Der praktische Umgang mit 94 Lisa Marie Brinkmann <?page no="95"?> Sprache wird mit der technischen Steuerung auf Ebene der theoretischen Wahrnehmung und Bewusstheit erweitert. Über Sprachvergleiche und Mehr‐ sprachigkeit, die dem holistischen Fremdsprachenlehren und -lernen dienen sollen und Leerstellen zwischen einzelnen Sprachen überbrücken, können die Lernenden im Dossier ihre Leistungen in und über (Fremd-) Sprachen darstellen. Dazu zählen Aufgaben, die ihre metalinguistischen Kompetenzen zeigen, und deren verbindendes Element immer die Sprache ist. Insgesamt kann das Dossier also dazu genutzt werden, Aufgaben zur Language Awareness zu dokumentieren. Im Sinne der „metaconsciousness“ (van Lier 1998, 137) liegt die Förderung der Language Awareness damit nicht nur in der Bearbeitung der Aufgaben, sondern darin, dass ihnen die Relevanz zugesprochen wird, Teil des Dossiers zu werden. Das Potenzial des ESPs ist hierbei, dass alle Materialien überarbeitet werden können, bevor sie in das Dossier eingelegt werden. Die Lernenden können Hypothesen aufstellen und revidieren, sie können Fehler machen und aus der Korrektur lernen und dennoch am Ende ein Dokument im Dossier aufweisen, das den besten Stand ihrer Arbeit an der Entwicklung ihrer Language Awareness zeigt. Damit kann sowohl der Phase der „global intransitive consciousness“ als auch der „transitive consciousness“ (van Lier 1998, 137) gerecht werden, da Sprache allgemein bewusst wird, gleichzeitig aber auch einzelne Elemente davon fokussiert werden und Aufmerksamkeit gefördert wird. Das Dossier kann somit die Performanz- und kognitive Domäne der Language Awareness integrativ zum Ausdruck bringen. Zudem kann die Praxis- und die Theorieebene miteinander vernetzt werden, da authentische Auseinandersetzungen mit Sprache stattfinden, denen das ESP als authentisches Bewertungsinstrument gerecht wird. Die Mehrsprachigkeit der Lernenden wird berücksichtigt und sie selbst sind dazu angehalten, ihre Language Awareness im Kontext der Mehrsprachigkeit in den Dokumenten ihres Dossiers zu berück‐ sichtigen und zu erkennen. Damit wird der „metaconsciousness“ (van Lier 1998, 137) gerecht. 6 Ausblick Ein Schlüssel in der Förderung des Sprachenlernens liegt in der Förderung der Language Awareness als tragendes Element der Mehrsprachigkeitsdidaktik. In der Förderung von Reflexion, metalinguistischen Kompetenzen, der Wertschät‐ zung von Sprache(n) und Sprechenden sowie der Arbeit mit Mehrsprachigkeit kann das ESP Language Awareness auf allen Ebenen nach van Lier (1998) fördern. Die Verknüpfungen der Language Awareness mit dem ESP können wie folgt gefasst werden: 95 Das Europäische Sprachenportfolio als Spiegel von Mehrsprachigkeit <?page no="96"?> • Der Sprachenpass dient als potenzielles Element und Aufhänger für Reflexionen über Sprache und Kultur und der eigenen Sprachenidentität. • Die Sprachenbiografie dient vermeintlich der Reflexion über Sprache. • Das Dossier dient vermeintlich dem Festhalten von Language Aware‐ ness-Erkenntnissen. • Das ESP dient als potenzielle gesamte Zusammenfassung und Vermitt‐ lungsinstanz für das Sprachenlernen - und damit auch für die Language Awareness sowie als Förderung von Autonomie und damit einhergehend von individuellen Language Awareness-Prozessen. Grundsätzlich wurden in diesem Beitrag die Potenziale aufgezeigt, die das ESP für die Förderung der Language Awareness vorweist. In diesem Kontext bleibt zu bedenken, dass das Portfolio nicht alle Funktionen im vollen Maße erfüllen kann, sondern zahlreiche weitere Faktoren dafür ausschlaggebend sind. Dementsprechend muss ein Ausblick auf Konkretisierungen zu solchen Faktoren, die bedeutsam sein können, gegeben werden, um die Potenziale auf Sachverhalte zu präzisieren. Letztendlich ist die Umsetzung in der Praxis ausschlaggebend dafür, ob und wie die Potenziale genutzt werden. Auszuweiten sind die Erkenntnisse dieses Beitrags auf ein didaktisches Modell, d. h. die Entwicklung eines möglichen Beispiels für den Einsatz vom ESP im Schulunterricht zur Förderung der Language Awareness, angepasst auf eine Klassenstufe, oder auch die Entwicklung eines entsprechendes ESP-Formats für eine Akkreditierung. Dabei muss bedacht werden, dass das ESP immer nur einen Rahmen gibt und keinen konkreten Unterrichtsinhalt ausmacht oder vordefiniert. Es bleibt des Weiteren zu diskutieren, wie die Lehrkraft am besten im Rahmen der Arbeit am ESP interagiert und lehrt. Schlussendlich sollte so wie Young (2018) kritisch hinterfragt, ob Language Awareness unterrichtet werden kann, auch hinterfragt werden, wie weit Language Awareness im Kontext des autonomen Lernens gefördert werden kann. 7 Literaturvezeichnis Armand, Françoise / Dagenais, Diane / Nicollin, Laura. 2008. „Section 1: La dimension linguistique des enjeux interculturels: De l’éveil aux langues à l’éducation plurilingue“, in: Éducation et francophonie, 36(1), 44-64. Ayan, Didem / Seferoğlu, Golge. 2011. „Using electronic portfolios to promote reflective thinking in language teacher education“, in: Educational Studies, 37(5), 513-521. Ballweg, Sandra. 2019. „Portfolio im Kontext von Mehrsprachigkeit“, in: Fäcke / Meißner 2019, 130-133. 96 Lisa Marie Brinkmann <?page no="97"?> Ballweg, Sandra / Kühn, Bärbel (ed.). 2019. 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There were more than 250 Aboriginal Languages before the European arrival. The Dutch first arrived in the 16th century but did not settle. Australia has been a migrant society since 1770 with Captain Cook’s European discovery of Australia. At the time of Cook’s arrival, Australia’s Aboriginal population was about 400,000, who spoke more than 290 Aboriginal languages. The First Fleet from England arrived at Botany Bay in New South Wales in 1788, carrying more than 1,300 people from Britain and British colonies. This also established a British colonial government in Australia. From what we knew of the early records, the First Fleet already included passengers from culturally and linguistically diverse backgrounds, including the West Indies, Africa and India. The early European migrants mainly came from Britain and Ireland (Maxwell-Stewart, 2010). The gold rush in the 1850s and 1860s saw diverse migrants from Continental Europe (many of them German), China, the United States, New Zealand and the South Pacific. When the colonial government was established as the Commonwealth of Australia in 1901, migration was restricted and awarded based on race. However, British citizens were encouraged to move to Australia and many received free passage through the assisted migration scheme. At the time, the Australian Government also tried to limit non-British migrant intake. Yet, the slow natural population growth meant that Australia could not meet with the estimated two per cent annual growth to prevent ‘enemy’ from populating Australia. The Department <?page no="104"?> of Immigration was set up by Prime Minister Ben Chifley in 1945 to encourage and cope with an annual immigration of 70,000 for that purpose (Migration Heritage Centre 2010). In 1947, the Australian government agreed to accept at least an annual intake of 12,000 post war European refugees, and Poles, Yugoslavs, Latvians, Ukrainians and Hungarians became the new Australians. Over the next two decades, migrants from Netherlands, Italy, Austria, Belgium, West Germany, Greece, Spain, United States, Switzerland, Denmark, Norway, Sweden and Finland arrived. By 1961, eight per cent of the population was not from Britain. At this time, migrants to Australia were predominantly European. It was only after 1973 that migration was relaxed and was more accessible to people of non-European backgrounds. Refugees from East Timor, Vietnam, China and the Middle East arrived in the late 1970s and 1980s. The John Howard Government in the mid-1990s, however, brought in a “point-based” assessment system that favoured skilled migration. Applications were assessed by skill, education level, employment experience and proficiency in English. At the same time, there was also a large increase in temporary visa for businesses and overseas students. These categories of visas opened doors for migrants from New Zealand, China, South Africa and India. The much smaller intake of humanitarian migrants was reserved for people in conflict zones, such as Sudan, Afghanistan, Iran and Syria. This very short history of migration in Australia shows that people of diverse cultural and linguistic backgrounds have lived in Australia for over 200 years. It is possible to say that our migrants are our starting point in discussing multilingualism in Australia. But the migration history and British colonial rule also shaped the development of multilingualism under the dominance of English. 2 Multilingual Sydney Sydney is the most culturally and linguistically diverse Australian city. Ac‐ cording to the 2016 Census survey, among the population of 4.82 million, 36.7 per cent were born overseas - a figure much higher than the national average of 26 per cent. Among all residents of Sydney, 35.8 per cent speak a language other than English at home, again, much higher than the 20.8 per cent national average (ABS, 2017). The language question (Question 16) in the census survey only asked if the respondent speaks a language other than English at home, but it did not ask about the use of languages in the workplace or in public. If responding yes to speaking a language other than English at home, the 104 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="105"?> respondent could nominate only one language. This single-nomination means many multilingual residents had to make a decision about their language use. Though only home-use of languages was asked, Clyne (2003, 22) argued that “if a language is not transmitted in the home, it is not likely to survive another generation”. Among the speakers of languages other than English, 44 languages were used by more than 5,000 speakers. The top five languages were Mandarin (4.7 per cent), Arabic (4.0 per cent), Cantonese (2.9 per cent), Vietnamese (2.1 per cent), and Greek (1.6 per cent). Italian (1.3 per cent) was only placed seventh. The Indian language group (4.5 per cent) is the fastest growing group with Hindi (1.3 per cent), Punjabi (0.6 per cent), Bengali (0.6 per cent), Urdu (0.6 per cent), Tamil (0.6 per cent) and other Indian languages. The top languages spoken in Sydney show the shift in migration. The languages of post-war European migrants, including Greek and Italian, have declining shares among the non-English speaking the population. However, Asian and Middle Eastern languages are increasingly dominant. Another emerging trend was the growing communities of Spanish and Portuguese speakers, who were more likely (to immigrate from/ arrive from/ come from) from South America than from Europe (Benson & Hatoss 2019). The linguistic diversity in the general population of Sydney is mirrored by diversity at schools. At the New South Wales (NSW) state level, in 2019, 35.9 per cent of all government students came from homes where a language other than English was spoken. Twelve years ago in 2007, it was only 27.6 per cent. The composition of the language backgrounds has also changed considerably over the decade. In 2007, the top five language groups were: Chinese (18.2%), Arabic (12.9%), Indian Languages (7.9%), Vietnamese (6.4%), and Greek (4.4%). In 2019, the top five languages were: Indian Languages (19.3%), Chinese (15.5%), Arabic (13.6%), Vietnamese (5.8%), and Filipino/ Tagalog (3.5%). It is quite clear that in the last decade, the language backgrounds among the younger generations have shifted to being predominantly Asian and Middle Eastern (NSW Department of Education 2007, 2020). While currently more than one-third of students came from homes where a language other than English is spoken, the NSW teaching workforce is drastically different. According to the most recently available profile, only 2 per cent of initial teacher education students are of non-English speaking backgrounds (Watkins, Lean, Noble & Dunn 2013). Watkins and her colleagues (2013) surveyed 5,128 NSW public school teachers, or about 10 per cent of the teaching population. Among the accredited in-service teachers, 88 per cent were born in Australia and 86.5 per cent nominated English as their first language. Only 10.9 per cent of the in-service teachers had a language background other 105 Multilinguism at school <?page no="106"?> than English. The teachers also had very different linguistic profiles. For those who claimed proficiency in languages other than English, European languages were nominated: French (7.1%), German (3.5%), Italian (3.4%), Greek (2.9%), and Spanish (2 %). Hindi (2 %) was the only top Asian language nominated by the teachers. This data clearly shows that the teaching workforce is very different from the student population, and a less diverse workforce is less receptive of languages education (Forrest, Lean & Dunn 2017). In the following sections, we will further examine the alignment of the educational system and curriculum to the students’ cultural and linguistic diversity. 3 Languages Education provision in New South Wales In April 1978, Prime Minister Malcolm Fraser made a most important national statement regarding multicultural policy (Fraser 1978). The statement estab‐ lished the new age of Australian multiculturalism, with key initiatives in pro‐ viding English language education to newly arrived migrants, the establishment of bilingual public services employees, and the development of multicultural and community language courses in schools. These initiatives have been interpreted differently by different state governments and education departments. This is especially obvious when it comes to the provision of community language courses in schools (Figure 1). In New South Wales, it is clear from early childhood education that lan‐ guage education is not mandatory. All NSW children start formal schooling, kindergarten, at age five, then followed by six years of primary and secondary education respectively. In NSW, the only mandatory language education for all students is 100 hours of languages in Year 7 and/ or 8 (Secondary 1 and/ or 2). And the provision of languages education at primary level will likely be based on popular Higher School Certificate (HSC) language subjects such as Japanese, French and Chinese (Figure 1). Although there are about 24 languages available for HSC candidates, it is not clear that students will be able to choose freely. The provision at school level is highly limited by the availability of language teachers and the number of student enrolments, and we will discuss this in the following section. 106 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="107"?> Figure 1 Language provision in New South Wales 4 Language provision in early childhood and primary years In early childhood learning centres and in kindergarten, the Australian Govern‐ ment provides a free language learning app, Early Learning Languages Australia (ELLA). This program is funded by the Australian Government Department of Education and Training and managed by Education Services Australia. On the official website, it is claimed that ELLA is a “digital, play-based program that makes language learning engaging and interesting to preschoolers” (ELLA, 2019). The program offers thirteen languages, including Arabic, Chinese (Man‐ darin), French, German, Hindi, Indonesian, Italian, Japanese, Korean, Modern Greek, Spanish, Turkish and Vietnamese. ELLA is meant to support language learning before children formally start schooling in kindergarten. The program is freely available to enrolled preschools and early childhood centres, and the content is aligned with the Australian Early Years Learning Framework and the Australian Curriculum: Languages (Foundation - Year 2). However, the program takes a whole-school approach and each centre can only register for one language. The program is essentially an app and preschools have to download onto their own mobile devices for classroom use, although Education Services Australia provides additional materials and support. One feature emphasised by Education Services Australia is that teachers are not required to know the language students are learning because ELLA is a self-contained learning package. This appears to be the perfect solution 107 Multilinguism at school <?page no="108"?> for a culturally and linguistically diverse classroom. In a perfect world, if the teacher does not know the chosen language, s/ he can learn together with the students because the app content should be enough for language learning and teaching. However, this concept that the teacher’s content knowledge is irrelevant also poses a worrying trend. When language learning has not been taken seriously by the nation, a language learning app that does not require the teacher’s content input is potentially dangerous. This may demote the importance of teacher professional training for language teaching, and it suppresses the opportunity for recruiting community language teachers when an app is assumed to be able to fulfill the pedagogical role. Critics have argued that without enough accredited community language teachers, ELLA is the best alternative to provide language learning experiences. However, this is a circular argument as the introduction of ELLA provides an official reason for not needing a language teacher in the classroom, it will not motivate additional investment into language teacher training (Chik, Benson, Forrest & Falloon 2019). It is clear ELLA is designed to be used only in the classroom as access to the app is limited only to enrolled preschools. The general public, parents, and teachers from non-enrolled preschools are only allowed access to the demo version with limited functions. In essence, parents have to ask teachers for permission to access the learning materials. This is a situation where parents do not have control over their children’s learning. The public also have no access to learning materials that are funded by the government and via taxpayers’ money. There is also no justification that the app is pedagogically more superior and it can replace language teachers in the classroom. ELLA is designed for classroom use but parents are encouraged to discuss learning progress with their children. In the family edition of the app, parents are advised to do the following: • go to places where they may be exposed to the language or culture, such as grocery stores or restaurants or special cultural events, celebrations or festivals; • share your language and culture with your child’s preschool (ELLA 2019). The suggestion that languages other than English are separated into special spaces conveys the message that these languages are not (seen as playing an active part/ being actively encouraged…) in the home. The allocated spaces (e.g. grocery stores and restaurants) also suggest that languages other than English are not in students’ everyday lives or neighbourhood, but they are going ‘somewhere else’ to experience something more exotic. The spatialization of languages other than English also reinforces an ‘us-them’ dichotomy - as in 108 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="109"?> the concept of we speak English at home but somewhere else other people speak other languages. The ELLA app goes on to suggest that when parents share their languages, they should • cook a traditional food; • read or tell a story or teach a song in your home language; • loan artefacts, clothing, music, souvenirs, postcards, books to the pre‐ schools to display or use, from the culture of the language at the preschool or from your own culture; • teach the children a traditional dance or demonstrate a cultural art technique; • tell the children about special cultural events, celebrations or festival (ELLA 2019). The instructions to parents support the idea that there is a stronger emphasis on culture than language. Parents have not been encouraged to teach simple vocabulary or expression, but food, music and dance are prioritized above these language skills. Though we are dealing with preschoolers, and the parental advice was given from a government-funded language learning app, there is no positive encouragement for parents to teach the language to their children. This also does not acknowledge the languages use by the family and friends. Again, it can be said that the app is reinforcing the idea that the responsibility of language teaching is best left to the school. However, in this case, the teachers do not even need to be fluent in these languages. ELLA was only rolled out in 2015 to a small number of pilot early childhood learning centres, and then nationally in 2017. In 2018, about 2500 learning centres and 80,000 students used the app, but it is too early to assess its impact. 5 Language provision in primary years The Australian Government has invested in languages education through the ELLA program, and the Australian Curriculum places Languages Education as one of the key learning areas. Only 30 - 40 % of government and Catholic pri‐ mary schools in New South Wales provide Languages Education, and languages education is also more likely to be offered in Sydney metropolitan areas. Over the last twenty years, the language participation among primary school students has dropped drastically from 38.6 per cent in 1998 to 19 per cent in 2008 and finally to 16.5 per cent in 2017. At the time of completing this chapter, the statistics for 2018 were not available (Table 1). 109 Multilinguism at school <?page no="110"?> NSW Primary school students 1998 2008 2017 Language participation 174,716 81,480 80,222 Total enrolments 452,568 428,331 484,645 Participation rate 38.6% 19.0% 16.5% Table 1: Language participation of primary students in NSW (Source: Department of Education 2018) This decline is a worrying trend, especially when the figure of 80,222 for 2017 already included data from the K-6 Community Languages Program and the K-6 Languages Program. Currently, about 33,000 students are learning their community languages through the K-6 Community Languages Program. This program runs during after school hours or on weekends for students to learn their home languages. Many of the students drop out before Year 6 (Cruickshank, Ellsmore & Brownlee 2018) when many will be preparing for the entrance test to selective high schools. When discounting the number of Saturday non-compulsory school attendance, it means that fewer than 50,000 primary students are taking languages in mainstream school, and this is only slightly above 10 per cent of the total student enrolments from Primary 1 to 6. Though the Australian Curriculum specifies Languages as a key learning area, state and territory governments have the authority to adapt and implement the curriculum as they see fit. Similar to Tasmania, New South Wales does not have language requirements for primary education; this is encouraged, but not mandated (NSW Department of Education 2019). The lack of follow-through from kindergarten to primary school projects a clear signal to both students and parents that languages education is not an important component of the curriculum. Primary Schools Secondary Schools New South Wales Not required 100 hours within 1 year (Years 7 - 8) Australia Capital Territory 60 mins / week for Years 3 - 6 150 mins / week for Years 7 - 8 Northern Territory 75 mins / week for preschool to Year 6 (recommended) Not required 110 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="111"?> Queensland 75 - 85 mins / week for Prep to Year 6 120 mins / week for Years 7 - 9; 120 mins / week for Year 10 South Australia 80 mins / week for Foundation to Year 7 128 mins / week for Years 8 - 10 Tasmania Not required Not required Victoria 150 mins / week for Year 1 - 6 150 mins / week Western Australia 0 - 120 mins / week Pre-primary to Year 2 (recommended) 120 mins / week Year 3 - 6 120 mins / week for Year 7 - 8 0 - 120 mins / week for Year 9 onwards (recommended) Table 2: Language education provision in Australia (Chik 2019) 6 Language provision in secondary years The provision of languages in secondary school is slightly more complicated as it is distributed across three domains: mainstream schools, NSW School of Languages, and Saturday School of Community Languages. In mainstream schools, the only mandatory requirement for schools is a provision of 100-hours of languages education in one school year in Stage 4 and/ or 5 (Year 7 - 10). It is advised that schools provide the teaching in Stage 4 (Year 7 and/ or 8). School principals are free to decide on which languages are to be provided, but the provision usually aligns with what is already being offered for Higher School Certificate in Year 11 and 12. And, more than one language can be taught within that 100 hours. The anecdotal stories from students from pre-service teacher education programs show that they only had very vague memories of actually being taught these languages. With only 100 hours of languages education, which translates to less than 75 minutes per week over a school year, it can be surmised that this is insufficient for students to realistically achieve any significant level of proficiency in the language taught. Subsequently, the weak foundation in language skills also discourages students from continuing study in Year 9. NSW School of Languages offers language courses to Years 9 to 12 students in 12 languages other than English (Chinese, Italian, Modern Greek, French, Japanese, Portuguese, German, Korean, Russian, Indonesian, Latin and Spanish). These courses are usually offered in school as foreign languages, but in some schools, there may not be enough enrolment to run a language course. And 111 Multilinguism at school <?page no="112"?> students from rural areas also may not have access to language education from their schools due to limited student enrolment and teaching personnel. Instead the students have the opportunity to attend the NSW School of Languages as they offer both face-to-face and blended teaching. The NSW School of Languages is open to students of all cultural and linguistic heritage backgrounds. For students who would like to study their home languages from Year 7 onward, they can attend the Saturday School of Community Languages. The school offers courses in 26 languages, but a student can only choose to study the language of his/ her heritage. For instance, a Chinese student cannot attend an Arabic course, thus even if Arabic is the only language he wants to learn, he can only choose Chinese (Mandarin). In addition to the foreign language courses offered by NSW School of Languages, the Saturday School of Community Languages offers courses in Arabic, Armenian, Bengali, Croatian, Filipino, Hindi, Hungarian, Khmer, Macedonian, Maltese, Persian, Polish, Punjabi, Serbian, Turkish, Ukrainian and Vietnamese. 1968 1978 1988 1998 2008 2018 Stage 5 (Year 10) 50.2% 22.0% 18.1% 21.0% 14.6% 12.6% HSC 45.5% 14.8% 16.6% 15.4% 12.1% 9.1% Table 3: Students taking languages in Year 10 and HSC (Year 12) in New South Wales The division of students by language background is further evidenced in the school exit exam, the Higher School Certificate (HSC). The participation rate in continuing to learn other languages has declined dramatically in the last fifty years, so much so that the most current number is just 9.1 per cent (Table 3). The New South Wales number is also well below the national average of 12 per cent (Cruickshank et al. 2018). Among the HSC students who sat for a language examination, about 30 per cent were enrolled to sit for Beginners courses in which they start to develop some basic linguistic and intercultural knowledge and understanding of a language and its speech communities. Two reasons discourage students from taking community languages as their HSC language subjects. Firstly, students are streamed according to their heritage language background. Japanese is the most popular HSC language course, but a student of Japanese heritage language background will be streamed to take Japanese in Context. Language in Context courses ( Japanese, Chinese, Korean and Indonesian) are only applicable to students of specific language backgrounds, and they are not applicable to students of other language heritages. Students perceive that Language in Context is a more difficult subject, and it could be that 112 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="113"?> heritage language students frequently have various level of literacy competence. And, it should be noted that Language in Context only applies to Korean, Chinese, Indonesian and Japanese. There is no similar arrangement for other languages, even though there are sizeable populations of Italian, Greek, Arabic, and Vietnamese language backgrounds. Secondly, students are deterred by the university entrance scaling system. Students’ raw scores from their Higher School Certificate examination will be scaled to yield a weighted score for university entrance consideration. The HSC subject scares are scaled according to the performance of the course cohort across all other HSC subjects. This mechanism is meant to provide equity for students from disadvantaged background(s), but it has unintentional damaging effect on the uptake of language subjects (Cruickshank et al. 2018). Languages such as French and German are more likely to be taught in schools with better resources (e.g. private and church schools). The students from these schools are also more likely to achieve better overall HSC scores. Students taking languages such as Arabic and Chinese tend to come from lower socio-economic backgrounds and attend schools with more limited resources, two factors that have been found to have a negative impact on students’ HSC performance. Therefore a German student and an Arabic student may achieve the same raw HSC score, but because the overall Arabic course cohort is more likely to achieve lower HSC scores in other subjects than the French students’ cohort. Scores for Arabic may be scaled down. Students have thus opted not to take language subjects in order to improve their chance of admission to university. 7 Aboriginal Languages Within the scope of this chapter, it is only possible to briefly touch upon the sensitive and complex issues facing Aboriginal Languages in Australia today. Indigenous Australians traditionally consist of the Aboriginal and Torres Strait Islander peoples who descended from the original inhabitants dating as far back as 65,000 years. In the 2016 Census, 216,176 respondents in New South Wales declared they were of Aboriginal and/ or Torres Strait Islander heritage, this being the state with the largest Aboriginal population. Aboriginals and Torres Strait Islanders make up 3.3% of the entire Australian population (Australian Bureau of Statistics 2017). It is believed that pre-European contact there may have been in existence between 3,000 - 4,000 speakers (on average) for each of the 250 languages spoken, including 800 dialectical varieties (McConvell & Thieberger 2001). By 1990 it was estimated that approximately 90 Australian Languages still survived, 113 Multilinguism at school <?page no="114"?> but with a high rate of attrition as population aged. By 2001, of the 90 remaining languages, 70 % were judged as ‘severely endangered’, with only 20 spoken by all age groups and as few as 13 languages being spoken by children today (National Indigenous Languages Survey, 2005). Forrest (2017) maintains that for Australian Indigenous languages maintenance programs to be successful in the community and in schools these must be strongly community and familyfocused for any level of intergenerational transmission to occur. There have been many attempts to achieve Aboriginal linguistic preservation over the years through the restoration of surviving records, with some eighty combined education and bilingual programs being listed (Laughten 2000 cited by Steele 2019). One example of an extinct Indigenous language currently being reconstructed is the Ngarrindjeri language, spoken in southern South Australia, where the last fluent speaker died in the late 1960s. Using recordings and written records as a guide, a Ngarrindjeri dictionary was published in 2009, making it possible for the language to be spoken and taught today. However, the likelihood of language extinction appears to be a real threat. It cannot be emphasised enough that more must be done to implement and maintain Aboriginal Languages recovery and revival programs to keep the remaining languages alive. A few of these current programs will now be described which exist in community and school educational contexts (Simpson 2019). The then New South Wales Board of Studies (BOSTES, renamed NSW Edu‐ cation Standard Authority in 2017) acknowledges that the Aboriginal Languages K-10 Syllabus which originated in 2004 is still in its infancy, recognising the complexity of the task. This is complicated by the fact that Aboriginal languages being taught might be at separate stages of revival, with diverse Aboriginal community cultural approaches and school language programs at different levels of development. Each year NSW Education Standards Authority continues to develop their website to support teachers by providing examples of units of work, practical advice and shared school and community experience to encourage the further establishment of Aboriginal language programs across the state. An example of the kind of professional cooperation which can be fostered was a joint initiative between BOSTES, the NSW Department of Education and Training and the University of Newcastle in 1999 (NSW Department of Educa‐ tion 2007). This has resulted in a model for a school-developed context-based approach to teaching and learning in collaboration with teachers, Aboriginal education workers and local community members. Resources include extensive background research and advice, videos and teaching program guidance to assist Aboriginal language teachers in implementing the NSW Aboriginal languages 114 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="115"?> K-10 syllabus (NESA 2003). The more recent 2015 Australian Curriculum Framework for Aboriginal Languages and Torres Strait Islander Languages provides a comprehensive national curriculum document Foundation to Year 10 to implement and structure education (Australian Curriculum Assessment and Reporting Authority, ACARA). Today, Aboriginal Languages revival is regarded as one of the most important ways in which Indigenous groups can reclaim their history and positively build towards the future (Steel 2019). In the Sydney metropolitan area several programs will be described which are regarded as inspirational role models for future projects. These provide instruction in languages in Greater Sydney which include Eora (originally Biyal Biyal in earlier literature), Dharug, Kuringgai (in the north) and Dharawal (in the south). Outside Sydney, several languages are being renewed: Wiradjuri, Bandjalang, Gamilaraay and Gumbaynggir. At schools in New South Wales, five networks of Aboriginal communities, teachers and students work to provide locally and culturally appropriate languages education. One language revival program was established at Chifley College in Western Sydney between 2006 and 2010 (Steel 2019). This was a unique initiative to introduce the Dharug language to all students, not only Aboriginal students at the school, in conjunction with the NSW Board of Studies K-12 Aboriginal Language Syllabus. One of the many resources developed was the “Dharug for Little Fellows Dictionary.” Unfortunately, when the departmental funding for this pilot study ceased, the program failed to continue. Steel (2019) comments on the problematic nature of programs which collapse due to lack of leadership and insufficient funding, compounded by factors such as challenging material which requires considerable preparation time, commitment and teaching skills. A successful community program, which continues today, began in 2009 in the Sydney inner city suburb of Redfern which has a sizeable Aboriginal population. The Tribal Warrior Aboriginal Corporation created a mentoring program for local youth which was conducted by local community leaders together with the Redfern Local Area Police Command. Known as the “Clean Slate” program the emphasis was on developing self-esteem and positive values through sport, but was also strongly associated with learning about culture and heritage. Encouraged by this success, the “Redfern Lingo” program began to operate at the National Centre for Indigenous Excellence in Redfern with a weekly focus on grammatical features and vocabulary generally drawing on the original language sources recorded by Dawes (1791, sets cited in Steel 2019). One of the central aims is to avoid alienating children by using a non-threatening approach which includes songs and stick figures, and set aside 115 Multilinguism at school <?page no="116"?> formal monitoring of individual progress or homework. The only daily learning check is a final slide where children take turns matching Aboriginal and English vocabulary on two revolving wheels to sum up what they learnt during that lesson. Although attendance remains small with continued potential, this highly successful formula has been transformed into an online program with potential for continued progress in language resurrection (Steele 2019). Evidence of the roll-on effect of such programs can be seen in another sec‐ ondary language instruction program organised by the Augustinian Volunteers Australia (AVA) in Redfern 2016. This popular program is called “Lingo from the Block” and draws on a much younger Aboriginal primary school-aged population to participate in these language lessons. With the emphasis on having fun, classroom techniques are based on primary school methods, using flash card games, miming and repetition to teach children important Aboriginal language foundation skills which they can continue to develop through their schooling (Smith 2019). In regional Australian, coordinated Indigenous language classes across clus‐ ters of schools are becoming more prevalent with the future prospect of becoming as permanent in the Kindergarten to Year 12 curriculum as French, Cantonese or Japanese. These language revitalization programs such as the one at Dubbo West Public School combine the teaching of different languages with traditional song, dance, painting and storytelling. Local Elders and community members are invited into schools to contribute their knowledge of their culture and language, while younger generations are mentored to continue language revitalisation into the future. Technology has become increasingly useful in the teaching of Indigenous languages. Currently, there are a wide range of Aboriginal apps available on mobile phone and other keyboard devices. These resources cover numerous areas such as local cultural history, storytelling, language learning, dictionaries and games. One such example is FirstVoices which includes hundreds of Abo‐ riginal languages and teaches everyday skills through the medium of texting, typing, sending emails, creating documents and usage of social media. Another example is the NSW AECG app (Aboriginal Education Consultative Group Incorporated) which features four Aboriginal languages spoken in New South Wales, with plans to extend to others. The potential of these language learning apps is unlimited as they become available in schools, other institutions and better known across Aboriginal and non-Aboriginal communities nationwide. There is still a long road ahead, but as can be seen, Aboriginal cultural and language revitalisation continues to evolve at school and community level. A 116 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="117"?> steady stream of the many voices of the Aboriginal people are becoming more and more evident as central to the languages and culture of Australia today. Given the state of our languages education in New South Wales, we will now report findings from two projects implemented at university level to demonstrate the impact of limited language experience at school level on tertiary students through the use of language learning silhouettes and a survey. 8 Language learning silhouettes The first project on language learning silhouettes was part of an undergraduate course on literacy in a multilingual society for pre-service teachers. It was an elective, so students who took this course were self-selected and were interested in issues relevant to multilingualism in education and in society. As part of the assessment, students were asked to discuss their language learning and experiences and then each draw or colour a blank language learning silhouette. Students were also required to provide information on their experiences of language learning at home and in school, and an explanation of their language learning silhouettes. Ethics was approved by the university to conduct the action research and consents were obtained from students for academic publication. In total, 138 silhouettes and responses were elicited with consents, and the analysis provides an insight into the impact of the current language education policy (Table 4). 1. First (main) lan‐ guage spoken English = 105 English + other language = 7 One other language = 22 Two other languages = 4 2. Languages spoken other than English at home (sometimes more than one) 95 3. Heritage lan‐ guages learnt at school 5 To HSC (Year 12) level = 1 4. Foreign lan‐ guages learnt at school (Primary & Secondary School) 134 (often more than one language learnt per student over schooling) To HSC (Year 12) level = 4 117 Multilinguism at school <?page no="118"?> 5. Foreign lan‐ guages/ heritage language/ others learnt outside school Formal: Community lan‐ guage schools = 4 University = 7 Other tutoring courses = 2 Informal: Travel, friends, partners, sport, in‐ ternational student exchange, work, media (TV), music; technology = 27 Sign Language: 4 6. Monolingual speakers (no for‐ eign languages learnt at school) 8 Table 4: Analysis of Language Learning Silhouettes The results are taken from the language learning silhouettes of 138 third-year university students enrolled in the unit. Although 95 students listed heritage languages spoken in the home, 105 students identify their dominant first language as English. This seems to indicate how much heritage languages are lagging behind as spoken languages in school, further education, social groups, work and wider society. There appears to be an almost non-existent follow-through of heritage language learning from the home to school, with only five students reporting having learnt their home languages at some stage at school, and only one student reporting study of their heritage language to HSC level. This suggests the ‘invisibility’ or lack of recognition of heritage languages in formal schooling, with language fluency being retained mainly at an informal conversational level resulting in insufficient written language development, including vocabulary or grammatical skills. It is interesting to note that only four students reported studying their heritage languages at community language schools outside of school hours. However, it was not clear if the students were referring to learning at primary school level or at secondary school level. Although 134 instances of learning foreign languages are listed at Primary and Secondary School levels, students indicate that the teaching of these languages tends to be inadequate, resulting in poor language retention. This clearly demonstrated that the mandatory 100-hour of languages education at secondary level has a very low impact on students. Several students commented on the lack of opportunities to study another language of their choice at school. There is some attempt to compensate for this with students reporting learning other languages outside of schooling in a variety of different ways. Eight students reported their monolingual status, several of them com‐ menting on their feelings of disadvantage which having only one language 118 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="119"?> brings with it. One student pointed to their rural background as a factor, having attended smaller or inadequately resourced schools only and had no access to other language provisions. A valuable component of the language learning silhouettes is the reflective nature of this activity and the opportunity for students to articulate thoughts which they might not have been fully aware of. A notable finding is the lack of follow-through of heritage language learning beyond schooling and the limited number of students continuing to learn foreign languages at university/ tertiary level. One of the disadvantages of this is that future teachers who lack proficiency in speaking languages other than English will fail to benefit their students with this experience and knowledge in the multicultural and multilingual classroom. Our project on language learning silhouettes shows that many of these teacher education students have very limited experiences of language learning. However, these students will be entering classrooms that would clearly be culturally and linguistically diverse. Their students could also be learning English as an additional language. Many of our teacher education students begin their university study with only a vague idea of the meaning of ‘multiliteracy’ as it applies in the class‐ room. There is still a perception today that teaching in the diverse classroom largely relates to an acknowledgement of the students’ traditional multicultural backgrounds yet without much acknowledgement of their linguistic resources. One of the goals of this course is to expand beyond this narrow interpretation and expose our students to new and innovative ideas regarding bilingual and multilingual literacy in the classroom. To begin with, the course traces the history of multiculturalism in Australia and shows how we have moved from a traditionally monolingual society to include a rapidly growing mix of cultures and languages in society and in our schools. Despite this, the role languages play in developing literacy in our primary and secondary schools is still undervalued. There is inadequate attention paid to the presence of heritage, indigenous or foreign languages in the classroom. Languages spoken other than English are still largely ‘invisible’. It is a great pity that undergraduate students in teacher education programs are infrequently asked about their language repertoires which they could fruitfully utilise in their teaching practicums and future classrooms. Our unit aims to draw attention to these issues and empower our students with the knowledge and teaching tools to change this cultural and educational mindset. Students are given the skills to analyse the literacy and social needs of different language population groups in schools, with application of selected language models to develop both oral and written language skills, hand in hand. We 119 Multilinguism at school <?page no="120"?> also introduce our students to new and innovative language resources which utilise technology, such as bilingual language program apps and a range of other practical hands-on teaching strategies. Many of our students verbalise their regret for the loss of their heritage languages outside the home, or their poor retention of foreign languages learnt over short intervals in primary and high schooling. The opportunity to fill in the language learning silhouettes and discuss personal responses draws students together in a shared common experience. This encourages them to value their own language identities and develop their own strong philosophies and commitments to actively carry into their future classrooms. There is the recognition that our experience with language shapes and develop who we are, an inspiring and empowering message. 9 The inclusion of languages - what do our pre-service teachers think about multilingualism in Australia? The first project (Chik, Markose & Alperstein 2018) shows that many pre-service teachers have very limited language learning experiences. As educators, we were concerned because this could mean insufficient understanding of the challenges that English as an Additional Language/ Dialect students face in their everyday learning. In our second project, we expanded our work to gauge pre-service teachers’ perception of and attitudes towards multilingualism in Australia. The project was conducted with two cohorts in 2017 and 2018. A total of 707 completed sur‐ veys were collected from pre-service teachers in the Early Childhood, Primary and TESOL programs. The students responded to an online questionnaire as part of their course assessment. Ethics was approved by the university, and students gave their consent for academic publication. In this chapter, only responses from the first cohort (n = 281) are presented. Among the 281 responses provided by Early Childhood and Primary program students, 68 per cent stated that they were born in Australia and 70 per cent stated English as their first language. In this chapter, we will only report on the following open-ended questions from the survey: 1. Tell us about your language use at home. 2. Is it important for everyone to learn a foreign language? 3. Is Sydney a multilingual city? Students were free to provide their responses, which gave some insight to their understanding of everyday multilingualism. 120 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="121"?> Firstly for language use at home, there was a surprising link of speaking English, or the common language, as being Australian. (Excerpt 1) I use English - we always have and always will because it is the language in which we were all brought up on (F/ 22) (Excerpt 2) My family is Australian, therefore we all speak English. (F/ 20) (Excerpt 3) We only speak English. I have family members that have married into our family who speak other languages. (F/ 26) (Excerpt 4) My grandparents came from Malta, Poland and Scotland. However, due to my granddads passing my dad’s side, when i was a young child (2 years old), I was unable to learn Maltese. Also, even though my grandparents, on my mums side, know their native language (Polish/ Scottish), we still use English as our common language. (F/ 18) (Excerpt 5) My siblings and I only speak English however my parents, aunts and uncles, and grandparents can all speak Arabic (as well as English) and often speak to one another in this language when they are together, or when they do not want the children included in a private conversation. (F/ 20) Both Excerpt 1 and 2 gave the sense that there is no space for languages other than English. When the respondent for Excerpt 2 said ‘my family is Australian’, it appears to mean only ‘Anglo-Australian’ rather than the more diverse Australian. Excerpt 3 set the tone for ‘othering’ speakers of other languages, who ‘married into’ the family. And it is clear that languages other than English appeared to only belong to the ‘older’ generations who came to Australia from other countries. So languages other than English are assigned as historical and imported at the same time. And, then the question remains: Is it important for everyone to learn a foreign language? (Excerpt 6) I guess it depends on the individual, but learning a foreign language can make life easier when travelling or explaining things to a person (F/ 19) (Excerpt 7) It is not essential as many countries have signs and people who are able to speak other languages, but it would certainly be helpful in travels or trying to communicate with people from other countries. multinational businesses may also find value in someone who is able to speak in many languages in case they need to have a spokesperson for an overseas sector (M/ 22) (Excerpt 8) Yes, I think everyone should learn at least one language from primary school. It really does help your brain to accept and understand things easier, seeing things in a different light broadens our ideas and our thoughts. It helps to problem solve and to see other options and to be more malleable. (F/ 44) 121 Multilinguism at school <?page no="122"?> (Excerpt 9) I think so. I wish I knew a second or third language. I sometimes feel that I take the fact that english is so well known for granted. I feel like it’s an entitlement I haven’t earned and don’t really deserve (F/ 25) (Excerpt 10) No! there are plenty of people who only know one language and that has no impact on their lives. (F/ 29) (Excerpt 11) Not really, we have technology that allows us to translate words into most languages (F/ 19) In the previous section, respondents were ‘othering’ languages other than English into a historical space. When asked about learning a foreign language, we further witnessed the spatial allocation of languages. Languages other than English are perceived as useful for traveling, but not in Australia. The purpose of learning a language is then to use it somewhere else (Excerpt 6 and 7). We also have the more reflective thought (Excerpt 9), and also a pre-service teacher who takes a broader approach towards language learning (with recognition of its cognitive benefits) (Excerpt 8). The self-justifying attitude from Excerpt 10 is of concern, and hopefully technology will be helpful enough in the future for her to communicate with her students (Excerpt 11). Finally, is Sydney a multilingual city? The respondents provided some interesting insights. (Excerpt 12) No and yes, i believe the majority are bilinguals that speak English and their native language. As Sydney is a very multicultural base area, other families have an extended and diverse aspect that involve 2 or more countries in their background which whom can speak more than 2 languages. Although the number of bilinguals do outnumber the amount of multilingual individuals in Sydney (M/ 18) (Excerpt 13) Yes - Sydney is linguistically and ethnically diverse. In the eastern suburbs Russian, Ukrainian, Hebrew and Yiddish are frequently spoken. More signif‐ icantly, Sydney has large Greek, Arabic, Hindi, Mandarin and Cantonese speaking populations. (M/ 18) (Excerpt 14) Yes, our city is filled with numerous cultures that have migrated to Australia then followed by generations of that race. (F/ 22) (Excerpt 15) Sydney is a city where you can find people from all over the world, speaking many different languages. Some are immigrants while others are here temporarily, however, most have their stable ethnic communities here where they can interact and use their language publicly. In fact, we can tell which ethnic community we are in when bypassing certain suburbs, by the different shop signs and advertisements in that language. (F/ 29) In a similar vein, respondents reflect the attitude that English is synonymous with being Australian and people who came from other parts of the world 122 Alice Chik / Diane Alperstein <?page no="123"?> brought the languages into Australia (Excerpt 14 and 15). So in this sense, languages will always be exotic, but they are not native. These languages are also seen as localised to certain suburbs (Excerpt 13 and 15), perpetuating the idea of ethnic ghettos. But Excerpt 12 provides a fair assessment that for many people in Sydney, bilingualism is more common with English as the additional language. Of course, this may also be a simplification of language diversity to associate speakers of certain cultural heritage with only one language. 10 Conclusion This chapter briefly introduced the migration history of Australia to provide the background of the language policy development. While Sydney is a multi‐ cultural and multilingual city, the languages education policy is not aligned with Sydney’s multilingualism. Findings from our two research projects show that as a result of a weak languages education policy, pre-service students have very limited language learning experiences, and they also appear to show limited understanding of multilingualism. Certainly, this may only be one part of the bigger picture of our future teaching workforce, but it is something that should be addressed urgently if we want our teachers to be prepared for their increasingly diverse classrooms. 11 References Australian Bureau of Statistics. 2017. “Cultural Diversity in Australia, 2016” (https: / / www.abs.gov.au/ ausstats/ abs@.nsf/ Lookup/ by%20Subject/ 2071.0~201 6~Main%20Features~Cultural%20Diversity%20Article~60, 21/ 06/ 2019). Benson, Phil / Hatoss, Anikó. 2019. “Multilingual Sydney: A city report”, in: Chik / Benson / Moloney 2019, 13-25. Clyne, Michael. 2003. Dynamics of language contact: English and immigrant languages. Cambridge: Cambridge University Press. Chik, Alice. 2019. “Australia primary education bilingualism and multilingualism”, in: Ian Menter / Maria Teresa Tatto (eds.): Bloomsbury Education and Childhood Studies. London: Bloomsbury. Chik, Alice / Benson, Phil / Forrest, James / Falloon, Garry. 2019. What are languages worth? 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Although this paper deals with teaching Portuguese in a primary bilingual school in Germany, the teaching of Portuguese as a heritage language (henceforth PHL) is commonly conducted by associations and non-formal initiatives, particularly by parents who strive to provide their children with an environment that will help them maintain the cultural connection with their heritage language (Leaman, 2015). However, the proposal here is to understand the teaching of Portuguese as a heritage language beyond the family sphere, by fostering the development of pluricentric language teaching approaches. The notion of competence put forward in this article is based on two definitions that I consider complementary, the first of which “competences are the sum of knowledge, skills and characteristics that allow a person to perform actions” (Council of Europe 2001, 9) and the second is competence understood as performance, in Canagarajah’s words […] the ability of people to achieve communicative success is not the knowledge of norms, grammars, and conventions as a product. It is the procedural dexterity to emplace oneself in relevant social, material, and semiotic networks and engage strategically for one’s objectives, knowing that there is no unconditional success in communication. (Canagarajah 2018, 22) <?page no="128"?> 1 The interviews’ fragments were transcribed as literally as possible to what was expressed by the participants; the double-colon sign [: : ] was used to mark vowel lengthening; Ellipsis between square brackets […] were used to mark the suppressed parts of speech; a full stop (.) was used to mark a short pause; participants were always referred to as “he” in order to keep the informants’ identity confidential. Thus, in this article competence is comprehended as a strategy used by the subjects to make use of their linguistic repertoires to interact in communicative situations. The data reported in this paper come from a three-month ethnographic study carried out in a bilingual (Portuguese-German) public school in Germany in 2016. These data support the argument that the development of pluricentric language perception should be encouraged in learners since their very first con‐ tact with the language. The pluricentric language perception can be fostered in language teaching through the development of students’ interest, appreciation and contact with the diverse linguistic and cultural varieties of the Portuguese language. The research was of a qualitative nature, data being generated through participant observation during Portuguese classes, semi-structured interviews 1 , and questionnaires applied to the 30 research subjects (28 students and two teachers). The recordings of the Portuguese language classes correspond to two different grades (fourth and sixth), which were observed over three months. For the accomplishment of our research goals, the following instruments of ethnography research were used: i) field notes taken during the three months in which the observation of classes took place; ii) conversations and interviews with the research subjects; iii) analysis of categorized tables of available school documents, such as pedagogical planning, concept and school objective. In this chapter, I shall focus on eight different responses to the interviews conducted with students, in which they present their perceptions about the linguistic and cultural diversity of the Portuguese language, and on the field notes generated from the participant observation of the Portuguese language classes. The fragments chosen for this analysis, which refer to the students’ representations about the Portuguese language and, support the proposal of teaching Portuguese as a pluricentric language that will be presented and discussed in this chapter. Compared to other examples of Portuguese teaching in the diaspora (Pippo 2015; Lima-Hernandes & Ciocchi-Sassi 2015), the observed classroom practices already incorporated pluricentric principles in the teaching approaches. This can be observed, for instance, in the multiethnical background of this school, not only in what the students are concerned (the school comprises learners 128 Marília Pereira <?page no="129"?> from different Portuguese speaking countries, namely Angola, Brazil, Cape Verde, Mozambique and Portugal), but also in relation to the teaching staff (coming from Brazil and Portugal). The students who took part in this the study hold some sort of ethnic or familiar bounds with the Portuguese language. In this study, they will be regarded as Portuguese heritage language learners (PHLL). This article aims to present a possible approach to the teaching of Portuguese as a pluricentric language for PHLL. The insights into this proposal emerged through interviews with students participating in the research. The article is structured as follows. The first section briefly introduces the basic concepts of this paper. The second one deals with linguistic diversity as an element acquired intuitively through contact with diversity. The third one presents data demonstrating that the appreciation for a wider spectrum of linguistic varieties is a crucial factor for the development of a pluricentric language competence. It is in this context that intralinguistic diversity should be presented. Finally, I suggest a pluricentric language competence framework for the teaching of PHL in which the construction of both linguistic and cultural identity is an essential motivational aspect of the learning process, and an aspect that can boost Portuguese as a global language. 2 On Heritage and Pluricentric Languages The term heritage language (HL) has been conceptualized in different ways, namely as colonial language (Carreira 2009), ethnic language, minority lan‐ guage, non-social language (Valdés 2005). In this article, the concept of HL will be used to describe a language acquired through family and/ or cultural contact in the diaspora. A HL speaker may have different degrees of language proficiency and diverse linguistic skills (Carreira 2009). It is commonly assumed that a HL speaker already possesses a linguistic repertoire at least bilingual. When reflecting on teaching approaches for HL speakers, Flores and Melo-Pfeifer (2016) consider that linguistic exposure through social interaction shapes linguistic competences. That is, if the inter‐ action is bior multilingual, especially from an early age, the speaker will consequently develop a bior multilingual competence, by having to deal with a complex diversity of linguistic and extralinguistic elements. Thus, the native speaker should not be considered the ideal model in HL teaching and learning. Instead, a language teaching approach based on multilingual competence should be the focus (Flores & Melo-Pfeifer 2016). 129 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="130"?> When discussing the importance of plural education and stressing the impor‐ tance of being open to diversity and against intolerance, exclusion, and linguistic subordination, Andrade and Sá (2012) propose the development of multilingual competence. For these authors, a language educational model should be open to all languages and cultures, so that linguistic and cultural diversity are respected. Andrade and Araújo e Sá et al. (2003) identify four dimensions for the development of multilingual competence: (1) the socio-affective dimension; (2) mobilization of linguistic-communicative repertoires; (3) management of learning repertoires; (4) verbal interaction. Although the concept of multilingual competence is related to the interaction among different languages, I will draw on it to defend the importance of pluricentric language competence in the teaching of Portuguese as a HL. The term pluricentric was first used by the German linguist Heinz Kloss in 1978 to describe languages that had different varieties and a standard national norm each. In his book Pluricentric language, Clyne (1992) discusses language data gathered from pluricentric languages around the world and considers the national varieties of each language as dynamic and interactive. This view on pluricentric languages helps to understand different language varieties as legitimate. A language can be described as pluricentric when it has more than one reference and is spoken in more than one country. Muhr (2015) defends that a language can be classified as pluricentric if it meets three main conditions: 1. The national variety has a large number of speakers (in relation to the total number of speakers of that language) which represent the majority of the speakers of that language, thus generating predominant social power; 2. The nation using this variety has considerable economic power, which provides the financial means to promote the variety by different meas‐ ures, such as codifying institutions that spread the variety abroad and promote its status; 3. This nation also has considerable political power, which usually results in political leadership that in turn leads to high status and the imitation of linguistic and social behaviour by other nations using varieties of the same PLCLs [pluricentric languages]. (Muhr 2015, 15) Consequently, Portuguese can be considered a pluricentric language, since it is used in the five continents, even though only the standard European Portuguese and Brazilian Portuguese versions are regarded as legitimate ( Jesus and Oliveira, 2018). However, different varieties of the same language should be attributed the equivalent status and have their diversity positively acknowledged. Muhr 130 Marília Pereira <?page no="131"?> 2 Man kann daher nicht sagen, dass es innerhalb einer plurizentrischen Sprache nur eine “richtige” Standardsprache gibt (Original citation). (2005), who researches German as a pluricentric language, states that “no one can say that a pluricentric language allows only a "correct" standard form 2 ”. In the school considered by this study, Portuguese classes can be considered a pluricentric experience, given teachers’ and students’ diverse ethnolinguistic background. Nevertheless, classes are based almost exclusively on the Brazilian and the European varieties. Those are also predominant in the educational staff profile and in the textbooks used in the classroom. In this paper, I emphasize the importance of going beyond the use of only two language norms in class and including elements reflecting the Portuguese language diversity from other Portuguese speaking countries as much as possible. Therefore, I also propose a framework for the teaching of Portuguese in a HL context. In this study, language is understood as inseparable from its cultural and social dimensions (Mendes, 2007). This way, the development of pluricentric language competence should not be exclusively centered on intralinguistic elements, but on the understanding of the social practices in different Portu‐ guese-speaking countries, thus further developing an intercultural competence. This way, teachers should allow learners to build their own linguistic identity, either it is a bior a multilingual one. Learners should be encouraged to participate in the classroom activities by using whatever Portuguese language variety they feel most comfortable with. In the epigraph at the beginning of this chapter, Paulo Freire (1987), an in‐ ternationally acclaimed Brazilian educator, defends that education is not based on unilateral relationships, but is accomplished through mutual interaction and understanding. It is in this spirit of exchange that pluricentric language competence for the teaching of Portuguese in a HL context is understood, given that there is no way to develop it without being in contact with genuine linguistic diversity. This can be done through access to authentic materials and through contact with speakers from different Portuguese-speaking countries. 3 Portuguese Language Diversity in the first school years The first step for the development of a pluricentric language competence is to provide the learners with the opportunity to interact with different varieties of the language. The multiethnical background of students and teachers already facilitates the development of such competence. Previous findings from my Master’s thesis (Pereira, 2017) attested that familiarity with different linguistic 131 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="132"?> 3 The word means bathroom in Brazilian Portuguese. varieties in the classroom did not hinder students’ language development or confused them. The data showed that students became more sensitive to different varieties and learned how to make use of a specific one when they needed. This can be verified in the interview fragment 1 when a fourth grader was asked whether he was able to perceive the difference between the Portuguese spoken linguistic varieties: FRAGMENT 1 Pergunta: Você percebe alguma diferença do português que se fala nesses lugares? Diferente do seu português? Aluno MAB03: é: : , ent-o. Eu n-o falo agora perfeito português, mas sei perceber e falar mais ou menos. E: : no Brasil, quando eu ouvo, assim, mesmo do Brasil […] dizem sempre banheiro e eu digo sempre casa de banho. […] Pergunta: E você gosta dessa diferença? Aluno MAB03: Acho interessante. Pergunta: Por que? Aluno MAB03: Porque depois temos que falar assim, A: : eu quero, cara, agora eu quero ir ao banheiro. E é como no Porto que também n-o falam bem, e também em Lisboa, falam assim mais, como um sotaque pequeno. Question: Do you notice any difference between the Portuguese varieties spoken in these places? Are they different from your Portuguese variety? Student MAB03: yeah: : , so. I don’t speak perfect Portuguese now, but I can reason‐ ably understand and speak: : in Brazil, when I hear, like this, even from Brazil […] they always say banheiro (bathroom) and I always say casa de banho (bathroom). […] Question: And do you like that difference? Student MAB03: I find it interesting. Question: Why? Student MAB03: Because then we have to talk like this, A: : I want to, dude, now I want to go to the banheiro (bathroom). And it’s like in Porto, where they don’t speak well too, and also in Lisbon, they speak more, like a small accent. The student exemplifies a lexical difference between the Brazilian Portuguese and the European Portuguese with the expression casa de banho (bathroom), which he recognizes as a European Portuguese word. However, he finds it interesting to know these differences and illustrates it by mentioning a situation of Portuguese use when speaking to a Brazilian or being in Brazil. According to him, one needs to change the way he/ she speaks when saying they need to go to the banheiro 3 in a new context. In addition, he makes use of the word cara (dude), which is commonly used in the city of Rio de Janeiro. In this case, he presents a discursive marker to perform an action through language in a Brazilian Portuguese context. Had he not been exposed to other linguistic varieties, he would probably not have been able to produce such form. Moreover, he showed knowledge of the European Portuguese when mentioning the differences between the 132 Marília Pereira <?page no="133"?> Portuguese varieties spoken in Porto and in Lisbon. For this participant, whereas people from Porto do not speak Portuguese well, speakers from Lisbon do not have a strong accent. Although such issues were not brought up during the classes observed over the three months of the study, it can be inferred that learners confer meaning, representations and values to languages in and out of the school environment. The school must therefore provide an environment that encourages communicating in different varieties without prejudices or imposing one variety upon another. Fragments 2 and 3 also reveal the important role linguistic diversity exposure exerts on learners: FRAGMENT 2 Pergunta: Você percebe alguma diferença do português do Brasil, do português de Portugal? Aluno MAB09: Sim, algumas vezes, al‐ gumas pessoas que eu conheço falam fixe! Pergunta: E fixe significa o quê? Aluno MAB09: uma pessoa legal Question: Do you notice any difference between the Brazilian Portuguese and the European Portuguese? Student MAB09: Yes, sometimes, some people I know say fixe (cool)! Question: And what does fixe (cool) mean? Student MAB09: a nice person FRAGMENT 3 Pergunta: […] você percebe alguma difer‐ ença de quem fala o português em Angola, no Brasil, em Portugal? Aluno MAB01: Os sotaques s-o diferentes. Pergunta: Só o sotaque? Aluno MAB01: algumas palavras também s-o diferentes. Pergunta: e você sabe dar exemplos? Aluno MAB01: sim. Por exemplo: em Por‐ tuguês de Portugal chupa-chupa é uma palavra e no português do Brasil é pirulito. Pergunta: n-o sabia, como você aprendeu isso? Aluno MAB01: ent-o, eu sabia já as pal‐ avras. Quando eu vim para Alemanha eu vim para uma turma que só haviam 3 portugueses. O resto eram brasileiros e alem-o, ent-o notava as diferenças do que eles falavam. Pergunta: e você gosta dessa diferença? Aluno MAB01: gosto. Também gosto dos sotaques s-o diferentes. Pergunta: Você acha o que disso? Question: […] do you notice any differ‐ ence between people who speak Portu‐ guese in Angola, Brazil or Portugal? Student MAB01: The accents are different. Question: Only the accent? Student MAB01: some words are also dif‐ ferent. Question: can you give any examples? Student MAB01: yes. For example: in the European Portuguese chupa-chupa (lolly) is a word and in the Brazilian Portuguese it is pirulito (lollipop). Question: I did not know, how did you learn that? Student MAB01: so, I already knew the words. When I came to Germany I came to a class in which there were only 3 Por‐ tuguese people. The rest were Brazilians and Germans, so I noticed the differences in what they said. Question: and do you like that difference? Student MAB01: I do. I also like that the accents are different. Question: What do you think about that? 133 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="134"?> 4 Importa que os professores de Português para Estrangeiros evitem atitudes de ex‐ acerbado patriotismo e purismo linguístico nacionalista, vendo oportunidades na diversidade do português em vez de recearem constantemente ameaças oriundas das outras variedades, pois tal também n-o deterá os processos de mudança linguística, nem travará o processo de formaç-o e consolidaç-o de normas-padr-o do Português no Brasil, em Angola e em Moçambique. Tal processo depende exclusivamente da vontade dos falantes das respetivas comunidades linguísticas. (Original citation) Aluno MAB01: eu acho bom, nem todas as pessoas têm que falar igual! Student MAB01: I think it’s good, not everyone has to speak the same way! Once again, the students’ experiences demonstrated that intralinguistic ele‐ ments can be better distinguished when in contact with different varieties. These examples show that such elements do not need to be explicitly taught at the onset, considering that learners are able to construct meanings and hypotheses about language functioning based on their own experiences. These data corroborate the model of multilingual competence proposed by Andrade and Araújo e Sá et al. (2003), in which they defend that the subjects build knowledge about the languages throughout life, including the values that these languages have in different social contexts. In line with Meisnitzer’s (2019) statement, I assume that linguistic diversity is not merely an intrinsic linguistic phenomenon, but should also be seen as a vehicle through which proficiency in the Portuguese language can be developed. This can be done by encouraging its spread as a global language: It is important that teachers of Portuguese as a Foreign Language avoid attitudes of exacerbated patriotism and language purism and the diversity of Portuguese as an opportunity instead of constantly fearing threats from other varieties, considering this will not stop linguistic change nor will it impede Portuguese standard norms in Brazil, Angola and Mozambique from emerging. That depends exclusively on the desire of the speakers of the respective language communities. (Meisnitzer 2019, 41) 4 Despite the constitutive heterogeneity of every language, this matter is over‐ looked by most educators even today, both in relation to parents’ expectations on their children’s language learning and the syllabus. Language teaching is mostly carried out based on a monolithic view of language, since it privileges the standard norm over learners’ varieties. This approach to language corrob‐ orates the myth of linguistic homogeneity and purism. However, linguistic diversity should not be erased from the school context, given that “[…] there 134 Marília Pereira <?page no="135"?> 5 […] é fundamental lembrar que n-o existe nenhuma língua una e homogênea. Qualquer língua é sempre diversificada e heterogênea. (Original citation) 6 […] os falantes v-o amadurecendo linguisticamente à medida que v-o se tornando capazes de circular com segurança por diferentes variedades da língua, desde as mais comuns em suas relações sociais próximas até as de ampla circulaç-o social; desde as estritamente orais até as fundamentalmente escritas. (Original citation) is no single and homogeneous language. Any language is always diverse and heterogeneous” 5 (Faraco 2008, 5). That being said, schools should promote more discussion on linguistic intradiversity in order to raise learners and educators’ awareness about the existence of different patterns of Portuguese language in countries where it has official status. According to Faraco (2008, 8), speakers become linguistically mature as they become able to move safely through different varieties of the language, from the most common forms used in casual speech to those featuring in formal contexts, from strictly oral to written communication. 6 Although Faraco’s (2008) words refer to the linguistic diversity existing in Brazil, we can also apply them to understand the diversity across Portuguese speaking countries. 4 Moving towards an understanding of Portuguese as a Pluricentric Language at school Previous studies on Portuguese language diversity often focus almost exclu‐ sively on the phonological, lexical, syntactical dimensions. When presenting the diversity of Portuguese in a pluricentric perspective, the concern of teaching material developers is particularly motivated by the predominance of linguistic elements, usually lexical items, from the Brazilian and the European Portuguese standards. It is important to mention that examples of Portuguese words spoken in African countries and Asia are rarely found in language textbooks (Duarte 2019; Meisnitzer 2019; Santos 2019). Although these factors are crucial for language teaching, treating linguistic elements (words, sounds, sentence structure) in an isolated manner is not enough to develop pluricentric language competence. In view of this fact, the study I conducted with primary school students showed that knowledge about linguistic items, reduced to contrasting intralinguistic lexical elements, is easily recognized through the contact with different varieties of the Portuguese. However, the development of broader language skills is enabled by language 135 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="136"?> 7 Godmother in German. use in different contexts through contact with different varieties and by the appreciation of such diversity. The following interview fragments show what students knew and how they learned about Portuguese-speaking countries: FRAGMENT 4 Pergunta: Você conhece os países que falam a língua portuguesa? Aluno MAP05: Sim. Brasil, África, Por‐ tugal. Pergunta: E de onde é que você sabe isso? Aluno MAP05: daqui da escola mesmo, que a gente tem nas disciplinas de geo‐ grafia ou em história a gente fala sobre isso.[…] Question: Do you know the countries that speak the Portuguese language? MAP05 student: Yes. Brazil, Africa, Por‐ tugal. Question: And where did you learn that? MAP05 students: here at the school, in the geography or history classes, we talk about it. […] FRAGMENT 5 Aluno PAB04: Portugal, Brasil e: : : África e n-o sei os outros. Pergunta: E de onde você aprendeu isso? AlunoPAB04: Porque na minha outra classe do Jül eu tenho uma amiga que ela é do África, ela falou português também e desse eu sei, e minha Patentante 7 , é do Brasil e ela fala português também e no Portugal eu sei porque minha avó e as amigas e os amigos do meu pai. Student PAB04: Portugal, Brazil and: : : Af‐ rica and I don’t know the others. Question: And where did you learn that? AlunoPAB04: Because in my other Jül class I have a friend who is from Africa, she speaks Portuguese too and that’s how I know, and my Patentante 7 is from Brazil and she speaks Portuguese too and in Portugal I know due to my grandmother and my father’s (female and male) friends. FRAGMENT 6 Aluno MAB10: No Brasil fala português, mas um outro tipo, português do Brasil. Pergunta: Só Portugal e Brasil? Aluno MAB10: eu conheço outros, mas n-o me lembro o nome. Student MAB10: In Brazil they speak Por‐ tuguese, but in a different way, Portuguese from Brazil. Question: Only Portugal and Brazil? MAB10 student: I know others, but I don’t remember the name. The answers above demonstrate that learners knew that Portuguese is spoken in other countries. Such knowledge is acquired from the relationships they have with speakers of other varieties as well as from subjects taught at school in 136 Marília Pereira <?page no="137"?> which they are able to learn about Portuguese-speaking countries other than Brazil and Portugal. It is interesting to observe that students consider Africa as if the entire African continent spoke Portuguese, demonstrating lack of geographical knowledge, that Africa is a continent formed by different countries speaking different languages. Although the study findings pointed to the need for pluricentric approaches and practices in Portuguese language classes, some of the teachers showed concern in exposing learners to more than one linguistic variety. However, such exposure was restricted to lexical features of Brazilian and European Portuguese. An interesting fact about linguistic diversity was mentioned by student MAP05, whose parents are from Brazil and Mozambique. He claimed to be a speaker of Brazilian Portuguese rather than Mozambican. FRAGMENT 7 Pergunta.: E quando você fala português com as pessoas de Moçambique você muda um pouco a forma de falar? Aluno MAP05: Sim, muda um pouco. A forma como eu aprendi aqui na escola de falar de Portugal mais. Pergunta.: Ter essa diferença do português em casa muda quando você fala com o seu pai ou com a sua m-e? Aluno MAP05: Muda sim, quando eu falo com a minha m-e eu falo assim como eu aprendi em casa, a falar com a minha m-e, mas quando eu estou com meu pai eu falo alem-o. Mas quando eu tô com a minha família da parte de pai eu mudo assim algumas coisas. Question: And when you speak Portu‐ guese with the people from Mozambique do you somehow change the way you speak? MAP05 student: Yes, it changes a little. The way I learned here at school to speak more the [European] Portuguese, from Portugal. Question: Does the fact of having this difference in Portuguese at home change the way you talk to your father or mother? MAP05 student: Yes, it does, when I speak to my mother I speak as I learned at home, to speak to my mother, but when I am with my father I speak German. But when I’m with my father’s family, I change some things. In line with what I observed in the field study, MAP05’s answers reinforce the fact that, when the HL speaker variety is learned at home, the students do not necessarily change their way of speaking when in contact with other varieties. However, this contact usually contributes to improve language proficiency. This participant reports that he learned Portuguese at home. As his mother is Brazilian, he is a speaker of the Brazilian Portuguese. He also mentions that he talks to his father in German and that his father is from Mozambique. Thus, having contact with the European Portuguese at school helps him change the way he speaks to his family in Mozambique. 137 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="138"?> 8 Adotar a perspectiva da cultura como meio de promover a integraç-o e o respeito à diversidade dos povos, à diferença, permitindo ao aprendiz encontrar-se com a outra cultura sem deixar de ser ele mesmo. (Original citation) 9 O processo de ensino-aprendizagem de PLH deve ser capaz de desenvolver nos alunos as capacidades de traduç-o, de movimento e deslize entre as línguas-culturas em contato, permitindo que cada aprendiz construa o seu próprio lugar na língua, com suas próprias ferramentas e possibilidades. A eles deve ser permitido construírem os seus próprios modos de representaç-o, de aproximaç-o e pertencimento. E isso deve ser desejo também de professores e formadores de professores, de gover‐ nantes e criadores de políticas para a promoç-o do português, de modo que os herdeiros dessa língua, espalhados por todos os cantos do mundo, possam viver, e querer viver, nas diferentes línguas-culturas que, em conjunto, representam a nossa língua portuguesa. (Original citation) According to Mendes (2007, 119) an intercultural educational model is only fostered when we “adopt the perspective of culture as a means of promoting integration and respect for the diversity of peoples’ difference, by allowing the learner to interact with another culture while remaining himself 8 ”. As regards the teaching and learning process and its relationship with culture in the context of PHL, this author also defends that The teaching-learning of PHL is able to help the development of translation skills, movement and exchange between the languages-cultures in contact, allowing each learner to build their own place in the language, with their own tools and possibilities. They must be allowed to build their own forms of representation, proximity and belonging. The promotion of Portuguese language should also be the desire of teachers, govern‐ ment officials and policy makers, so that the heirs of that language, who are scattered all over the world, are able to live, and want to live, in the all different languages and cultures that, altogether, represent our Portuguese language. (Mendes 2012, 30) 9 By promoting intercultural contact through collective knowledge construction, we are able to fill in the gap in the Portuguese language teaching scenario. We have to bear in mind that our goal as educators should be to allow students to interact with different linguistic varieties, while at the same time master one standard norm of pluricentric language. It is important to note that only the Brazilian and the European norms are considered the standard languages. Portuguese-speaking African countries (PALOP), East-Timor and the autonomous city of Macau in China do not yet have a standard form, the teaching of Portuguese has been regulated through the linguistic and cultural influences of the Brazilian and the European Portuguese (Indart 2019; Shanpei 2019). However, althought the other countries do not yet have an established language norm, it is desirable, for the acquisition 138 Marília Pereira <?page no="139"?> of a pluricentric competence, that the cultural and social aspects of all Portu‐ guese-speaking countries are considered in teaching. 5 Pluricentric Language Competence Framework for the teaching of PHL: pedagogical implications Pluricentric language competence can only be understood if we take into consideration that a language, such as Portuguese, has acquired a global status. When it comes to PHL, its use is often restricted to the family nucleus, acquiring therefore a social-emotional status. Considering that Portuguese has become a global language, its teaching should be based on the development of pluricentric language competence even in a HL context. Its use should be seen as an opportunity to expand it to different communicative situations outside the family sphere and the diaspora community. In his study on the need of heritage speakers, Leaman (2015) dispels the myth that HL speakers are only motivated by their family roots. Although such view is still shared by many teachers and learners, other reasons such as social and economic growth as well as better opportunities in the job market are also mentioned by them. Therefore, pluricentric language competence can be defined as the ability to use, understand and interact in different varieties of a given language by performing in a contextually specific situation and making different lexical, pho‐ netic, semantic, syntactic and/ or pragmatic choices. In other words, pluricentric language competence is not the mere acknowledgement of differences across varieties, but the conscious use of a specific form whenever a communication need emerges. I now present a pluricentric language competence model for the teaching of PHL. The first step is making students learn how to appreciate different linguistic and cultural Portuguese patterns and encourage them to get in contact with them through books, history, story, art, movies, songs, etc., as well as by interacting with speakers from diverse cultural backgrounds from the very first school years. This first level of development of pluricentric language competence - appre‐ ciation - is aimed at valuing every Portuguese variety. In one of the class observations, A student was looking at a geography book from Brazil […], when browsing the book and looking at maps of Brazil, he asked: “where is the map of Angola? ” (Field Notes). 139 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="140"?> It is clear that appreciating a language and its varieties is an important step to motivate its learning. The second level is the contact with different varieties through the linguistic and cultural diversity of Portuguese-speaking countries. Afterwards, thus, learners should follow the next steps that were devised considering the impor‐ tance of the development of a plurilingual competence. The affective domain, which is related to the students’ motivation to learn a language (family ties, work environment, interaction with friends, etc.); the desire to understand the different varieties. In other words, if the learner realizes the value and importance of different Portuguese speaking cultures, he/ she will also want to interact with them. This can be inferred from the following fragment: FRAGMENT 8 Pergunta.: Você acha a aula de português aqui fácil? Aluno MAB07: Depende da situaç-o, tem umas coisas que s-o mais difíceis e outras que s-o mais fáceis. Tipo os verbos eles eram um pouco mais fáceis, tirando a parte do tu, porque o tu é mais complicado. Porque a gente n-o usa o tu, e a gente n-o sabe direito. Pergunta.: Mas você acha importante saber o tu, a conjugaç-o do tu? Aluno MAB07: N-o muito. Porque a gente n-o, lá em Portugal eles usam mais, mas só que aqui, lá no Brasil, eles n-o usam o tu. Question: Do you find the Portuguese class easy? Student MAB07: It depends on the situa‐ tion, there are some things that are more difficult and others that are easier. Like the verbs they were slightly easier, except the tu part, because the tu is more compli‐ cated. Because we don’t use tu, and we don’t know for sure. Question: But do you think it is important to know the tu, the conjugation of the tu? Student MAB07: Not much. Because we don’t use it, there in Portugal they use it more, but only there, in Brazil they don’t use tu. In Fragment 8, the student’s answers reveal that he is not very keen on learning some linguistic aspects of other varieties of the Portuguese language (such as the use of the 2 nd person singular - “tu”), as he does not need to use them. In this way, it is possible to state that motivation plays an important role in learning other linguistic varieties. Consequently, learners should become more eager to interact with varieties other than the standard ones. This motivation will lead them to move to the following levels. The third level - interest - is about the development of linguistic-commu‐ nicative competence, that is, the start of intralinguistic dialogus, which is only possible after students become acquainted with more varieties. In this perspective, linguistic issues should be adequately contextualized and students should be allowed more verbal interaction. This way, learners will gradually 140 Marília Pereira <?page no="141"?> build their learning repertoire by becoming more aware of different uses of Portuguese in specific contexts. In Figure 1 a scheme of a way to develop learners’ pluricentric perception is presented. Teaching Portuguese as a Pluricentric Language: insights from a study Marília Pereira Abbildung - Seite: 141 Figure 1 - Pluricentric language competence development dimensions Source: The Author (2020) Figure 1 Pluricentric language competence development dimensions Source: The Author (2020) As can be seen in figure 1, the four dimensions - affective, linguistic-communi‐ cative development, interaction and the construction of the learning repertoire - are inspired by the understanding of Andrade and Araújo e Sá et al.’s (2003) plurilingual competence in order to develop a pluricentric language competence for the teaching of PHL. Thus, these four dimensions have to be intrinsically related to the interest in knowing these linguistic varieties, which need to be valued and recognized in teaching. Moreover, contact between these varieties must be fostered, not only through the contact between speakers, but also through the development of different materials that can be used in teaching. Faneca (2011) deals with the importance of a plurilingual learner, and my assumptions go in line with her statements, who she asserts that […] the role of languages and the development of multilingual competence as a way of, in the first place, preserving linguistic and cultural diversity, and also as one of 141 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="142"?> 10 […] o papel das línguas e do desenvolvimento da competência plurilíngue como forma de, em primeiro lugar, preservar a diversidade linguística e cultural, e ainda como uma das medidas para ajudar à construç-o da identidade linguística e comunicativa do sujeito (que só através do conhecimento do Outro e da(s) sua(s) língua(s) se pode, afinal, rever e reconstruir) […], vendo essa aprendizagem como forma de aceder ao Outro e a si mesmo, de promover o contacto intercultural, de ultrapassar barreiras e de combater a exclus-o social. (Original citation) the measures to help build the subject’s linguistic and communicative identity (which can only be reviewed and reconstructed through the knowledge about the Other and his/ her language(s) can one) […], seeing that learning as a way to access the Other and oneself, to promote intercultural contact, to overcome barriers and to fight against social exclusion (Faneca 2011, 41) 10 . Although the author refers to the coexistence of different languages and cultures, it is possible to refer to a pluricentric language which is representative of different cultural nuances. By raising awareness about the cultures and identities of speakers of different Portuguese varieties through intercultural contact, it is possible to avoid bias in acknowledging the linguistic diversity in the Portuguese language. 6 Conclusion The development of a pluricentric language competence in educational settings remains a challenge for PHL teachers nowadays. As previously discussed, it becomes crucial to reconceptualize what means to teach Portuguese in a context of diaspora. The findings reported in this paper demonstrated that students were able to become more sensitive to different varieties and develop oral proficiency by having contact with more linguistic diversity when acquiring Portuguese through a pluricentric approach. Moreover, it was shown that linguistic diversity is often limited to an intra‐ linguistic approach focused on the lexical and syntactical differences between Brazilian and European Portuguese. Those differences are already perceived by many teachers and researchers as diversity and not necessarily departure from a standard norm (Duarte 2019; Meisnitzer 2019). However, the issues of linguistic diversity need to be more problematized and, above all, go beyond strictly linguistic approaches, observing the political, economic and cultural concerns that embrace the lusophone world. This can be done by adopting a language teaching approach that takes into account not only linguistic standards, but also the different cultures which represent a given particular norm. This paradigm shift in the teaching of 142 Marília Pereira <?page no="143"?> Portuguese, accepting it as a global language, can further boost interest in learning Portuguese in the diaspora. This fact of accepting Portuguese as a global language reveals that language may exhibit features of a democratic and inclusive teaching, as suggested by Jesus & Oliveira (2018). This perspective in the teaching of Portuguese must be considered because of the international context in which the Portuguese lan‐ guage was observed in the study. Such perspective does not aim to homogenize language diversity or to create a duality. Rather, it proposes an understanding of the context in which the languages relate to each other without overestimating a specific variety to the detriment of another one. Therefore, the development of pluricentric language competence in the teaching of Portuguese in the diaspora should be observed at two main levels. The first level concerns the appreciation of and exposure to different varieties. The linguistic variety spoken by the student must be represented at school and be included in the classroom. This way, learning the language for reasons other than family heritage will become more meaningful. The second level relates to the degrees of plurilingual competence, which are essential for the development of this competence, namely affective relationship, interaction between varieties, linguistic-communicative competence and, finally, learning repertoire. The participant students in my empirical research were only able to develop pluricentric language competence in Portuguese classes through the contact with different language varieties in the classroom. Thus, it can be inferred that the awareness of such competence in this context took place not only by contrasting linguistic elements, but also by promoting the understanding of the social context triggering a particular linguistic use. All in all, it is essential to invest in a socially-driven PHL teaching approach in which social practices and patterns of use are at its core. This perspective is conducive to the development of pluricentric language competence, once it enables the learner to decide which linguistic, cultural and social features seem most appropriate in a particular context. 7 References Andrade, Ana Isabel / Araújo e Sá, Maria Helena (Coord.) / Martins, Filomena / Barto‐ lomeu, Isabel / Simões, Ana Raquel / Santos, Leonor / Melo, Sílvia. 2003. “Análise e construç-o da competência plurilingue - alguns percursos didácticos”, in: António Neto / José Nico / Jo-o Carlos Chouriço / Paulo Costa / Paulo Mendes (Ed.): Didácticas e Metodologias em educaç-o, Percursos e desafios. Universidade de Évora: Departamento de Pedagogia e Educaç-o, 489-506. 143 Teaching Portuguese as a Heritage and a Pluricentric Language <?page no="144"?> Andrade, Ana Isabel / Sá, Susana. 2012. “Educaç-o para o desenvolvimento sustentável e diversidade linguística: que possibilidades”, in: Atas da VIII Xornadas - Lingua e Usos, Lingua e Ecoloxía. 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Darüber hinaus sind ihre Sprachaneignungsprozesse durch individuelle Lernwege gekennzeichnet. Diese Vielfalt könnte für gemeinsames Lernen, z. B. im Unterricht sowohl der Schulsprache als auch der Schulfremdsprachen in viel stärkerem Maße systematisch genutzt werden. Häufig sind Bildungsinstitutionen trotz einer wachsenden Anzahl punktueller Projekte jedoch hauptsächlich monolingual ausgerichtet (Khakpour & Knappik 2016), obwohl diese Vielfalt und die daraus resultierenden Konsequenzen schon seit mehreren Jahrzehnten untersucht und diskutiert werden (wegweisend z. B. Gogolin 1994, Gogolin et al. 2013) und immer stärker in den Fokus von Forschung und Bildungspolitik treten. Im folgenden Beitrag werden zunächst die Begriffe „Literalität“ und „Pluri‐ literalität“ skizziert und mit mehrsprachiger und plurikultureller Kompetenz in Beziehung gesetzt. Mit der Präsentation des Referenzrahmens für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) sowie einer Auswahl mehrsprachiger Unterrichtsmaterialien soll anschließend gezeigt werden, wie mithilfe pluraler Ansätze mehrsprachige und mehrkulturelle Erfahrungen der SchülerInnen insbesondere im Fremdsprachenunterricht aufgegriffen werden und wie diese <?page no="148"?> 1 In der anglophonen Tradition wird häufig das Präfix „multi“ verwendet, obwohl beide Facetten durchaus gemeint sein können. Ansätze zur Förderung der mehrsprachigen literalen Kompetenzen beitragen können. Plurale Ansätze, d. h. holistische mehrsprachigkeitsfördernde Zugänge zu Sprachen und Kulturen (vgl. Kap. 3.1), können unabhängig von einem be‐ stimmten Unterrichtsfach und für alle Altersstufen eingesetzt werden. Das zeigen zwei Praxisbeispiele aus Frankreich (Slivensky 2018), die mit Vorschul‐ kindern und SchülerInnen der Sekundarstufe I durchgeführt wurden. Der Fokus liegt dabei auf Herkunftssprachen und dem Einbezug der Eltern in den Lernprozess. 2 Mehrsprachige literale Kompetenzen „Multiliteracies“ (New London Group 1996, Cope & Kalantzis 2000), „Plurilite‐ ralität“, „mehrsprachige literale Kompetenzen“ - diesen Begriffen liegen unter‐ schiedliche Definitionsansätze zu Grunde. Sie können als Weiterentwicklungen des Begriffs „Literacy“ bezeichnet werden, der sowohl die „Lese- und Schreib‐ kompetenz“, aber auch „Kompetenzen wie das Text- und Sinnverständnis, sprachliche Abstraktionsfähigkeit, Lesefreude, Vertrautheit mit Büchern, die Fähigkeit, sich schriftlich auszudrücken, Vertrautheit mit Schriftsprache und mit „literarischer“ Sprache oder auch Medienkompetenz“ umfassen kann (Ulich 2003, 6). Ein „eindimensionales Verständnis von Literacy (Literalität)“ (vgl. Wildemann 2013, 97) kann im Allgemeinen den Anforderungen der heutigen gesellschaftlichen, sozialen und medialen Veränderungen und Anforderungen nicht mehr entsprechen, so dass zunächst eine notwendige „Verschiebung von der Literalität zu den Literalitäten“ stattfinden musste (vgl. Alvermann 2009, in Wildemann 2013, 98). Diese Verschiebung bringt der Begriff „Pluriliteralität“ bzw. „Pluriliteracies“ zum Ausdruck. Da vor allem mehrsprachige Kompetenzen sowohl im Bereich der Kommunikation als auch hinsichtlich der mehrspra‐ chigen Repertoires der Lernenden individuell zusammengesetzt sind, wird hier zurecht - gemäß der Unterscheidung zwischen Viel- und Mehrsprachigkeit des Europarates (Europarat 2001, 17) - die Vorsilbe Pluriverwendet 1 . Für die Verwendung des Begriffs im Singular, z. B. im Englischen „multilingual literacy“ spricht das Argument, dass die Kompetenzen in verschiedenen Sprachen eines Individuums sowie seine sprachlichen Repertoires stets interagieren und als eine Einheit zu betrachten sind (vgl. Helmchen & Melo-Pfeifer 2018, 10). 148 Anna Schröder-Sura <?page no="149"?> Küster (2012, 318) fasst die beiden Facetten des Konzepts der „Multiliteracies“ bzw. der „Multiliteralität“ mit den Begriffen „Mehrsprachigkeit und Multimo‐ dalität“ zusammen und beschreibt diese als „i.e. die Befähigung zur Teilhabe an mehrsprachiger und zugleich an unterschiedlich medial kodierter Kommunika‐ tion“. Das Konzept beschreibt laut Küster die „Fähigkeit zur Generierung von Wissen und Bedeutung in sprachlich-kulturell heterogenen und multimedial strukturierten Lernwelten“ und „betont die Bedeutung des Nicht-Konvergenten individueller Sinnkonstruktionen und gesellschaftlicher Bedeutungsaushand‐ lungen“ (ebd., 319 f.). Im Hinblick auf Mehrsprachigkeit ist ein weiteres Merkmal des „Multilitera‐ cies“-Begriffs „[…] die Fähigkeit, die Erst- und Zweitsprachen sowie fremde Sprachen sinnvoll, ziel- und aufgabenorientiert für das sprachliche Lernen zu nutzen“ (Wildemann 2013, 97, vgl. auch Kalantzis & Cope 2012). Dabei werden sowohl die herkunftsbedingte als auch die curriculare Mehrsprachigkeit berücksichtigt. Als mehrsprachige und multimodale literale Kompetenzen werden schließ‐ lich Kompetenzbereiche bezeichnet, die Ressourcen des Wissens, der Fertig‐ keiten, der Einstellungen und Haltungen sowie des Lernen Lernens beinhalten. In diesem Beitrag können nicht alle Facetten des Begriffspaars „Multilitera‐ lität“ und „Pluriliteralität“ dargestellt werden. Diese Konzepte werden weniger vor dem Hintergrund der digitalen Kompetenzen als unter dem Gesichtspunkt der individuellen Mehrsprachigkeit in der Schule beleuchtet. Dabei wird berück‐ sichtigt, dass Lernende heute vor der Anforderung stehen, „unterschiedliche Textformen (lineare und nicht lineare Texte), Texte in unterschiedlichen Spra‐ chen, Texte mit mehreren Deutungsmöglichkeiten sowie unterschiedliche Prä‐ sentationsformen (Texte auf dem Papier, am Monitor, Bild-Text-Gefüge usw.) zu nutzen“ (Wildemann 2013, 98). Allerdings werden in der Schule weiterhin nicht alle vorhandenen pluriliteralen Fähigkeiten und Erfahrungen der Lernenden anerkannt und genutzt, sei es im Hinblick auf ihr sprachliches Repertoire oder ihre multimodalen Fähigkeiten, d. h. die Fähigkeiten zur Nutzung unterschied‐ licher Informationsträger und Sinneskanäle. Zahlreiche mögliche Zugänge zur „Generierung von neuem Wissen“ und „individuellen Sinnkonstruktionen“ (Küster 2012, 319 f.) werden somit weiterhin vernachlässigt. 3 Mehrsprachige und plurikulturelle Kompetenz Seit der Publikation des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Spra‐ chen (GeR) (Europarat 2001) hat die mehrsprachige und plurikulturelle Kompe‐ tenz eine funktionale Orientierung bekommen (vgl. Coste et al. 1997 oder auch 149 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="150"?> 2 « La compétence plurilingue résulte d’une interprétation réflexivée par chacun de son expérience : elle est toujours une et à la fois diverse, évolutive, hétérogène. » Coste 2001). Sprachen werden demnach zum Zwecke der Kommunikation und zur Beteiligung an interkultureller Interaktion genutzt (vgl. Europarat 2001, 163), „wobei ein Mensch als gesellschaftlich Handelnder verstanden wird, der über - gra‐ duell unterschiedliche - Kompetenzen in mehreren Sprachen und über Erfahrungen mit mehreren Kulturen verfügt. Dies wird allerdings nicht als Schichtung oder als ein Nebeneinander von getrennten Kompetenzen verstanden, sondern vielmehr als eine komplexe oder sogar gemischte Kompetenz, auf die der Benutzer zurückgreifen kann“ (Europarat 2001, 163). Castellotti (2017, 165 2 ) fasst die Merkmale mehrsprachiger und plurikultureller Kompetenz als stets individuell und gleichzeitig unterschiedlich, dynamisch und vielschichtig zusammen, da sie das Ergebnis einer persönlichen Umsetzung der eigenen sprachlichen und kulturellen Erfahrungen ist. Diese Eigenschaften der mehrsprachigen und plurikulturellen Kompetenz decken sich mit denen der mehrsprachigen literalen Kompetenzen, da die Lernenden hier neben ihren sprachlichen und kulturellen Erfahrungen auch ihre Erfahrungen mit unterschiedlichen Zugängen zu Schrift, zu Texten und Medien transferieren können. Ein weiteres Merkmal sowohl mehrsprachiger und plurikultureller Kompetenz als auch von (Pluri-)Literalität ist der Bezug zu kultureller und sozialer Kommunikationspraxis (vgl. Bürki & Schnitzer 2018, 119 oder Stevans & Hoffmann 2015, zitiert nach Helmchen & Melo-Pfeifer 2018, 10). (Pluri-)Literalität „schließt ein verändertes Verhältnis des Menschen zur Sprache, zu sich selbst und zur Gesellschaft ein“ (Feilke 2007, 30, zitiert nach Bürki & Schnitzer 2018, 119), entsprechend den Prinzipien und Zielsetzungen der pluralen Ansätze (siehe Kapitel 3.1). Diese Eigenschaften kommen in der umfassenden Definition von Pluriliteralität bzw. von mehrsprachiger literaler Praxis bei García et al. (2009, 217) zum Ausdruck. Für die Autorinnen zeichnet sich dieses Konzept durch seinen „integrativen und hybriden Charakter“ sowie durch ein „ständiges Zusammenspiel zahlreicher Sprachen, Skripte, Diskurse, Dialekte und Register“ aus, wobei „alle mehrsprachigen literalen Praktiken als gleichwertig“ aufgefasst werden. Diese Praktiken sind „miteinander ver‐ woben“ und „beruhen auf vielfältigen Modes, Kommunikationskanälen und semiotischen Systemen“. Die Einflüsse kultureller Kontexte sowie des sozialen 150 Anna Schröder-Sura <?page no="151"?> 3 Die paraphrasierte Definition bezieht sich auf die folgende Textstelle bei Garcia et al. (2009, 217): Our pluriliteracies approach, then: emphasizes the integrated, hybrid nature of plurilingual literacy practices; values all plurilingual literacy practices equally; highlights the continuous interplay of multiple languages, scripts, discourses, dialects, and registers; calls attention to the ways in which multilingual literacies are enmeshed and rely upon multiple modes, channels of communication, and semiotic systems; adopts from new literacy studies a constant awareness of the ways in which cultural contexts and social relations influence literacy practices; and attends to the development of literacy practices beyond the school, […]. 4 In diesem Beitrag können die Definitionen und Konzepte des interkulturellen Lernens bzw. der interkulturellen Pädagogik nicht aufgegriffen werden. Umfelds werden bewusst in das Lernen einbezogen, das auch außerschulisch fortgeführt werden kann. 3 Die Komplexität des Konzepts verlangt nach einer didaktisch-methodischen Umsetzung, die einen integrierten Aufbau bzw. einen Transfer sprachlicher, kultureller, metasprachlicher, metakognitiver, kreativer und sozialer Kompe‐ tenzen sowie von Sprachbewusstheit und Sprachlernstrategien ermöglicht. Zur Unterstützung eines (Fremd-)Sprachenunterrichts, in dem mehrsprachige und mehrsprachige literale Kompetenzen gefördert werden und das Potential aller SchülerInnen eingebracht und genutzt wird, bieten sich Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen an. 3.1 Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen werden definiert als „Lehr- und Lernverfahren […], die zugleich mehrere Sprachen bzw. sprachliche Varietäten und Kulturen einbeziehen“ (Candelier et al. 2012). Dazu zählen neben dem interkulturellen Lernen (vgl. z. B. Byram 1997, 2003) 4 die sprachlich fokussierten Ansätze Eveil aux langues, integrierte Sprachendidaktik und die Interkompre‐ hension(sdidaktik). Jeder Ansatz weist spezifische Merkmale auf (vgl. Candelier et al. 2012, 6 f.). Der Eveil aux langues-Ansatz wird eher dem frühbeginnenden (Fremd-)Sprachenunterricht zugeordnet. Es können prinzipiell alle Sprachen und sprachlichen Varietäten einbezogen werden und er trägt vor allem zur Förderung eines sensiblen und respektvollen Umgangs mit sprachlicher und kultureller Vielfalt sowie zur Entwicklung von u. a. Sprachaufmerksamkeit und Sprachreflexion (Candelier 2003, Mertens 2018) bei. Im Rahmen der inte‐ grierten Sprachendidaktik werden Verbindungen zwischen einer begrenzten Anzahl von Sprachen, meistens der Sprachen des Schulcurriculums, mit dem Ziel hergestellt, vergleichbare Kompetenzen in allen unterrichteten Sprachen 151 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="152"?> 5 Der Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen ist in seiner franzö‐ sischen Originalfassung unter dem Titel Le CARAP - Un Cadre de Référence pour les Approches Plurielles des Langues et des Cultures (Candelier et al. 2012) erschienen. bzw. Entwicklung von Teilkompetenzen in bestimmten Sprachen zu fördern (Neuner 2005, Wokusch 2005). Die Interkomprehensionsdidaktik kann zwei Ausrichtungen einnehmen: Sie zielt entweder auf die parallele Auseinanderset‐ zung mit zwei oder mehreren Sprachen einer Sprachenfamilie (germanische, romanische, slawische Sprachen usw.), wobei systematisch die Ähnlichkeiten für den Aufbau vor allem rezeptiver Kompetenz genutzt werden. Alternativ wird das Lernen einer Zielsprache unter starkem Rückgriff auf mutter-, zweit- oder fremdsprachliche Kompetenzen in einer oder mehreren anderen (nah)ver‐ wandten Sprache(n) angestrebt. Interkomprehension kann zum einen als eine Kommunikationsform betrachtet werden, bei der die Gesprächspartner ihre Erstsprache (oder eine Brückensprache) produktiv verwenden und die Sprache ihres Kommunikationspartners verstehen (z. B. Doyé 2010, 129); zum anderen als ein Verfahren zur Förderung des Sprachen- und Sprachenlernwachstums (Meißner 2007, 84 f.). Diese mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätze variieren folglich vor allem im Hinblick auf die Anzahl der einbezogenen Sprachen und auf die anvisierten Kompetenzbereiche, verfügen jedoch gleichzeitig über zahlreiche Gemeinsam‐ keiten und Schnittstellen. Aufgrund der erkennbaren Berührungspunkte zwi‐ schen diesen einzelnen Ansätzen sowie dem interkulturellen Lernen wurde am Europäischen Fremdsprachenzentrum des Europarates ein für diese Ansätze gemeinsames Referenzdokument entwickelt, der Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) 5 (Candelier et al. 2012). 3.2 Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) Im Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (im Folgenden REPA) werden Kompetenzen spezifiziert, die einerseits die mehrsprachige und kulturelle Kommunikation und andererseits mehrsprachige und mehrkul‐ turelle Lern- und Reflexionsprozesse als Komponenten der mehrsprachigen Kompetenz umfassen (vgl. Schröder-Sura 2018). Beispielsweise umfasst dies die „Kompetenz zum Perspektivenwechsel“, die „Kompetenz, dem sprachlich bzw. kulturell Unvertrauten einen Sinn zu geben“ oder auch die „Kompetenz, Alterität in ihren Unterschieden und Ähnlichkeiten zu erkennen und anzuerkennen“. Der REPA führt keine explizit text- und medienbezogenen Kompetenzen auf, aber die hier exemplarisch aufgeführten Bereiche sind als Elemente zu verstehen, die 152 Anna Schröder-Sura <?page no="153"?> 6 Zur Kennzeichnung der Deskriptoren in den Bereichen Wissen (savoir), Fertigkeiten (savoir-faire) sowie Einstellungen und Haltungen (savoir-être) wird jeweils der erste Buchstabe der englischen Bezeichnungen Knowledge, Attitudes, Skills verwendet. Lernende dazu befähigen, Texte (auch in mehreren Sprachen) zu erfassen und Bedeutungen auszuhandeln, auch unabhängig von der medialen Darbietung. Neben den exemplarisch genannten Kompetenzbereichen umfasst der REPA Listen mit detaillierten Deskriptoren zur Beschreibung der mehrsprachigen und plurikulturellen Kompetenz. Die einzelnen Listen basieren auf der im GeR (Europarat 2001, 22 ff.) vorgenommenen Dreiteilung der allgemeinen Kompetenzen in savoir, savoir-faire, savoir-être, die im REPA als Ressourcen bezeichnet werden. Diese Ressourcen gelten grundsätzlich für alle Sprachen und Kulturen und erfassen zwischensprachliche und zwischenkulturelle Bezie‐ hungen, die Lernende herstellen und nutzen können. Ressourcen zeichnen sich dadurch aus, dass sie individuell und persönlichkeitsbezogen sind, und werden im REPA als interne Ressourcen bezeichnet (Beckers 2002, 57). Der Ressourcenbegriff ist für die Modellierung komplexer mehrsprachiger und mehrkultureller Kompetenzen deswegen so geeignet, da Ressourcen einerseits als eher einfache Elemente dargestellt und gleichzeitig individuell bei ihrer Aktivierung kombiniert und weiterentwickelt werden können (Candelier et al. 2012, 12). Die folgende Auswahl zeigt exemplarisch, dass sie zur Konkretisierung mehrsprachiger literaler Kompetenzen beitragen und im Unterricht bzw. bei außerschulischen Aktivitäten durch den Einsatz pluraler Ansätze und entspre‐ chender Unterrichtsmaterialien aufgebaut werden können. Weiterhin können sie zur Unterrichtsplanung, -gestaltung und -evaluation beitragen. Wissen/ knowledge 6 (K): • Wissen, dass alloglotte Sprecher […] beim Kommunizieren Vorteile haben (K 3.6); • Wissen, dass das System der eigenen Sprache nur ein mögliches unter vielen ist (K 6.1.1); • Wissen, dass jede Sprache die Wirklichkeit ganz spezifisch erfasst oder organisiert (K 6.2); • Wissen, dass eine Sprache im Unterschied zu anderen Sprachen manche Aspekte der Wirklichkeit nicht in Worte fassen kann (K 6.6.3); • Wissen, dass es Unterschiede beim Funktionieren der Schriftsysteme gibt (K 6.9); • Wissen, dass Identität unter anderem durch die Zugehörigkeit zu einer oder mehreren Sprachen oder Kulturen entsteht (K 14). 153 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="154"?> Einstellungen und Haltungen/ attitudes (A) • Neugier zu entdecken, wie die eigene(n) oder die andere(n) Sprache(n) oder Kultur(en) funktionieren (A 3.2); • Wunsch, sich mit anderen Sprachen, anderen Kulturen oder anderen Völkern auseinanderzusetzen, die mit der persönlichen Geschichte bzw. Familiengeschichte von bekannten Personen verbunden sind (A 8.5.1); • Akzeptieren, dass eine andere Sprache Sinnkonstruktionen durch pho‐ nologische und syntaktische Unterscheidungen oder syntaktische Kon‐ struktionen organisieren kann, die von der eigenen Sprache abweichen (A 4.2.1); • Bereit sein, [sich von seiner eigenen Sprache oder Kultur zu distanzieren]; seine eigene Sprache von außen zu betrachten (A 11.1); • Bereitschaft, über Sprachunterschiede oder Kulturunterschiede und über das eigene sprachliche und kulturelle System nachzudenken (A 12.4); • Vertrauen in die eigenen Analyse- oder Beobachtungsfähigkeiten im Umgang mit wenig oder nicht vertrauten Sprachen haben (A 14.3.1). Fertigkeiten/ skills (S) • Sich auf eine bereits bekannte Sprache oder Kultur stützen können, um Verfahren zur Analyse einer anderen Sprache oder Kultur auszuarbeiten (S 1.1.3); • Wörter unterschiedlicher Herkunft auf der Grundlage verschiedener sprachlicher Indizien identifizieren (oder erkennen) können (S 2.3); • Sprachliche oder kulturelle Phänomene verschiedener Sprachen oder Kulturen vergleichen können […] (S 3); • Die Nähe und Distanz zwischen einfachen phonetischen Elementen (oder Lauten) wahrnehmen können (S 3.2.1); • Die Diskurstypen verschiedener Sprachen vergleichen können (S 3.9.1); • Die in einer anderen Sprache oder mehreren anderen Sprachen behan‐ delten Informationen in einer Sprache zusammenfassen können (S 6.4.1); • In neuen Lernsituationen auf seine Lernerfahrungen zurückgreifen können (einen Lerntransfer durchführen können) (S 7.7.3). Verfügen Lernende über eine Vielzahl an Ressourcen, können diese zur Lösung von Aufgaben bzw. in bestimmten Situationen aktiviert werden und kommen in unterschiedlichen Kombinationen in Form von Kompetenzen zum Ausdruck (Le Boterf 1994, 16, Schröder-Sura 2018, 84 f.). 154 Anna Schröder-Sura <?page no="155"?> 7 Die Praxisbeispiele wurden von Susanna Slivensky (2018) aus einem unveröffentlichten Dokument für diesen Beitrag bereitgestellt. Weitere Beispiele sind im Rahmen des Projekts „Implication des parents dans l’éducation plurilingue et interculturelle“ des Europäischen Fremdsprachenzentrums des Europarates (EFSZ) entstanden und können der Webseite des Projekts entnommen werden: ( https: / / parents.ecml.at, 28.12.2018) 8 Der Verein ist seit 2013 aktiv und wird von zahlreichen öffentlichen Einrichtungen unterstützt, u. a. vom französischen Bildungsministerium, der Nationalagentur für so‐ zialen Zusammenhalt und Chancengleichheit (Agence nationale pour la cohésion sociale et l’égalité des chances ) und der Universität Le Mans. Detaillierte Informationen sind unter dem folgenden Link verfügbar: (www.famillelanguescultures.org, 28.12.2018) 9 Die Materialien sind online verfügbar: (http: / / eole.irdp.ch/ eole/ activites.html, 28.12.2018) 10 Darüber hinaus ist 2012 ein weiterer Band erschienen, EOLE et patois (Elmiger et al. 2012), in dem zu den bestehenden Materialien ergänzende Aktivitäten in verschiedenen Schweizer Sprachvarietäten veröffentlicht wurden. Es gehört zu den Aufgaben des Unterrichts, einerseits solche Ressourcen auszubilden, andererseits die Lernenden dazu zu befähigen, sie in bestimmten Situationen auszuwählen und zu mobilisieren. 4 Vorschläge zur Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen mit Unterrichtsmaterialien und Projekten Die im Folgenden vorgestellten Unterrichtsmaterialien für die Primar- und Sekundarstufe stammen aus dem Schweizer Schulkontext und dienen vorrangig als Anregungen. An diesen Beispielen soll sichtbar gemacht werden, wie plurale Ansätze im Unterricht zum Aufbau mehrsprachiger literaler Kompetenzen beitragen können. Die Praxisbeispiele zur Projektarbeit stammen aus Le Mans in Frankreich 7 . Der dortige Verein AFaLaC „Association Famille, Langues, Cultures“ 8 setzt sich zum Ziel, die sprachliche und kulturelle Vielfalt von Kindern und ihren Familien - häufig mit Hilfe des Éveil aux langues-Ansatzes - gewinnbringend zu nutzen (faire de la diversité une richesse), baut Beziehungen mit Kindern und Eltern auf und kooperiert eng mit LehrerInnen, SchulleiterInnen, WissenschaftlerInnen, PraktikantInnen und ehrenamtlich Tätigen. 4.1 Der Éveil aux langues-Ansatz im Fremdsprachenunterricht Dieses Beispiel stammt aus der Materialsammlung Education et ouverture aux langues à l’école (EOLE) (Perregaux et al. 2003) aus der französischsprachigen Schweiz 9 und ist in der Schweiz für die Primarstufe bestimmt. Zu jedem Materialvorschlag existieren Text- und Audiodateien sowie detaillierte Handrei‐ chungen und Umsetzungsvorschläge 10 , so dass sie sehr leicht adaptiert werden 155 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="156"?> können. Im deutschen Kontext können diese Materialien bereits für Französisch als erste Fremdsprache - z. B. ab Klasse drei in der Grundschule oder auch Französisch als zweite Fremdsprache ab Klasse fünf, sechs oder sieben - genutzt werden. In diesem Beitrag wird ein kurzer Auszug einer möglichen Umsetzung exemplarisch illustriert. Das Material ist für ca. zwei Doppelstunden konzipiert. Ciel et nuages Le ciel Avec ses nuages Est un grand livre d’images Et c’est le vent Qui tourne les pages. Mais… Comment écrit-on vent? ... « an » ou « en » dans grand? ... In dem Gedicht Ciel et nuages werden ausgehend von den Lexemen grand und vent die Nasallaute thematisiert. Da eine Vielzahl von Sprachen eingesetzt werden kann, die nicht Teil des Schulcurriculums sind, ist dieses Material dem pluralen Ansatz Éveil aux langues zuzuordnen. Allerdings fokussieren einige Übungen auf zwischensprachliche Ähnlichkeiten, so dass bei der Bearbeitung auch interkomprehensionsbasierte Verfahren eine wichtige Rolle spielen. Im ersten Schritt geht es darum, die Ähnlichkeiten rezeptiv (hörend oder lesend) zu erkennen und den Inhalt zu verstehen. Im zweiten Schritt geht es um die Förderung von Sprachenbewusstheit, indem die Lernenden über den Rückgriff auf andere romanische Sprachen wie Italienisch, Portugiesisch oder Spanisch herausfinden, welche Schreibweise sich im Französischen hinter dem Nasal‐ laut / -/ verbergen kann. Die Lernenden werden herausfinden, dass der Rückgriff auf andere Sprachen dazu beitragen kann, die Orthographie im Französischen bewusster zu achten. Im Französischunterricht können den Lernenden zunächst die drei Versionen des Gedichts in Italienisch, Portugiesisch und Spanisch (siehe Anhang 1) vorgelegt werden. Zu Beginn bieten sich u. a. folgende Arbeitsauf‐ träge an: • Versucht zu verstehen, wovon der Text handelt. • Versucht herauszufinden, in welcher Sprache dieser Text geschrieben ist. • Um welche Gattung handelt es sich? • Wovon erzählt dieses Gedicht? • Wie ist es dir/ euch gelungen, das Gedicht zu verstehen? 156 Anna Schröder-Sura <?page no="157"?> 11 Bei de Pietro wird dieses Phänomen als ein „méchanisme du détour“ bezeichnet. In einem darauf folgenden Unterrichtsgespräch können diese oder ähnliche weiterführende Fragen zum mehrsprachigen Vorwissen und sozialen Umfeld der Lernenden gestellt werden, wie z.B.: • Könnt ihr die Sprachen benennen, in denen die Gedichte geschrieben sind? • Spricht jemand von euch eine dieser Sprachen? • Kennt ihr jemanden, der eine dieser Sprachen spricht? Woher? • Wisst ihr, in welchen Ländern sie gesprochen werden? • Findet ihr, dass sich diese Sprachen sehr vom Französischen unter‐ scheiden oder sind sie dem Französischen ähnlich? • Kann man diese Gedichte verstehen, auch wenn man diese Sprachen nicht spricht? • Kennt ihr Gedichte in anderen Sprachen? Weitere Fragen fokussieren gezielt die Aufmerksamkeit der Lernenden auf mögliche Regularitäten zwischen der Lautung und dem Schriftbild: • Schaut euch die beiden Wörter in allen vier Gedichten an. Was fällt euch auf ? • In den beiden Wörtern hört man den Laut [-]. Was fällt euch bei der Schreibweise auf ? Woher soll man wissen, ob das Wort mit „en“ oder „an“ geschrieben wird? Mithilfe von Audiomaterialien finden die Lernenden weitere Regelmäßigkeiten, indem sie einen „Umweg“ 11 über andere Sprachen machen (vgl. De Pietro 2003, vgl. Perregaux et al. 2003), z. B. elefant - elefANte; serpent - serpENte, ange - ANgelo, pantalon - PAntaloni. Die Lernziele dieser Aktivität decken die Bereiche Wissen, Einstellungen und Haltungen sowie Fertigkeiten ab. Die mehrsprachige Textarbeit trägt zur Förderung der Sprachenbewusstheit und Sprachlernkompetenz bei. Das Gedicht fördert über die Beispiele grand und vent die Reflexion über die Aussprache und Orthographie und regt den Einsatz sprachenübergreifender Lernstrategien an. 4.2 Elternarbeit im Kindergarten und in der Vorschule Die Bildungseinrichtungen in Le Mans/ Frankreich können für unterschiedliche Zielgruppen auf folgende Angebote des Vereins AFaLaC zurückgreifen: 157 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="158"?> 12 Narrative Ansätze bieten sprachliche und kulturelle Anknüpfungspunkte, die für das Lernen bedeutsam sein können. 13 Der Direktor der École maternelle Claude Bernard hebt die Bedeutung eines sprachen‐ freundlichen Lernumfeldes für Kinder stark hervor. In seiner Einrichtung ist er für über 140 Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren verantwortlich. Er verweist darauf, dass das Engagement der Eltern, sich aktiv in das Schulgeschehen einzubringen, stark gestiegen sei, seit mit Hilfe des Vereins AFaLaC Sprachen der Familien der Kinder in der Schule sichtbar gemacht werden. 14 Eine der beiden indigenen Sprachen auf der Insel Mayotte, einem französischen Übersee-Departement, nördlich von Madagaskar gelegen. 15 Dieses Angebot gibt es etwa alle zwei Monate. Es findet zum Zeitpunkt der Abholung der Kinder am Nachmittag statt. • Begleitung von eingewanderten Familien mit besonderem Augenmerk auf die Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit • Maßnahmen zur Wertschätzung von Sprachen und Kulturen • Angebote zum interkulturellen Austausch und zur Nutzung von narra‐ tiven 12 und pluralen Ansätzen • Materialien, wie beispielsweise zwei- und mehrsprachige Bilderbücher, aber auch Ressourcen zur Weiterbildung von Eltern • Veranstaltungen und Weiterbildungen in außerschulischen Einrich‐ tungen wie beispielsweise in Bibliotheken oder in sozialpädagogischen Einrichtungen. Die mehrsprachige Arbeit der École maternelle Claude Bernard 13 beispielsweise bezieht ausdrücklich die Eltern ein. Mit dem Angebot, in Spielgruppen, in Aushängen und in der räumlichen Gestaltung die Sprachen der Familien einzu‐ beziehen und Kommunikation in diesen Sprachen zu begrüßen, habe sich laut des Schulleiters die Haltung der Eltern gegenüber dem Kindergarten stark zum Positiven hin gewandelt. So kommt ihnen beim „Geschichtenteppich“ (tapis à histoires) eine zentrale Rolle zu. Den teilnehmenden Kindern und Eltern wird eine Bilderbuchgeschichte zunächst auf Französisch vorgelesen und gleichzeitig auf einem selbstgeschneiderten Teppich mit Stofftieren nachgespielt. Daraufhin liest ein Vater dieselbe Geschichte auf Arabisch (algerisches Arabisch), eine Mutter auf Englisch und eine weitere Mutter auf Shimaoré 14 und die Geschichte wird wiederum auf dem Geschichtenteppich dargestellt 15 . Wenn man die zu‐ schauenden Kinder beobachtet, zeigt sich, dass das Interesse an der Geschichte auch nach der vierten Version nicht abflaut. Die Freude und der Stolz darüber, dass Eltern in ihrer Sprache vor Publikum vorlesen, ist den Kindern an den Gesichtern abzulesen. 158 Anna Schröder-Sura <?page no="159"?> Eine langjährige Erzieherin und Mitgründerin des Vereins AFaLaC berichtet, dass die Geschichten von zwei Kindern in starkem Maße Einfluss auf die Grün‐ dung des Vereins genommen haben. Ein Kind verbrachte zwei Jahre im Kin‐ dergarten, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Intensive Zuwendung, ebenso wie eine sozialpsychologische Behandlung waren erfolglos. Die behandelnde Ärztin vermutete einen Zusammenhang zwischen der Sprechverweigerung des Kindes und den Sprachen ‒ der Umgebungssprache Französisch und der Herkunftssprache des Kindes. Ein anderes Kind war von Algerien über Italien nach Frankreich gekommen. Die Eltern sprachen zu Hause Italienisch, in der Schule war nur Französisch zugelassen, aber das Kind beharrte darauf, sich ausschließlich auf Arabisch auszudrücken. In beiden Fällen haben die sprachen‐ freundlichen Spiel- und Lernumgebungen, wo die Vielfalt der Sprachen in der Gemeinschaft von allen Kindern mit Spaß erfahren werden konnte, positive Entwicklungen herbeigeführt. Die Kinder lernten im Spiel mit anderen Kindern, alle Sprachen als Sprungbrett für ihre kulturelle und soziale Integration zu nutzen. Der Einsatz von pluralen Ansätzen zu Sprachen und Kulturen, in diesem Fall Éveil aux langues, hat den Kindern und ihren Familien neue Perspektiven eröffnet, so dass realen Gefahren wie Lernverweigerung, Schulabbruch und soziales Abdriften entgegengewirkt werden konnte. 4.3 Integrierte Sprachendidaktik und mehrsprachige Textarbeit in der Sekundarstufe I Als eine weitere Möglichkeit, mehrsprachige literale Kompetenzen unter Ein‐ satz vor allem der integrierten Sprachendidaktik im Fremdsprachenunterricht zu fördern, ist die Bereitstellung lehrwerkverbindender Zusatzmaterialien zu sehen, wie dies in der deutschsprachigen Schweiz mit der Broschüre Brücken zwischen envol und Open World (Klee et al. 2013) der Fall ist, in der ausgewählte Inhalte eines Englischlehrwerks und eines Französischlehrwerks vernetzt dar‐ geboten werden (Egli Cuenat et al. 2018, Manno & Egli Cuenat 2018). In diesen Zusatzmaterialien geht es darum, ab dem ersten Lernjahr der zweiten Fremdsprache, Synergieeffekte zwischen der Schulsprache, aber auch anderen Erstsprachen der Lernenden, und den vorgelernten Fremdsprachen, hier also explizit Englisch für das Erlernen des Französischen zu nutzen. Ausgehend von einem Auszug aus der Geschichte The Canterville Ghost von Oskar Wilde, die den Lernenden bereits aus dem Englischlehrwerk bekannt ist (Open World 2+, Fischer et al. 2011/ 12, 25), entdecken sie lexikalische Parallelitäten mit Französisch unter Einbezug der Plansprache Esperanto (siehe Arbeitsblatt im Anhang 2). Der Einsatz der Plansprache hat hier mehrere Funk‐ tionen. Die Lernenden wenden ihr Vorwissen aus allen vorgelernten Sprachen 159 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="160"?> an, um den Esperanto-Text zu dekodieren. Gleichzeitig wird ihr Textverständnis sowohl retroaktiv in Bezug auf die vorgelernte Sprache Englisch als auch proaktiv in Bezug auf die neu einsetzende Sprache Französisch gefördert (vgl. Klee et al. 2013, 73). © Lehrmittelverlag St. Gallen | Brücken zwischen envol und Open World (Voices, New Inspiration) - unterwegs zur Mehrsprachigkeit Esperanto wird nicht in einem bestimmten Land gesprochen. Ludwik Lejzer Zamenhof hat diese Sprache in Warschau geplant und entwickelt mit dem Ziel, die internationale Verständigung unter Menschen zu erleichtern. Esperanto ist eine Plansprache, die auch heute noch viele Anhänger auf der ganzen Welt findet. Die meisten Esperanto-Wörter entstammen dem Lateinischen oder romanischen Sprachen wie dem Französischen. Ein recht grosser Anteil kommt aus germanischen Sprachen, insbesondere aus dem Deutschen und dem Englischen. Dazu gibt es eine Reihe von Wörtern aus slawischen Sprachen, besonders aus dem Polnischen und dem Russischen. Ausserdem hat Zamenhof Wörter aus dem Griechischen entlehnt. Aufgabe 1. Lest zuerst den Text «The story so far…», damit ihr euch wieder an die Geschichte erinnert. 2. Übermalt im dreisprachigen Text alle Parallelwörter mit drei verschiedenen Farben: • Wörter, die in Englisch, Esperanto und Französisch ähnlich lauten • Parallelwörter zwischen Englisch und Esperanto • Parallelwörter zwischen Esperanto und Französisch That night, Mr Otis heard a strange sound in the corridor outside his room. He got up to see what time it was. It was one o’clock. The noise did not stop, and now he heard footsteps. He opened the door, and there he saw a terrible old man. Long white hair fell down from his head, his eyes were like fire, and heavy chains were on his hands and feet. Dum tiu nokto Sinjoro Otis aŭdis strangan bruon en la koridoro ekster sia ĉambro. Li ellitiĝis por rigardi la horon. Estis la unua. La bruo plu aŭdiĝis kaj li ekaŭdis paŝojn. Li malfermis la pordon kaj ekvidis maljunan timigan viron. Longa blanka hararo pendis de lia kapo, okuloj similis fajron kaj li surhavis pezajn katenojn ĉe siaj manoj kaj piedoj. Cette nuit-là, M. Otis entendit 1 un bruit étrange dans le corridor devant sa chambre. Il se leva pour voir quelle heure il était. Il était une heure. Le bruit continuait et maintenant il entendit des pas. Il ouvrit la porte et il vit un épouvantable vieil homme. De longs cheveux blancs pendaient de sa tête, ses yeux étaient comme du feu, de lourdes chaînes aux mains et aux pieds. 1 Das ist das passé simple, eine Zeitform der Vergangenheit, die nur in der geschriebenen Sprache vorkommt und im Gebrauch ähnlich ist wie das passé composé. B 4 The ghost appears Read the next part of the story ‘ The Canterville Ghost’. A Work in groups. Look at the excerpt on this page. What sound effects could you use to illustrate the story? Write an idea for each number (1 - 10) in your notebook. B Listen to the recording as a class and create your chosen sound effects each time there is a pause in the story. Continue in your Workbook, page 28, Exercise 4. 4 U S 5 1 15 BBB The story so far … The Otis family move into Canterville Chase. While having tea with the housekeeper, Mrs Umney, they notice a reddish-brown stain on the floor. The housekeeper tells them this is the blood of Lady Eleanore Canterville, who was murdered on that very spot by her husband, Sir Simon Canterville, a hundred years ago. He disappeared suddenly nine years later, but his ghost still walks the house. The family try to remove the stain but it simply won’t go. It returns again and again … There was thunder and lightning all that night. 1 The next morning, when they came down to breakfast they found the terrible bloodstain on the floor again. ‘I have tried to remove it,’ said Mr and Mrs Otis’ eldest son, ‘It must be the ghost making it come back.’ 2 He removed the stain again, but the second morning it was there again. That evening, Mr Otis locked the door 3 and took the key away with him. But the third morning, too, the stain was there again. All the family were interested now. Simplified version That night, Mr Otis heard a strange sound 4 in the corridor outside his room. 5 He got up to see what time it was. It was one o’clock. 6 The noise did not stop, 7 and now he heard footsteps. 8 He opened the door, and there he saw a terrible old man. 9 Long white hair fell down from his head, his eyes were like fire, and heavy chains were on his hands and feet. 10 10 Haunted houses 25 83922_OW2_StudentsBook__INHALT.indd 25 16.07.13 14: 50 B Listen to the recording as a class and create your chosen sound effects each time there is a pause in the story. Continue in your Workbook, page 28, Exercise 4. 4 S 5 1 15 BBB The Otis family move into Canterville Chase. While having tea with the housekeeper, Mrs Umney, they notice a reddish-brown stain on the floor. The housekeeper tells them this is the blood of Lady Eleanore Canterville, who was murdered on that very spot by her husband, Sir Simon Canterville, a hundred years ago. He disappeared suddenly nine years later, but his ghost still walks the house. The family try to remove the stain but it simply won’t go. It returns again and again … There was thunder and lightning all that night. 1 The next morning, when they came down to breakfast they found the terrible bloodstain on the floor again. ‘I have tried to remove it,’ said Mr and Mrs Otis’ eldest son, ‘It must be the ghost making it come back.’ 2 He removed the stain again, but the second morning it was there again. That evening, Mr Otis locked the door 3 and took the key away with him. But the third morning, too, the stain was there again. All the family were interested now. Simplified version That night, Mr Otis heard a strange sound 4 in the corridor outside his room. 5 He got up to see what time it was. It was one o’clock. 6 The noise did not stop, 7 and now he heard footsteps. 8 He opened the door, and there he saw a terrible old man. 9 Long white hair fell down from his head, his eyes were like fire, and heavy chains were on his hands and feet. 10 10 Haunted houses 25 83922_OW2_StudentsBook__INHALT.indd 25 16.07.13 14: 50 4.4 Unterstützende Elternarbeit in der Schule (Sekundarstufe I) Dass Elternarbeit auch in der Sekundarstufe angebracht ist, zeigt das abschlie‐ ßende Beispiel. Am Collège Ronceray in Le Mans haben 11 bis 15-jährige Schüler‐ Innen mit verschiedenen Herkunftssprachen im Rahmen des Unterrichts von Französisch als Zweitsprache die Möglichkeit, ihre mehrsprachige Literalität im Kontext eines besonderen Projekts zu stärken. Sie arbeiten mit individuell gestalteten Büchern: ein Kind mit Armenisch als Muttersprache bekommt ein französisches Buch mit einer Übersetzung in armenischer Sprache das Kind aus dem Senegal, das zu Hause Wolof spricht, liest in dieser Sprache aus seinem zweisprachig gestaltetem Buch vor. Das Vorlesen in ihren Sprachen üben die SchülerInnen, weil sie außerhalb der Schule im Rahmen von Sprachkursen, die die örtliche Bibliothek für die betreffenden Sprachen anbietet, als Vortra‐ 160 Anna Schröder-Sura <?page no="161"?> gende engagiert sind. Die SchülerInnen treten vor den Kursteilnehmenden als ExpertInnen für die Sprache auf, die in dem jeweiligen Kurs gelernt wird. Sie lesen die Bücher in der Zielsprache vor, erklären besonders schwierige Wörter und Zusammenhänge und greifen gegebenenfalls auf den französischen Originaltext zur Verständnissicherung zurück. Die Buchtexte wurden von Eltern mit den entsprechenden Sprachkenntnissen ehrenamtlich übersetzt und von freiwilligen HelferInnen, in die Bücher eingeklebt. Die Beteiligten an Projekten zur Förderung der Literalität in den Herkunfts‐ sprachen, nämlich Lehrkräfte, SchuldirektorInnen, Eltern und Kinder, heben hervor, wieviel Zeit und Energie sie für Sprachen investieren. Die Schulleitung ist von der Wirksamkeit des Vorgehens überzeugt. Die Sichtbarmachung, Weiterentwicklung und die Anerkennung der Kompetenzen der SchülerInnen in allen Sprachen käme nicht nur den Kindern selbst, sondern der ganzen Schule zugute. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen der Anerkennung der Sprachen, der sozialen Anerkennung, dem Wohlbefinden und der Lernbereit‐ schaft der mehrsprachigen Kinder und Jugendlichen. Türen für eine erfolgreiche Schullaufbahn öffnen und nicht verschließen ist das Ziel, das am Collège Ronceray mit der tatkräftigen Unterstützung des Vereins verfolgt wird. 5 Abschließende Überlegungen Unser Umfeld und somit auch das Lernen sind heute mehr denn je geprägt von sprachlicher und kultureller Diversität, medialer Vielfalt sowie unterschiedli‐ chen sozialen Kontexten und Praktiken. Das stellt nicht nur die Lernenden selbst, sondern auch die verantwortlichen Institutionen und das Elternhaus vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig ist diese veränderte Lernsituation heute als eine Chance zu verstehen, die mitgebrachten Fähigkeiten der Lernenden gezielt in weitere Lernprozesse miteinzubeziehen. Als Voraussetzung dafür gilt nicht nur ihre Anerkennung, sondern auch ihre Stärkung. Das Beispiel des französischen Vereins gibt Einblicke in und Anregungen zum entspannten und wertschätzenden Umgang mit Mehrsprachigkeit von Kindern und ihren Familien. Kinder erfahren Selbstsicherheit im Umgang mit ihren sprachlichen Repertoires. Auch ihre LehrerInnen und das gesamte soziale Umfeld profitieren von einem mehrsprachigen (Selbst-)Bewusstsein. Pluriliteralität bzw. mehrsprachige literale Kompetenzen tragen zur Bewälti‐ gung dieser komplexen Anforderungen innerhalb und außerhalb der Institution Schule bei. Das Konzept von Pluriliteralität wird bislang insbesondere auf vorschulisches Lernen und die Primarstufe und im hiesigen Kontext auf den Deutschunterricht bzw. DaZ-Unterricht bezogen (vgl. Wieler 2013). Es erfordert 161 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="162"?> eine systematische Weiterentwicklung im Sinne einer horizontalen und verti‐ kalen Kontinuität für alle Zielgruppen, d. h. für alle Altersstufen und über die traditionellen Ziele der Sprachfächer hinaus. Wie in Kapitel 2 bereits erörtert, werden unter Pluriliteralität mehrsprachige, mehrkulturelle, multimodale und multimediale Kompetenzen verstanden. Die pluralen Ansätze fokussieren auf die Förderung von Mehrsprachigkeit sowie Mehrkulturalität. Multimodale und multimediale, d. h. vielfältige genre - und medienübergreifende, Kompetenzen werden durch die Deskriptoren im REPA nicht explizit erfasst, weder im Hinblick auf die Beherrschung und koordinierte Nutzung von multimodalen und -medialen Ausdrucksweisen, noch auf den intermodalen und -medialen Transfer. Gleichwohl kann der REPA den Zugang zu diesen Dimensionen der kommu‐ nikativen Vielfalt erleichtern, denn auch für diese Bereiche sind Deskriptoren wie Interesse für die Vielfalt, bewusste Wahrnehmung und Beobachtung von Varietäten, Wechsel zwischen Varietäten innerhalb eines Diskurses oder zwi‐ schen Diskurstypen von großer Bedeutung. Wer auf der Suche nach Lernwegen zur Ausbildung von mehrsprachigen literalen Kompetenzen bei Lernenden und somit zur Förderung ihrer „aktive[n] Teilhabe an vielfältigen Formen von Kommunikation“ (vgl. Hallet 2008) ist, wird das Potential von pluralen Ansätzen zu Sprachen und Kulturen schätzen lernen. 6 Literatur Beckers, Jacqueline. 2002. Développer et évaluer des compétences à l’école : vers plus d’efficacité et d’égalité. Brüssel : Labor. Bürki, Trix / Schnitzer, Katja. 2018. „Mehrsprachige literale Förderung. Ein Handlungs‐ feld für die Ausbildung von Deutschlehrpersonen“, in: Sabine Kutzelmann / Ute Massler (Hrsg.): Mehrsprachige Leseförderung: Grundlagen und Konzepte. Tübingen: Narr Studienbücher, 115-129. Byram, Michael. 2003. Intercultural competence. Straßburg: Europarat. Byram, Michael. 1997. Teaching and Assessing Intercultural Communicative Competence. Clevedon: Multulingual Matters. Candelier, Michel. 2003. Evlang - l’éveil aux langues à l’école primaire - Bilan d’une innovation européenne. Brüsseel: De Boek - Duculot. 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Erschliesst die Wortbedeutung mithilfe der Parallelwörter (Englisch, Französisch, Deutsch usw.) oder erratet sie aus dem Satzzusammenhang. Haunted houses: ‘The Canterville Ghost’ by Oscar Wilde (2) Einige Regeln 1 Die Wortarten erkennt ihr bereits an den Endungen: Nomen haben ein -o, Adjektive ein -a. 2 Es gibt keinen unbestimmten Artikel, nur einen bestimmten, der sich nicht verändert: la 3 Bei der Mehrzahl wird bei den Nomen und Adjektiven ein -j an die bestehende Endung angefügt. 4 Steht ein Nomen oder Adjektiv als Akkusativobjekt, wird ein -n hinzugefügt. 5 Die Verben im Infinitiv (Grundform) haben immer die Endung -i. 6 Die Verben haben in allen konjugierten Zeitformen unabhängig von Person und Zahl nur eine Form. Endungen: • Präsens (Gegenwart): as z. B. mi skribas = ich schreibe • Präteritum (Vergangenheit): -is z. B. vi skribis = du schriebst 7 Die Vor- und Nachsilben haben im Esperanto eine grosse Bedeutung: • bona ≠ malbona (gut ≠ schlecht) maldrückt das Gegenteil aus • rivero = Fluss rivereto = Flüsschen, Bach -etdrückt Verkleinerung aus • riverego = Strom -egdrückt Vergrösserung aus deutsche Übersetzung _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ Er verliess das Bett (lito = Bett), um zu … _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ _____________________________ Esperanto Longa blanka hararo (Haar) la koridoro la bruo manoj kaj (und) piedoj li audis strangan bruon li surhavis (anhaben) pezajn katenojn Li ellitiĝis por rigardi la horon. Sinjoro Otis aŭdas bruon. Estis la unua. maljunan viron Li malfermis la pordon. ĉambreto pordego 167 Förderung mehrsprachiger literaler Kompetenzen <?page no="169"?> „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht Ergebnisse einer Studie zu den Fächern Spanisch, Portugiesisch und Italienisch mit Blick auf die Perspektive der Schüler/ innen, state of the art der unterrichtsmethodischen Forschung und Anregungen für die Praxis Daniel Reimann 1 Problemaufriss und Hinweise zum Forschungsstand Wie behandelt man Schülerinnen und Schüler mit hispanophonem Familienhin‐ tergrund im Spanischunterricht als Fremdsprache, wie solche mit lusophonem Hintergrund im Portugiesischunterricht usw.? Der Sonderfall, in dem Her‐ kunftssprecher/ innen (zum Begriff vgl. z. B. Rothmann 2009, Cantone / Di Venanzio 2016, 36 f.) ihre Herkunftssprache als Zielsprache eines Fremdspra‐ chenunterrichts wählen, wurde seitens der deutschsprachigen romanistischen Fremdsprachenforschung bislang nur sehr wenig untersucht (z. B. García García 2019 zum bilingualen Sachfachunterricht Spanisch, Reimann 2020 zum grundständigen Spanischunterricht) und noch nicht abschließend theoretisch modelliert. Es handelt sich um eine besondere Facette des weiten Bereichs der Mehrsprachigkeitsdidaktik (einführende Forschungsberichte aus romanis‐ tischer Sicht z. B. Reimann 2018, García García / Reimann 2020). In Reimann 2020 (bes. 213-221) und in Reimann 2021a (im Druck) habe ich den Forschungsstand zum Komplex „Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund“ überblickend aufbereitet, und zwar insbesondere mit Blick auf die Bereiche „Mehrsprachigkeitsdidaktik und Herkunftssprachen“, „Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Unterricht der slawischen Sprachen“, „Forschung zur Situation von Schülerinnen und Schülern mit hispa‐ nophonem Hintergrund in den USA“, „Herkunftssprachlicher Unterricht in den romanischen Sprachen (Reimann 2020, 213-221) sowie zu Lernvoraussetzungen und methodischen Ansätzen für „mixed classes“, also gemischten Lerngruppen, <?page no="170"?> in denen Schülerinnen und Schüler ohne und mit zielsprachlichem Hintergrund eine Sprache offiziell als Fremdsprache erlernen (Reimann 2021a, im Druck). 2 Zwischenergebnisse des Projekts „Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Unterricht der romanischen Sprachen“ Methodik und ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprojekts zum Komplex „Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Unterricht der romanischen Sprachen“ wurden in Reimann 2020 und Reimann 2021b dokumentiert. Die dem Projekt zugrundeliegende, übergeordnete Forschungs‐ frage lautet vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, schulpraktischen und theoretischen Kontexts sowie des aktuellen Forschungsstandes: Wie werden Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Un‐ terricht der romanischen Sprachen der Sekundarstufen I und II an Gesamtschulen und Gymnasien behandelt und gefördert (und wie könnten sie besser gefördert werden)? Insgesamt liegen bezogen auf die Sprachen Spanisch, Portugiesisch und Italienisch folgende zwischen 2017 und 2018 erhobene Datensätze vor: • eine schriftliche Befragung von Studierenden (110 Fragebögen mit geschlossenen und offenen Fragen) • elf leitfadengestützte problemzentrierte Schülerinterviews (jeweils ca. 30 Minuten) • fünf leitfadengestützte problemzentrierte Lehrerinterviews (jeweils ca. 30-45 Minuten). Aus den bisher im genannten Projekt ausgewerteten Daten gehen die im Folgenden zusammengefassten Ergebnisse hervor: Sowohl innerhalb der ein‐ zelnen Datensätze (Studierende, Schüler/ innen, Lehrkräfte) als auch über die Datensätze der verschiedenen Gruppen hinweg ergibt sich ein in sich weit‐ gehend konsistentes Bild der Wahrnehmungen der beteiligten Akteure. Es kann festgehalten werden, dass es sich bei der Präsenz von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund im Spanisch-, Portugiesisch- und Italienischunterricht in der untersuchten Region (Nordrhein-Westfalen) um eine spürbare Realität in den meisten Lerngruppen handelt. Mit Blick auf individuelle Lernervariablen der betroffenen Jugendlichen ist festzustellen, dass 170 Daniel Reimann <?page no="171"?> 1. hochgradig individuelle Sprachenbiographien vorliegen, 2. herkunftssprachlicher Unterricht im Sinne einer mehrsprachigen Lite‐ ralitätsentwicklung im Vorfeld des Fremdsprachenunterrichts als be‐ deutsam wahrgenommen, 3. die affektiv-emotionale Variable Motivation eine zentrale Rolle spielt und in der Darstellung der Betroffenen eng mit den Lernemotionen Freude und Frustration / Verdruss verbunden wird. Im Zusammenhang mit den individuellen Sprachenbiographien kann das Be‐ wusstsein der Schülerinnen und Schüler für das Potential der Vernetzung von Schulfremdsprachen, aber auch anderer romanischer Herkunftssprachen mit der jeweiligen Zielsprache immer wieder belegt werden (z. B. zum Portugiesi‐ schen Reimann 2021b, im Druck). Weiterhin können auf der Grundlage der vorliegenden Datensätze prototypische Leistungsprofile und Leistungskurven formuliert sowie Stärken und Schwächen von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund in bestimmten Bereichen angenommen werden - auch diesbezüglich stimmen die Aussagen von Studierenden (Retrospektion), Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften weitgehend überein. So werden Stärken vor allem in den Bereichen Aussprache und freies Sprechen, mitunter auch (Alltags-) Wortschatz ausgemacht, Schwächen eher in den Bereichen Orthographie, grammatikalischer Korrektheit sowie deklaratives Grammatik‐ wissen, mitunter auch Schreiben insgesamt (z. B. Reimann 2020, 227, 234, 240). Die (Selbst-) Einschätzung der Schülerinnen - auch im Vergleich zu den Schü‐ lerinnen und Schülern ohne zielsprachlichen Hintergrund - fokussiert mitunter die eigenen Schwächen vor allem in den Bereichen Fach-/ Bildungssprache, schriftliche Textproduktion und metakognitive Strategien. Im fortgeschrittenen und bildungssprachlichen Bereich wird auch der Wortschatz als Problemfeld in der Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler mit zielsprach‐ lichem Hintergrund wahrgenommen (vgl. bes. Reimann 2021b, im Druck). Prototypische Leistungskurven lassen daher auch einen „leichten“ Einstieg in die Zielsprache des Fremdsprachenunterrichts erleben, der immer wieder von einem Leistungsabfall gefolgt wird, in dessen Folge sich dieser Leistungsabfall entweder fortsetzt oder aber es zu einer Konsolidierung der Leistungen infolge stärkerer Anstrengungen kommt (z. B. Reimann 2020, 236). Aus den vorliegenden Aussagen von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Studierenden gehen folgende drei Problemkreise hervor, in denen nach‐ folgende Forschungs- und Entwicklungsprojekte ihre Schwerpunkte legen könnten: 171 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="172"?> 1. Problemkreis 1: Unterforderung vs. spezifische Schwächen 2. Problemkreis 2: Selbstüberschätzung / Überheblichkeit (auch der Eltern) 3. Problemkreis 3: Einbeziehung in den Unterricht / Mitarbeit / Aktivierung und Bewertung, wobei Problemkreis 3 sicherlich die zentrale und größte Herausforderung darstellt, aus deren Bewältigung sich auch Lösungen für die ersten Bereiche ergeben würden (vgl. Reimann 2020, 241 f.). Darüber hinaus können aus den Datensätzen u. a. Wünsche betroffener Schülerinnen und Schüler zu ihrer Förderung abgeleitet werden. So werden mit Blick auf die (Binnen-) Differenzierung und Individualisierung anspruchsvolle und ansprechende, mithin motivierende Aufgaben, eingefordert, sowie eine Förderung gerade auch im Bereich der Schriftlichkeit und der bildungssprach‐ lichen Ebene explizit gewünscht. Mitunter wurde explizit der Wunsch nach Aktivitäten und Materialien zur Differenzierung deutlich (z. B. wird auch die Einbeziehung als Helfer/ in explizit gewünscht), aber auch die Gleichbe‐ handlung bei Meldungen eingefordert (hier wurde immer wieder beobachtet, dass Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund bei Meldung nicht aufgerufen werden) sowie die Berücksichtigung der Herkunftsvarietät als Wunsch geäußert. Weiterhin entsteht aus den verschiedenen Datensätzen ein sich ergänzendes Bild über derzeit offensichtlich praktizierte Formen der Einbeziehung und der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund (welches natürlich ebenfalls in Folgestudien, insbesondere durch Unterrichts‐ beobachtung, geprüft werden müsste, s. u. Abschnitt 4). 3 Die Perspektive der Schülerinnen und Schüler - 10 ausgewählte Aspekte aus Befragungen zum Spanischen, Portugiesischen und Italienischen als schulischen Fremdsprachen Im Folgenden sollen ausgewählte Ergebnisse aus den bislang vorliegenden Untersuchungen mit Fokus auf die Perspektive der betroffenen Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund vorgestellt werden. Die thesen‐ artig zusammengefassten und durch Zitate aus dem Untersuchungskorpus veranschaulichten vorläufigen Erkenntnisse beziehen sich u. a. auf folgende Aspekte: • Bewusstheit für Spezifika der eigenen Lernausgangslage (1. - 4.) • Motive und Motivation für die Wahl der Herkunftssprache als Zielsprache als Schulfach (5. - 8.) 172 Daniel Reimann <?page no="173"?> • Wahrnehmung eigener Stärken und Schwächen (9.) • Wünsche zur Berücksichtigung ihrer Lernausgangslage (10.). 1. Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Fremd‐ sprachenunterricht sind sich ihrer häufig komplexen Sprachenbiogra‐ phien bewusst. Die als Herkunftssprecher/ innen im weitesten Sinne betroffenen Schülerinnen und Schüler sind sich der Besonderheit ihrer Lernausgangslage durchaus be‐ wusst. Sie sind in der Lage, über ihre - in einigen Fällen durchaus komplexe - Sprachenbiographie Auskunft zu geben. In manchen Fällen beschränkt sich ihre Mehrsprachigkeit nicht auf Bilingualismus im engeren Sinne, sondern sie wachsen z. B. dreisprachig auf, und sprachliche Dominanzen verschieben sich durch wiederholte Migration (vgl. das ökologische Modell der Mehrsprachigkeit von Aronin und O´Laoire 2004). So beschreibt etwa ein Oberstufenschüler des Faches Spanisch seine dreisprachige Situation wie folgt: (1) Also mein Vater ist [Nationalität aus Südamerika], meine Mutter ist [Nationalität aus Mitteleuropa]. Die Erstsprache, die ich gelernt habe, war [slawische Sprache]. Da war aber das Prob/ , also meine Mutter spricht auch Spanisch, aber mein Vater kein [slawische Sprache] und dadurch war halt das Problem, dass ich mich nur mit meiner Mutter verständigen konnte. Also habe ich auch wegen Familie und so etwas dann Spanisch gelernt. Das ging dann bis kurz vor dem Kindergarten. Also ich würde sagen mit zw/ drei konnte ich auf jeden, zwei, drei konnte ich Spanisch und [slawische Sprache] und dann kurz, ich bin mit vier, glaube ich, in den, drei oder vier in den Kindergarten gekommen und davor habe ich nochmal dann Deutsch gelernt. #-08: 56# (Sp S03, 210-221) Im weiteren Verlauf beschreibt der Befragte, wie durch Kindergartenbesuch und Schule das Deutsche auch zu Hause für ihn zur Verständigungssprache wurde, die slawische Sprache zunehmend in den Hintergrund trat und nur mehr von der Mutter verwendet wird (bei Antworten des Befragten auf Deutsch). Er spricht sich in dieser Sprache derzeit überwiegend rezeptive Kompetenzen (v. a. Hörverstehen) zu. Auch das Spanische war zwischenzeitlich verdrängt worden, 173 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="174"?> wurde dann aber bewusst als spät beginnende Fremdsprache gewählt, so dass hier seit der 10. Jahrgangsstufe wieder ein Kompetenzzuwachs wahrgenommen wird (vgl. Sp S03, 235-272, vgl. Reimann 2020, 228 f.). Auch wird die komplexe sprachliche Situation innerhalb der Familien bei‐ spielsweise durch Oberstufenschüler im Fach Portugiesisch bewusst reflektiert. So dient im Umgang mit einzelnen Familienmitgliedern jeweils eine andere Sprache als dominante Sprache, wobei in den meisten Fällen für alle Adres‐ satinnen und Adressaten auch die Möglichkeiten des code mixings und code switchings sowie der Polyphonie im Sinne Tracys angesprochen werden (vgl. z. B. Jeuck 2015, 44, Müller et al. 2015, 24 f., Tracy 2014, 26, vgl. Reimann 2018, bes. 34 f., weiterführend vgl. Reimann 2021b). (2) […] also meine Mutter spricht, wie vorher auch, mit mir Portugiesisch und mit meiner Schwester spreche ich natürlich Deutsch. Also es ist halt, ich weiß nicht also, das kommt halt einfach, dass man mit seinen Geschwister nicht wirklich, also ich spreche nicht wirklich mit meinem Geschwistern, also mit meiner Schwester Deutsch, äh, Portugiesisch, also eher Deutsch, aber natürlich auch manchmal Portugiesisch und mit meinem Vater so gemischt. #-19: 35# (S01, 459-466) (vgl. z. B. Pg S02, 559-561) 2. Schülerinnen und Schüler mit zielsprachigem Hintergrund sind sich teilweise bewusst, dass sie eine Varietät der Zielsprache in den Fremd‐ sprachenunterricht einbringen. Es gibt im vorliegenden Korpus Anhaltspunkte dafür, dass sich Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund der Tatsache, dass sie innerhalb der Familie vor allem mit Varietäten der Herkunfts- und Zielsprache des Fremdsprachenunterrichts in Kontakt kommen, bewusst sind oder im Laufe des Sprachlehrgangs bewusst werden. So formuliert eine Schülerin des ersten Lernjahres Spanisch in Jahrgangsstufe 8: (3) Ja, einfach auch so selber nochmal/ also wie gesagt, ich lerne immer noch ein bisschen dazu und ich kann einfach noch ein bisschen verbessern und auch, also 174 Daniel Reimann <?page no="175"?> meine Eltern kommen aus Argentinien und da ist es so ein bisschen anders. Also die Spra/ man spricht so ein bisschen anders als in Spanien und dann lerne ich auch jetzt die spanischen Wörter wirklich aus Spanien. Also ein paar sind halt anders. #-02: 04# […] Zum Beispiel beim/ die Verben werden anders konjugiert. Also die zweite Person Singular, die ist anders und auch ein paar Wörter wie zum Beispiel Obst wie Erdbeere [Arg. frutilla vs. fresa] oder sowas ist auch anders. #-02: 22# […] Ja und auch die Aussprache in Argentinien ist ein bisschen anders. Das/ also zum Beispiel das Ypsilon wird so sch ausgesprochen und in Spanien halt so anders, halt so j. #-02: 42# (Sp S01, 44-51, 56-59, 68-70) Eine Schülerin der Jahrgangsstufe 12 mit Portugiesisch als spät beginnender Fremdsprache beschreibt das sich entwickelnde Varietäten-Bewusstsein an‐ schaulich wie folgt: (4) Ich bin ganz oben im Norden, ganz in der Nähe von Spanien und letztes Jahr hatten wir auch, letztes Jahr, ja letztes Jahr, da hatten wir mit Deutschland auch Austausch nach Lissabon und alle Portugiesen da aus Lissabon haben sofort gesagt, du kommst aus dem Norden, obwohl ich merk das gar nicht, vielleicht reden die genauso wie ich, aber die merken das irgendwie. Ich versteh das gar nicht. #-11: 19# (Pg S04,336-343) Eine Schülerin des spät beginnenden Italienischunterrichts (mit in der Vergan‐ genheit besuchtem herkunftssprachlichen Unterricht) reflektiert die komplexe Entwicklung der eigenen Kompetenz in Standardsprache und (Herkunfts-) Dialekt: (5) wenn ich in Italien bin, mein Opa beispielweise, der kann nicht so gut dieses Standarditalienisch. Er spricht immer das Dialekt und ich muss ja mich mit ihm verständigen können. Ich kann das einfach, weil mein Charakter auch so ist, weil ich es lernen wollte. Bzw. mein Bruder, hab ich ja erwähnt, er kann das zum 175 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="176"?> Beispiel nicht. Er sitzt dort und sagt, okay ich verstehe es, aber ich kann nicht zurück antworten und traut sich das Zurückantworten im Dialekt nicht und ich spreche es einfach fließend. […] Ne, als Kind nicht. Das kam erst später. Verstehen, also verstanden habe ich es immer seitdem ich Kind bin, aber mit dem Reden, hab ich erst mit 14 angefangen. Da hab ich mich das erst getraut und gesagt, jetzt darf ich das auch. Meine Mutter hat immer gesagt, nein, bitte nicht Dialekt sprechen und meine Italienischlehrerin hat das auch immer gesagt. Zuhause ja, aber nicht im Unterricht hier. […] Aber es ist relativ einfach beides zu managen. Also es ist für mich kein Problem. Ich weiß auch mit wem ich das reden kann und mit wem nicht. D.h. wenn ich Italien bin und im Norden bin, dann hören die das gar nicht raus, dass ich aus dem Süden komme. Dann sagen die, oh das hab ich jetzt gar nicht erwartet. Man hört ja gar kein Akzent bei dir und das kam wirklich nur wegen diesem herkunftssprachlichen Unterricht. […] Die Lehrerin sagte immer, vergesst niemals euren Dialekt. Das braucht ihr immer […] aber versucht es mit dem normalen Italienisch, auch mit dem höflichen Reden. Das können ja viele nicht, selbst in Italien nicht. #-30: 38# (It S03, 597-639). Der Wunsch, dass die eigene Herkunftsvarietät im Spanischunterricht Berück‐ sichtigung findet, wird von den Schülerinnen und Schülern wiederholt geäußert. Auch geben manche Lehrkräfte an, die Lernenden u. a. durch Zusatzmaterial zu einzelnen Varietäten zu fördern. Das Ziel der Entwicklung einer rezeptiven Varietätenkompetenz (vgl. Reimann 2017) darf für Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund in besonderem Maße gelten und kann einen Förderbereich der „Differenzierung nach oben“ für diese Zielgruppe darstellen. 3. Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund verfügen insgesamt über ein ausgeprägtes inter- und transkulturelles Bewusst‐ sein. Durch die Datensätze hinweg findet sich die Aussage, dass eine grundlegende Offenheit für Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität möglicherweise durch 176 Daniel Reimann <?page no="177"?> die persönliche Situation begünstigt sein könne, dass aber kulturelle Offenheit grundsätzlich eher eine Frage der Erziehung und der Bildung sei. Exemplarische Formulierungen lauten etwa: (6) Also, ich glaube, dass kommt immer auf den Menschen an. Ich persönlich bin für alles offen. Ich hab keine Vorurteile gegenüber keiner Kultur. Ich habe auch viele Freunde, die aus anderen Kulturen kommen. Also ich würde jetzt nicht sagen, also ich kann das jetzt nicht beurteilen, ob ich halt gegenüber anderen Leuten, die nicht zweisprachig aufgewachsen sind oder zwei Kulturen, offener bin. Würde ich jetzt nicht sagen, ich würde halt sagen, von der Erziehung jetzt herkommt, ob man jetzt gegenüber anderen offen ist oder nicht. Das jetzt halt nicht mit der eigenen Kultur jetzt zusammenhängt. #-25: 27# (Pg S01, 609-619) (7) Ich würde schon sagen generell, aber ich würde auch sagen, dass hat was mit der Erziehung zu tun. Also nicht unbedingt das Kulturelle. Ich würde schon sagen, dass wir interessiert sind an anderen Kulturen, aber es kommt echt auf die Erziehung an, wie man dann anderen Sachen, ob man dann aufgeschlossen ist, aber ich würde sagen ein generelles Interesse besteht schon. #-27: 13# (Pg S02, 701-714) 4. Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund erkennen das mehrsprachigkeitsbedingte Potential bisweilen mehr bei anderen Lernenden als bei sich selbst. Das besondere Potential, das aus mehrsprachigen Biographien erwächst, er‐ kennen die Schülerinnen und Schüler teilweise eher bei Mitschülerinnen und Mitschülern als bei sich selbst. So attestieren sich nur wenige Befragte selbst einen leichteren Zugang zu anderen Sprachen auf der Grundlage ihrer lebens‐ weltlich bedingten Kompetenzen in einer romanischen Sprache, benennen aber sehr wohl - teilweise initiativ - Vorteile und erleichterte Zugänge zum Erlernen einer weiteren romanischen Sprache bei anderen romanophonen 177 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="178"?> Mitschülerinnen und Mitschülern. Beispielsweise formuliert ein Schüler einer 11. Jahrgangsstufe mit Spanisch als spät beginnender Fremdsprache: (8) In meiner Spanischklasse ist noch ein Portugiese. Der, würde ich sagen, hat es auch einfacher. Die Sprachen sind ja verwandt. Ja, also mittlerweile ist der auch, glaube ich, ist der auch nicht mehr s/ überragend, würde ich sagen, aber so wie er es halt früher war, aber gerade letztes Jahr in der EF hat man dann schon gemerkt, dass er durch sein Portugiesisch sich, dass ihm das auf jeden Fall weitergeholfen hat mit Spanisch. #-08: 05# (Sp S03, 194-201) Eine weitere Probandin, hier der 11. Jahrgangsstufe im Fach Portugiesisch als fortgeführter Fremdsprache, erwähnt herkunftssprachliche Kompetenzen in einer anderen romanischen Sprache und schul(fremd)sprachliche Kompetenzen in einer anderen romanischen Sprache in unmittelbarem Zusammenhang, d. h., sie scheint sich der Tatsache bewusst, dass sowohl herkunftssprachliche als auch schul(fremd)sprachliche Kompetenzen in einer anderen romanischen Sprache der Aneignung des Portugiesischen zuträglich sein können. Im kon‐ kreten Fall geht es um eine Mitschülerin ohne zielsprachlichen Hintergrund im Portugiesischen, die Italienisch als Herkunftssprache und Französisch als Schulfremdsprache in ihrer Sprachenbiographie aufweist: (9) Also, ich weiß nicht recht ob sie einen Vorteil hat, aber man merkt schon, dass sie leicht vom Italienischen mit dem Portugiesischen verbinden kann. Das es halt, ich glaube, die beiden hatten auch Französisch und Französisch und Portugiesisch sind ja auch ein bisschen ähnlich und da können sie sich auch aus dem Französischen ableiten. #-10: 12# (Pg S01, 241-247) Generell werden Französisch und Italienisch immer wieder als hilfreiche (potentielle) Brückensprache zu weiteren romanischen Sprachen angesehen, unabhängig davon, ob sie Schul- oder Herkunftssprachen sind: (10) Also die hatten beide Französisch, also Französisch hilft dabei auch ein bisschen, weil die Sprache ja, die haben ja auch so dieselbe Herkunft ungefähr. Ita- 178 Daniel Reimann <?page no="179"?> lienisch, das würde auch helfen. Die andere Mitschülerin ist Italienerin. Ich glaub, ich weiß jetzt nicht genau, ob sie Italienisch spricht, ich meine die kann paar Wörter, aber ich würde sagen, dass hilft auf jeden Fall. #-07: 22# (Pg S02, 180-186) Auch das Englische, das u. a. aufgrund seines hohen romanischen Anteils im Wortschatz (z. B. Bähr 1997, 73-78, vgl. Reimann 2018, bes. 51-53, dort auch weiterführende Hinweise, vgl. z. B. Französisch heute 2, 2009, Leitzke-Ungerer / Blell / Vences 2012), aber auch aufgrund ähnlicher Phänomene in der Grammatik (vgl. z. B. Mertens 2009), zahlreiche Anknüpfungspunkte für das Erlernen romanischer Sprachen bietet, wird von den Schülerinnen und Schülern explizit thematisiert. Immer wieder wird vor allem das Transferpotential im Bereich des Wortschatzes wahrgenommen. Wiederum eine Schülerin der 11. Jahrgangsstufe im Fach Portugiesisch als fortgeführte Fremdsprache beschreibt dies wie folgt: (11) Englisch finde ich zum Beispiel ziemlich einfach, weil ich glaube man kann mehr Wörter im Englischen auf die portugiesischen Wörter beziehen als auf deutsche. Das heißt, manchmal wenn mir im Englischunterricht kein Wort einfällt, was ist das Portugiesische und von dem Portugiesischen komm ich aufs Englische. #-26: 17# (Pg S02, 686-694) 5. In vielen Fällen ist der persönliche, familiäre Bezug zur Sprache und zum Sprachraum ein wesentliches Motiv für die Wahl der Herkunftssprache als „Fremdsprache“. Als zentrale Motive, ihre Herkunftssprache als Schulfach / „Fremdsprache“ zu wählen, nennen die Schülerinnen und Schüler zumeist einen persönlichen Bezug zur jeweiligen Sprache, eine positive Bindung an die Sprache und die Wahrnehmung einer sprachlichen „Heimat“. Bisweilen wird auch der Ehrgeiz, sich in der Sprache zu verbessern, benannt. Nicht zuletzt gibt es auch das ext‐ rinsische Motiv einer in dieser Sprache vermeintlich oder tatsächlich leicht(er) zu erzielenden „guten Note“, wobei dieses Motiv im vorliegenden Korpus nicht dominant ist. Dieselben Motive werden im Übrigen auch von den Lehrkräften mit Bezug auf ihre Schülerinnen und Schüler angenommen (vgl. Reimann 2020, 179 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="180"?> 253). So kann folgendes Zitat eines Spanisch-Schülers der Jahrgangsstufe 11 als die zentralen Aspekte zusammenfassend gelten: (12) und ich habe es eben auch gewählt, damit ich mich mit meinen Verwandten zum Beispiel vernünftig unterhalten kann und nicht immer die Wörter suchen muss und, ja. #-02: 38# (Sp S03, 60-63) Häufig werden die Herkunftssprachen positiv wahrgenommen, z. B. mit Blick auf den Klang: (13) […] weil die Sprache gefällt mir halt ziemlich gut. Ist ja meine Muttersprache und ich habe mir eigentlich gar keine Gedanken über die Noten gemacht, aber die kamen dazu. #-02: 23# (Pg S02, 76-78) Die Motivation, die eigene Sprachkompetenz gerade auch im schriftsprachli‐ chen Bereich zu verbessern, wird exemplarisch an folgender Aussage eines Schülers der 11. Jahrgangsstufe mit Italienisch als spät beginnender Fremd‐ sprache deutlich: (14) Naja, es ist so, dass ich mit meiner Familie, also mit meiner Mutter rede ich auch Italienisch. Also so ein Mix Deutsch-Italienisch und wenn wir in Italien sind, dann sprech ich auch mit meinen Verwandten auf Italienisch. Aber so schriftlich habe ich - abgesehen von meiner Erfahrung in der Grundschule als ich da anderthalb Jahre in Italien in der Grundschule, hatte ich nicht wirklich Erfahrungen mit der Sprache gemacht. Und dann wollte ich mich halt verbessern und wollte das schriftliche Italienisch beherrschen, damit ich dann vielleicht eventuell später dort studiere. Oder was auch immer. #- 1: 23 # (It S02, 27-33) 6. Freude im Unterricht der Herkunftssprache als Fremdsprache wird schülerseitig mit Lernökonomie, vor allem aber mit Lernzuwachs und mit herausfordernden Aktivitäten und Inhalten assoziiert. 180 Daniel Reimann <?page no="181"?> Zwar berichten Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund in den Fächern Spanisch, Portugiesisch und Italienisch auch die Wahrnehmung von Freude infolge des aufgrund ihrer Vorkenntnisse leichteren Zugangs zum (neuen) Schulfach, immer wieder aber deutlich, dass die Lernemotion Freude vor allem mit Lernzuwachs und mit aus Sicht der Schülerinnen und Schüler herausfordernden, anspruchsvollen Aktivitäten, Aufgaben und Inhalten asso‐ ziiert wird. Eine Schülerin der 12. Jahrgangsstufe im Fach Spanisch als spät beginnender Fremdsprache beschreibt dies retrospektiv wie folgt: (15) Also ich hatte auf jeden Fall Freude. Das hat Spaß gemacht. Also am Anfang vor allem war es halt sehr entspannt, sage ich mal, also wo man halt noch so die Grundlagen gelernt hat und so „Hallo, wie geht’s dir? “ oder so. Das war dann halt, ja halt alles, ja, kannte ich halt schon alles, aber später kamen dann halt auch noch so andere Themen dazu, wie zum Beispiel die Geschichte oder so alles von Spanien und das (lacht) war dann halt eigentlich neu für mich, weil ich zuhause mit meiner Mutter mehr nur so Spanisch halt spreche, so normale Dinge, wie zum Beispiel über das Essen oder halt so alltägliche Situationen und jetzt nicht so viel über die Geschichte von Spanien oder halt andere Themen, die wir gemacht haben. Das war dann auch neu und interessant für mich. #-02: 16# (Sp S04, 43-57) Auch eine Schülerin der 11. Jahrgangsstufe im Fach Portugiesisch als fortge‐ führter Fremdsprache betont explizit die Bedeutung motivierender Inhalte, die über die üblichen und häufig in Variationen wiederholten Themen hinaus‐ weisen: (16) Halt ich mag es persönlich lieber, wenn man halt über Literatur oder über Geschichte, halt weniger über halt wirklich dieses Thema Tourismus, halt Städte und sowas, was man natürlich auch dran nimmt, besonders halt der Tourismus in Portugal oder bzw. Brasilen oder generell halt die Geschichte halt mit Brasilien. Das ist auch immer das immer wieder kommt, wo man dann gelangweilt ist. #-04: 38# (Pg S01, 109-116) 181 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="182"?> Als anspruchsvolle und ansprechende Aktivitäten werden z. B. zusätzliche Aufgaben, aber auch die Moderation von Teilen von Unterrichtsstunden, von Diskussionen usw. bezeichnet, aber auch ganz generell der Einsatz als Helfer/ in und Unterstützer/ in der anderen Schülerinnen und Schüler: (17) Wenn wir mal, (…)wenn wir mal so etwas, also wenn wir Dialoge formulieren müssen, oder so etwas, dann. Das macht aber Frau X schon ganz gut, dann setzt sie uns Italiener, also Schüler mit italienischem Hintergrund, zusammen oder lässt uns zusammen in einer Gruppe arbeiten. Und dann fällt es uns dann natürlich einfacher einen Dialog so zu formulieren als den anderen. Und ja, das sind Aufgaben, wo ich dann zum Beispiel bisschen mehr gefordert bin als bei den Schulbuchaufgaben. Also so freie Dialoge formulieren oder so etwas oder Geschichten nacherzählen oder wenn wir etwas gelesen haben und das zusammenfassen müssen, das ist ja… #- 6: 24# (It S02, 118-125) 7. Verdruss im Unterricht der Herkunftssprache als Fremdsprache ent‐ steht vor allem durch Langeweile. Spiegelbildlich dazu werden Langeweile und Verdruss in der Herkunftssprache als Gegenstand des Fremdsprachenunterrichts vor allem mit aus Unterforde‐ rung resultierender Langeweile in Verbindung gebracht. Wiederholt wird das mit einfachen, lehrbuchbezogenen Aktivitäten gerade in der Anfangsphase eines Sprachlehrgangs assoziiert, mitunter bleibt die Wahrnehmung aber diffus, wie aus den folgenden Beispielen exemplarisch hervorgeht: (18) Ich finde jetzt am Italienischunterricht (…) natürlich ist es so, weil viele diese Sprache neu einsteigend machen, dass wir natürlich stark am Lehrbuch vorgehen müssen. Also uns an das Lehrbuch halten müssen. Aber ich finde, vielleicht könnten wir das ein bisschen freier gestalten, ein bisschen mit mehr Bezug zur Realität und mehr Gesprächen, die man auch so im Alltag führt … und ja, also bisschen und ja, bisschen freier 182 Daniel Reimann <?page no="183"?> den Unterricht. Wir halten uns sehr an das Lehrbuch und machen Aufgaben, anhand des Lehrbuchs, und arbeiten die dann trocken ab und das ist natürlich auch wichtig für Leute, die die Sprache, also für Schüler, die die Sprache ganz neu machen, aber … #-3: 47# (It S02, 78-85) (19) Also konkrete Vorstellungen habe ich nicht, aber ich meine einfach so, ja, dass die Stunden einfach immer anders gestaltet werden. Das ist eigentlich so für mich das Wichtigste, dass es halt auch für uns Spaß macht, für die Muttersprachler, weil wir sind vier Stück in meinem Kurs und ich bin halt nicht die Einzige, die sich ein bisschen langweilt da. #-06: 00# (Sp S02, 143-149). 8. Die Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler mit zielsprach‐ lichem Hintergrund deckt sich insgesamt mit der Fremdeinschätzung durch Lehrkräfte und sieht Stärken vor allem in den Bereichen Aus‐ sprache, (Alltags-) Wortschatz und Sprechen sowie Schwächen vor allem in den Bereichen Orthographie, Grammatik und Schriftlichkeit insge‐ samt (v. a. auch analytischer und bildungssprachlicher Gebrauch). Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund nehmen vielfach wahr, dass ihre Stärken insbesondere in den Bereichen Aussprache und Spre‐ chen unter Verwendung eines alltäglichen Wortschatzes, der in ihrem privaten Umfeld oder etwa beim Besuch von Großeltern, die noch in herkunftssprach‐ lichem Gebiet leben, verwendet wird, liegen. Mit der Stärke im Bereich der Aussprache verbunden ist der Bereich des Vorlesens, der immer wieder erwähnt wird. Ein exemplarisches Statement, das zusätzlich auch das Lesen als rezeptive schriftliche Fertigkeit zu den Stärken zählt, stammt von einer Schülerin der 11. Jahrgangsstufe im Fach Portugiesisch als 3. Fremdsprache: (20) Ich würde schon sagen, Aussprache ist bei mir mit am Stärksten. Aussprache und Wortschatz würde ich sagen. Ich glaube, das kommt auch daher, dass ich echt viel 183 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="184"?> höre, also sowohl zuhause, als auch wenn ich in dann Portugal bei meinen Cousins Portugiesisch spreche. Grammatik dann halt eher weniger, weil es eher höre und spreche, weniger schreibe. In der Schule halt schon ziemlich viel, aber man befasst sich ja mit der Grammatik nicht so viel im Privaten. Lesen, Lesen ist für mich ziemlich einfach. #-21: 45# (Pg S02, 574-582, vgl. 599-607, 620 f.) Recht differenziert drückt sich ein Schüler der 11. Jahrgangsstufe im Fach Ita‐ lienisch als spät beginnender Fremdsprache aus, indem er bei der Formulierung einiger selbst wahrgenommener eigener Stärken zugleich auf weiterführende Schwächen hinweist: (21) Ja, also einfach, leicht fallen mir, besonders diese Sachen, die ich in Italien erlebe, also Gespräche, smalltalk mit Menschen und ganz, also es sind keine schwierigen Sätze, die ich im Italienischen formuliere, deshalb hatte ich mich auch entschieden Italienisch zu wählen, weil ich gehofft habe, dass ich in dieser wissenschaftlichen Sprache, in der etwas gebildeteren Sprache dann mich besser ausdrücken kann. Also das das, mein Cousin in Italien, der macht jetzt Abitur und der schreibt sehr schwierige Texte und die müssen auch eine ganz andere ja natürlich, weil die Italiener sind und einen ganz anderen Wortschatz haben und ja, ich wollte ein bisschen mehr da ran heran kommen, was die in Italien so machen. #-7: 29# (It S02, 131-139) Schwächen erkennen Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hinter‐ grund insbesondere in den Bereichen Orthographie (gerade für Spanisch wird hier immer wieder die Akzentsetzung besonders erwähnt), Schreiben (mit Ausnahme der Lexik), deklarativem Grammatikwissen und punktuell auch in den Bereichen analytische Kompetenz und Bildungssprache. In den letzten beiden Bereichen, in denen Lehrkräfte häufiger Schwierigkeiten feststellen (vgl. Reimann 2020, 240, 254), erkennen naheliegender Weise nur wenige Schülerinnen und Schüler selbst die Schwierigkeiten (vgl. Reimann 2021b). Der oben bereits zitierte Schüler der 11. Jahrgangsstufe im Fach Italienisch als spät beginnende Fremdsprache konstatiert etwa: 184 Daniel Reimann <?page no="185"?> (22) Nicht im Bereich der Rechtschreibung, sondern auch, wie ich die Sätze so konstruiere, dass die hochsprachlich klingen, also im Deutschen kann ich ja komplexere Sätze konstruieren, ohne Probleme und muss auch nicht viel nachdenken. Und im Italienischen ist das anders. Und so (…) da kann ich nicht so einfach komplexe Sätze, die man in Büchern liest oder so konstruieren. #- 21: 41# (It S02, 353-357) Weiterhin formuliert beispielsweise eine Schülerin der 11. Jahrgangsstufe im Fach Portugiesisch als 3. Fremdsprache: (23) Dass wir halt unsere Klausuren wirklich halt strukturierter haben, weil das meistens das was unsere Lehrerin kritisiert, dass wir halt nicht so strukturiert in der Klausur sind, dass wir vieles wissen, aber nicht wissen wie es anwenden sollen. #-15: 31# (Pg S01, 357-361) Insgesamt entspricht die Selbstwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler aber weitgehend der - natürlich etwas differenzierteren - Fremdeinschätzung durch die Lehrkräfte und auch der Einschätzung durch Mitschüler/ innen in einer retrospektiven Befragung (vgl. zum Spanischen Reimann 2020, 223-228, 254, sowie Reimann 2021b). 9. Viele Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund er‐ klären sich zu einer Mitarbeit bereit, die das an die Mitschülerinnen und Mitschüler gestellte Anforderungsniveau übersteigt und ggf. den Mitschülerinnen und Mitschülern helfen kann. Die Einschätzung der eigenen Mitarbeit entspricht wiederum der Wahrneh‐ mung der eigenen Lernemotionen (vgl. 6. und 7.) sowie der Wahrnehmung der eigenen Stärken und Schwächen (vgl. 8.). Einige Schülerinnen und Schüler halten sich bei sie unterfordernden Aktivitäten eher zurück, lassen sich aber gerne durch anspruchsvollere Aufträge wie etwa das Vorlesen von Texten im Anfangsunterricht oder das Leiten von Gesprächen, Debatten usw. in der Oberstufe herausfordern und helfen gerne den Mitschülerinnen und Mitschü‐ lern. Auch wird immer wieder Zurückhaltung als eine Form des Respekts 185 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="186"?> den Mitschülerinnen und Mitschülern gegenüber benannt. Möglicherweise ist die Tendenz zu als sozial erwünscht angenommenen Antworten in diesem Zusammenhang besonders ausgeprägt, allerdings ist die Sensibilität für die Problematik insgesamt und ihre differenzierte Betrachtung durch die verschie‐ denen Schülerinnen durchaus beachtlich. (24) Also meiner Meinung nach, mache ich wirklich viel mit, aber ich will auch den anderen eine Chance geben, mitzumachen, weil ich will denen jetzt nicht die ganze Arbeit wegnehmen. Das/ ja, also die Lehrer nehmen mich eigentlich meistens nur dran, wenn es um die Aussprache geht, damit alle ein Beispiel haben so wie man es richtig ausspricht. #-07: 53# (Sp S02, 185-191) In einem Fall wird etwa explizit auf eine langsame, verständliche mündliche Produktion abgehoben: (25) Weil man muss sich halt, ehm, es ist halt nicht so, dass sie vom Niveau würde ich jetzt sagen weiter unter liegen als wir. Die sind echt gut und alles, das Problem ist natürlich, wir müssen darauf achten, dass wir langsamer reden, dass wir halt wirklich achten, dass sie alles verstehen natürlich und ja, die lernen ja auch die Grammatik, wie wir und das sind ja für uns wie halt der Deutschunterricht, wie für andere Leute. #-03: 45# (Pg S01, 90-96) Immer wieder wird betont, dass man sich bei einfachen Aktivitäten eher zurückhält und sich eher auf die Helferrolle verlegt: (26) Natürlich bei so Sachen, die irgendwie jeder kann - ich mein bei Artikeln oder so etwas - da werde ich jetzt nicht direkt melden, aber wenn es zum Beispiel Schwierigkeiten gibt, bei Vokabeln oder bei Aufgaben, bei Sätzen, die andere Leute nicht formulieren können, also Schüler, dann melde ich mich oder helfe den anderen Schülern. Ja so… #-4: 38# (It S02, 100-103) 186 Daniel Reimann <?page no="187"?> Häufig wird die Einbeziehung nach Aussagen der Schülerinnen und Schüler lehrerseitig vor allem mit Blick auf Vorlesen von Texten, Vorbild für die Aussprache und Einführung / Semantisierung von Wortschatz ausgestaltet. (27) Ich hab jetzt eine andere Form von Mitarbeit. Ich hab selten damit zu tun, dass ich die Aufgaben selbst löse und dann vortrage, weil das würde halt bei mir keine wirkliche Leistung zeigen. Sondern meine Mitarbeit besteht meistens darin, dass ich die Texte erstmal vorlese, dass ich den anderen klarmache was gesagt worden ist indem ich langsam und deutlich rede. Das hilft den auch wieder mal sich zu entscheiden, weil wenn die Lehrerin oder halt eine Box so eine CD aus einer Box sowas sagt, dann ist es schwer zu verstehen und dann ist es schwerer wirklich mitzubekommen was die Person sagen will, als jemand der etwas vertraut ist, der vorne steht und alles vorliest. #-13: 28# (It S01, 180-187) Auch wird aus verschiedenen Aussagen deutlich, dass häufig eher die Schüle‐ rinnen und Schüler untereinander die Mitarbeit der Herkunftssprecher/ innen aushandeln, vor allem, wenn die Lehrkraft eher zu einer einseitigen Einbezie‐ hung der Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund neigt, z.B.: (28) Also, wo ich oft eingesetzt werde ist Vokabelverständnis, also eine Vokabel zu erklären oder mal den Zusammenhang in einem Satz zu erklären. Es ist ja oft schwieriger oder anders als in dem Deutschen. Da werde ich oft eingesetzt oder wenn ich, wie ich erwähnt hatte, mit den Endungen erklären, ob ich das erklären könnte, aber meistens kommt das nicht so direkt. Das kommt meistens eher von den Schülern. Von der Lehrerin werde ich nicht so oft eingesetzt, also eingesetzt werde ich wirklich nur für die Vokabeln. Wenn mal ne Vokabel fehlt, das ich das erklären kann, aber ansonsten werde ich von den Schülern gefragt, ob ich da helfen kann? #-20: 58# (It S03, 438-450) 187 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="188"?> 10. Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund wünschen sich eine Einbindung in den Unterricht, die ihren besonderen Lern‐ voraussetzungen entspricht und sie durch fordernde und fördernde Aktivitäten motiviert. Immer wieder äußern Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hinter‐ grund den Wunsch nach anspruchsvollen Aktivitäten, die sie fördern und Langeweile vorbeugen. Für die Oberstufe werden explizit auch anspruchsvolle Inhalte eingefordert (vgl. oben 6.). Dabei werden u. a. Zusatzaufgaben und die noch stärkere als häufig schon praktizierte Einbeziehung als Helfer/ in angeregt. Auch wird die Berücksichtigung der Herkunftsvarietät von einigen Schülerinnen und Schülern explizit gewünscht. Nicht zuletzt wünschen sich viele Lernende Gleichbehandlung insbesondere bei Meldungen - hier wird sehr häufig, auch von den Mitschülerinnen und Mitschülern der retrospektiven Befragung (Reimann 2020, 227), festgestellt, dass Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund bei aktiver Meldung oft nicht aufgerufen werden, mitunter aber bei Nicht-Wissen und Nicht-Meldung angesprochen werden, was ihnen unangenehm ist (vgl. Reimann 2020, 235, 257). Hier sind beide Positionen - die der Schülerinnen und Schüler als auch die der Lehrkräfte - vollkommen nachvollziehbar. Viele Lernende erkennen auch den möglichen Zusammenhang zwischen einem Einsatz als Helfer/ in für die Mitschüler/ innen und dem eigenen Lernzu‐ wachs. Ein Schüler der 11. Jahrgangsstufe im Fach Italienisch als spät begin‐ nender Fremdsprache formuliert etwa: (29) Aber ich glaube, wenn die Lehrer noch mehr zulassen würden als jetzt schon andere Schüler auch helfen das ist wäre auch für uns ziemlich gut, weil (…) ähm manchmal stellen halt Deutsche Fragen, die uns nochmal dazu anregen zu denken „Wie, warum macht man das nochmal so? “ oder „Wie machte man das nochmal? “ Und es bringt uns selbst auch weiter, weil wir uns dann informieren und wenn wir auch etwas erklären können, dann können wir es halt auch selbst perfekt. Ich habe gemerkt, dass das bei mir auch ziemlich geholfen hat. #-22: 46# (It S01, 328-333) Auch die Unterstützung der Lehrkraft und das Erstellen von Aktivitäten etwa im Sinne des Lernens durch Lehren (LdL) wird immer wieder erwähnt, zum 188 Daniel Reimann <?page no="189"?> 1 Vgl. hierzu auch Reimann 2021a. Beispiel von einer Schülerin der 11. Jahrgangsstufe im Fach Italienisch als spät beginnender Fremdsprache: (30) Eigentlich ich kann mir alles gut vorstellen, selbst, wenn die Lehrerin mir sagt, hast du Lust mal einen netten Text raussuchen, eine Aufgabe zu gestalten. Ich habe auch letzten, wir machen ja eine Liederanalyse, hab ich vorgeschlagen, welches Lied wir analysieren könnten. Das hat die Lehrerin auch gerne mit reingenommen. Also sowas. Ich bin ja auch ein kreativer Mensch. #-22: 04# (It S03, 454-461) 4 Schulpraktische Aspekte - state of the art der unterrichtsmethodischen Forschung 1 Es stellt sich nunmehr die Frage, wie auf der Grundlage dieser Erkenntnisse den von den Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund wahrgenommenen Bedarfen im Unterricht der jeweiligen Sprache als Fremd‐ sprache Rechnung getragen werden kann. Für erste Schritte hin zu einer Lösungsfindung soll im Folgenden an Erkenntnisse v. a. der psychologischen Begabungsforschung, der US-amerikanischen Fremdsprachenforschung und der slawistischen Fachdidaktik angeknüpft werden. Für die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund im Fremdsprachenunterricht können neben dem Prinzip des en‐ richment, also der Verfügbarmachung zusätzlicher Herausforderungen, Maß‐ nahmen der Akzeleration (z. B. Pfaffel / Wagner / Wagner 1998, 267 f., Preckel / Vock 2013, 153-170) greifen: es ist denkbar, dass solche Schülerinnen und Schüler nach Einstufungstests in der Zielsprache den Unterricht einer höheren Jahrgangsstufe besuchen. Dem dürften aber in vielen Fällen alleine stunden‐ plantechnische Gründe im Weg stehen - neben psychologischen Gründen, die etwa von Martín Fraile / Bültemeyer 2020 (36) vorgebracht werden. Weiterhin ist denkbar, auf der Grundlage eines Einstufungstests im Bedarfs‐ fall zu leistungsdifferenzierter Lerngruppenbildung zu gelangen: so könnte man etwa für den Sekundarbereich ein Konstrukt entwickeln, in dem Herkunfts‐ sprecher/ innen bis zu einem Niveau A2 zum Zeitpunkt der jeweiligen Fremd‐ sprachenwahl in den Fremdsprachenunterricht (z. B. Spanisch, Portugiesisch, 189 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="190"?> Italienisch) integriert werden, ab einem festgestellten Niveau B1 einen aber eigenen Kursus durchlaufen müssen, der an die Stelle einer anderen schulischen Fremdsprache treten kann. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es sowohl aus schulstrukturellen Gründen als auch aufgrund des Niveaus in der Herkunftssprache in vielen Fällen zu einem gemeinsamen Unterricht für Fremdsprachenlernende (im Folgenden: L2L) und Herkunftssprecher/ innen (im Folgenden: HLL) kommen wird. Dabei ist auch im Unterricht der romanischen Sprachen zu berücksichtigen, dass beide Gruppen unterschiedliche Lernvoraussetzungen mitbringen und unter‐ schiedliche Bedürfnisse haben. Dies wurde in der heritage language-Forschung umfassend thematisiert; zentrale Aspekte können tabellarisch wie folgt zusam‐ mengefasst werden (vgl. z. B. Carreira 2016, 165, Rinke / Flores / Santos 2019, 223): HLL L2L age of onset ab Geburt später Zeitpunkt der Aneignung Stärken v. a. bei früh erwor‐ benen Phänomenen weniger spürbare Unter‐ schiede zwischen verschie‐ denen Bereichen der Sprache Art des Inputs eher mündlich, eher umgangssprachlich eher formal weniger Zugang zu Um‐ gangssprache Wissen und Kompetenz eher implizit v. a. mündlich, Wortschatz weniger standardorientiert eher explizit v. a. schriftlich / literacy skills eher standardorientiert Lernstile eher inhaltsorientiert eher von der Form zum In‐ halt sozio-affektive Dimension familiärer Bezug häufig weniger Bezug Diesen unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen und Bedürfnissen kann dabei auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Aus der ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckenden (vgl. Carreira 2016, 159) US-amerikani‐ schen Forschung zu „mixed classes“ gerade auch im Spanischunterricht können für die Einbindung von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hin‐ tergrund im Fremdsprachenunterricht folgende Anregungen auf Brauchbarkeit geprüft werden: 190 Daniel Reimann <?page no="191"?> • Komplementarität der Kompetenzen nutzen, z. B. bei Partnerarbeit HLL - L2L, jeder soll das für sich Herausfordernde bearbeiten, z. B. Lückentext zu einer Fragestellung: L2L füllen Lücken, HLL beantworten eine aus dem Text hervorgehende Frage, • Inhaltsorientierung für HLL, Formorientierung für L2L, sog. macro-based approaches (z. B. Lernaufgaben) für HLL, micro-based approaches (vgl. kognitivierender Grammatikunterricht) für L2L, • phasenweise Binnendifferenzierung: z. B. Wochenplanarbeit für eine Sprechergruppe, Aktivitäten mit der Lehrkraft für die andere, Lernbüros, virtuelle Kursräume, • Bewusstmachung von Zielen und gegenseitige Stützung: KWL charts (what we know / what we want to learn / what we have learned), z. B. unterschiedliche Bedürfnisse bei Aneignung der Tempora und ihrer Verwendung (vgl. Carreira 2016). Auf der Grundlage von Alltagserfahrungen legen Martín Fraile / Bültemeyer 2020 (bes. 35) darüber hinaus u. a. gemeinsame Arbeit im Kontext von Lernaufgaben, Aktivitäten in Lerntandems und das Erstellen und Bearbeiten von Fehlerproto‐ kollen und individuelle Korrekturen als besonders geeignet vor, um in einem gemeinsamen Unterricht beiden Gruppen von Lernenden gerecht zu werden. Für die slawistische Fremdsprachendidaktik im deutschsprachigen Raum liegen ebenfalls Konzepte für die Berücksichtigung der Bedürfnisse der beiden Gruppierungen von Lernenden vor, die auf ihre Übertragbarkeit auf die roma‐ nischen Sprachen geprüft werden könnten (verkürzend und geringfügig adap‐ tierend (punktuell inhaltlich, v. a. terminologisch) wiedergegeben aus Mehlhorn 2016, 12, die sich ihrerseits auf Kagan / Dillon Source 2001 bezieht): Lernbereich Fremdsprachenlernende Herkunftssprachenler‐ nende Aussprache explizite und implizite Vermitt‐ lung kaum Bedarf Orthographie eher implizit explizit und kleinschrittig Wortschatz grundständige Wortschatzan‐ eignung Fokus auf Fachwortschatz und Registermarkierung (Umgangs‐ sprache vs. Standardsprache) Grammatik kleinschrittige und grundstän‐ dige Grammatikaneignung Konzentration auf fehler- (bes. auch interferenz-) anfällige Phänomene, macro-based-approach (s. o.) 191 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="192"?> Hör-Sehverstehen kleinschrittig: allmähliche Pro‐ gression ausgehend von kurzen, einfachen Texten macro-based-approach: ganze Bandbreite authentischen ziel‐ sprachlichen Inputs Leseverstehen s. Hörverstehen s. Hörverstehen, viele Leseangebote für SuS mit zielsprachlichem Hintergrund (-> Förderung der Schriftlich‐ keit) Sprechen kleinschrittig: allmähliche Pro‐ gression vom (Mini-) Dialog hin zu Monolog und Diskussion macro-based-approach: Schwerpunkt auf Präsentation und Diskussion Schreiben kleinschrittig: allmähliche Pro‐ gression von Einzelsätzen über Kurztexte zu mittellangen Texten macro-based-approach: bereits früh lange Textpro‐ duktionen, Konzentration auf Inhalt, Orthographie, Gram‐ matik und Stilistik Sprachmittlung kleinschrittig: allmähliche Pro‐ gression von der Mittlung ein‐ zelner Informationen zur Mitt‐ lung komplexerer Texte lebensweltliche Erfahrung mit Sprachmittlungssituationen erlaubt anspruchsvollere Auf‐ gaben, Fokus bes. auch for‐ melle Situationen und schrift‐ liche Sprachmittlung Kultur kleinschrittig: Progression von einzelnen landeskundlichen In‐ formationen über den inter‐ kulturellen Vergleich hin zur transkulturellen kommunika‐ tiven Kompetenz macro-based-approach: authentische zielsprachliche und -kulturelle Ausgangsdo‐ kumente und -texte, ggf. Ein‐ beziehung von Migrationslite‐ ratur Sprachreflexion lernunterstützende Funktion, bewusste Vergleiche zur Erst‐ sprache Deutsch und vorge‐ lernten Sprachen Konzentration auf Fehler‐ schwerpunkte, bewusste Vergleiche zwi‐ schen herkunftssprachlicher Varietät und Standardsprache Lernstrategien umfassende Aneignung, je nach 1., 2., 3. oder spät begin‐ nender Fremdsprache Schwerpunkt auf der Überar‐ beitung schriftlicher Texte Innerhalb der auf die deutschen Schulsysteme bezogenen romanistischen Fremdsprachenforschung wurde in den oben referierten Untersuchungen Rei‐ mann 2020 und 2021b bis dato vor allem die allgemeine Situation von Schüle‐ rinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund empirisch ergründet (u. a. Motivation, Stärken, Schwächen, Fördermaßnahmen). Die darüber hinaus aus den genannten Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse zu Fördermaß‐ nahmen, die im Sinne einer Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit 192 Daniel Reimann <?page no="193"?> zielsprachlichem Hintergrund im Fremdsprachenunterricht zu prüfen wären, sollen im Folgenden resümiert werden: • Angebot differenzierenden Materials (auch zur herkunftssprachlichen Varietät im Sinne der Förderung einer zumindest rezeptiven Varietäten‐ kompetenz (vgl. Reimann 2017)) • Einbeziehung als Experten (Aussprache (v. a. Vorlesen), auch unter Be‐ rücksichtigung der herkunftssprachlichen Varietät, Lexik (v. a. Semanti‐ sierung), soziokulturelles Orientierungswissen) • Einbeziehung bei der Ergebnissicherung (Tafelanschrift, mündliche Zu‐ sammenfassung als „Spiegeltext“ statt „Lehrerecho“) • Einbeziehung als Helfer und Lernberater/ in / Lerncoach, v. a. bei koope‐ rativen Lernformen • Übernahme von Lehrerfunktionen (vgl. Lernen durch Lehren - „LdL“) • Moderation von Hausaufgabenbesprechung, aber auch von Diskus‐ sionen / Debatten • Aufzeigen von Grenzen, auch in Bezug auf Varietäten (v. a. Dialekte) • Zusatzaufgaben (Vorträge, Interviews) (vgl. Reimann 2020b, 243 f., vertie‐ fend vgl. 238-241). Weitere denkbare Fördermaßnahmen, die ich an dieser Stelle vorschlagen möchte, die natürlich noch einer Praxisprüfung und empirischen Beforschung unterzogen werden müssen, sind etwa: • Intensivierung des Einsatzes bei der Ergebnissicherung • Intensivierung des Einsatzes von LdL • vertiefte Einbeziehung auch in den Phasen der Vorbereitung / Konzeption und Durchführung von Unterricht • Erstellen von Übungen für Mitschüler/ innen • Erstellen von Erklärfilmen für Mitschüler/ innen (-> inverted classroom) • Auswahl und Aufbereitung von Dokumenten und Texten für Mitschüle‐ rinnen (z. B. Lieder, Gedichte usw.) • Durchführung von Förderunterricht für einzelne Mitschülerinnen und Mitschüler • kooperative Lernformen - Gruppenarbeit: Wahrnehmung der Rolle eines „Sprachcoach“ • differenzierendes Textangebot (z. B. ungekürzte Texte), etwa Lesekoffer: schwierigere Texte • Stationenlernen: eigene Stationen • Übungen aus dem zielsprachlichen L1-Unterricht auf Lernplattformen. 193 „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht <?page no="194"?> Daneben müssten auch die Bedürfnisse der Lernenden ohne zielsprachlichen Hintergrund bewusst berücksichtigt werden, die bis dato noch nicht eigens beforscht wurden (entsprechende Untersuchungen sind an meiner Professur in Planung). Über die - sofern diese Lernenden die Mehrheit einer Lerngruppe darstellen - grundlegende Orientierung v. a. an der Kleinschrittigkeit des tradi‐ tionellen Fremdsprachenunterrichts hinaus können an dieser Stelle in Erman‐ gelung empirischer Grundlagen zu dieser Fragestellung folgende konzeptionelle Empfehlungen gegeben werden: • psychologische Unterstützung: Vermeidung von Minderwertigkeitsge‐ fühlen • Stärken unterstreichendes Feedback • Schulung der Wahrnehmung der Stärken der Mitschüler/ innen mit ziel‐ sprachlichem Hintergrund, verbunden mit • Ermutigung, Stärken der Mitschüler/ innen mit zielsprachlichem Hinter‐ grund z. B. in Partner-, Gruppen- und Projektarbeit aufzurufen • Ermutigung, Mitschüler/ innen mit zielsprachlichem Hintergrund in Be‐ reichen, in denen diese eher Schwächen aufweisen, zu unterstützen (vgl. Reimann 2021b). Eine empirisch und theoretisch fundierte Berücksichtigung von Schülerinnen und Schülern mit zielsprachlichem Hintergrund im Fremdsprachenunterricht, hier spezifisch in den Fächern Spanisch, Portugiesisch und Italienisch als 3. und spät beginnende Fremdsprachen, kann also derzeit noch nicht erfolgen. Aus Erkenntnissen für die Fragestellung relevanter Bezugsdisziplinen (psycholo‐ gische Begabungsforschung, US-amerikanische Fremdsprachenforschung, sla‐ wistische Fachdidaktik) und ersten Ergebnissen von Studien zu den genannten romanischen Sprachen als schulischen Fremdsprachen in Deutschland zeichnen sich jedoch in groben Zügen Entwicklungslinien ab, denen folgend Konzepte für die Praxis entwickelt, im Alltag erprobt und von der Forschung weiter untersucht werden können. 5 Bibliographie Aronin, Larissa / O´Laoire, Muriel (2004): Exploring multilingualism in cultural contexts: towards a notion of multilinguality, in: Hoffmann, Charlotte/ Ytsma, Jehannes (Hrsg.): Trilingualism in family, school, and community. Clevedon et al.: Multilingual Matters, 11-29. Bähr, Dieter ( 4 1997): Einführung ins Mittelenglische. Paderborn: Fink. 194 Daniel Reimann <?page no="195"?> Cantone, Katja F. / Di Venanzio, Laura (2016): „Spracherwerb und Mehrsprachigkeit. 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Auf diese Weise können, so die These der Autorin, mit begrenzten Mitteln große Synergieeffekte sowohl für das Sprachenlernen aber auch darüber hinaus gewonnen werden. Im Fokus stehen Sprachvergleiche als didaktisch-methodischer Ansatz und die Förderung von Sprachbewusstheit als Zielsetzung. Sprachbewussheit lässt sich auf verschiedene Art und Weise anstreben und fördern, eine davon ist die des Vergleichs von Sprachen bzw. von Sprachphäno‐ menen, die sich in der Schule fast leichter realisieren lässt als sprachinternes Vergleichen und Herausarbeiten von Regeln (bezogen auf eine einzige Sprache). Damit sind Schritte in Richtung auf die Verknüpfung von Facheinsichten und auf sprachübergreifendes Lernen angezeigt, wie es sich bei Vorhandensein von Sprachkenntnissen in verschiedenen Sprachen didaktisch und methodisch anbietet. Die beteiligten Fächer arbeiten zu einem großen Teil mit denselben Begriffen und Methoden, und ihre jeweiligen Gegenstände weisen eine Fülle gemeinsamer Strukturen und Phänomene mit dem eines Nachbarfaches auf. Die Rede ist hier von dem Zusammenhang aller Sprachen, und zwar nicht nur der Schulfremdsprachen, sondern auch von der deutschen Sprache als Fach- und als Unterrichtssprache sowie von allen Herkunftssprachen, die die Schülerinnen und Schüler (SuS) heutzutage (und besonders in Metropolen wie Hamburg) in vielen Schulen mitbringen. In Schulen herrscht große sprachliche Vielfalt. Darin liegt eine große Herausforderung, vor allem aber eine enorme Chance und bedeutsame Ressource, die (unbedingt! ) genutzt werden sollte, und zwar aus vielerlei Gründen. Um nur einige zu nennen: <?page no="198"?> 1. SuS werden sich ihrer eigenen Mehrsprachigkeit bewusst und können daraus positive Effekte für ihre persönliche Identitätsentwicklung ziehen. 2. Grundlegende sprachliche Strukturen werden im Vergleich verschiedener Sprachen leichter verständlich. 3. SuS lernen, sprachspezifische Lerntechniken auf andere, neu zu erwer‐ bende Sprachen, zu übertragen. 4. SuS lernen vielfältige Bezüge zwischen den Sprachen in Geschichte und Gegenwart kennen und erwerben wichtige Einsichten in die Bedeutung von Sprache für die Entwicklung menschlicher Kultur und Gesellschaft. Trotz zahlreicher positiver Argumente und einer grundsätzlichen Verankerung in vielen Rahmenplänen und Curricula gibt es bei der unterrichtspraktischen Umsetzung große Schwierigkeiten, die für das sprachenübergreifende Lernen analog wie für das fächerübergreifende Lernen im Allgemeinen gelten: 1. Die einzelfachlichen Curricula selbst sind meist schon umfangreich genug. Es ist schlicht keine Zeit vorhanden. 2. Fächerübergreifendes Arbeiten ist oft komplex und anspruchsvoll, und für viele Themen gibt es keine „passgenauen“ Materialien, die insofern von den jeweiligen Lehrkräften erst selbst erstellt werden müssen. 3. Je nachdem, welche Fächer vernetzt werden, stoßen Lehrkräfte an Grenzen ihrer fachlichen Kompetenzen (z. B. Fremdsprachenkenntnisse), so dass sie sich entweder weiterbilden, sich Unterstützung durch Fach‐ kolleg*innen holen oder vor ihren Schüler*innen Wissens- und Kompe‐ tenzlücken zugeben müssen. 4. Die durch fächerübergreifendes Lernen gewonnen Kompetenzen lassen sich schwerer in Leistungsüberprüfungen erfassen als differenzierte Ein‐ zelkompetenzen (wie z. B. Hörverstehen, Leseverstehen, Schreibkompe‐ tenz). Diese und andere Gründe führen dazu, dass fächer- und sprachenübergreifendes Lernen, wenn es denn stattfindet, bevorzugt in Projektwochen, außerschulische Exkursionen oder Studienreisen verlegt wird. Dagegen ist natürlich im Prinzip nichts einzuwenden, und wenn Interdisziplinarität bei solchen Gelegenheiten gelingt, resultieren daraus besonders wertvolle Lernerfahrungen. Aber ange‐ sichts der kostbaren Gewinne für die Schüler*innen, z. B. hinsichtlich Sprach‐ bewusstheit, die ihnen in vielfältiger und grundsätzlicher Weise nützlich ist, sollten die Gründe noch einmal genau betrachtet und überdacht werden, um letztlich darauf hinzuwirken, vernetzendes und vernetztes Lernen ins Zentrum unterrichtlicher Tätigkeit zu stellen. 198 Julia von Rosen <?page no="199"?> 1 „Wir können zusammenfassend […] festhalten, dass verschiedene weder in unterschied‐ lichen Hirnarealen noch in getrennten Speichern verarbeitet werden, und dass die entsprechenden neuronalen Netzwerke über spreading activation in alle möglichen, auch interlingualen Richtungen, verbunden sein können.“ Müller-Lancé 2015, 68-69. 2 „Sprachenübergreifendes Lernen stellt den interlingualen Transfer als eine unverzicht‐ bare Voraussetzung für die Entwicklung von Sprach- und Sprachlernbewusstheit in den Vordergrund und betont die (meta-)kognitive Dimension […].[…] sprachenüber‐ greifendes Lernen umfasst die Fähigkeit, sprachliche Phänomene in der Mutter- und Fremdsprache bewusst, d. h. aufmerksam wahrzunehmen, miteinander zu vergleichen und für das Verstehen und Sich-Verständigen in der jeweiligen Fremdsprache zu nutzen.“ Behr 2011, 37. 1.1 Was wird in der Fremdsprachendidaktik erörtert? Wenn man den fremdsprachendidaktischen Forschungsstand in Bezug auf spra‐ chenübergreifendes und sprachenvernetzendes Lernen betrachtet, zeichnet sich bereits seit einiger Zeit zunehmend ein klarer Konsens darüber ab, dass der rein monolingual ausgerichtete Sprachunterricht (Gogolin 2 2008) aus verschiedenen Gründen einer dringenden Ergänzung durch mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze bedarf, insbesondere wenn es um die Förderung von erweiterten Kom‐ petenzen wie Sprachbewusstheit oder Sprachlernkompetenz geht. Exemplarisch seien einige Positionen im Folgenden genannt. In einem kürzlich erschienenen Sammelband zum Thema „Vernetzter Sprach‐ unterricht“ (Frings et al. 2017) werden u. a. neurolinguistische Erkenntnisse präsentiert 1 , aus denen der Autor ableitet, dass es nichts bringe, aus Angst vor Interferenzen zwischen verschiedenen Sprachen sprachenübergreifende Ansätze zu unterdrücken. Im Gegenteil müsse aus dieser Erkenntnis eine offensive vergleichende Behandlung verschiedener Sprachen resultieren, um die Phänomene zu Bewusstsein zu bringen (Müller-Lancé 2015, 68-69). Hallet und Königs stellen fest, dass „trotz eines weitgehenden fremdspra‐ chendidaktischen Konsenses über die Notwendigkeit einer Mehrsprachigkeits‐ didaktik“ diese nur ansatzweise realisiert sei und fordern, „vorliegende mehr‐ sprachigkeitsdidaktische Ansätze und Elemente in einem kohärenten Konzept zu integrieren“ sowie diese auch curricular und konzeptuell zu vernetzen (Hallet / Königs 2013, 303 ff.). Behr, die in Thüringen weitreichende curriculare Erweiterungen im Hinblick auf sprachenübergreifendes Arbeiten bewirkt hat, betont die Notwendigkeit des „interlingualen Transfers“ für die Entwicklung „metakognitiver Dimensionen“ von Sprach- und Sprachlernbewusstheit, die das Verstehen und die Verständigung in der Mutterals auch in den Fremdsprachen positiv beeinflussen. 2 199 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="200"?> 3 Vgl. Jakisch 2015, 3: „Nach wie vor offen ist allerdings, wie der Beitrag der einzelnen Fä‐ cher zur Mehrsprachigkeitsentwicklung konkret aussehen kann und welche Elemente eine Mehrsprachigkeitsdidaktik beinhalten sollte. Angesichts der vielfältigen Anforde‐ rungen und Wünsche, denen diese gerecht werden müsste, verwundert es jedoch kaum, dass viele Ansätze zur Anbahnung von Mehrsprachigkeit derzeit noch eher unverbunden nebeneinander stehen bzw. sich auf Einzelmaßnahmen beschränken.“ Auf die Frage danach, warum trotz dieser Erkenntnisse fremdsprachendidak‐ tischer Experten die Umsetzung in den Schulen so zögerlich erfolgt, werden unterschiedliche Antworten gegeben. Eine Studie von Heyder und Schädlich (Heyder / Schädlich 2014) stellt für Fremdsprachenlehrkräfte in Niedersachsen eine zwar grundsätzlich positive Einstellung gegenüber sprachenübergreifenden Methoden fest, weist allerdings auch nach, dass aus einer lernförderlichen Einschätzung solcher Methoden keine zwingende praktische Realisierung im eigenen Unterricht resultiere. Zwar würden relativ häufig (meist spontane) Vergleiche zwischen der Zielsprache und dem Deutschen verwendet, aber gegenüber einem mehrsprachlichen Unterricht, in dem man selbst nicht alle Sprachen beherrsche, bestünden große Vorbehalte. Jakisch gibt zu bedenken, dass die große Komplexität und Unüberschaubar‐ keit der Anforderungen und Wünsche, die von Seiten der wissenschaftlichen Mehrsprachigkeitsforschung an die Schulpraxis gestellt werden, für die zöger‐ liche Umsetzung in den Schulen verantwortlich seien 3 . Eine Antwort auf dieses Dilemma könnte nach Ansicht der Autorin in verschiedenen Richtungen erfolgen: Nach dem Vorbild der Schweiz oder Öster‐ reichs müssten auch in Deutschland konsequent mehrsprachigkeitsorientierte Lehrwerke oder Zusatzmaterialien zu bestehenden Lehrwerken entwickelt werden, damit die Lehrkräfte gut aufbereitetes Material an die Hand bekommen. Eine andere Möglichkeit könnte darin bestehen, dass sich Lehrkräfte unter‐ schiedlicher Fremdsprachen an Schulen zusammenschließen, um sich über Themen und Methoden auszutauschen, Absprachen und Bezüge herzustellen, die für die SuS das Erlernen von Fremdsprachen zugleich vereinfachen und attraktiver machen. Auch könnten Lehrkräfte im Rahmen von Aktionsfor‐ schungsprojekten selber die Wirksamkeit bestimmter sprachenübergreifender Verfahren in ihrem Unterricht untersuchen und gezielt für ihre jeweilige Schülerschaft Materialien entwickeln. Solche Maßnahmen müssten einen festen systemischen Platz im Rahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung haben und als solche gesondert gefördert werden. In jedem Fall erscheint eine deutlich engere Kooperation zwischen wissenschaftlicher und schulischer Fremd- und Mehrsprachigkeitsdidaktik wünschenswert. 200 Julia von Rosen <?page no="201"?> 4 Bildungsstandards 2012, 21 5 „Zum ureigenen Feld neusprachlicher Bildung gehört schließlich die Erfahrung von Mehrsprachigkeit sowie mit deren Verwirklichung in interkultureller Kommunikation.“ Bildungsstandards 2017, 21 sq. 1.2 Was fordert die Bildungspolitik? Sowohl die nationalen Bildungsstandards (KMK 2012) als auch zahlreiche Rahmen- und Bildungspläne der Länder fordern auf der Basis von interna‐ tionalen Recherchen (allerdings in verschiedener Differenziertheit und mit unterschiedlichem Nachdruck) die Berücksichtigung von mehrsprachigkeitsdi‐ daktischen Ansätzen. So finden sich in dem 2017 erschienenen Sammelband Bildungsstandards aktuell: Englisch/ Französisch in der Sekundarstufe II (Tesch et al. 2017) an verschiedenen Stellen Verweise auf die Notwendigkeit der Integration mehrsprachigkeitsdidaktischer Ansätze, einerseits im Kontext der „sprachlich-kulturellen Bildung“ und im unmittelbaren Zusammenhang mit der Förderung von Sprach(en)bewusstheit und Sprachlernkompetenz: „Im Fremdsprachenunterricht der Oberstufe kommt außerdem der Sprachbewusstheit sowie der Sprachlernkompetenz eine besondere Bedeutung zu. […] Dahinter steht die Erkenntnis, dass Sprachen ‚menschengemacht‘ sind, ‚eine Welt‘ zum Gegenstand haben und daher als Kommunikationsmedien mehr Gemeinsamkeiten haben als Tren‐ nendes. […] Sprachenvergleich wird im Fremdsprachenunterricht des Gymnasiums der Zukunft (wieder) verstärkt eine Rolle spielen.“ 4 Andererseits kommt Mehrsprachigkeit als Bedingung für interkulturelle Kom‐ munikation und als Hinführung zu ihr zum Tragen 5 . Im Hamburger Bildungsplan Gymnasium Sekundarstufe I für die neueren Fremdsprachen von 2011, der für den schulpraktischen Kontext des vorlie‐ genden Beitrags der normative Bezugspunkt ist, heißt es: „Im Unterricht der zweiten und dritten Fremdsprache im Gymnasium wird an die eventuell vorhandene Mehrsprachigkeit in der jeweiligen Lerngruppe angeknüpft. Der Fremdsprachenunterricht nutzt die sprachliche Vielfalt der Lerngruppe, indem mehrsprachige Begegnungserlebnisse geschaffen werden. Der Unterricht dient zudem der Entwicklung von Sprachbewusstheit. Mithilfe von Sprachvergleichen und Sprachspielen erkennen die Schülerinnen und Schüler phono‐ logische, lexikalische und grammatische Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der zweiten Fremdsprache, der deutschen Sprache und ggf. anderen Erstsprachen. Trotz dieser metasprachlichen Arbeit stehen die zu erwerbenden sprachlichen Mittel und die Entwicklung funktionaler kommunikativer Kompetenzen sowie deren hand‐ 201 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="202"?> 6 http: / / www.hamburg.de/ contentblob/ 2376246/ 762ade29589101234bbaf9da66ef0a14/ da ta/ neuere-fremdsprachen-gym-seki.pdf, 14. (letzter Aufruf 10.4.2021) 7 http: / / www.hamburg.de/ contentblob/ 4550412/ e1a4b0ff5c49183711ceac4e9d7c4e86/ dat a/ neuere-fremdsprachen-gyo-anlage.pdf, 3sqq. (letzter Aufruf 10.4.2021) 8 http: / / www.hamburg.de/ contentblob/ 4550412/ e1a4b0ff5c49183711ceac4e9d7c4e86/ dat a/ neuere-fremdsprachen-gyo-anlage.pdf, 3sqq. (letzter Aufruf 10.4.2021) lungsorientierte Anwendung im Rahmen der Themenkreise und Inhalte im Vorder‐ grund.“ 6 (Unterstreichungen J.v.Rosen) Für die gymnasiale Oberstufe wurde 2015 ein nachträglicher Zusatz für die Bereiche „Sprachbewusstheit“ und „Sprachlernkompetenz“ in den Bildungsplan von 2009 eingefügt. Dort ist zu lesen: „Sprachbewusstheit bedeutet Sensibilität für und Nachdenken über Sprache und sprachlich vermittelte Kommunikation. Sie ermöglicht Schülerinnen und Schülern, über Sprache und ihre Rolle in der Welt zu reflektieren, […]. Damit leistet die Entwicklung von Sprachbewusstheit einen wichtigen Beitrag zum Aufbau fremdspra‐ chiger Kompetenz und über diese hinaus zum interkulturellen Lernen sowie zur Persönlichkeitsbildung. Die Schülerinnen und Schüler können ihre Einsichten in Struktur und Gebrauch der Zielsprache und anderer Sprachen nutzen, um mündliche und schriftliche Kommunikationsprozesse sicher zu bewältigen.“ 7 (Unterstreichungen J.v.Rosen) In Bezug auf grundlegende Kompetenzen z. B. heißt es etwas weiter unten: „Die Schülerinnen und Schüler […] belegen und reflektieren wichtige Beziehungen zwischen Sprach- und Kulturphänomenen an Beispielen, reflektieren Gemeinsam‐ keiten und Unterschiede zwischen Sprachen […]. 8 Die praktische Umsetzung der in den Bildungsplänen formulierten Ziele ist (aus Sicht der Autorin) zum aktuellen Zeitpunkt nur ansatzweise erkennbar, obwohl gerade in Hamburg z. B. ein großer Bedarf hinsichtlich der Integration von Herkunftssprachen besteht. 2 Sprachenübergreifendes Arbeiten in der Schulpraxis Es stellt sich die Frage, wie die rechtlich gebotenen und wünschenswerten Maßnahmen in der Praxis des fremdsprachlichen Unterrichts initiiert werden können und sollen. Sicherlich sind hier mehrere Maßnahmen gleichzeitig nötig und vorstellbar, bis es zu einer veränderten Lehr- und Lernkultur kommt. Langfristig müssen zukünftige Fremdsprachenlehrkräfte in den verschiedenen Phasen der Ausbildung durch die Implementierung von Modulen zur Schulung 202 Julia von Rosen <?page no="203"?> 9 https: / / carap.ecml.at/ Documents/ tabid/ 2668/ language/ de-DE/ Default.aspx (22/ 05/ 2018). von Lehrerkompetenzen im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik vorbereitet werden. Kurzfristig jedoch liegt es an den praktizierenden Lehrkräften selbst, nach Formen der Umsetzung sprachenübergreifender Ansätze zu suchen, diese im Unterricht zu erproben, sich in diesem Bereich fortzubilden, sich mit gleichgesinnten Kolleginnen und Kollegen zusammen zu schließen und auf die Einbeziehung sprachenübergreifender Elemente in die schulinternen Curricula hinzuwirken. Ein wichtiges und hilfreiches Instrument sei an dieser Stelle vorgestellt, das sowohl eine didaktisch-methodische Grundlage für die Planung und Bewer‐ tung sprachenübergreifenden Arbeitens als auch eine Fülle von modellhaften Praxisbeispielen liefert: der „Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen“ (RePA). Dieser wurde im Anschluss an den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) von einer Arbeitsgruppe um Michel Candelier am Europäischen Fremdsprachenzentrum (EFSZ) in Graz entwickelt (Candelier et al. 2012). Das große Verdienst des RePA besteht u. a. darin, Sprachenlernern und -lehren sehr viel weiter gefasst und den großen Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik in vier (sich teilweise überlappende) Teilbereiche untergliedert zu haben, nämlich in „Éveil aux langues“, „integrierte Sprachendidaktik“, „Interkomprehension“ und „interkulturelles Lernen“. Inte‐ graler Bestandteil des RePA sind zum Einen eine differenzierte Auflistung von Deskriptoren relevanter sprachlicher Kompetenzen, die nach „Wissen“, „Fertigkeiten“ und „Haltungen“ (knowledge (k)/ skills (s)/ attitudes (a)) unterteilt sind, zum Anderen eine umfangreiche Datenbank mit Unterrichtsmaterialien, die über die Homepage des Europäischen Fremdsprachenzentrums (EFSZ) in Graz frei zugänglich sind. 9 Im Folgenden wird ein Vorschlag unterbreitet, wie sprachenübergreifendes Arbeiten in der Schulpraxis realisiert werden kann. Die Entscheidung für kurze, flexibel einsetzbare Module, die den monolingualen (Fremd-) Sprachenunter‐ richt phasenweise komplementär ergänzen, beruht einerseits auf der Erfahrung, dass es nicht viele „unverfügbare“ Zeitressourcen im Schulalltag gibt, dass es aber - wie bei vielen wichtigen didaktisch-methodischen Maßnahmen - gar nicht so sehr auf die Dauer, als vielmehr auf die Qualität, Intensität, Regelmäßigkeit und systemische Verankerung ankommt. Insofern vertrete ich die These, dass sprachenübergreifendes Arbeiten ge‐ lingt, wenn die Module mindestens die folgenden Bedingungen erfüllen: 203 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="204"?> 1. Sie stellen eine schlüssige Anbindung an die jeweiligen Sprachunterrichte dar und sind insofern an das schulinterne Curriculum angebunden. 2. Sie werden von den beteiligten Lehrkräften gemeinsam getragen (min‐ destens durch eine offene, kooperative und wertschätzende Haltung). 3. Es werden exemplarische Phänomene und Methoden behandelt, die problemlos auf andere Bereiche des Sprachunterrichts transferierbar sind. 4. Es gibt eine regelmäßige und systematisch aufgebaute Folge solcher Module, so dass sich für die SuS auch über größere Zeitintervalle hinweg eine Kontinuität ergibt. Das Ziel dieses Beitrags besteht darin zu zeigen, wie man mit einfachen Mitteln und unter Einbindung der verwendeten Lehrwerke bereits bei jüngeren Schülerinnen und Schülern wichtige Kompetenzen einüben kann, die ihren Umgang mit Sprache und ihre sich entwickelnde Mehrsprachigkeitskompetenz positiv beeinflussen. Um diese Kompetenzen genauer zu beschreiben, habe ich selbst mit den RePA-Deskriptoren gearbeitet und diese jeweils im Anschluss an die Beschreibung jedes der Module eingefügt. Ich möchte auf diese Weise auch andere Lehrkräfte dazu ermutigen, den RePA als (theoretischen) Rahmen sowie als Informations- und Materialquelle zu nutzen und ähnliche Schritte in Richtung auf den Aufbau von mehrsprachiger Reflexion und mehrsprachigem Handeln zu versuchen. 2.1 Sprachvergleich als ergänzende Methode des Fremdsprachenunterrichts Das Erlernen einer Fremdsprache ist ein komplexer und langwieriger Prozess, der eine Vielfalt von Methoden, Zugängen, Rahmenbedingungen und Impulsen erfor‐ dert, um die Lernenden sukzessive mit Wortschatz, Aussprache, grammatischen Strukturen, Kommunikationsformen usw. der Zielsprache vertraut zu machen und sie zu befähigen, sich in dieser Sprache selbst aktiv zu bewegen. Die grundsätzliche Richtung des Fremdsprachenlernens liegt demnach „vertikal“ in einer stetig zuneh‐ menden Vertiefung und Beherrschung der Zielsprache, indem nach und nach immer mehr und komplexere Kompetenzen durch aktives Lernen hinzu gewonnen werden. Der Ansatz des Sprachvergleichs, so wie er in diesem Kontext vorgestellt und praktiziert wird, ist insofern komplementär zu dieser Form des Lernens, als die Lernenden aufgefordert und angeleitet werden, von ihrem aktuellen Kenntnisstand aus und jeweils in einem bestimmten sprachlichen Kontext einen systematischen Blick gewissermaßen „horizontal“ auf andere ihnen bereits bekannte Sprachen zu werfen, um auf diese Weise Erkenntnisse über allge‐ meinere Strukturen und Charakteristika zu gewinnen. Dieser vergleichende Blick, so die These, fördert die Sprachbewusstheit - insbesondere auch für die 204 Julia von Rosen <?page no="205"?> 10 Ein durchaus vergleichbarer Ansatz, bei dem aus motivationalen und lernstrategischen Gründen die Einfachheit des Zugangs und die Zeitökonomie betont werden, findet sich in dem Modell „EuroCom“, das von Klein und Stegmann entwickelt worden ist. Das Prinzip der Interkomprehension wird dort allerdings eingesetzt, um rezeptiv neue Sprachen einer selben Sprachfamilie zu erlernen. Vgl. Klein / Stegmann 2000. eigene Muttersprache, wenn diese explizit in den Vergleich einbezogen wird - und erleichtert zudem das Erlernen von neuen Fremdsprachen, indem Zusam‐ menhänge, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten zwischen allen beteiligten Sprachen (wenigstens punktuell) sichtbar gemacht werden. Anders als beim Erlernen einer einzelnen Fremdsprache kann jeder Lernende, der mindestens zwei Fremdsprachen (ungefähr) auf dem Niveau A1 beherrscht (G8-Schüler ab Mitte/ Ende der 6. Klasse), im Rahmen der vergleichenden Module mit Hilfe von entsprechenden Anleitungen selbständig Erkenntnisse über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Sprachen (allgemein) sowie konkret über die vorlie‐ genden Sprachen gewinnen und aus seinen bzw. ihren Beobachtungen Hypothesen und Fragen ableiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Sprachen zuhause oder in der Schule erlernt worden sind. Entscheidend sind vielmehr ein bereits vorhandenes sprachliches Wissen und Können in mehreren Sprachen, das den Lernenden mehr oder weniger intuitiv oder kognitiv explizit zur Verfügung steht. 10 2.2 Sprach(en)bewusstheit und Sprachlernkompetenz In dem Kompetenzstrukturmodell für die fortgeführte Fremdsprache (Eng‐ lisch/ Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife (KMK 2014, 12) werden sowohl Sprachbewusstheit als auch Sprachlernkompetenz als transversale Kom‐ petenzen definiert, die sich „lateral“ zu den „zentralen“ interkulturellen und funktionalen kommunikativen Kompetenzen sowie zur Text- und Medienkom‐ petenz verhalten. Das heißt, diese Kompetenzbereiche sind mit allen anderen sprachlichen Kompetenzen verknüpft und „spielen speziell für die Förderung von Mehrsprachigkeit eine entscheidende Rolle“ (Tesch / Schröder 2017, 30). Innerhalb des Bereichs der „Sprachbewusstheit“ unterscheidet man eine Kom‐ petenz, die sich allein auf einzige Sprache bezieht, auf das „Reflektieren und bewusste Verfügen über [diese] Sprache“ von einer solchen Kompetenz der „Sprachenbewusstheit“ [im Plural] als „Reflektieren und bewusstes Verfügen über ein Wissen, das durch den theoretischen und praktischen Umgang mit Mehrsprachigkeit generiert ist“ (Vollmer et al. 2017, 202). Ersteres bezieht sich also auf eine bestimmte Sprache, die gerade erlernt oder fokussiert wird; letzteres auf mehrere Sprachen, die gemeinsam bzw. vergleichend in den Blick genommen werden. Beides, Sprachbewusstheit (im Singular) wie Sprach(en)bewusstheit (im Plural) hängt wiederum eng mit Sprachlernkompe‐ 205 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="206"?> 11 Dieser Zusammenhang konnte z. B. in einer Studie von Nold und Rossa (2008) nachgewiesen werden. tenz zusammen, insofern das Verständnis für sprachliche Phänomene und Strukturen, aber auch die Fähigkeit zum bewussten Umgang mit sprachlichen Unterschieden und Gemeinsamkeiten eine klare Erleichterung für den Erwerb weiterer sprachlicher Kompetenzen darstellt 11 . In dem vorliegenden Beitrag liegt der Schwerpunkt im Bereich der Sprachen‐ bewusstheit. 3 Schulische Ausgangssituation Wenn es um die Frage geht, wie sich sprachenübergreifendes Arbeiten und der Aufbau von Sprachbewusstheit in der Schulpraxis realisieren lassen, kommen eine Reihe von Parametern zum Tragen, die eher systemisch-struktureller als im engeren Sinne methodischer Natur sind. Natürlich ist es im Prinzip möglich und auch absolut wünschenswert, dass eine einzelne Lehrkraft in ihrem jeweiligen Fremdsprachenunterricht (oder auch, wenn sie zwei Fremd‐ sprachen oder eine Fremdsprache und Deutsch parallel unterrichtet) für sich sprachenübergreifend arbeitet. Daraus können für die Lernenden sehr interes‐ sante und sicher im Einzelfall auch nachhaltig wirksame Lernerfahrungen und Erkenntnisse hervorgehen. Es kann allerdings in der Regel nicht von einem systematischen und systemisch relevanten Lernen die Rede sein. Wenn man in der Schule sprachenübergreifendes Arbeiten implementieren will, bedarf es der sorgfältigen Verknüpfung mit den oben aufgeführten Faktoren. Zwei Parameter sind dabei besonders hervorzuheben, nämlich die Verankerung in den schulinternen Curricula und die kooperativen Strukturen unter den (Fremd-) Sprachenkolleginnen und -kollegen. Durch diese konzeptuelle Verankerung und kooperative Struktur kann es gelingen, von einer punktuellen Maßnahme zu einer nach und nach erweiterten, veränderten Unterrichtskultur im Bereich der Fremdsprachen zu gelangen. Im Folgenden sollen die konkreten Erfahrungen zum sprachvergleichenden Lernen an einem Hamburger Gymnasium dargestellt und analysiert werden. 3.1 Das Prinzip der sprachenübergreifenden Module 3.1.1 Zeitliche Organisation und kooperative Strukturen Die Module sind bisher in zwei Lerngruppen der Jahrgänge fünf und sechs erprobt worden, die jeweils mit Französisch als zweiter vorgezogener Fremd‐ sprache ab Jahrgang 5 arbeiten. Die Organisation funktioniert durch langfristige 206 Julia von Rosen <?page no="207"?> Absprachen mit den Sprachenkolleginnen und -kollegen innerhalb einer Klasse (Deutsch eingeschlossen), so dass jedes Sprachenfach eine oder zwei Doppel‐ stunden zur Verfügung stellt. Auf diese Weise sind wir immer zu zweit in den Stunden, die der sprachenübergreifenden Arbeit gewidmet sind. Es ergeben sich dabei sehr nützliche und interessante Gelegenheiten zum fachlichen Austausch, zur Differenzierung im Unterricht und zum gegenseitigen Feedback. 3.1.2 Curriculare Verankerung Wie in allen anderen Hamburger Schulen, sind für jedes Fach schulinterne Curricula entwickelt worden. Aus diesen jeweils fachspezifischen Curricula sind im Rahmen einer Arbeitsgruppe sog. „Jahrespläne“ entstanden, die für einen Jahrgang einen groben Überblick über alle in einem Schuljahr zu behandelnden Themen, Inhalte, Methoden und über die besonderen Projekte liefern. Diese Jahrespläne dienen der Orientierung jeder einzelnen Lehrkraft, zugleich stellen sie eine große Erleichterung bei der Herstellung fächerübergreifender Bezüge und der Kooperation von Lehrkräften im Kontext fächerverbindenden Arbeitens dar. Neben den Jahresplänen ist parallel vom Kollegium ein fachunabhängiges bzw. fächerübergreifendes Methodencurriculum entwickelt worden, in dem festgehalten ist, welches Fach in welchem Jahrgang zuständig ist für die Ein‐ führung bestimmter Methoden als Lernverfahren für die Schüler. Die Methoden sind ebenfalls in den Jahresplänen aufgeführt, damit beide Instrumente so miteinander verzahnt sind. Zu allen Methoden sind Methodenkarten als Anleitung und Orientierungs‐ hilfe entwickelt worden, die auf der Homepage der Schule verlinkt und frei zugänglich sind - für Lehrkräfte, für Schülerinnen und Schüler und für deren Eltern Das Methodencurriculum ist zudem in jedem Klassenbuch vorne ein‐ geklebt, und jede Lehrkraft, die eine bestimmte Methode eingeführt oder vertieft hat, notiert dies im Klassenbuch, so dass das Klassenkollegium über ein schriftliches Informations- und Kommunikationsinstrument für die fächer‐ übergreifende Kooperation verfügt. Im Folgenden geht es um die Einführung und den Aufbau der Methode des Sprachvergleichs. 3.2 Vorstellung von zwei exemplarischen Modulen 3.2.1 Modul Wortschatzarbeit zum Thema „Klassenraumvokabular“ Jedes Modul beginnt mit einem Begrüßungsritual in vielen verschiedenen Spra‐ chen, die auch schriftlich an der Tafel stehen, um die Präsenz vieler Sprachen im Klassenraum zu unterstreichen. Nach der Begrüßung wird (in den jüngeren Klassen) ein Lied in mehreren Sprachen gesungen. 207 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="208"?> Da die sprachenübergreifende Arbeit mit dem Wortschatz-Modul beginnt, steht am Anfang eine kurze allgemeine Einführung in die „Sprachen der Welt“. Die SuS nennen alle Sprachen, die sie kennen, diese werden auf Kärtchen notiert und (mit Magneten) an der Tafel grob geographisch gruppiert. Die SuS haben Gelegenheit, ihr Vorwissen über die Herkunft von Sprachen und deren Bezie‐ hungen untereinander einzubringen. Sie bekommen dann eine anschauliche Skizze gezeigt, die die Sprachfamilien und die Entstehung der Sprachen aus einer gemeinsamen Ursprache in Form eines Baumes darstellt. Nach dieser überwiegend deduktiven Einführung stellt sich für die SuS die Frage, wie sich die Zusammengehörigkeit von Sprachen in „Familien“ konkret beobachten lässt. Auf meinen Vorschlag hin arbeiten wir an dem Thema „Klassenraumvokabular“, um eine Reihe von Wörtern desselben Gegenstandsbereichs, die den SuS aus dem Unterricht bekannt sind, zu untersuchen. Die SuS erstellen gemeinsam eine Liste von 15 Wörtern. Dann haben sie die Aufgabe, für diese Wörter die Übersetzungen in Englisch und Französisch sowie in weiteren ihnen bekannten Sprachen zu finden. Sie bekommen hierfür Zeit, um in kleinen Gruppen und mit Rückgriff auf alle Hilfsmittel, die zur Verfügung stehen, die Wörterlisten zusammenzustellen. Außer den beiden in der Schule gelernten Fremdsprachen kommen Italienisch, Serbisch und Arabisch hinzu, letzteres allerdings nur mündlich, so dass es nicht in der Tabelle notiert werden kann. Die Ergebnisse werden auf einem großen Poster zusammengetragen. Nun beginnt die eigentliche Arbeit des Sprachvergleichs: Die SuS bekommen die Aufgaben, die Wörter genau zu untersuchen, Gemeinsamkeiten und Unter‐ schiede zu finden und Hypothesen darüber zu bilden. Ich möchte an dieser Stelle drei Ergebnisse herausgreifen, die aus meiner Sicht besonders deutlich zeigen, inwiefern durch die Methode des Sprachvergleichs bei den SuS zugleich die Fähigkeit zur reflektierenden und abstrahierenden Betrachtung einzelsprachli‐ cher Phänomene allgemein gefördert werden kann: 1. Die SuS stellen fest, dass im Englischen und im Französischen die Wörter für „Tisch“ bei unterschiedlicher Aussprache eine identische geschriebene Form haben („table“). Vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Infor‐ mationen über die verschiedenen Sprachfamilien stellt sich für die SuS die Frage, warum beide Sprachen, die unterschiedlichen Familien angehören, ein identisches Wort haben. Sie äußern daraufhin Hypothesen, wie ein Kontakt zwischen den beiden Kulturen ausgesehen haben könnte, ob durch „Besuche“ von Menschen aus dem einen in das andere Land, ob durch einen Krieg, ob durch irgendeinen Zwang? Ich gebe den SuS den Hinweis darauf, dass die Normannen im Anschluss an die Schlacht von Hastings im Jahr 1066 mehrere Jahrhunderte in 208 Julia von Rosen <?page no="209"?> 12 Nicht alle gesuchten Wörter konnten sie spontan benennen, so dass sie ihre Eltern oder zuhause verfügbare Wörterbücher befragen mussten, um die Ergebnisse in der folgenden Stunde mitzuteilen. England geherrscht haben und in dieser Zeit das Französische die Sprache der Oberschicht war und viele französische Wörter in die englische Sprache übergegangen sind. Den SuS wird an diesem kleinen Beispiel bewusst, dass jede Sprache eine sehr weitreichende historische Dimension hat, dass sie nicht nur beeinflusst wird von politischen und anderen Ereignissen, sondern dass sie selbst einem (permanenten) Wandel unterliegt. Sie sind in der Lage, anhand strukturierter Beobachtungen eigene Hypothesen über die Beziehungen zwischen Sprachen zu formulieren. 2. Die SuS beobachten, dass die Wörter „Fenster“, „fenêtre“ und „finestra“ eine große Ähnlichkeit aufweisen. Sie beobachten, dass im Deutschen und im Italienischen ein „s“ vor dem „t“ steht, das im Französischen fehlt. Sie äußern die Vermutung, dass das Zirkumflex an die Stelle des „s“ getreten sei. Um ihre Hypothese zu überprüfen, suchen sie nach anderen Wörtern mit Zirkumflex im Französischen und finden z. B. „pâtes“, „île“ und „être“. Sie können ihre Hypothese anhand dieser Wörter und ihrer deutschen und italienischen Übersetzungen (Pasta, Insel, isola, essere) zumindest teilweise verifizieren. Auch an diesem Beispiel lässt sich also zeigen, dass die Methode des Sprachver‐ gleichs die SuS befähigt, aufgrund genauer Beobachtungen einzelner Wörter Hypothesen über ein linguistisches Phänomen zu entwickeln und dieses zumin‐ dest ansatzweise auch selbständig zu überprüfen. 3. Dadurch, dass mehrere SuS bereit waren, ihre Herkunftssprachen (oder zuhause gesprochenen Familiensprachen) aktiv in die Unterrichtsarbeit einzubringen, hat sich neben diesen primär kognitiven Lernprozessen ein anderer, für mich nicht planbarer und im positiven Sinne überraschender Effekt ergeben, weil ich die biographischen Hintergründe der SuS nicht gut genug kannte. Zwei Schülerinnen, die im Elternhaus oder mit einem Elternteil serbisch sprechen, und die im sonstigen Unterrichtsgeschehen eher zurückhaltend sind, haben in der Phase des Sprachvergleichs eine große Aktivität entfaltet und mit sichtlicher Freude und Selbstbewusst‐ sein die serbischen Wörter vor der Klasse präsentiert. 12 Die Mitschüler forderten wiederholt das laute Vorsprechen der fremdklingenden Wörter ein, stellten weitere Fragen zur serbischen Sprache und hatten viel 209 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="210"?> 13 An dieser Stelle eröffnen sich viele Gelegenheiten zur Anknüpfung für den Bereich des interkulturellen Lernens. Respekt und Bewunderung für die beiden Mädchen, die allein durch ihre (bis dahin kaum wahrgenommene oder bekannte) Sprachkompetenz in die Rolle von sprachlichen (und kulturellen) Expertinnen kamen. Dieses Beispiel illustriert, wie wichtig und fruchtbar es ist, auch die Herkunfts‐ sprachen der SuS einzubeziehen (oder zumindest offen dafür zu sein), weil sich einerseits ein viel größeres und vielseitigeres sprachliches Feld eröffnen kann (und die Entfaltung von Sprachenbewusstheit ermöglicht), als wenn man nur die Schulfremdsprachen untersucht, und weil andererseits die betroffenen SuS eine besondere Wertschätzung erfahren, wenn sie eine für ihre Identität so zentrale Dimension wie ihre Sprache in den Unterricht einbringen können. 13 Im Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen beschreiben die folgenden Deskriptoren die unterschiedlichen Kompetenzen, die in diesem Modul entwickelt und gefördert werden: K-7.2 Wissen, dass man sich beim Erlernen von Sprachen auf (z. B. struk‐ turelle, diskursive oder pragmatische) Ähnlichkeiten zwischen Spra‐ chen stützen kann S-3.4 Die lexikalische Nähe wahrnehmen können S-5 Die in einer Sprache verfügbaren Kenntnisse und Fertigkeiten für Handlungen des Sprachverstehens oder der Sprachproduktion in einer anderen Sprache nutzen können S-7.7.2 Lernstrategien bewusst einsetzen können A-2.4 Sensibilität sowohl für die Unterschiede als auch für die Gemeinsam‐ keiten verschiedener Sprachen oder Kulturen A-14.3 Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit Sprachen haben (z. B. ihre Analyse […]) A-15.1 Vertrautheit durch Ähnlichkeiten oder Nähe zwischen Sprachen oder Kulturen (Quelle: RePA, Deskriptoren) 3.2.2 Modul Laute, internationales Lautalphabet und Lautschrift Dieses Modul ist im Anschluss an eine pädagogische Ganztagskonferenz ent‐ standen, die die „Förderung der Schreibkompetenz“ zum Thema hatte. Vor dem Hintergrund der schlechten Rechtschreibergebnisse der Fünftklässler bei zen‐ tralen Testungen im Fach Deutsch war in verschiedenen Fremdsprachen-Fach‐ 210 Julia von Rosen <?page no="211"?> schaften die Idee entstanden, einen verstärkten Blick auf die Sensibilisierung für Laute und ihre verschiedenen oder identischen Schreibweisen zu legen. Die Ar‐ beit mit der Lautschrift erschien als ein sehr geeignetes sprachenübergreifendes Instrument, weil es ohnehin international ausgerichtet ist. Das Modul kann mit Beginn der zweiten Fremdsprache eingesetzt werden. Auch hier beginnt die Arbeit mit einem vielsprachigen Begrüßungsritual und Singen. Letzteres scheint mir in diesem Zusammenhang besonders sinnvoll, weil auf diese Weise bereits viele Laute und Klänge in unterschiedlichen Sprachen die akustische und ästhetische Sensibilisierung rezeptiv und produktiv fördern. In einem ersten Schritt geht es dann darum, dass die SuS induktiv den Unterschied zwischen Buchstaben, Lauten und Lautschriftzeichen erfassen. Dieser Schritt erfolgt exemplarisch anhand des Buchstabens „i“ und des Lauts [i]. Die SuS werden zunächst aufgefordert, Wörter in allen ihnen bekannten Sprachen zu nennen, die den Buchstaben „i“ enthalten. Die Wörter werden auf der linken Tafelhälfte gesammelt und verglichen. Die SuS stellen fest, dass sowohl in derselben Sprache als auch zwischen den Sprachen der Buchstabe „i“ sehr unterschiedlich klingen kann. Dann stelle ich die Frage, wie man den Laut „i“ notieren kann. Die meisten SuS kennen die Schreibweise der Lautschrift mit eckigen Klammern: [i]. Die nächste Aufgabe besteht nun darin, Wörter in vielen verschiedenen Sprachen zu finden, die diesen Laut enthalten. Die SuS schreiben ihre Wörter auf die rechte Tafelhälfte, sprechen diese laut aus und unterstreichen die Buchstaben, die den i-Laut graphisch abbilden. Die Erkenntnisse dieser Einstiegsübung werden von den SuS in einem kleinen Merksatz zusammengefasst. In einem nächsten Schritt stelle ich den SuS die wichtigsten anderen Vokal‐ laute vor, die ich mit dem entsprechenden Lautzeichen groß kopiert habe und nacheinander an der Tafel anbringe (s. Foto unten). Wichtig ist hier besonders die Unterscheidung zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Vokalen. Alle Laute werden mehrmals vor- und nachgesprochen, damit die SuS sich das Verhältnis von Klang und Lautzeichen gut einprägen. Sie bekommen dann eine „Wörterkiste“, die je zehn deutsche, englische und französische Wörter enthält. Die SuS sollen nun die Vokallaute in den Wörtern den zuvor behandelten Vokallauten an der Tafel zuordnen: 211 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="212"?> (Foto: J.v.Rosen) In einem weiteren Schritt arbeiten wir mit „Internationalismen“ und be‐ schränken uns auch hier zunächst auf die Vokallaute. Exemplarisch betrachten wir das Wort „international“ und benennen alle Vokallaute, die im Deutschen, Englischen und Französischen vorkommen: (Foto: J.v.Rosen) 212 Julia von Rosen <?page no="213"?> Die SuS sollen dann aus einer vorgegebenen Reihe von „internationalen“ Wörtern wie club, information, statue, bus u. a. die Vokallaute mit dem richtigen Lautschriftzeichen in einer Tabelle notieren. Auf dem Arbeitsblatt ist auch eine kurze Erklärung zu „Internationalismen“ enthalten. Bei den nächsten beiden Schritten geht es darum, dass sich die SuS anhand ihrer Lehrwerke für Französisch und Englisch mit der gesamten Lautschrift vertraut machen. Sie bekommen die Aufgabe, kurze „Geheimbotschaften“ auf Englisch und Französisch in Lautschrift zu entschlüsseln und dann selbst solche Botschaften zu verfassen. Zu diesem Zweck müssen sie die Lautschriftzeichen für die Konsonanten und auch einige weitere noch nicht eingeführte Laute selbst finden und anwenden. (Quelle: J.v.Rosen) Auch bei diesem Modul geht es nicht darum, einen neuen (fremd-) sprachlichen Aspekt einzuführen (denn die Lautschrift ist den SuS zumindest implizit ge‐ läufig), als vielmehr die Aufmerksamkeit darauf zu richten, wie sich Graphie und Phonie zueinander verhalten, wie genau sich Laute mithilfe des Lautalphabets unterscheiden lassen, wie wichtig genaues Zuhören als auch präzise Aussprache sind, und schließlich wie hilfreich die Lautschrift für alle Sprachen ist, um eine fremde Lautung exakt wiederzugeben, wenn man z. B. ein neues Wort im Wörterbuch findet, dessen Aussprache man nicht kennt. Die Deskriptoren des RePA formulieren die in diesem Modul zu erwerbenden Kompetenzen auf folgende Weise: 213 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="214"?> K-6.5.1 Wissen, dass sich die Laute oder Lautsysteme in verschiedenen Sprachen mehr oder weniger von denen anderer Sprachen oder der eigene(n) Sprache(n) unterscheiden können S-1.2.1 Sprachproduktionen in verschiedenen Sprachen aufmerksam / ge‐ zielt zuhören können S-3.2.1 Die Nähe und Distanz zwischen einfachen phonetischen Elementen (oder Lauten) wahrnehmen können S-3.6 Beziehungen zwischen Sprachen im Hinblick auf deren Phonetik und Graphie vergleichen können S-7.3 Das eigene sprachliche und kulturelle Vorwissen für den Lernprozess nutzen können (Quelle: RePA, Deskriptoren) 4 Zusammenfassung und Ausblick Die Ergebnisse aus der Durchführung der beiden Module haben gezeigt, dass es auch mit relativ wenig zeitlichem Aufwand und einigen einfachen Materialien gelingen kann, Wissen, Fertigkeiten und Haltungen der SuS zu konkreten sprachlichen Erscheinungen sowie zu grundsätzlichen sprachlichen Aspekten vertieft zu fördern und insofern Voraussetzungen für die Entwicklung von Sprach(en)bewusstheit zu schaffen. Dabei scheint gerade die zeitliche Über‐ schaubarkeit und die inhaltliche Einfachheit eine Voraussetzung dafür zu sein, dass sich solche Module phasenweise in den laufenden Unterricht einbauen lassen. Damit trotz der Kürze der Module das Gelernte nachhaltig wirkt, ist es (wie bereits oben betont) einerseits wichtig, die jeweiligen Aspekte in den einzelnen (Fremd-) Sprachenunterricht einzubeziehen, andererseits sollten solche Module regelmäßig, idealerweise einmal pro Halbjahr stattfinden, damit für die SuS eine Kontinuität gegeben ist und es innerhalb eines Schuljahres und von einem Schuljahr zum nächsten zu Synergieeffekten kommen kann. Entscheidend ist die gute, verlässliche Kooperation zwischen Sprachen‐ kolleg*innen einer Schule überhaupt und besonders in dem jeweiligen Klassen‐ kollegium. Dabei ist die notwendige Zusammenarbeit in der Planung und Vor‐ bereitung von mehrsprachigen Modulen (bei getrennter Umsetzung im Rahmen eines bestimmten Fremdsprachenunterrichts) noch einmal zu unterscheiden von einer wirklich interdisziplinären Durchführung solcher Unterrichtsein‐ heiten - was präzisere Absprachen und didaktisch-mentale Annäherungen erfordert, die aber, wenn sie denn gelingen, noch mehr Spaß machen und noch zufriedenstellender sind als das reine kollektive Planen. 214 Julia von Rosen <?page no="215"?> Die vorgestellten Module können leicht verändert, angepasst und erweitert werden: Einerseits lassen sich die Gegenstandsbereiche variieren (statt Klassen‐ raumvokabular mag es um die Ausstattung einer Wohnung, um Stundenplan, Haustiere, Musikinstrumente oder Sportarten gehen), andererseits lassen sich lexikalische Vergleiche von Nomen gut kombinieren mit grammatischen Ver‐ gleichen von Genus und Numerus. Referate über sprachlich relevante Ereignisse und Phasen in der Geschichte, Kurzporträts über Sprachen, individuelle Spra‐ chenbiographien der SuS (z. B. mit Hilfe von Portfolioarbeit) - solche und viele andere Aktivitäten und Produkte können aus Phasen der sprachenübergreif‐ enden (Unterrichts)Arbeit hervorgehen oder auf diese hin ausgerichtet werden. Was die konkrete Förderung von Sprachbewusstheit angeht, so konnte anhand von zahlreichen Indizien im Detail gezeigt werden, dass die SuS anhand der in den Modulen angelegten Anforderungen sowohl Sprachbewusstheit als auch Sprachenbewusstheit zeigen und entwickeln, indem sie fähig und motiviert sind, über grundlegende sprachliche Phänomene zu reflektieren und anhand der im Fokus stehenden Phänomene eigene abstrahierende Beobachtungen und Hypothesen über Sprache anstellen. Diese Indizien müssten in weiteren Modulen vertieft, die Lernzuwächse überprüft und ins Verhältnis zu anderen Lerngruppen gestellt werden, die ohne sprachenübergreifende Methoden ar‐ beiten. Allein die bisherigen Beobachtungen berechtigen allerdings zu der Überzeugung, dass der gewählte Ansatz lohnend und ausbaufähig ist. Viele wichtige Voraussetzungen, die zur festen Implementierung von spra‐ chenübergreifendem Arbeiten in den schulischen Alltag erforderlich sind, sind oben bereits genannt worden. Ich möchte aber abschließend einige Anregungen geben, wie sich Mehrsprachigkeitsdidaktik in der Schule eigentlich überall „anbahnen“ und initiieren lässt, z. B. einfach indem sprachliche Phänomene verstärkt vergleichend sichtbar gemacht werden, indem zeitliche, räumliche und materielle Synergien zwischen dem Lernen verschiedener Sprachen geschaffen und eine grundsätzliche Aufmerksamkeit für sprachliche Vielfalt und Diver‐ sität sowie deren Wertschätzung unter Lehrenden und Lernenden entwickelt werden: 1. Man könnte einige Klassenräume als „Sprachenräume“ umwidmen, in denen alle Schulfremdsprachen unterrichtet werden, die mit Unterrichts‐ materialien der verschiedenen Sprachen ausgestattet sind (z. B. Wörter‐ bücher, Grammatiken und Nachschlagewerke, authentische literarische Texte für alle Lernjahre, Filme, Spiele usw.). An den Wänden könnten die oben genannten Sprachenporträts, Originalplakate in verschiedenen Sprachen aus aller Welt, Zusammenstellungen interessanter Ergebnisse 215 Sprachbewusstheit durch Sprachvergleich <?page no="216"?> 14 In vielen American High Schools gibt es „Language Homerooms“, die dem entsprechen. 15 Zahlreiche Informationen und Anregungen hierzu finden sich unter: https: / / www.coe .int/ de/ web/ portal/ 26-september-european-day-of-languages. 16 Hier würden sich auch reizvolle Gelegenheiten zu einer interkulturell orientierten Ak‐ tionsforschung, d. h. zu einer reflexiv-forscherischen Untersuchung der verschiedenen Unterrichtskulturen, unter den am Austausch beteiligten Kolleg*innen ergeben. und Erkenntnisse aus sprachvergleichenden Phasen und viele andere Schüler-Produkte hängen. 14 2. Man könnte das Europäische Fest der Sprachen am 26. September mit einer Reihe von schulischen Aktivitäten begehen. 15 3. Man könnte gezielt Projektwochen zu mehrsprachigen Themen anbieten (z. B. für jüngere SuS: „Sprachen in meiner Stadt“, oder für ältere SuS: „Sprache und Identität im Kontext von Flucht und Migration“). 4. Man könnte bestehende Schulaustausche mit England, Spanien, Frank‐ reich u. a. nutzen, um mit den Austauschpartnern explizit über sprach‐ liche Themen zu arbeiten, z. B. darüber, welche Sprachen sie außer Deutsch noch gelernt haben, wie sie Sprachen genau lernen, welche Sprachen ihnen leichter oder schwerer fallen und sie die Gründe dafür erforschen lassen. 16 5. Man könnte mehrsprachige europäische Begegnungen (z. B. im Rahmen von Erasmus Plus) organisieren, die den SuS den praktischen Nutzen bzw. die Notwendigkeit mehrsprachiger Kompetenzen erfahrbar machen und sie damit für das Erlernen weiterer Sprachen motivieren. 6. Man könnte auch darüber nachdenken, inwiefern sprachenvernetzendes Arbeiten im Rahmen schulischer Begabungsförderung fruchtbar zu ma‐ chen wäre. Diese Liste ist offen, und der Kreativität von Kolleginnen und Kollegen sind keine Grenzen gesetzt. Im vorliegenden Beitrag sind lediglich erste Schritte im Rahmen einfacher Module beschrieben worden, die jedoch zeigen, wie gewinnbringend solche mehrsprachigen Zugänge und Arbeitsweisen sein können. Faktisch liegen viele weitere methodische (erprobte) Verfahren und Anregungen in der Literatur und in Fortbildungsheften vor, die der Übernahme und der Nachahmung bzw. der Weiterentwicklung harren. Der Aufbau von Sprach(en)bewusstheit als ein neues, wichtiges Kompetenzziel in den Abitur‐ standards für Fremdsprachen lässt sich darüber hinaus auf vielfältige andere, auch anspruchsvollere Art und Weise verfolgen. 216 Julia von Rosen <?page no="217"?> 5 Fazit Sprachübergreifendes Arbeiten und insbesondere Sprachvergleiche der be‐ schriebenen Art sind in der Unterrichtsrealität ohne übergroßen Zusatzaufwand machbar und können erheblich zur Förderung von Sprach(en)bewusstheit sowohl bei den beteiligten SuS als auch bei den verantwortlichen Lehrkräften beitragen. Es gibt keinen Grund (mehr), nicht schon morgen auf breiter Front zu beginnen und dem Sprachenlernen jene Bedeutung einzuräumen, die es haben kann und die es verdient. 6 Bibliographie Behr, Ursula. 2011. „Sprachenübergreifendes Lehren und Lernen - ein Plädoyer aus der Sicht des Russischunterrichts“, in: Die Neueren Sprachen. Sprachdidaktische Synergien - der Mehrwert der Mehrsprachigkeit. 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Vollmer, Helmut Johannes (unter Mitwirkung von Meißner, Franz-Josef / Nold, Günter / Schröder, Konrad / Wäckerle, Maike / Martinez, Hélène). 2017. „Sprachbewusstheit“, in: Tesch / von Hammerstein / Stanat / Rossa 2017, 201-219. 218 Julia von Rosen <?page no="219"?> 1 So zeigen die Veröffentlichungen des statistischen Bundesamtes, dass die Zahlen der Schüler, die Spanisch lernen, sich vom Schuljahr 2004/ 2005 auf das Schuljahr 2016/ 2017 von 213 357 auf 425 066 Schüler gesteigert, d. h. nahezu verdoppelt, haben (cf. Statistisches Bundesamt 2016, www.destatis.de, 29.06.2018). Die im vorliegenden Artikel analysierten Daten wurden im Schuljahr 2017/ 2018 erhoben. Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I bei der Bearbeitung von Aufgaben im Bereich der Mehrsprachigkeitsdidaktik Steffi Morkötter / Melanie van Iersel 1 Einleitung Aus der Interkomprehensionsforschung liegen für den hiesigen schulischen Kontext, insbesondere für das Erlernen einer dritten Fremdsprache, vielverspre‐ chende Ergebnisse vor. Auf der Grundlage von Befunden aus einer Studie zur Förderung von Sprachlernkompetenz, denen zufolge auch junge LernerInnen der Sekundarstufe I in der Lage sein können, eine Vielzahl unterschiedlicher Strategien zu verwenden und Transferoperationen durchzuführen (Morkötter 2016), soll im Folgenden ein Anschlussprojekt dargestellt werden, in dem der Fokus stärker auf die Dokumentation und Analyse schülerseitiger Aushand‐ lungsprozesse bei der Bearbeitung sprachenübergreifend gestalteter Aufgaben in Partner- und Gruppenarbeit gelegt wird. Die Zielsprachen sind u. a. Franzö‐ sisch und Spanisch (cf. hierzu Morkötter & van Iersel, 2019, und van Iersel, in Vorbereitung) als zweite Fremdsprache nach Englisch. Die Anzahl der Spanischlernenden hat sowohl bundesweit 1 als auch in Mecklenburg-Vorpommern zugenommen. Seit der Zeit nach der Wende ist dort die Anzahl der SpanischlernerInnen von 265 (1991) auf 7180 (2016) gestiegen. Dies bedeutet bei einer Gesamtschülerzahl von 146.593 Schülern an allgemein‐ bildenden Schulen einen Anteil von 4,8% Spanischlernenden im Jahr 2016, was den bundesweiten Schnitt repräsentiert (cf. Landesamt für innere Verwaltung - Statistisches Amt 2017). Die Zahl der SchülerInnen in Mecklenburg-Vorpom‐ mern, die Spanisch an Gymnasien als zweite Fremdsprache belegen, ist vom <?page no="220"?> Schuljahr 2013/ 2014 zum Schuljahr 2017/ 2018 um 32,4 Prozent, also um nahezu ein Drittel gestiegen (ebd.). Im Folgenden sollen Auszüge aus der Transkription von Aufgabenbearbei‐ tungen in Partnerarbeit durch einen Lerner und eine Lernerin des Spanischen als zweite Fremdsprache vorgestellt werden. Im Fokus der Analyse steht die Frage, ob und wenn dies der Fall ist, auf welche Weise die miteinander interagierenden SchülerInnen durch ihr sprachliches, enzyklopädisches und/ oder strategisches Repertoire individuell zur Lösung der Aufgabe, das interkomprehensive Lesen eines spanischen Textes, beitragen können. Hierbei soll auch die soziale und metakognitive Ebene betrachtet werden. Zuvor soll das oben angesprochene Projekt, „mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichtete Aufgaben und schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I“, dargestellt werden. 2 Das Projekt „mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichtete Aufgaben und schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I“ Das Projekt „mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichtete Aufgaben und schüler‐ seitige Interaktion in der Sekundarstufe I“, das seit dem Schuljahr 2017/ 2018 an verschiedenen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wird, verfolgt verschiedene Zielsetzungen: 1. schülerseitige Aushandlungsprozesse bei der Bearbeitung mehrsprachig‐ keitsdidaktisch gestalteter Aufgaben durch eine explorativ-interpretative Untersuchung näher zu beleuchten (zu Befunden aus der fremdspra‐ chendidaktischen Forschung zu aufgabenbasierten Lerner-Lerner-Inter‐ aktionen cf. z. B. Eckerth 2003; Bonnet 2004, 2007; Troschke 2007; Pesce 2010; Tesch 2010), 2. Schülerhandlungen, insbesondere im strategischen Bereich, bei inter‐ komprehensiver Arbeit zu ermitteln, die, wie erwähnt, Französisch bzw. Spanisch (van Iersel, in Vorbereitung) als zweite Fremdsprache nach Englisch und somit als erste romanische Sprache erlernen, und 3. verschiedene plurale Ansätze (Candelier et al. 2012), vor allem Interkom‐ prehension, integrative Sprachendidaktik (s. Punkt 2 oben) und interkul‐ turelles Lernen in Aufgaben miteinander zu verknüpfen. Die letztgenannte Zielsetzung greift die Forderung auf, „die Zersplitterung der mehrsprachigkeitsdidaktischen Bemühungen zu überwinden“ (Candelier, 2018, 342), wobei sich Candelier hier weniger auf eine mangelnde Kooperation von Deutschdidaktik, Englischdidaktik, Französischdidaktik usw. bezieht als 220 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="221"?> 2 Cf. hierzu van Iersel, erscheint. Der vorliegende Beitrag fokussiert die erstgenannte Zielsetzung (s. o.) und somit die Aushandlungsprozesse der Lernenden. vielmehr auf die pluralen Ansätze an sich. Im hier skizzierten Projekt wird unter anderem der Ansatz einer integrativen Sprachendidaktik verfolgt (Candelier et al. ibid.): Die integrative Sprachendidaktik möchte Lernenden dabei helfen, Verbindungen zwi‐ schen einer begrenzten Anzahl von Sprachen herzustellen […]. Ihre Methodik besteht in einer sprachenübergreifenden Steuerung, die die Erstsprache und/ oder [eine oder; StM & MvI] zwei vorgelernte Fremdsprachen und die persönlichen Sprachlernerfah‐ rungen als Ausgangspunkt für den Erwerb einer und weiterer Fremdsprache(n) nutzt. Bei Spanisch und Französisch liegt der Fokus, wie erwähnt, auf dem Erlernen einer zweiten Fremdsprache. Mehrsprachigkeitsdidaktische Untersuchungen im Bereich der integrativen Didaktik und Interkomprehension zu einer ersten romanischen Sprache nach Englisch stellen nach wie vor verglichen mit Stu‐ dien zum Tertiärspracherwerb, d. h. beispielsweise zum Erlernen einer zweiten romanischen Fremdsprache, ein großes Desiderat dar, denn das Lernen einer dritten Fremdsprache ist ein Angebot, das bekanntlich bei weitem nicht von jedem Schüler wahrgenommen wird oder auch wahrgenommen werden kann (cf. auch Morkötter 2016, 19). Doch liegen hier schon einige Unterrichtsvor‐ schläge vor (cf. z. B. Preker-Franke & Preker 2011; Leitzke-Ungerer et al. 2012; Leitzke-Ungerer 2014; von Kahlden et al. 2015; Bermejo Muñoz 2017). Bei sprachenübergreifendem Unterricht einer ersten romanischen Sprache nach Englisch ist selbstverständlich zu berücksichtigen, dass Lernende sich durch den hiermit verbundenen Sprachfamilienwechsel bzw. -übergang anderen Heraus‐ forderungen stellen müssen und gegebenenfalls andere Bereiche mehrsprachli‐ cher Kompetenz betroffen sind. Diese wird in Anlehnung an Le Boterf (1994, 16) als „un savoir intégrer, mobiliser et transférer un ensemble de ressources […] dans un contexte donné pour faire face aux différent problèmes rencontrés ou pour réaliser une tâche“ definiert. Der Bereich des interkulturellen Lernens fokussiert im vorliegenden Pro‐ jekt insbesondere „Orientierungswissen […] zu exemplarischen Themen und Inhalten“ (KMK 2004, 10), um Schüler an kulturelle Inhalte aus der hispano‐ phonen Welt heranzuführen, und ist somit vor allem auf der Ebene des savoir angesiedelt 2 . Die im Folgenden gelisteten interkomprehensiven Texte wurden durch nicht-sprachliche Aktivitäten (Kochen, Schmücken des Klassenraums) er‐ gänzt. Die Unterrichtsreihe in dieser Lerngruppe umfasste drei Doppelstunden 221 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="222"?> Spanisch, wobei es sich bei der ersten Stunde der Reihe um die vierte Spanisch‐ doppelstunde der SchülerInnen überhaupt handelte. Übersicht über die Unterrichtsreihe und die interkomprehensiven Texte: In der ersten Doppelstunde hatten die SchülerInnen ihren ersten Kontakt mit einem spanischsprachigen Text. Nach einer kurzen Einführung in das interkomprehensive Arbeiten wurde den SchülerInnen ein Text zum Traditi‐ onsfest La Tomatina ausgeteilt, welchen sie in Partnerarbeit übertragen sollten. Anschließend, in der zweiten Doppelstunde, sollten sich die SchülerInnen, neben einem Text über die Avocado zwei mexikanische Rezepte für Salsas interkomprehensiv erschließen. Diese wurden im Klassenraum zubereitet. In der dritten Doppelstunde, in der es um den Día de muertos gehen sollte, wurde den SchülerInnen zu Beginn ein Trailer des Films Coco gezeigt. Anhand dessen sollten sie einen Eindruck über dieses Fest bekommen. Um den SchülerInnen zu zeigen, wie bunt und fröhlich das Fest in Mexiko gefeiert wird, wurde der Klassenraum mit papel picado geschmückt. Nach dieser kurzen Einführung in den Dia de muertos bekamen die Schülerinnen einen Text (s. unten), in welchem sie mehr über diesen Festtag erfuhren. Stunde 1/ 2: Text: „La Tomatina“ Stunde 3/ 4: Text „El aguacate para el mundo“ (Rezepte zu zwei mexikanischen Soßen / Herstellung der Soßen durch die SchülerInnen) Stunden 5/ 6: Text: „Día de los muertos“ aus einem mexikanischen Reiseblog Da - anders als bei zielkulturellen Inhalten, in Bezug auf die SchülerInnen möglicherweise bereits über ein gewisses Hintergrundwissen oder über be‐ stimmte Vorstellungen verfügen (z. B. flamenco, paella) - hier schülerseitiges Vorwissen nicht unbedingt erwartet werden kann, waren neben den Visuali‐ sierungen Vokabelangaben notwendig, da der fremde interkulturelle Gehalt die Anzahl an Transferbasen reduziert. Der Einsatz von Vorwissen im Sinne eines top-down-Vorgehens ist jedoch dennoch möglich durch beispielsweise generelles Wissen (im Sinne von „general knowledge“ nach Doyé 2005, 26) über Feste und Traditionen. Zum Vorgehen bei der Datenerhebung und -auswertung: Die sprachenübergreifenden Aufgaben wurden in den regulären Spanischun‐ terricht eingebettet. Die Interaktionen der SchülerInnen während der Partner- und Gruppenarbeit und die Unterrichtsgespräche davor und im Anschluss 222 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="223"?> 3 Eine Videographie war leider aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich. Da die Gruppen während der Partnerbzw. Gruppenarbeit parallel aufgezeichnet wurden, hätte dies im Fall einer Videographie zum Teil einen Einsatz von bis zu elf Kameras erfordert, was sicherlich einen starken Eingriff in den Unterrichtsverlauf bedeutet hätte. 4 http: / / blog.bestday.com.mx/ dia-de-muertos-una-tradicion-orgullosamente-mexicana/ . Der Text wurde gekürzt. Die unterstrichenen (für die Schülerinnen im vorliegenden Kontext - mit Ausnahme von möglicherweise dem Ausdruck es considerado - opaken) Ausdrücke wurden angegeben. Der Text wurde von umfangreichem Bildmaterial, beispielsweise zu den Flores de Cempasuchil und einem geschmücktem Altar begleitet, um den SchülerInnen einen weiteren Eindruck des Festes zu geben (s. Anhang). wurden audioaufgezeichnet 3 , transkribiert und sequenzanalytisch ausgewertet. Darüber hinaus kamen Fragebögen zur Sprachlernbiographie und zu einer Selbsteinschätzung in Bezug auf das eigene Sprachenlernen sowie retrospektive Befragungen zum erlebten mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichteten Unter‐ richt zum Einsatz. Im Folgenden wird ein Ausschnitt aus einer Partnerarbeit eines Schülers und einer Schülerin der Jahrgangsstufe 7 eines Gymnasiums dargestellt und analysiert, die beide Englisch seit Klasse 1 erlernen und in Klasse 7 mit Spanisch als zweiter Fremdsprache angefangen haben. Es handelt sich, wie erwähnt, um die sechste Doppelstunde Spanisch für die SchülerInnen und die dritte der oben angeführten Unterrichtsreihe. Vor der ersten Doppelstunde der mehrsprachig‐ keitsdidaktischen Unterrichtsreihe wurden das Alphabet, die Begrüßung und Verabschiedung und die Vorstellung der eigenen Person behandelt. 3 Analyse der Interaktion der SchülerInnen Diese dritte Stunde der Unterrichtseinheit behandelt, wie erwähnt, den Text Día de Muertos in Mexiko: Día de Muertos, Una Tradición […] Mexicana 4 Autor: César Lozano Díaz El día de muertos es considerado la tradicíon más representativa de la cultura mexicana. […] La celebración se lleva a cabo en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre. El ritual a la muerte era uno de los elementos más importantes del México prehispánico. Hoy en día, la gente coloca altares para recordar a sus muertos. La decoracíon se hace con flores de cempasúchil y se coloca incienso para aromatizar el lugar. El altar se adorna con un mantel blanco o papel picado.[…] Los mexicanos decoran los sepulcros con flores, comen ahí y charlan con los amigos. 223 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="224"?> 5 Es wurden folgende Transkriptionszeichen verwendet: Kursivdruck = Wörter oder Textstücke in einer Fremdsprache, vermutete Bedeutungen; (…) = unverständlicher Redebeitrag; (X) = Redebeitrag X wird vermutet, ist aber nicht sicher; Doppelklammer = Para- und Nonverbalia, Beschreibungen und Vermutungen, z. B. ((überlegt)). Die Tran‐ skription ist aus Gründen der Leserfreundlichkeit im Wesentlichen orthographisch. Darüber hinaus dienen die Kommata der Strukturierung der Redebeiträge. Der Text wurde vor Beginn der Aufgabenbearbeitung von der Lehrkraft vorge‐ lesen, um den SchülerInnen einen Eindruck vom Lautbild zu verschaffen. Die Aufgabe war im Folgenden zunächst, Wörter zu unterstreichen, von denen die Lernenden meinen, dass sie sie an Wörter aus anderen Sprachen erinnern und/ oder dass sie sie ungefähr verstehen können. Im Anschluss wurde Global‐ verstehen („Wovon handelt der Text? “) fokussiert und daraufhin sollten zwei Fragen zum selektiven Leseverstehen beantwortet werden: „Wann findet der Día de Muertos statt? “ und „Wie wird der Altar dekoriert? “. Schließlich wurden die LernerInnen aufgefordert, den Text sinngemäß ins Deutsche zu übertragen. Nach der inhaltlichen Erarbeitung des Textes waren die SchülerInnen aufgefor‐ dert, Vermutungen zur spanischen Grammatik anzustellen und diese in einer Hypothesengrammatik (cf. z. B. Meißner 2005, 93-95) festzuhalten. Die beiden SchülerInnen, die hier Lukas und Vanessa genannt werden, widmen sich zunächst der Überschrift und den ersten beiden Sätzen 5 : Día de Muertos, Una Tradición […] Mexicana El día de muertos es considerado la tradicíon más representativa de la cultura mexicana. […] La celebración se lleva a cabo en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre. Lukas: Hier. Muertos weiß ich gerade nicht. Weißt du es? Vanessa: Nö. Lukas: Tradition auf alle Fälle. Vanessa: Tradición. Lukas: (…) Vanessa: Mexicana vielleicht Mexiko, oder mexikanisch. (…) Lukas: Was heißt denn (…) auch noch irgendwas da? Mexicana, Kultur, ja (…), ah, komm schon. Vanessa: Celebración, also feiern. Lukas: Heißt es das? Vanessa: Ich glaube schon. Im Englischen heißt es so. Día ist morgens. Lukas: Día? Vanessa: Día. Da die SchülerInnen trotz der einleitenden Worte der Lehrkraft, in denen der Begriff „die Toten“ enthalten war, mit dem Lexem muertos nichts anfangen 224 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="225"?> 6 In ihrer Hypothesengrammatik tragen die SchülerInnen mexicana als Adjektiv ein. können bzw. es hiermit nicht in Verbindung bringen können, widmen sie sich dem folgenden Substantiv, in dem sie sofort die deutsche Transferbasis „Tradition“ erkennen. Interessant ist, dass Vanessa in Bezug auf das Wort mexicana die Frage nach der Wortart aufwirft, obwohl diese erste Aufgabe lediglich darauf abzielte, Wörter zu identifizieren, die den Lernenden auf semantischer Ebene aus anderen Sprachen bekannt vorkommen. Dies geschieht indirekt durch die Übertragungsalternativen „Mexiko“ und „mexikanisch“. Ihr Mitschüler geht hierauf ein und untermauert die Hypothese seiner Partnerin mit der Äußerung „Mexicana, Kultur, ja“. Dass er hier von einem linearen Wort-für-Wort-Lesen abweicht und zu jener Textpassage springt, de la cultura mexicana, die das Adjektiv ebenfalls enthält und Hinweise zur Frage der Wortart liefern könnte, ist für einen Siebtklässler, der gerade mit dem Spanischlernen angefangen hat, erstaunlich 6 . Dies führt zwar dazu, dass die SchülerInnen das transparente Adjektiv representativa übergehen, doch zeigt ihre schriftliche Übertragung, dass sie das Wort sinngemäß verstehen können. Für das folgende Substantiv celebracíon schlägt Vanessa die Transferbasis „feiern“ vor, was darauf hinweist, dass sie nun die Bedeutungs-, nicht die morphosyntaktische Ebene fokussiert. Durch Analogiebildung zum bereits erschlossenen Wort tradicíon hätte sie wissen können, dass es sich hier um ein Nomen handelt. Die skeptische Frage von Lukas „Heißt es das? “ beantwortet sie mit einer Untermauerung ihrer Hypothese, indem sie auf das Englische rekurriert, ohne hierbei jedoch eine englischsprachige Transferbasis (celebration, to celebrate) anzuführen bzw. anführen zu können, (vgl. auch die Äußerung „Ich glaube schon.“). Hier zeigt sich wiederum das Potenzial von interkomprehensiver Arbeit, Wissen in vorgelernten (Fremd-)Sprachen zu (re-)aktivieren, das sich auch schon in der erwähnten Studie zur Förderung von Sprachlernkompetenz zeigte (cf. Morkötter ibid., 236-237; cf. auch Meißner 2011, 16: „we can say that retroactive transferring leads to an improvement of the knowledge in the bridge-languages, too“). Sehr sicher tritt die Schülerin hingegen bei der Annahme auf, dass día „morgens“ bedeute, was sich in ihrer Reaktion auf die mit Frageintonation geäußerte Wiederholung „día? “ ihres Mitschülers zeigt. Es ist denkbar, dass diese nicht zutreffende Hypothese aus der morgendlichen Begrüßung Buenos días im Klassenzimmer entstanden ist und der Schülerin noch nicht bewusst ist - es handelt sich schließlich erst um die sechste Spanischstunde - dass die deutsche Unterscheidung von „Guten Morgen“ und „Guten Tag“ im Spanischen keine direkte Entsprechung hat. Sollte diese Vermutung zutreffen, wäre es 225 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="226"?> 7 Auch dies wird durch die schriftlichen Aufzeichnungen der LernerInnen bestätigt. bemerkenswert, dass sie das Lexem día als Bestandteil der Begrüßungsformel wiedererkennt. La celebración se lleva a cabo en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre. El ritual a la muerte era uno de los elementos más importantes del México prehispánico. Hoy en día, la gente coloca altares para recordar a sus muertos. La decoracíon se hace con flores de cempasúchil y se coloca incienso para aromatizar el lugar. Angesichts der Bestimmtheit von Vanessa in ihrer Antwort („Día ist morgens. - Día? - Día.“, s. o.) geht Lukas nicht weiter auf die Frage nach der Bedeutung des Wortes día ein und geht im Text weiter: Lukas: Denn hier, el (…) de (…), ach so, das ist dann - der Monat oder so. Ritual, (…) sehr schön, muerte era uno, uno de los (deman) elementos. Vanessa: Keine Ahnung. Mexiko. Lukas: Vielleicht Elemente, also Elemente? Vanessa: Ja, eher, na ja, doch. Lukas: (Machen wir einfach, ne? ). La gente, das kenne ich nicht, Dekoration (hatten) hace con, la decoración se hace con, naja. Colo-, -loca, coloca hört sich wie so eine Cola an. Vanessa: ((kichert)) Ich glaube nicht, dass die den Altar mit Cola schmücken. Lukas: (…) Vanessa: Na ja, komm. Lukas: Aroman-, das könnte Aroma sein. Vanessa: Aromatisch. Lukas: Nee, Aroma, das Aroma von den Pflanzen. Ich weiß es nicht, ich gucke einfach mal. Altar, okay, das ist jetzt nicht so schwer. Er widmet sich dem Wort noviembre, das er mit „das ist dann der Monat - oder so“ kommentiert. Da den SchülerInnen nicht bewusst ist, dass día „Tag“ bedeutet, orientiert er sich hier vermutlich an den transparenten Ziffern und der deutschen Transferbasis „November“, auch wenn er es nicht explizit sagt 7 . Während Vanessa, die nun etwas weniger aktiv wirkt als zuvor, nicht auf ihren Mitschüler eingeht und im Text zum Eigennamen Mexiko springt („Keine Ahnung, Mexiko“), äußert Lukas zu elementos die Vermutung „Vielleicht Elemente, also Elemente? “. Auf morphologischer Ebene ist hier die Verwendung der Pluralform interessant. Da die Bildung des spanischen Plurals zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Unterricht behandelt worden war, kann angenommen werden, dass hier ein Transfer aus dem Englischen zugrunde liegt, der dem 226 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="227"?> Schüler nicht notwendigerweise bewusst ist. Vanessa reagiert zunächst mit Skepsis („Ja eher“), stimmt ihrem Mitschüler dann jedoch zu („na ja, doch.“), ohne ihre hiermit verbundenen Überlegungen zu verbalisieren. Lukas widmet sich im Folgenden dem nächsten Satz. Während er bei la gente explizit angibt, das Wort nicht zu kennen, gibt er für decoracíon direkt die deutschsprachige Transferbasis an. Bei den im Material abgebildeten und im Video zu Beginn der Stunde gezeigten flores de cempasúchil unterbricht er den Leseprozess und geht zum Textstück coloca altares zurück und kommentiert, dass sich coloca wie „Cola“ anhöre, was seine Mitschülerin kontextuell ausschließt („Ich glaube nicht“). Die Abwegigkeit dieser Vorstellung drückt sie auch durch ihr Kichern aus. Interessant ist hier die - vermutlich unbewusste - Übertragung von altares mit „Altar“, ein spanisch-deutsches Interlexem, das die SchülerInnen zuvor nicht kommentiert hatten. Im Folgenden erkennt Lukas im Wort aromatizar den Bestandteil „Aroma“. Wie bereits beim Adjektiv mexicana zuvor betrachtet Vanessa auch hier wieder die morphosyntaktische Ebene und ändert den Beitrag ihres Mitschülers in „aromatisch“. Lukas nimmt diese Änderung allerdings nicht an. Er ist sich hier sehr sicher („Nee, Aroma“) und untermauert seine Hypothese mit dem Hinweis, dass es sich um das Aroma von den Pflanzen handele. Der Schüler ist zu diesem Zeitpunkt (übereinstimmend mit dem Arbeitsauftrag in Aufgabe 1) auf die Bedeutungs- (jedoch nicht Einzelwort-)ebene fokussiert. Ansonsten hätte durch die Vokabelangabe zum folgenden Ausdruck el lugar und die spanisch-deutsche morphologische Parallelität (aromatizar → „aroma‐ tisieren“, automatizar → „automatisieren“ usw.) möglicherweise erschlossen werden können, dass es sich um ein Verb handelt. El altar se adorna con un mantel blanco o papel picado.[…] Los mexicanos decoran los sepulcros con flores, comen ahí y charlan con los amigos. Vanessa: Mantel, Tischdecke. Lukas: Mantel - blanco, Pappel? ((lacht)) o papel. So. Mexiko, aus Mexiko, los, decoran ist auch noch, decoran könnte vielleicht dekorieren oder so, con flores, das könnte - Blumen heißen, floras oder flowers oder flores. Vanessa: Ja, flowers. Lukas: Con los amigos. Amigos, amigos Vanessa: Menschen. Lukas: Ähm Vanessa: Menschen, Typen. Lukas: Amigos. Vanessa: Typen. Lukas: (…). Okay. Okay. 227 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="228"?> 8 Aufgrund der Formgleichheit im Deutschen kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass der Infinitiv gemeint ist. Während sich Vanessa an den Hinweis der Lehrerin erinnert, dass mantel „Tischdecke“ bedeute, und sie daher nicht dem falschen Freund „Mantel“ ‚erliegt‘, können sich beide nicht daran erinnern, was mit papel picado gemeint ist, obwohl der Klassenraum hiermit geschmückt ist. Durch sein Lachen bringt Lukas allerdings zum Ausdruck, dass er das deutschsprachige formähnliche Substantiv „Pappel“ hier ausschließt. Interessant an der folgenden Äußerung des Schülers „So Mexiko, aus Mexiko, los decoran ist auch noch, decoran könnte vielleicht dekorieren oder so“ ist vor allem seine Selbstkorrektur von „Mexiko“ in „aus Mexiko“, die andeutet, dass ihm bewusst ist, dass mit los mexicanos die Einwohner gemeint sind. Für diese Vermutung spricht auch, dass er decoran auf Anhieb mit einem Verb (und in der korrekten Person 8 ) überträgt. Keinerlei Schwierigkeiten bereitet ihm das Substantiv flores, in dem er die englischspra‐ chige Transferbasis flowers erkennt. Dass er auch hier von einem Plural ausgeht und sowohl seinen deutschen als auch englischen Übertragungsvorschlag im Plural angibt („Blumen“, „flowers“), spricht dafür, dass es sich, wie auch zuvor bei elementos, um einen (unbewussten) Transfer des Plural-S aus dem Englischen gehandelt hat. Schließlich betrachten die SchülerInnen das Wort amigos. Zwar fehlen ihnen hierfür interlinguale Transferbasen wie beispielsweise frz. amis, doch können sie die Bedeutung des spanischen Lexems korrekt mit „Menschen“ und „Typen“ eingrenzen. Auch hier verwenden sie wiederum die Pluralform. Die zweite und dritte Aufgabe: Mit der folgenden Aufgabe 2 war, wie oben angedeutet, beabsichtigt, die SchülerInnen über globales und selektives Leseverstehen schrittweise an den Textinhalt heranzuführen. Im Anschluss waren sie in Aufgabe 3 aufgefordert, den Text sinngemäß ins Deutsche zu übertragen. Lukas: Hä, aber wo steht denn, ach so, hier. Okay, warte, jetzt steht hier, beantwortet folgende Fragen. Wovon handelt der Text? Wovon handelt der Text? Vanessa: Von der Feier. Lukas: Komm, wir machen erst was anderes. Vanessa: Nein, nein, nein, nein, nein. Lukas: Doch. Vanessa: Du wolltest jetzt erst den Text übersetzen? Lukas: Ja, und dann erst die Fragen beantworten. Vanessa: Okay. 228 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="229"?> 9 Dem Transkript kann entnommen werden, dass die SchülerInnen tatsächlich die Aufgaben in der Reihenfolge von Aufgabe 2 im Anschluss an Aufgabe 3 bearbeiten. Lukas: Ist doch viel leichter. Vanessa: Ja. Wie aus dem Dialog hervorgeht, verhandeln die SchülerInnen hier zunächst nicht über Wortbzw. Textbedeutungen. Die Antwort auf die erste Frage aus der zweiten Aufgabe, wovon der Text handle, durch Vanessa, „von der Feier“, bleibt von Lukas völlig unkommentiert. Stattdessen verhandeln sie auf metakognitiver Ebene über ihre weitere Vorgehensweise bei der Aufgabenbearbeitung, und genauer: über die Frage, ob sie zunächst den Text sinngemäß übertragen und im Anschluss die Fragen beantworten, Aufgabe 3 also vor Aufgabe 2 bearbeiten sollten. Sie kommen zu dem Schluss, dass dies „viel leichter“ sei, ohne dies genauer zu begründen. Lukas geht bei seiner Äußerung „Ist doch viel leichter.“ vermutlich nicht davon aus, dass - wie seine Mitschülerin es formuliert - ein „[Ü]bersetzen“ an sich einfacher ist als Antworten auf Fragen zu globalem und selektivem Leseverstehen zu geben, sondern dass eine Beantwortung der Fragen in Aufgabe 2 auf der Grundlage einer vorangegangenen Übertragung leichter fällt. Mit anderen Worten: Die Äußerung bezieht sich wahrscheinlich nicht auf einen Vergleich des Schwierigkeitsgrades von Aufgabe 2 und 3 an sich, sondern (ausschließlich) auf die Reihenfolge der Aufgabenbearbeitung 9 . Da die SchülerInnen auch im Folgenden immer wieder von „Übersetzen“ sprechen, kann vermutet werden, dass ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst ist, dass sie den Text nur sinngemäß übertragen sollen, was einen Spielraum in Umfang und Detailliertheitsgrad zulässt, bzw. dass ihnen die Aufgabe einer sinngemäßen Übertragung noch nicht (sehr) bekannt ist. Im Falle einer Übersetzung im klassischen Sinne käme eine anschließende Beantwortung der Fragen zum globalen und selektiven Leseverstehen einem Abschreiben nahe bzw. wäre diese nahezu überflüssig, d. h. hier können auch arbeitsökonomische Abwägungen eine Rolle gespielt haben. Im Folgenden soll die Interaktion der Lernenden über den ersten Textab‐ schnitt dargestellt und analysiert werden. Auch hier sind zunächst metakognitive Aushandlungsprozesse über die Bearbeitung der Aufgabe beobachtbar: Lukas: Von einem Fest. ((lacht)) Vanessa: (…) schreibst du das Ganze (…). Lukas: Guck mal, wie gruselig das aussieht. Vanessa: Sieht ja nicht gruselig aus. 229 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="230"?> 10 Für die Textpassage en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre schreiben sie „am Morgen des 1. und 2. Novembers“. Lukas: Ja, aber es sieht gut aus. Vanessa: Nee, gut aussehen tut es auch nicht. - Geschmackssache. Okay. Lukas: Es sieht cool aus. Vanessa: Wie heißt dieser Text? Día … Lukas: Día de Muertos, Una Tradición. Día de Muertos oder so. Vanessa: Ja. Lukas: So. Vanessa: Nee, ich brauche eine Übersetzung dafür. Lukas: Nein, die müssen wir nicht übersetzen. Vanessa: Doch, das ist das Fest der Toten. Lukas: Nein, das ist, ja, aber - müssen wir die Überschrift übersetzen? Lukas: Ja. Nachdem die SchülerInnen sich geeinigt haben, wer von ihnen die deutschspra‐ chige Übertragung notiert, kommentieren sie das textbegleitende Bildmaterial mit „gruselig“, „gut“ und „cool“. Sie sind sich nicht sicher, ob sie die Überschrift übersetzen sollen, konsultieren die Lehrerin und halten für Día de Muertos „Fest der Toten“ fest. Hier fällt der Wechsel von „Feier“ (s. o.) zu „Fest“ auf, der den SchülerInnen vermutlich nicht bewusst ist. Bemerkenswert an der Übertragung mit „Fest der Toten“ ist auch, dass sie - bereits zu diesem Zeitpunkt, d. h. nach Bearbeitung der ersten auf Einzelwortebene angesiedelten Aufgabe - auf ein gewisses Textverständnis schließen lässt. Denn verglichen mit der Übertragung von día mit „morgens“ stellt das Wort Fest eine deutliche Annäherung an den Textinhalt dar. Dass der Vorschlag „Fest“ auf einer auf Globalverstehen basierenden Herangehensweise beruht, zeigt sich darin, dass die SchülerInnen die angenommene Bedeutung von día („morgens“; s. o.) hier nicht hinterfragen oder eine Übertragung wie „Morgen der Toten“ ausprobieren 10 . El día de muertos es considerado la tradicíon más representativa de la cultura mexicana. […] Lukas: Das Fest der Toten betrachtet man als Tradition. La tradición? Eine Tradi‐ tion. Ja, schreib erst mal auf. Vanessa: Nein, nein, nein, nein. Lukas: Doch. Vanessa: Nein, nein, nein, der Satz geht bis dahin. 230 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="231"?> 11 Auch Lukas zeigt Unsicherheiten im Fremdwortschatz, was in seiner Selbstkorrektur in der Äußerung „eine kulture-, kulturische mexika-, also eine mexikanische Kultur“ oben deutlich wird, in der er zunächst cultura adjektivisch zu übertragen beginnt und das Adjektiv „kulturell“ (vorausgesetzt, das hatte er mit „kulture-„ sagen wollen) in „kulturisch“ ändert. Lukas: Na gut. (…) repräsentiere die Kultur, präsentiert - die, seine ist das doch, eine kulture-, kulturische mexika-, also eine mexikanische Kultur, repräsentiert eine mexikanische Kultur. Vanessa: Aber als an die Kultur presentati-, präsentatiert. Lukas: Präsentati-, nee, präsent-, präsentiert. Ja, kann ich doch auch nicht dafür. Präsentiert eine Der Satzanfang bereitet dem Schüler keinerlei Schwierigkeiten und er schlägt die Übertragung „Das Fest der Toten betrachtet man als Tradition.“ vor. Seine Mitschülerin macht durch ein vierfaches „Nein“ sehr deutlich, dass sie hiermit nicht einverstanden ist, und weist ihn darauf hin, dass der Satz noch weiter‐ geht. Die folgenden Redebeiträge der SchülerInnen zeigen sehr deutlich, dass sich deren Schwierigkeiten auf das Adjektiv representativa und hier nicht auf die Bedeutungs-, sondern auf die morphosyntaktische Ebene beziehen. Denn sie erkennen sofort, dass es etwas mit „repräsentieren“ zu tun haben muss, können das deutsche Wort aber nicht syntaktisch sinnvoll in ihre Übertragung einordnen. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass sie zuvor es considerado la tradicíon mit „betrachtet man als Tradition“, d. h. ohne den bestimmten Artikel, übertragen haben, das Wort más übergehen bzw. -sehen und den Satz hier nicht als Ganzes betrachten. Dennoch sind sie mit ihren Äußerungen „repräsentiert eine mexikanische Kultur“ und „als an die Kultur presentati-, präsentatiert“ schon auf dem richtigen Weg, Lukas durch seine Zuordnung des Adjektivs representativa zu dessen Objekt cultura mexicana, Vanessa durch ihre Suche nach dem deutschsprachigen Interlexem („repräsentativ“). Diese deutet auch auf Unsicherheiten im deutschen Sprachgebrauch hin: „presentati-, präsentatiert“ 11 . Lukas: Das Fest der Toten. Vanessa: Betrachtet man. Lukas: Betrachtet man als - eine Tradition. Als eine Tradition. Vanessa: Man als eine mexikanische Tradition. Lukas: Nee, eine Tradition, die man, die man als, nee, die man präsentiert, (man präsentiert) dadurch irgendwie irgendwas Vanessa: Die man als mexikanische Lukas: repräsentiert eine mexikanische, eine mexikanische 231 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="232"?> Vanessa: Nee, warte. Das Fest der Toten betrachtet man als eine Tradition, wobei man die mexikanische Kultur präsentiert. Es fällt auf, dass auch Lukas hier zunächst wieder die Vorsilbe „re-“ weglässt (vgl. seinen Wechsel von „repräsentiert“ zu „präsentiert“ oben): „man präsen‐ tiert, (man präsentiert) dadurch irgendwie irgendwas“, was er aber im darauf folgenden turn in „repräsentiert“ korrigiert. Dass er das Adjektiv mexicana als eine nähere Bestimmung von cultura erkannt hat, wird in der Korrektur seiner Mitschülerin „eine mexikanische Tradition. - Nee, eine Tradition“ sehr deutlich. Diese wird auch von Vanessa unhinterfragt akzeptiert, die schließlich die Übertragung „Das Fest der Toten betrachtet man als eine Tradition, wobei man die mexikanische Kultur präsentiert.“ vorschlägt, die dem Gemeinten recht nahe kommt. La celebración se lleva a cabo en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre. Lukas: Dann feiern die Vanessa: Stattfinden. Lukas: Äh hier feiert, oh warte Vanessa: Man feiert es, es findet am Morgen, man Lukas: Es findet am Morgen Vanessa: Die Feier, die Feier findet am Morgen statt. Lukas: Am Morgen, am Vanessa: Die Feier findet am Morgen des zweiten Lukas: Ja, mach erst mal findet am Morgen. Also nee, ja, du weißt, was ich meine. Am Morgen, am - am Morgen an? Vanessa: Am Morgen des 2. Novembers Lukas: Nee, 1. Novembers. Vanessa: Des 1. und 2. Novembers statt. Während die SchülerInnen das Substantiv celebración zunächst als Verb über‐ tragen hatten (s. o.), ändern sie es nun aufgrund der folgenden Verbangabe llevarse a cabo in ein Nomen um. Da das Wort „stattfinden“ eine nachfolgende Orts- oder Zeitabgabe nahelegt und sie noviembre als „November“ erkennen, kehren sie bzw. kehrt Vanessa zu ihrer Hypothese „*día = morgens bzw. am Morgen“ zurück. Unterschwellig mag eine Rolle gespielt haben, dass die Über‐ tragung von día im Satz davor und in der Überschrift, also „Fest“ bzw. „Feier“, nun durch celebración schon ‚vergeben’ ist, doch scheinen den LernerInnen die unterschiedlichen Übertragungen hier nicht aufzufallen. Auch gelingt es ihnen nicht, sich bei der Übertragung des Folgesatzes, El ritual a la muerte era uno de los elementos más importantes del México prehispánico., an das bereits mit „Elemente“ korrekt erschlossene Substantiv elementos zu erinnern. Sie 232 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="233"?> schreiben: „Es ist ein Ritual was einmal im Jahr ein prähispanisches mexika‐ nisches importantes Fest gefeiert wird.“ Hier wird - abgesehen von u. a. der fehlenden Präposition „als“ im Deutschen - deutlich, dass die SchülerInnen mit diesem Satz Schwierigkeiten haben. Zwar ist die Angabe der LernerInnen an sich inhaltlich nicht gänzlich falsch, sie weicht jedoch viel stärker vom spanischen Text ab, als es bei den Sätzen zuvor der Fall war. So kann lediglich vermutet werden, dass die Übertragung „einmal im Jahr“ vom Wort uno herrührt. Die englische Transferbasis important scheinen sie nicht abrufen zu können. Dem Transkript ist zu entnehmen, dass die geringere Leistung, die die Lern‐ erInnen hier zeigen, auch mit einem Konzentrationsabfall einhergeht. So lenkt insbesondere Vanessa ihren Mitschüler während der Partnerarbeit häufiger durch themenfremde Kommentare ab. Zwar gehen die SchülerInnen auch bei der Übertragung des oben zitierten Satzes strategisch vor, in dem sie bottom up erschlossene Wörter wie ritual top-down mit dem Versuch einer Aktivierung von Weltwissen verbinden, in diesem Fall etwa das Wissen, dass ein Ritual in Kombination mit einer Datumsangabe darauf schließen lässt, dass dieses einmal im Jahr stattfindet. Doch weist die Verwendung des Adjektivs „mexikanisch“ für México beispielsweise darauf hin, dass die SchülerInnen hier weniger genau vorgehen als zuvor (s. o. zu mexicana, los mexicanos), wobei allerdings, wie erwähnt, auch eine lediglich sinngemäße Übertragung gefordert ist. Für Vanessa, die zu der Frage im Fragebogen, was ihr weniger gefallen habe, schreibt: „dass wir so viele Texte übersetzen mussten“, wäre eine Annäherung an den Text über globales und selektives Leseverstehen, wie ursprünglich beabsichtigt, sowie eine vorausgehende explizitere Heranführung an sinngemäßes Übertragen, mögli‐ cherweise zielführender (und motivierender) gewesen. Auf metakognitiver Ebene und zu der Frage, was sie für ihr Sprachenlernen gelernt habe, äußert sie sich folgendermaßen: „dass man vieles aus dem Deutschen ableiten kann bzw. aus dem Englischen“, was ihrem Verhalten, d. h. der Aktvierung deutscher und englischer (vgl. oben „feiern […] Im Englischen heißt es so“) Transferbasen, während der Partnerarbeit entspricht. Lukas gibt im Fragebogen an, dass er „mehr Wörter gelernt“ habe und den interkomprehensiven Unterricht „span‐ nend und lustig“ fand. 4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Wie deutlich wurde, erlauben es die Aushandlungsprozesse des Schülers und der Schülerin, sprachliche Hypothesen und Überlegungen zu rekonstruieren. Diese betreffen verschiedene Ebenen der sprachlichen Architektur und sind nicht auf die lexikalische beschränkt. Auch konnte gezeigt werden, dass das 233 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="234"?> dyadische Lernbzw. Forschungsarrangement die Lernenden zum expliziten Verbalisieren ihrer Gedanken stimuliert, wie beispielsweise die Bezugnahme auf die Textpassage cultura mexicana zur Untermauerung der Vermutung, dass es sich bei mexicana um ein Adjektiv handelt („Mexicana, Kultur, ja“). Die erfolgreiche Klärung der Wortart erfolgt über die Sprachbeispiele, ohne dass metasprachliche Termini notwendig sind bzw. verwendet werden. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Überlegungen teilweise sehr explizit sind („Ce‐ lebración, also feiern. […] Im Englischen heißt es so.“) und daher nicht aus den Redebeiträgen rekonstruiert werden müssen. Es konnte darüber hinaus beobachtet werden, dass die Lernenden nicht unhinterfragt die Vorschläge des Partners bzw. der Partnerin übernehmen, sondern Rückfragen stellen („Heißt es das? “) oder den anderen auf Dinge hinweisen („Nein, nein, nein, der Satz geht bis dahin.“). Es wurde deutlich, dass die jungen LernerInnen durchaus bereits über prozedurales strategisches Wissen verfügen, wie das Voranschreiten im Text und das Suchen nach weiteren Wortbeispielen zur Bestimmung der Wortart (s. o.) oder eine Verbindung von bottom up- (ritual) mit top down-Prozessen (der Einsatz von enzyklopädischem Wissen über Rituale bzw. Feste) zeigen. Auf sozialer und metakognitiver Ebene konnten zudem Aushandlungsprozesse über die Aufgabenbearbeitung nachgewiesen werden, die sich darauf beziehen, wer das Schreiben der Übertragung übernimmt und in welcher Reihenfolge die Aufgaben erledigt werden. Zwar zeigen die Aufnahmen und Transkriptionen auch Fälle von gegen‐ seitiger Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe, doch könnte ein Mehr‐ wert von Partner- und Gruppenarbeit bei interkomprehensiver Arbeit darin bestehen, durch einen Austausch von sprachlichem, inhaltlichem und strate‐ gischem Wissen zu einer Erweiterung bzw. Verfeinerung des individuellen (Strategie-)Repertoires zu führen. So weist auch Tesch für diagnostisches mehr‐ sprachiges Schreiben darauf hin, dass „die Kollaboration/ Kooperation der beste Weg zu sein [scheint], um die Aufmerksamkeit auf mehrsprachiges Vorwissen zu lenken und diesbezügliche Hypothesen zu bilden“ (2019: 407). Wichtig ist hierbei stets, die während der Partner- oder Gruppenarbeit miteinander geteilten Beobachtungen und Überlegungen im Anschluss zu bündeln und zu reflektieren, um sie den Lernenden bewusst(er) zu machen. 5 Literatur Bonnet, Andreas. 2004. Chemie im bilingualen Unterricht - Kompetenzerwerb durch Interaktion. 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Stuttgart: Klett. 236 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="237"?> 12 ser considerado - betrachtet sein als 13 Llevarse a cabo - stattfinden 14 era: Vergangenheitsform des Wortes „ser“: war 15 prehispánico - prähispanisch Día de Muertos, Una Tradición […] Mexicana Autor: César Lozano Díaz+ 7 Oct , 2016 in http: / / blog.bestday.com.mx/ dia-de-muertos-una-tradicion-org ullosamente-mexicana/ El Día de Muertos es considerado 12 la tradición más representativa de la cultura mexicana […] […].. La celebración se lleva a cabo 13 en dos días: el 1 de noviembre y el 2 de noviembre. El ritual a la muerte era 14 uno de los elementos más importantes del México prehispánico 15 . - Flores de Cempasuchil - 237 Schülerseitige Interaktion in der Sekundarstufe I <?page no="238"?> 16 Hoy en día - heutzutage 17 colocar - hier: aufstellen 18 recordar aerinnern an 19 Flores de campusechil - Orangene Blumen (s. Bild) - Studentenblumen 20 incienso - Weihrauch 21 lugar - Ort 22 adornar - dekorieren 23 sepulcro - Grab 24 comer - essen 25 ahí - dort 26 charlar - sich unterhalten - Altar de Muertos - Hoy en día 16 , la gente coloca 17 altares para recordar 18 a sus muertos. La decoración se hace con flores de cempasúchil 19 y se coloca incienso 20 para aromatizar el lugar 21 . El altar se adorna 22 con un mantel blanco o papel picado […] Los mexicanos decoran los sepulcros 23 con flores, comen 24 ahí 25 y charlan 26 con los amigos. 238 Steffi Morkötter / Melanie van Iersel <?page no="239"?> 1 Further we explain what it is considered to be Welcoming Language as a translation for “Português Língua de Acolhimento (PLAc)” in Portuguese language in Brazilian context of practice and investigation. (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin 1 Introduction Recent data show an intense influx of people who are fleeing to Brazil (CONARE 2016) seeking asylum. Despite the lack of Public Policies regarding Migration, such as Linguistic and Educational Policies (Amado 2013), Brazilian Portuguese remains the key element for beginning the integration of immigrants and asylum seekers into Brazilian society. Therefore, Brazilian Portuguese as a Welcoming Language 1 (Barbosa & S-o Bernardo 2017) is an emerging concept and a branch of Portuguese as a Foreign Language in Brazil. This language concept is mainly linked to its target audience - vulnerable immigrants, refugees, and asylum seekers - and it proposes a revision of the teacher´s role in the classroom which has to do with, amongst other aspects, softening the initial conflicts of learners who may have an urgent need to be integrated into the host society. According to Barbosa and S-o Bernardo (2017), the teacher must be the one to create an environment where students can feel that Portuguese language is not an imposition but an ally to linguistic and cultural integration. Regarding that important role and considering the emotional and subjective dimension of the Welcoming Language (S-o Bernardo 2016), it seems to be paramount to investigate teachers practices in PWL environment, considering some key aspects that teachers might face and might not be prepared for. As Lopez (2016) advocates, Portuguese as Foreign Language (PFL) praxis cannot be transferred to PWL praxis. There are many dimensions - pedagogical, political, social, psychological and cultural - which makes the practice of PWL different from PFL and they need to be scrutinized so professionals do not <?page no="240"?> misinterpret them and transform their practice far away from emancipatory practice (Bottura & Gattolin, 2020). For this contribution, some classroom interactions between the teacher and two participants of the course were selected aiming at presenting some initial tensions of the Welcoming Language teaching context. Presenting and analyzing the tensions and by using them as a site of inquiry on a autoethno‐ graphic perspective, we outline some possibilities which might be a helper for understanding fundamental aspects of Welcoming Language praxis to reflect upon Teachers Education in Brazil. This paper is organized as follows: after this introduction we discuss the concept of PWL, regarding its main definitions and our decision of translation. On the methodology section, fundamental aspects of autoethnography as a method, context and participants are presented, followed by the section of data analysis. On the conclusion section we bring some important outcomes and contribution of the paper. 2 Portuguese Welcoming Language: what does it mean? Portuguese as Welcoming Language (PWL) refers to Português Língua de Acolhimento (PLAc), in Brazilian Portuguese and European Portuguese. Some Portuguese and Brazilian authors also refer to PLAc, in English, as Host Language (Grosso 2010; S-o Bernardo 2016) or Shelter Language (Oliveira & Anç- 2006). In this paper we rely on the translation of the language concept as Welcoming Language. One of the reasons for it is that we personally understand that Welcoming express more suitably the idea of the language concept itself, as well as the meaning Acolhimento has in Portuguese language, which indicates to welcoming practices when it comes to receiving, hosting and integrating an immigrant and/ or a refugee in the society. The definition of PWL has emerged due to a Portuguese program named Portugal Acolhe. The State of Portugal created the program in 2011, offering free language courses to the immigrants arriving in the country. Welcoming Language in this context, then, is defined as “(…) the language of the country that gives them [immigrants and refugees] shelter” (Oliveira & Anç- 2006, 04). In Brazil, Barbosa and S-o Bernardo (2017, 435) affirm that the Welcoming Language “(…) borrows from each one of the language designations [Foreign Language, Second Language] aspects and configurations which will help that the Welcoming Languages constitutes itself as such in the migration contexts”. 240 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="241"?> 2 Available online https: / / dictionary.cambridge.org/ pt/ dicionario/ portugues-ingles/ acol her? q=Acolher 3 Available online: https: / / dictionary.cambridge.org/ pt/ dicionario/ ingles/ welcome? q=W elcome However, the authors warn, as Lopez (2016) also did, that it is not possible to consider the process of teaching and learning PWL as an simple adaptation of the knowledge already produced to other language designations in Portuguese Foreign Language area. Barbosa and S-o Bernardo (2017) discuss the meaning of the word acolhimento for explaining the language concept on the entry Língua de Acolhimento in the “Critical Dictionary of International Migrations”. The authors explain that the word acolhimento links directly to the transitive verb acolher which in Portuguese-English Cambridge Dicionary Online it is defined as “to welcome”, “to shelter” and as a synonym for “to house” 2 . These are the same verbs the authors use to describe what they mean by the verb “acolher” in Portuguese. In this sense, on English Cambridge Dictionary Online some definitions of the verb “Welcome” 3 are: to be pleased about and encourage or support something; to meet and speak to someone in a friendly way when they arrive; to meet or speak to someone in a friendly way when that person comes to the place where you are; to be pleased about or support something. And as well of the adjective “welcome” as: “(of someone who visits) received in a friendly way”. Considering these definitions based on the discussion above about the language concept and based on researchers who work with the same language concept; we consider PWL in this paper/ chapter as a translation for Português Língua de Acolhimento (PLAc). Another interesting possible reading is that the Welcoming Language in Brazil could also be linked to the social representation of Brazilian people as a warm, friendly and welcoming people, when it comes to the formation and meaning of Brazil and Brazilian people (De Holanda 2012; Ribeiro 2015). It is not the aim of this paper to discuss profoundly the hospitality of Brazilian people, however, the social representation of Brazilian people as welcoming people addresses suitably the context of this investigation and it sheds light on how the language concept emerged on such a singular context, with many possible meanings are surrounding it. 241 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="242"?> 4 Available online: https: / / dictionary.cambridge.org/ pt/ dicionario/ ingles/ host 5 Original in Portuguese: “(…) transcende a perspectiva linguístico-cultural e refere-se também ao prisma emocional e subjetivo da língua e à relaç-o conflituosa presente no contato inicial do imigrante com a sociedade de acolhimento.” 6 Original in Portuguese: “(…) i) amenizar o conflito inicial entre aprendente e língua; ii) estabelecer as condições necessárias para que esse aprendente comece a vê-la e interpretá-la como elemento de mediaç-o entre ele(a) e a sociedade anfitri-.” Host Language, on the other hand, is also used as a synonym for Língua de Acolhimento, as mentioned in the beginning of this section. According to English Cambridge Online, “Host” 4 as a verb is defined as: • to provide the space and other things necessary for a special event; • to be the host for guests or for a special event. These definitions might lead us to understand that immigrants or refugees are guests on a forever Other people´s homes. Even though it is not the aim of this paper, it might be valuable to problematize hospitality and its ambivalence, on a Derridean perspective (Derrida 2000; Derrida & Dufourmantelle 2003), when it comes to the relation between immigrant and refugees and the language it needs to be taught and needs to be learnt taking into account teachers and learners identities and social practices. Another reason why we have chosen Welcoming Language instead of Host Language is to avoid any misreading with other important branch of Portuguese Foreign Language area that is Portuguese Heritage Language (PHL), once it has the same abbreviation of Portuguese Host Language (PHL) in English. Grosso (2010) highlights survival issues and conflicts of the individual who migrates and seeks asylum in the new society. Political and religious persecu‐ tion, wars, sexual harassment, violence and poverty are one of the reasons why people flee their own countries. Most of immigrants and refugees arrive in new countries on a high level of vulnerability, which can be social, affective and/ or psychic. Hence, PWL “(…) transcends the linguistic-cultural perspective and also refers to the emotional and subjective prism of the language and the confrontational relationship present in the initial contact of the immigrant with the host society” (S-o Bernardo 2016, 66; own translation) 5 . Teachers’ role acquires a different importance in the process of teaching a Welcoming Language. It is assumed that they are the ones to transform students’ urgent needs into motivation and strategy so they can integrate in Brazilian society. According to Barbosa and S-o Bernardo (2017, 436; own translation) 6 , the roles teacher can be: 242 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="243"?> (…) i) to ease the initial conflict between the learner and the language; and ii) establish the necessary conditions for the learner to begin to see and interpret the language as an element of mediation between her/ him and the host society. Teaching and learning PWL is a new context that cannot be approached and understood as knowledge transferred from other language concepts and learning environments. Therefore, it is fundamental that professionals and future professionals who work/ will work with PWL seek to know the target-au‐ dience profile. To name a few aspects, professionals must know about: i) students ‘educational background, investigating whether s/ he have taken formal classes, taking into account different learning experiences (Melo-Pfeifer 2018); ii) students linguistic-cultural background, so they can value students language taking into account the benefits of plurinlingualism (Barbosa & S-o Bernardo 2017) and iii) managing possible conflicts students might face when learning the language. Regarding this, understanding what Welcoming Language means and what dimensions might emerge from its context and pedagogy is fundamental for any professionals. Likewise, investigating the singularities of welcoming and integrating an immigrant and a refugee by means of Linguistics and Educational Policies is also essential, so students can have an active citizenship and not be put aside “(…) as people who need to be hosted - in the sense of shelter and care” (Lopez & Diniz, 2018). We strongly agree with Lopez and Diniz (2018) about the importance of approaching and understanding the Welcoming Language critically. In this sense, this paper seeks to contribute to sensitize professionals about variable, aspects and issues might emerge from PWL environment of which teachers must be aware and prepared critically for it - in particular assuming the pedagogical and professional practice as a site of inquiry, reflection and Education (Nóvoa 2009). 3 Methodology 3.1 Autoethnography As mentioned on the Introduction of this paper, this contribution steams from a PhD research (Bottura 2019) that is based on an alternative approach to research - the autoethnography. As such, it considers the personal experience as part of the investigation and “(…) seeks to describe and systematically analyze (graphy) personal experience (auto) in order to understand cultural experience (ethno)” (Ellis, Adams & Bochner 2011, 01). The subjectivity of the researcher is not only 243 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="244"?> part of it, but also as site of inquiry of the ways subjectivity influences the process of research. Assuming autoethnography as a hybrid between autobiography and eth‐ nography (Silva 2011), there are some procedures the researcher can use to represent, in retrospective, the personal experiences. Interviews, photos, diaries, notes and recordings are some of the procedures. It is important to highlight, though, that the personal experience is considered as socially constructed (Canagarajah 2012) and it is far from being the fundament of unquestionable source of truth. Autoethnography is an approach that challenges traditional ways of doing research, such as the ones on a positivist basis. It allows and requires that researchers interrogate about more canonical ways of doing research and producing knowledge, addressing questions to epistemological and ontological issues. Considering this “(…) autoethnography is one of the approaches that acknowledges and accommodates subjectivity, emotionality, and the research‐ er’s influence on research, rather than hiding from these matters or assuming they don’t exist” (Ellis, Adams & Bochner 2011, 02). Indeed autoethnogaphy is challenging. It requires a constant exercise of approaching and relating to own practice and formation, context of research and participants in a distinct way. It is a profound dive towards self-interrogation (Ellis 2004; Ono 2018) to understand systematically why and how we are who we are, performing the roles we do. We are convinced that autoethnography is an ally to critical investigations of teachers practices and education, once “(…) it holds significant potential as a method for the engagement of socially emancipatory professional practices that identify difference and open opportunities for understanding the ‘Other’” (Austin & Hickey 2007, 09). According to Ono (2018), who has developed an autoethnographic study in Brazil about Teachers Education, autoehtnographers are not seeking for patterns or problem solving, rather for local, contextualized truths; considering local practices in terms of what Canagarajah (2012) argues. It also comprehends what happens in the contingency, shedding a light on particular dimensions encouraging “(…) the critical appraisal of Identity and the operations of those locations in which formations of Identity are constructed” (Austin & Hickey 2007, 06). Hence, autoethnography is key for researches aimed at understanding pro‐ fessional practices in particular and complex contexts, such as the context of teaching-learning Portuguese as Welcoming Language in Brazil regarding 244 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="245"?> 7 Original in Portuguese: “(…) forte funç-o social na busca pela integraç-o das/ os alunas/ os de maneira rápida e efetiva à sociedade de acolhimento.” professionals actions, decisions and interpretations - as wells as its ethical, social and political implications. Writing has a significant role in autoethnography, once it is also a textual practice. It is both process and product; the researcher engages with writing for understanding the process of his/ her practice and investigation. By doing that, data is provided for future analysis, which involves actions, emotions, practices, doubts and uneasiness - which will be explored thereby the process of writing (auto) narratives. For that reason, writing on an autoethnographic perspective tends to be more evocative, also constituted by (auto)narratives. 3.2 Context The excerpts presented on this paper are part of a research carried out in a public university in Brazil. The data were generated in a course of Portuguese Language designed specially for vulnerable immigrant and refugee women. The course was delivered by one of the authors of this paper in 2017, for two months, three times a week, in a 60 minutes class. The target audience was the female participants of the regular courses offered in the same institution in a broader context of an extension project. The courses of the extension project are offered freely since 2012. The registration period is continuous and anyone can apply at any stage of the course. Three modules are offered: Module 1, 2 and 3 to the immigrant and refugee population of the city where the project occurs, which it is also linked to Migration and Human Rights Institute and the United Nation Agency for Refugees. The initiative of delivering the course exclusively to the female participants of the project was from the coordinator of the extension project of the university herself. She has noticed the low participation of women in the activities and dynamics of the regular courses. Regarding the fact that women were the minority group in the project (20 %), the proposal of a course only for women is theoretically based on the assumption that the process of language learning and acquisition is gendered (Pavlenko & Piller 2008; Norton 2013). The course is designed fundamentally considering that all the courses of the Project are constituted by “(…) a strong social function seeking for participants quick and effective integration to the welcoming society” (S-o Bernardo 2016, 41; own translation) 7 . Because there was compelling evidence the female participants did not speak in the regular courses due to the majority presence of 245 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="246"?> men. Considering the diversity of the target audience, it is known the fact that there might be other reasons why women did not participate actively, such as religious and cultural variables as S-o Bernardo (2016) highlights. Bearing this in mind and other authors who have pointed out the lack of women presence in Welcoming Language courses and the importance of investigating them in particular (Sene 2017; Miranda 2017) the course was conceived as an extra space to offer more opportunities for the participants to practice Portuguese language, especially when it comes to oral comprehension and production. It was also intended the critical thinking about the participants roles in the welcoming society. In this respect, we have found on the principles of the theory of Critical Literacy (Menezes De Souza 2011b) as an educational perspective (Duboc 2012) to support the lessons. The main aim of the course is to promote a favourable environment for interaction, considering the development of the oral ability thereby the dis‐ cussion of subjects pre-selected that participants could choose all long the course. Activities were planned in a way to privilege participants’ voices, stories, cultures, languages and identities, by strengthening discussions and oral practices. In a nutshell, the subjects’ pre-selects by the teacher were: first impressions, family, work, women´s health, technology, communication, arts, ethics and politics, and economy. The subjects would be addressed weekly according to students’ needs and interests. In this sense, the participants would have the opportunity to engage themselves from a confortable environment to share their experiences and points of view - always considering the possibilities of critical-reflexive activities. 3.3 Data organization Four excerpts of interactions that have occurred during one class in the beginning of the course were selected. They represent an important part of the research and the pedagogical practice, once it refers to initial struggles the teacher had in PWL environment, which have forced her to reflect upon what they might suggest. Considering this, the excerpts will be analyzed by the teacher-researcher herself, the writing tends to approximate to a narrative tone - as it is expected in an autoethnographic research. The main question addressed and that will guide the data analysis of this paper is: in what extent aspects emerging from the classroom interactions that have caused some reactions on the teacher may orientate about Teachers Education? 246 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="247"?> 3.4 Participants More than 20 women attend the course along its two months duration. Most of the participants were immigrants from Haiti and immigrants and refugees from the African Continent (Congo, Togo, Nigeria and Gana). There was also one refugee from Venezuela and one from Syria. They were aged from 20 - 50 years old. Below, two participants selected for this paper are presented according to the teacher who has delivered the course. Their names are pseudonyms. Abena From Gana 43 years old Unemployed Ewe, English, and Portuguese speaker Hairdresser in Gana, living in Brazil for more than 2 years Abena was the first one to attend the course and the first to leave it, unfortu‐ nately. She told me right from the beginning she had some struggles to have enough money to take the bus three times a week to go to the university. Just like all the other participants from the course, she lived outside the city centre, more than one hour from it, in little independent cities where low-income workers are used to live. As a participant of the regular courses in the extension project of the university, Abena had the opportunity to receive a free pass in public transportation. That was one of the partnerships of the project with the city transportation: all of those enrolled in any of the courses, used to have a free pass. However, right in the beginning of the course the partnership was over due to administration issues, and Abena did not have money to attend to classes. One of the last days she could go to “school” (as she herself referred to used to call the Centre the Portuguese were the project occurred), she told me money was short, she did not have a job for a while and she used to sleep not to feel hungry, so the time could pass by quickly. I simply enjoyed having Abena around. There was something about her. She had a special glow on her face, despite all of the daily struggles she faced. The other participants liked to have her around too. She could easily be on my position, leading the discussions. She was a 43 years old black African woman. In my perspective, she was the perfect leader. She was almost 180 cm tall with a big smile on her face. Ewe, English and Portuguese speaker, once she told me she had a special language that was spoken only between her and her mother. Many jobs she had done, but her favorite is to be a hairdresser. She had a job as soon as she arrived in Brazil with her partner. For a few months, she was a cleaner on a restaurant. She once told me her boss was more than friendly, almost like family. 247 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="248"?> However, the boss could not be able to pay the minimum salary following the work rights every Brazilian, foreigner, immigrant and refugee have; so, she lost her job. She desires to have her own beauty salon with special courses for young women to study and open their own business in beauty market. When Abena talks about Gana, the sentences are shorter, the periods are slower and she gets more serious. Somehow, she lingers. I do not know exactly why she does it. On one hand, I think she does it so she can explain clearly to her colleagues and to me where does she come from. On the other hand, she lingers because to think of Gana is to think about her affects, her beloved ones and a place she might never go back. Every time I talk to her, she exclaims how much she needs a job. She needs an official job so she can bring her kids from Gana to Brazil. She has got two kids: a girl and a boy, both are teenagers. She still did not manage to get a job, so they still live in Gana. Gana, she says, might be good for Education and Health if you have a lot of money - and when she says “a lot” she extended herself on the vowel “o” and I got hypnotized. I like when she speaks. It feels like a song is playing. Sometimes with a feeling of sorrow, sometimes with an excitement about Brazil and Brazilians, but there is always a tune, which changes everything: first, she lingers; then, the one to linger is myself. Abena mixes Portuguese and English sometimes, but she rather speaks in Portuguese with me and the other participants. When some words are missing, she tries out some English words along sentences in Portuguese. She always sits on the first chair on my right side. I have the feeling she became one of the ones I want to hear the most. With no disagreements, Abena listens to all of the others, but she is always the first to comment upon a subject or the last one to ponder on something. About her conditions and motivations of coming to Brazil, she once said she needed a better life, because Gana was too difficult. I was afraid of asking more about it. First experience as a teacher of refugees, I did not know if it was a good idea to examine that in the presence of others. We knew each other for a few days, so I suspected they did not have enough confidence to tell me about their lives. Although I tried not to bring their past to the center of our lessons in the first place, somehow they started building their narratives (and their identities, Norton, 2013) in the presence of other women and in interaction with other women while in a Welcoming Language learning environment. As I write about them, I cannot stop thinking about myself. I am also building my narrative as a woman, a teacher and a research. Abena is a part of who I am and we are building our narratives together. 248 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="249"?> When Abena started missing the lessons, all of us felt her absence. She also told me she wanted to go back to school, because she loved it. I was the one to send greetings from the other participants who were missing her. Nachelle From Haiti 24 year old French, Creole, Portuguese and English speaker Student, wants to become a Dentist In Brazil for almost one year, while her whole family lives in the US Nachelle never arrived alone for the classes. She was always among other students. Most of them were also from Haiti. They were all loving and caring with her. It seems she was the dearest. One in particular she used to call as “mon frère”, my brother in English. She was always there for the regular classes and I remember she was the most motivated for the beginning of the course exclusive for women. “Why everything in Brazil is all about women? ” she asked me on our first day of course. “Women´s Day, women´s law, women´s course! What is so special about them? ” she added laughing. From that day on I memorized her name. She intrigued me. She made questions I could not expect, but I needed to listen to it desperately, because I had to be aware about my purposes in the classroom. I had to inform my decisions very well and evaluate my actions. Nachelle was wise and powerful. She is a quick thinker 24 years old woman. She came all by herself from Haiti. She is a Haitian immigrant woman, like many other participants of the extension project of the university. When the course for women was delivered, she was in Brazil for a few months at the time and she could already speak very well in Portuguese Language. She told me her whole family is in the United States of America. Her mother did not want her to come to Brazil. She wanted her in the US. However, she affirmed the US have never been her option. She does not know why but she had a connection to Brazil, she wanted to come here. And she did, all by herself. Nachelle lives alone outside the city. Many Haitians live in the same area. Does she miss Haiti? She never told me, because I was not brave enough to ask. Does she miss home? Yes, her family and friends in particular. But, just like she once reported me, her home is spread all along the American continent and even European - there are some cousins of her in Paris, France. Her spot in the room was always my left hand side on the first chairs next to me. Once she told the entire group she wants to study to be a Dentist. She also dreams about having a big house where she could coordinate an interdisciplinary school for teenagers and adults. There would be even a little 249 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="250"?> farm so people could learn how to take care of the ground and plant what they would cook, she told us. Nachelle speaks French and Créole. She used to laugh hard on me when I tried to speak in French with her, although I could tell she appreciated - especially when I tried out some words in creole. She was the one to help me with other participants when they could not understand some grammatical structure, word meaning or activity instructions. She was also very helpful with anybody who sat besides her, explaining then what they could not understand. Eleonora From Brazil 31 years old Portuguese, English and French speaker Language teacher, PhD Candidate First time as a teacher of refugees I was born and raised in the countryside of Sao Paulo State, in Brazil. To go visiting the extension project where I was supposed to perform as an observer, I had to take a plane. Brazil is continental and I love traveling. It took me one day to arrive at my destination. I was going to be there for two months. I did not have more than that, unfortunately. If only the time was as we wished it to be…On my first day at the project, the coordinator told me about her request: she needed someone to be a designer and a teacher of a special course for immigrant and refugee women. I was excited and scared. Everything I knew about being a teacher of refugees was what I was reading the past year to outline my research project. So I did the whole presentation part for the participants of the course. I invited all the women I have seen walking along the corridors. I also entered some classrooms to tell them the news. After the classes that finished around 8 pm, I went to the coordinator´s house so we could talk a little bit of what the course was going to be like. I was so amazed with how welcoming and sweet the whole team was. I did not expect that, really. I was 800 km away from home. It was the first time I was entering as a researcher in a new federal institution. I missed seeing friendly faces at Letters Department at my home institution, however I started finding home everywhere I went, and with people I met on my way. As I was designing the course with the supervision of both coordinator and research supervisor, I felt an excitement about being back to a classroom. We were all excited about the outcomes; I was worried about the process, though. I 250 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="251"?> asked myself several times before: will my previous experience as a Portuguese for Foreigners teacher help me to be a teacher of PWL? So I read many papers, books, thesis and dissertations about it. PWL seemed a complex task, but how different could that be? I thought. At the first encounter, I was happy. The participants were arriving every five minutes. There was a glow on my face, on participants, and all other teachers of the extension project. The course for women has started! So I began to memorize the students’ faces, names, and countries of origin. Once back home I was more than ready to write about the what I have experienced and already setting bullet points about what I had to consider on the next day re-thinking about planning the lessons…yet doubts, conflicts, dilemmas and frustrations were blurring my once clear praxis. I felt frustrated and insecure. I also felt angry towards other people´s expectations of the course. They asked me about how I would bring ideas of feminism to the course, showing ways of empowerment, when I was facing strange and incomplete feelings about my praxis. Something was going wrong about it, but I could not name it. I was trying to avoid it, actually; in particular, because I was devastated about the fact that those feelings I was holding back were trying to show me flaws in my practice and Education. The more I experienced a good rapport with the participants and a routine of lessons were settled, the more I explored my self-interrogation required in autoethnography and a deeper dive into the universe that course was providing us was possible. Abena was part of my smile and motivation. When she was not there, I worried and felt more tired. Nachelle was always there on my left, helping me with French and Portuguese and laughing of my jokes and also about some pretty important statements I provided - well, after her laughter I always re-consider what I said once back home. She always made me wonder, am I doing it the right way? Is there a right way here? Something was going on that PWL environment that was much more than the language itself and I am convinced I could only realize it thereby an autoethnographic perspective. I will never be the same teacher after this experience. 251 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="252"?> 4 Analysis 4.1 Initial confrontation Along two weeks, the theme family was discussed. It was the first month of course. Some basic family vocabulary was presented; as well as some interactions in pairs were done. The group changed everyday and every fifteen minutes. Therefore, activities were prepared regarding i) evaluate quickly the proficiency level of Brazilian Portuguese, ii) account some urgent needs and iii) allow interaction among participants, so they could know each other, bond and practice some Portuguese language. Bearing this in mind, during the class from the excerpt I present below, there was only Abena, Nachelle and I. I was feeling a little bit disappointed, because the theme family was selected by the participants with such an enthusiasm by over then ten participants yet only two were present for the class. It was not a typical day; the classroom was not crowded as usual and, however the participants and I had a good rapport established. I started to present them some data regarding different family formation in Brazil according to governmental institution. The general aim was to do some reflexive-critical dynamics inasmuch they were practicing some language needed for reading graphics, percentage and numbers in Portuguese. After that, the proposal was to introduce some critical discussion from the gaps (Duboc 2012) emerged in the teaching-learning process. When presenting some data regarding lesbian and gay families in Brazil, Nachelle and Abena listened to me carefully and suddenly added “There is no gay in Gana”, as presented below: Excerpt 1 (see transcription convention in annex) LINE 01 Abena: É/ Gana n-o tem/ / / Gana n-o tem gay/ LINE 02 Nachelle: N-o tem? / N-o tem nada? / LINE 03 Abena: N-o tem como a gente viu você/ É/ LINE 04 Nachelle: : [ah! Sim! Sim! A gente também]/ Tem gay/ Mas n-o possível/ LINE 05 Eleonora: Ah! LINE 06 Nachelle: : N-o possível para/ N-o possível/ LINE 07 Eleonora: Eles/ Eles/ N-o é possível [casar] LINE 08 Nachelle: : [casar]/ LINE 09 Abena: N-o! N-o! N-o! N-o! N-o pode/ LINE 10 Eleonora: [mas e viver na sociedade? ]/ LINE 11 Nachelle: : [N-o]/ LINE 12 Abena: N-o! N-o! N-o! N-o! N-o! N-o! No no/ 252 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="253"?> LINE 13 Nachelle: A gente vai como/ Como/ / Como (diz)? LINE 14 Abena: Mata você! LINE 15 Nachelle: : Bate? Frapper/ Frapper/ mm LINE 16 Abena: Bater! Bater! LINE 17 Eleonora: É mesmo? LINE 18 Nachelle: Sim! Sim! LINE 19 Abena: Oh! / É normal pra mim! / mm/ Cada um sabe/ Aqui n-o é África! LINE 20 Nachelle: [Don’t Judge! , Don’t judge! ] LINE 01 Abena: Yeah/ There is no gay in Gana/ / / There is no gay in Gana/ LINE 02 Nachelle: There is not? / Nothing? / LINE 03 Abena: There is not like we saw/ Yeah/ LINE 04 Nachelle: [ah! Yes! Yes! The same as we]/ There is gay/ but its not possible/ LINE 05 Eleonora: Ah! LINE 06 Nachelle: Not possible for/ Not possible/ LINE 07 Eleonora: They/ They/ It is not possible [getting married] LINE 08 Nachelle: [getting married] LINE 09 Abena: No! No! No! No! [Not possible]/ LINE 10 Eleonora: [but what about living in society? ] LINE 11 Nachelle: [No]/ LINE 12 Abena: No! No! No! NO! No! No! No, no/ LINE 13 Nachelle: We will like/ like/ / how do you (say)? LINE 14 Abena: Kill you! LINE 15 Nachelle: Hit? Hit/ Hit/ mm LINE 16 Abena: Hit! Hit! LINE 17 Eleonora: Really? LINE 18 Nachelle: Yes! Yes! LINE 19 Abena: Oh! / It is normal to me! / mm/ Each one knows/ Here it is not Africa! LINE 20 Nachelle: [Don´t judge! Don´t judge! ] Although I was aware that in the classroom there were different social and cultural backgrounds (Carvalho 2013) and repertoire, Abena´s statement (Line 01), followed by Nachelle´s regarding Haiti (Line 04) have shocked me and stopped me from continue discussing the subject; although, in retrospect, I believe they were doing exactly what I desired for the class that day. To be more specific, one of the aims of the course was that the participants could speak about their own points of view, contributing for sharing what they knew and how they perceive the world. That would allow a space for sharing and negotiating meaning considering 253 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="254"?> 8 Public data about Homophobic violence in Brazil. Available on www.mdh.gov.br/ disque100/ balanco-2017-1 (…) the production of meaning is a complex sociohistorical and collective act in which each producer of meaning simultaneously belongs to several different communities that constitute a complex collective socio-historically situated (Menezes de Souza 2011b, 06) My desire was to deal with the complex production of meaning accounting the multiple perspectives, the diversity, contrasts, and possible conflicts by managing (and paying attention to) the unexpected that emerge along the process of teaching and learning (Duboc 2012). Indeed, that seems to corroborate quite well to what Cabete (2010) advocates regarding the teacher of Welcoming Language, who must “(…) manage a full experience of diversity” (Cabete 2010, 46). In this respect, unforeseenness and conflict are opportunities for critical self-interrogation of teacher´s practice, her/ his formation and identity, since s/ he needs this knowledge to know how to manage and cope to cultural differ‐ ences in Portuguese Welcoming Language learning environment as enriching possibilities for critical thinking. I was, then, familiar with activities considering the encounter of one or more cultures. Assuming the intercultural encounters on a Foreign Language basis, when Abena add her perspective (Line 03), I could not recall a moment on my Portuguese Foreign Language classes at my home university that made me feel paralyzed, or shocked. I felt so tense, because I could not understand quickly the reasons of my shock to Abena´s statement. Excluding the pedagogical part, I was quite aware that my country also had many issues when it comes to gays, lesbian, trans and bisexuals. Recent research has shown increasing number of homophobic violence in Brazil 8 . I kept listening to their interaction and I started to squeeze my body between the computer screen and the board the moment I said, “What about living in society? ” (Line 10). I wanted to disappear the second I said “Really? ” (Line 17) pretending to be shocked that gay people had to face to live in their home countries. I was surprised with what I felt and I was struggling within the next minutes I had to continue teaching while in my head I was questioning myself about my reaction towards the participants answers - a reaction I definitely was not predicting, because their contributions supposed to be more than welcomed. In retrospective, I now understand I was so afraid of considering them subalterns (Spivak 1998), considering the binary perspective of “me” and “them” in terms of us/ them (Sousa Santos 2010), and imposing any kind of opinion that was “right” or “wrong”. I was terrified why I could not listen to what they 254 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="255"?> 9 Original in Portuguese: “(…) a escolha da autoetnografia como viés metodológico implica entregar-se à vulnerabilidade criada pelo próprio trabalho, da criatura causando efeito no criador, atribuindo significado e significância às suas ações e experiências, por meio da escrita autoetnográfica”. were saying and profit from it, by making the lesson more interesting, more productive, and more critical, aligning (finally! ) to what was planned. In other words, they were sharing their worlds, why could I not accept it? Was I doing to them the opposite of my proposition? Was I putting myself higher and them lower? Why did I shrink myself between computer and board while I could assume my shock as an opportunity for fostering a critical approach? These kind of questions are also examples of the vulnerability implied in the autoethnographic work which, as Ono (2018, 55) states, “(…) implies surrendering to the vulnerability created by the work itself, of the creature having an effect on the creator, attributing meanings to the creator´s actions and experiences, through autoethnographic writing” 9 . Yes, they were sharing their worlds and I did not know what to do with it. They were safe and confortable enough to expose their points of view and interact, however I put myself as “us” opposed to “them” and instead of fostering the critical thinking I silent myself on an avoidance strategy of being shocked. As a consequence, I was silencing them once I was not able to actually listen to what they were saying. I could only listen to the shocked voices inside my head telling me I should not bring that subject, thinking It was a mistake and that I was far from being prepared. Perhaps, I actually was not fully prepare to deal with the issues emerging in that classroom in the means of having a lack on my teacher education when it comes to critical teaching and intercultural encounters, or even, gender, sexuality and language teaching. 4.2 Teacher towards sensitization Going along on the dynamic of showing topics and numbers about aspects regarding Brazilian society, there was a point during the class a discussion about women and women’s role started. Data and pictures about women’s presence in Brazilian business market was one of the topics to be discussed. I immediately felt the presence of some giggling. Suddenly, once more, Abena stopped me with her perspective about women’s role: Excerpt 2 LINE 01 A: PROFESORA/ Esse problema está com bí/ bible? / bíblia é/ né? / LINE 02 N: Bible? / LINE 03 E: Na bíblia? Porque? / 255 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="256"?> LINE 04 A: É! / Quando você vê Genesis/ Genesis/ É/ One/ É/ / / Oh/ Quando Deus manda homem/ Manda homem sozinha/ mm? / Depois ele vê homem/ / pode ganhar outra par/ Ele! / Ele fala/ Oh, eu quero mandar outra pessoa para você com/ Ah! / I want to send somebody that to help YOU/ LINE 05 E: Ah! Eu vou mandar alguém para ajudar você/ LINE 06 A: Ajudar você! LINE 07 N: [ajudar você/ sim! ] LINE 08 A: Está com bíblia/ mulher é homem AJUDANTE/ LINE 09 N: [ajudante! Sim! ] LINE 10 (5>>) LINE 01 A: TEACHER/ This problem there is on the bi/ bible? / bible, yeah? LINE 02 N: Bible? / LINE 03 E: In the bible? Why? / LINE 04 A: That’s right! / When you see Genesis/ Genesis/ Yeah/ One/ Yea/ / / Oh/ Whe God send man/ Sends man alone/ mm? / After he sees man/ / can win another par/ He! / He says/ Oh, I want to send another person for you with/ Ah! / I want to send somebody that to hel YOU/ LINE 05 E: Ah! I will send somebody to help you/ LINE 06 A: Help you! LINE 07 N: [help you/ yes! ] LINE 08 A: It is in the bible/ woman is man HELPER/ LINE 09 N: [helper! That is it! ] LINE 10 (5>>) Once Abena has put the bible as a justification for the fact that women should be men helper (Line 01), I silenced myself. Again, I could not understand my reaction to this. I felt not prepared at the time and I started questioning whether my Education as a language teacher was enough or not. So I stumbled once more on my shocked and I could not understand why I was so shocked. After Nachelle confirming “Helper! That´s right! ” (Line 09) I silenced for a little more then 5 seconds (Line 10) and I tried, poorly, to broader the discussion and ask for more of it saying: “But do you think it is fair? ”. (Line 01) “Yes! ! ! ” (Line 02 and Line 03) they answered together and laughing, as we can see right below: Excerpt 3 LINE 01 E: Mas vocês acham que é justo isso? / LINE 02 A: Sim! ! ! ((rindo)) LINE 03 N: ((ri)) 256 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="257"?> LINE 04 A: Mulheres/ Mulher/ Homem é homem/ To be honest/ Homem é homem/ In Africa/ Mulher respeita homem MUITO/ LINE 05 N: [muito! ] LINE 06 E: É? LINE 07 A: É/ / / LINE 08 N: Haiti também/ LINE 09 A: Mulher respeita homem muito/ Homem é homem/ Mulher é/ Você é só [mulher]/ LINE 10 N: [mulher] LINE 11 E: E qual que é a diferença? LINE 12 A: A diferença é quando a/ você engravida NOVE MESES/ Sozinha é pra entregar nenê/ Homem n-o tá aí/ Só você/ ((inaudível))/ homem só/ / dorme com você/ você pega sua nenê/ LINE 13 E: [((ri))] LINE 14 N: [((ri))] ele faz nada! / LINE 15 A: Deus fala/ I just want to send someone that to help you/ your helper! / / / mulher is the help of the MAN/ ((termina sua fala rindo)) LINE 01 E: But do you think that is fair? / LINE 02 A: Yes! ! ! ((laughing)) LINE 03 N: ((laughs)) LINE 04 A: Women/ Woman/ Man is man/ To be honest/ Man is man/ In Africa/ Woman respects man A LOT/ LINE 05 N: [a lot! ] LINE 06 E: Yeah? LINE 07 A: Yeah/ / / LINE 08 N: Haiti also/ LINE 09 A: Woman respects man a lot/ Man is man/ Woman is/ You are only [woman]/ LINE 10 N: [woman] LINE 11 E: And what is the difference? LINE 12 A: The difference is that when you get/ you get pregnant NINE MONTHS/ Alone to deliver baby/ Man is not there/ Only you/ ((inaudible)) man just/ / sleep with you/ you take your baby/ LINE 13 E: [((laughs))] LINE 14 N: [((laughs))] he does anything! LINE 15 A: God says/ I just want to send someone that to help you/ you helper! / / / Woman is the help of the MAN/ ((ends her sentence laughing)) When both of them have said together it was fair, I could not find in any past experience I had in Portuguese as a Foreign Language a guideline to 257 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="258"?> 10 Original in Portuguese: “(…) n-o pode ser vista como uma mera “adaptaç-o” de saberes já produzidos para um novo contexto de ensino-aprendizagem. Ao contrário, professores e pesquisadores de PLAc necessitam se interrogar, a todo momento, quem s-o esses sujeitos migrantes.” 11 Original in Spanish: “Como docente, le supone mirar hacia sus propios prejuicios e ideas sobre lo que considera que debe ser aprender y enseñar una lengua.” help me to understand how to manage participants answer in a way to make feel less tension about my own performance as a teacher. As it is evidence in the excerpts I was the one to contribute less, asking questions like “Really? ” (Line 06) and “What is the difference? ” (Line 11). Indeed, “(…) cannot be seen as a mere “adaptation” of previous knowledge to a new teaching-learning context. In contrast, teachers and researchers need to constantly interrogate themselves as to who these migrant individuals are” (Lopez & Diniz 2018, 201; own translation) 10 . Considering the fact that knowing the participants stories was one of them main aims of the course, it seems that the fact both of them were in agreement about women´s role in society, the conflict was not among participants. There‐ fore, I did not have to manage possible conflicts for the students, but in this case, for myself. The conflicts were occurring in the encounter of me with the participants. In this respect, it seems to be paramount to consider what Parejo (2002) states about teachers’ role and Education when it comes to teaching language for immigrants: “As a teacher, it means to look to your own bias and ideas about what you think teaching and learning language should be” (Parejo 2002, 09; own translation) 11 . Aligned with that, it is fundamental that the teacher reckons the linguistics diversity in PWL teaching environment. The benefits of plurilinguism are stated in PWL language definition and it must be highlighted and reviewed when it comes to teacher Education (Barbosa 2017). To avoid or to prohibit plurilingual practices in PWL is to ignore the multiple identities and genealogy of the participants, once “Plurilingual practices are anchored in process of mobility, socialization, learning, the construction of identities and ideologies and the exercise of power or discrimination” (Llompart & Nussbaum 2018, 33). In retrospective, I affirm I was afraid of transmitting information of what being a women in Brazil had to be, regardless to the participants needs, stories and realities they bring and share. The tension rose when I reckoned I did not have enough time to quickly understand all students’ background and appraisal it within the classes and research. Regarding this, it is imperative to consider the following: 258 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="259"?> 12 Original in Spanish: “(…) que se mueve entre el deseo y el rechazo, la necesidad y la imposición.” (…) the category women references women of different races, classes and sexual orientations, the category women is multiple, shifting and subject to change. By extension, immigrant women must not be understood as an undifferentiated group, united in their experiences of language learning, whether in the classroom or community (Norton 2013, 85). Many questions started arising on my mind, most of them were implicated in the classroom on that moment, but they where beyond it. From what I was experiencing as a PWL teacher so far, it was paramount to reckon on the dimension of students biographies, using my reactions as a guideline to my self-interrogation. It seems the space was already safe enough so they could speak in Portuguese, in French and English. I had to keep asking them inasmuch I was asking myself about the singularities of such complex process of learning a language in this context “(…) which moves amongst desire and rejection, necessity and imposition” (Parejo 2002, 06; own translation) 12 . That might be more evident in the following excerpt, in which other catego‐ ries emerge: Excerpt 4 LINE 1 E: Mas aí como que faz com essas mulheres que s-o as chefes da família? LINE 2 A: As chefe? Ah! Essa é só aqui no Brasil/ ((gargalhada))/ Só aqui no Brasil/ LINE 3 N: ((ri))[aqui no Brasil/ sim]/ LINE 4 E: ((ri)) LINE 5 A: Só aqui no Brasil/ LINE 06 E: E vocês acham que só aqui no Brasil tem isso da mulher ser a chefe? / LINE 07 A: Chefe em casa! Sim! LINE 08 E: É? LINE 09 A: É LINE 10 E: Você acha Nachelle? LINE 11 A: [Sim! ] LINE 12 N: [Acha/ Sim! ] LINE 13 A: ((ri)) LINE 14 E: No Haiti também é assim? / Como em Gana? / LINE 15 N: Sim, como em Gana/ Sim/ LINE 16 A: [((ri))] 259 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="260"?> LINE 17 N: Bom/ N-o sei/ É/ / Comment? / Negro/ Negro? Negro é/ Igual LINE 18 A: [é tudo igual! ] LINE 19 N: Negro é igual/ Todo negro é igual/ É/ Sim! / LINE 20 A: ((gargalhada)) LINE 01 E: But what to do then with these women who are the bosses of their families? LINE 02 A: The bosses? Ah! That is only here in Brazil/ ((laughter))/ Only here in Brazil/ LINE 03 N: ((laughs)) [here in Brazil, yes]/ LINE 04 E: ((laughs)) LINE 05 A: Only here in Brazil/ LINE 06 E: And do you think that only here in Brazil exists this idea of women being the boss? / LINE 07 A: Boss of the house! Yes! LINE 08 E: Yeah? LINE 09 A: Yeah. LINE 10 E: Do you think so, Nachelle? LINE 11 A: [Yes! ] LINE 12 N: [Thinks/ Yes! ] LINE 13 A: ((laughs)) LINE 14 E: In Haiti is also like that? / Just like in Gana? LINE 15 N: Like in Gana/ Yes/ LINE 16 A: [((laughs))] LINE 17 N: Well/ Don’t know/ Ah/ / How can I say? / Black/ Black? Black is/ Same LINE 18 A: [is all the same! ] LINE 19 N: Black is the same/ Black is all the same/ Yeah/ Yes! / LINE 20 A: ((laughter)) When I asked about women being the head of the family (Line 06), Nachelle and Abena were convinced that reality was mainly a Brazilian reality. Trying to explore more from it, I asked about their homelands: “What about Haiti? Is it the same as Gana? ” (Line 14). Although this foreseeable when it comes to cultural encounters, if we remain on them we fall into a superficial general representa‐ tion which does not contributes to an intercultural education (Barbosa, 2015). However, those questions were a hint for my uneasiness regarding complex issues that have emerged in the classroom, to name a few: gender, race, and religion. When Nachelle states “Black men is all the same” (Line 17) and Abena agrees laughing (Line 18), I realized there were broader dimensions that was urgent to consider on my pedagogical practice. I reckon that intersectionality (Crenshaw 260 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="261"?> 13 Original in Portuguese: “(…) o fato de uma aluna estrangeira situada no entrecruza‐ mento de quatro eixos de opress-o (raça, classe, gênero e origem) suporta uma carga de restrições, bloqueios e impedimentos sociais que afetam as emoções, as dinâmicas e as qualidades de interaç-o na língua-alvo.” 2002) as a perspective in teaching-learning languages (Yamanaka, 2018) is relevant to avoid the homogenization of individuals - in particular, about the category immigrant women as Norton (2013) states - and to contemplate the complexity comprehended by Portuguese Welcoming Language and teacher practice. Intersectionality is a metaphor for the intersection of different power vectors: race, gender, class and origin. In a nutshell, it “(…) refers to a non-traditional consideration of diversity and identity that distinguishes itself by encompassing the confluence of multiple identities in each individual” (Marianne Vervliet et al. 2014, 2026). Therefore, it is not the aim of this paper to use intersectionality as a framework for the analysis, but mainly to highlight the importance of these power vectors in Portuguese Welcoming Language environment. In this sense, we strongly agree on the conception that “(…) a foreign student who is situated in the cross-linking two oppressive axes (race, class, gender, origin) has a load of constraints, blockages and impediments that affect the emotions, such as the dynamics and forms of language interaction -target” (Yamanaka 2018, 1141; own translation) 13 . Intersectionality as a perspective that acknowledges these women´s multiple identities seems to be fundamental to be considered in teachers Education, providing elements so teachers can foster e provide paths to empowerment and Social Justice. When Abena tell us about the bible (Line 01) and Nachelle explains her culture considering the role of men in her society (Line 15 and Line 17), there is a compelling evidence of the confluence of the power vectors, also constituted by her language learning experiences occurring in the classroom. Therefore, they must not be erased, but integrated to teachers Education and practice. The initial struggles of the teachers’ practice towards what participants were bringing to the classroom are totally linked to the lack of considering these dimensions in Teachers Education. 5 Conclusions Regarding PWL definition and considering its social and pedagogical particu‐ larity in Brazil, we believe it is fundamental to investigate the social, linguistic and cultural integration of immigrant and refugee women in Brazilian society, considering and investigating meanings and implications of PWL, once mis‐ 261 (Mis)adventures of a teacher of Portuguese for refugee women in Brazil <?page no="262"?> reading it can be an inconvenient for teachers praxis and Education as well as to the target audience who won’t have their needs and identities acknowledged. Based on the analysis we have provided, it is evident the linguistic diver‐ sity. Abena, Nachelle and Eleonora communicate in classroom in Portuguese, English and French. Abena and Nachelle speak more than three languages each. Teaching PWL is a particularly fruitful environment - cultural and linguistically. As Barbosa & S-o Bernardo (2017) have already stated, WL conception requires to contemplate and reflect upon a possible revision about bilinguism, plurilinguism and multiculturalism in language teachers Education in Brazil. We highlight that this revision must be aligned facing the issues of contemporary Migrations when it comes to social and individual identities articulated to teaching-learning PWL. In this sense, we agree that there is an urgent need to seek for improving Teachers Education that considers the characteristics, languages, cultures, and needs of the target audience and of the reality they share (Parejo 2002). The excerpts from the interactions reveal the teachers struggles of a first praxis in PWL. Although the teacher has an Education in language teaching and Portuguese as a Foreign Language, it did not prevent her of feeling insecure, frustrated and to struggle when coping with participants sharing their worlds. The teacher’s dilemmas and doubts about her praxis presented on the analysis show the importance of at least slightly sensitizing (future) PWL teachers about issues they might face regarding cultural and religious perspectives; or/ and gender and race issues. In this respect, intersectionality and the dimension of participants biographies seems to be appropriate to consider the complexities of the context, reflected and acting in classroom and influencing teaching-learning processes. In addition, that perspective can be an ally to appraisal immigrant and refugee women’s identities along the process of learning the language, fostering emancipatory practices and social justice projects (Yamanaka 2018). A PWL teacher has the responsibilities of managing different cultures (Villalba Martinez & Hernandéz García 1995) and acting as a social mediator (Parejo 2002) indeed. However, it seems to be paramount that s/ he also has the availability to investigate the social, historical, cultural and subjective dimensions of his/ her praxis and of herself/ himself according to the relation to his/ her investigation scenario - in particular at the moment when there is a lack of Linguistic Policies and Education Policies for teaching PWL (Amado 2014). Thereby the self-investigation promoted by the autoethnography, teachers and researchers can search in themselves their own paths and strategies for a transformative educational practice. Due to the autoethnographic perspective, it is possible to investigate more profoundly the reasons of the teacher’s conflicts 262 Eleonora Bambozzi Bottura / Sandra Regina Buttros Gattolin <?page no="263"?> 14 Original in Portuguese: “as “visíveis cenas invisíveis” na construç-o dos sentidos (Monte Mór 2000) e explorando em profundidade minhas experiências, emoções, sentimentos, questionamentos e práticas profissionais.” and questionings, revealing “the "visible invisible scenes" in the construction of meanings (Monte Mór 2000) and exploring in depth my experiences, emotions, feelings, questions and professional practices” (Ono 2018, 51; own translation) 14 . Autoethnography as a methodological perspective is not only suitable, but required when investigating about the roles of teachers and Education in PWL Brazilian context. 6 References Amado, Rosane de Sá. 2013. “O ensino de português como língua de acolhimento para refugiados”, in: Revista da SIPLE, 4(2), 1-9. 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Consecuentemente, sería de esperar una reformulación de las políticas lingüísticas educativas, de los programas de formación del profesorado y de la elaboración de materiales didácticos a la luz de tales enfoques con el fin de superar la lógica monolingüe y las oposiciones binarias entre lengua/ s materna/ s y lengua/ s extranjera/ s. Esa reformulación traduciría la investigación científica en propuestas operativas y en proyectos de enseñanza, parafraseando las palabras proferidas por Balboni en 2005 (XI). La realidad, sin embargo, es bastante diferente puesto que el reconocimiento de los enfoques plurales en el ámbito académico sigue siendo minoritario, escaso o periférico (Araújo e Sá 2014). En todo caso, algunas universidades de Europa y de América Latina vienen interesándose por la integración de los enfoques plurales en sus planos de formación y, más específicamente, en la oferta de intercomprensión entre lenguas próximas como materia de docencia o como herramienta didáctica. Los estudios comparativos llevados a cabo (Araújo e Sá 2014; Degache 2018) han observado que, por un lado, los planes curriculares (estructura, objetivos, tipología de actividades, métodos de evaluación) varían de una institución a otra dependiendo de una serie de factores como las concepciones teóricas y metodológicas de investigadores-formadores, el público atendido y el marco institucional; por otro lado, se destaca un conjunto de puntos comunes y dinámicas compartidas, hecho que ha permitido construir redes académicas y <?page no="268"?> comunidades de formadores, la mayoría de ellos mancomunados en el proyecto Redinter y, más tarde, en la plataforma Miriadi. Este estado de cosas justifica, a nuestro juicio, la presente investigación que pretende describir el recorrido que la intercomprensión en lenguas románicas (ICLR) ha tenido en el currículum académico de la carrera de Letras de la Uni‐ versidad Federal de Paraná (UFPR), en diálogo con otras experiencias análogas de América Latina y de Europa. Así empezaremos por describir brevemente el panorama de la ICRL en las universidades latinoamericanas; a continuación, presentaremos las acciones desarrolladas en la UFPR y la participación de profesores e investigadores en los equipos de trabajo; después abordaremos la programación de la asignatura de ICLR y haremos algunos apuntes sobre las actividades propuestas para la evaluación de nuestros estudiantes. Así pues, el capítulo tiene una estructura que va de lo general a lo particular y finaliza con algunas perspectivas para la ampliación de las acciones de enseñanza e investigación a futuro. 2 Curricularización de la intercomprensión en las universidades latinoamericanas En esta sección vamos a abordar la progresiva curricularización de la ICLR, es decir, su introducción en los planes de enseñanza de las carreras de letras (u otras áreas próximas del conocimiento) en varias universidades latinoamericanas. Pero antes debemos decir que la intercomprensión en lenguas románicas repre‐ senta una práctica constitutiva del mismo espacio latinoamericano. De acuerdo con Thibault y Torres Torres (2007), el español, el portugués y, de forma más limitada, el francés se convirtieron en lenguas hegemónicas de América Latina como consecuencia del proceso colonizador iniciado en 1492. Además existen núcleos muy numerosos de romanófonos (poblaciones hablantes de lenguas ro‐ mánicas) en Canadá, Estados Unidos y también en el Caribe anglófono. Así pues, estas tres lenguas neolatinas conviven actualmente en el espacio americano con las lenguas ancestrales de los pueblos indígenas, las lenguas criollas (surgidas del contacto entre poblaciones africanas esclavizadas y colonizadores europeos) y las lenguas alóctonas (trasplantadas por los inmigrantes en las dos últimas centurias). De todo ello, resultan diversos contextos de bilingüismo, diglosia y contactos que, en ocasiones, pueden dar lugar a la aparición de códigos híbridos como el spanglish (español-inglés), el portunhol (portugués-español), el cocoliche (italiano-español), la media lengua de Ecuador (quechua-español) o el jopara (guaraní-español) (Calvo del Olmo 2018, 11). 268 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="269"?> 1 Para un panorama más detallado de la producción latinoamericana de métodos de ICLR, recomendamos la consulta de Escudé y Calvo del Olmo (2019, 159-160). 2 Conviene consultar las recientes contribuciones seleccionadas por Bonvino y Jamet (2016) bajo el título “inserimento curricolare: percorsi per scopi specifici e valutazione”, que relatan las experiencias de investigadores de Francia, Italia y España. En consecuencia, la comunicación entre interlocutores de lenguas diferentes, haciendo uso de su propio idioma cada uno y procurando entender el del otro, ha sido una práctica popular y recurrente en nuestra región a lo largo de los siglos; sobre todo en áreas de frontera, entre comunidades migrantes y, más recientemente, en locales de afluencia turística o en la comunicación digital. No obstante, esa mera contigüidad lingüística, cultural y geográfica no garantiza por sí sola la comprensión mutua entre habitantes de estos territorios. En otras palabras, continúa siendo necesario pasar de la contigüidad aquí descrita a la continuidad: “superar la hegemonía de un modelo monolingüe y articular nuevas formas de pluralismo lingüístico y cultural” (Calvo del Olmo & Erazo Muñoz 2019, 117). Ese objetivo despertó el interés de equipos de profesores e investigadores de las universidades latinoamericanas que, de hecho, estuvieron presentes desde los primeros proyectos que ponían en foco en la intercomprensión 1 . Pasando a la enseñanza, hay que decir que la implantación de la ICRL en los currículos universitarios ha seguido caminos a grandes rasgos paralelos en Europa y América Latina, aunque con temporalidades variables. Así, a una primera fase, iniciada en la década de 1990, de proyectos de investigación y producción de materiales didácticos que desarrollaron esta nueva metodología, siguió un segundo movimiento para implementar progresivamente los resul‐ tados obtenidos en diálogo con los actores políticos locales. Un proceso que avanza desde la periferia (representada por proyectos, grupos de pesquisa, o cursos en centros de lenguas) hacia el centro de la vida académica; es decir, los currículos de los estudios de grado y/ o de posgrado, proponiendo asignaturas con una programación propia o integradas en una formación más general 2 . En ese sentido, nos parece que los esfuerzos y los logros de las instituciones que han progresado en ese proceso podrían ser colocados como más o menos adelantados sobre la línea imaginaria de la curricularización. Escudé y Calvo del Olmo (2019, 183) explican que la ICLR está siendo integrada en los currículos de las carreras de Letras en países como Alemania, Argentina, Chile, Colombia, España, Francia, Italia, Portugal y Suiza. Pensando específicamente en Brasil, la Universidad Federal de Campina Grande (UFCG), la Universidad Federal de Minas Gerais (UFMG), la Universidad Federal de Río Grande do Norte (UFRN), la Universidad Estatal de Campinas (UNICAMP), la 269 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="270"?> Universidad Federal para la Integración Latinoamericana (UNILA) y la Univer‐ sidad de S-o Paulo (USP), además de la propia UFPR, han ofertado formaciones y/ o asignaturas optativas dedicadas a la ICLR en los últimos años. También la Universidad Nacional de Córdoba (UNC) en Argentina y la Universidad de Playa Ancha (UPLA) en Chile han desarrollado sendos métodos de ICLR: InterRom (Carullo et al. 2007) e Interlat (Tassara et al. 2007). La Universidad de la República del Uruguay (UDELAR), por su vez, acoge el proyecto LALIC (Lectures sur l’Amérique Latine en Intercompréhension) (Masello 2018). El mapa que reproducimos a continuación permite visualizar las instituciones mencionadas. Imagen 1 Mapa de las universidades latinoamericanas que cuentan con formaciones o proyectos de ICLR. Fuente: los autores En 2019, se desarrolló un cuestionario en línea sobre la implementación de la intercomprensión en las universidades europeas y latinoamericanas cuyos resultados fueron presentados por Helena Araújo e Sá, de la Universidad de Aveiro (Portugal), y por Francisco Calvo del Olmo en el coloquio Didactique des langues & plurilinguisme(s): 30 ans de recherches, organizado por el laboratorio Lidilem de la Universidad Grenoble-Alpes, Francia, en homenaje a la profesora Louise Dabène. El siguiente cuadro, elaborado a partir de aquel estudio, presenta 270 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="271"?> las universidades latinoamericanas que afirmaron tener una asignatura dedicada de manera monográfica a la ICLR. Sigla de la institución y nombre del departamento Título de la asignatura UDELAR- Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación Curso de intercomprensión portu‐ gués-francés UFPR- Depto. de Letras Estrangeiras Mo‐ dernas Intercompreens-o em línguas românicas UFRN- Depto. de Línguas e Literaturas Estrangeiras Modernas Intercompreens-o em línguas românicas UNILA- Graduaç-o em Letras: português e espanhol como línguas estrangeiras Tópicos em estudos da linguagem I: ini‐ ciaç-o a compreens-o mútua de línguas românicas USP- Depto. de Letras Modernas Intercompreens-o em línguas românicas Cuadro 1: Universidades Latinoamericanas que cuentan con una asignatura de ICLR. Fuente: Araújo e Sá & Calvo del Olmo (2019) Observamos que no están en el Cuadro 1 todas las instituciones que aparecían en Mapa 1. Esta diferencia se debe a que la curricularización de la ICLR no es homogénea; es decir, aunque todas la universidades del Mapa 1 proponen algún tipo de entrada didáctica, formación o curso en ICLR, no todas cuentan con asignatura dedicada a ese contenido. Además la tabla no informa sobre la continuidad en el tiempo que tienen tales acciones (si las asignaturas vienen siendo ofertadas de manera recurrente, por ejemplo), o el tamaño de los equipos locales que desarrollan sus trabajos en el área, futuros estudios podrían profun‐ dizar dichas cuestiones. En todo caso, y pese a las limitaciones mencionadas, nos parece que el Cuadro 1 es representativo y permite encajar la asignatura optativa de la UFPR en un marco más amplio de acciones regionales. 3 La experiencia en los grados de Letras de la UFPR La Universidad Federal do Paraná (UFPR) fue fundada el 19 diciembre de 1912 en la ciudad de Curitiba, capital del Estado de Paraná, y está considerada como la más antigua de Brasil. El Sector de Ciencias Humanas (SCH), equivalente a las Facultades de otras universidades, ofrece grados Letras en lengua y literatura portuguesa (vernáculas), en clásicas (latín y griego) y en lenguas extranjeras modernas: alemán, español, francés, inglés, italiano, japonés y polaco. De 271 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="272"?> acuerdo con el sistema universitario brasileño, los alumnos de dichos grados pueden optar por los títulos de Bacharelado, orientando los estudios de la carrera hacia la investigación en las áreas de traducción, estudios lingüísticos o literarios; o Licenciatura, en tal caso deben cumplir una carga formativa de prácticas docentes dentro del Sector de Educación y pueden trabajar como profesores de secundaria al terminar los estudios. Cada una de estas recibe el nombre de habilitaç-o (Licenciado em Letras com habilitaç-o português-espanhol integrada o Bacharel em Letras com habilitaç-o traduç-o alem-o, por ejemplo). Los primeros contactos de la UFPR con los enfoques plurales y la ICLR se remontan trece años atrás: Em 2005, a IC foi apresentada na Universidade Federal da Paraíba e, em 2007, no Centro de Línguas e Interculturalidade da Universidade Federal do Paraná (CELIN), pelo prof. Jean-Pierre Chavagne, do Centro de Línguas da Universidade Lumière de Lyon 2. Posteriormente, em 2008, esse mesmo professor ofereceu uma oficina de formaç-o para professores do Estado do Paraná que integrava o projeto Aç-o para o Letramento criado e coordenado pela professora Lúcia Cherem, do Departamento de Línguas Modernas da UFPR (DELEM), com o apoio do Centro de Ensino de Línguas da Unicamp (CEL) através da professora Rosa Nery e a Secretaria da Educaç-o do Estado Paraná (Silva 2013, 98). Sin embargo, fue necesario esperar hasta 2013 para comenzar a pensar una curricularización completa de la ICLR en los grados de Letras: En esa altura […], el profesor Christian Degache de la Université Grenoble-Alpes impartió un curso concentrado en los meses de mayo y junio titulado Didática das línguas e didática do plurilinguismo: o lugar da intercompreens-o, como profesor visitante invitado por el programa de Posgrado en Letras. Paralelamente, se iniciaron los trámites para implantar una optativa para todos los alumnos de la carrera de Letras, con independencia de la lengua de su especialidad: Intercompreens-o em Línguas Românicas (código HE1103) con una carga de 30 horas de clase (Calvo del Olmo 2018, 14-15). En los debates que se produjeron durante la tramitación de la nueva asignatura, fue necesario responder, ante el colegiado y los departamentos, a la cuestión de por qué integrar la intercomprensión en la formación de la carrera de Letras de la UFPR. En este punto, consideramos importante destacar que la presencia de la ICLR en nuestro currículum no responde a una moda en el área de enseñanza de lenguas o al deseo de querer seguir una tendencia proveniente de las universidades europeas, sino que posee una dimensión ética y política en 272 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="273"?> 3 ementa (e.men.ta) sf. 1. Nota, apontamento [Coletivo: ementário] 2. Texto resumido a sua essência, aos pontos essenciais; SINOPSE; SÍNTESE 3. Jur. Conclus-o que contém o resumo do que diz o enunciado de uma decis-o do judiciário ou do texto de uma lei. 4. Lus. O mesmo que cardápio. [F.: Do lat. ementa (pl. de ementum), tomado como se no sing. Hom./ Par.: ementa (sf.), ementa (fl. de ementar), emenda (sf.).] Recuperado de: www.aulete.com.br/ ementa [Última consulta: 21/ 03/ 2020] la formación de nuestros alumnos, futuros profesores, lingüistas, traductores, investigadores y críticos literarios. Desde su surgimiento en los años 90 del siglo XX, la formulación de la intercomprensión se contrapone a la jerarquización y a la instrumentalización política de las lenguas al restituir la legitimidad de todas ellas (Escudé & Calvo del Olmo 2019, 38). Además de esa dimensión ético-política, debemos mencionar los atouts cognitivos, metodológicos y pedagógicos de dicho enfoque para superar el habitus monolingüe citado por Gogolin (1994). En esa misma línea, Tullio de Mauro (2018, 75) oponía la educación lingüística democrática al addestramento monolinguistico siendo este una “violenza pedagogica […] che incide, reseca, taglia via il «materiale umano» meno malleabile, mentre cesella, sagoma e rifinisce fino ai dettagli coloro che non allontana ed espelle”. El mismo autor considera que el monolingüismo se halla en crisis ante los actuales movimientos pluridireccionales de la humanidad. Así pues, la intercomprensión, encuadrada en los enfoques plurales, sirve para reflexionar sobre la condición plurilingüe de cada estudiante a partir de sus repertorios lingüísticos y culturales. Tales objetivos constan en la ficha programática de la asignatura que, en el sistema de la UFPR, recibe el nombre de ementa 3 (equivalente al plan docente) y que reproducimos a continuación: EMENTA (Unidade Didática): Partindo do português brasileiro, a disciplina visa a sensibilizar para a leitura e para a compreens-o oral das línguas da família românica, desenvolvendo assim competências plurilíngues. Dessa forma, espera-se que as/ os alunas/ os possam reconhecer as características mais mar‐ cantes das línguas românicas em relaç-o ao português brasileiro e realizar uma reflex-o metalinguística. Vemos pues que el trabajo propuesto con ICLR parte de la lengua materna de la gran mayoría de nuestras alumnas y de nuestros alumnos: el portugués brasileño, una lengua de la familia románica. Las actividades de la formación integran competencias de lectura plurilingüe y de comprensión oral, ambas encuadradas en la intercomprensión receptiva, con el objetivo de desarrollar una formación metalingüística y metacognitiva y reflexionar sobre las categorías de lengua extranjera y de lengua materna, no como compartimentos estancos sino como vasos comunicantes. En otras palabras, el conocimiento de las otras 273 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="274"?> lenguas románicas permite acceder a estratos más profundos de conocimiento de la lengua portuguesa reconociendo el juego de identidades y diferencias sobre el que se sustenta el lenguaje humano en la línea de lo que el mismo Saussure había afirmado: “le mécanisme linguistique roule tout entier sur les identités et les différences, celles-ci n’étant que la contrepartie de celles-là” (1916, 151). Volviendo pues a los trámites de curricularización de la ICLR en la carrera de Letras de la UFPR, en 2013 se completó el proceso y se le asignó un código (HE1103) a esta nueva optativa de 30h que podría ser cursada por cualquier estudiante de la carrera de Letras vernáculas (es decir, portugués), clásicas o modernas. Al inicio del año escolar de 2014, fue ofertada por primera vez por la profesora Karine Marielly Rocha da Cunha, también autora de esta contribución, y desde entonces viene siendo ofrecida con una periodicidad constante. Hasta el momento en que escribimos estas páginas, 239 alumnos se matricularon en la optativa HE1103; de los cuales, 147 la aprobaron, es decir, completaron la formación y obtuvieron nota media superior a cinco (5) puntos sobre diez (10). Dos causas fundamentales justifican la diferencia entre las cifras del total de matriculados y de aprobados: las bajas de los alumnos que decidieron no continuar con la optativa durante el período de “ajuste de matrícula” y la cancelaron y las de aquellos que suspendieron por faltas (en el sistema de las universidades federales brasileñas es obligatorio asistir al 75 % de las clases como mínimo). También hay que mencionar que las optativas se abren en el sistema de la UFPR con veinte plazas y pueden recibir más alumnos si el profesor que las imparte lo autoriza. Alumnas/ os de la asignatura optativa Intercompreens-o em Línguas Românicas HE1103 Total de ma‐ triculadas/ os Aprobadas/ os Matrículas canceladas Suspensos por faltas 1er sem. 2014 28 19 1 8 2º sem. 2014 No se ofertó 1er sem. 2015 25 18 2 5 2º sem. 2015 30 16 7 7 1er sem. 2016 15 12 0 3 2º sem. 2016 21 11 8 2 1er sem. 2017 No se ofertó 2º sem. 2017 No se ofertó 274 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="275"?> 1er sem. 2018 30 19 4 7 2º sem. 2018 29 17 7 5 1er sem. 2019 No se ofertó 2º sem. 2019 No se ofertó 1er sem.V. 2020 37 35 1 1 1er sem. 2020 24 x 1 x Total 239 147 31 38 Cuadro 2: Serie histórica de las/ los alumnas/ os matriculadas/ os y aprobadas/ os en la optativa HE1103. Fuente: los autores. https: / / portaldoprofessor.ufpr.br/ professor/ index.action [23/ 12/ 2020] En el Cuadro 2, se pueden observar algunas intermitencias en la oferta: en el segundo semestre de 2014 y en los años académicos de 2017 y de 2019. Ello se debe a otros encargos asumidos por los profesores que habitualmente imparten la optativa y a la necesidad de renovar la oferta puesto que muchos de los estudiantes que, por ejemplo, estaban en el grado en 2017 ya habían cursado HE1103 en alguno de los semestres precedentes. En este punto, encontramos una diferencia entre la oferta de la UFPR y la de la Universidad de S-o Paulo (USP), donde “[a] iniciativa de oferecer a disciplina Intercompreens-o em Línguas Românicas teve início em 2015, e segue sendo oferecida semestralmente, como disciplina optativa da grade curricular do curso” (Costa, Mayrink & Santoro 2017, 89). De todos modos, el Cuadro 2 revela un interés sostenido por parte del alumnado que la elige como optativa, hecho que ya había sido apuntado en estudios anteriores: En nuestra opinión, ese interés responde a que, previamente, se había formado un público que conocía la ICLR - a través de los talleres, charlas, conferencias y cursos realizados [anteriormente] como actividades de extensióny quería profundizar su formación en el ámbito de las lenguas neolatinas (Calvo del Olmo 2018, 18). A partir de los datos de alumnos matriculados y aprobados, elaboramos el Gráfico 1 para visualizar mejor la serie completa que comentamos en estos párrafos. 275 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="276"?> Gráfico 1: Serie histórica de las/ los alumnas/ os matriculadas/ os y aprobadas/ os en la optativa HE1103. Fuente: los autores Otro dato relevante, desde el punto de vista pedagógico, son la lenguas que estaban estudiando en la carrera aquellos alumnos y alumnas que cursaron la optativa de ICLR. El Gráfico 2 presenta las cifras de alumnos aprobados hasta el momento (147) más los 23 matriculados en el primer semestre de 2020. 276 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="277"?> Gráfico 2 Habilitações de las/ los alumnas/ os matriculadas/ os y aprobadas/ os en la optativa HE1103. Fuente: los autores. https: / / portaldoprofessor.ufpr.br/ professor/ index.action [23/ 12/ 2020] En primer lugar, destaca la presencia mayoritaria de alumnos procedentes de las habilitações de neolatinas: español (30), italiano (25) y francés (20). Además, los alumnos que estudian portugués (40), como Letras vernáculas, al cursar ICLR consiguen tener contacto con otras lenguas emparentadas y mejorar su formación y su conocimiento de la lengua materna. También es significativa la cifra de estudiantes de la habilitaç-o de inglés (26); las demás lenguas presentan porcentajes bastante más discretos, en orden decreciente: griego (5), japonés (4), latín (3), alemán (3), polaco (2). Podríamos aventurar dos causas: por un lado, algunas de esas habilitações tienen un número de alumnos más reducido y, por otro, quizá exista una distancia cultural en relación con el mundo de las lenguas románicas abordado en la optativa (esta segunda razón podría ser válida para japonés y polaco pero no tanto para alemán y mucho menos para los de clásicas). Por último, el triángulo de “otros” son alumnos procedentes de otras carreras (como Comunicación Social, Derecho, Design o Historia) que se interesaron por esta optativa, hecho que nos parece destacable para ampliar el público al que se dirige nuestra formación. 277 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="278"?> 4 La programación de la optativa ICLR como curso de verano en 2020 Las lectoras y lectores habrán podido observar en el Cuadro 2 que, en el primer semestre de 2020, la optativa de ICLR fue ofertada dos veces: de manera extensiva durante el semestre y, anteriormente, concentrada en febrero. Esta iniciativa surgió del interés de nuestro alumnado por adelantar algunos créditos durante el período de las vacaciones de verano (entre los meses de diciembre y febrero). Al mismo tiempo, teníamos conocimiento de experiencias previas de formaciones en ICLR en el formato de cursos de verano, como los que se desarrollaron en la Universitat Pompeu Fabra (UPF) de Catalunya una década atrás: La UPF ofreció a lo largo 4 años prácticamente consecutivos (entre 2003 y 2009) una asignatura de IC románica durante los cursos de verano mientras que en 2011-12 se impartió un curso del programa IC4 financiado por el eurocampus de la Eurorregión Pirineos-Mediterráneo (Carrasco Perea & Melo-Pfeifer 2018, 174). Animados ante esta posibilidad, presentamos la propuesta al colegiado de la carrera que la aprobó; acto seguido, fue realizada una campaña de divulgación a través de canales digitales (correo electrónico y grupos de estudiantes en redes sociales) antes de las vacaciones de fin de año. Reproducimos el cartel elaborado para ese fin. Imagen 2 Cartel divulgativo realizado por el Departamento de Línguas Estrangeiras Modernas de la UFPR Al terminar el plazo de matrículas, el día 13 de diciembre, se habían inscrito un total de 37 estudiantes lo que para nuestras dimensiones es un número sin precedentes (recordamos una vez más que las optativas prevén a priori veinte plazas). No obstante, eso también tendría repercusiones en nuestras 278 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="279"?> actividades docentes ya que habíamos pensado inicialmente en un grupo de aproximadamente veinte alumnos y nos encontramos con casi el doble de matriculados. Las treinta horas de carga lectiva de la asignatura se distribuyeron en diez clases de tres horas cada una, de lunes a viernes, entre el 10 y el 21 de febrero. Así pues, el objetivo de la optativa es sensibilizar para la comprensión oral y escrita en lenguas que, como el portugués brasileño, pertenecen a la familia románica, desarrollando competencias plurilingües. Los procedimientos didácticos adoptados ponen el énfasis en las actividades desarrolladas por las y los estudiantes al exponerlos a una serie de situaciones y documentos que inducen al análisis de textos de complejidad creciente bajo una perspectiva integrada. El objetivo temático de la disciplina, es decir: la ICLR partiendo del portugués brasileño, juega un doble rol en esta dinámica, como medio usado en el proceso de enseñanza y aprendizaje y como fin, en cuanto objetivo didáctico en sí mismo. En la bibliografía básica de la asignatura que, de acuerdo con las normas de la universidad, debía contener tres títulos, incluimos obras de referencia relati‐ vamente actuales y disponibles en el mercado brasileño (y en la biblioteca del Sector de Ciencias Humanas). Estás fueron: la Gramática Comparativa Houaiss - Quatro Línguas Românicas de Brito et al. (2010), el manual Linguística românica de Ilari (la versión revisada y ampliada que apareció en 2018); además del trabajo producido por el equipo de la UFPR con Pierre Escudé Intercompreens-o: a chave para as línguas (2019). Más allá de esas obras, artículos científicos, otros textos de bibliografía complementar y documentos Creative Commons fueron enviados al grupo por correo electrónico. En relación a la programación de la optativa como curso de verano concen‐ trado, distribuimos los contenidos en las siguientes unidades didácticas: 1. Primeros pasos en intercomprensión y presentación de los Enfoques Plurales del CARAP; 2. El desarrollo de las habilidades metalingüísticas; 3. Los primeros métodos de ICLR (EuComRom, los siete tamices); 4. De la lectura a la oralidad en los enfoques intercomprensivos y vice-versa (EuRom5, Galatea y Galanet); 5. El latín: una lengua con buena salud; 6. Taller monográfico de catalán y rumano; 7. Taller monográfico de siciliano; 8. Taller monográfico de occitano y métodos para el público infantil; 9. A modo de evaluación: trabajo individual con unidad didáctica y reflexión metalingüística; 10. Conferencia de clausura. Es importante aclarar que el título de cada una de las unidades didácticas coincide con cada una de las diez clases en las que fue impartida la asignatura. De esta forma, observamos que las cinco primeras clases, las de la primera semana, trazaron el panorama general teórico-metodológico de la ICLR; mien‐ 279 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="280"?> tras que las de la segunda semana se dedicaron a actividades prácticas y presentaciones monográficas de aquellas lenguas con las que nuestros alumnos habían tenido menores posibilidades de contacto: catalán, occitano, rumano y siciliano principalmente. El latín también estuvo presente mediante una actividad realizada en el quinto encuentro titulada “O latim, uma língua com boa saúde: tecendo pontes entre as línguas clássicas e as línguas modernas através da intercompreens-o”, la descripción completa de dicha actividad puede ser consultada en Escudé y Calvo del Olmo (2019, 205-210). Aquí solo nos gustaría apuntar la pertinencia de crear diálogos entre las llamadas lenguas clásicas y modernas mediante la intercomprensión, más aún si consideramos la presencia de estudiantes de clásicas en nuestros grupos. Profundizar ese diálogo puede ser muy beneficioso tanto para la promoción del plurilingüismo como para la formación humanista del público universitario y, de hecho, viene llamando la atención de varios investigadores (Sheeren 2016). Para el taller del catalán y del rumano, utilizamos Bună al català, guía publicada por la ONG Plataforma per la Llengua, específicamente la página 3 donde se explora el parentesco entre esas dos lenguas, titulada “Catalana si româna, limbi înfr-tite/ El català i el romanès, llengües germanes”. La lectura de los textos en espejo, en catalán y en rumano, necesitaba apoyarse en la intercomprensión pues ninguno de los estudiantes tenía conocimientos previos en esas lenguas y así debían construir los significados triangulando las áreas de transparencia de una y otra con el portugués o con los idiomas que ellos conocían (como el castellano, el italiano o el francés). Para llevar a cabo los otros talleres monográficos, contamos con la participa‐ ción de algunos invitados en la optativa. Así la monografía sobre el siciliano estuvo a cargo de Paoletta Santoro, profesora lectora de italiano en el Depar‐ tamento de Letras Estrangeiras Modernas de la UFPR, que precisamente es de Siracusa y está realizando una tesina de máster sobre el siciliano bajo la dirección de Francisco Calvo del Olmo en el Programa de Posgrado en Letras de la UFPR, con previsión de conclusión en 2021. En ese taller monográfico, ella hizo una exposición de carácter teórico sobre la condición de lengua minorizada del siciliano y su posición dentro del continuum de las lenguas románicas. Pasando, en un segundo momento, a actividades prácticas de reconocimiento de estrategias de lectura y comprensión oral de canciones. Nos gustaría hacer un comentario en este punto: a priori, el siciliano parecería una lengua bastante lejana del contexto brasileño de Curitiba, sin embargo teníamos en nuestro departamento una persona con conocimiento del siciliano como hablante nativa (ella lo identifica como su lengua materna), con capacidad 280 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="281"?> didáctica como profesora de italiano para extranjeros y que, además, había recibido formación en el cuadro de los enfoques plurales. En otras palabras, al pensar una formación en intercomprensión, puede ser útil consultar los conocimientos lingüísticos y culturales de nuestros compañeros y compañeras de departamento o de otros investigadores presentes en nuestra institución. Por último, el curso fue clausurado con una conferencia impartida por la profesora doctora Mariana Fonseca Favre de la Universidad de Ginebra (UNIGE), Suiza. El título de la conferencia, abierta para el conjunto de la comunidad académica, era Et si l’avenir du français était le plurilinguisme? - E se o futuro do francês fosse o plurilinguismo? en la que amplió, de forma expositiva, las bases teóricas trabajadas a lo largo del curso. Asimismo, es interesante destacar que la exposición se desarrolló en portugués, apoyándose en diapositivas y fuentes bibliográficas redactadas en francés. Nos encontramos con una situación en la que, de nuevo, aprovechamos las circunstancias favorables para presentar a nuestras alumnas y alumnos las investigaciones realizadas en la UNIGE, dentro del área de enseñanza de francés como lengua extranjera, a partir de los enfoques plurales y de la promoción del plurilingüismo, considerando la variación intralingüística (entre variedades geográficas y sociales de la lengua francesa) e interlingüística (del francés en relación con otras lenguas más o menos próximas). Por último, es importante decir que en la edición del curso de verano estuvo presente una estudiante de la carrera de Letras, Brenda Buschle, que había cursado esta misma asignatura en 2015 y que, después, había trabajado como monitora en los dos semestres de 2018. En este punto, vale la pena explicar que el Programa Institucional de Monitoría (PIM) de la UFPR tiene como objetivo mejorar el proceso de enseñanza y aprendizaje, promoviendo tanto la formación complementaria del estudiante que desempeña el papel de monitor como el cumplimiento de los objetivos estratégicos de las enseñanzas de grado, contenidos en el Plan de Desarrollo Institucional (PDI), de conformidad con las disposiciones del Proyecto Pedagógico Institucional (PPI) de la UFPR. En la práctica, los monitores son estudiantes que han cursado previamente una asignatura con una calificación final alta. Ellos pueden participar en el PIM y auxiliar al profesor en la preparación de las actividades. La estudiante que mencionamos, Brenda Buschle, colaboró activamente en la producción y en la puesta en práctica de las actividades que comentaremos en la próxima sección. Otro estudiante, que también había sido monitor, Leandro Guimar-es Ferreira, hizo una exposición en la primera semana sobre los sistemas vocálicos de las lenguas románicas a partir del sistema del latín clásico y la pérdida de la cantidad vocálica en el pasaje al latín vulgar, mostrando correspondencias fonéticas 281 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="282"?> 4 Francisco Calvo del Olmo es profesor de español en la UFPR, además habla las princi‐ pales lenguas románicas estandarizadas (catalán, francés, galego, italiano, occitano, portugués y rumano); Karine Marielly Rocha da Cunha es profesora de italiano en la UFPR, además habla francés y portugués (que es su lengua materna). La práctica de la ICLR les abre también la interacción con otras variedades de la familia como el sardo, el friulano o las lenguas criollas de base románica. 5 El único proyecto que se ha enfocado en la evaluación es Eval-IC cuyos resultados pueden ser consultados en la página web: http: / / evalic.eu/ [20/ 04/ 2020]. que ayudarían para establecer correspondencias ortográficas y también en las actividades de comprensión oral. En síntesis, la programación otorgaba a la intercomprensión un papel central como medio y fin de la formación, como vehículo de las actividades y de los textos leídos en las clases que estaban redactados en varias lenguas, y como contenido, como materia de enseñanza. Podemos decir que las clases eran de intercomprensión y se desarrollaban en intercomprensión. En ese mismo orden de ideas, insistimos en las competencias lingüísticas que pudimos movilizar, desde nuestros propios conocimientos de varias lenguas románicas 4 en cuanto docentes, hasta la intervención de otros colegas a lo largo de la asignatura. Además, la programación y los contenidos de las clases habían sido discutidos y acordados por los dos autores que firmamos este artículo. Todo ello, conforma una docencia colegiada, una red de sinergias, y permite que el alumnado tenga contacto con más de un docente, entendiendo que la intercomprensión es de interés de toda una comunidad académica y que no responde a la visión ni a la producción de una única persona. Creemos que establecer este tipo de redes de colaboración entre investigadores es la mejor manera de democratizar el saber y de difundir la intercomprensión. 5 Apuntes sobre las actividades: producción y evaluación La evaluación se llevó a cabo mediante un portfolio compuesto por cuatro actividades realizadas individualmente. Antes de describir cada una de estas actividades, debemos hacer dos precisiones: la primera en relación al proceso de evaluación, que hasta el momento carece de investigaciones sistemáticas en términos de curricularización 5 , y la segunda en relación al papel del profesor y de los estudiantes según los enfoques plurales. En primer lugar, definimos la evaluación del proceso de enseñanza y apren‐ dizaje de lenguas de acuerdo con Coste (2019): Toute production langagière en contexte social se prête à l’évaluation, par les destinataires ou par le sujet destinateur lui-même. La communication fonctionne à 282 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="283"?> l’évaluation. Non seulement du « contenu », non seulement de l’adéquation entre « forme » et « contenu », mais aussi de la forme elle-même. Et cette évaluation a bien évidemment à voir avec la variation et la pluralité linguistiques. Elle n’a de sens que dans la mesure où telle énonciation est référée à une autre formulation possible, modèle ou jugée (plus) adéquate. (ibid. 21) Así pues, el destinatario de las producciones las evalúa en la medida que se aproximan más o menos a un modelo considerado ideal. Ahora bien, los enfoques plurales y la intercomprensión parten del bagaje lingüístico y cultural de cada estudiante, de sus capacidades y habilidades, para desarrollar sus competencias receptivas con producciones formuladas en otras lenguas más o menos pró‐ ximas. Ello debe conducir al “empoderamiento de los sujetos” (Carrasco Pera & Melo-Pfeifer 2018, 164), dándoles instrumentos para desarrollar sus capacidades plurilingües de manera autónoma. Consecuentemente, el plurilingüismo, lejos de ser una cualidad erudita de políglotas, se define como un conjunto de repertorios lingüísticos no necesariamente homogéneos. De esa forma, la intercomprensión modifica profundamente el enfoque didáctico en la enseñanza de lenguas: el objetivo no es simplemente conocer una, dos, tres lenguas (cada una aislada de las demás) con un “profesor nativo” como modelo ideal, sino adquirir repertorios lingüísticos en los que las varias capacidades y competencias encuentren su lugar. Las lenguas aprendidas dejan de ser objetos externos, sin relación alguna con el bagaje previo, por el contrario, surgen tanto de las habilidades plurilingües del alumnado como de sus actividades y de su desempeño. Así pues, el rol de los y las docentes también se ve modificado: el profesor deja de ser quien posee el conocimiento estático y correcto de la(s) lengua(s) estudiadas, una autoridad incontestable en la materia; tampoco necesita poseer competencias inconmensurables, tanto del punto de vista cuantitativo como cualitativo, para enseñar y saber evaluar las producciones de sus estudiantes. Lejos de eso, el profesor pasa a actuar de manera colaborativa, lo que ciertamente significa conocer la metodología de la intercomprensión pero no la totalidad de los datos lingüísticos, gramaticales, fonológicos etc. de todas las lenguas en contacto. Su papel consiste en monitorear, en guiar las hipótesis de sus alumnos para, posteriormente efectuar la evaluación de tales hipótesis a través de la(s) lengua(s) de referencia del grupo, en nuestro caso el portugués brasileño. En suma, el aprendizaje deja de ser la mera imitación del profesor por parte de los estudiantes para transformarse en un proceso empírico de tentativa, error, reformulación, donde la(s) lengua(s) materna(s), la(s) lengua(s) de referencia y la(s) nueva(s) lengua(s) presentada(s) interactúan de manera dialógica (Escudé y Calvo del Olmo 2019, 73). 283 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="284"?> Estos eran pues los principios asumidos en el diseño, aplicación y corrección de las actividades. Más allá de aquellas realizadas en el aula, acordamos proponer cuatro actividades para la evaluación, valiendo cada una de ellas el 25 % de la nota final, 100 puntos en nuestro sistema. En los próximos apartados describimos cada una de ellas, como cuatro propuestas de evaluación de la ICLR que podrían ser retomadas por otros equipos interesados en implementar estos enfoques. Todas ellas además permiten evaluar el desarrollo de los alumnos a la hora de formular hipótesis sobre la relación entre las lenguas estudiadas. Al ser discursivas, también dejan espacio para la autoevaluación de los estudiantes que sopesan sus propias dificultades y puntos fuertes. 5.1 Primera actividad: Lectura integrada de noticias en varias lenguas La primera actividad propuesta fue presentada al grupo en la primera semana del curso, tercer día de la formación, dando 6 días de plazo para la entrega. Esta consistía en la lectura integrada de textos en varias lenguas, siguiendo la metodología de los siete tamices del proyecto EuRomCom (véase Meissner et al. 1999). Tomamos nuestra propuesta de la actividad número 5 del apéndice titulado Propostas didáticas em intercompreens-o de Escudé y Calvo del Olmo (2019, 194-197). A continuación, reproducimos el enunciado de la actividad: 1. Escolha uma mesma notícia (entre 200 e 400 palavras) de pelo menos três jornais ou de três sites de notícias redigidos em espanhol, galego, catal-o, francês, italiano ou romeno. Copie as notícias referenciando o link da fonte. 2. Leia cada notícia marcando as informações principais. 3. Reescreva a notícia em português a partir das três fontes (150-200 palavras). 4. Aplique as sete peneiras (les sept tamis de Meissner et al.) aos títulos de cada notícia e apresente um paralelo e um contraste linguístico ou cultural entre as línguas com as quais você trabalhou. Existe una amplia tradición en los materiales didácticos de intercomprensión de trabajar con noticias y textos periodísticos en varias lenguas, manuales como EuRom5, Interlat e InterRom son buenos ejemplos de ello (para una presentación de los métodos, Escudé y Calvo del Olmo 2019, 175). No obstante, pasada más de una década desde la publicación de aquellos materiales, esas noticias parecen alejadas de la actualidad. Por otro lado, internet ofrece acceso directo y actualizado a páginas de información y agencias de prensa internacionales con contenidos de todo tipo disponibles en gran número de idiomas. De esta forma, resulta bastante sencillo elegir una noticia de calado internacional para 284 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="285"?> 6 Cabe decir que la plataforma Miriadi propone sesiones bastante interesantes para trabajar, por ejemplo, películas en diferentes lenguas románicas sobre un tema en común. Sin embargo, no había ninguna sesión abierta que se encajase en el calendario de nuestra asignatura concentrada. trabajarla en clase. En nuestro caso, el enunciado invitaba a escoger la noticia de acuerdo con los intereses personales de cada estudiante y también las tres lenguas con las que prefería trabajar. Igualmente les explicamos la importancia de priorizar las lenguas con las que tenían menos contacto para que tuvieran que apoyarse realmente en las estrategias intercomprensivas. Además, explicamos en clase las estrategias de lectura propuestas por Caddéo y Jamet (2013, 43) para auxiliarlos la lectura y minimizar los impactos de contacto directo con lenguas diferentes. La lectura simultánea de tres textos diferentes sobre una misma temática permite reconstruir las informaciones principales evitando la oposición frontal entre lenguas y percibir matices en el tratamiento de la información. Los elementos paratextuales (como imágenes, fotografías e infográficos) completan la información de los textos periodísticos y aportan datos para ampliar la comprensión de los mismos. Una cuestión igualmente interesante es el punto de vista y el análisis que cada periódico hace sobre una misma noticia de acuerdo con la línea editorial y la ideología del medio de comunicación que representa. Comparar noticias permite así una lectura crítica y contrastada sobre un mismo hecho, los estudiantes están inmersos en un constante ejercicio de comparación entre la forma y el contenido y tienen que recurrir a herramientas cognitivas y metacognitivas. En suma, reconocer el continuum de las lenguas románicas potencia la transferencia de las estrategias de lectura de una lengua a otra, siguiendo los objetivos definimos en esta primera actividad: (a) obtener informaciones relevantes sobre un tema de interés a partir de textos plurilingües; (b) adoptar estrategias de comprensión escrita y lectura plurilingüe transferibles entre géneros textuales y entre lenguas; (c) desarrollar capacidades de expresión escrita reformulando los mensajes en la(s) lengua(s) de referencia; (d) permitir una familiarización efectiva con la ICLR. Las estrategias desarrolladas en el trabajo individual con textos plurilingües también servirían para las lecturas y actividades realizadas en las clases sucesivas. 5.2 Segunda actividad: Intercomprensión oral en una entrevista Si la primera actividad se centró en la lectura plurilingüe, la segunda proponía analizar las interacciones orales 6 en una entrevista realizada por la presentadora catalana Laura Rosel a la filósofa italiana Donatella di Cesare para el programa 285 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="286"?> FAQS-Preguntes Freqüents de la televisión pública catalana TV3. La entrevista tiene una duración de 17: 56 minutos y, en ella, la entrevistada aborda asuntos relacionados con los derechos humanos, el cierre de las fronteras de Europa ante la llegada de refugiados y la amenaza de los movimientos de extrema derecha. En clase habíamos trabajado otros documentos audiovisuales durante la primera semana, pero decidimos elegir ese documento específicamente para la segunda actividad tanto por el contenido, absolutamente pertinente para la formación humanística de nuestras y nuestros alumnos, como por las lenguas en las que se desarrollaba la entrevista: la periodista formulaba las preguntas en castellano y la filósofa entrevistada respondía en italiano con subtítulos en catalán. Nos parecía ésta una combinación adecuada al nivel de nuestro grupo pues, por nuestra propia experiencia y de forma general, los estudiantes hablantes de portugués brasileño tienen una comprensión bastante transparente del castellano mientras que el italiano representa una dificultad media para ellos. La lectura de los subtítulos en catalán podía auxiliar la comprensión de las respuestas permitiéndoles, a muchos de ellos, un primer contacto significativo con textos escritos en esta lengua. En todo caso, debía producirse una actividad conjunta entre lectura en catalán y audio en italiano. Además, la triangulación entre todas ellas evitaba una vez más las oposiciones frontales entre pares lingüísticos. En relación con los plazos de entrega, la actividad fue presentada el viernes de la primera semana del curso dando como fecha de entrega el miércoles de la semana siguiente, o sea, 5 días después. Llevando en consideración todo lo que hemos dicho hasta aquí, se formularon las siguientes cuestiones: Assista ao vídeo da entrevista com a filósofa italiana Donatella di Cesare no programa da TV catal- FAQS - Preguntes Freqüents e responda às questões. Donatella Di Cesare: "Després d’Auschwitz, no hauríem d’acceptar ni un camp a Europa” (Disponível em: https: / / www.youtube.com/ watch? v=3YQwTK6OyrY ) a. Faça um resumo da entrevista (tema, ideias principais discutidas), b. Avalie o seu grau de compreens-o do vídeo, c. O vídeo está em 3 línguas românicas diferentes. É possível reconhecê-las? Quais s-o os indícios? d. A língua usada pela entrevistadora é diferente da usada na legenda. Por quê? e. Se pensarmos nos cenários de comunicaç-o exolíngue vistos nas aulas, qual deles você acha que está ocorrendo? Por quê? f. A partir da sua observaç-o do vídeo, é possível a comunicaç-o e com‐ preens-o mútua a partir da IC? Comente (indícios de que há ou n-o uma comunicaç-o efetiva). 286 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="287"?> g. Durante a observaç-o do vídeo, você teve dificuldades de compreens-o? Se sim, como as resolveu (conhecimento de mundo/ de outras línguas, contexto, tema, etc.)? Ainda, se em caso positivo, cite algumas dessas dificuldades. h. A legenda, mesmo que em outra língua, auxiliou na compreens-o do que a entrevistada falava? i. É possível perceber proximidades das línguas usadas na entrevista com o português? Qual delas é mais próxima na sua opini-o, e o que faz você pensar isso? Podemos observar que el nivel de exigencia es creciente si se compara con la primera actividad propuesta, como también lo es el nivel de reflexión metalingüística que cada estudiante debía desarrollar. Es importante mencionar el trabajo de Brenda Buschle, de cuyo papel ya habíamos hablado en párrafos anteriores, tanto en la formulación de las preguntas de la actividad como en su aplicación con el grupo; volviendo así, una vez más, a nuestra concepción de la docencia como actividad compartida y colegiada. En síntesis, este ejercicio permitió al grupo reflexionar sobre la transferencia de las estrategias aprendidas en la lectura de textos plurilingües para la oralidad como explican Caddéo y Jamet (2013, 87). 5.3 Tercera actividad: Lectura y audio de cuentos en occitano La asignatura de ICLR proponía tareas con varias lenguas del continuum románico, partiendo de aquellas que son más próximas al portugués brasileño y de las que tienen una mayor difusión en nuestra comunidad académica: el castellano, el francés y el italiano. Pero nuestra intención era poder familiarizar a los estudiantes con lenguas con las que, quizá, no hubieran tenido ningún contacto previo: como el catalán, el rumano o el siciliano. En este punto nos parece importante recordar: Semelhanças e diferenças entre as línguas do continuum s-o recorrentes, estabele‐ cendo conexões entre elas, ou seja, as inúmeras correspondências morfossintáticas e lexicais tornam a leitura transparente, enquanto a repetiç-o frequente de diferenças e contrastes contribui para prever as correspondências. […] Tais conexões fornecem um conhecimento operacional nas atividades de compreens-o, tanto escrita quanto oral, e na interaç-o exolíngue. Quanto mais línguas de uma mesma família forem trabalhadas em sala de aula, mais conexões encontraremos em todos os sentidos, e os pontos que unem e separam essas línguas se tornam menos arbitrários, mais transparentes. (Escudé y Calvo del Olmo 2019, 85-86) 287 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="288"?> Así pues, la tercera actividad (con 4 días de plazo para la entrega) proponía leer un texto escrito en occitano, una lengua con la que ninguno de nuestros alumnos había tenido contacto anteriormente. Debemos decir que esta actividad ya había sido propuesta en otros semestres con resultados satisfactorios. Cada estudiante debía acceder a la página del CAP’ÒC (Centre d’Animacion Pedagogica en Occitan) y elegir uno de los cuentos que están disponibles. Es interesante que los textos pueden ser leídos en varios dialectos occitanos: gascón, lengadocian, lemosín y, además, tienen audio. Así pues, los estudiantes contaban con la posibilidad de leer y escuchar un mismo texto en tres versiones diferentes (lo que da un total de seis lecturas), además de activar sus conocimientos sobre cuentos y narraciones como género textual. Al estar ilustrados, la narración de la historia se apoya en imágenes como un elemento más para establecer el significado. Llevando en consideración todas estas premisas, formulamos las siguientes cuestiones: Escolha um dos contos disponíveis no seguinte site www.capoc.fr/ articles.p hp? pg=176&lng=fr. Leia o texto usando o áudio para ajudar a sua compreens-o. Lembre-se que você pode ler e reler o texto em vários dialetos occitanos: gascon, lengadocian, lemosin. Depois, responda às seguintes questões: a) Indique o título do conto que você escolheu: b) Como você avalia a sua compreens-o do texto (excelente, boa, regular, ruim)? Por quê? c) Faça um resumo do conto (em português ou em outra língua românica) utilizando de 100 a 120 palavras. d) Quais foram os elementos (figuras, imagens, conhecimento de mundo, palavras cognatas, semelhanças com línguas já conhecidas) que auxiliaram a sua compreens-o? e) O áudio e a possibilidade de ler o mesmo texto em três variedades auxiliou a leitura ou n-o, explique o porquê. f) Qual foi a sua maior dificuldade de compreens-o ao ler o texto? A que você atribuiria essa dificuldade? g) Em relaç-o aos sons, à grafia e à morfologia do occitano quais semelhanças e/ ou diferenças você encontrou em relaç-o com outras línguas românicas que você conhece ou mesmo n-o românicas (p.ex. inglês)? En relación con el desarrollo de esta actividad, nos gustaría destacar la auto‐ nomía de los alumnos a la hora de elegir el cuento y de gestionar su lectura en sentido amplio (lectura silenciosa, audición, examen de las imágenes etc.). Al mismo tiempo, evaluamos como pertinente el contacto con lenguas desconocidas que, necesariamente, debe ser mediado por la ICLR. De forma general llamó la 288 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="289"?> atención de los estudiantes brasileños el uso de las grafías <nh> y <lh>, de origen occitano, que también forman parte de las normas ortográficas del portugués. Todo ello les permite repensar la jerarquía y las relaciones entre las lenguas del continuum románico así como ampliar su formación en su lengua materna. 5.4 Cuarta actividad: Reflexión metalingüística El último día de la formación, dedicamos las 3 horas de la clase a trabajar de manera individual la unidad didáctica Andiamo con le lingue romanze, formulada por Jordi Ortiz de Antonio, de la Universitat Pompeu Fabra. Esta actividad parte de la metodología del Manual Euro-mania, para proponer una reflexión metalingüística sobre el conjunto de las lenguas románicas a través de la ICLR y la lectura de textos escritos en castellano, catalán, francés, italiano, occitano, portugués y rumano. En dicha actividad, las lenguas románicas servían como medio y como fin; siendo un verdadero ejemplo de propuesta metalingüística. Así, a partir de la lectura de los textos plurilingües, cada alumno conocería el desarrollo histórico de esta familia lingüística y los territorios en los que se hablan dichas lenguas en la actualidad. Además, las cuestiones le permitirían reflexionar sobre sus características principales y sistematizar algunas de ellas (como la formación del plural de los sintagmas nominales). Nos parecía la forma más adecuada de evaluar los conocimientos que los estudiantes habían adquirido y sistematizado a lo largo de la asignatura sin tener que hacer un examen o control propiamente dicho. Al mismo tiempo, servía para divulgar entre nuestra comunidad la producción académica del equipo de la UPF. El conjunto de las cuatro actividades que contaban para la calificación final muestra un recorrido coherente, una progresión de dificultad progresiva que recapitulamos aquí: la primera actividad consistía en la lectura de noticias en tres lenguas románicas; la segunda, en escuchar una entrevista y observar las interacciones orales; y la tercera en la lectura y audición de un cuento en occitano, integrando intercomprensión oral y escrita. Por último, la cuarta actividad resumía el trabajo de aproximación a las lenguas románicas a través de la intercomprensión entre las variedades de esta familia lingüística, subrayando su función de medio y fin de dicho enfoque. El objetivo compartido por todas ellas era la comprensión de una pluralidad de lenguas, de registros y temáticas; es decir, el desarrollo de una “literancia plurilingüe funcional receptiva y de co-construcción del significado” (Carrasco Perea & Melo-Pfeifer 2018, 164). 289 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="290"?> 6 Conclusiones y perspectivas Revisar y evaluar las tareas docentes que desarrollamos en nuestro día a día es una labor constante que nos permite reflexionar sobre los caminos recorridos, divulgar entre la comunidad académica nuestro trabajo y decidir los rumbos que queremos tomar; considerando, en todo momento, las necesidades formativas de nuestro público estudiante y los desafíos geoestratégicos y educativos de nuestro contexto inmediato. En este capítulo, reflexionamos sobre el recorrido de la intercomprensión en la UFPR inscribiéndolo en la esfera, más amplia, de las universidades latinoamericanas y europeas. Así, hemos tratado de dar respuesta al por qué; es decir, a los motivos que sustentan la presencia de la ICLR en la formación lingüística y cultural de los alumnos de la carrera de Letras. Además, hemos presentado la formulación de la optativa de ICLR en las ediciones que fue impartida como curso semestral y como curso de verano concentrado en febrero de 2020. Sería interesante examinar, en futuros trabajos, el feedback recibido por parte de los estudiantes mediante los cuestionarios que siempre hacemos al principio y al final de la formación, En todo caso, comprobamos que la intercomprensión entre lenguas próximas, encuadrada dentro de los enfoques plurales, contribuye a superar la oposición frontal entre lengua materna y extranjera y a repensar la enseñanza y aprendi‐ zaje académico. En otras palabras, la ICLR promueve la formación lingüística del alumnado en un contexto plurilingüe, en la misma línea de lo afirmado por nuestras colegas de la Universidad de S-o Paulo al hacer un análisis de sus acciones: Essas ações permitiram também, sobretudo para os estudantes em formaç-o que se preparam para se tornarem professores de língua materna e/ ou estrangeira, inserir o ensino-aprendizagem de línguas em um contexto maior, plurilingue, buscando romper com a ideia de que para comunicar ou ler em línguas aparentadas é necessário conhecer cada uma separadamente e por muitos anos. (Costa, Mayrink & Santoro 2017, 86) Consecuentemente, la diseminación de la ICLR en nuestra comunidad acadé‐ mica, realizada a través de la oferta periódica de esta optativa y de formaciones de otro tipo, debería contribuir para transformar las representaciones de las lenguas románicas y de la formulación de las categorías de lengua/ s materna/ s y extranjera/ s. Debemos recordar que un número considerable de los estudiantes de la licenciatura en Letras trabajará como profesor; así pues, nuestras alumnas y alumnos son potenciales multiplicadores, aumentando exponencialmente el número de personas que tendrán contacto con una formación de ICRL y con los enfoques plurales. Esto no sólo es relevante para la enseñanza de idiomas como 290 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="291"?> el español, el francés, el italiano (e incluso el inglés) en el Estado brasileño de Paraná, sino que también lo es para la enseñanza de portugués, como lengua materna, como segunda lengua o como lengua de acogida en los contextos migratorios. Así pues, y en relación con las potencialidades de la ICLR en la formación de profesores, ponderamos la necesidad de invertir “recursos pedagógicos y didácticos de integración de la IC en articulación con otras lenguas y disciplinas de cara a la diseminación de este enfoque y en articulación con la formación del profesorado” (Carrasco Perea & Melo-Pfeifer 2018, 193). Pensamos, desde luego, en programas ambiciosos de formación de profesores en activo promovidos por los órganos públicos, pero también en el trabajo, mucho más discreto, que está a nuestro alcance inmediato, dentro de la UFPR; como es la colaboración de varios miembros de nuestra comunidad académica en un estilo de docencia que hemos definido como colegiado. La creación de redes y sinergias permite superar individualismos o visiones personalistas, haciendo avanzar las perspectivas pedagógicas y la investigación gracias a la integración de nuevas perspectivas. Ciertamente, la inserción curricular de la ICLR y de los enfoques plurales en la formación del alumnado de Letras no puede limitarse a una única optativa de 30 horas. En ese sentido, venimos realizando acciones complementarias como la creación de otra optativa del grado, en 2016, titulada Tipologia das Línguas Românicas, o la oferta de asignaturas monográficas sobre los enfoques plurales dirigidas a las y los estudiantes de posgrado (Calvo del Olmo 2018, 14-17). Precisamente, y en relación con la investigación en la UFPR, varias tesis de doctorado, trabajos de fin de máster y monografías de grado, realizados en los últimos años, se han consagrado a la ICLR o la han integrado en su fundamentación teórica y metodológica. Hacer un estado de la cuestión sobre todos ellos sería argumento suficiente para otra publicación que excede nuestros objetivos actuales por lo que aquí nos limitaremos a afirmar que esas producciones son una buena muestra del interés de la comunidad académica hacia los enfoques plurales para repensar prácticas pedagógicas y ampliar las bases epistemológicas da lingüística aplicada. No obstante, la intercomprensión tampoco debe quedar confinada a su inserción en asignaturas del área de Letras y de Lenguas: es necesario aplicarla como medio de enseñanza en otras disciplinas académicas. Ciertamente, puede funcionar como palanca del proceso de internacionalización de las Instituciones de Enseñanza Superior brasileñas, preparando el cuerpo académico, docente y técnico para la movilidad y la cooperación desde el respeto a la diversidad lingüística y cultural. En el contexto de los intercambios académicos y de los acuerdos bilaterales, ya sean en el grado o en el posgrado, la práctica de la ICLR 291 Por qué integrar la intercomprensión en la formación de estudiantes de Letras <?page no="292"?> juega un rol central al entender las lenguas como espacios de construcción del saber que proporcionan estrategias para transitar entre diferentes culturas de enseñanza y de aprendizaje. A ello se suma la reflexión sobre el valor del plurilingüismo en la enseñanza, como opción de una formación lingüística más amplia y democrática de los estudiantes, “no que se refere à possibilidade de que desenvolvam autonomia para se comunicar e interagir em uma ou mais línguas de sua escolha” (Costa, Mayrink & Santoro 2017, 89). Estas posibilidades de aplicación confirman nuestra certeza sobre el potencial de los enfoques plurales, en general, y sobre la ICLR, en particular, en la formulación de políticas lingüísticas a nivel local, nacional y regional. En todo caso, será necesario fijar objetivos y definir las articulaciones institucionales y académicas necesarias para avanzar por esta senda. El cantautor catalán Lluis Llach puso voz y notas a los versos de Miquel Martí i Pol: vinc de molt lluny i vaig lluny encara (vengo de muy lejos y aún voy lejos). La intercomprensión entre lenguas y comunidades más o menos próximas constituye una práctica ancestral y es precisamente en la comparación entre las lenguas emparentadas donde la lingüística encontró la primera chispa para desarrollarse como ciencia en los albores del siglo XIX. En otras palabras, nuestras actividades se apoyan en una larga tradición y las voces de los que nos precedieron nos alientan a seguir adelante en el contexto cambiante, y no pocas veces agitado, del mundo actual. Por eso, nuestro trabajo no se detiene aquí. 7 Referencias bibliográficas Araújo e Sá, Maria Helena (Org.). 2014. Atouts et possibilités de l’insertion curriculaire de l’intercompréhension-Rapport. 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Barcelona: Ariel, 199-224. 294 Francisco Calvo del Olmo / Karine Marielly Rocha da Cunha <?page no="295"?> 1 https: / / www.duden.de/ rechtschreibung 2 Der französische Linguist, Claude Hagège, berechnet, dass ungefähr 25 Sprachen pro Jahr verschwinden. Hagège 1996. Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule: die neue Evidenz! Chantal Junot Evidenz: das Evidentsein; unmittelbare und vollständige Einsichtigkeit, Deutlichkeit, Gewissheit; unumstößliche Tatsache, faktische Gegebenheit 1 1 Einleitung und Kontext Dem Institut français liegt es natürlich am Herzen, die französische Sprache und Kultur und gleichfalls die Frankophonie zu fördern. Als Sprachattachées gehört es zu unseren Tätigkeiten, die zahlreichen Vorteile des Erlernens der französischen Sprache darzustellen. Diese Vorteile sind speziell mit der franzö‐ sischen Sprache verbunden, können aber auch für andere Sprachen gelten. In den deutsch-französischen Beziehungen erlebt man schon seit langem die Zweisprachigkeit als Selbstverständlichkeit und fördert das Erlernen der Part‐ nersprache. Wie das Deutsch-französische Jugendwerk (DFJW) es ausdrückt, wären die deutsch-französischen Beziehungen „undenkbar ohne Akteure und Bürger, die der Partnersprache mächtig sind“ (DFJW 2016). Als Vertiefung der europäischen Beziehungen werden aber auch immer mehr trinationale Begeg‐ nungen angeboten. In diesem Artikel handelt es sich nicht darum, die Förderung einer einzelnen Sprache als solche zu kritisieren. Jede Sprache muss verteidigt werden. Das all‐ tägliche Verschwinden 2 von Sprachen rechtfertigt die Anwendung dieses etwas kämpferischen Verbs. „Babel“ bedeutet in hebräischer Sprache „Verwirrung“. Die Vielfalt der Sprachen wird heute glücklicherweise nicht mehr als Fluch be‐ trachtet. Immerhin taucht die Hoffnung der Verwendung einer internationalen Verkehrssprache wie Esperanto immer wieder auf und die Verwendung der <?page no="296"?> 3 „Si l’on veut bien admettre que le commun des mortels n’apprend pas une langue pour en démonter les mécanismes et manipuler gratuitement des mots nouveaux, mais pour fonctionner dans la culture qui va avec cette langue, on aboutit à la conclusion que celle-ci n’est pas une fin en soi, mais un moyen pour opérer culturellement, pour comprendre et produire du sens, avec les outils et dans l’univers de l’Autre.“ (Hervorhebung C. Junot). Galisson & Puren 1999, 96. englischen Sprache als Lingua franca beweist die zwiespältige Haltung der Menschen gegenüber der Menge der Sprachen. Unsere Absicht ist zu zeigen, dass die Mehrsprachigkeit, sei sie als Hindernis oder als Bereicherung betrachtet, eine „unumstößliche Tatsache“ ist. Sie ist eine „faktische Gegebenheit“. Kinder wachsen in der Tat immer mehr mit verschiedenen Sprachen oder werden immer mehr mit verschiedenen Sprachen konfrontiert. Sich dagegen zu wehren ist sinnlos und kontraproduktiv. Im Gegenteil müssen Konsequenzen für eine veränderte pädagogische und spra‐ chendidaktische Praxis gezogen werden. 2 Interkultureller Dialog als Grundpostulat Man spricht oft von „Beschäftigungsfähigkeit“ (employabilité), wenn man an Fremdsprachenkompetenzen denkt. Dieser Zusammenhang gilt nur, weil Fremdsprachenkompetenzen und interkulturelle Fähigkeiten ein untrennbares Ganzes bilden. In der Broschüre „Französisch ist mehr“ (Institut français u. a. 2016) kann man im Leitartikel folgendes Lesen: „In der Mitte Europas und in einer globalisierten Welt sind Kommunikationsfähigkeit, Aufgeschlossenheit und interkulturelle Stärke unverzichtbar. Französisch zählt mit nahezu 280 Millionen Sprechern auf fünf Kontinenten zu den meistgesprochen Sprachen der Welt. Geben Sie Ihrem Kind die Chance, Französisch zu erlernen, Europa zu erleben und die europäische Zukunft aktiv mitzugestalten.“ Fremdsprachen können zur Offenheit, zur Solidarität und Vielfältigkeit führen, weil sie den interkulturellen Dialog ermöglichen, insofern Sprache als Mittel betrachtet wird, das „Universum des Anderen“ zu entdecken, wie es sehr treffend Galisson und Puren zusammenfassen. 3 Das „Universum des Anderen“ ist in der Tat dasjenige, was es zu durchdringen gilt. Und es kann nur gelingen, indem man die Sprache und die Kultur des An‐ deren lernt. Durch die Konfrontation mit Andersartigkeit lernt man gleichzeitig sein eigenes Universum besser kennen. Diese Konfrontation ist aber erfolgreich, wenn sie sich um den unterkulturellen Dialog bereichert. Aber was versteht man genau unter interkulturellem Dialog? Nach der Definition des Europarates 296 Chantal Junot <?page no="297"?> 4 Europarat. 2008. 5 « Il existe une corrélation entre la gestion de la diversité, la diversité interculturelle et la performance de l’entreprise. En effet, une entreprise se donne un avantage stratégique et concurrentiel si elle incorpore les principes de gestion de la diversité ». Guide pratique de la gestion de la diversité interculturelle en emploi. Direction régionale de Montréal 2005, 8. 6 https: / / www.charta-der-vielfalt.de/ diversity/ vorteile.html versteht sich der interkulturelle Dialog als „offener Meinungsaustausch, der auf der Grundlage von Achtung und gegenseitigem Verständnis zwischen Einzelnen und Gruppen mit unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichem ethnischem, kul‐ turellem, religiösem und sprachlichem Erbe geführt wird“ 4 . Dieser interkulturelle Dialog muss in seinen verschiedenen Aspekten seinen vollen Platz überall finden. In der Gesellschaft, aber natürlich auch in der Schule, und nicht nur im Fremdsprachenunterricht, sondern in allen Momenten des Lernens. 3 Die Grenzen der Lingua franca Mit der wachsenden Mobilität der Menschen hat sich die Vielfältigkeit der Gesellschaft, selbst wenn es nicht unbedingt überall und auf gleicher Weise wahrgenommen wird, beschleunigt. In diesem Kontext gelten die traditionellen Vorgehensweisen zur kulturellen und sprachlichen Vielfältigkeit nicht mehr. Immer mehr Unternehmen nutzen den Reichtum dieser Vielfältigkeit zu ihren eigenen Zwecken. Sie haben verstanden, dass das Umgehen mit der Vielfältigkeit zu einer Verbesserung der menschlichen Beziehungen führt, mit mehr Respekt und Solidarität. Vor allem verfolgen die Arbeitgeber immer mehr diesen neuen Weg, weil er die Leistungen eines Unternehmens stärkt. 5 „Weshalb Organisationen in Diversity Management investieren, hat vielfältige Hintergründe: Dazu zählen die Rekrutierung und das Halten einer innovativen Belegschaft, die Erschließung neuer Märkte und schließlich auch die Anpassung an den gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Die Talente auf den Arbeitsmärkten werden knapper, und schon während ihrer Studienzeit werden vor allem hochqualifizierte Hochschul‐ absolventen umworben. Der Diversity Ansatz bezeugt (Welt-)Offenheit für die unterschiedlichsten Talente. Organisationen, die eine solche Management-Strategie vorweisen können, wirken auf die nachrückende Generation attraktiver und verschaffen sich im Kampf um den Nachwuchs entscheidende Vorteile.“ 6 Wie sieht es im schulischen Bereich aus? In der Schule trifft man nicht selten auf Kinder, die mit mehreren Sprachen in ihrem Alltag umgehen müssen. Die Schulsysteme in Europa haben sich aber an diese Realität der Mehrsprachigkeit ganz unterschiedlich angepasst und wenn sie dies tun, dann 297 Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule: die neue Evidenz! <?page no="298"?> 7 Solche „classes bilangues“ ermöglichen das Erlernen von zwei Fremdsprachen gleich‐ zeitig ab der Grundschule. Sie sind nicht mit „bilingualen Klassen“ zu verwechseln! werden die verschiedenen Sprachen immer noch nicht gleichrangig betrachtet. Die Europäische Union setzt sich dafür ein, dass die Europäer neben ihrer Muttersprache mindestens zwei weitere Sprachen sprechen. Diese Empfehlung wird aber in den verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich befolgt. Das Hervortreten der englischen Sprache lässt oft nur noch wenig Platz für das Erlernen von anderen Sprachen. Während einige der Meinung sind, dass Englisch nicht als erste Fremdsprache unterrichtet werden sollte, um die Motivation für das Erlernen von mindestens zwei Fremdsprachen aufrechtzuer‐ halten, wählt die Mehrheit der Eltern für ihre Kinder die englische Sprache aus. Um diese Tatsache zu umgehen, und weil es sich bei Deutsch und Englisch um zwei germanische Sprachen handelt, die sich gemeinsam besser erlernen lassen, als wenn man sie nacheinander lernt (so die dahinter stehende Überzeugung), hat Frankreich bereits vor einigen Jahren die sogenannten „classes bilangues“ 7 eingeführt. Immerhin hat sich Englisch überall als erste Fremdsprache in der Schule durchgesetzt. Die wird dann in der Arbeitswelt als Lingua franca verwendet, die zwar einen Austausch von Informationen erlaubt, selten aber ein tiefer gehenderes Verständnis. Die Anwendung des „globish „ entfernt sich von der Devise der Europäischen Union, „in varietate concordia“, („Einheit in der Vielfalt“). Es verhindert auch die Entfaltung des interkulturellen Dialogs. Auf die gleiche Weise läuft dieses Prinzip auch der Überzeugung Umberto Ecos entgegen, wonach „die Sprache Europas die Übersetzung [sei].“ (Eco 1993). 4 Die Wege zu den sog. Pluralen Ansätze zu Sprachen und Kulturen Die Plurilingualität bildet einen besseren Weg. Aber kann man dank pluri‐ lingualer Kompetenzen das Erlernen einer bestimmten Sprache fördern und gleichzeitig andere auch? Der Europarat beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage der Plurilingualität und hebt wesentliche Schwerpunkte hervor. Wesentlich, weil sie zwar die Methoden des Sprachenlernens beeinflussen können, aber noch wichtiger: unsere ganze Weltanschauung prägen, nicht weniger als das! 4.1 Was versteht man eigentlich unter Mehrsprachigkeit ? Wenn man sich darüber einig wird, dass eine Lingua franca unserem ehrgeizigen Ziel der „Einheit in der Vielfalt“ nicht gewachsen ist, muss man aber dann 298 Chantal Junot <?page no="299"?> einen anderen Weg verfolgen, und zwar den der Mehrsprachigkeit. Aber was ist darunter zu verstehen? Oft spricht man von ganz verschiedenen Aspekten, die zwar einen Zusammenhang haben, aber sich auf verschiedenen (z. B. politischen) Ebenen befinden und ganz verschiedene didaktische Methoden herbeiführen können. Auf Französisch nennt man die individuelle Mehrsprachigkeit „plurilingu‐ isme“ („Plurilingualität“) (Beacco & Byram 2002). Im gleichen Sinne spricht man auch von „Multikompetenz“. Plurilingualität ist mehr als eine Art „mehr‐ fache Einsprachigkeit“, also mehr als die Addition mehrerer Einzelsprachen, die selbständig und unbeeinflusst nebeneinander existieren. Plurilingualität versteht sich als Gesamtsystem, bei dem die Elemente der einzelnen Sprachen miteinander interagieren und aufeinander einwirken. Gemeinsam bilden sie eine einzige „integrierte Kompetenz“. 4.2 Das mehrsprachige Repertoire Eine Art „Diversity Management“ gilt auch im schulischen Bereich. Es wird anders genannt, aber hat die gleichen Ziele. So erlaubt die Methode der „pluralen Ansätze zu Sprachen und Kulturen“ (Candelier et al. 2012), mehrere Sprachen und Kulturen gleichzeitig und erfolgreicher zu bedienen. Diese Methode setzt voraus, dass das mehrsprachige Repertoire jedes Lerners berücksichtigt wird. Konkret besteht ein mehrsprachiges Repertoire „aus einer Menge von sprachli‐ chen und multimodalen, also unterschiedliche Sinneskanäle nutzenden Ressourcen. Diese werden von den Sprechern zur Problemlösung situationsbezogen aktiviert. Wie bei einem Baukasten, sind diese Bestandteile zum Teil gleichsam vorfabriziert und aus dem Gedächtnis abrufbar. Teils werden sie aber auch spontan und kreativ neu gebildet.“ (Lüdi & Py 2009). Die pluralen Ansätze zu Sprachen und Kulturen betrachten also die Sprachen nicht mehr als „isolierte Einsprachigkeiten“ und erlauben, das gesamte sprach‐ liche Repertoire der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln und zu würdigen. 4.3 Proximität und Distanz Ein Lerner, der zum ersten Mal eine neue Fremdsprache entdeckt, kann sich hilflos fühlen. Oft fürchtet man, dass die Nutzung der Muttersprache oder der Erstsprache zu Interferenzen, Fehlern oder dem Gebrauch falscher Freunde führen könnte, so dass man diese völlig unterbindet. Sich aber auf diese unbekannte Welt einzulassen ohne Stützpunkte, ist nicht einfach. Sobald man aber Vergleiche verwendet, und sich darauf als natürliches Hilfsmittel stützt, verwandelt sich die unbekannte Welt der neuen Sprache als ein vertrauteres linguistisches System. Ohne die rein kommunikativen Aktivitäten in Frage zu 299 Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule: die neue Evidenz! <?page no="300"?> stellen, könnte eine pädagogische und didaktische Methode zu durchdachter Beobachtung der Sprachen sehr hilfreich sein (Forlot 2008). Die Proximität der Sprachen wird manchmal während des ersten Sprach‐ kurses erwähnt, um dem Lerner den Eindruck zu geben, dass das Ganze nicht so schwierig sei! Sich dieser Proximität regelmäßig zu bedienen, erscheint aber schnell verdächtig! Die Fremdsprache muss für sich selbst existieren und das sprachliche Repertoire des Lerners wir als Neuland betrachtet. Das Bewusstsein um die Entfernung zwischen den verschiedenen Sprachen ist genauso wichtig. Es handelt sich darum, die Sprache als Vergleichsobjekt mit einer oder mehreren Sprachen des sprachlichen Repertoires zu betrachten. Die Entdeckung des Funktionierens einer Fremdsprache führt zur besseren Kenntnis der anderen Sprachen (Muttersprache, Schulsprache…). Die Aneignung durch den Lerner von Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen den Sprachen hilft ihm beim Erlernen von weiteren Sprachen (Forlot 2008). Das Vergleichen von Sprachen sowie die Interkomprehension zwischen Sprachen gehören unter anderen zu den Mitteln der pluralen Ansätze. Dafür muss man allen Sprachen des Repertoires den gleichen Status zuerkennen: Muttersprache, Zweitsprache, Sprache der Immigration, Sprache der Schule, Fremdsprache… Alle Sprachen müssen gleichrangig anerkannt werden, als Hilfestellung betrachtet und nicht als Störfaktor gesehen werden. Nur so kann sich eine mehrsprachige Kompetenz entwickeln, die die sprachliche und kultu‐ relle Geschichte jedes Lerners würdigt und gegebenenfalls seine Integration vereinfacht. Die Methode der pluralen Ansätze zu Sprachen und Kulturen ist dynamisch, sie passt sich an den individuellen Parcours von jeder Schülerin und jedem Schüler und deren Familien an, die auch eine große Rolle spielt. Im Alltagsleben und später auch im beruflichen Leben werden die jeweiligen Sprachen nach den Kontexten und den Bedürfnissen unterschiedlich verwendet. Leseverstehen, schriftliche Kommunikation auf B1-Niveau oder mündliche Kommunikation auf C1, alle diese Parameter können auch mit der Methode der pluralen Ansätze berücksichtigt werden. Es handelt sich vielmehr darum, Sprachen zu erleben als zu beherrschen. Diese Denkweise motiviert die Lerner zur Mehrsprachigkeit, indem alle ihre Kompetenzen, egal auf welchem Niveau, genutzt und anerkannt werden. Auf diese Weise wird sich das Sprachniveau der Lerner wesentlich verbessern und die Zahl der erlernten Sprachen vergrößern. 300 Chantal Junot <?page no="301"?> 5 Synthese und Schlussfolgerung Fremdsprachen erweisen sich immer stärker als eine Notwendigkeit, wenn man seine Chancen vergrößern will, eine gute Arbeitsstelle zu finden. Arbeitgeber erkennen immer mehr das Potenzial der Kandidat*innen, die im Ausland Mobilität erlebt haben und interkulturelle Kompetenzen vorweisen können. Die Frage der Integration ist dominanter als nie zuvor in unseren Gesell‐ schaften. Die Regierungen gehen dabei unterschiedliche Wege. Jedes Mal spielt aber die Schule eine wichtige Rolle. Wir denken, dass die Verankerung des Plu‐ rilinguismus sowie das Methodenrepertoire der pluralen Ansätze zuSprachen und Kulturen in den Schulen einen wichtigen Bestandteil zu einer erfolgreichen Integration und zu einer offenen Gesellschaft bilden kann. Mehrsprachigkeit wird zur Konstruktion einer europäischen und internationalen Identität jeder Bürgerin und jedes Bürgers beitragen. Nur so wird gewährleistet, dass die Men‐ schen einen Platz finden können, an dem sie ihre Besonderheiten, Interessen, Bedürfnisse und Stärken zur Geltung bringen können. Darin liegt tatsächlich - so unsere Überzeugung - eine Evidenz! 6 Bibliographie Beacco, Jean-Claude / Byram, Michael. 2002. Guide pour l’élaboration des politiques linguistiques éducatives en Europe. De la diversité linguistique à l’éducation. Strasbourg: Conseil de l’Europe. Candelier, Michel / Camilleri-Grima, Antoinette / Castellotti, Véronique / de Pietro, Jean-François / Lörincz, Ildiko / Meißner, Franz-Joseph / Schröder-Sura, Anna / No‐ guerol, Artur / Molinié, Muriel. 2012. Le CARAP - Un Cadre de Référence pour les Approches plurielles des langues et des cultures - Compétences et ressources. Strasbourg: Conseil de l’Europe (http: / / carap.ecml.at/ , 23.05.2018). Dabène, Louise. 1994. Repères sociolinguistiques pour l’enseignement des langues. Paris: Hachette. Dabène, Louise. 1996. „Pour une contrastivité revisitée“, in: Études de linguistique appliquée, 104, 393-400. Deutsch-französisches Jugendwerk (DFJW). 2016. „Gründe, die Partnerschaft zu lernen“, in: Magazine, 4, 8. Europarat. 2008. Weißbuch zum interkulturellen Dialog. Straßburg. (https: / / www.coe.in t/ t/ dg4/ intercultural/ Source/ Pub_White_Paper/ WhitePaper_ID_GermanVersion.pdf, 23.05.2018). Galisson, Robert / Puren, Christian. 1999. La Formation en question. Paris: CLE Interna‐ tional. 301 Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule: die neue Evidenz! <?page no="302"?> Hagège, Claude. 1996. L’enfant aux deux langues. Paris: Odile Jacob. Institut Français / Goethe-Institut / Büro des Bevollmächtigten für die deutsch-franzö‐ sischen kulturellen Beziehungen (ed.). 2016. Informationsbroschüre „Französisch ist mehr“. Berlin. Lüdi, Georges / Py, Bernard. 2009. „To be or not to be… a plurilingual speaker“, in: International Journal Multilingualism, 2, 154-167. Py, Bernard. 1992. „Regards croisés sur les discours du bilingue et de l’apprenant ou retour sur le rôle de la langue maternelle dans l’acquisition de la langue seconde“, in: Revue de linguistique et de didactique des langues LIDIL, 6, 9-25. https: / / www.duden.de/ rechtschreibung/ evidenz (23.05.2018) 302 Chantal Junot <?page no="303"?> Beiträger und Beiträgerinnen Diane Alperstein. The art of teaching must always recognise there can never be only one kind of learning or literacy. This has been evident to me over thirty-five years of teaching in South Africa, Israel, Canada and Australia, many of these years spent at Macquarie University, Sydney. My teaching has included Special Needs, Gifted Education, English as a Second language and increasingly areas of multicultural language and literacy. After thirty-five years of teaching, I believe it is the intercultural diversity of the students and staff that breathes dynamic new life and relevance into the education of the future. Ursula Behr, Diplomlehrerin für die Fächer Russisch und Englisch, wissen‐ schaftliche Assistentin Fachdidaktik Russisch an der Friedrich-Schiller-Univer‐ sität Jena (1979-1992), Promotion (1984), Referentin für Fremdsprachen und Leiterin des Arbeitsbereichs Lehrplan- und Fachentwicklung am Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (1992 - 2018), Leitung eines Kooperationsprojektes der drei Phasen der Lehrerbildung zum sprachenübergreifenden Lernen in der Sekundarstufe I (2002-2006), Mitheraus‐ geberin der Zeitschrift PRAXIS Fremdsprachenunterricht (2012-2020). Eleonora Bambozzi Bottura holds a PhD in Linguistics (Federal University of S-o Carlos, Brazil). She is currently Assistant Professor at the Hankuk University of Foreign Studies (South Korea). She is an examiner of Certificate of Brazilian Portuguese for Foreigners (Celpe-Bras) since 2012. Her research interests inc‐ lude: teaching-learning-assessing Portuguese as a Foreign Language, Language Teacher Education, Critical literacy and autoethnography research. Lisa Marie Brinkmann promoviert an der Universität Hamburg in der Er‐ ziehungswissenschaft. In ihrer Forschung fokussiert sie sich auf Portfolios und Motivation im Fremdsprachenunterricht, anknüpfend an das Thema ihrer Promotion zur Sprachlernmotivation im Französischunterricht und der Einfluss von Portfolioarbeit auf diese. Sie ist außerdem Mitglied der Projekte LoCALL („Local Linguistic Landscapes for Global Language Education in the school con‐ text“) und ProCONCEPT („Proof of concept: crisscrossing migrant families and teachers perspectives on co-education and integration through plurilingual and intercultural dialogues“), in deren Rahmen sie zu Mehrsprachigkeitsdidaktik, <?page no="304"?> insbesondere den Einsatz von Linguistic Landscapes im Fremdsprachenunter‐ richt, forscht. Francisco Calvo del Olmo es profesor adjunto del Departamento de Letras Extranjeras Modernas de la Universidad Federal de Paraná (UFPR), Brasil. Cursó Filología Románica en la Universidad Complutense de Madrid y, más tarde, se doctoró en Estudios de Traducción en la Universidad Federal de Santa Catarina (UFSC). Realizó una estancia postdoctoral en el Laboratorio Lidilem de la Universidad Grenoble-Alpes (2018-2019) cuyo principal resultado fue la publicación de Intercomprehension: a chave para as línguas, en coautoría con Pierre Escudé. Alice Chik is Associate Professor in the School of Education, Macquarie University. After moving to Sydney in late 2014, she has focused her research on multilingualism at school and in the city. She is especially interested in the ways people express their language learning, knowledge and experience through visual means. Her recent works include Multilingual Sydney (2019, Routledge, co-edited with Phil Benson & Robyn Moloney) and Languages of Sydney: The people and the passion (2019, Candlin & Mynard, co-authored with Susan Markose and Diane Alperstein). Sandra Regina Buttros Gattolin holds a PhD in Applied Linguistics from State University of Campinas (UNICAMP, Brazil). She is currently Associate Professor at the Federal University of S-o Carlos (UFSCar, Brazil). Her research interests include foreign languages teacher-learning-assessment, foreign lang‐ uage teacher education and critical literacies. Christian Helmchen promovierte im Bereich Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg und ist derzeit als Berater für Bildungsprojekte in der Entwicklungszusammenarbeit tätig; zuletzt in Afghanistan und Kosovo. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Fremdsprachendidaktik sowie der pädagogischen Psychologie. Chantal Junot est depuis septembre 2020 Attachée de coopération éducative et linguistique à l’Institut français d’Autriche. Germaniste de formation, elle a été chargée pendant huit ans de la coopération éducative franco-allemande au ministère de l’Education nationale à Paris. Renforcement des compétences linguistiques et interculturelles des élèves, développement de la mobilité, in‐ tégration des certifications de langue, promotion d’une identité européenne citoyenne ouverte à la diversité, autant de thématiques qui l’ont conduite naturellement à s’intéresser aux travaux du Conseil de l’Europe et au concept de plurilinguisme. 304 Beiträger und Beiträgerinnen <?page no="305"?> Sílvia Melo-Pfeifer ist seit 2014 Professorin für Didaktik der romanischen Sprachen an der Universität Hamburg. Sie absolvierte ein Lehramtsstudium für Französisch und Portugiesisch an der Universität Aveiro, Portugal, wo sie 2006 auch im Bereich Sprachendidaktik promovierte. Ihre aktuellen For‐ schungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Didaktik der Mehrsprachigkeit, Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen, Portugiesisch als Herkunftssprache und FremdsprachenlehrerInnenausbildung. Sie leitet das Erasmus Plus Projekt LoCALL (“LOcal Linguistic Landscapes for global language education in the school context”, https: / / locallproject.eu/ ). Steffi Morkötter studierte die Fächer Englisch, Französisch und Italienisch für das Lehramt an Gymnasien. Seit 2014 ist sie Professorin für Fremdspra‐ chendidaktik an der Universität Rostock. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Mehrsprachigkeitsdidaktik und -förderung, der (Weiter-)Ent‐ wicklungvon Sprachlernkompetenz und des bilingualen Lernens und Lehrens. Christian Ollivier ist Universitätsprofessor für Fremdsprachendidaktik, Leiter der Forschungsgruppe Icare (Institut coopératif austral de recherche en édu‐ cation), Université de La Réunion. Christian Ollivier forscht im Bereich Mehr‐ sprachigkeitsdidaktik und Nutzung des Internets für das Sprachenlernen und -lehren. Er ist/ war Koordinator zahlreicher Projekte in diesen Bereichen. Dazu zählt das EU-Projekt EVAL-IC, das sich mit der Beschreibung und Evaluierung der mehrsprachigen (panromanischen) Kommunikationskompetenz befasst hat. Marília Pinheiro Pereira is currently a doctoral student in the Postgraduate Program in Language and Culture at the Federal University of Bahia (UFBA), where she researches on teaching Portuguese as a pluricentric language in the context of Heritage Language in Germany. She has a master’s degree and a de‐ gree in Language and Literature (Portuguese and German), and has experience with teaching language as a first, a second, and a foreign language since 2012. Ana Sofia Pinho est professeure adjointe à l’Institut d’Éducation de l’Univer‐ sité de Lisbonne (IE-ULisboa), au Portugal, et membre de l’UIDEF, un centre de recherche et développement en éducation et formation, à l’IE-ULisboa. Elle est titulaire d’un doctorat en didactique des langues, portant sur la formation des enseignants (Université d’Aveiro, Portugal). Ces intérêts de recherche sont : la formation d’enseignants de langues, la pédagogie pour la diversité linguistique et culturelle (p. ex. l’intercompréhension), l’éducation à la citoyenneté, les partenariats écoles-universités ainsi que les communautés d’apprentissage/ dé‐ veloppement professionnel. Elle coordonne l’équipe de l’IE-ULisboa au RIDIPD 305 Beiträger und Beiträgerinnen <?page no="306"?> (Réseau Ibéro-Américain pour le Développement de l’Identité Professionnelle Enseignante). Daniel Reimann ist Professor für Fachdidaktik der romanischen Schulspra‐ chen an der Universität Duisburg-Essen. Zuvor war er Studienrat im staatli‐ chen bayerischen Schuldienst und Akademischer Oberrat für Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an der Universität Würzburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Mehrsprachigkeitsdidaktik, kompetenzorientierter Fremdsprachenunterricht (bes. Aussprache, Sprachmitt‐ lung), kulturelle Bildung im Fremdsprachenunterricht, förderbedarfsensibler Fremdsprachenunterricht sowie Historiographie des Fremdsprachenunterrichts und der Fremdsprachenforschung. Er ist derzeit Sprecher des Gesamtverbands Moderne Fremdsprachen (GMF). Karine Marielly Rocha da Cunha es profesora asociada del Departamento de Letras Extranjeras Modernas de la Universidad Federal de Paraná (UFPR), Brasil. En la Universidad de S-o Paulo (USP), cursó el máster en Filología y lengua portuguesa y posteriormente se doctoró en Lingüística. En el ámbito de su proyecto de investigación Represiones lingüísticas en gobiernos dictatoriales, realizó una estancia postdoctoral en la Accademia della Crusca (2017-2018), Italia. En sus investigaciones se interesa por lenguas minoritarias y minorizadas. Anna Schröder-Sura ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Romanistik der Universität Rostock sowie am Institut Fachdidaktik Sprachen der Pädagogischen Hochschule St. Gallen tätig. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Mehrsprachigkeitsdidaktik, der LehrerInnenkom‐ petenzen sowie der Konstruktion sprachenübergreifender Aufgaben. Sie hat an der Entwicklung des Referenzrahmens für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (REPA) mitgewirkt. Margareta Strasser ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin des Spra‐ chenzentrums der Universität Salzburg. Margareta Strassers Arbeits- und For‐ schungsschwerpunkte liegen im Bereich Mehrsprachigkeitsdidaktik mit dem Schwerpunkt Interkomprehensionsdidaktik und Didaktik des Deutschen als Fremdsprache/ Zweitsprache. Sie ist außerdem in der Lehrendenaus- und -wei‐ terbildung tätig. Melanie van Iersel hat die Fächer Spanisch, Chemie und Philosophie auf Lehramt studiert. In ihren Publikationen befasst sie sich mit Schüler-Schüler-In‐ teraktion in sprachenübergreifendem Unterricht. Nach ihrem 2. Staatsexamen arbeitet sie seit Februar 2021 an der Maria-Sibylla-Merian Gesamtschule in Herzogenrath. 306 Beiträger und Beiträgerinnen <?page no="307"?> Julia von Rosen ist Studiendirektorin mit den Fächern Französisch, Philo‐ sophie und Musik. Sie arbeitet als Abteilungsleiterin der Oberstufe am Ma‐ rion Dönhoff Gymnasium in Hamburg und promovierte im Rahmen einer deutsch-französischen cotutelle de thèse über Kulturtransfer am Beispiel von Germaine de Staël und Immanuel Kant an den Universitäten Göttingen und Caen. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der deutsch-französischen Beziehungen, des fächerübergreifenden Lernens (mit Schwerpunkt Mehrspra‐ chigkeitsdidaktik), der Schul- und Unterrichtsentwicklung und des forschenden Lernens (z. B. Aktionsforschung). Sie verbindet in ihrer Tätigkeit Schul- und Unterrichtspraxis mit didaktischer Forschung. 307 Beiträger und Beiträgerinnen <?page no="308"?> Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung Bisher sind erschienen: 1 Daniel Reimann, Andrea Rössler (Hrsg.) Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht 2013, 304 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6824-3 2 Daniel Reimann (Hrsg.) Kontrastive Linguistik und Fremdsprachendidaktik Iberoromanisch- Deutsch Studien zu Morphosyntax, Mediensprache, Lexikographie und Mehrsprachigkeitsdidaktik (Spanisch, Portugiesisch, Katalanisch, Deutsch) 2014, 292 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6825-0 3 Christine Michler, Daniel Reimann (Hrsg.) Sehverstehen im Fremdsprachenunterricht 2016, 446 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6876-2 4 Lieselotte Steinbrügge Fremdsprache Literatur Literarische Texte im Fremdsprachenunterricht 2016, 134 Seiten €[D] 49,- ISBN 978-3-8233-8002-3 5 Ferran Robles i Sabater, Daniel Reimann, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Angewandte Linguistik Iberoromanisch - Deutsch Studien zu Grammatik, Lexikographie, interkultureller Pragmatik und Textlinguistik 2016, 259 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-6941-7 6 Ferran Robles i Sabater, Daniel Reimann, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Sprachdidaktik Spanisch - Deutsch Forschungen an der Schnittstelle von Linguistik und Fremdsprachendidaktik 2016, 188 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8014-6 7 Christoph Bürgel, Daniel Reimann (Hrsg.) Sprachliche Mittel im Unterricht der romanischen Sprachen Aussprache, Wortschatz und Morphosyntax in Zeiten der Kompetenzorientierung 2017, 419 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8096-2 8 Elena Schäfer Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/ Spanisch) 2017, 374 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8089-4 9 Theresa Venus Einstellungen als individuelle Lernervariable Schülereinstellungen zum Französischen als Schulfremdsprache - Deskription, Korrelationen und Unterschiede 2017, 418 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8136-5 <?page no="309"?> 10 Victoria del Valle Luque Poesía Visual im Spanischunterricht Von der literaturwissenschaftlichen Analyse zur gegenstands- und kompetenzorientierten Didaktik 2018, 311 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8170-9 11 Bernd Sieberg Gesprochenes Portugiesisch aus sprachpragmatischer Perspektive 2018, 260 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8186-0 12 Silvia Melo-Pfeifer, Daniel Reimann (Hrsg.) Plurale Ansätze im Fremdsprachenunterricht in Deutschland State of the art, Implementierung des REPA und Perspektiven 2018, 354 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-8189-1 13 Clémentine Abel Ausspracheschulung Erhebung der Kompetenzen, Überzeugungen und Praktiken von Französischlehrkräften. Entwicklung eines bedarfsbezogenen Fördermoduls 2018, 214 Seiten €[D] 58,- ISBN 978-3-8233-8264-5 14 Christian Koch, Daniel Reimann (Hrsg.) As Variedades do Português no Ensino de Português Língua N-o Materna 2019, 225 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8221-8 15 Daniel Reimann, Ferran Robles i Sabater, Raúl Sánchez Prieto (Hrsg.) Kontrastive Pragmatik in Forschung und Vermittlung Deutsch, Spanisch und Portugiesisch im Vergleich 2019, 381 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8124-2 16 Marta García García, Manfred Prinz, Daniel Reimann (Hrsg.) Mehrsprachigkeit im Unterricht der romanischen Sprachen Neue Konzepte und Studien zu Schulsprachen und Herkunftssprachen in der Migrationsgesellschaft 2020, 409 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8385-7 17 Lukas Eibensteiner Transfer im schulischen Drittspracherwerb des Spanischen Wie L2-Kenntnisse des Englischen, Französischen und Lateinischen den L3- Erwerb von perfektivem und imperfektivem Aspekt im Spanischen beeinflussen 2021, 361 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8435-9 <?page no="310"?> 18 Elissa Pustka (Hrsg.) La prononciation du français langue étrangère Perspectives linguistiques et didactiques 2021, 481 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-8428-1 19 Christian Helmchen / Sílvia Melo-Pfeifer / Julia von Rosen (Hrsg.) Mehrsprachigkeit in der Schule Ausgangspunkte, unterrichtliche Herausforderungen und methodischdidaktische Zielsetzungen 2021, 308 Seiten €[D] 68,- ISBN 978-3-8233-8305-5 <?page no="311"?> Der Band richtet sich gleichermaßen an Forschende und Lehrende in Bildungseinrichtungen für die verschiedensten Altersstufen, die sich nicht nur für die vielfältigen Dimensionen und Potenziale von Mehrsprachigkeit und ihrer Didaktik interessieren, sondern die den Wunsch der Herausgeber: innen teilen, Brücken zwischen Erkenntnissen der Forschung und ihrer unterrichtspraktischen Umsetzung zu schlagen, Phänomene der Mehrsprachigkeit in ihrer ganzen lebensweltlichen Fülle zu verstehen und kritisch zu beurteilen und schließlich daran mitzuwirken, dass der Fremdsprachenunterricht durch seine Öffnung für sprachenübergreifendes Lernen einen konstitutiven Beitrag zu einer zeitgemäßen Erziehung in einer wesentlich durch Vernetzung gekennzeichneten Welt leistet. Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 19 ISBN 978-3-8233-8305-5