Berufsorientierte Schreibkompetenz mithilfe von SRSD fördern
Evaluation eines schulischen Schreibprojekts
0127
2020
978-3-8233-9373-3
978-3-8233-8373-4
Gunter Narr Verlag
Winnie-Karen Giera
Bei diesem Band handelt es sich um eine Interventionsstudie, an der sowohl NeuntklässlerInnen als auch Auszubildende der Hotellerie teilnahmen. Die Studie untersucht das Schreiben im berufsorientierten Kontext empirisch, zentral ist dabei vor allem die Frage, über welche Schreibperformanz SchülerInnen beim Schreiben von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten im Laufe des Schreibprojekts mithilfe des "Self-Regulated Strategy Development"- Ansatzes verfügen. Zur Beantwortung wurden sowohl die Schreibprodukte als auch -prozesse primär erhoben und überwiegend quantitativ ausgewertet.
<?page no="0"?> Bei diesem Band handelt es sich um eine Interventionsstudie, an der sowohl NeuntklässlerInnen als auch Auszubildende der Hotellerie teilnahmen. Die Studie untersucht das Schreiben im berufsorientierten Kontext empirisch, zentral ist dabei vor allem die Frage, über welche Schreibperformanz SchülerInnen beim Schreiben von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten im Laufe des Schreibprojekts mithilfe des „Self-Regulated Strategy Development“-Ansatzes verfügen. Zur Beantwortung wurden sowohl die Schreibprodukte als auch -prozesse primär erhoben und überwiegend quantitativ ausgewertet. ISBN 978-3-8233-8373-4 B E R U F S O R IE N T IE R T E S C H R E IBK O MPE T E NZ MI T HIL F E V O N S R S D FÖR D E R N Winnie-Karen Giera Winnie-Karen Giera BERUF SORIENT IER TE SCHRE IBKOMPE TENZ MI THILFE VON SR SD FÖRDERN Evaluation eines schulischen Schreibprojekts K O M MUNIZIE R E N IM B E RU F B A N D 1 18373_Umschlag_.indd Alle Seiten 18373_Umschlag_.indd Alle Seiten 09.01.2020 15: 36: 14 09.01.2020 15: 36: 14 <?page no="1"?> Berufsorientierte Schreibkompetenz mithilfe von SRSD fördern <?page no="2"?> K O M MUNIZIE R E N IM B E RU F B A N D 1 Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Perspektiven Heraus geben v on: C hr is tia n E fing ( W up p e r t al) T hor s te n R o elc ke (B e r lin) Kir s te n S c hindle r (K öln) Wis s ens c haftlic her B eirat: S a m b or G r uc z a ( Wa r s c h a u) S te ph a n Ha b s c h eid ( S ie ge n) C a r m e n Heine (A a rhu s) E va-M a r ia J ako b s (A a c h e n) Nin a J a nic h ( D a r m s t a dt) F r a n z K ais e r ( R o s to c k) Lia n a Kon s t a ntinidou ( W inte r t hur) C on s t a n z e Nie d e rh a u s ( P a d e rb or n) Br itt a T hör le ( S ie ge n) Alin e W ille m s (K öln) <?page no="3"?> Winnie-Karen Giera Berufsorientierte Schreibkompetenz mithilfe von SRSD fördern Evaluation eines schulischen Schreibprojekts <?page no="4"?> Zgl.: Lüneburg, Leuphana Universität, Dissertation, 2019, u. d. T.: „Evaluation eines berufsorientierten Schreibprojekts: Niedersächsische Schülerinnen und Schüler schreiben Bewerbungsanschreiben und Angebote mithilfe von SRSD und Feedbackgesprächen“ © 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2699-3252 ISBN 978-3-8233-8373-4 (Print) ISBN 978-3-8233-9373-3 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0205-6 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> Für meinen wunderbaren Sohn Friedrich <?page no="7"?> 1 9 2 19 2.1 19 2.2 34 2.3 43 2.3.1 43 2.3.2 54 2.4 68 2.5 85 2.6 103 2.7 125 2.8 127 2.9 132 2.10 135 3 143 3.1 143 3.2 154 3.3 158 3.4 166 3.5 171 3.6 174 3.6.1 174 3.6.2 178 3.7 181 4 187 4.1 187 4.2 193 Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand . . . . Schreibkompetenz und ihre Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . Die duale Ausbildung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . Schreiben in der dualen Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld . . . . . . . . . . . . . . . Schreibprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD . . . . . . . . . . . . . . . Voruntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung des Forschungsstandes . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragestellungen und Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsdesign & Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Testinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf des Schreibprojekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenaufbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf der Raterschulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenaufbereitung der einzelnen Testinstrumente . . . . Datenauswertung in den Teilbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Affect . . Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Behavior <?page no="8"?> 4.3 197 4.4 205 5 217 5.1 217 5.2 225 5.3 229 5.4 234 237 259 259 276 282 300 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Reflexion der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I Testinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II Kodiermanual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . IV Unterrichtsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 1 Im Text dieser Arbeit (bis auf den Projektitel, die Fragestellungen, die Hypothesen, übernommene Zitate und Abbildungen) wird eine genderneutrale und leserfreundliche Bezeichnung verwendet, welche sowohl Männer, Frauen als auch Intersexuelle berück‐ sichtigt. Zitate und Abbildungen wurden nicht verändert, sofern nicht gekennzeichnet, auch wenn eventuell Schreibfehler enthalten sind. Für die Arbeit relevante Begriffe wurden kursiv oder fett geschrieben. 1 Einleitung „Text is all around you“ (Dürscheid, 2007: 3). Schreiben - wir schreiben, um unsere Gedanken zu Papier zu bringen und Gedanken durch das Schreiben weiterzuentwickeln. 1 Schreiben ist schöpferisch und kreativ sowie emotional gesteuert. Schreiben verbindet Körper, Geist und Seele. Schreiben verbindet den Schreiber mit einem Leser - einem Adressaten oder Adressatenkreis. Die eigene Person beeinflusst den Schreibprozess, lenkt ihn durch die eigene Anstrengung und Motivation. Jeder Mensch schreibt anders und entwickelt einen eigenen Stil. Die ‚Handschrift‘ eines Textschöpfers ist auch auf getipptem Papier durch die Wortwahl und deren Verbindungen zu einzelnen Wortgruppen sowie Sätzen zu erkennen. Schreiben ist somit zunächst einmal immer individuell. Der Umgang mit Sprache hat generell eine kommunikative und kognitive Funktion (Quasthoff & Heller, 2014: 7). Wir schreiben daher auch zu kommuni‐ kativen Anlässen in einem sozial-kulturellen ‚Raum‘. Wer schreibt, richtet seinen Text an einen realen oder fiktionalen Empfänger. Schreiben gehört zu unserer Kultur. Schreiben als kulturelle Technik und Schlüsselkompetenz ist eine Fähig‐ keit, die in der Genese unserer Gesellschaft diverse Funktionen erfüllt. Sofern der Text für andere bestimmt ist, können anhand eines Textes Erkenntnisse vermittelt werden. Diese können auch zu einer Handlung auffordern und pra‐ xisstiftend sein. Somit entstehen Texte in sozialen Kontexten (Ehlich, 1994: 20). Schreiben ist in unserem Alltag gegenwärtig, ob beim Bewerben, beim Rekla‐ mieren einer beschädigten Ware oder beim Ausfüllen von Versicherungsformu‐ laren. Schreiben ist Alltagskultur. Unser tägliches sprachliches und berufliches Handeln ist geprägt von Texten, auf mündlicher und auch schriftlicher Ebene. Das Schreiben von und der Umgang mit professionellen Textsorten wie dem Brief ist im späteren (Berufs-)Leben alltäglich, denn auch in diesem Fall ist die Intention, dass der berufliche Anlass eine „soziale Interaktion“ (Heinemann, <?page no="10"?> 2008: 114) zwischen Schreiber und Adressaten verlangt. Die damit verbundenen beruflichen Ziele und daraus resultierenden Handlungen sollten als „kommu‐ nikative Funktion“ (Heinemann, 2008: 115) erfüllt werden. Sowohl der Begriff Alltagskultur als auch der Begriff Schreibkultur sind kritisch zu betrachten, da das Schreiben immer noch von der Macht einer sozial höheren Schicht geprägt ist, die nicht alle Schüler für den sozialen Aufstieg überwinden können (Koch & Pielow, 1984: 66). Der globale Arbeitsmarkt benötigt jedoch Fachkräfte, die über Schreibfähig‐ keit verfügen (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 23). Das Europäische Parlament hat daher acht Schlüsselqualifikationen für das lebenslange Lernen formuliert (European Union, 2006: o. S.). Vier dieser Kompetenzen sind für das berufliche Schreiben relevant und damit der Hintergrund dieser Arbeit: Die erste Kompe‐ tenz ist die „Kommunikation in der Muttersprache“, sowohl mündlich als auch schriftlich (ebd.), bei der zweiten handelt es sich um die „Digitale Kompetenz“, z. B. das Schreiben am PC. Die dritte ist, das „Lernen zu lernen“ (ebd.), was be‐ sonders die Selbstorganisation und eine Vielzahl von Methoden in sich birgt. Als vierte Kompetenz ist, die „Soziale und gesellschaftliche Kompetenz“ (ebd.) aufzuzählen, die für das spätere Berufsleben einen wichtigen Erfolgsfaktor bildet. Nicht nur die EU, sondern auch die Organisation für wirtschaftliche Zu‐ sammenarbeit und Entwicklung (kurz OECD) ordnet das Schreiben als relevant ein. Die Schreibkompetenz kann im Berufsleben als „Information-processing skill“ (OECD, 2013: 143) neben den Schlüsselqualifikationen wie „Co-operating or collaborating with co-workers“ (ebd.) und „Self-organizing skills“ (ebd.) ein‐ geordnet werden. Berufliches Schreiben erfordert somit soziale, methodische und fachliche Kompetenzen, die in der Schule vermittelt werden sollten. So werden geschäft‐ liche und halbprivate Briefe nicht nur von einer Person, sondern meist von einem Team erarbeitet. Das kann beim Layout beginnen, Tipps für das Formu‐ lieren dieser Briefe sein, das wiederholte Durchlesen, Überarbeitungstipps oder letztendlich auch die Unterschrift der Geschäftsleitung betreffen. Es kann zunächst festgehalten werden, dass das Schreiben ein basales Werk‐ zeug mit vielfältigen Funktionen ist, die mehr oder weniger ineinandergreifen (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 16). Schreiben hat somit eine gesellschaft‐ liche, kulturelle Bedeutung und fördert die kognitive Entwicklung, psychische Entlastung sowie Kommunikation miteinander (Fritzsche, 2003: 201 f.). Schreiben ist jedoch auch institutionsgeleitet und ermöglicht „[…] die Teilhabe an der ‚schulischen Bildungssprache‘ […]“ (Schründer-Lenzen, 2009: 122). Schreibanfänger wagen zunächst den Schritt des Drauflosschreibens. Sie bre‐ chen Normen und Konventionen. Erst im Laufe der Schulzeit berücksichtigen 10 1 Einleitung <?page no="11"?> sie Rechtschreib- und Grammatikregeln, setzen Punkte und Kommata, erlernen Textsorten und die damit verbundenen Vertextungsmuster. In dieser Phase kann es gelingen, aus Schreibanfängern motivierte Schreiber bis hin zu Schreibex‐ perten zu bilden. Die Aufgabe der Institution Schule ist es, das Schreiben im Unterricht zu etablieren, gerade mit Blick auf Alltagstexte, die zu langfristigen Verträgen wie dem Kaufvertrag oder dem Arbeitsvertrag führen. Daher werden didaktische Konzepte für das Schreiben verlangt, die keinen Schüler zurück‐ lassen, sondern deren Schreibkompetenzen erweitern. Für Schüler mit geringer literaler Bildung ist es zwingend notwendig, „[…] mangelnde Lerngelegenheiten im außerschulischen Umfeld durch institutionelle Förderung zu kompensieren“ (Stanat et al., 2010: 202). Mit zunehmender Schulzeit rückt daher die Schreib- und Textkompetenz in den Fokus fast aller Unterrichtsfächer. Schulerfolg ist mit einer „[…] adäquaten Beherrschung der deutschen Sprache verbunden. Sie ist das Kommunikations‐ medium in und mit der Mehrheitsgesellschaft“ (Steinmüller, 2006: 322). Somit nimmt die Schreibkompetenz eine wichtige Position für den Schulerfolg ein. Die meisten theoretischen Abschlussprüfungen sind schriftlich, ob die Ausbildungs‐ prüfung der beruflichen Kammern, die Schulabschlussprüfung für den Haupt‐ schulbzw. Realschulabschluss oder auch das (Fach-)Abitur, selbiges gilt für Aufnahmeprüfungen an der Universität oder in Unternehmen: „Wer nicht schulsprachlich schreiben kann, ist in allen Fächern - auch bei inhaltlich durchaus richtigen Antworten - in der Bewertung benachteiligt, auch weil der Anteil der schriftlichen Leistungen an der Gesamtbewertung enorm hoch ist“ (Neumann, 2010: 14). Im Deutschunterricht der Sekundarstufe I schreiben Schüler in erster Linie für den Lehrer. Schreibkonventionen und -normen nehmen mit zunehmender Klas‐ senstufe eine bedeutende Rolle ein. Hinzu kommt der Zeitdruck. Die Anzahl der Deutschstunden ist im Gegensatz zur Grundschule geringer. Schreiben braucht jedoch Zeit: Zeit zum Planen, zum Besprechen, zum Überarbeiten, zum Vor‐ stellen und zum Reflektieren. Der Kompetenzbereich Schreiben umfasst in der Sekundarstufe das Unterrichten von „Schreibhaltungen (narrativ, informativ, argumentativ)“ (Abraham & Frederking, 2017: 58) sowie von „Text- und Schreib‐ mustern (erzählen, berichten, beschreiben, erklären, erörtern etc.)“ (ebd.). An‐ hand von Textbeispielen werden Textmuster vermittelt. Beim Schreiben sollen zum einen die Subprozesse Planen und Überarbeiten und zum anderen Schreib‐ strategien verknüpft mit schulischen Textmustern vermittelt werden. Längerfristige Schreibprojekte fördern die aufgezählten Kompetenzbereiche des Schreibens, die Schreibzielsetzung und individuelle Schreibentwicklung 11 1 Einleitung <?page no="12"?> (Abraham & Frederking, 2017: 70). Die Schreibkompetenz kann somit länger‐ fristig und nachhaltig reifen: Zur Studien-, Ausbildungs- und Berufsbefähigung trägt dieser Kompetenzbereich Wesentliches bei, indem er die Lernenden mit der Schriftlichkeit vertraut macht und ihnen Textsorten näherbringt, die einerseits zur Kommunikation in Alltag und Beruf (z. B. sachlicher Brief, Protokoll), andererseits zum eigenen Wissenserwerb (z. B. Zu‐ sammenfassung, Exzerpt) gebraucht werden (ebd.). Die Kompetenzbereiche Mit Medien umgehen sowie Schreiben und Lesen sind eng miteinander verknüpft. Das Schreiben am PC fordert und fördert das wie‐ derholte Lesen. Texte in digitalen Medien, wie z. B. SMS, E-Mails, Chats oder Texte in sozialen Netzwerken, sind Teil der Medienvielfalt im Deutschunterricht geworden und aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken (Abraham & Fre‐ derking, 2017: 64). Geschrieben wird in fast jedem Fach und die im Fach Deutsch erlernten Kompetenzen können und müssen in anderen Fächern als Transferkompetenz genutzt werden, z. B. in Form der kommunikativen oder der erkenntniserwei‐ ternden Funktion (heuristisch-epistemisch). Somit ist der Schreibkompetenzer‐ werb nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, auch wenn dieser dort zielge‐ richtet gefördert wird. Die Deutschdidaktik als ‚Wiege des Deutschunterrichts‘ ist einem ständigen gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Das Fach Deutsch war erstmalig 1812 ein Abiturfach (Abraham & Frederking, 2017: 53). In den 1970er Jahren folgte die Teilung in Literatur- und Sprachdidaktik. Noch 1984 wurde die Schreibdidaktik als fehlend und „weißer Fleck“ (Koch & Pielow, 1984: 1) bezeichnet. Mitunter wurde die Schreibdidaktik kritisiert: Schreiben kann, wie viele Beispiele zeigen, eine solche produktive, humane, soziale, demokratische, mit einem Wort kulturrevolutionäre Kraft sein - wenn es nur wirklich produktives Schreiben ist und nicht theoretisch und praktisch sogleich wieder in Schemata gepreßt wird, die es herrschenden ökonomischen, politischen, wissen‐ schaftlichen Mächten verfügbar machen (Koch & Pielow, 1984: 2). Das Internet mit seinen Möglichkeiten erweiterte die oben angeführte Zweitei‐ lung um die Mediendidaktik. Fortan wird im Deutschunterricht von „sprachli‐ cher, literarischer und medialer Bildung“ (Abraham & Frederking, 2017: 54) ge‐ sprochen. Die Innovation der Neuen Medien integrierte nun auch Hörbücher, Filme, PC-Recherche sowie das „Schreiben und Lesen am PC“ in das Fach (KMK, 2004). Heute sind die vier Kompetenzbereiche „Sprechen und Zuhören“ (ebd.), „Schreiben“ (ebd.), „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ (ebd.) sowie 12 1 Einleitung <?page no="13"?> „Lesen - mit Texten und Medien umgehen“ (ebd.) für den Mittleren Bildungs‐ abschluss und damit für alle Schüler in Deutschland Gegenstand des Deutsch‐ unterrichts. Die Schreibdidaktik ist u. a. mit den Disziplinen Psychologie, Sprachdidaktik sowie Linguistik vernetzt und erfordert sowohl Forschungsnet‐ zwerke als auch Schreibstudien von der Primarstufe bis zum Schreiben am Ar‐ beitsplatz (ebd.). Der dazugehörige Forschungsbereich Writing at Work hat sich erst seit den 1980er Jahren etabliert, und zwar überwiegend im angloamerika‐ nischen Sprachraum ( Jakobs, 2005: 13). Die Forschungsrichtung Writing at Work gewinnt mit dem prognostizierten Übergang von der Informationsgesellschaft zur Wissens- und Servicesowie - weiter gefasst - zur Health-Care-Gesellschaft an Bedeutung. Jede der drei Entwicklungstendenzen verlangt von den Berufsausübenden erhebliche kommunikative Fähigkeiten ( Jakobs, 2005: 15). Für die Deutschdidaktiker sowie für Wissenschaftler mit dem Untersuchungs‐ fokus auf den Schreibprozess ist einerseits die Erhebung der Schreibkompetenz mit berufsnahen Textsorten am PC und andererseits die Evaluation des Schreib‐ projekts als Intervention bereichernd, da seitens der Deutschdidaktik authenti‐ sche Deutschstunden mit ganzen Klassen sowie die Auswertung dieser mithilfe verschiedener Testinstrumente wie Schreibaufgaben, Fragebogen, Tonband- und Videoaufnahmen sowie Aufnahmen des Tastaturschreibens gefordert werden, denn die „[…] empirische Schreibdidaktik im deutschsprachigen Raum ist eine junge Interdisziplin, die sich dem Schreibenlernen und Schreibenlehren widmet“ (Steinhoff et al., 2017: 9). Jede Privatperson setzt sich in ihrem Leben mit Bewerbungsanschreiben im Rahmen einer Bewerbung auseinander. Auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich die Tendenz, dass für einen Arbeitnehmer, im Vergleich zu der Zeit vor 100 Jahren, heute ein erhöhter beruflicher Wechsel ansteht. Der klassische Verlauf, nach der Schule in einem Betrieb eine Ausbildung zu machen, übernommen zu werden und bis zur Rente dort zu arbeiten, ist in der heutigen schnelllebigen Berufswelt längst Vergangenheit. Bewerbungen schreibt fast jeder Bürger des Landes, sie werden von Betrieben schon während des Schülerpraktikums verlangt. Sie sind im Rahmenlehrplan des Faches Deutsch verankert, und dennoch finden sie im deutschdidaktischen Forschungsfeld bisher kaum Beachtung. Das Bewerbungs‐ anschreiben wird mit Eintritt in den beruflichen Werdegang verlangt. Es ist eine Briefform, die einerseits der DIN-Norm 5008 und damit einem hohen Grad an Normierung unterliegt und dennoch nach einem persönlichen Stil und einer genauen Adressatenorientierung verlangt (Grün, 2013) - eine Gratwanderung, die aus textlinguistischer Perspektive ein höchst interessanter Untersuchungs‐ 13 1 Einleitung <?page no="14"?> gegenstand ist. Deutschlehrer, Eltern, Berufsberater und Wirtschaftslehrer fragen nicht nur nach Erkenntnissen zu diesem Untersuchungsgegenstand, son‐ dern ebenso nach der Vermittlung: Wie können Bewerbungsanschreiben un‐ terrichtet werden? Dabei stellt sich eine spannende Herausforderung: die Frage der Didaktik und Methodik. Dafür sollte der Deutschlehrer an Schulen zunächst einmal der richtige Ansprechpartner zu solchen Fragen sein. In Deutsch- und Wirtschaftsbüchern finden wir zahlreiche Übungsmöglichkeiten dafür, welche Elemente in ein Bewerbungsanschreiben hineingehören, z. B. werden Muster‐ briefe abgebildet - doch das reicht nicht aus. Das Verfassen von Bewerbungs‐ anschreiben erfordert eine Kompetenz, die im Laufe der Jahre selbstständig weiterentwickelt werden muss, da sich auch Bewerbungsformate ändern. Wurde früher noch der Beginn einer neuen Arbeit per Handschlag ausgemacht, ist es heutzutage rechtlich verpflichtend, dass Betriebe zumindest das Bewer‐ bungsanschreiben für jeden Bewerber archivieren, falls arbeitsrechtliche An‐ sprüche geltend gemacht werden. Angebote werden auch heute noch überwiegend mündlich getätigt. Ob im Supermarkt oder in einer Bäckerei - das Angebot ist rechtlich gesehen die erste Willenserklärung. Als Verbraucher können wir die zweite Willenserklärung und damit einen Vertragsabschluss abgeben, indem wir an der Kasse einkaufen oder das Geschäft verlassen. Die zunehmende E-Mail-Flut versteckt jedoch Willens‐ erklärungen. Verbraucher klicken aus Versehen auf eine Bestätigungstaste und geben oft eine zweite Willenserklärung ab, ohne dies zu ahnen. Gerade Jugend‐ liche sind für diese Art von Verträgen leichte Opfer und haben nicht selten im‐ mense Handyrechnungen. Die Kenntnis, dass es sich um ein unverlangtes An‐ gebot handelt, ist vielen Jugendlichen noch nicht bewusst, da erst auf der Berufsschule der rechtliche Hintergrund von Verträgen Unterrichtsgegenstand ist. An Schulen in der Sekundarstufe I wird dies bisher noch nicht behandelt (Nds. KM 2006a-e). Im späteren Alltag erhalten die Verbraucher nicht nur über das Internet als E-Mail, sondern auch per Post unverlangte Angebote. Hier ist es wichtig, eine curriculare Lücke zu schließen. Gerade Briefe nach DIN-Norm, vor allem Bewerbungsanschreiben und unver‐ langte Angebote, werden aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen oft schrift‐ lich verfasst. In der späteren beruflichen Praxis erstellen viele Arbeitnehmer, vor allem in kaufmännischen Berufen im Dienstleistungssektor, unverlangte Angebote, um mehr Kunden für eine Dienstleistung oder ein Produkt zu ge‐ winnen und damit den Umsatz zu steigern. Jeder Unternehmer, egal in welcher Branche, muss sich dieser Schreibherausforderung stellen. Als Deutschlehrer ist nicht nur die Theorie zu vermitteln, sondern das Schreiben von Briefsorten mit Schülern am PC ab dem achten oder spätestens 14 1 Einleitung <?page no="15"?> neunten Schuljahr zu üben. Es wird nach einem Deutschlehrer verlangt, der nicht nur die briefrelevanten Inhalte vermittelt, sondern sich auch mit Textver‐ arbeitungsprogrammen auskennt und nicht nur einen Schüler, sondern eine ganze Klasse unterrichten kann. Neben dem textlinguistischen und computer‐ basierten Know-how ist eine weitere Lehrqualität gefragt: Es gilt den Schreib‐ prozess im Auge zu behalten. Dieser kann mithilfe des PCs und Beamers für die Schüler visuell unterstützt werden. Des Weiteren sollten den Schülern aufgrund der heterogenen Schülerschaft mehrere Lernzugänge zu diesem Thema zur Ver‐ fügung gestellt werden - quasi mit allen Sinnen (Akoun & Pailleau, 2014: 40). Aus diesem Grunde ist ein Methodenprofi gefragt, der verschiedene Sozial‐ formen mit Unterrichtsmethoden beherrscht - und dieses auch einsetzen will. Diese ersten Erläuterungen zeigen, dass der Eintritt in die Ausbildung auch durch das Schreiben relevanter professioneller Textsorten stärker unterstützt werden muss. Dies sollte nicht nur durch die berufsbildenden, sondern auch durch die allgemeinbildenden Schulen vorbereitet werden ( Jakobs, 2005, 2008). Aussagen von Auszubildenden in einer Studie zu sprachlich-kommunikativen Anforderungen Auszubildender (Efing, 2010) zeigen die Diskrepanz zwischen allgemeinbildenden Schulen und betrieblicher Ausbildung im Bereich schriftli‐ cher Kommunikation: Befragt danach, ob und wie gut sie sich durch die allgemeinbildende Schule auf die sprachlichen und kommunikativen Anforderungen der Ausbildung vorbereitet fühlen, war ein durchgängiger Tenor der Antworten, dass Schule ausführlich auf sprachliche Fähigkeiten wie Rechtschreibung und Grammatik(analyse), die für den Beruf als irrelevant empfunden werden, vorbereitet habe, aber nicht (ausreichend) auf kommunikative Fähigkeiten und typische berufliche Textsorten und Sprachhand‐ lungsmuster […] (Efing, 2012: 9). Eine unzureichende Textsorten- und Schreibkompetenz der Schulabgänger kann zudem zur Folge haben, dass die Bewerber nicht ausbildungsreif sind. Die Zahl der Unternehmen, die mangelnde Ausbildungsreife der Schulabgänger als Ausbildungshemmnis sehen, stagniert auf hohem Niveau. Die mangelnde Ausbil‐ dungsreife bleibt somit das Ausbildungshemmnis Nr. 1 (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2012: 32). So klagt die Hälfte der Ausbildungsbetriebe in der IHK über ein unzureichendes schriftliches Ausdrucksvermögen der Auszubildenden (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2012: 33). Doch das Dilemma um Ausbildungsplatz‐ nachfrage und -angebot spitzt sich weiter zu: Gerade in der Gastronomie und Hotellerie können freie Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Diese Situation 15 1 Einleitung <?page no="16"?> 2 Dieser Projekttitel wurde im Zuge der Publikation gekürzt und für den Buchtitel leicht verändert. zeigt, dass ein Schüler mit einem Ausbildungswunsch in der Gastronomie/ Hotellerie eine breite Auswahl an Ausbildungsstellen hat, sofern dieser ausbil‐ dungsreif ist. Um einer unzureichenden Textsorten- und Schreibkompetenz an einem Bei‐ spiel prototypisch erfolgreich zu begegnen, soll das Promotionsvorhaben im Rahmen eines schulischen Schreibprojekts mit Schülern der allgemeinbildenden (n = 77) und berufsbildenden Schule (n = 26) (Schwerpunkt Hotellerie/ Gastro‐ nomie) durchgeführt werden. Hintergrund ist der persönliche Erfahrungsschatz der Autorin im Bereich der Hotellerie als ausgebildete Hotelfachfrau, als IHK-Prüferin bei den Zwischen- und Abschlussprüfungen der Hotelfachfrauen und -männer, als selbstständige Beraterin und Betriebswirtin (IHK) in der Hotellerie- und Gastronomiebranche sowie als ausgebildete und verbeamtete Realschullehrerin (M. Ed.) für die Fächer Deutsch, Politik und Wirtschaft. Unterrichtsgegenstand im Fach Deutsch soll das Schreiben von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten sein, um sich exemplarisch dem Schreiben nach DIN-Norm 5008 am Computer zu nähern und Wissen über die Form einer ersten Willenserklärung für Verträge, wie bei Angeboten, zu erlangen. Daher ist diese Promotion mit dem Projekttitel Eva‐ luation eines berufsorientierten Schreibprojekts: Niedersächsische Schülerinnen und Schüler schreiben Bewerbungsanschreiben und Angebote mithilfe von SRSD und Feedbackgesprächen am Lehrstuhl für Deutschdidaktik unter der Betreuung von Frau Prof. Astrid Neumann (Universität Leuphana, Lüneburg) und Herrn Prof. Christian Efing (Bergische Universität, Wuppertal) mit der grundlegenden Fragestellung entstanden: Wie entwickelt sich die Schreibkompetenz bei Schülern von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen mithilfe des SRSD-Ansatzes anhand der Textsorten „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangtes Angebot“ im Laufe eines Schreibprojekts? . 2 Ziel der Arbeit ist es, für Sekundarstufe-I-Lehrer, Lehramtsanwärter, Deutschstudenten, (Berufsschul-) Lehrer sowie Ausbilder die Stärken und Schwächen eines erprobten und evaluierten Schreibprojekts zu präsentieren. Das Schreibprojekt soll einen ersten Einblick in den Unterricht mit berufsnahen Textsorten geben, die didaktisch aufbereitet sind und einer Hand‐ lungsorientierung unterliegen. Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel unterteilt: Nach dieser Einleitung (Kapitel 1) folgen die Theorie und fachwissenschaftlichen Grundlagen (Kapitel 2). Theorie und Forschungsstand werden beide nicht getrennt voneinander, son‐ dern integrativ erläutert. Zunächst folgen die genaue Definition und der For‐ 16 1 Einleitung <?page no="17"?> schungsstand zu Schreibkompetenz und ihre Entwicklung (Kapitel 2. 1). Die Ka‐ pitel Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I (Kapitel 2. 2) sowie Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung (Kapitel 2. 3) geben Einblicke in die Schreibdidaktik und die curricularen Schreibanforde‐ rungen. Die Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld (Kapitel 2. 4) wird an‐ schließend ausführlich mit textlinguistischen und didaktischen Bezügen darge‐ stellt. Gerade für die Auswertung der Schülerprodukte ist dieses Kapitel essenziell. Der Schreibprozess (Kapitel 2. 5) wird separat zur Schreibkompetenz betrachtet. Absichtlich werden beide Bereiche getrennt voneinander behandelt, auch wenn es Überschneidungen gibt. Dennoch ist die Komplexität beider Kon‐ zepte zu groß, um sie nur in einem Kapitel zu erklären. Anschließend wird der SRSD-Ansatz im Kapitel Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD (Kapitel 2. 6) ausführlich dargelegt. Darauf folgt die Vorstellung der geleisteten Voruntersu‐ chungen (Kapitel 2. 7), die gemeinsam mit den anderen Kapiteln unter Zusam‐ menfassung des Forschungsstandes (Kapitel 2. 8) gebündelt werden. Daraus ergibt sich die Untersuchungsidee (Kapitel 2. 9), die zum Kapitel Fragestellungen und Hypothesen (Kapitel 2. 10) führt. Das dritte Kapitel Forschungsdesign & Methode ist klassisch in Methode (Ka‐ pitel 3. 1) sowie die Vorstellung der Stichprobe (Kapitel 3. 2) und der Testinstru‐ mente (Kapitel 3. 3) aufgeteilt. Es folgen daraufhin der Ablauf des Schreibprojekts (Kapitel 3. 4) sowie die Trias Datenerhebung (Kapitel 3. 5), Datenaufbereitung (Kapitel 3. 6) und Datenauswertung (Kapitel 3. 7). Im vierten Kapitel werden die zentralen Ergebnisse aus den Untersuchungs‐ bereichen Affect (Kapitel 4. 1), Behavior (Kapitel 4. 2), Content Learning (Kapitel 4. 3) sowie Metacognition (Kapitel 4. 4) präsentiert. Die Ergebnisse leiten zum letzten Kapitel Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts (Kapitel 5) über. Für eine bessere Übersicht wird auch dieses Ka‐ pitel in Diskussion der Ergebnisse (Kapitel 5. 1), Kritische Reflexion der Studie (Kapitel 5. 2) sowie in Ausblick mit Forschungsdesiderata (Kapitel 5. 3) und Epilog (Kapitel 5. 4) aufgeteilt. 17 1 Einleitung <?page no="19"?> 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand Im folgenden zweiten Kapitel werden der Forschungsstand sowie die fachwis‐ senschaftlichen Grundlagen und die damit verbundenen theoretischen Begriffe eruiert. Neben dem Begriff Schreibkompetenz wird die Schreibentwicklung an‐ hand von Modellen und Forschungsergebnissen erläutert. Danach folgt die Spe‐ zifizierung der Schreibkompetenz vor und während der beruflichen Bildung. Die Erläuterung der Textsortenkompetenz im beruflichen Feld soll die berufliche Schreibanforderung näherbringen. Im Anschluss daran wird die Theorie des Schreibprozesses dargelegt, die die Entwicklung mehrerer Modelle miteinbe‐ zieht. Anschließend folgen die Präsentation der SRSD-Methode sowie zuvor durchgeführter Untersuchungen. Nachdem der Forschungsstand zusammenge‐ fasst ist, leitet die Untersuchungsidee die Fragestellungen und Hypothesen ein. 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung Eine Kompetenz beinhaltet Fähigkeiten und Fertigkeiten, die eine Person in‐ nehat und in bestimmten Situationen zeigen kann, was aber nicht immer als Performanz gesehen wird. Weinert (2001: 27) spezifiziert ferner, dass Kompe‐ tenzen auch erlernt werden können und die zugrunde liegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten mit motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften verknüpft sind, die in Situationen variabel eingesetzt werden. Beispiel: Ein Skifahrer wird im Sommer die Fähigkeit des Skifahrens nicht am Strand zeigen können. Es ist eine Kompetenz, die er erlernt hat und in der Situation des Winterurlaubs mit Schnee als Performanz einsetzen kann. Kompetenz ist somit ein gesichertes Wissen und Können (Thomas, 2007: 94). Die Psychologen ordnen diesen Begriff als „Dispositionen“ (Sieland & Rahm, 2007: 199) oder „latente Antwortbereitschaften“ (ebd.) ein. Ein gelerntes Verhalten kann folglich im „Verhaltensrepertoire“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 191) vorhanden sein, wird aber erst in der „Verhaltensperformanz“ (ebd.) sichtbar. Ob diese Performanz gezeigt wird, hängt wieder von der intrinsischen Motivation ab. Diese Symbiose wird anhand folgender Definition erklärt: <?page no="20"?> Eine Person muss motiviert sein, ein Verhalten auszuführen; das heißt, es muss ein Beweggrund zum Handeln vorliegen. Die Motivation wird von der Erwartung be‐ stimmt, durch das Verhalten eine Belohnung zu bekommen. Diese Erwartungen werden durch Erfahrungen gelernt (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 191). In der Sprachwissenschaft können die folgenden Definitionen festgehalten werden, die einerseits den Kompetenzbegriff und andererseits spezieller die kommunikativen Kompetenzen eingrenzen: Kompetenzen sind per definitionem als kognitive Prozesse nicht direkt beobachtbar, sondern müssen anhand abgeleiteter Konstrukte untersucht werden. Sie werden dann an der (sprachlichen) Oberfläche in der Performanz sichtbar. Dieses ‚Zeigen‘ der Kompetenz muss in dem oben beschriebenen Rahmen für alle vergleichbar entspre‐ chend initiiert und anhand gemeinsamer, festgelegter Indikatoren ausgewertet werden (Neumann, 2014: 58 f.). Vor diesem Hintergrund lässt sich kommunikative Kompetenz als mehrmodulares Konstrukt in Teilkompetenzen untergliedern: in eine Sprachsystemkompetenz (gram‐ matische Kompetenz), eine soziolinguistische Kompeten (Repertoire, Varietäten-, Re‐ gisterbeherrschung und -bewusstheit, Fähigkeit zum flexiblen Code-Switching), eine pragmatische Kompetenz (zur Zielerreichung), eine Text-/ Diskurskompetenz (Text‐ strukturierungskompetenz) sowie in eine strategische und eine soziale/ soziokulturelle Kompetenz (Efing, 2015: 21). Zusammengefasst sind Kompetenzen nicht direkt beobachtbar, sondern erst in ihrer Performanz zu sehen. Unser Schulsystem wiederum beurteilt nicht die Kompetenz, sondern bewertet die Leistungsperformanz, ein Spezifikum der Performanz (von Saldern, 2011: 38). Die Schreibkompetenz ist folglich ein latentes Konstrukt, da sie latente Merkmale besitzt, die nicht in Gänze beobachtbar sind (Grabowski, 2017: 317). Darauf soll nun genauer eingegangen werden: Um die verborgene Schreibkompetenz zu messen, müssen manifeste Indikatoren ge‐ wählt werden: „Die Besonderheit der schreibdidaktischen Erforschung von Textkorpora besteht vor diesem Hintergrund darin, dass nicht einfach nur Texte untersucht werden, sondern Texte als Indikatoren für die Schreibkompetenz eines Individuums“ (Steinhoff, 2017: 354) gelten. Schreibaufgaben können Textindika‐ toren durch die entstandenen Texte vorweisen: „Wie kompetent ein Schreiber oder eine Schreiberin ist, lässt sich am Schreibprozess, aber immer auch am Schreibprodukt erkennen“ (Steinhoff, 2017: 352). Schreibkompetenz hängt somit mit der Textproduktion eng zusammen: Der Begriff Schreibkompetenz fokussiert auf eine effektive, zielgerichtete und adres‐ satenorientierte Textproduktion. Hierfür braucht es neben graphomotorischen und 20 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="21"?> (meta- )kognitiven Prozessen, die den Kern des Schreibens bilden, eine gewisse Schreibmotivation, und Schreiben hat eine soziale Dimension insofern, dass man ty‐ pischerweise für jemanden schreibt oder - zunehmend - mit jemandem (Philipp, 2015b: 9). Die Schreibkompetenz ist somit der empirische Zusammenhang zwischen Text‐ produkt und Textproduktionsprozess (Philipp, 2015b: 33). So ist das auch beim Schreiben. Textsorten wie die Einladung, die im beruflichen Alltag weniger zum Tragen kommen, werden in der Schule oder im Elternhaus erlernt. Dennoch kann diese Kompetenz in der Situation einer Geburtstagsfeierplanung einge‐ setzt werden. Die Deutschdidaktik berücksichtigt in den Bildungsstandards (KMK, 2004, 2005) neben der Förderung der Schreibkompetenz auch die Schreibentwicklung der Schüler. Diese wird wie folgt definiert: Der Begriff Schreibentwicklung fasst die Entwicklung der Schreibfähigkeit als einen kontinuierlichen Prozess ,nach dem Erwerb‘ grundlegender Fähigkeiten in den ersten Schuljahren, welche für das Erstlesen und das Erstschreiben ausschlaggebend sind. Er umfasst die Prozesse und Entwicklungen, welche für das weiterführende Schreiben konstitutiv sind (Bachmann, 2002: 59). Ein bis heute grundlegendes Modell für die Schreibentwicklung ist das Schreib‐ entwicklungsmodell nach Bereiter (1980; siehe Abb. 1). Abb. 1: Schreibentwicklungsmodell (Bereiter, 1980: 85) Bereiters Modell zeigt, dass die Schreibentwicklung nach dem Ende der Schulzeit nicht abgeschlossen ist. Dieses Schreibentwicklungsmodell sollte daher nicht linear aufgefasst werden, sondern fokussiert diverse Parameter wie den Prozess, das Produkt oder den Leser und setzt sie zu kognitiven Entwicklungsschreib‐ 21 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="22"?> phasen in Beziehung. Diese Orientierung initiiert diverse Schreibmodi - wie das assoziative, performative, kommunikative oder das epistemische Schreiben. Dabei werden verschiedene kognitive Aufgaben gelöst: In der kognitiv orientierten Lern- und Gedächtnisforschung stehen statt einfacher Zusammenhänge zwischen Reizen und Reaktionen - wie im Behaviorismus - kom‐ plexe Konzepte wie Wahrnehmung, Problemlösen, Entscheidungsverhalten und In‐ formationsverarbeitung im Mittelpunkt (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 145). Dieses Zitat kann das Modell von Bereiter in Bezug auf die kognitiven Aufgaben erklären. So kann beispielsweise der Schreiber seine Leserschaft fokussieren, dabei werden sozial-kognitive Aufgaben erfüllt, die ein kommunikativ orien‐ tiertes Schreiben hervorbringen. Bereiters Modell ist immer wieder eine Vorlage für die Schreibforschung, wie auch Fix (2000) sie aufgegriffen hat: Fix (2000: 316) bestätigt in seiner Studie, dass bei einer freien Schreibaufgabe die Schüler „epistemische Schreibfunktionen nutzen, ohne kommunikatives Schreiben zu praktizieren“. „Die einzelnen Komponenten sind prinzipiell auf allen Erwerbsstufen möglich, aber eben auf verschiedenen Niveaus“ (ebd.). Somit ist Schreibkompetenz auch eine Form der Problemlösekompetenz, denn medial verfasste Texte beziehen sich je nach Kommunikationsrahmen auf eine Situation, ein Problem, das gelöst werden soll. In diesem Zusammenhang muss der Adressat angemessen angesprochen werden (Antos, 2008: 241). Schreiben erfordert daher vielerlei Kompetenzen, wie u. a. die Textproduktion und das damit einhergehende Formulieren (Antos, 2008: 242). Der schulische Schreibprozess beginnt dabei mit einer Aufgabe. Schreibaufgaben indizieren den Beginn eines Schreibprozesses. Sie steuern den Schreibvorgang durch eine ge‐ forderte Funktion, die erfüllt werden muss, Adressaten und das Problem sind erkennbar, Weltwissen und sprachliches Wissen sind angeeignet, der Text sollte im sozialen Kontext entstehen und die Wirkung auf Leser überprüft werden, z. B. mithilfe von Schreibkonferenzen (Bachmann, 2014: 47). Bei Revisionen wird auf die Aufgabenstellung zurückgeblickt. Sie ist Dreh- und Angelpunkt aller Überarbeitungsschritte. Die Aufgabendefinition bildet die Basis aller Revisionen. Der Autor muss die Schreib‐ aufgabe innerhalb seines Wissenshorizonts (long term memory) und unter Einbezug des Aufgabenumfeldes (task environment) für sich interpretieren und daraus ein Schreibziel ermitteln, das während der Revisionsprozesse die Rolle des Monitors über‐ nimmt. Ohne ein definiertes Schreibziel fehlt den Überarbeitungen eine klare Linie, es kann dadurch zu Textverschlechterungen kommen (Fix, 2000: 29). 22 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="23"?> Dieses Zitat unterstreicht, dass die Aufgabenstellung für das Schreiben immens wichtig ist. Je konkreter die Aufgabenstellung, desto eher kann der Schreiber auf diese zurückgreifen und sich daran orientieren. Schreibaufgaben erfüllen jedoch auch noch eine andere Funktion - die Schreibmotivation kann durch sie gelenkt werden. Gerade situierte Aufgabenstellungen, die es in der beruflichen Bildung durch die Arbeit mit Lernfeldern längst gibt, führen den Schreiber in eine bestimmte Situation, in die er sich hineindenken muss. In diesem Zusam‐ menhang führte einst Bachmann den Begriff „Aufgaben mit Profil“ in die Schreibdidaktik ein: Unter ‚Aufgaben mit Profil‘ werden Schreibaufgaben verstanden, die das Schreiben als soziale Praxis in einen möglichst ‚authentischen‘ Kontext sozialer Interaktion ein‐ betten, indem das Schreiben einen für die Schüler/ innen erkennbaren Sinn bekommt und - auf Produktebene - in plausibler Art und Weise auf textuelle Qualitäten hin befragt und beurteilt werden kann (Bachmann, 2014: 46). Er untersuchte für das Bereiter-Modell Indikatoren für die Schreibentwicklung. Mit seinem siebenwöchigen Projekt „Aufgaben mit Profil“ ließ er Schüler (n = 78) aus dem vierten, achten und zehnten Jahrgang sechs instruktive Texte, wie z. B. Zimmerbeschreibung, Spielablauf oder Faltaufgabe verfassen. „Die Texte der Stichprobe wurden daraufhin untersucht, ob bzw. in welchem Ma[ß]e das Auf‐ treten kohärenzstiftender Elemente und der Einsatz von Kohäsionsmitteln in den Texten Indikatoren für Schreibentwicklung sein können“ (Bachmann, 2002: 15; [geändert von W.-K. G.]). Seine Stichprobe mit 12 Probanden und 36 Texten zeigt, dass die Häufigkeit eingesetzter kohärenzstiftender Elemente kein Indikator für die „Ausdifferenzierung der sozialen Kognition und der Schreib‐ fähigkeit“ ist (Bachmann, 2002: 158). Allerdings sei ein Fehlen oder ein lapidares Auftreten dieser Elemente vor allem im vierten Jahrgang zu beobachten. Dies zeige aus Bachmanns Sicht eher den Beginn einer sozialen Kognition an. Wenn jedoch diese Elemente verwendet werden, dann eher aufgrund von Normori‐ entierung, Konventionen sowie Textmuster und weniger aufgrund von Adres‐ satenorientierung, da die Schüler vorwiegend noch in der Phase des normori‐ entierten Schreibens sind, wie aus Bereiters Modell hervorgeht. Im zehnten Jahrgang zeigen die Schüler einen eher geringen Einsatz dieser Elemente. Dies ist mit der Annahme verbunden, dass Zehntklässler im Gegensatz zu jüngeren Schreibern kritischer seien. Die Verteilung der Kategorien Anleiten, Positionen, Differenzieren und Verweisen sind laut Bachmann zuverlässige Indikatoren für die Schreibentwicklung. In allen drei Altersgruppen bestätige sich, dass das Positionieren „voraussetzungsreicher“ als das Anleiten ist. Das Differenzieren sei 23 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="24"?> der schwächste Indikator. Der Autor zeigt, wie auch schon Fix, dass es keine lineare Schreibentwicklung zu einem Texttyp oder Textmuster gibt: Entwickelte Schreibfähigkeit kommt nach Bereiter/ Scardamalia in einer grundle‐ genden anderen Strategie der Textproduktion zum Ausdruck. Wissen wird nicht ein‐ fach abgerufen und ohne weitere Bearbeitungsprozesse weitergegeben. Es wird im Prozess des Schreibens transformiert (knowledge transforming). Diese Transforma‐ tion des Wissens setzt mindestens zweierlei voraus: (a) eine Aufgabenrepräsentation, welche die Bedürfnisse des Lesers antizipiert, und (b) die Definition von Zielen, die mit dem Text im jeweiligen Handlungskontext erreicht werden sollen […] (Bachmann, 2002: 44). Bachmann plädiert zum Schluss für den Einsatz von Peergroup-Gesprächen über Textmuster, damit Textmusterwissen als Teil der Schreibkompetenz auf‐ gebaut werden kann. Schreibkonferenzen sollten von Lehrern nicht als zeitrau‐ bend empfunden werden, sondern geben den Schülern die Möglichkeit, ihre Texte realen Lesern vorzustellen, über Texte zu sprechen und von ihnen zu lernen. „Damit Sprache aber erworben und entwickelt werden kann, müssen ihre Mittel, Strukturen, Formen und Muster verinnerlicht, mit je individuellem Vorwissen verknüpft und in dieses integriert werden“ (Bachmann, 2002: 85). In diesem Kontext prägte Feilke den Begriff der Textprozeduren: Literale Prozeduren sind Textroutinen. Sie sind funktional bezogen auf rekurrente kommunikative Aufgaben; literal sind diese Routinen, soweit sie typisch oder […] sogar spezifisch für eine Kommunikation mittels schriftlicher Texte sind (Feilke, 2010: 4). Textprozeduren sind sozial schematisierte Handlungszüge in Texten, die als Werk‐ zeuge des Schreibens in den kulturell etablierten Praktiken des Umgangs mit Texten angeeignet werden (Feilke, 2014: 15). Der Begriff leitet sich lernpsychologisch vom „prozeduralen Lernen“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 219) ab: „Beim prozeduralen Lernen werden ko‐ gnitive oder motorische Fertigkeiten durch Übung schrittweise erworben, indem bewusste Prozesse allmählich durch unbewusste Prozesse ersetzt werden“ (ebd.). In Bezug auf die profilierten Schreibaufgaben stellt er fest: „In diesem Fall verweisen Aufgabenschemata auf Textprozeduren als in der Kom‐ petenz verfügbare Handlungsschemata, die für das Schreiben textliche Lösungs‐ alternativen bereitstellen“ (Feilke, 2014: 17). Somit sei die Aufgabe selbst (task) nicht nur auf der Kontrollebene anzusiedeln, sondern auch als Ressource anzu‐ erkennen, denn „kompetente Schreiberinnen und Schreiber verfügen über text‐ prozedurale Handlungsschemata, denen sie differenzierte Inventarien textueller 24 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="25"?> Gliederungsmuster, syntaktischer Konstruktionen und lexikalischer Kollokati‐ onen zuordnen können“ (Feilke, 2014: 19 f.). Daher stehen in der Deutschdidaktik auch Textprozeduren im Interesse der Forschung. Dabei wird das routinierte Vorgehen beim Schreiben mit dem Begriff Schreibstrategie von Feilke gleichge‐ setzt (Feilke, 2014: 20). Textprozeduren beziehen sich jedoch auf den Text selbst: Geht es um ein Bewerbungsschreiben, ist sogar die normative Vorgabe von Muster‐ vorlagen legitim, weil damit Sozialchancen verbunden sind; die Konventionen sind dann Spielregeln, die den Schreibenden als Kenner der Regeln und damit potentiellen Mitspieler ausweisen (Fix, 2000: 329). Fix plädiert ausdrücklich für die Nutzung von musterhaften Textbausteinen und Mustertexten (Fix, 2000: 339), die im professionellen Kontext üblich sind und die Textprozedur unterstützen (Wergen & Wörner, 2005). Es ist an dieser Stelle ge‐ nauer auf das deklarative und implizite Lernen einzugehen (siehe Abb. 2), um die Relevanz von Mustern in Form von Textbausteinen und Texten zu verstehen. Die Abbildung 2 visualisiert daher die Lernprozesse und -ergebnisse. Abb. 2: Lernprozesse (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 229) Textmusterwissen und Textsortennormen können als deklaratives Wissen (‚kno‐ wing that‘) eingeordnet werden, denn dies zählt zum Welt- oder Sachwissen. „Prozedurales Lernen bezieht sich auf den Erwerb motorischer und kognitiver 25 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="26"?> Fertigkeiten“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 16). Implizites Lernen pas‐ siert unbewusst und ist Teil des Lernprozesses (ebd.). An der Abbildung 2 fällt auf, dass durch die Übung und Prozeduralisierung, Strategien sowohl implizit als auch deklarativ gelernt werden können. Für den Unterricht bedeutet dies, dass das Regellernen auch implizit durch die Unterrichtssituation geschieht. Das Textmusterwissen allein zeichnet jedoch keinen erfolgreichen Schreiber aus (Fix, 2000: 333). Junge Schreiber verfassen Texte eher „just-in-time“ und im „flow“, sie schreiben linear, Satz für Satz, und kommen schwer von dieser Stra‐ tegie ab (Ortner, 2013: 69 f.). Schreibstrategien sind daher relevante Parameter der Schreibkompetenz und Lösungshilfen für die Aufgabenstellung, wie Nitz (2010) in seiner Studie verdeutlicht: Nitz’ (2010: 123 f.) Studie über die Fähigkeit, dass Dritt- und Viertklässler Texte in Schreibkonferenzen überarbeiten können, zeigt: Schon Viertklässler machen deutlich, dass sie nicht jede Hilfe zur Textverbesserung annehmen. Der ‚Autor‘ wählt selbst. Eine Schreibkonferenz hilft, Texte zu überarbeiten, auch hinsicht‐ lich der Kohärenz. Nicht alle Schwierigkeiten können jedoch beseitigt werden. Das kann auch nicht allein durch die Anregung der Lehrperson entstehen, viel‐ mehr ist es eine höchst emotionale Angelegenheit, ob ein Rat angenommen wird oder nicht. Das Wer und Wie sind dabei mitentscheidend: „Die Berater zeigen sich in den Schreibkonferenzen als äußerst kritische Leser und verhelfen den Texten durch intensive Diskussionen über bestimmte Textstellen in vielen Fällen zu mehr Kohärenz“ (Nitz, 2010: 124). „Die ‚Autoren‘ setzen sich meist sehr in‐ tensiv für die Qualität ihrer Texte ein, auf die sie offensichtlich stolz sind und die sie zu einem zufriedenstellenden Ende bringen wollen“ (Nitz, 2010: 125). Ko‐ härenzprobleme konnten schon gelöst werden, auch wenn Fix (2000) interes‐ santerweise Schreibkonferenzen in seiner Studie als weniger erfolgreich für den Schreiberfolg bewertet. Dennoch ist die Vermittlung von Musterwissen als Teil einer Strategie anerkannt: Da Musterwissen auch als Schreibstrategie genutzt werden kann, kann es zugleich ein Handlungswissen (‚knowing how‘) sein, das entweder bewusst zur Bewältigung der Problemsituation eingesetzt wird (Problemlösewissen) oder bereits automatisiert ist (prozedurales Wissen). Versteht man Text im Fall des kommunikativen Schreibens als Makro-Sprechakte, wird dieses Wissen als Illokutionswissen mit dem Ziel angewandt, für einen Adressaten funktional angemessen zu schreiben. Im traditionellen Aufsatz‐ unterricht ist die deklarative Komponente dieses Vorwissens überbewertet worden (Fix, 2000: 332). Fest steht, dass die Schreibkompetenz auf verschiedenen Wegen gefördert und gelenkt werden kann. Die Aufgabenstellung und die Schreibstrategie sind wich‐ 26 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="27"?> tige Einflussfaktoren für die Schreibkompetenz. Diese Erkenntnis hat in die Rahmenlehrpläne für das Schreiben im Fach Deutsch Einzug gehalten. Die Her‐ ausforderung dabei ist, mit einer leistungsheterogenen Klasse Schreiben zu un‐ terrichten. Gerade an Grundschulen, Oberschulen, Gesamtschulen, Sekundar‐ schulen etc. wurden von den Regelstandards hin zugunsten von mindestens drei Kompetenzniveaus inhaltliche, prozessuale und soziale Kompetenzziele formu‐ liert. Dabei sei außer Acht gelassen, dass auch für die Schüler mit einem Integ‐ rationsstatus noch weitere Kompetenzniveaus formuliert wurden. Somit können Deutschlehrer in ihren Deutschklassen eine heterogene und inklusive Schülerschaft unterrichten, die sich nicht selten Aufgaben für vier Kompetenz‐ niveaus (Mindest-, Regel-, Expertenstandard sowie mindestens ein Niveau für die Integrationsschüler) stellen müssen. Neben der Anwendung aus dem Kompetenzstufenmodell empfiehlt es sich, für die jeweilige Schreibaufgabe ad hoc Kriterien der Analyse bereitzustellen und diese dann auf die Kompetenzbeschreibungen zurück zu beziehen […] (Eichler, 2017: 151). Einige Studienseminare, z. B. in Verden (Niedersachsen), bereiten sehr präzise auf die Formulierung der Kompetenzniveaus und auch deren Evaluierung wäh‐ rend des Referendariats vor dem Zweiten Staatsexamen vor. Dafür wird die Kompetenzformulierung von Kessler und Ziener (2004) hinzugezogen, die in Abbildung 3 dargestellt wird. Kessler und Ziener haben für alle Fächer vier An‐ forderungsbereiche für die Kompetenzformulierung mit Bezug auf die Bildungs‐ standards herausgearbeitet: Die Kategorie I „Wahrnehmen, Wissen und Ver‐ stehen“ (Kessler & Ziener, 2004: 1) wird dem kognitiven Bereich, Kategorie II „Sprechen und Auskunft geben“ (ebd.) dem kommunikativen Bereich, Kategorie III „Erarbeiten und Gestalten“ (ebd.) dem methodisch-kreativen Bereich und Kategorie IV „Planen und Zusammenarbeiten“ (ebd.) dem personalen und so‐ zialen Bereich zugeordnet. 27 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="28"?> Abb. 3: Kompetenzraster nach Kessler & Ziener (2004, eigene Darstellung) Beide Mitautoren der Baden-Württembergischen Bildungsstandards haben für diese Kategorieeinteilung die Bildungsstandards untersucht und alle Operatoren (auch Prädikate genannt) in diese vier Kategorien eingeteilt (ebd.). Anschließend erfolgt für jeden Kompetenzbereich eine dreistufige Niveaueinteilung, wobei Anforderungsbereich A das niedrigste Niveau und C das höchste Niveau ist (ebd.; Ziener & Kessler, 2012: 29). Es ist der Einteilung nach dem Mindeststan‐ dard, Regelstandard und Expertenstandard ähnlich. Das Ziel des Modells besteht darin, Schüler kompetenzorientiert, kooperativ und selbstorganisiert lernen zu lassen (Giera, 2014: 5 f.). Bezugnehmend auf dieses fächerübergreifende Kompe‐ tenzraster wurde in Deutschland am Institut für Qualitätsentwicklung im Bil‐ dungswesen (kurz: IQB) ein Kompetenzstufenmodell für den Bereich Schreiben entwickelt (Böhme et al., 2017: 57 ff.). Grundlage dafür waren der Mittlere Schul‐ abschluss in der Sekundarstufe I sowie die Bildungsstandards der Kultusminis‐ terkonferenz für das Unterrichtsfach Deutsch des Jahres 2004. Die Idee der Stufen ging aus den Kompetenzstufenmodellen der naturwis‐ senschaftlichen Unterrichtsfächer hervor. Die Normierung erfolgte durch eine Stichprobe im Jahre 2011 mit 2.996 Schülern aus dem neunten und zehnten Jahrgang mit zwölf entwickelten Schreibaufgaben. Für jede Aufgabe, die in 20 Minuten bearbeitet wurde, liegen 500 Schülertexte vor. Die Texte wurden zu‐ nächst auf einer holistischen fünfstufigen Globalskala bewertet. Anschließend erfolgte eine Schätzung der Aufgabenschwierigkeiten, wobei auch die Hinter‐ grundvariablen wie das Alter berücksichtigt wurden. Somit entstanden Grenz‐ werte für die einzelnen Stufen und letztendlich fünf gleich breite Stufen. Diese einzelnen Stufen wurden genauer beschrieben und als Niveaus gekennzeichnet - von Mindeststandard verfehlt über Mindeststandard, Regelstandard, Regelstan‐ 28 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="29"?> dard plus bis hin zum Optimalstandard. Für die argumentativen Texte wurden diese Standards als Kompetenzstufen genau beschrieben und bepunktet. Als Er‐ gebnis konnte festgehalten werden: „Etwa ein Viertel der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler mit dem Ziel MSA oder höher erreicht allerdings noch nicht die in den Bildungsstandards der KMK formulierten Erwartungen (Regelstan‐ dard)“ (Böhme et al., 2017: 69). Es gibt eine weitere hervorzuhebende Studie, die die Schreibkompetenzent‐ wicklung der Schüler empirisch untersucht hat, jedoch nicht im Querschnitt, sondern im Längsschnitt: Um die Textsortenkompetenz in der Schreibgenese von Schülern zu testen, untersuchten Augst, Disselhoff, Heinrich, Pohl sowie Völzing (2007) in einer Langzeitstudie Grundschüler mit den Textmustern Er‐ zählung, Bericht, Instruktion, Beschreibung und Argumentation über mehrere Jahre. Die Frage der Textsortenentwicklung stand mit 39 Schülern und 585 Schülertexten im Fokus dieser Untersuchung, da Bereiters Schreibentwick‐ lungsmodell bis dato nicht empirisch überprüft wurde. Jeder Schüler schrieb 15 Texte jährlich über einen Zeitraum von drei Jahren: eine Erzählung nach einem Bildimpuls, einen Bericht über das Weihnachtsfest, eine Instruktion zum Lieb‐ lingssport, eine Beschreibung des Klassenraums sowie eine Argumentation mit einem Vorschlag. Im Laufe der Jahre war zu beobachten, dass die Grundschüler längere und komplexere Texte schrieben. Die Vielfältigkeit der Satzstrukturen nahmen zu. Am Ende der vierten Klasse gelingt das Erzählen am besten. Im Mittelfeld bleiben das Beschreiben und das Argumentieren sowie zum Schluss das Berichten: Auf jeden Fall ist es für die Kinder wichtig, die Arbeit am Text als etwas Natürliches und Selbstverständliches zu erleben, das dem schriftsprachlichen Prozess eigen ist. [ …] Deshalb kann das Gespräch der Kinder über Texte (oder sogar eine Schreibkonfe‐ renz) sehr förderlich sein; dies auch aus einem ontogenetischen Grund: die Kinder werden auf ihrer jeweiligen Entwicklungsstufe das ‚Schreibkind‘ erfahrungsnäher (kindgemäß) befragen und anregen, als es ein Lehrer vielleicht angesichts des nor‐ mativen Musters kann (Augst et al., 2007: 359 f.). Das Forscherteam hält fest, dass alle Textsorten in der Grundschule für die Ent‐ wicklung der Schreibkompetenz gefragt sind. Dabei ist auffällig, dass ein er‐ kanntes Strukturmerkmal in einer Textsorte auf eine andere Textsorte über‐ tragbar ist (Augst et al., 2007: 358). „Einen Text mit einer bestimmten Textqualität zu produzieren ist folglich Resultat, d. h. Ausdruck, der je individuellen Schreib‐ kompetenz von Schreibenden“ (Schmitt & Knopp, 2017: 239). Dieser Exkurs zeigt, dass Schüler einer Klassenstufe auf verschiedenen Niveaus schreibkompetent sind und die Kompetenzraster mit diversen Stufenbeschrei‐ 29 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="30"?> bungen immer mehr Vorrang für die Planung des Schreibunterrichts haben müssen. Eine Lernausgangslage ist unbedingt erforderlich. Den Studienergeb‐ nissen war zu entnehmen, dass die Schreibkompetenz je nach Textsorte unter‐ schiedlich ausfallen kann. Um Schreibkompetenz in den Klassen zu messen und zu fördern, müssten pro Textsorte mehrere Aufgaben gestellt und getestet werden (Böhme et al., 2017: 70 ff.). Die dadurch entstandenen Schreibprodukte sind Indikatoren der Schreibkompetenz. Des Weiteren sind der Schreiber, der Schreibprozess, die Schreibprozedur und der potenzielle Leser Parameter einer ganzheitlichen Schreibkompetenzmessung und -förderung. Diese Komplexität zeigt sich in einer Zusammenfassung von Feilke (2017: 158), welche schreibdi‐ daktische Impulse subsumiert, die für die Lehrer und Schreibforscher relevant sind. Grundlage Feilkes „Parameter schreibdidaktischer Konzepte“ (Feilke, 2017: 158) ist das Schreibentwicklungsmodell nach Bereiter (1980), jedoch wurden die Ebenen Prozess, Leser und Produkt um die Ebenen „Prozedur“ (ebd.) und „Schreiber“ (ebd.) ergänzt (Feilke, 2017: 157). Die Anzahl der Schreibebenen lässt erkennen, wie komplex die Parameter der Schreibkompetenzentwicklung in der Schreibdidaktik sind. Allein die Kombination der Ziele, Aufgabentypen, Aufgabenmodi und der schreibdidaktischen Konzeptionen verlangt eine im‐ mense Forschungsarbeit, aber auch die Schaffung eines Freiraums vieler Unter‐ richtsstunden im Fach Deutsch. Folglich beeinflussen mehrere Faktoren die Schreibkompetenz und damit verbunden die Textqualität und können somit als Prädiktor wirken, wie die fol‐ gende Definition und die dazugehörige Abbildung 4 verdeutlichen und meines Erachtens gut zusammenfassen, da sowohl die grundlegenden Schreibmodelle als auch die dazugehörigen Prädiktoren in Beziehung gesetzt werden. Die Be‐ reiche Volition, Motivation und Metakognition verknüpfen sich mit der Schreib‐ motivation und Selbstregulation, die für diese Arbeit tragend sind: Schreibkompetenz ist, wie die dargelegten Ergebnisse zeigen, ein (höchst) komplexes Konstrukt, welches sich aus zahlreichen, ensembleartig zusammenwirkenden Teilfä‐ higkeiten aus verschiedenen Fähigkeitsbereichen zusammensetzt (konstitutioneller, kognitiv-fähigkeitsbezogener, motivational-volitionaler und metakognitiver sowie spezifisch sprachbezogener Bereich) (Schmitt & Knopp, 2017: 248). 30 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="31"?> Abb. 4: Übersicht der Kandidaten für Prädiktoren (Schmitt & Knopp, 2017: 241) Noch wird die Schreibkompetenz vorrangig im Unterrichtsfach Deutsch ver‐ mittelt. Norwegen zeigt jedoch, dass die Basiskompetenz Schreiben in allen Fä‐ chern curricular verankert sein sollte: „Every teacher, regardless of subject, is now responsible for the teaching of writing“ (Berge et al., 2016: 180). Dafür ent‐ wickelten die Skandinavier das theoriebasierte Schreibmodell „The Wheel of Writing“ in zwei Varianten (Berge et al., 2016). Alle Ringe sind gegeneinander verschiebbar (siehe Abb. 5 und 6). 31 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="32"?> Abb. 5: Wheel of Writing I (Berge et al., 2016: 180) Die Abbildung 5 wird wie folgt gelesen: Der äußere Ring konzentriert sich auf die sechs Schreibbzw. Sprachhandlungen to interact, to reflect, to describe, to explore, to imagine und to convince. Der mittlere Ring fokussiert sechs Schreib‐ zwecke: Persuasion oder Knowledge development sind nur zwei Beispiele. Das Rad wird wiederum durch die semiotische Vermittlung zusammengehalten. Es ist kulturellen und situativen Kontexten ausgesetzt und wird von diesen beein‐ flusst. In der folgenden Abbildung 6 des Wheel of Writing sind der äußere und innere Ring gleich, der mittlere Ring hingegen fokussiert vier tools and resources for writing. 32 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="33"?> Abb. 6: Wheel of Writing II (Berge et al., 2016: 182) Modalities beinhaltet einerseits die Buchstaben, aber auch die Abbildungen, Pik‐ togramme, Tabellen und Bilder. Text structure meint die lokalen und globalen Kohäsionsmittel. Writing tools schließt die Schreibmedien ein, ob Stift oder PC sowie weitere. Vocabulary and grammar bezieht sich einerseits auf den Wort‐ schatz und andererseits auf die Grammatik. Darin enthalten ist auch die Syntax, welche in der Schriftsprache komplexer ist als im mündlichen Gebrauch. Zusammengefasst setzt das Wheel of Writing zunächst beim Schreiber selbst an. Dieser zielt auf eine Schreibhandlung ab, was gleichzeitig auch mit dem Schreibziel gleichgesetzt werden könnte. Für die Erreichung dieses Schreibziels stehen ihm verschiedene personale, sprachliche und mediale Ressourcen zur Verfügung, die er nutzt, um durch das Schreiben einen Schreibzweck nicht nur für sich, sondern auch im Leseinteresse eines Adressatenkreises zu erfüllen. Für dieses Kapitel kann festgehalten werden, dass Kompetenzen ein gesichertes Wissen und Können in problembehafteten Situationen bedeuten. Sie sind ent‐ weder als Zielvorstellung oder als Operationalisierung funktional einzuordnen. Bezogen auf die Schreibkompetenz knüpfen sie an die Schreibaufgaben und die damit verbundenen Schreibanlässe an, wie durch die Aufgaben mit Profil und dem Wheel of Writing präsentiert wurde. Die Prädiktoren von Schmitt und 33 2.1 Schreibkompetenz und ihre Entwicklung <?page no="34"?> Knopp heben jedoch hervor, dass die Schreibkompetenz durch weitere Indika‐ toren wie das Arbeitsgedächtnis, die Lesefähigkeit, die Perspektivübernahme, die Schreibmotivation, die Selbstregulation, die Schreibflüssigkeit, das Text‐ musterwissen, den Wortschatz sowie durch die Kohärenzherstellung u. a. be‐ einflusst wird. Bereiters Modell verdeutlicht, dass die Schreibentwicklung di‐ verse Phasen durchläuft, die eine grobe Orientierung bieten, jedoch muss der Schüler mit seiner Schreibgenese und seinem prozeduralen sowie deklarativen Schreibwissen allein betrachtet werden. Gerade nach der Schule entwickeln die ehemaligen Schüler eine „Ich-Entfaltung“ (Koch & Pielow, 1984: 82): Aus Schreibfrust kann Schreiblust werden, die für die Genese der Schreibkompetenz ein Motivationsfaktor ist. Soll die Schreibkompetenz unterstützt werden, zeigt Feilke in seiner Aufstellung, dass diese durch verschiedene Aufgabentypen, Ar‐ beitsmodi und Schreibziele gefördert werden kann. Die Definitionen von Efing und Neumann zeigen zwar Definitionen zum Begriff Kompetenz, jedoch ist der Terminus Schreibkompetenz sehr komplex, wie dieses Unterkapitel verdeutlicht. Daher sollen die zwei folgenden Unterkapitel die Schreibkompetenz vor und während der beruflichen Ausbildung vertieft behandeln und auch zeigen, was die Schreibdidaktik für den Unterricht empfiehlt, was in Kapitel 2. 1 nur ange‐ rissen werden konnte. 2.2 Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I „Wer nicht schulsprachlich schreiben kann, ist in allen Fächern - auch bei inhaltlich durchaus richtigen Antworten - in der Be‐ wertung benachteiligt, auch weil der Anteil der schriftlichen Leistungen an der Gesamt‐ bewertung enorm hoch ist“ (Neumann, 2010: 14). Schulerfolg ist mit einer „[…] adäquaten Beherrschung der deutschen Sprache verbunden. Sie ist das Kommunikationsmedium in und mit der Mehrheitsge‐ sellschaft“ (Steinmüller, 2006: 322). Schreiben wie auch Lesen und Rechnen sind basale Anforderungen und Kompetenzen, die institutsgebunden und für die so‐ genannte Ausbildungsreife unumgänglich sind (Neumann, 2010: 13). Für den Schulabschluss jeglicher Schulform sind diese Kompetenzen die Eintrittskarte in die Sekundarstufe II und damit auch für viele Schüler in die berufliche Aus‐ 34 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="35"?> bildung. Sowohl die Schreibkompetenz als auch die Textsortenkompetenz (siehe Kapitel 2. 4) sind laut Bundesagentur für Arbeit Einstellungsvoraussetzungen, die zum Merkmal (Recht-)Schreiben folgende Kriterien verlangt (Bundesagentur für Arbeit, 2009: 22, siehe Abb. 7): der Gesamtbewertung enorm hoch ist“ (Neumann, 2010: 14). Schulerfolg ist mit einer „[…] adäquaten Beherrschung der deutschen Sprache verbunden. Sie ist das Kommunikationsmedium in und mit der Mehrheitsgesellschaft“ (Steinmüller, 2006: 322). Schreiben wie auch Lesen und Rechnen sind basale Anforderungen und Kompetenzen, die institutsgebunden und für die sogenannte Ausbildungsreife unumgänglich sind (Neumann, 2010: 13). Für den Schulabschluss jeglicher Schulform sind diese Kompetenzen die Eintrittskarte in die Sekundarstufe II und damit auch für viele Schüler in die berufliche Ausbildung. Sowohl die Schreibkompetenz als auch die Textsortenkompetenz (siehe Kapitel 2.4) sind laut Bundesagentur für Arbeit Einstellungsvoraussetzungen, die zum Merkmal (Recht-)Schreiben folgende Kriterien verlangt (Bundesagentur für Arbeit, 2009: 22, siehe Abb. 7): Abb. 7: Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife (Bundesagentur für Arbeit, 2009: 22) Die genannten Kriterien werden im Deutschunterricht auf Basis der Rahmenlehrpläne von der ersten Klassenstufe an bis zum Verlassen der Institution Schule gelehrt. Das Unterrichtsfach Deutsch vermittelt hierfür vier Grundkompetenzen in den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss. Dabei ist die Kompetenz Schreiben eine der vier und stellt eine Basisqualifikation dar (KMK, 2004: 8): Die Schülerinnen und Schüler kennen die vielfältigen Möglichkeiten des Schreibens als Mittel der Kommunikation, der Darstellung und der Reflektion und verfassen selbst adressatengerechte Texte (KMK, 2004: 8). Merkmal: (Recht)Schreiben Beschreibung: Die Jugendlichen können einfache Texte fehlerfrei schreiben und verständlich formulieren. Indikatoren/ Kriterien: Sie/ er schreibt Texte in lesbarer handschriftlicher Form. Sie/ er kennt die Grundregeln der Rechtschreibung und Zeichensetzung und kann sie anwenden. Sie/ er kann häufig vorkommende Wörter richtig schreiben. Sie/ er kann Texte verständlich und zusammenhängend schreiben. Sie/ er kann formalisierte Texte verfassen: z.B. Brief, Lebenslauf, Bewerbungsanschreiben, Ausfüllen von Formularen. Sie/ er gestaltet Texte dem Zweck entsprechend und adressatengerecht, sinnvoll aufgebaut und strukturiert (Bundesagentur für Arbeit, 2009: 22). Abb. 7: Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife (Bundesagentur für Arbeit, 2009: 22) Die genannten Kriterien werden im Deutschunterricht auf Basis der Rahmen‐ lehrpläne von der ersten Klassenstufe an bis zum Verlassen der Institution Schule gelehrt. Das Unterrichtsfach Deutsch vermittelt hierfür vier Grundkom‐ petenzen in den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss. Dabei ist die Kompetenz Schreiben eine der vier und stellt eine Basisqualifikation dar (KMK, 2004: 8): Die Schülerinnen und Schüler kennen die vielfältigen Möglichkeiten des Schreibens als Mittel der Kommunikation, der Darstellung und der Reflektion und verfassen selbst adressatengerechte Texte (KMK, 2004: 8). Die Handlungszentrierung beim Schreiben und eine prozessorientierte Deutsch‐ didaktik im Teilbereich Schreiben werden des Weiteren von der Kultusminister‐ konferenz gefordert: „über Schreibfertigkeiten verfügen“ (KMK, 2004: 11), „richtig schreiben“ (ebd.), „einen Schreibprozess eigenverantwortlich gestalten“ (KMK, 2004: 12), „Texte schreiben“ (ebd.) und „Texte überarbeiten“ (KMK, 2004: 13). An dieser Stelle wird unverkennbar deutlich, dass der Schreibprozess und nicht das Schreibprodukt allein Unterrichtsgegenstand im Deutschunterricht ist (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 24 f.). Das Kerncurriculum für das Fach Deutsch in Niedersachsen greift diese Kom‐ petenzen auf. Der heutige Schreibunterricht an Schulen orientiert sich curricular an dem ursprünglichen Schreibmodell von Hayes und Flower (1980) (siehe Ka‐ pitel 2. 5). In diesem wie auch im aktuelleren Modell von Hayes (2012) wird der 35 2.2 Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I <?page no="36"?> Schreibprozess in Phasen des Planens, Schreibens und Überarbeitens zerlegt. Diese Schritte sind auch im Rahmen des Deutschunterrichts sichtbar zu machen (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 24 f.; Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010: 195). Das Wissen über Schemata ist ein Einflussfaktor für die Entwicklung der Schreibkompetenz und die damit verbundenen Strategien sowie Prozeduren. Feilke und Bachmann (2014: 8) verweisen darauf, dass es dafür „textliche Hand‐ lungsschemata“ gibt. Textprozeduren werden somit auch in der Institution Schule vermittelt und gelernt. Gerade im Deutschunterricht ist das Trainieren von immer wiederkehrenden Prozeduren beim Schreiben von Texten vermit‐ telbar, da sie zu einer Schreibroutine führen (Feilke, 2010: 1, siehe Kapitel 2. 1). Ein systematisches Vorgehen sei es zunächst, die in der Schreibaufgabe bezo‐ gene Textsorte zu erkennen und den „Texthandlungstyp“ (Feilke, 2014: 26), z. B. das Argumentieren, einzuordnen. Darauf folgen bestimmte „Handlungsschema“ (Feilke, 2014: 23), wie das Begründen. Abschließend sei der Einbau von „Proze‐ durausdrücken“ (Feilke, 2014: 26), z. B. „ich finde, dass“ (ebd.), als sprachliche Texthandlung zu implementieren. Somit seien „genrespezifische Ansätze“ (ebd.) im Schreibunterricht gefragt. Die Verwendung von Textbausteinen kann dabei unterstützend helfen: „Text‐ bausteine als Handlungseinheiten können im Klassen- und Gruppengespräch an einschlägigen Prozedurausdrücken erkannt und unterschieden werden“ (Feilke, 2014: 28). Weitere Gründe für dieses Vorgehen sind in den folgenden Zitaten fachlich erläutert: Das zentrale Argument für dieses Vorgehen ist, dass die Textbausteine relativ selbst‐ ständige Einheiten sind, aus denen Texte einer Textsorte auf unterschiedliche Weise komponiert werden können, wie dies das englische Wort ‚composition‘ treffend aus‐ drückt. Während die traditionelle Didaktik schulischer Textarten globale Textmuster normativ fixiert und die Anpassung an diese Muster und deren Nachahmung fördert, besteht über die Fokussierung der mittleren Ebene der Textbausteine die Chance, Textkreativität und ein funktionales Verständnis für die Sprachlichkeit der Texte zu entwickeln. Das heißt, auch Schreibaufgaben sind in einem solchen Zugang nicht mehr nur auf zu schreibende Ganztexte im Kommunikationszusammenhang, sondern bevorzugt auch auf die Arbeit an Textbausteinen zu beziehen (Feilke, 2014: 28). Das Maß der Orientierung an Merkmalen von Textsorten - ob sich ein Schreiber mehr auf inhalts-, adressaten- oder eben textsortenbezogene Schreibstrategien stützt - hängt enger mit der konkreten Schreibfunktion zusammen. Wer ein Bewerbungsan‐ schreiben verfasst, orientiert sich stärker an einer Vorlage und arbeitet eher Norm‐ 36 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="37"?> vorgaben ab als jemand, der einen privaten Brief schreibt, obwohl bei beiden Schreib‐ aufgaben die Adressatenorientierung ebenfalls entscheidend ist (Fix, 2000: 49). Neben dem Einsatz von Textbausteinen wird im Folgenden auf weitere schreib‐ didaktische Maßnahmen zurückgegriffen: Die Textplanung soll anhand einer Stoffsammlung und Ideengenerierung bis hin zur Entwicklung eines expliziten Schreibplans führen. An Texten werden Textmerkmale gelehrt und darauf ba‐ sierend Texte produziert. Die Vermittlung des expliziten Textsortenwissens wirkt beim Schreiben entlastend auf das Arbeitsgedächtnis, da auf vorhandene Textroutinen zurückgegriffen werden kann. Routinen/ Prozeduren entwickeln sich durch alltägliche Situationen und gleiche Handlungsabläufe (Djik, 2008: 68). Dieser Kompetenzaufbau entwickelt sich im Laufe der Schreibentwicklung ständig weiter. Im Rahmen der Textüberarbeitung werden u. a. die „Schreibkonferenz“ (Spitta, 1992: 13), die Nutzung von Kriterienlisten sowie weitere Methoden zur Unter‐ stützung eines Feedbackverfahrens curricular gefordert. Die Methode Schreib‐ konferenz steht als Methode häufig im Kerncurriculum Deutsch und soll daher kurz erläutert werden, um den Begriff nicht mit den Peergroup-Gesprächen in dem hier vorzustellenden Schreibprojekt zu verwechseln: Ursprünglich geht der Begriff auf die Forschungsarbeit von Graves (1983) zurück. Die Texte werden zunächst von Mitschülern gelesen und anschließend wird Feedback gegeben. Spitta adaptierte dieses Verfahren in Deutschland und befürwortet es, da sich die Textqualität durch die Überarbeitungshinweise verbessere (Spitta, 1992: 13). Der Austausch der Schüler über ihre Texte sei wichtig, denn dies führe zu einer „Annäherung an die literalen Normen beim Überarbeiten“ (Dehn et al., 2011: 89). Die Nutzung von Kriterienlisten schränkt zwar eine Textsorte als „prototypi‐ sches Konzept“ (Adamzik, 2004: 47) ein, soll jedoch auch Impulse der Überar‐ beitung anbieten, um die Textqualität zu erhöhen. Des Weiteren können Krite‐ rienlisten als Gesprächsleitfaden in kooperativen Schreibsettings für ein sachliches Feedback benutzt und somit, wie im Rahmen des Qualitätsmanage‐ ments in Betrieben, auch für die Textqualität gewinnbringend eingesetzt werden: Beim kooperativen Schreiben geht es um Kontexte und Arrangements, in denen zwei oder mehr Personen bei der Textproduktion zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit kann sich auf die gemeinsame Planung, Formulierung und Überarbeitung eines Textes beziehen. Sie kann sich aber auch auf die Rückmeldung zu einem nicht selbst produ‐ zierten Text beschränken, für den Ideen und Optimierungsvorschläge formuliert werden (Lehnen, 2017: 299). 37 2.2 Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I <?page no="38"?> Dabei sollten die Kriterienlisten nicht starr sein, sondern immer wieder über‐ prüft und gegebenenfalls ergänzt werden. Somit sind Kriterienlisten auch Basis der Diskussion per se. Feedbackgespräche bedeuten in jeder Situation immer eine Herausforderung für die Betreffenden, die darauf meist emotional reagieren. Sachliches und nicht personenbezogenes Feedback sollte daher schon in der Schule geübt werden, denn es erfordert von den Feedbackgebern und Feedbacknehmern das Einhalten von Gesprächsregeln, wie z. B. den angemessenen Ton zu finden, den Spreche‐ rwechsel zu berücksichtigen, das Gespräch adäquat zu beginnen und zu beenden (Wagner, 2003: 754). Des Weiteren ist der Einsatz von Feedbacks im Unterricht zeitintensiv und erfordert von den Mitschülern kognitive sowie sprachliche Fä‐ higkeiten, die jedoch einen positiven Einfluss auf die Textqualität haben (Lehnen, 2017: 299). Daran wird deutlich, dass der Schreibprozess, orientiert am Schreibprozessmodell von Hayes und Flower (1980), in die Teilbereiche Planen, Schreiben und Überarbeiten gegliedert und unterrichtet wird. Die didaktische Einbindung des Textfeedbacks durch die Mitschüler ist ein gängiges Verfahren im Schreibunterricht. Fix (2000) konnte in seiner Forschung zu Textrevisionen von Achtklässlern (n = 63) empirisch nachweisen, dass gerade die Überarbeitungsphase im Unter‐ richt sehr komplex ist, da die Schüler oftmals nicht die Motivation dafür auf‐ bringen wollen: Schwierigkeiten im sozialen Umgang miteinander erschwerten das gemeinsame Über‐ arbeiten in Schreibkonferenzen, das gegenseitige Zuhören und faire Diskutieren klappte noch nicht. Es ergaben sich auch große Unterschiede im zeitlichen Aufwand der ein‐ zelnen Schreiber, weshalb vielfältige Differenzierungsangebote organisiert werden mussten. Vor allem das nochmalige Schreiben von Hand (da die Arbeit am Computer nur sehr eingeschränkt möglich war) wurde ungern akzeptiert (Fix, 2000: 6). Der Schreiber werde bei der Überarbeitung noch einmal seinen Text und die Aufgabenstellung lesen, sofern sie oder er vorhabe, den Text zu überarbeiten. Nur mit Motivation gelinge Revision, daher sei auch die Rolle der Schreibaufgabe im Hinblick auf die Überarbeitung wichtig (Fix, 2000: 45). Wie komplex das Überarbeiten trotz aller methodischen und didaktischen Empfehlungen ist, zeigt zusätzlich folgendes Zitat: Die Untersuchung hat gezeigt, dass das Überarbeiten von Texten in der Schule didak‐ tisch sinnvoll ist, mehrheitlich zur Textoptimierung führt, Leistungsunterschiede zwi‐ schen den Schülern nicht nivelliert, von den Schülern insgesamt positiv aufgenommen wird […]. 38 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="39"?> Zugleich wurden Schwierigkeiten deutlich: Die Fähigkeit zur Problemdiagnose ist bei vielen Schülern schwach ausgeprägt, sie erkannten - auch trotz der Zusammenarbeit in Schreibkonferenzen - tiefer liegende Probleme in ihren Texten nicht, es fehlte ihnen an geeigneten Revisionsstrategien und an exekutiven Fähigkeiten, die durchgeführten Revisionen bezogen sich häufig nur auf lokale Korrekturen und auf Textsorten‐ normen, wobei es klare Unterschiede zwischen den beiden Schreibaufgaben gab (Fix, 2000: 320). Ein Grund für die Komplexität des Überarbeitens ist u. a. die Sprache selbst, denn die Schulsprache steht im Spannungsfeld zwischen Bildungssprache, Schrift‐ sprache sowie weiteren Sprachfeldern (Feilke, 2012a, siehe Abb. 8). Die Schriftsprache beeinflusst dabei die Sprachfelder in der Schule. Anderer‐ seits beeinflussen auch die Normen wie die der Literatursprache und der Wis‐ senschaftssprache von außen die Anforderungen an die Schriftsprache. In diesem Zusammenhang spricht sich Feilke für die „Transitnormen-These“ (Feilke, 2012b: 155) aus. Er argumentiert, dass die Schulsprache an sich schon ein Anforderungsbereich sei, die ein Schüler zu leisten habe und ihn dadurch vor eine zu überbrückende Barriere beim Schreiben stelle: Sprachnormen für den didaktischen Gebrauch sind insofern transitorische Normen. Im Sinne eines sozialkonstruktivistischen Denkansatzes sind sie nicht als Ziel, sondern als unterstützendes Mittel (Scaffolding) der Kompetenzentwicklung intendiert (Feilke, 2012b: 155). Es ist hier anzumerken, dass der Schüler einen Text nicht einfach in seiner individuellen eigenen Sprache schreiben kann und darf, sondern sich der Schüler im Kontext seiner Schule, seiner Klasse, seines Lehrers und seines Faches be‐ findet. Daher ist der Schreibunterricht aus der Schülerperspektive zu lenken, um ihn angemessen zu begleiten. 39 2.2 Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I <?page no="40"?> Abb. 8: Sprachfelder in der Schule (nach Feilke, 2012a: 6, 2011: o. S., vereinfachte Dar‐ stellung) Die dafür in den 1960er Jahren herbeigeführte „kommunikative Wende“ (Eichler & Henzel, 1998: 105) forderte dazu auf, den Blick auf die umgebende Situation zu richten, was verstärkt in den 1980er Jahren in der Sprachdidaktik weiterverfolgt wurde. Unterricht, und damit auch der Deutschunterricht, sollte eine Handlungs- und Schülerzentrierung als Merkmale einer guten Didaktik in‐ tegrieren (Eichler & Henzel, 1998: 109), was heute Eingang in die Unterrichts‐ entwürfe von Staatsexamensarbeiten im Referendariat, aber auch in die Kern‐ curricula für das Fach Deutsch findet. Eine weitere Anforderung neben den vorgestellten Methoden in der Schreibdidaktik ist der Einsatz Neuer Medien. Das Zeitalter der Neuen Medien ist auch in den Schulen angekommen. Längst wird die Arbeit mit Computern in den Rahmenlehrplänen der Schulen und damit in den Klassenzimmern verlangt. Im Kerncurriculum Deutsch in Niedersachsen wird der Umgang mit Neuen Medien gefordert, ob es das Erstellen von Power‐ Point-Präsentationen, das Erstellen von Tabellen, die Recherche im Netz oder das Schreiben mit WORD oder anderen Programmen ist. Dabei gilt es hervor‐ zuheben, dass zwar der PC immer wieder in allen Fächern gern als Recherche‐ instrument genutzt wird, aber das Schreiben von Geschäftsbriefen am Ende der Sekundarstufe I am ehesten nur durch das Verfassen von Bewerbungsan‐ schreiben durchgeführt wird. An einigen Schulen wird dies auch im Rahmen des Wirtschaftsunterrichts und der damit verbundenen Berufsorientierung ver‐ ankert (siehe Kapitel 2. 4). 40 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="41"?> An vielen Schulen wird von den Schülern in der neunten und/ oder zehnten Klasse ein Betriebspraktikum absolviert. Für dieses schreiben die Schüler eine Bewerbung mit Anschreiben und Lebenslauf. Es ist die erste reale Situation, in welcher sich der Schüler bewirbt und damit ‚Arbeitsluft schnuppert‘. Manche Betriebe sind so stark nachgefragt, dass die Bewerberliste sehr lang ist und es bezüglich der Bewerbungsunterlagen einer ersten Selektion der Praktikumsan‐ wärter bedarf. Weitere Textsorten, die auf das berufliche Schreiben vorbereiten, sind daher u. a. das Protokoll, die Vorgangsbeschreibung, die Gegenstandsbe‐ schreibung, die Einladung, das Formular, der Schreibplan, der Antrag, die Ent‐ schuldigung sowie die Beschwerde, der Versuchsablauf, die Beschreibung oder der Leihschein (ebd.). Dies soll nur eine Auswahl an schulischen Textsorten sein, die auch als „Transfer-Textsorten“ (Giera, 2010: 40) bezeichnet werden können, da sie auf den Übergang in die Berufswelt und die dortigen Schreibanforderungen vorbereiten. Die Schüler erlangen durch diese schulisch geprägten „Textformen“ (Pohl & Steinhoff, 2010: 6) Textsortenwissen, welches sie auf das berufliche Schreiben und die dort verankerten Textsorten übertragen können. Obwohl die berufli‐ chen Textsorten wie das Angebot oder die Reklamation noch nicht im Schul‐ curriculum verankert sind, kann die Argumentation grundsätzlich als eine wich‐ tige Kompetenzanforderung in der Sekundarstufe I betrachtet werden. Ergänzend dazu muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Kinder von klein auf mündlich argumentieren können. Dabei verteidigen sie ihre Haltung, um bestimmte Ergeignisse wie den Konsum von Süßigkeiten oder das längere Auf‐ bleiben zu erzielen. Argumentativ zu schreiben ist jedoch für die Sekundar‐ schüler eine Herausforderung, die regelmäßig in der MSA-Prüfung in der zehnten Klasse in Form einer dialektischen Erörterung verlangt wird. Die Argumentation als kommunikative Kompetenz hat ihren Ursprung in der klassischen Rhetorik, in der die Rede zunächst schriftlich vorbereitet und an‐ schließend vor einer Öffentlichkeit vorgetragen wird (Ossner, 2006: 75). Im schu‐ lischen Kontext wird dies mithilfe linearer und dialektischer Erörterungen schriftlich vorbereitet. In diesen entfalten die Schüler Pro- und Kontraargu‐ mente und stützen diese mit Beispielen sowie Belegen. Dafür müssen Teilargu‐ mente miteinander in Beziehung gebracht und verknüpft sowie gewichtet werden. In der neunten und zehnten Jahrgangsstufe werden zudem eine Erör‐ terungsfrage und die damit verbundene Thesenaufstellung vermittelt. Dafür wird eine dialektische Erörterung geschrieben, die sowohl die These, Antithese als auch die Synthese beinhaltet. Im Rahmen des Schreibunterrichts stellen die Erörterungen, gerade die dialektischen, eine schwierige Schreibaufgabe dar. 41 2.2 Schreibkompetenz vor der beruflichen Ausbildung am Ende der Sekundarstufe I <?page no="42"?> 1 Brinker (2010) gibt an, dass für eine Textsorte mehrere der fünf Grundfunktionen eine Rolle spielen können, jedoch dominiert meistens eine (Brinker, 2010: 78). Schwierige Schreibaufgaben zeichnen sich dadurch aus, dass die Texte ihre Funktion erst dann erfüllen, wenn das Gewusste für die Darstellung unter einer bestimmten Perspektive verändert wird. Die Logik des Gewussten muss mit dem Blick auf die kommunikative Funktion verändert werden (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 61). Die hauptsächliche kommunikative Funktionbei Argumentationen ist eine „Ap‐ pellfunktion“ (Brinker, 2010: 98), 1 in der die Adressaten durch einen begründeten Sachverhalt überzeugt und zu einer Handlung aufgerufen und beeinflusst werden (Heinemann & Heinemann, 2002: 187; Brinker, 2010: 101). Diese Funk‐ tion ist auch bei Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten deckungs‐ gleich. Die Verbraucher und Personalleiter sollen von einem Produkt, einer Dienstleistung oder von der sich bewerbenden Person überzeugt werden, was durch die Appellfunktion beider Textsorten zum Ausdruck kommt. Die Bewerber appellieren dafür, sie einzuladen, und die Verbraucher werden bei unverlangten Angeboten zum Kauf der Dienstleistung oder des Produktes aufgerufen. Daher sind auch in diesen Textsorten Argumente enthalten, die für die Dienstleistung oder Person sprechen. Somit können die Schüler beim Verfassen von Bewer‐ bungsanschreiben oder Angeboten auf die Kompetenz des Argumentierens zu‐ rückgreifen. Dieses Unterkapitel erklärt den Stellenwert des schriftlichen Argumentierens im Deutschunterricht am Ende der Sekundarstufe I. Es zeigt die Herausforde‐ rungen der Schriftsprache im schulischen Feld und die damit verbundenen Schreibschwierigkeiten für Schüler. Der Deutschlehrer hat durch die Formulie‐ rung der Schreibaufgabe die Möglichkeit, die Schreibmotivation zu fördern, muss jedoch auf die Heterogenität seiner Schreiber Acht geben. Daher sind als Unterstützungsmaßnahmen Mustertexte, Kriterienlisten, Textbausteine, Schreibkonferenzen und andere Feedbackverfahren im Schreibunterricht ein‐ zusetzen, um den Schreibprozess aller Schüler zu begleiten und die Schreib‐ kompetenz weiter aufzubauen. 42 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="43"?> 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung „Die Forschungsrichtung Writing at Work ge‐ winnt mit dem prognostizierten Übergang von der Informationsgesellschaft zur Wissens- und Servicesowie - weiter gefasst - zur Health-Care-Gesellschaft an Bedeutung. Jede der drei Entwicklungstendenzen verlangt von den Berufsausübenden erhebliche kommuni‐ kative Fähigkeiten“ ( Jakobs, 2005: 15). Das folgende Kapitel soll die Schreibanforderungen in der dualen Ausbildung verdeutlichen, die vorab mit Fakten zur dualen Berufsausbildung in Deutschland angereichert werden. 2.3.1 Die duale Ausbildung in Deutschland Neue gesellschaftliche Herausforderungen und Anforderungen werden durch die Politik beeinflusst. Die berufliche Bildung ist eng mit der Gesellschafts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik verbunden (Leischner, 1993: 7). Innerhalb der Eu‐ ropäischen Union ist die Berufsbildung durch die EG 1992 Art. 127 ein Politikfeld und wichtiger Zuständigkeitsbereich für alle EU-Länder: „Zwar sind die EU-Länder selbst für ihre Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zuständig, doch die EU unterstützt sie bei der Festlegung gemeinsamer Ziele und beim Austausch bewährter Verfahren“ (Europäische Union, 2018: o. S.). Die EU-Länder sollen dabei im Sinne der Harmonisierung voneinander lernen. 1993 wurden des Weiteren Leitlinien für das lebenslange Lernen entwickelt (Piehl & Sellin, 1995: 441 ff.; siehe Kapitel 1). Die Bildungspolitik in Europa for‐ dert Reformen im Bereich der beruflichen Ausbildung. In der beruflichen Bil‐ dung gibt es einen europäischen Handlungsstrang mit folgenden Zielen, der auch auf die berufliche Bildung in Deutschland übertragen wurde: Erleichterung der Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse, insbesondere durch berufliche Bildung und Umschulung; Verbesserung der beruflichen Erstausbil‐ dung und Weiterbildung zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung und Wie‐ dereingliederung in den Arbeitsmarkt; Erleichterung der Aufnahme einer beruflichen Bildung […] sowie Förderung und Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung zwischen Unterrichtsanstalten und Unternehmen; Ausbau des Informations- und Er‐ fahrungsaustausches über gemeinsame Probleme im Rahmen der Berufsbildungssys‐ teme der Mitgliedsstaaten (Leischner, 1993: 10). 43 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="44"?> Der Vergleich der Schulzeiten in den Bildungsbereichen Sekundarstufe I und Sekundarstufe II zeigt in Europa sehr unterschiedliche Schulsysteme: Die Sekundarstufe I erstreckt sich zwischen drei (wie in Belgien, Italien, Irland) und sechs Jahren (wie in einigen Bundesländern in Deutschland). Die Sekundarstufe II dauert zwei (wie in Großbritannien) oder bis zu fünf Jahre (wie in Italien sowie vereinzelt in Spanien) (Leischner, 1993: 11). Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Schüler in Europa überwiegend bis zum Ende der Sekundarstufe I eine Gesamtschule oder Einheitsschule besuchen, ganz konträr zu Deutschland, welches sehr lange an der Dreigliedrigkeit von Haupt-, Real‐ schule sowie Gymnasium festhielt, wobei die Förderschulen eigentlich als vierter Zweig ergänzt werden müssten (Leischner, 1993: 15). Die Mehrheit der Bundesländer trennt nicht mehr in Haupt- und Realschulen, sondern hat neue Schulformen mit Kurssystemen zur Fächerdifferenzierung entwickelt. Auch die gymnasiale Oberstufe wird durch diese Schulentwicklung nicht nur an Gymnasien, sondern auch an Gesamtschulen, Oberschulen oder Berufsbildenden Schulen angeboten. Der Terminus der Schulform ändert sich je nach Bundesland. Fakt ist jedoch, dass die allgemeine Hochschulreife nicht mehr nur am Gymnasium erreicht werden kann. Es kann ferner ausgeführt werden, dass das deutsche Bildungssystem in Pri‐ marbereich (Klasse 1-4/ 6), in Sekundarbereich I (Klasse 5/ 7-10) diverser Schul‐ formen, in Sekundarbereich II (ab Jahrgang 11 an diversen Schulformen wie Gymnasium oder berufliche Bildung an Berufsschulen) sowie in den Tertiärbe‐ reich, also die universitäre oder fach(hoch)schulische Aus- und Weiterbildung, aufgeteilt ist. Die Bildung ist im föderal organisierten Deutschland Ländersache, daher unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland die Zahl der Jahre in den verschiedenen Schulbereichen oder auch die Bezeichnungen und Formen der Schulen. In Niedersachsen wechseln die Grundschüler ab der fünften Klasse zur weiterführenden Schule im Sekundar-I-Bereich (Baethge, 2008). Im Jahr der Untersuchung (2013) konnte in Niedersachsen der Übergang zum Gymnasium, zur Hauptschule, zur Realschule, zur Gesamtschule oder zur Ober‐ schule je nach Leistung des Kindes erfolgen. Doch schon zu diesem Zeitpunkt waren die eher leistungshomogenen Real- und Hauptschulen „Ausläufer“ und wurden durch Oberschulen oder Gesamtschulen ersetzt. In beiden Schulformen wird der Deutschunterricht nach einer anfänglichen Phase der Orientierung dennoch leistungshomogen in Kursen auf dem Realschul-, Hauptschul- oder Gymnasialniveau organisiert. Ziel dieser bildungspolitischen Maßnahme ist die Erhöhung der Bildungs‐ chancen aller Kinder im Gegensatz zur jahrelang anhaltenden Stigmatisierung der Hauptschüler. Zehntklässler aller Schulformen schreiben die Abschlussprü‐ 44 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="45"?> fung in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch für den zentralen Mitt‐ leren Schulabschluss (MSA) in allen Bundesländern. Die darin geforderten Kom‐ petenzen sollen Schülern eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. In den Klassen der Berufsschulen sind Schüler aller Schulformen anzutreffen. Dadurch sind die Berufsschulklassen sehr leistungsheterogen. Dennoch streben eher Hauptschul- und Realschulabsolventen eine duale Berufsausbildung an als Gym‐ nasiasten, die mehrheitlich den Fokus auf ein Studium legen. Die berufliche Bil‐ dung in Deutschland innerhalb der Sekundarstufe II zeigt, dass Deutschland mo‐ mentan überwiegend dual ausbildet, jedoch die meisten anderen europäischen Länder berufliche Vollzeitschulen oder eine vollbetriebliche Ausbildung vor‐ weisen (Leischner, 1993: 15): Unter ‚dualem System‘ bzw. ‚dualer Berufsausbildung‘ versteht man eine Ausbil‐ dungsform, die die Ausbildung im Betrieb und den Unterricht in der Berufsschule umfaßt. Gemeinsames Ziel von Betrieb und Berufsschule ist die Vermittlung der ge‐ forderten Kenntnisse und Fertigkeiten für den zu erlernenden Beruf (Leischner, 1993: 28). Staaten mit überwiegend betrieblicher Ausbildung sind Deutschland, Dänemark, Österreich und die Schweiz, jene mit schulischer Ausbildung Frankreich, Bel‐ gien, Italien, die Niederlande, Finnland, Schweden, Norwegen und die Länder der ehemaligen Sowjetunion. Die betriebliche Ausbildung hat in Großbritan‐ nien, Luxemburg und Irland Bestand (Schaper et al., 2000: 262). Deutschland hebt sich durch die duale Ausbildung in Europa besonders hervor: Im Zusammenhang mit der Entwicklung des gemeinsamen europäischen Binnen‐ marktes wird das duale System im Vergleich mit dem Bildungssystem der übrigen europäischen Länder besonders hervorgehoben und sogar als ‚Exportschlager‘ der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet (Leischner, 1993: 36). Schon im Mittelalter gab es im deutschen Raum durch die Innungen, Zünfte und Gilden Regeln für die berufliche Ausbildung, rechtliche Mindestnormen wurden hingegen erst 1869 durch die Gewerbeordnung und 1897 durch das Handelsge‐ setzbuch eingeführt. Die Kammern bekamen 1897 durch das Preußische Gesetz ihre rechtliche Legitimität zur Regelung der Berufsbildung. 1930 wurde den Kammern noch mehr Selbstverwaltung für die berufliche Bildung gegeben. 1970 wurde dem Staat die berufliche Bildung als Aufgabe übertragen (Leischner, 1993: 28 f.). Das duale System hat sich in den letzten 200 Jahren erheblich ver‐ ändert, aber ein Teil ist geblieben - die betriebliche Ausbildung und der berufs‐ schulische Unterricht (Schaper et al., 2000: 26), die auch im Grundgesetz recht‐ lich verankert sind: 45 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="46"?> Nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und den entsprechenden Verfassungen der Länder steht das gesamte Schulwesen unter Aufsicht des Staates. Schulen und Hochschulen sind in der Regel staatliche Einrichtungen der Länder. Im Bereich der beruflichen Bildung ist der Bund für die betriebliche Ausbildung zu‐ ständig, für das berufliche Schulwesen sind die Länder zuständig (Leischner, 1993: 19). Auch die berufliche Ausbildung in Deutschland unterliegt einem ständigen Pro‐ zess, denn Theorie und Praxis werden aufeinander abgestimmt und von außen beeinflusst. Grundlegend dafür sind Interessengruppen der verschiedenen dualen Partner, nämlich „Ausbildungsplanung der Wirtschaft und Bildungspla‐ nung des Staates“ (Leischner, 1993: 36). Eine Herausforderung besteht darin, die hohe Qualität der dualen Berufsausbildung zu halten. Berufliche Erstausbildung und Umschulung werden auf der Makroebene didaktischer Planung über Curricula zu steuern gesucht, die zentral von Ausschüssen des Bundes‐ instituts für Berufsbildung entwickelt werden. Sie bestehen für den betrieblichen Teil der Ausbildung aus der Ausbildungsordnung mitsamt Berufsbild und Ausbildungs‐ rahmenplan, für den berufsschulischen Teil aus dem Rahmenlehrplan für die vier fachtheoretischen Kernfächer (Reetz & Seyd, 1995: 205). Drei bildungspolitische Akteure nehmen neben dem Betrieb und der Schule zudem Einfluss auf die duale Ausbildung: das Bundesministerium der Justiz, die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder und die Kammern. Werden alle drei bildungspolitischen Akteure mit ihren Merkmalsbeschreibungen für die berufliche Bildung in der BRD zusammengefasst, kommen folgende Aufgaben‐ schwerpunkte zum Vorschein: Das Bundesministerium der Justiz akkreditiert die Ausbildungsberufe, die Kultusministerkonferenz implementiert die Rahmenlehrpläne für die berufliche Bildung in den Berufsschulen und die Industrie- und Handels‐ kammer ist für die Betreuung der Ausbildungsbetriebe und die Abnahme der Prü‐ fungen verantwortlich (Giera, 2010: 19). Die Kooperation und das Zusammenspiel aller drei bildungspolitischen Akteure sind Voraussetzung für die Qualität und Struktur der dualen Ausbildung in der BRD. Für die Ausführung sind allerdings zwei weitere Kooperationspartner prä‐ gend: Die Berufsschulen in Deutschland sollen die Theorie und die Betriebe die Praxis vermitteln. Beide Kooperationspartner fokussieren die berufliche Hand‐ lungsfähigkeit (§ 14 BBiG, 2005, siehe Abb. 9). Es wird von dualer Ausbildung gesprochen, da sowohl der Ausbildungsbetrieb als auch die Berufsschule kooperative Partner in der Ausbildungszeit eines Aus‐ zubildenden sind. Während der Ausbildungsbetrieb eher die fachpraktische Vermittlung von Fertigkeiten und Fähigkeiten im jeweiligen Berufsbild über‐ 46 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="47"?> nimmt, legt die Berufsschule ihren Fokus auf die fachtheoretische Vermittlung (siehe Abb. 9). Es wird von dualer Ausbildung gesprochen, da sowohl der Ausbildungsbetrieb als auch die Berufsschule kooperative Partner in der Ausbildungszeit eines Auszubildenden sind. Während der Ausbildungsbetrieb eher die fachpraktische Vermittlung von Fertigkeiten und Fähigkeiten im jeweiligen Berufsbild übernimmt, legt die Berufsschule ihren Fokus auf die fachtheoretische Vermittlung (siehe Abb. 9). Abb. 9: Kooperationspartner der dualen Ausbildung (eigene Darstellung) Im Rahmen der dualen Ausbildung besteht Berufsschulpflicht, auch wenn die Auszubildenden volljährig sind. Damit soll die fachliche Qualität der Ausbildung gewährleistet werden. An den Berufsschultagen sind die Auszubildenden von der Arbeit im Betrieb befreit (§ 15 BBiG, 2005). Die Berufsschule besuchen die Auszubildenden entweder einbis zweimal pro Woche, im Ausbildungsbetrieb arbeiten sie an den restlichen drei bis vier Tagen. Alternativ kann Blockunterricht durchgeführt werden. Die Unterrichtstage an der Berufsschule werden komprimiert, und in regelmäßigen Abständen finden reine Schulwochen statt. So gibt es in diesem Falle reine Berufsschulwochen und reine Arbeitswochen im Betrieb. Der Berufsschulunterricht wird nach den Vorschriften des § 26 BBiG in drei Phasen unterteilt: Das erste Jahr umfasst die Phase der Grundbildung (Grundfertigkeiten und Grundkenntnisse), darauf foglen die Phase der allgemeinen beruflichen Fachbildung und im dritten Jahr die Phase der Vermittlung. Seit den 1970er Jahren ist das Curriculum in der beruflichen Bildung geprägt vom Leitbegriff der handlungsorientieren Berufsbildung (Arnold et al., 1995: 13). Bis heute hat an Berufsschulen die Handlungsorientierung im Unterricht eine besondere Stellung inne. Rückblickend zeigt die Historie der beruflichen Bildung schon im Mittelalter, dass das Handeln und Tun während des Ausbildungsprozesses nichts Neues sind (Czycholl & Ebner, 1995: 41). Vielmehr wird durch diesen Begriff daran erinnert, in der beruflichen Ausbildung Lernarrangements zu schaffen, die „[…] authentische, simulierte und/ oder symbolisch repräsentierte Arbeitshandlungen ermöglichen“ (Czycholl & Ebner, 1995: 40). Dabei wird der Lehrer an Berufsschulen eher als Lernberater gesehen. Er ist für ein selbstgesteuertes und entdeckendes Lernen verantwortlich, um Lösungen entwickeln und auszuprobieren zu lassen. In dieser Rolle hat er eine hohe Verantwortung für die Planung, muss sich jedoch bei der Durchführung zurückhalten (Pätzold, 1995: 169). Im Anschluss sollten in einer Reflexionsphase die Handlungen bewertet werden. Duale Berufsausbildung Ausbildungsbetrieb: Vermittlung der Praxis Berufsschule: Vermittlung der Theorie Abb. 9: Kooperationspartner der dualen Ausbildung (eigene Darstellung) Im Rahmen der dualen Ausbildung besteht Berufsschulpflicht, auch wenn die Auszubildenden volljährig sind. Damit soll die fachliche Qualität der Ausbildung gewährleistet werden. An den Berufsschultagen sind die Auszubildenden von der Arbeit im Betrieb befreit (§ 15 BBiG, 2005). Die Berufsschule besuchen die Auszubildenden entweder einbis zweimal pro Woche, im Ausbildungsbetrieb arbeiten sie an den restlichen drei bis vier Tagen. Alternativ kann Blockunter‐ richt durchgeführt werden. Die Unterrichtstage an der Berufsschule werden komprimiert, und in regel‐ mäßigen Abständen finden reine Schulwochen statt. So gibt es in diesem Falle reine Berufsschulwochen und reine Arbeitswochen im Betrieb. Der Berufs‐ schulunterricht wird nach den Vorschriften des § 26 BBiG in drei Phasen un‐ terteilt: Das erste Jahr umfasst die Phase der Grundbildung (Grundfertigkeiten und Grundkenntnisse), darauf foglen die Phase der allgemeinen beruflichen Fachbildung und im dritten Jahr die Phase der Vermittlung. Seit den 1970er Jahren ist das Curriculum in der beruflichen Bildung geprägt vom Leitbegriff der handlungsorientieren Berufsbildung (Arnold et al., 1995: 13). Bis heute hat an Berufsschulen die Handlungsorientierung im Unterricht eine besondere Stellung inne. Rückblickend zeigt die Historie der beruflichen Bil‐ dung schon im Mittelalter, dass das Handeln und Tun während des Ausbil‐ dungsprozesses nichts Neues sind (Czycholl & Ebner, 1995: 41). Vielmehr wird durch diesen Begriff daran erinnert, in der beruflichen Ausbildung Lernarran‐ gements zu schaffen, die „[…] authentische, simulierte und/ oder symbolisch re‐ präsentierte Arbeitshandlungen ermöglichen“ (Czycholl & Ebner, 1995: 40). Dabei wird der Lehrer an Berufsschulen eher als Lernberater gesehen. Er ist für ein selbstgesteuertes und entdeckendes Lernen verantwortlich, um Lösungen entwickeln und auszuprobieren zu lassen. In dieser Rolle hat er eine hohe Ver‐ 47 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="48"?> antwortung für die Planung, muss sich jedoch bei der Durchführung zurück‐ halten (Pätzold, 1995: 169). Im Anschluss sollten in einer Reflexionsphase die Handlungen bewertet werden. Durch dieses Vorgehen werden das Denken, Können und Wissen vereint (Pätzold, 1995: 168). Folgende Methoden empfiehlt Pätzold (1995: 168) dabei: problemorientiertes Lernen, entdeckendes Lernen, si‐ tuatives Lernen, Modellieren, Projektlernen sowie Lernen in Gruppen, Plan‐ spiele, Experimente und Erkundungen. In Betrieben sind das Vorzeigen bestimmter Fertigkeiten und das Nachahmen mit mehreren Übungsphasen und verbalen Wiederholungen üblich (Pätzold, 1995: 164). Im Gegensatz zur Berufsschule kann das entdeckende Lernen ein Ri‐ siko sein, wenn betriebliche Abläufe dadurch gestört werden. Das Vorführen von neuen Arbeitsabläufen erfordert vom Auszubildenden eine hohe Aufmerk‐ samkeit und weckt seine Sinne durch das Hören und Sehen. Die verbale Wie‐ derholung memoriert jeden Arbeitsschritt und das Nachahmen selbst ergänzt somit das Lernen mit allen Sinnen. „Häufige Wiederholungen des Lernvorgangs führen dazu, dass sich das Lernergebnis - das heißt das neu gelernte Verhalten - stabilisiert“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 119). Die praktische Un‐ terweisung am Arbeitsplatz erfolgt u. a. durch eine Vielzahl an Methoden, wobei die Vier-Stufen-Methode von Ch. R. Allen (USA) aus dem Jahr 1919 bis heute benutzt wird, gerade in kleineren handwerklichen Betrieben. Die vier Schritte der Unterweisung lauten wie folgt: „1. Vorbereitung des Auszubildenden und des Arbeitsplatzes, 2. Vormachen des Ausbildungsinhaltes durch den Ausbilder, 3. Nachmachen des Ausbildungsinhaltes durch den Auszubildenden, 4. Üben der erworbenen Fertigkeiten durch den Auszubildenden“ (Schaper et al., 2000: 123). Immer mehr haben sich gerade in Großbetrieben als Vorreiter auch andere handlungsorientierte Methoden durchgesetzt, z. B. die Simulation oder Rollen‐ spiele. So gibt es in vielen Betrieben das Projekt, dass die Auszubildenden ein Unternehmen für einen Tag im operativen Geschäftsbereich leiten. Das selbst‐ ständige Lernen gilt dabei als Grundprinzip der Handlungsorientierung, welche seit 1995 Leitbild in der beruflichen Bildung ist (Schaper et al., 2000: 134). Schlüs‐ selqualifikationen während der Berufsbildung sind insbesondere: 1. Berufliche Handlungsfähigkeit, 2. Problemlösefähigkeit, 3. Kooperations- und Beteili‐ gungsfähigkeit (Schaper et al., 2000: 132). Im Beruf wird somit ein Bündel an Kompetenzen gefordert, die auf eine Weiterentwicklung nach der Schule ab‐ zielen: „Wenn Bildung auf Persönlichkeitsentfaltung und Selbstverwirklichung 48 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="49"?> und Kompetenz auf gesellschaftliche Handlungsfähigkeit zielt, dann ist jedem Individuum beides zu wünschen“ (Efing, 2013a: 13). Die Handlungskompetenz ist folglich der Indikator für beruflichen Erfolg. Diese wird u. a. durch das Modell der vollständigen Handlung gefördert: 1. In‐ formationsphase, 2. Planungsphase, 3. Entscheidungsphase (wer macht was im Team), 4. Ausführungsphase (oft Vier-Stufen-Methode), 5. Kontrollphase mit Selbstkontrolle und 6. Bewertungsphase (Ausbildungsnachweis wie Lerntage‐ buch als Zeichen der Reflexion) (Schaper et al., 2000: 140). Damit die Ausbildung rechtlich abgesichert ist, ist folgender Ablauf sehr gängig: In einem Berichtsheft hält der Auszubildende den Ausbildungsablauf als Wochen- oder Tagesbericht schriftlich fest. Dieses Heft wird dem Prüfungsaus‐ schuss sowohl bei der Zwischenprüfung in der Mitte der Ausbildungszeit als auch zur Abschlussprüfung vorgelegt. Alle staatlichen dualen Berufsausbil‐ dungen werden nach den jeweiligen Ausbildungsverordnungen vollzogen. Der Ausbildungsbetrieb plant die Ausbildung nach dieser Verordnung und muss dies transparent im Berichtsheft dokumentieren, damit der Auszubildende weiß, in welchem Ausbildungsjahr welche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben sind (BMBF, 2010a: 3, 13; § 13 BBiG, 2005). Die Berufsschulen hingegen orientieren sich an den Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (§§ 4,5; § 25 HwO, 1998). In den meisten Fällen dauert die duale Berufsausbildung zwischen zwei und vier Jahren und endet nach dem Bestehen der Abschlussprüfung (§ 37 BBiG, 2005; § 31 HwO, 1998). In dieser wird die berufliche Handlungsfähigkeit der Auszubildenden geprüft (BMBF, 2010: 25). Zugelassen werden die Auszubildenden zur Abschlussprüfung, wenn sie er‐ folgreich an der Zwischenprüfung teilgenommen haben, die schriftlichen Aus‐ bildungsnachweise durch den Berichtshefter vorweisen können und die Aus‐ bildung in der vorgeschriebenen Ausbildungsdauer absolviert haben (BMBF, 2010: 25). Die Abschlussprüfung setzt sich aus einer schriftlichen und einer praktischen Prüfung zusammen (BMBF, 2010: 26). Die schriftlichen Abschluss‐ prüfungen der kaufmännischen Prüfungen der Industrie- und Handelskammern werden z. B. zentral und bundeseinheitlich durch die Aufgabenstelle für kauf‐ männische Abschlussprüfungen und Zwischenprüfungen (kurz: AkA), die Zen‐ tralstelle für Prüfungsaufgaben der Industrie- und Handelskammern (ZPA-Nord-West) sowie von der Industrie- und Handelskammer Region Stutt‐ gart (IHK, 2010) geplant: Die AkA ist eine Gemeinschaftseinrichtung zur überregionalen Erstellung von Prü‐ fungsaufgaben für kaufmännische und kaufmännisch-verwandte Ausbildungsberufe, wie zum Beispiel der Ausbildungsberuf Kaufmann für Versicherungen und Finanzen. 49 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="50"?> 2 Aus rechtlichen Gründen darf keine Beispielprüfung zur Veranschaulichung verwendet werden. Die Geschäftsführung hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken inne (AkA, 2011). Die Mehrheit der IHKs bezieht ihre schriftlichen Abschlussprüfungen von dieser Stelle. So sind dem AkA-Verbund schon 45 IHKs von 10 Bundesländern beigetreten (ebd.). Auch die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg nutzt von dieser Einrich‐ tung einen Teil ihrer Prüfungen (ebd.). Die Zentralstelle für Prüfungsaufgaben der Industrie- und Handelskammern (ZPA-Nord-West) ist eine Gesellschaft mit Sitz in Köln, die mit den Bundesländern Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bundesein‐ heitliche Zwischen- und Abschlussprüfungen für die IHKs erstellt. Des Weiteren or‐ ganisiert sie auch den Druck und die Verteilung dieser Aufgaben an die IHKs (ZPA-Nord-West, 2011). Die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart erstellt im Rahmen der Prüfungs‐ aufgaben- und Lehrmittelentwicklungsstelle (PAL) Aufgabensätze für die gewerb‐ lich-technischen Berufe, wie zum Beispiel für den Elektroniker für Automatisierungs‐ technik (IHK Region Stuttgart, 2011) (Giera, 2010: 24). Während der Ausbildung werden sowohl vom Rahmenlehrplan für die Berufs‐ schulen der Kultusministerkonferenz als auch von der Ausbildungsverordnung durch das Bundesministerium der Justiz das Schreiben in bestimmten beruflichen Situationen und die damit verbundenen Textsorten vorgeschrieben (BMJ, 1998). Auch in bestimmten Abschlussprüfungen kommt das Schreiben von Textsorten zum Tragen. Ergänzend dazu soll der Ablauf einer Abschlussprüfung näher ver‐ anschaulicht werden - der Ablauf und Inhalt der Abschlussprüfung der Hotel‐ fachleute im IHK-Bezirk Lüneburg-Wolfsburg: 2 Beispiel: Zunächst müssen die angehenden Hotelfachleute an einem Tag eine schriftliche Abschlussprüfung ablegen. Diese Prüfung besteht aus mehreren Prü‐ fungsteilen, u. a. WISO (Wirtschaft und Soziales), Fachrechnen sowie Fachtheorie. Mehrere Wochen danach beginnt der praktische Teil der Prüfung. Am zweiten Prü‐ fungstag erhalten die Prüflinge eine komplexe Prüfungsaufgabe, welche vom Prü‐ fungsausschuss erstellt wird. Es wird eine Situation im Beruf vorgegeben. Die Prüf‐ linge müssen zunächst ein Marketingkonzept für ein Arrangement mit zwei Übernachtungen, Verpflegung und Extras für ein bestimmtes Datum und eine Ziel‐ gruppe mit einer genauen Preisangabe und Auflistung aller Aktivitäten erstellen. Daraufhin muss im nächsten Schritt ein unverlangtes Angebot (in der Aufgabe Werbebrief genannt) am PC erstellt und ausgedruckt werden. Des Weiteren kann 50 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="51"?> eine weitere Aufgabe, wie z. B. die Erstellung einer Zimmercheckliste, ergänzt werden. Der Prüfungsausschuss bewertet zeitnah am gleichen oder darauffol‐ genden Tag dieses Marketingkonzept sowie die Erfüllung der weiteren genannten Aufgaben. Für das Bewerten des unverlangten Angebots gibt es eine Checkliste. Zwei Prüfer bewerten unabhängig diese Briefe und führen ihre Ergebnisse zu‐ sammen. Ein paar Tage später erscheint der Prüfling zum dritten Tag. An diesem muss er zwei fachpraktische Aufgaben an einem Vormittag lösen. Das kann das Checken (mit seiner selbsterstellten Checkliste) eines Zimmers mit dazugehörigen Fragen, das Arbeiten an der Rezeption mit einer berufstypischen Situation wie das Ein- oder Auschecken oder ein Telefonat mit einem Gast sein, der das schriftliche Angebot erhalten und nun Fragen hat, die er vor der Buchung beantwortet haben möchte. Als weitere Option ist auch das Arbeiten im Restaurant möglich, in das Gäste aus der Region eingeladen werden, wobei die Prüflinge den Restaurantfach‐ leuten als Commis (Helfer) zuarbeiten müssen. Bei allen Prüfungsaufgaben ist die situative und möglichst authentische Aufgabenstellung das Ziel. So gibt es in vielen Berufsschulen eine nachgebaute Rezeption, ein Hotelzimmer sowie eine funktions‐ fähige und voll ausgestattete Küche, eine Bar und ein nachgebautes Restaurant. Der Ausbildungsvertrag endet mit erfolgreichem Bestehen der Abschlussprüfung. Die Auszubildenden erhalten zunächst am letzten Tag der Prüfung vom Prüfungs‐ ausschuss eine schriftliche Bestätigung darüber. Das Prüfungszeugnis hingegen wird von der regional bezogenen Industrie- und Handelskammer für kaufmänni‐ sche Berufe erstellt und durch die Zeugnisübergabe im feierlichen Rahmen die Ausbildungszeit beendet (BMBF, 2010b: 27). Die Struktur und der Ablauf der dualen Ausbildung zeigen im ersten Fazit, dass diese von der Bildungspolitik und den rechtlichen Rahmenbedingungen ab‐ hängig sind. Der Einblick in einen prototypischen Ausbildungsverlauf demons‐ triert die Zusammenarbeit mehrerer Ausbildungspartner und das Anwenden von handlungsorientiertem und selbstständigem Lernen. Im Folgenden werden die aktuellen Daten und Fakten zur dualen Ausbildung in Deutschland näher erläutert: Die Ausbildungskammern wie die IHK und HWK (Handwerkskammer) ringen um geeignete Bewerber: „Bis 2030 wird es drei Millionen mehr Akademiker geben und eine Million weniger Fachkräfte“ (Schmickler, 2016: 3). Momentan sind die Ausbildungschancen in Deutschland gut. Dennoch kritisieren auch immer wieder Ausbilder die mangelnden Schul‐ leistungen der Ausbildungsplatzbewerber - Lehrstellen bleiben dadurch unbe‐ setzt (ebd.). An vielen Orten Deutschlands gibt es Ausbildungsmessen, Speed‐ datings mit Bewerbern, teilweise in den Schulen selbst, Schnuppertage wie den Zukunftstag, vielfältige Praktikumsangebote in Ausbildungsbetrieben sowie au‐ ßerschulische Projekte mit Ausbildungsbetrieben und Kammern. Vor mehr als 51 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="52"?> 3 In anderen Bundesländern gibt es dafür andere Bezeichnungen, die sich aufgrund der Länderhoheit im Bereich der Bildung unterscheiden. zwanzig Jahren war das nicht vorstellbar. Die Ausbildungsplatzsituation war deutlich anders als heute. Schon Realschulabsolventen standen damals in Kon‐ kurrenz mit Abiturienten um einen Ausbildungsplatz. Die Ausbildungsbetriebe hatten eine breite Auswahl an Bewerbern. Genau dieser Punkt änderte sich, als sich die Zahl der Studierenden erhöht hat. Die neue bildungspolitische Linie setzt auf eine höhere Anzahl von Abiturienten und Studierenden. Die in Deutschland stark verbreitete Dreigliedrigkeit des Schulsystems in Sekundarstufe I (Hauptschule, Realschule und Gymnasium) wurde zugunsten von mehr Gemeinschaftsschulen, 3 Oberschulen, Gesamtschulen immer stärker aufgebrochen. Das Ziel besteht darin, das Schulsystem noch durchlässiger zu gestalten und den Schülern mehr Chancen zu geben, sich im Laufe der Schulzeit zu entwickeln. Ergebnis ist, dass die Oberschulen weniger Ansehen haben, wenn auf diesen kein Abitur angeboten wird. Die Gesamtschule mit ihrem breiten Angebot an Abschlussmöglichkeiten hat hingegen einen großen Zulauf, und auch die Gymnasien sind weiterhin attraktiv. Viele Eltern sind bestrebt, ihren Kindern die bestmöglichen Wege zu offerieren, auch wenn das Leistungsver‐ mögen des Kindes unter den Anforderungen der jeweiligen Schule liegt. Während die Schullandschaft mit ihren schulischen Möglichkeiten, einen Abschluss zu erwerben, immer mehr aufblüht, ringen die Ausbildungsbetriebe um Auszubildende. Die Attraktivität, eine duale Ausbildung zu absolvieren, nimmt ab. Allein 2016 wurden in Deutschland ca. 480.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Zwischen 2009 und 2017 sank die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in betrieblichen Ausbildungen von 518.505 (2009) auf 507.772 (2017) leicht (Bundesagentur für Arbeit, 2018). Der Rückgang der abge‐ schlossenen Ausbildungsverträge zwischen 2006 bis 2015 kann auf 50.000 be‐ ziffert werden (BiBB, 2016). Doch die deutschen Unternehmen benötigen Fach‐ kräfte, obwohl nach Schätzungen nur noch jede fünfte Firma in Deutschland auch Ausbildungsplätze anbietet (Schmickler, 2016: 2). 80.000 Ausbildungsplatz‐ bewerber bleiben ohne Lehrstelle und 270.000 Jugendliche absolvieren Praktika oder Kurse (AGJ, 2017). Einige Branchen wie die Hotellerie und Gastronomie liegen weniger im Interessenfeld der Schulabgänger und können daher ihre freien Ausbildungsstellen kaum besetzen (Schmickler, 2016: 3; BiBB, 2018). Gewisse Berufe sind durch die Ausbildungsinhalte, -zeiten und -entgelte nicht attraktiv genug für die Jugendlichen (Schmickler, 2016: 2). So sehe Schmickler (2010: 2) die Angebot-Nachfrage-Relation seit mehr als einem Jahrzehnt unaus‐ geglichen. Die Ursache sei jedoch auch auf Seiten der Unternehmen zu suchen. 52 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="53"?> Schulabgänger mit Hauptschulabschluss werden von den Unternehmen immer noch ungern für eine Ausbildung genommen, obwohl gerade diese sich um den Fachkräftenachwuchs kümmern müssten (Schmickler, 2016: 3). Die Abbildung 10 verdeutlicht dieses Manko visuell. Abb. 10: Aktuelle Ausbildungssituation in Deutschland (eigene Darstellung) Des Weiteren erscheint vielen Jugendlichen mit höherem Bildungsabschluss ein Studium aufgrund der besseren finanziellen Zukunftsaussichten und des hö‐ heren Ansehens in der Gesellschaft attraktiver (Schmickler, 2016: 3). Begünstigt wird dieser Wandel u. a. durch die zunehmende Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems, welches z. B. in Niedersachsen unter bestimmten Bedin‐ gungen wie Ausbildungsabschluss und Facharbeiterjahre auch ein fachbezo‐ genes Studium ohne Abitur erlaubt. Des Weiteren unterliegt der deutsche Ar‐ beitsmarkt einem Wandel. Viele Jobs gibt es nun nicht mehr im Handwerk, sondern in der Dienstleistung. Die aktuellen Zahlen und Daten zum Status quo der Berufsausbildung für die Jahre 2014 bis 2017 zeigen, dass eine Zunahme an unbesetzten Ausbildungs‐ stellen zu beobachten ist. Waren es im Zeitraum 2014/ 15 noch 41.040, stieg die Zahl 2016/ 2017 auf 48.984 (Bundesagentur für Arbeit, 2017). Der heutige Schul‐ abgänger hat somit eine breite Auswahl an Ausbildungsmöglichkeiten. Um den Fachkräftenachwuchs zu sichern, wurde bereits 2004 der Nationale Ausbil‐ dungspakt (Bundesagentur für Arbeit, 2009; KMK, 2010) beschlossen, der die Ausbildung auf dem Markt der Schulabgänger wieder attraktiv gestalten sollte, 2006 verlängert wurde und bis heute besteht. Dabei sind Betriebe angehalten, mehr Ausbildungsplätze anzubieten, um damit den fehlenden Fachkräftenach‐ wuchs abzumildern. Weitere Kennzahlen der beruflichen Bildung zeigen, dass es insgesamt 1,3 Millionen Auszubildende in Deutschland gibt, davon sind 770.100 im Bereich Industrie und Handel und 362.400 im Handwerk tätig. Die Landwirtschaft verzeichnet 33.000 Auszubildende, der Öffentliche Dienst 37.500, die Freien Berufe 110.100 und die Hauswirtschaft 5.600 Auszubildende (Statisti‐ sches Bundesamt, 2017a). Die Zahl der Studenten liegt deutlich höher, nämlich bei 1,7 Millionen, Tendenz steigend (ebd.). Der jährliche Ausbildungsmarktbe‐ richt der Bundesagentur für Arbeit zeigt seit dem Beratungsjahr 2012/ 2013 (jährlich vom 01. 10. bis 30. 09. des Folgejahres), dass die Mehrheit der Schulab‐ gänger keine Studienberechtigung hat und diese somit im Sekundar-II-Bereich 53 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="54"?> an berufsbildenden Schulen sind, wobei nicht alle Schulabgänger sofort ein Stu‐ dium oder eine Berufsausbildung beginnen (Statistisches Bundesamt, 2017a). Wird nach Rangfolge sortiert, liegen auf dem ersten Rang die Kaufleute für Bü‐ romanagement, auf dem zweiten die Einzelhandelskaufleute und auf dem dritten Verkäufer (BiBB, 2017). Aus den Zahlen und Fakten zur Verteilung der Schulabschlüsse und der Berufs‐ ausbildung kann geschlussfolgert werden, dass die Mehrheit der Schulabgänger keine Studienberechtigung vorweisen kann und sich daher für eine Berufsaus‐ bildung entscheidet. Sofern eine Berufsausbildung angestrebt wird, fällt die Wahl eher auf eine duale Ausbildung im Bereich der Industrie- und Handels‐ kammer. Es zeigt sich, dass aus Sicht der Schulabgänger eher kaufmännische Berufe und damit IHK-Ausbildungen begehrt sind. 2.3.2 Schreiben in der dualen Ausbildung Schreiben im Ausbildungsberuf erfordert Kooperationen und integriert mehrere Beteiligte bei der Textproduktion, denn der Schreiber agiert nicht unabhängig und allein, sondern ist Teil eines Unternehmens und muss sich in dieses hier‐ archische Feld integrieren, wie die Abbildung 11 zeigt, die im Weiteren erläutert wird ( Jakobs, 2005: 13 ff.): Abb. 11: Schreibkomponenten am Arbeitsplatz (nach Jakobs, 2005: 17) 54 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="55"?> Der Schreiber hat die Schreibaufgabe im Blickfeld und nutzt dabei sein Know-how, seine Motivation und seine Erfahrungen, um mit dieser Aufgabe umzugehen. Das Schreiben wiederum ist Teil der Aufgaben am Arbeitsplatz. Vorgesetzte, Kollegen, Ressourcen, Vorgaben wie Textmuster sind einige Para‐ meter davon. Der Arbeitsplatz ist wiederum Teil eines Unternehmens und somit organisatorisch den Unternehmenszielen zugehörig. Das Unternehmen ist Teil einer Branche bzw. berufsspezifischen Domäne. In dieser gelten bestimmte Normen und Werte der schriftlichen Interaktion: „In ihr finden sich die Dis‐ kursgemeinschaften, in denen bzw. für die Texte entstehen, und damit ebenfalls potenzielle Adressaten“ ( Jakobs, 2005: 18). Jede Domäne ist Teil eines Kultur‐ raums, welcher sozial, kulturell und zeitlich geprägt ist, „[…] aus dem spezifi‐ schen Normen, Anspruchshaltungen und Erwartungen resultieren, rechtliche und gesetzliche Vorgaben, spezifische Wertesysteme u. a. m.“ ( Jakobs, 2005: 19). Für den beruflichen Textproduktionsprozess werden erst im Laufe der be‐ ruflichen Erfahrungen Fähigkeiten sowie „[…] fachbezogene, rhetorische, text‐ sorten-, adressaten- oder medienspezifische“ ( Jakobs, 2005: 23) Kompetenzen entwickelt. Die kooperative Textproduktion ist ein Teil davon, denn gerade im beruflichen Alltag zirkulieren Textentwürfe, bevor sie versandt werden - das sogenannte „Document cycling“ ( Jakobs, 2005: 24) ist gängig, um dem betrieb‐ lichen Qualitätsanspruch der Texte zu genügen: […] Schärfer formuliert, ist fehlende Text- und Schreibkompetenz ökonomisch nicht vertretbar. Defizitäre Darstellungen erhöhen den zeitlichen, kognitiven und emotio‐ nalen Rezeptionsaufwand des Adressaten. Sie erzeugen nicht nur Frust und zusätz‐ liche Arbeitszeit, sondern häufig auch Fehlleistungen aufgrund unpräziser, fehler‐ hafter oder unvollständiger Informationen sowie zeitlichen und monetären Mehraufwand durch ‚Reparaturversuche‘ defizitärer Kommunikationsarbeit ( Jakobs, 2008: 3). Das Schreiben in der beruflichen Bildung entsteht durch die Verbindung von berufsschulischen Anforderungen, beruflichen Anforderungen im Ausbil‐ dungsbetrieb und der Branche. Es wird unterstützt durch das Vorwissen der Berufsschüler aus der vorherigen Schulinstanz, das Elternhaus sowie durch selbst erlebte Erfahrungen. Deutsch am Arbeitsplatz betrifft alle sprachlich kom‐ munikativen Anforderungen im Beruf. Obwohl schriftliche Kommunikation im Berufsalltag gefragt ist, wird die Verantwortung für ihre Vermittlung vorrangig an Schulen abgegeben. Während die allgemeinbildenden Schulen in erster Linie schulische Text‐ sorten vermitteln, sollen die Berufsschulen in Ausbildungsklassen die beruflich relevanten Textsorten unterrichten (siehe folgende Abbildung): „Ihre Vermitt‐ 55 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="56"?> 4 Reproduced with Permission of Peter Lang Copyright AG. lung ist - aus Sicht der Institution Schule - Aufgabe nachgelagerter Ausbil‐ dungsinstanzen. Der Kreis gegenseitiger Verantwortungszuweisung ist schwer zu durchbrechen“ ( Jakobs, 2008: 4, siehe Abb. 12). Gerade an Berufsschulen ist in der dualen Berufsausbildung wenig Zeit für die Vermittlung von beruflichen Schreibkompetenzen, in den Betrieben noch seltener (ebd.). Schreibkompetenz wird viel mehr durch learning by doing oder copy and paste vermittelt (ebd.). Die Phasen der Schreibsozialisation in Institu‐ tionen verdeutlichen visuell, dass die abgebende schulische Instanz notwendige Schreibkompetenzen bei den Schülern aufbaut, die in der nächsten Instanz wie Betrieb oder Universität benötigt werden. Damit nimmt der Schreibunterricht in der Sekundarstufe I eine enorm wichtige Rolle ein. Nicht aufgebaute Schreib‐ kompetenzen können in nur knappen Zeitfenstern weiter gefördert werden ( Ja‐ kobs, 2008: 4). 4 Abb. 12: Phasen der Schreibsozialisation ( Jakobs, 2008: 4) Die Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch, die vor allem den Blick auf Arbeitnehmer mit Deutsch als Zweitsprache und ihre Förderung im Fokus hat, erklärt diese Anforderung genauer: Der berufsbezogene Deutschunterricht greift verschiedene kommunikative Anforde‐ rungen auf, die Bestandteil des Arbeitslebens sind […]. Um solche sprachlichen An‐ 56 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="57"?> forderungen zu bewältigen, müssen die jeweiligen Sprecher_innen über eine ganze Reihe von kommunikativen Kompetenzen verfügen: Der inhaltliche Aufbau von Fachtexten und Arbeitsanweisungen muss ihnen ebenso geläufig sein wie das darin enthaltene Vokabular. Darüber hinaus ist es notwendig zu wissen, wie mit Kund_innen, Kolleg_innen oder Vorgesetzten gesprochen wird und die entspre‐ chenden umgangssprachlichen, formalen oder höflichen Sprachformen und Register anwenden zu können (Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch, o. J.: o. S.). Mit dieser Erläuterung wird klar, dass sich diese auch auf die Auszubildenden in einer Berufsausbildung und die damit verbundenen schriftlichen sowie mündlichen Anforderungen im Beruf bezieht. Die Schreibanforderungen in der beruflichen Bildung werden zum einen durch den Rahmenlehrplan für die Be‐ rufsschulen von der Kultusministerkonferenz vorgeschrieben. In diesem erhalten die Berufsschullehrer Hinweise, welche Textsorten und Schreibanlässe in wel‐ chem Jahr gelehrt werden müssen. Eigene schulinterne Lehrpläne lehnen sich an die Rahmenlehrpläne an. Das Bundesministerium der Justiz schreibt in der Ausbildungsverordnung durch den integrierten sachlichen Ausbildungsrah‐ menplan die Vermittlung bestimmter Textsorten direkt und indirekt vor - in‐ direkt deswegen, da manchmal auch nur Schreibanlässe genannt werden, die jedoch in der Berufspraxis bestimmte Textsorten erfordern. Die Kammern als dritter bildungspolitischer Akteur der dualen Berufsausbildung verlangen durch die Abschlussprüfung das Schreiben bestimmter Textsorten als abprüfbare Per‐ formanz. Es soll an dieser Stelle noch einmal betont werden, dass nicht nur die Produktion diverser Textsorten zu bestimmten berufstypischen Schreiban‐ lässen, sondern auch rezeptive Kompetenzen, wie das Lesen und Verstehen der Texte, in der Ausbildung gefördert werden sollen (Giera, 2010: 25 f.). Ein Großteil der Schreibanforderungen in der dualen Ausbildung wird durch diese drei bil‐ dungspolitischen Akteure vorgegeben. Der Ausbildungsbetrieb und die Berufs‐ schule greifen diese Schreibanforderungen in diversen Lernfeldern, die hand‐ lungsorientiert aufgebaut sind und einen beruflichen, rechtsrelevanten Bezug haben (Czycholl & Ebner, 1995), im Zuge der von der Kultusministerkonferenz eingeführten Lernfelddidaktik auf (KMK, 1996). Der heutige Forschungsstand im Bereich der Schreibanforderungen und -kom‐ petenzen in der beruflichen Bildung zeigt, dass sich ein recht junges For‐ schungsfeld etabliert hat, um einerseits den Status quo empirisch abzubilden und andererseits schreibdidaktische Maßnahmen zu empfehlen (noch ausführ‐ licher unter Neumann & Giera, 2018: 333 ff.): Wyss-Kolb konnte mit ihrer Dissertation „Was und wie Lehrlinge schreiben? Eine Analyse von Schreibgewohnheiten und von ausgewählten formalen Merkmalen in 57 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="58"?> Aufsätzen“ (Wyss-Kolb, 1995) durch die Inhaltsanalyse von 88 Aufsätzen deutschsschweizer Lehrlinge in den 11. und 12. Klassen, 15 Doppellektionsauf‐ sätzen sowie 13 Maturaaufsätzen und 30 einstündigen Aufsätzen von Zürcher Berufsschülern nachweisen, dass die Texte durchschnittlich 285 Wörter lang und die von Gymnasiasten signifikant kürzer sind. Mittels qualitativer Fehler‐ analyse nach dem Zürcher Textanalyseraster wurde dabei die sprachsystema‐ tische und orthografische Richtigkeit in den Schülertexten untersucht (Wyss-Kolb, 1995: 12). Obwohl die grammatische Fehlerdichte bei den Berufs‐ schülern im Vergleich zu den Gymnasiasten doppelt so hoch war, waren 93 % der Texte formal korrekt und wiesen geringe semantische Fehler auf (Wyss-Kolb, 1995: 107, 142, 272). Fehlerschwerpunkte waren überwiegend Flüchtigkeitsfehler, Kommafehler, Dispositionsfehler (Textentfaltung und Ko‐ härenz) sowie Fehler in der Wortwahl, Syntaxfehler oder eine nicht leserfreund‐ liche Struktur (Wyss-Kolb, 1995: 22). Eine anschließende Befragung der Lehr‐ linge (n = 128) verdeutlichte, dass mehr pragmatische Schreibaufgaben wie das Schreiben von Bewerbungen und Beschwerden von Berufsschullehrern gestellt werden sollten, wie im folgenden Zitat zur Geltung kommt: Deutlich erkennbar ist ferner das Postulat, das Fach - analog zum Deutschunterricht an der Berufsschule - stärker an Lebenskundlichem und Nützlichem zu orientieren. Die jungen Frauen und Männer möchten ‚Techniken lernen, um sich im Leben sprach‐ lich besser zurechtzufinden‘, wünschen sich ‚mehr Alltagsdeutsch (Beschwerden, Be‐ werbungen)‘, überdies vermehrt auf aktuelle Probleme und Ereignisse oder den Beruf bezogene Diskussions- und Aufsatzthemen […]. Es lässt sich also eine gewisse Dis‐ krepanz feststellen zwischen dem eher an humanistisch geprägten Bildungsidealen orientierten Unterricht und den Erwartungen einer an Lebens- und Praxisnähe inter‐ essierten Schülerschaft (Wyss-Kolb, 1995: 41). Des Weiteren stellt Wyss-Kolb in ihrer Untersuchung heraus, dass die Schüler nicht prinzipiell ungern längere Texte schreiben würden, der Aufsatz unliebsam sei und eher Geschäftsbriefe, Prüfungen oder Hausaufgaben verfasst würden (Wyss-Kolb, 1995: 72). Zwei von fünf Lehrlingen schreiben demzufolge ungern und selten, obwohl sie am Arbeitsplatz täglich schreiben müssen (Wyss-Kolb, 1995: 66, 271). Fleuchhaus (2004) befragte in ihrem Promotionsprojekt „Kommunikative Kom‐ petenzen von Auszubildenden in der beruflichen Ausbildung. Ausprägungen, Förderung und Relevanz im Urteil von Ausbildern, Lehrern und Auszubil‐ denden“ Auszubildende (n = 1.360) in 21 Berufsgruppen, Berufsschullehrer (n = 60) sowie Ausbilder (n = 60) in einem Fragebogen mit einer fünfstufigen 58 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="59"?> 5 Diese Aufgabe wurde später bei der DESI-Untersuchung verwendet. Ratingskala, was für Texte, wie und wann sie diese schreiben würden (Fleuch‐ haus, 2004: 23). Bedeutende Ergebnisse waren, dass die Auszubildenden aus ihrer Sicht zwar häufig am PC schreiben (M = 3,76), aber Geschäftsbriefe (M = 2,45) selten schreiben und interessanterweise die Berufsschule eher als Ort des Schreiben‐ lernens eingeschätzt wurde als der Betrieb (ebd.). Das Schreiben als berufliche Anforderung wird von den Auszubildenden, die im Betrieb diese Kompetenz aufbauen und beherrschen müssen, stärker wahrgenommen als von Auszubil‐ denden, die das Schreiben von Texten beruflich weniger vollziehen werden. Die Befragung der Ausbilder hob hervor, dass der Computer zwar als Arbeitsmittel relevant sei, aber für die Schulung wenig Zeit bliebe und dies eher in der Be‐ rufsschule vermittelt werden müsse. Dagegen schätzen die Ausbilder die sprach‐ formalen Anforderungen wie Grammatik, Orthografie und Syntax als wichtig ein. Diese Grundlagen seien bei den Auszubildenden zu gering ausgeprägt (Fleuchhaus, 2004: 262). Im Schuljahr 2002/ 03 wurde an 100 Hamburger Schulen die Längsschnittunter‐ suchung „Aspekte der Lernausgangslage und der Lernentwicklung - Klassenstufe 11“ (Lehmann et al., 2004: 5), kurz LAU, sowie parallel dazu die „Untersuchung der Leistung, Motivation und Einstellung zu Beginn der beruflichen Ausbildung“ (Lehmann et al., 2005: 5) durchgeführt. Ziel war die Erfassung der Schreibkom‐ petenz anhand von Schreibaufgaben, die die Schüler an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen zu bewältigen hatten: In der ersten Schreibaufgabe (n = 3.517) sollten die Schüler schriftlich einen Beschwerdebrief an den Ge‐ meinderat verfassen, um einer Schließung eines Jugendclubs entgegenzu‐ wirken. 5 Ein Antwortschreiben von Seiten des fiktiven Gemeinderats stellte die zweite Schreibaufgabe dar (n = 1.539). Die Textqualität wurde durch ein Double- Blind-Ratingverfahren und auf einer fünfstufigen Ratingskala mit inhaltlichen und sprachlich-textuellen Merkmalen ermittelt (Neumann, 2006: 24 f.). Knapp zwei Drittel verfassten einen Beschwerdebrief, der funktional, sprach‐ lich und formell ausgereift war. Dagegen wurden bei 34 % der Elftklässler Schreibkompetenzen ermittelt, die einer dringenden Schreibförderung be‐ durften, da der Schreibanlass oder das Schreibziel verfehlt wurden (Neumann, 2006: 28). Ein Fünftel der Probanden schrieb sprachsystematisch nahezu fehler‐ freie Briefe. Insgesamt schrieben die Berufsschüler qualitativ bessere Briefe als die Elftklässler an allgemeinbildenden Schulen, denn der ermittelte Mittelwert (MEAN 500/ STDD 100) lag um elf Punkte höher (Neumann, 2007: 194). 59 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="60"?> Efing und Janich (2006) analysierten die Ergebnisse des hessischen Modellver‐ suchs „Vocational Literacy - Methodische und sprachliche Kompetenzen in der beruflichen Bildung“ (Biedebach, 2006). Dazu wurde die sprachliche Kompetenz der Berufsschüler (n = 624) im Alter von 15 bis 51 Jahren aus verschiedenen Ausbildungsberufen untersucht (Efing & Janich, 2006: 7). Als „Vocational Lite‐ racy“ (Efing & Janich, 2006) wird „[…] die Summe der sprachlichen Fertigkeiten, die in spezifischen beruflichen Zusammenhängen benötigt werden“ (Biedebach, 2006: 16) bezeichnet. Der Impuls für diese Untersuchung war, die Durchfall‐ quoten in Abschlussprüfungen zu verringern. In zehn Berufsfeldern wurden mit 415 Berufsschüler ein „Problemtypen-Test“ (Efing & Janich, 2006) sowie eine Fragebogenerhebung mit 48 Lehrkräften und 97 qualitative Interviews mit Schülern durchgeführt. Beim Problemtypen-Test sollten die Berufsschüler eine Inhaltsangabe eines Lesetextes zum Thema Alkoholkontrolle in wenigen Sätzen wiedergeben, was 28 % der Probanden entweder gar nicht bearbeiteten oder zwar begannen, aber abbrachen. Bezüglich der Textsorte Inhaltsangabe zeigten sich hohe Mängel bei der Schreibkompetenz der Schüler: Die Texte wurden kaum strukturiert, wiesen eine geringe Kohärenz auf, der Inhalt des Lesetextes kam nicht zum Tragen, Meinungen des Schreibenden wurden mit der Wiedergabe des Textes vermengt und das Textmusterwissen schien nicht vorhanden zu sein (Efing, 2006: 39 ff., 42). Weder das Geschlecht noch die schulische Vorbildung oder Berufswahl in dieser heterogenen Probandengruppe wirkten sich positiv oder negativ auf die Textqualität der Inhaltsangaben aus. Daher wurde das Fazit gezogen, dass die „innere Mehrsprachigkeit“, das Strategiewissen zum Verstehen und Schreiben von Texten sowie die Konzentration bei beiden Vorgängen gefördert werden sollten (Efing, 2006: 61 f.). Die Fragebogenerhebung mit 48 Lehrern projizierte die geringe Rechtschreib‐ kompetenz der Berufsschüler als Hauptproblemfeld im Bereich der Schreib‐ kompetenz. Auf dem zweiten Rang folgte die allgemeine Schreibkompetenz sowie auf dem dritten Ausdruck/ Stil. Efing weist darauf hin, „[…] dass die Schüler bereits in diesen grundlegenden Bereichen so große Probleme bei der eigenen Textproduktion zeigen, dass eine Förderung der Schreibkompetenz im allgemeinen und nicht erst im berufsspezifischen Bereich anzusetzen hat“ (Efing, 2008: 20). Als Ursache für die geringe Schreibkompetenz zählt Efing (2008: 28 f.) zum einen die wenigen Übungsmöglichkeiten und zum anderen die geringe Moti‐ vation sowie teilweise Aversion gegen die Textproduktion sowie bestimmten schulischen Textsorten gegenüber auf. Er fordert, dass im Fach Deutsch Text‐ musterwissen, der Aufbau von Schreibroutinen, die Schulung der Sprachrefle‐ 60 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="61"?> xion sowie die Förderung der Feedbackkultur gelehrt werden müssten und letztendlich eine Einstellungsänderung der Lehrer dahingehend nötig sei, nicht nur den Orthografiebereich zu unterrichten. 2009 und 2010 untersuchten Efing und Häußler die „sprachlichen und kommu‐ nikativen Anforderungen an Auszubildende in der Bewerbungs- und Ausbil‐ dungsphase“ (Efing, 2013b: 126). Dafür wurden teilnehmende Beobachtungen für die Erfassung der berufsrelevanten Textsorten und Gesprächssorten sowie halbstandardisierte Interviews mit Auszubildenden (n = 30) sowie Ausbildern (n = 16) in einem Großbetrieb und in klein- und mittelständischen Unternehmen (n = 6) im Raum Stuttgart/ Heidelberg durchgeführt. Die Probanden kamen aus dem handwerklichen Berufsbereich (Industriemechaniker, Mechaniker, Mecha‐ troniker, Elektroniker, Technischer Zeichner). Das Ergebnis der Befragung der Ausbilder zeigte, […] dass in der betrieblichen Ausbildung sprachliche Fähigkeiten (im Sinne einer Sprachsystem- und Sprachnormkompetenz) nur in der Dimension der Rechtschreib‐ kompetenz explizit relevant sind - und dies auch fast ausschließlich im Kontext des Bewerbungsanschreibens und anlässlich der Durchsicht und Korrektur der Berichts‐ hefte. Weitere sprachsystematische Fähigkeiten spielen, solange sie auf basalem Ni‐ veau vorhanden sind und nicht die Verständigung beeinträchtigen, keine große Rolle (Efing, 2013b: 127 f.). Die von den Auszubildenden zu produzierenden Textsorten sind vor allem Ta‐ bellen und Listen (Efing, 2013b: 128). Die Befragung der Ausbilder ergab, dass kommunikative Handlungssituationen im mündlichen und schriftlichen Be‐ reich „kaum erkannt“ (Efing, 2013b: 129) werden. Als relevant stuften die Aus‐ bilder hingegen das aktive Zuhören, das Strukturieren mündlicher und schrift‐ licher Texte und das pointierte Formulieren ein. Die teilnehmende Beobachtung unterstrich, dass weniger Fließtexte ge‐ schrieben und rezipiert, sondern vor allem Arbeitspläne, Berichtshefte, Proto‐ kolle, Selbstreflexionen, Präsentationen, Dokumentationen, Berichte, Kurzno‐ tizen, technische Zeichnungen, Formulare, Tabellen, Listen sowie Lernzielkontrollen produziert werden müssen (Efing, 2010; Efing & Häußler, 2011; Efing, 2013b: 129). Diese Kurztexte dienen einer „übersichtlichen Sinn‐ entnahme“ (Efing, 2013b: 130), einer effektiven Kommunikation mit Kollegen sowie der Ausführung von Arbeitsaufträgen, und das meist in einer Verkettung von Arbeitsabläufen: 61 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="62"?> Ein Auftrag wird beispielsweise als Kurznotiz beschrieben, unterstützend werden Zeichnungen angefertigt/ gelesen, ergänzende Listen verweisen auf das benötigte Ma‐ terial und Tabellen geben eine Kostenübersicht […] (Efing, 2013b: 130 f.). Wenn Auszubildende schreiben, dann sind die Textprodukte meist mehrfach‐ adressiert (Kollegen, Kunden, Vorgesetzte). Somit werden vor allem in der Aus‐ bildung kommunikative und weniger sprachsystematische Kompetenzen ge‐ fordert und gefördert (Efing, 2013b: 140). Die vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) erhobene Studie „Deutsch am Arbeitsplatz - Untersuchung zur Kommunikation im Betrieb als Grundlage einer organisationsbezogenen Zweitsprachenförderung“ (Kimmel‐ mann, 2013: 293) wurde von der Volkswagenstiftung als interdisziplinäres For‐ schungsprojekt von 2007 bis 2013 finanziert. In diesem Projekt sollten sprach‐ lich-kommunikative Anforderungen in gewerblichen Berufen dokumentiert und authentische Kommunikationssituationen analysiert werden. Ziel war es, anhand der Ergebnisse Weiterbildungsmodule zu entwickeln. Als Zielgruppe standen insbesondere Arbeitnehmer mit Deutsch als Zweitsprache im Fokus. Als Methode wurden ethnografische Interviews in 15 Unternehmen in den Be‐ reichen Gastronomie, Konsumgüterindustrie, Altenpflege, Elektro- und Metall‐ branche, Kunststoffbranche, Logistik, Möbelfertigung sowie Gebäudereinigung als Sampling zusammengestellt (Kimmelmann, 2013: 293 f.). Neben den Inter‐ views zu „[…] Betriebsorganisation, zu Arbeitsabläufen und Arbeitsplätzen, Mi‐ tarbeiterstruktur, Einarbeitung und besonders zu den kommunikativen Anfor‐ derungen im Gesamtbetrieb oder an speziellen Arbeitsplätzen“ (Kimmelmann, 2013: 294) wurden 70 Audioaufnahmen und 150 schriftliche Dokumente als Da‐ tenmaterial gewonnen, von denen 56 Gespräche transkribiert und 100 E-Mails auf „[…] grammatische Strukturen des Wortschatzes und der Sprachhandlungen sprachwissenschaftlich analysiert“ (ebd.) wurden. Im Ergebnis zeigt sich, dass die sprachlichen Anforderungen in jedem Betrieb, auch bei eher helfenden Tätigkeiten, auf Grundlage der Flexibilisierung der Ar‐ beitsplätze steigen, da diese immer wieder neue Sprachhandlungssituationen erfordert. Somit ist es für Arbeitnehmer mit sprachlichen Defiziten schwer, einen Arbeitsplatz zu erhalten (ebd.). Gründe sind u. a. die zunehmende Anzahl an Vorschriften durch betriebliche Zertifizierungen, die zu erhöhten sprach‐ lich-kommunikativen Fähigkeiten führen (ebd.). Ein Beispiel aus dem Küchen‐ bereich der Gastronomie veranschaulicht das durch ein Interview mit einem Betriebsleiter: „Wir haben jeden Morgen (in der Küche; Anm. d. Verf.) soge‐ nannte Fünf-Minuten-Gespräche, in denen die Qualitätsanforderungen disku‐ tiert werden“ (Kimmelmann, 2013: 295). Neben dieser zunehmenden Kontrolle 62 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="63"?> und Dokumentation der Arbeitsprozesse ist ein weiteres Merkmal der verän‐ derten Arbeitssituation „Flachere Hierarchien/ Arbeitsorganisation im Team“ (Kimmelmann, 2013: 295). Diese Situation hat sprachlich zur Folge, sich selbst eine Meinung zu bilden, aber auch Teile des Arbeitsprozesses zu beschreiben und Fehler selbstständig zu beheben (ebd.). Es führt auf sprachlicher Ebene ferner zu einer „Auditierung/ Zertifizierung“ (ebd.), da Fehler bei Überprüfungen beschrieben und begründet werden müssen (ebd.). Des Weiteren sind „mehr Kundenkontakte und stärkere Kundenorientierung“ (ebd.) von den Arbeitneh‐ mern gefordert. Diese stellen fest, dass ein „höherer Weiterbildungsbedarf “ (ebd.) aufgrund der Aufnahme von fachspezifischen Informationen auf münd‐ licher oder schriftlicher Basis (ebd.) vorherrscht. Weitere Ergebnisse sind die authentischen Sprachhandlungen, die auf Grundlage der Niveaustufen des Ge‐ meinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) analysiert wurden. Die wichtigste Erkenntnis daraus ist: Sprachlich-kommunikative Handlungen am Arbeitsplatz lassen sich nicht eindeutig auf eine bestimmte Niveaustufe festlegen. Stattdessen müssen Erwerbstätige immer wieder (und zum Teil sehr schnell) zwischen sprachlichen Anforderungen auf nied‐ rigem und hohem Niveau wechseln. Damit lassen sich keine spracharmen oder sprachlich leichter zu bewältigenden Berufe, Tätigkeiten oder Arbeitsprozesse (mehr) definieren (Kimmelmann, 2013: 296). Der Anteil und die Bedeutung der schriftlichen versus der mündlichen Kom‐ munikation führten zu keinem eindeutigen Befund. Es zeigen sich eher münd‐ liche und sprachliche Verknüpfungen, die in einer beruflichen Sprachsituation erfolgen (ebd.). Daraus schlussfolgert Kimmelmann einen Sprachförderbedarf auch in gewerblichen Ausbildungsberufen als „Querschnittsthema“ (Kimmel‐ mann, 2013: 296) und über die Grenzen von Berufen und Zielgruppen hinweg (ebd.): „Dies verlangt von den Lehrenden in der beruflichen Bildung im Um‐ kehrschluss eine gezielte Einbindung von Sprech- und Schreibanlässen in den Unterricht, um beide Kompetenzbereiche gleichermaßen zu trainieren“ (Kim‐ melmann, 2013: 296). Somit empfiehlt Kimmelmann, auch auf authentische Si‐ tuationen und Material der Betriebe zurückzugreifen und die sprachlich-kom‐ munikativen Anforderungen eines Betriebes zu berücksichtigen (ebd.). Mit dem Dissertationstitel „‚Man muss schon ein bisschen mit dem Schreiben zurechtkommen! ‘ Eine Studie zu den Schreibfähigkeiten von Auszubildenden (n = 175) im unteren Ausbildungssegment im Kontext der Ausbildungsreife“ (Baumann, 2014) hat Baumann erforscht, ob der von der Bundesagentur für Ar‐ beit verwendete Begriff Ausbildungsreife mit dem Merkmal (Recht-)Schreiben den Übergang, das Bestehen und eine Anstellung nach der Ausbildung tatsäch‐ 63 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="64"?> lich stark beeinflusst (Baumann, 2014: 6, 58). Die 175 Hamburger Auszubil‐ denden aus 49 Berufen besaßen überwiegend einen Hauptschulabschluss; im Erhebungszeitraum von Juni 2011 bis Februar 2012 absolvierten sie drei Schreib‐ aufgaben: 1. Schreiben eines formalen Bewerbungsanschreibens, 2. Schreiben einer Bauanleitung und 3. die LAU-9-Aufgabe zum passiven Rechtschreib‐ wissen. Die ersten beiden Aufgaben wurden nach dem Zürcher Textanalyse‐ raster ausgewertet und auch global wurde die Textqualität auf einer Ratingskala eingeschätzt. Weitere verwendete Auswertungsinstrumente waren die Ein‐ schätzung der Leserlichkeit, ein qualitatives sowie ein Textbeschreibungsmodell in Anlehnung an Sieber für die Bestimmung der Normnähe (Baumann, 2014). Die Ergebnisse der 133 Schülertexte zeigen folgendes Bild: 11 (8,3 %) Texte waren normnah und 42 Texte (31,6 %) waren normfern. 67 (47,5 %) Bewerbungs‐ anschreiben wurden unter Berücksichtigung der inhaltlichen und formalen Kri‐ terien verfasst, 48 Bewerbungsanschreiben (34 %) wurden hingegen weitestge‐ hend unter Berücksichtigung der formalen und inhaltlichen Kriterien geschrieben (Baumann, 2014: 270). Baumann kommt zu dem Fazit, dass eine ge‐ ringere (Recht-)Schreibkompetenz von Auszubildenden nicht die Ausbilderbe‐ urteilung beeinflusse und damit dieses Merkmal der Ausbildungsreife im Kri‐ terienkatalog der Agentur für Arbeit nur eine Orientierung und nicht eine Variable für das Ausbildungsgelingen sei (Baumann, 2014: 268). Des Weiteren […] zeigt sich eine sehr große Spannweite der Ergebnisse bei einem eher als leis‐ tungsschwach anzusehenden Mittelwert. Dieser Befund ist unabhängig von dem Aus‐ bildungszeitpunkt (erstes/ letztes Ausbildungsjahr) (Baumann & Siemon, 2013: 287). Daher kommen Baumann und Siemon (2013) zu dem Schluss, dass die Förderung der sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten während der Berufsausbildung wichtig sei, jedoch keine Barriere für den Beginn einer Berufsausbildung dar‐ stellen sollte (Baumann & Siemon, 2013: 288). Die Studie „PROSAB“ der Autoren Hoefele, Konstantinidou, Kruse und Dieterich (2015) hatte das Ziel, die Mehrsprachigkeit der Auszubildenden zu fokussieren und Ausbildungsabbrüche zu verringern (Hoefele et al., 2015: 1). Diese kontrol‐ lierte Interventionsstudie mit Pre- (n = 287, 1. Schreibaufgabe: Brief an die Schulleitung), Post- (n = 278, 2. Schreibaufgabe: Brief an die Bildungsdirektion) und einem vier Monate später folgenden Follow-up-Test (n = 275, 3. Schreib‐ aufgabe: Brief an den Ausbilder mit der Bitte um Freistellung) zeigte Schreiber‐ gebnisse über Produkte sowie die Organisation von Schreibprozessen und die Einstellung zum Schreiben selbst. Die Probanden (n = 317) befanden sich im Jahre 2013 im ersten Ausbildungsjahr in neun Ausbildungsberufen (ebd.). Die inhaltliche Qualität der Briefe wurde nach den Kriterien Textsortenkonvention, 64 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="65"?> Struktur/ Roter Faden, kommunikative Wirkung, Sprachstil und sprachliche Richtigkeit untersucht. Die DESI- und VERA-Skalen sowie das Zürcher Text‐ analyseraster wurden zur Auswertung hinzugezogen. Bei allen drei Schreibaufgaben konnte die Interventionsgruppe signifikant besser als die Kontrollgruppe abschneiden. Verbesserungen zeigten sich vor allem im sprachpragmatischen Bereich und bei den formalen Textmerkmalen. Bezüglich der kommunikativen Wirkung und Adressatengerechtigkeit ergaben sich zu allen drei Erhebungszeitpunkten signifikante Verbesserungen in der In‐ terventionsgruppe. Die Kontrollgruppe entwickelte sich zwar schreibtechnisch positiv, konnte sich aber nicht signifikant verbessern. Das Bitten um Feedback von den Mitschülern erfolgte in der Interventionsgruppe signifikant öfter als in der Kontrollgruppe. Die schreib- und schulbezogene Selbstwirksamkeit sowie die Selbstregulation zeigten im Laufe der Erhebung keine Veränderungen, je‐ doch konnten negative Veränderungen hinsichtlich der Einstellung zum Schreiben festgestellt werden. Weitere Ergebnisse waren: Schüler mit Deutsch als Muttersprache entwickelten sich in der Studie positiver als Schüler mit Deutsch als Zweitsprache. Schüler mit höherem Ausbildungsniveau erzielten eine höhere Textqualität als Schüler mit niedrigerem Ausbildungsniveau (Hoe‐ fele et al., 2015: 8 f; Konstantinidou, Hoefele & Kruse, 2016). Insgesamt sahen die Forscher eine hohe Diskrepanz zwischen bestehenden Lehrplanzielen und dem Ist-Stand der Schüler. Die Fokussierung auf den Schreibunterricht inklusive der Schreibprozesse wurde als Lösung vorgeschlagen (Hoefele et al., 2015: 10). Das Schreiben am Arbeitsplatz (Writing at Work) hingegen ist sowohl na‐ tional als auch international seit den 1980er Jahren ein Forschungsfeld ( Jakobs, 2005: 13). In diesem Rahmen wurde ein Workshop des European Research Net‐ work on Learning to Write Effectively in Potsdam im Jahre 2010 auf Grundlage einer finanziellen Unterstützung durch die EU (COST ACTION IS0703) durch‐ geführt. Output der Working Group 3 - Design of Written Documents in the Workplace mit den leitenden Experten Franck Ganier (Frankreich) sowie Joyce Karreman (Niederlande) war das Potsdam-Triangel-Modell (ERN-LWE, 2011, siehe Abb. 13). Dabei handelt es sich um einen Konsens darüber, wie heute im beruflichen Umfeld geschrieben wird. Das Modell fokussiert nicht nur einen Schreiber, sondern ein ganzes Kommunikationsteam, welches gemeinsam schreibt und überarbeitet, wobei die Schreibaufgabe im Zentrum steht. Die Mehrfachadressierung zeigt sich in Form des Begriffs Users. 65 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="66"?> Abb. 13: Potsdam-Triangel-Modell (eigene Darstellung) Die Präsentation des aktuellen Forschungsfelds Schreibkompetenz in der beruf‐ lichen Bildung zeigt, dass sowohl qualitative als auch quantitative Auswertungs‐ methoden genutzt werden. Die Auswertung der Schreibkompetenz über Schreibaufgaben und die damit verbundene Auswertung mit Skalen und Rastern sind gängige Praxis. Die Auswertung konzentriert sich nicht mehr so stark auf den Teilbereich Orthografie, sondern fokussiert gleichermaßen sprachpragma‐ tische und sprachsystematische Teilbereiche aus kommunikativer Sicht. Des Weiteren wird auch der Schreibprozess näher untersucht, was durch die Erhe‐ bung über Fragebogen zur Einstellung zum Schreiben gelingt. Die Anlegung von Studien in quasi-experimentellen Untersuchungsdesigns zeigt, dass die Aussa‐ gekraft der Ergebnisse genutzt werden soll, auch wenn die Randomisierung und eine höhere Stichprobe mit mehr als 1.000 Probanden der beruflichen Bildung noch fehlen. Die Studienergebnisse belegen eine Entwicklung des Forschungs‐ gegenstandes. Die frühen sprachsystematischen Untersuchungen werden nun immer mehr mit sprachpragmatischen Untersuchungen ergänzt. Daneben for‐ dern Berufsschüler berufsspezifische Schreibaufgaben, die auch sprachpragma‐ tisch ausgerichtet sind und nicht nur sprachsystematisch die Orthografie als Bewertungsmaßstab fokussieren (Wyss-Kolb, 1995; Efing & Janich, 2006; Bau‐ mann, 2014). Wird diese Perspektive erweitert, kann festgestellt werden, dass knapp zwei Drittel der (Berufs-)Schüler einen Brief sprachformal korrekt ver‐ fassen können (Lehmann et al. 2004, 2005). Für die explizite Vermittlung von Geschäftsbriefen bleibt sowohl in den Betrieben als auch im Berufsschulunter‐ 66 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="67"?> richt wenig Zeit (Fleuchhaus, 2004). Gerade in gewerblichen und handwerkli‐ chen Berufen wird das Schreiben von Fließtexten zugunsten von Tabellen und Formularen im Berufsalltag abgelöst. Die im Betrieb erstellten Texte sind mehr‐ fachadressiert und in mehrschichtigen Handlungssituationen eingebettet (Efing & Häußler, 2011). Im beruflichen Kontext gibt es somit mehrere Adres‐ saten (Users), die von den Schreibern einen Perspektivwechsel verlangen. Ein Fakt, der sich erheblich vom schulischen Schreiben unterscheidet. Für den be‐ ruflichen Einstieg werden sowohl in den Berufsschulen als auch vorbereitend in der Sekundarstufe I Schreibaufgaben gefordert, die handlungsorientiert sind, eine Mehrfachadressierung berücksichtigen, einen sprachsystematischen und sprachpragmatischen Fokus haben und in einem beruflichen Kontext situiert sind. Denn es hat sich gezeigt, dass eine Förderung dieser Kompetenzen der Schlüssel für den Schreibkompetenzaufbau im beruflichen Feld ist (Hoefele et al., 2015). Nachdem der theoretische Hintergrund zum Thema Berufsbildung und deren Schreibkompetenz erläutert wurde, soll im Folgenden der Blick auf die Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld geworfen werden. Im nächsten Un‐ terkapitel sollen die beruflichen Textsorten fokussiert werden, denn alle Schreibkompetenzmodelle heben die Relevanz der Textmuster hervor, die einen Einfluss auf den Schreibprozess haben. Ist die mit der Schreibaufgabe verbun‐ dene Textsorte bekannt, kann auf prototypische Textmuster zurückgegriffen werden. Fehlt Textmusterwissen, muss das Arbeitsgedächtnis vorhandene Muster adaptieren. Die Kenntnisse über Textsorten begünstigen den Schreib‐ prozess, wenn die Schreibaufgabe eine bestimmte Textsorte fordert. Bis heute haben die Modelle Einfluss auch auf die Schreibforschung und Schreibdidaktik (Böhme et al., 2017: 57). Durch das Schreiben entstehen Texte, die vom Rezipi‐ enten implizit und explizit beurteilt werden. Im nächsten Kapitel sollen daher der Textbegriff und der Begriff der Textsorte mit den dazugehörigen Anforde‐ rungen genau erläutert werden. 67 2.3 Schreibkompetenz in der dualen Ausbildung <?page no="68"?> 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld „E-Mails haben einiges gemeinsam mit den Zettelchen damals im Klassenzimmer: mit winziger Schrift ein paar Zeilen hinge‐ schmiert, zweimal gefaltet, den Namen der Freundin draufgeschrieben und dann abge‐ feuert. […] Heute fliegen die Zettelchen um die ganze Welt: Wären sie sichtbar […], dann sähe unser Globus vom Weltall aus wie von einem Schneesturm verhüllt“ (Jäger, 2007: 149). Um schreibkompetent zu sein, muss der Schreiber über ein Potpourri an Text(sorten)wissen verfügen, das er rezeptiv und produktiv erlernt. Dieses Wissen führt zu einer Text(sorten)kompetenz, die je nach Schreibanlass im Ge‐ dächtnis abgerufen wird und in ihrer Performanz gezeigt werden kann. Somit entsteht eine Textroutine (siehe Kapitel 2. 1). Jeder Text, der geschrieben wird, kann mental zu einem Textsortenschatz hinzuzugefügt werden, der in der Schreibgenese immer weiter aufgebaut und nach Bedarf zum Schreiben der in der Schreibaufgabe verankerten Textsorte genutzt wird. Textkompetenz ist somit ein „prozedurales Metawissen zur Textkonstitution“ (Feilke, 2012c: 10). Das Eingangszitat verdeutlicht, wie sich das Schreiben, vom Medium und Anlass her gesehen, im Laufe der Zeit verändert, aber andere Schreibanlässe ändern sich weniger, die sich durch bestimmte Kommunikationssituationen herausgebildet haben und bis heute in bestimmten Textsorten verankert sind. Textsorten sind aus der Historie entstanden, verändern sich und entwickeln sich weiter, bleiben jedoch im textfunktionalen Kern gleich (Brommer, 2018: 65). Ein kurzes Exempel aus der historischen Genese der Textsorten zeigt, dass die Su‐ merer Keilschrifttafeln für das Schreiben von Vorratslisten, Rechnungen und Verträgen ab ca. 3200 v. Chr. verwendeten (Haarmann, 2007: 8). Der Nutzen zielte auf die Verarbeitung der Informationen und Vereinbarungen ab (ebd.). Das Me‐ dium hingegen änderte sich im Laufe der Zeit. Auch heute sind berufliche bzw. berufsnahe Textsorten nicht-literarische Texte (Brinker, 2010: 16). Diese Gruppe der Sach- und Informationstexte soll den Re‐ zipienten in erster Linie informieren und weniger unterhalten, wie es bei lite‐ rarischen Texten der Fall ist (Rosebrock, 2007: 50). Im Vordergrund steht ein „kommunikativ-funktionaler Aspekt“ (Brinker, 2001: 112). Textproduzenten und Textrezipienten stehen folglich in einer kommunikativen und geschäftlichen Beziehung, in der Informationen ausgetauscht werden (ebd.). Daher ist zu un‐ 68 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="69"?> terstreichen, dass die beruflichen Texte einerseits klar, knapp und verständlich geschrieben werden müssen, und andererseits die geschäftliche Beziehung durch diese Texte nicht gestört, sondern aufrechterhalten werden soll. Neben der klaren Handlung, Verständlichkeit und Textdichte ist meines Erachtens auch der Respekt in der geschäftlichen Korrespondenz zu wahren ( Jäger, 2007: 8 ff.). Es werden nach Brinker (2010) drei Formen von Sach- und Informations‐ texten unterschieden: Die Lehrtexte enthalten Faktenwissen zur Weitergabe von Informationen, den Persuasionstexte wohnt ein argumentativer Kern inne und sie wollen den Rezipienten durch die enthaltene Appellfunktion überzeugen (Brinker, 2010: 101), und die Instruktionstexte liefern dem Rezipienten prozedu‐ rales Wissen, um ihn bestimmte Handlungen durchführen zu lassen (Brinker, 2010: 89). Der Begriff Text im Allgemeinen ist vor der Hinführung zu beruflichen Textsorten zunächst zu definieren (Giera, 2010: 3): Der prototypische Text bildet ein Gewebe aus Wörtern und Zeichen, sofern dieser als schriftlicher Diskurs bzw. „Vertextung“ (Ehlich, 1984) eingeordnet wird (Koch & Oesterreicher, 2008: 204). Texte gelten auch als „[…] Grundeinheiten der sprachlichen Kom‐ munikation, als Instrumente des kommunikativen Handelns“ (Heinemann, 2008: 137). Es ist ein „[…] Typ von Äußerungen, die unter den kommunikativen Bedingungen der Distanz entstanden sind […]“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 204). Am Text können einerseits Textstrukturen und Formulierungen als sprach‐ liche Faktoren nachvollzogen werden, andererseits beherbergen Texte eine Viel‐ zahl nichtsprachlicher Faktoren, die nicht nur am Text zu erkennen sind, son‐ dern den Text im Rahmen eines Interaktionsprozesses erkennbar werden lassen (Heinemann, 2008: 136). Die Textlinguistik verfügt über keinen einheitlichen Textbegriff (Adamzik, 2004: 32; Linke et al., 2004: 242). Prototypisch wird heute der Begriff Text als „[…] Mittel zur Verdauerung des in sich flüchtigen sprach‐ lichen Grundgeschehens, der sprachlichen Handlung […]“ (Ehlich, 1994) und als „schriftlich festgehaltene, inhaltlich-thematisch zusammenhängende Folge von Wörtern, Sätzen, Wortlaut einer Rede, eines Schriftstücks“ (Basler & Schulz, 1981) gesehen. In beiden Zitaten lassen sich die zwei Ströme aus der Rhetorik und Grammatik wiedererkennen. Der eine folgt der Tradition der Rhetorik und leitet den Text von der Rede ab, also Oratio, wie bei den griechischen Philosophen Sokrates, Platon und Aristo‐ teles nachzuverfolgen. Die Niederschrift der Dialoge, die tote Rede, war der schriftliche Text (Wolf, 2009: 87 f.; Adamzik, 2004: 38). Der zweite Strom ordnet den Text orientiert am Satz der Grammatik zu (Adamzik, 2004: 35). Seit dem 14. Jahrhundert wird der Textbegriff im deutschen Sprachraum verwendet, und im 16. Jahrhundert wurde dieser Begriff als „sprachlicher Teil eines Musikstückes“ (Adamzik, 2004: 33) und auch als „sprach‐ 69 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="70"?> licher Teil einer Bild-Text-Einheit“ (ebd.) ausgelegt. Der Begriff Texten hat dort seinen Ursprung und bedeutet, einen Text zu einem Bild oder einem Musikstück zu schreiben. Hervorzuheben ist, dass ein Text einen Teil einer sprachlichen Handlung bildet und eine Folge von Wörtern und Sätzen beinhaltet: Sie sind „Prozesse des Produzierens und Verstehens von Äußerungskomplexen“ (Heinemann, 2008: 115). An dieser Stelle ist die Diskussion über den Textbegriff nicht beendet. Es wird weiter über die Kriterien Medium, ob geschrieben oder gesprochen, den Bezug zum Produkt oder zum Verwender sowie über den Umfang bzw. die Ab‐ geschlossenheit diskutiert (Adamzik, 2004: 41 ff.). Medial kann ein Text sowohl mündlich als auch schriftlich sein. Söll und Hausmann (1985: 17 ff.), Koch und Oesterreicher (1985: 17; 2008: 200 f.) sowie später Schwitalla (1997: 17) ordnen die Texte medial nach ihrer konzeptionellen Mündlichkeit oder konzeptionellen Schriftlichkeit ein (siehe Abb. 14). Abb. 14: Nähe-Distanz-Kontinuum (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) Beispiel: Chatverläufe wie bei Facebook oder WhatsApp sind zwar medial schriftlich, aber durch die Anwendung der Umgangssprache eher konzeptionell mündlich. Dagegen ist die Rede, wie auf einer Hochzeit, zwar medial mündlich, aber als konzeptionell schriftlich zu sehen. Der zweite Diskussionspunkt ist der Bezug zum Produkt. Ein Text wird an dieser Stelle aus mehreren Sätzen bestehen und orientiert sich am Produkt. Es ist medial grafisch, aber je nach Kommunikationssituation eher in der „kommunikativen Nähe“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) oder in einer „kommunikativen Distanz“ (ebd.) verfasst. Für Geschäftsbriefe gelten eher die Bedingungen: konzeptionell geschrieben, medial grafisch und kommunikative Distanz. Formuliert wird dies durch die „Fremdheit der Kommunikationspartner“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 201), auch wenn der Name in der Anrede steht, die „raum-zeitliche Distanz“ (ebd.), die „Reflektiertheit“ und die „referentielle Distanz“ durch den professionellen Rahmen eines Bewerbungsprozesses oder im Falle der Angebote durch die Herbeiführung eines Vertragsabschlusses sowie die „Monologizität“ (ebd.) aufgrund des Briefes. Sicherlich versucht ein Bewerber oder auch ein Hotelier durch einen emotionalen Bezug zum Adressaten und das Formulieren von Situationen, den potentiellen Gast oder Arbeitgeber von sich oder dem Haus zu überzeugen, jedoch ist dies nur psychologisches Kalkül und rhetorisches Geschick und hat mit „Privatheit“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) oder aufgrund „starker emotionaler Beteiligung“ (ebd.) mit den graphisch phonisch ‚gesprochen‘ - kommunikative Nähe ‚geschrieben‘ - kommunikative Distanz Abb. 14: Nähe-Distanz-Kontinuum (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) Beispiel: Chatverläufe wie bei Facebook oder WhatsApp sind zwar medial schrift‐ lich, aber durch die Anwendung der Umgangssprache eher konzeptionell mündlich. Dagegen ist die Rede, wie auf einer Hochzeit, zwar medial mündlich, aber als kon‐ zeptionell schriftlich zu sehen. Der zweite Diskussionspunkt ist der Bezug zum Produkt. Ein Text wird an dieser Stelle aus mehreren Sätzen bestehen und orientiert sich am Produkt. Es ist me‐ dial grafisch, aber je nach Kommunikationssituation eher in der „kommunika‐ tiven Nähe“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) oder in einer „kommunikativen Distanz“ (ebd.) verfasst. Für Geschäftsbriefe gelten eher die Bedingungen: kon‐ zeptionell geschrieben, medial grafisch und kommunikative Distanz. Formuliert wird dies durch die „Fremdheit der Kommunikationspartner“ (Koch & Oester‐ 70 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="71"?> reicher, 2008: 201), auch wenn der Name in der Anrede steht, die „raum-zeitliche Distanz“ (ebd.), die „Reflektiertheit“ und die „referentielle Distanz“ durch den professionellen Rahmen eines Bewerbungsprozesses oder im Falle der Angebote durch die Herbeiführung eines Vertragsabschlusses sowie die „Monologizität“ (ebd.) aufgrund des Briefes. Sicherlich versucht ein Bewerber oder auch ein Ho‐ telier durch einen emotionalen Bezug zum Adressaten und das Formulieren von Situationen, den potentiellen Gast oder Arbeitgeber von sich oder dem Haus zu überzeugen, jedoch ist dies nur psychologisches Kalkül und rhetorisches Ge‐ schick und hat mit „Privatheit“ (Koch & Oesterreicher, 2008: 201) oder aufgrund „starker emotionaler Beteiligung“ (ebd.) mit den Kommunikationsbedingungen der Nähe nichts gemein: Derartige Abstufungen auf dem Nähe-Distanz-Kontinuum gehören zum sprach‐ lich-kommunikativen Wissen, das es den Produzenten erlaubt, die jeweils angemes‐ senen Versprachlichungsstrategien zu wählen und damit den Äußerungen einen passenden ,Duktus‘, einen unterschiedlichen Elaboriertheits- und Formalitätsgrad zu verleihen; die Rezipienten nehmen diese Unterschiede ebenfalls wahr und gleichen sie mit ihren Erwartungen ab (Koch & Oesterreicher, 2008: 202). Dabei spielen sprachsystematisch die Kohärenz, also die Texttiefenstruktur, und Kohäsion, also die Verwendung von Wiederaufnahmestrukturen auf der Text‐ oberfläche, eine Rolle (Linke et al., 2004: 254 f.). Ein Text mit mehreren Sätzen kann zwar grammatikalisch korrekt sein, aber für den Rezipienten keinen Sinn ergeben, wenn die Sätze sich auf der Textoberfläche und in der Tiefenstruktur nicht aufeinander beziehen. An dieser Stelle ist nicht geklärt, ob ein Text sich auf den Rezipienten beziehen muss (Adamzik, 2004: 95). Hurrelmann und Groeben (2006: 33) ordnen dies als ein „Ergebnis der Interpretation des Rezipi‐ enten“ ein. Der dritte Diskussionspunkt ist der Umfang. Ein Text sollte eine relative Ab‐ geschlossenheit aufweisen (Adamzik, 2004: 44). Neue Medien wie SMS, E-Mails oder Chatverläufe kurbeln diesen Diskussionspunkt an, denn gerade diese Me‐ dien weisen Texte auf, die nicht immer eindeutig abgeschlossen und in ihrer Kohärenz und Kohäsion nicht klar zu identifizieren sind, sofern überhaupt Sätze geschrieben werden. Genau an dieser Stelle sind weitere Kriterien gefragt, die einen Text ausmachen. De Beaugrande und Dressler (1981: 3 ff.) stellen sieben vollständige Kriterien für die Ermittlung einer Textualität wie „Kohäsion“, „Kohärenz“, „Intentionalität“, „Akzeptabilität“, „Informativität“, „Situationalität“, „Intertextualität“ (ebd.) auf: 71 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="72"?> Wir definieren einen Text als eine K O M M U N I K AT I V E O K K U R E N Z (engl. ‚occurence‘), die sieben Kriterien der T E X T U A L I TÄT erfüllt. Wenn irgendeines dieser Kriterien als nicht erfüllt betrachtet wird, so gilt der Text nicht als kommunikativ. Daher werden nicht-kommunikative Texte als Nicht-Texte behandelt (de Beaugrande & Dressler, 1981: 3). Ergänzt wurden diese sieben Kriterien, die mittlerweile nicht mehr den An‐ spruch auf Trennschärfe und Vollständigkeit haben (Fix, 2008: 19), durch Sandig mit dem Kriterium Stil (2006: 309). An dieser Stelle ist die Aussage von Heine‐ mann über den Text noch einmal zu beleuchten. Auf Seiten der Sprachpragmatik sind die Kriterien wie „Situationalität, Akzeptabilität und Intertextualität“ (Hei‐ nemann, 2008: 137) pragmatische Kriterien, die Kriterien „Informativität, Kohä‐ sion, Kohärenz“ dagegen textuelle Merkmale auf der Textoberfläche. Aus Sicht der Sprachpragmatik gibt es keine ausschließliche Bedingung für die Einord‐ nung eines Textes, also die Texthaftigkeit (ebd.). Die Effizienz eines Textes hängt vom möglichst geringen Grad an Aufwand und An‐ strengung der Kommunikationsteilnehmer beim Gebrauch des Textes ab. Die Effek‐ tivität hängt davon ab, ob er einen starken Eindruck hinterläßt und günstige Bedin‐ gungen zur Erreichung eines Ziels erzeugt. Die Angemessenheit (engl. ‚appropriateness‘) eines Textes ist die Übereinstimmung eines Textes zwischen seinem Kontext und der Art und Weise, wie die Kriterien der Textualität aufrechterhalten werden (de Beaugrande & Dressler, 1981: 14). Die pragmatische Textlinguistik hat eine starke Verbindung zur Kognitionsfor‐ schung, wie sich das schon in den Schreibprozessmodellen gezeigt hat. Sie ori‐ entiert sich in ihrer Arbeit an Textsorten (Fix, 2008: 16) und fragt […] von Anfang an danach, was den Text eigentlich ausmacht. […] Sie entwickelt im Lauf der Forschung vor dem Hintergrund verschiedener theoretischer Ansätze eine Reihe unterschiedlicher Textauffassungen, die sich immer mehr erweitern. […] Zum anderen bemüht sie sich in einem später einsetzenden, bis heute andauernden und sich verstärkenden Prozess um das Erfassen der Typik von Texten, d. h. um die mus‐ terhaften Ausprägungen des Phänomens Text, die eine Sprach- und Kulturgemein‐ schaft im gemeinsamen Handeln entwickelt hat, also um die Bestimmung der TEXT‐ SORTEN, in denen Texte realisiert werden (Fix, 2008: 17). Texte unterliegen gemeinsamen Merkmalen und können somit kategorisiert werden. Es entstehen Textsorten, die sich durch die Rezeption des Lesers bilden. Jedoch können Texte nicht immer einer bestimmten Textsorte zugeordnet werden, was Adamzik (2008: 147) als „Sortierproblematik“ bezeichnet. Die Zu‐ 72 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="73"?> ordnung eines Textes zu einer Textsorte ist komplex. Eine Textsorte fordert be‐ stimmte Erwartungen, das Studium von Textsorten zwei Wege: Entweder man beginnt mit den traditionell definierten Textsorten als beobachtbaren Objekten und versucht, sie über eine konsistente Texttheorie zu rekonstruieren, oder man geht von einer Texttheorie aus, die auf deduktivem Weg theoretische Typen an‐ bietet zum Vergleich mit empirischen Beispielen. Für eine Wissenschaft von Texten als menschlichen Tätigkeiten scheint es unmöglich, auf die traditionellen Textsorten zu verzichten, die ja tatsächlich für die Textbenützer in den Verfahren der Produktion und Rezeption heuristischen Wert haben (de Beaugrande & Dressler, 1981: 189). Der Begriff sowie der Begriffsinhalt Textsorte werden in der Deutschdidaktik und in der Textlinguistik immer wieder diskutiert, auch dahingehend, ob er überhaupt noch Verwendung finden sollte (Koch & Oesterreicher, 2008: 211). Fest steht, Textsorten- und Textmusterwissen sind ein Grad an schriftsprachli‐ cher Kommunikationserfahrung, die sich durch das Lernen eines Menschen festigt. Der in dieser Arbeit verwendete Begriff Textsorte konnotiert nichts Ne‐ gatives, sondern leitet sich lernpsychologisch aus dem Musterlernen ab. Da auch die schriftliche Kommunikation sprachlichen Mustern folgt, die durch die Ge‐ sellschaft entwickelt wurden (Brommer, 2018: 65; Brinker, 2010: 120), kann ein Muster durch eine Summe an Texteigenschaften vom Rezipienten erkannt werden. Daher findet in dieser Arbeit folgende Definition Anwendung: Textsorten sind im Regelfall sehr variable, aber zugleich konventionelle Zusammen‐ stellungsmuster von solchen handlungsbezogenen funktionalen Textbausteinen, die zwischen der elementaren syntaktischen und der globalen Ebene des Ganztextes stehen (Feilke, 2014: 23). Um eine Textsorte zu identifizieren, haben sich in der Textlinguistik zwei Merk‐ male durchgesetzt: 1. die „Textfunktion“ (Brinker, 2001) und 2. das „Vertex‐ tungsmuster“ wie „[…] Narration, Deskription, Argumentation und Explikation […]“ (ebd.). Für eine Klassifizierung von Textsorten muss zunächst die höhere Instanz Textklasse und Texttyp angeschaut werden (Linke et al., 2004: 282 f.). Jedoch ist an dieser Stelle zu betonen, dass die Einteilung aller Texte in Klassen und Typen nie ausreichen wird, da immer wieder neue Textsorten entstehen und auch die Trennschärfe der Textsorten nicht immer leicht gegeben ist, auch wenn Eckard Rolf (1993) sich in seiner Arbeit darum bemüht hat (Adamzik, 2008: 162). Letzt‐ endlich ist die Situation, in der ein Text entsteht, handlungsleitend und lässt alle Klassen und Typen wieder neu sortieren (Adamzik, 2008: 162). Eine Klassifizie‐ rung der Begriffe wird immer wieder vorzunehmen versucht, dennoch soll in 73 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="74"?> dieser Arbeit auf Grundlage von Adamzik gearbeitet werden, wobei die Termini wie Textsortenklasse, Textsorte, Textsortenvariante oder auch Texttyp zu keinerlei Unterscheidungen oder Abstraktionsniveaus führen (Adamzik, 2008: 170). Textinterne und textexterne Kriterien sind die zwei hauptsächlichen Grund‐ unterscheidungen, um einen Text zu beschreiben (ebd.). Auch wenn eine Text‐ sorte durch textinterne und textexterne Klassifikationskriterien eingeordnet werden kann, sind Textsorten dennoch als „[…] heterogene, prototypisch struk‐ turierte Kategorien mit vagen Grenzen […]“ (Linke et al., 2004: 289) zu sehen, denn Einteilungen und Zuordnungen sind nicht immer eindeutig möglich. Texti‐ nterne Kriterien können sein (Linke et al., 2004: 278 ff.): • „die lautlich-paraverbale (bzw. graphische) Ebene“ (Linke et al., 2004: 278), • „die Wortwahl“ (Linke et al., 2004: 279), • „Art und Häufigkeit von Satzbaumustern“ (ebd.), • „die Themenbindung und der Themenverlauf “ (ebd.), • „das Thema selbst“ (ebd.) sowie • „Textstrukturmuster“ (ebd.). Dagegen können zu den textexternen Kriterien folgende gezählt werden: • „die Textfunktion“ (Linke et al., 2004: 280), • „das Kommunikationsmedium, das den Text ‚trägt‘“ (ebd.) und • „die Kommunikationssituation, in die ein Text eingebettet ist“ (ebd.). Je nach Linguisten, ob Dressler, Brinker, Morris, Heinemann oder Adamzik, zählen diese Aspekte zu den zwei Grundunterscheidungen (Adamzik, 2008: 165). In dieser Arbeit wird der integrative Textbegriff von Brinker als Definition und Grundlage verwendet: „Ein ‚Text‘ ist demzufolge als sprachliche und zugleich kommunikative Einheit zu betrachten, d. h. als eine begrenzte, grammatische und thematisch zusammenhän‐ gende (kohärente) Folge von sprachlichen Zeichen, die als solche eine erkennbare kommunikative Funktion (Textfunktion) realisiert“ (Brinker, 2010: 19 f.). Das heißt, die Textfunktion als Beschreibungsmerkmal eines Textes wird als textexternes Merkmal unterschieden, daneben werden als textinterne Merkmale die grammatische und die thematische Textstruktur als Texteigenschaften klas‐ sifiziert (Adamzik, 2008: 165). Dennoch, Texte lassen sich nie einwandfrei einer Textsorte zuordnen. Vielmehr können im Text Merkmale erscheinen, die auf‐ grund ihrer Häufigkeit zu Textsorten führen, da sie diesen nah und prototypisch sind. Eine fertige Liste mit inhaltlichen Textmerkmalen für eine Textsorte wird es nie geben. 74 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="75"?> Es ist zu betonen, dass ein Text mehrere Funktionen enthalten kann, meistens jedoch eine Grundfunktion überwiegt. Karl Bühler stellte zunächst die drei Funktionen Ausdruck, Appell und Darstellung im Rahmen seines „Organon-Mo‐ dells“ (Bühler, 1934) heraus. Eine Weiterentwicklung folgte daraufhin in der Textlinguistik durch Große (1976), Isenberg (1974) sowie durch das aktuelle verwendete Modell von Brinker (2010). Die Informations- und Appellfunktion wurden schon genannt und treten bei beruflichen Textsorten sehr häufig in Erscheinung. Daneben gibt es auch noch die Obligationsfunktion, die den Rezipienten zu einer bestimmten Hand‐ lung verpflichtet (Brinker, 2010: 109), die Kontaktfunktion, um eine Beziehung herzustellen oder zu pflegen (Brinker, 2010: 110), sowie die Deklarationsfunk‐ tion, um für den Rezipienten eine neue Realität zu schaffen (Brinker, 2010: 111). Es ist wichtig die Funktion in Texten zu erkennen, da der Rezipient durch einen Text zu verschiedenen Handlungen angeregt werden kann: nach Austin (1979) zu Akten wie dem „Lokutiven Akt“ (Austin 1979), durch die Äußerung an sich zu dem „Illokutiven Akt“ (ebd.) wie das Feststellen oder Auffordern sowie zu dem „Perlokutiven Akt“ (ebd.) als Wirkung und dem von Searle (1971) er‐ gänzten „Propositionalen Akt“ (Searle, 1971). Im Arbeits- und Geschäftsleben schreiben wir, um bei anderen Menschen etwas zu erreichen. Unsere Texte sind im Grunde Gespräche und meistens in tatsächliche Ge‐ spräche eingebunden: Auf einen Werbebrief folgt ein Telefonat, auf das Telefonat folgt ein Angebot, nach dem Angebot wird wieder telefoniert ( Jäger, 2007: 82). An diesem Beispiel kann nachvollzogen werden, dass das berufliche Schreiben Handlungen wie das Telefonieren hervorruft, aber auch rechtliche Folgen hat, auf die später noch genauer eingegangen wird. Generell gibt es im beruflichen Alltag Kommunikationssituationen, die mündlich und schriftlich initiiert und am Laufen gehalten werden. Gerade im beruflichen Alltag sind die folgenden „Konversationsmaximen“ (Grice, 1975: 47) unbedingt einzuhalten: • „die Maxime der Quantität: Mache deinen Beitrag so informativ wie er‐ forderlich! • Mache deinen Beitrag nicht informativer als erforderlich! • die Maxime der Qualität: Sage nichts, was du für falsch hältst! • die Maxime der Relation: Versuche, mit deinen Gesprächsbeiträgen rele‐ vant zu sein! • die Maxime der Modalität: Sprich klar und verständlich! “ (Heinemann, 2008: 122 f.). 75 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="76"?> Berufsrelevante Schreibanlässe sind häufig das „Werben, Kritisieren, Entschul‐ digen, Widersprechen, Ablehnen, Anleiten und Referieren“ ( Jäger, 2007: 82). Jäger (2007) hat diese sieben berufliche Schreibanlässe hervorgehoben, die wiederum auch prototypische Textsorten beinhalten können (siehe Abb. 15). Somit entstehen Texte in bestimmten Kontexten und Diskursen: „Contexts con‐ trol discourse production and comprehension“ (Dijk, 2008: 17). Abb. 15: Berufliche Schreibanlässe (nach Jäger, 2007: 82 ff., eigene Darstellung) Der Diskurs ist Teil des Kontextes. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Schreiber und Leser, auch wenn sie den Kontext kennen und zu einer Diskurs‐ gemeinschaft gehören, differierende mentale Repräsentationen haben: Although in most forms of discourse between members of the same community mental models will be sufficiently similar to guarantee successful communication, it should be stressed that mental models necessarily embody personal elements that make all discourse productions and interpretations unique - and hence misunderstanding pos‐ sible - even when they have many, socially shared, elements (Dijk, 2008: 60). Der Grund für die Differenzen und damit auch möglichen Übereinstimmungen oder Nichtübereinstimmungen ist der Erfahrungsschatz: 76 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="77"?> […] writers and recipients by definition have different models of the same commu‐ nicative event; such differences may lead to negotiations about the shared aspects of their context models, but also to misunderstanding and conflict […] in other words, context models are the interface between society, situation and discourse (Dijk, 2008: 72). Jedes Subjekt nähert sich der Welt anders, was sich auch auf das Schreiben be‐ zieht: „Mental models are the cognitive representations of our experiences“ (Dijk, 2008: 61). Daher ist die Definition einer Textsorte, wie zuvor diskutiert, schwierig: „The most straightforward definition might be that genre is a type of text or talk, or, more broadly, of verbal activity or communicative event“ (Djik, 2008: 148). Eine Textsorte ist vielmehr die Essenz eines Diskurses und Kontextes. Sowohl die Textsorte unverlangtes Angebot als auch das Bewerbungsan‐ schreiben können der Verhaltenssituation Werben zugeordnet werden, was sich der „Appellfunktion“ durch die Forderung „[…] zum Vollzug von Handlungen oder Sprachhandlungen […]“ (Heinemann, 2008: 139) zuweisen lässt. Der Drei‐ schritt Versprechen, Beweisen und Ermuntern wird in diesen beiden Textsorten implizit durch ein Bündel verschiedener inhaltlicher Aspekte verschriftlicht, auf die im Folgenden durch die Vorstellung der zwei Textsorten unverlangtes An‐ gebot und Bewerbungsanschreiben eingegangen werden soll. Beide aufgezählten Textsorten werden in einem offiziellen Brief dargestellt. Die dazugehörige Text‐ klasse ist der Geschäftsbrief (Fix, U., 2008: 32; Marquardt, 2009: 10). Der Brief ist ein Kommunikationsmedium, das sich immer mehr weg vom klassischen Postweg und hin zum E- Mail-Verkehr entwickelt, jedoch aufgrund rechtlicher Vorgaben nie ganz verschwinden wird. Beim Angebot wird zwischen unverlangtem (meist Werbebrief, auch Mailing genannt) und verlangtem (erfolgt auf Anfrage) unterschieden. Unverlangte An‐ gebote werden von Unternehmen auch häufig als E-Mails verschickt. Der Emp‐ fänger wird darin nicht explizit genannt. Diese Form ist rechtlich gesehen mit der darin enthaltenen ersten Willenserklärung kein Angebot, sondern eine An‐ preisung, die keine Willenserklärung beinhaltet: Ein Angebot sollte alle Leistungen benennen, den zeitlichen Rahmen festzurren, zu dem sie erbracht werden können, und die Beiträge aller beteiligten Parteien deutlich beschreiben. Es steckt zudem den Kostenrahmen für den Auftraggeber ab. Was im Angebot vergessen wird, führt mit einiger Wahrscheinlichkeit später zu Auseinan‐ dersetzungen (Baumert, 2008: 172). Das Angebot ist rechtlich bindend und kann die erste oder zweite Willenser‐ klärung eines Kaufvertrages darstellen. Ein Angebot gehört zum Verhaltens‐ schritt des Werbens. Daher sollte der Leser durch ein attraktives Versprechen 77 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="78"?> angesprochen werden. Die Aufzählung von Vorteilen und die Ermunterung zum Nutzen des Angebots sind grundlegend in einem Angebot. Speziell der Werbe‐ brief weist auf ein Produkt oder eine Dienstleistung eines Unternehmens hin und fordert den Leser zum Kauf eines Produktes oder der Dienstleistung auf: Damit der Brief seine Aufgaben wahrnehmen kann, muss er zahlreiche Anforde‐ rungen erfüllen. Denn Werbung gehört zur Kategorie ‚ungeliebter Lesestoff ‘ und muss deshalb in Sekundenschnelle die richtigen Argumente liefern, um das Interesse des Empfängers zu wecken (Hirschi, 2011: 51). Der Erfolg eines Mailings wird an der Responsequote gemessen, d. h. an der Antwort des Käufers und der damit verbundenen zweiten Willenserklärung. Eine Responsequote von circa 5 % zeigt an, dass das Mailing erfolgreich war. „Wer bei seinen Kunden nicht ankommt und Leser verliert, verzeichnet Ein‐ bußen“ (Baumert, 2008: 1). In einem Werbebrief sollten nach Hirschi (2011: 52 f.) folgende Punkte, quasi als Bausteine, berücksichtigt werden (siehe Abb. 16): die Ziele, die Zielgruppe, der Angebotsmix, die Kernidee, die Reaktionsmedien sowie die inhaltlichen Mailingbestandteile. Dabei hebt Hirschi die Zielgruppe noch einmal hervor, da die Sprachformu‐ lierung zum Angebot und damit auch zur Zielgruppe passen muss (Hirschi, 2011: 53). Hierfür ist ein kreativer Umgang mit Sprache sowie Sprachgefühl ge‐ fragt, denn die Briefe können zwar auf Grundlage von Textbausteinen erstellt werden, müssen jedoch der Zielgruppe Rechnung tragen. „Professionelle Au‐ toren berücksichtigen die Erwartungen der Leser, knüpfen an sie an. Auch Texte, die dem Leser Neues mitteilen, müssen ihn in seiner vertrauten Welt abholen“ (Baumert, 2008: 7). Abb. 16: Bausteine des Mailingkonzeptes (nach Hirschi, 2011: 52 f., eigene Darstellung) Um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu erhöhen, ist der Beginn des Briefes mithilfe rhetorischer Techniken zu verfassen, z. B. der Einsatz von Fragen und Aufforderungen, der Wenn-Dann-Technik, der Formulierung als Nachricht oder der Einbezug der Zielgruppe (Hirschi, 2011: 56). Im Hauptteil des Werbebriefes hat sich die AIDA-Formel als Strukturierungshilfe beim Texten durchgesetzt. Diese beinhaltet die Elemente Attention, Interest, Desire und Action (Lewis, 1903): 78 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="79"?> Zuerst muss die Aufmerksamkeit geschaffen werden, so dass die Leserin und der Leser tiefer in den Brief einsteigen. Dies kann beispielsweise mit einer gelungenen Headline geschehen. Dann muss das Interesse geweckt werden, das heisst, die Leserin und der Leser müssen neugierig gemacht werden auf das Angebot, so dass sie unbedingt mehr wissen wollen. Dies sollte im ersten Abschnitt des Werbebriefes passieren. Anschlies‐ send muss ein Besitzwunsch generiert werden. Dazu soll das Angebot im Mittelteil des Briefes so vorteilhaft wie möglich beschrieben werden. Dies kann durch die An‐ rede des Briefes erfolgen oder sogar in einem nachgestellten P. S. (Post Scriptum) (Hirschi, 2011: 57). Der Brief sollte nicht zu viele schwierige oder gar neue Wörter beinhalten, damit er klar verständlich bleibt. Des Weiteren müssen die notwendigen Informa‐ tionen zwar enthalten sein, überflüssige aber vermieden werden. Daher sind Angebote oft auf eine Seite beschränkt, damit das Arbeitsgedächtnis beim Lesen nicht zu stark in Anspruch genommen wird: „Bei etwa sieben bis neun Infor‐ mationsbündeln - der Fachausdruck ist Cluster - ist dieser Teil des Gedächt‐ nisses an seine Grenzen gelangt“ (Baumert, 2008: 8). Daneben sind gemäß Hirschi (2011) prägnante Sätze, geringe Passivformulierungen sowie wenige Hilfsverben zu verwenden. Positiv besetzte Adjektive sowie strukturierende Satzzeichen wie Gedankenstriche oder Doppelpunkte und ergänzend dazu eine einwandfreie Rechtschreibung sowie eine ansprechende Briefgestaltung runden einen gelungenen Werbebrief ab. Der Schluss kann mit der Grußformel Mit freundlichen Grüßen enden, emotional bessere Wendungen sind Herzliche Grüße, Sommerliche Grüße aus oder Freundliche Grüße. Das P.S. sollte den wich‐ tigsten Nutzen beinhalten. Hervorhebungen sind für eine bessere Lesbarkeit erlaubt (Hirschi, 2011: 59 ff.). Die Bewerbung informiert den zukünftigen Arbeitgeber über das Können und die Erfahrung des Bewerbers. Ziel ist, dass der Personalchef sich von der Bewerbung überzeugen lässt und den Bewerber zum Vorstellungsgespräch ein‐ lädt. Eine Bewerbung besteht aus einem Begleitschreiben sowie einem Deckblatt mit Foto, einem tabellarischen Lebenslauf und Zeugnissen. Ein Bewerbungsan‐ schreiben ist das Begleitschreiben der Bewerbung. Das Anschreiben kann auf eine Stellenanzeige in der Tageszeitung oder durch die Suche in Job-Suchma‐ schinen (z. B. bei der Agentur für Arbeit) erfolgen. Alternativ ist eine Bewerbung per Initiative möglich, da nicht alle Betriebe ihre freien Stellen ausweisen. Das Bewerbungsanschreiben gehört zum Verhaltensschritt des Werbens. Daher sollten ein attraktives Versprechen mit der Nennung von Vorteilen und der Nutzen der Person für das Unternehmen die drei Unterschritte eines Bewerbungsan‐ schreibens sein. Die fachlichen und persönlichen Fähigkeiten sollen bestmöglich 79 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="80"?> präsentiert werden. Das Bewerbungsanschreiben ist somit die ‚Eintrittskarte‘ in ein neues Unternehmen. Bewerbungsanschreiben unterliegen dem Einfluss der neuen Medien. War es bis vor 20 Jahren üblich, Bewerbungsanschreiben mit der Bewerbungsmappe (Lebenslauf, Zeugniskopien und Nachweise) per Post zu versenden oder per‐ sönlich abzugeben, gibt es immer mehr Portale, z. B. bei der Agentur für Arbeit, auf denen der Bewerber seinen Lebenslauf einmal verfasst, hochlädt und so seine Bewerbung für mehrere Unternehmen einsehbar macht. Alternativ können die hochgeladenen Bewerbungsdokumente auch als Link an mehrere Unternehmen geschickt werden. Dennoch muss auch in diesem Falle das Bewerbungsan‐ schreiben an das entsprechende Unternehmen angepasst und als einzelne Datei im Bewerbungsportal mit Unterschrift des Bewerbers hochgeladen werden. Dieser Schritt erfordert wiederum das Verfassen eines Bewerbungsanschreibens nach DIN-Norm 5008. Es ist zudem auch rechtlich relevant, da jeder Bewerber das Bewerbungsanschreiben vorlegen muss und das Unternehmen, auch wenn es sich für einen anderen Bewerber entscheidet, das Anschreiben aufzube‐ wahren hat, falls noch rechtliche Auseinandersetzungen zu erwarten sind (Wiss‐ kirchen, 2006). Die Einhaltung der formalen Anforderungen an diese Schreiben ist unabdingbar. Beide Textsorten, das Angebot und das Bewerbungsanschreiben, unter‐ liegen dem Vertextungsmuster der Argumentation, da der Adressat im Hinblick auf ein Bewerbungsgespräch oder die Buchung eines Pauschalarrangements überzeugt werden muss. Die Textfunktion ist die Appellfunktion, da der Lesende zur Handlung des Einladens (bei dem Bewerbungsanschreiben) bzw. zur Bu‐ chung (bei dem Pauschalarrangement) aufgefordert wird. Die Kraft des Appells setzt sich durch Argumente in den jeweiligen Briefen durch. Bei dem Bewer‐ bungsanschreiben wird dies durch inhaltliche Textmerkmale wie persönliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, schulische Leistungen, Erfahrungen durch Prak‐ tika oder die Bekundung des Interesses am Unternehmen erreicht. Beim unver‐ langten Angebot sind die inhaltlichen Argumente u. a. der Preis, die Details des Angebots sowie die Lage des Hotels. Beide Schreiben überzeugen nicht nur durch inhaltliche Textelemente, sondern auch durch die sprachlichen Text‐ merkmale wie fehlerfreie Grammatik und Orthografie oder die Wortwahl. Aber auch das gewählte Layout, also die formalen Bedingungen des Schreibens, tragen zur Überzeugung bei. So ist die Textquantität als Konversationsmaxime nach Grice bei beiden Textsorten auf eine Seite begrenzt. Beide eben beschrie‐ benen Textsorten werden nach der DIN 5008 (Deutsches Institut für Normung e. V., o. J.; Grün, 2013) in Deutschland verfasst ( Jäger, 2007: 141; Neumayer & Rudolph, 2008: 74): 80 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="81"?> Dieses Regelwerk hat eine gute Absicht: Es setzt klare Erkennungsmuster, es lehrt einheitliche Standards in den Schulen, es erleichtert die Schriftkommunikation. Zu Zeiten der Schreibmaschine, als die Seitengestaltung eine Tortur war, bot diese Norm das rettende Handwerkszeug ( Jäger, 2007: 141). Mittlerweile wurden die Schreibmaschinen durch Computer ersetzt, aber die Norm als Orientierung dafür, wie ein Geschäftsbrief zu schreiben ist, bleibt. Diese Norm gibt z. B. Zeilenabstände, Absätze, Platzierungen für das Datum oder die Unterschrift sowie gängige Textbausteine vor. Gerade im beruflichen Umfeld ist die Einhaltung der DIN-Norm 5008 ein Kennzeichen für Professionalität: Obwohl der erste Eindruck oft falsch sein mag, ist er doch der wichtigste. Denn er ist es, der am längsten in Erinnerung bleibt, und er prägt langfristig die Einstellung ge‐ genüber einer Person, einer Organisation oder einer Sache. Das gilt ganz besonders für Schriftstücke und Briefe: Eine falsche Anrede, eine ungeschickte Aufmachung - und schon kann der Grundstein dafür gelegt sein, dass eine Geschäftsbeziehung - kaum, dass sie angebahnt wird - auch schon wieder scheitert (Grün, 2013: Vorwort). Der Empfänger eines Geschäftsbriefs erwartet einen gewissen Standard, um sich zu orientieren und den Inhalt des Briefes zu entschlüsseln. Ein Beispiel für die Relevanz der DIN-Norm im beruflichen Umfeld: Der Personal‐ chef erhält einen Stapel mit Bewerbungsanschreiben für eine Ausbildungsstelle im Betrieb. Neben den üblichen Bewerbungsanschreiben ist ein handgeschriebener Zettel dabei, auf dem in zwei Sätzen steht, dass der Bewerber die Ausbildungsstelle bekommen möchte. Würden Sie dem Bewerber die Chance zum Einstellungsge‐ spräch geben? Der Personalchef hat wenig Zeit, um die geeigneten Bewerber aus dem Stapel zu einem ersten Gesprächstermin zu laden. Bewerbungsanschreiben, die als solche nicht zu erkennen sind, fallen durch das Raster, denn das Unter‐ nehmen möchte ernst genommen werden und die Einhaltung der Norm ist neben den sprachlichen und inhaltlichen Anforderungen in solch einem Brief eine Antwort auf die Frage, ob sich der Bewerber für das Unternehmen ins Zeug gelegt hat. Die Unternehmen erwarten wiederum Briefe, die diesen Schreibstandards ent‐ sprechen, natürlich auch aus ökonomischen Zwecken - nämlich die Zeit zum Lesen zu verringern und den Inhalt des Briefes für das berufliche Handeln zum Vorschein zu bringen. An diesem Beispiel kann deutlich gemacht werden, dass Geschäftsbriefe auch eine rechtliche Relevanz haben und die postalische Übermittlung in einigen Si‐ tuationen eine Voraussetzung für die rechtliche Einhaltung ist (Baumert, 2008: 47). Durch das Zusenden einer E-Mail oder eines Fax sieht der Absender nicht, wer es tatsächlich empfängt. Das im Grundgesetz verankerte Briefgeheimnis 81 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="82"?> kann nur postalisch oder durch persönliche Überbringung gewahrt werden (Neumayer & Rudolph, 2008: 60). Die Herausforderung an Geschäftsbriefe ist es, zwar einerseits die Regeln nach der DIN-Norm 5008 einzuhalten, andererseits aber gerade beim Bewerbungsanschreiben und beim unverlangten Angebot auch einen Hauch von Kreativität einzubringen. Letztendlich geht es darum, dass der Empfänger, also der Rezipient, den Brief schnell versteht und bei beiden Textsorten davon überzeugt wird, den Bewerber für ein Vorstellungsgespräch einzuladen und das Angebot mit der zweiten Willenserklärung als Vertrag an‐ zunehmen. Der Rezipient muss in beiden Fällen durch die werbende Textfunk‐ tion überzeugt werden. An dieser Stelle kommen Emotionen ins Spiel, denn das Schreiben und auch das Lesen werden von Emotionen begleitet ( Jäger, 2007: 21). Wird vom Leser das Interesse durch eine sprachlich emotionale Brücke geweckt, liest er den Brief weiter und wird im besten Falle handeln. Damit dies gelingt, muss der Schreiber diese Wirkung gezielt planen. Das berufliche Schreiben be‐ darf wie auch das schulische Schreiben mehrerer Planungsschritte. Ein profes‐ sioneller Schreiber wird diese nicht mehr aufschreiben, sondern mental klären. Es sind die Fragen der Wirkung, des Briefumfangs, bereits erworbene Vorkennt‐ nisse zur Textsorte, die Frage der Qualität und das Maß an Kreativität sowie Adressatenwissen und letztendlich die Antwort auf die Frage, wer den Brief schreibt ( Jäger 2007: 29 f.; Fix, 2008: 26). Der Schreiber muss in diesem Zusam‐ menhang höchst adressatenorientiert texten. Der Texter hat ja zahlreiche kommunikative Erfahrungen gemacht, er weiß, in welcher Situation, unter welchen Bedingungen sein Handeln kommunikativ erfolgreich war (und wann nicht). So kann er eine Vielzahl von Mustern aus seinem Gedächtnis ab‐ rufen, als Muster von KOMMUNIKATIVEN BASISTYPEN, die die gesellschaftlichen Funktionen kommunikativen Handelns schlechthin markieren (Heinemann, 2008: 142). Hierbei muss auch betont werden, dass das berufliche Schreiben häufig in Teams vollzogen wird. Dazu zählen die Ideengenerierung, das Korrekturlesen oder auch das gemeinsame Schreiben an einem Dokument, was durch zwei Zitate unterstrichen wird: Professionelle Autoren sind selten einsame Poeten, die abgeschlossen von der Au‐ ßenwelt in ihrer Dachstube schreiben. Häufig arbeiten sie in Teams unter Bedin‐ gungen, die das Wirtschaftsleben auch an anderer Stelle kennt. Zuliefern, verarbeiten, veredeln, die Qualität sichern, den Prozess koordinieren: Viele wirken mit, um ein Dokument zu erstellen (Baumert, 2008: 179). Schreiben am Arbeitsplatz ist in ein soziales Netzwerk eingebunden. Textverfasse‐ rInnen arbeiten in Kooperation mit anderen. Der Schreibprozess ist eingebettet in ein 82 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="83"?> übergeordnetes Projekt. TextverfasserInnen benutzen andere Texte (z. B. Anträge) als Schreibvorlage. Schreiben wird von der Person abstrahiert, der Text ist ein institutio‐ nelles Produkt und spricht die ‚Sprache des Betriebes‘ (Lehnen & Schindler, 2010: 154). Für das berufliche Schreiben sollte unterstützend für die Ideengeneration und das Überarbeiten auch auf Mustertexte und Dokumentenvorlagen zurückge‐ griffen werden (Baumert, 2008: 118). Um Regeln für das Redigieren zu entwickeln, kann sich eine Gruppe ältere Texte oder solche von Mitbewerbern vorknöpfen und diskutieren. Jeder sagt, was ihm nicht ge‐ fällt, anschließend stellt das Team ein Meinungsbild her, wie es mit solchen Fällen verfahren will. Das Resultat wird festgehalten (Baumert, 2008: 103). An dieser Stelle zeigt sich der Grad der Professionalisierung. Für ein Unter‐ nehmen wichtige Texte werden nicht allein geplant und geschrieben. Sie durch‐ laufen mehrere Revisionsphasen. Letztendlich werden im Beruf nicht nur Geschäftsbriefe wie das unverlangte Angebot oder Reklamationen, sondern auch Dokumente wie Listen, Gesprächs‐ notizen und Lieferscheine erstellt, die den beruflichen Alltag prägen. Arbeit‐ nehmer müssen sich heutzutage einer Vielzahl von beruflichen Textsorten re‐ zeptiv und produktiv stellen. „Schriftbasierte Formate gelten nach wie vor als die wichtigsten Mittel der Beschreibung und Kommunikation von Wissen“ ( Ja‐ kobs, 2008: 2). Die Ursachen dafür sind eine Vielzahl an Anforderungen in der Arbeitswelt, die in Abbildung 17 visuell dargestellt werden, in der mit Absicht Platz für weitere Puzzleteile gelassen wird, denn schließlich definiert jedes Un‐ ternehmen noch weitere Anforderungen. 83 2.4 Text(sorten)kompetenz im beruflichen Feld <?page no="84"?> Abb. 17: Faktoren für den Schriftverkehr (nach Jakobs, 2008: 2 f., eigene Darstellung) Des Weiteren kann eine hohe Standardisierung von Arbeit beobachtet werden, die durch die Etablierung von Checklisten als Mittel der Qualitätssicherung am Arbeitsplatz zu beobachten sind. „Die schriftliche Erfassung von Arbeitspro‐ zessen und -produkten macht Arbeit vergleich- und bewertbar“ (ebd.) und stellt somit einen Grad der Professionalisierung dar. Die Nutzung neuer Medien wie PCs, Handys oder Intranet verändern zu‐ sätzlich den Kommunikationsweg von face to face und damit primären Ge‐ schäftsabsprachen hin zum schriftlichen Kommunikationsweg über E-Mails, Chats, SMS. Daher nehmen gleichsam die Industrialisierung der Kommunika‐ tionsarbeit und der Grad der rechtlichen Absicherung am Arbeitsplatz und im Geschäftsbereich zu. Eine schriftliche Dokumentation in Form von Briefen be‐ legt dies beispielsweise (ebd.). Schreiben heißt auch Teilen - Mitteilen. Gerade der Brief als Textform unterstreicht das Sender-Empfänger-Prinzip. Die Bot‐ schaft wird durch den Brief an einen Empfänger mitgeteilt (Koch & Pielow, 1984: 163). Dabei sollte in Erinnerung gerufen werden, dass Textsorten ur‐ sprünglich einem wirtschaftlichen Kontext entstammen und daran orientiert sind. Bewerber beispielsweise, selbst Schüler der neunten Jahrgangsstufe, müssen mittlerweile eine Bewerbungsmappe und darin auch das Bewerbungsan‐ schreiben beilegen - dies schreibt nicht die Didaktik vor, sondern ist eine Auf‐ forderung der Wirtschaft. Letztendlich wird sich jeder Arbeitnehmer mit dem 84 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="85"?> Schreiben seiner persönlichen Bewerbungen befassen müssen, und das nicht nur ein- oder zweimal in seinem Leben, sondern durch den immer häufigeren Wechsel der Unternehmen fortlaufend (IWD, 2016). Gleichzeitig sind Schüler nicht nur Berufseinsteiger, sondern auch in der Rolle der Verbraucher. Sie rezipieren fast täglich Werbung, an der Bushaltestelle, im Bus, im Radio, im Fernseher, als E-Mail oder auch in Briefform. Beide Textsorten, das Angebot und das Bewerbungsanschreiben, führen zum Handeln des Adressaten: Der Bewerber möchte vom Unternehmen eingestellt werden, selbstverständlich kann das Unternehmen auch eine Absage erteilen. Er wird jedoch handeln. Der Verbraucher kann auf das Angebot eingehen und seine zweite Willenserklärung abgeben, oder er verzichtet und antwortet nicht. Auch diese Entscheidung wird im Rahmen einer Handlung vollzogen (Koch & Pielow, 1984: 41). Schlussendlich zentral für eine Entwicklung der Textsortenkompetenz ist das „Er‐ schreiben von Textsorten“ (Dehn et al., 2011: 77), was zu einer expliziten Text‐ sortenkompetenz führt. Schon bevor Textsorten im Unterricht vermittelt werden, verfügen die Schüler jedoch über implizites Textsortenwissen aufgrund der rezeptiven Erfahrung in ihrer Lebenswelt. Dieser Erfahrungsschatz kann für den Deutschunterricht didaktisch und methodisch für den gesamten Schreib‐ prozess genutzt werden. Im nächsten Unterkapitel werden daher der Schreib‐ prozess und die damit verbundenen Schreibmodelle als Teilbereiche der Schreib‐ forschung vorgestellt. 2.5 Schreibprozess In diesem Unterkapitel werden kognitive Schreibmodelle, die für den Schreibun‐ terricht bedeutsam sind, zunächst chronologisch vorgestellt. Im Vordergrund steht die Beantwortung der Frage, wie geschrieben wird und was auf den Schreib‐ prozess Einfluss nimmt. Des Weiteren wird auch auf die erforschten Schreibstra‐ tegien Bezug genommen, die nicht getrennt von den Schreibmodellen gedacht werden dürfen, sondern synthetischen Einfluss auf die Modellbildung nahmen und nehmen. Feilke (2017: 164) unterteilt die Schreibprozessorientierung in „Prozesskom‐ ponenten“, „Rekursivität“, „Schreibstrategien“ sowie „Sozialität“, die im Schreib‐ unterricht vermittelt werden müssen. Strategien können von ihrer Definition her eine prozessbezogene, eine kognitive oder eine metakognitive Zuschreibung besitzen (Sturm, 2017: 267 f.; siehe Abb. 18). 85 2.5 Schreibprozess <?page no="86"?> Abb. 18: Strategiebegriffe nach Sturm (2017: 267 f., eigene Darstellung) Der prozessbezogene Strategiebegriff setzt auf die Prozesskomponenten des Schreibvorganges. Der kognitive Schreibprozess setzt auf die Ideengenerierung, das Nachdenken, das mentale Planen des Schreibvorgangs, und der metakog‐ nitive Strategiebegriff bezieht sich auf die Strategiehandlungen, die auf Rekur‐ sivität durch das bewusste prozedurale Steuern der automatisierten Strategie‐ formen setzen. Dass die Strategiebegriffe heutzutage so fein definiert und eingeordnet sind, ist einer recht jungen Schreibprozessforschung zu verdanken. Diese Rückblende soll darüber Aufschluss geben und zeigen, wie der Schreibprozess mit den ver‐ ankerten Schreibstrategien erforscht wurde. Nystrand fasst die Schreibfor‐ schung in der Historie wie folgt zusammen (Nystrand, 2006: 11 ff.): Der Start der empirischen Forschung zum Schreiben kann in Nordamerika in den 1970er Jahren verortet werden. Es schlossen sich dabei Forscher aus den Bereichen der Philosophie, z. B. Langer und Cassirer, sowie der Psychologie, z. B. Bruner, Piaget und Vygotsky, zusammen. Die kognitive Revolution wurde durch die Er‐ kenntnis, dass Schreiben auch Lesen und Lernen ist, hervorgerufen. Diese Wende schuf für die Behavioristen wie Skinner eine neue Forschungsrichtung im Bereich der Psycholinguistik. Ein weiterer Antrieb war die Aufmerksamkeit auf die geringen Schreibleis‐ tungen von Schülern aus benachteiligten Sozialschichten. Die Universität Har‐ vard führte 1975 das berühmte „Tuesday Colloquium“ (Nystrand, 2006: 13) für Collegestudenten ein, um Studenten vor allem mit afrikanischem und puerto-ri‐ canischem Migrationshintergrund beim wissenschaftlichen Schreiben zu un‐ terstützen. Der US-amerikanische Präsident Nixon unterstützte fortan koope‐ rative Schreibforschungsprojekte am National Institute of Education (kurz: NIE). Die erste finanziell geförderte Schreibforschung war die Arbeit von Hayes und 86 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="87"?> Flower an der Carnegie Mellon University. Hayes konnte sein Wissen zur ko‐ gnitiven Problemlösung und damit die Rolle des Schreibens als problemlösender Prozess durch die Zusammenarbeit mit dem Nobelpreisgewinner und Psycho‐ logen Herbert A. Simon erweitern. Des Weiteren publizierte die Direktorin des City College´s Basic Writing Program, Saughnessy, die Schreibfehler von 4.000 Collegestudenten. Sie verkündigte das neue Credo der Schreibprozessfor‐ schung: „[…] writing is a social act” (Saughnessy, 1977: 83). Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung in Amerika resultierte daraus die Forschungszusammenarbeit von Hayes und Flower bezüglich des kognitiven Schreibprozessmodells (Hayes & Flower, 1980: 10, siehe Abb. 19). In diesem wird die Welt des Schreibers in die Bereiche „Task Environment“ (ebd.), „Writers Long-Term Memory“ (ebd.) sowie „Writing Process“ (ebd.) unterteilt. Die drei Hauptprozesse beim Schreiben sind die Teilhandlungen „Planning“ (ebd.), „Translating“ (ebd.) und „Reviewing“ (ebd.). Sie selbst sahen dieses Modell als Provisorium an. Dieser Fakt ist wichtig, um die Weiterentwicklung einordnen zu können. Abb. 19: Schreibprozessmodell (Hayes & Flower 1980: 10) Grundlage für die Erstellung dieses Modells waren Beobachtungen schreibender Schüler, die während des Schreibens ihre Gedanken verbalisiert haben. Diese Think-aloud-Protokolle waren grundlegend für eine neue Perspektive der Schreibforschung, denn im Vordergrund stand nicht das Schreibprodukt, son‐ dern der Schreibprozess: „[…] subjects are asked to say aloud everything they think and everything that occurs to them while performing the task, no matter 87 2.5 Schreibprozess <?page no="88"?> how trivial it may seem“ (Hayes & Flower 1980: 5). Schon die US-Forscher Emig sowie Newell und Simon arbeiteten in den 1970er Jahren mit dieser Methode. Die herausgestellten Teilhandlungen sind jedoch nicht separat zu betrachten, vielmehr wurden Schreibende beobachtet, die alle drei Handlungen immer wieder abwechselnd vollzogen. Während des Schreibens wird geplant und re‐ vidiert. Diese Teilhandlungen sind mentale kognitive Handlungen, die sich von außen nicht immer trennscharf beobachten lassen (Hayes & Flower, 1980: 10 ff.). Längere Schreibplanungen werden vor allem bei komplexeren Schreibauf‐ gaben, die noch nicht automatisiert sind, vollzogen (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2006: 29). In dem Schreibprozessmodell wird das Langzeitgedächtnis hervorge‐ hoben. Dieses wird bei der Schreibplanung stärker in Anspruch genommen, wenn das Thema unbekannt ist, die Adressaten unklar sind oder, wie schon erläutert, kein Schreibplan vorliegt (Hayes & Flower, 1980: 10 ff.). Die Schreib‐ aufgabe selbst wirkt sich auch auf die Phase der Textplanung aus. So kann das Thema, die Adressaten des Textes oder auch die Motivation einen negativen oder positiven Einfluss auf den Schreibprozess haben (Hayes & Flower, 1980: 11). Es lässt sich zu diesem Modell festhalten, dass der Schreibende noch allein beobachtet wird. Gerade das Langzeitgedächtnis und die Schreibaufgabe sind Parameter, die sich auf die Planung des Textes positiv oder negativ auswirken. „Das Gedächtnis stellt die Struktur dar, die der Speicherung und dem Abruf von Informationen dient“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 30). Das Langzeitgedächtnis spei‐ chert alle Informationen, die bewusst und unbewusst aufgenommen werden. Alle drei Teilhandlungen des Schreibens greifen ineinander und sind nicht von‐ einander getrennt oder sogar als Stufen, sondern parallel zu beobachten (Hayes & Flower, 1980: 27 ff.). Das Schreiben müsse als Prozess mit vielen par‐ allelen Operationen gesehen werden. Somit könne der Schreiber auch als „switchboard operator“ (Flower & Hayes, 1980: 33) gesehen werden. Drei Fak‐ toren hemmen den Schreibprozess: 1. fehlendes Wissen, 2. fehlende sprachliche Konventionen des geschriebenen Textes und 3. fehlende Rhetorik. Um die Hemmnisse zu überwinden, müsse nur die Anzahl der zu bewältigenden Auf‐ gaben reduziert werden, um das Kurzzeitgedächtnis nicht zu überlasten, denn kein Schreiber könne auf alle drei Dinge gleichzeitig achten. Vielmehr müsse der Schreiber im Prozess einige Dinge ignorieren und später in der Überarbei‐ tung nachholen. Daher seien Pläne, gerade für struggling writers/ schwache Schreiber, für die Textqualität wichtig, sofern das Schreiben noch nicht routiniert oder automatisiert sei. Der Fokus auf die Aufgabenstellung und die Schreibpläne seien wichtige Unterrichtsinhalte, um Schreibhemmnisse zu überwinden (Flower & Hayes, 1980: 40 ff.). 88 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="89"?> 6 Nach Trappen (2013: 173) gibt es eine fünfstufige Abfolge: Inventio, Dispositio, Elo‐ cutio, Res und Verba, Memoria und Actio, die schon der Rhetoriker Cicero verwendete. Fortan gab und gibt es neue Untersuchungsbereiche, z. B. zum Kontext des Schreibens, zur Beziehung von Schreiben und Lesen (Bereiter & Scardamalia, 1987), zur Beziehung zwischen Schreiber und Diskursgemeinschaft und zum Schreiben in der Disziplin. Neben dem akademischen Schreibkontext wurden neue Untersuchungsfelder, u. a. Schreiben am Arbeitsplatz, in der Industrie er‐ öffnet. Das Journal Written Communication wurde 1984 erstmalig herausge‐ geben und ist bis heute ein Medium für neue Resultate in der Schreibforschung (Nystrand, 2006). In den 1980er Jahren haben die Forscher Bereiter und Scardamalia (1987) das Schreiben nach zwei Strategien unterteilt: knowledge telling und knowledge transforming. Bei der Strategie knowledge telling werden weniger die sprachli‐ chen Fähigkeiten wie Syntax, sondern eher die Gedankenentwicklung herun‐ tergeschrieben. Die Anwendung dieser Strategie ähnelt einem expressiven Schreiben. Die Ziele werden dabei oft nicht elaboriert. Sie werde nicht nur von unerfahrenen Schreibern angewandt, sondern selbst von Autoren wie Aldous Huxley, so Sturm. Daher wird diese Art der Strategie eher als kognitive Strategie eingeordnet (Sturm, 2017: 269). Die knowledge transforming-Strategie beinhalte einerseits die Gedankenentwicklung und andererseits die Entwicklung des Textes. Dies könne nur vollbracht werden, wenn die Leserperspektive einge‐ nommen werde, was eine Textrepräsentation auf mentaler Ebene erfordere. In‐ folgedessen ist dies eine metakognitive Strategie. Insgesamt halten die beiden Forscher fest, dass das Anwenden von Schreibstrategien gerade für Schreibno‐ vizen wichtig sei. Ein erfahrener Schreiber könne mit der knowledge tel‐ ling-Strategie taktisch umgehen, wenn er danach seinen Text überarbeite. Der Schreibnovize hingegen versuche, seinen Text so schnell es geht zu beenden und überarbeite diesen weniger (Bereiter Scardamalia, 1987: 3 ff.). 1981 veröffentlichten auch in Deutschland de Beaugrande und Dressler (1981: 36) Phasen des Schreibprozesses, die zwar im internationalen Raum weniger stark bekannt, in ihrer Logik aber durchaus nachvollziehbar sind und sich an der Rhetorik orientieren: 6 „Es gibt keinen Punkt, an dem die Produktion endgültig vollzogen ist, sondern höchstens eine ABSCHLUSS-SCHWELLE“ (de Beaug‐ rande & Dressler, 1981: 36). Die Beurteilung der Textqualität ist vom Bild des Textrezipienten und seinem Ausmaß an Textverarbeitung abhängig. Jeder Text kann immer noch überar‐ beitet oder auch weiter analysiert werden. Der Schreibprozess lässt sich in die 89 2.5 Schreibprozess <?page no="90"?> folgenden Phasen unterteilen: Zunächst kommt die Phase der Planung. Nach der Zielsetzung und Textsortenwahl folgt die „Phase der IDEATION“ (de Be‐ augrande & Dressler, 1981: 42) gemäß der inventio (Ideenfindung) in der klassi‐ schen Rhetorik: Eine IDEE ist eine innerlich angelegte (also nicht umgebungsbedingt erzwungene) Gestaltung von Inhalt, die STEUERUNGSMITTELPUNKTE (z. B. Themen für schöp‐ ferisches, sinnvolles Verhalten einschließlich der Textproduktion) zur Verfügung stellt (ebd.). In dieser Phase wird nach gespeicherten „WISSENSRÄUMEN (‚knowledge spaces‘)“ (de Beaugrande & Dressler, 1981: 43) gesucht. Dieser schließt sich eine Phase der Ausdruckssuche an, wie in der Rhetorik die dispositio. Es wird nach bereits gespeichertem Wissen und den damit verbundenen Ausdrücken gesucht. Zum Schluss folgt die „GRAMMATISCHE SYNTHESE“ (de Beaugrande & Dressler, 1981: 44 f.) auf der Textoberfläche. Schreibexperten benötigen oft we‐ niger Zeit, leisten jedoch eine höhere Verarbeitungsintensität und weisen Er‐ fahrung vor. „Dieser Effekt würde erklären, warum ein geübter Textproduzent Texte anderer (und nicht nur einfach seine eigenen) verbessern kann, ohne tat‐ sächlich an deren geistigen Prozessen beteiligt gewesen zu sein“ (ebd.). „Selbst‐ korrekturen erscheinen oft für den Texterzeuger selbst schwieriger zu sein, weil er bereits die beabsichtigten Ideen kennt und Fälle von ineffizientem Ausdruck, ja sogar richtiggehende Fehler übersieht, was für Fremdkorrekturen nicht gilt“ (ebd.). Bezugnehmend auf die Forscher Bereiter und Scardamlia sowie Hayes und Flower forscht Kellogg (1994) im Bereich der Schreibpsychologie. Er hebt die Faktorenvielfalt beim Schreibprozess und die Schemata als Wissensrepräsenta‐ tion hervor: Thinking involves a set of mental skills that create, manipulate, and communicate to others the personal symbols of mental life. […] Second, thinking is a process that entails manipulating representations of what one knows about the world […]. Third, what one thinks or knows about a topic is often, though not always, directed at the solution of specific tangible goals (Kellogg, 1994: 10). Auch scripts werden zum Schematabereich gezählt. Es sind routinisierte Akti‐ vitäten (Kellogg, 1994: 20). Darauf nehmen schon 1981 de Beaugrande und Dressler Bezug und definieren genauer: Schemata sind globale Muster von Ereignissen und Zuständen in geordneten Ab‐ folgen, wobei die Hauptverbindungen in zeitlicher Nähe und Kausalität bestehen (de Beaugrande & Dressler, 1981: 95). 90 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="91"?> PLÄNE sind globale Muster von Ereignissen und Zuständen, die zu einem beabsich‐ tigten ZIEL führen (ebd.). SKRIPTS sind stabilisierte Pläne, die häufig abgerufen werden, um die Rollen und die erwarteten Handlungen der Kommunikationsteilnehmer zu bestimmen (de Beaug‐ rande & Dressler, 1981: 96). Die kognitiven Operationen wie das Sammeln von Informationen, das Planen von Ideen, das Schreiben und Überarbeiten sind wichtig, um die Qualität eines Textes zu steigern (Kellogg, 1994: 16). Wenn sich zudem die Anzahl der Mit‐ schreibenden, z. B. durch Feedback von Mitschülern, erhöht, wird knowledge transforming erzeugt, da sich das Wissen zu einem Text durch die Schreibanre‐ gungen verändert. Dieser Austausch führt zu neuen Ideen (Kellogg, 1994: 33). Das ist eine Bedingung für die Schreibumgebung - the task environment. Kellogg gibt in dieser Publikation Hinweise, die den Schreibprozess bei Schülern be‐ günstigen: 1. Ein schnelles Schreiben garantiert nicht die Höhe der Schreibqualität (ebd.). 2. Am PC zu schreiben ist für die Überarbeitung komfortabler als das Schreiben mit der Hand. Daher werde auch eher beim Schreiben geplant und viel mehr überarbeitet (ebd.). 3. Die Schreibaufgabe darf nicht zu leicht sein (Langeweile) und auch nicht zu schwer (Frustration). Durch die Schreibaufgabe kann die Motivation zum Schreiben im besten Falle begünstigt werden. Wenn dem Schreiber die Aufgabe wichtig ist, dann schreibt er gut. Nicht die extrinsische Mo‐ tivation wirkt hier, sondern die intrinsische Motivation. Das Wissen um eine Aufgabe bringt nicht immer auch bessere Texte zum Vorschein. Die Anstrengung, eine Aufgabe zu erfüllen und wenig darüber zu wissen, kann eher ein motivationaler Faktor sein und daher bessere Texte her‐ vorbringen (ebd.). 4. Das inhaltliche Wissen (content knowledge) über eine Textsorte wirkt sich auf die Schreibperformanz aus. Auch die Schreibeinstellung, das konzeptuelle Wissen über die Welt sowie das metakognitive Wissen über Strategien, Aufgaben und Ziele sind Parameter des Schreiberfolgs (ebd.). 5. Schreibexperten überarbeiten ihre Texte eher als Schreibnovizen und lassen sich dafür auch mehr Schreibzeit aufgrund der zu treffenden Re‐ visionen (ebd.). Werden diese fünf Hinweise berücksichtigt, kann die Schreibproduktivität des Schülers begünstigt werden. In seiner Forschung konnte Kellogg nachweisen, 91 2.5 Schreibprozess <?page no="92"?> dass die Anzahl der Wörter mit der Textqualität korreliert, wobei er zu bedenken gibt, dass die Länge eines Textes im Zusammenhang mit der Textqualität auch Grenzen haben könne (Kellogg, 1994: 59 ff.). 1996 wurde das innovative Schreibmodell aus dem Jahr 1980 weiterentwickelt. Hayes (1996: 1 ff.) fokussierte nun nicht mehr den Schreiber allein, sondern in‐ tegrierte auch stärker die Schreibumgebung in das „Individual-Environ‐ mental-Model“ (Hayes, 1996; siehe Abb. 20). Abb. 20: Schreibmodell als 'Individual-Environmental-Model' (Hayes, 1996) 92 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="93"?> In diesem Schreibprozessmodell gibt es soziale, z. B. die Adressaten, Ko-Ak‐ tanten, und physikalische Einflussfaktoren, z. B. der Textentwurf und die Schreibwerkzeuge sowie neue Medien. Vier innere Faktoren haben zudem Ein‐ fluss auf den individuellen Schreibprozess: 1. motivation/ affect, 2. working me‐ mory, 3. cognitive processes und 4. long-term memory (Hayes, 1996: 4). Das Arbeitsgedächtnis nimmt dabei einen neuen Stellenwert ein und war im klassischen Modell von 1980 noch nicht berücksichtigt worden. Obwohl die an‐ deren Faktoren wie das Langzeitgedächtnis, die Motivation und die Aufgabe schon 1980 integriert wurden, lagen 1996 weitere Forschungen vor, die deren Position stärker bestätigten. Das Arbeitsgedächtnis wird in der Psychologie dem Kurzzeitgedächtnis zu‐ geordnet, wie die Abbildung 21 demonstriert und in den weiteren Definitionen als Exkurs erläutert wird: Das Dreispeichermodell differenziert Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und Langzeitge‐ dächtnis. Diese Gedächtnisformen unterscheiden sich nach ihrer Speicherkapazität und -dauer. Das Mehrspeichermodell postuliert einen differenzierten Aufbau des Ar‐ beitsgedächtnisses mit Teilstrukturen, die für bestimmte Inhalte zuständig sind (ver‐ bales vs. bildhaftes Material) und durch eine zentrale Exekutive koordiniert werden. Das Modell der Verarbeitungstiefe macht die Stabilität der Gedächtnisinhalte von der Intensität oder Tiefe der kognitiven Verarbeitung abhängig. Je nach Art der zu ver‐ arbeitenden Informationen unterscheidet man zwischen einem deklarativen und einem nondeklarativen Gedächtnis. Im deklarativen oder expliziten Gedächtnis werden semantische und episodische Inhalte gespeichert, das nondeklarative Ge‐ dächtnis umfasst unbewusste Prozesse wie Priming, Konditionierung und prozedu‐ rales Lernen (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 39). Das Ergebnis kognitiver Lernprozesse besteht im Wissen über die Welt und über die eigene Person, das dem Bewusstsein zugänglich ist und direkt abgerufen werden kann (semantisches oder deklaratives Wissen). Semantisches Wissen wird in Form von Be‐ griffen und den sie verbindenden Beziehungen repräsentiert. Man kann sich die Re‐ präsentation semantischen Wissens als Netzwerk vorstellen, bei dem die Begriffe (Konzepte) die Knoten darstellen und die Kanten die Beziehungen zwischen ihnen (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 161). 93 2.5 Schreibprozess <?page no="94"?> Abb. 21: Dreispeicher-Gedächtnis-Modell (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 36) Die Schreibaufgabe (task environment) wird dem Schreiben als sozialem Akt in diesem Modell gerecht. Die Kollaborationen sowohl in der Schule als auch am Arbeitsplatz mit den Verweisen auf die Forschungen von Hull, Greene sowie Haas in den späten 1980er und den 1990er Jahren bekräftigen den sozialen Ein‐ fluss auf den individuellen Schreibprozess. Die physikalischen Einflüsse seien zum einen Computerprogramme, aber auch das Medium selbst. So könne man am Computer eher einen Text revidieren als mit Stift und Papier. O’Hara zeigte in ihrer Forschung in den 1990er Jahren, dass die Veränderung der Schreibauf‐ gabe einen großen Einfluss auf kognitive Prozesse habe. Das Individuum auf der zweiten Ebene von Hayes‘ Schreibmodell werde durch das Arbeitsgedächtnis und die Motivation als Einflussgrößen auf den Schreibprozess dargestellt. Die Forschung von Baddeley (1986) zum Arbeitsge‐ dächtnis ergab ergänzend dazu, dass das Arbeitsgedächtnis nur begrenzte Res‐ sourcen für die Informationssuche und Verarbeitung habe. Dabei würden zwei Wege des Memorierens im Vordergrund stehen: als phonologischer loop, quasi die innere Stimme, oder als visual spatial sketchpad. Hayes bringt durch eine ergänzende Studie (Kaufer, Hayes & Flower, 1986) auf den Punkt, dass kompe‐ tente Schreiber keine ganzen Sätze, sondern zunächst Phrasen bilden würden. Das Arbeitsgedächtnis wird dann aktiv, da nach dem ersten Schreiben Revi‐ sionen von grammatischen oder semantischen Problemen vorgenommen werden. Daher komme es während des Schreibens zu Pausen. Somit nehme auch die Schreibzeit zu. 94 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="95"?> Die Motivation als weitere Einflussgröße fand zwar auch schon 1980 Berück‐ sichtigung, aber nicht so stark wie in dem Modell von 1996. Die Studie von Dweck (1986) demonstriere, so Hayes (1996, 14), dass die beliefs das Handeln als Schreiber beeinflussen. Sofern sie das Schreiben als Geschenk sehen würden, könnten sich manifestierte Vorstellungen ins Positive ändern. Gerade das Zu‐ sammenspiel der individuellen Lese- und Schreibkompetenz sei ein Motivati‐ onsfaktor, schließlich werde der Text durch mehrfaches Lesen überarbeitet, quasi „read to revise“ (Hayes, 1996: 14). In diesem Zusammenhang verweist Hayes auf die Forschungsarbeit von Hayes, Flower, Schriver, Stratman und Carey aus dem Jahre 1987. Das Langzeitgedächtnis wurde als neue Komponente hinzugefügt. Unter task schemas wird ein Bündel an Informationen, wie zum Beispiel Ziele und Kriterien, verstanden. Unter knowledge wird Wissen u. a. über die Grammatik, die Text‐ sorte, das Thema oder den Adressatenkreis abgerufen. Schreiber mit hoher Schreibfähigkeit verfügen über viel Schreiberfahrung durch intensive Praxis sowie die Kompetenz, Texte zu revidieren: „Many years of practice may also be required to attain expert performance in any of the genres of writing“, so Hayes (1996: 26). Auch in diesem Modell greifen die genannten Faktoren des Schreibprozesses ineinander. Sie fokussieren zwar den Schreiber allein, aber das liegt daran, dass Hayes sich als Psychologe für das Individuum interessiert (Hayes, 1996: 1 ff.). Während das Modell von 1980 ein provisorisches Modell gewesen sei, könne das Modell von 1996 aufgrund getesteter Hypothesen wissenschaftlich eher standhalten, so Hayes (ebd.). Beispiel: Ist der Schreiber durch die Stellung der Schreibaufgabe motiviert, werden positive Emotionen freigesetzt. Diese nehmen positiven Einfluss auf das Arbeitsge‐ dächtnis, denn der Schreibende ist gewillt, die Schreibaufgabe zu lösen, und intensi‐ viert seine Arbeitsleistung. Dadurch werden kognitive Prozesse in Gang gesetzt, die immer wieder auf das Langzeitgedächtnis zurückgreifen. Textsortenwissen und damit verbunden die Textfunktion und der mögliche Adressatenkreis werden abge‐ rufen und für die Lösung der Schreibaufgabe abgeglichen. Dabei muss es sich nicht einmal um eine bekannte Textsorte handeln. Im gleichen Jahr veröffentlichte das Forscherteam Rijlaarsdam und van den Bergh (1996: 207 ff.) Ergebnisse zur Schreibprozessforschung. Die Untersuchung mit Neuntklässlern (n = 22) ergab, dass die Revisionen eher zum Ende des Schreibvorganges vorgenommen werden. Anhand von Think-aloud-Proto‐ kollen konnte festgestellt werden, dass die Schreiber verschiedene Strategien beim Schreiben anwenden. Schreiber, die im ersten Part viel strukturieren, also 95 2.5 Schreibprozess <?page no="96"?> Ideen generieren, lesen und überarbeiten, strukturieren auch im zweiten viel. Schreiber, die wenig strukturiert vorgehen, behalten dies auch im zweiten Teil bei. Das Problem sehen die beiden Forscher darin, dass kognitive Prozesse auch durch das leise Sprechen nicht immer sichtbar gemacht werden können. Daher seien die Beobachtung und Verbalisierung nicht immer treffsicher. Es lässt sich jedoch festhalten, dass die Textqualität hoch ist, wenn die kognitive Aktivität durch das Strukturieren des Textes beobachtbar ist. Jedoch sind die Schreiber recht unterschiedlich in ihrer Schreibzeit. 2000 entwickelte Fix (2000: 325) den „Schreibdidaktischen Würfel“ für die „Be‐ dingungen des schulischen Schreibprozesses“ (ebd., siehe Abb. 22). Abb. 22: Schreibdidaktischer Würfel (Fix, 2000: 324 f.) Er unterteilt die Würfelseiten in eine „gegenstandsbezogene Dimension“ (ebd.), die von der Schreibfunktion beeinflusst wird. Dabei trifft er die Entscheidung, für sich oder für andere zu schreiben. Die zweite, die „subjektbezogene Dimen‐ sion“ (ebd.), wird von der „inneren Schreibsituation“ (ebd.) mit den „[…] kogni‐ tiven, emotionalen, motivationalen, volitiven und situativen Bedingungen […]“ (ebd.) des Schreibers bestimmt. Die dritte Dimension sind die „unterrichtliche Instruktion und Vorgabe der Lehrenden“ (ebd.). Der Schreibende kann durch starke Anleitung, z. B. das Schreiben eines Lebenslaufes, oder durch das gegen‐ sätzlich selbst gesteuerte Schreiben instruiert werden (Fix, 2000: 325). Hervor‐ 96 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="97"?> zuheben ist der Aspekt des selbstgesteuerten Schreibens, der eine verringerte Lehrerinteraktion verlangt. 2006 publizierte Hayes Forschungsergebnisse, die seines Erachtens für die Wei‐ terentwicklung seines Schreibprozessmodells wegweisend gewesen sind. For‐ schungen zum Arbeitsgedächtnis durch Chenoweth und Hayes (2001) sowie Kellogg (1996) zeigten, dass das Arbeitsgedächtnis limitiert arbeitet. Das heißt, dass ein Schreiber sich nicht gleichzeitig auf alle Teilbereiche des Revidierens konzentrieren kann. Phonologische loops wie das leise Vorlesen, Vorsprechen oder Wiederholen begünstigen die Aufmerksamkeit, gerade in der Überarbei‐ tungsphase des Textes (Hayes, 2006: 28 ff.). Das freie Schreiben als Strategie der Ideengenerierung ergab, dass die meisten Ideen durch unorganisierte Notizen entstünden und weniger durch vollendete bzw. unvollendete Sätze oder orga‐ nisierte Notizen. Das outline planning führt hingegen zu einer höheren Wort‐ anzahl der Essays und interessanterweise zu mehr Ideen als bei den Probanden, die sofort drauflos schreiben. Fortan entfachte unter den Schreibpsychologen in Europa und den USA ein bis heute anhaltenden Diskurs um geeignete Schreib‐ strategien für die Schreibdidaktik. Im Jahre 2006 veröffentlichten Rijlaarsdam und van den Bergh (2006: 41 ff.) ihre Forschungsresultate zum Schreibprozess. Durch Thinking-aloud-Protokolle wurden 15-jährige Schüler anhand zweier argumentierender Essays beobachtet. Den Schreibprozess unterteilen sie in drei zeitliche Schreibphasen - der Schreib‐ beginn, die Schreibmitte und das Schreibende. In der ersten Phase werde eher die Aufgabe gelesen. Lese der Schreiber die Aufgabe immer wieder, sei dies ein Indikator für schlechte Textqualität. Werde die Aufgabenstellung hingegen auch am Ende noch einmal gelesen, führe dies zu besseren Schreibleistungen. Es konnte auch beobachtet werden, dass das wiederholte Lesen des entstehenden Textes zu einem Input neuer Ideen führte und dies gerade in der zweiten Schreibphase positiv genutzt wurde. Dennoch sei es schwer, die verschiedenen Strategien der Schreiber zu erfassen, da sie sehr unterschiedlich seien und auch im Prozess ständig wechseln würden. Ein Fazit lautet, dass wiederholtes Lesen, Evaluieren und Überarbeiten zu einer besseren Textqualität führen würde, vor allem am Ende, also in der zeitlich letzten Schreibphase. Schreiber, die wenig über ein Thema wissen, würden ihre Ideen eher am Anfang des Schreibprozesses generieren, kompetente Schreiber hingegen könnten auch während des Schreib‐ prozesses neue Ideen hervorbringen. Kellogg publizierte 2008 Hinweise zum Schreibunterricht. Um einen kohärenten Text zu schreiben, muss der Schreiber inhaltliches Wissen zum Text besitzen, welches im Langzeitgedächtnis verankert ist. Die Entwicklung der Schreibfä‐ 97 2.5 Schreibprozess <?page no="98"?> higkeit ordnet er in drei Stadien ein, die sich auf Bereiters Schreibentwick‐ lungsmodell beziehen und weiterentwickelt wurden (siehe Abb. 23). Neu ist die Adressatenorientierung, die zeitlich letzte Stufe. Sie zeichnet schreibende Ex‐ perten aus. Die Stadien eins bis drei können sich bis ins Erwachsenenalter ziehen und müssen ständig trainiert werden. Das Planen, Schreiben und Überarbeiten erfordern eine Selbstregulation der Kognition, Emotion und des Verhaltens. Mit Bezug auf Hayes und Bereiter hebt er die wichtige Rolle des Planens und Über‐ arbeitens hervor. Doch selbst Jugendlichen gelinge es meist nicht, diese Phase zu erreichen, da das Arbeitsgedächtnis begrenzt sei. Meist würden lokale, aber weniger globale Revisionen durchgeführt, was auch selbst bei Collegestudenten zu beobachten sei: „In knowledge-crafting, the reader's interpretation of the text must feed back to the way the text reads to the author and to the message the author wishes to convey in the first place“ (Kellogg, 2008: 9). In dieser Phase seien Revisionen auf allen Ebenen erforderlich. Die Schreibentwicklung ende nicht mit einem Universitätsabschluss. Abb. 23: Schreibfähigkeitsentwicklung nach Kellogg (2008: 3, eigene Darstellung) Seit 2012 fokussiert das aktuellste international anerkannte Schreibmodell für die Abbildung des Schreibprozesses von Hayes (2012: 371) den prozessorien‐ tierten Charakter des Schreibens und ist ein Mehrebenen-Modell in Anlehnung an pädagogisch-psychologische Studien. Damit wurden die älteren Schreibmo‐ delle weitergedacht und inhaltlich neu sortiert (siehe Abb. 24). In diesem Modell werden die Faktoren collaborator & critics, transcribing technology sowie writing schemas hervorgehoben. Schemata oder auch sog. frames sind „konzeptuelle Teilsysteme unseres Wissens“ (Fix, 2008: 25) - Muster, die vom Gehirn als typisch abgerufen werden (ebd.). Auch Textmuster bzw. Textsortenwissen gehören dazu (Heinemann, 2008: 143). Auf der Ressourcenebene wurde die Aufmerksamkeit neben dem Langzeit‐ gedächtnis ergänzt. Die Prozessebene nimmt durch die Ko-Aktanten, hier nun als collaborator bezeichnet, eine bedeutende Rolle ein. 98 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="99"?> Auf dieser Ebene fällt noch ein weiterer Aspekt in den Blick - transcribing technology. Forschungsergebnisse von Berninger et al. (1994) zeigen, dass das motorische Schreiben nicht, wie angenommen, automatisch passiert, sondern im Rahmen des Erlernens automatisiert wird. Hayes (2012: 372) verweist in diesem Zusammenhang auf die Arbeit von Jones und Christensen (1999), die durch ein Schreibtraining die Textqualität von jungen Schülern verbesserten. Auf der dritten Ebene, der Kontrollebene, nimmt die Motivation einen noch größeren Einfluss als zuvor in den Modellen ein. Hayes (2012: 372 f.) begründet damit, dass die Motivation auf alle Komponenten des Schreibprozesses Einfluss habe. Die Schreibdauer und damit auch die Textqualität verbessern sich bei er‐ höhter Motivation. Der Terminus Motivation wird nicht weiter aufgefächert wie im Modell aus dem Jahre 1996 geschehen (siehe Abb. 20). Abb. 24: Schreibprozessmodell (Hayes, 2012: 371) Des Weiteren nimmt Hayes Bezug auf Bereiters Knowledge-Tellingsowie Knowledge-Transforming-Strategie (Bereiter & Scardamalia, 1987). Gerade die zweite Strategie beinhalte eine Fülle an Revisionen, z. B. dahingehend, ob die Informationen im Text elaboriert genug verfasst worden seien. Er nimmt auch an, dass sich die Telling- und Transformingstrategie durch Zunahme der Klassen ändere. Je höher die Klassenstufe sei, desto eher komme es zur Zunahme der 99 2.5 Schreibprozess <?page no="100"?> Transformingstrategie. Das liege u. a. daran, dass die Handschrift ausgeprägter oder das Tippen am PC automatisiert sei und sich dadurch das Arbeitsgedächtnis auf andere Kontrollpunkte konzentrieren könne. Gerade dieses Modell macht deutlich, dass neben dem Schreiben mehrere Prozesse auf der Kontroll-, Prozess- und Ressourcenebene parallel ablaufen und der Schreibprozess somit eine kom‐ plexe kognitive Anforderung ist (ebd.). Viele Aspekte des Schreibprozesses be‐ dingen einander und müssen ganzheitlich betrachtet werden. Im deutschsprachigen Raum wurde 2017 das von Bachmann und Be‐ cker-Mrotzek (2017: 25 ff.) eingeführte Basismodell der Textproduktion auf Grundlage der schon vorhandenen kognitiven Schreibmodelle veröffentlicht (siehe Abb. 25). Es ist ein theoretisches Modell und hebt neben den kognitiven Prozessen auch die Ressourcen und Prozesse auf sprachlicher Ebene hervor: Im äußeren Dreieck werden die für den jeweiligen Schreibanlass grundlegenden Be‐ dingungen, Personenmerkmale und Ressourcen verortet (Bachmann & Be‐ cker-Mrotzek, 2017: 43). Im inneren Dreieck werden die vier Komponenten abgebildet, die im Zusammenspiel der stabilen äußeren Komponenten erst aktiviert und entwickelt werden: prototypi‐ sche Schreibaufgaben und Textmuster einerseits, adaptierte Schreibaufgaben und Textmuster andererseits (ebd.). Der Kreis innerhalb der beiden konzentrischen Dreiecke repräsentiert die Dimension der basalen sprachlichen Prozesse. Diese setzen all das in Text um, was im Langzeit- und Arbeitsgedächtnis an prototypischen und adaptierten Aufgaben- und Textmus‐ tern für die Bearbeitung der konkreten Schreibaufgabe aufgerufen, aktiviert, adaptiert und ergänzt worden ist (ebd.). Das Rechteck im Zentrum der Darstellung steht für die sprachlichen Produkte, auf die hin alle Komponenten und Prozesse der Textproduktion ausgerichtet sind: inten‐ dierter Text, Textentwurf und Text (ebd.). 100 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="101"?> Abb. 25: Basismodell der Textproduktion (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2017: 42) Als Ergänzung zu diesem Basismodell werden weitere Modelle vorgestellt, die die Prozesse des Schreibens im Detail abbilden sollen. Hervorzuheben ist das Repräsentationsmodell (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2017: 47 ff., siehe Abb. 26), welches sich auf das Langzeit- und Arbeitsgedächtnis, verbunden mit der Schreibaufgabe, und die dazugehörigen Textmuster bezieht. Im zweiten Kreis wird das Wissen zum gewählten prototypischen Textmuster in seinen konstitutiven Teilen aktiviert und die prototypische Aufgabenstellung auf die konkrete kommunikative Situation hin modifiziert, was im Ergebnis zu einer adaptierten Version des prototypischen Textmusters führt. Die dominanten kognitiven Handlungen des zweiten Kreises lassen sich dem Wissen aktivierenden oder Wissen adaptierenden Be‐ reich zuordnen. Das im Langzeitgedächtnis zum Textmuster bereits vorhandene Wissen wird abgerufen. Es handelt sich dabei um inhaltlich, funktional und strukturell bereits vorverknüpftes Wissen (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2017: 47). 101 2.5 Schreibprozess <?page no="102"?> Die Verknüpfungen sind unterschiedlich angelegt. Große Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Textprozeduren zu, die nicht nur kommunikative Handlungen prototypisch mit sprachlichem Ausdruck funktional verbinden, sondern - insbeson‐ dere bei geübten Schreibern - oft in pars-pro-toto-Beziehungen zueinanderstehen. Durch solche öffnet eine einzelne Prozedur weitere Leerstellen im Text und initiiert die Aktivierung von weiteren Textprozeduren (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2017: 47). In dem Repräsentationsmodell ist zu unterstreichen, dass das Arbeits- und das Langzeitgedächtnis je nach Aufgabenkenntnis des Schreibers unterschiedlich stark arbeiten. Ist die Schreibaufgabe dem Schreiber bekannt, kann er auf Text‐ muster zurückgreifen, die im Langzeitgedächtnis abgespeichert sind. Ist die Schreibaufgabe hingegen unbekannt, wird das Arbeitsgedächtnis stark belastet, das bekannte Textmuster für die Lösung der Schreibaufgabe adaptieren wird. Abb. 26: Kreis II: Repräsentation der kommunikativen Situation und Adaption des Text‐ musters (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2017: 48) Die Schreibprozessmodelle zeigen zusammengefasst, dass das subjektive Schreiben unterschiedlich stark durch multiple Operationen sowie äußere und innere Einflüsse beeinflusst wird. Gerade das Zusammenspiel von Langzeit- und Arbeitsgedächtnis mit der Textsorten/ -musterkenntnis des Schreibers zeigt einen Einfluss auf den Schreibprozess. Zudem wird deutlich, dass die Schreib‐ 102 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="103"?> modelle einem Wandel durch die Zunahme neuer Erkenntnisse sowie neuer Forschungsmethoden unterliegen. Auch in der Zukunft werden neue Messmethoden der Schreibforschung und auch neurobiologische Untersuchungen zu Weiterentwicklungen der aktuellen Modelle führen. 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD „Strategy-focused interventions are the most effective category of actions for im‐ proving writing skills among varying popu‐ lations of students in a wide range of inter‐ national contexts“ (Robledo-Ramón & García, 2017: 38). In der internationalen Forschung haben Robledo-Ramón und García (2017: 39 f.) eine Reihe an strategiefokussierten Schreibinterventionen zusammengestellt. Hinter jedem Modell verbergen sich instruktionale Sequenzen, die den Schreiber durch die Analyse der Schreibaufgabe sowie durch die Anregung, sich Schreib‐ ziele zu setzen und das Planen sowie das Überarbeiten dabei anzuwenden, zum Monitor des eigenen Schreibprozesses machen. Bei jedem Modell stehen verschiedene Techniken und Strategien im Vorder‐ grund. Diese fokussieren die Unterstützung durch „Scaffolding“ (Gibbons, 2009: 15) sowie den Austausch durch Feedback und Kollaboration. „Im natio‐ nalen wie internationalen Diskurs empirischer Schreibforschung haben Strate‐ gien wegen ihrer Bedeutung für die Selbstregulation Konjunktur“ ( Jost, 2017: 183). Dieses ist mittlerweile ein didaktisches Lernziel im Schreibunterricht (ebd.). Das SRSD-Modell ist das wohl bekannteste strategie-fokussierte Inter‐ ventionsmodell im anglo-amerikanischen Raum für den Schreibunterricht. Sechs Phasen stehen dabei im Vordergrund, die nachfolgend genauer erläutert werden (siehe Abb. 27): 103 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="104"?> Abb. 27: SRSD-Ablauf (nach Glaser, 2005; eigene Darstellung) ad 1.) In der ersten Phase wird das vorhandene Hintergrundwissen aktiviert und entwickelt. Dabei stehen das Lesen und Diskutieren über die Textsorte sowie die Kommunikation über die Schreibeinstellung und Schreibstrategien im Vor‐ dergrund. Die Schreibeinstellung gehört zu den sozialen und kulturellen Ein‐ flussfaktoren. Darunter werden Dispositionen verstanden, „[…] in konkreten Situationen auf eine bestimmte Art und Weise zu reagieren“ (Winkel/ Peter‐ mann & Petermann, 2006: 102). ad 2.) In der zweiten Phase des Diskutierens wird die Schreibeinstellung näher diskutiert. Dabei können auch Ängste und bisher verwendete Schreibbrücken angesprochen werden. Die ersten Schreibstrategien werden nach einer Diskus‐ sionsphase eingeführt. Vorteile, die aus der Nutzung der eingeführten Schreib‐ strategie entstehen, werden aufgezählt. Beispieltexte, die auch Fehler enthalten können, werden analysiert und besprochen. Inhaltliche Textmerkmale der Text‐ sorten werden aufgezählt und in Form von Mnemonics eingeführt. Dabei wird auch auf die Textplanung, z. B. in Form eines Mindmaps, eingegangen. Das schrittweise Vorgehen, sich Textsorten zu nähern, kann auch mit prozeduralem Lernen verglichen werden. Dieser zweite Schritt wird dabei dem kognitiven Stadium zugeteilt, da der Erwerb von deklarativem Wissen vorherrscht. ad 3.) In der dritten Phase des Modellierens modelliert der Lehrer allein oder gemeinsam mit Schülern. Vor den Augen der Schüler lässt er den Text durch Selbstregulationsstrategien, Zielsetzungen, Mindmaps oder Mnemonics ent‐ stehen, veranschaulicht dabei visuell und verbal die Planungs- und Überarbei‐ 104 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="105"?> tungsphase. Auch Videos können hierbei eingesetzt werden. In einigen Fällen können auch Peers modellieren. Zwei Lernmechanismen greifen hierbei: Lernen am Modell und Lernen durch Beobachtung. Die gesamte Modellingphase zeigt das Anwenden der Schreibstrategien und wird wiederholt. Eine komplexe Auf‐ gabe wird durch ein Lösungsschema gelöst. Diese Phase ist lernpsychologisch im „Stadium der Wissenskompilation“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 224) anzusiedeln. ad 4.) In der vierten Phase des Memorierens werden einerseits inhaltliche Textelemente, andererseits die Phasen des Schreibens, Zielsetzungen oder Selbstinstruktionen durch Mnemonics auswendig gelernt. Mit diesem Schritt soll deklaratives Wissen aufgebaut werden. ad 5.) Die fünfte Phase des Unterstützens ist geprägt von einer Übungsphase mit Mitschülern, allein oder mit dem Lehrer via Scaffolding. Die Schüler können beim Planen, Schreiben oder Überarbeiten eines Textes zusammenarbeiten. Dabei sollen die Mnemonics angewandt werden. Mitschüler können lernpsy‐ chologisch als soziale Gemeinschaft ein Verhalten durch die Form des Feedbacks positiv oder negativ verstärken (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 169). ad 6.) In der letzten Phase des Übens schreibt der Schüler nun allein und wendet seine Strategien und Mnemonics an (Harris & Graham, 2017: 129 ff.). Dieser Lerntransfer wird in der Lernpsychologie als Generalisierung definiert: „Unter dem Begriff Generalisierung versteht man, dass früher erlernte Verhal‐ tensweisen auf neue, mehr oder weniger ähnliche Situationen übertragen werden“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 134). Dieses Stadium kann auch als „au‐ tonomes Stadium“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 224) bezeichnet werden, da das Schreiben routinierter und automatisierter vollzogen wird. Harris und Graham weisen darauf hin, dass jeder Schüler unterschiedlich schreibe und durch seinen soziokulturellen Hintergrund geprägt sei. Für einige Schüler möge daher das Durchlaufen aller Phasen nicht notwendig sein, wenn sie schon über viel Schreiberfahrung verfügen würden. Diese Gruppe an Schü‐ lern könne jedoch andere beim Schreibprozess unterstützen (Harris & Graham, 2017: 139). Somit können die SRSD-Phasen auch differenziert genutzt werden. Die angewendeten Techniken sind laut Robledo-Ramón und García (2017: 41) zusammenfassend u. a.: Mnemonics, Diskussionen, kognitive Modellierung, lautes Denken, Selbstinstruktionen, Kollaborationen, Peerunterstützung, Scaf‐ folding, kriterien-basierte Evaluation, selbstregulierende Strategien sowie die Entwicklung der Motivation: Die Leistungsmotivation wird durch Kontrollüberzeugungen und Prozesse der Kau‐ salattribuierung wesentlich beeinflusst. Daraus ergeben sich Interventionsmöglich‐ 105 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="106"?> keiten zur Förderung der Leistungsmotivation. Schließlich kann der soziale Kontext des Lernens eine entscheidende motivationale Variable darstellen. Motivationale und emotionale Variablen sind eng miteinander verknüpft. Positive Gefühle wie Flow för‐ dern die Lern- und Leistungsmotivation, während Angstgefühle eher nachteilig wirken (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 66). Es ist somit nicht nur eine Technik, sondern die Anwendung mehrerer Strate‐ gien, quasi als Strategiebündel. Diese Strategien beziehen sich gemäß MacAr‐ thur (2017: 136) auf das Wissen über das Konzept sowie die Prozeduren. Das kon‐ zeptuelle Wissen ist das Wissen über den geschriebenen Text - Textmusterwissen, inhaltliches Textwissen. Das prozedurale Wissen bezieht sich hingegen auf den Schreibprozess, inklusive der Phasen Planen, Schreiben und Überarbeiten. Beide Formen des Wissens sind wichtig, um einen Text bei‐ spielsweise zu überarbeiten: „The procedural knowledge involves reading and applying evaluation criteria to identify problems and opportunities and make actual revisions“ (MacArthur, 2017: 136). Die Verbindung der Sequenzen und Techniken zeigt, dass diese einen hohen Anteil an Gesprächsanlässen über das Schreiben bieten. Die Interaktion wird dabei nicht nur vom Lehrer gesteuert, sondern durch die Peergroup unterstützt. Die beiden Forscher Graham und Harris arbeiten mit der Förderung der metakognitiven Schreibstrategien auf Grundlage des Schreibprozessmodells von Hayes (Hayes & Flower, 1980; Hayes, 1996; Hayes, 2012) sowie mit dem Writer’s Workshop nach Calkins (1986) und Graves (1983) und verbinden den Ansatz mit mehreren Theorien und For‐ schungsergebnissen (Harris & Graham, 2017: 121). Vier Theorien hebt das Forscherteam Harris und Graham hervor: 1. „Mei‐ chenbaum’s (1977) cognitive-behavioral intervention model“ (Harris & Graham, 2017: 121 f.), 2. „the work of Soviet theorists and researchers (including Vygotsky, Luria, and Sokolow […]) on the social origins of self-control, the development of the mind, and the zone of proximal development“ (ebd.), 3. „the work of Brown, Campione, and their colleagues was ‚informed instruction‘; meaning that students should clearly understand what they are doing and why they are doing it, […] the importance of metacognition“ (ebd.) und 4. „the work of Deshler, Schumaker, and their colleagues on the validation of acquisition steps for strategies among adolescents with learning disabilities“ (ebd.). Mittlerweile gibt es über 100 Studien zum SRSD-Ansatz, welcher erstmalig Ende der 1980er Jahre noch zunächst unter „self-control strategy training“ (Harris & Graham, 2017: 120) und ab 1992 unter „self-regulated strategy development“ (ebd.) publik wurde (Graham & Harris, 1987). SRSD wird von einer Vielzahl weiterer Theo‐ rien, z. B. Konstruktivismus, Behaviorismus, Motivation, Sozialkognition, be‐ einflusst, welche in Form einer Grafik zusammengefasst werden (siehe Abb. 28). 106 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="107"?> 7 Diese Beschreibungen wurden aus den Studien übernommen und übersetzt. Abb. 28: Theorie von SRSD (nach Harris & Graham, 2017: 123, eigene Darstellung) Die ersten Studien wurden vor allem mit Schülern durchgeführt, die aufgrund einer Lernbehinderung schreibschwach waren (u. a. Sawyer, Graham & Harris, 1992; Troia, Graham & Harris, 1999), aus einem schwachen sozialen Milieu 7 stammten (Graham, Harris & Zito, 2005) oder in der Grundschule auch am An‐ fang der Schreibsozialisation standen (u. a. Graham, Harris & Troia, 1998; Saddler et al., 2004; Graham, Harris & Zito, 2005). Im Zusammenhang mit strategie-fokussierten Instruktionen wie SRSD wird der Schüler dazu ange‐ halten, durch die Vermittlung der Strategien, Techniken und Scaffolding seinen Schreibprozess zu planen, durchzuführen und zu überarbeiten (Rob‐ ledo-Ramón & García, 2017: 38). Im Folgenden soll eine Reihe an ausgewählten Studien vorgestellt werden, in denen mit der Methode „SRSD“ - „Self-Regulated Strategy Development“ (Graham & Harris, 1996) gearbeitet wird. Dabei wird auch genau erläutert, was diese Vorgehensweise als Output bei den Schülern hervor‐ bringt. Die allgemeinen Ziele von SRSD sind: 1. Schüler sollen Wissen über den Schreibprozess (Planen bis Überarbeitung) und die dazugehörigen Strategien erwerben. 2. Sie sollen ihren eigenen Schreibprozess bewusst überwachen. Und 3. Die Einstellung zum Schreiben soll positiv beeinflusst werden (Graham, Harris & Zito, 2005: 238 f.). Damit sollen die Schüler in die Lage versetzt werden, weniger assoziativ zu schreiben als vielmehr ihren Schreibprozess zu überwa‐ chen und Textsortenwissen aufzubauen. Folglich zählt SRSD zu der Gruppe der selbstregulatorischen Schreibprogramme, die durch das selbstständige Lernen zur „Kompetenz der Selbstbildung“ (von Saldern, 1999: 119) beitragen: Derartige Methoden erfüllen in der Regel essenziell die Voraussetzungen, die für selbst gesteuertes Lernen unerlässlich sind: Differenzierung und Rhythmisierung entspre‐ chend der individuellen Lernausgangslage und Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler (von Saldern, 1999: 120). 107 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="108"?> (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) Durch SRSD haben sich die Textqualität, das Wissen über die Textsorte und die Selbstwirksamkeit der Schüler verbessert. Zudem verbessert sich mit SRSD die Struktur der Texte, und darüber hinaus schreiben die teilnehmenden Schüler längere Texte als vor der Intervention (ebd.). SRSD bietet selbst den schwachen Schreibern eine Struktur, um Texte zu planen und schrittweise zu überarbeiten (Graham, Harris & Troia, 1998: 22). Somit erhalten die Schüler mehr Wissen über die Textsorten und das Schreiben als kognitiven Prozess. SRSD wird bei den Schülern als „self-assessment“ (Graham, Harris & Troia, 1998: 23) angeboten, denn das Schreiben generell erfordere ein hohes Selbstmanagement (Graham, Harris & Troia, 1998: 21). Der SRSD-Ansatz beinhaltet mehrere Mnemonics als Strategien, die in den folgenden Studien erwähnt werden: Das Mnemonic POW organisiert den Schreibplan der Schreibenden mit den Aufforderungen: „Pick my ideas“ (Graham/ Harris & Mason, 2005: 217), „Organize my notes“ (ebd.) und „Write and say more“ (ebd.). Das WWW-Modell unterstützt beim Schreiben einer Narration hingegen mit den Fragen: „Who are the main characters? When does the story take place? Where does the story take place? What do the main characters want to do? What happens when the main characters try to do it? How does the story end? How do the main characters feel? ” (ebd.). Die 7-W-Fragen-Strategie wurde von Graham und Harris adaptiert und basiert ursprünglich auf Stein und Glenn (1979) (Glaser, 2005: 88). Das Mnemonic TREE hilft bei argumentativen Texten (Graham, Harris & Mason, 2005: 217): „Tell what you believe (State your topic sentence), Give 3 or more Reasons (Why do I believe this? ), Examine each reason (Will my reader buy it? ), End it (Wrap it up right! )“ (ebd.). Die vorgestellten Mnemonics bilden Schreibstrategien in kurzer Schreibform ab und sollen den Schülern im Gedächtnis bleiben. 108 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="109"?> (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) In der Feldstudie von Sawyer, Graham und Harris (1992) wurden 33 Viert- und Fünftklässler mit einer Lernbehinderung in vier Gruppen aufgeteilt. Alle Probanden stammten aus einer Mittelklasse-Nachbarschaft und lebten außer‐ halb der amerikanischen Hauptstadt von Washington, D.C. Sie waren im Durch‐ schnitt elf Jahre und elf Monate alt und besaßen einen IQ von durchschnittlich 93,8. Gruppe A hatte die Interventionsbedingung mit SRSD, Gruppe B mit SRSD ohne Zielsetzung und Selbstüberwachung, Gruppe C direkte Instruktion, bei der Gruppe D handelte es sich um die Kontrollgruppe (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 340, 342). Den Testpersonen wurden der Sinn der Schritte und die Mne‐ monics ausführlich erklärt, inklusive eines lauten Modellierens durch die Lehr‐ person mit den Strategien. Der methodische Fokus der Schüler war die Selbstinstruktion und für die Trainer Scaffolding (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 341). Drei Untersuchungs‐ fragen ergaben sich: 1. Gibt es Unterschiede bei den vier Lernbedingungen? 2. Sind die Schreibprodukte der lernbehinderten Kinder, die einer Schreibstrategie nachgehen, vergleichbar mit einer Normalgruppe? 3. Verändert sich die Selbst‐ wirksamkeit der Testpersonen, wenn sie Strategien auch anwenden? (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 342). Die handschriftlichen Narrationen der Schüler wurden orthografisch korrigiert abgetippt. Zwei unabhängige Rater mit einer Raterübereinstimmung von 0. 88 beurteilten die Texte einerseits hinsichtlich der Textelemente nach Stein und Glenn (1979) in drei Stufen (0 = Element fehlt, 1 = Element ist vorhanden und 2 = Element ist sehr ausführlich vorhanden) und an‐ dererseits hinsichtlich der Qualität der Texte auf einer siebenstufigen Skala. Um die Selbstwirksamkeitserwartung zu der Textsorte Narration zu prüfen, wurden folgende zehn Fragen gestellt: „Can you write a story that … …tells about the main character’s feelings? …cleary tells about the setting? …has a good beginning? …tells who the main character is? …tells about several things that happen to the main character? …tells when the story takes place? …tells where the story takes place? …tells what the main character wants to do? …has a good ending? Can you write a good, creative (made-up) story? ” (Sawyer/ Graham & Harris, 1992: 343). 109 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="110"?> (1) (2) (3) (4) (5) (1) (2) (3) (4) Diese Fragen konnten auf einer Skala zwischen 10 und 100 Punkten (10 Punkte = nicht sicher, 40 Punkte = vielleicht, 70 Punkte = einigermaßen sicher, 100 Punkte = ganz sicher) beantwortet werden. Der Posttest erfolgte eine Woche nach der letzten Intervention durch die/ den Klassenlehrer. Das Schreiben der Narrationen wurde durch fünf Schwarz-Weiß-Bilder stimuliert. Daraus resul‐ tierten fünf Schreibprodukte der Schüler. Die Tester arbeiteten mit zwei bis drei Schülern dreimal wöchentlich in einem ruhigen Raum. Sie durften nicht helfen oder bezüglich der Selbstwirksamkeit Feedback geben (Sawyer, Graham & Mason, 1992: 344). Während die Gruppe A direkte Anweisungen im Umgang mit den Strategien bekam, konnte sie diese wiederum nicht ausprobieren und erhielt auch kein Feedback zu den Pretexten. Das WWW-Modell stand den Schülern zur Verfügung. Die Gruppen A, B und C erhielten ebenfalls das folgende Modell zur Nutzung und wurden dazu angehalten, folgende Schreibstrategien auswendig zu lernen: „Look at the picture“ (Sawyer/ Graham & Harris, 1992: 345). „Let your mind be free” (ebd.). „Write down the story part reminder” (ebd.). „Write down story-part ideas for each part” (ebd.). „Write your story, use good parts and make sense” (ebd.). Gruppe B musste sich selbst Ziele setzen und diese überprüfen. Sie erhielt von den Testern Feedback, auch zur Anzahl der inhaltlichen Textelemente in den Texten (story grammar). Zusätzlich durften die Teilnehmer dieser Gruppe ihre Gedanken für das Schreiben laut vor sich hersagen (Meichenbaum, 1977). Des Weiteren erhielten sie den folgenden Leitfaden mit Fragen für die Selbstinstruk‐ tion beim Schreibprozess: „What is it I have to do? “ (Sawyer/ Graham & Harris, 1992: 345) für die Problem‐ definition „Now I better write down my story-parts reminder“ (ebd.) für den Planungs‐ schritt „Am I using all my parts so far? “ (ebd.) für die Selbstevaluation „Good, I like this part! “ (ebd.) für die Selbstverstärkung. Die SRSD-Gruppen erhielten für die Anwendung des Leitfadens noch eine Übungsstunde. Alle drei Gruppen durften ihren Kontrollplan für das Schreiben von Narrationen verwenden. Die Kontrollgruppe hingegen erhielt weder Hil‐ festellung noch Feedback für das Schreiben ihrer drei Geschichten. Die Gruppe „SRSD full“ schrieb inhaltlich und qualitativ die besten Narrati‐ onen (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 346). Zu Beginn war die Selbstwirksam‐ 110 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="111"?> (1) (2) (3) (4) (5) (6) keitserwartung bei allen Schülern ähnlich. Im Laufe der Intervention verbes‐ serten sich die Gruppen B und C am meisten, wobei die Gruppe C einen minimalen Vorsprung hatte. Die Kontrollgruppe hingegen blieb im Vergleich zu den anderen drei Gruppen die mit der geringsten Selbstwirksamkeitserwartung (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 348). Beim Posttest waren die Ergebnisse der ersten drei Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Somit konnten die drei Forscher zeigen, dass die Zielsetzung und Selbstüberwachung während des Schreibprozesses die Schreibergebnisse der Schüler verbesserten (Sawyer, Graham & Harris, 1992: 350). In der Studie von Graham, Harris und Troia (1998) wurden zwei Fallstudien untersucht. In der ersten wurden sechs Schüler aus der fünften und sechsten Klasse einer Grundschule aus der Umgebung von Washington, D.C. mit einer Mehrheit von sozial benachteiligten Familien ausgesucht. Diese sechs haben alle eine Lernbehinderung, eine geringe Schreibmotivation, Leseschwierigkeiten, einen IQ zwischen 81 und 117 und wurden bisher mit dem Writer’s Workshop instruiert (Graham, Harris & Troia, 1998: 26). Keiner dieser sechs Schüler plante vorher den Text. Die Lehrperson wandte bei der Vermittlung der SRSD-Instruk‐ tion die schon zuvor erläuterten sechs Phasen an (siehe auch Abb. 27): „Develop background knowledge“ (Graham, Harris & Troia, 1998: 27). „Discuss it“ (ebd.). „Model it“ (ebd.) „Memorize it“ (ebd.) „Support it“ (ebd.) „Independent Performance“ (ebd.). In der ersten Phase fragte die Lehrperson das Vorwissen der Schüler zur Text‐ sorte ab. In der zweiten Phase diskutierten die Schüler, welche Elemente in einem Essay vorhanden sein sollten. Diese Diskussion fand zusätzlich auch ein‐ zeln statt, indem ihnen eine Strategie in die Hand gegeben wurde und somit die Elemente eines Essays erlernt wurden. Die Schüler entwickelten anschließend ein Merkblatt mit dem TREE-Modell. In der dritten Stufe modellierte die Lehr‐ person durch lautes Denken, wie mit dem TREE-Modell umzugehen ist. In dieser Phase werden auch Motivationsphrasen wie „Work hard - write better“ (Graham, Harris & Troia 1998: 27 f.) oder „Slow down and take my time“ (ebd.) vom Leh‐ renden laut gesagt und von den Testpersonen beobachtet. Die Schüler konnten selbst entscheiden, ob sie diese Phrasen für sich verwenden wollten. In der vierten Phase sollten die Schüler das TREE-Modell auswendig lernen. In der fünften Phase schrieben die Schüler ein Essay mithilfe des Merkblattes und der Strategien. Die Schüler sollten dabei alle Schritte abarbeiten und die Lehrperson 111 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="112"?> unterstützte sie, wenn Hilfe benötigt wurde. Drei bis vier Essays wurden ge‐ schrieben, danach erfolgte keine Unterstützung mehr. Eine Gruppenkonferenz mit allen Schülern reflektierte, wie sie mit den Strategien umgegangen waren. Das Resultat waren bessere Ergebnisse im Vergleich von Pre- und Posttest hin‐ sichtlich der Qualität und Länge der Essays. In der zweiten Fallstudie mit drei Schülern der fünften Klasse, die alle eine Lernbehinderung und einen IQ zwischen 98 und 104 aufwiesen, gab der Trainer alle Schritte mithilfe der Strategie „STOP & LIST“ vor. Die Schüler sollten als Hausaufgabe überlegen, wie sie diese Strategie in den Alltag integrieren könnten und ggf. Änderungen vornehmen. Alle sechs Phasen von Develop back‐ ground knowledge bis Independent Performance wurden wieder instruiert (Graham, Harris & Troia, 1998: 31 f.). Jede Testperson fand eine Alltagssituation, in der sie mit dem STOP LIST-Modell umgehen konnte. Nach dem Üben zweier Texte mit der Lehrperson sollten die Schüler allein einen Text als Hausaufgabe schreiben. Dieses Selbstmanagement führte dazu, dass im Ergebnis auch die Selbstwirksamkeitserwartung erhöht wurde und diese somit auch für schwache Schreibende effektiv ist (Graham, Harris & Troia, 1998: 37). Das Forscherteam Troia, Graham und Harris (1999) untersuchte mit nur drei Schülern einer fünften Klasse mit Lernbehinderung, ob diese es schaffen, sich Ziele zu setzen, Brainstorming-Ideen zu nutzen und diese für das Schreiben zu verwenden sowie die Schreibaufgaben allein zu Hause zu beenden. Laut Flower und Hayes (1980) minimieren Schüler mit Lernbehinderung den Schreibplan, der jedoch für den Schreibprozess und die Qualität des Textes wichtig ist. Alle drei Schüler hatten einen IQ zwischen 85 und 115, analysiert mithilfe des Tests Wechsler Intelligence Scale for Children-III, kamen aus sozial benachteiligten Fa‐ milien, waren männlich und hatten Englisch als Muttersprache. Sie waren zwi‐ schen zehn und elf Jahre alt. Der Ablauf sah folgende sechs Schritte vor: 1. „Preinstruction“ (Troia, Graham & Harris, 1999: 238 f.) - Es wurden Text‐ elemente für eine gute Geschichte (story) sowie für einen Überzeugungs‐ text (persuasive essay) gesammelt und dazu begleitend die Strategiemo‐ delle „SPACE“ - „Setting, Problem, Actions, Consequence, Emotions“ (ebd.) sowie „DARE“ - „Develop a topic sentence, Add supporting details, Reject arguments, End with a conclusion“ (ebd.) vorgestellt. Jedes Element dieser Modelle wurde mit den Testpersonen vorher diskutiert. 2. „Baseline probes“ (ebd.) - Die Schüler sollten zu einem ausgesuchten Bild einen Text schreiben. Die Trainer halfen bei der Rechtschreibung und tippten die Texte zum Schluss ab. Weitere Hilfen wurden nicht gegeben. 112 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="113"?> 3. „Strategy instruction“ (ebd.) - Die Schüler lernten die drei Strategie‐ schritte „goal setting, brainstorming, organizing“ (ebd.) kennen. Sie wurden zunächst mündlich geübt. In dieser Phase sollten die Schüler be‐ nennen können, warum sie diese Strategien sinnvoll finden. Das Modell „STOP LIST - Stop Think of Purpose & List Ideas Sequence Them“ (ebd.) wurde eingeführt und erläutert. Eine Hausaufgabe war u. a. das Planen eines Reisetrips. In den letzten beiden von insgesamt sieben Unterrichts‐ stunden planten die Schüler allein eine Geschichte und beendeten diese allein zu Hause. 4. „Postinstrucional probes“ (Troia, Graham & Harris, 1999: 238 f.) - Drei Schreibproben wurden von jedem Teilnehmer angefertigt. 5. „Maintenance probes“ (ebd.) - Die letzte Geschichte wurde geschrieben. 6. „Task generalization probes“ (ebd.) - Die Schüler sollten ein überzeu‐ gendes Essay zu der Frage ‚Sollten Schüler Schulkleidung an Schulen tragen? ‘ schreiben. Die Schreibzeit, die Länge der Texte sowie die zu berücksichtigenden Textele‐ mente wurden von Ratern ausgewertet. Des Weiteren wurde die Textqualität auf einer Skala von 8 (höchste Qualität) bis 1 (niedrigste Bewertung) sowie auf Wortschatz, Grammatik, Syntax, Struktur, Vorstellungskraft (Imagination) und Klarheit hin untersucht (Troia, Graham & Harris, 1999: 242). Das Ergebnis ist, dass sich die Testpersonen vor der Intervention keine Zeit nahmen, um einen Schreibplan auszuarbeiten. Bei allen drei Schülern hatten sich durch die Intervention die Anzahl der Textelemente, die Textlänge und die Schreibzeit erhöht. Zudem nahmen sich alle drei Schüler Zeit, einen Schreibplan aufzustellen. Somit zeigte sich, dass SRSD auch bei Schülern mit einer Lernbe‐ hinderung effektiv sein kann und diese Schüler zum Selbstmanagement ange‐ regt werden (Troia, Graham & Harris, 1999: 243 ff.). Die Forscher Saddler, Moran, Graham und Harris (2004) untersuchten zunächst zwei zweite Klassen an einer Grundschule in einem sozial benachteiligten Milieu und mit schwachen Schreibern. Gearbeitet wurde bisher mit dem „Writing Workshop“ nach Atwell (1987) (Saddler et al., 2004: 5). Auf Grundlage des TOWL-3-Tests (Hammill & Larsen, 1996) wurden acht Schüler mit erheblichen Schreibschwierigkeiten eruiert. Sechs dieser Schüler nahmen paarweise an der Studie teil, die dreimal wöchentlich à 25 Minuten außerhalb der Klasse an der Schule mit einer Lehrperson in zwölf Sitzungen durchgeführt wurde (Saddler et al., 2004: 8). Im Fokus dieser Studie standen das Planen und Schreiben eines Textes mithilfe des POW-Modells, des WWW-Modells und der folgenden Schreib‐ routinen: 113 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="114"?> (1) (2) (3) „Pick a topic or a idea to write about“ (ebd.). „Brainstorm and organize possible ideas for each part of their story in advance of writing“ (ebd.). „Continue to develop these ideas as they wrote“ (ebd.). Die Lehrperson berücksichtigte die sechs SRSD-Phasen. Zunächst schrieben die Schüler drei Geschichten als Pretest. Während der Intervention bekamen sie die Elemente einer Geschichte erläutert und verfassten daraufhin drei bis fünf Ge‐ schichten. Nach drei Wochen schrieben die Schüler eine Geschichte als Posttest. Ein Tandem schrieb zudem nach sechs Wochen wiederholt einen Posttest als Follow-up (Saddler et al., 2004: 6)., Nachdem alle Texte abgetippt worden waren, wurden folgende Punkte bewertet: 1. die Anzahl der Wörter, 2. die Anzahl der geschriebenen Geschichten, 3. die Anzahl der vorhandenen Elemente in den Texten und 4. die allgemeine Qualität der Texte (1 Punkt für geringe und 7 Punkte für höchste Qualität) (Saddler et al., 2004: 7). Vor der Intervention schrieben die Schüler Erzählungen mit einer Punktwertung von 2. 3, die damit also im unteren Bewertungsbereich lag. Nach der Intervention schrieben die Schüler komplexere Geschichten, und drei von ihnen verwendeten sogar alle sieben Textelemente einer Geschichte (Saddler et al., 2004: 11). Alle Schüler wendeten die Schreibstrategien für das Planen und Schreiben der Ge‐ schichten an. Somit konnte gezeigt werden, dass auch schreibschwache Schüler in einer zweiten Klasse mit SRSD erfolgreich arbeiten können (Saddler et al., 2004: 15). Das Ziel der Forscher Graham, Harris und Mason (2005) war es, Schüler mithilfe von SRSD in einer fünfmonatigen Interventionsstudie anzuhalten, Texte zu planen, zu entwerfen, zu ändern und zu veröffentlichen. Die These lautete, dass die Schüler qualitativ bessere Texte schreiben, längere Texte schreiben und auch länger im Schreibprozess bleiben (ebd.). 317 Washingtoner Drittklässler an vier Grundschulen wurden zunächst dem „Test of Written Language - 3“ (Hammill & Larsen, 1996) als Vortest unterzogen. Daraus kristallisierten sich 86 „risk“-Schüler heraus, wovon 73 Schüler, im Durchschnitt acht Jahre und vier Monate alt, an einer dreimaligen wöchentlichen der Intervention (à 20 Minuten) teilnahmen. Diese wurden in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe A (n = 24) bekam eine SRSD-Instruktion, Gruppe B (n = 24) erhielt eine SRSD-Instruktion sowie Peer-Unterstützung und die Gruppe C (n = 25) stellte die Kontrollgruppe dar. Der männliche Anteil sowie der Anteil mit der Muttersprache Englisch überwog 114 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="115"?> (1) (2) (3) (4) (1) (2) (3) (4) bei dieser Stichprobe (Graham, Harris & Mason, 2005: 213 f.). Studenten führten die Studie außerhalb des Klassenzimmers durch. Die Gruppe A sollte dazu an‐ gehalten werden, sich selbst zu reflektieren und den Schreibprozess selbst zu überwachen (Graham, Harris & Mason, 2005: 216). Das Feedback und die Instruktionen der Trainer waren für die Schüler für das Schreiben von narrativen und persuasiven Texten individuell. Gearbeitet wurde mit den Modellen „POW“ (Graham, Harris & Mason, 2005: 217), „WWW“ (ebd.) sowie „TREE“ (ebd.). Die Trainer führten zunächst diese Mnemonics ein und schrieben mit ihrer Hilfe ihre Texte. Anschließend wurden die Schreibprodukte in der Gruppe zu‐ sammengetragen. In den Phasen der Unterstützung arbeiteten die Trainer via Scaffolding mit folgenden Phrasen: „What do I have to do here? “ (Graham, Harris & Mason, 2005: 218) für die Prob‐ lemdefinition. „What comes next? “ (ebd.) für die Textplanung. „Does it make sense? “ (ebd.) für die Selbstreflexion. „I really like that part! “ (ebd.) als Zeichen der Anerkennung. Diese Methode beruht auf der „Basic Three-Step“-Strategie von Graham und Harris (1996) und ist wiederum auf die drei Teilhandlungen des Schreibprozesses von Hayes und Flower (1980) zurückzuführen (Glaser, 2005: 87). Die Gruppe B erhielt zusätzlich zur Gruppe A noch Unterstützung durch die Peergroup. Der Ablauf sah vor, dass sich die Peer-Partner zunächst ein Ziel beim Gebrauch des POW-Modells setzten. Anschließend entschieden sie, wie sie dem Partner helfen wollten, diskutierten, wie die Strategien helfen könnten. Zum Schluss wurde für das Schreiben eines Essays ein weiteres Modell, das TREE-Mo‐ dell, eingeführt (Graham, Harris & Mason, 2005: 218 ff.). Alle Schüler schrieben vier Texte (je einen narrativen, persuasiven, personalen und informativen Text), die vor der Bewertung abgetippt wurden. Bei den narrativen und persönlichen Texten gab es pro berücksichtigtes Element einen Punkt (Graham, Harris & Mason, 2005: 223). Begleitend dazu wurden den Schülern vor dem Pretest und nach dem Posttest diese Fragen vorgelegt: „Suppose you were asked to be the teacher of your class today and one of the other kids asked you, what is good writing? What would you tell that student about good writing? ” (Graham/ Harris & Mason, 2005: 224). „Why do you think some kids have trouble writing? ” (ebd.). „What do good writers do when they write? ” (ebd.). „When you are asked to write a paper for class or for homework, what kind of things can you do to help you plan and write your paper? ” (ebd.). 115 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="116"?> 8 Die Korrelation der Items liegt bei 0.40 (Graham, Harris & Mason, 2005: 225). (5) (6) (1) (2) (3) (4) (5) „Tell a friend what kind of things are included in a story! ” (ebd.). „Tell a friend what kind of things are included in a persuasion! ” (ebd.). Des Weiteren wurde die Selbstwirksamkeit auf einer Skala von 1 (starke Ver‐ neinung) bis 4 starke Zustimmung) mit folgenden fünf Items getestet 8 (Graham/ Harris & Mason, 2005: 225): „When my class is asked to write, my paper is one of the best” (Graham/ Harris & Mason, 2005: 225). „When writing a paper, it is hard for me to decide what goes first, second, third, and so on” (ebd.). „When writing a paper, I have trouble finding the right words for what I want to say” (ebd.). „When I plan a paper, my plan is one of the best in the class” (ebd.). „When writing a paper, it is easy for me to keep thinking of things to say” (ebd.). Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Interventionsgruppen A und B sich mehr Zeit zum Schreiben nahmen sowie längere und qualitativ bessere Texte schrieben als die Kontrollgruppe, wenn der Pretest und Posttest miteinander verglichen wurden (Graham, Harris & Mason, 2005: 227). Gruppe A benötigte zum Schreiben der Narration und des persuasiven Textes länger als Gruppe B. Diese Gruppe schrieb auch längere Texte. Die Basiselemente einer Narration und einer Argumentation wurden sowohl von der Gruppe A als auch von der Gruppe B berücksichtigt, hier gab es keine statistischen Differenzen. Gruppe A schrieb qualitativ bessere narrative und persuasive Texte, Gruppe B hingeben bessere informative Texte. In Bezug auf die Fragen zum Schreibwissen ergab sich zwischen Gruppe A und B keine statistische Differenz, allerdings konnten diese Gruppen besser gutes und schlechtes Schreiben beschreiben als Gruppe C. Die Überprüfung der Selbstwirksamkeit (self-efficacy) ergab keinen statistischen Unterschied (Graham, Harris & Mason, 2005: 228 ff.). Die Konklusion der drei Forscher dieser Studie war, dass Drittklässler sowohl ihr Wissen über den Schreibprozess als auch ihre Schreibkompetenz durch das Anwenden von Stra‐ tegien verbessern können, denn die Interventionsgruppen verbesserten sich beim Schreiben hinsichtlich der Länge, Qualität und Vollständigkeit der Texte (Graham, Harris & Mason, 2005: 238). Im Fokus der Studie von Graham, Harris und Zito (2005) standen Grundschüler der Klassenstufen zwei bis drei mit Schreibschwierigkeiten (struggling writers). Die Hypothese lautete, dass Texte von ‚struggling writers‘ besser sind, wenn 116 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="117"?> sich die Schreibenden auf die gelernten Strategien beziehen (Graham, Harris & Zito, 2005: 238). Das Ziel dieser Studie war es, das Planen effektiver zu fördern. Zusätzlich sollte in diese Interventionsstudie die Unterstützung durch Mit‐ schüler (peer support) integriert werden (Graham, Harris & Zito, 2005: 244 f.). Dafür wurden vier Experimente vollzogen: Die erste Stichprobe setzte sich aus 73 Drittklässlern von vier Schulen mit einer Klassengröße von 24 Schülern aus der Nähe von Washington, D. C. mit eher sozial benachteiligten Familien zusammen. Die Jungen- und Mädchenver‐ teilung lag bei 3: 2 (Graham, Harris & Zito, 2005: 252 f.). Die Lehrer wurden vorher befragt, ob die Schüler gute oder eher schlechte Schreiber seien (Graham/ Harris & Zito, 2005: 246 ff.). Das Vorwissen zum Schreiben sowie die Selbstwirk‐ samkeitserwartung wurden ebenfalls von den Testpersonen erfragt. Die Frage‐ stellung war, ob das SRSD-Modell für schwache Schreiber effektiv sei (Graham, Harris & Zito, 2005: 252). Die Probanden wurden in drei Gruppen eingeteilt: Gruppe A erhielt SRSD-Planungsinstruktionen, Gruppe B bekam SRSD und Peer-Unterstützung, Gruppe C hingegen war die Kontrollgruppe und erhielt den „Writer‘s Workshop“ (Graham/ Harris & Zito, 2005: 252). Sechs Trainer wurden für fünf Monate für je 20 Minuten dreimal die Woche eingesetzt, wobei die Trainer jeweils nur mit einem Schülertandem zusammenarbeiteten (Graham, Harris & Zito, 2005: 252 f.). Für das Planen der Texte wurde mit dem POW-Modell gearbeitet. Für das Schreiben der Geschichte diente das WWW-Modell und für den argumentativen Text das TREE-Modell (Graham, Harris & Zito, 2005: 249 f.). Die Testpersonen wurden durch ihre Partner mit den Sätzen „I transferred my strategies/ I helped my partner“ (Graham, Harris & Zito, 2005: 251) unterstützt. Nach der Unterwei‐ sung zu einer Textsorte wurde diese Textsorte jeweils noch einmal geschrieben (Posttest). Die trainierten Textsorten waren die Geschichte, ein überzeugender Text, eine persönliche Erzählung und ein informierender Text. Das Ergebnis des ersten Experiments war, dass die Gruppe A qualitativ bessere und längere Texte schrieb als die Kontrollgruppe, wobei die Gruppe B sich die Planungsstrategien durch die Peerarbeit besser merken konnte und bessere Texte schrieb als die Kontrollgruppe. In den Texten der Gruppe B konnten mehr trainierte Textele‐ mente und auch längere Planungsphasen nachgewiesen werden als bei den an‐ deren Gruppen (Graham, Harris & Zito, 2005: 255). Die zweite Stichprobe setzte sich aus sechs Schülern der zweiten Klasse einer Schule zusammen. Drei Tandems wurden gebildet, um gemeinsam dreimal die Woche à 20 Minuten über fünf Stunden eine Geschichte zu schreiben. Dafür erhielten die Tandems SRSD-Instruktionen. Das Ergebnis des zweiten Experi‐ ments zeigte, dass Schüler mit SRSD qualitativ und quantitativ bessere Ge‐ 117 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="118"?> schichten schrieben und selbst Schüler aus der zweiten Klasse mit SRSD um‐ gehen konnten (Graham, Harris & Zito, 2005: 256). Die dritte Stichprobe bestand aus 66 Schülern der zweiten Klassenstufe über eine Dauer von sechs Monaten. Es wurden drei Gruppen eingeteilt: Gruppe A erhielt nur SRSD und Gruppe B SRSD inklusive Peerunterstützung, während es sich bei der Gruppe C um die Kontrollgruppe handelte, die mit dem „Writer’s Workshop“ (Graham, Harris & Zito, 2005: 256) arbeitete. Sechs Masterstudenten unterrichteten jeweils ein Schülerpaar in den Textsorten Geschichte, argumenta‐ tives Schreiben, persönliche Erzählung sowie informierendes Schreiben. Neben der paarweisen Instruktion und dem Schreiben dieser Texte sollten die Schüler auch einen Text im Klassenverband nach SRSD-Anweisung schreiben. Dies konnte jedoch nicht gemessen werden, da die Schüler nicht allein an ihren Texten arbeiteten, sondern aufstanden und anderen Schüler halfen. Für den argumenta‐ tiven Text wurde wiederum mit dem TREE-Modell gearbeitet, wobei das erste E als Strategie ausgelassen wurde. Bei dieser Textsorte sollte ein Schülertandem vor der Klasse mit SRSD-Anweisung schreiben, damit die Strategien sichtbar wurden (Graham, Harris & Zito, 2005: 257 f.). Das Ergebnis zeigt, dass es zwischen der Gruppe A und B keinen signifikanten Unterschied gab. Gruppe A schrieb bessere und längere Texte als die Kontrollgruppe (Graham, Harris & Zito, 2005: 258 f.). Die vierte Stichprobe war eine Zusammensetzung aus elf Lehrern, die SRSD-Strategien plus Peer-Unterstützung im Klassenverband mit 53schwachen Schreibenden dreimal wöchentlich à 20 Minuten über fünf Monate lang durch‐ führten. 27 Schüler erhielten die SRSD-Instruktion, während 24 Schüler in der Kontrollgruppe waren und mit dem Writer’s Workshop arbeiteten. Zwei Schüler stiegen aus dem Programm aus. Der Vergleich zwischen Pre- und Posttest bei den trainierten Textsorten Geschichte und persönliche Erzählung zeigte, dass die Gruppe A mit SRSD-Instruktionen längere Texte schrieb und mehr inhalt‐ liche Elemente in ihren Texten berücksichtigte als die Kontrollgruppe. Es fiel den Lehrern zudem auf, dass die Schüler intrinsisch motivierter arbeiteten (Graham, Harris & Zito, 2005: 260). An dieser Stelle kann ein erstes Zwischenfazit gezogen werden: Die Integra‐ tion des SRSD-Ansatzes in den Schreibunterricht wird der geforderten Hand‐ lungs- und Schülerorientierung resultierend aus der kommunikativen Wende im Deutschunterricht gerecht (Eichler & Henze, 1998: 109), denn in selbstregulato‐ rischen Schreibprogrammen kann die „Kompetenz der Selbstbildung“ (von Sal‐ dern, 1999: 119) bei Schülern aufgebaut werden (Philipp, 2012: 130, 147). Dazu können für Deutschland exemplarisch die Forscher Glaser (2005) und Keßler (2010) angeführt werden, welche sich ebenfalls mit dem SRSD-Ansatz beschäf‐ tigen, allerdings aus psychologischer Perspektive: 118 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="119"?> Glaser (2005) förderte in ihrer Promotion bei Grundschülern (n = 154) der vierten Jahrgangsstufe über einen Zeitraum von vier Wochen einmal wöchentlich für 90 Minuten die Schreibkompetenz durch die Vermittlung von SRSD-Schreib‐ strategien in Form eines selbstregulatorischen Aufsatztrainings (SAT) (Glaser, 2005: 220). Bei diesem sollte die Vermittlung von genrespezifischen Schreibstra‐ tegien Gegenstand sein (Glaser, 2005: 85). Ihr Dissertationsprojekt war in Vor‐ untersuchung, Hauptuntersuchung sowie Einzelfallbeschreibungen aufgeteilt. Als Testinstrument verwendete sie das Schreiben einer Bildergeschichte sowie das Schreiben einer Geschichte mit Bildvorlage. Grundlegend wurden auch das Planen, Schreiben und Überarbeiten trainiert (Glaser, 2005: 218). Die Mnemonics mussten aus dem Amerikanischen übersetzt und verändert werden. Hierfür ar‐ beitete Glaser mit „AHA“ (Glaser, 2005: 218) sowie mit den „7 W-Fragen“ (ebd.) für das Schreiben einer Geschichte. Wortschatz und Syntax sollten durch eine „Spannungswortliste“ (Glaser, 2005: 119) verbessert werden. „Zudem wurden Me‐ thoden der Zielsetzung, Selbstkontrolle, Selbstbewertung und Selbstkorrektur zum Aufbau von Überwachungs- und Steuerungsprozessen explizit vermittelt“ (Glaser, 2005: 219). Für das Überarbeiten der Geschichten standen den Schülern Kontrolllisten zur Verfügung (ebd.). Die Lehrenden der Intervention wurden mithilfe eines Manuals geschult und arbeiteten mit der Methode Scaffolding (Glaser, 2005: 219). Des Weiteren wurden die Phasen des SRSD-Ansatzes heran‐ gezogen, jedoch ins Deutsche übersetzt und als Stufen der Instruktion ver‐ wendet. In der Voruntersuchung überarbeiteten die Schüler ihre Texte in Peer‐ group-Gesprächen mithilfe der Kriterienlisten (Glaser, 2005: 94). Das Ergebnis zeigt, dass Schüler mit dem SAT-Ansatz längere und qualitativ bessere Texte schrieben, besonders schreibschwache Schüler. Der Vergleich der Pre- und Posttests zog eine korrigierte Effektstärke von d = 1. 82 nach sich. Vom Pretest zum Follow-up-Test betrug dieser Wert sogar von d = 2. 09. Nicht nur die Schreibleistung, sondern auch die selbstregulatorischen Fähigkeiten wurden zwischen dem Pre- und Posttest gestärkt, hier lag der Wert bei d = 1. 44, beim Pretest und Follow-up-Test bei d = 1. 89 (Glaser, 2005: 220). Die Selbstwirksam‐ keitserwartung und auch die Einstellung zum Schreiben ergaben wiederum keinen Effekt, was mithilfe der Fragebogenerhebung festgestellt wurde (Glaser, 2005: 230): Der Trainingseffekt auf die Schreibleistung erwies sich als direkter Effekt. Mediato‐ reffekte ließen sich weder für die prozessbezogenen Maße (Planungsqualität, Revi‐ sionen) noch für die Schreibeinstellung (Selbstwirksamkeitserwartung) beim Schreiben und den Textumfang nachweisen. Bei pfadanalytischer Prüfung der Effekte aller untersuchten Einflussvariablen auf die Schreibleistung blieb neben den indi‐ 119 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="120"?> rekten Effekten für die Planungsqualität und den Textumfang der direkte Trainings‐ effekt statistisch hoch bedeutsam (Glaser, 2005: 221). Glaser forderte abschließend, dass sich Schreibinterventionen auch auf andere Textsorten beziehen sollten. Des Weiteren sei die Revision als Teilhandlung des Schreibprozesses stärker zu untersuchen. Kooperative Lernarrangements mit‐ hilfe von Peergroups oder Schülertandems seien weiter zu fördern (Glaser, 2005: 232, 235 f.). Keßler (2010) griff die Forderungen von Glaser (2005) auf und entwickelte in ihrer Promotionsarbeit eine Intervention im klassischen Pre-Post- Follow-up-Design zur Förderung der Revisionsfertigkeiten von Sechstklässlern in zehn Gießener Gymnasialklassen mit fünf bis acht Schülern (n = 273) (Keßler, 2010: 224). Trainiert wurden die Schülergruppen über einen Zeitraum von fünf Wochen einmal wöchentlich 90 Minuten lang von Psychologiestudenten und Lehramtsstudenten (Keßler, 2010: 107). Über 90 % der Probanden beherrschten Deutsch als Muttersprache. Das Durchschnittsalter lag zwischen 11,3 und 11,6 Jahren (Keßler, 2010: 105). Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe A absolvierte ein selbstregulatorisches Revisionstraining und Gruppe B ein reines Revisionstraining. Das selbstregulatorische Aufsatztraining von Glaser (2005) sowie von Keßler (2006) wurde in das neue Schreibprojekt inte‐ griert. Die Hypothese war, dass die Revisionsfertigkeiten durch den selbstregu‐ latorischen Ansatz verbessert werden könnten (Keßler, 2010: 223). Da Keßler an den SRSD-Studien kritisierte, dass bei der Bewertung der Textqualität eher auf die Vollständigkeit des Textproduktes geachtet worden sei, wollte sie weitere Untersuchungsvariablen und -impulse einbringen. Des Weiteren ergänzte Keßler ihre Studie mit einer Fragebogenerhebung zur Selbstwirksamkeitser‐ wartung (Keßler, 2010: 224). Ihre Untersuchungsbereiche waren: „Strategieanwendung: inhaltliche und sprachliche Revisionen, Revisionen und Lo‐ giksätze zur Verbesserung der Kohärenz an der Abschrift“ (Keßler, 2010: 94), „Strategiebezogene Schreibleistung: vorhandene Geschichtenelemente und deren sprachliche Ausgestaltung in der Abschrift“ (ebd.), „Holistische Schreibleistung: narrative Qualität der Abschrift“ (ebd.), „Strategiebezogener Transfer: vorhandene Geschichtenelemente und deren sprach‐ liche Ausgestaltung im Entwurf “ (ebd.), „Strategiebezogenes Wissen (Fragebogen und offene Wissensfragen)“ (ebd.), „Schreibeinstellung (Selbstwirksamkeitserwartung) zum Schreiben und Überarbeiten von Texten“ (ebd.) sowie „Durchgeführte Revisionen an einer fehlerhaften Textvorlage“ (ebd.). 120 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="121"?> 9 Der erste Wert gibt das Ergebnis des Posttests und das zweite des Follow-up-Tests an. Wie schon bei Glaser wurde auch in dieser Studie mit der „Drei-Schritte-Technik“ (Glaser, 2005: 218) gearbeitet, basierend auf der „Basic Three-Step“-Strategie nach Graham und Harris (1996), die auf die Förderung der Teilhandlungen Planen, Schreiben und Überarbeiten nach Hayes und Flower (1980) abzielt. Der Ablauf der Intervention sah vor, bei den Schülern mithilfe der W-Fragen nach dem Schreiben zu einer Bildergeschichte das Vorwissen zur Textsorte zu erheben (Keßler, 2010: 115). Nachdem die Schüler ihre Geschichten zu den Bildern ge‐ schrieben hatten, überprüften sie ihre Texte mithilfe einer „Login-Merkkarte“ (Keßler, 2010: 116), auf der die Textelemente einer Geschichte aufgezählt wurden. Dieser Schritt führte zur ersten Revision. Eine weitere wurde durch den Fokus auf der Sprache mit der „2xA+2xG-Strategie“ (Keßler, 2010: 117) angeregt. Diese erwirkte durch den Einsatz von Formulierungshilfen und Textbausteinen eine zweite Revision. Die dritte sollte eine Überarbeitung der Satzanfänge und der Lexik erzielen. Zusätzlich erhielten die Schüler stets positives Feedback zu ihrer Leistung, um das selbstregulatorische Revisionstraining zu verstärken (Keßler, 2010: 118 f.). Der Gruppe B mit dem reinen Revisionstraining standen die Login-Merkkarte und die 2xA+2xG-Strategie nicht zur Verfügung. Im Er‐ gebnis zeigten beide Gruppen positive Effekte (Keßler, 2010: 198 ff.): • strategiebezogene Schreibleistung (d = .80/ .38) 9 • holistische Schreibleistung (d = .84/ .85) • strategiebezogenes Wissen (d = .80/ .38) • schreibbezogene Selbstwirksamkeitserwartung (d = .39/ .21). Dennoch lagen die Ergebnisse der Gruppe A mit dem selbstregulatorischen Re‐ visionstraining höher als bei der Gruppe B. Somit konnte Keßler eine höhere Effektivität bei dem selbstregulatorischen Revisionstraining durch die Vermitt‐ lung von Strategien nachweisen (Keßler, 2010: 224). Im Follow-up-Test war hin‐ gegen kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Selbstwirksamkeitser‐ wartung beider Gruppen festzustellen (Keßler, 2010: 225). Keßler zog das Fazit, dass durch die Strategieanwendung das strategiebezogene Wissen und die schreibbezogene Selbstwirksamkeitserwartung positiv beeinflusst worden seien (Keßler, 2010: 226). Sie stellte jedoch auch kritisch fest, dass die zeitbasierte Intervention für schwächere Schüler nicht geeignet sei und ein größeres Zeit‐ fenster mit mehr Übungsmöglichkeiten effektiver wäre. Sie befürwortete auch eine Implementation in der ganzen Klasse, unterstützt durch Peergroup-Ge‐ spräche der Mitschüler (Keßler, 2010: 216 f.). 121 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="122"?> Mittlerweile beschäftigen sich auch andere Wissenschaftler in Form von Me‐ taanalysen mit dem SRSD-Ansatz: Philipp (2015a) fasste die Studien von Graham und Harris zusammen und untersuchte diese auf Effektstärken. Er unterscheidet „hierarchiehohe Fähigkeiten“ (Philipp, 2015a: 158), z. B. das Planen oder Revi‐ dieren als „[…] mental kostspielige Prozesse […]“ (ebd.), von „hierarchienied‐ rigen Fähigkeiten“ (ebd.), z. B. das Verschriften, wobei hierarchieniedrig nicht abwertend sei, sondern vielmehr auf automatisierte Prozesse hinweisen solle (ebd.). Im Vergleich der Studien kommt Philipp zu dem Schluss, dass das Ver‐ mitteln der Schreibstrategien mit einer Effektstärke von 1. 00 höchst signifikant in den SRSD-Studien sei, die gezielt die Schreibprozesse fördern würden. Das schriftliche Zusammenfassen (0. 82) sowie die Schulung der Kreativität und Imagination (0. 70) können als weitere hierarchiehohe Fähigkeiten mit einer hohen Effektstärke aufgezählt werden (ebd.). Positive Effekte zeigten auch die „Aktivitäten vor dem Schreiben“ (ebd.) (0. 54), der „Zusatz von Selbstregulation bei der Schreibstrategievermittlung“ (ebd.) (0. 50), die Vermittlung des „Text‐ strukturwissens“ (ebd.) (0. 41) oder auch das „Schreiben als Forschen“ (ebd.) (0. 32). Im Bereich der hierarchieniedrigen Fähigkeiten ist die Erhöhung des Wort‐ schatzes am effektivsten (0. 78). Das Kombinieren von Sätzen (0. 56) oder das „Verschriften üben“ (ebd.) (0. 55) liegen als geförderte Fähigkeiten im Mittelfeld. Das Trainieren der Rechtschreibung ist mit 0. 19 nicht signifikant, wenn in den SRSD-Studien gezielt Schreibprozesse gefördert werden. Philipp untersuchte in den SRSD-Studien auch die Effektstärken bei den Förderansätzen, die zu einer Entlastung des Schreibprozesses führen sollten (Philipps, 2015a: 162). Als be‐ sonders effektstark könne das Setzen von Produktzielen mit einer Effektstärke von 0. 80 genannt werden. Auch das kooperative Schreiben (0. 66) und das for‐ mative Feedback (0. 61) seien Förderansätze mit einer hohen Effektstärke. Das Schreiben am Computer (0. 47) und das Studieren von Beispieltexten (0. 40) würden ebenso positive Effekte in den untersuchten Förderansätzen zeigen (ebd.). Der „Einsatz von Kriterienrastern zur Selbstbeurteilung“ (ebd.) oder auch die „prozedurale Unterstützung“ (ebd.) seien dagegen nicht signifikant. Eine durchgeführte Metaanalyse von Graham und Harris (2017: 23 f.) über die Effektivität des Einsatzes von Schreibstrategien gibt an, dass ein Schreibunter‐ richt mit Schreibstrategien einen statistisch signifikant positiven Einfluss auf die Textqualität habe, die im Folgenden detaillierter vorgestellt werden soll: SRSD ist ein Förderansatz mit vielen Methoden, um Schreibstrategien gezielt für die Verbesserung der Textqualität zu nutzen. Wie bereits erläutert, wird dies durch den Einsatz von Mnemonics getan, um die Schreibzielsetzung, die Erin‐ nerung an inhaltliche Textmerkmale oder Schreibphasen wie das Planen oder Revidieren als Eselsbrücke bei dem Schreiber leichter abzurufen. Dabei wird die 122 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="123"?> Selbstregulation durch die Überwachung des eigenen Schreibprozesses geför‐ dert. Es ist ein Förderansatz, der bisher von der zweiten Klasse bis zur Oberstufe in Kleingruppen und in ganzen Klassen empirisch überprüft wurde und Erfolge nachweisen kann (Graham & Harris, 2017: 22 ff.). Vor allem Textroutinen werden automatisiert. Eine Metaanalyse von SRSD-Studien unterstreicht die positive Wirkung auf die Kreativität (ES = 0. 76), intrinsische Motivation, self-efficacy (ES = 1. 07) sowie auf inhaltliche Textelemente/ Textmerkmale (ES = 0. 30). Der Einsatz von Mustertexten zeigte eine signifikant positive Wirkung auf die Text‐ qualität (ES = 0. 30). Auch die Syntax (ES = 0. 50) und Grammatik sowie der Wortschatz (ES = 0. 78) verbesserten sich. Das Schreiben am PC hat ebenfalls einen statistisch signifikanten Einfluss (ES = 0. 44) und der Zusatz von Gram‐ matik- und Rechtschreibüberprüfung einen noch höheren positiven Einfluss (ES = 1. 46). Die Schreibunterstützung mithilfe der Peergoup (ES = 0. 74), das Setzen von Schreibzielen wie das Überarbeiten und das Berücksichtigen meh‐ rerer Gründe in einem argumentativen Text (ES = 0. 80), die Vermittlung der Textprozeduren wie das Planen und Überarbeiten (ES = 0. 52) sowie das Akti‐ vieren des Vorwissens durch Mnemonics, Brainstorming (ES = 0. 48) ergeben ebenfalls einen positiven Effekt auf die Textqualität der Schülertexte. In Bezug auf das Feedback kann festgehalten werden, dass sowohl Feedback von der Peergroup (ES = 0. 77) als auch Feedback von Erwachsenen (ES = 0. 87), selbst erzeugtes Feedback (ES = 0. 51) sowie maschinelles Feedback (ES = 0. 34) posi‐ tiven Einfluss auf die Textqualität haben. Insgesamt halten die Forscher fest: „Process writing had a positive and sta‐ tistically significant impact on improving writing quality (ES = 0. 34) […], with 82 % of studies producing a positive effect“ (Graham & Harris, 2017: 27). SRSD steht zusammengefasst für sechs Charakteristika, die in folgender Grafik zusammengefasst werden (Harris & Graham, 2017: 126 f.): 123 2.6 Texte schreiben mithilfe der Methode SRSD <?page no="124"?> Abb. 29: SRSD-Instruktionen (nach Harris & Graham, 2017: 126 f., eigene Darstellung) Die Metaanalysen der SRSD-Studien haben gezeigt, dass dieser Förderansatz zu einer Verbesserung der Selbstregulation, der intrinsischen Motivation und auch der Textqualität führt, und zwar durch einen höheren Wortschatz, einer höheren Anzahl an Textelementen und einer besseren Syntax und Grammatik, Kreati‐ vität sowie teilweise Orthografie. Unterstützt werden die Schüler besonders durch das Schreiben am PC, den Einsatz von Strategien, das Nutzen von Bei‐ spieltexten und Feedback. Zusammengefasst ist die Effektivität von strategie‐ fokussierten Instruktionen wie SRSD für die Erhöhung der Textqualität bei Schülern sehr hoch, was zahlreiche Studien im angloamerikanischen Raum be‐ legt haben. Dennoch fehlen wissenschaftliche Überprüfungen an Schulen im deutschsprachigen Raum. 124 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="125"?> 2.7 Voruntersuchungen „Bevor gut geplante Experimente oder Er‐ hebungen anlaufen, werden klugerweise meist Voruntersuchungen angestellt, um et‐ waige Fehlerquellen in den Instrumenten und in der Planung, an die man nicht ge‐ dacht hat, aufzudecken“ (Rost, 2007: 169). Die erste Voruntersuchung mit dem Arbeitstitel Berufliche Textsorten. Schreib‐ anforderungen in der beruflichen Bildung (Giera, 2010) konnte durch eine syste‐ matische Dokumentenanalyse von Lehrplänen, Ausbildungsverordnungen und schriftlichen Abschlussprüfungen von 27 Ausbildungsberufen der Industrie- und Handelskammer untersuchen, welche Textsorten von den Auszubildenden geschrieben oder eher gelesen werden müssen und ob die allgemeinbildenden Schulen bis zum Ausbildungsbeginn auf diese relevanten Textsorten vorbereiten (Giera, 2010: 2). Die Auswertung bestätigt folgende Hypothese: „Berufliche Text‐ sorten, die im Laufe der Berufsausbildung vermittelt werden, werden in den allgemeinbildenden Schulen zu selten unterrichtet“ (Giera, 2010: 43). Die Ergeb‐ nisse zeigen ferner die Relevanz von „Transfer-Textsorten“ (ebd.): Die beruflichen Textsorten Gesetzestexte, Ausbildungsvertrag, Angebot, Tarifvertrag und Verordnungen sind in der beruflichen Ausbildung relevant. Angebote, Rechnungen und Auftragsbestätigungen sind die Textsorten auf den ersten drei Rängen, die eher von den Auszubildenden produziert werden, und Gesetzestexte, Ausbildungsvertrag, Tarifvertrag, Verordnungen sowie das Angebot werden eher rezipiert. Die allgemein‐ bildenden Schulen arbeiten nicht mit beruflichen Textsorten, sondern mit Transfer-Textsorten, die in berufliche Textsorten umgewandelt werden können. Dabei sind die drei wichtigsten Textsorten das Bewerbungsanschreiben, der Lebenslauf sowie der Bericht, welche in allen untersuchten Schulformen unterrichtet werden (Giera, 2010: 43). Eine weitere Vorarbeit war die Auswertung des Schreibtutoriums für Studien‐ anfänger des Faches Deutsch an der Leuphana Universität (Giera, Mahler & Neumann, 2013). Lehramtsstudierende des Faches Deutsch wurden in einem durchgeführten Schreibtutorium zum wissenschaftlichen Schreiben einer Haus‐ arbeit begleitet. 124 Deutschstudenten der Gesamtkohorte 2011 wurden mittels eines quantitativen Vergleichs der Noten für die Hausarbeiten sowie einzelner Teilaspekte und qualitativ ergänzend durch Feedbackbogen der Teilnehmer und mündlich geäußerte Wahrnehmungen der Dozenten mit der Gesamtkohorte 125 2.7 Voruntersuchungen <?page no="126"?> 2010 verglichen. Die Schreibintervention, die durch u. a. Feedbackgespräche der Probanden und das Einsetzen von Kriterien-Checklisten auf die bewusste Zer‐ legung des Schreibprozesses in Planungs-, Schreib- und Überarbeitungsphase zielte, erreichte in zwei geförderten Teilbereichen signifikante Verbesserungen und ansonsten positive Effekte, sodass an der Lüneburger Leuphana Universität Schreibtutorien bis heute angeboten und finanziert werden, die über das Fach Deutsch hinausgehen (Giera, Mahler & Neumann, 2013: 38 ff.). Somit zeigte sich die Effektivität der Schreibbegleitung durch den Einsatz von verwendeten Kri‐ terienlisten auf formaler, sprachlicher und inhaltlicher Ebene. In einer dritten Voruntersuchung (Giera, 2013) wurden 116 Texte von 13 Schülern, die alle an dem Schreibprojekt teilnahmen, ausgewertet und evaluiert. In diesem wurde der Self-Regulated-Strategy-Development-Ansatz nach Graham und Harris in Form eines mehrmonatigen Schreibprojekts erprobt, welches kooperative Lernarrangements in Form von Revisionsgesprächen durch Mitschüler sowie die explizite Vermittlung von Schreibstrategien bein‐ haltete (Graham & Harris, 1987, 1996; Sawyer et al., 1992; Giera, 2013). Des Wei‐ teren sollte die Selbstwirksamkeit beim Schreiben der Schüler durch den SRSD-Ansatz aufgebaut werden (Graham, Harris & Mason, 2005: 231; Sawyer et al., 1992: 348; Keßler, 2010: 198 ff.). Folgende Untersuchungsfragen wurden ge‐ prüft: 1. Welche Probanden schreiben im Laufe des Projekts qualitativ höherwer‐ tige Texte? 2. Welche Textsorten beherrschen die Probanden am besten? 3. Welche Länge haben die Schülertexte vor und nach der Intervention? 4. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Schreibeinstellungen (Selbst‐ wirksamkeit) und gezeigten Schreibleistungen? Die Ergebnisse belegen, dass kooperative Lernarrangements mit dem SRSD-An‐ satz in Form von Peer-Feedback von Mitschülern sowie die explizite Vermittlung der Schreibstrategien die Textqualität, die Textlänge und auch die persönliche Einstellung zum Schreiben positiv verändern, sofern es sich um eine neu erlernte Textsorte handelt. Bereits erlernte Textsorten wie das Schreiben einer fiktiven Geschichte konnten durch den Förderansatz nicht verbessert werden. Insgesamt bewerteten die teilnehmenden Schüler das Schreibprojekt aus ihrer Sicht als positiv (Giera, 2013: 56 ff.). Jedoch fehlte in dieser Studie eine Kontrollgruppe. In der vierten Voruntersuchung wurde die vorliegende Arbeit von Oktober 2012 bis Januar 2013 pilotiert. Dafür konnten zwei Berufsschulklassen die Schreibaufgaben sowie Feedbackbogen testen sowie auf ihre Verständlichkeit prüfen. Dadurch konnten die Schreibaufgaben verbessert und die Items der Fra‐ 126 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="127"?> gebogen auf ihre Verständlichkeit angepasst werden. Das Feedback dieser In‐ terventionsschüler war am Ende des Projekts durchweg positiv. Das Projekt wurde auch von den begleitenden Lehrkräften als sinnvoll erachtet, sodass die Motivation für das Promotionsprojekt verstärkt wurde. Der Projektablauf konnte beobachtet und mit den anderen Deutschlehrern der Berufsschule re‐ flektiert sowie geändert werden. Die Gruppen wurden in der Pilotierung rand‐ omisiert. Es zeigte sich jedoch in der Praxis, dass Absprachen zwischen den Berufsschülern beider Gruppen erfolgten, sodass einige Schüler in den Kon‐ trollgruppen mit der konventionellen Unterrichtsmethode sehr stark disku‐ tierten, warum diese nicht so wie in der Interventionsgruppe unterrichtet worden seien. Sie empfanden ihre Unterrichtsstunden eher als Bestrafung. Die Kontrollgruppen erhielten nach der Intervention am Ende des Projekts auch einen Crashkurs, wie dies bei der Interventionsgruppe der Fall war. Dennoch konnte das Fazit gezogen werden, dass an einer Schule Randomisierungen zwar diagnostisch gesehen vorteilhaft sind, aber sich in der Praxis gerade mit älteren Schülern über einen längeren Zeitraum schwer umsetzen lassen. Berufsschüler wissen, dass die Unterrichtsinhalte prüfungsrelevant sind, und daher haben sie die Motivation, neue Unterrichtsinhalte kennenzulernen. 2.8 Zusammenfassung des Forschungsstandes Die SRSD-Studien von Graham und Harris sowie in Deutschland von Glaser und Keßler zeigen, dass sich die Textqualität und -länge verbessern, wenn die Schüler lernen, mit den geförderten Schreibstrategien umzugehen. Bisher wurden die Schreibstrategien wie POW oder TREE immer an den jeweiligen Textsorten er‐ probt. Für das Schreiben von Briefen nach DIN-Norm gibt es noch keine evalu‐ ierten Schreibstrategien in Form von Mnemonics. Daher sind textsortenüber‐ greifende Mnemonics für den Aufbau des inhaltlichen Textsortenwissens eine nachhaltige Möglichkeit, die auch auf andere Textsorten und Lernsituationen übertragen werden kann. Die Selbstwirksamkeitserwartung kann beim Schreiben durch die Instanz Schule und damit auch im Schreibunterricht positiv aufgebaut werden, damit die Schüler auch das Vertrauen haben, ein guter Schreiber zu sein. Dies zeigen vor allem die Studien von Graham und Harris (Sawyer et al., 1992; Graham et al., 2005). Glaser (2005) wiederum konnte keinen positiven Effekt in ihrer In‐ tervention messen. Die Ergebnisse zur Selbstwirksamkeitserwartung und Schreibeinstellung sind somit konträr zu den Studien von Graham und Harris, die gerade diesen positiven Effekt betonen. 127 2.8 Zusammenfassung des Forschungsstandes <?page no="128"?> Leistungsrückmeldungen in Form von Feedback, Lob oder Kritik sind ange‐ messen zu behandeln, nicht nur vom Lehrenden, sondern auch von den Mit‐ schülern. Feedback sollte daher kriterial und damit sachlich gegeben werden, sowohl von der Lehrperson als auch von den Mitschülern. Es wirkt sich positiv auf die Textqualität aus. Das Arbeiten mit Kriterienlisten könnte auch als Feed‐ backbogen bei der Leistungsbeurteilung von Schülertexten erfolgen. Bei allen angezeigten Studien kommt Peer-Feedback immer wieder als Puzzleteil eines Schreibprozesses zum Tragen. Dies kann zum einen durch Mnemonics erfolg‐ reicher unterstützt werden. Auch wird der Einsatz durch die Vermittlung der erforderlichen Textelemente empfohlen, z. B. durch Checklisten (Fix, 2008: 176). Es ist zudem zu beobachten, dass die Schreibinterventionen oft nur mit ein‐ zelnen Schülern oder kleinen Schülergruppen stattfinden, selten jedoch mit ganzen Klassen, was den Berufsalltag der meisten Deutschlehrer in Deutschland darstellt. Es ist kritisch zu hinterfragen, ob die positiven Schreibeffekte auf das Interventionsprogramm zurückzuführen sind oder auf die kleine Gruppe der Schüler. Fakt ist, dass sich in den präsentierten Schreibstudien die Textlänge und -qualität verbesserten. Der Forschungsstand zeigt zudem, dass Schreibinterventionen eher auf Pa‐ pier als am PC stattfinden, obwohl selbst Grundschüler am PC schreiben lernen. Des Weiteren sind die bisher untersuchten Textsorten noch nicht berufsorien‐ tiert, obwohl die meisten Schüler in Deutschland nach der 10. Klasse eine Be‐ rufsausbildung beginnen und als Verbraucher eine starke Zielgruppe für Ange‐ bote sind. Die Einführung digitaler Medien im Schreibunterricht eröffnet ein neues Forschungsfeld, welches noch nicht erschöpft ist und hinsichtlich Me‐ dium, Klassenstufe, Schulform sowie Textsorte Forschungsbedarf aufweist (Schneider & Anskeit, 2017: 295), und zwar Forschungsbedarf mit ganzen Klassen, um die externe Validität zu erhöhen (Glaser & Meyer, 2017: 381; Schindler, 2017: 118; Jakobs, 2008: 5). Daher ist ein Forschungsbedarf für Schreibinterventionen am PC mit berufs‐ nahen Textsorten in höheren Schulklassen vorhanden. Auf der Grundlage von SRSD sollte ein Schreibprojekt entwickelt werden, das auch Deutschlehrer mit ihren Klassen absolvieren können. Die Initiierung eines Schreibprojekts ver‐ langt jedoch methodische Überlegungen, die im Theorieteil erläutert wurden. Forschungsmethodisch muss sich die Schreibforschung mehreren Herausfor‐ derungen stellen: Zum einen dürfe die „[…] Authentizität auch didaktisch her‐ gestellter Lernsituationen“ (Feilke, 2017: 166) nicht vernachlässigt werden. Dies müsse jedoch auch die Kontrolle der Umgebungsvariablen in der Testsituation beinhalten. Zum anderen: „Die seit den 1990er Jahren geforderte Orientierung des Unterrichts an der Empirie der Schreibentwicklung ist schwer umzusetzen“ 128 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="129"?> (ebd.). Dabei sei die Erfassung der curricularen Schreibkompetenzerwartung empirisch komplex. Der theoretische Hintergrund zeigt, dass das Merkmal Schreibkompetenz ein Konstrukt ist, welches durch mehrere latente Variablen gemessen wird. Mit Bezug auf die empiriebasierten Schreibmodelle von Hayes (1980, 1998, 2012) und Flower (1980) wird der Schreibprozess durch mehrere Indikatoren beeinflusst, z. B. die Einstellung zum Schreiben, das Wissen über die Textsorte und die Schreibaufgabe sowie das Wissen um und Anwenden von Schreibstrategien. Diese Indikatoren fügen sich zur latenten Variable Schreibkompetenz zusammen, was Bachmann und Becker-Mrotzek theoriebasiert in ihrem Schreibmodell (2017) veranschaulichen. Der Begriff Schreibkompetenz ist für diese Arbeit auf Grundlage mehrerer Definitionen wie folgt gebildet worden (Grabowski, 2017; Philipp, 2015; Efing, 2015; Neumann, 2014; Hayes, 2012; Bachmann & Be‐ cker-Mrotzek, 2012; Baurmann & Pohl, 2011): Die Schreibkompetenz ist ein Konstrukt, das sich in seiner Performanz einer‐ seits über die Textqualität als latente Variable mittels einer dazugehörigen Schreibaufgabe evozieren lässt, andererseits selbst beurteilt werden kann, z. B. mittels Fragebogen, und dabei u. a. Textsortenwissen, Schreibeinstellung sowie Schreibstrategieanwendung bei den Probanden untersucht. Neben der Ermittlung der Schreibkompetenz als Leistungstest und Selbstbeurteilung gehört auch die Beobachtung der Schreibperformanz als dritte Komponente dazu. Dafür ist die Untersuchung des Schreibverhaltens im Prozess relevant, z. B. mithilfe von Audiografie, Videografie oder Keylogg-Programmen. Daher gibt es nicht nur ein messbares Item für die Bestimmung der Schreib‐ kompetenz eines Schülers, sondern ein ganzes Bündel. Das vorliegende nomo‐ logische Netzwerk zur Messung der Schreibkompetenz verlangt mehrere Schreibaufgaben, die motiviert und situativ gestellt werden, und die Testung zu mehreren Messzeitpunkten (siehe Abb. 30). Es verlangt nach Fragebogen, die die Parameter der Schreibkompetenz abdecken - von der Einstellung zu Text‐ sortenwissen und von der Schreibstrategieanwendung bis hin zu den Hinter‐ grundmerkmalen der Schüler. 129 2.8 Zusammenfassung des Forschungsstandes <?page no="130"?> Abb. 30: Messung der Schreibkompetenz (eigene Darstellung) Ein Leistungstest und die Befragung allein lassen noch keine Rückschlüsse auf den wahren Wert der Schreibkompetenz ziehen. Daher wird die Untersuchung des Schreibprozesses vonseiten der Schreibdidaktik und Schreibprozessfor‐ schung verlangt. Somit muss das Schreibverhalten im Unterricht beobachtet werden. Aus der qualitativen Sozialforschung ist die Beobachtung der Schülergespräche mittels Audioaufnahmen etabliert. Unterrichtsgeschehen kann auch videografiert werden, gerade die Gespräche, die zu einem Schreibprozess führen. Durch die Entwicklung neuerer Messtechniken lässt sich der Schreibprozess ergänzend am Rechner durch Keylogg-Programme dokumentieren. „One methodological suggestion is that the field could benefit from more mixed-method studies that combine experimental demonstration of effects with qualitative analyses of classroom interaction […]“ (MacArthur, 2017: 247). Daher ist das Einsetzen meh‐ rerer Testinstrumente notwendig. Die dabei gewonnenen Daten sind „objektive und subjektive Indikatoren“ (Bühner, 2011: 85) der Schreibkompetenz. Um Schreibprozesse im authentischen Lernkontext zu untersuchen, sind Längsschnittstudien im Feld Schule ein probates Mittel. Da Unterricht nie im Labor, sondern im Klassenraum stattfindet, müssen aus forschungsmethodi‐ scher Sicht die Störvariablen minimiert werden, damit die Messung des Kon‐ strukts auch gelingt. Dies ist gerade in Erhebungen mit Lerngruppen und Klassen eine große Herausforderung, da der Test die Berücksichtigung der Gü‐ tekriterien verlangt. „Untersuchungen zu den Wirkungswegen von Schreibtra‐ inings wurden bislang allerdings nur selten durchgeführt“ (Glaser & Meyer, 2017: 373). Das Zusammenspiel von Prädiktoren der Textqualität, die simultan erhoben werden, erfordert ebenfalls weitere Forschungen, um Schreibmodelle zu überarbeiten und weiterzuentwickeln (Schmitt & Knopp, 2017: 249). Es fehlen dabei empirisch überprüfte weiterentwickelte Schreibmodelle aus Sicht der Di‐ daktik (Glaser & Meyer, 2017: 382). „Benötigt werden Aussagen zu domänen‐ spezifischen Anforderungen, Schreibaufgaben, Strategien, medialen Arbeits‐ umgebungen und Textsorten (Funktion, Form, Inhalt, Gestaltungsanforderungen) […]“ ( Jakobs, 2005: 34). Damit einhergehend werden von Schulabgängern Textmusterwissen und Textsortenkonventionen 130 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="131"?> für das berufliche Schreiben gefordert (Efing, 2008: 32): „Generell fehlt - jenseits der Textsorten Bericht, Lebenslauf, Protokoll - eine Vorbereitung auf das Schreiben standardisierter, genormter Texte sowie in diesem Zusammenhang auf den produktiven Umgang mit Vorlagen und Textbausteinen“ (Efing, 2013c: 249). „Schreibaufgaben zu entwickeln, die alltags- und berufsnäher sind, er‐ scheint mir ein weiteres Desiderat“ (Schindler, 2013: 186). Der schreibdidaktische Blick ist somit auch auf die nächsthöhere schulische Instanz, die Sekundarstufe II, zu richten. Um einen ganzheitlichen (berufsorientierten) Schreibunterricht anzubieten, ist neben dem sprachsystematischen auch ein sprachpragmatischer Fokus auf Texte gefragt: „Es bedarf einer Einstellungsänderung der Lehrer im Sinne einer Umorientierung weg von traditionellen Schwerpunkten wie ‚Rechtschreibung, Zeichensetzung‘ hin zur Schulung kommunikativer Kompetenzen und Textsor‐ tenbeherrschung“ (Efing, 2008: 31). Dadurch kann sich eine Schreibroutine durchsetzen, die Schreibblockaden hemmt (Efing, 2008: 32). Das soll nicht heißen, dass der Rechtschreib- und Grammatikunterricht keinen wichtigen Stel‐ lenwert haben, aber diese zwei Teilbereiche könnten auch ergänzend integrativ beim Schreiben erarbeitet werden, so Efing (ebd.). Eine weitere Herausforderung ist die Verbindung schreibdidaktischer For‐ schung von Schreibkompetenz mit Bezug auf die Prozessorientierung sowie die Textkompetenz mit Bezug auf die Beherrschung sprachlicher Muster (ebd.). Werden in diesem Zusammenhang Studien zu Schreibinterventionen betrachtet, kann festgestellt werden: „Unübersehbar klafft die Forschungslücke zudem bei älteren Jugendlichen, gerade in der Berufsbildung, aber auch in der Sekundar‐ stufe II“ (Philipp, 2017: 198). Schreibfördermaßnahmen wie SRSD seien auch für Schüler in der Berufsbildung ein Ansatz, der noch unzureichend erforscht werde (ebd.). SRSD-Studien werden in erster Linie im angloamerikanischen Raum durch‐ geführt, wo sie auch ursprünglich entstanden sind. Graham und Harris (2017: 33) fordern hingegen auch Studien in anderen Ländern. Es mangelt an For‐ schungen mit dem SRSD-Ansatz, aber auch mit anderen Textsorten, und damit fehlt auch die Ausarbeitung anderer Strategien, die an die Textsorte angepasst werden müssen (Foxworth & Mason, 2017: 83). „A meaningful body of research on the development of writing would be very useful in further informing re‐ search on writing, including SRSD research“ (Harris & Graham, 2017: 145). MacArthur fasst meines Erachtens die Vorteile eines Schreibtrainings mit der Vermittlung von Schreibstrategien, auch für die Sekundarstufe II, gut zu‐ sammen: 131 2.8 Zusammenfassung des Forschungsstandes <?page no="132"?> One need is for research that extends strategy instruction into secondary school, col‐ lege, and adult learning. […] Another direction for instructional development and research is more work on evaluation and revision. […] Evaluation criteria can be used to teach a wide range of genre features and characteristics of good writing that are not captured by organizational elements and that are not normally considered during planning, such as, tone, clarity, vocabulary, coherence, and style. The quality of stories, for example, includes more than just the story grammar elements […] (MacArthur, 2017: 246). Die bisher vorgestellten Studien, Theorien, Konzepte und Voruntersuchungen führen zu einer Untersuchungsidee, die im folgenden Kapitel vorgestellt wird. 2.9 Untersuchungsidee „Writing plays a key role in academic success and in an individual’s professional and social development“ (Fidalgo et al., 2017: 3). Mit diesem Satz beginnen die internationalen Forscher Fidalgo, Harris und Braaksma die Einführung ihres Kapitels zur Frage, wie das Schreiben effektiv unterrichtet werden kann. Die Untersuchung von evidenzbasierten Schreibstu‐ dien ist eine Quelle, mehr über das effektive Schreiben zu erforschen (Graham & Harris, 2017: 13), denn hierbei handelt es sich um eine noch nicht geschlossene Forschungslücke. Schreibstudien mit SRSD wurden bisher überwiegend an Grundschulen ge‐ testet. Der Forschungsstand zu kommunikativen Anforderungen in der Berufs‐ schule verdeutlicht jedoch, dass auch Berufsschüler in ihrer Schreibkompetenz gestärkt werden müssen. Damit sind nicht die schon bisher vermittelten Text‐ sorten gemeint, sondern auch die explizite Vermittlung von textsortenspezifi‐ schen Schreibstrategien und die Transparenz des Schreibprozesses in all seinen Phasen - quasi nach dem Aufruf von Kellogg (2008: 15): „[…] training the writer in planning, sentence generating, and reviewing skills“. In der Sekundarstufe I kann den Kerncurricula sowie den Bildungsstandards entnommen werden, dass der Schreibprozess, gerade das Planen von Texten, verstärkt Raum im Deutsch‐ unterricht findet. Doch der bisher auf Wirksamkeit empirisch überprüfte SRSD-Ansatz ist im deutschsprachigen Raum bis jetzt nur durch die Psycholo‐ ginnen Keßler und Glaser sowie durch eine Metaanalyse einiger Studien von Philipp berücksichtigt worden, obwohl feststeht, dass die Schulen immer inklu‐ siver gestaltet werden und damit auch gerade schreibschwache Schüler mehr 132 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="133"?> selbstregulatorischer Unterstützung bedürfen, die oftmals von einer Lehrperson in einem vollen Klassenraum bewältigt werden muss: Nevertheless, the complex and global nature of these interventions entails two draw‐ backs: from an educational point of view, teachers may not feel sufficiently competent to apply this kind of instruction to their own curriculum without the external support of researchers, whilst from a theoretical point of view, it is difficult to grasp the un‐ derlying mechanisms or features of these kinds of interventions that may explain their effectiveness (Robledo-Ramón & García, 2017: 39). Das Schreiben am PC ist bislang nur durch die Textsorte Bewerbungsanschreiben im Kerncurriculum der Sekundarstufe I verankert. Für eine Partizipation an der Gesellschaft als Verbraucher und Angestellter kann das Schreiben von berufli‐ chen Textsorten am PC nicht allein durch die Berufsschule in einer Stunde Deutsch/ Kommunikation für alle Berufsschüler übernommen werden. Die all‐ gemeinbildenden Schulen bereiten in der Regel nicht auf professionelle Text‐ sorten, sondern eher auf Transfer-Textsorten wie das Bewerbungsanschreiben vor (ebd.). Diese Ergebnisse der Vorarbeiten lassen erkennen, dass die Ausbildung beruflicher Schreibkompetenzen von Schülern an allgemeinbildenden Schulen sowie im Übergang zu und in kaufmännischen Ausbildungsberufen notwendig ist. Dazu fehlen jedoch momentan im Sinne eines „ausbildungsvorbereitenden Deutschunterrichts“ (Efing, 2013a: 22) Interventionsstudien. Aus diesen Varia‐ blen resultiert folgende Projektidee: In einer Intervention sollen sowohl neunte Klassen an allgemeinbildenden als auch Berufsfachschul- und Ausbildungsk‐ lassen an berufsbildenden Schulen ein berufsvorbereitendes Schreibprojekt glei‐ chermaßen durchlaufen (siehe Kapitel 3). Zusätzlich werden Kontrollgruppen zu den Zeitpunkten vor und nach der Intervention die gleichen Pre- und Post‐ tests wie die Interventionsgruppen durchführen. Die Textsorte Bewerbungsan‐ schreiben wird als Basis für den Geschäftsbrief nach DIN-Norm 5008 genutzt, um im nächsten Schritt eine berufliche Textsorte, das unverlangte Angebot (Wer‐ bebrief) zu vermitteln. Die Schüler sollen diese Briefe am PC erstellen und lernen, wie diese aufgebaut und formuliert werden. Das Überarbeiten am PC ist dabei einfacher als auf Papier, denn ganze Textpassagen können verrückt und verändert sowie Absätze vorgesehen werden. Des Weiteren werden den Schülern Schreibstrategien zum Planen, Schreiben und Überarbeiten von Texten im Rahmen eines schrittweisen kooperativen Schreibens vermittelt. Diese Fertigkeiten sind nicht nur für Ausbildungsberufe in der Hotellerie/ Gastronomie von Vorteil, sondern für eine ganze Bandbreite an Ausbildungsberufen der IHK (Giera, 2010: 67). Der Schreibprozess wird damit im Sinne der Bildungsstandards für das Fach Deutsch mithilfe von Methoden 133 2.9 Untersuchungsidee <?page no="134"?> und Arbeitstechniken eigenverantwortlich gestaltet (KMK, 2004: 12). Dabei sollen die von den Schülern erstellten Texte („Textformen“, Pohl & Steinhoff, 2010: 6) auch als „Lernformen“ (ebd.) aufgefasst und von ihnen selbst reflektiert werden. Durch dieses Projekt erlernen die Schüler nicht nur fachspezifische Text‐ sorten, sondern auch Fachtermini und Diskursregeln in konkreten Handlungs‐ situationen, die für eine fachsprachliche Kompetenzbildung vom Novizen zum Experten Voraussetzung sind ( Janich, 2012: 11). Durch mehrere Erhebungszeit‐ punkte kann ein Einblick in die Textqualität und deren Veränderungen infolge der Intervention gegeben werden. Tonaufnahmen während der Feedbackge‐ spräche bringen einerseits Transparenz, worüber die Schüler sprechen, können jedoch auch mit den Überarbeitungen am Pretext verglichen werden und zeigen somit Überarbeitungsschritte, die auf Grundlage der Peergroup-Empfehlungen Einfluss nehmen sollten. Gerade die Vermittlung der inhaltlichen und formalen Textmerkmale kann durch den Einsatz von Kriterienlisten wie Checklisten für den Schreibenden gewinnbringend sein. Dabei wird psychologisch auf rezi‐ prokes Verhalten gesetzt. Wenn jemand ein vielfältiges Feedback erhält, dann gibt er dies auch in dieser Weise zurück. Die Feedbackkriterien sollten jedoch objektiv sein (Goldin & Ashley, 2012: 217). Feedbackverfahren mit Mitschülern haben den Vorteil, dass unterschiedliches Vorwissen und Erfahrungen zu vielfältigen Lösungsansätzen führen und somit den Schreibprozess bereichern können. Die Schreibaufgabe kann somit als ge‐ meinsames Problem empfunden werden, welches es zu lösen gilt. Durch eine Schüler-Lehrer-Interaktion ist sie dabei weniger authentisch als zwischen Mit‐ schülern (Goldin et al., 2012: 112 f.). Feedback unter den Mitschülern ist eine häufig gebrauchte Methode im Schreibunterricht. Gerade in dieser Form der Interaktion lernen die Schüler auch durch Beobachtung voneinander (Couzijn & Rijaaarsdam, 1996, 2004; Graham & Perin, 2007). In der Deutschdidaktik werden Interventionen gefordert, die im Unterricht auch durchführbar und im besten Falle auch realistische Deutschstunden sind: „Mit Blick auf die Forschung wäre dabei verstärkt danach zu fragen, unter wel‐ chen Voraussetzungen die Erkenntnisse der Deutschdidaktik für die Entwick‐ lung des Unterrichts fruchtbar gemacht werden können“ (Pieper, 2018: 8). Es besteht daher zusammengefasst ein Forschungsbedarf an Interventions‐ studien mit ganzen Klassen zum SRSD-Ansatz in Deutschland (Keßler, 2010; Graham & Harris, 2017; Philipp, 2017) mit beruflich relevanten Textsorten für die Schnittstelle von der Schule in die Ausbildung (Efing, 2018; Hoefele & Kon‐ stantinidou, 2018; Neumann & Giera, 2018; Steinhoff, Grabowski & Be‐ cker-Mrotzek, 2017; Schindler, 2017; Efing, 2012; Giera, 2010; Jakobs, 2005, 2008; 134 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="135"?> 10 Diese vier Bereiche beziehen sich auf die Schreibprozessmodelle von Hayes (1996, 2012; siehe Kapitel 2.5 sowie 2.10 und Abb. 20). Wyss-Kolb, 1995) sowie mit neuen Medien, um den Schreibprozess abbilden zu können (Lehnen, 2017; Linnemann, 2017; Steinhoff, Grabowski & Be‐ cker-Mrotzek, 2017; Philipp, 2017; Weinzierl & Wrobel, 2017), denn die empiri‐ sche überprüfte Implementierung berufsnaher Textsorten im Fach Deutsch ist eine notwendige Konsequenz, um auf das berufliche Handeln und den Alltag vorzubereiten. 2.10 Fragestellungen und Hypothesen Die Ausgangslage sowie der Forschungsstand zeigen, dass Interventionsstudien für die Entwicklung einer berufsorientierten Schreibkompetenz notwendig sind. Daher wird sich in diesem Promotionsvorhaben durch die Initiierung einer In‐ terventionsstudie dieser Forschungslücke gewidmet. Die strukturierte Inter‐ vention ermöglicht die Klärung einer grundlegenden Frage an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf, nämlich: Wie entwickelt sich die Schreibkompetenz bei Schülern von allgemeinbil‐ denden und berufsbildenden Schulen mithilfe des Ansatzes „Self-Regulated Strategy Development“ anhand der zwei professionellen Textsorten „Bewer‐ bungsanschreiben“ und „unverlangtes Angebot“ im Laufe eines Schreibpro‐ jekts? Für die Beantwortung dieser Frage werden vier detailliertere Untersuchungs‐ fragen aus den vier Forschungsperspektiven Affect, Behavior, Content Lear‐ ning und Metacognition formuliert (siehe Abbildung 31). 10 Grund für diese Per‐ spektivierung ist die Feststellung von Schreibforschern, dass ein Schreiberfolg von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist und gerade Affect, Cognition sowie Be‐ havior Einfluss auf den Schreibprozess der Schreiber nehmen (Fidalgo et al., 2017: 5). Der Untersuchungsbereich Affect bezieht sich auf Hayes‘ Schreibmodell aus dem Jahre 1996 und fokussiert die Einstellung zum Schreiben (Beliefs & Atti‐ tudes, siehe Abb. 20). Die Perspektive Cognition wurde in Content Learning sowie Metacognition aufgeteilt. Der Untersuchungsbereich Content Learning fokussiert das latente Wissen über eine Textsorte. Mit Metacognition ist der Einsatz von 135 2.10 Fragestellungen und Hypothesen <?page no="136"?> Schreibstrategien gemeint, z. B. Strategien des Planens und Überarbeitens. Es ist somit eine Form des selbstreflektierenden Denkens (Kellogg, 1994: 17). Abb. 31: Die vier Perspektiven der Untersuchung (eigene Darstellung) Für jede Fragestellung werden die dazugehörige Nullhypothese und Alterna‐ tivhypothese präsentiert, die für die Beantwortung der Forschungsfragen rele‐ vant sind. Hierfür wurde eine alphabetische Reihenfolge gewählt. Es ist noch einmal zu betonen, dass die folgenden formulierten Hypothesen keine Kausal‐ hypothesen zur Prüfung der Trainingsmethode SRSD sind, sondern es handelt sich um eine Methode vornehmlich zur Untersuchungsdurchführung, um Un‐ terrichtsstunden mit einem erwartbar wirksamen Lerneffekt durchzuführen. Durch die Schreibintervention soll die Verbesserung der Textqualität, gemessen an inhaltlichen, sprachlichen und formalen Kriterien, in beiden Textsorten ziel‐ führend sein (siehe Kapitel 3. 1 Methode). Die Ausführungen zu SRSD haben gezeigt, dass die Wirksamkeit empirisch überprüft wurde. Die Lernentwicklung der Schüler soll im Rahmen des schulischen Schreibprojekts mithilfe vier aus‐ gewählter Fragestellungen beobachtet werden. Für die Fragestellungen (abgekürzt mit F) werden die dazugehörigen Nullhy‐ pothesen (NH) sowie die Alternativhypothese (AH) formuliert. Die Nullhypo‐ these soll einen „Null-Effekt (keine Unterschiede)“ (Rost, 2007: 61) darstellen. „Die Nullhypothesen-Signifikanztestung in der quantitativ-empirischen Forschung wird seit Beginn der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zunehmend verwendet […] und hat sich heute als Standardmethode etabliert“ (Rost, 2007: 81). Für den Untersuchungsbereich Affect ergibt sich folgende Fragestellung: • F 1 : Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Schreibeinstellung und der Schreibperformanz bei den Schülerinnen und Schülern im Laufe des Schreibprojekts? 136 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="137"?> Schon Hayes (2012) stellte in seinem Schreibprozessmodell die Einstellung zum Schreiben als wichtige Variable für den Schreiberfolg heraus. Die Interventions‐ studien mit dem SRSD-Ansatz konnten nachweisen, dass es einen Zusammen‐ hang zwischen der Selbstwirksamkeit beim Schreiben (self-efficacy/ beliefs in writing) und der Schreibleistung gibt (Bandura, 1977; Sawyer et al., 1992: 348; Graham et al., 2005: 231; Pajares & Valiante, 2006: 158 ff.; Keßler, 2010: 198 ff.; Giera, 2013: 61). In Bezug auf diese Fragestellung ist daher zu erwarten, dass die Schreibleistungen der Probanden in Bezug auf die Textqualität höher ausfallen, wenn die Schreibeinstellung (Selbstwirksamkeitserwartung) ebenso hoch ist. Jedoch ist auch zu diesem Zeitpunkt noch offen, ob die Selbstwirksamkeit beim Schreiben der Schüler im Laufe der Intervention verbessert werden kann. Je besser die Schreibeinstellung und die damit verbundene Selbstwirksamkeit sind, desto besser sind die Schreibleistungen der Probanden in Bezug auf die Text‐ qualität (Sawyer et al., 1992: 348; Graham et al., 2005; Keßler, 2010: 198 ff.). Daher ergeben sich folgende Hypothesen: AH 1 : Sofern Schüler eine positive Einstellung zum Schreiben von Geschäfts‐ briefen besitzen, schreiben diese auch „Bewerbungsschreiben“ und „unver‐ langte Angebote“ auf einem mittleren bis hohem Niveau (Gesamteindruck) im Vergleich zu jenen mit einer negativen Einstellung zum Schreiben (Ban‐ dura, 1977; Sawyer et al., 1992: 348; Graham et al., 2005: 231; Pajares & Vali‐ ante, 2006: 158 ff.; Keßler, 2010: 198 ff.; Giera, 2013: 61). NH 1 : Schüler, die eine negative Einstellung zum Schreiben von Geschäfts‐ briefen besitzen, schreiben diese Briefe auf einem niedrigen Niveau (Gesamt‐ eindruck). Für den Untersuchungsbereich Behavior ergibt sich folgende Fragestellung: • F 2 : Über welche Schreibperformanz verfügen die Schüler beim Schreiben von „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangten Angeboten“ im Laufe des Schreibprojekts mithilfe des „Self-Regulated Strategy Develop‐ ment“-Ansatzes? Sowohl die Interventionsstudien von Graham und Harris (u. a. Graham, Harris & Troia, 1998; Troia, Graham & Harris, 1999; Graham, Harris & Zito, 2005) als auch die ersten Interventionsergebnisse in Deutschland von Glaser (2005) und Keßler (2006, 2010) zeigen höhere Textqualitäten durch den SRSD-Ansatz. Es ist daher 137 2.10 Fragestellungen und Hypothesen <?page no="138"?> zu erwarten, dass die Probanden innerhalb des Projekts mithilfe des SRSD-An‐ satzes nach der Intervention qualitativ bessere Bewerbungsanschreiben und Angebote verfassen als vor der Intervention. Bezüglich der Textsortenkompe‐ tenz der Schüler wird des Weiteren erwartet, dass sie das Bewerbungsan‐ schreiben im Pretest besser beherrschen als das Angebot, da dieses schon eher curricular vermittelt wurde und die Schüler auf bereits vorhandenes Textsor‐ tenwissen zurückgreifen können (Hayes, 2012: 371): „Writing about topics that students know well provides a scaffold to support the writers and to allow them to devote a higher degree of executive attention to the juggling of planning, generating, and reviewing“ (Kellogg, 2008: 15). Ob dieses Vorwissen im Bereich Bewerbungsanschreiben Basis für stärkere Interventionseffekte und damit für eine höhere Textqualität im Posttest ist, bleibt noch eine offene Forschungsfrage. Des Weiteren gilt es zu untersuchen, auf welchem Niveau (Kessler & Ziener, 2004) die Schüler ihre Texte schreiben und innerhalb des Prozesses verändern. In folgenden zwei Bereichen werden Steigerungen in der Interventionsgruppe angenommen: 1. der Gesamteindruck bei der Globaleinschätzung und 2. die Wortanzahl. Der Gesamteindruck hat hohe Aussagekraft im Hinblick auf die Textqualität. Die Wortanzahl ist ein von mehreren Studien bestätigter Prädiktor für die Ein‐ schätzung der Textqualität (Neumann & Matthiesen, 2011). Eine hohe Anzahl an Wörtern sagt bei schulischen kurzen bis mittellangen Texten eine hohe Text‐ qualität voraus (Neumann, 2010: 22). Somit kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die Wortanzahl, die Höhe der berücksichtigten inhaltlichen Merk‐ male sowie die Stufe der Globaleinschätzung als Variablen der Textqualität in den Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten im Laufe des Schreibprojekts am Anfang, also beim Pretest, geringer sein werden als am Ende des, also beim Posttest. Es ist weiterhin zu vermuten, dass die Schüler in der schon bekannten Textsorte Bewerbungsanschreiben beim Pretest am Anfang der Intervention eine höhere Textqualität zeigen als bei den unverlangten An‐ geboten. Folgende Hypothesen lassen sich daraus ableiten: AH 2 : Projektteilnehmende Schüler schreiben „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangte Angebote“ zu Beginn des Schreibprojekts überwiegend auf einem mittleren Niveau hinsichtlich der Variablen Gesamteindruck, Sprach‐ pragmatik, Sprachsystematik, Wortanzahl, das sie im Laufe des Schreibpro‐ jekts beibehalten oder leicht steigern (Graham, Harris & Troia, 1998; Troia, Graham & Harris, 1999; Graham, Harris & Zito, 2005; Kellogg, 2008: 15). 138 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="139"?> NH 2 : Schüler, die an der Intervention teilgenommen haben, verfassen „Be‐ werbungsschreiben“ und „unverlangte Angebote“ überwiegend auf einem mittleren Niveau, das sie im Laufe des Schreibprojekts verschlechtern. Für den Untersuchungsbereich Content Learning ergibt sich folgende Frage‐ stellung: • F 3 : Was wissen Schüler inhaltlich über die Textsorten „Bewerbungsan‐ schreiben“ und „unverlangtes Angebot“ zu Beginn und am Ende des Schreibprojekts (Intervention)? Die Annahme dieser Fragestellung ist, dass die Schüler der allgemeinbildenden Schulen zu Beginn des Schreibprojekts weniger Schreibkompetenzen beim Schreiben von professionellen Textsorten, gerade beim Angebot, vorweisen werden als die Schüler der berufsbildenden Schulen. Dies wäre durch ein ge‐ ringeres Textmusterwissen zu begründen (Hayes, 2012: 371). Sowohl das Vor‐ wissen über die jeweiligen Textsorten als auch die Praxis dieser könnte bei den Schülern der allgemeinbildenden Schulen geringer ausfallen (Hayes, 2012: 371). Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Anzahl der inhaltlichen Merkmale der jeweiligen Textsorte aufgrund der Intervention erhöhen wird. Zudem ist zu er‐ warten, dass Schüler mit höherem Textsortenwissen qualitativ bessere Briefe erstellen als Schüler mit geringerem oder gar keinem Textsortenwissen (Schindler, 2005: 224). Daraus können folgende Hypothesen formuliert werden: AH 3 : Schüler des Schreibprojekts verfügen im Vergleich zur Kontrollgruppe am Ende des Schreibprojekts über mehr Textsortenwissen zu „Bewerbungs‐ anschreiben“ und „unverlangten Angeboten“ als zu Beginn des Schreibpro‐ jekts (Schindler, 2005: 224; Hayes, 2012: 371). NH 3 : Schüler des Schreibprojekts verfügen im Vergleich zur Kontrollgruppe am Ende des Schreibprojekts über stagnierendes oder geringeres Textsor‐ tenwissen zu „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangten Angeboten“ als zu Beginn des Schreibprojekts. 139 2.10 Fragestellungen und Hypothesen <?page no="140"?> Für den Untersuchungsbereich Metacognition ergibt sich folgende Fragestel‐ lung: • F 4 : Welche Strategie beim Schreiben von Briefen wenden die Schüler in der Planungs- und Revisionsphase an? Die Bereitschaft, textsortenspezifische Inhalte und vermittelte Schreibstrategien für das Planen und Überarbeiten in den gewohnten Schreibprozess aufzu‐ nehmen, wird Schülern schwerer fallen, wenn sie sich schon an „Textroutinen“ (Feilke, 2010: 4) gewöhnt haben (Hayes, 2012: 371; Giera, 2013a: 60). Dennoch ist auch zu erwarten, dass das Annehmen und Geben von Feedback aufgrund des Überarbeitens eine wichtige Rolle für die Textqualität spielen werden. So kann angenommen werden, dass vor allem jene Schüler ihre Texte überarbeiten und qualitativ verbessern, die Feedback von Mitschülern annehmen (Xiong et al., 2012; Mirzaii & Aliabadi, 2013). Daher lassen sich folgende Hypothesen formu‐ lieren: AH 4 : Die Textqualität und -länge verbessern und erhöhen sich durch die im Projekt gestellten Schreibaufgaben, wenn die Schüler durch die im elfwö‐ chigen Schreibprojekt (einmal wöchentlich 90 Minuten) geförderten Schreib‐ strategien ihre „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangten Angebote“ planen und revidieren (Feilke, 2010: 4; Mirzaii & Aliabadi, 2013; Giera, 2013: 60). NH 4 : Die Textqualität und -länge durch die im Projekt gestellten Schreibauf‐ gaben verbessern und erhöhen sich, wenn die Schüler durch die im elfwö‐ chigen Schreibprojekt (einmal wöchentlich 90 Minuten) geförderten Schreib‐ strategien ihre „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangten Angebote“ weniger planen und revidieren. Somit können die Fragestellungen und die damit verbundenen Hypothesen in die zwei Schreibprozessmodelle wie folgt eingeordnet werden (siehe Abb. 32 und 33). Die eingefügten Abkürzungen stehen dabei für die vier Untersuchungs‐ bereiche: Affect, Behavior, Content Learning sowie Metacognition. 140 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="141"?> Somit können die Fragestellungen und die damit verbundenen Hypothesen in die zwei Schreibprozessmodelle wie folgt eingeordnet werden (siehe Abb. 32 und 33). Die eingefügten Abkürzungen stehen dabei für die vier Untersuchungsbereiche: Affect, Behavior, Content Learning sowie Metacognition. Abb. 32: Untersuchungsperspektiven im Basismodell der Textproduktion von Bachmann & Becker-Mrotzek (2017: 42) A M C B Abb. 32: Untersuchungsperspektiven im Basismodell der Textproduktion von Bachmann Becker-Mrotzek (2017: 42) 141 2.10 Fragestellungen und Hypothesen <?page no="142"?> 11 Die Position der Untersuchungsbereiche in den Modellen könnte auch an anderen Stellen additiv eingefügt werden. Abb. 33: Untersuchungsperspektiven im Schreibprozessmodell von Hayes (2012) Ziel ist es, empirisch den Zusammenhang dieser vier Bereiche mit der Textqua‐ lität zu untersuchen. 11 Anhand beider Modelle ist nachzuvollziehen, dass sich die Schreibkompetenz aus sehr vielen Variablen zusammensetzt und die vorlie‐ gende Arbeit sich nur auf vier Untersuchungsbereiche konzentriert. Nachdem im zweiten Kapitel die Theorie mit den fachwissenschaftlichen Grundlagen erläutert wurde, soll im dritten Kapitel das Forschungsdesign mit den dazugehörigen Methoden vorgestellt werden. 142 2 Theorie & Fachwissenschaftliche Grundlagen zum Forschungsstand <?page no="143"?> 3 Forschungsdesign & Methoden Um einen Überblick über das Forschungsdesign zu erhalten, werden im dritten Kapitel im ersten Schritt die Methoden, im zweiten die Stichprobe und im dritten Schritt die Testinstrumente erläutert. Des Weiteren werden in einem vierten Schritt sowohl der zeitliche als auch der inhaltliche Ablauf des Schreibprojekts erklärt. Anschließend erfolgt die Dreiteilung Datenerhebung, -aufbereitung sowie -auswertung. 3.1 Methode „Die mit Lernen verbundenen Verände‐ rungen müssen beobachtbar oder ander‐ weitig nachweisbar sein, wobei sich Verhal‐ tensweisen und Bewegungen, aber auch Veränderungen in den physiologischen, ko‐ gnitiven und emotionalen Reaktionen als Hinweise auf Lernvorgänge eignen“ (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 17). Konstrukte wie die Schreibkompetenz können nicht direkt beobachtet werden, sondern müssen in Form von Tests untersucht werden (Ingenkamp & Lissmann, 2008: 59). Tests in Schulen können vielerlei Bereiche untersuchen, z. B. Lernpro‐ zesse und Schulleistung (Bühner, 2011: 19). Ein Test wird dabei wie folgt defi‐ niert: Tests sind Verfahren der pädagogischen Diagnostik, mit deren Hilfe eine Verhaltens‐ stichprobe, die Voraussetzungen für oder Ergebnisse von Lernprozessen repräsen‐ tieren soll, möglichst vergleichbar, objektiv, zuverlässig und gültig gemessen und durch Lehrer oder Erzieher ausgewertet, interpretiert und für ihr pädagogisches Han‐ deln nutzbar gemacht werden kann (Ingenkamp & Lissmann, 2008: 105). Für die vorliegende Arbeit sollen einerseits der Stand der Schreibkompetenz als Status quo sowie andererseits deren Verlauf in Form einer Intervention beob‐ achtet werden. Die Intervention zielt ferner auf die Vermittlung von Textmus‐ tern ab, welche auch von Hayes unter „Writing Schemas“ (Hayes, 2012: 371) <?page no="144"?> aufgegriffen werden. Das schulische Schreibprojekt wird daher als elfwöchige Langzeitintervention und als Feldstudie mit fünf exemplarischen Klassen in Nie‐ dersachsen, die unsystematisch gewählt werden, angesetzt. Die dadurch ent‐ stehende Längsschnittdiagnose untersucht „Merkmalsveränderungen über die Zeit (Verlaufsprofil) für Individuen oder Gruppen“ (Bühner, 2011: 28). Diese Studie wird somit als Langzeitintervention im Pre-Posttest-Kontroll‐ gruppen-Design vollzogen: Typischerweise werden beide Gruppen vorher und nachher getestet; dazwischen er‐ hält die Experimentalgruppe ein Treatment, dessen Wirkung nachgewiesen werden soll, und die Kontrollgruppe nicht (Grabowski, 2017: 328). Sofern die Gruppen miteinander verglichen werden, wird streng genommen methodisch auch ein Querschnitt diagnostiziert, denn „Unterschiede der Merk‐ malsausprägung zwischen Personen oder Gruppen“ (Bühner, 2011: 27) werden untersucht. Somit kann die Längsschnitt- und Querschnittdiagnostik im Feld Schule für diese Arbeit genutzt werden. Die „Feldforschung [ist] ein sich vor allem auf Kurt Lewin berufender Zweig der Sozialforschung, der den Menschen unter natürlichen Bedingungen (nicht im Laborexperiment) beobachten will und durch die Forschungsmethode mög‐ lichst wenig verändernd eingreifen will“ (Mayring, 2010: 33; [geändert von W.-K. G.]). Feldstudien haben den Vorteil, in einer authentischen Unterrichtssituation durchgeführt zu werden. Interventionen sind dann ein „[…] fester Bestandteil des Unterrichts“ (Marx & Steinhoff, 2017: 253). Sie können somit eine externe Validität vorweisen, da sie lebensnahe Ergebnisse hervorbringen (Rost, 2007: 67). Die unkontrollierten Variablen werden als zufällige Wirkung auf die Probanden einsortiert (Rost, 2007: 67). Sofern der Unterricht mit der Intervention von einem Forscher durchgeführt wird, besteht ein Mix aus Feld- und Laborstudie, da nicht der übliche Lehrer unterrichtet (Marx & Steinhoff, 2017: 253 f.). In diesem Projekt ist der Deutschlehrer stichprobenhaft anwesend, um die Anwesenheit und den unterrichtlichen Ablauf zu kontrollieren. Der bekannte „Hawthorne-Effekt“ (Grabowski, 2017: 320) sollte vermieden werden, da die Intervention mehrere Wochen und nicht zeitlich kurz angelegt ist. Die Überprüfung des Lernstands und -zuwachses im Bereich der Schreib‐ kompetenz durch die unterrichtsbezogene Intervention mithilfe eines Pre- und eines Posttests in Form einer Schreibaufgabe ist Voraussetzung, um das Kon‐ strukt Schreibkompetenz mit der latenten Variablen Textqualität zu messen. Die Messung der Schreibkompetenz mithilfe von Schreibaufgaben als input und der dazugehörigen Schülertexte als output ist in der schreibdidaktischen Forschung üblich (Grabowski, 2017: 318). Eine mehrmalige Erhebung hingegen ist gerade 144 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="145"?> bei einer längeren Interventionsdauer Voraussetzung (Steinhoff & Marx, 2017: 261), denn die Konstruktion des wahren Werts ist als „Mittelwert über unendlich oft wiederholte unabhängige Messungen (t) der beobachteten Werte (x) einer Person (v) definiert“ (Bühner, 2011: 43), um die in der klassischen Testtheorie als „Messfehlertheorie“ (Bühner, 2011: 42) aufgezeigten Fehler zu umgehen. Die Messwiederholung will einerseits den wahren Werten näherkommen, kann je‐ doch durch „Übungs- und Transfereffekte“ (ebd.), durch „unsystematische äu‐ ßere Einflüsse“ (ebd.) oder durch „unsystematische innere Einflüsse“ (ebd.) ver‐ zerrt werden. Daher hat diese Testtheorie ihre Grenzen. Die im Schreibprojekt entstehenden Schülertexte werden einer Inhaltsanalyse unterzogen. Eine Inhaltsanalyse will eine „fixierte Kommunikation“ (Mayring, 2010: 13) untersuchen, und der Forscher soll dabei „systematisch“ (ebd.), „regel‐ geleitet“ (ebd.), „theoriegeleitet vorgehen“ (ebd.), um „Rückschlüsse auf be‐ stimmte Aspekte der Kommunikation zu ziehen“ (ebd.). Der Schülertext wird in einem Kommunikationskontext qualitativ interpretiert, auch wenn die vorge‐ nommenen Kodierungen und weiteren Berechnungen quantitativ sind (May‐ ring, 2010: 48). Somit evoziert die Schreibaufgabe die Schreibkompetenz zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten Stichprobe. Dabei wird der Text als Produkt mithilfe von Kodierungen beurteilt. Jede Ko‐ dierung spiegelt ein Item wider. Mehrere Items korrelieren wiederum mit der übergeordneten latenten Variablen im Sinne von „reflektiven und formativen Indikatoren“ (Bühner, 2011: 32 f.). Der Ablauf der Inhaltsanalyse wird wie von Rost (2007: 76) empfohlen eingehalten. Neben dem Einsatz von Schreibaufgaben gilt es zur Ermittlung der Textqua‐ lität und Schreibkompetenz auch inhaltliche, formale und sprachliche Indikatoren in einem Text zu untersuchen. Auch diese Indikatoren sind Items, die auf das Konstrukt Schreibkompetenz und die latente Variable Textqualität führen sollen. Zusätzlich zu der produktbezogenen Methodik ist ebenfalls die prozessori‐ entierte zu ergänzen. Daher ist die Auswertung von Gesprächen zwischen Schü‐ lern sowie Schülern und Lehrern anreichernd. Die Erhebung mittels Fragebogen zu verschiedenen Messzeitpunkten kann den Stand, den Verlauf und die Wir‐ kung einer Intervention mit einer Selbsteinschätzung der Schüler dokumen‐ tieren. Sofern Schüler mit Computern schreiben, ist auch der Einsatz einer Key‐ logg-Software etabliert, um Schreibprozesse zu verschiedenen Momenten abzubilden. Das Testziel besteht darin, Gruppen mit unterdurchschnittlicher Schreib‐ kompetenz (struggling writers) von der Gruppe mit durchschnittlicher bis über‐ durchschnittlicher Schreibkompetenz zu trennen. Daher liegt eine „externale Testkonstruktion“ (Bühner, 2011: 93) zugrunde: 145 3.1 Methode <?page no="146"?> Üblicherweise wird bei der Testkonstruktion zunächst eine große Anzahl an Items gesammelt, die potenziell zwischen den Gruppen unterscheiden könnten. […] Dies kann sich beispielsweise in großen Mittelwertsunterschieden der Items zwischen den Gruppen äußern (Bühner, 2011: 94). Die Schülertexte werden quantitativ von mindestens zwei unabhängigen Ratern mithilfe eines Kodiermanuals ausgewertet, welches sich an der DIN-Norm 5008 und am „Indikatorenmodell des schulischen Schreibens“ (Neumann & Mat‐ thiesen, 2011), dem IMOSS-Kodierverfahren, orientiert (siehe Kapitel 3. 3). Ratingverfahren werden für die Beurteilung von Schreibprodukten, wie die Texte der Schüler, herangezogen, um die Textqualität als komplexes Konstrukt zu messen. Dabei wird unter Textqualität Folgendes verstanden: „Quality refers to judgments about how well a document communicates or achieves its purpose with intended audience“ (Kellogg, 1994: 55). Die Kombination von holistischen und analytischen Ratings führt einerseits zu einer Globalbeurteilung des Schü‐ lertextes und beurteilt andererseits Teilaspekte des Textes (Marx & Steinhoff, 2017: 262). Das analytische Scoring mit einer bestimmten Anzahl an Untersu‐ chungsvariablen benötigt zwar mehr Zeit als das holistische Rating, ist jedoch reliabler (Kellogg, 1994: 57). Neumann (2014: 63) trennt beide Ratingverfahren durch die Maßstäbe „Authentizität“, „Praktikabilität“, „Reliabilität“ sowie „Im‐ pakt“ und bezieht sich dabei auf Weigle (2002: 121). Die Kombination beider Ra‐ tingprozeduren in Verbindung mit einem Kodiermanual, Benchmarktexten aus einer Vorstudie und einer Raterschulung führt zu einer reliablen und differen‐ zierten Schreibleistungsbeurteilung (Neumann, 2014: 64). Die Begründung für die Relevanz dieses Vorgehens wird wie folgt erläutert: Jede Zieldimension sollte in der Auswertung aufzufinden sein. Daten, die man nicht erfasst hat, kann man im Nachgang nicht rekonstruieren, das Zusammenfassen ein‐ zelner Merkmale dagegen funktioniert immer. […] Die Datenerfassung kann also nach der Definition der Variablen und deren ‚Labeling‘ auf bestimmten abgestuften Werten erfolgen, die das Maß der jeweiligen Umsetzung präsentieren. Dabei erweisen sich dichotome Urteile als niedriginferente Entscheidungen, wie eben angemerkt, meist als reliabler zwischen den Beurteilern als mehrstufige, hochinferente (Neumann, 2014: 63). Die Mehrheit der Fragebogen wird mithilfe der Software EvaSys (Electric Paper Evaluationssysteme, 2018) maschinell in Daten transferiert. Bei den geschlos‐ senen Fragen, die überwiegend auf einer vierstufigen Ratingskala von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 4 = „trifft völlig zu“ beruhen, wird in der Auswertung der Mittelwert inhaltsähnlicher Items berechnet und mit anderen Gruppen und 146 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="147"?> Messzeitpunkten verglichen. Die offenen Items der Fragebogen müssen zu‐ nächst kodiert und anschließend analysiert werden. Neben Häufigkeitsauszählungen in Form einer deskriptiven Datenanalyse sollen auch Korrelationen zwischen den Daten der Fragebogen und der Schü‐ lertexte betrachtet werden. Des Weiteren sind Faktorenanalysen und Signifi‐ kanztests durchzuführen. Um ausgewählte Klassen der Berufsschule mit denen der allgemeinbildenden Schulen zu vergleichen, wird zusätzlich ein Querschnitt und damit ein Vergleich der verschiedenen Gruppen in den Institutionen allgemeinbildender und be‐ rufsbildender Schulen ermittelt (siehe Kapitel 3. 2). Da Selbstauskünfte von Pro‐ banden nicht immer wahrheitsgemäß sind und dem „Risiko der Reaktivität“ (Grabowski, 2017: 319) unterliegen, ist der Einsatz mehrerer Testinstrumente notwendig. Die Software Inputlog (Leijten & Van Waes, 2013) macht Schreibprozesse ein‐ zelner Schüler sichtbar und ist ein objektives Testinstrument. Hierbei werden Pausen und Überarbeitungsschritte zeitgenau dargestellt. Diese Zeitmaße können anschließend mit den qualitativen Daten der Tonaufnahmen illustriert werden. Die qualitativen Daten der Feedbackgespräche und Schreibprozesse werden daher mit den quantitativen Daten der Schülertexte und Fragebogen in Beziehung gesetzt. Um Schreibprozesse zu untersuchen, ist einerseits die Kodierung der Schüler‐ texte sowie andererseits die Analyse der Gespräche und Prozesse notwendig, dies erlebt seit „[…] Mitte der 2000er Jahre ein[en] Aufschwung“ (Neumann, 2014: 54; [geändert von W.-K. G.]). Gerade die Gespräche über den Schreibpro‐ zess haben ein hohes Auswertungspotenzial: Die informationsübermittelnden, die kognitiven Prozesse steuernden und instrukti‐ onalen Aktivitäten der Lehrperson und der Peers im Unterricht sind ebenfalls als eine institutionsspezifische Form von Kommunikation zu betrachten, die als Erwerbskon‐ text für institutionell angemessenen Sprachgebrauch fungiert (Quasthoff & Heller, 2014: 7). Daher werden sowohl die Gespräche der Schüler miteinander als auch die Un‐ terrichtsgespräche zwischen Lehrern und Schülern in der Modellingphase be‐ obachtet und festgehalten, um die „Prozessqualität“ (Neumann, 2014: 54) zu eva‐ luieren. Die Gespräche der Schüler in ihrer Peergroup werden per Aufnahmestick au‐ diografiert. Es wird dabei mit Sticks gearbeitet, da die Beobachtereffekte ge‐ schmälert werden sollen (Krelle, 2014: 79). 147 3.1 Methode <?page no="148"?> Um die Modellingphase zu analysieren, wird diese im neunten Jahrgang für das Bewerbungsanschreiben und das Angebot videografiert. Somit liegt eine sekundäre Erhebung vor. In dieser Phase schreibt der Lehrer einen Brief und verbalisiert, wie in der Think-aloud-Methode, seine Gedanken, Ideen, Strategien und Sätze, während der Text langsam entsteht: Think-aloud is a research method which offers access to cognitive processes without affecting participants‘ performance when solving a task if participants are just asked to verbalize what they think. Thus, the procedure to collect think-aloud protocols must be carefully designed with respect to the specific research question. The think-aloud method has been used to study different phenomena: problem solving; learning (re‐ ading, listening to stories, reading-to-write); thinking; use of memory; decision ma‐ king; to mention a few examples (Castells et al., 2014: 221). Die Schüler gestalten aktiv mit und geben Tipps oder Verbesserungsvorschläge. Diese Form der mündlichen Partizipation „[…] ist eine grundlegende Bedingung erfolgreichen Lernens in allen Fächern“ (Quasthoff & Heller, 2014: 6). Um Be‐ obachtungseffekte zu minimieren, wird die Kamera nicht direkt auf die Schüler gerichtet, damit sich die Schüler nicht scheuen, ihre Gedanken zum Text zu verbalisieren. Die Gesprächsbeiträge der Schüler sind anonymisiert, das heißt, Schüler werden nicht mit Namen angesprochen. Dieses Verfahren wird den Schülern vorher erläutert. „Im Hinblick auf den Deutschunterricht heißt das, dass die Einflussnahme deutlich geringer ist, wenn man Formen videographiert, in denen es eine möglichst große Klassenöffentlichkeit gibt“ (Krelle, 2014: 79). Sowohl für die Schülergespräche als auch für die Modellingphase mit dem Lehrer wird eine Zuhörkompetenz gefordert. Diese kann nicht direkt beobachtet werden: „Damit ist Zuhören und Zuhörfähigkeit zunächst ein latentes Kon‐ strukt, also ein Sachverhalt, dessen Existenz nur aus anderen, direkt beobacht‐ baren Sachverhalten (Indikatoren) geschlossen werden kann“ (Behrens, 2014: 43). Diese Tatsache stützt sich auch auf folgendes Zitat, in dem die Relevanz mehrerer Methoden unverkennbar ist: Zusammenfassend lässt sich […] festhalten, dass es sich sowohl bei mündlicher als auch schriftlicher Sprachkompetenz um komplexe Fähigkeiten der produktiven Sprachnutzung handelt. Die zugrundeliegenden kommunikativen Aufgaben sind durch entsprechende Praktiken (i. o. S.) überformt, sodass die kognitiven Prozesse, die an der Oberfläche in der Performanz sichtbar werden, nicht zu diametral voneinander verschiedenen Einschätzungen der Kompetenzen führen können. Damit steht die Forderung nach validen, reliablen und objektiven Aussagen, die auch über gemein‐ same methodische Voraussetzungen erfüllt werden sollte, im Zentrum der weiteren Auseinandersetzung (Neumann, 2014: 57). 148 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="149"?> Die Auswahl der Methoden zeigt quantitative und qualitative Verfahren, die in einem Mixed Method-Design zusammenkommen. Für die Messung der Schreib‐ kompetenz ist es gängig, Schreibprodukte und -prozesse in dieser Designform zu beobachten. Damit wird der Streit zwischen quantitativen vs. qualitativen Studien aufgehoben und eher die bereichernde Methodenvielfalt genutzt (Neu‐ mann, 2014: 72): Der Streit zwischen qualitativer und quantitativer Analyse legt nahe, dass die Syn‐ these dort liegt, wo die jeder Analyse notwendig inhärenten qualitativen Analyse‐ schritte explizit und daraufhin die Punkte im Analyseprozess bezeichnet werden, an denen sich quantitative Schritte sinnvoll einbauen lassen (Mayring, 2010: 123). Auf die Gütekriterien eines Tests wird Rücksicht genommen, diese werden in Kapitel 5. 2 ausführlich diskutiert. Die Anforderungen an Testverfahren sind in der Wissenschaft streng geregelt. Die etablierten Testgütekriterien ordnen jede Studie mit einem kritischen Fokus ein. „Zu den Hauptgütekriterien gehören Objektivität, Reliabilität, Validität und die Skalierbarkeit eines Tests“ (Bühner, 2011: 58). Diese Hauptgütekriterien können noch feiner definiert und um zu‐ sätzliche Nebengütekriterien erweitert werden. Im Folgenden wird auf eine Auswahl an Kriterien Bezug genommen: „Die Durchführung eines Tests darf nicht von Untersuchung zu Untersu‐ chung variieren“ (Bühner, 2011: 59). Das SRSD-Phasenmodell strukturiert die Intervention in den Unterrichtsstunden. Der Pre- und der Posttest erfolgen durch die Schreibaufgaben und den Einsatz der Fragebogen. Die Schreibauf‐ gaben variieren zwar inhaltlich, sind aber gleich aufgebaut, um durch die Mess‐ wiederholung Vergleiche aufzudecken. Die Fragebogen werden wiederholt ein‐ gesetzt. Da die Erhebung von einer Person durchgeführt wird, dürfte es keine Abweichungen aufgrund von verschiedenen Lehrerpersönlichkeiten geben. Es gibt für die Schüler keinerlei Unterstützung während der Testphase. Fragen vor der Testphase zu der Schreibaufgabe werden allerdings beantwortet, wenn sie Fachbegriffe betreffen. Des Weiteren wird die Schreibaufgabe stets langsam allen Testgruppen vorgelesen, um das Gedächtnis zu entlasten. Somit wird die Durchführungsobjektivität gewahrt. „Jeder Auswerter muss die gleichen Punkt- oder Leistungswerte eines Pro‐ banden ermitteln. Dazu sind genaue Auswertungsvorschriften nötig“ (ebd.). Daher liegt ein Kodiermanual vor, an das sich die Rater, die nicht an der Inter‐ vention beteiligt sind, halten. Alle Probandendaten werden dafür anonymisiert, um der Auswertungsobjektivität gerecht zu werden. Interpretationsobjektivität betrifft die Ratings, die doppelt durchgeführt werden, also die Schülertexte und die Gespräche der Schüler. 149 3.1 Methode <?page no="150"?> Es ist zu betonen, dass eine Beurteilung immer subjektiv ist, aber durch den Einsatz von Kodiermanualen mit Benchmarks und einer Schulung der Rater soll Subjektivität in Objektivität gewandelt werden. Dennoch wird nicht immer übereinstimmend geratet (siehe Interraterreliabilität): Jeder Auswerter sollte möglichst zur gleichen Beurteilung oder Interpretation der Testergebnisse kommen, wie etwa, ob der Probandenwert als durchschnittlich oder überbzw. unterdurchschnittlich im Vergleich zu Normgruppe in einem bestimmten Test einzuordnen ist (Bühner, 2011: 60). Entscheidend hierbei ist jedoch der zweite Teil des Zitats. Ein Rating darf leicht abweichen, jedoch sollten die Grenzratings für durchschnittliche, überdurch‐ schnittliche sowie für unterdurchschnittliche Leistungen übereinstimmend sein. Dies muss in der Studie durch vorher definierte Grenzratings berücksich‐ tigt werden (ebd.). Die Interpretationsobjektivität kann selbstverständlich in weiteren Studien immer noch erhöht werden. In der Studie wird das Konstrukt Schreibkompetenz aus vier Perspektiven durch eine Vielzahl an Items und eine vielfältige Auswahl an Testinstrumenten untersucht. Dabei wird nicht nur eine Messung durchgeführt, sondern mehrere. Im Verlauf der empirischen Schreibforschung kann es zu weiteren Erkennt‐ nissen und dem Einsatz neuer Untersuchungsmethoden kommen. Die Vernet‐ zung von produkt- und prozessbezogenem Datenmaterial will der Inhaltsvali‐ dität gerecht werden: Von Inhaltsvalidität spricht man, wenn ein Test (bzw. seine Testitems im Gesamten) und auch jedes einzelne Item das zu messende Merkmal wirklich bzw. hinreichend präzise erfasst. Präzise meint hier nicht den Aspekt der Messgenauigkeit, sondern präzise be‐ zieht sich auf die Abbildung des Konstrukts durch das Item (Bühner, 2011: 61). Die Selbsteinschätzungen der Schüler durch die Fragebogen werden mit di‐ rekten Verhaltensbeobachtungen und Schreibleistungsuntersuchungen vergli‐ chen. Daher wird in dieser Studie versucht, die Inhaltsvalidität möglichst zu wahren. „Aufgrund der Ergebnisse werden Prognosen gestellt, deren Eintreffen untersucht wird“ (Mayring, 2010: 117). Diese Art der Validität wird durch eine Hypothesenüberprüfung anhand von Korrelationsberechnungen überprüft (siehe Kapitel 4). Dieser Schritt soll auch die Vorhersagevalidität prüfen. „Die Ergebnisse werden anhand bewährter Theorien auf ihre Plausibilität hin über‐ prüft. Die Angemessenheit der operationalen Definitionen wird aufgrund des Theoriehintergrundes erwogen“ (Mayring, 2010: 117). Die Hypothesenformu‐ lierung erfolgt auf Grundlage der vorgestellten Theorien und Modelle. Daher sollen die Ergebnisse dieser Studie Konstruktvalidität repräsentieren: 150 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="151"?> Untersuchungsergebnisse, die in engem Zusammenhang mit der eigenen Fragestel‐ lung und dem Untersuchungsgegenstand stehen und von deren Gültigkeit man über‐ zeugt ist, werden als Vergleichsmaßstab herangezogen (Mayring, 2010: 117). Das Außenkriterium zählt zur Gruppe der Validität. Ein hohes Maß an Ver‐ gleichbarkeit zeigen die Untersuchungsergebnisse von SRSD (siehe Kapitel 2. 6), da die Menge der durchgeführten Studien und die Zusammenführung der Ergebnisse in der Metaanalyse sehr repräsentativ sind. Für die Textsorten selbst gibt es hingegen nur wenige Studien, die einer Vergleichbarkeit standhalten, da eine Schreibaufgabe in ähnlicher Weise mehrfach getestet werden müsste. So‐ wohl die Studie von Baurmann (2014) als auch die Studie von Neumann (2011) können nur pointierte Gegenüberstellungen im Rahmen von Briefen leisten. Das Außenkriterium ist daher nur zum Teil vorhanden und muss in nachfolgenden Studien auf seine Tauglichkeit hin untersucht werden. Die Ökologische Validität meint die Lebensnähe der Untersuchung (Rost, 2007: 68). Diese soll berücksichtigt werden, denn die Untersuchung wird als quasi-experimentelle Feldstudie im Deutschunterricht stattfinden. Auch wenn Klumpenstichproben das α-Fehler-Risiko erhöhen können, sollte durch die Re‐ sultate der Pretests deutlich werden, dass die Subgruppen in den Altersklassen homogen sind (Rost, 2007: 96). Dieses Kriterium führt zum nächsten - nämlich der Reliabilität: „Die Reliabilität von Messungen ist als Varianzverhältnis definiert. Es handelt sich um den Anteil der Varianz der wahren Werte an der Varianz beobachteter Werte“ (Bühner, 2011: 147). Die Untersuchung der Kontrollgruppe erfolgt zu zwei Messzeitpunkten. Damit soll die Zuverlässigkeit der Ersterhebung gewähr‐ leistet werden, was einem „Re-Test“ (Mayring, 2010: 116) gleichkommt. Dabei erfolgt die Schätzung „[…] durch die Korrelation der Rohwertpaare zwischen der ersten Testung und der Testwiederholung mit demselben Test“ (Bühner, 2011: 159). Die Fragebogen werden teilweise mehrfach eingesetzt. Für die Interventionsgruppe werden nicht die gleichen Ergebnisse erwartet. Daher wird die Messung des Konstrukts Schreibkompetenz mit mehreren Test‐ varianten durchgeführt, um eine Übereinstimmung des Ergebnisses im Sinne eines „Parallel-Tests“ (ebd.) zu überprüfen. Dabei werden „Maximum-Likeli‐ hood-Schätzungen der Reliabilität“ (Bühner, 2011: 158) berechnet. Des Weiteren werden Korrelationen (= r) der Ratings (Schülertexte) nach der Prüfung der Interraterreliabilität mit Cronbachs-α als Grad der internen Kon‐ sistenz berechnet (ebd.). Die Interraterreliabilität bestimmt dabei den Grad der Übereinstimmung der Rater. Je komplexer das Rating ist, desto geringer ist der Grad der genauen Übereinstimmung (Mayring, 2010: 117). „An dieser Stelle sei 151 3.1 Methode <?page no="152"?> bereits angemerkt, dass es aber auch unrealistisch ist, ohne Messfehler zu messen“ (Bühner, 2011: 70). Des Weiteren ist eine Skalierung notwendig: „Das Gütekriterium der Skalie‐ rung bedeutet, dass die Bildung eines Testwerts durch eine gültige Verrech‐ nungsvorschrift vorgenommen wird“ (Bühner, 2011: 67). Die analytischen Ra‐ tings nach dem IMOSS-Kodierverfahren sind sowohl getrennt voneinander zu betrachten als auch in zwei Skalen zusammenzufassen. Diese Skalen wurden von Neumann und Matthiesen (2011) auf ihre Gültigkeit geprüft (Neumann, 2007). Die Skalen für das analytisch-inhaltliche Rating auf Grundlage der Check‐ liste Inhalt der jeweiligen Textsorte sind auf Grundlage der vorhandenen Items als Summe zusammenzurechnen. Die Grundlage hierfür bilden Expertenbefra‐ gungen und Literaturrecherche. Die zu ermittelnde Summe der Items für den Briefinhalt soll den Grad der Berücksichtigung durch die Probanden widerspiegeln und somit den Grad der Fähigkeit, Briefe inhaltlich zu schreiben, erfassen. Die Korrelation dieser Skala mit dem Item Inhalt (C001) soll die Rechtfertigung dieser Verwendung und die Fähigkeit der Probanden doppelt prüfen. Diese inhaltliche Skala wird auch für die Bewertung der Schülergespräche und für die Modellingphase verwendet. Somit ist die Skalierung einheitlich für mehrere Testinstrumente pro Textsorte (Bühner, 2011: 67 f.). Die Probanden werden in der Testung nicht unnötig physisch und psychisch belastet (Ingenkamp & Lissmann, 2008: 60). Die meisten Probanden absolvierten die Schreibaufgabe in der Vorstudie in circa 20 Minuten. Für das Ausfüllen der Fragebogen benötigten sie ebenfalls nicht mehr als 20 Minuten. Da nicht mehr als eine Unterrichtsstunde von 45 Minuten überschritten wird, wird die Zumut‐ barkeit berücksichtigt (Bühner, 2011: 73). Die Fairness eines Tests gibt an, ob Gruppen aufgrund des Geschlechts oder der Herkunft diskriminiert werden (Ingenkamp & Lissmann, 2008: 61; Bühner, 2011: 73). Die Berechnung der Itemschwierigkeit gibt dies an: „Unter hoher Item‐ schwierigkeit versteht man, wenn dem Item von vielen Personen zugestimmt wird (bei Fragebogen) bzw. es viele Personen richtig lösen (bei Leistungstests)“ (Bühner, 2011: 87). Die Resultate der Vorstudie zeigten, dass die Mittelwerte für die Bewertung der Schülertexte durchschnittlich gut waren. Daher können Testfairness und eine mittlere Itemschwierigkeit bescheinigt werden, dies muss allerdings noch einmal auf die Resultate hin überprüft werden. Mayring (2010: 118) ergänzt die klassischen mit weiteren Gütekriterien, z. B. die Verfahrensdokumentation. Diese zeigt an, wie die genaue Abfolge der Un‐ tersuchung und die Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Daten er‐ folgen. Dies wird im Rahmen dieser Arbeit transparent dargestellt werden. 152 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="153"?> Somit ist ein Retest möglich, um diese Resultate mit folgenden Studien zu ver‐ gleichen und eine „korrelative Gültigkeit“ (Mayring, 2010: 119) herzustellen. Für die holistische und analytische Kodierung der Schülertexte wird das etablierte IMOSS-Kodiermanual verwendet. Dieses wird an die Textsorten angepasst, mit neuen Ankerbeispielen/ Benchmarks aus der Pilotierung versehen und den Ra‐ tern in einem Kodiermanual zur Verfügung gestellt. Für das analytische dicho‐ tome Kodieren nach inhaltlichen, formalen und sprachlichen Kriterien werden für die Textsorten jeweils fünf Experten mit langjähriger Berufserfahrung be‐ fragt (siehe Anhang). Semantische Gültigkeit bezieht sich dabei auf die Richtigkeit der Bedeutungsrekon‐ struktion des Materials. Sie drückt sich in der Angemessenheit der Kategoriendefini‐ tionen (Definitionen, Ankerbeispielen und Kodierregeln) aus. Eine Überprüfung kann durch Expertenurteile geschehen (Mayring, 2010: 119). Die Experten bestätigen die inhaltliche Richtigkeit dieser, wobei in der Praxis viele Kriterien nicht bewusst auf Listen stehen, sondern implizit angewandt werden. Ein Auszug dieser Befragung liegt dem Anhang bei. Bei der Normierung wird der ermittelte Testwert eines Probanden mit jenen der anderen Probanden verglichen und somit festgestellt, ob der Testwert durchschnittlich, über- oder unterdurchschnittlich ist. Es wird somit ein kriterialer Bezugsrahmen hergestellt (Bühner, 2011: 71 f.). Dieser erfolgt auch in dieser Studie für den durchschnittlichen und unterdurch‐ schnittlichen Bereich. Für einzelne Testwerte gibt es vorher definierte Cut-off-Werte, die sich entweder bei festgelegten Skalen am Median oder bei nicht festgelegten am Mittelwert aller Probanden orientieren werden. Da die Probanden in einer Gruppensituation, nämlich in ihrer Lerngruppe, zu einem Zeitpunkt getestet werden, wird auf eine strikte Testdurchführung geachtet, um somit die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu wahren. Die Schreib‐ aufgaben und die Fragebogen sind für alle Probanden gleich und liegen den Testteilnehmern in Form einer Kopie vor (Bühner, 2011: 72). Testentwicklungen und die dazugehörige Studie sind dann nützlich, wenn noch keine Verfahren dazu vorliegen oder die Theorie sich weiterentwickeln muss (Bühner, 2011: 73). Sowohl die Schreibaufgaben als auch die Fragebogen werden neu konzipiert, da zwar für SRSD viele Studien mit anderen Schreibaufgaben und englisch-spra‐ chigen Fragebogen vorliegen, diese aber im deutschsprachigen Raum keine An‐ wendung finden. Einige Frageitems können von den SRSD-Studien und der IMOSS-Studie für die Entwicklung des Fragebogens genutzt werden, aber die Items, die sich auf die Textsorten Bewerbungsanschreiben und Angebot beziehen, 153 3.1 Methode <?page no="154"?> verlangen eine Neuentwicklung. Für die Fachdidaktik Deutsch sowie für die Schreibprozessforschung dürfte die Nützlichkeit dieser Tests hoch sein. 3.2 Stichprobe Die Auswahl der Stichprobe ergibt sich aus den zugrunde liegenden Fragestel‐ lungen und den Hypothesenformulierungen im zweiten Kapitel. Sie berück‐ sichtigt das Alter, den Bildungsgrad, das „Erlebens- und Verhaltensspektrum“ (Bühner, 2011: 87) sowie die „Sprachbeherrschung der Zielgruppe“ (ebd.) und „Item-/ Testfairness“ (ebd.). Insgesamt nahmen zunächst 136 Schüler an der Erhebung teil. Im Erhebungs‐ zeitraum wurde eine Kohorte von 16 Berufsfachschülern mit Realschulabschluss aus dem Bereich Gastronomie untersucht, diese wurden jedoch von den Aus‐ wertungen ausgeschlossen, da die Anwesenheit stark schwankte und viele Be‐ rufsfachschüler während des Erhebungszeitraums von April bis Juni 2013 diesen Ausbildungsgang verließen. Damit war für diese spezifische Teilgruppe der Dropout zu hoch, um verlässliche Informationen zu generieren. In dieser Gruppe konnte eine hohe Demotivierung gegenüber der Berufsschule wahrgenommen werden, die in allen Fächern sichtbar wurde. Daher verkleinerte sich die Zahl der Probanden auf letztendlich 103 (siehe folgende Abbildung). Davon sind 48 Probanden männlich (46,6 %) und 55 weiblich (53,4 %). Es liegt ein Migrations‐ hintergrund von 31 % vor. Dies entspricht laut dem Mikrozensus dem Bundes‐ durchschnitt (Statistisches Bundesamt, 2017b). Abb. 34: Zusammensetzung der Stichprobe (eigene Darstellung) 154 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="155"?> Es wurden vor allem Realschüler der neunten Klassenstufe ausgewählt, da diese eher kaufmännische Ausbildungsberufe der Industrie- und Handelskammer er‐ greifen als Gymnasialschüler und die Voraussetzung dafür eher erfüllen können als Hauptschüler. Der Altersdurchschnitt der Realschüler in der neunten Klasse lag bei 15,05 Jahren und liegt damit im Bundesdurchschnitt. Von den insgesamt 103 Probanden waren 68 im Schreibprojekt und damit an der Intervention be‐ teiligt. 35 Probanden wurden als Kontrollgruppe ohne Treatment (Intervention) eingesetzt und erhielten erst nach der Intervention ein Treatment, quasi als Wartegruppe. Die Zahl der Kontroll- und Interventionsgruppe ist nicht ausge‐ glichen, da aus unterrichtsorganisatorischen Gründen keine Randomisierung vorgenommen werden konnte und ganze Klassen als Interventions- und Kon‐ trollgruppen fungierten: Oft kann man keine Zufallsstichprobe auswählen, oder man kann die einzelnen Teil‐ nehmer nicht per Zufall unterschiedlichen Gruppen zuordnen (z. B. Behandlungs‐ gruppe vs. Vergleichsgruppe […]), weil es sich um sogenannte Klumpenstichproben handelt […] oder weil es aus organisatorischen oder ethischen Gründen nicht möglich ist (Rost, 2007: 68). Die Stichprobe wurde in mehrere Subgruppen unterteilt. Je nach Fragestellung und Hypothesenformulierung wurden verschiedene Gruppen miteinander ver‐ glichen: die Interventionsgruppe vs. Kontrollgruppe, die Interventionsgruppe im 9. Jahrgang vs. die Kontrollgruppe im 9. Jahrgang und der neunte Jahrgang vs. die Gruppe der Auszubildenden. Es wurde darauf geachtet, aufgrund der kleinen Stichprobe pro Subgruppe die Mindestzahl von 35 nicht zu unter‐ schreiten: „So kann man bei α = 0. 05 und β = 0. 20 wenigstens große Effekte als statistisch signifikant absichern“ (Rost, 2007: 94). Der Fokus dieser Studie lag auf der Durchführung des Schreibprojekts an Realschulen. Die Berufsschüler dienten in erster Linie dazu, Anforderungen des beruflichen Schreibens in der neunten Klassenstufe mit älteren und berufserfahrenen Schülern zu vergleichen, denn deren Lebensweltbezug, das Schreiben am PC nach DIN-Norm, ist inte‐ griert und wird durch ihr Berufsbild verlangt. Der Altersdurchschnitt der Berufsschüler lag bei 20,00 Jahren und damit im Bundesdurchschnitt. Drei männliche und 23 weibliche Hotelfachleute nahmen an der Erhebung teil. Die ungleichmäßige Geschlechterverteilung ist laut Be‐ rufsschullehrern normal, da in der Ausbildung der Bereich Housekeeping (Ar‐ beiten in den Gästezimmern wie Zimmerreinigung) männliche Ausbildungs‐ platzbewerber eher abschreckt. Die Mittelstufe der Hotelfachleute (n = 26) hatte schon erfolgreich den Übergang von der Schule in den Ausbildungsberuf ge‐ schafft und konnte von einer höheren Praxisvorerfahrung als die anderen zwei 155 3.2 Stichprobe <?page no="156"?> Interventionsgruppen profitieren, dennoch wurde ihnen in der Schule noch nicht die Textsorte Angebot vermittelt. Die Probanden wurden in Kontrollgruppen und Interventionsgruppen auf‐ geteilt. Da der Fokus des Projekts auf der Schreibförderung der Realschüler lag, war diese Gruppe am stärksten vertreten. Die Gruppe der Hotelfachleute hatte das Ziel, die Schreibprodukte und -prozesse in einer Gruppe darzustellen, die in schreibnahen Bereichen wie der Rezeption und im Bankettbüro arbeitet, in deren Abschlussprüfung das Schreiben eines Marketingkonzeptes mit einem unverlangten Angebot jährlich Thema ist. In dieser Gruppe haben durch den Ausbildungsbeginn alle schon erfolgreich ein reales Bewerbungsverfahren durchlaufen. Sie streben auch in nahezu einem Jahr wieder ein Bewerbungs‐ verfahren an, da sie die Ausbildung beenden und ggf. den Betrieb wechseln werden, was in der Hotelbranche oft der Fall ist. Die Gruppenanzahl schwankt zwischen Hotelfachleuten und Realschülern stark. Es ist zu bedenken, dass ganze Klassen während des Deutschunterrichts getestet wurden. Die Klassen der Hotelfachleute sind an Berufsschulen stets kleiner als an allgemeinbildenden Schulen. Dieses Phänomen besteht auch in anderen Berufen. Somit sind die Gruppen unsystematisch ausgewählte, exemplarische Gruppen an allgemein‐ bildenden und berufsbildenden Schulen. Die Kontrollgruppen nahmen am re‐ gulären Deutschunterricht teil und wurden in den elf Wochen weder an den Realschulen noch an den Berufsschulen im Teilbereich Schreiben unterrichtet, was vorher mit den betreffenden Deutschlehrern abgestimmt wurde. Alle teilnehmenden Schulen lagen im IHK-Regierungsbezirk Lüne‐ burg-Wolfsburg in Niedersachsen. Das Berufsbild Hotelfachmann ist dem Gast‐ gewerbe zuzuordnen und gehört zu den kaufmännischen Ausbildungsberufen der IHK. Dieser Beruf zählt auch im gesamtdeutschen Vergleich zu den Top Ten der gewählten Ausbildungsberufe der Schulabgänger (BiBB, 2014). Zum Hintergrund der Neuntklässler und Berufsschüler ist zudem für den in‐ haltlichen und zeitlichen Ablauf des Schreibprojekts zu berücksichtigen: Neunt‐ klässler befinden sich durch ihr Alter von ca. 14 bis 15 Jahren in der Pubertät, die sich vom Ende der 5. bis zum Beginn der 11. Klasse erstrecken kann. Die Pubertierenden sind vor allem auf der Suche nach Werten und reiben sich kon‐ fliktreich an bestehenden Regeln. Der Stellenwert in der Peergroup ist für die Neuntklässler oft höher als die Leistungsorientierung in der Schule. Eine gute Beziehung zu den Schülern ist in dieser Zeit besonders wichtig (Calmbach et al., 2017; Cleveland, 2013). Dazu ergänzt der Psychologe Claus Koch in einem Interview (GEW, 2017: 8 ff.), dass dennoch eine Abgrenzung zu Eltern und auch Lehrern eine normale Phase sei, um so eigene Erfahrungen zu machen. Die Jugendlichen würden in 156 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="157"?> der Pubertät eher emotionale Entscheidungen treffen, da der Botenstoff Do‐ pamin als Belohnungssystem ausgeschüttet werde. Sogenannte Mutproben seien gerade bei männlichen Jugendlichen normal. Cliquen und Peergroups seien den Jugendlichen für die Entdeckung neuer Lebenswelten sehr wichtig. Die Suche nach Werten und Normen habe sich durch die digitalen Medien nicht verringert, sondern erhöht. Schule sei den Jugendlichen nicht egal, sofern das Unterrichtsthema für sie interessant und motivierend sei, so Koch (ebd.). Um Unterrichtsstörungen vorzubeugen, ist das Einholen der bisherigen Re‐ geln in der Lerngruppe durch die Klassenlehrer oder den Deutschlehrer auf Grundlage der Hausordnung in der Schule vor dem Projektstart wichtig. Des Weiteren sollen sich die Schüler am Ende des Unterrichts selbst durch das Lern‐ tagebuch reflektieren. Die Lehrperson schätzt die Schüler nach jeder Stunde dahingehend ein, wie ihr Sozial- und Arbeitsverhalten gewesen ist, und teilt dies umgehend den Klassenlehrerinnen mit. Die unerwartete und stichprobenhafte Präsenz der Deutschlehrerin wird im Schreibprojekt immer mal wieder durch‐ geführt, damit die Schüler im Unterricht beobachtet werden können. Ein Wechsel an Methoden und Sozialformen zieht sich durch das gesamte Projekt und ist in Stationen unterteilt. Gerade diese proaktiven Strategien sind in dem Schreibprojekt durchdacht worden. Es kann erwartet werden, dass Jugendliche dem PC gegenüber zwar sehr aufgeschlossen sind, aber das Schreiben von Texten zunächst weniger motivierend für die Schüler ist. Diese Erläuterung zeigt aber auch, dass das erwartete Verhalten der Probanden einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Intervention haben kann (Glaser & Meyer, 2017: 373). Daher ist das positive Arbeitsverhalten durch pädagogische Maßnahmen wie eine ef‐ fiziente Klassenführung zu berücksichtigen und es gilt schon vor den Unter‐ richtsstunden zu durchdenken, wie präventiv vorgegangen wird. Die Berufsschüler werden schon persönliche Erfahrungen in der Situation des Bewerbens und dem Kontakt mit Pauschalarrangements gesammelt haben, auch wenn sie curricular und im Betrieb noch nicht alle ein Angebot geschrieben haben sollten. Dennoch sollten gerade die Berufsschüler über ein situatives und fachliches Vorwissen verfügen. Die Neuntklässler kennen hingegen durch ihr bereits durchgeführtes Praktikum auch die Bewerbungssituation. Das Schreiben von Angeboten dürfte für die Schüler neu sein. Sie haben im Zusammenhang mit Werbung überwiegend Erfahrungen aus dem Alltag oder Erfahrungen aus dem Bereich Urlaub mit den Eltern, doch nur wenige Schüler dürften im Schreiben von Angeboten ausreichendes Vorwissen haben. Schreiben funktioniert nur mit allen Sinnen. Dies hat die Deutschdidaktik aufzugreifen (Koch & Pielow, 1984: 41). Daher wird im Schreibprojekt auf die Heterogenität der Schülerschaft mit ihren vielfältigen Lernwegen Rücksicht ge‐ 157 3.2 Stichprobe <?page no="158"?> nommen. Auch wenn eine Methode, eine Textsorte zu unterrichten, sich in Stu‐ dien signifikant durchgesetzt hat, heißt das nicht, dass damit alle Schüler er‐ reicht werden können. Ein möglicher Weg kann die Aktivierung aller Sinne - das Sehen, Anfassen, Hören und Sprechen - sein. Aufgrund der Anzahl und Zusammensetzung der Probanden sollen im Ergebnis erste und notwendige Forschungsergebnisse für das Schreiben von professio‐ nellen Textsorten an der Schnittstelle Schule und Ausbildung als Trends darge‐ stellt werden. Die erläuterte Lernausgangslage der Probanden zeigt ergänzend, dass die Berufsschüler aufgrund ihrer Erfahrung im Ausbildungsbetrieb und im selbst erfolgreich durchgeführten Bewerbungsprozess mehr Vorwissen als die Neuntklässler besitzen. Im Deutschunterricht wurde an beiden Schulformen das unverlangte Angebot noch nicht vermittelt. Das erwartete Arbeitsverhalten kann positiv sein, sofern das Unterrichtsthema im Schreibprojekt für die Schüler in‐ teressant ist, was sich auch auf das Sozialverhalten positiv auswirken sollte. 3.3 Testinstrumente Die Auswahl der folgenden Testinstrumente lässt sich auf die theoretische Grundlage des Konstrukts Schreibkompetenz zurückführen (siehe Kapitel 2. 1). Der ‚Koffer der Testinstrumente‘ war für diese Studie mit insgesamt fünf Test‐ methoden und zwölf Testinstrumenten gut gefüllt. Diese werden im Folgenden erläutert und vollständig im Anhang präsentiert. Alle Testinstrumente wurden selbst entwickelt (bis auf einige Items in den Fragebogen), da bislang für die spezifischen Fragestellungen keine Testinstrumente vorlagen. Diese wurden daher in einer Pilotierung auf ihre Tauglichkeit geprüft und in dieser Phase weiterentwickelt. Es konnten somit Primärdaten gewonnen werden. Die zu er‐ hebenden Daten in Form von Fragebogen, Schülertexten, Ton- und Videoauf‐ nahmen sowie vereinzelten Schreibprozessen wurden primär durch die Soft‐ ware „Inputlog“ (Leijten & Van Waes, 2013) erhoben. Die folgende Abbildung zeigt den chronologischen Einsatz der Testinstrumente in den Interventions- und Kontrollgruppen. Zur Messung der Textqualität wurden im Schreibprojekt vier situierte Aufga‐ benstellungen, sogenannte „Aufgaben mit Profil“ (Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010: 194), für die zwei Textsorten Bewerbungsanschreiben und unverlangtes An‐ gebot (Werbebrief) genutzt (siehe Anhang). Schreibaufgaben sind ein probates Mittel zur Ermittlung der Textqualität. Alle vier Schreibaufgaben können in der höchsten Anforderungsstufe C nach Kessler und Ziener (2004) eingestuft werden, da dieser Anforderungsbereich 158 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="159"?> einerseits einen Perspektivwechsel zunächst für die Schreibsituation wie auch für den Adressaten verlangt. Des Weiteren muss die DIN-Norm 5008 für das Schreiben von formalen Briefen am PC eingehalten und angewandt werden. Sowohl für das Bewerbungsanschreiben als auch für das unverlangte Angebot sind nicht alle Angaben in der Aufgabenstellung vorhanden. Daher müssen ei‐ gene Ideen generiert werden, wie beide Briefsorten überzeugend geschrieben werden können. Diese vier Aufgaben erfordern einen Transfer von Wissen. Abb. 35: Chronologie & Testinstrumente (eigene Darstellung) Der Vorteil bei der Wahl dieses Testinstruments ist, dass das Wissen zu einem Thema frei reproduziert werden kann, jedoch die Auswertungsobjektivität auf‐ grund komplexer Auswertungskriterien leiden kann. „Es ist daher sehr auf‐ wendig, Inhaltsanalysen durchzuführen“ (Bühner, 2011: 131). Der inhaltliche Fokus lag dabei auf der Korrespondenz zwischen Verbraucher sowie fiktiven 159 3.3 Testinstrumente <?page no="160"?> Kaufleuten/ Adressaten aus der Gastronomie, Hotellerie und Touristik. Es wurden gerade diese Branchen gewählt, da es sich bei Reisen und Gastronomie/ Hotellerie um Bereiche handelt, die im Alltag der Schüler auch präsent sind bzw. in Zukunft Bedeutung erlangen werden. So ist das Reisen durch Klassenfahrten, Familienurlaub oder Vereinsfahrten bekannt. Die ausgewählten Schulklassen leben in touristisch attraktiven Gebieten, die von Hotels umgeben sind. Gastro‐ nomiebetriebe, die in den Aufgabenstellungen gewählt wurden, lehnen sich an das Gastronomieinteresse der Jugendlichen an. Daher wurde u. a. für das Schreiben eines Bewerbungsanschreibens ein Fastfood-Restaurant gewählt. Bei den Schreibaufgaben wurde aus rechtlichen Gründen darauf geachtet, dass fiktive Unternehmensnamen und die Ergänzung mit Musteradressen ver‐ wendet wurden. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurde auch die Person, die den Brief schreiben soll, fiktiv erstellt. Dabei sollte diese Ent‐ scheidung auch die Schüler entlasten, sich selbst für einen Bewerbungsprozess oder in einem beruflichen Umfeld zu sehen. Den Aufgabenstellungen gehen jeweils eine beschriebene Situation und Person voraus. Dadurch sollen die „Vo‐ raussetzungsstrukturen (conditiones)“ (Isenberg, 1976) gewährleistet werden, wie die Aufgabenbeispiele im Anhang zeigen. In der Aufgabenstellung selbst werden „Verweisungsstrukturen“ (ebd.) auf die Conditiones vorgenommen. Die Aufgabe selbst enthält „Intentionsstrukturen“ (ebd.) und appelliert an die Schüler, einen Brief mit den zu berücksichtigenden Kriterien am PC zu schreiben. Die situierten Schreibaufgaben verlangen eine soziale Interaktion auf Grundlage des zu schreibenden Briefes zwischen dem Schreibenden, der sich in eine andere Rolle und Situation einfühlen muss, sowie dem definierten und fik‐ tiven Empfänger (Heinemann, 2008: 132). Die Intention, ein Bewerbungsan‐ schreiben oder ein Angebot zu verfassen, wird durch ein kommunikatives Ziel und eine direkte Aufforderung in der grammatischen Form des Imperativs- und Aufforderungssatzes als illokutiver Akt geäußert (Heinemann, 2008: 135). In den Interventionsgruppen werden die Schüler vor dem Schreibtraining zunächst einen Pretext pro Textsorte schreiben, um die Vorkenntnisse dieser Textsorte zu ermitteln. In der Interventionsphase überarbeiten die Schüler ihren Pretext (Übungstext) und verfassen zur Überprüfung am Ende der Intervention einen Posttext. Der Vergleich der Textqualität zu mehreren Messzeitpunkten soll zeigen, ob sich die Textqualität durch die Intervention verbessert hat. Sofern die Schreibaufgabe als Item betrachtet wird, um Textqualität zu messen, wird ein offenes Antwortformat, also der Schülertext, folgen. Die Entscheidung, für die Beurteilung der Schülertexte zwei verschiedene Messverfahren zu nutzen, wird damit begründet, dass die Kombination der ho‐ listischen und analytischen Textbewertung den Schülertext aus zwei Perspek‐ 160 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="161"?> tiven beurteilt - einerseits holistisch von oben wie ein Vogel und andererseits analytisch wie ein Frosch von unten. Das holistische Beurteilungsverfahren birgt Messfehler, daher sind mehrere Rater für einen Text notwendig: „Grund‐ sätzlich stabilisiert ein doppelt gegebenes gleiches Urteil aber auch einen Mess‐ wert, durchschnittliche Urteile sind reliabler als Individualurteile“ (Neumann, 2017: 210). Durch diese Mischung können die Testergebnisse für den „Lehr-/ Lernalltag der Schreibenden“ (Neumann, 2017: 211) genutzt werden. Dieses Verfahren ori‐ entiert sich an den NAEP-Studien in den USA, an der Hamburger Aufsatzstudie (Lehmann, 1992) sowie an den DESI- und VERA-Studien der Jahre 2007, 2009, 2011, 2015 (IQB Berlin, 2015). Dieses Auswertungsverfahren ist Teil der quali‐ tativen Inhaltsanalyse und bezieht sich auf die zuvor gestellten Untersuchungs‐ fragen und Hypothesen. In allen Erhebungsklassen werden Fragebogen bei den Schülern zu verschie‐ denen Messzeitpunkten eingesetzt. Die genutzten Fragebogen haben überwie‐ gend gebundene Antwortitems oder auch offene in Form von Ergänzungsauf‐ gaben. Die Fragebogen wurden selbst erstellt, da zu diesem Thema bisher keine Fragebogen vorliegen. Der Fragebogen 1 (Dein Steckbrief) lehnt sich mit einigen Items an den Schülerfragebogen von Neumann und Matthiesen (2011: 73 ff.) und Graham, Harris und Mason (2005: 224) an. Die Fragebogen 2 (Was weißt du über das Bewerbungsanschreiben? ) und 3 (Was weißt du über das unverlangte Angebot (Werbebrief)? ) orientieren sich an den Items zu narrativen Texten von Sawyer, Graham und Harris (1992: 343). Fragebogen 4 (Deine Sicht des Schreibens) orien‐ tiert sich an die Items von Graham, Harris und Mason (2005: 225). Die Bogen sind Selbstbefragungen aus Probandensicht. Alle Fragebogen wurden in der Pi‐ lotierungsphase auf Verständlichkeit, Auswertungsökonomie und Vollständig‐ keit getestet. Es wurden überwiegend Ratingskalen mit vier Ausprägungen ge‐ fertigt, um die Antworttendenz zur Mitte zu umgehen. Die Antwortmöglichkeiten sind überwiegend semantisch, je nach Intensität wurden als Bewertungsskalen „trifft gar nicht zu“ bis „trifft völlig zu“ gewählt (Bühner, 2011: 113). Nur sehr wenige Antwortmöglichkeiten sind dichotom mit „ja“ oder „nein“ anzukreuzen oder beinhalten numerische Zahlenräume sowie offene Antwortfelder (Grabowski, 2011). • Fragebogen 1 Dein Steckbrief wird einmalig von allen Schülern vor dem ersten Pretext ausgefüllt. Dieser enthält Fragen zu allgemeinen Hinter‐ grundmerkmalen der Probanden, z. B. Alter, Geschlecht und Geburtsort, sowie Fragen zur Sprech-, Schreib- und Textsortenkompetenz. Die Item‐ formate sind teils gebunden in Form von Ankreuzaufgaben oder frei (s. 161 3.3 Testinstrumente <?page no="162"?> Anhang). Dieser Bogen wird nur vor der Intervention bei allen Schülern eingesetzt. Er ist durch die überwiegende Anzahl an offenen Antwort‐ formaten drei Seiten lang und fragt den Bereich Allgemeines zu deiner Person (sechs Items), Sprachen (sechs Items), Schreiben (drei Items), Brief‐ sorten (zwei Items) sowie den Berufswunsch (ein Item) ab. Insgesamt liegen 18 Items vor. • Die Fragebogen 2 Was weißt du über das Bewerbungsanschreiben? und 3 Was weißt du über das unverlangte Angebot (Werbebrief)? sollen das Pra‐ xisvorwissen sowie die Selbsteinschätzung zu den Textsorten Bewerbung und Angebot erheben. Für die Schüler sind diese Fragebogen eine Selbst‐ reflexion zu den jeweiligen Textsorten. In den Interventionsgruppen werden diese zwei Fragebogen nach dem Posttest eingesetzt. Ziel ist es, dass die Schüler mehr Praxiswissen durch das Schreiben in der Interven‐ tion erlangen und sich ihre Schreibeinstellung (Selbstwirksamkeitser‐ wartung) zu den vermittelten Textsorten erhöht. Beide Bogen sind nur eine A4-Seite lang und werden einmal in der Pretest- und einmal in der Posttest-Phase für alle Probanden eingesetzt. Die Bogen haben im ersten Teil einen Fragenbereich zum Praxisvorwissen mit vier gebundenen Ant‐ wortformaten und im Bereich der Selbsteinschätzung zu der jeweiligen Textsorte jeweils acht gebundene Antwortformate in Form einer vierstu‐ figen Ratingskala. Es liegen jeweils 12 Items vor. • Fragebogen 4 Deine Sicht des Schreibens soll alle Schüler dazu anhalten, ihr persönliches Schreibverhalten einzuschätzen. Die Interventions‐ gruppen füllen diesen Bogen vor sowie nach der Intervention aus. Da in der Intervention das Schreiben am PC, die Textplanung und die Textü‐ berarbeitung trainiert werden, wird angenommen, dass diese drei Be‐ reiche von den Schülern besser bewertet werden. Des Weiteren sind darin Fragen zur Selbstwirksamkeit in Bezug auf das Schreiben enthalten. Dieser Bogen wird in der Pretest- und Posttest-Phase bei allen Probanden eingesetzt. Die Probanden der Intervention füllen diesen Test zusätzlich in der Mitte des Schreibprojekts aus. Dieser Bogen verfügt über 21 Fra‐ geitems, die gebundene Antwortformate in Form einer vierstufigen Ra‐ tingskala beinhalten. Er ist 1,5 A4-Seiten lang und fragt die Bereiche Selbsteinschätzung zum Schreiben generell (drei Items), Auswahl von Schreibmedien (drei Items), Schreibprozess Planung (sechs Items) und Schreibprozess Überarbeiten (neun Items) ab. Es liegen somit 21 Items vor. • Zur Kontrolle der Qualität des Schreibprojekts können die Schüler der Interventionsgruppen am Ende ein Feedback zum Schreibprojekt geben. Fragebogen 5 Feedback geht vor allem auf die Auswahl der Textsorten, 162 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="163"?> der Methoden und der Medien während der Intervention ein. Mithilfe dieser Feedbacks kann die Konzeption des Schreibprojekts kritisch aus der Schülersicht analysiert werden, was Teil eines Qualitätsmanagements sein soll. Der Bogen wird nur einmal für die Probanden der Intervention eingesetzt. Dieser ist 1,5 Seiten lang und fragt die Bereiche Feedback Briefsorten (drei Items), Feedback Methoden (vier Items), Feedback Medien (drei Items), Feedback insgesamt (drei Items) sowie ein Offenes Feedback (ein Item) ab. Bis auf das letzte Item sind die anderen Antwortformate in Form einer vierstufigen Ratingskala gebunden. • Der letzte Fragebogen 6 Fragebogen zur Schreibaufgabe wird nach dem Schreiben der Pre- und Posttestaufgabe eingesetzt. Die Probanden geben an, ob sie die Aufgabenstellung zum Schreiben motiviert und ihnen die Bearbeitung Spaß gemacht habe. Es sind zwei Items, die auf einer vier‐ stufigen Ratingskala von den Schülern beantwortet werden. Der Bogen ist eine knappe halbe A4-Seite lang. Es liegen 14 Items vor. In den Interventionsklassen werden zusätzlich die Feedbackgespräche, welche jeweils einmal in den Interventionsphasen durchgeführt werden, per Diktier‐ gerät aufgenommen, und anschließend werden markante Paraphrasen kodiert und ausgewertet. Ziel dabei ist es, das Aushandeln der Überarbeitungsschritte der Schüler nachvollziehen zu können, was im fertigen Text nicht zu erkennen ist. Die analysierten Daten können Leistungseffekte ggf. erklären. Dabei sollen die Schüler in kleinen Gruppen mit drei bis vier Schülern eine Peergroup gründen. Die Initiative im Rahmen dieser Konversation geht zunächst von dem Schüler aus, der den Text der Peergroup vorstellt und laut vorliest (Heinemann, 2008: 127). Die anderen Mitschüler haben diesen Text als Kopie und können mitlesen (siehe Kapitel 3. 4). In der Gruppe werden dann die Checklisten mit den formalen, inhaltlichen und sprachlichen Aspekten verteilt (siehe Anhang). Die einzelnen Schüler geben dem Vorlesenden ein Feedback in Form einer „Reaktion“ (ebd.). So wird beurteilt, ob ein Aspekt wie z. B. das Vorhandensein des Preises bei dem Angebot voll‐ ständig, teilweise oder gar nicht vorhanden ist. Dies wird dem Schreibenden nicht nur mündlich mitgeteilt, sondern auch auf den Checklisten protokolliert, damit der Schreibende selbst die Entscheidung treffen kann, welche Feedbacks er annehmen will, um seinen Text der Pretest-Aufgabe als Übung zu verbessern. Auf die „Ratifizierung“ (ebd.) kann die Peergroup eingehen, sofern der Ge‐ sprächsablauf nicht komplett durch eine längere Diskussion über die Bewertung angehalten wird. Oberstes Ziel soll die mündliche und schriftliche Fremdein‐ schätzung eines Textes sein. 163 3.3 Testinstrumente <?page no="164"?> In der Datenaufbereitung und -auswertung werden ausschließlich die Ge‐ sprächslänge, die Anzahl der Teilnehmer und die Gesprächsinhalte, also die be‐ werteten Aspekte, erfasst. Der Zuhörer muss die Intention eines Schülers re‐ konstruieren, was durch das Einsetzen der drei Checklisten gelingen sollte, jedoch wird die Akzeptanz nicht erwartet oder erfasst (Wunderlich, 1976: 13). Das Feedback wird eher sachinhaltlich durch „Repräsentativa (z. B. Feststel‐ lungen, Behauptungen, Beschreibungen)“ (Wunderlich, 1976: 77) gegeben, da die Aspekte und deren Bewertungen der Peergroup als Feststellung aus ihrer Sicht wiedergegeben werden. Der Schreibende kann das Feedback auf der Bezie‐ hungsebene oder auch Appellebene jedoch möglicherweise negativ als „Direk‐ tiva (z. B. Befehle, Bitten, Weisungen)“ (ebd.) auffassen. Die Konsequenz ist: Je nachdem, wie der Schreiber Feedback für sich empfindet, wird er den Text auch überarbeiten. Die Schüler sollten an Feedbackgespräche in anderen Unterrichts‐ fächern als institutionelle Interaktion in der Schule gewöhnt sein, was auch curricular gefordert wird. Des Weiteren sollte der Ablauf eines Feedbackge‐ sprächs bei den Schülern als Vorwissen existieren, z. B., dass beim Feedback be‐ stimmte Regeln und Werte berücksichtigt werden sollen (Parsons, 1951; Heine‐ mann, 2008: 133). Zusätzlich werden vereinzelte Schreibprozesse von Schülern in den jeweiligen Klassen durch die Software „Inputlog“ (Leijten & Van Waes, 2013) erhoben. Darin lassen sich Überarbeitungsschritte erkennen, welche im Schreibprojekt zielführend sind. Letztendlich sollen die Schüler dazu angehalten werden, ihre Texte sowohl sprachlich als auch formal und inhaltlich zu revidieren. Exempla‐ rische Videoaufnahmen der Modellingphasen durch die Lehrperson werden er‐ gänzend durchgeführt, um dieses Vorgehen zu dokumentieren. Linnemann (2017: 335 ff.) systematisiert den Einsatz der Testinstrumente, um den Schreibprozess zu erfassen, nach der Kategorisierung von Janssen, Van Waes und van den Bergh (1996) in Form der Abbildung 36. Zusammengefasst lässt sich dabei festhalten, dass die Schreibprodukte, die Schülertexte, asynchron und indirekt erhoben werden. Sie sind weniger detailliert, da der Schreibprozess, also wie der Schüler zum Text gekommen ist, nicht abgebildet wird. Die Frage‐ bogen sind hingegen ein asynchrones und direktes Testinstrument, denn hier werden Fragen zum Schreibprozess direkt nach dem Schreiben des Textes ge‐ stellt. Die Inputlogaufnahmen werden synchron zum Schreibprozess durchge‐ führt, erfolgen jedoch indirekt, da der Schreiber keinen verbalen Einfluss auf diese Daten nimmt. Der Grad der Detailliertheit ist hingegen stark, da jeder Tastaturanschlag und damit der gesamte Schreibprozess erhoben werden kann. 164 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="165"?> Abb. 36: Methoden der Schreibprozessforschung in Abhängigkeit von Synchronizität, Direktheit und Detailliertheit (nach Linnemann, 2017: 337) Die Videoaufnahmen während der Modellingphase mit dem Lehrer sind auch synchron zum Schreibprozess und direkt sowie stark detailliert. Der Text ent‐ steht Schritt für Schritt und die Schüler können diesen visuell auf dem Beamer wahrnehmen. Zudem wendet die Lehrperson das laute Denken an und nimmt Bezug auf Schülerhinweise, die in den entstehenden Text miteinfließen. Es ent‐ steht somit ein Protokoll. Die Tonaufnahmen während der Feedbackgespräche mit den Schülern erfolgen zwar nach dem Schreiben der ersten Textversion, sind jedoch Teil des Schreibprozesses, da die Empfehlungen für die Überarbeitung vom Schüler eingearbeitet werden können. Sie gehören meines Erachtens nicht zu der Dialogischen Produktherstellung, da im Feedbackgespräch der Text nicht verändert wird. Daher sollte die Einordnung asynchron verortet werden. Auch wenn der Schreiber beim Feedbackgespräch anwesend ist, kommen die Infor‐ mationen von den Mitschülern und sind als indirekt einzuordnen. Es handelt sich um erweiterte Produktdaten, die zu einer Überarbeitung führen können, aber nicht müssen, und aufgrund der Menge an Informationen durch das Feed‐ backgespräch stark detailliert sind. Die Auswahl der Testinstrumente ist in 165 3.3 Testinstrumente <?page no="166"?> diesem Forschungsprojekt sehr vielfältig und variiert bezüglich der Synchron‐ izität, der Direktheit sowie des Grads der Detailliertheit. Durch diese Vielfalt lässt sich der Schreibprozess valide abbilden, da die Anwendung einer Methode zu einseitig wäre (Glaser & Meyer, 2017: 377). 3.4 Ablauf des Schreibprojekts Wenn die Effektivität des Schreibunterrichts an Schulen untersucht wird, sind die Instruktionsphasen genau zu beschreiben, um auf wissenschaftlicher Ebene eine Testwiederholung im Rahmen der Reliabilitätsmessung durchführen und auf pädagogischer Ebene diese Form des Unterrichts selbst ausüben zu können (Fidalgo et al., 2017: 5). Dies soll nun in diesem Unterkapitel folgen. Die Interventionsklassen wurden einmal wöchentlich für eine Doppelstunde von mir betreut. Der Interventionszeitraum war von April bis Juni 2013 angelegt, inklusive der Pre- und Posttests. Die Kontrollgruppen schrieben in der Woche vom 17. bis 23. 04. 2013 den Pretest und in der Woche vom 12. bis 18. 06. 2013 den Posttest und füllten die Fragebogen jeweils nach dem Verfassen der Briefe im Anschluss aus. Die jeweiligen Gruppen wurden gemeinsam unterrichtet. Die Schüler der neunten Klassenstufe sowie der einjährigen Berufsfachschule be‐ fanden sich zum Interventionszeitpunkt überwiegend im Bewerbungsverfahren für Praktika und Ausbildungsstellen. Vor dem eigentlichen Schreibprojekt schreiben zunächst alle teilnehmenden Probanden einen Pretest, der sich aus zwei Schreibaufgaben, nämlich dem Ver‐ fassen eines Bewerbungsanschreibens und eines Angebotes sowie dem Aus‐ füllen von Fragebogen, zusammensetzt. Die Interventionsgruppen erhalten nach dem Pretest die Intervention in Form des Schreibprojekts während des Deutschunterrichts. Zunächst wird das Schreiben von Bewerbungsanschreiben trainiert, woran sich der erste Posttest mit dem Schreiben eines weiteren Be‐ werbungsanschreibens am PC und dem Ausfüllen von Fragebogen nach vier Doppelstunden anschließt und danach wird die eigentliche berufliche Textsorte, das Angebot, trainiert. Nach vier Doppelstunden wird wieder ein Posttest mit der letzten und vierten Schreibaufgabe am PC geschrieben, und es werden wie‐ derholt Fragebogen von den Schülern ausgefüllt. Auch die Kontrollgruppen schreiben zu diesem Zeitpunkt den Posttest. Inhaltlich wird in den Interventionsstunden nach dem SRSD-Ansatz gearbeitet (Graham & Harris, 1996; Harris et al., 2010; siehe Kapitel 2. 6): Das Hintergrundwissen soll zum einen durch den Pretest, die Fragebogen ‚Was weiß ich über das Angebot/ Bewerbungsanschreiben? ‘, einen kurzen Informati‐ 166 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="167"?> 1 Im Rahmen eines Studentenprojekts wurden für das Schreiben von Hausarbeiten im Fach Deutsch formale, inhaltliche und sprachliche Kriterienlisten als Checklisten ent‐ wickelt, die zu einer erfolgreichen Überarbeitung der Hausarbeiten führten (Giera, Mahler & Neumann, 2013). Die Form dieser Listen wurde für das Schreibprojekt bei‐ behalten, allerdings auf den neuen Unterrichtsinhalt adaptiert. onstext wie auch durch Musterbriefe aktiviert werden. Dabei werden Muster‐ briefe unsortiert auf den Boden gelegt, die von den Schülern im Team wie in einem Ranking sortiert werden. In dieser Phase erarbeiten sich die Schüler Kri‐ terien und die dazugehörigen Kriterienlisten, 1 die die inhaltlichen, sprachlichen und formalen Anforderungen der jeweiligen Textsorte repräsentieren. Text‐ sorten- und Textmusterwissen resultiert letztendlich aus sprachlichem, for‐ malem und inhaltlichem Texterfahrungswissen. Heinemann (2008) ergänzt, dass diese Textmuster auch Textformulierungen, Lexikvorgaben oder auch syntak‐ tische Muster als Konventionen und Normen fordern würden, die jedoch der Schreiber als Rahmen verwenden könne oder für sich entscheidet, davon abzu‐ weichen (Heinemann, 2008: 143). Die Schüler erkennen zudem, dass jeder Mus‐ terbrief Stärken aufweist, jedoch auch keiner vollkommen ist. Sie sollen jedoch durch das Ranking ein Gefühl für gute Musterbriefe entwickeln und in der Lage sein, diese mit anderen Schülern zu diskutieren. Erst in der Diskussionsphase über die inhaltlichen, formalen und sprachlichen Kriterien/ Aspekte kann entschieden werden, welcher Text in den Augen des Schülerteams besser oder schlechter ist. Inhaltliche Aspekte für das Bewer‐ bungsanschreiben sind u. a. Wie auf das Unternehmen gekommen? (Bezug Stel‐ lenausschreibung), die Begründung der Bewerbung (Motivation) oder auch der Anlass des Schreibens (alle Checklisten befinden sich im Anhang). Die Check‐ listen für Formales und Sprache sind bei den Briefen Bewerbungsanschreiben und Angebot gleich. Beispiele für die formalen Aspekte sind der Gesamteindruck oder die Empfängeranschrift. Die formalen Anforderungen orientieren sich an den Vorgaben des Deutschen Instituts für Normung e. V. (Grün, 2013). Es sind die grundsätzlichen Vorgaben für die „Beschriftung von Briefblättern“ (Grün, 2013: 7 ff.) sowie zum Geschäftsbrief generell, z. B. der Umgang mit Kursiv‐ schreibungen, Fettschriften, Absätzen und Zeichensetzungen, die über das Komma und die Satzzeichen hinausgehen. Für die Checkliste Sprache sind Bei‐ spiele die ‚höfliche Anredeform‘ und ein ‚angemessener Sprachstil (sachlich, for‐ mell)‘. DIN 5008 gibt dafür keine sprachlichen Normierungen vor, aber es werden auch in der Veröffentlichung der DIN (Grün, 2013) Anwendungsbei‐ spiele und Mustertexte abgebildet. Die Kriterienlisten, welche sowohl zur Pla‐ nung als auch für die Revision beim Schreiben und in den Feedbackgesprächen Grundlage der Diskussion und Beurteilung der Schülertexte sind, werden an‐ 167 3.4 Ablauf des Schreibprojekts <?page no="168"?> schließend auf Verständlichkeit und Akzeptanz von der Lerngruppe geprüft und diskutiert (ebd.). In der Diskussionsphase wird zudem die persönliche Einstellung zum Schreiben, die vor den Interventionsstunden durch die Fragebogen Deine Sicht des Schreibens und Dein Steckbrief erhoben wurde, in Form eines Unter‐ richtsgespräches thematisiert. Um den Umgang mit den Kriterienlisten vertieft zu diskutieren, erhalten immer zwei Schüler ein Kriterium als Zettel. Jedes Schülertandem hat die Aufgabe, in den Musterbriefen nach einem passenden Satz zu suchen und diesen für die Klasse leserlich auf dem Zettel aufzuschreiben. Dafür werden die Kriterienlisten vergrößert und auseinandergeschnitten. An‐ schließend setzen die Schülertandems dieses ‚Kriterienpuzzle‘ wieder zu‐ sammen, indem sie ihren Zettel zum Schluss aufkleben. Diese Listen bleiben im Klassenraum zur Orientierung, zum Üben und zum Memorieren hängen. Die Modellierungsphase erfolgt durch die Lehrperson, welche mithilfe der Schüler sowohl einen Text plant als auch schreibt und überarbeitet. Die Schüler erhalten durch das laute Denken der Lehrperson einen Einblick, wie das Schreiben mithilfe der Kriterienlisten und der Phasen des Planens und Überar‐ beitens exemplarisch realisiert werden kann (Philipp, 2012: 153). Dafür setzt sich die Lehrperson mit Beamer und Laptop vor die Klasse und schreibt sowohl ein Angebot als auch ein Bewerbungsanschreiben. Dabei werden die Mnemotech‐ niken „KaWa“ (Birkenbihl, 2010: 54) sowie „ABC-Liste“ (ebd.) für die jeweilige Textsorte vorher eingesetzt, um zunächst einmal auf die Textsorte aufmerksam zu machen und auch für den Schreibenden aufzuzeigen, was bei dieser Textsorte besonders wichtig erscheint. Zunächst plant die Lehrperson ihren Schreibpro‐ zess laut und mithilfe von Stichpunkten am PC. Anschließend nimmt sie die Aufgabe zur Hand und versucht viele vorgegebene Details in den Brief einzu‐ flechten. Dann folgen das Schreiben in Sätzen und zeitgleich auch das Forma‐ tieren sowie die ersten sprachlichen Überarbeitungen. Die Schüler können Empfehlungen oder Ergänzungen mitteilen und werden somit in das Model‐ lieren eingebunden, auch wenn die Lehrperson das Zepter in den Händen behält. Der Schreibprozess wird bewusst unterbrochen und eine Woche später fortge‐ setzt, um zu zeigen, dass zeitversetzte Überarbeitungen sinnvoll sind und auch die Lehrperson Fehler macht, Korrekturen vornimmt und auf sprachliche, in‐ haltliche sowie formative Aspekte hin revidiert. Die Lehrperson gilt zwar in den Augen der Schüler als Expertin, jedoch sollten die Phasen des Planens, Schrei‐ bens und des Überarbeitens transparent gemacht werden, damit sie dies auch selbst für ihren Schreibprozess einsetzen. 168 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="169"?> 2 KaWas werden in dieser Arbeit mit den Begriffen Akronym, Mnemonics sowie Mnemos gleichgesetzt. Das Memorieren der Strategien und (textsorten-)spezifischen Kriterien erfolgt durch die Mnemotechniken „KaWas“ 2 (ebd.) und „ABC-Listen“ (Birkenbihl, 2003: 12). KaWas sind Wortbilder, welche durch Bei der Methode ABC‐Liste werden zu einem Thema Begriffe des Alphabets assoziativ aufgeschrieben (Bir‐ kenbihl, 2010: 266). Diese zwei Lerntechniken entwickelte Birkenbihl auf Grund‐ lage der Forschungsergebnisse von Ellen J. Langer. In diesem Zusammenhang werden Fakten nicht starr präsentiert, was zum Vergessen führen würde, son‐ dern durch die neue Kategorienbildung angeregt. Gerade die Diskussion über die Kriterien hinterfragt bestehende Normen sowie Konventionen und führt gleichzeitig auch zum Lernen (Langer, 1989: 63, 120). Der Einsatz durch Mne‐ monics hat sich nicht nur in den SRSD-Studien, sondern auch in anderen Schreibinterventionen behauptet (Fidalgo et al., 2012: 77). Beide Mnemos haben den Vorteil, dass sie auf jede Lernsituation und damit auf jede Textsorte ange‐ wandt werden können (siehe Abb. 37). Abb. 37: KaWa-Beispiel (eigene Darstellung) Der gesamte Prozess der Textüberarbeitung wird als Unterstützen und Üben eingestuft und durch die Lehrperson im Schreibprojekt durch das Konzept des Scaffolding begleitet. Der Begriff Scaffolding (engl. scaffold = Baugerüst) stammt ursprünglich vom Forscherteam Wood, Bruner und Ross (1976), die im Rahmen eines Experiments das Problemlösen dreibis fünfjähriger Kinder beim Bau einer Pyramide untersuchten. Auf den Unterricht in Schulklassen bezogen erhält der Schüler ein Gerüst von portionierten Hilfen, die sich hierarchisch auf die Lehrinhalte beziehen (Fürstenau, 2009: 70; Wellenreuther, 2009: 77; Gibbons, 2009). Des Weiteren werden in dieser Phase in den Peergroups eigene Texte, die 169 3.4 Ablauf des Schreibprojekts <?page no="170"?> im Pretest verfasst wurden, vorgelesen und somit erstmalig vorgestellt. Dabei agieren die Schüler durch ihre intuitive und prototypische Vorstellung als Laien. Die Peergroup kreuzt in den Gesprächen im Beisein der betreffenden Autoren an, ob die einzelnen zu berücksichtigenden Merkmalen „voll“, „teilweise“ oder „gar nicht erreicht“ wurden. Auch gibt es die Möglichkeit, in der fünften Spalte Kommentare zur Entscheidung vorzunehmen. Es geht dabei nicht darum, alle Merkmale bzw. Aspekte zu erfüllen, sondern diese als Orientierung zu nutzen, um letztendlich einen Brief zu verfassen. Das Vorlesen des eigenen Textes ist dabei auch eine Situation der Präsentation und Wertschätzung, da der verfasste Brief das erste Mal auf einen Adressatenkreis trifft. Das Einsetzen von Krite‐ rienlisten in den Feedbackgesprächen hat zudem den Vorteil, dass Feedback auf der Sachebene gegeben werden kann. Für die Schüler wird dadurch deutlich, dass nicht sie als Person, sondern ihr Text beurteilt wird. Den Schülern wird dies im Rahmen des Schreibprojekts bewusst gemacht, indem sie zweimal selbst Feedbacknehmer und mindestens viermal auch zu fremden Schülertexten Feed‐ backgeber sind, da eine Peergroup mindestens aus drei Schülern bestehen soll. Durch das Lesen fremder Texte erhalten die Schüler Anregungen für die eigenen Texte. Des Weiteren prägen sie sich die Kriterien der drei Checklisten implizit zu den jeweiligen Textsorten ein. Feedbackgespräche in der Peergroup können auch als Basis der Schreibmotivation gesehen werden. Die Schüler werden er‐ kennen, dass einige Kriterien nicht vollständig erfüllt sind, jedoch werden ihnen ebenfalls positive Punkte genannt, die sie nicht mehr überarbeiten müssen. Das soll auch ihre Einstellung zum Schreiben stärken. Anschließend wird durch die anderen Mitschüler der Peergroup mithilfe der drei Checklisten Feedback zum Text gegeben. Dieses Verfahren der Textüberarbeitung ähnelt bereits evalu‐ ierten Methoden wie der Schreibkonferenz von Spitta (1992: 13) oder Böttcher und Wagner (1992: 26). Die formalen, inhaltlichen und sprachlichen Checklisten werden im Beisein des Vortragenden schriftlich auf einer dreistufigen Skala ausgefüllt, mit den Bewertungsoptionen „voll erreicht“, „teilweise erreicht“, „nicht erreicht“. Ein Kommentar dazu kann schriftlich oder mündlich gegeben werden. Die Begründung für dieses Vorgehen ist, dass der Vortragende sich die drei Checklisten noch einmal anschauen und selbst entscheiden kann, welche As‐ pekte er als Übung überarbeiten möchte. Die Textqualität soll mithilfe von in‐ haltlichen, sprachlichen und formalen Kriterien verbessert werden. Die Schüler sollen durch das Geben und Nehmen von Feedback Überarbeitungsstrategien sowie Prozeduren des Überarbeitens kennen lernen, um sich somit die Schreib‐ kompetenz des Überarbeitens im Sinne des Schreibprozessmodells von Hayes und Flower (1980) zu erarbeiten. Auch wenn das Verfassen von Briefen für viele Schüler eine Hürde darstellt, werden sie auch positives Feedback erhalten. Somit 170 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="171"?> können die Schüler gemäß Vygotski auch die „Zone der nächsten Entwicklung“ (Wygotski, 1987) kennen lernen. Im Posttest wird eine neue Schreibaufgabe zur Textsorte gestellt. Nach jeder Interventionsstunde schreiben die Schüler zudem einen Eintrag in ihr Lernta‐ gebuch. Das Lerntagebuch verfolgt dabei das Ziel, dass sich die Schüler selbst reflektieren, die Unterrichtsstunden Revue passieren lassen und auch der Lehr‐ person Feedback geben. Es hat sich erwiesen, dass Lerntagebücher für den Lernerfolg relevant sind, da die Selbstreflexion der bisher gegangenen Lern‐ schritte im Hinblick auf die nächsten Lernschritte erfolgreich ist. Bei der The‐ matisierung der zweiten Textsorte, dem Angebot, werden die Schritte in der beschriebenen Reihenfolge wiederholt. Durch das im Pretest und Posttest ver‐ langte Verfassen von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten müssen die Schüler ihren Schreibprozess selbstorganisiert planen, schreiben und revidieren (Kessler & Ziener, 2004: 16 ff.). 3.5 Datenerhebung Die Erhebung der Daten fand während des Schreibprojekts in den Deutsch‐ stunden der jeweiligen Schulen und Klassen statt. Für die Datenerhebung liegen sowohl die Genehmigung von der Schulbehörde in Lüneburg als auch die der Schulleiter und aller Erziehungsberechtigten schriftlich vor. Schüler, die zum Zeitpunkt der Studie volljährig waren, durften selbst entscheiden, ob sie teil‐ nehmen wollten. Die Abbildung Übersicht über den Einsatz der Testinstrumente (siehe Kapitel 3. 3) demonstriert, wann und wie oft die einzelnen Testinstru‐ mente bei wem zum Einsatz kamen. Die Verantwortung für die Durchführung der Erhebung lag in der Hand der Projektdurchführenden. Alle Testinstrumente sind dem Anhang beigefügt. Für die Erhebung der Schülertexte wurden insgesamt vier Schreibaufgaben genutzt. Die Pretests Bewerbungsanschreiben und Angebot wurden vor der In‐ tervention erhoben und die Posttests nach der Intervention, wobei der Posttest Bewerbung in der Projekthälfte nach dem ersten Teil der Intervention von den Probanden geschrieben wurde. Erst danach folgte in den Deutschstunden der Unterrichtsinhalt Angebot. Die Schüler hatten beim Verfassen der Texte in diesen Erhebungsmomenten bis auf den PC keine weiteren Hilfsmittel. Die Fragebogen (n = 6) wurden allgemein nach den Schreibaufgaben einge‐ setzt. Das unverlangte Angebot folgte im Anschluss an die Erhebung des Bewer‐ bungsanschreibens und die dazugehörigen Fragebogen 1 und 2. Nach dem Schreiben des ersten unverlangten Angebots sollten die Schüler die Fragebogen 171 3.5 Datenerhebung <?page no="172"?> 3 und 4 ausfüllen. Diese Reihenfolge liegt darin begründet, dass das erlebte Schreiben der jeweiligen Aufgaben gleich durch den Fragebogen reflektiert werden konnte. Das Schreibverhalten war somit noch präsent. Diese Fragebo‐ generhebung ist eine Form der „asynchronen Datenerhebung“ (Weinzierl & Wrobel, 2017: 221), da sie nicht während des Textschreibens eingesetzt worden ist und eine „indirekte Beobachtung objektivierbarer Prozessmerkmale“ (ebd.) darstellt. Insgesamt wurden die sechs Fragebogen teilweise mehrfach eingesetzt, sodass es elf Fragebogenerhebungen gab und diese zur Auswertung von 1269 Fragebogen führten. Alle Textprodukte wurden von den Schülern am Computer im Programm Windows Word geschrieben. Die erhobenen Fragebogen wurden mit dem glei‐ chen Code wie bei den Textprodukten versehen. Insgesamt konnten 548 Schü‐ lertexte für die Auswertung erhoben werden. Die Audioaufnahmen wurden während der Feedbackgespräche in den Deutschstunden erstellt. Dazu erhielt jede Gruppe ein Diktiergerät in Form eines Sticks. Die Gruppen setzten sich in den Interventionsphasen teilweise verändert zusammen, da die Schüler zeitlich unterschiedlich lang gearbeitet haben oder lieber mit anderen Schülern zusammenarbeiten wollten. Diese Gespräche wurden anschließend auf eine externe Festplatte übertragen und kodiert. Ins‐ gesamt konnten Audioaufnahmen im Ausmaß von über neun Stunden unter‐ sucht werden (09: 12: 13 h). Die Videos der Schreibprozesse der Lehrperson wurden von einem Schüler aufgenommen und anschließend von der Projektleiterin auch auf einer externen Festplatte gesichert. Diese Erhebung war zwar geplant worden, sollte aber zu‐ nächst nicht der Datenauswertung dienen, sondern für die Dokumentation ge‐ nutzt werden. Es stellte sich jedoch im Laufe der Datenauswertung heraus, dass die Videos in den verschiedenen Schulformen Schreibprozesse demonstrierten, die der Interpretation der Ergebnisse dienlich waren. Für die Analyse stehen 76 Minuten Videomaterial zur Verfügung. Die Interventionsgruppen schrieben ihre Texte mit der Software „Inputlog“ (Leijten & Van Waes, 2013) im PC-Hintergrund. Die Schüler mussten sich dafür zu Beginn des Schreibprozesses einloggen und zum Schluss wieder ausloggen. Die Daten der Software wurden am Ende des Schreibprojekts von den Schul‐ servern auf eine externe Festplatte kopiert und entfernt. Somit ist das Key‐ logg-Programm ein Instrument für eine indirekte Beobachtung objektivierbarer Prozessmerkmale und eine Form der synchronen Datenerhebung, während ein Text erstellt wird. Als Variablen werden zum einen die Pausenlänge, die Anzahl der Pausen, die generelle und aktive Schreibzeit, die Wortanzahl, die geschriebene Wortanzahl und die Bursts durch Inputlog erhoben. 172 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="173"?> 3 In Studien variiert die Definition der Pausenlänge je nach Untersuchungsfrage zwischen einer Sekunde, zwei und fünf Sekunden. Siehe dazu die Untersuchungen von Linne‐ mann (2014: 121 f.) und von Van Waes/ Leijten & Weijen (2009: 44). Als Pause wird in dieser Arbeit eine Unterbrechung des Schreibakts ab fünf Sekunden definiert. 3 Somit sollen kleine Pauseneinheiten, z. B. innerhalb des Schreibens von Wörtern, wegfallen und längere Pausen (ab fünf Sekunden) zwischen Sätzen und Absätzen aufgrund von (meta-)kognitiven Planungen transparent gemacht werden. Pausen werden aufgrund unterschiedlicher ko‐ gnitiver Vorgänge ausgelöst: Eine mögliche Interpretation dieses Befundmusters verweist darauf, dass komplexere Planungsprozesse (z. B. auf der Ebene des Diskursziels) mit längeren Pausen zwischen größeren linguistischen Einheiten assoziiert sind und dass lokale, weniger komplexe Prozesse (z. B. Überprüfung der Rechtschreibung) durch kürzere Pausen innerhalb von Wörtern indiziert werden (Weinzierl & Wrobel, 2017: 227 f.). „Bursts“ (Chenoweth & Hayes, 2001) zeigen die Schreibflüssigkeit an: Ein Burst ist als die Anzahl von Wörtern definiert, die zwischen zwei Schreibpausen niedergeschrieben werden. Gemeint sind also Phasen des Schreibprozesses, in denen Wörter hintereinander weg, gleichsam stoßartig im Zeitverlauf als zusammenhän‐ gend geplante Einheiten niedergeschrieben werden (Weinzierl & Wrobel, 2017: 228). Schreibnovizen produzieren eine geringere Burstlänge als Schreibexperten (Chenoweth & Hayes, 2001). Die Wortanzahl kann neben den Bursts jedoch durch die Begrenzung der Schreibzeit als Indikator und Vergleichsmaßstab für Schreibflüssigkeiten genutzt werden (Weinzierl & Wrobel, 2017: 228). Die Daten der Software sind zu jedem Probanden mit dem gleichen Code wie bei den Texten und Fragebogen sortiert. Insgesamt konnten sechs Schreibprozesse und die daraus resultierenden Schreibprodukte aufgezeichnet werden. Wie viele Daten diese Form der Erhebung betrifft, kann in keiner Summe genannt werden, da Inputlog auch weitere Variablen automatisch speichert. Zusätzlich dokumentierte die Projektleiterin und -durchführende die Unter‐ richtsstunden in einem Forschungstagebuch. Auch wenn diese Eindrücke sub‐ jektiv sind, sollen sie bei der Interpretation der Ergebnisse unterstützend wirken. Probanden, die krank wurden oder fehlten, wurden aus der Untersuchung komplett gestrichen. Gerade bei Längsschnittuntersuchungen ist es die Regel, dass nicht alle Probanden vom Beginn bis zum Ende durchgängig anwesend sind (Krankheit, unentschuldigtes Fehlen, Abbruch). Wenn einzelne Items fehlten, wurden die Daten als missing data ergänzt (Rost, 2007: 177). 173 3.5 Datenerhebung <?page no="174"?> 3.6 Datenaufbereitung Alle Primärdaten wie die Gespräche, Schülertexte und Fragebogen wurden zu‐ nächst in Sekundärdaten überführt: Die Schülertexte wurden ausgedruckt, ein‐ gescannt und anschließend durch zwei unabhängige Rater kodiert. Die Modell‐ ingphasen mit der Lehrperson und den Schülern wurden per Video aufgenommen und als Tertiärdaten in Form von Transkripten weiterverarbeitet sowie kodiert. Die Fragebogen wurden eingescannt und die Antworten kodiert. Die Feedbackgespräche der Mitschüler wurden per Audiostick aufgenommen und kodiert. Die Inputlogdaten wurden durch die Software bereitgestellt und in SPSS übertragen. Für alle Kodierungen lag den Ratern ein Kodiermanual vor, welches dem Anhang auszugsweise entnommen werden kann. Der Ablauf der Raterschulung wird im folgenden Unterkapitel erläutert. 3.6.1 Ablauf der Raterschulung Ratingverfahren sind gerade in größeren Untersuchungen zur Messung der Schreibkompetenz von Schülern üblich. Die Schulung der Rater ist für die Transparenz der Untersuchung und für die Reliabilität wichtig (Mayring, 2010: 61). Dabei werden holistische von analytischen Ratings unterschieden (siehe Ka‐ pitel 3. 1): „Das Urteil mehrerer Rater ist in jedem Fall, wenn auch immer noch messfehlerbehaftet, stabiler als ein Einzelurteil“ (Neumann, 2014: 65). Die Rater waren eine Gruppe von zwölf Studierenden der Leuphana Univer‐ sität für das Unterrichtsfach Deutsch, die von mir als Lehrende unterrichtet wurden. Sie besuchten im Rahmen des Moduls „Schreiben für den und im Beruf “ ein Forschungspropädeutikum über zwei Semester. Für die ersten Kodierü‐ bungen wurden zunächst Schülertexte aus der Pilotierung verwendet. In der Pilotierung wurden die Schreibaufgaben, die Fragebogen und der inhaltliche Ablauf des Schreibprojekts an einer Berufsschule aus dem IHK-Bezirk Lüne‐ burg-Wolfsburg in einer Berufsschulklasse der Hotelfachleute im zweiten Aus‐ bildungsjahr und in einer berufsvorbereitenden Klasse, die einen Realschulab‐ schluss erlangen wollte, getestet. Als Grundlage für das Kodieren wurde ein Kodiermanual genutzt, das sich an das „Indikatorenmodell des schulischen Schreibens (IMOSS)“ (Neumann & Matthiesen, 2011: 19 ff.) anlehnt. Die einzelnen Bewertungsvariablen wurden auf einer fünfstufigen Skala, 1 = „niedrigste Stufe“ und 5 = „höchste Stufe“, von zwei unabhängigen Ratern beurteilt. 174 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="175"?> 1. Zunächst wird der Gesamteindruck der Briefe holistisch beurteilt. Holis‐ tische Textkodierungen sind normative Ratings (Goldin & Ashley, 2012: 211). Weitere analytische Beurteilungen folgten. 2. Der Code Inhaltliche Gestaltung meint Folgendes: „Enthält der Text die inhaltlichen Aspekte, die die Aufgabe fordert? “ (Neumann & Matthiesen, 2011: 19). Dieses Kriterium sollte erfüllt sein, um die Rezipienten zum Handeln zu bewegen. Dafür muss jedoch der Lesende durch das im Text transportierte Wissen im Sinne der „Informativität“ (de Beaugrande & Dressler, 1981: 3 f.) informiert sein. Die Situation, in der sich der Lesende befindet, muss im Sinne der „Situationalität“ (ebd.) berücksichtigt werden, und letztendlich muss die „Intentionalität“ (ebd.), also die Funktion des Textes für den Lesenden, deutlich werden. Für das Bewerbungsanschreiben werden folgende inhaltliche Aspekte beur‐ teilt: Anlass des Schreibens, Begründung der Bewerbungsposition (Ausbildungs‐ stelle, Praktikumsplatz, Jobposition), wie und warum auf das Unternehmen ge‐ kommen? , Vorstellung der eigenen Person (z. B. soft skills, Stärken, Qualitäten, berufliche Erfolge), derzeitige Tätigkeiten und gewünschten Eintrittstermin nennen sowie Bitte um Einladung, interessanter Schluss. Für das unverlangte Angebot werden hingegen folgende inhaltliche As‐ pekte berücksichtigt: Anlass des Schreibens, Interesse zum Kauf beim Kunden/ Leser wecken, auf Interesse der Zielgruppe eingehen, Nutzen/ Vorteil des Produkts/ der Dienstleistung beschreiben, Details zum Angebot mit Preis nennen sowie Ermunterung zum Kauf im Schlusssatz. 3. Bei der Kategorie Textaufbau wird die äußerliche Struktur des Briefes durch eine Einleitung, den Hauptteil und den Schlussteil bewertet. 4. Die Kategorie Themenentfaltung/ Kohärenz beurteilt, wie sich das einge‐ führte Thema der Aufgabenstellung im Brief entfaltet. Die Kohärenz lie‐ fert die semantisch-thematische Qualität eines Textes in der Tiefen‐ struktur und in der Beziehung zwischen Produzenten und Rezipienten (Fix, 2008: 22) und wird dabei wie folgt definiert: Kohärenz betrifft die Funktionen, durch die die Komponenten der Textwelt, d. h. die Konstellation von Konzepten (Begriffen) und Relationen (Beziehungen), welche dem Oberflächentext zugrunde liegen, füreinander gegenseitig zugänglich und relevant sind. Ein Konzept ist bestimmbar als eine Konstellation von Wissen (kognitivem In‐ halt), welches mit mehr oder weniger Einheitlichkeit und Konsistenz aktiviert oder ins Bewußtsein zurückgerufen werden kann. Relationen sind die Bindeglieder (engl. ‚links‘) zwischen Konzepten, die in der Textwelt zusammen auftreten; jedes Bindeglied 175 3.6 Datenaufbereitung <?page no="176"?> soll eine Bezeichnung des Konzepts tragen, mit dem es eine Verbindung herstellt […] (de Beaugrande & Dressler, 1981: 5). 5. Die Kategorie Stil/ Adressatenorientierung betrachtet den Sprachstil des Briefes und die Orientierung am Adressaten. „Wir gehen bei der Bestim‐ mung von ‚Stil‘ davon aus, daß beim Gebrauch bestimmter Muster sich bestimmte Realisierungen in bestimmten Konstellationen nahelegen“ (Rehbein, 1983: 23). Stil ist nie eine Äußerung allein oder ein Satz, eher eine systematische Abfolge von Äußerungen. Es gibt auch „Stilkonflikte“ (Rehbein, 1983: 24). Ohne Stil, der sich am gesamten Text orientiert, kann die Textfunktion vom Adressaten nicht erkannt werden (Fix, 2008: 28). Stil birgt somit den kommunikativen Zweck des Textes und teilt den Adres‐ saten mit, was die Handlung und Situation ist und wer handeln soll (Sandig, 2006: 2 f.). 6. Die Kategorie Wortwahl/ Wortschatz betrachtet „[…] die Wahl von Wör‐ tern und Redewendungen im Text, d. h. hier wird bewertet, wie variati‐ onsreich der Schreiber den deutschen Wortschatz verwenden kann“ (Neu‐ mann & Matthiesen, 2011: 23). 7. In der Kategorie Orthografie werden Fehler der Schreibweise beurteilt. Der Skalenwert 5 als höchste Beurteilung bedeutet in diesem Fall, dass keine orthografischen Fehler enthalten sind. 8. Die Kategorie Grammatik nimmt Bezug auf die Wortgrammatik. Folgende Fehlerarten werden dabei berücksichtigt: „Konjugationsfehler, Deklinati‐ onsfehler, Tempusfehler, Kasusfehler, Modusfehler, Fehler im präpositio‐ nalen Gefüge“ (Neumann & Matthiesen, 2011: 25). Der Skalenwert 1 steht für „sinnentstellend“ (ebd.), Skalenwert 2 für „kommunikationsbelastend“ (ebd.), Skalenwert 3 enthält „Komplexitätsprobleme“ (ebd.), Skalenwert 4 „gelegentliche Inkonsistenzen“ (ebd.) und der Skalenwert 5 besagt „keine Grammatikfehler“ (ebd.). Auf der Textoberfläche können grammatische Formen wie die Wahl des Tempus nach de Beaugrande und Dressler (1981: 3) die Kohäsion eines Textes herstellen. Dieses Kriterium soll im Sinne des textgrammatischen Ansatzes nach Gansel und Jürgens als kom‐ munikativ-pragmatische Bedingung gebraucht werden (Gansel & Jürgens, 2008: 55): „Texte werden nicht als isolierte, statische Objekte behandelt, sondern als kommunikative Entitäten“ (Gansel & Jürgens, 2008: 65). 9. Bei der letzten Kategorie Satzkonstruktion wird die Satzstruktur der Sätze in den Briefen untersucht. Dieses Kriterium wird separat von der Kate‐ gorie Grammatik behandelt, da die Interpunktion Satzsegmente und damit Segmentgrenzen hervorhebt (Gansel & Jürgens, 2008: 66), die für das Verstehen des Textes durch die Adressaten bedeutsam sind. 176 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="177"?> 10. Die Kategorie Handschrift entfällt für die Bewertung, da die Texte am PC geschrieben werden. Die genaue Wortanzahl/ Textlänge wird bei der Aus‐ wertung der „Inputlog“-Daten (Leijten & Van Waes, 2013) für alle Schüler genau ermittelt oder bei fehlenden Daten ergänzend nachgezählt. Die Rater erhielten zur Übung zunächst alle Schülertexte aus der Pilotierung. Diese Texte wurden nach dem beschriebenen IMOSS-Verfahren kodiert. An‐ schließend legten die Rater ihre Textbewertungen offen. Über die Einschätzung eines jeden Schülertextes wurde reflektiert. Raterabweichungen in der Übungs‐ phase wurden somit schnell erkannt und mit der Gruppe gemeinsam bespro‐ chen. Durch dieses Vorgehen sind die Benchmarktexte für das Kodierhandbuch entstanden, die Kellogg (1994: 56) für die Schulung von Ratern fordert. Im nächsten Schritt wurde die Checkliste „Kategorie I: Inhalt“ (siehe Anhang) thematisiert, die für die dichotome Auswertung der zwei Textsorten relevant war. Die Rater wurden in jedem Textmerkmal/ Aspekt geschult, um anschlie‐ ßend zur Übung mit den Pilotierungstexten dichotome Bewertungen durchzu‐ führen. Die Zahl 1 steht für „vorhanden“ und die Zahl 0 für „nicht vorhanden“. Weitere Abstufungen gab es nicht. Alle Bewertungen der Übungstexte wurden wieder gemeinsam im Seminar reflektiert, um ein einheitliches Kodieren zu ge‐ währleisten. Die Studenten werteten auch die Feedbackgespräche der Peergroups aus. Dafür erhielten sie die Tonaufnahmen. Sie kodierten, identisch mit der Check‐ liste „Kategorie I: Inhalt“, wie die Feedbackgeber die inhaltlichen Merkmale in einem Text des Feedbacknehmers beurteilten. Die dafür vorliegende Bewer‐ tungsskala erstreckte sich von „voll erreicht“, „mäßig erreicht“ bis „nicht er‐ reicht“. Hinzu kamen auch noch die Checklisten „Kategorie II: Formaler Aufbau“ und „Kategorie III: Sprache“ (siehe Anhang). Somit wurde dokumentiert, ob der betreffende Schüler von seiner Peergroup Hilfen erhalten hat und welche in‐ haltlichen, sprachlichen und formalen Textmerkmale in den Briefen schon be‐ rücksichtigt, nur mäßig oder gar nicht berücksichtigt wurden. Die Feedback‐ nehmer erhielten somit ein verbales und schriftliches Feedback, um dieses Feedback wiederum für die Überarbeitung zu nutzen. Für das letztendliche Kodieren der Schülertexte und Feedbackgespräche des Schreibprojekts teilten sich die Studenten in eine der drei Gruppen ein: Gruppe A mit vier Studenten kodierte die Schülertexte der Schüler nach dem IMOSS-Verfahren auf einer fünfstufigen Skala. Dabei wurde jeder Text doppelt kodiert. Die Rater erhielten die Schülertexte anonym und konnten sich nicht abstimmen. Sowohl Preals auch Posttexte und Übungstexte wurden komplett gemischt. Gruppe B bestand aus drei Studenten, die die inhaltlichen, sprachli‐ chen und formalen Merkmale in allen Briefen der Schüler anonym und doppelt 177 3.6 Datenaufbereitung <?page no="178"?> 4 Gerade die dichotomen Ratings hätten viel höher ausfallen müssen. Grund war nach näherer Analyse das sehr strenge Ratingverhalten eines Raters, welches nicht korrigiert wurde. Eine Korrektur führe zu noch höheren und besseren Resultaten im Bereich des inhaltlichen Lernens (Content Learning). kodierten. Gruppe C setzte sich aus zwei Studenten zusammen und kodierte die Feedbackgespräche. Alle Gruppen nahmen die Kodierungen in der zweiten Jah‐ reshälfte 2014 vor. Während der Kodierzeit gab es alle zwei Wochen Beratungs‐ stunden. Die Raterschulung war zwar durch die zeitliche Länge von zwei Semestern sehr zeitaufwändig, aber die Objektivität der Textbewertung und der Bewertung der Schülergespräche sollte gewahrt werden. Es wäre auch möglich gewesen, nur einen Prozentteil der Schülertexte doppelt blind zu werten, jedoch wurde davon abgesehen, da die Stichprobe mit knapp 500 Texten nicht allzu groß war. Die Zuverlässigkeit der Ratings wurde durch den Reliabilitätskoeffizienten Cronbachs α berechnet. Für die IMOSS-Ratings konnte (genaue Übereinstim‐ mung der fünfstufigen Skala) über alle Skalen zufriedenstellend α = .77 ermittelt und für die dichotomen Ratings der inhaltlichen Textelemente α = .67 berechnet werden. 4 Wie veranschaulicht, stand vor der Datenaufbereitung der Testinstrumente das Kategoriensystem für die Analyse der Texte und Schülergespräche. 3.6.2 Datenaufbereitung der einzelnen Testinstrumente Die Daten der Schreibprodukte mit den Variablen Wortanzahl/ Textlänge, Text‐ qualität, absolute Anzahl der inhaltlichen Merkmale der jeweiligen Textsorte, die Feedbackbogen, die Keylogg-Daten, die Video- und Audioaufnahmen sowie das Forschungstagebuch mit den subjektiven Wahrnehmungen wurden für die Be‐ rechnung wie folgt aufbereitet: ad) Schreibprodukte Für die Erfassung der Wortanzahl konnte die Software „Inputlog“ (Leijten & Van Waes, 2013) die genaue Wortanzahl präsentieren. Der Textumfang beschränkte sich bei allen Probanden auf eine Seite und war als Aufgabenstellung vorge‐ geben. Dies entspricht auch der gängigen Länge bei Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten. Um die Textlängen miteinander vergleichen zu können, wurde zunächst der Mittelwert (M) über alle Probanden hinweg pro Textsorte gebildet, sodass dieser mittlere Wertebereich das Niveau B nach Kessler und Ziener (Regelstandard) demonstrierte. Textlängen unter dem mitt‐ 178 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="179"?> 5 Die Kodiervariablen der Checklisten Formales, Sprache und Inhalt (Bewerbungsan‐ schreiben) wurden von sechs Experten im Januar 2018 (Nacherhebung) geprüft, um die Aktualität zu belegen (siehe Anhang). leren Wertebereich bilden das Niveau A (Mindeststandard). Somit ist die Ein‐ schätzung der Textlänge objektiv. Alle Schülertexte wurden dann global auf einer fünfstufigen Ratingskala von zwei unabhängigen Ratern eingeschätzt. Für den Rater waren Erhebungszeit‐ punkt, Klassenstufe und Schüler verdeckt, um Ratingeffekte vorzubeugen. Diese Einschätzung erfolgte zwar interpretativ, hatte jedoch ein Kodiermanual mit Benchmarktexten der Politierung als Grundlage. Stufe 1 bildete ein sehr geringes Schreibniveau und Stufe 5 das höchste Schreibniveau ab. Dieses wurde in meh‐ reren Untersuchungen verwendet, z. B. bei der Studie IMOSS selbst (Neumann & Matthiesen, 2011). Es sind kriteriale Beurteilungsnormen, die schon vor der Studie definiert wurden. Damit diese auf drei Kompetenzstufen eingeteilt werden können, wurde von mir folgende Einteilung vorgenommen (Giera, 2014: 7): Die Stufen 1 und 2 repräsentieren die Stufe A als verfehlter Mindest‐ standard (für Stufe 1) bzw. knapp erreichter Mindeststandard (für Stufe 2). Die Stufen 3 und 4 sind als Regelstandard und Kompetenzstufe B anzusehen. Da Stufe C und der damit verbundene Expertenstandard selten sind, wurde nur Stufe 5 bei der Globaleinschätzung für die Texte verwendet. Der Gesamtein‐ druck wird bei diesem Kodierverfahren durch Faktoren wie Orthografie, Gram‐ matik, Syntax oder Stil beeinflusst, daher wurden genau diese sprachpragmati‐ schen und -systematischen Bereiche auch noch genauer untersucht und auf der gleichen fünfstufigen Ratingskala von zwei unabhängigen Ratern beurteilt. Diese Beurteilung erforderte von den Ratern wiederholtes Durchlesen der Texte. Die im Unterricht eingesetzten Checklisten hatten zum einen die Funktion eines Beurteilungsbogens für die Peergroups, und zu, anderen dienten sie auch als Grundlage für die Rater. 5 Die inhaltlichen Textmerkmale der jeweiligen Textsorte wurden dichotom mit 0 für „nicht vorhanden“ und 1 für „vorhanden“ von zwei unabhängigen Ratern kodiert. Es wurde die absolute Häufigkeit der inhaltlichen Merkmale der einzelnen Texte ermittelt. Durch dieses Verfahren kann erhoben werden, welche inhaltlichen und im Schreibprojekt vermittelten Merkmale von den Schülern beim Schreiben besonders berücksichtigt werden und welche eher keine Verwendung finden. ad) Feedbackbogen Die Fragebogendaten wurden aus offenen und geschlossenen Antwortitems eruiert. Die Feedbackbogen beinhalten teils offene Fragen und teils geschlossene Fragen in Form verschiedener Skalen, aber überwiegend mit einer mehrstufigen 179 3.6 Datenaufbereitung <?page no="180"?> Ordinalskala. Für das ordinale Messniveau wurde eine vierstufige Ratingskala verwendet (1 = trifft gar nicht zu bis 4 = trifft völlig zu). Eine Stufe mehr oder weniger hätte zu einem Antwortverhalten mit ‚Tendenz zur Mitte‘ geführt, daher wurde eine vierstufige Skala eingesetzt. Halbe Ergebniswerte im Mittelwert kamen durch die Zusammenführung beider Raterdaten zustande. Bei geschlos‐ senen Fragen konnten die Antworten dichotom erfasst werden. Sind die Fragen offen gewesen, mussten zunächst die Antworten gesichtet und anschließend inhaltlich kodiert werden. Dabei galt es zu beachten, dass einige Antworten manchmal nicht genau doppelt verwendet wurden, jedoch vom Inhalt her ähn‐ lich gewesen sind. Die Fragebogen wurden auch von einem externen Rater ko‐ diert. Das Kodiermanual lag vor. Lediglich offene Antwortformate mussten erst durch den Kodierprozess kategorisiert und in das Kodiermanual integriert werden. ad) Keylogg-Daten Die Inputlog-Daten mussten für jeden einzelnen Schüler und geschriebenen Text abgerufen werden. Das Programm gibt lediglich ein Summary-Logging-File heraus. Nach Eingrenzung der Werte wurden nur ausgewählte Variablen der Software für die Datenaufbereitung genutzt, die im Folgenden aufgelistet werden: Teil I Prozesswerte („Process Information“) • Anzahl der Wörter („Words Total“) • Anzahl der Zeichen, inkl. der Leerzeichen („Characters Total typed incl. spaces“) • Anzahl der Zeichen, inkl. der Leerzeichen pro Minute („Characters Per Minute incl. Spaces“) Teil II Produktwerte („Product Information“) • Anzahl der Wörter („Words Total“) • Anzahl der Zeichen, inkl. der Leerzeichen („Characters Total typed incl. spaces“) • Anzahl der Zeichen, inkl. der Leerzeichen pro Minute („Characters Per Minute incl. Spaces“) Teil III Produkt-Prozess-Verhältnis • Produkt-Prozess-Verhältnis inkl. Leerzeichen („Product/ Process Pro‐ duced Ratio (incl. Spaces“) Teil IV Prozess-Zeit („Process Time“) 180 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="181"?> • Generelle Zeit („General“) • Anzahl der P-Bursts („Number of P-Bursts“) • Totale Pausenzeit („Total Pause Time“) • Anzahl der Pausen („Number of Pauses“) • Durchschnittliche Pausenzeit („Mean Pause time“) • Aktive Schreibzeit („Active Writing Time“) ad) Videoaufzeichnungen beim Modellschreiben mit der Lehrerin und der Klasse Die Transkripte der Unterrichtsvideos wurden dichotom kodiert. Jedes Ge‐ sprächssegment wurde zunächst der Gesprächsphase (Beginn, Mitte, Ende) zu‐ geteilt. Anschließend folgte die Zuweisung in gap, overlap oder Unterbrechung. Der Inhalt wurde schließlich als Frage, Antwort, Vorschlag oder Annahme kodiert. Dabei wurden Gesprächssegmente verschiedenen Sprechern zugeordnet. Zudem konnte die generelle Gesprächszeit erfasst werden. Anschließend er‐ folgte die Kodierung der inhaltlichen, formalen und sprachlichen Aspekte, die in den jeweiligen Gesprächssegmenten berücksichtigt wurden. Die Anzahl dar‐ über gibt die Quanität inhaltlicher Textelemente während des Modellierens an. ad) Audioaufnahmen während der Feedbackgespräche Zwei Rater hörten sich die Feedbackgespräche der Schüler an und kodierten jedes Gespräch mithilfe der Checkliste Inhalt. Es wurden alle im Gespräch er‐ wähnten Merkmale mit 1 = „vorhanden“ kodiert. Waren Merkmale nicht Ge‐ sprächsgegenstand, dann wurden sie von den Ratern mit 0 = „nicht vorhanden“ beurteilt. ad) subjektive Wahrnehmungen der Lehrperson Die Notizen zu den einzelnen Unterrichtsstunden wurden zunächst zeitlich und zur jeweiligen Phase des Schreibprojekts sortiert und mit allen Lerngruppen verglichen. Darauf folgte eine Zusammenführung wie in einem Forschungsta‐ gebuch, wobei besondere Momente in den jeweiligen Klassen hervorgehoben wurden. 3.7 Datenauswertung in den Teilbereichen Die Datenaufbereitung erfolgte überwiegend durch eine „deduktive Kategori‐ endefinition“ (Mayring, 2010: 83). Nur die offenen Antwortmöglichkeiten in den Fragebogen mussten einer „induktiven Kategoriendefinition“ (ebd.) folgen. Es 181 3.7 Datenauswertung in den Teilbereichen <?page no="182"?> ist hervorzuheben, dass durch den Einsatz der gleichen Auswertungskategorien mit Daten mehrerer Testinstrumente eine Vergleichbarkeit und Bezugnahme erlangt werden. Die Checklisten für inhaltliche, formale und sprachliche Krite‐ rien wurden sowohl für die Auswertung der Schülertexte als auch für die Schü‐ lergespräche und für die Transkripte der Modellingphasen verwendet. Dies folgt einer „strukturierenden Inhaltsanalyse“ (Mayring, 2010: 93), da die Kategorien vorher definiert wurden, wie das folgende Zitat genauer erläutert: Formale Strukturierung: Der Grundgedanke ist hier, dass aus dem Text bestimmte Be‐ standteile nach einem formalen, vorher festgelegten Kriterium herausgefiltert werden. Es werden nun Kodes vergeben, nach einem syntaktischen, thematischen, semantischen oder dialogischen Kriterium, wie es die Hauptfragestellung erfordert. Die Kodierregeln dazu werden in dem Kodekommentar oder Memo festgelegt (May‐ ring, 2010: 114). Deskriptive Auswertungen als erster Auswertungsschritt sind die Grundlage dafür, „inwiefern Aussagen mit den erhobenen und kodierten Informationen überhaupt getroffen werden können“ (Neumann, 2014: 65). Die Daten wurden je nach Fragestellung und Hypothesenbildung neben der deskriptiven Statistik noch weiter berechnet, wie im Folgenden zur Erklärung kurz erläutert wird (Rost, 2007): „Die ‚Standardabweichung‘ (auch ‚Streuung‘ genannt, abgekürzt ‚S‘ oder auch ‚s‘, in Zeitschriften auch ‚SD‘) ist ein statistischer Kennwert, der über die Variabilität von Messwerten informiert“ (Rost, 2007: 48). Die ANOVA-Auswertung (Varianzanalyse) wird genutzt, um Mittelwerte der verschiedenen Probandengruppen (Subgruppen) zu untersuchen. Die Varianz ist das Maß der Streuung um den Mittelwert. Die Varianzanalyse stellt somit dar, welche Gruppen sich voneinander unterscheiden und wie groß der Unter‐ schied in der Grundgesamtheit ist. Des Weiteren wird getestet, ob der Mittelwert auch in der Grundgesamtheit gleich ist. Die Varianzanalyse (analysis of variance, abgekürzt ANOVA) ist vermutlich das in der Experimentalforschung am häufigsten eingesetzte statistische Prüf‐ verfahren, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie auf bestimmte Voraussetzungs‐ verletzungen wie Abweichung von der Normalverteilung und Varianzhetero‐ genität, auch in Kombination, erstaunlich unempfindlich reagiert, so lange gleiche Zellhäufigkeiten vorliegen (Rost, 2007: 188). Diese Berechnung wurde bei allen Mittelwertvergleichen durchgeführt. Der ebenfalls eingesetzte T-Test kann bei unabhängigen Stichproben, bei zwei Fall‐ gruppen oder auch bei abhängigen Stichproben zum Einsatz kommen: 182 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="183"?> Als robust werden statistische Tests bezeichnet, wenn einige dieser Erforder‐ nisse vernachlässigt werden können, ohne dass die Validität der Resultate ernst‐ haft bezweifelt werden muss. Der vielfach verwendete T-Test (man verwendet ihn, um einen Mittelwertsunterschied zwischen zwei [unabhängigen oder ab‐ hängigen] Gruppen auf statistische Signifikanz hin zu untersuchen […]) und die Varianzanalyse […], ein Verfahren zur Untersuchung von Mittelwertsunter‐ schieden mehrerer Gruppen (der T-Test ist ein Spezialfall der Varianzanalyse), sind, wie Simulationsstudien […] nachgewiesen haben, ausgesprochen robuste Verfahren, bei denen sich nicht zu dramatische Verletzungen einiger Voraus‐ setzungen (Normalverteilung, Varianzhomogenität] kaum auf den α-Fehler aus‐ wirken (Rost, 2007: 188). Je nachdem, wie die Hypothese formuliert wurde, wurde ein T-Test entweder mit abhängigen oder mit unabhängigen Stichproben durchgeführt. Eine Korrelation gibt an, ob sich zwei Variablen gleichgerichtet verhalten. Gemessen wird der Korrelationskoeffizient. Dieser sollte nah an 1 sein und prüft, ob auch in der Grundgesamtheit ein Zusammenhang vorliegt. Der Test geht somit der Hypothese nach, ob die Variablen auch in der Grundgesamtheit einen Zusammenhang haben. „Die Korrelation ist eine Maßzahl zur Quantifizierung der Enge des Zusammenhangs zweier Merkmale“ (Rost, 2007: 19). Die Chi-Qua‐ drat- und die Kendalls-Tau-Berechnung gehören zur Gruppe der nicht-parame‐ trischen Verfahren (Rost, 2007: 188). Gerade für kleinere Stichproben sind es ge‐ eignete statistische Verfahren zur Analyse der Verteilungsfreiheit und Verteilungsunabhängigkeit (Rost, 2007: 189). In erster Linie wurden Korrelati‐ onsberechnungen mit Kendalls-Tau durchgeführt, der das niedrige Niveau ei‐ niger Ergebnisse genauer untersucht. Damit ist immer eine unterdurchschnitt‐ liche Leistung hervorgehend aus dem Mittelwert der Probanden gemeint. Die Chi-Quadrat-Berechnung nach Pearson wird für die Kreuztabelle mit vier Fel‐ dern verwendet, wenn mehr als 60 Fälle geprüft werden. Regressionsberechnungen werden durchgeführt, um die Güte des Modells sowie die Signifikanz der Ergebnisse zu testen. Das Ziel ist es, mehrere Variablen gleichzeitig zu untersuchen, um den Schätzwert für die abhängige Variable zu berechnen. Als abhängige Variable wurde oft der Gesamteindruck der Texte gewählt. Diese Art der Berechnung gibt eine Erklärung der Varianzunterschiede durch abhängige Variablen als R² an. Das Resultat 0 zeigt keinen Zusammen‐ hang, 1 einen perfekten Zusammenhang. Unter 0,3 ist weniger bedeutsam und über 0,8 sehr bedeutsam. In allen vier Bereichen wurden immer wieder Regres‐ sionsberechnungen durchgeführt, um die abhängige Variable Gesamteindruck (B001) oder auch Inhalt (C001) mit anderen Einflussvariablen zu testen. Regres‐ 183 3.7 Datenauswertung in den Teilbereichen <?page no="184"?> sionen sind ein Mittel, um Prognosen treffen zu können, damit das Schreibmo‐ dell weiterentwickelt werden kann. Durch die Signifikanzniveaus werden „Kosten-Nutzen-Erwägungen“ (Rost, 2007: 210) diskutiert. Für alle vier Untersuchungsbereiche wurden Signifikanz‐ tests zur statistischen Hypothesenüberprüfung durchgeführt. „Die statistische Signifikanz gibt wegen ihrer Abhängigkeit von der Probandenzahl keine Aus‐ kunft über die Größe der Relevanz eines Effekts“ (Rost, 2007: 212). Signifikanz‐ tests, die zweiseitig sind, meinen, dass beide Variablen in der Grundgesamtheit nicht miteinander korrelieren. Der Wert 0,000 gibt beispielsweise an, dass auch in der Grundgesamtheit eine Korrelation vorliegt: Gelangt der Forscher aufgrund seiner statistischen Analysen zu dem Schluss, dass die beobachteten Unterschiede zwischen seinen untersuchten Gruppen nur eine geringe Zufallswahrscheinlichkeit haben (der errechnete p-Wert beträgt p = 0.048 oder viel‐ leicht p = 0.009, d. h., er ist kleiner als 5 % oder vielleicht kleiner als 1 %), hat er hin‐ reichend Anlass, seine Nullhypothese H0 zurückzuweisen […] Je kleiner die Stich‐ probe gewählt wird, desto mehr wächst die Wahrscheinlichkeit, in die β-Fehler-Falle zu tappen (Rost, 2007: 83). Der β-Fehler ist der Fehler 2. Art und gibt an, dass die Nullhypothese zu Unrecht nicht verworfen wird (Rost, 2007: 83). Im Untersuchungsbereich Affect wurde zunächst die Variable Einstellung zur Aufgabe mithilfe eines Mittelwertes aus zwei Items aus dem Fragebogen 6 (siehe Kapitel 3. 3) berechnet. Es folgten für diesen Bereich ANOVA-, Signifikanzsowie T-Test-Berechnungen. Als weitere Variablen wurden Items aus dem Fragebogen 4 Ich schreibe gute Briefe sowie Ich schreibe gern am PC genauer untersucht und wie schon mit der ersten Variable gerechnet. Um Zusammenhänge mit dem Gesamteindruck (B001) und der Schreibeinstellung zu berechnen, wurden Kor‐ relationsberechnungen durchgeführt. Dafür war es jedoch nötig, die Werte zu ermitteln, die unter dem errechneten Mittelwert und somit in dem Bereich Niedriges Niveau liegen. Zum Schluss folgte eine Regressionsanalyse, um zu testen, ob der Gesamteindruck auch die Schreibeinstellung vorhersagt. Im Untersuchungsbereich Behavior wurde zunächst der Mittelwert des Ge‐ samteindrucks (B001) ermittelt und durch T-Test, Signifikanztests und ANOVA-Berechnung miteinander verglichen. Anschließend folgten als zweite und dritte Variable die Skalen Sprachsystematik und Sprachpragmatik. Die vierte Variable war die Wortanzahl, die als Produkt vorliegt. Für alle vier Variablen wurde der Mittelwert gebildet. Sofern Werte unter dem Durchschnitt lagen, ge‐ hörten sie zur Gruppe der Niedrigen Niveaus. Diese Werte konnten wiederum in Bezug auf den Zusammenhang miteinander in einer Korrelationsberechnung 184 3 Forschungsdesign & Methoden <?page no="185"?> Kendalls-Tau geprüft werden. Zum Schluss folgte die Regressionsberechnung für den Gesamteindruck (B001) als abhängige Variable und weitere berechnete Werte wie die Wortanzahl als Einschlussvariablen. Im Untersuchungsbereich Content Learning wurde zunächst der Mittelwert Inhalt (C001) verglichen (Erhebungszeitpunkte, Subgruppen). Auch für diese Variable wurde ermittelt, welche Werte im niedrigen Niveaubereich lagen. Aus den Fragebogen 2 und 3 wurden jeweils Skalen gebildet, die den Mittelwert über das Wissen der jeweiligen Textsorte abbilden. Auch aus diesen Mittelwerten wurden niedrige Niveaubereiche analysiert. Als vierte Variable folgten die Werte aus den dichotomen Ratings der enthaltenen inhaltlichen Aspekte in den Briefen. Diese Ratings ergaben einen Mittelwert und die dazugehörigen nied‐ rigen Niveaubereiche. Die vorgestellten Variablen wurden über ihren Zusam‐ menhang in Form der Signifikanztests, des T-Tests, der ANOVA-Berechnung und der Korrelationsberechnung Kendalls-Tau geprüft. Die abhängige Variable Ge‐ samteindruck (B001) sowie die Wortanzahl wurden in diese Berechnung einge‐ flochten. Eine Regressionsanalyse schloss diesen Untersuchungsbereich ab. Die Feedbackgespräche wurden nur deskriptiv ausgewertet. Im Untersuchungsbereich Metacognition wurden zunächst die relevanten Items aus dem Fragebogen 4 zu einem Mittelwert berechnet. Es sind Items zu den Teilhandlungen Überarbeiten und Planen, bei denen es sich um relevante Variablen zu diesem Untersuchungsbereich handelt. Diese wurden wiederum in der Kreuztabelle auf Korrelationen mit den Variablen Wortanzahl, Gesamtein‐ druck geprüft. Es folgte auch hier die Regressionsanalyse. Die Modellingvideos wurden nur deskriptiv ergänzend ausgewertet. Die Keylogg-Daten wie die Wortanzahl/ Prozess, Wortproportion, generelle Schreibzeit, aktive Schreibzeit, Pausenanzahl, Pausenlänge wurden als Mittelwerte ermittelt und auf Signifi‐ kanz geprüft. Dafür wurde ein T-Test verwendet, um die Unterschiede der Mit‐ telwerte zwischen Pre- und Posttest festzustellen. Des Weiteren wurden auch die durchschnittliche Pausenanzahl und die Pausenlänge für die untersuchten Schreibprozesse in jeweils fünf Schreibphasen (Linnemann, 2014: 138) ausge‐ wertet und sollten abschließend für den letzten Untersuchungsbereich ein de‐ skriptives Auswertungsbild für den Verlauf aller Schreibphasen der vier Schreib‐ aufgaben ergänzend zur Fragebogenerhebung zeigen. 185 3.7 Datenauswertung in den Teilbereichen <?page no="187"?> 4 Ergebnisse „Das routinemäßige Festhalten an traditio‐ nellen Signifikanzniveaus ist durch nichts, aber durch gar nichts, schon gar nicht durch den blöden Hinweis‚ ‚das machen doch alle so‘ zu rechtfertigen und zeugt von herrlich voll‐ endeter Gedankenlosigkeit“ (Rost, 2007: 210). Im folgenden vierten Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchungsbereiche Affect, Behavior, Content Learning und Metacognition zunächst getrennt von‐ einander vorgestellt, darüber hinaus wird auf Signifikanzniveaus hingewiesen, die über der 5 %-Schwelle liegen. 4.1 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Affect Die erste Ergebnisabbildung präsentiert die Mittelwerte zur Variable Einstellung gegenüber der Schreibaufgabe (MIN 1, MAX 4) in vier Testmomenten - Pretest (FB1) und Posttest (FB3) jeweils für die Schreibaufgaben Bewerbung und An‐ gebot. Dabei werden die Resultate der Interventionsgruppe und der Kontroll‐ gruppe getrennt voneinander betrachtet (siehe Tab. 1). 4 Ergebnisse „Das routinemäßige Festhalten an traditionellen Signifikanzniveaus ist durch nichts, aber durch gar nichts, schon gar nicht durch den blöden Hinweis‚ ‚das machen doch alle so‘ zu rechtfertigen und zeugt von herrlich vollendeter Gedankenlosigkeit“ (Rost, 2007: 210). Im folgenden vierten Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchungsbereiche Affect, Behavior, Content Learning und Metacognition zunächst getrennt voneinander vorgestellt, darüber hinaus wird auf Signifikanzniveaus hingewiesen, die über der 5 %-Schwelle liegen. 4.1 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Affect Die erste Ergebnisabbildung präsentiert die Mittelwerte zur Variable Einstellung gegenüber der Schreibaufgabe (MIN 1, MAX 4) in vier Testmomenten - Pretest (FB1) und Posttest (FB3) jeweils für die Schreibaufgaben Bewerbung und Angebot. Dabei werden die Resultate der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe getrennt voneinander betrachtet (siehe Tab. 1). Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Schreibeinstellung (Affect); Anmerkung: MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Auf den ersten Blick fällt auf, dass beide Gruppen über eine überdurchschnittlich gute Einstellung zu den Aufgaben verfügen, denn sie liegen über dem Median. Sie sind fast auf der Stufe 3 von vier verfügbaren. Weitere Details dazu sind: Die Einstellung zur Aufgabe ist im Verlauf des Schreibprojekts bei den Bewerbungen in der Interventionsgruppe von M = 2,6 (SD = 0,73) auf M = 2,6 (SD = 0,70) stabil geblieben und bei den Angeboten von M = 2,6 (SD = 0,81) auf M = 2,7 (SD = 0,98) leicht gestiegen, wenn der Pretest mit dem Posttest IG KG IG KG (n = 68) (n = 35) (n = 68) (n = 35) Einstellung (Aufgabe Bewerbung) 2,6 (0,73) 2,5 (0,81) 2,6 (0,70) 2,4 (0,86) Einstellung (Aufgabe Angebot) 2,6 (0,81) 2,8 (0,93) 2,7 (0,86) 2,2 (0,98) Gern Briefe am PC 2,9 (0,98) 3,2 (0,84) 2,9 (0,95) 2,8 (1,14) Qualitativ gute Briefe 2,6 (0,71) 2,6 (0,85) 2,8 (0,79) 2,7 (0,87) Pretest Posttest M (SD) M (SD) Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Schreibein‐ stellung (Affect); Anmerkung: MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung), IG = Interventions‐ gruppe, KG = Kontrollgruppe <?page no="188"?> 1 Befragungsresultate am Ende der Intervention zur Einstellung zur Aufgabe Posttest An‐ gebot (MIN 1/ MAX 4): Interventionsgruppe 9. Klasse M = 2,6 (SD = 0,90; n = 52); Kon‐ trollgruppe 9. Klasse M = 2,2 (SD = 0,94; n = 25); Interventionsgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 2,9 (SD = 0,66; n = 16); Kontrollgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 2,2 (SD = 1,11; n = 10) Auf den ersten Blick fällt auf, dass beide Gruppen über eine überdurchschnittlich gute Einstellung zu den Aufgaben verfügen, denn sie liegen über dem Median. Sie sind fast auf der Stufe 3 von vier verfügbaren. Weitere Details dazu sind: Die Einstellung zur Aufgabe ist im Verlauf des Schreibprojekts bei den Be‐ werbungen in der Interventionsgruppe von M = 2,6 (SD = 0,73) auf M = 2,6 (SD = 0,70) stabil geblieben und bei den Angeboten von M = 2,6 (SD = 0,81) auf M = 2,7 (SD = 0,98) leicht gestiegen, wenn der Pretest mit dem Posttest der jeweiligen Textsorte verglichen wird. Im Ergebnis verbessert die Interventions‐ gruppe jedoch ihre Einstellung zu den Aufgaben, wenn auch nur leicht. Bei der Kontrollgruppe verändert sich die Einstellung zur Schreibaufgabe bei den Be‐ werbungen von M = 2,5 (SD = 0,81) auf M = 2,4 (SD = 0,86) und bei den Angeboten von M = 2,8 (SD = 0,93) auf M = 2,2 (SD = 0,98) negativ. Es steht im Ergebnis fest, dass es beim Posttest Angebot unterschiedliche Mittelwerte zwischen der In‐ terventions- und Kontrollgruppe bei 15 % Irrtum gibt. Der T-Test belegt, dass die positive Einstellung zur Aufgabe bei der Kontrollgruppe geringer ist. Es zeigt sich, dass die Interventionsgruppe ihre Einstellung verbessert, wenn die Test‐ momente vor und nach der Intervention miteinander verglichen werden. Die Kontrollgruppe hingegen verschlechtert ihre Einstellung im Verlauf des Schreibprojekts (siehe Tab. 1). Werden beide Gruppen (Kontroll- und Interventionsgruppe) in Subgruppen feiner aufgefächert (Interventionsgruppe im neunten Jahrgang, Kontrollgruppe im neunten Jahrgang, Kontrollgruppe der Auszubildenden und Interventions‐ gruppe der Auszubildenden), bestätigt sich auch hier das Ergebnisbild: Im Pre‐ test Bewerbung gibt es zwischen den vier Subgruppen keine signifikanten Unterschiede in der Aufgabeneinstellung, diese liegt auf einem durchschnittli‐ chen Niveau bei M = 2,5 (SD = 0,77). Zwischen dem Pre- und Posttest Bewer‐ bungen können eher gleichbleibende Ergebnisse der Gruppen ermittelt werden. Es wurde im Ergebnis keine Signifikanz zwischen den Gruppen ermittelt, jedoch ist der Mittelwert der Interventionsgruppen im Posttest leicht höher als bei den Kontrollgruppen. Im Posttest der Angebote können geringe Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen und den Kontrollgruppen beobachtet werden. 1 Bei dem Posttest Angebot stellt sich heraus, dass die Interventions‐ gruppen eine positivere Einstellung als die Kontrollgruppen haben. Dieses Er‐ gebnis ist signifikant (p < .015), wenn der Mittelwert der Interventionsmit der Kontrollgruppe verglichen wird. 188 4 Ergebnisse <?page no="189"?> Es gibt zudem einen signifikanten Zusammenhang zwischen den Variablen Niedriges Niveau Gesamteindruck und Niedriges Niveau Einstellung Schreibauf‐ gabe bei der Erhebung Pretest Bewerbung, also vor der Intervention (χ² (N = 103) = p < .004* ). Das bedeutet, dass Schüler mit einer niedrigen Einstellung zur Aufgabe auch eine geringe Bewertung für ihren Text (Gesamteindruck B001) erhalten. Bei den Bewerbungen im Posttest gibt es keinen Zusammen‐ hang zwischen den Variablen Niedriges Schreibniveau und Einstellung zur Auf‐ gabe. Ein signifikanter Zusammenhang bestätigt sich dagegen auch am Ende der Intervention beim Posttest Angebot (χ² (N = 103) = p < .001* * ). Erstes Fazit: Die Einstellung zur Schreibaufgabe hat somit Einfluss auf die Gesamtbewertung des Textes, wie sich das als Resultat aus dem Pretest Be‐ werbung und Posttest Angebot zeigt. Tabelle 1 stellt weitere Ergebnisse der Untersuchungsitems dar, nämlich Ich finde, dass ich qualitative gute Briefe schreibe sowie Ich schreibe gern Briefe am PC aus dem Fragebogen Sicht des Schreibens (MIN 1, MAX 4) zu zwei Erhe‐ bungszeitpunkten (zu Beginn und am Ende der Intervention). In der Untersuchung dieser zwei Items zeigt die Interventionsgruppe schluss‐ endlich leichte Steigerungen, während die Kontrollgruppe bei einem Item eine zunehmend negativere Einstellung zum Schreiben aufbaut: Im Pretest (vor der Intervention) gibt es eine überwiegend überdurch‐ schnittlich positive Einstellung zum Schreiben, die fast auf der Stufe 3 von vier möglichen liegt. Dieses Ergebnis wurde bei der Interventionsgruppe gesteigert: Bei dem Item Ich finde, dass ich qualitativ gute Briefe schreibe von M = 2,6 (SD = 0,71; siehe Tab. 1) auf M = 2,8 (SD = 0,79), aber bei dem Item Ich schreibe gern Briefe am PC gibt es ein gleichbleibendes Resultat von M = 2,9 (SD = 0,98) auf M = 2,9 (SD = 0,95). Die Kontrollgruppe hingegen steigert sich auch leicht bei dem Item Ich finde, dass ich qualitativ gute Briefe schreibe von M = 2,6 (SD = 0,85) auf M = 2,7 (SD = 0,87), geht aber bei dem Item Ich schreibe gern Briefe am PC von M = 3,2 (SD = 0,84) auf M = 2,8 (SD = 1,14) zurück (siehe Tab. 1). Zweites Fazit: Somit zeigen diese deskriptiven Berechnungen nur sehr ge‐ ringe Effekte zugunsten der Interventionsgruppe im Bereich Affect/ Einstellung zum Schreiben von Briefen, wobei keine signifikanten Unterschiede vorliegen. Die folgende Tabelle 2 präsentiert zunächst die Ergebnisse des holistischen Ra‐ tings für den Gesamteindruck der Bewerbungen und Angebote in der Interven‐ tions- und Kontrollgruppe (MIN 1, MAX 5): 189 4.1 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Affect <?page no="190"?> der Interventionsgruppe im Bereich Affect/ Einstellung zum Schreiben von Briefen, wobei keine signifikanten Unterschiede vorliegen. Die folgende Tabelle 2 präsentiert zunächst die Ergebnisse des holistischen Ratings für den Gesamteindruck der Bewerbungen und Angebote in der Interventions- und Kontrollgruppe (MIN 1, MAX 5): Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Textqualität (Behavior); Anmerkung: MIN 1/ MAX 5 (holistische Kodierung der Schülertexte), ** (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Insgesamt liegen die Beurteilungen im Mittelfeld. Bei den Bewerbungen der Kontrollgruppe zeigen sich zwischen den beiden Messzeitpunkten gleichbleibende Ergebnisse (von M = 2,9/ SD = 0,69 auf M = 2,9/ SD = 0,64), aber bei den Angeboten ist eine deutliche Abnahme zu erkennen (von M = 2,5/ SD = 0,83 auf M = 2,0/ SD = 0,87). Es gibt eine Veränderung im Posttest der Angebote: Knapp 60 % der Kontrollgruppe schreiben Angebote auf einem niedrigeren Niveau. Die Interventionsgruppe erzielt zunächst bei den Bewerbungen auch nur gleichbleibende Schreibleistungen (von M = 2,8/ SD = 0,80 auf M = 2,8/ SD = 0,76), aber bei den Angeboten zeichnet sich eine deutliche Zunahme (von M = 2,6/ SD = 0,87 auf M = 2,9/ SD = 0,82) der holistischen Textbeurteilung ab, wie die Tabelle 2 ergänzend belegt. IG KG IG KG (n = 68) (n = 35) (n = 68) (n = 35) Gesamteindruck (Bewerbung) 2,9 (0,80) 2,9 (0,69) 2,8 (0,76) 2,9 (0,64) Gesamteindruck (Angebot) 2,6 (0,87) 2,5 (0,83) 2,9 (0,82)** 2,0 (0,87) Pretest M (SD) Posttest M (SD) Tab. 2: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Textqualität (Behavior); Anmerkung: MIN 1/ MAX 5 (holistische Kodierung der Schülertexte), ** (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Insgesamt liegen die Beurteilungen im Mittelfeld. Bei den Bewerbungen der Kontrollgruppe zeigen sich zwischen den beiden Messzeitpunkten gleichblei‐ bende Ergebnisse (von M = 2,9/ SD = 0,69 auf M = 2,9/ SD = 0,64), aber bei den Angeboten ist eine deutliche Abnahme zu erkennen (von M = 2,5/ SD = 0,83 auf M = 2,0/ SD = 0,87). Es gibt eine Veränderung im Posttest der Angebote: Knapp 60 % der Kontrollgruppe schreiben Angebote auf einem niedrigeren Niveau. Die Interventionsgruppe erzielt zunächst bei den Bewerbungen auch nur gleich‐ bleibende Schreibleistungen (von M = 2,8/ SD = 0,80 auf M = 2,8/ SD = 0,76), aber bei den Angeboten zeichnet sich eine deutliche Zunahme (von M = 2,6/ SD = 0,87 auf M = 2,9/ SD = 0,82) der holistischen Textbeurteilung ab, wie die Tabelle 2 ergänzend belegt. Drittes Fazit: Die Schreibleistungen der Interventions- und Kontrollgruppe liegen für alle Schreibaufgaben bis auf den Posttest Angebot im Mittelfeld, denn die Kontrollgruppe erzielte in dieser Textsorte nur eine unterdurchschnittliche Gesamtbeurteilung. Welcher Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamteindruck und Einstel‐ lung zur Aufgabe besteht, soll in der folgenden Korrelationstabelle mithilfe einer Korrelationsberechnung (Kendalls-Tau-b) zunächst vor der Intervention im Zusammenhang mit dem Pretest Bewerbungsanschreiben veranschaulicht werden (n = 103; siehe Tab. 3): 190 4 Ergebnisse <?page no="191"?> 2 Zudem gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamt‐ eindruck und Ich schreibe gern Briefe (p-2-seitig = .005*), der mit dem Chi-Quadrat-Test nach Pearson gefestigt wird. orte nur eine unterdurchschnittliche Gesamtbeurteilung. Welcher Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamteindruck und Einstellung zur Aufgabe besteht, soll in der folgenden Korrelationstabelle mithilfe einer Korrelationsberechnung (Kendalls-Taub) zunächst vor der Intervention im Zusammenhang mit dem Pretest Bewerbungsanschreiben veranschaulicht werden (n = 103; siehe Tab. 3): Tab. 2: Korrelationen (Kendalls-Tau-b) für die Bewerbung (Pretest); Anmerkung: 1 Niedriges Niveau 1,0 bis 2,0 (holistische Kodierung der Schülertexte; MIN 1/ MAX 5), 2 Niedriges Niveau 1,0 bis 2,0 (Schülerbefragung; MIN 1/ MAX 4), * (p < .005) Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es zwischen der holistischen Bewertung Gesamteindruck mit dem Item Einstellung zur Schreibaufgabe (niedriges Niveau) einen positiven Zusammenhang gibt (r = 0,29, p < .004*). Dies ist auch bei den Items Ich schreibe gern am PC Briefe sowie Ich schreibe gute Briefe zu erkennen (r = 0,26, p < .009). 20 Die Korrelationen für den Posttest Bewerbung und den Pretest Angebot Gesamteindruck mit den Variablen Ich schreibe gern am PC Briefe und Ich schreibe gute Briefe sind auch positiv, jedoch nicht signifikant. Allerdings gibt es weitere Zusammenhänge am Ende der Intervention beim Posttest Angebot (s. Tab. 4). 20 Zudem gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamteindruck und Ich schreibe gern Briefe (p-2-seitig = .005*), der mit dem Chi-Quadrat-Test nach Pearson gefestigt wird. Gesamteindruck 1 + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) Gesamteindruck + Qualitativ gute Briefe 2 Gesamteindruck + Gern Briefe am PC 2 Qualitativ gute Briefe + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) Gern Briefe am PC + Qualitativ gute Briefe Gern Briefe am PC + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) 0,23 0,15 0,26 0,11 r (n = 103) 0,29* 0,18 Gesamteindruck 1 + Einstellung (Aufgabe Angebot) Gesamteindruck + Qualitativ gute Briefe 2 Gesamteindruck + Gern Briefe am PC 2 Qualitativ gute Briefe + Einstellung (Aufgabe Angebot) Gern Briefe am PC + Qualitativ gute Briefe Gern Briefe am PC + Einstellung (Aufgabe Angebot) 0,32** 0,38** 0,12 (n = 103) 0,33** 0,13 0,02 r Tab. 3: Korrelationen (Kendalls-Tau-b) für die Bewerbung (Pretest); Anmerkung: 1 Nied‐ riges Niveau 1,0 bis 2,0 (holistische Kodierung der Schülertexte; MIN 1/ MAX 5), 2 Nied‐ riges Niveau 1,0 bis 2,0 (Schülerbefragung; MIN 1/ MAX 4), * (p < .005) Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es zwischen der holistischen Bewertung Gesamteindruck mit dem Item Einstellung zur Schreibaufgabe (niedriges Niveau) einen positiven Zusammenhang gibt (r = 0,29, p < .004* ). Dies ist auch bei den Items Ich schreibe gern am PC Briefe sowie Ich schreibe gute Briefe zu erkennen (r = 0,26, p < .009). 2 Die Korrelationen für den Posttest Bewerbung und den Pretest Angebot Gesamteindruck mit den Variablen Ich schreibe gern am PC Briefe und Ich schreibe gute Briefe sind auch positiv, jedoch nicht signifikant. Allerdings gibt es weitere Zusammenhänge am Ende der Intervention beim Posttest Angebot (s. Tab. 4). Drittes Fazit: Die Schreibleistungen der Interventions- und Kontrollgruppe liegen für alle Schreibaufgaben bis auf den Posttest Angebot im Mittelfeld, denn die Kontrollgruppe erzielte in dieser Textsorte nur eine unterdurchschnittliche Gesamtbeurteilung. Welcher Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamteindruck und Einstellung zur Aufgabe besteht, soll in der folgenden Korrelationstabelle mithilfe einer Korrelationsberechnung (Kendalls-Taub) zunächst vor der Intervention im Zusammenhang mit dem Pretest Bewerbungsanschreiben veranschaulicht werden (n = 103; siehe Tab. 3): Tab. 2: Korrelationen (Kendalls-Tau-b) für die Bewerbung (Pretest); Anmerkung: 1 Niedriges Niveau 1,0 bis 2,0 (holistische Kodierung der Schülertexte; MIN 1/ MAX 5), 2 Niedriges Niveau 1,0 bis 2,0 (Schülerbefragung; MIN 1/ MAX 4), * (p < .005) Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es zwischen der holistischen Bewertung Gesamteindruck mit dem Item Einstellung zur Schreibaufgabe (niedriges Niveau) einen positiven Zusammenhang gibt (r = 0,29, p < .004*). Dies ist auch bei den Items Ich schreibe gern am PC Briefe sowie Ich schreibe gute Briefe zu erkennen (r = 0,26, p < .009). 20 Die Korrelationen für den Posttest Bewerbung und den Pretest Angebot Gesamteindruck mit den Variablen Ich schreibe gern am PC Briefe und Ich schreibe gute Briefe sind auch positiv, jedoch nicht signifikant. Allerdings gibt es weitere Zusammenhänge am Ende der Intervention beim Posttest Angebot (s. Tab. 4). 20 Zudem gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen den Variablen Gesamteindruck und Ich schreibe gern Briefe (p-2-seitig = .005*), der mit dem Chi-Quadrat-Test nach Pearson gefestigt wird. Gesamteindruck 1 + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) Gesamteindruck + Qualitativ gute Briefe 2 Gesamteindruck + Gern Briefe am PC 2 Qualitativ gute Briefe + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) Gern Briefe am PC + Qualitativ gute Briefe Gern Briefe am PC + Einstellung (Aufgabe Bewerbung) 0,23 0,15 0,26 0,11 r (n = 103) 0,29* 0,18 Gesamteindruck 1 + Einstellung (Aufgabe Angebot) Gesamteindruck + Qualitativ gute Briefe 2 Gesamteindruck + Gern Briefe am PC 2 Qualitativ gute Briefe + Einstellung (Aufgabe Angebot) Gern Briefe am PC + Qualitativ gute Briefe Gern Briefe am PC + Einstellung (Aufgabe Angebot) 0,32** 0,38** 0,12 (n = 103) 0,33** 0,13 0,02 r Tab. 4: Korrelationen (Kendalls-Tau-b) für das Angebot (Posttest); Anmerkung: 1 Nied‐ riges Niveau 1,0 bis 2,0 (holistische Kodierung der Schülertexte; MIN 1/ MAX 5), 2 Nied‐ riges Niveau 1,0 bis 2,0 (Schülerbefragung; MIN 1/ MAX 4), * * (p < .001) Für den Posttest Angebot gibt es positive und signifikante Korrelationen (siehe Tab. 4). Die Berechnungen der Kreuztabelle untersuchten rechnerisch den Zu‐ sammenhang zwischen den Variablen Niedriges Niveau Gesamteindruck sowie Niedriges Niveau Einstellung. Für alle Probanden (n = 103) zeigen sich folgende 191 4.1 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Affect <?page no="192"?> 3 Die Resultate der Regressionsberechnungen für die anderen Erhebungszeitpunkte sind niedriger (Pretest Angebot R² = .12/ p < .006; Posttest Bewerbung R² = .04; Posttest An‐ gebot R² = .09). Ergebnisse: Am Ende des Schreibprojekts gibt es einen höchst signifikanten Zusammenhang zwischen der Einstellung zur Aufgabe und dem Gesamteindruck (r = 0,33; p-2-seitig = 0,001* * ). Auch korrelierten das Item Ich schreibe gute Briefe mit dem Item Einstellung zur Aufgabe höchst signifikant (r = 0,32; p-2-seitig = 0,001* * ). Viertes Fazit: Es wird damit deutlich, dass Probanden mit einer niedrigeren Einstellung zum Schreiben die durchschnittlich mittlere Stufe der Bewertungs‐ skala kaum überwinden können. Ergänzend wurde zudem weiter geprüft, ob auch die Regressionsanalyse für die Einstellung zum Schreiben einen erklärenden Zusammenhang zwischen den Va‐ riablen Gesamteindruck des Bewerbungsanschreibens im Pretest (vor der Inter‐ vention) mit den Items Positive Einstellung zum Schreiben, Ich schreibe gern Briefe am PC, Ich schreibe gute Briefe berechnet. Die Modellzusammenfassung zeigt für den Pretest Bewerbung folgendes Ergebnis: Die abhängige Variable Gesamt‐ eindruck hat eine positive Korrelation mit den drei eingeschlossenen Items (Ich schreibe gern Briefe am PC, Ich finde, dass ich qualitativ gute Briefe schreibe sowie Positive Einstellung zur Aufgabe) und kann somit durch diese erklärt werden (R² = .18). Diese berechnete Regression hat einen signifikanten Zusammenhang (p < .000* * ). 3 Die drei eingeschlossenen Items erklären somit die Varianz der Schreibleistung. Fünftes Fazit: 18 % der Unterschiede in den Schreibergebnissen können durch die Einstellung zum Schreiben (Affect) beim Pretest Bewerbung erklärt werden. Somit gibt es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung zum Schreiben und der Textqualität zu Beginn der Schreibintervention. Es wurde eingangs folgender Frage nachgegangen: F 1 : Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Schreibeinstellung und der Schreibperformanz bei den Schülern im Laufe des Schreibprojekts? Die präsentierten Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass zwischen der Schreibeinstellung (Affect) und der Schreibperformanz ein positiver Zusam‐ menhang besteht. Zusammengefasst kann für den ersten Untersuchungsbereich Affect festgestellt werden, dass folgende Hypothese gilt: 192 4 Ergebnisse <?page no="193"?> AH 1 : Sofern Schüler eine positive Einstellung zum Schreiben von Geschäfts‐ briefen besitzen, schreiben diese auch „Bewerbungsschreiben“ und „unver‐ langte Angebote“ auf einem mittleren bis hohen Niveau (Gesamteindruck) im Vergleich zu jenen mit einer negativen Einstellung zum Schreiben. 4.2 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Behavior Bei den Bewerbungen erzielt die Interventionsgruppe im Vergleich zur Va‐ riable Gesamteindruck (B001) im Pre- (M = 2,9/ SD = 0,80; MIN 1, MAX 5) und Posttest (M = 2,8/ SD = 0,76) fast gleichbleibende Ergebnisse im Mittelfeld (siehe Tab. 5). Auch die Kontrollgruppe schreibt Bewerbungen auf einem mittleren Niveau, sowohl beim Preals auch beim Posttest. Der Vergleich der Kontroll‐ gruppe mit der Interventionsgruppe ergibt keine signifikanten Unterschiede der Mittelwerte in einem T-Test. Es zeigt sich jedoch ein signifikanter Zusammen‐ hang mit der Variable Niedriges Niveau Gesamteindruck beim Pretest Bewerbung und beim Posttest Bewerbung über alle Probanden hinweg (p < .000* * ). AH 1 : Sofern Schüler eine positive Einstellung zum Schreiben von Geschäftsbriefen besitzen, schreiben diese auch „Bewerbungsschreiben“ und „unverlangte Angebote“ auf einem mittleren bis hohen Niveau (Gesamteindruck) im Vergleich zu jenen mit einer negativen Einstellung zum Schreiben. 4.2 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Behavior Bei den Bewerbungen erzielt die Interventionsgruppe im Vergleich zur Variable Gesamteindruck (B001) im Pre- (M = 2,9/ SD = 0,80; MIN 1, MAX 5) und Posttest (M = 2,8/ SD = 0,76) fast gleichbleibende Ergebnisse im Mittelfeld (siehe Tab. 5). Auch die Kontrollgruppe schreibt Bewerbungen auf einem mittleren Niveau, sowohl beim Preals auch beim Posttest. Der Vergleich der Kontrollgruppe mit der Interventionsgruppe ergibt keine signifikanten Unterschiede der Mittelwerte in einem T-Test. Es zeigt sich jedoch ein signifikanter Zusammenhang mit der Variable Niedriges Niveau Gesamteindruck beim Pretest Bewerbung und beim Posttest Bewerbung über alle Probanden hinweg (p < .000**). Tab. 4: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Textqualität (Behavior); Anmerkung: 1 MIN 1/ MAX 5 (holistische Kodierung der Schülertexte), 2 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte mit 5 Items), 3 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte mit 3 Items), ** (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Erstes Fazit: Schüler in der Interventions- und Kontrollgruppe schreiben Bewerbungen auf einem mittleren Schreibniveau, das sich nicht signifikant voneinander unterscheidet. Schüler, die eine geringe Gesamtbeurteilung im Pretest erzielt haben, schreiben auch im Posttest Bewerbungen auf einem geringen Schreibniveau. Die Untersuchung der Angebote zeigt bei der Interventionsgruppe eine Verbesserung des Gesamteindrucks (von M = 2,6/ SD = 0,87 auf M = 2,9/ SD = 0,82). Diese Verbesserung ist signifikant (p < .000**), im Gegensatz zur Kontrollgruppe. Diese verschlechtert ihren Gesamteindruck bei den Angeboten (von M = 2,5/ SD = 0,83 auf M = 2,0/ SD = 0,87). Die Anzahl der Schüler in der Interventionsgruppe mit einer IG KG IG KG (n = 68) (n = 35) (n = 68) (n = 35) Gesamteindruck Bewerbung (B001) 1 2,9 (0,80) 2,9 (0,69) 2,8 (0,76) 2,9 (0,64) Gesamteindruck Angebot (B001) 1 2,6 (0,87) 2,5 (0,83) 2,9 (0,82)** 2,0 (0,87) Sprachpragmatik (Bewerbung) 2 3,0 (0,63) 3,0 (0,56) 2,9 (0,86) 3,1 (0,53) Sprachpragmatik (Angebot) 2 2,6 (0,78) 2,7 (0,93) 3,0 (0,94) 2,0 (1,01) Sprachsystematik (Bewerbung) 3 3,0 (0,74) 3,3 (0,64) 3,0 (1,06) 3,5 (0,70) Sprachsystematik (Angebot) 3 2,8 (0,77) 3,1 (0,76) 3,2 (0,77) 2,1 (1,08) Wortanzahl (Bewerbung) 126 (36) 127 (30) 164 (34)** 114 (31) Wortanzahl (Angebot) 124 (37) 124 (44) 174 (30)** 117 (54) Pretest Posttest M (SD) M (SD) Tab. 5: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung der Textqualität (Behavior); Anmerkung: 1 MIN 1/ MAX 5 (holistische Kodierung der Schülertexte), 2 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte mit 5 Items), 3 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Ko‐ dierung der Schülertexte mit 3 Items), * * (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kon‐ trollgruppe Erstes Fazit: Schüler in der Interventions- und Kontrollgruppe schreiben Bewerbungen auf einem mittleren Schreibniveau, das sich nicht signifikant 193 4.2 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Behavior <?page no="194"?> voneinander unterscheidet. Schüler, die eine geringe Gesamtbeurteilung im Pretest erzielt haben, schreiben auch im Posttest Bewerbungen auf einem ge‐ ringen Schreibniveau. Die Untersuchung der Angebote zeigt bei der Interventionsgruppe eine Ver‐ besserung des Gesamteindrucks (von M = 2,6/ SD = 0,87 auf M = 2,9/ SD = 0,82). Diese Verbesserung ist signifikant (p < .000* * ), im Gegensatz zur Kontroll‐ gruppe. Diese verschlechtert ihren Gesamteindruck bei den Angeboten (von M = 2,5/ SD = 0,83 auf M = 2,0/ SD = 0,87). Die Anzahl der Schüler in der Inter‐ ventionsgruppe mit einer niedrigen Bewertung des Gesamteindrucks konnte im Laufe der Intervention von 41 % (n = 28) auf 21 % (n = 14) halbiert werden. Somit lernen vor allem die schwachen Schreiber (struggling writers) hinzu. Die Kontrollgruppe schreibt Angebote im Pretest überwiegend auf einem mittleren Niveau, jedoch gibt es im Posttest eine Veränderung: 63 % (n = 22) der Kontrollgruppe schreiben Angebote auf einem niedrigeren Niveau. Im Gesamt‐ eindruck ist somit bei den Angeboten im Verlauf der Intervention eine deutliche Zunahme der Kontrollschüler mit einer niedrigen Bewertung zu beobachten. Der T-Test bei unabhängigen Stichproben bestätigt, dass sich die Interventions‐ gruppe und Kontrollgruppe zunächst im Pretest nicht signifikant voneinander unterscheiden. Bei dem Posttest Angebot hingegen sind signifikante Schreib‐ leistungen beim Gesamteindruck zu beobachten (p < .000* * ; siehe Tab. 5). Zweites Fazit: Die Kontrollgruppe startet folglich wie die Interventions‐ gruppe auch bei den Angeboten im mittleren Bewertungsbereich, aber sie ver‐ schlechtert sich, während sich die Hälfte der Interventionsschüler mit einem zunächst niedrigen Schreibniveau im Posttest verbessert. Die Skalen Sprachsystematik und Sprachpragmatik (MIN 1, MAX 5) zeigen nach dem analytischen Rating folgendes Ergebnis (siehe Tab. 5): Die Interventions‐ gruppe erzielte bei den Bewerbungen im sprachsystematischen Bereich (M = 3,0/ SD = 0,74 auf M = 3,0/ SD = 1,06) und im sprachpragmatischen Bereich (von M = 3,0/ SD = 0,63 auf M = 2,9/ SD = 0,86) eine mittlere Leistung. Die Kon‐ trollgruppe zeigte im sprachsystematischen Bereich (M = 3,3/ SD = 0,64 auf M = 3,5/ SD = 0,70) und sprachpragmatischen Bereich (von M = 3,1/ SD = 0,56 auf M = 3,1/ SD = 0,53) mittlere Leistungen und leichte Steigerungen. Bei den An‐ geboten konnte sich die Interventionsgruppe im Bereich der Sprachpragmatik (M = 2,6/ SD = 0,78 auf M = 3,0/ SD = 0,94) und Sprachsystematik (M = 2,8/ SD = 0,77 auf M = 3,2/ SD = 0,77) verbessern. Die Kontrollgruppe hingegen verschlechterte sich, sowohl in der Sprachpragmatik (M = 2,7/ SD = 0,93 auf M = 2,0/ SD = 1,01) als auch stark in der Sprachsystematik (M = 3,1/ SD = 0,76 auf M = 2,1/ SD = 1,08). 194 4 Ergebnisse <?page no="195"?> Sowohl die Kontrollals auch die Interventionsgruppe weisen vor der Inter‐ vention gleiche sprachsystematische und sprachpragmatische Schreibleis‐ tungen im mittleren Bewertungsbereich auf. Dies zeigt sich auch über alle IMOSS-Kodiervariablen hinweg. Der Vergleich zwischen den Testmomenten Pre- und Posttest bei den Be‐ werbungen zeigt, wie schon beim Gesamteindruck, trotz Intervention gleich‐ bleibende Resultate. Erst die Angebote heben sich vom Pretest ab. Die Kon‐ trollgruppe verschlechterte sich, während die Interventionsgruppe sich verbesserte. Ergänzend dazu zeigt die Regressionsanalyse für den Pretest Bewerbung, dass sich die Skalen Sprachsystematik und Sprachpragmatik signifikant auf den Gesamteindruck auswirken (R² = 0,59; p < .000* * ), wobei die Korrelationsbe‐ rechnung rechnerisch ergänzt, dass der Teilbereich Sprachpragmatik (p < .893) einen signifikant höheren Einfluss auf den Gesamteindruck hat (p < .000* * ) als der Teilbereich Sprachsystematik (p < .117) hat. Bei dem Posttest Bewerbung können auch dort die beiden Skalen Sprachpragmatik und Sprachsystematik den Gesamteindruck vorhersagen (R² = 0,79; p < .000* * ). Ebenfalls bei dem Pretest Angebot gibt es in der Regressionsanalyse das Resultat, dass die Skalen Sprachpragmatik und Sprachsystematik den Gesamt‐ eindruck vorhersagen können (R² = 0,51; p < .000* * ). Bei dem Posttest Angebot können auch dort die beiden Skalen Sprachpragmatik und Sprachsystematik den Gesamteindruck vorhersagen (R² = 0,65; p < .000* * ). Drittes Fazit: Die Probanden erzielten bei der Beurteilung der Bewerbungen ein mittleres Niveau im sprachpragmatischen und -systematischen Bereich. Erst die Angebote im Posttest zeigen ein niedriges Leistungsniveau in der Kontroll‐ gruppe und eine deutliche Verbesserung in der Interventionsgruppe. Die Skalen Sprachpragmatik und -systematik sagen den Gesamteindruck eines Textes ver‐ lässlich vorher. Die Untersuchungsvariable Wortanzahl zeigt folgendes Ergebnis bei dem Ver‐ gleich der Bewerbungen (siehe Tab. 5): Die Interventionsgruppe verbesserte sich kontinuierlich vom Pretest (M = 126/ SD = 36) zum Posttest (M = 164/ SD = 34). Auch während der Intervention (M = 150/ SD = 33) konnte, verglichen mit dem Pretest, bereits eine Erhöhung der Wortanzahl als Resultat festgestellt werden. Nur 10 % (n = 7) der Probanden schrieben zwischen dem Pre- und Posttest Be‐ werbungen mit weniger Wörtern. Die Kontrollgruppe schrieb zwischen Pretest Bewerbung (M = 127/ SD = 30) und Posttest Bewerbung (M = 114/ SD = 31) weniger Wörter. Bei dem Posttest Bewerbungen zeigt sich ein signifikanter Unter‐ schied der Mittelwerte zwischen Interventions- und Kontrollgruppe (p < .000* * ), wenn der T-Test hinzugezogen wird. 195 4.2 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Behavior <?page no="196"?> Auch bei den Angeboten konnte die Interventionsgruppe ihre Wortanzahl vom Pretest (M = 124/ SD = 37) zum Posttest (M = 174/ SD = 30) erhöhen. Teilt man die Interventionsgruppe in die Subgruppe Neuntklässler (n = 52; von M = 125/ SD = 41,67 auf M = 172/ SD = 30,71) und Auszubildende (n = 16; von M = 121/ SD = 21,26 auf M = 179/ SD = 298,57) auf, zeigt sich auch dort eine kontinuierliche Verbesserung beider Gruppen, wobei sie sich dabei nicht signifikant unter‐ scheiden. Die Kontrollgruppe schrieb zwischen dem Pretest Angebot (M = 124/ SD = 44) und Posttest Angebot (M = 117/ SD = 54) weniger Wörter. Es zeigt sich zudem, dass es zwischen der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe einen signi‐ fikanten Unterschied bei der Wortanzahl im Posttest Angebot gibt (p < .000* * ). Viertes Fazit: Der Effekt der Intervention ist eindeutig anhand der Wortzahl erkennbar. Die Interventionsgruppe schrieb in den Posttests signifikant mehr Wörter als die Kontrollgruppe. Die Fragestellung für den Untersuchungsbereich Behavior lautete: • F 2 : Über welche Schreibperformanz verfügen die Schüler beim Schreiben von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten im Laufe des Schreibprojekts mithilfe des „Self-Regulated Strategy Development“-An‐ satzes? Die Probanden der Interventionsgruppe zeigten, dass sie Texte auf einem mitt‐ leren Niveau und besser verfassen können. Zudem ist ersichtlich, dass sich diese hinsichtlich der Variablen Gesamteindruck, Sprachpragmatik, Sprachsystematik und Textlänge nicht verschlechtern, sondern gerade bei den Angeboten im Post‐ test verbessern, und zwar im Gegensatz zur Kontrollgruppe. Daher kann die Nullhypothese verworfen werden und die Alternativhypothese gelten. AH 2 : Projektteilnehmende Schüler schreiben „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangte Angebote“ zu Beginn des Schreibprojekts überwiegend auf einem mittleren Niveau hinsichtlich der Variablen Gesamteindruck, Sprach‐ pragmatik, Sprachsystematik, Wortanzahl, das sie im Laufe des Schreibpro‐ jekts beibehalten oder leicht steigern. 196 4 Ergebnisse <?page no="197"?> 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning Die Interventionsgruppe gibt durch die Beantwortung der Frageitems (MIN 1, MAX 4) an, Bewerbungen zu schreiben, die den Inhalt überdurchschnittlich gut berücksichtigen (siehe Tab. 6). Es zeigt sich kaum ein Unterschied zwischen Pre- (M = 3,4/ SD = 0,54) und Posttest (M = 3,4/ SD = 0,64), vielmehr ist eine gleichbleibende Schülereinschätzung hinsichtlich der inhaltlichen Textsorten‐ kompetenz zu erkennen. AH 2 : Projektteilnehmende Schüler schreiben „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangte Angebote“ zu Beginn des Schreibprojekts überwiegend auf einem mittleren Niveau hinsichtlich der Variablen Gesamteindruck, Sprachpragmatik, Sprachsystematik, Wortanzahl, das sie im Laufe des Schreibprojekts beibehalten oder leicht steigern. 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning Die Interventionsgruppe gibt durch die Beantwortung der Frageitems (MIN 1, MAX 4) an, Bewerbungen zu schreiben, die den Inhalt überdurchschnittlich gut berücksichtigen (siehe Tab. 6). Es zeigt sich kaum ein Unterschied zwischen Pre- (M = 3,4/ SD = 0,54) und Posttest (M = 3,4/ SD = 0,64), vielmehr ist eine gleichbleibende Schülereinschätzung hinsichtlich der inhaltlichen Textsortenkompetenz zu erkennen. Tab. 5: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung des Inhaltlichen Lernens (Content Learning); Anmerkung: 1 MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung mit 12 Items), 2 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte), 3 MIN 1/ MAX 10 (analytisches Kodieren der Schülertexte), 4 MIN 1/ MAX 12 (analytisches Kodieren der Schülertexte) ** (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe IG KG IG KG (n = 68) (n = 35) (n = 68) (n = 35) Einschätzung Inhalt Bewerbung 1 3,4 (0,54) 3,3 (0,66) 3,4 (0,64) 3,0 (0,71) Einschätzung Inhalt Angebot 1 3,0 (0,65) 2,6 (0,82) 3,1 (0,67) 2,7 (0,80) Inhaltliche Gestaltung Bewerbung (C001) 2 3,3 (0,69) 3,3 (0,68) 3,1 (0,80) 3,1 (0,63) Inhaltliche Gestaltung Angebot (C001) 2 2,7 (0,85) 2,7 (0,90) 3,1 (0,82)** 2,2 (1,27) Anzahl Aspekte Bewerbung 3 6 (1,80) 6 (1,27) 8 (1,41)** 6 (1,70) Anzahl Aspekte Angebot 4 5 (2,13) 5 (1,99) 7 (2,19)** 4 (2,03) Pretest Posttest M (SD) M (SD) Tab. 6: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zur Messung des Inhaltlichen Lernens (Content Learning); Anmerkung: 1 MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung mit 12 Items), 2 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte), 3 MIN 1/ MAX 10 (analytisches Ko‐ dieren der Schülertexte), 4 MIN 1/ MAX 12 (analytisches Kodieren der Schülertexte) ** (p < .000), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Die Interventionsgruppe spricht sich damit bei der Textsorte Bewerbung eine höhere inhaltliche Kompetenz als bei dem Angebot im Pretest (M = 3,0/ SD = 0,65) und Posttest (M = 3,1/ SD = 0,67) zu. Im Pretest schreiben sich zunächst nur 3 % der Interventionsschüler und nach der Intervention 6 % der Interventi‐ onsschüler geringe inhaltliche Kenntnisse im Bereich der Bewerbung zu. Die unterdurchschnittlich geringen Einschätzungen bei den Angeboten liegen bei den Interventionsschülern im Pretest bei 18 % und im Posttest bei 15 % und sind von den Werten her somit höher als bei den Bewerbungen. Die Kontrollgruppe gibt an, Bewerbungen zu schreiben, die den Inhalt über‐ durchschnittlich gut berücksichtigen. Es gibt nur einen geringen Unterschied zwischen Pre- (M = 3,3/ SD = 0,66) und Posttest (M = 3,0/ SD = 0,71). Die Zahl der Kontrollschüler mit einer geringen Einschätzung nimmt eindeutig zu. Im Pretest lag die Anzahl bei 6 % und im Posttest hingegen bei 17 %. Die Kontrollgruppe zeigt ein nahezu gleichbleibendes Ergebnis, wenn man sie fragt, ob sie die Inhalte der Angebote schreiben und berücksichtigen kann (von M = 2,6/ SD = 0,82 auf 197 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning <?page no="198"?> 4 Kodierresultate zur Inhaltlichen Gestaltung Pretest Bewerbung (MIN 1/ MAX 5): Inter‐ ventionsgruppe 9. Klasse M = 3,2 (SD = 0,65; n = 52); Kontrollgruppe 9. Klasse M = 3,3 (SD = 0,68; n = 25); Interventionsgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 3,6 (SD = 0,77; n = 16); Kontrollgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 3,2 (SD = 0,71; n = 10) M = 2,7/ SD = 0,80). Jedoch ist ihre Einschätzung im Vergleich geringer als bei der Interventionsgruppe. Schüler, die ihre inhaltliche Textkompetenz zu den Angeboten eher als niedrig einschätzen, zeigen auch stagnierende Ergebnisse beim Posttest Angebot (34 %). Erstes Fazit: Die Probanden sprechen sich im Bereich der Bewerbungen ein hohes inhaltliches Wissen zu. Im Bereich der Angebote zeigt sich eine Verän‐ derung: Die Kontrollgruppe schätzt ihr inhaltliches Wissen als durchschnittlich ein, wobei die Zahl der Kontrollschüler mit unterdurchschnittlichem Wissen mit 34 % im Vergleich zur Interventionsgruppe hoch ist. Es zeigt sich beim Pretest Bewerbung nach der analytischen Bewertung der Schülertexte im Bereich Inhalt (C001), dass alle Schüler (n = 103) inhaltlich auf einem mittleren bis guten Niveau schreiben (M = 3,3/ SD = 0,72). Die Probanden unterscheiden sich dabei geringfügig. 4 Die Interventionsgruppe Auszubildende hebt sich leicht ab (M = 3,6/ SD = 0,77). Es liegen jedoch keine signifikanten Unterschiede vor Beginn der Intervention vor. Der Posttest Bewerbung zeigt bei der inhaltlichen Bewertung Ergebnisse im mittleren Bereich (M = 3,1/ SD = 0,75) für alle Probanden, die sich signifikant voneinander unterscheiden. Gerade die Interventionsgruppe Auszubildende hebt sich wieder von den anderen Subgruppen ab (M = 3,7/ SD = 0,75). Wird die In‐ terventionsgruppe vor und nach der Intervention (von M = 3,3/ SD = 0,69 auf M = 3,1/ SD = 0,80) mit der Kontrollgruppe (von M = 3,3/ SD = 0,68 auf M = 3,1/ SD = 0,63) verglichen, ergeben sich für diese zusammengefasst nahezu gleich‐ bleibende Ergebnisse im Bereich Inhaltliche Gestaltung (C001) bei den Bewer‐ bungen, wenn der Premit dem Posttest verglichen wird. Bei den Angeboten ist eine Veränderung nachweisbar. Die Interventions‐ gruppe verbesserte sich inhaltlich (von M = 2,7/ SD = 0,85 auf M = 3,1/ SD = 0,82) und die Kontrollgruppe verschlechterte sich (von M = 2,7/ SD = 0,90 auf M = 2,2/ SD = 1,3). Somit hebt sich im Posttest Angebot die inhaltliche Bewertung zwi‐ schen Interventionsgruppe und Kontrollgruppe um eine ganze Bewertungsstufe ab, die auch im T-Test signifikant unterschiedliche Mittelwerte zeigt (p < .000* * ). Wird nur auf die Interventionsschüler geachtet, die inhaltlich bei den Ange‐ boten unterdurchschnittlich schreiben, fällt auf, dass die Zahl abnimmt. Waren es beim Pretest Angebot noch 38 %, sind es während der Intervention nur noch 21 % und beim Posttest nur noch 16 %. Hingegen nimmt die Anzahl der 198 4 Ergebnisse <?page no="199"?> 5 Kodierresultate zur Summe der Aspekte Pretest Bewerbung (MIN 1/ MAX 10): Interven‐ tionsgruppe 9. Klasse M = 6 (SD = 1,82; n = 52); Kontrollgruppe 9. Klasse M = 6 (SD = 1,25; n = 25); Interventionsgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 7 (SD = 1,70; n = 16); Kontroll‐ gruppe 2. Ausbildungsjahr M = 6 (SD = 1,30; n = 10) Kodierresultate zur Summe der Aspekte Posttest Bewerbung (MIN 1/ MAX 10): Interven‐ tionsgruppe 9. Klasse M = 8 (SD = 1,49; n = 52); Kontrollgruppe 9. Klasse M = 5 (SD = 1,78; n = 25); Interventionsgruppe 2. Ausbildungsjahr M = 9 (SD = 0,93; n = 16); Kontroll‐ gruppe 2. Ausbildungsjahr M = 6 (SD = 1,41; n = 10) Kontrollschüler, die über ein niedriges Niveau bezüglich der inhaltlichen Ge‐ staltung (C001) verfügen, zwischen Pre- und Posttest Angebot von 13 Schü‐ lern (37,1 %) auf 23 Schüler (65,7 %) zu. Für alle vier Schreibaufgaben zeigt die Kendall-Tau-b-Berechnung ergänzend, dass es einen signifikanten Zusammen‐ hang zwischen der inhaltlichen Gestaltung des Briefes (C001) und der Gesamtbe‐ wertung des Briefes (B001) gibt (p-2-seitig = 0,000* * ). Zweites Fazit: Die Probanden schreiben inhaltlich gute Bewerbungen. Erst bei den Angeboten wird deutlich, dass die Interventionsgruppe von der Inter‐ vention profitiert und sich im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant hervor‐ hebt. Der Inhalt des Briefes wirkt sich signifikant auf die Gesamtbeurteilung aus. Es folgen nun die Ergebnisse der analytischen dichotomen Ratings zu den in‐ haltlichen Aspekten/ Elementen in den Briefen Bewerbung (MIN 1, Max 10) und Angebot (MIN 1, MAX 12; (siehe Tab. 6): Inhaltlich hat sich die Interventionsgruppe bei den Bewerbungen stark ver‐ bessert, weit über den Mittelwert von fünf Aspekten. Im Pretest erlangen die Interventionsschüler zunächst einen Mittelwert von 6 Aspekten (SD = 1,80) und nach der Intervention bei 8 (SD = 1,41). Das heißt, im Durchschnitt wurden 8 von 10 möglichen inhaltlichen Aspekten in den Bewerbungen (Posttest) be‐ rücksichtigt. Die Kontrollgruppe hatte im Pretest mit einem Mittelwert von 6 Aspekten (SD = 1,27) zunächst die gleiche Bewertung, der sich jedoch auch im Posttest nicht veränderte. 5 Werden die einzelnen inhaltlichen Aspekte des Bewerbungsanschreibens genauer untersucht, ist zu beobachten, dass 80 % aller Schüler die Aspekte Be‐ werbungsziel im Betreff (B29), Vorstellung der eigenen Person (B26), Wie auf das Unternehmen gekommen? (B23_2) besonders gut beherrschen. Die Aspekte Wie‐ derholung des Betreffs in der Einleitung (B23_1), Bitte um Einladung (B27), Ein‐ trittstermin (BZ1), Anlagen (BZ2), Schlusssatz (B28) verbesserten hingegen nur die Probanden der Interventionsgruppe. Vereinzelt wurden Verbesserungen bei den Aspekten Beschreibung der derzeitigen Tätigkeiten (B24), Begründung (B25) erzielt. Die Anzahl der Schüler, die weniger als 50 % der Aspekte berücksich‐ 199 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning <?page no="200"?> tigen, ist bei der Kontrollgruppe von 11 auf 29 % gestiegen, hingegen bei der Interventionsgruppe von 18 auf 3 % stark gesunken. Die Kontrollgruppe hat sich somit bei den inhaltlichen Bewertungen der Bewerbungen verschlechtert, ge‐ rade im niedrigen Bewertungsbereich. Im Pretest gibt es zwischen der Kontroll‐ gruppe und der Interventionsgruppe keinen signifikanten Unterschied der Mit‐ telwerte. Somit bestehen gleiche Ausgangsbedingungen. Im Posttest zeigen sich hingegen unterschiedliche Mittelwerte zwischen Interventions- und Kon‐ trollgruppe, die signifikant sind (p-2-seitig = 0,000* * ). Die Angebote wurden auch inhaltlich dichotom analytisch kodiert (siehe Tab. 6). Beim Vergleich der Probanden zeigen sich folgende Resultate: Bei den Angeboten konnte die Interventionsgruppe die Anzahl der inhaltlichen As‐ pekte/ Elemente von M = 5 (SD = 2,13) auf M = 7 (SD = 2,19) steigern (MAX 12), wenn Pre- und Posttest miteinander verglichen werden. Die Kontrollgruppe verschlechterte sich vom Pretest (M = 5/ SD = 1,99) zum Posttest (M = 4/ SD = 2,03) signifikant (p-2-seitig = 0,000* * ). Der T-Test und die ANOVA-Berechnung beim Posttest Angebot zeigen ergänzend einen signifikanten Unterschied der Mit‐ telwerte zwischen Kontroll- und Interventionsgruppe (p < .000* * ), der beim Pretest noch nicht vorhanden war. Detailliertere Ergebnisse der Subgruppen für die Anzahl der inhaltlichen Elemente in den Angeboten zeigen: Sowohl die Interventionsgruppe des neunten Jahrgangs (von M = 5/ SD = 2,12 auf M = 6/ SD = 1,90 ) als auch die Interventionsgruppe der Auszubildenden (von M = 5/ SD = 2,07 auf M = 9/ SD = 1,87 ) konnten sich stark verbessern. Es zeigt sich also, dass die Auszubildenden vor der Intervention über die gleiche Anzahl der in‐ haltlichen Textelemente in den Angeboten verfügten, sie sich jedoch stärker als die Neuntklässler verbesserten. Beide Kontrollgruppen zeigten hingegen eine Stagnierung bzw. Verschlechterung ihrer inhaltlichen Elemente in den Ange‐ boten, sowohl die Kontrollgruppe der Neuntklässler (von M = 4/ SD = 1,64 auf M = 4/ SD = 1,94 ) als auch jene der Auszubildenden (von M = 6/ SD = 1,96 auf M = 5/ SD = 2,04 ). Werden die einzelnen inhaltlichen Aspekte des Angebots genauer untersucht, ist festzustellen, dass die Aspekte P.S. (AZ1), Nachlass (AZ2), Betreffzeile (A22), Einleitung (A23_2), Vorteile des Angebots (A26), Leistungen des Angebots (A27), Aufforderung zum Kauf (A28), Anlage (AZ3) gut gelingen und von über 80 % der Schüler beherrscht werden. Die Interventionsgruppe konnte zudem die Aspekte konkrete Beschreibung Produkt/ Dienstleistung (A24) und zeitliche Beschrän‐ kung des Angebots (AZ4) verbessern. Geringere Verbesserungen gab es bei den Aspekten Wiederholung des Betreffs (A23_1) und Berücksichtigung der Ziel‐ gruppe (A25). 200 4 Ergebnisse <?page no="201"?> Unter dem Median verfassen im Pretest 74,3 %, also 26 Kontrollschüler, qua‐ litativ schlechte Angebote. Im Posttest sind es 29 Schüler, also 82,9 %. Bei der Interventionsgruppe berücksichtigen im Pretest Angebot 44 Schüler (65 %) unterdurchschnittlich viele inhaltliche Elemente. Während und nach der Inter‐ vention sinkt diese Zahl auf 20 Schüler (29 %). Drittes Fazit: Bei den Angeboten und Bewerbungen konnte die Interventi‐ onsgruppe inhaltlich gemessen an der Anzahl der Textelemente/ Aspekte signi‐ fikant dazulernen, die Kontrollgruppe hingegen verschlechterte sich. Wenn der Frage nachgegangen wird, ob es auch einen Zusammenhang zwischen dem Gesamteindruck (B001), der Inhaltlichen Gestaltung (C001), der Wortanzahl und der Anzahl der Aspekte über alle Probanden hinweg besteht, zeigt sich, dass es Korrelationen gibt: Die Korrelationen bei gepaarten Stichproben sind alle höchst signifikant (p < .000* * ). So korrelieren sowohl im Pretest Bewerbung (erster Wert) als auch im Posttest Bewerbung (zweiter Wert) die Items Inhaltliche Gestaltung mit der Wortanzahl (r = 0,62/ r = 0,51) sowie Inhaltliche Gestaltung mit dem Gesamteindruck (r = 0,54/ r = 0,75). Dieses Ergebnis lässt sich auch für den Pre‐ test Angebot und den Posttest Angebot mit den Items Inhaltliche Gestaltung mit der Wortanzahl (r = 0,54/ r = 0,58) sowie Inhaltliche Gestaltung mit dem Gesamteindruck (r = 0,64/ r = 0,76) festhalten. Es bestehen auch signifikante Kor‐ relationen bei den Angeboten im Pre- und Posttest zwischen Wortanzahl und Summe der Aspekte (r = 0,49/ r = 0,69; p-2-seitig < .000* * ). Die Korrelationsberechnungen mit Kendall-Tau-b für unterdurchschnittliche Resultate verwiesen auf signifikante Zusammenhänge im Pretest Bewerbung und Posttest Angebot mit den Variablen Wortanzahl, Gesamteindruck sowie Inhaltliche Gestaltung (p < .000* * ). Beim Pretest Bewerbung (vor der Inter‐ vention) sind die Korrelationen sehr hoch, denn Schüler mit unterdurchschnitt‐ lichem Schreibniveau (Gesamteindruck B001) haben eine geringe Wortanzahl (r = 0,41; p < .000* * ), eine geringe Anzahl an inhaltlichen Aspekten (r = 0,46; p < .000* * ) und eine geringe inhaltliche Bewertung (C001) (r = 0,63; p- 2seitig < .000* * ). Auch über alle Probanden (n = 103) hinweg korreliert die Wortanzahl signifikant mit der Anzahl der inhaltlichen Aspekte (r = 0,56; p-2-seitig < .000* * ). Korrelationen mit Kendall-Tau (siehe Tab. 7) zeigen am Ende der Interven‐ tion ebenfalls höchst signifikante Zusammenhänge zwischen der niedrigen An‐ zahl der Aspekte und der niedrigen Anzahl an Wörtern im Posttest Angebot (r = 0,40; p-2-seitig < .000* * ), zwischen dem niedrigen Gesamteindruck (B001) und dem niedrigen inhaltlichen Eindruck (C001) (r = 0,70; p-2-seitig < .000* * ) sowie zwischen dem niedrigen Niveau Inhalt (C001) und der Wortanzahl (r = 0,34; 201 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning <?page no="202"?> p-2-seitig < .001* * ). Auch die niedrige Anzahl der Aspekte zeigt einen signif‐ kanten Zusammenhang mit der inhaltlichen Bewertung (C001) (r = 0,49; p- 2seitig < .000* * ). Tab. 6: Korrelationen (Kendall-Tau-b) mit Inhaltlicher Gestaltung, Gesamteindruck, Wortanzahl & die Schülereinschätzung zum Inhalt (Angebot Posttest); Anmerkung: ** (p < .000), 1 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte), 2 MIN 1/ MAX 12 (analytisches Kodieren der Schülertexte), 3 MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung mit 12 Items) Ein signifikanter Zusammenhang besteht zwischen der Anzahl der Aspekte beim Posttest Bewerbung und dem Gesamteindruck (B001). Das heißt, wenn jemand eine geringe Anzahl an Aspekten hat, schreibt er auch signifikant auf einem niedrigen Niveau, sofern der Gesamteindruck (B001) beurteilt wird. Interessanterweise gibt es jedoch keinen signifikanten Zusammenhang mit den vorgestellten Items, wenn die Schüler über ihre Textsortenkenntnis befragt werden. Wenn in der Regressionsanalyse zusätzlich der Zusammenhang zwischen den Variablen Niedriges Niveau Gesamteindruck und der Bewertung der Aspekte, dem Inhalt (C001) sowie dem Antwortitem Inhalt untersucht wird, können folgende Beobachtungen gemacht werden: Die Regressionsanalyse zeigt, dass das geringe inhaltliche Niveau der Aspekte beim Pretest Bewerbung, also vor der Intervention, signifikant mit dem niedrigen Niveau Gesamteindruck zusammenhängt (R² = .41; p < .000**). Es zeigt sich am Ende der Intervention (beim Posttest Angebot) ebenfalls ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der inhaltlichen Aspekte und dem Gesamteindruck (B001) (R² = .56; p- 2seitig < .000**). Viertes Fazit: Die Inhaltliche Gestaltung (C001) hat einen signifikanten Zusammenhang mit dem Gesamteindruck (B001), und zwar über alle vier Texte hinweg, und sie korreliert mit der Wortanzahl und dem Gesamteindruck (B001) höchst signifikant (p < .000**). Das heißt, je mehr Inhalt die Briefe haben, desto länger sind die Briefe und desto besser ist der Gesamteindruck. Die Schülereinschätzungen hingegen weisen nur leichte Korrelationen mit dem Gesamteindruck (B001) und der inhaltlichen Beurteilung (C001) auf, die aber nicht signifikant sind. Ergänzend zu den vorgestellten Analysen wurden die Feedbackgespräche der Schüler zu ihren Schülertexten untersucht. Diese Feedbackgespräche der Schüler über ihre erste Version der Texte (Pretext) wurden mittels der Checkliste Inhalt ausgewertet, die auch in den Feedbackgesprächen der Schüler r (n = 103) Wortzahl + Gesamteindruck (B001) 1 0,35** Wortzahl + Inhaltliche Gestaltung (C001) 1 0,34** Wortzahl + Anzahl Aspekte 2 0,40** Wortzahl + Einschätzung Inhalt 3 0,10 Gesamteindruck (B001) + Inhaltliche Gestaltung (C001) 0,70** Gesamteindruck (B001) + Anzahl der Aspekte 0,57** Gesamteindruck + Einschätzung Inhalt 0,12 Inhaltliche Gestaltung (C001) + Anzahl der Aspekte 0,49** Inhaltliche Gestaltung (C001) + Einschätzung Inhalt 0,19 Tab. 7: Korrelationen (Kendall-Tau-b) mit Inhaltlicher Gestaltung, Gesamteindruck, Wortanzahl & die Schülereinschätzung zum Inhalt (Angebot Posttest); Anmerkung: * * (p & .000), 1 MIN 1/ MAX 5 (IMOSS-Kodierung der Schülertexte), 2 MIN 1/ MAX 12 (analy‐ tisches Kodieren der Schülertexte), 3 MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung mit 12 Items) Ein signifikanter Zusammenhang besteht zwischen der Anzahl der Aspekte beim Posttest Bewerbung und dem Gesamteindruck (B001). Das heißt, wenn jemand eine geringe Anzahl an Aspekten hat, schreibt er auch signifikant auf einem niedrigen Niveau, sofern der Gesamteindruck (B001) beurteilt wird. Interessan‐ terweise gibt es jedoch keinen signifikanten Zusammenhang mit den vorge‐ stellten Items, wenn die Schüler über ihre Textsortenkenntnis befragt werden. Wenn in der Regressionsanalyse zusätzlich der Zusammenhang zwischen den Variablen Niedriges Niveau Gesamteindruck und der Bewertung der Aspekte, dem Inhalt (C001) sowie dem Antwortitem Inhalt untersucht wird, können folgende Beobachtungen gemacht werden: Die Regressionsanalyse zeigt, dass das geringe inhaltliche Niveau der Aspekte beim Pretest Bewerbung, also vor der Intervention, signifikant mit dem nied‐ rigen Niveau Gesamteindruck zusammenhängt (R² = .41; p < .000* * ). Es zeigt sich am Ende der Intervention (beim Posttest Angebot) ebenfalls ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der inhaltlichen Aspekte und dem Gesamt‐ eindruck (B001) (R² = .56; p- 2seitig < .000* * ). Viertes Fazit: Die Inhaltliche Gestaltung (C001) hat einen signifikanten Zu‐ sammenhang mit dem Gesamteindruck (B001), und zwar über alle vier Texte hinweg, und sie korreliert mit der Wortanzahl und dem Gesamteindruck (B001) höchst signifikant (p < .000* * ). Das heißt, je mehr Inhalt die Briefe haben, desto länger sind die Briefe und desto besser ist der Gesamteindruck. Die Schülerein‐ 202 4 Ergebnisse <?page no="203"?> schätzungen hingegen weisen nur leichte Korrelationen mit dem Gesamtein‐ druck (B001) und der inhaltlichen Beurteilung (C001) auf, die aber nicht signifi‐ kant sind. Ergänzend zu den vorgestellten Analysen wurden die Feedbackgespräche der Schüler zu ihren Schülertexten untersucht. Diese Feedbackgespräche der Schüler über ihre erste Version der Texte (Pretext) wurden mittels der Checkliste Inhalt ausgewertet, die auch in den Feedbackgesprächen der Schüler zum Ein‐ satz kam. Jede inhaltliche Rückmeldung wurde für die vorliegende Analyse von den Ratern auf der Checkliste als „voll erreicht“ (1) oder „nicht erreicht“ (0) di‐ chotom kodiert. Es liegen Daten vor, dass 43 Schüler Rückmeldungen zu den Bewerbungen und 35 Schüler Rückmeldungen zu den Angeboten erhielten, die auf Audioauf‐ nahmen erfasst sind. Ein Teil der Daten konnte nicht ermittelt werden, da die Aufnahme entweder nicht durchgeführt wurde, mit Unterbrechungen durch‐ geführt wurde oder der Ton schwer zu verstehen ist. Insgesamt nahmen zwar alle Interventionsschüler an den Feedbackgesprächen teil, jedoch wurde nur ein Teil dieser genauer ausgewertet. Dafür wurde eine systematische Stichprobe der Interventionsgruppe gezogen (n = 10). Hierbei wurden fünf Neuntklässler und fünf Auszubildende untersucht. Diese Probanden nahmen an den Feedbackge‐ sprächen sowohl über die Bewerbung als auch über das Angebot teil. Der Schüler erhielt diese Rückmeldung und konnte sie nun weiter zur Übung nutzen, um den Pretext inhaltlich zu verbessern. Insgesamt gibt es für diese zehn Schüler nach beiden Feedbackgesprächen 64 inhaltliche Rückmeldungen. Das dichotome inhaltsanalytische Rating (0 = nicht erreicht; 1 = erreicht) ergibt, dass 36 von 64 inhaltlichen Rückmeldungen effektiv (Verbesserung des Textes vorgenommen), neun Rückmeldungen neutral (keine Veränderung des Textes vorgenommen) und 19 nicht effektiv (Verschlechterung des Textes) sind. Folgende inhaltliche Verbesserungen wurden bei den Bewerbungen am meisten vollzogen: viermal Eintrittstermin (BZ1), dreimal Wie auf das Unter‐ nehmen gekommen? (B23_2), viermal Begründung (B25), dreimal Schlusssatz (B28). Bei den Angeboten wurden überwiegend folgende inhaltliche Verbesse‐ rungen vorgenommen: siebenmal P.S. (AZ1), siebenmal Anlage (AZ3), sechsmal Nachlass (AZ2), sechsmal das Interesse/ Aufmerksamkeit des Kunden (A23_2), fünfmal Aufforderung zum Kauf (A28). Alle diese aufgeführten inhaltlichen As‐ pekte sind von den Schülern zwischen Pretest und Posttest verbessert worden, wenn die Auswertung der inhaltlichen Aspekte für die Stichprobe hinzugezogen wird. 203 4.3 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Content Learning <?page no="204"?> Fünftes Fazit: Sowohl Berufsschüler als auch Schüler aus der allgemeinbil‐ denden Schule profitieren von der Vermittlung der inhaltlichen Kriterien für das Bewerbungsanschreiben und das unverlangte Angebot. Die Auswertung der Peergroup-Gespräche verdeutlicht, dass Schüler, die sich aktiv am Feedbackge‐ spräch beteiligen, den positiven Output dieser Gespräche für ihre Texte nutzen können. So konnte anhand der Stichprobe nachgewiesen werden, dass Feed‐ backgespräche einen positiven Einfluss auf die Textqualität haben, solange die Schreiber lernen, damit umzugehen und dieses für ihre eigenen Texte wert‐ schöpfend zu nutzen. Somit zeigt sich, dass die Schülerrückmeldungen in die Überarbeitung der Übungstexte und der Posttexte überwiegend effektiv einge‐ arbeitet wurden. Die Frage für den dritten Untersuchungsbereich Content Learning lautete: • F 3 : Was wissen Schüler inhaltlich über die Textsorten Bewerbungsan‐ schreiben und unverlangtes Angebot zu Beginn und am Ende des Schreib‐ projekts (Intervention)? Es kann des Weiteren für diesen Untersuchungsbereich festgehalten und damit die Frage wie folgt beantwortet werden: Befragt man Schüler über den Kennt‐ nisstand der jeweiligen Textsorte, schätzen diese sich durchschnittlich gut im Wissen ein und verändern dies auch nicht im Posttest, auch wenn die Kenntnisse über Bewerbungen höher als die über Angebote sind. Als Ergebnis der durch‐ geführten Regressionsanalyse zeigt sich, dass es keinen signifikanten Zusam‐ menhang, sondern nur leichte positive Koeffizienten gibt. Schüler, die über ein geringes Textsortenwissen verfügen, verfassen unterdurchschnittlich kurze Be‐ werbungsanschreiben sowie unverlangte Angebote, diese sind auf einem in‐ haltlichen geringeren Niveau und mit geringerem Gesamteindruck. Es zeigt sich zudem, dass die Anzahl der Aspekte mit der Textlänge zusammenhängt. Eine niedrige Anzahl an inhaltlichen Aspekten hat zur Folge, dass weniger ge‐ schrieben wird. Wenn weniger geschrieben wird, hängt dies auch mit einer niedrigen Bewertung des Gesamteindrucks zusammen. Die Auswertung der Stichprobe zu den Feedbackgesprächen zeigt, dass diese wesentlich zur Verbes‐ serung des Textinhalts beigetragen haben. Der Untersuchungsbereich Content Learning zeigt im Ergebnis, dass die folgende Hypothese Gültigkeit hat. AH 3 : Schüler des Schreibprojekts verfügen im Vergleich zur Kontrollgruppe am Ende des Schreibprojekts über mehr Textsortenwissen zu „Bewerbungs‐ anschreiben“ und „unverlangten Angeboten“ als zu Beginn des Schreibpro‐ jekts. 204 4 Ergebnisse <?page no="205"?> 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition Es werden zunächst die Ergebnisse zum Planen vorgestellt (MIN 1, MAX 4). Aus der folgenden Tabelle 8 kann entnommen werden, dass bei der Befragung die Interventionsgruppe die Planung für die Qualität der Briefe vor der Inter‐ vention auf einem mittleren Niveau einschätzt (M = 2,9/ SD = 0,89). Nach der Intervention bleibt sie auf diesem mittleren Niveau (M = 2,7/ SD = 0,95), das sich von den anderen Subgruppen nicht signifikant unterscheidet. Die Kontroll‐ gruppe schätzt das Planen auch auf einem mittleren Niveau ein (M = 2,8/ SD = 1,00), das ebenfalls nach der fast Intervention beibehalten wird (M = 2,5/ SD = 1,04). Tab. 7: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zu den Schreibstrategien (Metacognition); Anmerkung: MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Bei der Interventionsgruppe nimmt der Anteil derer, die die Planung für die Qualität des Briefes für wichtig erachten, von 22 Schülern (32 %) auf 31 Schüler (46 %) zu. Nach der Intervention zeigt die Interventionsgruppe bei der Frage, ob die Planung für die Qualität des Briefes wichtig sei, einen leichten Rückgang von 67 % auf 54 %. Die Einstellung zum Überarbeiten unterscheidet sich vor der Intervention nicht. Sowohl bei der Interventionsgruppe (M = 3,0/ SD = 0,84) als auch bei der Kontrollgruppe (M = 3,0/ SD = 0,71) sind die Schüler dem Überarbeiten gegenüber überdurchschnittlich positiv eingestellt. Nach der Intervention ist in der Kontrollgruppe ein kleiner Rückgang bezüglich dieser Einschätzung zu beobachten (M = 2,5/ SD = 1,04). Die Interventionsgruppe behält eher die positive Einstellung zum Überarbeiten (M = 2,9/ SD = 0,94) bei. Zwischen den Probanden der Interventions- und Kontrollgruppe gibt es jedoch keinen signifikanten Unterschied der Mittelwerte. Die Tabelle zeigt weitere Resultate der Befragung zu den Teilbereichen Planung und Überarbeitung vor und nach der Intervention (siehe Tab. 8: Vor der Intervention planen die Interventionsschüler weniger per Hand (M = 2,17/ SD = 0,99) oder IG KG IG KG (n = 68) (n = 35) (n = 68) (n = 35) Planung für die Qualität 2,9 (0,89) 2,8 (1,00) 2,7 (0,95) 2,5 (1,04) Überarbeitung für die Qualität 3,0 (0,84) 3,0 (0,71) 2,9 (0,94) 2,5 (1,04) Planen handschriftlich 2,1 (0,99) 2,1 (1,21) 1,9 (1,02) 2,0 (1,04) Planen am PC 2,0 (1,04) 2,0 (1,18) 1,9 (1,04) 2,0 (1,12) Reihenfolge klar 2,8 (0,77) 2,8 (0,73) 2,8 (0,88) 2,4 (1,03) vorher nachdenken 3,0 (1,02) 2,9 (0,81) 2,7 (0,94) 2,5 (0,98) ohne Planung sofort beginnen 2,3 (1,03) 2,6 (1,03) 2,5 (0,99) 2,7 (1,13) in einem Zug schreiben, dann überarbeiten 2,7 (1,10) 2,6 (1,00) 2,8 (1,03) 2,7 (1,08) Überarbeitung zum Schluss 1,7 (0,93) 1,9 (0,99) 2,2 (1,05) 2,3 (1,01) Überarbeitung zwischendurch 3,0 (0,93) 3,0 (0,91) 2,8 (0,99) 2,4 (1,07) Überarbeitung allein 2,9 (0,93) 2,9 (0,82) 3,0 (0,87) 2,8 (1,02) Überarbeitung mit Familie 2,0 (0,89) 2,1 (0,94) 2,3 (1,05) 2,1 (1,14) Überarbeitung Mitschüler 2,0 (0,92) 2,1 (0,94) 2,1 (1,00) 1,9 (0,90) Überarbeitung Betrieb 1,9 (1,04) 2,0 (0,92) 2,1 (1,13) 2,0 (1,09) Überarbeitung Lehrer 2,0 (0,92) 2,3 (0,98) 2,2 (0,99) 1,8 (0,96) M (SD) M (SD) Pretest Posttest Tab. 8: Mittelwerte und Standardabweichungen der Items zu den Schreibstrategien (Me‐ tacognition); Anmerkung: MIN 1/ MAX 4 (Schülerbefragung), IG = Interventionsgruppe, KG = Kontrollgruppe Bei der Interventionsgruppe nimmt der Anteil derer, die die Planung für die Qualität des Briefes für wichtig erachten, von 22 Schülern (32 %) auf 31 Schüler (46 %) zu. Nach der Intervention zeigt die Interventionsgruppe bei der Frage, ob die Planung für die Qualität des Briefes wichtig sei, einen leichten Rückgang von 67 % auf 54 %. Die Einstellung zum Überarbeiten unterscheidet sich vor der Intervention nicht. Sowohl bei der Interventionsgruppe (M = 3,0/ SD = 0,84) als auch bei der Kontrollgruppe (M = 3,0/ SD = 0,71) sind die Schüler dem Über‐ 205 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="206"?> arbeiten gegenüber überdurchschnittlich positiv eingestellt. Nach der Inter‐ vention ist in der Kontrollgruppe ein kleiner Rückgang bezüglich dieser Ein‐ schätzung zu beobachten (M = 2,5/ SD = 1,04). Die Interventionsgruppe behält eher die positive Einstellung zum Überarbeiten (M = 2,9/ SD = 0,94) bei. Zwischen den Probanden der Interventions- und Kontrollgruppe gibt es jedoch keinen si‐ gnifikanten Unterschied der Mittelwerte. Die Tabelle zeigt weitere Resultate der Befragung zu den Teilbereichen Pla‐ nung und Überarbeitung vor und nach der Intervention (siehe Tab. 8: Vor der Intervention planen die Interventionsschüler weniger per Hand (M = 2,17/ SD = 0,99) oder am PC (M = 2,0/ SD = 1,04), sie denken jedoch vorher nach (M = 3,0/ SD = 1,02) und wissen, wie die Reihenfolge für das Schreiben (M = 2,8/ SD = 0,77) ist. Zwei Drittel der Interventionsgruppe finden die Planung für die Textqualität wichtig (M = 2,9/ SD = 0,89). Jedoch würde auch die Mehrheit ohne Planung sofort beginnen (M = 2,3/ SD = 1,03). Vor der Intervention dominiert eher das Schreiben in einem Zug und dann Überarbeiten (M = 2,7/ SD = 1,10). Es wird überwiegend zwischendurch überarbeitet (M = 2,9/ SD = 0,93). Wenn über‐ arbeitet wird, dann allein (M = 2,9/ SD = 0,93) und weniger im Betrieb (M = 1,9/ SD = 1,04), bzw. mit Mitschülern (M = 2,0/ SD = 0,92), Eltern (M = 2,0/ SD = 0,89) oder Lehrern (M = 2,0/ SD = 0,92). Den Schülern ist bewusst, dass das Überarbeiten hilft (M = 3,0/ SD = 0,84). Nach der Intervention gibt die Interventionsgruppe mit fast gleichblei‐ benden Werten an, dass sie das Überarbeiten für die Textqualität überwiegend als wichtig erachtet (M = 2,9/ SD = 0,94). Beim Überarbeiten helfen aus Schüler‐ sicht weniger die Lehrer (M = 2,2/ SD = 0,99), Familie (M = 2,3/ SD = 1,05), Mit‐ schüler (M = 2,1/ SD = 1,00) oder der Betrieb (M = 2,1/ SD = 1,13). Unverändert bleibt wie schon vor der Intervention, dass sie überwiegend allein (M = 3,0/ SD = 0,87), zwischendurch (M = 2,8/ SD = 0,99) und weniger zum Schluss über‐ arbeiten (M = 2,2/ SD = 1,05), aber interessanterweise in einem Zug schreiben und dann überarbeiten (M = 2,8/ SD = 1,03) folgt. Sowohl die Kontrollals auch die Interventionsgruppe zeigen eine relativ hohe Zustimmung hinsichtlich der Planung, wobei das Überarbeiten als etwas relevanter eingeschätzt wird. Die Interventionsgruppe weist beim Item Vorplanung hilft Textqualität gleichblei‐ bende Ergebnisse zwischen den Momenten vor (M = 2,9/ SD = 0,89) und nach der Intervention (M = 2,7/ SD = 0,95) auf. Die Kontrollgruppe zeigt im Vergleich dazu auch mittlere Resultate (M = 2,8/ SD = 1,00; M = 2,5/ SD = 1,04). Eine Veränderung ist hingegen bei dem Item Überarbeiten hilft zu beobachten. Die Interventions‐ gruppe zeigt stabile Mittelwerte zwischen Pretest (M = 3,0/ SD = 0,84) und Post‐ test (M = 2,9/ SD = 0,94). Bei der Kontrollgruppe ist eine eindeutige Abnahme zwischen Pretest (M = 3,0/ SD = 0,71) und Posttest (M = 2,5/ SD = 1,04) zu kon‐ 206 4 Ergebnisse <?page no="207"?> statieren. Beim Vergleich der Gruppen zeigen sich jedoch keine signifikanten Unterschiede der Mittelwerte. Erstes Fazit: Die Probanden planen und überarbeiten aus ihrer Sicht auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Es gibt dabei zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe keinen signifikanten Unterschied im Laufe des Projekts. Die Berechnungen der Korrelationen mit Kendall Tau und Spearman Rho können in ihren Resultaten im Pretest Bewerbung darstellen, dass die Schüler nicht wahrnehmen, dass sie ihre Texte planen und überarbeiten. Teilweise finden sich negative Korrelationen zwischen der Wortanzahl und der Schreibstrategie wie dem Überarbeiten (r = -0,06; p-2-seitig = .650). Jedoch zeigen sich zwischen den Variablen Überarbeiten und Planung signifikante Korrelationen (r = 0,36; p-2-seitig = .003), was nach der Intervention und auch im Pretest Angebot bestehen bleibt. Ein durchgeführter Chi-Quadrat-Test und die dazugehörigen Kreuztabellen ergeben keinen Zusammenhang mit den Strategien Planung und Überarbeitung sowie Niedriges Niveau Gesamteindruck. Auch die durchgeführten Regressionsanalysen können für das Planen und Überarbeiten keine Vorhersage hinsichtlich der Textqualität geben. Zweites Fazit: In der gezogenen Stichprobe hat sich erwiesen, dass es keinen Zusammenhang mit den Planungs- oder Überarbeitungsstrategien sowie der Wortanzahl und dem Gesamteindruck gibt. Das heißt: Die Schüler geben unverändert und nicht mit deutlicher Zunahme verbunden an, dass sie planen und überarbeiten, obwohl nachgewiesen wurde, dass sie durch die Intervention ihre Pretexte überarbeitet haben und mehr Wörter geschrieben haben, was zu einer höheren Textqualität führte. Sie schätzen zudem das Planen überdurchschnittlich hoch und das Überarbeiten sogar noch ein wenig höher als relevante Schreibstrategie ein. Die Schüler planen und überarbeiten nach der Intervention nicht weniger als vor der Inter‐ vention. Die relevanten Items dafür bleiben auf einem mittleren bis hohen Ni‐ veau. Die Wortanzahl und Textqualität nehmen zwar zu, es ist jedoch kein si‐ gnifikanter Zusammenhang zwischen Gesamteindruck und den Strategien Planen oder Überarbeiten sowie der Wortanzahl nachgewiesen worden. Es folgt die genauere Analyse der Performanz des Planens und Überarbeitens mit den Ergebnissen der Keylogg-Daten in der Interventionsgruppe (n = 40; siehe Tab. 9): 207 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="208"?> Zusammenhang zwischen Gesamteindruck und den Strategien Planen oder Überarbeiten sowie der Wortanzahl nachgewiesen worden. Es folgt die genauere Analyse der Performanz des Planens und Überarbeitens mit den Ergebnissen der Keylogg-Daten in der Interventionsgruppe (n = 40; siehe Tab. 9): Tab. 8: Mittelwerte und Standardabweichungen der Keylogg-Ergebnisse; Anmerkung: ** (p < .000) Vergleicht man die produzierten Wörter zwischen Pretest (M = 170/ SD = 51) und Posttest (M = 197/ SD = 69), dann zeigt sich, dass beim Schreiben der Bewerbungen mehr Wörter produziert wurden. Dies bestätigt sich auch bei den Angeboten im Pret- (M = 161/ SD = 66) und Potsttest (M = 226/ SD = 62), wobei bei den Angeboten mehr Wörter produziert wurden als bei den Bewerbungen. Der Vergleich der Pretests zeigt, dass auch bei der unbekannten Textsorte Angebot fast genauso viel geschrieben wird wie bei der bekannten, nämlich der Bewerbung. Es konnte eine signifikante Steigerung der Mittelwerte bei den Angeboten ermittelt werden, wenn die Mittelwerte durch den T-Test bei einer Stichprobe miteinander verglichen werden (p- 2seitig < .000**). Die Wortproportion liegt bei allen vier Schreibaufgaben zwischen M = 0,81 (SD = 0,42) und M = 0,84 (SD = 0,38). Das heißt, knapp 80 % aller geschriebenen Wörter werden zum Schluss für das Produkt verwendet. Demzufolge wird überarbeitet. Die aktive Schreibzeit bleibt zwischen Pre- (M = 23 Min./ SD = 6,28) und Posttest Bewerbung (M = 22 Min./ SD = 8,15) fast gleich. Die gesamte Schreibzeit bei den Bewerbungen stagniert bei 38 Minuten (SD = 9,31) im Pretest und 39 Minuten (SD = 13,73) im Potstest. Bei den Angeboten gibt es eine signifikante Veränderung der Pretest Posttest M (SD) M (SD) Wortproduktion Bewerbung 170 (51) 197 (69) Wortproduktion Angebot 161 (66) 226 (62)** aktive Schreibzeit Bewerbung (in Min.) 22,55 (6,28) 21,95 (8,15) aktive Schreibzeit Angebot (in Min.) 19,49 (7,92) 25,38 (10,19)** gesamte Schreibzeit Bewerbung (in Min.) 38,38 (9,31) 39,73 (13,73) gesamte Schreibzeit Angebot (in Min.) 41,20 (15,05) 46,90 (15,27)** Anzahl P-Burts Bewerbung 54,10 (18,36) 48,23 (15,78) Anzahl P-Burts Angebot 52,98 (18,63) 56,88 (21,26) Anzahl der Pausen Bewerbung 53,31 (18,44) 47,44 (16,32) Anzahl der Pausen Angebot 52,15 (19,17) 56,24 (21,41) Tab. 9: Mittelwerte und Standardabweichungen der Keylogg-Ergebnisse; Anmerkung: * * (p < .000) Vergleicht man die produzierten Wörter zwischen Pretest (M = 170/ SD = 51) und Posttest (M = 197/ SD = 69), dann zeigt sich, dass beim Schreiben der Bewer‐ bungen mehr Wörter produziert wurden. Dies bestätigt sich auch bei den An‐ geboten im Pret- (M = 161/ SD = 66) und Potsttest (M = 226/ SD = 62), wobei bei den Angeboten mehr Wörter produziert wurden als bei den Bewerbungen. Der Vergleich der Pretests zeigt, dass auch bei der unbekannten Textsorte Angebot fast genauso viel geschrieben wird wie bei der bekannten, nämlich der Bewer‐ bung. Es konnte eine signifikante Steigerung der Mittelwerte bei den Angeboten ermittelt werden, wenn die Mittelwerte durch den T-Test bei einer Stichprobe miteinander verglichen werden (p- 2seitig < .000* * ). Die Wortproportion liegt bei allen vier Schreibaufgaben zwischen M = 0,81 (SD = 0,42) und M = 0,84 (SD = 0,38). Das heißt, knapp 80 % aller geschriebenen Wörter werden zum Schluss für das Produkt verwendet. Demzufolge wird über‐ arbeitet. Die aktive Schreibzeit bleibt zwischen Pre- (M = 23 Min./ SD = 6,28) und Post‐ test Bewerbung (M = 22 Min./ SD = 8,15) fast gleich. Die gesamte Schreibzeit bei den Bewerbungen stagniert bei 38 Minuten (SD = 9,31) im Pretest und 39 Minuten (SD = 13,73) im Potstest. Bei den Ange‐ boten gibt es eine signifikante Veränderung der Mittelwerte (p < .000* * ): Werden im Pretest Angebot im Durchschnitt noch insgesamt M = 41 Minuten (SD = 15,05) geschrieben, erhöht sich die Schreibzeit im Posttest Angebot um 6 Minuten auf M = 47 Minuten (SD = 15,78). Bei den Angeboten erhöht sich auch die durchschnittliche aktive Schreibzeit signifikant von M = 19 (SD = 7,92) auf M = 25 Minuten (SD = 10,19; p-2-seitig < .000* * ). 208 4 Ergebnisse <?page no="209"?> Drittes Fazit: Es können positive Effekte des Schreibprojekts wahrge‐ nommen werden. Die Interventionsschüler zeigen, dass sie im Laufe des Projekts signifikant mehr Wörter in den Posttests Bewerbung und Angebot schreiben. Sie überarbeiten und verwerfen fast 20 % ihres Textes. Die Schreibzeit erhöht sich signifikant nur bei dem Angebot. Die Analyse der Pausenanzahl und der Pausenzeit als Variablen zeigt Planungs‐ phasen durch die Zunahme von Pausen gerade am Anfang des Schreibprozesses (die ersten zwei Intervalle). Revisionsphasen werden durch die Zunahme der Wörter im Prozess, der aktiven Schreibzeit und der Wörterproportion wahrge‐ nommen. Zudem werden Pausen für das Überarbeiten eher zum Ende des Schreibprozesses (die letzten zwei Intervalle) ermittelt. Jeder Schreibprozess wird somit in fünf gleichmäßige Schreibintervalle geteilt. Dieses Vorgehen er‐ folgt durch die Software Inputlog automatisch. Durch diese Einstellung können für alle Schreibintervalle das Pausen- und das Schreibverhalten genauer unter‐ sucht werden. Es folgen die Erläuterungen der Ergebnisse (siehe Tab. 8) sowie die dazuge‐ hörigen Abbildungen (38 und 39). Im Ergebnis zeigt sich, dass die Anzahl der Pausen im Laufe des Schreibprojekts über alle Schreibaufgaben hinweg mehr‐ fach bei elf pro Schreibintervall liegt. Bei den Bewerbungen nimmt die Anzahl der Pausen zwischen Pre- (M = 43) und Posttest (M = 33), ab jedoch verlängern sie sich leicht von durchschnittlich 18 auf 22 Sekunden (s. Tab. 8). Abb. 38: Pausenanzahl für Angebote & Bewerbungen (Pre-/ Posttest, n = 40) 209 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="210"?> Abb. 39: Pausenzeit für Angebote & Bewerbungen (Pre-/ Posttest, n = 40) Die Anzahl der Pausen am Anfang des Schreibprozesses bei den Bewerbungen liegt bei knapp elf, die Pausenzeit bei 16 Sekunden (siehe Abb. 38 und 39). Im Posttest ist die Anzahl der Pausen um knapp zwei Pausen geringer, dafür ver‐ doppelt sich die Pausenzeit im ersten Intervall auf 35 Sekunden. Folglich nimmt im ersten Intervall zwischen Pre- und Posttest die Pausenzeit pro Pause um das Doppelte zu. Das zweite Intervall ist ähnlich wie beim Pretest, elf Pausen und 18 Sekunden pro Pause wurden ermittelt. Die Anzahl der Pausen am Ende des Schreibprozesses liegt im Pretest bei knapp zehn (Intervall 4) bis neun Pausen (Intervall 5). Die Pausenlänge steigert sich von 22 Sekunden bei Intervall 4 auf 31 Sekunden bei Intervall 5. Im Posttest verringert sich die Pausenzahl noch einmal im Gegensatz zu den ersten Inter‐ vallen. Die Anzahl liegt zwischen knapp zehn (Intervall 4) und sieben (Intervall 5) Pausen, wobei sich die Pausenzeit gerade im Intervall 5 im Vergleich zu In‐ tervall 4 stark erhöht. Daher werden zum Schluss weniger Pausen durchgeführt, dafür jedoch längere als bei Intervall 4. Bei den Angeboten nimmt die Anzahl der Pausen zwischen Pretest und Posttest leicht zu. Im Vergleich zum Posttest Bewerbung sind es über den ge‐ samten Schreibprozess knapp zehn Pausen mehr (s. Tabelle 8). Die Anzahl der Pausen zu Beginn des Schreibprozesses liegt beim Pretest Angebot in den ersten zwei Intervallen bei knapp elf mit einer durchschnittlichen Pausenzeit von 27 bis 29 Sekunden (siehe Abb. 38 und 39). 210 4 Ergebnisse <?page no="211"?> Die Anzahl der Pausen am Ende des Schreibprozesses liegt im vierten Intervall bei knapp elf mit 23 Sekunden im Durchschnitt je Pause. Im fünften und letzten Intervall hingegen verringert sich die Pausenanzahl auf sieben mit knapp 38 Sekunden pro Pause. Im Posttest Angebot bleibt die Anzahl der Pausen zwar ziemlich gleich, aber die Pausenzeit pro Pause verdoppelt sich im vierten Inter‐ vall von 23 auf 49 Sekunden und im fünften Intervall von 37 auf über 52 Se‐ kunden. Viertes Fazit: Anhand der Ergebnisse kann erkannt werden, dass diese vom ersten Prezum letzten Posttest weitgehend weniger linear verlaufen, sondern zum Ende des Schreibprozesses hin eine eindeutige Steigung bei der Pausen‐ länge und ein Abfall bei der Anzahl der Pausen zu erkennen ist. Die folgenden vier Abbildungen fassen auf einen Blick das Verhältnis der Pau‐ senanzahl und der Pausenlänge pro Schreibaufgabe grafisch zusammen. In der ersten der folgenden vier Abbildungen wird der Schreibprozess des Pre‐ tests Bewerbung dargestellt (siehe Abb. 40). Es zeigt sich, dass die Aufgabe in den ersten Intervallen nicht lange geplant wird. Die Anzahl und Länge der Pausen sind am Schreibprozessbeginn im Gegensatz zum Ende des Schreibprozesses gering. Zum Ende hin sind längere Pausenzeiten feststellbar. Abb. 40: Verhältnis Pausenanzahl/ -länge beim Bewerbungsanschreiben (Pretest, n = 40) In der Abbildung 41 wird der Schreibprozess des Posttests Bewerbung grafisch dargestellt. Dieser hebt sich von den anderen Schreibprozessen eindeutig ab. Zu Beginn und am Ende gibt es sehr lange Pausenzeiten. Die Anzahl der Pausen bleibt ziemlich linear, wobei sie in der Mitte des Schreibprozesses am häufigsten zu beobachten sind. 211 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="212"?> Abb. 41: Verhältnis Pausenanzahl/ -länge beim Bewerbungsanschreiben (Posttest, n = 40) In der Abbildung 42 wird der Schreibprozess des Pretests Angebot dargestellt. Im Vergleich zum Pretest Bewerbung können viele und lange Pausen zu Beginn und auch am Ende des Schreibprozesses wahrgenommen werden. Abb. 42: Verhältnis Pausenanzahl/ -länge beim Angebot (Pretest, n = 40) In der Abbildung 43 wird der Schreibprozess des Posttests Angebot grafisch prä‐ sentiert. Zu Beginn gibt es eher wenige Pausen. Zum Ende des Schreibprozesses können zeitlich lange Pausen festgestellt werden. 212 4 Ergebnisse <?page no="213"?> 6 Dieser Punkt wird im Kapitel 5.1 diskutiert. Abb. 43: Verhältnis Pausenanzahl/ -länge beim Angebot (Posttest, n = 40) Fünftes Fazit: Betrachtet man alle vier Abbildungen zu den Schreibproz‐ essen, kann festgestellt werden, dass bei bekannten Schreibaufgaben und den damit verbundenen routinierten Schreibhandlungen ein prototypisches Sche‐ renmodell zu beobachten ist. Das bedeutet, dass zu Beginn der Schreibphase die Pausenanzahl geringer ist als am Ende des Schreibprozesses. Auch die Pausen‐ zeit ist zu Beginn geringer als zum Schluss, wobei in Richtung der Mitte des Schreibprozesses die Pausenzeit und -länge am geringsten sind. Dies wird aus der Abbildung Pretest Bewerbung und Posttest Angebot ersichtlich. Ein Talmo‐ dell lässt sich hingegen bei eher unroutinierten Aufgabenstellungen sehen, wie es sich bei dem Pretest Angebot zeigt. Auch wenn die Bewerbung bekannt ist, konnte eine Verzögerung des Schreibprozesses beim Posttest beobachtet werden, die auf die sehr lange Pausenzeit im ersten Intervall zurückzuführen ist. 6 Sowohl zu Beginn als auch am Ende des Schreibprozesses ist eine hohe Pausenzeit zu beobachten, die konträr zur Pausenanzahl steht. In der Schreib‐ prozessmitte nähern sich die Werte der Pausenzeit und -anzahl an. Daher ent‐ steht ein Tal. Neben den vorgestellten Berechnungen wurden auch Unterrichtsvideos zur Mo‐ dellingphase ausgewertet. Die Sitzordnung war frontal ausgerichtet. Der Leh‐ rertisch stand zentral und verfügte über einen Beamer und Laptop sowie eine Tafel und Flipchart, wo die ABC-Liste und die Checklisten zu sehen waren. Die Schüler saßen an kleinen Gruppentischen und hatten ihre Projektunterlagen bei sich. 213 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="214"?> Die Auswertung der Videos bei den Neuntklässlern zeigt, dass diese bei den Bewerbungsanschreiben für die Planung im ersten Teil 17 Minuten benö‐ tigten und für die Revisionen in der folgenden Stunde 25 Minuten, sodass für den Modellingtext insgesamt 42 Minuten Unterrichtszeit gebraucht wurden. Insgesamt konnten 361 Sprechakte transkribiert werden. Neben der Lehrperson, die das Modelling durchführte, nahmen 14 Schüler (vier Schülerinnen und zehn Schüler) aktiv an der Gestaltung des Textes teil, wobei die Lehrperson mit einer Anzahl von 181 Sprechakten den höchsten Redeanteil hatte. Jeder Akt wurde kodiert und konnte je nach Inhalt auch mehrere Kodierungen haben. Die Vor‐ schläge (151) überwogen frequenzmäßig. Fragen (101) und Antworten (99) ba‐ lancierten sich als komplementäre Sprechakte aus. Von den Vorschlägen (151) wurde die Mehrzahl angenommen (102) und für den Text genutzt, nur wenige Verwerfungen (18) konnten ermittelt werden. Die Unterbrechungen waren sehr gering (25), wenn daran gedacht wird, dass ganze Klassen der Modellingphase beiwohnten. Die Interventionsschüler arbeiteten während des Projekts mit drei Checklisten (Inhalt, Formales und Sprache). Auch beim Modelling wurde zum Planen und Überarbeiten mit diesen Listen gearbeitet. Die Analyse der Videos zeigt, dass beim Modelling auf alle 19 inhaltlichen Aspekte einer Bewerbung eingegangen wurde. Der formale Aufbau wurde mit insgesamt 18 Aspekten zur Gestaltung eines DIN-Norm-gerechten Briefes berücksichtigt. Beim Model‐ lieren wurde auf zehn von 14 sprachlichen Aspekten der letzten Checkliste ein‐ gegangen. Es wurde dabei nicht explizit auf Fremdwörter, Satzzeichen, Nomina‐ lisierungen sowie rhetorische Fragen verwiesen. Sehr ausführlich mit einer hohen Anzahl an Sprechakten wurde u. a. auf die Begründung für die Bewerbung, die Vorstellung der eigenen Person, die Bitte um Einladung, den einleitenden Satz, die Gliederung des Briefes, den Umfang, die Schriftgröße, die Grußzeile, den Sprach‐ stil, den Satzbau, die Rechtschreibung und das Vermeiden von Wiederholungen eingegangen. Für den Modellingtext Angebot wurden insgesamt 27 Minuten Unterrichts‐ zeit benötigt. Im ersten Teil wurden für die Planungsphase neun Minuten Zeit eingeräumt und für die Revision 18 Minuten. Insgesamt wurden 237 Sprechakte ermittelt. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Lehrperson durch ihre Modellrolle von allen Sprechern die meisten Sprechakte (98) hatte, wobei sich ein Schüler mit 53 Sprechakten am meisten engagierte. Insgesamt nahmen zehn Schüler aktiv am Schreiben des Modelltextes teil: sechs Schülerinnen und vier Schüler. Im Gegensatz zur ersten Modellingphase zum Bewerbungsan‐ schreiben gab es weniger Sprechakte, die Zeit verkürzte sich um fast 15 Minuten. Insgesamt überwiegen in dieser Analyse die Vorschläge (78), die auch mehr‐ heitlich angenommen (57) und wie auch oben nur wenig verworfen wurden (17). 214 4 Ergebnisse <?page no="215"?> In dieser Phase wurden 57 Fragen (item) und 28 Antworten (response) ermittelt, das heißt, es dominierten die Vorschläge und somit eine inhaltlich angereicherte Modellingphase. Die Zahl der Unterbrechungen war jedoch im Gegensatz zur ersten Bewerbungsphase höher (40), auch im Verhältnis zur Anzahl der Sprech‐ akte. Die qualitative Analyse des Transkriptes bestätigt, dass sehr ausführlich auf mehr als 20 inhaltliche Aspekte eingegangen wurde. Besonders ausführlich wurde auf die Aspekte Nutzen für den Kunden, Details des Angebots, P. S., Schlusssatz mit Ermunterung zum Kauf, Preis, Zielgruppenorientierung sowie Betreffzeile eingegangen. Formal wurden zwar alle 15 Aspekte berücksichtigt, aber besonders ausführlich wurde auf die Formalia Gliederung des Briefes, Emp‐ fängeranschrift, Betreff, sinnvolle Hervorhebungen sowie Grußzeile explizit sprachlich hingewiesen. Auch sprachlich wurde im Produkt auf alle 14 Aspekte der Schülerliste geachtet, aber besonders auf den Sprachstil, die Grammatik, den Satzbau, die Maschinenschreibregeln, die kreative Formulierung und das Arbeiten mit rhetorischen Fragen. Sechstes Fazit: Die Auswertung der Modellingphasen zeigte, wie Briefe in‐ haltlich, formal und sprachlich am PC geschrieben werden können. Die aktive Teilnahme durch die Schüler war nicht störend, sondern hilfreich, da insgesamt mehr Vorschläge angenommen als verworfen wurden. Die Zahl der Unterbre‐ chungen war somit für das Endresultat nicht belastend. Werden die Textpro‐ dukte noch genauer untersucht, kann festgestellt werden, dass inhaltlich, formal und sprachlich fast alle Aspekte berücksichtigt wurden. Es darf unterstrichen werden, dass die Schüler auch Beobachtungen treffen konnten, die dem Bereich Formales, Sprache, Textplanung oder Textüberarbeitung zuzuordnen sind. Daher ist dieser Ansatz für das Beobachten des Schreibprozesses sehr wert‐ schöpfend. Für den vierten Untersuchungsbereich wurde die folgende Frage gestellt: • F 4 : Welche Strategie wenden die Schüler in der Planungs- und Revisions‐ phase beim Schreiben von Briefen an? Die Ergebnisse führen zu folgender Antwort: Die Interventionsgruppe zeigt im Untersuchungsbereich Metacognition, dass sich bei den Bewerbungen zwar die Wortanzahl im Prozess erhöht hat, aber dies nicht signifikant. Die aktive Schreib‐ zeit bleibt eher konstant bei 22 Minuten. Die Schüler überarbeiten ihre Bewer‐ bungen, da fast 20 % der Wörter getilgt werden. Das kann mit den konstanten Befragungsergebnissen bei Stufe 3 erklärt werden. Das Pausenverhalten verän‐ dert sich jedoch zwischen Pre- und Posttest. Beim Posttest Bewerbung pausieren die Schüler im Vergleich zum Pretest Bewerbung eher am Anfang. Bei den An‐ geboten erhöht sich die Wortanzahl im Prozess signifikant. Die aktive Schreibzeit 215 4.4 Zentrale Ergebnisse aus dem Untersuchungsbereich Metacognition <?page no="216"?> erhöht sich zwischen Pre- und Posttest. Der Beginn und das Ende des Schreib‐ prozesses sind beim Pretest Angebot durch lange Pausen gekennzeichnet. Die Schüler lassen sich beim Posttest Angebot hingegen zum Schluss mehr Zeit für das Überarbeiten als zu Beginn des Schreibprozesses. Durch die Beantwortung der vierten Fragestellung gilt folgende Hypothese: AH 4 : Die Textqualität und -länge verbessern und erhöhen sich durch die im Projekt gestellten Schreibaufgaben, wenn die Schüler durch die im elfwö‐ chigen Schreibprojekt (einmal wöchentlich 90 Minuten) geförderten Schreib‐ strategien ihre „Bewerbungsanschreiben“ und „unverlangten Angebote“ planen und revidieren. 216 4 Ergebnisse <?page no="217"?> 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts Das folgende fünfte Kapitel wird in fünf Bereiche aufgeteilt. Zunächst werden die gewonnenen Ergebnisse diskutiert (siehe Kapitel 5. 1). Anschließend folgt eine ausführliche Diskussion der Studie, die sich auf die Gütekriterien bezieht. Stärken und Schwächen der Studie sollen ergänzend transparent dargestellt werden (siehe Kapitel 5. 2). Im Kapitel Ausblick werden weitere Desiderata als Anregung für Folgeprojekte vorgestellt (siehe Kapitel 5. 3), ehe ein Epilog das fünfte Kapitel beendet (siehe Kapitel 5. 4). 5.1 Diskussion der Ergebnisse Die grundlegende Fragestellung des Promotionsvorhabens wurde zu Beginn des Schreibprojekts gestellt: Wie entwickelt sich die Schreibkompetenz bei Schülern von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen mithilfe des Ansatzes „Self-Regulated Strategy Development“ anhand der zwei professionellen Text‐ sorten ‚Bewerbungsanschreiben‘ und ‚unverlangtes Angebot‘ im Laufe eines Schreibprojekts? Diese Fragestellung kann nun mithilfe der verschiedenen Re‐ sultate aus den vier Untersuchungsbereichen beantwortet werden: Der Untersuchungsbereich Affect verdeutlicht im Ergebnis: Sofern Schüler eine positive Einstellung zum Schreiben von Geschäftsbriefen besitzen, schreiben diese auch Bewerbungsschreiben und Angebote besser auf einem mitt‐ leren bis hohen Niveau als Schüler mit einer negativen Einstellung zum Schreiben. Neue Textsorten wie das Angebot zeigen damit einen eher negativen Einfluss auf die Textqualität, wenn die Einstellung zur Aufgabe gering ist. Daher kann wechselseitig die Einstellung zum Schreiben auf die Schreibperformanz motivierend oder demotivierend wirken (Weinert, 2001: 27). Dieses Ergebnis wird auch durch die Modelle von Hayes (1996: 14; 2012: 371) bestätigt. Darin <?page no="218"?> 1 Der Begriff ‚Motivation‘ und die in meiner Arbeit damit verbundene Einstellung zum Schreiben könnte m. E. in weiteren Studien noch schärfer in die Termini des Modells von Hayes (1996) unterteilt werden, der unter ‚Motivation/ Affect‘ die Teilbereiche ‚At‐ titudes & Beliefs‘, ‚Cost/ Benefit Estimates‘, ‚Goals‘ und ‚Predispositions‘ zuordnet. In den aktuellen Schreibmodellen von Hayes (2012) sowie von Bachmann & Be‐ cker-Mrotzek (2017) wird nur noch der Begriff ‚Motivation‘ ohne genaue Definition und Zuordnung zu anderen Termini genutzt (siehe Kapitel 2.10). erklärt Hayes, dass die Motivation, 1 eine Schreibaufgabe zu lösen, Einfluss auf den Schreibprozess nehme (siehe Kapitel 2. 5). In gleicher Weise wird dies auch mit dem schreibdidaktischen Würfel von Fix (2000: 325) für die Schreibdidaktik als Einflussgröße auf die Textqualität bestätigt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Anstrengungsbereitschaft, die Schreibaufgabe zu er‐ füllen (Kellogg, 1994: 59 f.). Die Schreibmodelle von Baurmann und Pohl (2011: 97) oder von Baurmann und Becker-Mrotzek (2017) sehen die Motivation als einen wichtigen Einflussfaktor für die Schreibkompetenz, was sich durch die vorliegende Arbeit bestätigen lässt. Dass eine geringe Motivation eher negativ mit der Schreibkompetenz zusammenhängt, kann auch in weiteren Untersu‐ chungen bestätigt werden (Efing, 2008: 28 f.). Nach der Intervention hat sich die Einstellung nicht sehr stark verbessert. Es konnte auch in diesem Zusammen‐ hang schon durch andere Untersuchungen bestätigt werden, dass sich die Ein‐ stellung durch Interventionen nicht immer sofort verbessert (Glaser, 2005: 230; Keßler, 2010: 198 ff.; siehe Kapitel 2. 6) oder sogar keine Veränderungen festzu‐ stellen sind (Hoefele et al., 2015). Im Untersuchungsbereich Behavior stellt sich heraus: Am Projekt teilneh‐ mende Schüler schreiben Bewerbungsanschreiben und unverlangte Angebote zu Beginn des Schreibprojekts überwiegend auf einem mittleren Niveau hin‐ sichtlich des Gesamteindrucks, der Sprachpragmatik, der Sprachsystematik und der Wortanzahl, ein Niveau, das sie im Laufe des Schreibprojekts beibehalten oder leicht steigern. Obwohl die neunten Klassen in diesem Schuljahr erst Be‐ werbungstrainings sowie Praktika durchlaufen haben, zeigen die Erfahrenen eine bessere Schreibkompetenz in dieser Textsorte (Langzeitgedächtnis und be‐ rufliche Erfahrung). Die Intervention im Hinblick auf den Gesamteindruck scheint durch das Üben und vermehrte Schreiben beim Übungstest nur leichte Verbesserungen und beim Übungstext und Posttest Angebote eher Verbesse‐ rungen herbeigeführt zu haben. Die Kontrollgruppe der Auszubildenden zeigt anschaulich, dass sich ohne Intervention und nur durch die berufliche Umwelt (Arbeiten im Rezeptionsbereich, Lesen von Angeboten im Catering-Bereich) die Schreibkompetenz für das Schreiben von Angeboten und Bewerbungen leicht verbessert. Dagegen zeigen die Ergebnisse für die Kontrollgruppe Realschul‐ 218 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="219"?> klasse, dass diese sich sowohl im Posttest Bewerbung als auch im Posttest An‐ gebot im Vergleich zum Pretest verschlechtert. Diese Textsorte war für alle Pro‐ banden schwieriger zu bewältigten als die Bewerbung. Der Posttest Angebot zeigt, dass trotz Intervention die beruflich Erfahrenen (Auszubildenden) bessere Schreibleistungen erzielten als die Interventionsgruppe der Neuntklässler. Diese Ergebnisse können diverse Gründe haben: Beer-Scharwächter (2008: 205) konnte in ihrer Interventionsstudie (n = 48) mit Hauptschülern beispielsweise feststellen, dass es nach der ersten Interventionsphase zu einer Verschlechte‐ rung der Textqualität kommen kann und diese nach dem zweiten Teil der In‐ tervention und dem zweiten Posttest wieder zunimmt. Dies kann ein Anhalts‐ punkt sein, warum sich die Textqualität der Bewerbungen in der Interventionsgruppe nicht stark verbesserte. Die Psychologie spricht in diesem Zusammenhang von einer Stabilisierung durch Wiederholung (Winkel/ Peter‐ mann & Petermann, 2006: 119). Die Herausforderung bei der Schreibperformanz ist, dass gerade die geforderte Handlungsorientierung auch Leistungen wie das Problemlösen, die Kommunikation mit anderen und den Umgang mit neuen Medien erfordert, die sich immens auf den Schreibprozess und damit auf das Produkt auswirken (Schaper et al., 2000: 132; Hayes, 2012: 372; siehe Kapitel 2. 2), denn die Bewältigung einer situierten Schreibaufgabe erfordert von den Schülern generell Transferdenken, Transformation, Reflexion und Konstruk‐ tion als höchste Anforderungen an Lernaufgaben (Kessler & Ziener, 2004). Die Schreibkompetenz als latentes Konstrukt erscheint nicht immer in der Schreib‐ performanz (Neumann, 2014: 58 f.). Dieses gelingt schreiberfahrenen Schülern besser als schreibunerfahrenen. Damit ist nicht das Alter gemeint, sondern die Schreiberfahrung, denn die Schreiberfahrenen sind eher in der Lage, ihre Texte zu transformieren, revidieren und zu reflektieren (Kessler & Ziener, 2004; Neu‐ mann, 2007: 194). Das belegen auch die Knowledge-Tellingsowie die Know‐ ledge-Transforming-Strategie (Bereiter & Scardamalia, 1987). In der vorliegenden Arbeit deckt es sich zwar noch mit dem Alter der Schüler, doch die Schreibent‐ wicklung hört mit der Volljährigkeit nicht auf (Bereiter, 1980; Hayes, 2012: 372). Die unbekannte Textsorte Angebot konnte durch die Intervention eher verbes‐ sert werden, was sich mit den Ergebnissen anderer Schreibinterventionen deckt (Kellogg, 1994; Glaser, 2005). Steigerungen ließen sich bei den Interventions‐ gruppen in den sprachpragmatischen und sprachsystematischen Bereichen be‐ obachten, was durch den Aufbau der Intervention herbeigeführt wurde. Gerade der Umgang mit prototypischen Mustern, Checklisten mit Textmerkmalen, bietet Ansätze, die auch schon in anderen SRSD-Untersuchungen zum Erfolg führten (siehe Kapitel 2. 6). 219 5.1 Diskussion der Ergebnisse <?page no="220"?> Für den Bereich Content Learning kann festgehalten werden, dass zwar die Anzahl der inhaltlichen Textelemente/ Aspekte die Normnähe einer Textsorte bestimmen, aber es keine vorgeschriebene Anzahl gibt, die es zu erreichen gilt. Ferner gibt die Anzahl den Grad eines Prototyps und damit die Annäherung an eine Textsorte wieder (Adamzik, 2008: 173). Adamzik (2008: 167) diskutiert, dass es sprachliche Merkmale, die für die Bestimmung einer Textsorte notwendig seien, zwar zu erfüllen gelte, jedoch könnten und müssten nicht alle, die es gibt, je nach Relevanz berücksichtigt werden. Die Vermittlung inhaltlicher Aspekte für die Textsorte Bewerbungsanschreiben und Angebotsschreiben ist in Form einer Intervention im neunten Jahrgang sowie an der beruflichen Schule sinn‐ voll und effektiv, da das deklarative Wissen die Performanz unterstützt (Kellogg, 1994: 59 ff.). Das ist auch der Grund, warum es theoretische und praktische Ab‐ schlussprüfungen gibt. Gesichertes Wissen nimmt positiven Einfluss auf die Performanz (Winkel/ Petermann & Petermann, 2006: 229; Thomas, 2007: 94; Sie‐ land & Rahm, 2007: 199). Dies steht auch für die Schreibkompetenz und das da‐ zugehörige deklarative Wissen über inhaltliche Textmerkmale (Baurmann & Pohl, 2011: 97). Berufliche Erfahrungen mit Bewerbungsanschreiben und Ange‐ boten können für den Pretest als Vorwissen positiv nachgewiesen werden (siehe Auszubildende im Vergleich zu Realschülern im Pretest). Doch die Intervention zeigt einen stärkeren Einfluss als ausschließlich durch das Alter und die beruf‐ liche Erfahrung (siehe Realschüler in der Kontroll- und in der Interventions‐ gruppe). Man könnte davon ausgehen, dass alle Probanden diese Aspekte schon vor der Intervention beherrschen, haben doch alle bereits mehrere Bewerbungen im Fach Deutsch sowie für Bewerbungen um Praktika oder Ausbildungsplätze ge‐ schrieben. Aber es zeigt sich, dass diese Aspekte durch die Intervention von den Interventionsschülern eher berücksichtigt wurden. Schüler des Schreibprojekts verfügen am Ende des Schreibprojekts im Vergleich zur Kontrollgruppe über mehr Textsortenwissen zu Bewerbungsanschreiben und unverlangten Ange‐ boten als zu Beginn des Schreibprojekts. Die Neuntklässler der Intervention be‐ rücksichtigten im Posttest mehr inhaltliche Aspekte als die Kontrollgruppe des zweiten Ausbildungsjahres, obwohl diese im Durchschnitt vier Jahre jünger und berufsunerfahren sind und bisher nur ein Praktikum durchlaufen haben. Alle Interventionsgruppen profitierten von der Intervention und verbesserten sich im Posttest im Vergleich zum Pretest. Es gibt inhaltliche Aspekte, die erfolgreich durch die Intervention gelernt wurden: Wiederholung des Betreffs in der Einlei‐ tung, Bitte um Einladung zum Vorstellungstermin, Schlusssatz mit Ermunterung für den Lesenden, Eintrittstermin, Anlagen (Lebenslauf, Zeugniskopien), konkrete Beschreibung Produkt/ Dienstleistung, zeitliche Beschränkung des Angebots. Trotz 220 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="221"?> Intervention gibt es wiederum auch Aspekte, die kaum erfolgreich umgesetzt wurden: Beschreibung der derzeitigen Tätigkeiten, Begründung, warum die offene Stelle im Betrieb für Bewerbenden interessant ist, Wiederholung des Betreffs in der Einleitung, Berücksichtigung der Zielgruppe (Geschlecht, Alter). Es ist zu ver‐ muten, dass die Beschreibung der Tätigkeit für Schüler und Berufsstarter schwer zu bewältigen ist, da sie erfahrungsgemäß ja auch noch nicht darüber verfügen. Die Formulierung einer Begründung für die Bewerbung um die Position ist eine der schwierigsten Kategorien, auch für Profis. Es erfordert eine hohe Adressa‐ tenorientierung, eine realistische, positive Selbsteinschätzung und argumenta‐ tive Sprachhandlungen. Die Berücksichtigung der Zielgruppe für die Konzeption eines Angebots erfordert wiederum eine hohe Adressatenorientierung, die im Feld Marketing noch erlernt werden muss und durch persönliche Urlaubser‐ fahrungen sowie berufliche Erfahrungen in der Hotellerie weiter bereichert werden kann. Wie schon erläutert, wird die Schriftsprache u. a. durch die Fach‐ sprache, wie die inhaltlichen, formalen und sprachlichen Textmerkmale, mittels der drei verwendeten Checklisten während der Feedbackgespräche in der Peer‐ group als Kompetenz gefördert, was auch durch andere Studien belegt ist (Troia et al., 1999; Fix, 2000; Adamzik, 2004; Graham, Harris & Zito, 2005). Die Feed‐ backgespräche waren für die Schüler wertschöpfend und führten zu Überarbei‐ tungen der Pretexte. Wie effektiv das Sprechen über die eigenen Texte ist, zeigen zahlreiche andere Untersuchungen, denn Textmerkmale können in die Überar‐ beitungen transferiert werden (de Beaugrande & Dressler, 1981; Kellogg, 1994, 2008; Fix, 2000; Augst et al., 2007; Nitz, 2010; Hayes, 2012; Braaksma et al., 2012). Auf der anderen Seite gab es Schüler, die zwar ein umfangreiches Feedback auf der Sachebene erhielten, dies jedoch weniger umsetzten. Die Gründe hierfür können vielfältig sein: Zum einen ist die Frage zu stellen, wie der betreffende Schüler überhaupt mit Feedback umgeht. Sofern dieser Schüler positive Erfah‐ rung gesammelt hat, wird er dieses für sich positiv nutzen. Bei mangelnder Er‐ fahrung und einer negativen Haltung kann Feedback dazu führen, dass es ne‐ gativ auf der Beziehungsebene (Meine Mitschüler mögen mich nicht) oder auf der Appellebene (Ich muss noch so viel umändern) statt wie angedacht auf der Sach‐ ebene durch den Einsatz der drei Checklisten empfunden wird. Die Gespräche fanden in einer „sozialen Interaktion“ (Heinemann, 2008: 132) statt und wurden überwiegend effektiv genutzt, sodass anzunehmen ist, dass eher positive Emo‐ tionen die Feedbackgespräche unterstützten. Das bestätigen auch andere Un‐ tersuchungen: „Die Zusammenarbeit mit anderen Schülern in der Schreibkon‐ ferenz wird emotional positiv wahrgenommen“ (Fix, 2000: 121) und führt durch die Überarbeitung zu einem besseren Schreibniveau (Steendam et al., 2012: 131). Andererseits gehören die Schüler im Deutschunterricht einer Klasse und damit 221 5.1 Diskussion der Ergebnisse <?page no="222"?> einer Unterrichtssprache an. Die Schulsprache wird durch diese beeinflusst. Daher ist bei der Analyse der Feedbackgespräche eine schriftsprachliche Kom‐ munikation auf den Aufnahmebändern zwar wünschenswert, aber im Kontext Schule, auch durch die eigene Sprache der Schüler und damit, bezogen auf die Bildungssprache, eine Kommunikation mit Normbrüchen, nur natürlich (Feilke, 2012a.). Von den Lehrern werden diese zwar eher als Störungen empfunden, jedoch ist der Output dieser Gespräche insgesamt als positiv zu werten, wie in der vorliegenden Arbeit auch nachgewiesen werden konnte. Kollaborationen sind eine positive Einflussgröße für den Schreibprozess (Hayes, 2012: 371). Der Untersuchungsbereich Metacognition zeigt abschließend: Die Textqua‐ lität und -länge durch die im Projekt gestellten Schreibaufgaben verbessern und erhöhen sich, wenn die Schüler durch die im elfwöchigen Schreibprojekt (einmal wöchentlich 90 Minuten) geförderten Schreibstrategien ihre Bewerbungsan‐ schreiben und unverlangten Angebote planen und revidieren. An dieser Stelle ist zu betonen, dass zwar Pausen, Schreibzeit und Textlängen allein keine me‐ takognitive Aktivität bestätigen können, jedoch war die Nutzung von Strategien Hauptbestandteil der Intervention. Die Schüler bestätigten in der Befragung zudem, dass sie Planungs- und Revisionsstrategien überdurchschnittlich ver‐ wenden. Die Schreibperformanz mit der Schreibphasenabbildung zeigt darüber hinaus sehr unterschiedliche Verläufe - das Scherenmodell für recht automati‐ sierte Schreibhandlungen und das Talmodell für noch nicht automatisierte Schreibhandlungen und -aufgaben, wie es beim Pretest Angebot deutlich wurde. Die Interventionsgruppen scheinen durch die neue Aufgabenstellung und die eher unbekannte Textsorte Angebot zunächst irritiert gewesen zu sein. Daher wirkt die Schreibphasenabbildung des Pretests Angebot mit den durchgehend vielen Pausen so konträr zu den anderen drei Schreibphasenabbildungen. Rij‐ laarsdam und van den Bergh (2006: 41 ff.) verweisen in ihrer Untersuchung auf hohe Pausenzeiten, wenn Ideen generiert werden müssen und gerade dem wie‐ derkehrenden Lesen Zeit einzuräumen ist. Als Konsequenz kann daraus abge‐ leitet werden, dass neue Schreibstrategien wie das Planen, Schreiben und Über‐ arbeiten nicht nur allein, sondern auch wiederholend im Sinne einer literalen Prozedur geübt werden müssen (Feilke, 2014: 15; Feilke, 2017: 158). Das gelang nach einer längeren Interventionszeit beim Angebot dagegen besser, wenn der Premit dem Posttest Angebot verglichen wird. Ein Grund dafür ist mitunter auch, dass die Textsorte Angebot für die Schüler eher unbekannt war und dazu noch keine prototypischen Textmuster vorlagen. Der Lerneffekt zeigte sich bei dieser Textsorte im Gegensatz zur Bewerbung besonders stark. Somit wurde das aktuelle Repräsentationsmodell nach Bachmann und Becker-Mrotzek (2017: 46) empirisch überprüft. Wie schon von Bachmann und Becker-Mrotzek (2017) ge‐ 222 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="223"?> zeigt, kann bestätigt werden, dass die Textproduktion nicht nur problemlösend, sondern auch ein „adaptiver ressourcengeleiteter Prozess“ ist und Textmuster genutzt werden. Dabei gelangt die neue Schreibaufgabe, das Angebot, als ad‐ aptiertes Textmuster in das Arbeitsgedächtnis. Am Ende des Schreibprojekts konnten gerade die Interventionsschüler eine höhere Textqualität bei den An‐ geboten als bei den Bewerbungen nachweisen. In diesem Falle greift im Lang‐ zeitgedächtnis durch das elfwöchige Projekt ein Grad der Automatisierung, welcher durch die höhere Wortanzahl, die höhere Anzahl der Textelemente, die höhere Schreibzeit und die höheren inhaltlichen Bewertungen sowie die Abbil‐ dung der Schreibphasen empirisch gestützt wird und mit anderen Untersu‐ chungen verglichen werden kann (Hayes & Flower, 1986; Rijlaarsdam & van den Bergh, 1996: 207 ff.). Das Modellieren der Lehrperson ergänzte wertschöpfend, wie ein Schreibprozess mit allen Teilhandlungen durchgeführt werden kann. Dabei war der Rückgriff auf die Strategien für das Arbeitsgedächtnis ressour‐ cenunterstützend. Gerade das laute Denken zeigte die Lehrperson als authenti‐ schen Schreiber, der Fehler macht, stockt, neue Ideen generiert, diese überar‐ beitet, wiederholend liest und den Text auf inhaltliche, formale sowie sprachliche Merkmale hin reflektiert. Während des Schreibens wird verdeut‐ licht, dass der Text nicht linear entsteht, sondern Überarbeitungen an unter‐ schiedlichen Textstellen stattfinden und auch zu Streichungen führen. Auf einem Blatt Papier wären diese Revisionen in dieser Form nicht möglich. Die Planungsphase im Schreibprozess beim Schreiben am Computer ist weniger stark ausgeprägt als mit paper und pencil. Es hat sich damit bestätigt, dass Über‐ arbeitungen am PC besser durchzuführen sind (Kellogg, 1994: 33), auch wenn die Interventionsschüler dies durch die Intervention nicht zunehmend wahr‐ nehmen. Der Grund liegt in den Überarbeitungsmöglichkeiten während des Prozesses. Wenn während des Schreibens neue Ideen oder Gedanken generiert werden, kann der Schreiber sie sofort verwerten und dort platzieren, wo sie im Text idealerweise einzubetten sind (Becker-Mrotzek & Böttcher, 2012: 41). Re‐ visionen werden dadurch zwar ständig im Prozess vorgenommen, aber beson‐ ders langfristig zum Ende des Schreibprozesses (Rijlaarsdam & van den Bergh, 1996: 207 ff.). Diese Form der motorischen Entlastung kann nur entstehen, wenn „[…] motorische Vertrautheit mit dem Schreibwerkzeug vorliegt“ (Schneider & Anskeit, 2017: 284), welche Jugendliche durch den Einfluss der neuen Medien in ihrer Lebenswelt mitbringen und, zu Überarbeitungen als geeignetes tool eher anregt (Hayes, 2012: 371; Berge et al., 2016: 180). Es ist wichtig, den Schülern eine Orientierung für das Überarbeiten zu geben, gerade in Form von Textmustern oder Textsortennormen, denn Geschäftsbriefe unterliegen DIN-Normen, die nicht ignoriert werden dürfen: 223 5.1 Diskussion der Ergebnisse <?page no="224"?> Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorgabe von Textsorten‐ normen zwar die allgemeine Schreibmotivation bremste, aber (vor allem bei schrift‐ sprachlich schwachen Schülern) zu mehr Überarbeitungen im Bereich der funktio‐ nalen Angemessenheit führte, während die Freiheit von Vorgaben die allgemeine Motivation erhöhte, aber mehr oberflächenbezogene Revisionen zur Folge hatte (Fix, 2000: 308). Dies ist mit der Schematatheorie aus der Lerntheorie zu stützen, denn Muster helfen, die Komplexität der Realität zu reduzieren und sich darin zu orientieren (Kellogg, 1994: 10). Es ist zu diskutieren, ob Schreibstrategien erst dann ver‐ wendet werden, wenn der Schüler vor einer eher unbekannten Schreibaufgabe steht. Davon profitieren dann eher unerfahrene Schreiber für das Lösen der Schreibaufgabe. Meines Erachtens werden Schreibstrategien automatisiert, wenn die Schreibaufgabe aus Schreibersicht geübt ist und ohne längere Pausen zu Beginn gelöst werden kann. Eine Automatisierung verwischt die einzelnen Arbeitsschritte, die sonst mental prägnanter wahrgenommen werden. Ver‐ gleichbar ist dies mit dem Schwimmen. Beispiel: Erfahrene Schwimmer werden über ihre Schwimmbewegung nicht mehr nachdenken, die Bewegung ist automatisiert. Hingegen sind das Schwimmenlernen und die damit verbundenen ersten Bewegungen sehr viel langsamer. Gerade zu Beginn helfen mental bewusste Strategien bei der Verinnerlichung der Schwimm‐ technik und dem Erlernen der Schwimmbewegung. Der Rückschluss zur Metakognition ist dennoch mit Vorsicht zu ziehen und wird in den nächsten Forschungsjahren mehr Erkenntnisse liefern. Insgesamt zeigt sich, dass die Schreibprozessmodelle in all den Jahren immer komplexer wurden und bis heute der Kreis der Erkenntnis noch nicht geschlossen ist. Der Vergleich des Schreibers mit einem „switchboard-operator“ (Flower & Hayes, 1980: 30) bestätigt die vielfältigen Operationen des Schreibens. Die Modelle schaffen daher eine immer wiederkehrende Diskussions- und Forschungsgrundlage und zeigen, wie viele Variablen die Schreibkompetenz beeinflussen. SRSD als För‐ deransatz mit dem Unterrichten der Textelemente, der Schreibstrategien, dem Modellieren des Schreibprozesses, dem Einsatz von Kollaborationen in Form von Feedbackgesprächen ist, wie in dieser Arbeit nachgewiesen, ein geeignetes Verfahren, um die Textelemente, die Textqualität und -länge sowie die Schreib‐ einstellung zu erhöhen und durch Planungs- und Überarbeitungsstrategien her‐ beizuführen (Troia et al., 1999; Saddler et al., 2004; Graham, Harris & Zito, 2005). 224 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="225"?> 5.2 Kritische Reflexion der Studie In der empirischen Bildungsforschung werden aus Gründen der Ethik und Moral nur Untersuchungen genehmigt, die eine positive Wirkung für die Schüler her‐ vorbringen. Doch gerade die Feldforschung ist durch die Menge an Variablen, die nicht alle kontrolliert werden können, im Gegensatz zu naturwissenschaft‐ lichen Forschungen im Labor forschungsmethodisch für Fehler anfällig (Grab‐ owski, 2017: 321). Quasi-experimentelle Forschungen bilden den Mittelweg mit ihren Stärken, aber auch Schwächen, die für die vorliegende Studie exemplarisch aufgezählt werden sollen: 1. Als kritisch ist zu betrachten, dass keine Randomisierung der Stichprobe als true-experiment erfolgte (Rost, 2007: 125; Graham & Harris, 2017: 14; Grabowski, 2017: 322). Eine Randomisierung verlangt die Aufteilung einer Lerngruppe nach dem Zufallsprinzip. Da die Gruppenbildung nicht von außen beeinflusst wird, kann somit eine hohe externe Validität hervor‐ gebracht werden (Marx & Steinhoff, 2017: 260). Dies wurde für die Studie nicht angewandt, weil es „[…] didaktisch und ethisch fragwürdig ist, wenn ein Teil der Lernenden eine maximale, ein anderer Teil hingegen nur eine minimale Förderung erfährt“ (Marx & Steinhoff, 2017: 259). Die Aufteilung abhängiger Gruppen wie einer Klasse könnte nur durch zwei unterschiedliche Interventionen, die parallel stattfinden, gelingen. Aller‐ dings ist hierbei zu beachten, dass die Klasse gesplittet wird. Auch eine kleinere Lerngruppe birgt schon positive Effekte auf die Interventions‐ ergebnisse. Ein zusätzlicher Lehrer muss die zweite Hälfte der Klasse be‐ treuen, was personell und damit auch finanziell zu tragen ist. Eine Rand‐ omisierung ist vor allem bei sehr hohen Probandenzahlen und in Laborsituationen sinnvoll, denn die Randomisierung in einer Klasse kann zu ungünstigen und nicht balancierten Zusammensetzungen führen. So kann die eine Gruppe zufällig zu viele Jungen oder zu viele Schüler mit Migrationshintergrund aufweisen. Diese Zusammensetzung kann zu einem Vor- oder Nachteil für den Vergleich mit der anderen Gruppe führen. Bei schul- und unterrichtsnahen Forschungsfragen lassen sich aber in aller Regel nicht alle Designanforderungen eines Experiments realisieren, allein schon, weil man die personelle Zusammensetzung einer Schulklasse nicht für Forschungs‐ zwecke manipulieren kann (Grabowski, 2017: 323). Doch nur so wäre eine interne Validität gegeben. Bei einer größeren Proban‐ denzahl wäre der Viergruppenplan möglich gewesen, in dem auch die Kontroll‐ 225 5.2 Kritische Reflexion der Studie <?page no="226"?> gruppe ein Alternativtraining erhält (Grabowski, 2017: 324; Glaser & Meyer, 2017: 374). In der vorliegenden Studie konnte anhand der Pretests nachgewiesen werden, dass die Gruppenunterschiede trotz nicht erfolgter Randomisierung nicht hoch sind, was eine Vergleichbarkeit erst durchführbar macht. Als letzter Grund ist anzugeben, dass Interventionen mit ganzen Klassen eine externe Va‐ lidität und Ökologie aufweisen, da diese repliziert und bei Erfolg im Unterricht eingesetzt werden können, wie Graham und Harris hervorheben: True-and quasi-experiments when replicated provide a more trustworthy approach for identifying effective teaching practices in writing than the experiences and in‐ sights of professional writers or even those who teach writing (Graham & Harris, 2017: 14). 2. Des Weiteren ist die Probandenanzahl zu gering für eine Verallgemeine‐ rung der Aussagen. Quantitative Forschungsergebnisse verlangen in diesem Sinne nach Repräsentativität. Da jedoch das Schulsystem in Deutschland föderal ist, hat jedes Bundesland allein die Oberhand über die Sekundarstufe I. Nur das Berufsschulsystem ist mit seiner dualen Be‐ rufsausbildung rechtlich auf der Bundesebene verankert. Das macht den Vergleich mit anderen Bundesländern schwierig. Neuntklässler in Bayern werden anders unterrichtet als in Niedersachsen, auch wenn es laut Kul‐ tusministerkonferenz Bildungsstandards gibt. Ein weiteres Problem ist die Zeit. So gab es bei der Erhebung im Jahre 2013 in Niedersachsen Re‐ alschulen, die nun heute durch die Implementierung von Oberschulen und die Zunahme an Gesamtschulen weichen mussten. Für einen Ver‐ gleich müssten in den weiterführenden Schulen die Deutschkurse mit Realschulniveau untersucht werden. Replikationsstudien müssten dies berücksichtigen. Es darf betont werden, dass eine gewisse Probanden‐ größe mit dem Einsatz vielfältiger Testinstrumente auch von mehreren Forschern unterstützt werden sollte. In diesem Projekt waren die perso‐ nellen und finanziellen Ressourcen nur durch Eigenengagement gegeben. Textkorpora mit über 1000 Texten sind aus Forschersicht wünschenswert, aber nur mit finanziellem Rückhalt zu bewältigen (Steinhoff, 2017: 358). 3. Die Testinstrumente hätten noch ergänzt werden können. Um die Vali‐ dität der Probanden zu stärken, wäre der Einsatz u. a. eines Intelligenz‐ tests, Rechtschreibtests oder eines Tastaturschreibtests sinnvoll gewesen (Glaser & Meyer, 2017: 373). 4. Es folgte kein Follow-up-Test, um den Lernzuwachs nach der Intervention zu überprüfen (Marx & Steinhoff, 2017: 260). Follow-up-Tests sind Erwei‐ terungen für ein Pretest-Posttest-Kontrollgruppen-Design. Ziel hierbei ist 226 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="227"?> es, die Nachhaltigkeit der Intervention zu überprüfen (Grabowski, 2017: 328). Es ist ein Kennzeichen für den „Transfereffekt“ (Glaser & Meyer, 2017: 378), wenn die Anforderungen im Follow-up-Test durch andere Schreibaufgaben modifiziert werden. 5. Quasi-experimentelle Interventionen im Feld werden oft von äußeren Einflüssen, gerade über einen längeren Zeitraum, beeinflusst. Unter‐ richtsstörungen, Krankheiten und Übungseffekte sind nur einige Punkte, die hier aufgezählt werden können (Marx & Steinhoff, 2017: 257). Zwar konnte keine Auswahlverzerrung bzw. kein Selektionseffekt festgestellt werden, aber die Intervention wurde in den Schulalltag integriert. Effekte aus anderen Fächern könnten einen Einfluss haben. Festgestellt werden kann das jedoch nicht mehr, da sonst die gesamten Schulwochen doku‐ mentiert werden müssten. Übungseffekte durch die zweimalige Wieder‐ holung der Intervention, allerdings mit anderen Schreibaufgaben und Textsorten, könnten wirken, da die Aufgabenstruktur und die Herange‐ hensweise im Laufe des Schreibprojekts für die Schüler verständlicher wurden. Doch konträr dazu müssten auch Ermüdungseffekte als weitere Beeinträchtigung der internen Validität aufgezählt werden. Dies konnte anhand der Ergebnisse gerade mit dem Posttest-Angebot nicht festgestellt werden (Grabowski, 2017: 323 f.). Neben den erwähnten Schwächen können auch Stärken der Studie hervorge‐ hoben werden: 1. In dieser Studie kann zunächst die hohe Auswahl der Testinstrumente (Fragebogen, Schreibaufgaben, Video- und Tonbandaufnahmen) erwähnt werden, die nicht nur das Schreibprodukt, sondern auch den Schreibpro‐ zess beim Schreiben am PC, bei den Gesprächen zwischen den Schülern und gemeinsam mit der Lehrerin fokussieren. 2. Die Studie wurde 2013 erhoben, hat jedoch nicht an Aktualität eingebüßt. Auch wenn sich Schulstrukturen oder Curricula geändert haben, wird das Schreiben am PC in der Zukunft am Ende der Sekundarstufe I einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen. Forscher, die sich mit Schule von morgen im Jahre 2050 beschäftigen, bestätigen in ihren Interviews, dass neue Lehrmethoden in der Schule durch die Digitalisierung angebracht seien (Chassa, 2016: o. S.). Digitalisierung und die damit verbundene Be‐ reitstellung von Aufgaben, Inputs oder Lernmitteln könnten die Indivi‐ dualität der Schüler aufgrund eines angepassten Lerntempos steigern, was noch vertieft untersucht werden muss. Die Schüler werden an der Stelle eines Programms, wie z. B. im Schreibprojekt die verschiedenen 227 5.2 Kritische Reflexion der Studie <?page no="228"?> Stationen, dort abgeholt, wo sie sind. Ein Lernen im Gleichschritt wird umgangen und dies ermöglicht mehr Individualisierung. Der Umgang mit Computern nimmt schon in der Grundschule Raum ein und wird erwei‐ tert werden (ebd.). Der Physiker Mitra hat in indischen Slums Computer für Kinder mitten auf dem Gehweg fest installiert. Seine These ist: Beob‐ achtet das Kind etwas Neues, will es dies erlernen und erforschen, so auch den Umgang mit Computern ohne Anleitung, ohne Lehrperson und ohne Handbücher. Die Ergebnisse seiner Studie bestätigen, dass sich diese in‐ dischen Kinder in kürzester Zeit selbst basale Computerkenntnisse an‐ geeignet haben (ebd.). Die Lehrperson sollte sich folglich von der fron‐ talen Ausrichtung abwenden und das selbstorganisierte Lernen fördern, wobei auch die Heterogenität und die immer mehr ausgebaute Inklusion an Schulen berücksichtigt werden müssen (Giera/ Meyer & Süphke, 2012). Für viele Schüler sind Phasen wie das Modelling und damit auch eine frontale Phase, in der der Lehrer den Ton angibt, für ihren Lernprozess wertschöpfend. 3. Die Studie ist replizierbar, da die Intervention in ganzen Klassen stattfand und dies an Schulen gängig ist. Des Weiteren sind die Testinstrumente in dieser Arbeit transparent dargestellt worden und können auch dem An‐ hang entnommen werden. Die immer weiter geforderten Kriterien der Ökologie, sozialen und externen Validität sind daher gegeben (Glaser & Meyer, 2017: 380). Somit können die ermittelten Effekte empirisch über‐ prüft oder auch im Unterricht experimentell eingesetzt werden: „Schließ‐ lich sind weder empirische, letztlich aber kontextferne, noch willkürliche interpretierbare Forschungsergebnisse zur Umsetzung in Praxiskontexte geeignet“ (Glaser & Meyer, 2017: 380). Das Feld des berufsnahen Schrei‐ bens ist noch nicht gänzlich erforscht. Insgesamt betrachtet gehen Schreibstudien mit „[…] hohem personellem, fi‐ nanziellem und zeitlichem Aufwand […]“ (Marx & Steinhoff, 2017: 258) einher. Allein der Vorlauf für die Bewilligung durch Schuldirektion, Eltern, Schüler, Universität und vor allem durch das Schulamt ist zeitlich aufwendig. Das Schreibprojekt hat sicherlich Schwächen, aber auch Stärken, die es interessant machen, sich diesem Forschungsgebiet weiter zu nähern. Diese Studie zeigt eine Wertschöpfung für die empirische Schreibdidaktik, da die eingangs formulierte Forschungslücke zwar durch solch ein Projekt nicht geschlossen werden kann, aber einen weiteren Anstoß für die Erforschung des SRSD-Ansatzes mit neuen Medien in ganzen Klassen an der Schnittstelle der Sekundarstufe I und II durch die Implementierung beruflich relevanter Textsorten zu geben vermag. Für die Schulpraxis wurde durch diese Studie ein umsetzbares und effektives Unter‐ 228 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="229"?> richtskonzept präsentiert, das eine heterogene Schülerschaft und die Effektivität von Schreibstunden berücksichtigt, was gerade Berufsbildenden Schulen durch die geringe Anzahl der Deutschstunden noch stärker entgegenkommt. Daher kann der SRSD-Ansatz schulübergreifend sowohl in der Sekundarstufe I als auch in der Sekundarstufe II genutzt werden, da die Textqualität von Schülertexten nach nur wenigen Unterrichtsstunden gesteigert wurde, SRSD den Schreibpro‐ zess in Gänze mit vielfältigen Strategien miteinbezieht und schwache Schreiber hinsichtlich Schreibeinstellung, Textsortenwissen, Schreiberfahrung und kom‐ munikativer Fähigkeiten stark werden. Das Schreiben am PC im Rahmen des Deutschunterrichts an allgemeinbil‐ denden Schulen in den höheren Klassen der Sekundarstufe I sollte mehr er‐ forscht werden. Eine erhöhte Aufmerksamkeit auch von Seiten der Wirtschaft und Kammern könnte dafür sorgen, dass solch ein Schreibprojekt an mehreren Schulen mit in dem Thema gut ausgebildeten Lehrenden durchgeführt wird. Weitere Schreibprojekte und ihre Erforschung auf diesem Gebiet wären wün‐ schenswert und sollten nicht durch eine One-Man-Show ohne finanzielle För‐ derung, wie in diesem Schreibprojekt geschehen, wiederholt werden. Koopera‐ tionen im Forschungsverbund sind unbedingt erforderlich, um finanziell gut aufgestellte Feldstudien mit einer Vielfalt an Testinstrumenten in inklusiven Klassenräumen durchführen zu können. 5.3 Ausblick Unsere Gesellschaft muss sich auch in Zukunft neuen Herausforderungen stellen. Diese wirken sich ebenfalls auf die Bildungsinstitutionen aus. Für die Deutschdidaktik und damit verbunden für den Deutschunterricht sowie den Fachunterricht mit dem Teilbereich Schreiben sind folgende Punkte aufzuzählen: Im Zeitalter der Neuen Medien ist es die Aufgabe der Forscher im Bereich der Deutschdidaktik, sich eines neuen Themas anzunehmen - Stichwort Industrie 4. 0. Es ist eine neue Ära, die nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt, vor allem in den Industrienationen, vorangetrieben wird. Die Arbeit soll in vielen Bereichen durch Robotik, Bots und Computer unterstützt werden. Längst gibt es in Japan Roboter, die nicht nur die Sprache der Mitmenschen, sondern auch deren Gefühle erfassen. Roboter werden mit Mimik und Gestik programmiert, die denen des Menschen ähneln (WDR, 2015: o. S.). Die Schul‐ bildung und auch das Arbeitsleben werden sich durch den Einsatz der techni‐ schen Errungenschaften verändern. Eine Frage in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird vielleicht auch nicht mehr sein: Wie schreibt der Mensch? , 229 5.3 Ausblick <?page no="230"?> sondern: Wie schreibt der Computer? Textmuster werden meines Erachtens für die Informatik im Rahmen der Künstlichen Intelligenz und der damit verbun‐ denen Programmierung immer bedeutsamer. Der Verbraucher könnte durch Befehle oder gewisse Schlagwörter beim Schreiben von Textsorten wie das Be‐ werbungsanschreiben unterstützt werden. Dafür wären Textbausteine und die anschließende Kontrolle durch Überarbeitungsschleifen essenziell. Gerade die DIN-Norm beim Schreiben von halbprivaten und geschäftlichen Briefen ist be‐ sonders dafür geeignet. Die in dieser Arbeit verwendeten Elemente eines Be‐ werbungsanschreibens oder eines unverlangten Angebots könnten in der Zu‐ kunft für den Anwendungsbereich am PC, Tablet oder Handy noch wichtiger werden. Schon jetzt wird das Schreiben von SMS durch Anfangsbuchstaben eines Wortes mit einem immensen Wortschatz und auch durch Piktogramme unterstützt. Warum sollte das für das Schreiben irgendwann nicht so sein? Wei‐ tere Überlegungen müssten bei dieser Diskussion noch durchdacht werden und sind offene Forschungsfragen: • Welche Textsorten für das berufliche Schreiben bleiben auch im Zeitalter der Industrie 4. 0 im Berufsalltag der kaufmännischen Berufe? • In welcher Weise wird der Computer in der Zukunft das Schreiben der Ge‐ schäftskorrespondenz oder das Schreiben von privaten und halbprivaten Briefen übernehmen? • Welche neuen Forschungsfelder kann die Deutschdidaktik bei der Industrie 4. 0 untersuchen? • Wie wird sich der Schreibunterricht an allgemeinbildenden und berufsbil‐ denden Schulen in Deutschland, in der EU und global im Zeitalter der In‐ dustrie 4. 0 verändern? • Welche Herausforderungen und Chancen beim Schreiben eröffnen sich in der Zukunft für die Schüler durch die Industrie 4. 0? Gerade das Schreiben am PC kommt vielen Schreibtypen zugute. An deutschen Schulen wird bei Klassenarbeiten und Prüfungen überwiegend das Schreiben mit Stift und Papier verlangt. Das kommt jedoch Schreibtypen, die wie ein Puzzle einen Text entstehen lassen, nicht entgegen. Aus meiner Sicht kann der Com‐ puter sicherlich beim standardisierten Schreiben unterstützen. Der Anwender würde von Mustern, Textbausteinen und Makros, in diesem Falle gerade im Be‐ reich der Geschäftskorrespondenz, profitieren. Eine Anzahl an Texten wie An‐ gebote, Reklamationen etc. kann in kurzer Zeit für die Kunden geschrieben werden. Der unternehmensinterne Schreibstil auf Basis der Corporate Identity sowie das Handeln nach einer bestimmten Reihenfolge, das Corporate Beha‐ vior, sind in großen Unternehmen schon standardisiert und lassen für Ange‐ 230 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="231"?> stellte wenig Freiraum für selbstformulierte Sätze. Die Korrespondenz ist dem ökonomischen Druck hinsichtlich der Zeit und der schnellen Einarbeitung von Angestellten ausgesetzt. Das berufliche Schreiben generell erfüllt jedoch auch den Zweck, sich auf einer erkenntnisbringenden Ebene gedanklich zu sortieren und weiterzuentwickeln, allein nur durch den Prozess des Schreibens. Es sollte weiterhin in den Händen der Menschen liegen, Muster zu nutzen, diese aber auch zu durchbrechen, kreativ und auch rebellisch zu sein, wenn der Sender (Schreiber) und der Empfänger (z. B. Verbraucher, Handelspartner, zukünftiger Chef) einer Nachricht (Brief) dies akzeptieren. Schon heute werden Bewer‐ bungsanschreiben nicht nur per Post, sondern auch per E-Mail oder als Hinter‐ legung auf firmeneigenen Intranets verlangt. Bewerbungsunterlagen können z. B. bei der Agentur für Arbeit hochgeladen und für zukünftige Arbeitgeber auf der Plattform der Agentur freigeschalten werden. Dennoch gilt weiterhin, dass das Bewerbungsanschreiben im Bewerbungsprozess eingereicht werden muss und bei der zu bewerbenden Firma bleibt und archiviert wird. Dagegen kann das unverlangte Angebot gestellt werden. Ja, es gibt Unternehmen, die das An‐ gebot auf A4-Format bringen und an den potenziellen Kundenkreis senden. Banken, aber auch Autohäuser, Hotels sowie Reisebüros setzen zwar im Kern auf den Textkörper eines unverlangten Angebotes, ergänzen ihn aber durch Bilder, und insgesamt wirkt der Brief beim Öffnen eher wie ein Flyer. Dennoch, viele inhaltliche Elemente des Angebotes bleiben und sind darin enthalten. Die bisherigen Untersuchungen für das berufliche Schreiben vor und in der Ausbildungszeit zeigen noch Forschungsbedarf, obwohl die (berufsorientierte) Schreibkompetenz eine der acht Schlüsselkompetenzen der Europäischen Kom‐ mission und Teil des lebenslangen Lernens für die EU-Bürger ist (Settelmeyer & Widera, 2018; OECD, 2013: 143; European Union, 2006), Fachkräfte mit Schreib‐ fähigkeiten für den Arbeitsmarkt unabdingbar sind (Klein & Schöpper-Grabe, 2018; Philipp, 2018; Jakobs, 2005), Jugendliche am Ende der Sekundarstufe I Texte adressatengerecht, verständlich, zusammenhängend und strukturiert schreiben können sollten (Bundesagentur für Arbeit, 2009) sowie es die Schreib‐ kompetenz in der beruflichen Bildung als kommunikative Handlung und Quer‐ schnittsaufgabe verstärkt zu fördern gilt (Nill, 2018; Efing, 2018; Hoefele & Kon‐ stantinidou, 2018; Hoefele et al., 2015; Baumann & Siemon, 2013; Kimmelmann, 2013; Efing, 2013; Giera, 2011). „Writing plays a key role in academic success and in an individual’s professional and social development“ (Fidalgo et al., 2017: 3). Die Deutschdidaktik muss sich diesem Wissenschaftsbereich stärker nähern. Starke Forschungsdesigns bei Interventionen mit Pre-, Post- und Follow-up-Tests sowie Randomisierungen mit einer größeren Probandenzahl 231 5.3 Ausblick <?page no="232"?> werden notwendig sein. Gerade in diesem Rahmen sind profilierte Schreibauf‐ gaben, die eine Handlungsorientierung in einem situativen Kontext hervor‐ rufen, essenziell. Einige Bundesländer wie Bayern oder Niedersachsen können ihre Schüler am Ende des neunten Jahrgangs in die Ausbildung entlassen. Die Erhebung eines Status quo, z. B. bei den VERA-Tests, sollte daher in allen neunten Klassen und ergänzend in der Sekundarstufe II in ganz Deutschland erfolgen, um Diskrepanzen und Stärken der deutschen Schüler für das berufs‐ nahe Schreiben zu entdecken und anschließend durch Interventionen an allge‐ meinbildenden Schulen, Berufsschulen und an den gymnasialen Oberstufen zu begleiten. Auch ein Gymnasiast sollte sich im Schreiben von beruflichen Text‐ sorten auskennen, da er ein Teil der Gesellschaft ist und jeden Tag Willenser‐ klärungen äußert und damit Kaufverträge abschließt. Die Kenntnis über die damit verbundenen Textsorten wie das Angebot oder die Reklamation ist un‐ abdingbar. Jeder Schüler sollte auf das Schreiben von Bewerbungen vorbereitet werden. Das wird momentan in Deutschland an allgemeinbildenden Schulen curricular zwar vorgeschrieben, aber der tatsächliche Schreibprozess beim Schreiben von Bewerbungen kann im Deutschunterricht, aber auch im Wirt‐ schaftsunterricht oder bei berufsorientierten Projekten und Maßnahmen noch stärker fokussiert werden. Es reicht nicht aus, wenn außerschulische Experten einen Vortrag über Bewerbungen halten oder die Lehrperson ein bis zwei Stunden Zeit für das Bewerbungsanschreiben veranschlagt. Das begleitende Schreiben im und außerhalb des Unterrichts durch das Gründen von Arbeitsgemeinschaften oder Schreibstudios in gut ausgestatteten Computerräumen mit Farbdruckern, die in vielen Schulen immer noch fehlen, ist relevant, denn das Schreiben von Bewerbungen benötigt Schreibzeit, die der Unterricht nicht immer hergibt. Es erfordert auch Zeit mit dem einzelnen Schüler, was in einer ganzen Klasse nicht gelingt. Des Weiteren ist das Schreiben von Bewerbungen auch gerade in der Sekundarstufe II relevant, auch wenn es bisher nicht curricular beachtet wird, liegt es doch nahe, dass ein Auszubildender sich innerhalb der Ausbildungszeit für die Zeit nach der Ausbildung bewerben muss. Zudem ist es naheliegend, dass nicht jeder Gymnasiast ein Studium be‐ ginnt, sondern viele eine Ausbildung anstreben, und abschließend, dass sich auch ein Student in der Berufswelt schriftlich bewerben muss. Warum sollte nicht auch die letzte schulische Instanz, also die Schulen der Sekundarstufe II, adäquat darauf vorbereiten und dies mit Schreibstudios unterstützen? Des Wei‐ teren bedarf es dafür einer Zusammenarbeit aller Lehrkräfte an Schulen. Schreiben kann nicht nur im Fach Deutsch eine Rolle spielen, sondern wird in fast allen Fächern erwartet. Dennoch bleibt die Aufgabe der Schreibkompetenz‐ vermittlung eher auf das Fach Deutsch beschränkt. Dies sollte sich jedoch än‐ 232 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="233"?> dern und crosscurricular verankert sein. Exemplarisch dafür ist Norwegen mit seiner Nutzung des Wheel of Writing zu nennen. Dort ist in allen Unterrichts‐ fächern die Vermittlung der Schreibkompetenz eingebettet (Berge et al., 2016). Die Erhöhung von statistisch aussagekräftigen Studien ist in diesem Feld not‐ wendig. Durch die Heterogenität der Schülerschaft an allgemeinbildenden Schulen und in der Sekundarstufe II ist die Erstellung von Schreibprofilen di‐ verser Kohorten sinnvoll. Zugleich wird der Bedarf nach genauen und auch von normalen Lehrkräften an‐ wendbaren Diagnoseinstrumenten dadurch dringlicher, dass durch kulturelle Ent‐ wicklungen (Migration, Parallelgesellschaften, Berufstätigkeit beider Eltern, Preka‐ riate) und neuerdings durch das Konzept der Inklusion auch von Schüler/ innen mit Behinderung in ‚normale‘ Klassenverbände die ‚Spreizung‘ der Lerngruppe in ihrem Entwicklungs- und Leistungsstand immer größer wird. Die Folge muss eine deutliche Innendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichts sein (Eichler, 2017: 146). Ferner sind Kompetenzstrukturmodelle für das Schreiben nicht nur im Fach Deutsch, sondern in allen Fächern wichtig (Neumann & Giera, 2018). Gerade durch den Prozess der Inklusion an allen Schulen der Sekundarstufe I und II wird auch die Schülerschaft in den nächsten Jahren noch heterogener werden. Der einzelne Schüler und nicht die Klasse wird immer mehr in den Fokus rücken. Kompetenzprofile einzelner Schüler werden benötigt. Der überwiegend klassi‐ sche Frontalunterricht wird daher kaum noch möglich sein. Auf Seiten der Sprachdidaktik fordern Knopp und Becker-Mrotzek (2018: 95) Forschungen zu den Bereichen „Theoretische Konzepte“ (ebd.), „Didaktisch-methodische Kon‐ zepte“ (ebd.) sowie „Empirische Studien“ (ebd.) im inklusiven Deutschunter‐ richt. Für dieses Vorhaben ist mehr Forschung mit interdisziplinär besetzten Teams notwendig, die aus dem Bereich Deutschdidaktik, Textlinguistik, Wirt‐ schaftsdidaktik oder auch Psychologie mit dem Fokus Schreiben kommen und auch ihre international vernetzten Kontakte und Kenntnisse einbringen. Dafür bedarf es seitens der Bundesregierung auch Gelder und Unterstützungsmög‐ lichkeiten, um die Schreibkompetenz als basale und partizipative Fertigkeit für die Integration aller Bundesbürger in unsere demokratische Gesellschaft und den Wirtschaftsmarkt zu fördern. „Exzellente Forschung, auch und gerade gute anwendungsbezogene Forschung, ist nicht beim billigen Jakobs zu ersteigern, ist nicht beim Forschungsaldi zu haben, gibt es nicht zum Nulltarif “ (Rost, 2007: 242). 233 5.3 Ausblick <?page no="234"?> 5.4 Epilog Seit 2011 unterrichte ich als Deutschlehrerin in der Sekundarstufe I jegliche Textsorten mit SRSD als Förderansatz. An Oberschulen gibt es vermehrt Inklu‐ sionsklassen. Daher hilft der Aufbau der Unterrichtsstunden nach dem SRSD-Ansatz, um auf alle Schüler eingehen zu können. Wenn 20 und mehr Schüler in einem PC-Raum sind, schafft es dieser methodische Rahmen, dass alle Schüler die Unterrichtsschritte kennen und nicht aufeinander warten müssen. Punktuell führe ich die Modellingphase für alle Schüler durch. Die Schreibstunden werden von den Schülern als sehr positiv wahrgenommen, da sie am PC arbeiten dürfen und freiere Hand haben, welchen Schritt sie wann und mit wem durchführen. Daher kann ich das Schreibprojekt aus meiner Sicht nur empfehlen und anraten, auch andere Textsorten mithilfe von motivierenden Schreibaufgaben nach diesem Prinzip zu integrieren. Es ist für mich eine Her‐ zensangelegenheit, Schülern als Schreibvorbild mit auf den Weg zu geben, dass Schreiben Spaß macht - auch in der Sekundarstufe I. Diese Studie hat mich einerseits an meine Grenzen gebracht, war andererseits jedoch insgesamt eine lehrreiche Zeit für mich. Mir war es besonders wichtig, mein eigenes Promoti‐ onsprojekt zu organisieren und darin Ideen einzubringen, die schon lange in meinem Kopf umherschwirrten. Die Organisation und Planung lagen von den ersten Gesprächen mit den Schulleitern bis zu den einzelnen Unterrichtsstunden in meiner Hand. Das war sicherlich nicht immer einfach und ich musste in kurzer Zeit viel lernen, beispielsweise das Schreiben eines Antrags beim Schulamt. Die Unterrichtsstunden in den recht verschiedenen Klassen haben mir sehr viel Freude bereitet, obwohl ich zunächst annahm, dass ich als Lehrperson nicht gleich akzeptiert würde, was sich jedoch als Trugschluss herausstellte. Eine weitere Herausforderung war die Auswertung der Daten. An diesem Punkt war es mich nicht mehr möglich, allein zu arbeiten. Durch ein Team von Studenten konnte ich einen Teil der Daten aufarbeiten lassen. Gerade deren kritischen Nachfragen gaben meiner Arbeit neue Impulse. Das Überarbeiten meiner Gedanken und meiner Arbeit war allgegenwärtig. Die Organisation der Schreib‐ phasen bildete neben dem eigentlichen Beruf als Vollzeitlehrerin eine weitere Hürde. Ich bin monatelang morgens um 4: 44 Uhr (wenigstens die Zahl hat mich motiviert) aufgestanden, um vor Arbeitsbeginn und dem Aufwachen meiner Familie zu schreiben. Das war hart, führte aber zu einer Schreibroutine, die ich empfehlen kann, der mit Kind promoviert. Am wichtigsten war jedoch der Austausch mit meiner engsten Beraterin - meiner Betreuerin. Sie stellte Gedanken von mir auf den Kopf, rückte diese 234 5 Diskussion & Konsequenzen des Schreibprojekts <?page no="235"?> wieder zurecht und entließ mich nach den Gesprächen immer positiv mit neuem Kräfteschub. Die Suche nach regelmäßigen Terminen, gerade wenn man nicht an der Uni direkt promoviert, war meine Motivation, auch regelmäßig daheim zu arbeiten und die Promotion mit allen Höhen und Tiefen nach fünf Jahren zu beenden. Die vorliegende Arbeit ist zwar allein von mir zunächst im Studium als Vision, in den Schulpraktika als Idee und letztendlich als Ziel im Anschluss an mein Masterstudium entstanden und war in vielen Momenten durch die überwiegend alleinige Planung, Durchführung und Evaluation kräftezehrend und manchmal am Schreibtisch auch sehr einsam, aber ich hatte motivierende und kräfteaufbauende Unterstützer, denen ich herzlich danken möchte. Durch sie konnte ich den langen Weg der Promotion gehen. Zunächst gilt mein Dank den Schulleitern, Lehrern, Schülern und Eltern, die mir sofort ihr Vertrauen für das Projekt geschenkt haben. Danke auch an meine Studierenden, die beim Raten der Texte und der Schülergespräche unterstützt haben. Ich bedanke mich bei meinem Forschungskolloquium und meinen Kol‐ legen der Universität und der Schule, die wertvolle Tipps geben konnten. Letzt‐ endlich gilt mein größter Dank meinen Betreuern der Arbeit, denn ohne kriti‐ sche Reflexion und Beratung hätte ich einige Punkte übersehen. 235 5.4 Epilog <?page no="237"?> Literaturverzeichnis Abraham, U./ Frederking, V. (2017). Deutsch und Deutschdidaktik. In: Bayrhuber, H./ Abraham, U./ Frederking, V./ Jank, W./ Rothgangel, M./ Vollmer, H. J.: Auf dem Weg zu einer Allgemeinen Fachdidaktik. Münster, New York: Waxmann, 53-73. Adamzik, K. (2004). Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. Tübingen: Niemeyer. Adamzik, K. (2008). Textsorten und ihre Beschreibung. In: Janich, Nina (Hrsg.): Textlin‐ guistik. 15 Einführungen. Tübingen: Narr, 145-175. Akoun, A./ Pailleau, I. (2014). Besser Lernen mit Positiver Pädagogik. Der Ratgeber für Lehrer, Eltern und Schüler. München: mvg. Antos, G. (2008). Schriftliche Textproduktion: Formulieren als Problemlösung. In: Janich, Nina (Hrsg.): Textlinguistik. 15 Einführungen. Tübingen: Narr, 237-254. 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Seelze: Klett, Kallmeyer. 258 Literaturverzeichnis <?page no="259"?> Anhang I Testinstrumente Abb. 44: Deckblatt Codewahl <?page no="260"?> Abb. 45: Erläuterungen zu den Schreibaufgaben 260 Anhang <?page no="261"?> Abb. 46: Schreibaufgabe Bewerbung (Pretest) 261 I Testinstrumente <?page no="262"?> Abb. 47: Schreibaufgabe Angebot (Pretest) 262 Anhang <?page no="263"?> Abb. 48: Schreibaufgabe Bewerbung (Posttest) 263 I Testinstrumente <?page no="264"?> Abb. 49: Schreibaufgabe Angebot (Posttest) 264 Anhang <?page no="265"?> 1 Die Items 1.1 bis 1.6 sowie 2.1 bis 2.6 des ersten Fragebogens lehnen sich an den IMOSS-Fragebogen an (Neumann/ Mathiessen, 2011). Dieser Bogen soll in erster Linie Hintergrundvariablen der Probenden eruieren. Abb. 50: Fragebogen 1 (Steckbrief, Seite 1) 1 265 I Testinstrumente <?page no="266"?> Abb. 51: Fragebogen 1 (Steckbrief, Seite 2) 266 Anhang <?page no="267"?> Abb. 52: Fragebogen 1 (Steckbrief, Seite 3) 267 I Testinstrumente <?page no="268"?> 2 Der zweite und dritte Fragebogen wurde zur Ermittlung des inhaltlichen Wissens (Textsortenwissen) aus der Perspektive der Probanden verwendet. Beide Bogen orien‐ tieren sich an Sawyer, Graham und Harris (1992), mussten allderdings an das berufs‐ orientierte Schreiben und die dazugehörigen zwei Textsorten angepasst werden. Abb. 53: Fragebogen 2 (Was weißt du über das Bewerbungsanschreiben? ) 2 268 Anhang <?page no="269"?> Abb. 54: Fragebogen 3 (Was weißt du über das Angebot) 269 I Testinstrumente <?page no="270"?> 3 Der vierte Fragebogen soll die Selbstwirksamkeit beim Schreiben (Items 1.1 bis 2.3) sowie die Einstellung zum Planen und Überarbeiten der Probanden ermitteln und lehnt sich mit den Items an die Arbeit von Graham, Harris und Mason (2005) an. Abb. 55: Fragebogen 4 (Deine Sicht des Schreibens, Seite 1) 3 270 Anhang <?page no="271"?> Abb. 56: Fragebogen 4 (Deine Sicht des Schreibens, Seite 2) 271 I Testinstrumente <?page no="272"?> Abb. 57: Fragebogen 5 (Feedback, Seite 1) 272 Anhang <?page no="273"?> Abb. 58: Fragebogen 5 (Feedback, Seite 2) 273 I Testinstrumente <?page no="274"?> Abb. 59: Fragebogen 6 (Einstellung zur Schreibaufgabe) 274 Anhang <?page no="275"?> Abb. 60: Fragebogen zur Überprüfung (Expertenmeinung zum Bewerbungsanschreiben) 275 I Testinstrumente <?page no="276"?> II Kodiermanual Abb. 61: IMOSS-Kodierbogen für das Rating der Schülertexte 276 Anhang <?page no="277"?> Abb. 62: IMOSS-Kodiererläuterungen 277 II Kodiermanual <?page no="278"?> Abb. 63: Kodierbogen inhaltliche Aspekte (Bewerbung) 278 Anhang <?page no="279"?> Abb. 64: Kodierbogen inhaltliche Aspekte (Angebot) 279 II Kodiermanual <?page no="280"?> Abb. 65: Kodierbogen formale Aspekte 280 Anhang <?page no="281"?> Abb. 66: Kodierbogen sprachliche Aspekte 281 II Kodiermanual <?page no="282"?> III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf Schüler A Abb. 67: Schreibprodukt Pretest Bewerbung (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 282 Anhang <?page no="283"?> Abb. 68: Überarbeitetes Schreibprodukt Bewerbung (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 283 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="284"?> Abb. 69: Schreibprodukt Posttest Bewerbung (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 284 Anhang <?page no="285"?> Abb. 70: Schreibprodukt Pretest Angebot (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 285 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="286"?> Abb. 71: Überarbeitetes Schreibprodukt Angebot (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 286 Anhang <?page no="287"?> Abb. 72: Schreibprodukt Posttest Angebot (9. Klasse, männlich, 15 Jahre) 287 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="288"?> Schüler B Abb. 73: Schreibprodukt Pretest Bewerbung (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 288 Anhang <?page no="289"?> Abb. 74: Überarbeitetes Schreibprodukt Bewerbung (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 289 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="290"?> Abb. 75: Schreibprodukt Posttest Bewerbung (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 290 Anhang <?page no="291"?> Abb. 76: Schreibprodukt Pretest Angebot (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 291 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="292"?> Abb. 77: Überarbeitetes Angebot (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 292 Anhang <?page no="293"?> Abb. 78: Posttest Angebot (9. Klasse, männlich, 14 Jahre) 293 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="294"?> Schüler C Abb. 79: Pretest Bewerbung (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 294 Anhang <?page no="295"?> Abb. 80: Überarbeitete Bewerbung (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 295 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="296"?> Abb. 81: Abb. 38: Posttest Bewerbung (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 296 Anhang <?page no="297"?> Abb. 82: Pretest Angebot (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 297 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="298"?> Abb. 83: Überarbeitetes Angebot (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 298 Anhang <?page no="299"?> Abb. 84: Posttest Angebot (9. Klasse, weiblich, 14 Jahre) 299 III Exemplarische Schülertexte im Projektverlauf <?page no="300"?> IV Unterrichtsmaterial Abb. 85: Mustervorlage für die Erklärung der DIN-Norm 300 Anhang <?page no="301"?> Abb. 86: Kärtchen ‚Schreibprofi‘ für das Deckblatt im Schülerordner Abb. 87: Infotext für das „Bewerbungsanschreiben“ Abb. 88: Infotext für das „unverlangte Angebot“ 301 IV Unterrichtsmaterial <?page no="302"?> Bei diesem Band handelt es sich um eine Interventionsstudie, an der sowohl NeuntklässlerInnen als auch Auszubildende der Hotellerie teilnahmen. Die Studie untersucht das Schreiben im berufsorientierten Kontext empirisch, zentral ist dabei vor allem die Frage, über welche Schreibperformanz SchülerInnen beim Schreiben von Bewerbungsanschreiben und unverlangten Angeboten im Laufe des Schreibprojekts mithilfe des „Self-Regulated Strategy Development“-Ansatzes verfügen. Zur Beantwortung wurden sowohl die Schreibprodukte als auch -prozesse primär erhoben und überwiegend quantitativ ausgewertet. ISBN 978-3-8233-8373-4 B E R U F S O R IE N T IE R T E S C H R E IBK O MPE T E NZ MI T HIL F E V O N S R S D FÖR D E R N Winnie-Karen Giera Winnie-Karen Giera BERUF SORIENT IER TE SCHRE IBKOMPE TENZ MI THILFE VON SR SD FÖRDERN Evaluation eines schulischen Schreibprojekts K O M MUNIZIE R E N IM B E RU F B A N D 1 18373_Umschlag_.indd Alle Seiten 18373_Umschlag_.indd Alle Seiten 09.01.2020 15: 36: 14 09.01.2020 15: 36: 14