Einführung in die Kognitive Linguistik
0423
2008
978-3-8385-1636-3
978-3-8252-1636-8
UTB
Wie ist Sprache mental und neuronal repräsentiert? Welche Prozesse laufen in unseren Köpfen ab, wenn wir Sprache produzieren und rezipieren? Wie erwerben wir Sprache? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Kognitive Linguistik, eine Forschungsrichtung der interdisziplinär orientierten Kognitionswissenschaft und mittlerweile einer der einflussreichsten sprachtheoretischen Ansätze. Die vorliegende Einführung erläutert in verständlicher Form die Grundannahmen, Methoden und Zielsetzungen der Kognitiven Linguistik, illustriert durch repräsentative Beispiele aus verschiedenen Bereichen kognitiv ausgerichteter Sprachforschung.
Für diese erweiterte dritte Auflage wurde das bewährte Standardwerk grundlegend überarbeitet sowie um neue Kapitel zur Kognitiven Semantik Bedeutungskonstitution und Metaphernverstehen), zur Perspektivierung in der Sprachproduktion, zur Textverstehenstheorie (Anaphorik) und zur Relevanz emotionaler Faktoren ergänzt.
<?page no="0"?> Monika Schwarz Einführung in die Kognitive Linguistik 3. Auflage A. Francke <?page no="1"?> UTB 1636 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag Köln · Weimar · Wien Verlag Barbara Budrich · Opladen · Farmington Hills facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft · Stuttgart Mohr Siebeck · Tübingen C.F. Müller Verlag · Heidelberg Orell Füssli Verlag · Zürich Verlag Recht und Wirtschaft · Frankfurt am Main Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="3"?> Monika Schwarz Einführung in die Kognitive Linguistik Dritte, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage A. Francke Verlag Tübingen und Basel <?page no="4"?> Monika Schwarz ist Professorin für germanistische Sprachwissenschaft an der Friedrich Schiller Universität Jena. Forschungsschwerpunkte: Semantik und Kognitionswissenschaft, Text(verstehens)theorie, Sprache und Emotion. Buchpublikationen: Kognitive Semantiktheorie und neuropsychologische Realität (1992), Kognitive Semantik/ Cognitive Semantics (1994), Indirekte Anaphern in Texten (2000), Semantik - ein Arbeitsbuch, mit J. Chur (fünfte Auflage 2007), Metapher, mit H. Skirl (2007), Anaphors in Text, mit M. Consten / M. Knees (2007), Sprache und Emotion (2007). Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.d-nb.de> abrufbar. 1. Auflage 1992 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage 1996 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2008 © 2008 A. Francke Verlag Tübingen und Basel Dischingerweg 5 D-72070 Tübingen ISBN 978-3-7720-8278-8 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Satz: NagelSatz, Reutlingen Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISBN 978-3-8252-1636-8 (UTB-Bestellnummer) <?page no="5"?> Inhalt 0. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Das Kognitive Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1 Die Kognitive Wende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Zur Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft . . . 17 1.3 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft . . . . . 20 1.3.1 Computermetapher und Funktionalismus . . . . . . . 20 1.3.2 Der Mensch als Informationsverarbeitungssystem 22 1.3.3 Konnektionismus als Alternative . . . . . . . . . . . . . . 24 1.3.4 Modularität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.4 Zu den Methoden der Kognitionsforschung . . . . . 31 1.5 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . 37 1.6 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Linguistik als Kognitive Wissenschaft . . . . . . . . . . 40 2.1 Definition und Standortbestimmung . . . . . . . . . . . 40 2.2 Kognitive Linguistik und psychologische Realität . 45 2.3 Ausprägungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.3.1 Der modulare Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.3.2 Der holistische Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2.4 Kognitive Linguistik versus Kognitive Linguistik? . 56 2.5 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme . . . . . . 59 2.5.1 Bedeutungskonstitution: Zur Schnittstellenproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.5.2 Metaphern und Emergenz: Unterspezifikation und konzeptuelle Elaboration . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2.7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 <?page no="6"?> 6 Inhalt 3. Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition: Schnittstellen- und Ebenenaspekte . . . . . . . . . . . . 78 3.1 Mentale und neuronale Ebene: Das Geist/ Körper-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.2 Kognition, Sprache und Gehirn . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2.1 Neuroanatomische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2.2 Neurophysiologische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3.2.3 Pathologie und Aphasiologie . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.2.4 Qualia, Bewusstsein und freier Wille? . . . . . . . . . . 97 3.3 Kognition, Sprache und Gedächtnis . . . . . . . . . . . 99 3.3.1 Gedächtnisfunktionen und mentales Lexikon . . . . 99 3.3.2 Kognitive Einheiten und Strukturen im LZG . . . . 108 3.3.2.1 Konzepte und Wortbedeutungen . . . . . . . . . . . . . 108 3.3.2.2 Komplexe Organisationseinheiten: Schemata . . . . 115 3.4 Kognition und Repräsentation . . . . . . . . . . . . . . . 119 3.5 Sprache, Kognition und Emotion: Die emotive Wende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3.7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Aspekte der Spracherwerbsforschung: Zum Aufbau des sprachlichen Kenntnissystems . . 137 4.1 Theoretische Grundpositionen . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.2 Modularität und Grammatikerwerb . . . . . . . . . . . 141 4.2.1 Der modulare Ansatz: UG und Parametertheorie . 141 4.2.2 Der holistische Ansatz: Kognitivismus . . . . . . . . . 145 4.3 Spracherwerb und Gehirnforschung . . . . . . . . . . . 150 4.3.1 Zu den neuronalen Grundlagen von UG . . . . . . . . 150 4.3.2 Zur Ontogenese der Lateralisation . . . . . . . . . . . . 153 4.4 Bedeutungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.5 Prozedurales Wissen: Automatismen und Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 <?page no="7"?> 7 Inhalt 5. Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5.1 Überlegungen zum Sprachprozessor . . . . . . . . . . . 167 5.2 Autonome vs. interaktive Modelle . . . . . . . . . . . . 169 5.3 Wort-, Satz- und Textverarbeitung . . . . . . . . . . . . 174 5.3.1 Syntaktische Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 5.3.2 Semantische Verarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 5.3.3 Sprachverarbeitung und Gedächtnisfunktionen . . 187 5.3.4 Textverstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 5.3.5 Kognitive Kohärenztheorie und Anaphernverstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 5.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 5.5 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 6. Sprachproduktion: Konzeptualisierung und Verbalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 6.1 Allgemeine Fragen der Sprachproduktionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . 208 6.2 Referenz im Situationskontext . . . . . . . . . . . . . . . 211 6.3 Fehleranalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 6.4 Neurolinguistische Evidenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 229 6.5 Konzeptualisierung und Perspektivierung: Ein anwendungsorientierter Ausblick . . . . . . . . . . 232 6.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 7. Ausblick: Die Straße in den Geist . . . . . . . . . . . . . 238 8. Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 9. Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 <?page no="9"?> 0. Vorwort zur dritten Auflage Die Kognitive Linguistik entstand aus einem Programm, einer Strömung gegen die primär an Formaspekten der Sprache interessierte, theoretische sowie rein introspektiv arbeitende Linguistik. Mittlerweile ist sie einer der einflussreichsten sprachtheoretischen Ansätze, fest etabliert in der Forschungslandschaft und institutionalisiert in verschiedenen Studiengängen. Seit Erscheinen der ersten beiden Auflagen der vorliegenden Einführung sind zahlreiche Untersuchungen und Analysen im Rahmen der Kognitiven Linguistik durchgeführt und publiziert worden, die relevante Einblicke und vertiefende Erkenntnisse zur Sprache-und-Kognition-Interaktion erbracht haben. Nach einer kritischen Durchsicht des Buches und der Bestandsaufnahme der neuesten Forschungsliteratur zur Kognitiven Linguistik habe ich die gesamte Einführung nicht nur grundlegend bearbeitet und aktualisiert, sondern auch um einige neue Fallstudien zur Kognitiven Semantik (Bedeutungskonstitution und Metaphernverstehen), zur Perspektivierung in der Sprachproduktion und zur Text(verstehens)theorie (Komplexanaphorik) erweitert. Diese zeigen, wie in den letzten Jahren spezifische Themen in der kognitionslinguistischen Sprachtheorie analysiert wurden. Zudem wurden kurze Abhandlungen zur Relevanz emotionaler Faktoren sowie zur Lage der aktuellen Neurowissenschaft eingefügt. Erweitert wurde auch der Abschnitt zur Prototypentheorie. An den wesentlichen Fragen, wie sie in dieser Einführung erörtert werden, hat sich bis heute nichts geändert: Die Kognitive Linguistik will die Sprache als geistiges Kenntnis- und Verarbeitungssystem in all seinen Schnittstellen und Interaktionen interdisziplinär erforschen und in psychologisch adäquaten, d.h. kognitiv plausiblen Modellen erklären. Somit entsprechen die allgemeinen Ausführungen mit ihren spezifischen Annahmen und Problemstellungen, ergänzt durch die Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre, der aktuellen Forschungslage. <?page no="10"?> 10 Vorwort Die vorliegende Einführung noch einmal zu überarbeiten und in Teilen zu erweitern, wurde u.a. auch motiviert durch die Tatsache, dass zwar in den letzten Jahren einige (englischsprachige) Einführungen in die Kognitive Linguistik erschienen sind, diese aber ausschließlich die holistische Richtung darstellen und somit wichtige Forschungshypothesen und Ergebnisse des kognitiven Paradigmas nicht berücksichtigen. Um weitere Erkenntnisfortschritte erzielen zu können, darf aber die Kognitive Linguistik nicht einseitig im Rahmen eines strikt festgelegten Programms betrieben werden, das seine Prämissen nicht mehr hinterfragt, sondern muss (gemäß ihrem Anspruch auf Interdisziplinarität) nicht nur offen sein für empirische Ergebnisse kognitionswissenschaftlicher Disziplinen, sondern auch für die Überlegungen anderer theoretischer Ausrichtungen. Für Hinweise und Anmerkungen danke ich Annette Baumgärtner, Manfred Consten, Ad Foolen, Joachim Grabowski, Ulrike Lüdtke, Jörg Meibauer und Helge Skirl. Beim Korrekturlesen haben Judith Malicke, Robert Beyer, Franziska Schmidtke, Patrick Schneider und Karin Willms geholfen. Jena, Januar 2008 Monika Schwarz Vorwort zur ersten Auflage Die Kognitive Linguistik ist ein junger Forschungsansatz, der sich in den letzten 10 Jahren stürmisch entwickelt hat und bereits jetzt durch seine Arbeiten neue Akzente in der gesamten sprachwissenschaftlichen Forschung gesetzt hat. Die Entwicklung der Kognitiven Linguistik ist auf das Engste verbunden mit der Entstehung der Kognitiven Wissenschaft, einer interdisziplinären Wissenschaft, die sich mit allgemeinen und spezifischen Aspekten der Kognition beschäftigt. Die Kognitive Linguistik versteht sich selber als derjenige Bereich innerhalb der Kognitiven Wissen- <?page no="11"?> 11 Vorwort schaft, der auf die Beschreibung und Erklärung der mentalen Sprachstrukturen und -prozesse ausgerichtet ist. Im Mittelpunkt des Interesses der Kognitiven Linguistik steht dabei die Erforschung der Interaktion zwischen der Repräsentation und der Verarbeitung sprachlichen Wissens. Obgleich sich die Kognitive Linguistik mittlerweile zu einem der wichtigsten Ansätze der Linguistik entwickelt hat, existiert bislang noch keine einheitliche und verbindliche Standortbestimmung dieses Forschungszweiges. Die Bestimmung der wissenschaftstheoretischen Position wird erschwert durch die kaum noch zu überschauende Vielzahl von kognitiven Arbeiten auf der Basis zum Teil ganz unterschiedlicher Grundpositionen, aber auch durch die Menge von Beschreibungsansätzen, die sich zwar »kognitiv« nennen, aber keine wesentlichen Erneuerungen aufweisen. Was ist und was will die Kognitive Linguistik? Inwiefern ist sie ein wissenschaftliches Novum in der sprachwissenschaftlichen Forschung? In der vorliegenden Einführung soll zum einen versucht werden, die Grundannahmen, die Zielsetzung und die methodische Vorgehensweise der Kognitiven Linguistik darzustellen, zum anderen die Einbettung dieses Forschungsbereichs in die allgemeine Kognitionsforschung transparent zu machen. Die hierbei skizzierte Konzeption der Kognitiven Linguistik versteht sich als Diskussionsbeitrag zur Markierung von Schwerpunkten für die zukünftige Forschung und als Plädoyer für verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Es wird ein weitgespannter, viele Aspekte erfassender Überblick über die derzeitige Forschungslage gegeben, der dem Leser als Orientierungshilfe und als Basis zur Einschätzung der Möglichkeiten und Anwendungen der Kognitiven Linguistik dienen soll. Akzentuiert werden dabei besonders methodische Schwierigkeiten, kontrovers diskutierte Fragen und ungelöste Probleme, um die Perspektiven und Aufgaben der zukünftigen Forschung zu verdeutlichen. Ein Anliegen dieses Buches ist es, auf die Relevanz und die Attraktivität interdisziplinären Arbeitens hinzuweisen. Diese Einführung richtet sich daher nicht nur an Studierende der Linguistik, sondern gerade auch an Studenten anderer (insbesondere psychologischer und neurologischer) Fachrichtungen. Ich hoffe <?page no="12"?> 12 Vorwort weiterhin, dass die Darstellung so verständlich ist, dass auch der an kognitionswissenschaftlichen Fragen interessierte Laie einen Zugang zu diesem Bereich finden kann. Im ersten Kapitel dieser Einführung wird zunächst kurz auf die historische Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft eingegangen, denn die Kognitive Linguistik ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern baut im Wesentlichen auf den Ergebnissen der Kognitionswissenschaft auf. Im zweiten Kapitel folgt die Bestimmung der wissenschaftstheoretischen Position der Kognitiven Linguistik und die Erörterung ihrer beiden wichtigsten Ausprägungsvarianten, der modularen und der holistischen Richtung. Im dritten Kapitel werden grundlegende organisatorische und repräsentationale Aspekte der menschlichen Kognition sowohl aus neurophysiologischer als auch aus psychologischer Sicht beleuchtet. In den Kapiteln vier, fünf und sechs werden dann einige der zentralen Fragen, Ergebnisse und Probleme der drei Arbeitsbereiche der Kognitiven Linguistik dargestellt und diskutiert, die sich mit der prozeduralen Komponente unserer Sprachfähigkeit beschäftigen. Kein einziges der umrissenen Themen kann im Rahmen dieser Einführung detailliert oder gar vollständig behandelt werden. Zu jedem der skizzierten Bereiche ließen sich noch ganze Bücher schreiben. Um den Mangel an Ausführlichkeit etwas abzuschwächen, wird jedem Kapitel ein kommentiertes Verzeichnis weiterführender Literatur beigefügt, so dass sich der Leser selbst mit vertiefenden Darstellungen und aktuellen Forschungsberichten vertraut machen kann. Teile dieses Buches wurden als Arbeitspapiere im SS 1989 und WS 1989/ 90 in Seminaren zur Kognitiven Linguistik und im Arbeitskreis »Kognitive Linguistik und Gehirnforschung« an der Universität zu Köln vorgestellt und diskutiert. Die Fragen und Diskussionsbeiträge der Teilnehmer haben mir sehr dabei geholfen, die Darstellungen verständlicher zu formulieren. Besonderer Dank gilt hier Manfred Consten, Sonja Eisenbeiß, Arnd Hemmersbach und Bettina Landgraf. Den Anstoß zur Ausarbeitung der Papiere verdanke ich Heinz Vater. Dass Aspekte der Gebärdensprachforschung Berücksichtigung in dieser Einführung finden, verdanke ich den anregenden Gesprächen mit Gudula List. <?page no="13"?> 13 Vorwort Von Detlef Zaun erhielt ich wertvolle Hinweise zum Konnektionismus. Mit Stephanie Kelter konnte ich über die Entwicklungen in der Kognitiven Neurowissenschaft diskutieren. Für viele kritische Hinweise und Anmerkungen zu der vorliegenden Einführung bedanke ich mich herzlich bei Ewald Lang. Wolfgang Höbelt und Martin Leser haben mir bei der Formatierung des Textes geholfen. Meiner Schwester Marie-Luise und meiner Mutter danke ich für die persönliche Unterstützung während der Entstehung dieses Buches. Köln, Oktober 1991 <?page no="15"?> 1. Das Kognitive Paradigma 1.1 Die Kognitive Wende Die Kognition - also der menschliche Geist, der Prozesse wie Wahrnehmen, Denken und Sprechen umfasst - ist schon seit über 2000 Jahren Gegenstand der Forschung. Über viele Jahrhunderte hinweg war die Erforschung der geistigen Fähigkeiten des Menschen eine Domäne der Philosophie (s. Robinson 1986). Erst seit ca. 100 Jahren ist es die Psychologie, die sich als eigenständige Wissenschaft mit unseren mentalen Fähigkeiten beschäftigt. Die 100-jährige Wissenschaftsgeschichte der Psychologie lässt sich im Sinne Kuhns (für den die Entwicklung einer Wissenschaft durch Phasen der Ausarbeitung eines Forschungsparadigmas und durch »revolutionäre« Phasen des Paradigmenwechsels gekennzeichnet ist) in zwei herausragende Paradigmen einteilen: das behavioristische und das kognitivistische (kognitive) Paradigma. »… it seems a safe forecast to assert that future historians will characterize twentieth-century psychology as a half century of behaviorism followed by a half century of cognitivism.« (Knapp 1986: 13) In der behavioristischen Psychologie beschäftigte man sich nicht mit der Funktionsweise des menschlichen Geistes; nur das beobachtbare, mit naturwissenschaftlichen Methoden messbare Verhalten des Menschen wurde analysiert. Anfang der 60er Jahre vollzog sich in der Psychologie die Ablösung vom behavioristischen Forschungsansatz, der mentale Zustände und Vorgänge aufgrund seines rigiden positivistischen Postulats der Beobachtbarkeit als Black-box-Phänomene (die sich dem wissenschaftlichen Zugang entziehen) aus dem Forschungsprozess ausgeschlossen hatte. Die Einbeziehung mentaler Entitäten erfolgte in einem sich über Jahre erstreckenden Paradigmenwechsel, der heute als die »Kognitive Wende« bezeichnet wird <?page no="16"?> 16 Das Kognitive Paradigma (s. Miller et al. 1960). In der Psychologie gab Neisser (1967) dem neuen Forschungsparadigma seinen Namen: Kognitive Psychologie. Die Kognitive Psychologie beschäftigt sich mit allen Prozessen der Aufnahme, Speicherung und Anwendung von Informationen. Kognition wird als die Menge aller Strukturen und Prozesse menschlichen Wissens definiert. »As used here the term ‚cognition‘ refers to all the processes by which the sensory input is transformed, reduced, elaborated, stored, recovered and used … even in the absence of relevant stimulation.« (Neisser 1967: 4) Mit dieser weiten Kognitionsdefinition, die nicht nur die so genannten »höheren« Fähigkeiten des Menschen (wie Denken und Sprechen) als kognitiv charakterisiert, sondern auch die perzeptuellen Leistungen, umfasst die Kognitive Psychologie die traditionellen Bereiche der Wahrnehmungs-, Lern-, Sprach- und Gedächtnispsychologie. In den kognitivistischen Ansätzen wird die menschliche Kognition als ein System mentaler Strukturen und Prozesse angesehen und im Rahmen von Modellen beschrieben, welche die Komplexität mentaler Aktivitäten berücksichtigen. Damit steht die Kognitive Psychologie in direktem Gegensatz zu dem Reduktionismus des behavioristischen Ansatzes. Kognitivistischen Erklärungsmodellen liegt die Annahme zugrunde, dass kognitive Prozesse zielgerichtete Aktivitäten darstellen, die sich nicht einfach kausal aufgrund assoziativer Mechanismen beschreiben lassen. Kognitive Einheiten und Prozesse sind als Teile komplexer Zusammenhänge aufzufassen und lassen sich nicht auf isolierte, unstrukturierte Komponenten reduzieren. Dem Menschen stehen gewisse kognitive Dispositionen von Geburt an zur Verfügung. Mit diesen Annahmen wendet sich der kognitivistische Ansatz gegen die Auffassung des Behaviorismus, dass der Mensch als Tabula rasa auf die Welt kommt und sein Wissen aufgrund assoziativer Lernsequenzen erwirbt. Eine wirkungsvolle Kritik am behavioristischen Erklärungsansatz kam dabei mit Chomskys Skinner-Rezension auch aus der Linguistik. Chomsky (1959) wies nach, dass sich die sprachlichen Fähigkeiten des Menschen nicht durch simple Reiz-Reaktion-Kontingenzen erklären lassen, sondern nur durch die Annahme eines komplexen <?page no="17"?> 17 Zur Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft Regelsystems, das als internalisiertes Kenntnissystem aufzufassen ist (s. hierzu Kapitel 4). Die Linguistik vor Chomsky war weitgehend eine beschreibende Wissenschaft, die sich mit der Klassifizierung eines Korpus sprachlicher Daten beschäftigte, ohne diese Daten in Beziehung zum menschlichen Geist zu setzen. Seit Chomsky (1965) ist nicht mehr das konkrete Verhalten (in Chomskys Terminologie: die Performanz) im Mittelpunkt sprachwissenschaftlicher Untersuchungen, sondern das diesem Verhalten zugrundeliegende Kenntnissystem (die Kompetenz). Chomsky hat die Wende in der Linguistik rückblickend folgendermaßen beschrieben: »… the shift was from behavior or products of behavior to states of the mind/ brain that enter into behavior.« (Chomsky 1986: 1) Damit wird die Linguistik zu einer erklärenden Wissenschaft, welche die im menschlichen Geist verankerten Repräsentationen als Konstituenten der Sprachfähigkeit des Menschen analysiert und beschreibt. Chomsky (1975, 1988, 2000) hat deshalb die von ihm definierte generative Linguistik wissenschaftstheoretisch stets als ein Teilgebiet der kognitiven Psychologie aufgefasst. Die mentalistische Sprachtheorie, die mit Chomskys generativer Grammatik in den Vordergrund sprachwissenschaftlicher Arbeiten rückte, ist damit von ihrer Konzeption her ein Vorläufer der kognitivistischen Ansätze in der Linguistik (wenngleich diese sich mittlerweile von der generativen Sprachtheorie emanzipiert haben). 1.2 Zur Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft Wichtige Impulse für die Darstellung mentaler Wissensstrukturen und die Modellierung kognitiver Prozesse erhielten Linguistik und Psychologie durch die Programme und Simulationsstudien der sich stetig entwickelnden Computerwissenschaft (insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz). Die vage und intuitiv gehaltenen Wissensrepräsentationen der Psychologie wurden analog zu den in der KI ausgearbeiteten Repräsentationen gestaltet und damit formal präzisiert. Die Annäherung von KI- <?page no="18"?> 18 Das Kognitive Paradigma Forschung und Psychologie war Mitte der 70er Jahre Anstoß für die Entwicklung einer neuen Wissenschaft, der Kognitiven Wissenschaft. Diese interdisziplinäre Wissenschaft integriert Erkenntnisse aus der Psychologie, der Computerwissenschaft, der Linguistik, der Philosophie und der Neurowissenschaft mit dem Ziel, kognitive Phänomene umfassend zu erforschen. In der Kognitiven Wissenschaft geht man davon aus, »… that the mind is too complicated to be seen clearly or to be studied with advantage from the perspective of a single discipline. The scientific understanding of cognition depends on a synthesis.« (Johnson-Laird 1983: xi) Im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten der Kognitiven Wissenschaft steht das Bemühen, empirisch überprüfbare Theorien zu erstellen, die Struktur- und Prozessaspekte unserer Kognition erklären können. Dabei stellen sich folgende Leitfragen: - Über welches Wissen muss der Mensch verfügen, um so komplexe Leistungen wie Denken und Sprechen ausführen zu können? - Wie ist dieses Wissen im Gedächtnis organisiert und repräsentiert? - Wie wenden wir dieses Wissen an (und welche kognitiven Prozesse laufen dabei ab)? Die Kognitionswissenschaft knüpft damit an erkenntnistheoretische Problemzusammenhänge an, die bereits in der Antike Gegenstand philosophischer Diskussionen waren (s. Robinson 1986, Gardner 1989). Das gemeinsame Forschungsinteresse verbindet die zum Teil recht heterogenen Ansätze innerhalb der Kognitiven Wissenschaft, die sich aufgrund ihrer Interdisziplinarität durch einen ausgeprägten Methoden- und Theorienpluralismus auszeichnet. Dieser Pluralismus bedingt vor allem in methodologischer Hinsicht eine Perspektivenerweiterung, die es ermöglicht, den Untersuchungsgegenstand (also die menschliche Kognition) in seiner Komplexität zu erforschen. Dabei findet sich auch in der Kognitionswissenschaft noch die in der Forschung übliche Aufteilung in etablierte Disziplinen, doch ist die Kooperation der <?page no="19"?> 19 Zur Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft Fachbereiche ein vorrangiges Ziel. Die jeweiligen Disziplinen fokussieren bei ihren Untersuchungen bestimmte Aspekte der Kognition: Die Philosophie erörtert erkenntnistheoretische Fragen und Probleme der Kognitiven Wissenschaft. Die Neurowissenschaft untersucht die physiologische Grundlage der Kognition, analysiert also Struktur und Funktion des Gehirns. Die Linguistik beschäftigt sich mit dem sprachlichen Wissenssystem, wobei die theoretische Linguistik bisher primär Strukturaspekte und die Psycholinguistik primär Prozessaspekte untersucht hat. Die Computerwissenschaften erforschen die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Die Modellierung kognitiver Prozesse geschieht durch die Erstellung komplexer Programme und deren Implementierung. Die Psychologie untersucht theoretisch und empirischexperimentell die allgemeinen mentalen Fähigkeiten des Menschen; ihr kommt deshalb innerhalb der Kognitiven Wissenschaft eine Schlüsselstellung zu. Es gibt derzeit keine einheitliche Theorie der Kognition, doch die meisten theoretischen Ansätze und Modelle der Kognitionswissenschaft weisen eine Reihe von gemeinsamen Grundannahmen auf. Die wesentlichen Grundannahmen zur menschlichen Kognition lassen sich zunächst komprimiert zusammenfassen: • Zur Kognition gehören zunächst allgemein alle Prozesse der mentalen Speicherung, Aufnahme, Wieder- und Weiterverarbeitung von Informationen. Diesen Prozessen kann das Bewusstsein zugeschaltet sein, oder nicht. • Makrostrukturell lassen sich verschiedene Kenntnissysteme (wie sprachliches, perzeptuelles, motorisches, olfaktorisches etc.) voneinander abgrenzen, die jeweils zuständig für bestimmte sensorische Reize und deren Weiterverarbeitung sowie Repräsentation sind. • Kognitives Verhalten basiert auf den mentalen Repräsentationen dieser (zum Teil modular organisierten) Kenntnissysteme. Es existieren sowohl modalitätsspezifische, als auch modalitätsunspezifische, konzeptuelle Repräsentationen, die je nach Anforderung selektiv aktiviert und abgerufen werden können. <?page no="20"?> 20 Das Kognitive Paradigma • Es gibt verschiedene Ebenen der fokussierten und latenten Aktivierung. Aktivierungen können bewusst oder unbewusst ablaufen. Kognitive Prozesse lassen sich zudem in automatische und kontrollierte Vorgänge einteilen. • Die menschliche Kognition ist funktional zu beschreiben: Obgleich alle kognitive Fähigkeiten neuronal im Gehirn verankert sind, lassen sich mentale Phänomene am besten auf einer eigenständigen Beschreibungsebene darstellen und erklären. 1.3 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft 1.3.1 Computermetapher und Funktionalismus In der wissenschaftlichen Diskussion werden Forschungsgegenstände, von denen man noch keine ausreichende Kenntnis besitzt, oft in Analogie zu etwas anderem gesetzt, was man besser versteht. In der neueren Zeit ist das menschliche Gehirn mit einer Telefonschaltzentrale und mit einem hydraulischen System verglichen worden. Mit dem Aufkommen digitaler Computer rückte der Vergleich, das menschliche Gehirn funktioniere wie ein Computer, in den Mittelpunkt der kognitionsorientierten Forschung (s. Miller et al. 1960, Norman/ Rumelhart 1975, Palmer/ Kimchi 1986). Die Computermetapher hat dabei in der Kognitiven Wissenschaft den Status einer Arbeitshypothese. »It does, indeed, imply, that the mind is nothing but a computer, though not necessarily one akin to any known artefact.« (Johnson- Laird 1983: 12) Mit der Computermetapher versucht die Kognitive Wissenschaft, zwei fundamentale Probleme der traditionellen Kognitionsforschung zu lösen bzw. neu aufzuarbeiten (wobei das eine methodologischer und das andere theoretischer Natur ist; zur Computermetapher s. MacCormac 1985): Das kausale Verhältnis zwischen dem Programm und den Funktionen des Computers wird (analog zum menschlichen Verhalten) als methodologische Rechtfertigung für die Einbeziehung <?page no="21"?> 21 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft nicht beobachtbarer mentaler Erklärungsgrößen vorgebracht. Da das beobachtbare Verhalten des physikalischen Systems Computer von internen Operationen determiniert wird (und diese Operationen von einem nicht zu leugnenden Programm gesteuert werden), kann man die im Positivismus und Behaviorismus als Erklärungsmöglichkeiten ausgeklammerten mentalen Einheiten mit dem Hinweis auf ihre Brauchbarkeit in die Theoriebildung einbeziehen (Palmer/ Kimchi 1986, Johnson-Laird/ Wason 1977). Das alte Geist/ Körper-Problem wird zudem durch die Unterscheidung in Hardware und Software beim Computer neu erklärt: Der menschliche Geist verhält sich zum Gehirn wie das Programm zur Maschine. So wie ein und dasselbe Programm, das in verschiedenen Typen von Computern ablaufen kann, von seiner materiellen Grundlage weitgehend unabhängig ist, so ist die Kognition weitgehend unabhängig von ihrem physikalischen Substrat, der Neurophysiologie des Gehirns (s. Knapp 1986). »An undisputed virtue of the computer is that it provides a metaphorical solution to the traditional dichotomy between the brain and the mind. A computer is an organized physical system, but from logical standpoint it does not matter whether it is built from relays, valves, transistors or microchips … . What is crucial is not its physical realization but the logic of its operations … . The brain, too, is an organized physical system, and perhaps mental operations are merely its ‚computations‘, depending not so much on the physiology of nerve cells as on the logic of their operations.« (Johnson-Laird/ Wason 1977: 7/ 8) Die in diesem Zusammenhang vertretene These, dass nicht die physikalische Grundlage des Gehirns für die Erklärung der Kognition relevant sei, sondern die Art und Weise seiner Verarbeitung, führt zu einem funktionalistischen Ansatz. »Theories at the functional level are concerned directly with neither material substances nor subjective experiences, but rather with how the brain or mind works or behaves within the context of environment.« (Palmer/ Kimchi 1986: 42) Dieser in der Kognitiven Wissenschaft vorherrschende Funktionalismus beruft sich auf Descartes und die ihm folgende philosophische Tradition des Dualismus, geistige und körperliche <?page no="22"?> 22 Das Kognitive Paradigma Phänomene voneinander abzugrenzen und Denken als eine rein geistige Funktion aufzufassen. Die »Sprache des Geistes« besteht aus mentalen Symbolstrukturen in einem abstrakten Modus der Repräsentation und ist unabhängig von den physikalischen Eigenschaften der neuronalen Ebene des Gehirns zu beschreiben und zu erklären (s. Fodor 1975, 1983, Jorna 1990, Varela 1991, Gold/ Engel 1998). Psychologische Beschreibungen kognitiver Strukturen und Prozesse sind nicht reduzierbar auf physikalische Gesetzmäßigkeiten. Mentale Zustände sind unabhängig von ihrer physikalischen Grundlage. Sie sind im mentalen System relational bestimmt, d.h. durch die Beziehungen, die sie in dem Netzwerk von Einheiten und Operationen eingehen. Ein rigider Funktionalismus stößt inzwischen aber mehr und mehr auf Skepsis und Ablehnung. Immer mehr Kognitionswissenschaftler erachten es als wichtig, auch Befunde der Neurowissenschaften zu berücksichtigen (s. Stillings et al. 1987, Hirst 1988, Thagard 1999). Dass der Vergleich, der menschliche Geist arbeite wie ein Computer, nur eine Arbeitsmetapher mit begrenztem heuristischen Wert darstellt, wird mittlerweile ebenfalls in weiten Teilen der Kognitionswissenschaft realisiert (s. Fodor 2000, Jackendoff 2007). Besonders die neuesten Erkenntnisse über die funktionale Arbeitsweise des menschlichen Gehirns aus der Neurowissenschaft lassen die Computermetapher mehr und mehr zu einem wissenschaftshistorischen Relikt werden (vgl. Kap. 3). 1.3.2 Der Mensch als Informationsverarbeitungssystem Eine Grundannahme der Kognitiven Wissenschaft ist, dass der menschliche Organismus bedeutungsvolles Verhalten produzieren kann, indem er formale Operationen auf gespeicherte Wissensrepräsentationen anwendet. Die Repräsentationen werden aus Symbolen gebildet. Symbole werden dabei sehr allgemein als intern abgespeicherte Informationseinheiten aufgefasst (s. Newell 1980). Die Operationen sind Bestandteile eines Informationsverarbeitungsmechanismus, eines Prozessors. Bereits Craik (1943) hat vorgeschlagen, sich Denken als die Manipulation der internen Repräsentationen, die wir im Gedächtnis gespeichert haben, vorzustellen. Menschen sind ihm zufolge als Informationsver- <?page no="23"?> 23 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft arbeitungssysteme zu verstehen, die innere Modelle bzw. Repräsentationen der Umwelt erstellen und intern abspeichern (s. hierzu auch Haugeland 1981, Higginbotham 1995, Gold/ Engel 1998). Dieser Gedanke wird in den modernen Erklärungsansätzen der Kognitiven Wissenschaft aktualisiert: Der Mensch wird in Analogie zum Computer als ein symbolverarbeitendes System beschrieben, dessen Verarbeitungsvorgänge als schrittweiser Ablauf von Operationen genau festgelegt sind. Damit wird an die Argumente Turings (1936) angeknüpft, wonach jeder Informationsverarbeitungsprozess imitiert werden kann, wenn er sich als Algorithmus darstellen lässt. Mentale Phänomene lassen sich somit als informationelle Zustände darstellen, wobei jeder Zustand drei Teile umfasst: die Inputinformation, die Operationen (die auf dem Input ablaufen) und die Outputinformation. Intelligentes Handeln ist damit das Resultat einer Symbolmanipulation. Dieser symbolische oder computationelle Ansatz, der innerhalb der Kognitiven Wissenschaft weit verbreitet ist, will die Verarbeitungsschritte, die zwischen Input und Output liegen, identifizieren und als effektive Prozeduren darstellen. Es handelt sich um eine effektive Prozedur, wenn sie von einer Maschine ausgeführt werden kann (s. Winograd 1983, Johnson-Laird 1983). »An obvious advantage of expressing a theory in the form of a computer program is that it is rendered entirely explicit and its logical coherence is put to a stringent test. If the program works and does what it is intended to do, then the theory it embodies is at least internally consistent.« (Johnson-Laird/ Wason 1977: 10) In der Kognitiven Wissenschaft werden daher auch computergesteuerte Simulationen kognitiver Prozesse als erfolgversprechende Verifikationsmittel angesehen (s. Johnson-Laird 1983 und 1988, Lenzen 2002). Unbestrittene Vorteile für die Kognitionsforschung sind die durch die Arbeiten des computationellen Ansatzes geleisteten Präzisierungen und Formalisierungen bis dahin vage und intuitiv gehandhabter Arbeitskonzepte wie »Wissen«, »Repräsentation«, »Prozedur«. Äußerst fragwürdig ist allerdings, ob die computationellen Modelle alle wesentlichen <?page no="24"?> 24 Das Kognitive Paradigma Prozesse unserer mentalen Verarbeitung abbilden können. Insbesondere aus der Kognitionspsychologie kommt vermehrt der Einwand, dass die Computationstheorie nicht der Kreativität und Flexibilität menschlicher Denkleistungen gerecht werden kann (s. Kolers/ Smythe 1984, Velickovskij 1988, Manstead et al. 2004). Die Simulation formaler Prozeduren erhält eigentlich nur dann eine Berechtigung, wenn man annimmt, dass bestimmte Prozeduren (z.B. die syntaktische Verarbeitung) autonom, d.h. ohne Beeinflussung vom Kontext und vom Weltwissen, ablaufen. Auch die kognitive Rückbezüglichkeit, die sich in Selbstreferenz äußert, und die auf Reflexion beruhende Möglichkeit zur kognitiven Umstrukturierung, die wesentliche Bestandteile des menschlichen Denkens sind, werden von der Computationstheorie nicht erfasst. »Das Denken ist keine speziell geistige Funktion, sondern eine menschlich ganzheitliche. Schon seine Vielseitigkeit, sein Umfang und seine Quantität machen es schwer, es zu verstehen. Der Digitalcomputer ist trotz aller märchenhafter Erfolge auf seinem Gebiet eine viel zu einfache und primitive Maschine, um das Denken abzubilden.« (Sachsse 1987: 80) Die Analysen des computationellen Ansatzes liefern nur Teilansichten des menschlichen Geistes und müssen daher durch die Ergebnisse der psychologischen, ganzheitlich ausgerichteten Forschung ergänzt werden, wenn sie nicht nur Heurismen, sondern psychologisch plausible Erklärungen geben wollen. 1.3.3 Konnektionismus als Alternative In den letzten Jahren sind als Alternative zu den symbolischen Ansätzen innerhalb der Kognitionswissenschaft Modelle entwickelt worden, die unter den Begriff des Konnektionismus fallen. Diese konnektionistischen (oder auch subsymbolischen) Modelle postulieren statt strukturierter Einheiten und strukturabhängiger, serieller Prozesse vernetzte Elemente und parallel ablaufende Informationsverarbeitungsvorgänge (McClelland/ Rumelhart 1986, Smolensky 1988). Die Modellierung kognitiver Prozesse ist die generelle Zielsetzung des Konnektionismus, dessen Grundideen durch Forschungsergebnisse der Neurophysiolo- <?page no="25"?> 25 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft gie des menschlichen Gehirns initiiert wurden (vgl. Christiansen 2001). Konnektionistische Modelle inkorporieren eine große Anzahl einfacher Einheiten oder Knoten, die miteinander vernetzt sind. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Einheiten sind wie bei den Neuronen im Gehirn gewichtet, d.h. sie weisen bestimmte Werte für ihre Aktivierbarkeit auf. Die einzelnen Knoten sind durch erregende (exzitatorische) oder hemmende (inhibitorische) Relationen miteinander verknüpft. Damit sind die Zusammenhänge von verschiedenen Zuständen in den Netzwerken assoziativer Natur. Wissen ist in solchen Modellen in den Verbindungen zwischen den Einheiten der Netzwerke enthalten. Lernen beruht hier auf einer Modifizierung der Gewichtung der Verbindungen. Diese Annahme entspricht der in der Neurophysiologie vertretenen Position, dass Lernvorgänge im Gehirn durch eine Veränderung der Synapsenverbindungen zwischen Nervenzellen entstehen (s. Kandel 1979). Explizite Repräsentationsannahmen werden im Konnektionismus nicht vorgebracht. Die Repräsentationen sind distribuiert und nicht strukturiert. Jeder Knoten befindet sich in einem bestimmten Aktivitätszustand. Der Output einer Einheit im Netzwerk wird durch eine Schwellenfunktion determiniert. Bleibt die Aktivierung der jeweiligen Einheit unterhalb dieser Schwelle, so ist der Output gleich Null (d.h. es findet keine Reaktion statt). Die Aktivierung kann sich parallel im Netzwerk ausbreiten. Die Verarbeitungsprinzipien der konnektionistischen Modelle decken sich zwar nicht mit denen neurophysiologischer Modelle, weisen aber zum Teil große Ähnlichkeiten zu den neuronalen Vorgängen im Gehirn auf (zu den Divergenzen zwischen PDP [Parallel Distributed Processing]-Modellen und Gehirnmodellen s. Crick/ Asanuma 1986). »Our models have not depended strongly on the details of brain structure or on issues that are very controversial in neuroscience. Rather, we have discovered that if we take some of the most obvious characteristics of brain-style-processing seriously we are led to postulate models which differ in a number of important ways from those postulated without regard for the hardware on which these algorithms are to be implemented.« (Rumelhart/ McClelland 1986: 130) <?page no="26"?> 26 Das Kognitive Paradigma Eine strikte Trennung von mentaler und neuronaler Ebene (bzw. von Hardware und Software), wie sie in den Computationsmodellen vorzufinden ist, ist nicht mehr gegeben, da das Programm in den physikalischen Mustern verankert ist. Sicherlich liegt ein großer Teil der Attraktivität konnektionistischer Modelle in der neuronal inspirierten Modellbildung, doch scheint es beim derzeitigen Forschungsstand verfrüht, symbolisch-funktionalistische Kognitionsmodelle aufzugeben (s. Fodor/ Pylyshyn 1988, Gold/ Engel 1998, Stainton 2006). Es bleibt anhand empirisch-experimenteller Befunde zu konkretisieren, inwiefern konnektionistische Modelle die Repräsentations- und Prozesseigenschaften unserer Kognition adäquater darstellen können als symbolische Modelle (s. Martin et al. 2002, Pospeschill 2004). 1.3.4 Modularität Die derzeitige Forschungsdiskussion in der Kognitionswissenschaft konzentriert sich auf die allgemeine Frage nach der Organisation der menschlichen Kognition und knüpft damit an eine über die Jahrhunderte hinweg geführte Debatte an (s. Marshall 1984, 1986 sowie die aktuelle Debatte in Stainton 2006). Der Konzeption des Modularismus zufolge ist der menschliche Geist ein zu unterteilender Komplex von verschiedenen Fähigkeiten. Im Holismus dagegen wird die These vertreten, dass der Geist ein unteilbares Ganzes darstellt, das von einer Reihe fundamentaler Prinzipien determiniert wird. Der modulare Ansatz basiert auf Thesen, die bereits in der Neurologie des vorigen Jahrhunderts postuliert wurden. Grundannahme dieser Forschung war und ist, dass sich kognitive Funktionen voneinander abgrenzen und im Gehirn lokalisieren lassen. Der Erste, der in seinen Arbeiten konsequent die These vertrat, dass es im menschlichen Gehirn verschiedene Funktionen gibt, die an verschiedenen Orten lokalisiert sind, war Gall (1791). Aus seinen Beobachtungen an hirngeschädigten Patienten zeigte sich, dass bestimmte Bereiche der Kognition stark beeinträchtigt sein konnten, während andere Leistungsbereiche intakt geblieben waren. Gall verteidigte seine Modularitätsthese auch mit dem Hinweis auf die Struktur unserer peripheren Sinnesorgane: So wie <?page no="27"?> 27 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft verschiedene Organe in verschiedenen Teilen des Körpers lokalisiert sind, so sind geistige Funktionen als eigenständige Komponenten im Gehirn verteilt. Simon (1962) hat diese Idee in einer einflussreichen Abhandlung über komplexe natürliche Systeme aufgegriffen und die Hypothese aufgestellt, dass natürliche Systeme eine hierarchische Organisation aufweisen und eine Reihe von in sich strukturierten Subsystemen inkorporieren. Für eine hierarchische Organisation natürlicher Systeme sprechen auch evolutionäre Überlegungen: Ein sich entwickelndes System mit einer Anzahl von stabilen Teilsystemen hat größere Überlebenschancen als ein System ohne intermediäre Subsysteme, da ein System mit primitiver Strukturierung sich vollständig neu organisieren muss, wenn es im Verlauf des evolutionären Prozesses gestört wird, während ein hierarchisch aufgebautes System lediglich die vorher gebildeten Teilsysteme wieder zusammensetzen muss. Ähnliche Argumente für eine modulare Organisation unserer mentalen Fähigkeiten hat auch Marr (1976) genannt: »If a process is not designed this way, a small change in one place will have consequences in many other places. This means that the process as a whole becomes extremely difficult … to improve, whether by a human designer or in the course of natural evolution, because a small change to improve one part has to be accompanied by many compensating changes elsewhere.« (Marr 1976: 493) In der neueren linguistischen Forschung hat sich bezüglich der Frage nach der Organisation unserer kognitiven Fähigkeiten vorrangig die Modularitätskonzeption etabliert. Dieser Konzeption liegt die Annahme zugrunde, dass die menschliche Kognition ein komplexes System verschiedener Subsysteme darstellt, die sich durch bestimmte Charakteristika hinsichtlich ihrer Struktur und Funktion unterscheiden, also jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen. Die Subsysteme fungieren als Module, d.h. jedes Modul weist als kognitives Wissenssystem eine ihm inhärente Struktur auf, die sich nicht durch die Struktureigenschaften eines anderen Moduls erklären lässt. Die Modularitätsthese besagt also, dass der menschliche Geist nach dem Prinzip der Arbeitsteilung funktioniert, d.h. so organisiert ist, dass verschiedene Subsysteme <?page no="28"?> 28 Das Kognitive Paradigma verschiedene Funktionen ausüben. So kann ein Modul für das Erkennen von Gesichtern verantwortlich sein, ein anderes für das Erkennen geschriebener Wörter. Die Effektivität und die Komplexität unseres Verhaltens erklärt sich aus den wechselseitigen Beziehungen der Kenntnissysteme. Bei bestimmten Verhaltensformen interagieren verschiedene Systeme miteinander (z.B. bei einer Objektbeschreibung das perzeptuelle, das sprachliche und das konzeptuelle Wissenssystem). Modularität ist dabei zunächst eine strukturelle Eigenschaft kognitiver Systeme. Man muss deshalb zwischen struktureller und prozeduraler Modularität unterscheiden. Strukturelle Modularität lässt sich auf zwei Ebenen untersuchen: Die Interebene der Kognition betrifft die komplexen Kenntnissysteme und die Intraebene die Organisation innerhalb dieser Systeme. So ist beispielsweise bei der kognitiven Sprachforschung zu klären, inwieweit das sprachliche Kenntnissystem auf der Interebene mit dem perzeptuellen und dem konzeptuellen Kenntnissystem interagiert und inwieweit auf der Intraebene die Komponenten Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik Module darstellen. Die prozedurale Modularität betrifft die Interaktion verschiedener Module bei Verarbeitungsprozessen. Modelle mit prozeduraler Modularität nehmen an, dass die einzelnen Module autonom, d.h. ohne Berücksichtigung der Informationen anderer Module, die bereichsspezifischen Informationen verarbeiten. Während die meisten Kognitionstheorien heute eine gewisse strukturelle Modularität annehmen, ist die Konzeption der prozeduralen Modularität noch äußerst umstritten (s. Garfield 1987, Prinz 2006). Ziel der Forschung ist es, die Module der Kognition auf beiden Ebenen zu identifizieren (und ihre charakteristischen Merkmale zu analysieren) sowie ihre Verarbeitungsweise zu beschreiben (vgl. Carruthers 2006). Dies ist in erster Linie ein empirisches Problem. Wichtig für die Forschung ist aber auch die Formulierung explanatorischstarker Hypothesen (die es erlauben, die Modularitätsthese falsifizierbar zu machen). Eine Präzisierung des Modulbegriffs hat Fodor (1983, 1985) in einer viel diskutierten Arbeit vorgenommen, welche die kognitionswissenschafliche Diskussion nachhaltig beeinflusst hat. <?page no="29"?> 29 Leithypothesen der Kognitionswissenschaft Er nimmt Modularität als strukturelle und prozedurale Eigenschaft kognitiver Subsysteme an. Das gesamte Kognitionssystem beschreibt Fodor mittels dreier Mechanismen: Transduktoren, Inputsysteme und zentrale Prozesse. Transduktoren stellen sensorische Rezeptoren dar, welche die äußeren Reize (Schall- oder Lichtwellen usw.) aufnehmen und Repräsentationen erstellen (z.B. ein Lichtwellenmuster auf der Retina), die als Eingabe für die Inputsysteme fungieren. Die Inputsysteme sind die eigentlichen Module der Kognition und stellen bereichsspezifische Verarbeitungssysteme dar, die auf den jeweiligen Repräsentationen der Transduktoren operieren. Die vom jeweiligen Inputsystem erstellte Repräsentation (z.B. das Bild einer Blume) kann dann den zentralen Prozessen (allgemeinen Denk- und Problemlösungsprozessen) zugänglich gemacht und konzeptuell (unter Berücksichtigung des Weltwissens) bearbeitet werden. Diese zentralen Prozesse sind Fodor zufolge schwer bzw. überhaupt nicht wissenschaftlich zu erforschen (vgl. Fodor 1983: 127f). Gegenstand exakter Untersuchungen können nur die modulartigen Inputsysteme sein, denen Fodor die folgenden Eigenschaften zuspricht: 1. Inputsysteme sind domänenspezifisch, d.h. sie sind nur gegenüber einer bestimmten Teilmenge von Reizen sensitiv. Das sprachliche Inputsystem operiert nur auf sprachlichen Reizen, das visuelle nur auf visuellen usw. 2. Die Operationen der Inputsysteme sind obligatorisch. Wir haben demzufolge keinen Einfluss auf unsere Verarbeitung. So kann z.B. das Sprachverarbeitungssystem nicht einfach abgeschaltet werden. Wenn uns jemand anspricht, hören wir zwangsläufig sprachliche Laute, die Bedeutung für uns haben, nicht bloß Geräusche. Fodor vergleicht deshalb die Inputsysteme mit den automatisch ablaufenden Reflexen. 3. Inputsysteme zeichnen sich durch ihre Schnelligkeit aus. Bei der Sprachverarbeitung handelt es sich z.T. um einen in Millisekunden ablaufenden Prozess; dagegen braucht eine Denk- <?page no="30"?> 30 Das Kognitive Paradigma operation (die in den Bereich der zentralen Prozesse fällt) sehr viel mehr Zeit, da sie auf Hintergrundwissen zurückgreift. 4. Inputsysteme sind informationell eingekapselt. Sie arbeiten unbeeinflusst von unserem Weltwissen und haben keinen Zugang zu den Daten anderer Inputsysteme. Von optischen Illusionsstudien (mit der Müller-Lyer-Figur) weiß man, dass Hintergrundinformation keinen Einfluss auf die Wahrnehmung hat: Auch nach Messung der beiden Linien nehmen wir immer noch die eine Linie als die längere wahr (obwohl wir wissen, dass beide gleich lang sind). Informationelle Abgeschlossenheit ist für Fodor eine wichtige Voraussetzung für die biologische Effizienz eines Organismus: »A condition for the reliability of perception, at least for a fallible organism, is that it generally sees what’s there, not what it wants or expects to be there. Organisms that don’t do so become deceased.« (Fodor 1983: 68) Wenn man seine Wohnzimmertür aufmacht und einen Tiger im Zimmer stehen sieht, wird man wohl kaum alle Hintergrundinformationen über Tiger in Erwägung ziehen, bevor man die Tür zumacht. 5. Inputsysteme erstellen seichte Outputs. Aufgrund ihrer informationellen Abgeschlossenheit ignorieren Inputsysteme viele Informationen (im Gegensatz zu den zentralen Prozessen, die Zugriff auf alle Wissenssysteme haben) und bilden bereichsspezifische Repräsentationen, die relativ informationsarm sind. 6. Inputsysteme sind im Gehirn als Areale lokalisierbar; bei einer Störung ihrer neuronalen Struktur zeigen sich charakteristische Ausfallerscheinungen. 7. Inputsysteme sind genetisch festgelegt; ihre Ontogenese weist deshalb charakteristische Phasen auf. Fodors Arbeit ist wichtig für die Kognitionsforschung, da sie mit ihren Hypothesen über die mutmaßlichen Eigenschaften von kognitiven Modulen Anstoß für gezielte theoretische und empirische Untersuchungen gibt. Dass sich die funktionale Architektur der <?page no="31"?> 31 Zu den Methoden der Kognitionsforschung menschlichen Kognition zu einem großen Teil aus modular organisierten Subsystemen zusammensetzt, wird eindrucksvoll durch die selektiven Ausfälle bestimmter Verarbeitungskomponenten in der Pathologie belegt (s. Kap. 3.4). Und dass die Sprachverarbeitung obligatorisch, d.h. wie ein Reflex, unbeeinflusst von unserem Willen und unserem Weltwissen abläuft, kann jeder an sich selber beobachten. Verstehen Sie den folgenden Satz nicht: Ich verstehe diesen Satz jetzt nicht. Natürlich haben Sie den Satz doch verstanden! Wir können nicht anders, als unsere Sprache zu verstehen, auch wenn wir uns willentlich drauf konzentrieren, dies nicht zu tun. Fodors Hypothesen sind mittlerweile in einigen Punkten grundlegend revidiert worden: Zentrale Prozesse können genauso schnell, automatisch und unbewusst ablaufen wie die Operationen der Inputsysteme. Eine Menge von empirischen Untersuchungen hat gezeigt, dass die Weltwissensaktivierung in Verarbeitungsprozessen sehr schnell und automatisch stattfindet (s. Marslen-Wilson/ Tyler 1987). Dass andererseits syntaktische Operationen (die Fodor den Inputsystemen zuspricht) Zeit benötigen können, ist von Chomsky (1986 und 1988) demonstriert worden. Die Inputsysteme Fodors sind im Gehirn auch offensichtlich so wie von ihm skizziert nicht anzutreffen. Organisation und Funktionalität des Cortex deuten vielmehr darauf hin, dass die modulartigen Areale sehr viel kleiner als die von Fodor postulierten sind und dass vielfältige Vernetzungen zwischen bereichsspezifischen Gehirnarealen bestehen (s. Marshall 1984, Karnath/ Thier 2003). Schließlich ist nicht zwangsläufig von einer neuronalen Modularität auf eine kognitive Modularität zu schließen: Mentale Phänomene repräsentationaler wie prozeduraler Art weisen (als emergente Phänomene) eigene Charakteristika und Gesetzmäßigkeiten auf (vgl. Prinz 2006, Gertler 2006). Interaktive kognitive Prozesse können somit durchaus auf modular organisierten neuronalen Schaltkreisen im Gehirn basieren. 1.4 Zu den Methoden der Kognitionsforschung Die in der Kognitionsforschung untersuchten Phänomene sind der direkten Beobachtung und - wenn es sich um unbewusste Phäno- <?page no="32"?> 32 Das Kognitive Paradigma mene handelt - auch dem Bewusstsein nicht zugänglich. Ein grundlegendes Problem bei der Erforschung kognitiver Strukturen und Prozesse besteht deshalb darin, geeignete Verfahren zu entwickeln, die Aufschluss über die internen Einheiten und Operationen geben können. Der wissenschaftliche Fortschritt ist also eng an methodische Erneuerungen gekoppelt. Im Folgenden möchte ich daher kurz auf einige Aspekte der kognitionswissenschaftlichen Methodik eingehen. Methoden sind planmäßige Verfahren, mit denen Erkenntnisse über einen bestimmten Untersuchungsgegenstand gewonnen werden sollen. Jede Wissenschaft hat ihre eigene, dem jeweiligen Forschungsgegenstand angepasste Methodik. Die interdisziplinäre Kognitive Wissenschaft zeichnet sich durch einen ausgeprägten Methodenpluralismus aus: Neben den rationalistischen Denkmethoden Induktion und Deduktion benutzt sie vor allem eine Reihe von empirischen Beobachtungsmethoden. Die wichtigste Beobachtungsmethode ist das Experiment, das - im Gegensatz zur Introspektion, die eine Selbstbeobachtung ist - eine Fremdbeobachtung darstellt (vgl. Garrod 2006). Jedes Kognitionsexperiment stellt eine kontrollierte Fremdbeobachtung dar, wobei ein Beobachter (der Versuchsleiter) das durch bestimmte Instruktionen hervorgerufene Verhalten von Versuchspersonen (Vpn) studiert und kausal erlebte Zusammenhänge konstatiert. Die Funktion des Experiments besteht in der Überprüfung bestimmter theoretischer Aussagen: Am Anfang eines Experiments stehen also immer wissenschaftliche Fragen und tentative Antworten auf diese Fragen, die in Form von Hypothesen postuliert werden. Wissenschaftliche Hypothesen müssen prinzipiell falsifizierbar sein, d.h. es muss eine potentielle Überprüfbarkeit gewährleistet sein. Diese Überprüfung findet im Experiment statt. Die Ergebnisse der Experimente werfen dabei grundsätzlich immer auch neue Fragen auf und bilden so den Anstoß für die Bildung neuer Hypothesen. Der Zusammenhang von Hypothesenbildung und Hypothesenüberprüfung lässt sich modellhaft als Spirale vorstellen, wobei die Windungen den Weiter- und Höherentwicklungen wissenschaftlicher Theorien (die von Experiment zu Experiment stattfinden sollen) entsprechen (s. Selg 1975: 12). <?page no="33"?> 33 Zu den Methoden der Kognitionsforschung Mit der Kognitiven Wende manifestierte sich ein methodologischer Fortschritt darin, dass psychologische Experimente nicht mehr bevorzugt mit sinnlosem Material und nicht nur auf Wort- und Satzebene, sondern mit natürlich-sprachlichem Material und auch auf der Textebene durchgeführt wurden. Als wichtige Hilfsmittel zur Beobachtung und Messung experimenteller Daten fungieren vor allem die im Rahmen der Computertechnologie entwickelten Apparaturen. Im experimentellen Paradigma der Kognitionsforschung lassen sich die Methoden einteilen in Off-line- und On-line-Verfahren. Die On-line-Methode setzt direkt während des zu beobachtenden Vorganges an, während die Off-line-Methode erst nach dem Testvorgang ansetzt. Die meisten Off-line-Methoden kommen aus der Gedächtnispsychologie und messen Behaltensleistungen. Die Standardsituation bei solchen Untersuchungen sieht folgendermaßen aus: die Vpn bekommen bestimmte Informationen (Bild- oder Sprachmaterial) vorgelegt (oder vorgespielt), und nach einer (je nach Experiment variierenden) Zeitspanne werden dann die Behaltensleistungen der Vpn überprüft. Bestimmte Faktoren der Experimentsituation können variiert werden: die Darbietungszeit des Materials, kontextuell-situative Einflüsse, eventuelle Instruktionen an die Vpn. Die von den Vpn memorierten Einheiten bzw. Strukturen sollen dann Aufschluss über mentale Aktivitäten (z.B. Klassifikationsleistungen) und über den Einfluss bereits langfristig gespeicherten Wissens geben. Zur Veranschaulichung sollen einige der gebräuchlichsten dieser gedächtnispsychologischen Verfahrensweisen exemplifiziert werden. Bei der Methode der freien Reproduktion werden die Vpn aufgefordert, einen gelesenen oder gehörten Text so genau wie möglich zu reproduzieren (wobei die Reproduktion sowohl mündlich als auch schriftlich durchgeführt werden kann). Die memorierte Wiedergabe des Textes wird dann mit dem Originaltext verglichen. Die Veränderungen in dem reproduzierten Text werden als Resultate kognitiver Prozesse (so genannter Inferenzen, die mentale Schlussfolgerungen und Problemlösungsoperationen darstellen) aufgefasst. So legten z.B. Rickheit/ Kock 1983 ihren studentischen Vpn Texte vor, die typisch studentische <?page no="34"?> 34 Das Kognitive Paradigma Handlungen beschrieben (z.B. Rückmeldung oder Mensa-Besuch). Bei dem Vergleich zwischen Originaltext und dem von den Vpn reproduzierten Text zeigte sich, dass bestimmte Teilhandlungen (z.B. Belegbogen abstempeln lassen) als »gelesen« reproduziert wurden, obgleich diese im Originaltext gar nicht explizit erwähnt worden waren. Dieses Ergebnis gilt als Hinweis darauf, dass das im Langzeitgedächtnis (LZG) gespeicherte Wissen über Standardsituationen entscheidenden Einfluss auf die Textverarbeitung hat. Es ist allerdings mittels dieser Off-line-Methode nicht zu erkennen, ob die Inferenzen (also der Abruf des Wissens) schon während der Rezeption des Originaltextes oder erst bei der Reproduktion stattfinden (vgl. Sichelschmidt 1995). Bei der gebundenen Reproduktion werden den Vpn bestimmte Wörter (so genannte Cues) als Reproduktionshilfen gegeben, welche die vorher rezipierten Informationen (meistens Sätze) gezielt abrufen sollen. Die signifikantesten Ergebnisse erzielten Anderson et al. 1976 mit dieser Methode: Sie konnten zeigen, dass Wörter, die gar nicht in den Testsätzen angegeben waren, als wirksame Cues fungieren konnten. Den Vpn wurden folgende Sätze vorgelegt: (1) The woman was outstanding in the theatre. (2) The woman lived near the theatre. (3) The container held the apples. (4) The container held the cola. Bei dem Reproduktionstest zeigte sich, dass actress eine bessere Abrufhilfe für Satz (1) war als das tatsächlich präsentierte Wort woman. Bei Satz (2) dagegen war woman eine effektivere Reproduktionshilfe. Für Satz (3) war basket als Cue wirksam, für Satz (4) bottle. Das Experiment belegt also die kontextspezifische Verarbeitung lexikalischer Ausdrücke bzw. die spezifische Repräsentation der Satzbedeutung im Gedächtnis. Bei den Verifikationsexperimenten werden den Vpn nach der Rezeption von Sätzen oder Texten bestimmte Wörter oder Sätze vorgelegt, die daraufhin beurteilt werden sollen, ob sie im Testsatz oder -text vorgekommen waren. So gab Thorndyke 1976 seinen Vpn folgende Satzsequenz vor: <?page no="35"?> 35 Zu den Methoden der Kognitionsforschung (5) Der Besitzer der Imbißkette befürchtete, dass seine Vorliebe für Pommes frites seine Ehe ruinieren würde. Er trat deshalb einem Club von Abmagerungswilligen bei. Nach einiger Zeit wurde den Vpn u.a. folgender Satz zur Verifikation gezeigt: (6) Der Besitzer der Imbißkette war sehr dick. Die meisten der Vpn beurteilten diesen Satz als »gelesen«. Die Verifikation nicht präsentierter Sätze wird als Indikator für unbewusst ablaufende Inferenztätigkeit während der Verarbeitung angesehen. Bei den eben geschilderten Off-line-Methoden ist aber eine eindeutige Zuordnung von mentaler Aktivität und Verarbeitungsphase nicht möglich, da nicht entschieden werden kann, ob die Wissensaktivierung bereits während der Rezeption oder erst bei der Reproduktion stattfindet. Sie sind deshalb besser für die Untersuchung repräsentationaler Aspekte der Kognition geeignet. Für die Erforschung prozessualer Aspekte werden simultane Methoden hinzugezogen, die während des Verarbeitungsvorganges eingesetzt werden. Besonders häufig benutzte Verfahren sind die Priming-Technik und das Messen der Verarbeitungszeit. Mit der Priming-Methode untersucht man den Einfluss der im LZG gespeicherten Wissensstrukturen auf die Verarbeitung lexikalischer Einheiten. Der Vpn wird ein Wort (z.B. Arzt) als Prime vorgegeben; anschließend wird ein Zielwort (z.B. Krankenschwester) genannt. Die Vpn sind vorher instruiert worden, so schnell wie möglich anzugeben, ob es sich bei dem Zielreiz um ein sinnvolles Wort oder lediglich um eine sinnlose Silbenfolge handelt. Man hat dabei allgemein feststellen können, dass die Beurteilungszeit kürzer ist, wenn das jeweilige Zielwort in einer engen semantischen Relation zu dem vorher präsentierten Prime- Wort steht. Offensichtlich findet bei der Verarbeitung eines Wortes eine Art Aktivierungsausbreitung im lexikalischen Speicher des LZG statt, wobei semantisch verwandte Wörter zusammen aktiviert werden. Das Messen der Verarbeitungszeit von sprachlichen Einheiten beruht auf der Annahme, dass die gemessene Zeit auch tatsächlich der kognitiven Verarbeitungszeit entspricht. Mittels dieser <?page no="36"?> 36 Das Kognitive Paradigma Methode kann man u.a. untersuchen, ob bestimmte kontextuelle Informationen oder spezifische Satzkonstruktionen die Verarbeitung erleichtern und beschleunigen können. Man geht davon aus, dass längere Verarbeitungszeiten auf einen größeren kognitiven Verarbeitungsaufwand zurückzuführen sind. In der neueren Forschung werden auch vermehrt neuropsychologische Verfahrensweisen zur Analyse mentaler Prozesse eingesetzt, wobei physiologische Aktivität und mentale Prozessualität korreliert werden sollen. Der Vorteil dieser Methoden besteht darin, dass der untersuchte Prozess in seinem Ablauf in keiner Weise unterbrochen oder signifikant verändert wird. Beim derzeitigen Stand der Forschung bleibt es allerdings weitgehend offen, was Ergebnisse der neurophysiologischen Methoden zur Weiterentwicklung kognitiver Sprachtheorien beizutragen vermögen. Einen direkten Einblick in das Gehirn erhält man durch bildgebende Verfahren, d.h. computertomographische und kernspintomographische Untersuchungen, in denen das Gehirn schichtweise abgebildet wird. Mit der Positronen-Emissionstomographie (PET) ist es möglich, die biochemischen Aktivitäten und den Blutfluss des Gehirns mit Hilfe eines bildgebenden Computers wiederzugeben. Hochaktive Gehirnteile werden stärker durchblutet, daher kann man mittels dieser Methode feststellen, welche Gehirnareale an der Durchführung bestimmter kognitiver Aktivitäten beteiligt sind. Die meisten Kenntnisse über die Neurophysiologie der Kognition gehen allerdings auf klinische Beobachtungen, d.h. auf die Untersuchung von pathologischen Ausfallerscheinungen, zurück (s. hierzu ausführlich Kap. 3.2.3). Die Elektroencephalographie (EEG), bei der auf den Kopf geklebte Elektroden elektrische Signale der Großhirnrinde ableiten, dient der Erfassung neuronaler Aktivitäten des Menschen. Mit der Methode der evozierten Potentiale (EP-Methodik) untersucht man die neuronale Aktivität bestimmter Gehirnregionen während der Verarbeitung von Informationen unterschiedlicher Komplexität (s. Fried/ Ojemann/ Fetz 1981, Naumann 1985). Die von den Elektroden abgeleiteten Potentiale und ihre Periodizitäten werden mit dem kognitiven Aktivitätsaufwand von Verarbeitungsprozessen korreliert. Analysen der ERP (event related poten- <?page no="37"?> 37 Zusammenfassung und Ausblick tials/ EKP, ereigniskorrelierte Potentiale) messen bestimmte, charakteristische Veränderungen der Hirnfrequenz als Resultat bestimmter Abweichungen vom gewöhnlichen, ungestörten Rezeptionsprozesse (z.B. »N 400«; eine Negativierung der Polarität 400ms nach dem Ereignis, für semantisch-konzeptuelle Inkongruenz wie in …anschließend putzte sie das Waschbecken mit einem Schwamm. Versus …anschließend putzte sie das Waschbecken mit einem Kamm. Generell werden Effekte ab 100ms nach dem Ereignis dem Kortex zugerechnet, somit den kognitiven Hirnfunktionen (vgl. Müller/ Weiss 2002). Mit der Methode der Pupillomotorik werden Veränderungen der Pupille bei der Informationsverarbeitung gemessen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Belegen dafür, dass sich die dem kognitiven Verarbeitungsaufwand zugehörige neurophysiologische Aktivität in der Veränderung des Pupillendurchmessers zeigt (s. Krinsky/ Nelson 1981). So lassen sich beispielsweise unterschiedlich komplexe Satzverarbeitungsphasen durch die unterschiedlichen Grade der Dilatation (d.i. die Erweiterung der Pupille) im Zeitverlauf voneinander trennen. Mittels der Augenbewegungsanalyse versucht man, bestimmte Aspekte des Lesevorgangs zu erfassen (s. McConkie/ Zola 1984). Fixationen stellen Perioden des relativen Stillstands und Sakkaden Blicksprünge dar. Die Augenbewegungsanalyse untersucht, wie lange die Augen beim Lesen auf bestimmten Textteilen verweilen und wann regressive Sakkaden (also Blicksprünge auf bereits gelesene Textstellen) vorkommen. Normalerweise beträgt die Fixationsdauer pro Wort ca. 250 Millisekunden (msec). Bei Verstehensschwierigkeiten kann die Fixation bis zu einer Sekunde länger dauern. Rückwärtssakkaden sind vor allem bei der Rezeption ambiger Textteile beobachtet worden (s. hierzu auch Gaskell 2007). 1.5 Zusammenfassung und Ausblick Ein mit der Kognitiven Wende einhergehendes theoretisches Umdenken in der Psychologie und die damit verbundene Ablösung vom Behaviorismus, methodologische Fortschritte im Bereich der Computertechnik und Ergebnisse auf dem Gebiet der <?page no="38"?> 38 Das Kognitive Paradigma Neurowissenschaften bahnten den Weg für umfassende und tiefergehende Analysen mentaler Strukturen und Prozesse. Die Entwicklung der Kognitiven Wissenschaft, einem Verbund von verschiedenen Forschungsdisziplinen, der das Ziel hat, alle Aspekte der menschlichen Kognition zu erfassen und zu erklären, hat entscheidend dazu beigetragen, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit an Bedeutung gewonnen hat und zunehmend Brücken zwischen verschiedenen Fachgebieten geschlagen werden. Zu den theoretischen Prämissen der Kognitiven Wissenschaft gehört die Annahme einer mentalen, von der physiologischen Basis weitgehend unabhängig zu beschreibenden Repräsentationsebene. Die Computermetapher dient dabei mit ihrer Unterscheidung zwischen Hardware und Software der Veranschaulichung des Verhältnisses zwischen mentaler und neuronaler Ebene. Der Mensch wird als ein komplexes Informationsverarbeitungssystem aufgefasst, die menschliche Kognition als ein von physikalischen, kulturellen und affektiven Komponenten unabhängiges Phänomen erklärt. Im Mittelpunkt der Kognitionswissenschaft steht die Explikation der mentalen Kenntnissysteme, d.h. die Untersuchung des Erwerbs, der Strukturierung und der Repräsentation verschiedener Subsysteme der Kognition. Zentral ist hierbei die Diskussion um den modularen Status dieser verschiedenen Subsysteme sowie deren Interaktionen und Schnittstellen. Empirie und Theorie der Kognitionsforschung umfassen heute eine kaum noch zu überblickende Fülle an Untersuchungen. Das Forschungsbild ist dabei heterogen und weist viele miteinander konkurrierende Theorien und Modelle auf. Ein rigider Funktionalismus, der die mentalen Phänomene völlig losgelöst von ihrer neuronalen Verankerung im Gehirn betrachtet, wird zunehmend in Frage gestellt. Mehr und mehr finden Ergebnisse der Gehirnforschung Berücksichtigung bei der Diskussion kognitionswissenschaftlicher Probleme. In neuerer Zeit sind auch Neubeurteilungen zu beobachten, die den Einfluss kultureller Faktoren und die Rolle von Emotionen bei kognitiven Prozessen betreffen (s. hierzu Kap. 3.5). <?page no="39"?> 39 Weiterführende Literatur 1.6 Weiterführende Literatur In Stillings ( 2 1995) finden sich kapitelweise Darstellungen der Ergebnisse der Disziplinen innerhalb der Kognitiven Wissenschaft. Eine Einführung in die Kognitionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Sprache bieten Osherson/ Laznik ( 2 1996). Lenzen (2002) konzentriert sich auf Aspekte künstlicher Intelligenz. Grundannahmen der Kognitionswissenschaft werden in Gold/ Engel (1998) diskutiert. Strube et al. (1996) dient als Nachschlagewerk zu den klassischen Positionen der Kognitionswissenschaft. Vgl. hierzu auch Bechtel/ Graham (1999). Wichtige Abhandlungen finden sich auch in Colston/ Gibbs (2007). Methoden der Neuro- und Psycholinguistik sowie Kognitionswissenschaft werden von Müller/ Weiss (2002) und Garrod (2006) erörtert; s. hierzu auch das Kapitel II von Rickheit et al. (2003). Albert (2007) beschreibt komprimiert die empirischen Methoden der Linguistik. In Gries/ Stefanowitsch (2007) werden korpusbasierte Ansätze der kognitiven Linguistik vorgestellt. In den Zeitschriften Cognitive Psychology, Journal of Memory and Languge (zuerst: Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior), Cognitive Science, Cognition sowie Language and Cognitive Processes finden sich zahlreiche theoretische Abhandlungen und aktuelle Experimentbeschreibungen. Thagard (1999) erörtert neben den Basisannahmen der Kognitionswissenschaft auch neuere Entwicklungstendenzen (wie die Einbeziehung kultureller und emotionaler Faktoren). Thagard (2006) erörtert ausführlich die Einbeziehung emotionaler Aspekte in kognitionswissenschaftliche Theorien. Minsky (2007) diskutiert die Rolle von Emotionen in Bezug auf die Künstliche Intelligenz. In Stainton (2006) werden alle grundlegenden Fragen der modernen Kognitionswissenschaft von führenden Kognitionswissenschaftlern kontrovers diskutiert: Modularität, Bewusstsein und Qualia, Wissensrepräsentationen, Universalität und Nativismus. <?page no="40"?> 2. Linguistik als Kognitive Wissenschaft 2.1 Definition und Standortbestimmung Im Rahmen des kognitiven Paradigmas wird Sprache als Ausdruck einer spezifischen kognitiven Fähigkeit des Menschen untersucht. Natürliche Sprache und menschliche Kognition sind zwei komplexe Phänomene, die untrennbar miteinander verbunden sind. Kognition stellt die Menge aller geistigen Strukturen und Prozesse dar und umfasst die Gesamtheit menschlicher Wissensaktivitäten. Die Sprachfähigkeit des Menschen ist ein spezifischer Teil der Kognition: Sie ist eine humanspezifische mentale Fähigkeit, die konstitutiv für viele unserer allgemeinen kognitiven Fähigkeiten ist. In diesem Sinne ist »Kognition« der allgemeinere Begriff und inkludiert »Sprache«. Deshalb ist das Studium der Sprache immer auch ein Teil der Kognitionsforschung, und der Zusammenhang zwischen Sprache und Kognition ist keineswegs ein Problembereich, der als nachträgliche Ergänzung zu einer linguistischen Analyse hinzukommt, sondern Voraussetzung jeder adäquaten linguistischen Theorie. Linguistische Theorien sind diesem Anspruch allerdings nicht immer gerecht geworden. Viele Erklärungsansätze und Modelle der modernen Linguistik standen lange sozusagen im luftleeren Raum, da sie die Verankerung der Sprache im Kognitionssystem des Menschen nicht berücksichtigten. In den letzten zehn Jahren sind zunehmend linguistische Arbeiten in den Vordergrund gerückt, welche die Einbindung der sprachlichen Fähigkeiten im Kognitionssystem des Menschen berücksichtigen. Diese Kognitive Linguistik ist dabei weder eine Performanzlinguistik noch ein bestimmtes Teilgebiet der Linguistik oder Psycholinguistik, sondern ein umfassender Forschungsansatz mit bestimmten theoretischen Prämissen und methodischen Postulaten (s. Felix/ Kanngießer/ Rickheit 1990, Schwarz 1992, 1997, 2004). Die Kognitive Linguistik ist eine auf mentalistischen Prä- <?page no="41"?> 41 Definition und Standortbestimmung missen basierende Forschungsrichtung, die sich als diejenige Disziplin innerhalb der Kognitiven Wissenschaft versteht, welche sich mit Sprache als einem bestimmten Teil der Kognition beschäftigt. Sprache wird dabei also als eine spezifische Leistung des menschlichen Geistes und als ein in das gesamte Kognitionssystem integriertes mentales Kenntnissystem aufgefasst. Über die Analyse dieses Kenntnissystems erhalten wir somit einen Zugang zur Erforschung des menschlichen Geistes. Wirft man einen Blick auf die gegenwärtige Forschungslage, zeigt sich jedoch, dass die Kognitive Linguistik kein einheitlich definierter Forschungsbereich ist (s. Schwarz 1997 und 2004). Eine verbindliche Standortbestimmung der Kognitiven Linguistik liegt derzeit nicht vor, und obgleich die Kognitive Linguistik mittlerweile eine etablierte Disziplin ist, fällt es nicht leicht, ihre wissenschaftstheoretische Position eindeutig zu umschreiben. Eine verbindliche und einheitliche Definition oder Eingrenzung des Bereichs Kognitive Linguistik gibt es jedenfalls derzeit nicht (vgl. hierzu auch Kap. 2.4). Dies liegt zum einen an der Vielzahl und Heterogenität der mittlerweile vorliegenden Arbeiten mit z.T. sehr unterschiedlichen konzeptionellen Grundlagen, und zum anderen benutzen viele linguistische Konzeptionen zur Zeit den Terminus »kognitiv« nur als ein modisches Etikett, ohne wirkliche Erneuerungen theoretischer oder methodologischer Art aufzuweisen. Wir stoßen hierbei auf ein Phänomen, das offensichtlich immer dann zu finden ist, wenn sich ein neuer, aber bereits einflussreicher Wissenschaftsbereich noch im Zustand der Entwicklung befindet. So klagten bereits Kreitler/ Kreitler (1976: 4) im Zuge der Entwicklung der Kognitiven Psychologie, dass »the term ›cognitive‹ is being used so widely, that one might wonder whether there is anything in psychology that is not cognitive«. Was also macht die Kognitive Linguistik zu einer eigenständigen, neuen Forschungsdisziplin? Inwiefern ist die Kognitive Linguistik ein Novum in der sprachwissenschaftlichen Forschung? Die folgende Bestimmung der Kognitiven Linguistik, die gerade auch wegen der heterogenen Forschungslage notwendig ist, versteht sich als Diskussionsbeitrag zur Markierung von Schwerpunkten in der zukünftigen Forschung. <?page no="42"?> 42 Linguistik als Kognitive Wissenschaft • Menschliches Verhalten wird durch ein komplexes System mentaler Strukturen und Prozeduren determiniert. • Dieses System gliedert sich in mehrere Teilsysteme, die teils auf spezifischen, teils auf generellen Prinzipien beruhen. • Die Sprachfähigkeit ist neurobiologisch in den strukturellen und funktionalen Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Gehirns verankert. • Die Sprache lässt sich als kognitives System aber auf einer abstrakten, von der physiologischen Basis im Gehirn abgehobenen Ebene als mentales Phänomen mit eigenständigen Gesetzmäßigkeiten beschreiben. • Die Kognitive Linguistik ist damit weder physikalistisch noch strikt funktionalistisch ausgerichtet, vielmehr will sie Aspekte beider Forschungsperspektiven integrieren, um so der neuropsychologischen Realität der Sprache gerecht zu werden. • Die Kognitive Linguistik ist ein mentalistischer Ansatz, da der mentale Charakter der Sprache akzentuiert wird und die Sprache als ein Teil der Kognition beschrieben wird. • Sprachliche Äußerungen werden als Spuren der kognitiven Aktivität und Fähigkeit des Menschen gesehen. Die Kognitive Linguistik rekonstruiert aus diesen Spuren Eigenschaften des kognitiven Sprachsystems. • Die Kognitive Linguistik arbeitet interdisziplinär, da sie Daten anderer Disziplinen bei ihrer Theoriebildung berücksichtigt und sowohl introspektiv als auch empirisch-experimentell arbeitet. Aus dem oben Dargestellten leiten sich für die Kognitive Linguistik folgende Zielsetzungen ab: Das sprachliche Kenntnissystem soll als ein Subsystem der Kognition untersucht werden. Dabei sind einerseits die inhärenten Eigenschaften des mentalen Kenntnissystems zu explizieren, andererseits dessen Interaktionsweisen mit anderen kognitiven Subsystemen. Gegenstandsbereich ist dabei das gesamte mentale Phänomen Sprache, d.h. alle Komponenten der menschlichen Sprachfähigkeit. Die Kognitive Linguistik hebt die Unzulänglich- <?page no="43"?> 43 Definition und Standortbestimmung keit eines rein syntaktischen Ansatzes hervor. Die lange vernachlässigte Komponente der Semantik wird verstärkt in die Untersuchung mit einbezogen. Eine rein formale Theorie ohne Rückgriff auf die inhaltlichen Strukturen der Sprache wird als rudimentär und inadäquat erachtet. Die Kognitive Linguistik versucht zudem, Aspekte der prozeduralen Kompetenz zu erfassen. Hier sind insbesondere die Schnittstellen zwischen dem sprachlichen System und den anderen kognitiven Subsystemen bei der Sprachverarbeitung zu analysieren. Dabei liegt der Kognitiven Linguistik ein erweiterter Kompetenzbegriff zugrunde: Mit Kompetenz wird nicht mehr nur das Kenntnissystem bezeichnet, sondern auch die Mechanismen, die dieses Kenntnissystem realisieren. Damit wird die Sprachfähigkeit des Menschen sowohl strukturell (als mentales Kenntnissystem) als auch prozedural (als Verarbeitungsprozessor) definiert. Bis vor kurzem waren das Interesse und die Arbeit der theoretischen Linguistik fast ausschließlich auf den repräsentationalen Wissensaspekt der Sprache gerichtet. Der Aufgabenbereich der Linguistik beschränkte sich auf die Erfassung der strukturellen Gesetzmäßigkeiten des Kenntnissystems Sprache. Man arbeitete mit einem auf das Wissen eingeengten Kompetenzbegriff. Mit Kompetenz wurde nur das sprachliche Wissen im statischen Sinne gemeint. Faktoren wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Kapazität usw. wurden in den Bereich der Performanz abgeschoben und als weitgehend irrelevant für die linguistische Theoriebildung erachtet. Die Sprachfähigkeit des Menschen setzt jedoch nicht nur die Komponenten des Sprachsystems, sondern auch die prozeduralen Fähigkeiten der Aktivierung und Verarbeitung voraus. Die sprachliche Kompetenz ist eingebunden in Realisierungsmechanismen. Insbesondere die in der Pathologie beobachtbaren Störungen und Ausfallerscheinungen verdeutlichen uns, dass die Anwendung linguistischer Kenntnisse von einer intakten prozeduralen Kompetenz abhängig ist (s. Kapitel 3, 5 und 6). Bei der Erforschung der menschlichen Sprachfähigkeit stellen sich allgemein die folgenden zentralen Fragen: 1. Worin besteht unsere Sprachkenntnis? 2. Wie wird diese Kenntnis erworben? <?page no="44"?> 44 Linguistik als Kognitive Wissenschaft 3. Wie wird diese Kenntnis benutzt? 4. Welche neuronalen Strukturen und Mechanismen liegen der Repräsentation, dem Erwerb und dem Gebrauch von Sprache zugrunde? Jede dieser Fragen ist bereits Gegenstand spezifischer Forschungsbereiche. So ist (1) Thema der theoretischen Linguistik, (2) und (3) kennzeichnen Gebiete der Psycholinguistik und Sprachpsychologie, und (4) ist Untersuchungsgegenstand der Neurolinguistik sowie der Kognitiven Neurowissenschaft. Die Kognitive Linguistik will nun den systematischen Zusammenhang zwischen diesen Fragen nicht nur theoretisch verdeutlichen, sondern auch die methodischen Konsequenzen, die sich aus diesem Zusammenhang ergeben, praktisch umsetzen, also Aspekte der genannten Forschungsbereiche verstärkt aufeinander beziehen. Die Kognitive Linguistik ist ein integrativer Ansatz in dem Sinne, dass sie die Fragen der Disziplinen zusammenführt und Aspekte der sprachlichen Repräsentation und der Verarbeitung aufeinander bezieht. Mit der Forderung nach einer integrativen Vorgehensweise eröffnen sich für die Kognitive Linguistik neue, interdisziplinär ausgerichtete Perspektiven, da sie den Gegenstandsbereich der Linguistik überschreitet und sich Schnittstellenproblemen widmet. Die Kognitive Linguistik tritt mit dem Anspruch auf, das gesamte Sprachverhalten in seiner kognitiven Komplexität zu untersuchen. Dieser Anspruch erfordert vor allem die Berücksichtigung von Spracherwerbs-, Rezeptions- und Produktionsmodellen. Um dieser Zielsetzung gerecht werden zu können, muss die Methodik der Linguistik erweitert werden. Die Berücksichtigung externer Daten, d.h. die Hinzuziehung von Daten aus anderen Disziplinen, wird in der Kognitiven Linguistik zu einer methodologischen Notwendigkeit. Nach dieser Standortbestimmung der Kognitiven Linguistik soll nun der für diese Forschungsrichtung zentrale Aspekt der psychologischen Realität diskutiert und schließlich auf die beiden wichtigsten Ausprägungsvarianten der Kognitiven Linguistik eingegangen werden. <?page no="45"?> 45 Kognitive Linguistik und psychologische Realität 2.2 Kognitive Linguistik und psychologische Realität In der Kognitiven Linguistik wird der Anspruch erhoben, dass es sich bei den Einheiten ihrer Modelle und Theorien nicht um bloße heuristische Fiktionen handelt (die den wissenschaftstheoretischen Maximen der Einfachheit, der Widerspruchsfreiheit usw. genügen), sondern um Aussagen über real existierende Entitäten unserer Kognition. Es müssen also Evaluationskriterien herangezogen werden, die unter den miteinander konkurrierenden Theorien diejenige auswählen, die das betreffende Phänomen tatsächlich in seiner kognitiven Realität erfasst (s. hierzu den Klassiker Halle/ Bresnan/ Miller 1978; vgl. auch Langacker 2003). »… wenn die Analyse sprachlicher Strukturen eine empirische Erklärung und nicht lediglich eine nach beliebigen Gesichtspunkten systematisierte Beschreibung sein soll, dann muß sie auf psychologisch interpretierbare Grundlagen zurückgeführt werden können.« (Bierwisch 1983a: 17) Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Angemessenheit linguistischer Theorien ist das der psychologischen Plausibilität (womit der Anspruch auf psychologische Realität verbunden ist). Eine psychologisch plausible Theorie ist eine im Rahmen unserer kognitiven Fähigkeiten mögliche Erklärung sprachlicher Phänomene (s. Schwarz 1997, 2004). Linguistische Theorien sollen nicht mehr in einem theoretischen und methodologischen Vakuum erstellt werden, sondern unter Berücksichtigung unseres Wissens über Struktur und Funktionsweise der menschlichen Kognition. Als Maßstab für die kognitive Adäquatheit einer linguistischen Hypothese gelten in der Kognitiven Linguistik vor allem zwei Kriterien: das Lernbarkeitskriterium und das Verarbeitungskriterium. Die in den linguistischen Theorien postulierten Repräsentationen müssen also prinzipiell lernbar und verarbeitbar sein. Während im Rahmen der generativen Grammatiktheorie das Lernbarkeitskriterium entscheidend für die Bewertung einer Grammatiktheorie ist, spielt in der Kognitiven Linguistik auch die Kompatibilität zwischen Repräsentationsannahmen und Annahmen über das Verarbeitungssystem eine wichtige Rolle bei der <?page no="46"?> 46 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Erstellung und Evaluation theoretischer Ansätze (s. Felix et al. 1990, Rickheit et al. 2002). Ein fundamentales Anliegen der Kognitiven Linguistik ist es, strukturelle und prozedurale Aspekte sprachlichen Wissens enger aufeinander zu beziehen. Der Begriff »psychologische Realität« ist in der Forschung nicht einheitlich definiert. Es sind grundsätzliche methodologische Fragen an seine Klärung geknüpft, die hier kurz diskutiert werden sollen. In der empirisch ausgerichteten Forschung spricht man einem theoretischen Konstrukt psychologische Realität zu, wenn man es mit einem empirischen Korrelat verbinden kann. Dies ist in der Kognitionsforschung nur sehr indirekt möglich: Empirisch-experimentelle Befunde (wie Reaktionszeiten, Memorierleistungen usw.) dienen als Indikatoren für die Existenz bestimmter Struktur- und Prozesseigenschaften des mentalen Systems. Für einen Rationalisten wie Chomsky, in dessen Tradition die moderne linguistische Methodologie steht, sind nicht die experimentellen Befunde (die als Performanzdaten eingestuft werden) ausschlaggebend, sondern die explanatorische Stärke der Hypothesen einer Theorie. Chomsky verdeutlicht dies anhand einer Arbeit von Sapir: »… he was looking at phonetic data from a certain American Indian language and was able to show that if he assumed a certain abstract phonological structure with rules of various kinds, he could explain some of the facts of language. That investigation in itself was an investigation of psychological reality in the only meaningful sense of the term… . That is, he was making a claim about psychological reality, and he had evidence for it. The evidence was that his hypothesis would explain some facts.« (Chomsky 1983: 42) Die fundamentale Annahme des mentalistischen Rationalismus ist es, dass sprachliche Phänomene in einem kognitivistischen Sinn real sind, indem sie Teil einer über die Introspektion zugänglichen internen Grammatik sind. Die sprachlichen Beispiele stellen dabei die Daten zur Verifikation oder Falsifikation der erstellten Hypothesen dar. Zwar sind prinzipiell auch in der generativen Grammatik alle externen Daten heranzuziehen (s. Chomsky 1986 und 1988), doch sind bislang die Grammatikalitätsurteile das vorherr- <?page no="47"?> 47 Kognitive Linguistik und psychologische Realität schende Instrument zur Evaluation der Hypothesen (s. Fanselow/ Felix 31993). Chomsky (1988: 156f.) weist bei der Erörterung methodologischer Aspekte der Sprachforschung auch darauf hin, dass der menschliche Erkenntnisapparat eventuell so konstruiert ist, dass bestimmte Probleme, die wir als Fragen oder Hypothesen formulieren können, außerhalb der Erklärungskapazität unserer mentalen Fähigkeiten liegen. Somit stößt das Erkenntnisvermögen des Wissenschaftlers letztlich immer wieder an erkenntnistheoretische Grenzen und Aporien. Die Möglichkeiten unseres reflektierenden und hypothesensetzenden Bewusstseins sind stark eingeschränkt. Aus einer Vielzahl von Untersuchungen weiß man inzwischen, dass ein großer Teil unserer mentalen Strukturen und Prozesse, die dem Bewusstsein verschlossen bleiben, andere Charakteristika (hinsichtlich ihrer informationellen und prozessualen Kapazität) besitzen als bewusst erfahrbare mentale Einheiten (s. Marcel 1983, Jackendoff 1987 und 2007). Das cartesianische Vertrauen auf die Introspektion engt daher die Methodik der Linguistik erheblich ein. Gerade im kognitiven Bereich sind Introspektion und Informantenbefragung unzureichende Verfahren zur Ermittlung struktureller und prozeduraler Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien. Nur der gezielte Einsatz von experimentellen Methoden und diagnostischen Verfahren kann über die Repräsentation, Strukturierung und Verarbeitung sprachlicher Einheiten näheren Aufschluss geben. Die sprachlichen und introspektiv gewonnenen Daten, die der internen Evidenz zugerechnet werden, müssen daher durch externe Datenevidenz aus der empirisch-experimentellen Forschung ergänzt werden. Linguistische Modelle laufen Gefahr, an der kognitiven Realität vorbei zu theoretisieren, wenn sie nicht genügend externe Evidenzen aus der empirisch-experimentellen Kognitionsforschung berücksichtigen. Ein theoretischer Ansatz im Rahmen der Kognitiven Linguistik erhält nur dann explanative Adäquatheit, wenn er mit psychologischen Befunden und neurophysiologischen Erkenntnissen kompatibel ist. Es sind alle Datenbereiche zu berücksichtigen, die Einsichten in die Architektur und Dynamik der menschlichen Sprachfähigkeit geben können. <?page no="48"?> 48 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Die Kognitive Linguistik weist also gegenüber der allgemeinen und insbesondere der generativen Sprachtheorie eine erweiterte Methodik auf. 2.3 Ausprägungsvarianten 2.3.1 Der modulare Ansatz In der kognitiv orientierten Linguistik wird die Frage nach dem Status der Sprache im Kognitionssystem kontrovers diskutiert. Es lassen sich bei einer groben Differenzierung innerhalb der Kognitiven Linguistik zwei Richtungen unterscheiden, die einen Dualismus offenbaren, der die gesamte Kognitionsforschung prägt: der modulare und der holistische Ansatz. Nicht alle Arbeiten, die in der letzten Zeit im Rahmen der Kognitiven Linguistik entstanden sind, lassen sich dabei ganz eindeutig der einen oder der anderen Position zuordnen. Manchmal finden sich »Mischformen«, die theoretische Annahmen und methodische Vorgehensweisen beider Richtungen integrieren. Prinzipiell aber spaltet sich die Kognitive Linguistik buchstäblich in zwei »Lager« auf. Die rigide Ausschließlichkeit, mit der zum Teil die eine oder andere Ausprägungsvariante vertreten wird, ist dabei sicherlich ein Manko in Hinblick auf eine zukünftige Zusammenarbeit. Der modulare Ansatz in der Kognitiven Linguistik war einige Zeit untrennbar geknüpft an die Generative Grammatik. So weist beispielsweise noch Bierwisch (1987a: 646) ausdrücklich darauf hin, »daß die Formulierung des kognitiven Programms im Bereich der Linguistik aufs engste verbunden ist mit der Entwicklung der generativen Grammatik«. Ich werde deshalb zunächst die gemeinsamen Grundannahmen von modularer Kognitiver Linguistik und Generativer Grammatik zusammenfassen, dann aber auf die Unterschiede beider Ansätze eingehen (s. hierzu auch Newmeyer 1999). In modularen Sprachtheorien wird die Sprache als ein eigenständiges Modul auf der Interebene der Kognition von anderen Kenntnissystemen abgegrenzt. »… it seems that we should think of knowledge of language as a certain state of the mind/ brain, a relatively stable element in transi- <?page no="49"?> 49 Ausprägungsvarianten tory mental states; furthermore, as a state of some distinguishable faculty of the mind, the language faculty, with its specific properties, structure and organisation, one ›module‹ of the mind.« (Chomsky 1986: 5) In den neueren Arbeiten wird unterschieden zwischen der I-Sprache (als den im Kognitionssystem verankerten Sprachstrukturen) und der E-Sprache (den konkreten Daten der externen - direkt beobachtbaren - Sprache); der Kognitiven Linguistik geht es um die Explikation der I-Sprache. Grammatische Erklärungen sind somit immer auch Beschreibungen von Strukturen eines spezifischen Teils unseres Geistes. Die menschliche Sprachfähigkeit stellt die Disposition zur systematischen Kombinatorik von Symbolen (im Sinne von Zeichen) dar. Sprache ist somit das Medium im Geist, in dem alle Erfahrungsbereiche repräsentiert und kommuniziert werden können (s. Bierwisch 2007). Sie ermöglicht als mentales System die Produktion und Rezeption komplexer Symbolstrukturen. Sprachverhalten (produktiver wie rezeptiver Natur) wird determiniert durch das Zusammenwirken von Sprachkenntnis, Alltagswissen und Wissen über soziale Interaktionsstrukturen. Bierwisch (1987a: 654) verdeutlicht die Interaktion der drei Kenntnissysteme bei konkreten sprachlichen Äußerungen an dem Beispielsatz Hier ist der Berliner Rundfunk. Die konzeptuelle Interpretation der sprachlichen Repräsentation des Satzes kann je nach Kontext (also ob der Sprecher auf ein Gebäude oder eine Stelle im Stadtplan zeigt, oder ob er in ein Mikrophon des Berliner Rundfunks spricht) variieren; zudem kann die Äußerung verschiedene kommunikative Funktionen haben (sie kann als Hinweis fungieren oder als Aufforderung zum Zahlen, wenn der Satz von einem Taxifahrer zu seinem Kunden gesagt wird), die nur dann erkannt werden können, wenn Kenntnisse über soziale Interaktionen im Gedächtnis gespeichert sind. Im Rahmen der modularistisch ausgerichteten Kognitiven Linguistik ist von Bierwisch und Lang (1987, 1989) eine Zwei- Stufen-Semantik-Theorie erarbeitet worden, die im Wesentlichen darauf abzielt, die semantische und die konzeptuelle Repräsentationsebene als zwei unterschiedliche Module der Kognition voneinander abzugrenzen. Semantische Einheiten sind an lexika- <?page no="50"?> 50 Linguistik als Kognitive Wissenschaft lische Einheiten gebunden und werden von den Prinzipien des Sprachsystems determiniert. Das konzeptuelle System ist sprachunabhängig und stellt den Rahmen für alle Erfahrungen des Menschen dar. In einem bestimmten Kontext werden die semantischen Repräsentationseinheiten dann konzeptuell ausdifferenziert (s. hierzu auch Wunderlich/ Kaufmann 1990, Bierwisch/ Schreuder 1992, Wunderlich 1993, Lang 1994, Dölling 1994; s. auch Kap. 2.5). Untersuchungsgegenstand der modularen Linguistik ist das sprachliche Kenntnissystem (mit den Komponenten Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik), das als ein im menschlichen Gehirn verankertes Modul angesehen wird. Das sprachliche System ist aber auch ein funktionales System, das sowohl durch ein Kenntnissystem als auch durch die dazugehörigen Realisierungsmechanismen konstituiert wird. Die dem aktuellen Sprachverhalten zugrundeliegende formale Kompetenz konstituiert sich als kreative Regelbeherrschung. Der kreative Aspekt liegt dabei in der Möglichkeit, prinzipiell unendlich viele Sätze mit Hilfe einer endlichen Menge von Regeln produzieren und verstehen zu können (Chomsky nennt diese Fähigkeit »discrete infinity«). Die Begründung des logischen Primats der formalen (syntaktischen) Kompetenz bei der Erforschung menschlicher Sprachen liegt in der Autonomiehypothese der Generativen Grammatik: Im formalen Bereich der Sprache zeigen sich autonome, d.h. sprachspezifische Gesetzmäßigkeiten. Die grammatische Komponente hat den Status eines Moduls, dessen Eigenschaften nicht durch die Eigenschaften anderer Kenntnissysteme oder die Interaktion allgemeiner kognitiver Prinzipien erklärbar sind. Daher ist der Begriff der Grammatik und nicht der von Sprache zentral. Das grammatische Wissen, über das ein Mensch verfügt, ist ein implizites Wissen, d.h. es ist dem Bewusstsein nicht direkt zugänglich. Die Sprecher und Hörer einer Sprachgemeinschaft befolgen die Regeln automatisch und meist unbewusst. Grammatisches Wissen ist deshalb nicht mit dem gleichzusetzen, was man normalerweise (d.h. im psychologischen Sinn) unter Wissen versteht, nämlich den im Langzeitgedächtnis gespeicherten Strukturen, die Informationen über die Welt repräsentieren. Die Gram- <?page no="51"?> 51 Ausprägungsvarianten matik ist kein Glaubenssystem, das bestimmte Bereiche unserer erlebten Welt repräsentiert. Die syntaktische Sprachkenntnis ist ein mentaler Zustand: »Knowing the language L is a property of a person P …, for P to know the language L is for P’s mind/ brain to be in a certain state … .« (Chomsky 1986: 8) Die Struktur des Kenntnissystems ist das Resultat ontogenetischer Entwicklungen, wobei zwei Faktoren eine Rolle spielen: die genetische Grundausstattung des Menschen (die als ein mentaler Anfangszustand beschreibbar ist und durch die Prinzipien der Universalgrammatik (UG) determiniert wird) und spezifische Erfahrungswerte der frühkindlichen Umgebung. Diese Erfahrungswerte (also die sprachlichen Daten) fungieren als Auslöser für das »Wachstum« der Sprache (die bei Chomsky als ein »mentales Organ« beschrieben wird). Bei der Erforschung der menschlichen Sprachfähigkeit stellen sich Fragen nach der Struktur des sprachlichen Kenntnissystems und nach dessen Erwerb und Gebrauch. Für Chomsky besitzt die Beantwortung der Frage nach der Organisation des Kenntnissystems logische Priorität: Erst wenn wir eine Vorstellung von der Struktur des sprachlichen Kenntnissystems besitzen, können wir die restlichen Fragen adäquat beantworten. Die Beherrschung einer Sprache wird als die Fähigkeit charakterisiert, Sätze einer Sprache verstehen und produzieren zu können, so dass die Fragen nach dem Kenntnissystem und dem Gebrauch dieses Systems offensichtlich in einem engen Zusammenhang stehen (Kompetenz und Performanz also nicht strikt zu trennen sind). Demgegenüber wendet Chomsky (1986: 2) ein, dass Menschen, die über das gleiche Wissen verfügen, sich in ihrer Gebrauchsweise oftmals unterscheiden. Aus der Aphasieforschung liegen zudem Daten vor, die die Vermutung nahe legen, dass die Gebrauchsmechanismen gestört sein können, während das Kenntnissystem intakt ist. Somit liegen zwei voneinander unabhängig zu beschreibende Problembereiche vor: einerseits die Struktur des Kenntnissystems und andererseits die Realisierungsmechanismen (s. auch Bierwisch 1987). <?page no="52"?> 52 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Die Analyse des Kenntnissystems erfordert die Berücksichtung von drei Aspekten: • Jedes System determiniert bestimmte Repräsentationen, die als Strukturen mentaler Zustände aufzufassen sind. • Die Repräsentationen des sprachlichen Kenntnissystems beruhen auf sprachspezifischen Regeln. • Die Regeln des Systems werden durch universale Prinzipien determiniert. Bei der Explikation des sprachlichen Kenntnissystems stützen sich die meisten Linguisten auf die sprachlichen Daten und auf die Grammatikalitätsurteile von Muttersprachlern. Diese Vorgehensweise beruht auf der Annahme, dass sich ein wichtiger Aspekt der sprachlichen Kompetenz in der Fähigkeit manifestiert, über die Grammatikalität von Sätzen entscheiden zu können. Auf der Basis dieser Entscheidungen (wozu auch die eigenen introspektiven Urteile gehören) wird das zugrundeliegende Regelsystem theoretisch rekonstruiert. Die Beschreibung dieser Regeln in einer Grammatiktheorie wird als Modellierung der formalen Kompetenz verstanden. Die Generative Grammatik bleibt damit dem cartesianischen Rationalismus als Methode verhaftet. Die Untersuchung der Realisierungsmechanismen (welche die Mechanismen der Rezeption und Produktion betreffen) wird in der Generativen Grammatik immer noch primär als eine Domäne der Psycholinguistik angesehen. Obgleich in der Kognitiven Linguistik angenommen wird, dass den sprachlichen Strukturen neurophysiologische Muster zugrundeliegen, beschäftigt sie sich nur auf einer abstrakten Ebene mit dem sprachlichen System. Dem neueren Funktionalismus der Kognitiven Wissenschaft folgend, werden kognitive Phänomene losgelöst von ihrer materiellen Grundlage beschrieben. »Die Theorien, um die es in der kognitiven Linguistik geht, sind also mit der Arbeitsweise des Gehirns auf eine abstrakte Weise verknüpft. Sie beschreiben, soweit sie zutreffen, was das Gehirn repräsentieren oder berechnen kann, wie diese Berechnungen ablaufen und welche Voraussetzungen sie haben.« (Bierwisch 1987a: 666) <?page no="53"?> 53 Ausprägungsvarianten Damit bleibt die Beantwortung der Frage nach den neuropsychologischen Prinzipien, die unsere Sprachfähigkeit konstituieren, aus den linguistischen Ansätzen ausgeklammert. Einen radikalen Funktionalismus lehnt Chomsky (1988: 145) zwar ab, doch werden Prinzipien der Neuropsychologie nicht bei der Theoriebildung beachtet (s. hierzu Chomsky 2000). Die modulare Kognitive Linguistik hat sich mittlerweile von der Generativen Sprachtheorie emanzipiert und als eigenständige Sprachtheorie etabliert. Gemeinsam ist beiden die allgemeine mentalistische Ausrichtung, jedoch sind Schwerpunktbildung und methodische Vorgehensweise verschieden. Die Kognitive Linguistik arbeitet methodisch interdisziplinär und interessiert sich für die repräsentationalen sowie prozeduralen Schnittstellen der Sprache mit anderen Kenntnissystemen. Sowohl der semantischen Komponente als auch der prozeduralen Kompetenz wird eine zentrale Rolle bei der Erklärung der menschlichen Sprachfähigkeit eingeräumt. Ungeachtet gewisser autonomer Prinzipien und Regeln im Formbereich der Sprache, wird jede Sprachtheorie, die primär die formale Komponente der Sprachfähigkeit betrachtet, als inadäquat und unvollständig erachtet. Die Grundannahme, dass Sprache ein kognitives Phänomen ist, schließt ihre soziale Verankerung keineswegs aus (vgl. hierzu Kap. 2.5 und Kap. 6). Dementsprechend stehen kognitions- und kommunikationstheoretische Ansätze nicht in strikter Opposition (s. Schwarz-Friesel 2007b). Schließlich wendet sich die Kognitive Linguistik auch gegen die strikte Formalisierung (und Pseudo-Mathematisierung) in der linguistischen Modellbildung: Die rein formalistisch darstellenden Beschreibungsansätze erfassen nicht alle Komponenten der Sprachfähigkeit, werden oft dem Kriterium der kognitiven Plausibilität nicht gerecht und liefern zudem nicht immer wirklich Erklärungen für bestimmte Phänomene, sondern oft lediglich metasprachliche Umschreibungen. 2.3.2 Der holistische Ansatz Im Gegensatz zu der modularen Konzeption betrachten Vertreter einer holistischen Kognitionstheorie Sprache nicht als ein autonomes Subsystem, sondern eher als ein Epiphänomen der Kognition. <?page no="54"?> 54 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Das sprachliche Wissenssystem wird durch allgemeine Kognitionsprinzipien erklärt. »… it seems more plausible that the language-specific adaptations are few and minor, that the language faculty is really the whole cognitive system. In our evolution we may have developed or enhanced certain features to facilitate language, but once developed, these features were not confined to language and are now used in nonlinguistic activities. Thus the mind is a general pool of basic structures and processes.« (Anderson 1983: 3) Ziel der holistisch ausgerichteten Kognitionsforschung ist es, die Menge der universalen Prinzipien (wie Konzeptualisierung, Mustererkennung, Kategorisierung usw.) zu beschreiben, die allen mentalen Fähigkeiten gleichermaßen zugrundeliegen. Ein universelles System des menschlichen Gedächtnisses soll entworfen werden, das die vielfältigen Kenntnisstrukturen in einem einheitlichen Format abbilden kann. In diesem Sinne definiert Anderson (1976: 3) das Gedächtnis als »the complex structure that organizes all our knowledge«. In der Kognitiven Linguistik findet sich ein holistischer Erklärungsansatz zunächst unter der Bezeichnung »Kognitive Grammatik« (vgl. Langacker (1988, 1991) und Lakoff (1987), mittlerweile aber wird primär die allgemeine Bezeichnung »Kognitive Linguistik« benutzt (s. Geiger/ Rudzka-Ostyn 1993, Langacker 1999, 2003, Ungerer/ Schmid 2 2006, Geeraerts 2006, Evans 2007). Sprachfähigkeit und allgemeine kognitive Fähigkeiten sind in diesem Ansatz untrennbar miteinander verbunden. Ein formaler Beschreibungsapparat, wie er in der Generativen Grammatik benutzt wird, wird für die Erklärung sprachlicher Phänomene als ungeeignet angesehen. Durch modelltheoretische Idealisierung und rigide Formalisierung werden in der generativen und formalistischen Linguistik nicht nur relevante Faktoren der Sprachfähigkeit vernachlässigt, sondern auch wichtige Zusammenhänge (die sich aus der Einbettung der Sprache in kognitive und funktionale Bereiche ergeben) nicht erkannt. Vielmehr sollen linguistische Analysen mit Blick auf psychologische Prinzipien durchgeführt werden. Soweit besteht Einigkeit mit dem modularen kognitiven Ansatz (wenngleich dieser von Vertretern der <?page no="55"?> 55 Ausprägungsvarianten holistischen Richtung nicht als Kognitive Linguistik zur Kenntnis genommen wird). Die modulare Autonomiehypothese in Bezug auf die Sprache als Kenntnissystem wird abgelehnt (s. hierzu auch Kap. 2.4). Natürliche Sprachen stellen vielmehr offene Systeme dar, die den Einflüssen des kognitiven Verarbeitungssystems (und seinen Determinanten) sowie kulturellen Einflüssen unterliegen. Hinsichtlich der Struktur-Funktion-Relation bei der menschlichen Sprache wird eine zu Chomsky konträre Position vertreten: Die Struktur des sprachlichen Systems lässt sich nicht von seiner Funktion trennen. Die Funktionalität der Sprache ist eine wesentliche Eigenschaft natürlicher Sprachen. Eine rein formorientierte Analyse erfasst nicht die kognitive Zweckgebundenheit der Sprache (vgl. Deane 1993, Nuyts 1993, 2001, Langacker 2003). Ikonizität (d.h. die Motiviertheit formaler Strukturen) wird als ein grundlegendes Prinzip syntaktischer Strukturierung angesehen. Die Grammatik einer Sprache ist inhärent symbolisch. »… cognitive grammar claims that grammar is intrinsically symbolic, having no independent existence apart from semantic and phonological structure. Grammar is describable by means of symbolic units alone, with lexicon, morphology, and syntax forming a continuum of symbolic structures.« (Langacker 1988a: 5) Die Grammatik ist wie das Lexikon einer Sprache als das Ergebnis komplexer Konzeptualisierungsprozesse zu betrachten. Unter Konzeptualisierungen versteht Langacker mentale Prozesse, die Informationen aus verschiedenen Bereichen menschlicher Erfahrung aufeinander beziehen. Beide Komponenten erfüllen deshalb repräsentationale Funktionen (s. Langacker 1988b, 1999). Syntaktische Phänomene lassen sich weitgehend als Widerspiegelungen semantisch-konzeptueller und funktionaler Prinzipien beschreiben; die grundlegenden grammatischen Kategorien sind daher auch mit Hilfe von generellen Konzeptstrukturen und Kategorisierungsprinzipien erklärbar. Es wird keine strikte Trennung zwischen Semantik und Pragmatik gezogen. Sprachliche Bedeutungen stellen keine diskreten Einheiten des Sprachsystems dar. Vielmehr besteht eine enge Verflechtung enzyklopädischer und sprachlicher Informationen (vgl. Lee 2002, Talmy 2003, <?page no="56"?> 56 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Ungerer/ Schmid 2 2006, Croft/ Cruse 2004). Einen besonderen Stellenwert nehmen metaphorische Phänomene ein (s. Lakoff/ Johnson 1980/ 2003, Jäkel 2003, Knowles/ Moon 2006) da sie als Ausdruck konzeptueller Repräsentationen angesehen werden (s. hierzu Kap. 2.5). Da in der holistischen Kognitiven Linguistik die enge Verknüpfung von sprachlichen und allgemein-kognitiven Prinzipien betont wird, wird eine Spracherwerbskonzeption vertreten, die eine Version des Nativismus (wie er in modularen Sprachtheorien vertreten wird) ablehnt bzw. relativiert zugunsten einer Konzeption, die den allgemein-kognitiven und sozialen Faktoren einen größeren Stellenwert einräumt (s. hierzu Kapitel 4). Betont wird allgemein die Körpergebundenheit von Sprechen und Denken, die Verankerung kognitiver Fähigkeiten in motorischer und perzeptueller Erfahrung (s. Lakoff/ Johnson 2002). Im Mittelpunkt der holistischen Kognitiven Linguistik stehen derzeit die Erforschung der funktionalen Prinzipien sprachlicher Strukturierung, die Analyse des Zusammenhangs zwischen semantischen Phänomenen und konzeptuellen Universalien sowie die Untersuchung der konzeptuellen Schnittpunkte zwischen Syntax und Semantik. Die Untersuchung sprachlicher Bedeutungen wird als äquivalent mit der von konzeptuellen Strukturen gesehen. Bedeutungen sind zu einem großen Teil in der menschlichen Erfahrung verankert und kulturell bestimmt. Sie sind zudem stark geprägt durch Bildschemata, konzeptuelle Metaphern, konzeptuelle Metonymien und durch Verschmelzungen von Konzeptualisierungen (vgl. Fauconnier/ Turner 2002, Lee 2002, Talmy 2003, Croft/ Cruse 2004, Ungerer/ Schmid 2 2006). 2.4 Kognitive Linguistik versus Kognitive Linguistik? Wie bereits ausgeführt, ist der Name Kognitive Linguistik insofern ambig, als er sich auf eine Reihe von Ansätzen bezieht, die teilweise auf sich komplett widersprechenden Annahmen beruhen. Der modulare Ansatz betrachtet Sprache als ein in der Kognition verankertes, aber weitgehend autonomes, d.h. auf eigenen Prinzipien beruhendes Kenntnissystem, und der holistische Ansatz <?page no="57"?> 57 Kognitive Linguistik versus Kognitive Linguistik? führt sprachliche Phänomene auf allgemeine kognitive Prinzipien und Regeln zurück. Da es nach wie vor keine Annäherung zwischen diesen beiden Ansätzen gibt, definiert sich die Spezifik der Kognitiven Linguistik in Abhängigkeit von den jeweiligen Ausgangshypothesen. So gibt das Institut für Kognitive Linguistik an der Universität Frankfurt (a.M.) die folgende Umschreibung: »Kognitive Linguistik ist jener Bereich der modernen Sprachwissenschaft, der sich mit den biologischen Grundlagen der Sprache befasst und diese mit Hilfe von genetisch determinierten Prinzipien beschreibt, die sich in allen natürlichen Sprachen nachweisen lassen. Unter dieser Perspektive geht es in der kognitiven Linguistik auch um den kommunikativen Gebrauch der Sprache, der als eine komplexe Fähigkeit analysiert wird, bei der grammatische, interaktive und sozio-kulturelle Fähigkeiten interagieren.« (http: / / www. uni-protokolle.de/ nachrichten/ id/ 34522/ , Günther Grewendorf im Interview, 19.11.2007) In direktem Gegensatz dazu wird der Ansatz von der »Deutschen Gesellschaft für Kognitive Linguistik« folgendermaßen bestimmt: »Die Kognitive Linguistik wendet sich gegen eine modulare Auffassung der Sprachfähigkeit, d.h. gegen die Hypothese, dass die Sprache - insbesondere die Syntax - ein autonomes System bilde, das mittels eines spezialisierten angeborenen Moduls erworben werde und nach eigenen Regeln und Prinzipien funktioniere. Stattdessen nimmt die Kognitive Linguistik an, dass die Sprachfähigkeit auf allgemeine kognitive und perzeptuelle Fähigkeiten zurückzuführen ist und zumindest teilweise durch sie motiviert ist. … Der Spracherwerb erfolgt auf der Grundlage genereller kognitiver Fähigkeiten. Die Annahme eines spezifischen angeborenen Erwerbsmechanismus (›Universalgrammatik‹) ist nicht notwendig.« (http: / / webapp. rrz.uni-hamburg.de/ ~DGKL/ ueber_DGKL.shtml, 19.11.2007) Die Positionen und Ergebnisse der jeweils anderen Richtung und die Problematik, dass es zwei grundlegend verschiedene Ansätze gibt, die beide den Namen Kognitive Linguistik für sich reklamieren, werden nicht thematisiert. Rein programmatisch werden teilweise bestimmte Positionen vertreten und nicht hinterfragt, obgleich empirische Ergebnisse diese längst in Frage stellen: So wird heute einerseits niemand mehr ernsthaft bezweifeln, dass die allgemeine Fähigkeit, Sprache zu erwerben, angeboren, also gene- <?page no="58"?> 58 Linguistik als Kognitive Wissenschaft tisch determiniert ist, andererseits gibt es viele Ergebnisse und Argumente, die für eine kognitivistisch-interaktive Konstruktion einiger Spracherwerbsprozesse sprechen (s. hierzu Kap. 4). Die Hypothese, dass gewisse sprachliche Fähigkeiten unabhängig von allgemeinen Kognitionsprozessen funktionieren, wird durch die Beobachtungen der Neurowissenschaft bekräftigt (s. Kap. 3). Dafür scheinen wesentliche Prozesse der produktiven und rezeptiven Sprachverarbeitung maßgeblich vom konzeptuellen Weltwissenssystem beeinflusst zu werden (s. Kap. 2.5, 5 und 6). Ein wissenschaftlicher Austausch zwischen den beiden kognitionslinguistischen Ansätzen findet jedoch kaum statt: Konferenzen und Publikationen der jeweiligen Richtung zeichnen sich dadurch aus, dass stets nur in breiter Homogenität die altbekannten Positionen vertreten werden, anstatt kontrovers einmal die eigenen Grundlagen zu diskutieren, indem man sich intensiv mit Vorschlägen und Ergebnissen der anderen Forschungsrichtung auseinandersetzt. Oft werden Arbeiten zum gleichen Thema gar völlig ignoriert. Für Studierende und an der Sprache-Kognition-Interaktion Interessierte ist eine solche Ignoranz irritierend und verwirrend, für die an konstruktiver und innovativer Forschung gelegenen Wissenschaftler schlichtweg unverständlich. Ein starres Festhalten an traditionellen Positionen und die nicht mehr hinterfragte Verabsolutierung von bestimmten Prämissen führt nur zu Stillstand bzw. zum Im-Kreis-Laufen. Wissenschaftlicher Fortschritt entwickelt sich so nicht (s. Kap. 7). Daher ist in Bezug auf die derzeitige Forschungstätigkeit ein Zitat von Theo Herrmann, das auch nach 20 Jahren nichts von seiner Aktualität und Relevanz verloren hat, zu beherzigen: »Es ist eine Sache, konsequent in oder nach einem methodologischen und theoretisch-begrifflichen Paradigma zu arbeiten, um derart zusammen mit anderen einem Stück Wirklichkeit geradlinig und Zug um Zug auf den Leib zu rücken, und es ist etwas anderes, dieses Paradigma für das Ganze seiner Wissenschaft zu halten … Ich bedaure … jeden, und sei er noch so renommiert, der sich im grauen Normal-Science-Alltag seines Quasi-Paradigmas ängstlich verschanzt und nicht wissen will …, was außerhalb seiner eigenen Provinz geschieht.« (Herrmann 1986: 32f.) <?page no="59"?> 59 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme Die Kognitive Linguistik, so wie sie in diesem Buch vertreten wird, zeichnet sich dadurch aus, dass sie offen für die Ergebnisse und Untersuchungen der interdisziplinären Kognitionsforschung sowie Kognitions- und Sprachtheorien ist: In dieser Offenheit gegenüber empirischen Befunden und theoretischen Ansätzen liegen ihre Stärke und ihre Attraktivität sowie das Potential, mehr über die Beschaffenheit unseres Geistes zu erfahren. Im folgenden Kapitel werde ich nun anhand von einigen Beispielen aus dem Bereich der Semantik konkret Fragen und Probleme erörtern, die exemplarisch für die aktuelle Kognitive Linguistik sind. 2.5 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme 2.5.1 Bedeutungskonstitution: Zur Schnittstellenproblematik Fragen der Semantik betreffen die Bedeutungen von sprachlichen Einheiten und Strukturen (d.h. Wörtern, Sätzen und Texten). Bedeutungen werden in der Kognitiven Semantik als geistige Repräsentationseinheiten definiert, die an sprachliche Formen geknüpft sind. Sie beinhalten die Informationen, die für die Kommunikation relevant sind, und sie ermöglichen es uns, mittels Sprache Bezug auf die Welt zu nehmen. Die Bedeutungsproblematik involviert also zwei grundlegende Aspekte: die interne Speicherung von Bedeutungen im Langzeitgedächtnis (LZG) und die Bezugnahme auf die externe Welt (s. hierzu auch Kap. 3.3 und 6.2). Der semantischen Komponente wird in (beiden Ansätzen) der Kognitiven Linguistik eine zentrale Rolle bei der Erklärung der menschlichen Sprachfähigkeit eingeräumt: Unsere semantische Kompetenz ermöglicht es, sprachliche Äußerungen überhaupt als sinnvoll zu verstehen. Das semantische Kenntnissystem ist ein Schnittstellensystem, da es sprachliche und konzeptuelle Repräsentationen aufeinander bezieht. Die grundlegenden Fragen der Kognitiven Semantiktheorie lauten: Wie werden Bedeutungen im mentalen Lexikon gespeichert (zum mentalen Lexikon s. Kap. 3.3.1)? Wie werden sie von dort in Verarbeitungsprozessen abgerufen (s. Kap. 5)? Wie referieren Sprachbenutzer auf die außersprachliche Welt (s. hierzu <?page no="60"?> 60 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Kap. 6)? Welchen Einfluss haben Kotext (also die sprachliche Umgebung), Weltwissen und situative Faktoren auf die Prozesse der Bedeutungsaktivierung bzw. -konstitution? Eine Unterscheidung in drei Ebenen hat sich als sinnvoll erwiesen, wenn man die Bedeutungsproblematik angemessen und vor allem in all ihren Facetten beschreiben will (s. hierzu bereits Bierwisch 1979, vgl. auch Schwarz/ Chur 2007: 28ff). Die erste Ebene ist die der kontextunabhängigen, grammatisch determinierten Ausdrucksbedeutung. Bei einer Wortbedeutung wäre dies die im mentalen Lexikon gespeicherte Lexembedeutung; bei einer Satzbedeutung ist dies die sich nach dem Kompositionalitätsprinzip ergebende Summe aller Lexembedeutungen sowie ihrer grammatisch festgelegten Relation. Die zweite Ebene ist die der kontextabhängigen, spezifizierten Äußerungsbedeutung, bei der die Referenz festgelegt wird. Diese aktuelle Bedeutung eines Wortes oder Satzes ergibt sich aus der Interaktion von lexikalischer Bedeutung und kontextuellen Faktoren. Schließlich ist noch die Ebene des kommunikativen Sinns zu berücksichtigen: Dieser ergibt sich sprachproduktionsbezogen aus der Intention des Sprechers und sprachrezeptionsbezogen aus der vom Hörer erschlossenen Sprecherintention. An einem Beispiel soll dies kurz verdeutlicht werden: (1) Der Kanzler hält gleich eine Rede! (Kontext 1: Saaldiener sagt dies 2000 bei einer Publikumsführung im Bundestag. Kontext 2: Generalsekretär der CDU sagt dies 1996 zur Fraktion, die gerade beim Frühstück sitzt) Die wörtliche Bedeutung des Satzes lässt sich paraphrasieren derart, dass der aktuell amtierende Regierungschef in einem kurz auf den Zeitpunkt der Äußerung folgenden Moment mündliche Äußerungen vor Publikum tätigen wird. Die Äußerungsbedeutung im Kontext 1 des Beispiels (1) ist eine andere als die im Kontext 2. Da der Äußerungszeitpunkt in Kontext 1 im Jahr 2000 liegt, als Schröder amtierender Kanzler war, wird auf ebendiesen referenziell verwiesen, während hingegen der Kontext 2 sich im Jahr 1996 zuträgt, wo die Äußerung auf den Referenten Kanzler Kohl verweist. Das zeigt, dass ein und derselbe Satz in Abhängigkeit der jeweiligen Äußerungssituation unterschiedliche aktuelle Bedeutungen haben kann. <?page no="61"?> 61 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme Zusätzlich zur Äußerungsbedeutung ergibt sich aus der Interaktionssituation heraus auch ein spezifischer kommunikativer Sinn. Für das Beispiel (1) lässt sich im Kontext 1 die pragmatische Bedeutung erschließen, dass der Saaldiener die Besucher nicht in den Bundestagssaal einlässt (da der Kanzler in Kürze seine Rede beginnen wird), seine Äußerung impliziert also den kommunikativen Sinn eines Verbotes. Der Sprecher verwendet (1), um zu begründen, weshalb die Adressaten im Moment den Saal nicht besichtigen können. In Kontext 2 ist für die Äußerung des CDU- Generalsekretärs die pragmatische Bedeutung wahrscheinlich, dass dieser die frühstückenden Mitglieder der CDU-Fraktion zur Eile auffordert (damit diese die Rede des Kanzlers nicht verpassen). Demnach handelt es sich im kommunikativen Sinn um eine Aufforderung. Dieser nicht-wörtliche Sinn, der sich zusätzlich ergibt, ist prinzipiell streichbar (im Sinne von zurücknehmbar/ aufhebbar). So kann der Sprecher in Kontext (1) sagen: Aber sie dürfen trotzdem ganz kurz hinein, der Sprecher in Kontext 2 Aber ihr müsst deshalb nicht gleich aufspringen. Pragmatische Bedeutungen sind daher eine Eigenschaft von konkreten Äußerungen (nicht von Lexemen oder Sätzen ‚an sich’), d.h. in einer anderen Situation entsteht nicht unbedingt dieselbe pragmatische Bedeutung (s. Levinson 2000, Bublitz 2001, Meibauer 2006). Wie lässt sich das Verhältnis der drei Ebenen beschreiben und erklären? Während in der traditionellen und formalen Semantik lediglich die lexikalische Bedeutung analysiert wurde und wird (mit der Begründung, dass aktuelle und kommunikative Bedeutungen in das Arbeitsfeld der Pragmatik fallen), bezieht die Kognitive Semantik auch die aktuelle sowie pragmatische Bedeutung bei ihren Untersuchungen und Überlegungen mit ein (s. Schwarz 1992, Schwarz/ Chur 5 2007, Fischer 2000, Marmaridou 2000, Sperber/ Wilson 2001). Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie spezifische aktuelle Bedeutungen im Prozess der Bedeutungskonstitution entstehen. Diese Fragestellung betrifft die bereits erwähnte Schnittstellenproblematik. In diesem Fall geht es um die Schnittstelle von Semantik und Pragmatik (wozu auch die Abgrenzung von Bedeutung und konzeptuellem Weltwissen zu zählen ist; s. hierzu Turner 1999, Szabó 2005, von Heusinger/ Turner 2006). <?page no="62"?> 62 Linguistik als Kognitive Wissenschaft In der Semantikforschung haben sich bezüglich der Frage, wie aktuelle Bedeutungen etabliert werden, verschiedene sogenannte Ebenen-Semantik-Ansätze entwickelt (zu einem Überblick s. Schwarz 2002). In Ein-Stufen-Semantiken wird keine Unterscheidung zwischen Bedeutungen und Konzepten gezogen (s. Taylor 1995, 2002): Bedeutungen sind in mentalen Netzen abgespeicherte (prototypische) Konzepteinheiten und werden bei Bedarf aktiviert (vgl. auch Lakoff 1987, Langacker 2000, Talmy 2003). Jackendoff (1983, 1990) hat eine konzeptuelle Semantiktheorie entworfen, derzufolge es nur eine relevante Repräsentationsebene der Kognition gibt, auf der semantische und konzeptuelle Strukturebene identisch sind. Den syntaktischen Strukturen werden bei Jackendoff demnach konzeptuelle Repräsentationen direkt durch sogenannte Korrespondenzregeln zugeordnet. Wortbedeutungen sind für Jackendoff Einheiten der konzeptuellen Struktur. Referenz (als Resultat der aktuellen Bedeutungsfestlegung) kommt dadurch zustande, dass konzeptuelle Einheiten auf eine Aktivationsebene des Bewusstseins projeziert werden. Dabei gibt es kontextsensitive Entscheidungsregeln (Präferenzregeln): (2) Die Universität steht neben dem Sportplatz. (3) Die Universität steht politisch links. (4) Die Universität steht bei diesem Studenten nicht an erster Stelle. So wird in (2) Universität als Gebäude, in (3) Institution und in (4) als Beschäftigungsart verstanden. Aktuelle Bedeutungen entstehen also durch einen Projektionsprozess über die Anwendung von Präferenzregeln, oder anders formuliert durch die bloße Aktivierung einer Bedeutungsrepräsentation im mentalen Lexikon. Dieser Ansatz erklärt aber nicht, wie und wann spezifische kontextuelle Einflüsse auf die Erstellung der Äußerungsbedeutung einwirken und berücksichtigt auch nicht spezifische konzeptuelle Spezifikationen und Elaborationen (s. Bsp. (8) und (13)). Ein-Ebenen-Ansätze sind oft gekoppelt an die Annahmen der Prototypentheorie (s. Kap. 3.3.2.1). Die wesentliche Vorhersage der Prototypentheorie hinsichtlich der Rolle von Bedeutungen in satzsemantischen Strukturen lautet: Der präferierte Kandidat ist jeweils der Prototyp der Kategorie bzw. das prototypische Deno- <?page no="63"?> 63 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme tat. Reicht aber diese Annahme aus, um den Prozess der Bedeutungskonstitution zu erklären? In (5) und (6) führt die Annahme zur kognitiven Präferenz von prototypischen Konzepten zu einem plausiblen Ergebnis, da hier AMSEL oder FINK aktiviert werden (also die in unseren Breitengraden typischen Vertreter der Konzeptkategorie VO- GEL): (5) Wir hörten im Garten den Gesang der Vögel. (6) Im Apfelbaum sitzt ein Vogel und singt. Bei (7) und (8) funktioniert dies jedoch nicht: (7) Wir bewunderten im Zoo die Vögel. (8) Die Vögel kreisten in der Wüste über den Köpfen der Verdurstenden. In (7) werden als aktuelle Bedeutung von die Vögel exotische Vögel wie KOLIBRIS, PAPAGEIEN repräsentiert, in (8) dagegen AASGEIER (zum Prozess der kognitiven Instanziierung s. auch Kap. 5.3.2). Der jeweilige Kontext führt zur Aktivierung ganz bestimmter Vertreter der Konzeptkategorie VOGEL, aber nicht notwendigerweise zu der der typischen: Der Kotext bewirkt eine kognitive Verschiebung innerhalb der Kategorienbzw. Denotatsstruktur, die nicht den prototypischen Kern, sondern z.T. die Kategorienperipherie in die aktuelle semantische Repräsentation einsetzt. In Bezug auf die On-line-Verarbeitung im Sprachrezeptionsprozess muss hier natürlich berücksichtigt werden, dass in (7) der Kontexteinfluss bei der Verarbeitung von Vögel eventuell on-line und in (8) erst off-line einsetzt (s. hierzu Kap. 5). In der Zwei-Stufen-Semantik (s. Bierwisch/ Lang 1987, Lang 1994, Dölling 1994, 2005; vgl. auch Meyer 1994, Egg 1994, Ludewig/ Geurts 1998) werden Konzepte und Bedeutungen voneinander abgegrenzt. Die Formel Sem(ct)=m verdeutlicht den Zusammenhang: die Intension sem, die relativ zu einem Kontext ct eine Äußerungsbedeutung m auswählt; aktuelle Bedeutungen sind somit als Resultat einer konzeptuellen Spezifizierung zu sehen. <?page no="64"?> 64 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Die Beispiele (2) bis (4) zeigen gemäß diesem Ansatz konzeptuelle Varianten, die je nach Kontext etabliert werden. In diesem Ansatz findet sich allerdings auch keine Erklärung dafür, wie kontextsensitive Spezifizierungen zustandekommen. Die prozedurale Elaboration (s. (13) und (14)) wird ebenfalls nicht hinreichend berücksichtigt. Zudem ist es plausibler, zwischen Bedeutungen und Konzepten keine strikte Trennung vorzunehmen (s. Kap. 3.3). Die Drei-Stufen-Semantik unterscheidet zwischen modalitätsunspezifischen Konzepten, sprachspezifischen lexikalischen Bedeutungen und kontextdeterminierten aktuellen Bedeutungen. Letztere sind das Resultat kognitiver Spezifikationsprozesse und als postlexikalische Einheiten zu beschreiben (s. Schwarz 1992, 2000, 2002; Jackendoff 2000 und 2004 argumentiert inzwischen ähnlich; s. Kap. 3.3 zur Beschreibung von Konzepten und Bedeutungen im LZG). Bedeutungen werden im Kontext nicht einfach nur aktiviert und abgerufen (stellen also nicht nur Kopien der lexikalischen Bedeutungen dar), sondern flexibel konstituiert bzw. konstruiert: Die Bedeutung eines Wortes kann je nach Kontext ganz unterschiedlich repräsentiert werden (vgl. (7) und (8)). Vgl. auch: (9) Der Hund war klein und sehr niedlich. (10) Der Hund war groß und furchterregend. In (9) wird der Rezipient eine andere konzeptuelle Repräsentation von HUND in die aktuelle Bedeutung einsetzen als in (10). Zudem sind unterschiedliche Merkmale fokussiert: Bei (9) z.B. FELL und PFÖTCHEN, bei (10) eher GEBISS. Entsprechend können in Experimenten zur Gedächtnisrepräsentation solcher Sätze spezifische Abrufreize wesentlich effektiver sein als andere (s. hierzu in Kap. 5.3.2 die Beispiele (31) bis (35)). Je nach Kontext werden unterschiedliche semantische Merkmale unterschiedlich stark aktiviert (vgl. (29) und (30) in Kap. 5.3.2): (11) Sie trugen ächzend das Klavier herauf. (im Fokus: Klavier als schwerer Gegenstand) <?page no="65"?> 65 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme (12) Sie spielte die Nocturne auf dem Klavier. (im Fokus: Klavier als Musikinstrument) Die grammatisch determinierte Satzsemantik ist zudem oft sehr unterspezifiziert, d.h. es werden nicht alle Informationen lexikalisch ausgedrückt, die zur Erstellung einer plausiblen Äußerungsbedeutung erforderlich sind (vgl. hierzu auch Kap. 5.3.4 und 5.3.5). (13) Ich stand zwei Stunden im Stau. (14) Ich habe nichts anzuziehen! Zentral ist hier die Rekonstruktion der fehlenden Informationen: (13) wird in der aktuellen Bedeutung als mentales Sachverhaltsmodell repräsentiert, als ICH SASS AUF MEINEM SITZ IM AUTO AUF EINER STRASSE MIT VIELEN ANDEREN FAHR- ZEUGEN OHNE DASS BEWEGUNG STATTFAND. In (14) wird nichts nicht wortwörtlich als Nullmenge verstanden, sondern spezifisch elaboriert durch die konzeptuelle Information (NICHTS PASSENDES/ NICHTS WAS GEFÄLLT). Je nach situativem Kontext haben (13) und (14) zudem noch spezifische kommunikative Bedeutungen: z.B. könnte (13) eine Entschuldigung sein (DESHALB BIN ICH ZU SPÄT) und (14) eine Rechtfertigung oder Aufforderung (DESHALB MUSS ICH JETZT ETWAS NEUES KAUFEN/ LASS UNS EINKAUFEN GEHEN). Unsere prozedurale Kompetenz lässt uns offensichtlich kognitive Repräsentation erstellen, in die lexikalisches Bedeutungswissen und Weltwissen über kontextuell gesteuerte Inferenzen einfließen und ein plausibles mentales Modell zu jeder Äußerung konstituieren (s. zu ähnlichen Erklärungsansätzen auch Fauconnier 1994, Langacker 2000, Talmy 2003, Zwaan et al. 2004; s. auch Kap. 5.3.4). Aktuelle Bedeutungen sind weder Projektionen, noch lediglich vom Kontext ausgewählte Konzepte, sondern kognitive Konstrukte der Rezipientenaktivität, die post-lexikalisch zu erklären sind. Ein Modell zur Bedeutungskonstitution muss eine Reihe von Prozessmechanismen und kognitiven Parametern berücksichtigen: das lexikalische Wissen im mentalen Lexikon sowie kognitions- <?page no="66"?> 66 Linguistik als Kognitive Wissenschaft inhärente Kontextualisierung (d.h. Aktivierungsausbreitung vernetzter Bedeutungseinheiten und Konzepte im LZG), die Selektion von kotextuell relevanten Merkmalen und kontextabhängige Spezifizierung von Merkmalen sowie die konzeptuelle Elaboration semantischer Strukturen. Um den Prozess der Bedeutungskonstitution angemessen erklären zu können, wird eine Semantiktheorie benötigt, die kontextsensitive Elaborations- und Spezifikationsregeln integriert und damit sowohl der prozeduralen Dynamik als auch der Schnittstelleninteraktion unserer semantischen Kompetenz Rechnung trägt. In Interaktion mit unserer pragmatischen Kompetenz kommt es zusätzlich zu situativ variablen kommunikativen Implikaturen, die vom Rezipienten in einem Rekonstruktionsprozess hergeleitet werden müssen (vgl. Sperber/ Wilson 2001, Levinson 2000). Insbesondere die Rolle des Kontextes ist in der zukünftigen Forschung noch genauer zu erklären. Die Frage, welche (kotextuelle, situative, kognitionsinhärente) Kontextform wann die Bedeutungskonstitution beeinflusst, muss intensiver untersucht werden. Hierbei ist die theoretische Rekonstruktionsarbeit der kognitiven Semantik auch auf Ergebnisse der empirisch-experimentellen Forschung angewiesen (s. Kap. 5. und 6.). 2.5.2 Metaphern und Emergenz: Unterspezifikation und konzeptuelle Elaboration Die Analyse metaphorischer Äußerungen ist eines der zentralen Anliegen der Kognitiven Linguistik, und ihre Untersuchung ist verbunden mit den allgemeinen Problemen einer kognitionslinguistischen Vorgehensweise und daher auf besondere Weise geeignet, diese exemplarisch zu veranschaulichen. In der Kognitiven Linguistik werden Metaphern (entgegen der traditionellen Auffassung) nicht nur als Stilmittel und sprachliche Besonderheiten mit Ausnahmestatus betrachtet, sondern als Ausdrucksvarianten unserer Sprache, mit denen wir insbesondere das schwer Fassbare, schwer Beschreibbare unserer Geistes-, Gefühls- und Erlebenswelt konzeptuell greifbar machen und benennen, mit denen wir komplexe abstrakte Sachverhalte (teil- <?page no="67"?> 67 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme weise komprimiert und mental-bildhaft) wiedergeben können (s. Skirl/ Schwarz-Friesel 2007). Metaphern spiegeln grundlegende Konzeptualisierungsmuster der Kognition wider (vgl. Lakoff/ Johnson 1980, Liebert 1992, Baldauf 1997, Jäkel 2003, Croft/ Cruse 2004). Konstruktion und Rezeption von metaphorischen Äußerungen sind somit Ausdruck der spezifischen Fähigkeit des menschlichen Geistes, seine äußere und innere Welt zu konzeptualisieren. Konzeptualisierung wird hier verstanden als mentale Repräsentationsbildung und -konfiguration eines Referenten oder Referenzbereichs, sozusagen als die geistige Vorstellung, die wir von etwas haben (s. Schwarz-Friesel 2004). Metaphern spielen nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Alltagssprache sowie in wissenschaftlichen Diskursen und Texten eine herausragende Rolle (s. Liebert 2005, Skirl/ Schwarz- Friesel 2007). Als auf spezifischen Konzeptualisierungen und Analogien basierende Verbalisierungsformen, die besonders bei der sprachlichen Beschreibung schwer erklärbarer Phänomene eingesetzt werden, haben sie für den menschlichen Geist wichtige Brückenfunktionen. So werden beispielsweise der menschliche Geist und seine zentralen Komponenten sowie Repräsentations- und Prozessformen auffällig oft mittels metaphorischer Konstruktionen dargestellt. Besonders häufig findet sich dabei die Konzeptualisierung GEIST IST LICHT. Vgl. etwa: (15) Sie war eine Leuchte an der Uni. (16) Die Erkenntnis strahlte aus ihren Augen. (17) Da kam ihm endlich die Erleuchtung./ Da ging ihm ein Licht auf. (18) Das Licht der Erkenntnis/ geistige Leuchte/ geistiger Leuchtturm etc. Metaphern sind als semantisch-konzeptuelle Phänomene zu charakterisieren: Sie stellen sprachspezifische Darstellungsvarianten von Konzeptualisierungsprozessen dar. Ausgedrückt wird eine Relation zwischen zwei unterschiedlichen Konzepten bzw. konzeptuellen Domänen wie GEIST IST LICHT oder LIEBE IST HIMMELSGUT. Jede Metapher erzeugt somit eine geistige Re- <?page no="68"?> 68 Linguistik als Kognitive Wissenschaft präsentation, die eine spezifische (meist ungewöhnliche) Konzeptkonfiguration abbildet. Für die Konzeptualisierung der Kategorie EMOTION findet sich in zahlreichen Sprachen die Konstruktion EMOTIONEN SIND BEHÄLTER (zur Container-Metapher vgl. auch Lakoff/ Johnson 1980, Kövecses 1999, Wierzbicka 1999) bzw. EMOTIONEN SIND FLÜSSIGKEIT IN EINEM BEHÄL- TER (s. Schwarz-Friesel 2007b: 199ff). Diese spiegelt sich dann in sprachlichen Äußerungen wie folgt wider: (19) Sie versank in ihrem Hass./ Er war voller Glück./ Die Wut stieg in ihr hoch. Während die Kognitive Linguistik sich bereits intensiv mit der semantischen Beschreibung, Klassifikation und Kategorisierung von Metaphern beschäftigt hat und zahlreiche Analysen zu kulturellen Einflüssen auf metaphorische Konzeptualisierungen vorliegen (vgl. Gibbs/ Steen 2001, Dirven 2002), ist der kognitive Prozess des Metaphernverstehens bislang noch nicht hinreichend untersucht worden (s. Croft/ Cruse 2004). Ausgangsfrage ist hierbei, ob der Rezipient im Sprachverarbeitungsprozess metaphorische Äußerungen grundsätzlich anders verarbeitet als nichtmetaphorische, wörtliche Äußerungen (s. hierzu Glucksberg 2001). Metaphorische Äußerungen wie (20) stellen sprachliche Konstruktionen dar, die in der Linguistik dem Phänomen der übertragenen, nicht wörtlich zu verstehenden Bedeutung zugeordnet werden. (20) Der Junge ist ein Granitblock. Auf der satzsemantischen, propositionalen Ebene haben wir eine Repräsentation, die keine konzeptuelle Konfiguration abbildet, die einer Struktureinheit von Sachverhalten oder Ereignissen der realen Welt bzw. des kognitiven Modells von der realen Welt entspricht. Wörtlich verstanden kann die Aussage der Äußerung von (20) vor dem Hintergrund unseres Weltwissens nur als falsch oder unsinnig bewertet werden: Junge bezeichnet eine belebte, humane Entität, Granitblock ein unbelebtes Artefakt; die im Satz genannte IST-Relation etabliert somit einen konzeptuellen Widerspruch. Diese Unplausibilität erzeugt eine Anomalie. Metaphern <?page no="69"?> 69 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme sind daher in früheren Ansätzen als semantische Deviationen beschrieben worden, die auf Regelverletzungen beruhen. Der Aussage kann nur der Wahrheitswert FALSCH zugesprochen werden, da unser konzeptuelles Weltwissen die Unmöglichkeit, die Unplausibilität der IST-Relation feststellt. Der Rezipient kann daher entweder zu dem Schluss kommen, dass der Sprecher Unsinn geredet hat, oder annehmen, dass der Sprecher gerade diese Form gewählt hat, um etwas Bestimmtes auszudrücken. Von der grundlegenden Kooperativität des Sprachproduzenten ausgehend, nimmt der Rezipient an, dass der Produzent eine kommunikativ relevante und sinnvolle Äußerung gemacht hat. Also kann nur eine nicht-wörtliche, übertragene Bedeutung angenommen werden, die (je nach Kontext) als Repräsentation eines bestimmten mentalen Modells einen Wahrheitswert erhält (d.h. die Wahrheit der Aussage ist gebunden an das jeweilige mentale Modell). Bei der Äußerung (20) werden Eigenschaften des Konzeptes Granitblock übertragen auf den bezeichneten Referenten. Das Interpretationsergebnis: Dem Jungen werden Merkmale wie HART, UNBEWEGLICH zugesprochen. Es entsteht eine spezifische mentale Repräsentation dadurch, dass eine verbindende Relation zwischen den Konzepten JUNGE und GRANITBLOCK etabliert wird. Metaphern sind somit (metaphorisch ausgedrückt) geistige Brücken für den menschlichen Verstand, sie bringen den menschlichen Geist dazu, eine Verbindung zwischen den involvierten, scheinbar unvereinbaren Konzept-Entitäten zu konstruieren. Metaphernverstehen ist in semantischen und psycholinguistischen Ansätzen oft als Merkmalsvergleich und -transfer erklärt worden: Es kommt zu einer Übertragung salienter Eigenschaften von einer Bedeutungsrepräsentation auf die andere. Bei (20) werden demzufolge die Merkmale von Granitblock (NICHT- MENSCHLICH, UNBELEBT, HART) auf den Jungen transferiert. Die konzeptuelle Konfiguration: DER JUNGE IST HART UND NICHT-MENSCHLICH (i.S.v. GEFÜHLLOS, GLEICH- GÜLTIG). Die vor dem Hintergrund unseres Weltwissens als unsinnig, unplausibel evaluierte Relation X IST Y der Satzsemantik wird in der spezifischen geistigen Repräsentation der aktuellen Bedeutung akzeptabel. <?page no="70"?> 70 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Das Ergebnis der metaphorischen Interpretation aber basiert nun nicht auf den (wörtlich zu verstehenden) ontologischen GRANIT-Merkmalen HART, NICHT-MENSCHLICH und UN- BELEBT. Dem Jungen werden vielmehr die psychischen Eigenschaften GEFÜHLLOS, GLEICHGÜLTIG, OHNE MITGE- FÜHL, HERZLOS etc. zugesprochen. Gefühllos, gleichgültig, herzlos etc. sind jedoch keine Eigenschaften, die im Konzept von GRANIT gespeichert sind. Es sind Eigenschaften, die einem Granitblock nur über den mentalen Prozess der Personifizierung zugesprochen werden können. Diese Zuordnung ist allerdings in keiner Weise in der Proposition des metaphorischen Satzes enthalten, sondern wird vom Rezipienten konstruiert. Entscheidend für die metaphorische Lesart sind die durch die gesamte konzeptuelle Repräsentation erzeugten zusätzlichen Merkmale. Es handelt sich in diesem Sinne um emergente Merkmale, da sie sich nicht direkt und unmittelbar aus den einzelnen Basisbedeutungen bzw. Konzepten herleiten lassen, sondern erst durch die spezifische, vom Kontext induzierte Relation konstruieren lassen (zum Phänomen der Emergenz s. auch Kap. 3.1). Diese Merkmale der konzeptuellen Ebene werden vom Rezipienten benutzt, um die satzsemantische Repräsentation zu erweitern und eine aktuelle Äußerungsbedeutung zu erstellen. Durch metaphorische Äußerungen entstehen semantisch-konzeptuell innovative Strukturen, die zwar durch die Bedeutungsrepräsentation des jeweiligen Satzes initiiert werden, aber nicht reduzierbar auf diese sind. Hinzu kommt, dass der jeweilige situative Kontext darüber entscheidet, welches mentale Modell evoziert wird und ob die Lesart dem Referenten positive oder negative Eigenschaften zuordnet: Wenn in einer Situation der Satz beispielsweise geäußert wird als Antwort auf die Frage, ob der Junge auch geeignet für eine bestimmte Aufgabe ist, dann könnte die aktuelle Bedeutungsrepräsentation des Satzes DER JUNGE IST BELASTBAR, ZU- VERLÄSSIG, KRAFTVOLL sein und der kommunikative Sinn ist entsprechend die Empfehlung, den Jungen einzusetzen. In einer anderen Situation kann der Satz als Kritik geäußert werden: Dementsprechend werden dem Jungen konzeptuell die Eigenschaften KALTHERZIG, UNFLEXIBEL, UNBEUGSAM zu- <?page no="71"?> 71 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme geordnet (und die Äußerung dient kommunikativ als Warnung, den Jungen nicht für die Aufgabe einzusetzen). Diese Merkmale ergeben sich nicht aus einem einfachen Merkmalstransfer vom Konzept GRANITBLOCK auf das Konzept JUNGE, sondern aus einer konzeptuellen Elaboration der aktuellen Satzrepräsentation. Diese Elaboration wiederum ist abhängig vom jeweiligen mentalen Modell, das wiederum kontextabhängig konstruiert wird. Aus der sprachlichen Form der Äußerung kann Metaphorizität oft in keiner Weise abgeleitet werden. Bei einer Äußerung wie Das alte Gemäuer wackelt. kann es sich je nach Situation um eine metaphorische Äußerung (Referenz auf eine Person fortgeschrittenen Alters) oder um eine nicht-metaphorische Äußerung (Referenz auf ein Bauwerk) handeln. Der Merkmalstransfer-Ansatz kann also nicht erklären, wie metaphorische Bedeutungen entstehen, die sich nicht allein aus den Bestandteilen der involvierten Bedeutungen bzw. Konzepte ableiten lassen. Das in der satzsemantischen Beschreibung herangezogene Prinzip der Kompositionalität, dem zufolge sich die Bedeutung eines Satzes aus den Bedeutungen seiner Teile und deren Relation untereinander ergibt, hilft bei der Erklärung metaphorischen Verstehens nicht weiter (zu den Grenzen prototypischer Ansätze s. Kap. 3). In psycholinguistischen Mehr-Ebenen-Modellen wird das Verstehen von Metaphern als ein Drei-Stufen-Prozess modelliert, wonach zuerst die wörtliche Bedeutung der Äußerung bestimmt wird, dann geprüft wird, ob die gefundene wörtliche Bedeutung widerspruchsfrei ist und schließlich im (metaphorischen) Fall nach einer übertragenen Bedeutung gesucht wird (s. hierzu Cacciari/ Glucksberg 1994, Janetzko 1994; s. auch Glucksberg 2001). Auch dieses Modell ist jedoch höchst problematisch, denn es postuliert erstens eine strikte Unterscheidung von wörtlicher und nicht-wörtlicher Bedeutung und beinhaltet zweitens die Annahme, dass metaphorische Äußerungen mehr kognitive Prozessualität benötigen und damit aufwendiger (und prinzipiell anders) in der Verarbeitung sind. Beide Postulate entsprechen aber nicht der kognitiven Realität. Die empirisch-experimentelle Forschung zeigt <?page no="72"?> 72 Linguistik als Kognitive Wissenschaft vielmehr, dass eine strikte Trennung von wörtlichen und nichtwörtlichen Verarbeitungsprozessen nicht aufrecht zu erhalten ist. Längere Verarbeitungszeiten konnten ebenfalls nicht nachgewiesen werden (s. Glucksberg 2001). Wie die Bildung emergenter Repräsentationseinheiten bei diesem Prozess vonstattengeht, ist bislang noch nicht hinreichend geklärt. Skirl (2007) zeigt, wie die semantische Satzbedeutung bei der Festlegung der Äußerungsbedeutung in Bezug auf metaphorisch gebrauchte Ausdrücke insbesondere durch Kontextualisierung konzeptuell angereichert und modifiziert wird. Anhand eines Modells der Einflussfaktoren beim Metaphernverstehen (s. Abb. 1) und einer Fallstudie zur Verwendung des prominenten Bulldozer-Beispiels (vgl. Wilson/ Carston 2006) in einem deutschen Zeitungskorpus zeigt Skirl, welche Wissenskomponenten für die Konstruktion emergenter Merkmale entscheidend sind. (21) Der Mann ist ein Bulldozer. Wenn eine metaphorische Äußerung der Art X ist ein Y (wie in Der Mann ist ein Bulldozer) verstanden wird, so ist zunächst der Einfluss entscheidend, den die beiden kombinierten Konzepte selbst ausüben. Neben den Einflüssen von Konzept 1 und Konzept 2 üben aber auch der Kontext (Wissen über die Kommunikationssituation und konzeptuelles Weltwissen) und der sprachliche Kotext einen starken Einfluss auf das Verstehen der metaphorischen Verwendung eines Ausdrucks aus. (22) Hans-Georg Meier, der Initiator und die treibende Kraft hinter dem Treffen [= ein Treffen israelischer, palästinensischer und deutscher Autoren zum Thema Heimat], ein beharrlicher, kluger Bulldozer, hatte die besten Absichten, doch es funktionierte nicht. (DIE ZEIT, 02.01.1998) Durch die Adjektive beharrlich und klug und die VP hatte die besten Absichten, mit denen im Kotext positive Charakterisierungen ausgedrückt werden, wird für (22) eine positive Eigenschaftszuschreibung durch Bulldozer nahe gelegt (s. zur Kotextualisierung Skirl/ Schwarz-Friesel 2007: 70f.). Aktiviert und elaboriert werden von den Rezipienten auch konzeptuelle Informationen <?page no="73"?> 73 Kognitive Semantik: Fragen und Probleme Abb. 1: Einflussfaktoren auf das Verstehen eines metaphorisch gebrauchten Ausdrucks nach Skirl (2007) ihres Weltwissens. Ergebnis des Inferenzprozesses könnten z.B. die Merkmale UNBEIRRBAR und IDEALISTISCH etc. sein. (23) Chirac ist nicht mehr der Bulldozer, als der er in den siebziger Jahren galt, sondern ein ausgereifter, ziemlich ausgeglichener Politiker rechts von der Mitte. (Helmut Schmidt in DIE ZEIT, 12.05.1995) In (23) wird Bulldozer durch das explizite Ausdrücken einer Kontrastrelation (ein ausgereifter, ziemlich ausgeglichener Politiker) erläutert. Kontrastieren ist ein häufiges Verfahren der Kotextualisierung (vgl. Asher/ Lascarides 2001). Für BULLDOZER könnten Rezipienten z.B. die emergenten Merkmale FORSCH und UNFEIN etc. inferieren, wobei sie auch ihr spezifisches kontextuelles Weltwissen einbeziehen. <?page no="74"?> 74 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Metaphernverstehen ist als kognitiver Prozess zu modellieren, in dem der Rezipient über die Bestandteile der expliziten Informationskomponenten hinausgeht und durch konzeptuelle Elaboration eine Repräsentation emergenter Art kreiert. Prozedural betrachtet ist das Metaphernverstehen jedoch kein Sonderfall: Die involvierten Prozesse der konstruktiven Elaboration spielen generell eine wichtige Rolle beim Sprachverstehen (vgl. 2.5.1). Auch nicht-metaphorische Äußerungen sind oft nur situativ eingebunden und/ oder unter Rekurs auf konzeptuelles Weltwissen eindeutig und präzise zu verstehen (s. hierzu ausführlich Schwarz 2000a, Schwarz-Friesel 2007a). Das Kompositionalitätsprinzip stößt nicht nur bei übertragenen Bedeutungen an seine Grenzen: Auch wörtlich zu verstehende Satzäußerungen, die sich auf alltägliche Sachverhalte beziehen, bedürfen in den meisten Fällen konzeptueller Elaborationen (s. Turner 1999, Schwarz 2000: 80ff.; s. auch Kap. 5.4 und 5.5). Vgl. etwa (24): (24) Der Stau führte zu zahlreichen Unfällen. In (24) reicht die satzsemantische Information nicht aus, um eine konzeptuell plausible Repräsentation zu erstellen. Es wird nicht explizit ausgedrückt, wo der Stau stattfand (im Supermarkt, im Kanal, im PC? ) und wer oder was die Unfälle auslöste (Gummibärchen, Tiere, Einkaufswagen? ). Informationell ist die sprachliche Äußerung unterspezifiziert (s. hierzu Kap. 3 und 5). Der Rezipient muss unter Rekurs auf sein Weltwissen und den entsprechenden Kontext eine Repräsentation konstruieren, in dem diese referenziellen Lücken mit den Konzeptrepräsentationen AUF EINER STRASSE und DURCH FAHRZEUGE VERUR- SACHT plausibel gefüllt werden (zur Relevanz der Plausibilitätsstrategie beim Sprachverstehen s. Schwarz 2001 und Schwarz- Friesel 2007a). Sprachverstehen ist generell ein dynamischer Vorgang, der auf der Konstruktivität des Rezipienten und seiner Konzeptualisierungs- und Inferenzfähigkeit beruht (s. hierzu Kap. 5.4 und 5.5). Anhand des Prozesses des Metaphernverstehens habe ich exemplarisch einige der zentralen Annahmen, Ergebnisse und Probleme der aktuellen Kognitiven Linguistik illustriert. Zentrale <?page no="75"?> 75 Zusammenfassung Kategorien kognitionslinguistischer Forschung wie sprachliche Kreativität, die Interaktion mentaler Repräsentationen beim Sprachverstehen, die Elaboration unterspezifizierter Äußerungen, die Kontextabhängigkeit semantischer Lesarten sowie die prozessuale Konstruktivität treffen bei dem Phänomen der Metaphorik beispielhaft aufeinander. 2.6 Zusammenfassung In dem vorangegangenen Kapitel wurden die wesentlichen theoretischen und methodologischen Aspekte der Kognitiven Linguistik, die sich die Erforschung der mentalen Strukturen und Prozesse unserer Sprachfähigkeit zum Ziel gesetzt hat, skizziert. Zusammenfassend lässt sich die hier vorgestellte Konzeption der Kognitiven Linguistik folgendermaßen charakterisieren: Die Kognitive Linguistik ist mentalistisch, da sie die Sprache als ein Kenntnissystem unserer Kognition auffasst. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Erforschung der Repräsentation des sprachlichen Systems im mentalen Gesamtsystem sowie die Interaktion mit anderen kognitiven Systemen. Dadurch liefert die Erforschung des sprachlichen Kenntnissystems einen Zugang zur Funktionsweise des menschlichen Geistes. Sie ist dynamisch, d.h. sie betrachtet auch die Realisierungsmechanismen als Determinanten der sprachlichen (prozeduralen) Kompetenz und erachtet es als notwendig, diese in die Theoriebildung einzubeziehen. Daher berücksichtigt die Kognitive Linguistik auch Sprachverarbeitungsprozesse. Sie ist integrativ, da sie repräsentationale und prozessuale Aspekte aller Komponenten, der formalen wie der inhaltlichen, des sprachlichen Systems und deren Interaktion mit anderen kognitiven Komponenten berücksichtigt. Sie ist schließlich auch interdisziplinär, da sie bei ihrer Theoriebildung auf Daten aus anderen Disziplinen der Kognitionswissenschaft zurückgreift und sowohl introspektiv als auch empirisch-experimentell arbeitet. Das entscheidende Evaluationskriterium der Kognitiven Linguistik ist das der psychologischen Realität. Die damit einhergehende Erweiterung der methodischen <?page no="76"?> 76 Linguistik als Kognitive Wissenschaft Vorgehensweise der bisherigen Linguistik wurde als eine zentrale Charakteristik der Kognitiven Linguistik dargestellt. Wesen und Gegenstandsbereich der Kognitiven Linguistik werden aber nicht überall einheitlich definiert. Modularismus und Holismus bestimmen als zwei entgegengesetzte Positionen die Forschungsdiskussion. Während im modularen Ansatz der Kognitiven Linguistik das sprachliche Kenntnissystem (und hier insbesondere die syntaktische Komponente) als ein weitgehend autonomes Subsystem der Kognition angesehen wird, das charakteristische Eigenschaften aufweist, wird im holistischen Ansatz die untrennbare Verflechtung allgemeiner kognitiver und sprachlicher Prinzipien und Regeln betont. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich vor allem mit der Schnittstellenproblematik: Wie interagieren bestimmte Kenntnissysteme sowie kontextuelle Faktoren bei sprachlichen Verarbeitungsprozessen wie der Bedeutungskonstitution und dem Metaphernverstehen? 2.7 Weiterführende Literatur Neuere Entwicklungen und Ergebnisse der modernen Linguistik werden in Müller (2002), Pörings/ Schmitz ( 2 2003), Keller/ Leuninger ( 2 2004), sowie in Meibauer et al. ( 2 2007) und Steinbach et al. (2007) kapitelweise vorgestellt. Grundlegende Einzelstudien zur (modularen) Kognitiven Linguistik finden sich in Felix/ Kanngießer/ Rickheit (1990) und Felix/ Habel/ Rickheit (1994). Schwarz-Friesel (2004) skizziert die wesentlichen Fragen der neueren Kognitiven Linguistik. Kertesz (2004) erörtert wissenschaftstheoretische und metalinguistische Probleme der Kognitionswissenschaft. Das Verhältnis zwischen Linguistik und Psychologie diskutiert Meibauer (2007) anhand der experimentellen Pragmatik. Eine Sammlung von Arbeiten der frühen holistischen Kognitiven Linguistik findet sich in Geiger/ Rudzka-Ostyn (1993). Aktuelle Analysen sind in Gibbs (2001) und Kristiansen et al. (2006) zu finden. Publikationsforum des holistischen Ansatzes ist die Zeitschrift Cognitive Linguistics. In der Reihe Cognitive Linguistics Research werden regelmäßig Arbeiten publiziert. Eine <?page no="77"?> 77 Weiterführende Literatur holistische Semantik-Konzeption findet sich bei Talmy (2003). Langacker (2003) erörtert die Rolle der Erklärungsadäquatheit in der holistischen Kognitiven Linguistik. Goldberg (2006) diskutiert verschiedene Phänomene sprachlicher Konstruktionen. Einführungen in die holistische Kognitive Linguistik (die wesentlich auf den Annahmen Lakoffs und Langackers beruhen) geben Ungerer/ Schmid ( 2 2006), Lee (2002), und Croft/ Cruse (2004). Erörtert werden hier primär semantisch-konzeptuelle Phänomene wie Prototypenbildung, Metaphern und Blending, aber auch Aspekte funktionaler Syntax. In Geeraerts (2006) sind einige grundlegende Arbeiten der holistischen Cognitive Linguistics zusammengestellt. Ein Glossar bietet Evans (2007). Die neue Reihe Applications of Cognitive Linguistics hat das Ziel, anwendungsorientierte Arbeiten zu publizieren. Die Schnittstellenproblematik (Schwerpunkt Semantik/ Pragmatik) wird in Turner (1999), von Heusinger/ Turner (2006) sowie Szabó (2005) erörtert. Analysen zur kognitiven Metapherntheorie finden sich bei Baldauf (1997), Jäkel (2003), Kövecses (2005); zur kognitiven Idiomatik und Phraseologie bei Roos (2001) und Dobrovol’skij (1997) und (2007). Egg (2004) analysiert das Phänomen der Metonymie. Skirl und Schwarz-Friesel (2007) erörtern alle wichtigen Aspekte von Metaphern; Skirl (2007, 2008) erklärt die Relevanz emergenter Merkmale beim Metaphernverstehen. <?page no="78"?> 3. Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition: Schnittstellen- und Ebenenaspekte 3.1 Mentale und neuronale Ebene: Das Geist/ Körper-Problem Im vorangegangenen Kapitel wurden die grundlegenden Annahmen und Zielsetzungen der Kognitiven Linguistik dargestellt. Nun soll gezeigt werden, inwieweit die sprachlichen Fähigkeiten von allgemeinen kognitiven und neuronalen Prinzipien determiniert werden und inwiefern die Sprache als Subsystem der Kognition ein mentales Kenntnissystem mit eigenen Gesetzmäßigkeiten ist. Hierzu werden Ergebnisse der neueren Kognitions- und Neurowissenschaften herangezogen und diskutiert. Überblickt man die Fülle an Arbeiten, die in den vergangenen Jahren im Rahmen der Kognitiven Wissenschaft vorgelegt worden sind, zeigt sich zunächst eine sehr heterogene Forschungslage, die gekennzeichnet ist durch mangelnde Homogenität auf der begrifflich-definitorischen Ebene der einzelnen Ansätze und durch das Fehlen einer verbindlichen Theorie der menschlichen Kognition. Es gibt derzeit keine Theorie, die auch nur ansatzweise alle relevanten Aspekte menschlichen Wissens und seiner Verwendung erklären kann. Aus der großen Menge an theoretischen Ansätzen und empirischen Untersuchungen sollen grundlegende Hypothesen und Aspekte herausgearbeitet werden, die charakteristisch für die moderne Kognitionsforschung sind. Es geht dabei um die Darlegung von allgemeinen Zusammenhängen, denen spezielle Ergebnisse zugeordnet werden können. Die Untersuchung und Beschreibung der kognitiven Fähigkeiten des Menschen kann grundsätzlich auf zwei verschiedenen Ebenen erfolgen: auf der mentalen oder der neuronalen Untersuchungsebene. Der mentalistische Ansatz erstellt Modelle, die Struktur- und Prozessaspekte mentaler Phänomene auf einer abstrakten und von der materiellen Grundlage losgelösten Ebene beschreiben. Im Rahmen der neurophysiologischen Forschung <?page no="79"?> 79 Mentale und neuronale Ebene steht dagegen gerade die physische Basis der Kognition im Vordergrund, die mittels neurobiologischer Explikationen beschrieben wird. Ein Blick auf die Forschungssituation zeigt, dass neurowissenschaftliche und kognitionswissenschaftliche Ansätze meistens ohne Verbindungspunkte aneinander vorbei laufen und die Gehirnfunktionen des Menschen auf zwei verschiedenen, anscheinend wenig kompatiblen Ebenen mit einer sehr unterschiedlichen Terminologie beschrieben werden. Die Neurophysiologie arbeitet mit Komponenten wie Neuron, Transmitter, Synapse und Aktionspotential. Psychologie und Linguistik dagegen benutzen bei ihrer Modellbildung mentalistische Begriffe wie Symbol, Wissensstruktur, Bedeutungskonstitution und Referenz (s. hierzu auch Kap. 3.2.4). Jeder Versuch einer angemessenen Integration stößt zudem unweigerlich auf das Problem einer Korrelationsmöglichkeit beider Ebenen und damit auf das alte Geist/ Körper-Problem (s. Hastedt 1989, Wagman 1998, Pauen/ Roth 2001, Edelmann/ Tononi 2002). In welcher Relation stehen materielle Grundlage und geistige Tätigkeit? Gibt es gemeinsame Gesetze, unter die neuronale und mentale Zustände und Ereignisse fallen? Wird unser gesamtes Handeln und Denken von neuronalen Prozessen im Gehirn determiniert? Die Bedeutung neuronaler Strukturen und Prozesse für die Kognition scheint auf den ersten Blick klar zu sein. Niemand zweifelt heute noch ernsthaft daran, dass die Struktur des menschlichen Gehirns die Grundlage für alle mentalen Fähigkeiten ist. Dennoch herrscht in der Kognitiven Wissenschaft und in der Kognitiven Linguistik ein Funktionalismus vor, demzufolge mentale Phänomene unabhängig von ihrer physiologischen Basis untersucht werden können (vgl. hierzu Kap. 1). Die funktionalistische Position grenzt sich von einem Physikalismus ab, der alle mentalen Phänomene auf der Ebene der Neurophysiologie beschreiben und erklären will und so die kognitiven Fähigkeiten auf neuronale Gesetzmäßigkeiten reduziert. In diesem Sinne setzt Changeux (1984) geistige Ereignisse mit materiellen Ereignissen gleich. In der stärksten Version dieses Physikalismus (dem so genannten Type-Physikalismus) entspricht jedem einzelnen mentalen Zustand ein physischer, d.h. es wird eine strikte Identität <?page no="80"?> 80 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition zwischen neuronaler und mentaler Ebene postuliert (s. Churchland 1984 sowie Churchland in Sentker/ Wigger 2007). Lassen sich mentale Ereignisse vollständig reduzieren auf neuronale Ereignisse? Searle (1986), der sich gegen die dualistisch-funktionalistische Position der Kognitionswissenschaft ausspricht, vertritt bei der Erörterung der Geist/ Körper-Problematik ebenfalls einen physikalistischen Standpunkt. Er betrachtet geistige Phänomene als Eigenschaften des Gehirns, die auf der Ebene der neurophysiologischen Aktivität verursacht werden. Searle zieht zur Verdeutlichung seiner Argumentation eine Parallele zu den Mikro- und Makrostrukturen in der Physik: Makroeigenschaften (z.B. Festigkeit, Flüssigkeit) von Objekten werden als systemimmanente Eigenschaften durch das Verhalten der elementaren Bestandteile auf der Mikroebene (der Moleküle) verursacht. So wird die Festigkeit eines Gegenstandes durch die Gitterstruktur, welche die Moleküle bilden, verursacht. Die Makroeigenschaften werden also durch die dem System inhärenten Mikroeigenschaften verursacht und damit im System realisiert. Für Searle manifestieren sich Beziehungen wie diese auch in der Geist/ Hirn-Relation: Geistige Phänomene werden auf der Ebene der Nervenzellen verursacht. Die Kognition wird direkt aus der Organisation des Gehirns abgeleitet. Zwar gibt es auch für ihn zwei Beschreibungsebenen für mentale und neuronale Vorgänge, doch auf beiden Ebenen operieren »dieselben Kausalkräfte des Systems« (Searle 1986: 25). Mentale Phänomene weisen aber offensichtlich als funktionale Eigenschaften des Gehirns auf der höheren Ebene der Kognition Charakteristika auf, die auf der niedrigeren neuronalen Ebene nicht zu finden sind. Dies wird unter dem Begriff der Emergenz subsumiert (s. Krohn/ Küppers 1992): Qualia-Eigenschaften der menschlichen Kognition wie Bewusstsein und das daran gekoppelte subjektive Erleben und Wahrnehmen lassen sich nicht reduzieren auf neuronale Grundmuster, ohne dass ihre spezifische mentale Art verloren geht. Das Phänomen der Emergenz nimmt in der aktuellen neuro- und kognitionswissenschaftlichen Diskussion einen zentralen Stellenwert ein (s. hierzu Kap. 2.5). Emergente Phänomene lassen sich nicht (vollständig) durch die Eigen- <?page no="81"?> 81 Mentale und neuronale Ebene schaften ihrer (neuronalen) Basisebene erklären, sie lassen sich nicht (vollständig) reduzieren auf Aspekte der (materiellen) Ebene, auf der sie entstanden sind. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie selbst nicht mehr auf die Ebene rückführbar sind, aus der sie entstanden sind (vgl. Gertler 2006). Beim derzeitigen Stand der Forschung sind die Modelle der Neurobiologie nicht in der Lage, angemessene Erklärungen für mentale Einheiten und Prozesse zu liefern. So lassen sich beispielsweise die in der linguistischen Theorie identifizierten bzw. postulierten Regeln und Prinzipien, die unsere Sprachfähigkeit konstituieren, mit der Terminologie der Neurowissenschaften (noch) nicht adäquat erfassen (s. hierzu auch Kap. 3.2.4). Für die Kognitive Linguistik stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwiefern die Ergebnisse und Modelle der Gehirnforschung relevant für die Erforschung der Sprache sind (s. auch Kleiber 1999). Kann die neurowissenschaftliche Analyse des Gehirns eventuell Aufschluss über einige im Rahmen kognitivistischer Theorien postulierte Zusammenhänge geben? Die Kognition stellt zwar als mentales System ein Funktionsgefüge dar, das nicht vollständig auf die physiologischen Vorgänge im Gehirn reduzierbar ist, doch ist die Kognition unzweifelhaft an die neuronale Basis gebunden und wird entscheidend von ihr eingeschränkt. Angemessen scheint deshalb die Perspektive, derzufolge zwar eine Korrespondenz zwischen neuronalen und mentalen Zuständen besteht, nicht aber eine vollständige Isomorphie. Damit wird ein Zugang zur Erforschung der Kognition gewählt, der weder reduktionistisch noch dualistisch ist, sondern eine integrative, vermittelnde Position einnimmt. In den folgenden Abschnitten wird zunächst auf Ergebnisse und Probleme der Neurowissenschaft eingegangen. Im Vordergrund steht dabei die Verwertbarkeit der neurowissenschaftlichen Daten für die Erstellung bzw. Bestätigung mentalistischer Hypothesen. Danach werden grundlegende Aspekte der Kognitionswissenschaft, die die mentale Architektur unserer Kognition betreffen, erörtert. <?page no="82"?> 82 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition 3.2 Kognition, Sprache und Gehirn 3.2.1 Neuroanatomische Aspekte Die physikalische Basis aller menschlichen Fähigkeiten bildet das Zentralnervensystem (ZNS). Das ZNS ist mehrstufig aufgebaut: Die Ebenenhierarchie - als Schichtung in tiefere und höhere Bereiche - stellt phylogenetische Entwicklungsstufen, die verschiedene evolutionäre Altersstufen repräsentieren, dar. Die jeweiligen Stufen haben unterschiedliche (komplexer werdende) Funktionen: Rückenmark, Hinter- und Mittelhirn steuern vor allem die elementaren (vegetativen) Funktionen des Körpers (wie Atmung und Kreislauf). Das limbische System, das Hippocampus, Mandelkern und Hypothalamus umfasst, ist für unser emotionales Empfinden und die langfristige Speicherung von Informationen verantwortlich (s. Adolphs 2003, Roth 2004). Eine wichtige Schaltstation stellt der Thalamus dar. Über ihn laufen die zur Großhirnrinde aufsteigenden (afferenten) Fasern. Abb. 2 (Quelle: Nauta/ Feirtag 1979: 74) Für die geistigen Fähigkeiten des Menschen ist das Großhirn und insbesondere die (entwicklungsgeschichtlich jüngste) Großhirnrinde (Neocortex) verantwortlich. Die Großhirnrinde ist zu Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) gefaltet. Sie ist - als eine Art »Doppelorgan« - in zwei Hirnhälften (Hemisphären) gegliedert: <?page no="83"?> 83 Kognition, Sprache und Gehirn die linke und die rechte Hemisphäre. Jede Hemisphäre weist vier Lappen auf, die durch Furchen voneinander getrennt werden: Stirnlappen (Lobus frontalis), Scheitellappen (Lobus parietalis), Schläfenlappen (Lobus temporalis) und Hinterhauptlappen (Lobus occipitalis). Bei Schädigungen der occipitalen Lappen treten vor allem Sehstörungen auf, während Verletzungen der Temporallappen vor allem das Hören und Verletzungen der Parietallappen das Tasten beeinträchtigen. Der Cortex ist weiterhin in etwa 50 Areale gegliedert, die sich durch individuelle Differenzierungsmuster (hinsichtlich Dichte, Anordnung und Form der Nervenzellen) charakterisieren lassen. Diesen histologischen Hirnfeldern lassen sich bestimmte Funktionen zuordnen. Die Funktionszuordnungen sind das Resultat von Krankheitsbefunden und Reizungen der Hirnrinde bei Operationen (s. Kap. 3.2.3). Die Vorstellung von einer durchgängigen Modularisierung im Gehirn wird allerdings durch einen Blick auf die neuronale Architektur relativiert: Der Cortex zeichnet sich durch ein hohes Maß an Interkonnektivität aus (s. z.B. Roth 2004). Assoziationsfasern verknüpfen Areale innerhalb derselben Hemisphäre, Kommissurfasern stellen Verbindungen zwischen den Hemisphären dar, und die Projektionsfasern stellen Kontakt zu subcortikalen Strukturen her. Große bereichsspezifische Verarbeitungsmodule im Sinne Fodors (1983) sind im Cortex nicht zu finden; vielmehr verläuft die cortikale Informationsverarbeitung über kleinere Schaltkreise (so genannte Säulen oder Kolumnen), die in ihrer Funktionsweise weitgehend homogen sind. Die Verbindungen zwischen den Hemisphären und den anderen Körperteilen des Menschen sind kontralateral, d.h. die linke Gehirnhälfte kontrolliert die rechte Körperhälfte und die rechte Hirnhälfte die linke Körperhälfte. Die rechte Hemisphäre nimmt nur Informationen des linken Gesichtsfeldes wahr, die linke nur Informationen des rechten Gesichtsfeldes. Ebenso verläuft es mit den anderen sensorischen Informationen. Auditive Informationen erreichen beide Hemisphären und werden auch beidseitig verstanden. Aufschluss über die Dominanz der Gehirnhälften erhält man entsprechend mit den Methoden des dichotischen Hörens und dem Visual-Half-Field-Test, wobei jeweils verschiedene Informationseinheiten auf das linke und das rechte Ohr (bzw. auf <?page no="84"?> 84 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition das linke und das rechte Sehfeld) vermittelt werden und dann die Gehörbzw. Seheindrücke der Vpn untersucht werden. Die beiden Hemisphären sind durch mehrere Bündel von Nervenfasern (so genannte Kommissurbahnen) miteinander verbunden und können somit ihre Informationen austauschen. Die wichtigste Querverbindung zwischen den Hemisphären ist der Balken (Corpus callosum), ein aus sehr vielen Nervenfasern bestehendes Band, über welches die beiden Hemisphären miteinander »kommunizieren«. Es gibt eine Reihe von Experimenten mit den so genannten Split-Brain-Patienten, bei denen dieser Balken durchtrennt wurde, um zu verhindern, dass sich extreme epileptische Anfälle auf den gesamten Cortex ausbreiten (s. Sperry 1968 u. 1982). Abb. 3 (Quelle: Schnelle (1981: 13)) <?page no="85"?> 85 Kognition, Sprache und Gehirn Da die Hemisphären in diesem Zustand voneinander getrennt sind und nicht miteinander kommunizieren können, kann überprüft werden, was jede Gehirnhälfte für sich allein vermag. In einigen Experimenten konnte gezeigt werden, dass Patienten, denen Gegenstände in der linken Sehfeldhälfte gezeigt wurden (also der rechten Hemisphäre als Information zugeleitet wurden), diese nicht benennen konnten, obgleich sie perzeptuell und konzeptuell klar identifiziert werden konnten. So berichtet ein Patient in einem Test, dass er im rechten Gesichtsfeld das Wort Ring gelesen hat, verneint aber, das Wort Schlüssel im linken Gesichtsfeld gesehen zu haben. Er kann auch keine Gegenstände benennen, die ihm in die linke Hand gegeben werden. Wird er jedoch aufgefordert, den Gegenstand mit der linken Hand aus einer Anzahl von anderen Objekten herauszusuchen, wählt er korrekt diesen Gegenstand, leugnet aber, ihn gesehen zu haben. Wenn er aufgefordert wird, den ausgesuchten Gegenstand mit einem Namen zu versehen, antwortet er über die linke Hemisphäre mit Ring. Die rechte Hemisphäre ist demnach sprachlos. Die Untersuchungen bestätigen die Annahme einer funktionalen Asymmetrie zwischen den beiden Hemisphären. Die Aufteilung der Funktionen zwischen linker und rechter Gehirnhälfte nennt man Lateralisation. Offensichtlich sind die beiden Gehirnhälften auf bestimmte Funktionen spezialisiert (s. Friederici 2003). Bei den Menschen, die Rechtshänder sind, steuert die linke Hemisphäre alle wesentlichen Aspekte des Sprachvermögens, während die rechte Hemisphäre nicht-sprachliche Leistungen (z.B. das Erkennen von bildlich-räumlichen Beziehungen) determiniert. Die Sprachdominanz der linken Hemisphäre ist dabei keineswegs nur an die Lautsprache gebunden. Dass auch die Gebärdensprache (obgleich sie eine räumlich-visuelle Sprache ist) hauptsächlich von der linken Hemisphäre gesteuert wird, ist in den letzten Jahren eindrucksvoll nachgewiesen worden (s. Poizner/ Klima/ Bellugi 1987, Emmorey 2002). Bei Linkshändern ist das sprachliche Vermögen teils rechts, teils links, manchmal aber auch bilateral im Gehirn repräsentiert. Da die für die Sprachfähigkeit und das analytische Denken verantwortliche Hemisphäre oft die dominante genannt wird, spricht man auch vom Phänomen der cerebralen Dominanz. Dass die linke Hemisphäre auf die <?page no="86"?> 86 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Verarbeitung sprachlicher Informationen und die rechte auf die Verarbeitung nicht-sprachlicher Informationen spezialisiert ist, konnte u.a. durch Messungen der elektrischen Spannungen an jeder Hemisphäre - während verschiedene Aufgaben ausgeführt wurden - bestätigt werden. Beim Schreiben eines Satzes z.B. ist die linke Hirnhälfte aktiver, beim Zusammenlegen eines Mosaiks dagegen die rechte. Bildgebende Methoden zeigen, dass temporale und frontale Regionen der linken Hemisphäre bei der Verarbeitung syntaktischer und semantischer Information zusammen arbeiten; die rechte Hemisphäre verarbeitet prosodische Informationen (vgl. Friederici 2007). Die entscheidenden Evidenzen für die Lateralisierung kognitiver Funktionen kommen aus der Pathologie, insbesondere aus der Aphasiologie (s. Kap. 3.2.3). Die strikte Unterteilung des Gehirns in eine verbale und eine nicht-verbale Hälfte ist bei genauerer Betrachtung aber eine Vereinfachung und stellt theoretisch eine extreme Lateralisationsposition im Rahmen der Lokalisationsansätze dar. Die Lokalisationstheorie beruht auf der Annahme, dass bestimmte Funktionen (wie Sprachverstehen, visuelles Erkennen, Informationsspeicherung) in verschiedenen Bereichen des Gehirns zu lokalisieren sind. Feste Zuordnungen von Gehirnteilen zu mentalen Funktionen lassen sich aber nicht durchgängig treffen. So gibt es beispielsweise kein spezifisches Bewusstseinsmodul im Gehirn; vielmehr existieren viele neurochemische und elektrische Muster- und Aktivitätspotentiale, die bewusstseinssteuernde Funktionen haben. Auch die Gedächtnisfunktionen des Menschen lassen sich nicht eindeutig bestimmten Gehirnarealen zuordnen. »Zu einem intelligenten Alltagsverhalten tragen meistens fast alle Bereiche des Gehirns gleichzeitig bei.« (Beaumont 1987: 122) Zur Erklärung komplexer mentaler Leistungen muss man sicherlich die Funktionalität des gesamten Cortex berücksichtigen. Bei der sprachlichen Informationsverarbeitung sind neben dem Cortex offensichtlich auch subcortikale Gehirnstrukturen beteiligt. Dass die gesamte sprachliche Fähigkeit ausschließlich in den Bereich der linken Hemisphäre fällt, wird ebenfalls von einigen Forschern in Frage gestellt (s. Brown 1985, Peng 1985, Müller/ Rickheit 2004, Friederici 2007). So treten bei Schädigungen der <?page no="87"?> 87 Kognition, Sprache und Gehirn rechten Hemisphäre Benennungsstörungen und Wortschatzdefizite auf. Die rechte Hemisphäre spielt besonders beim Verstehen sprachlicher Äußerungen, die bildhafte Repräsentationen involvieren, eine bedeutende Rolle. So haben Patienten mit rechtsseitiger Läsion Schwierigkeiten beim Beantworten der folgenden Frage: Tim ist größer als John. Wer ist kleiner? Die rechte Hemisphäre steuert auch weitgehend die suprasegmentalen Prozesse der Sprachverarbeitung und hat offensichtlich Einfluss auf die semantische sowie textuelle Verarbeitung (s. Molfese 1985, Ferstl/ von Cramon 2001). Der überwiegende Teil der neurowissenschaftlichen Forschungsergebnisse aber belegt die - offensichtlich genetisch verankerte und damit angeborene - Dominanz der linken Hemisphäre für die grammatische Komponente der Sprachfähigkeit (vgl. Thompson/ Shapiro 2005; s. hierzu auch Kap. 4). Die neuesten Forschungsergebnisse bestärken die Annahme, dass die beiden Hemisphären bei der sprachlichen Informationsverarbeitung (sowohl produktiver als auch rezeptiver Art) zusammenarbeiten und sich funktional ergänzen (s. Ellis/ Young 1990, Peng 2005, Karnath/ Thier 2003, Hillis 2007). Auch die Funktionen der subcortikalen Areale, insbesondere des limbischen Systems (das für die emotionale Verarbeitung von Informationen zuständig ist), werden seit einigen Jahren stärker berücksichtigt. Diese interagieren mit den cortikalen Arealen des Gehirns offensichtlich wesentlich stärker miteinander, als noch bis vor einigen Jahren angenommen wurde (s. hierzu z.B. Damasio 2000, Adolphs 2003, Roth 2004). 3.2.2 Neurophysiologische Aspekte Funktionell ist das Gehirn, das neurophysiologisch als ein komplexes Netzwerk von mehr als zehn Milliarden Nervenzellen (Neuronen) mit jeweils über Zehntausenden von Verbindungen untereinander beschrieben werden kann, nur aus der Zusammenarbeit seiner grundlegenden Einheiten zu verstehen. Ein Neuron besteht aus drei Teilen: dem Zellkörper (Soma), den Dendriten (Verzweigungen, die vom Zellkörper nach oben und zur Seite verlaufen) und dem Axon (einer nach unten fortlaufenden Faser). <?page no="88"?> 88 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Abb. 4 (Quelle: von Foerster (1985: 49)) Die beiden Grundfunktionen der Nervenzelle sind die axonale Weiterleitung eines rhythmischen Elektropotentials und der synaptische Übersprung eines Impulses auf chemischem Wege. Die sich im Ruhepotential befindliche Zelle weist eine elektrische Spannung auf. Jedes Neuron besitzt zudem einen bestimmten Schwellenwert für seine Aktivierbarkeit. Wird die elektrische Spannung von einem äußeren Reiz gestört und der Schwellenwert des Neurons erniedrigt, dann »feuert« das Neuron, und die Erregung breitet sich im Bruchteil einer Sekunde entlang des Axons zu dessen Endpunkten, den Synapsen, aus. Der zu einem synaptischen Endabschnitt gelangte Erregungsimpuls, das Aktionspotential, verursacht die Freisetzung chemischer Moleküle, so genannter Transmittersubstanzen, die den Spalt zwischen zwei Nervenzellen ausfüllen und somit das Aktionspotential weiterleiten. Dass die Neurotransmitter einen entscheidenden Einfluss auf alle menschlichen Verhaltensweisen haben, ist inzwischen gut dokumentiert (s. Kandel 1979, Bösel 1981, Gallistel 1997). Man unterscheidet derzeit etwa 50 Transmitter. Ein bekannter Neurotransmitter ist das Acetylcholin, das u.a. von Nikotin beeinflusst wird. Substanzen wie Psychopharmaka und Drogen rufen Veränderungen in der Funktion bestimmter Transmitter hervor (s. Kasten 2007). Neuronen können ihre Empfangsbereitschaft erhöhen oder erniedrigen (s. Markowitsch 1985, Palm 1988). Werden Nervenzellen häufig gleichzeitig in bestimmten Konstellationen erregt, kommt es zu Bahnungen, d.h. konsolidierten Neuronenverbänden, die man neuronale Engramme oder auch Netze (und in Anlehnung an Hebb (1949) auch Assemblies) nennt. Diese Netz- <?page no="89"?> 89 Kognition, Sprache und Gehirn werke kommen zustande, indem es zu strukturellen Veränderungen an den beteiligten Synapsen kommt und damit die Permeabilität zwischen den Neuronen gesteigert wird. Der Schwellenwert für die Impulsweiterleitung wird heruntergestuft, so dass die gleichzeitige Erregung ganzer Zellverbände schon durch eine leichte Reizung ausgelöst werden kann, während der Schwellenwert für die Erregbarkeit anderer Verbände erhöht wird. Der Cortex weist eine komplexe Schichtung auf, die sich durch bestimmte Anordnungen von Neuronen und Fasern auszeichnet. Die Informationsverarbeitung verläuft im Wesentlichen in senkrecht zur Oberfläche ausgerichteten Schaltkreisen (s. Braitenberg und Schüz 1989, Roth 2004, Kasten 2007). Diese säulenartigen Kolumnen können viele tausend Zellen enthalten. Sie stehen über Assoziations- und Kommissurfasern in Kontakt mit anderen neuronalen Feldern des Gehirns. Die elektrophysiologischen und biochemischen Prozesse der neuronalen Netzwerke bilden die Grundlage für alle motorischen, sensorischen und kognitiven Leistungen des Menschen. Die größten Erkenntnisfortschritte wurden in den letzten Jahren auf der auf obersten und der untersten Ebene der Neurobiologie erzielt: So erfolgt die Einteilung der oberen Organisationsebene nach Funktionskomplexen und die untere Ebene nach neuronalen Musteraktivitäten (s. Karnath/ Thier 2003, Manifest 2004). Auf die mittlere, vermittelnde Ebene der neuronalen Schaltkreise wird sich die zukünftige Forschung verstärkt konzentrieren. 3.2.3 Pathologie und Aphasiologie Unter der Annahme, dass es systematische Beziehungen zwischen kognitiven Struktur- und Prozessphänomenen und deren Repräsentation im Gehirn gibt, untersucht man in der Psychopathologie spezifische Ausfallerscheinungen hinsichtlich ihrer neuroanatomischen Grundlage. Die Aufgabe der Forschung besteht darin, eine Differenzierung in kognitive Funktionsbereiche vorzunehmen und diese in Beziehung zu neuroanatomischen und/ oder neurophysiologischen Ergebnissen zu setzen (s. Friederici 1984, 2003, Ward 2006). Nachweisbare Zusammenhänge zwischen kognitiven Funktionsstörungen und hirnanatomischen <?page no="90"?> 90 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Schädigungen können dann Einblick in die funktionale Gliederung des Gehirns geben. Dabei geht es der neueren Forschung nicht nur um die jeweiligen Störungsformen, sondern auch um die diesen Störungen zugrundeliegenden Strukturen und Prozesse. Durch gezielte Untersuchungen von psychopathologischen Ausfallerscheinungen erhofft man sich Aufschluss über intakte Mechanismen. Diese Position basiert auf zwei grundlegenden Annahmen der modernen Neurolinguistik (s. Blanken 1988a, Peng 2005). Der Fraktionierungsannahme zufolge sind Patienten mit selektiven Ausfällen bezüglich der mentalen Organisation Hirngesunden vergleichbar. Das Gesamtsystem arbeitet demzufolge trotz der ausgefallenen Verarbeitungskomponente weitgehend normal weiter. Die Transparenzannahme besagt, dass das sprachliche Verhalten eines Aphasikers Einblick gibt in das mentale Gesamtsystem, da sich die nichtbetroffenen Komponenten nicht verändern (s. Caramazza 1986, Ahlsén 2006). Die Aphasiologieforschung geht also davon aus, dass die Analyse des geschädigten kognitiven Systems Einblick in die Struktur des normalen Systems geben kann, da die aphasischen Störungen relevante Schnittstellen des komplexen Sprachsystems freilegen. Das wesentliche Verfahren der Kognitiven Neurolinguistik besteht in der Aufdeckung von so genannten Dissoziationen. Eine Dissoziation wird postuliert, wenn bei einem Patienten Funktion A (z.B. Lesen) gestört ist, während Funktion B (z.B. Gesichtererkennung) intakt geblieben ist. Doppelte Dissoziationen liegen vor, wenn man dieses Phänomen auch bei einem anderen Patienten beobachten kann. Unter der Annahme, dass das übrige System trotz partieller Störungen wie im Normalzustand arbeitet, bietet die Aphasiologie somit einen methodischen Zugang zum Sprachverarbeitungssystem. Natürlich ist eine solche Auffassung von pathologischen Phänomenen äußerst problematisch und nicht überall gleichermaßen akzeptiert (s. Kelter 1990: 20). So könnte es sich bei den identifizierten Verarbeitungsprozessen auch um kompensatorische Strategien handeln, die der Patient zur Bewältigung mentaler Anforderungen entwickelt. Eine völlige Unabhängigkeit der funktionalen Komponenten des Gesamtsystems scheint auch in Hinblick auf die oben genannte Interkonnektivität im Gehirn unwahrscheinlich zu sein. Wir stoßen hier auf das bereits erörterte <?page no="91"?> 91 Kognition, Sprache und Gehirn Problem der Korrelation zwischen neuronalen und mentalen Phänomenen. Da aber die Mehrzahl der klinischen Beobachtungen Evidenzen für selektive und isolierbare Störungen liefert, scheint die Beibehaltung der Fraktionierungs- und der Transparenzannahmen aus heuristischen Gründen gerechtfertigt. Es ist aber sinnvoll, die Ergebnisse der Aphasiologie und der Neurowissenschaft, die Verarbeitungsmechanismen im intakten Gehirn untersucht, stärker aufeinander zu beziehen (s. Friederici 1984, Peng 1985, 2005). Es soll nun kurz auf einige Störungen eingegangen werden. Es können drei fundamentale kognitive Leistungsstörungen, die das Resultat von Hirnverletzungen oder neuronalen Störungen sind, voneinander abgegrenzt werden. Agnosien betreffen die gnostischen (bedeutungszuweisenden) Funktionen und stellen Störungen im konzeptuellen Bereich dar. Bei der visuellen Agnosie können Objekte nicht erkannt werden, d.h. es kann ihnen keine Bedeutung zugewiesen werden, obgleich die allgemeinen visuellen Fähigkeiten intakt sind. So ist es vorgekommen, dass ein Patient ein Fahrrad als »Stangen mit einem Rad vorn und hinten« bezeichnete (Changeux 1984: 177). Agnostische Patienten können die Dinge ihrer Umwelt noch sehen, aber sie können nicht erkennen, um was es sich dabei handelt. Offensichtlich können perzeptuelle Aspekte und konzeptuelle Aspekte bei dieser Störung nicht mehr koordiniert werden. Bei der Prosopagnosie ist beispielsweise der Prozess der Gesichtserkennung bei ansonsten intakten Sehfunktionen gestört (vgl. Kasten 2007: 125f.). Die meisten visuellen Agnosien beruhen auf Läsionen des Okzipitallappens. Agnosien können auch bei der taktilen und auditiven Wahrnehmung auftreten. Die Patienten sind dann nicht in der Lage, Objekte zu erkennen, wenn sie gefühlt bzw. gehört werden. Apraxien sind neuronale Störungen, welche die Motorik des Menschen betreffen: Bewusst intendierte Bewegungsabläufe sind nicht mehr möglich, d.h. Körperbewegungen lassen sich nicht planvoll steuern (vgl. Kasten 2007: 127f.). Bei der ideomotorischen Apraxie beispielsweise können bestimmte Bewegungen mit den Händen nicht ausgeführt werden, wenn das zugehörige Objekt fehlt. Eine Patientin kann beispielsweise nicht die Bewegung <?page no="92"?> 92 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition des Hämmerns ausführen, wenn sie keinen Hammer in der Hand hält, ist zu dieser Bewegung mit dem Hammer aber fähig (Geschwind 1979). Aphasien stellen Sprachstörungen (nach abgeschlossenem Spracherwerb) dar, die durch Hirnschädigungen verursacht sind (s. Hillis 2007, Kasten 2007: 153ff., Ingram 2007). Die meisten Aphasien resultieren aus cerebralen Durchblutungsstörungen. Bei aphasischen Störungen sind die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten meistens nicht beeinträchtigt. Dies spricht für den Modulstatus der Sprache. Aphasien treten häufig zusammen mit Apraxien auf. Untersuchungen mit gebärdensprachlichen Aphasikern haben aber zeigen können, dass Aphasien und Apraxien deutlich voneinander getrennt werden können. So gibt es aphasische Gebärdensprecher, die bei intakter gestischer Sprache Störungen der nichtsprachlichen Gestik aufweisen und umgekehrt (Poizner, Klima und Bellugi 1987, Emmorey 2002). Bei Pantomimenerkennungstests schneiden gebärdensprechende Patienten mit Aphasie dementsprechend normal ab, zeigen aber je nach aphasischem Syndrom erhebliche Defizite beim Verstehen bzw. Produzieren von linguistischen Gebärden. Klare Dissoziationen bei aphasischen Gebärdensprechern finden sich auch zwischen räumlichvisuellen Defiziten und Beeinträchtigungen der Gebärdensprache. Dies ist besonders erstaunlich, da die Gebärdensprache eine Sprache im visuellen Modus ist und ihre Syntax auf räumlichen Beziehungen beruht. Dass Patienten mit rechtshemisphärischen Läsionen zwar Wahrnehmungsdefizite und Fehlleistungen bei Tests zur Raumaufteilung, nicht aber Störungen in ihrer Gebärdensprache aufweisen, belegt eindrucksvoll die funktionale Trennung dieser beiden kognitiven Fähigkeiten. Aphasien lassen sich mittels linguistischer Beschreibungskategorien als Schädigungen der verschiedenen Komponenten des Sprachsystems erklären. Dabei können innerhalb eines Aphasiesyndroms mehrere Komponenten simultan gestört sein (z.B. Phonologie und Syntax). Oft kann allerdings nicht eindeutig geklärt werden, ob es sich bei der jeweiligen Aphasieform tatsächlich um eine Schädigung des Kenntnissystems handelt. In vielen Fällen ist offensichtlich das sprachliche Kenntnissystem intakt, doch der Vermittlermechanismus, der die Informationen <?page no="93"?> 93 Kognition, Sprache und Gehirn aktiviert und abruft, ist beeinträchtigt (s. Stachowiak 1982, Evers-Volpp 1988, Kelter 1990). Nach dem Aachener Aphasie Test (AAT; s. Huber et al. 1983) lassen sich Aphasien aufgrund verschiedener Leitsymptome, die sich durch Konfigurationen von Fehlleistungen charakterisieren lassen, klassifizieren. Getestet werden dabei die Spontansprache, das Nachsprechen, die Schriftsprache und Lesen, das Benennen von Referenten und das Sprachverständnis der Patienten. Das Sprachverständnis wird auch mit dem so genannten Token-Test untersucht. Hierbei soll der Patient bestimmte Handlungen mit einer Anzahl von elementaren Gegenständen durchführen. Beispielsweise wird der Patient aufgefordert, einen farbigen Kreis zu berühren oder ein Viereck auf einen Kreis zu legen. Der AAT ist als diagnostisches Verfahren darauf ausgerichtet, eine Differenzierung der Aphasiker in vier Syndrome zu ermöglichen. Broca-Aphasien (benannt nach dem Arzt Broca (1861)) treten nach Schädigungen des hinteren Teils des frontalen Cortex (der linken Hemisphäre) auf und zeichnen sich dadurch aus, dass besonders die Sprachproduktion gestört ist. Sie werden deshalb auch motorische Aphasien genannt. Sie sind abzugrenzen von den Dysarthrien, bei denen lediglich eine Störung der Sprechmotorik auf Artikulationsebene vorliegt. Typisch bei Broca-Aphasikern ist der Telegrammstil: Die syntaktische Struktur der Äußerungen ist stark vereinfacht und morphologisch reduziert, insbesondere Funktionswörter werden ausgelassen, die Verben nicht flektiert. Man spricht hier von dem Phänomen des Agrammatismus (vgl. Thompson/ Shapiro 2005, Berndt 2007). Die folgenden Symptome sind charakteristisch für das agrammatische Verhalten: mühsames Sprechen, der Wegfall von Funktionswörtern, die Ersetzung flektierter Verbformen durch Infinitive, Probleme mit der Wortstellung, verkürzte Satzlänge und Auslassung von gebundenen grammatischen Morphemen (s. Tesak 1990). Es treten zudem häufig phonematische Paraphasien auf (d.h. phonetisch veränderte Wörter). Schwierigkeiten bestehen auch beim Nachsprechen und Benennen. Bei den Wernicke-Aphasikern (benannt nach Wernicke (1874)) ist das spontane Sprechen dagegen meist flüssig, das Verstehen von Sprache aber erheblich eingeschränkt. Daher gilt <?page no="94"?> 94 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Abb. 5 (Quelle: Schnelle 1981: 10) diese Aphasie auch als sensorische, rezeptive Störung. In Benennungstests werden sehr viele semantische Paraphasien (z.B. Gabel statt Löffel) produziert. Bei der spontanen Produktion finden sich auch Wortneubildungen (Neologismen). Wenn bei gut erhaltenem Sprachfluss keine kohärente und verständliche Information mehr vermittelt wird, spricht man von einer Jargonaphasie. Wernicke-Patienten zeigen schwere Beeinträchtigungen im semantischen Bereich. Man hat diese Aphasie daher auf Störungen im mentalen Lexikon zurückgeführt. Bei der amnestischen Aphasie sind Wortfindungsstörungen das vorherrschende Leitsymptom. Die Patienten haben große Probleme beim Finden der Bezeichnungen für bestimmte Referenzobjekte. Dadurch weist die Spontansprache von amnestischen Aphasikern viele Paraphasien semantischer Art auf. Die Patienten ersetzen das gesuchte Wort durch eine Umschreibung (zum Fegen statt Besen), einen allgemeinen Ausdruck (Vogel statt Spatz) oder durch ein Füllwort (wie dieses Ding da). <?page no="95"?> 95 Kognition, Sprache und Gehirn Die globale Aphasie zeichnet sich durch schwere Störungen der Sprachrezeption und -produktion aus. Die Sprache dieser Patienten ist stark verkürzt und verzerrt. Auffällige Dissoziationen, die für die linguistische Theorie besonders relevant sind, lassen sich vor allem zwischen Wernicke- und Broca-Aphasien beobachten. Broca-Aphasiker haben Schwierigkeiten mit Funktionswörtern und syntaktischen sowie morphophonologischen Strukturen, Wernicke-Aphasiker dagegen mit Inhaltswörtern und semantischen Strukturen. Die agrammatischen Äußerungen der Broca-Aphasiker deuten auf ein syntaktisches Defizit hin. Diese Annahme wird auch durch Tests, die das syntaktische Verarbeiten von Sätzen überprüften, unterstützt (Heeschen 1980). So konnte gezeigt werden, dass Broca-Aphasiker große Probleme mit Sätzen wie (1) haben. (1) Die Frau, die den Mann trifft, ist jung. Die semantischen Rollen von Frau und Mann müssen in diesem Satz syntaktisch dekodiert werden, während sie in Satz (2) semantisch-konzeptuell festgelegt sind. (2) Der Kuchen, den das Kind isst, ist groß. Solche Sätze können Broca-Aphasiker problemlos verstehen, da sie hier bei der Satzverarbeitung ihr enzyklopädisches Wissen benutzen können, um die im Satz ausgedrückte Handlung zu verstehen, und nicht auf syntaktische Strategien angewiesen sind. Wernicke-Aphasiker weisen dagegen bei der lexikalisch-konzeptuellen Verarbeitung Defizite auf und haben Probleme bei semantisch-konzeptuellen Zuordnungsaufgaben. Während die Broca-Aphasie als Syntax-Störung aufgefasst wird, betrachtet man entsprechend die Wernicke-Aphasie als Lexikon-Störung (mit dem Schwerpunkt einer semantischen Beeinträchtigung). Starke Parallelen zu den besprochenen Symptomen finden sich bei aphasischen Gebärdensprechern. So berichten Poizner, Klima und Bellugi (1987) von einer Patientin mit linkshemisphärischer Läsion, deren Sprachbehinderung eine große Ähnlichkeit zur lautsprachlichen Broca-Aphasie aufweist. Die spontane Gebärdenproduktion ist stockend, syntaktisch reduziert und morphologisch defizitär. Es werden fast ausschließlich flexionslose Nomen <?page no="96"?> 96 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition und Verben benutzt. Das Verständnis für lexikalische Gebärdenzeichen dagegen ist gut. Neben den besprochenen aphasischen Syndromen treten manchmal auch Lese- und Schreibstörungen als relativ isolierte Beeinträchtigungen auf. Lesestörungen, die das Resultat einer Gehirnverletzung sind, nennt man erworbene Dyslexien (s. Beaumont 1987, Ellis/ Young 1990, Kasten 2007). Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Formen der erworbenen Dyslexie, von denen im Folgenden drei kurz erwähnt werden sollen. Das Buchstaben-für-Buchstaben-Lesen ist eine periphere Dyslexie, wo offensichtlich der visuelle Prozess der holistischen Worterkennung gestört ist. Der Patient muss jeden einzelnen Buchstaben identifizieren, bevor er ein Wort lesen kann. Das simultane Erkennen und Zusammensetzen von Buchstaben zu Wörtern ist nicht mehr möglich. Die Oberflächen-Dyslexie zeichnet sich dadurch aus, dass die Wörter beim Lesen in ihre Elemente zerlegt werden und so ausgesprochen werden, als ob sie völlig unbekannt seien. Häufig treten so genannte Regularisierungen auf, d.h. der Patient liest unregelmäßig buchstabierte Wörter wie regelmäßig buchstabierte (z.B. das englische come als kome oder quay als kway). Bei der Tiefendyslexie haben die betroffenen Patienten ebenfalls große Schwierigkeiten beim Lesen, insbesondere bei Funktionswörtern und Nonsens-Wörtern wie Trub oder Malt. Es treten hier aber vor allem semantische Fehler auf der Art, dass ein Patient ein geschriebenes Wort laut als ein anderes, bedeutungsähnliches Wort liest (z.B. Rasen für Gras, Geld für Kosten). Diese semantischen Paraphasien ähneln denen von Patienten mit Benennungsstörungen. Ob diese Symptome auf ein defektes semantisches System, einen blockierten Zugang zum semantischen System und/ oder auf eine Störung der graphemisch-phonemischen Korrespondenzregeln zurückzuführen sind, kann beim derzeitigen Kenntnisstand über Dyslexien allerdings nicht gesagt werden. Dysgraphien sind Schreibstörungen und treten häufig zusammen mit den Lesestörungen auf. Auch hier finden sich Dissoziationen zwischen phonologischen und semantischen Dysgraphien. Eine interessante Variante bei den Lesestörungen ist die agnostische Alexie oder reine Wortblindheit: Die Patienten können hier vielleicht normal sprechen und schreiben, aber nicht einmal das <?page no="97"?> 97 Kognition, Sprache und Gehirn lesen, was sie selber geschrieben haben. Diese Störung spricht dafür, dass sich der visuelle Wahrnehmungsmechanismus beim Lesen von den anderen sprachlichen Verarbeitungssystemen trennen lässt und eine weitgehend autonome Prozesskomponente darstellt. Solche Dissoziationen lassen sich dabei auch für fast alle anderen Subsysteme der kognitiven und der sprachlichen Informationsverarbeitung konstatieren (s. Ellis/ Young 1990, Kasten 2007). Dass in der allgemeinen Pathologie und in der Aphasiologie selektive Ausfälle überwiegen und globale Störungen eher selten auftreten, deutet auf eine funktionale Spezialisierung der Kognition hin und unterstützt die Vorstellung einer modularen Konzeption der Sprache. Die Ergebnisse der Aphasiologie haben eine eminente Bedeutung für die Kognitive Linguistik. Neben den Daten aus der Spracherwerbsforschung und der Rezeptions- und Produktionsforschung stellen sie den Prüfstein für linguistische Theorien und Modelle in Bezug auf deren neuro-psychologische Plausibilität dar. In der kognitiven Neurolinguistik dienen die aphasiologischen Daten dabei nicht mehr nur der Überprüfung bereits existierender psycholinguistischer und linguistischer Modelle und Theorien, sondern stellen vielfach die Basis für die Konstruktion kognitiver Verarbeitungstheorien dar (s. Friederici 2003, 2007, Peng 2005, Ingram 2007). 3.2.4 Qualia, Bewusstsein und freier Wille? 2004 äußerten sich elf führende Neurowissenschaftler (u.a. Wolf Singer, Gerhard Roth, Angela Friederici) in einem sogenannten Manifest über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung, über die heutigen Erkenntnisse auf diesem Gebiet und die zukünftigen Möglichkeiten und Konsequenzen. Ihnen zufolge sind unser gesamtes Verhalten sowie unser seelisch-geistiges Erleben, unsere kognitiven Fähigkeiten und emotionalen Prozesse untrennbar gekoppelt an die neuronalen Vorgänge des Gehirns und nicht unabhängig von diesen zu erklären. Geistige Fähigkeiten haben sich in der Evolution der Nervensysteme allmählich gebildet. »Geist und Bewusstsein … fügen sich … in das Naturgeschehen ein und übersteigen dieses nicht.« (Manifest 2004) <?page no="98"?> 98 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Die Eigenständigkeit der Innenperspektive des menschlichen Lebens und Erlebens wird nicht in Frage gestellt: Es gehört zu den Leistungen des Hirns, subjektive Repräsentationen und Bewusstseinszustände zu erzeugen. Jedem geistigen Erlebnis geht aber ein neuronales Erlebnis voraus. Die Geist-Körper-Problematik wird somit prinzipiell beantwortet: Es gibt keinen Geist ohne Körper, keine kognitive Aktivität ohne neuronale Aktivität. Neben den erwarteten medizinischen Fortschritten bei der Behandlung von Demenz, Depression etc. werden die Ergebnisse der Hirnforschung, so die Autoren 2004, aber auch zu einer Veränderung des Menschenbildes führen: Das dualistische Modell mit seiner Trennung von geistigen und körperlichen Phänomenen ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. Natur- und Geisteswissenschaft müssen daher in Dialog treten, um ein gemeinsames neues Menschenbild zu entwerfen. Diese Position hat weitreichende Konsequenzen: Wir definieren und identifizieren uns über die Summe von Ideen, Gedanken und Gefühlen, über die Vorstellung eines freien Willens. Sind wir stattdessen gesteuert von unseren Neuronenverschaltungen und deren Aktivitäten, auf die wir keinen Einfluss nehmen können? Dass die neuronale Ebene letztlich die Basis kognitiver Leistungen darstellt, ist sicher nicht zu bezweifeln, wohl aber der Versuch, die gesamte Kognition durch neuronale Gesetzmäßigkeiten zu erklären. Es ist aufschlussreich, dass es derzeit trotz der immensen Erkenntnisfortschritte in der Gehirnforschung kein einziges neurobiologisches Modell gibt, das eine adäquate Erklärung für alle Charakteristika mentaler Funktionen bieten kann. Wir können die mentalen Aktivitäten auf dieser elementaren Ebene beschreiben, aber diese Beschreibung ersetzt bislang nicht eine funktionalistische, mentalistische Theorie. Ohne Rekurs auf die Terminologie der Kognitionswissenschaft lassen sich derzeit Phänomene wie Sprache, Denken und Wahrnehmung nicht adäquat erklären. Insbesondere die sogenannten Qualia- Eigenschaften des menschlichen Geistes wie Bewusstsein, Subjektivität des Erlebens und Intentionalität (vgl. Gertler 2006) lassen sich nicht durch die Angabe von axonalen Aktivitätsmustern und Nervenzellverknüpfungen erfassen. Wie soll ich jemandem erklären, was rot ist oder süß oder schön, wenn ich nur neuronale <?page no="99"?> 99 Kognition, Sprache und Gedächtnis Modelle und die »Sprache« der Neurobiologie verwenden kann? Selbst wenn wir beispielsweise jedes einzelne Neuron identifizieren könnten, das bei der Konzeptbildung von LIEBE involviert ist, so gibt uns dies noch keine angemessene Erklärung auf die Frage, was das Konzept LIEBE bedeutet. Die Relevanz mentaler Repräsentationen erklärt sich also gerade aus den Eigenschaften menschlicher Kognition. Im Gehirn finden wir weder das Gefühl der Liebe, noch das Bild eines blauen Himmels mit Wolken, nicht die Erinnerung an unsere Kindheit, nicht die Zeilen des Gedichts von Rilke über den Herbst. Bei der Untersuchung des Gehirns finden wir nur eine Masse von Nervenzellen. Ein bisher nicht gelöstes Dilemma der Neurowissenschaft ist, dass sie in einer mentalistischen Sprache beschreiben und erklären muss, da ihr sonst die Phänomene entgehen, die es zu erklären gilt. Gleichzeitig muss sie sich in naturwissenschaftlichen Begriffen ausdrücken, denn die Gehirnaktivitäten stellen physikalischphysiologische Prozesse dar. Eine gemeinsame psycho-neuronale Begriffs- und Erklärungssprache zu finden, ist nach wie vor eine der großen Herausforderungen an Neuro- und Kognitionswissenschaft (s. hierzu Pauen/ Roth 2001, Roth 2004). 3.3 Kognition, Sprache und Gedächtnis 3.3.1 Gedächtnisfunktionen und mentales Lexikon In den vorangegangenen Kapiteln ist bereits erörtert worden, dass die zentralen Fragen der Kognitionsforschung Fragen nach dem Wissen von Menschen sind: Über welches Wissen verfügt der Mensch, und wie benutzt er dieses Wissen, um so komplexe Leistungen wie Denken, Sprechen und Handeln vollziehen zu können? Wissen ist die Menge aller Informationen, die ein Mensch intern gespeichert hat. Eine Grundannahme der Kognitiven Wissenschaft ist, dass wir die uns umgebende Welt auf eine spezifische Art mental darstellen und dass bestimmte Verarbeitungsprozesse auf diesen mentalen Strukturen ablaufen, die komplexes Verhalten ermöglichen. Wissen ist also nicht nur eine statische Ansammlung von Erfahrungsinhalten, sondern auch die Fähigkeit, auf diesen Inhalten zu operieren. Die allgemeine <?page no="100"?> 100 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition kognitive Kompetenz des Menschen umfasst somit strukturelles (deklaratives) und prozedurales Wissen. Das prozedurale Wissen darf nicht mit Performanz gleichgesetzt werden. Prozeduren stellen Programme dar, die im Kognitionssystem gespeichert sind und die Voraussetzung für die tatsächlichen Realisierungsmechanismen darstellen. Prozesse sind in der Zeit aktuell ablaufende Vorgänge, also Realisierungen von Prozeduren. Der Gebrauch der Termini »deklaratives Wissen« (auch: »Wissen dass«) und »prozedurales Wissen« (»Wissen wie«) ist in der Forschungsliteratur nicht einheitlich (z.T. meint man damit nur alternative Repräsentationsformen und nicht verschiedene Wissensarten). Auch ist eine genaue Abgrenzung nicht einfach zu ziehen. Neurowissenschaftliche Befunde deuten aber darauf hin, dass deklaratives und prozedurales Wissen im Gehirn unterschiedlich repräsentiert sind und getrennt gestört sein können (s. Birbaumer/ Schmidt 1988, Tulving 1997, Kasten 2007: 146). Die Fähigkeit des menschlichen Organismus, Erfahrungsinhalte intern und permanent speichern zu können, ist Voraussetzung für alle komplexen Verhaltens- und Denkleistungen. Alle kognitiven Leistungen des Menschen werden entscheidend durch die Funktionen des Gedächtnisses determiniert. Ohne den Rückgriff auf die im Gedächtnis repräsentierten Kenntnisse könnten wir keinen Satz verstehen oder produzieren, keinen Bekannten wiedererkennen, keine Erinnerungen haben, da alle Erlebnis- und Erfahrungswerte nur momentane Gültigkeit hätten. Das Gedächtnis wird vielfach als eine Art kognitiver Aufbewahrungsort für menschliches Wissen aufgefasst und in diesem Sinne als bloßer Speicher verstanden. Das Gedächtnis ist aber kein einzelnes Speicherorgan oder ein spezifischer Teil des Gehirns, der genau lokalisiert werden kann, sondern stellt vielmehr ein komplexes System kognitiver Funktionen dar, von denen das langfristige Speichern des Wissens nur eine von vielen ist. Die Ergebnisse der Lern- und Behaltensexperimente haben gezeigt, dass man das Gedächtnis nicht als ein einheitliches Speichersystem ansehen kann, sondern es in verschiedene Subsysteme aufgliedern muss (s. Wippich/ Mecklenbräuker 1988, Baddeley 2002, 2004). Das Gedächtnis stellt keine unstrukturierte Einheit dar, sondern ein vielschichtig organisiertes Gefüge, das alle kognitiven Leistungen des Men- <?page no="101"?> 101 Kognition, Sprache und Gedächtnis schen determiniert. »Gedächtnis« ist somit die Sammelbezeichnung für eine ganze Reihe von kognitiven Funktionen. Man weiß inzwischen aufgrund klinischer Beobachtungen, dass im Gehirn für die Langzeitspeicherung von Informationen u.a. Mandelkern und Hippocampus verantwortlich sind. Insgesamt gibt es aber keine eindeutige Beziehung zwischen örtlich determinierten Hirnschäden und dem Auftreten von Gedächtnisstörungen. Die Gedächtnisfunktionen sind offensichtlich recht diffus im Cortex, aber auch in subcortikalen Bereichen repräsentiert (s. Markowitsch 1985, Ellis/ Young 1990, Glenberg 1997, Roth 2004). Pathologische Ausfallerscheinungen im Bereich des Gedächtnisses verdeutlichen uns die Relevanz dieses Funktionsgefüges auf eine prägnante Weise: So berichtet Geschwind (1979: 131) von einem Patienten, dessen Hippocampus in beiden Schläfenlappen zerstört war: »Bei voller Konzentration konnte der Patient eine dreistellige Zahl viele Minuten lang behalten, indem er sie ständig vor sich hersagte oder sich eine Gedächtnishilfe zurechtlegte. Wurde seine Aufmerksamkeit jedoch auch nur kurzzeitig abgelenkt, so erinnerte er sich weder der Zahl noch der Gedächtnisstütze, auf deren Ausarbeitung er so viel Mühe verwendet hatte. Er wußte nicht einmal mehr, daß er die Aufgabe hatte, sich eine Zahl zu merken. Auch war er unfähig, sich seine Adresse zu merken oder sich an Leute zu erinnern, die ihn Jahre hindurch besuchten. Er vergaß sogar den Aufbewahrungsort der Gegenstände, die er täglich benutzte.« Bei den Formen der anterograden Amnesie ist der langfristige Speicher intakt, aber es besteht eine Unfähigkeit für das kurzfristige Speichern von Informationen und die Neubildung von Gedächtnisspuren. Das Gegenteil kann bei Patienten mit retrograder Amnesie auftreten: Die Patienten haben dann keinen Zugriff mehr zu den Inhalten des Langzeitspeichers, können aber neue Informationen lernen. Alle Kenntnisse, die sie vor der Störung gespeichert hatten, sind jedoch nicht mehr abrufbar (Kasten 2007: 147). Die meisten Gedächtnismodelle sind Mehr-Speicher-Modelle, die mehrere Komponenten unterscheiden, denen verschiedene Speicherfunktionen zugeordnet werden. Das bekannteste und einflussreichste Modell dieser Art stammt von Atkinson und <?page no="102"?> 102 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Shiffrin (1968). Der Informationsverarbeitungsvorgang verläuft in diesem Modell sequentiell, und die Informationen werden von einem Speicher zum nächsten durch Transferprozesse weitergeleitet. Die aufgenommene Information (visuelle, auditive oder andere sensorische Reize) gelangt zuerst in einen sensorischen, d.h. modalitätsspezifischen Speicher, das Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG), wo sie für etwa eine Drittelsekunde gespeichert wird. Sie wird dann entweder gelöscht oder in das Kurzzeitgedächtnis (KZG) weitergeleitet, wo sie durch Hinzufügung von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis (LZG) bearbeitet wird. Hinsichtlich der Anzahl der verschiedenen Gedächtniskomponenten besteht auch in der neuesten Forschung keine Einigung. Ob zwei, drei oder mehr Komponenten anzunehmen sind, ist derzeit ein intensiv debattiertes Thema der Gedächtniswissenschaft (s. Baeriswyl 1989, Baddeley 2002, 2004). Im Folgenden soll kurz auf einige der kapazitären und funktionalen Eigenschaften der Gedächtniskomponenten eingegangen werden, deren kognitive Realität als weitgehend sicher gilt. Das UKZG fungiert als modalitätsspezifischer Rezeptor und kurzfristiger Speicher. Aufgenommene Informationen sind dem Bewusstsein erst dann zugänglich, wenn die so genannte Bewusstseinsschwelle erreicht worden ist, wobei die minimal notwendige Zeit für die bewusste Wahrnehmung eines Reizes bei etwa 250 Millisekunden (msec) liegt. Nachdem diese Schwelle überschritten ist, werden die Informationen im KZG bewusst und als momentan präsent erlebt. Das KZG hat eine beschränkte Anzahl von Speicherzellen. Die maximale Zahl an Informationseinheiten, die im KZG behalten werden kann, wird Gedächtnisspanne genannt (s. Baddeley 1979: 149, vgl. auch Baddeley 2004). Wenn die Kapazität des KZG- Speichers überschritten ist und neue Informationen hinzukommen, werden die präsenten Informationseinheiten quasi verdrängt, und die Speicherplätze des KZG werden mit den neuen Informationen besetzt. Dieser Mechanismus wird Interferenz genannt. Es existieren verschiedene Repräsentationsformen für die Speicherung im KZG. Wir können Wissensinhalte und sensorische Erfahrungen modalitätsspezifisch präsent haben. Inwieweit die Verarbeitung auf dieser Ebene interaktiv abläuft, ist noch <?page no="103"?> 103 Kognition, Sprache und Gedächtnis nicht geklärt. Das Ergebnis eines interessanten Experiments soll verdeutlichen, dass die modalitätsspezifischen Repräsentationen zum Teil durch Rückkopplungssysteme miteinander verbunden sind. Gibson (1933/ 1950) ließ seine Vpn ein Lineal durch eine Spezialbrille, die das Lineal gekrümmt erscheinen ließ, betrachten. Die Vpn konnten sich von der Geradlinigkeit des Lineals überzeugen, wenn sie es mit den Händen abtasteten. Diese taktile Geradlinigkeit wurde aber nur mit geschlossenen Augen empfunden. Geschah das Abtasten bei geöffneten Augen, entstand bei den Vpn der taktile Eindruck gekrümmter Kanten. Die visuelle Repräsentationsebene übt also einen entscheidenden Einfluss auf die taktile Repräsentation aus. In einer für die empirische Gedächtnisforschung sehr einflussreichen Arbeit hat Miller (1956) nachgewiesen, dass die Gedächtnisspanne, d.h. die maximale Zahl an Informationseinheiten, die behalten werden kann, im KZG ungefähr 7 Einheiten umfassen kann. Normalerweise können nicht mehr als 7 + 2 Einheiten erkannt und reproduziert werden. Die Kapazität des KZG kann aber durch Organisationsprozesse - so genanntes Chunking - erweitert werden. Die Anzahl der Einheiten (Chunks), die verarbeitet und behalten werden können, ist begrenzt, aber die Anzahl der Einheiten pro Chunk kann variieren. So können 5 bis 9 Buchstaben, 5 bis 9 Wörter oder 5 bis 9 Phrasen behalten werden. Bei Patienten, deren phonologischer Kurzzeitspeicher gestört ist, kommt es zu Problemen beim Verstehen längerer Sätze (Baddeley/ Wilson 1988). Diese Patienten können zum Teil nur sehr kurze Sätze (etwa aus drei Wörtern bestehend) kurzfristig speichern (s. hierzu auch Baddeley et al. 1988, Baddeley 2004). Was als Chunk verarbeitet werden kann, wird vom LZG determiniert. So zeigen Untersuchungen mit Schachweltmeistern, dass diese mittels Chunking weitaus mehr Positionen (die sie vorher nur 5 sec betrachtet hatten) behalten konnten als weniger geübte Spieler (s. Chase/ Simon 1973). Bessere KZG-Leistungen beruhen auf der Aktivierbarkeit von LZG-Einheiten, die in das KZG transferiert werden können. Beide Komponenten stehen also in einem engen Zusammenhang. Allgemeine Lernprozesse verlaufen ebenfalls in Abhängigkeit von den bereits gespeicherten Wissensstrukturen im LZG: Je strukturierter und umfassender ein Wissensbereich im <?page no="104"?> 104 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition LZG ist, desto leichter lassen sich neue Informationen zu diesem Bereich lernen, da sie in die vorhandenen Strukturen integriert werden können. Das KZG wird in vielen Modellen als eine Art Ausschnitt des LZGs verstanden. Damit wird aber nicht berücksichtigt, dass das im KZG repräsentierte Wissen das Resultat komplexer mentaler Operationen sein kann. Oft findet nicht einfach ein Transferprozess statt, sondern die aus dem LZG abgerufenen Informationen werden einer Reihe kognitiver Operationen unterzogen, bevor sie in das KZG gelangen (s. Schwarz 1992). Es ist deshalb sinnvoll, ein Arbeitsgedächtnis anzunehmen, das zwischen LZG und KZG vermittelt. Dieses Arbeitsgedächtnis muss man sich als eine operative Gedächtniskomponente vorstellen, die weitgehend parallel zu den bewussten und kapazitär eingeschränkten Prozessen des KZG arbeitet. Die Gedächtnismechanismen, die Wissen aktualisieren und dem Bewusstsein zugänglich machen, spielen eine entscheidende Rolle bei allen kognitiven Prozessen und müssen daher auch berücksichtigt werden, wenn man Sprachrezeptions- und Sprachproduktionsmodelle erstellt. Das Langzeitgedächtnis (LZG) stellt den Permanenz-Speicher für das Wissen eines Menschen dar (s. Baddeley 2002, 2004; vgl. auch Fraas 2000 zur Beschreibung kollektiver Wissenssysteme). Repräsentiert werden alle Kenntnisse sowohl allgemeiner, enzyklopädischer als auch spezifischer, individueller Natur. Unser gesamtes Weltwissen ist in Form von Konzepten und konzeptuellen Schemata repräsentiert (s. hierzu Kap. 3.3.2.2). Die im LZG gespeicherten Kenntnisse bilden die Grundlage für unsere allgemeine Leistungsfähigkeit. Sprachliches Wissen ist ein Teil der langfristig gespeicherten Gedächtnisinhalte: Die sprachliche Kompetenz ist daher in gedächtnispsychologischer Perspektive ein in memorialen Spuren kodiertes Kenntnissystem. Unter der Annahme, dass Wissenseinheiten nicht ungeordnet, sondern in systematischen Zusammenhängen abgespeichert werden, liegt in der Organisation des LZG-Speichers die strukturelle Basis aller mentalen Prozesse. Die Effektivität und Effizienz unseres Denkens, Sprechens und Handelns beruht aber auf dem Zusammenspiel aller Gedächtniskomponenten. So involviert beispielsweise die Sprachrezeption nicht nur die Aktivierung von <?page no="105"?> 105 Kognition, Sprache und Gedächtnis LZG-Wissen, sondern die gesamte kognitive Prozessualität aller Gedächtniskomponenten. Die Untersuchungen, die sich mit der Repräsentation von Wörtern im Gedächtnis beschäftigen, lassen sich in zwei Forschungsgruppen einteilen. Untersuchungen zum semantischen Gedächtnis befassen sich mit der Frage, wie die Bedeutungen von Wörtern langfristig gespeichert werden und wie diese Bedeutungen zur Bewältigung kognitiver Probleme genutzt werden. In diesem Forschungszweig steht der Repräsentationsaspekt im Mittelpunkt, und es finden sich hier vor allem die Netzwerkmodelle, in denen Bedeutungen als Knoten in komplexen, hierarchisch organisierten semantischen Netzen abgespeichert sind. Die prozessorientierte Forschungsrichtung beschäftigt sich mit dem Vorgang des lexikalischen Zugriffs auf das im LZG gespeicherte Wissen und untersucht, wie die Wortinformationen beim Sprachverarbeitungsprozess aktiviert und abgerufen werden (s. hierzu Kap. 5). Beide Forschungsbereiche haben dabei als gemeinsamen Ausgangspunkt das mentale Lexikon. Das mentale Lexikon ist der Teil des LZG, in dem die Wörter einer Sprache mental repräsentiert sind. Ein grundsätzliches Problem besteht darin, die Informationen anzugeben, die im Lexikon gespeichert sind. Ein Sprachbenutzer muss folgende Informationen über ein Wort seiner Sprache haben: die phonologische Repräsentation, die graphematische Repräsentation, Angaben über den syntaktischen Rahmen und die semantische Bedeutung. In der theoretischen Linguistik wurde das Lexikon lange als der Ort für die sprachlichen Idiosynkrasien angesehen, die sich nicht aus allgemeinen Regeln der Syntax oder der Phonologie ableiten lassen. Die Aufspaltung von Lexikon und Regelkomponente ist mit dem in den 70er Jahren aufgekommenen lexikalistischen Ansatz aber überwunden. In der heutigen Linguistik wird das Lexikon als Nahtstelle formaler und inhaltlicher Strukturbildung betrachtet. Diese Vermittlungsfunktion drückt sich in jedem einzelnen Lexikoneintrag aus, da hier phonologische, morphologische, syntaktische und semantische Informationen aufeinander bezogen werden. Es ist bis jetzt aber noch nicht geklärt, ob diese Informationen im mentalen Lexikon zusammen oder einzeln abgespeichert sind. <?page no="106"?> 106 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition So deuten bestimmte aphasische Störungen und einige Versprechertypen darauf hin, dass Wortformen und Wortbedeutungen nicht im Sinne de Saussures untrennbar wie zwei Seiten eines Blattes, sondern unabhängig voneinander repräsentiert werden (s. hierzu Kap. 6). Auch das Tip-of-the-Tongue-Phänomen (also das Auf-der-Zunge-liegen-haben) spricht für eine Gruppierung von Lexikoneinträgen nach formalen Gesichtspunkten. Wir haben dann den Inhalt eines bestimmten Wortes im KZG präsent, uns fehlt jedoch der dazu passende Formeintrag, also die lautliche Repräsentation (s. z.B. Hohenberger 2007: 80). Dass das mentale Lexikon nach inhaltlichen Kriterien aufgebaut ist, gilt als weitgehend unumstritten. Über die Art und Weise der Organisation und der Repräsentation des inhaltlichen Lexikonspeichers besteht jedoch keine Einigkeit (s. Aitchison 2003). Es gibt derzeit viele konkurrierende Modelle zur Repräsentation von Wortbedeutungen (s. z.B. Goddard/ Wierzbicka 2002, Schwarz/ Chur 5 2007). Dem merkmalsorientierten Modelltyp zufolge sind semantische Lexikoneinträge als Merkmalsbündel abgespeichert. In Netzwerkmodellen dagegen werden Bedeutungen als Knoten in Netzen repräsentiert, deren Informationsgehalt sich aus den Beziehungen zu anderen Knoten ergibt. Prototypen-Modelle wiederum stellen die inhaltlichen Einheiten als mentale Standardrepräsentationen in einem holistischen Format dar. Welches Repräsentationsformat der psychologischen Realität der semantischen Lexikonkomponente gerecht wird, muss die zukünftige Forschung auf empirischem Wege zeigen. Unklar ist auch, ob das mentale Lexikon nur sprachliches (also vom Sprachsystem determiniertes) Wissen oder auch allgemeines Weltwissen beinhaltet (s. Rummer/ Engelkamp 2006). Während in der modularistischen Linguistik die Meinung vorherrscht, dass enzyklopädisches und semantisches Wissen voneinander abzugrenzen sind, gehen Vertreter der holistischen Linguistik von einer untrennbaren Verflechtung beider Wissenskomponenten aus. Deblockierungsphänomene bei Aphasikern mit Benennungsstörungen legen die Annahme nahe, dass das mentale Lexikon kein abgeschlossenes Sprachinformationsmodul ist, sondern vielmehr über prozedurale Routen mit anderen, nichtsprachlichen Kenntnissystemen multimodal verknüpft ist (s. zu <?page no="107"?> 107 Kognition, Sprache und Gedächtnis einem kurzen Überblick Schwarz 1995a, b; s. auch Hillis 2007). Patienten, die nicht in der Lage waren, über den sprachlichen, also phonologischen oder graphemischen Weg in das mentale Lexikon zu kommen und dort Worteinträge abzurufen, konnten deblockiert werden und entsprechend das jeweilige Wort sagen, indem man ihnen den zu benennenden Gegenstand z.B. in die Hand gab oder ihn visuell als Bild zeigte. Dies spricht für eine multimodal vernetzte Struktur des mentalen Lexikons: Lexeme sind prozedural über nicht-sprachlich kodierte Kenntnisse aktivierbar (vgl. hierzu auch Kap. 3.3.2.1). Vielen psychologischen Gedächtnismodellen liegt die Annahme zugrunde, dass das LZG zwei funktional verschiedene Wissenssysteme inkorporiert (s. Tulving 1972, 1983, Baddeley 2004). Demnach umfasst das semantische Gedächtnis allgemeines (kategoriales) Wissen, wozu auch das mentale Lexikon einer Sprache gehört. Informationen, die im semantischen Gedächtnis gespeichert sind, geben z.B. an, dass die chemische Formel für Tafelsalz NaCl ist und dass Menschen sterblich sind. Das episodische Gedächtnis enthält dagegen Informationen über persönliche Erfahrungen und wird deshalb auch autobiographisches Gedächtnis genannt. Gespeichert werden Episoden, d.h. Ereignisse, die in räumlich-zeitlichen Zusammenhängen stehen. Das Wissen, dass ich im Mai in Hamburg auf einer Konferenz war und dass es in den letzten Tagen oft geregnet hat, ist Teil des episodischen Gedächtnisbesitzes. Eine strikte Trennung beider Wissenstypen scheint aber wenig sinnvoll zu sein. Allgemeines und spezifisches Wissen interagieren ständig miteinander: Allgemeines Wissen wird benutzt, um partikulares Wissen zu verstehen; partikulares Wissen dient der Modifikation und Erweiterung des allgemeinen Wissens. Episodische Wissensrepräsentationen können zudem im Laufe der Zeit kategoriellen Charakter annehmen. Semantische und episodische Gedächtnisinformationen lassen sich deshalb besser als Endpunkte auf einem Kontinuum von Wissensrepräsentationen vorstellen. Pathologische Gedächtnisstörungen deuten allerdings darauf hin, dass kategorielle und enzyklopädische Wissenselemente zum Teil dissoziierbar sind (Kihlstrom 1980, Kasten 2007). Vielleicht kann hier die verstärkte Zusammenarbeit von Spracherwerbsforschung, Entwick- <?page no="108"?> 108 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition lungspsychologie und Gedächtnistheorie zu klärenden Ergebnissen führen. Es gibt in dem Bereich »Sprache und Gedächtnis« noch eine Reihe von offenen Problemen, deren Bearbeitung Aufgabe der zukünftigen Forschung ist. Die derzeit zentralen Fragen nach der Repräsentation und der Aktualisierung mental gespeicherter Informationen werden noch länger Interessenschwerpunkte der Kognitionswissenschaften bilden. Festzuhalten bleibt, dass ein enger Zusammenhang von Gedächtnisorganisation, kognitiver Strukturbildung und sprachlicher Informationsverarbeitung besteht. Gedächtnispsychologische Grundlagenforschung und Kognitive Linguistik müssen daher zukünftig noch mehr aufeinander bezogen werden. 3.3.2 Kognitive Einheiten und Strukturen im LZG 3.3.2.1 Konzepte und Wortbedeutungen Eine Kernannahme der Kognitionsforschung ist, dass die im Gedächtnis gespeicherten kognitiven Strukturen die äußere Welt mental repräsentieren. Woraus setzen sich nun die kognitiven Strukturen zusammen? Als die elementaren Einheiten unserer strukturellen Kognition werden hier von mir in Übereinstimmung mit den meisten Kognitionsforschern die Konzepte betrachtet (s. Keil 1979, Sigel 1983, Klix 1980, Snodgrass 1984, Richardson/ Bhavnani 1984, Engelkamp 1988, Murphy 2002). »Essentially, a concept is an organizer of instances, and therein lies its structure. Concepts provide an efficient way of organizing diversity under a single rubric.« (Sigel 1983: 242) Sehr global und tentativ lassen sie sich als mentale Organisationseinheiten definieren, die die Funktion haben, Wissen über die Welt zu speichern. Als Bausteine unseres Kognitionssystems ermöglichen sie die ökonomische Speicherung und Verarbeitung subjektiver Erfahrungseinheiten durch die Einteilung der Informationen in Klassen nach bestimmten Merkmalen. Mittels konzeptueller Struktureinheiten organisieren Menschen die riesige <?page no="109"?> 109 Kognition, Sprache und Gedächtnis Menge an Informationen derart, dass ein effizientes Handeln und Verstehen möglich ist. Der Mensch muss, um sich in der Umgebung, die er als Welt erlebt, orientieren zu können, die äußeren Reize so verarbeiten, dass die diffuse Reizmenge in einzelne invariante Objekte eingeteilt wird und diese wiederum in Klassen äquivalenter Teilmengen zusammengefasst werden. Identität und Äquivalenz stellen fundamentale Prinzipien bei der Kategorisierung der Welt und des Wissens von der Welt dar. Das Prinzip der Identität lässt uns ein Objekt zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in verschiedenen Räumen als ein und dieselbe Entität erkennen. So ist es möglich, dass ich meinen Nachbarn auch in zwei Wochen auf einem abgelegenen Bauernhof als den Mann identifizieren kann, der normalerweise neben mir wohnt. Das Prinzip der Äquivalenz lässt uns zwei Objekte aufgrund ihrer gemeinsamen Eigenschaften als zwei Entitäten, die beide Exemplare (oder Instanzen) derselben Klasse sind, erkennen. Deshalb kann ich die Eiche im Park und die Eiche im Garten als Exemplare der Gegenstandsklasse BAUM identifizieren. Das Erkennen identischer und äquivalenter Objekte wird durch die im LZG gespeicherten Konzepte ermöglicht. Bei Störungen wie Amnesie oder Agnosie ist dieser Erkenntnisprozess nicht mehr möglich, da die Pfade zu den jeweiligen Konzepten blockiert sind. Konzepte, die Informationen über ganze Klassen von Objekten speichern, stellen Kategorien bzw. Type-Konzepte dar; Konzepte, die individuelle Objekte repräsentieren, sind Tokenbzw. Individualkonzepte. Konzepte ergeben sich nicht einfach aus der Addition einzelner Exemplare (es würde zu einer Überbelastung des LZG kommen, wenn alle Exemplare einer Klasse einzeln aufgeführt würden), sondern entstehen durch mentale Operationen, die von den individuellen Objektexemplaren abstrahieren und nur deren gemeinsame Merkmale extrahieren. Durch die gemeinsame Speicherung dieser Merkmale werden Kategorien gebildet. So entsteht z.B. aus der Erfahrung mit vielen verschiedenen Hunden ein HUND-Konzept, das sehr vereinfacht folgendermaßen beschrieben werden kann: (IST EIN TIER, HAT VIER BEINE, HAT EINEN SCHWANZ, KANN BELLEN). Dieses Konzept fungiert als eine Art Klassifikationsregel für alle Hunde, da jedes Exem- <?page no="110"?> 110 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition plar der Klasse ›Hund‹ als Mitglied oder Nicht-Mitglied des HUND-Konzepts identifiziert werden kann. Der Inhalt eines Konzepts, der durch die jeweilige Menge an Merkmalen festgelegt wird, bestimmt die Menge aller Instanzen, die dem jeweiligen Konzept zugerechnet werden können. Der Erwerb von Konzepten ist ein umstrittenes Thema. Während man in der Kognitions- und Entwicklungspsychologie von der Gültigkeit eines Kompositionalitätsprinzips ausgeht, demzufolge komplexere Konzepte aus primitiven Konzepten entstehen, wird von einigen Kognitionswissenschaftlern die These vertreten, dass alle wesentlichen Konzeptstrukturen bereits angeboren sind (s. Fodor 1975). Bei der derzeitigen Forschungslage lässt sich vermuten, dass einerseits die grundlegenden Prinzipien der Konzeptualisierung eine pränatale Disposition des Menschen darstellen, dass aber andererseits Umwelterfahrungen notwendig sind, um die mentalen Konzeptraster zu spezifizieren. In den psychologischen Konzepttheorien ging man lange davon aus, dass sich der Inhalt eines Konzepts durch einen definitorischen Merkmalssatz, d.h. eine Liste von notwendigen und hinreichenden Merkmalen, darstellen lässt (s. hierzu Ach 1921, Henle 1971). Konzepte sind nach dieser aristotelischen Version abstrakte, mentale Kategorien, die klare Grenzen haben und als Merkmalsbündel eindeutig beschreibbar sind. Konzepte sind unzweideutig mit entsprechenden Extensionen (Mengen von Entitäten) assoziiert. Extensionen sind also klar umgrenzte Mengen von Entitäten (z.B. die Menge aller Lebewesen, die unter die Konzeptkategorie TIER fallen). Alle Vertreter einer Konzeptkategorie sind äquivalent, so wären z.B. also Amsel, Spatz, Strauß, Huhn gleich gute Vertreter/ Exemplare der Kategorie VOGEL. Ethnosemantische und psychologische Untersuchungen und Tests haben aber ergeben, dass viele Konzepte ihrer Struktur nach vage sind, die Übergänge zwischen Konzepten oft fließend und exakte Kategorisierungsurteile deshalb meist gar nicht möglich sind. Die Mitglieder einer natürlichen Kategorie haben zudem oft nur eine so genannte Familienähnlichkeit (vgl. hierzu Wittgensteins berühmtes »Spiel-Beispiel«), und es lassen sich oft keine Merkmale angeben, die allen Instanzen gemeinsam sind (vgl. Kleiber 2 1998). <?page no="111"?> 111 Kognition, Sprache und Gedächtnis Labov (1973) demonstrierte durch sein mittlerweile berühmtes Tassen-Experiment, dass eindeutige Kategorisierungsurteile kaum möglich sind und deshalb die Annahme einer Konzeptrepräsentation mittels hinreichender und notwendiger Merkmale wenig plausibel ist. Labov legte seinen Vpn folgende Gefäße zur Beurteilung vor: Abb. 6 Die Vpn sollten beispielsweise angeben, bei welchem der Gefäße es sich um eine Tasse handelt. Es zeigte sich eine große Übereinstimmung bei der Bestimmung des mittleren Gefäßes, wo das Breite-zu-Höhe-Verhältnis ungefähr 1: 1 ist und offensichtlich ein perzeptuell typisches Merkmal darstellt, doch ansonsten variierten die Beurteilungen erheblich. Sollten sich die Vpn vorstellen, dass sie das jeweilige (zur Beurteilung vorliegende) Gefäß zum Trinken benutzen, wurden die Gefäße generell häufiger als Tasse identifiziert, was dafür spricht, dass der Kontext bei konzeptuellen Entscheidungsaufgaben eine wichtige Rolle spielt. Dass sich konzeptuelle Kategorien nicht immer strikt voneinander abgrenzen lassen und daher auch nicht durch präzise definierbare Merkmalssätze repräsentiert werden können, haben eine Reihe von Untersuchungen gezeigt: So beobachteten Berlin/ Kay (1969) und Rosch (1975), dass z.B. im Bereich der Farbkategorien klare Grenzziehungen und Umfangsbestimmungen von Konzepten nicht möglich sind. Es stellen auch nicht alle Vertreter einer bestimmten Kategorie gleich gute Instanzen dieser Kategorie dar. Untersuchungen zur Kategorie VOGEL ergaben, dass das Rotkehlchen in unseren Breitengraden für uns ein besserer Vertreter als Kolibri oder Strauß ist. Zudem zeigten Tests auch Abstufungen innerhalb der <?page no="112"?> 112 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Typikalitätseinschätzungen: So wurde das Rotkehlchen typischer als Huhn, das Huhn typischer als der Vogel Strauß, der Strauß typischer als der Pinguin bewertet. Nicht alle Vögel sind für uns folglich gleich gut »vogelartig«. Wir haben nicht einfach nur Vögel, sondern typische Vögel in unserem Kopf. Typikalitäteinflüsse zeigen sich auch bei allen anderen natürlichen Kategorien: ein bestimmtes Rot, eine Fokalfarbe, ist ein röteres Rot als braunrot oder rosarot, die Möhre ist ein besserer Vertreter der Kategorie Gemüse als Spargel, Bett ist ein besseres Exemplar von Möbelstück als Kommode. Auch im Bereich der Abstrakta finden sich solche Unterschiede: Mord ist »verbrecherischer« als VERBRECHEN als Ladendiebstahl, Meineid eine »lügnerischere« Lüge als Notlüge. Die Typykalität übt zudem Einfluss auf die Sprachverarbeitung aus: Versuchspersonen sollten über den Wahrheitsgehalt von Sätzen entscheiden wie Eine Rose ist eine Blume. oder Ein Löwenzahn ist eine Blume. Bei typischen Instanzen fanden sich schnellere Reaktionen. All diese Untersuchungen zeigen die Nicht-Äquivalenz von Kategorieninstanzen. Die Kenntnisnahme von Typikalitätsbzw. Zentralitätsaspekten bei Konzeptkategorien führt dann zur Annahme, dass es eine interne Struktur von Kategorien gibt, bestehend aus einem Prototypen und peripheren Mitgliedern. Merkmalssemantisch kann man sich diese Konzeption als einen Kern von typischen Attributen/ Merkmalen und einem Grenzbereich mit weniger zentralen Attributen vorstellen. In vielen prototyporientierten Abhandlungen werden Bilder als Hilfsinstrumentarien zur Darstellung der Kategorienstrukturen benutzt (s. Schmid 1993, Aitchison 2003). Im Mittelpunkt der VOGEL-Kategorie sitzt z.B. das Rotkehlchen, nahe bei Spatz und Amsel, dann etwas weiter in der Peripherie sind Huhn und Ente und ganz in den Randbezirken Pinguin und Strauß lokalisiert. Konzeptuelle Kategorien weisen aber nicht nur eine horizontale Dimension auf, d.h. die innere Struktur auf einer Klassifikationsebene, die die Relation der Vertreter auf einer Abstraktionsstufe zueinander bestimmt, sondern auch eine vertikale Dimension. Eine Entität wie ein Dackel wird gleichermaßen als Dackel, Hund, Tier und als Lebewesen klassifiziert. Wir stoßen also auf eine Hierarchie der Kategorien. Die interkategoriale Strukturie- <?page no="113"?> 113 Kognition, Sprache und Gedächtnis rung involviert unterschiedliche Abstraktionsebenen und funktioniert nach dem Prinzip der Inklusion: Jeder Dackel ist ein Hund, jeder Hund ist ein Tier, jedes Tier ist ein Lebewesen. In der Prototypentheorie grenzt man die sogenannte Basisebene als eine für kognitive Leistungen besonders wichtige und frequente Ebene ab: Basiskonzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei einem höchstmöglichen Abstraktionsgrad noch eine bildhafte Repräsentation im Bewusstsein zulassen. Vgl. z.B. die folgenden Beispiele: Abstrakt: Tier Pflanze Basisebene: Vogel Baum Konkret: Amsel Fichte Für Vogel und Baum lassen sich trotz des Abstraktionsgrades Vorstellungsbilder aktivieren, dies ist bei Tier und Pflanze nicht möglich (es sei denn, man greift auf eine tiefere Ebene zurück). Bei der Sprachproduktion zeigt sich, dass die Basisebene die für die Benennung bevorzugte Ebene ist (s. Kap. 6); des Weiteren gibt es Spracherwerbsanalysen, die zeigen, dass die Konzepte dieser Ebene von Kindern besonders früh erworben werden (s. zum Spracherwerb Kap. 4). Die Prototypentheorien im Bereich der Linguistik sind im Wesentlichen wortsemantische Ansätze (s. z.B. Schmid 1993, Mangasser-Wahl 2000, Geeraerts 2002, Taylor 2002, Lee 2002, Bärenfänger 2002b). Satzsemantsiche und textuelle Analysen sind bislang kaum zu finden (s. hierzu bereits Kap. 2.5.1 und Kap. 5.3.3). Eine in der Kognitiven Semantik seit längerem intensiv diskutierte Frage betrifft das Verhältnis zwischen konzeptuellen Einheiten und sprachlichen Bedeutungen (s. Bierwisch 1983a, c, Jackendoff 1983, 2000, Schwarz 1992, Kelter 1994, Lang 1994, Taylor 1995, 2002, Logan 2002, Schwarz 2002, Moss et al. 2007). Fallen Bedeutungen und Konzepte zusammen oder gibt es eine Unterscheidung zwischen Lexembedeutungen und den allgemeinen, enzyklopädischen Konzepten? Hier wird die Annahme vertreten, dass Wortbedeutungen sprachlich relevante Ausschnitte von konzeptuellen Domänen sind (s. hierzu ausführlich Schwarz 1992, 1995, 2000a, 2002). <?page no="114"?> 114 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Konzepte basieren auf dem Prozess der Konzeptualisierung, d.h. der Bildung von geistigen, intern gespeicherten Repräsentationen. Ein Konzept wird determiniert durch ein Schema (t(a 1 ,…, a n )). Wir haben also in unserem LZG gespeichert, um was für einen ontologischen Typ t (z.B. t=LEBEWESEN oder t=ARTE- FAKT) es sich bei einer konzeptuellen Einheit handelt und welche Eigenschaften die Kategorie hat. MENSCH kann man entsprechend als (t=LEBEWESEN (HAT VERSTAND, HAT SPRACHE, HAT KÖRPER MIT KOPF UND BEWEGT SICH AUF ZWEI BEINEN, IST STERBLICH)) beschreiben. Bedeutungen sind versprachlichte Konzepte, d.h. mentale Inhalte mit einer verbalen Formrepräsentation versehen: Kon (x 1 -x n ) Sem syn (x 2 -x 5 ) R phon Eine Bedeutung (Sem) entsteht aus einer selektiven Lexikalisierung (x 2 -x 5 ) von Konzeptinformationen Kon (x 1 -x n ) und der Bindung an eine phonologische/ graphemische Repräsentation (R phon ) sowie ein syntaktisches Subkategorisierungsraster (syn). Bedeutungen werden somit nur als spezifische Selektionen von enzyklopädischen Wissenselementen abgegrenzt. Die Semantik bezieht ihre Inhalte aus dem konzeptuellen System, ihre Formen aber aus dem sprachlichen System. Konzeptuelle Inhalte werden also sprachspezifisch durch phonologische Repräsentationen und syntaktische Raster gebunden. In diesem Sinne ist das semantische Kenntnissystem Schnittstelle zwischen zwei kognitiven Subsystemen. Das Besondere des semantischen Systems liegt dabei im Formalen, d.h. in der Gebundenheit an sprachliche Einheiten und Strukturen. Konzept- und Bedeutungsinformationen stehen dabei nicht notwendigerweise in einer 1: 1-Relation. Semantische Lexikoneinträge repräsentieren vielmehr Teile aus Konzepten. Ähnlich argumentiert Jackendoff (2000), der die linguistische Semantik ebenfalls als das Gebiet der Schnittstelle zwischen Konzeptualisierung und sprachlicher Form sieht und sich somit mit den Aspekten von Konzeptstrukturen beschäftigt, die lexikalisch und syntaktisch ausgedrückt werden. Der semantische Lexikoneintrag zu Wasser beispielsweise kann folgendermaßen dargestellt werden: <?page no="115"?> 115 Kognition, Sprache und Gedächtnis WASSER: sem=X ((Substanz XS); S=FLÜSSIGKEIT, DURCH- SICHTIG, KANN ZUM TRINKEN ODER WASCHEN BE- NUTZT WERDEN) Wasser stellt als Referenzmenge einen bestimmten ontologischen Typ X (SUBSTANZ) dar und lässt sich spezifisch als FLÜSSIG- KEIT bestimmen. Als typische Merkmale sind weiterhin die (normale) Farbbeschaffenheit und die Hauptfunktion(en) aufgeführt. Enzyklopädische Komponenten, die im Konzept WASSER zusätzlich gespeichert sein können, sind z.B. WASSERSTOFF-SAUER- STOFF-VERBINDUNG, H 2 O, GEFRIERT BEI 0 °C UND SIE- DET BEI 100 °C. Diese Informationen hängen jedoch vom individuellen Wissen ab und gehören nicht zum konventionell in einer Sprachgemeinschaft als verbindlich erachteten Wortwissen, welches für die Referenz, die Wahrheitswertfestlegung und die Verständlichkeit der Kommunikation unabdingbar ist. Die Grenze zwischen semantischem und konzeptuell-enzyklopädischem Wissen wird als fließend angesehen: Eine strikte Trennung der beiden Komponenten ist oft kaum möglich. Im mentalen Lexikon sind semantische und konzeptuelle Repräsentationen daher über prozedurale Routen miteinander verknüpft (s. Schwarz 1995a, 2000a: 37ff). Die Bedeutung eines Wortes hat neben der an die sprachliche Form geknüpften Kerninhalte somit einen konzeptuellen Skopus, d.h. die Menge enzyklopädischer Informationen, die an die Bedeutung gekoppelt sind. Diese stellen die Basis für die möglichen Inferenzen dar, die bei der Bedeutungskonstitution gezogen werden können (s. Kap. 2.5.1 und 5.4). 3.3.2.2 Komplexe Organisationseinheiten: Schemata Konzepte sind im Gedächtnis nicht isoliert abgespeichert, sondern sie sind durch verschiedene Relationen mit anderen Konzepten verknüpft. Die interkonzeptuellen Beziehungen stellen kognitive Strukturen dar, die Zusammenhänge eines Realitätsbereichs repräsentieren. So sind an das Konzept KRANKENHAUS zahlreiche andere Konzepte wie PATIENTEN, ÄRZTE, KRANKEN- SCHWESTERN, MEDIZIN, OPERATION gekoppelt, die in spezifischen Relationen zueinander stehen (wie ÄRZTE FÜH- REN OPERATIONEN AN PATIENTEN AUS). In der neueren <?page no="116"?> 116 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Forschung sind mentale Repräsentationsmodelle entwickelt worden, die der Tatsache Rechnung tragen, dass konzeptuelle Einheiten im LZG in komplexen Organisationsformen abgespeichert sind, die Weltwissen zusammenhängend abbilden. Diese Ansätze fallen in den Rahmen der Schema-Theorie (s. Alba/ Hasher 1983). Der Begriff »Schema« wurde von Bartlett 1932 im Rahmen seiner psychologischen Gedächtnistheorie eingeführt und meint dort strukturierte Wissensbereiche im LZG. Bartlett nahm an, dass Gedächtnisprozesse auf konstruktive Mechanismen zurückzuführen sind und von Wissensstrukturen (den Schemata) gesteuert werden. Sein Ansatz stand damit in Opposition zu den rein assoziationistischen Gedächtnismodellen der Behavioristen und legte den Grundstein für die moderne Gedächtnispsychologie. In seinen Experimenten legte Bartlett seinen Vpn Texte zur Einprägung vor, die er später von diesen reproduzieren ließ. Die Reproduktionen zeigten gegenüber dem Original signifikante Veränderungen, die auf eine aktive Verarbeitung des Materials hinwiesen. So waren Informationen zusammengefügt, modifiziert oder weggelassen worden. Bartlett führte diese spezifischen Veränderungen auf den Einfluss des im Gedächtnis gespeicherten Wissens zurück. Wissen definierte er dabei als »organized mass« (1932: 197), Schemata als strukturierte Wissensbereiche. Im damaligen Paradigma des Behaviorismus fand der mentalistische Ansatz Bartletts kaum Beachtung; erst mit der Kognitiven Wende rückten seine Annahmen in den Vordergrund der Gedächtnisforschung (s. Neisser 1967 und 1976). Das von Bartlett noch sehr vage und intuitiv gehandhabte Konstrukt des Schemas wurde von KI-Forschern und Kognitionspsychologen aufgegriffen und präzisiert. In der einschlägigen Literatur werden komplexe Repräsentationseinheiten als »Frames« bzw. »Rahmen« (Minsky 1975, Barsalou 1992, Konerding 1994), »Rezepte« (Wettler 1980), »Orientierungsbereiche« (Klix 1980), »Skripts« oder »Szenarios« (Sanford/ Garrod 1981) bezeichnet. Im Folgenden sollen kurz einige der wichtigsten Aspekte der Schema-Theorie erläutert werden. Menschen speichern im LZG mentale Repräsentationen über Bereiche ihrer Umwelt und ihrer eigenen Person. Schemata stellen <?page no="117"?> 117 Kognition, Sprache und Gedächtnis komplexe Wissensstrukturen dar, welche die Erfahrungen repräsentieren, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht. »These knowledge structures can be thought of as generic concepts representing objects, persons, situations, events, sequences of events, actions, and sequences of actions.« (Bellezza/ Bower 1982: 1) Schemata sind Voraussetzung und (aufgrund ihrer potentiellen Veränderbarkeit durch neue Erfahrungswerte) auch zugleich Ergebnis aller Informationsverarbeitungsprozesse. Als komplexe Organisationseinheiten stellen sie die Grundlage für alle konzeptuellen Prozesse dar. Sie werden in Form von Netzwerken dargestellt, wobei die konzeptuellen Einheiten als Variablen bzw. Slots (die allgemeine stereotypische Charakteristika - Defaults - aufweisen) konzipiert sind. Die Variablen werden in Verstehensprozessen mit konkreten Werten (Fillers/ Füllwerten) besetzt. Das GEBEN-Schema beispielsweise besitzt drei grundlegende Konzeptvariablen: Variable X (GEBER), Y (EMPFÄNGER) und Z (GABE). Diese Variablen können je nach Situation durch partikulare Instanzen/ Füllwerte gefüllt bzw. instanziiert werden. In Beispiel (3) ist die GEBER-Variable durch Martin, die EMPFÄN- GER-Variable durch Birgit und die GABE-Variable durch das Buch besetzt: (3) Martin gibt Birgit das Buch. Wahrnehmung, Wissensspeicherung und Sprachverarbeitung stellen schema-gesteuerte Prozesse dar: Bei der Informationsverarbeitung wird normalerweise ein Schema ausgewählt, mit dessen Hilfe der jeweilige Sachverhalt oder Sinnesreiz interpretiert werden kann. Da Schemata variabel und damit flexibel angelegt sind, können sie auch Informationen verarbeiten, die von normalen Objekten und Zuständen abweichen oder lückenhaft wahrgenommen werden. So wird beispielsweise ein Gesicht auch dann als ein solches erkannt, wenn es nur ein Auge aufweist oder in der Wahrnehmungssituation halb verdeckt ist. Neue Informationen werden bevorzugt in bereits gespeicherte Schemata integriert. Schemata sind die Basis für Inferenzen: Nicht explizit genannte Einheiten werden in der Sprachverarbeitung inferiert, d.h. vom jeweiligen Schema hinzugesteuert. Falls keine gegenteilige Infor- <?page no="118"?> 118 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition mation vorliegt, werden die Defaults, die Standardannahmen darstellen und in diesem Sinne Erwartungswerte repräsentieren, als Füllwerte (Fillers) benutzt. In Satz (4) wird z.B. automatisch ein Geber angenommen und als konzeptuelle Information aktiviert. (4) Martin bekam ein Buch (VON GEBER X). Komplexe Schemata repräsentieren in unserem LZG konzeptuelle Repräsentationen zu Standardsituationen oder -handlungen und sind hierarchisch aufgebaut. Im RESTAURANT-Schema ist z.B. gespeichert, dass Kellner nach den Wünschen der Gäste fragen und sie bedienen, Köche in der Küche kochen, Gäste an Tischen sitzen, Speisen bestellen, dann essen und später bezahlen. Unterschieden werden können Rollen-Konzepte (z.B. GAST, KELL- NER, KOCH etc.), Requisiten-Konzepte (z.B. TISCH, SPEISE- KARTE etc.), Voraussetzungskonzepte (z. B. HUNGER HABEN, GELD HABEN etc.) und Resultatskonzepte (z.B. WENIGER GELD HABEN, KEINEN HUNGER MEHR HABEN etc.). Im Skript verzeichnet sind dabei auch Informationen über den typischen Ablauf der jeweiligen Handlung (z.B. ERST RESTAU- RANT BETRETEN, DANN AN EINEN TISCH SETZEN, DANN DEN KELLNER HERANWINKEN). Handlungsschemata (Skripts) beispielsweise beinhalten Szenen, die wiederum aus einer Reihe von Ereignissen bestehen (die entsprechend in konzeptuelle Primitiva zerlegbar sind). Die Szene BESTELLEN als Teil des Schemas RESTAURANT-BESUCH kann die Ereignisse X1 (KELLNER HERANWINKEN), X2 (AUFTRAG ERTEILEN) usw. involvieren. Ereignisse inkludieren Rollen und Requisiten wie KELLNER, GAST, TISCH und SPEI- SEKARTE. Die Informationen werden so kodiert, dass sie mit dem jeweils ausgewählten Schema konsistent sind: (5) Maria (Rolle: GAST) gibt Luigi (Rolle: KELLNER) die Karte (Requisit: SPEISEKARTE) zurück. Ist kein Schema explizit erwähnt, wählt der Rezipient ein passendes aus: (6) Ich suchte wie wild nach der Fahrkarte, als der Schaffner ins Abteil trat. <?page no="119"?> 119 Kognition und Repräsentation (6) wird man normalerweise einem BAHNFAHRT-Schema zurechnen. Alle fehlenden Informationen werden aufgrund unseres Schema-Wissens inferiert, so dass auch eigentlich unvollständige Textsequenzen mühelos verstanden werden. (7) Jürgen besuchte ein Restaurant in Tunis. Der Kellner erhielt ein großzügiges Trinkgeld. Die nicht erwähnten Personen (Koch, Kellner) und Handlungen (Essen, Zahlen usw.) werden mental durch die Schema-Aktivierung bereitgestellt und die mentale Textrepräsentation entsprechend elaboriert. Die definite (indirekt-anaphorische) Referenz Der Kellner ist möglich (obgleich der Kellner als Referent nicht im Text vorerwähnt wurde), da KELLNER als ein Default- Wert im RESTAURANT-Schema lokalisierbar ist. Die Aktivierbarkeit von nicht genannten, aber über Schema-Aktivierung und Inferenzziehung herzuleitenden Textreferenten ist somit gewährleistet (s. hierzu Schwarz 2000a, Schwarz-Friesel 2007c sowie Kap. 5.3.4 und 5.3.5). Der Sprachproduzent solcher Äußerungen setzt diese kognitive Fähigkeit beim Rezipienten voraus und kodiert daher auch noch nicht in die Textwelt eingeführte Referenten mittels definiter Nominalphrasen (die qua Semantik des bestimmten Artikels die Bekanntheit/ Erreichbarkeit des bezeichneten Referenten signalisieren). Der Rezipient versteht die definite Referenz aufgrund der latenten Aktivierung im mentalen Schema. Die Schema-Theorie spielt besonders in der Kognitiven Textwissenschaft (und hier insbesondere in der Text(verarbeitungs)theorie) eine wichtige Rolle bei dem Versuch, zu erklären, welchen Einfluss konzeptuelles Weltwissen auf den Prozess der sprachlichen Verarbeitung hat (s. z.B. Schnotz 1993, Schwarz 2000, Rickheit et al. 2002; vgl. auch Scheufele 2003, 2006 zu einem medienwissenschaftlichen Ansatz, der die Relevanz von Schemata bei öffentlichen Kommunikationsprozessen zeigt). 3.4 Kognition und Repräsentation Kognitive Wissensstrukturen umfassen alle Informationen, die modalitätsspezifisch (also visuell, motorisch, sprachlich, olfakto- <?page no="120"?> 120 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition risch usw.) in Erfahrungssituationen verarbeitet worden sind. Eine zentrale Frage der Kognitionsforschung betrifft die Repräsentation des Wissens, d.h. die Art und Weise der langfristigen Speicherung im Gedächtnis. Mentale Repräsentationen lassen sich sehr allgemein definieren als systeminterne Zustände, die externe Zustände (der Umwelt) in einer bestimmten Art und Weise abbilden. »Representation is, first and foremost, something that stands for something else. In other words, it is some sort of model of the thing (or things) it represents. This description implies the existence of two related but functionally seperate worlds: the represented world and the representing world. The job of the representing world is to reflect some aspects of the represented world in some fashion.« (Palmer 1978: 262) Wissensinhalte lassen sich durch unterschiedliche Darstellungsmittel repräsentieren. So kann z.B. der Inhalt des Konzeptes ROSE durch die sprachliche Form Rose oder die bildliche Form einer Rose (z.B. in Form eines Photos) aktiviert werden. Man muss in Anlehnung an Palmer (1978) unterscheiden zwischen dem repräsentierten und dem repräsentierenden Bereich, wobei die Relation zwischen beiden Bereichen zu klären ist. Welche Eigenschaften der abgebildeten Objekte, Relationen, Zustände oder Handlungen finden sich in der mentalen Repräsentation wieder? Man unterscheidet allgemein zwei Repräsentationsarten: die propositionale (aussagenartige) und die analoge (bildhafte) Repräsentation. Propositionale Repräsentationen stellen menschliches Wissen auf eine sehr abstrakte Weise dar, indem sie von den modalitätsspezifischen Charakteristika des abgebildeten Wissens abstrahieren. Eine Proposition besteht aus einem Prädikat und einem oder mehreren Argumenten. Die propositionale Darstellung des Satzes Birgit isst Schokolade sieht je nach Notationsart folgendermaßen aus: (8) ((ESSEN (BIRGIT, SCHOKOLADE)) (9) <BIRGIT> ESSEN <SCHOKOLADE> Essen ist dabei das Prädikat, Birgit und Schokolade sind die Argumente. <?page no="121"?> 121 Kognition und Repräsentation Analoge Repräsentationen sind Darstellungsformen, die etwas spiegelbildlich wiedergeben. Sie werden deshalb auch bildhafte Repräsentationsformen genannt. So sind Photos und Bilder der Realität analog, da sie bestimmte perzeptuelle Eigenschaften der abgebildeten Realität ausdrücken. Bildhafte Vorstellungen werden dementsprechend als mentale Abbilder oder Szenen aufgefasst, die perzeptive Charakteristika der repräsentierten Objekte beinhalten. In diesem Sinne bestehen zwischen den physischen Objekten und den mentalen Repräsentationseinheiten isomorphe Relationen. Aussagenartige Repräsentationsmodi eignen sich intuitiv betrachtet zur Darstellung von abstrakten Ideen und komplexen Zusammenhängen besser als analoge Repräsentationen. Dafür können analoge Formate räumliche Beziehungen und perzeptuelle Charakteristika besser wiedergeben. In der Forschung wird die Frage nach der Repräsentation kognitiver Strukturen kontrovers diskutiert. Werden die mentalen Einheiten und Strukturen in einem einheitlichen Format gespeichert, oder gibt es unterschiedliche modalitätsspezifische Teilsysteme? Die Repräsentationsfrage hängt damit auch eng mit dem erkenntnistheoretischen Problem zusammen, Aussagen über den Modus unserer Gedanken zu machen. Hinsichtlich der Frage, wie Wissen im LZG repräsentiert wird, lassen sich zwei theoretische Positionen unterscheiden: die unitäre und die duale Repräsentationstheorie. Im Rahmen des unitären Ansatzes wird angenommen, dass für alle Informationen, die wir über verschiedene Sinneskanäle aufnehmen, nur ein abstraktes Repräsentationsformat existiert (vgl. Pylyshyn 1973 und 1984, Anderson 1976). Der konzeptuellen Identitätshypothese zufolge ist die konzeptuelle Struktur die Ebene, auf der alle modalitätsspezifischen Informationen kompatibel und aufeinander beziehbar sind. Sie integriert die heterogenen Erfahrungseinheiten zu holistischen Erlebnissen und ermöglicht die Übersetzbarkeit einer modalitätsspezifischen Repräsentation in eine andere. So können wir Bilder sprachlich beschreiben, sprachliche Ausdrücke bildlich darstellen und motorische Handlungen visuell und/ oder sprachlich repräsentieren. Damit fungiert die konzeptuelle Struktur als vermittelnde und integrierende <?page no="122"?> 122 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Basisebene der Kognition. Obgleich wir Informationen aus unserer Umgebung über viele verschiedene Sinneskanäle aufnehmen und demzufolge in verschiedenen Sinneswelten leben könnten, werden die vielfältigen Sinneseindrücke kohärent zu einer Erlebniswelt zusammengefügt. Alle Afferenzen werden zu einer intermodalen Wahrnehmung integriert. So sehen wir eine Rose, riechen ihren Duft, ertasten ihre Oberfläche, und erleben doch diese Eigenschaften als integrative Teile einer wahrnehmbaren Entität. Als empirische Evidenzen für die unitäre Speicherung verbaler und nonverbaler Informationen werden u.a. die Ergebnisse von Experimenten der folgenden Art angeführt: Vpn, die in dem Experiment von Pezdek (1977) den Satz (10) Der Vogel sitzt im Baum. gelesen hatten, glaubten bei einem nachfolgenden Wiedererkennungstest den Satz (11) Der Adler sitzt im Baum. gelesen zu haben, wenn sie bei der Vorlage des ersten Satzes das Bild eines Adlers gesehen hatten. Dieses Ergebnis wird im Sinne der konzeptuellen Identitätshypothese damit erklärt, dass die durch die Sätze und Bilder übermittelten Informationen im Gedächtnis integriert und in einem einheitlichen Format repräsentiert werden. Im Gegensatz zu dem unitären Ansatz werden in der dualen Repräsentationstheorie - wie sie vor allem von Paivio (1971, 1978 und 1985) vertreten wird - mindestens zwei verschiedene Repräsentationssysteme im LZG angenommen. Diese repräsentationalen Systeme inkludieren Aspekte ihres modalitätsspezifischen Ursprungs. Die spezifischen Rezeptorkomponenten, über die Informationen in das LZG gelangen, formen die mentalen Repräsentationen derart, dass Gedächtnisspuren modalitätsspezifische Charakteristika aufweisen. Das Wissen über visuelle Objekte und räumliche Beziehungen wird demzufolge nicht propositional, sondern analog abgebildet. Paivio geht davon aus, dass zwei voneinander unabhängige Systeme im LZG für die Verarbeitung, die Speicherung und den Abruf verbaler und nonverbaler Informationen verantwortlich sind: das <?page no="123"?> 123 Kognition und Repräsentation imaginale System und das verbale System. Die beiden Systeme stellen separate Komponenten dar und arbeiten weitgehend autonom, können aber in Beziehung zueinander treten und parallel aktiviert werden. Paivio unterscheidet zwei Ebenen der Informationsverarbeitung (die er etwas unglücklich repräsentationale und referenzielle Ebene nennt). Auf der repräsentationalen Ebene lösen nonverbale Reize Vorstellungsbilder, so genannte Imagene, und sprachliche Reize verbale Einheiten (die Paivio Logogene nennt) aus. Auf dieser Ebene arbeiten beide Systeme noch autonom. Auf der referenziellen Ebene können Verbindungen zwischen beiden Systemen hergestellt werden: Imagene können benannt werden, und linguistische Einheiten können Imagene evozieren. Paivios Repräsentationstheorie stützt sich auf eine Reihe von Experimenten und empirischen Beobachtungen, in denen ein Überlegenheitseffekt der imaginalen Verarbeitung und Speicherung gegenüber der verbalen Repräsentation nachgewiesen wird. Bilder von Objekten werden besser als die Bezeichnungen dieser Objekte und diese wiederum besser als abstrakte Wörter behalten und reproduziert. Je höher der Bildhaftigkeitsgrad von Informationen ist, desto leichter und besser werden diese behalten und verstanden. Die Differenzen bei den Behaltensleistungen führt Paivio auf die unterschiedliche Bildhaftigkeit und die damit verbundene Art der Verarbeitung zurück. Da Abstrakta keine Repräsentationen im imaginalen System haben, werden sie nur auf der verbalen Ebene verarbeitet, während Konkreta (die Imagene evozieren können) dual verarbeitet werden. Dass die Bildhaftigkeit bzw. perzeptuelle Rückbezüglichkeit einen großen Einfluss auf die Verarbeitung und Speicherung von Wissenseinheiten hat, ist inzwischen auch von anderen Forschern empirischexperimentell bestätigt worden (s. Wippich 1980, Schwanenflügel et al. 1988). Dass visuelle Vorstellungsbilder eine eigenständige Form der mentalen Repräsentation darstellen, ist auch ausdrücklich von Kosslyn (1981) postuliert worden. Er untersuchte in zahlreichen Experimenten die Eigenschaften bildhafter Vorstellungsbilder. Die zugrundeliegende Annahme dabei ist, dass die mental ausgeführten Operationen über den Vorstellungsbildern analog zu den <?page no="124"?> 124 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Operationen sind, die über physischen Objekten ablaufen. So zeigte Kosslyn beispielsweise, dass ein mentales Bild einer Landkarte so bearbeitet wird wie eine tatsächlich vorliegende Karte. Die räumliche Nähe spielt bei der mentalen Karte eine ähnliche Rolle wie bei der realen Karte. In einem anderen Experiment sollten sich die Vpn einen Hasen neben einer Mücke oder neben einem Elefanten vorstellen. Daraufhin mussten die Vpn angeben, ob der Hase Ohren hat. Die Zeit zur Beantwortung dieser Frage war höher, wenn sich der Hase in der Vorstellung der Vpn neben dem Elefanten befand. Offensichtlich spielt der Aspekt der Größe von miteinander zu vergleichenden Einheiten bei den Vorstellungsbildern eine ähnliche Rolle wie bei der visuellen Verarbeitung (s. auch Kosslyn 1997). Mentale Raumrepräsentationen spielen auch bei der Sprachverarbeitung eine wichtige Rolle (s. Kelter 2003, Zwaan 2004): Offensichtlich simulieren Sprachrezipienten bei der Verarbeitung sprachlicher Informationen analoge Sachverhaltsrepräsentionen. Unterstützt wird die Annahme bildhafter Repräsentationseinheiten auch durch Forschungsergebnisse aus den Neurowissenschaften: Durch Läsionen im Gehirn kann der Mechanismus, der Bilder erzeugt, isoliert gestört sein (Farah 1984, Brown 1985, Kasten 2007). Ob mentale Bilder tatsächlich als eine Art interner Photos repräsentiert werden, ist allerdings nach wie vor äußerst umstritten (Hoffmann 1982, Jorna 1990, Rehkämper 1991; vgl. auch die philosophische Abhandlung von Otto 2007 zum Erinnern). Die entwicklungsorientierte Kognitionspsychologie geht davon aus, dass sich konzeptuelle Repräsentationen auf der Basis modalitätsspezifischer Repräsentationen aufbauen. Es werden drei Repräsentationsformen unterschieden, mit denen Erfahrungen gespeichert werden können (Bruner et al. 1971, Engelkamp/ Zimmer 1985): Mit enaktiven Repräsentationen werden Erfahrungen als motorische Programme gespeichert. Analoge Repräsentationen stellen Erfahrungen als Bilder und räumliche Schemata dar. Symbolische Repräsentationen bilden Erfahrungen mit der Hilfe von sprachlichen Formen ab. Während man lange annahm, dass für die Repräsentation komplexer und abstrakter Kenntniszusammenhänge lautsprachliche Symbolstrukturen not- <?page no="125"?> 125 Kognition und Repräsentation wendig sind, weiß man heute, dass auch durch die symbolischen Einheiten und Strukturen der Gebärdensprache alle wesentlichen Aspekte der mentalen Erfahrenswelt gespeichert werden können (s. Emmorey 2002). Kinder erwerben zunächst senso-motorische Darstellungsmodi, um die Gegenstände und Ereignisse ihrer Umwelt zu organisieren und mental zu speichern. Für die kognitive Ontogenese ist die Übersetzung von einem Darstellungsmodus in einen anderen relevant, wobei diese Übergänge hierarchisch verlaufen, also von der motorischen Repräsentation über die bildhafte bis zur sprachlichen. Demnach baut sich das Kognitionssystem des Menschen als Folge von Internalisierungsprozessen auf, die qualitativ verschiedene Repräsentationen aufeinander beziehen. Dass die senso-motorischen Gedächtnissysteme die ontogenetisch frühesten Repräsentationssysteme darstellen, wird von fast allen psychologischen Entwicklungstheorien angenommen (s. Krech/ Crutchfield 1985). Es fehlen aber genauere Angaben über die kognitiven Operationen, die zu den Veränderungen im repräsentationalen Format der Wissensspeicherung führen. Umstritten ist schließlich auch in diesem Forschungsbereich, ob alles Wissen nach abgeschlossener Ontogenese modalitätsunspezifisch in einem einheitlichen Format oder in unterschiedlichen modalitätsspezifischen Gedächtnissystemen gespeichert wird. Neuere Untersuchungen aus der Gedächtnispsychologie bestätigen die Annahme von modalitätsspezifischen Strukturen im LZG (s. Baddeley 2002, 2004). Auch Befunde aus der Gehirnforschung deuten auf modalitätsspezifische Repräsentationen hin (s. Beaumont 1987, Kasten 2007). Die Bedeutungen von Konkreta sind offensichtlich weitflächiger im Gehirn repräsentiert als die von Abstrakta. Caramazza/ Berndt (1978) berichten über ein Experiment mit Split-Brain- Patienten, bei denen konkrete Nomina auch in der rechten Hemisphäre (also in der für bildhafte Informationen zuständigen Hirnhälfte) verarbeitet werden konnten, während dies für abstrakte Nomina nicht möglich war. »It is possible that picturable nouns can be recognized by the right hemisphere because of the capacity for visual imagery that is be- <?page no="126"?> 126 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition lieved to be highly lateralized to the right …, the fact that the referents of highly concrete nouns can be experienced through several sense modalities and can be manipulated as well as visually perceived, may indicate that the meanings of those nouns are more diffusely represented in the brain …« (Caramazza/ Berndt 1978: 910) Die bisherige Forschung hat sich primär auf die Repräsentation sprachlicher und visueller Informationen konzentriert. In letzter Zeit ist auch die Darstellung motorischen Wissens intensiver untersucht worden (s. Engelkamp/ Zimmer 1985 und Engelkamp 1987); über die Repräsentation olfaktorischer und taktiler Informationen weiß man bisher nur sehr wenig (s. Baddeley 2004). Die unitäre Repräsentationstheorie kann die Befunde der Experimentalforschung mit ihrer Annahme einer einzigen modalitätsunspezifischen Repräsentationstheorie nicht adäquat erklären. Wenn im LZG alle Wissensinhalte einheitlich repräsentiert wären, könnten die Differenzen bei der Speicherung und Verarbeitung von Bildern, Konkreta und Abstrakta nicht auftreten. Die duale Repräsentationstheorie hat Schwierigkeiten, die offensichtlich sehr schnell und problemlos zu vollziehende Übersetzbarkeit und Integration modalitätsspezifischer Wissenseinheiten zu erklären. Eine direkte Übersetzung von einem System in ein anderes setzt komplexe Übersetzungsregeln oder eine abstrakte Integratorebene voraus. Offensichtlich kann nur ein integrativer Erklärungsansatz, wonach kognitive Strukturen im LZG sowohl modalitätsspezifisch als auch modalitätsunspezifisch repräsentiert sind, dem komplexen Phänomen gerecht werden. Wissensinhalte, die in amodalen konzeptuellen Einheiten und Strukturen gespeichert sind, sind unserem Bewusstsein jedoch nicht zugänglich. Auf der Ebene des KZG, dessen Inhalte uns bewusst zur Verfügung stehen, sind alle Informationen in einem modalitätsspezifischen Modus repräsentiert. Bevor konzeptuelle Wissensinhalte also unser Bewusstsein erreichen, transformiert sie ein kognitiver Prozess in einen bestimmten Repräsentationsmodus. Die Frage nach dem Repräsentationsmodus mentaler Systeme ist aber ein noch empirisch zu lösendes Problem; eine rein theoretische Auseinandersetzung wird beim gegenwärtigen Forschungsstand kaum bedeutende Erkenntnisfortschritte erbringen. <?page no="127"?> 127 Sprache, Kognition und Emotion: Die emotive Wende 3.5 Sprache, Kognition und Emotion: Die emotive Wende Welchen Stellenwert besitzen Emotionen bei unseren kognitiven Verarbeitungs-, Denk- und Entscheidungsprozessen? Interagieren sie mit kognitiven Aktivitäten, begleiten und/ oder determinieren sie diese? Sind Emotionen lediglich Reaktionen von kognitiven Prozessen, oder können sie Auslöser für kognitive Prozesse sein, sind sie also prä- oder postkognitiv? Diese Fragen stehen seit Jahren im Mittelpunkt der Emotionsforschung (s. die Diskussionen in Cognition and Emotion sowie Emotion). Obgleich Emotionen nicht nur für das menschliche Leben und Erleben konstitutive Phänomene sind, sondern auch (wie die Gehirnforschung der letzten Jahre gezeigt hat) für ein umfassendes Verständnis der menschlichen Kognition unerlässlich sind, wurden emotionale Phänomene lange aus kognitionswissenschaftlichen und linguistischen Theorien ausgeklammert. Die Trennung von Kognition und Emotion, die Dichotomie von Denken und Fühlen hat eine sehr lange Tradition: Das gesamte neuzeitliche Menschenbild ist durch einen tiefgreifenden Dualismus hinsichtlich Verstand und Gefühl geprägt. Besonders seit Descartes zeichnen sich philosophische, philologische und kognitionswissenschaftliche Forschung dadurch aus, dass eine strikte Trennung von Emotion und Kognition postuliert wird (s. Gardner 1989: 11). Die in der Kognitionswissenschaft verankerte Konzeptualisierung von EMOTION, die dieser Dichotomie zugrunde liegt, lässt sich folgendermaßen beschreiben: Emotion und Kognition sind grundsätzlich verschieden; Emotionen sind unabhängig von der Kognition; Emotionen sind unwichtig für die Kognition; Emotionen sind Störfaktoren (in Bezug auf kognitive Prozesse). Während die menschliche Kognition prinzipiell als rational klassifiziert wird, spricht man der Emotion kontrastiv und sehr pauschal das Merkmal der Irrationalität zu. Emotionen bestimmen aber einen Großteil unserer Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsprozesse und spielen in nahezu allen Bereichen menschlicher Existenzerfahrung eine wichtige Rolle. Dass kognitive Prozesse maßgeblich auch positiv von emotionalen Faktoren beeinflusst werden, ist längst auf breiter empirisch-experimentel- <?page no="128"?> 128 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition ler Basis nachgewiesen (s. z.B. Damasio 2000, Roth 2004, Isen 2004, Salovey 2004). Dennoch hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass die Kognition (und die Sprache als kognitives Teilsystem und Prozessor) völlig unabhängig von emotiven Komponenten zu konzeptualisieren ist, dass Sprachverarbeitung und kognitive Prozesse autonome, von Emotionen nicht, oder nicht wesentlich bestimmte Phänomene sind. Mittels der Sprache drücken wir unsere Gefühle durch spezifische Repräsentationen aus. Mit sprachlichen Äußerungen werden Emotionen ausgedrückt und benannt, geweckt, intensiviert sowie konstituiert. Sprachliche Informationsverarbeitungsprozesse produktiver wie rezeptiver Art werden von emotionalen Informationen begleitet und auch beeinflusst (s. Schwarz-Friesel 2007b: 125ff). Das Verhältnis von Kognition, Sprache und Emotion ist somit einer der wichtigsten Phänomenbereiche, wenn man den menschlichen Geist umfassend erklären will. In der Kognitionswissenschaft gibt es bislang jedoch nur wenige Ansätze, die auf einer integrativen, emotionale Faktoren berücksichtigenden Kognitionstheorie basieren. Zwar wiesen schon Oatley/ Johnson-Laird (1987) darauf hin, dass Emotionen zentral für die Erklärung kognitiver Prozesse seien, doch konnte sich diese Annahme nicht durchsetzen oder einen Wechsel in der Kognitionswissenschaft hervorrufen: Die vorherrschende Paradigmenkonzeptualisierung von einer autonomen Kognition war nach der kognitiven Wende zu dominant (s. Gardner 1989, Stillings et al. 2 1995, Osherson/ Laznik 2 1996; s. aber Battachi et al. 1996, die auf die Relevanz der Emotion bei kognitiven Prozessen hinwiesen). Seit einigen Jahren zeichnet sich eine »emotionale Wende« in weiten Teilen der Wissenschaften ab, insbesondere in der Psychologie (s. Otto et al. 2000, Manstead et al. 2004) und der Neurowissenschaft (s. Damasio 2003, Roth 2004, Panksepp 2004), aber auch der Philosophie (vgl. z.B. Hartmann 2005) und der Künstlichen Intelligenz (s. Minsky 2007). Insbesondere die Befunde und Erkenntnisse der Gehirnforschung haben maßgeblich dazu beigetragen, die Konzeptualisierung einer autonomen Kognition zu relativieren. So konnte nachgewiesen werden, dass das subcortikale, limbische System (das für die emotionale Verarbei- <?page no="129"?> 129 Sprache, Kognition und Emotion: Die emotive Wende tung von Informationen zuständig ist) und die cortikalen Areale des Gehirns wesentlich stärker miteinander interagieren, als noch bis vor einigen Jahren angenommen wurde, und dass die Aktivität des limbischen Systems kognitive Prozesse beeinflussen kann (s. hierzu z.B. Adolphs 2003, Roth 2004). Betont wird hier die Relevanz der Emotion nicht nur allgemein für ein umfassendes Verständnis von der menschlichen Wesensart, sondern auch für die kognitiven Leistungen und rationalen Handlungen (s. Damasio 2000, 2003; Roth 2003, 2004). Emotionen werden mittlerweile in den meisten psychologischen Theorien als konstitutive bzw. determinierende Bestandteile kognitiver Zustände und Prozesse betrachtet und analysiert (vgl. z.B. Dalgleish/ Power 1999, Manstead et al. 2004, Salovey et al. 2004). Emotionen spielen offensichtlich bei kognitiven Prozessen wie Kategorisierungen und Schlussfolgerungen eine wichtige Rolle und können bei der Organisation der Informationsverarbeitung wesentliche strategische Funktionen wahrnehmen. Positive Emotionen erleichtern, beschleunigen und optimieren Lern- und Denkprozesse, insbesondere Problemlöseprozesse, fördern, verbessern den flexiblen und kreativen Umgang mit Situationen und erleichtern Gedächtnisleistungen durch effektivere Wissensorganisation und schnellere Aktivierungen. Dass Emotionen in besonderem Maße die Steuerung spontaner Entscheidungsprozesse leiten, zeigen zahlreiche Untersuchungen (s. z.B. die Arbeiten in Davidson et al. 2003, Manstead et al. 2004). Es hat sich zudem in neurowissenschaftlichen Studien gezeigt, dass dieselben neuronalen Gebiete aktiv sind bei positiven Emotionen und kognitiven Denkprozessen, wie z.B. Kategorisierungsleistungen und Wortassoziationsprozessen (s. Clark/ Fiske 1982, Salovey et al. 2004, Isen 2004). Sprachverarbeitungsprozesse produktiver wie rezeptiver Art unterliegen hemmenden und beschleunigenden Einflüssen emotionaler Faktoren. Hänze/ Hesse (1993) konnten beispielsweise in ihrer Priming-Untersuchung zeigen, dass es emotionale Einflüsse auf den semantischen Aktivierungsausbreitungsprozess gibt und zwar derart, dass die Aktivierungsausbreitung im mentalen Lexikon durch gute Stimmung vereinfacht wird. Die Untersuchungen von Bock (1997) stützen zudem die Annahme, dass emotionale <?page no="130"?> 130 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Informationen von Wortbedeutungen aktiviert werden können, bevor die Identifizierung semantisch-konzeptueller Informationen abgeschlossen worden ist. Emotionale Gedächtniskomponenten von Lexikoneinträgen werden offenbar sehr schnell und automatisch aktiviert (vgl. auch Dalgleish/ Power 1999, Dahl 2003). Hierfür sprechen auch neurophysiologische Befunde, die zeigen, dass Sinnesreize vom limbischen System verarbeitet werden können, bevor sie im Cortex klassifiziert worden sind (s. z.B. Damasio 2004, Panksepp 2004). All diese Ergebnisse bestätigen Damasios auf neurowissenschaftlichen Fallstudien basierte These, dass Emotionen nicht nur maßgeblich für die soziale Intelligenz sind, d.h. den rationalen, konfliktfreien Umgang mit den Mitmenschen, sowie das adäquate Verhalten in sozialen Situationen, sondern auch für kognitive Prozesse (s. u.a. Damasio 1997: 74ff, 227f.). Der Fall Elliot verdeutlicht, welche Auswirkungen eine Störung des präfrontalen Cortex (der für emotionale Verarbeitung verantwortlich ist) haben kann.: Elliot, ein kluger, vernünftiger Mensch, einfühlsamer Vater und Ehemann, geschätzter, verantwortungsbewusster Kollege im Berufsleben, musste sich einer operativen Entfernung eines Gehirntumors unterziehen, bei der Gewebe des Stirnlappens zerstört wurde. Motorik, Wahrnehmung und Kognition (im Sinne von Informationsverarbeitung und Kategorisierung) waren nach der Operation intakt, aber trotz seiner intakt gebliebenen intellektuellen Fähigkeiten war Elliot nicht mehr Elliot (s. Damasio 1997: 66). Er war bei hoher Intelligenz unfähig, sich nach sozialen Regeln zu richten, Handlungsabläufe zu planen und zu bewerten. Sein Entscheidungsvermögen erwies sich als so beeinträchtigt, dass er nicht mehr rational handeln konnte und weder zu moralischer Bewertung, noch zu Einfühlungsvermögen fähig war. Diese Dissoziation spricht für die Modularitätshypothese in Bezug auf bestimmte kognitive und emotionale Fähigkeiten. Beide interagieren normalerweise, sind aber als Kenntnis- und Verarbeitungssysteme durch eigene Gesetzmäßigkeiten und unabhängige Verarbeitungsabläufe gekennzeichnet. In der Kognitiven Linguistik sind in den letzten zehn Jahren zahlreiche Detailanalysen publiziert worden, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sprachliche Repräsentationen benutzt <?page no="131"?> 131 Sprache, Kognition und Emotion: Die emotive Wende werden, um auf die inneren Gefühlszustände und -prozesse des Menschen zu referieren und welche Rolle besonders die Metaphern bei der Konzeptualisierung und Verbalisierung von Emotionen spielen (vgl. z.B. Foolen 1997, Niemeier/ Dirven 1997, Athanasiadou/ Tabakowska 1998, Wierzbicka 1999, Kövecses 1999); grundlegende Fragen zur Kognition-Emotion-Interaktion aber wurden kaum diskutiert (s. aber Hielscher 2003a,b und Lüdtke 2006). Für eine kognitive Sprachtheorie ist vor allem die Erklärung der Verankerung von Emotion im kognitiven Gesamtsystem des Menschen relevant. Benötigt wird also zum einen eine Konzeptualisierung von EMOTION, die sich in theoretische Ansätze integrieren lässt und die es erlaubt, präzise Hypothesen zur Interaktion von Sprache und Emotion aufzustellen, zum anderen eine integrative Theorie, die nicht nur alle Komponenten der Sprache einbezieht, sondern auch systematisch emotionale, kognitive und sprachliche Aspekte aufeinander bezieht und in ihren Schnittstellen erklärt (s. hierzu ausführlich Schwarz-Friesel 2007a und 2008). Analog zu den kognitiven Kenntnissystemen wird die Emotionalität eines Menschen von mir als ein intern, also mental verankertes System betrachtet, dessen Einheiten als Evaluationskonzepte modellierbar sind, die Einfluss auf verschiedene Ebenen körperbezogener, kognitiver, wie psychischer Befindlichkeit nehmen können. Emotionen gehören zu den internen Bewertungsinstanzen des komplexen Systems Mensch. Emotionen stellen permanent verankerte, interne Kenntniszustände im menschlichen Organismus dar, die repräsentationale und prozedurale Aspekte involvieren und die als Bewertungsinstanzen sowohl auf die eigene Ich-Befindlichkeit, als auch auf externe Befindlichkeiten im Gesamtkomplex menschlichen Lebens und Erlebens bezogen sind. Emotionale Informationen sind intern repräsentierte, mehrdimensional verankerte Syndromkategorien, d.h. sie involvieren (weitgehend unbeeinflussbare) Affektprogramme ebenso wie bewusst aktivierbare Konzeptknoten, und sie können regulativ bewusst oder unbewusst auf den Menschen einwirken. Ein Teil der emotionalen Informationen kann formal wie kognitives Wissen in Form konzeptueller Netzwerke oder Schemata dargestellt wer- <?page no="132"?> 132 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition den. Insbesondere die emotionalen Einstellungen, als dauerhaft gespeicherte Bewertungsrepräsentationen zu bestimmten Referenzdomänen, spielen bei allen aktuellen Wahrnehmungs- und Sprachverarbeitungsprozessen eine entscheidende Rolle. Viele Satzbedeutungen lassen sich nur als Doppelpropositionen des Typs EP (P) beschreiben (s. hierzu ausführlich Schwarz- Friesel 2007b, Kap. 5): (12) Ich bin traurig, dass er nicht kommt. (13) Ich freue mich, dass er nicht kommt. Kodiert wird hier eine emotionale Einstellung zu einem referenziellen Sachverhalt. Diese Einstellung kann aber auch mittels eines emotionsausdrückenden Lexems dargestellt werden: (14) Er kommt leider nicht. (15) Er kommt gottseidank nicht. Relevant für kognitive Sprachtheorien ist nun vor allem die Ebene von Emotion, die bewusst als mentaler Zustand erfahrbar und sprachlich mitteilbar ist. Es wird also eine konzeptuelle und terminologische Unterscheidung zwischen Emotion und Gefühl (die in den meisten Ansätzen und Abhandlungen wie Synonyme benutzt werden) getroffen. Gefühle sind spezifische Bewusstseinszustände einer Emotion, oder anders ausgedrückt: Gefühle sind subjektiv erlebte Bewusstseinszustände mit einem bewertenden Inhalt. Gefühle sind somit mental erlebte Emotionen, d.h. subjektiv empfundene Zustände der inneren Befindlichkeit, die bewusste Erfahrung des eigenen emotionalen Zustandes. Durch diese Bewusstheit erfolgt das Gefühl im Rahmen einer kognitiven Aktivität: die durch die Sprache kodierte Selbstbeschreibung und wertende Einschätzung des eigenen emotionalen Zustandes. (16) Ich bin wütend/ böse/ glücklich. (17) Ich fühle Liebe/ Mitleid/ Zorn/ Ekel/ Furcht. Das in solchen Äußerungen ausgedrückte Selbsterleben und die damit verbundene Selbstbeschreibung enthält stets eine (be)wertende Komponente, die semantisch durch die jeweilige Lexembedeutung determiniert wird. So wird z.B. in (17) dem Gefühl das <?page no="133"?> 133 Zusammenfassung semantische Type-Konzept LIEBE zugeordnet. X zu lieben, heißt, X auf liebende Weise zu konzeptualisieren, d.h. kognitiv zu repräsentieren. Gefühle beinhalten somit, wenn sie kodiert werden, stets eine semantisch-konzeptuell manifestierte Beurteilung. Gefühle sind somit untrennbar an kognitive Bewusstseinszustände gekoppelt. Die für die Sprache und Sprachverwendung relevanten emotionalen Funktionen sind genau die Bewertungen, die sich in den sprachlichen Äußerungen als Gefühle widerspiegeln. Mentale Konzeptualisierung, kognitive Stereotypisierung und Verbalisierung sind Prozesse, die oft maßgeblich von emotionalen Faktoren gelenkt und geprägt werden. Dies kann man z.B. beim Phänomen des Rassismus und Verbal-Antisemitismus sehen (vgl. ausführlich hierzu Schwarz-Friesel 2007b: Kap. 11). Viele Fragen sind noch offen: So muss z.B. genauer untersucht und erklärt werden, wie emotionale Informationen im Gedächtnis gespeichert sind und wie sie Sprachverarbeitungsprozesse spezifisch beeinflussen können. Will man den menschlichen Geist und seine Funktionsweise umfassend und adäquat verstehen, muss man jedenfalls zukünftig die lange aus der Kognitionswissenschaft ausgeklammerten Emotionen stärker berücksichtigen und in Kognitionstheorien als relevante Einflussgrößen integrieren. 3.6 Zusammenfassung Im vorangegangenen Kapitel wurden zunächst die neuronalen Grundlagen der menschlichen Sprachfähigkeit skizziert. Auf der materiellen Ebene sind alle Informationen in neuronalen Netzen gespeichert. Alle motorischen, sensorischen und kognitiven Leistungen sind in dieser Perspektive an die elektrophysiologischen und chemischen Vorgänge der cortikalen und subcortikalen Nervenzellen gebunden. Durch die neuen Untersuchungsmethoden der Neurowissenschaften erhalten wir Daten, die uns Einblick in die neurophysiologische Verankerung kognitiver Systeme geben können. Funktionale Zusammenhänge der Komponenten dieser Systeme werden durch die Analyse der selektiven Ausfallerscheinungen und die Beobachtung von funktionalen <?page no="134"?> 134 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Dissoziationen in der Pathologie, insbesondere in der Aphasiologie, transparent. Das neuronale Potential für die formale Komponente der Sprachfähigkeit ist offensichtlich bei den meisten Menschen in der linken Hemisphäre lokalisierbar (und zwar sowohl für die Lautsprache als auch für die Gebärdensprache). Die inhaltlichen Einheiten und Strukturen der Sprache dagegen lassen sich nicht so exakt lokalisieren. An der Speicherung und der Verarbeitung semantischer Informationen ist auch die rechte Hemisphäre beteiligt. Bei der (produktiven wie rezeptiven) Sprachverarbeitung sind sehr wahrscheinlich beide Hemisphären aktiv und kooperieren miteinander. Durch die theoretischen und empirisch-experimentellen Arbeiten der Kognitiven Wissenschaft erhält die linguistische Forschung neue Impulse. Vor allem die Arbeiten auf dem Gebiet des Gedächtnisses bilden einen Anstoß für neue Schwerpunktsetzungen bei der Erforschung sprachlicher Repräsentationen und Prozesse. Das Gedächtnis ist das wichtigste Funktionsgefüge der menschlichen Kognition. Alle komplexen mentalen Leistungen werden von Gedächtnisfunktionen unterstützt. Dabei ist hervorzuheben, dass das Gedächtnis einerseits als Speicher für alle Kenntnissysteme fungiert, andererseits mit seinen kapazitären und prozessualen Eigenschaften wesentlichen Einfluss auf die Sprachverarbeitung nimmt. Ob alle kognitiven Strukturen einheitlich in einem modalitätsunspezifischen Format repräsentiert werden, kann beim gegenwärtigen Forschungsstand nicht entschieden werden. Repräsentationale Aspekte der Kognition spielen im Rahmen der Kognitiven Linguistik insbesondere bei den Forschungsarbeiten eine große Rolle, die sich mit dem Verhältnis zwischen Sprache und Raum beschäftigen, also der Frage nachgehen, wie wir räumliche Phänomene versprachlichen und welchen Einfluss dabei die im LZG repräsentierten Raumkonzepte auf den Verbalisierungsprozess nehmen. Das mentale Lexikon ist derjenige Teil des LZG, in dem alle Informationen über die Wörter einer Sprache gespeichert sind. Die Frage, wie dieses Lexikon organisiert ist, wird in Linguistik, Psycholinguistik und Sprachpsychologie unterschiedlich beantwortet. Die im LZG repräsentierten Konzepte stellen die Grund- <?page no="135"?> 135 Weiterführende Literatur einheiten kognitiver Strukturen dar und werden in komplexen mentalen Schemata gespeichert. Das konzeptuelle Kenntnissystem steht in enger Interaktion mit der semantischen Komponente des sprachlichen Kenntnissystems und determiniert maßgeblich den Prozess der Sprachrezeption. Die Ergebnisse der Gehirnforschung zum limbischen System und seiner Relevanz bei kognitiven Verarbeitungsprozessen führte in den letzten Jahren eine emotive Wende herbei. Emotionale Faktoren werden in vielen Kognitionstheorien nicht länger ausgeklammert, sondern als einflussreiche Phänomene bei der Erklärung des menschlichen Geistes berücksichtigt. 3.7 Weiterführende Literatur Eine verständliche Überblicksdarstellung zur Kognitiven Neuropsychologie findet sich bei Ellis/ Young (1990); über neuere Ergebnisse informiert Kasten (2007). Gazzaniga et al. (1998) erörtern grundlegende Aspekte der kognitiven Neurowissenschaft. Müller/ Weiss (2002) geben einen kurzen Überblick über neurolinguistische Untersuchungsmethoden. Friederici (1984) behandelt grundlegende neuropsychologische Aspekte der Sprache; eine komprimierte Darstellung findet sich bei Friederici (2003). In Müller/ Rickheit (2004) geht es um neurokognitive Aspekte der Sprache. Peng (2005) gibt einen Überblick zur Neurolinguistik, ebenso Ahlsén (2006) und Ingram (2007; mit dem Schwerpunkt gesprochene Sprache); Kelter (1990) erörtert methodische und theoretische Probleme der Aphasieforschung vor dem Hintergrund der Kognitiven Wissenschaft. Einen komprimierten Überblick hierzu bietet Hillis (2007). Eine aktuelle Einführung in die kognitive Neurowissenschaft gibt Ward (2006). Cholewa (2002) diskutiert die Relevanz des kognitiven Ansatzes anwendungsorientiert in Bezug auf die Sprachtherapieforschung. Aktuelle Ergebnisse werden in den Zeitschriften Brain, Aphasiology, Neurolinguistik, Brain and language, Behavioral and Brain Sciences, Neurology und Cognitive Neuropsychology publiziert. Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der kognitiven Neurowissenschaft werden regelmäßig in der Leipziger Reihe MPI <?page no="136"?> 136 Zur Mikro- und Makrostruktur der Kognition Series in Human Cognitive and Brain Sciences veröffentlicht. Über Struktur- und Prozessaspekte der Kognition informieren die Fachzeitschriften Cognition, Cognitive Psychology, Language and Cognitive Processes, Psychological Review. Wichtige Bereiche der Gedächtnisforschung werden in Markowitsch (1999) und Markowitsch/ Welzer (2005) erläutert, ebenso in Baddeley (2002), (2004). Eine gut zu lesende und sehr informative Einführung zum mentalen Lexikon gibt Aitchison (32003). Eine allgemeine Abhandlung zu mentalen Konzepten findet sich bei Murphy (2002). Aspekte der Wissensrepräsentation erörtert Sowa (2000) interdiziplinär; Helbig (2006) konzentriert sich vor allem auf semantische Kenntnisrepräsentationen. In Pauen/ Roth (2001), Geyer (2004) sowie Sentker/ Wigger (2007) werden Probleme erörtert, die das Verhältnis von Geistes- und Naturwissenschaften betreffen und die Konsequenzen der Erkenntnisse der Gehirnforschung diskutiert. Hüther (2004) erörtert Aspekte mentaler Bilder. Die Relevanz von Emotionen für die menschliche Kognition wird in Manstead et al. (2004) erläutert. Die Fachzeitschriften für dieses Gebiet sind Cognition and Emotion sowie Emotion. Schwarz-Friesel (2007b) erörtert die Interaktion sprachlicher, kognitiver und emotionaler Faktoren anhand diverser Fallstudien. <?page no="137"?> 4. Aspekte der Spracherwerbsforschung: Zum Aufbau des sprachlichen Kenntnissystems 4.1 Theoretische Grundpositionen Die Aneignung einer Sprache ist Teil der menschlichen Ontogenese. Die entscheidenden Spracherwerbsprozesse (beim monolingualen Erstspracherwerb) vollziehen sich im Vorschulalter, also den ersten fünf bis sechs Lebensjahren. In dieser Zeit eignet sich ein Kind normalerweise die grundlegenden phonologischen, syntaktischen und semantischen Kenntnisse der jeweiligen Muttersprache an. Angesichts der Komplexität des grammatischen Regelsystems und des Umfangs des mentalen Wortschatzes stellt der Erwerb einer Sprache eine der beeindruckendsten mentalen Leistungen des Menschen dar. Wie erwirbt ein Kind ein so umfangreiches Kenntnissystem und die Möglichkeiten seiner Anwendung in so kurzer Zeit? Zur Beantwortung dieser Frage sind in den vergangenen Jahren viele verschiedene Erklärungsansätze vorgelegt worden (vgl. die Übersichten bei Klann-Delius 1999, Dittmann 2 2006, Rothweiler 2 2007a, Butzkamm/ Butzkamm 2 2004, Tracy 2007). Empirie und Theorie der Spracherwerbsforschung umfassen heute eine kaum noch zu überblickende Fülle an Untersuchungen. Dem gesamten Spektrum der neueren Forschung kann im Rahmen dieser Einführung unmöglich Rechnung getragen werden. Nach einer kurzen Erörterung der zentralen Fragen und Probleme der Spracherwerbsforschung konzentriere ich mich auf die Erklärung des Grammatikerwerbs in modularen und holistischen Kognitions- und Sprachtheorien vor dem Hintergrund moderner Gehirnforschung, die Entwicklung der semantischen Lexikonkomponente und die Aneignung des prozeduralen Wissens. Bei der Frage, wie Sprache erworben wird, stößt man zunächst auf die mittlerweile klassische Kontroverse zwischen Empirismus und Nativismus. Es geht dabei um das Problem, ob unsere Sprachfähigkeit angeboren ist oder ob sie unter Einfluss <?page no="138"?> 138 Aspekte der Spracherwerbsforschung von Umweltfaktoren allmählich gelernt wird. Nativistische Ansätze gehen davon aus, dass die Sprach(erwerbs)fähigkeit im menschlichen Organismus genetisch verankert, also angeboren ist. Dagegen sehen empiristische Konzeptionen die Sprachfähigkeit als Ergebnis eines im Vollzug der Sozialisation ablaufenden Lernprozesses an. In behavioristischen Sprachtheorien - als deren Hauptvertreter Skinner angesehen wird - ging man davon aus, dass das Kind als eine Tabula rasa auf die Welt kommt, also über keinerlei Prädispositionen verfügt und mit der Aneignung sprachlicher und allgemein-kognitiver Fähigkeiten bei Null anfangen muss. Nach Skinner (1957) lässt sich der Spracherwerbsprozess als eine Abfolge von assoziativen Lernsequenzen charakterisieren. Sprachliche Strukturen werden als Wortketten beschrieben, die sich auf Stimulus-Response-Kontingenzen zurückführen lassen. Das Erlernen von Sprache wird im Paradigma der klassischen und der instrumentalen Konditionierung erklärt: Das Wort trinken kann beispielsweise als ein konditionierter Reiz zum unkonditionierten Reiz der Flasche gelernt werden, wenn beide Reize lange oder oft genug zusammen wahrgenommen werden, während trinken als instrumentelle Reaktion gelernt werden kann, wenn die Äußerung von trinken belohnt wird und die Belohnung als Ergebnis der Reaktion erfahren wird. Für das Lernen permanenter assoziativer Sequenzen sind bestimmte Verhaltensmuster relevant: Imitation und Verstehen auf Seiten des Kindes und Reaktionen der Eltern oder Bezugspersonen, die das Kind durch Lob bzw. Tadel selektiv verstärken und fördern. Durch Verstärkung richtiger sprachlicher Äußerungen wird erreicht, dass die Reaktionen der Kinder in ihren phonologischen und syntaktischen Eigenschaften den Erwachsenenäußerungen immer näher kommen. Chomsky hat bereits 1959 in seiner Skinner-Rezension einen solchen Ansatz als inadäquat zurückgewiesen, da er weder die strukturellen Gesetzmäßigkeiten von Sprache noch die Kreativität, die unsere Sprachfähigkeit auszeichnet, erklären kann. Die folgenden Argumente und empirischen Evidenzen der neueren Forschung lassen sich gegen Spracherwerbstheorien, die mit den Mechanismen der Imitation und Verstärkung operieren, vorbringen: <?page no="139"?> 139 Theoretische Grundpositionen Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Kinder kaum durch das Verhalten der Eltern in ihrer sprachlichen Entwicklung beeinflussen lassen. Wörter und Strukturen, die in der Erwachsenensprache besonders oft vorkommen, müssten zudem nach der behavioristischen Lerntheorie am frühesten gelernt werden. Dies ist aber nicht der Fall. Kinder werden in den ersten Jahren fast gar nicht korrigiert, wenn sie ungrammatische Formen äußern, da die Eltern eher auf den Inhalt und die Intention der Äußerungen achten. Der Spracherwerb verläuft trotz unterschiedlicher Sozialisationsbedingungen und individueller Variationen relativ einheitlich. Auch Kinder, die eine Gebärdensprache erlernen, durchlaufen trotz der unterschiedlichen Modalität Phasen, die denen des Lautspracherwerbs ähnlich sind (vgl. Dittmann 2006: 108). Kinder produzieren sprachliche Strukturformen, die sie nicht in ihrer Umgebung gehört haben können, deren Konstruktion aber offensichtlich nach Regeln vollzogen wird. Bekannt sind strukturelle Übergeneralisierungen wie laufte, bringte oder drei Kühen. Hierbei werden hypothetisch angenommene Regeln auf andere Einheiten und Strukturen übertragen (auch auf bereits korrekt gelernte Formen). Die primären Inputdaten, also die sprachlichen Reize, mit denen das Kind konfrontiert wird, sind so beschaffen, dass das grammatische Regelsystem nicht über induktive Generalisierungen erschlossen werden kann. Die sprachliche Datenbasis ist nicht nur unvollständig (in dem Sinne, dass die Datenmenge nur einen Ausschnitt der Sprache darstellt, deren Regelsystem erworben werden soll), sondern auch fehlerhaft (denn das Kind hört auch Versprecher sowie fragmentarische und ungrammatische Sätze). Trotzdem baut es eine korrekte Grammatik auf. Auch hier findet sich wieder eine interessante Parallele im Gebärdenspracherwerbsprozess: Selbst wenn Kinder mit einer nicht durchweg korrekten Gebärdensprache konfrontiert werden (z.B. bei Eltern, die die Gebärdensprache erst spät erworben haben), konstruieren sie ein grammatisch korrektes Gebärdensprachsystem. Diese Daten sind eine sehr starke Evidenz für eine genetisch verankerte Spracherwerbsfähigkeit (wobei diese Fähigkeit offensichtlich nicht nur die Lautsprache betrifft). Durch die Aneignung einer Sprache sind <?page no="140"?> 140 Aspekte der Spracherwerbsforschung wir in der Lage, nie zuvor gehörte Sätze zu verstehen und zu produzieren. Mit der Kenntnis von tatsächlich wahrgenommenen und abgespeicherten Sätzen könnte diese Leistung nicht vollbracht werden (vgl. auch Behrens 2006b). Diese Überlegungen deuten darauf hin, dass das Kind mit Prädispositionen für die Sprach(erwerbs)fähigkeit ausgestattet ist. Die defizitäre und degenerierte Datenbasis ist deshalb Ausgangspunkt für die Postulierung eines Spracherwerbsmechanismus (Language Acquisition Device/ LAD) gewesen, der dem Kind als humanspezifische Fähigkeit a priori mitgegeben ist und die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Sprache darstellt. Empiristische und nativistische Ansätze stehen sich heute nicht mehr krass gegenüber wie noch in den 50er und 60er Jahren. Keine ernst zu nehmende Theorie vertritt heute noch die These, dass das Kind als Tabula rasa auf die Welt kommt und sich seine kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten allein aufgrund assoziativer Lernmechanismen aneignet. Selbst Vertreter des Neo-Behaviorismus - der seit der Kognitiven Wende keinen nennenswerten Einfluss mehr auf die Forschungsdiskussion hat - sprechen dem Kind angeborene Prädispositionen für den Erwerb mentaler Fähigkeiten zu. So sind für Osgood (1983) die allgemeinen Grundlagen für Kategorisierungs- und Konzeptualisierungsleistungen Teil der genetischen Ausstattung des Menschen. Die perzeptuellen und konzeptuellen Leistungen determinieren in den ersten Lebensjahren alle kognitiven Strukturen und Prozesse (auch die sprachlichen). Diese prälinguistischen Fähigkeiten verlieren dann mit zunehmendem Spracherwerb an Dominanz, bleiben aber weiterhin eine Größe, die das linguistische System beeinflusst. Osgood betont die untrennbare Verflechtung von allgemein-kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten (er ist in diesem Sinne dem holistischen Ansatz zuzurechnen). Das Forschungsinteresse hat sich inzwischen deutlich verlagert: »Die moderne Spracherwerbsforschung fragt nicht mehr, ob genetische Voraussetzungen und Umwelterfahrungen relevant sind, sondern, welche Kenntnisse und Fähigkeiten dem Kind zugesprochen werden müssen und welche Informationen aus dem Sprachangebot erforderlich sind, um die Sprache zu erwerben.« (Clahsen 1988: 9) <?page no="141"?> 141 Modularität und Grammatikerwerb In der Kognitiven Linguistik will man erklären, welche sprachlichen Regeln und Prinzipien universeller Natur und welche Einflüsse soziokultureller Art sind und auf welche Weise es zum Aufbau des sprachlichen Kenntnissystems und des Prozessors kommt. Dabei soll nicht nur der Erwerb der Grammatik untersucht werden. Vielmehr sollen die ontogenetischen Aspekte aller Komponenten der Sprache berücksichtigt werden. Insbesondere die Interaktion konzeptueller und sprachlicher Kenntnissysteme wird als relevant erachtet, um den Erwerb der komplexen Sprachfähigkeit auf allen Ebenen erklären zu können. 4.2 Modularität und Grammatikerwerb 4.2.1 Der modulare Ansatz: UG und Parametertheorie Nach der Autonomiehypothese der generativen Grammatik hat die formale Komponente der menschlichen Sprachfähigkeit, also die Grammatik, den Status eines Moduls, d.h. eines autonomen Systems, das Gesetzmäßigkeiten aufweist, die sich nicht durch die Interaktion allgemeiner kognitiver Prinzipien oder die Gesetzmäßigkeiten anderer Kenntnissysteme erklären lassen. Das Problem der Modularität steht in engem Zusammenhang mit der Frage nach der Entwicklung der grammatischen Komponente: Stellt der Grammatikerwerb einen autonomen (nur von sprachspezifischen Prinzipien determinierten) Prozess dar, oder wird die Grammatik unter Beeinflussung allgemein-kognitiver und sozialer Faktoren und mit Hilfe von generellen Lernstrategien erworben? Das logische Problem des Spracherwerbs besteht darin, dass Kinder trotz unvollständiger und zum Teil fehlerhafter Evidenz in einem relativ kurzen Zeitraum die Grammatik der jeweils zu erwerbenden Sprache erschließen (vgl. Hornstein/ Lightfoot 1981). Das Kind erwirbt dabei nicht eine finite Menge von konkreten Sätzen, sondern eine endliche Menge von Regeln, mit denen es eine potentiell unendliche Menge von grammatischen Sätzen produzieren und rezipieren kann. In den Spracherwerbstheorien der generativen Grammatik wurde der Spracherwerbsprozess bis vor einigen Jahren als ein <?page no="142"?> 142 Aspekte der Spracherwerbsforschung Re-Konstruktionsprozess beschrieben, bei dem das Kind in mehreren Stadien Regelsysteme konstruiert (die den Status von altersspezifischen Übergangsgrammatiken haben), bis es sich schließlich das grammatische System seiner Muttersprache angeeignet hat. Dabei stellte man sich das Kind als einen hypothesentestenden Lerner vor: Anhand der Datenbasis werden Hypothesen über Regeln der Grammatik gebildet und wieder verworfen, wobei die möglichen Grammatiken mit Hilfe eines im LAD angelegten Bewertungsmaßstabes evaluiert werden (s. Wexler/ Cullicover 1980). Mit diesem Ansatz wird aber nicht erklärt, wie das Kind eigentlich zur Wahl der korrekten Grammatik kommt. Um falsche Hypothesen wieder verwerfen zu können, braucht es Informationen über die Ungrammatikalität von Sätzen. Diese negative Evidenz ist aber im Spracherwerb nicht vorhanden, da das Kind in den ersten Lebensjahren nicht systematisch korrigiert wird, wenn es ungrammatische Sätze äußert (s. Dietrich 2002: 93, Meindl 2005; vgl. auch Behrens 2004 und Höhle 2005 zum Grammatikerwerb im ersten Jahr). In der neuesten Forschung ist deshalb ein alternativer Erklärungsansatz vorgeschlagen worden: das Parametermodell. »We no longer consider UG to provide a format for rule systems and an evaluation metric. Rather, UG consists of various subsystems of principles … many of which are associated with parameters that have to be fixed by experience. The parameters must have the property that they can be fixed by quite simple data, since this is what is available to the child; the value of the head-parameter, for example, can be determined from such sentences as ›John saw Bill‹ (versus ›John Bill saw‹).« (Chomsky 1986: 30) Um das Parametermodell angemessen verstehen zu können, müssen zunächst die theoretischen Grundannahmen über die Universalgrammatik (UG) expliziert werden. UG nennt man das System universeller Prinzipien, das den Erwerb einer Grammatik ermöglicht. UG ist Teil der genetischen Ausstattung des Menschen und wird als eine Art Anfangszustand definiert, d.h. als der Zustand, in dem sich das Kind schon pränatal vor dem eigentlichen Spracherwerb befindet. Dieser Anfangszustand ist humanspezifisch und das Resultat unserer phylogenetischen Entwick- <?page no="143"?> 143 Modularität und Grammatikerwerb lung. Eine mögliche Grammatik (z.B. die des Deutschen) entsteht postnatal in der Ontogenese und wird als der permanente mentale Zustand verstanden, in dem sich ein Mensch als Ergebnis des Spracherwerbsprozesses befindet. Der Spracherwerbsprozess stellt somit den Übergang vom Zustand UG in den Zustand G (Grammatik) dar: (1) UG G Es handelt sich dabei um einen vorprogrammierten mentalen Vorgang (als Vollzug eines Lernmechanismus), der durch die Daten der sprachlichen Umgebung ausgelöst wird: (2) D(aten) Lernmechanismus G(rammatik) Der Spracherwerb wird deshalb auch nicht als ein Lernvorgang, sondern vielmehr als eine Art Reifungsprozess aufgefasst, wobei die Sprache als »mentales Organ« wächst (s. Chomsky 1988: 134). UG konstituiert sich als eine Menge von Prinzipien, die die Menge aller möglichen Grammatiken festlegen. UG legt also mit biologischer Notwendigkeit den Rahmen fest, innerhalb dessen menschliche Sprachen formal variieren können. Somit muss UG einerseits restriktiv genug sein, um nur mögliche Grammatiken zuzulassen, und andererseits variabel gegenüber den Unterschieden von Sprachen sein. Als zentrale Fragen ergeben sich damit: Welche Prinzipien liegen allen Sprachen zugrunde? Welche Variationen bestehen zwischen Sprachen? So kann z.B. die SVO-Abfolge kein universelles Prinzip sein, da es Japanisch und Türkisch (wo man die SOV-Abfolge vorfindet) ausschließen würde. In der Parametertheorie nimmt man nun an, dass die für den Erwerb einer bestimmten Grammatik notwendigen universellen Prinzipien Parameter enthalten, deren Werte erst auf der Basis des sprachlichen Inputs besetzt werden (s. Hyams 1986). UG umfasst somit eine Menge von Prinzipien, die in jeweils begrenzten Werten für bestimmte Parameter variieren können. Die Festlegung oder Fixierung der verschiedenen Parameterwerte ergibt dann eine mögliche Grammatik. Der Spracherwerb ist damit der Prozess, der die unspezifizierten Werte der UG-Parameter festlegt (s. Chomsky 1988). Als Beispiel für einen Parameter wird meis- <?page no="144"?> 144 Aspekte der Spracherwerbsforschung tens der so genannte Pro-drop-Parameter aufgeführt (s. Meindl 2005, Dittmann 2006: 80). Mit »Pro-drop« bezeichnet man die Eigenschaft von bestimmten Sprachen (wie dem Italienischen und dem Spanischen), die Subjektposition eines Satzes lexikalisch unbesetzt zu lassen (und zwar fakultativ). Im Deutschen und Englischen dagegen ist dies nicht möglich: (3) Giovanni canta. (4) Canta. (5) Hans singt. (6) *Singt. Wie hat man sich nun den Vorgang der Parameterfixierung im Spracherwerb vorzustellen? Der Lernmechanismus testet nicht länger mehr oder weniger passende Regeln, sondern er entscheidet über die Festlegung einer Reihe von Parameterwerten. Je stärker die Prinzipien der UG die Zahl der möglichen Variationen einschränken, desto leichter ist es für das Kind, die korrekte Generalisierung zu finden. Man nimmt deshalb in einigen Ansätzen an, dass die Parameter nicht wirklich unbewertet sind, sondern zunächst immer auf eine Art Default-Value (als unmarkierter Wert) eingestellt sind. Am Beispiel des Domänenprinzips und der W-Bewegung kann man sich dies (stark vereinfacht) vor Augen führen (vgl. Bierwisch 1987): (7) Wen glaubt Hans () zu kennen? (8) *Wen glaubt Hans, dass er () kennt? (7) ist im Deutschen korrekt, nicht aber (8), sieht man von bestimmten Dialekten einmal ab. Durch die Leerstelle () wird angezeigt, von wo das W-Wort wen verschoben worden ist. Die Verschiebung ist im Deutschen nur aus einem infiniten Ergänzungssatz möglich, nicht aber aus einem finiten Satz. Im Englischen und in anderen Sprachen ist das Pendant zu (8) dagegen möglich: (9) Who does Peter believe he knows ()? Die Operation BEWEGE W unterliegt also einer Beschränkung, die sich durch einen Parameter auszeichnet, der (mindestens) zwei verschiedene Werte hat: <?page no="145"?> 145 Modularität und Grammatikerwerb (10) Aus der Domäne S finit (kann/ kann nicht) eine Konstituente W herausgeschoben werden. Der Default-Value ist zunächst auf (kann nicht) eingestellt. Ein Kind, das Englisch lernt, wird aber im Laufe des Spracherwerbsprozesses auf genügend viele Sätze der Art (9) stoßen, für (10) also den Wert (kann) festlegen. Ein Kind, das Deutsch lernt, kann den Wert (kann nicht) ohne Veränderung fixieren, da ihm kaum gegenteilige Evidenz in seinen Daten begegnen wird. Der Spracherwerbsmechanismus kommt also mit der positiven Evidenz aus und benötigt keine direkten Korrekturen. Das eben erörterte Beispiel dient nur der Veranschaulichung. (10) ist sicherlich differenzierter zu fassen, um die Gesetzmäßigkeiten der BEWEGE-Operation erklären zu können. Die beschriebene Beschränkung betrifft zudem nur die Ausgangsposition für W-Bewegungen (s. Grewendorf et al. 1987). Festzuhalten bleibt, dass sich das hier nur ganz grob skizzierte Parametermodell zur Erklärung des Problems der mangelnden negativen Evidenz gut eignet. Der Vorgang der Parameterfestlegung ist aber noch zu vage und global umschrieben, um allen Erwerbsphänomenen im grammatischen Bereich gerecht werden zu können (s. auch Dittmann 2006: 81). Es bedarf zudem genauerer Angaben zur internen Struktur des Lernmechanismus, der über die Parameterbelegungen entscheidet. Welche Strategien benutzt er, und wie sind diese Strategien im Rahmen eines psychologisch plausiblen Verarbeitungsmodells zu beschreiben? 4.2.2 Der holistische Ansatz: Kognitivismus Im Gegensatz zur modularen Position basiert der holistische Erklärungsansatz (wie bereits in Kap. 2.3.2 erläutert worden ist) auf der Annahme, dass die Sprache kein autonomes Subsystem der Kognition ist, sondern sich aus dem Wechselspiel genereller kognitiver Prinzipien ergibt, also ein Epiphänomen der Kognition darstellt. Der bekannteste Vertreter einer holistischen Spracherwerbskonzeption ist der Psychologe Piaget, dessen Ansatz in direktem Kontrast zu den Chomskyschen Thesen gesehen wird. Die Grundannahme seiner Überlegungen ist, dass die kognitive Genese über eine Serie von qualitativ verschiedenen Stadien <?page no="146"?> 146 Aspekte der Spracherwerbsforschung abläuft. Piaget unterscheidet vier aufeinander aufbauende Entwicklungsstufen: Das Stadium der sensomotorischen Intelligenz (das sich bis zum 18. Lebensmonat erstreckt) stellt eine intelligente Auseinandersetzung mit der Umwelt dar, ohne dass das eigentliche Denken (im Sinne von internen Symboloperationen) vorhanden ist. Auf dieser Stufe kommt es zur Differenzierung und Koordination globaler Handlungsschemata. Die Gegenstände, die das Kind wahrnimmt, sind aber konzeptuell noch nicht als permanente Objekte erfasst. In dieser Phase existiert ein Objekt für das Kind nicht mehr, wenn es aus seinem Gesichtsfeld verschwunden ist. Auf der Stufe des präoperationalen Denkens (ca. 2.-6. Lebensjahr) erwirbt das Kind mentale Struktureinheiten (= konzeptuelle Schemata), mit denen es seine Erfahrungen langfristig repräsentieren kann. Das Denken des Kindes orientiert sich eng an den konkreten Gegebenheiten seiner Umwelt. Seine geistigen Schemata sind konkreter Natur und stellen häufig Generalisierungen dar, die sich auf einige perzeptuelle Merkmale des jeweiligen Gegenstandes konzentrieren. Das Kind verfügt auf dieser Ebene noch nicht über das Konzept der Invarianz, das ihm ermöglicht, das Gleichbleiben einer quantitativen Größe trotz realer Veränderungen (z.B. in der räumlichen Anordnung) zu erkennen (man vergleiche Piagets berühmt gewordenen Umschüttversuch). Kennzeichnend für das präoperationale Stadium ist auch die Egozentriertheit der kognitiven Prozesse. Kinder vermögen hier nämlich noch nicht, die Perspektive eines Alter Ego einzunehmen. Auf der Stufe der konkreten Operationen (ca. 7.-11. Lebensjahr) kann das Kind Erfahrungseinheiten systematisch kategorisieren und mentale Repräsentationen verändern. Es erwirbt die Konzepte der Invarianz, der Seriation usw., bleibt aber in seinem Denken stark der konkreten Anschauung verhaftet. Erst auf der Stufe der formalen Operationen (ca. 11.-15. Lebensjahr) löst sich das Denken von seiner Gebundenheit an die konkrete Erfahrungswelt. Das Kind verfügt nun über die Fähigkeit, von konkreten Manifestationen zu abstrahieren. Es lernt, logische Relationen zwischen mentalen Struktureinheiten zu berechnen und den Wahrheitsgehalt seiner eigenen Denkoperationen zu überprüfen. Piagets Phaseneinteilung ist inzwischen in vielen Punkten (u.a. hinsichtlich der zeitlichen Angaben) modifi- <?page no="147"?> 147 Modularität und Grammatikerwerb ziert worden; seine Theorie aber bildet immer noch den Ausgangspunkt für alle Ansätze, die sich mit der kognitiven und sprachlichen Ontogenese beschäftigen (s. Piatelli-Palmarini 1980, Rieber 1983, Oeveste 1987). Das strukturelle Apriori liegt für Piaget in der Kontinuität der sich organisierenden Struktureinheiten, deren Notwendigkeit »das Ergebnis einer allmählichen Konstruktion ist« (Piaget 1974: 323). Die kognitive Entwicklung vollzieht sich in einem komplexen Wechselspiel mit der Umwelt, wobei die durch Erfahrungen ausgelösten Veränderungen im kognitiven System nicht willkürlich verlaufen, sondern nach dem Prinzip der Äquilibration, das auf eine größtmögliche Ausgewogenheit und Widerspruchsfreiheit des Systems ausgerichtet ist. Die Äquilibration stellt eine Tendenz zur Selbstregulation und Selbsterhaltung dar. Der Organismus befindet sich zwischen zwei fundamentalen Prozessen, die komplementär arbeiten: der Anwendung bereits vorhandener schematischer Konzepte auf neue Reize (Assimilation) und der Veränderung und Differenzierung von Konzepten aufgrund nicht assimilierbarer Umweltreize (Akkomodation). Für Piaget und seine Schüler ist die sprachliche Entwicklung untrennbar an die kognitive Ontogenese des Kindes gekoppelt. Demnach setzt die Entwicklung sprachlicher Strukturen motorische, perzeptuelle und konzeptuelle Repräsentationen voraus. »Das Kleinkind muß sich die Koordinierungen sensomotorischer Schemata aneignen, die sich später zu operationalen Strukturen auf der repräsentationalen Ebene ausbilden. Erst dann kann es damit beginnen, syntaktische Strukturen zu verstehen und zu produzieren.« (Inhelder 1970: 38) Die Basis des Grammatikerwerbs liegt somit in der sensomotorischen Intelligenz des Menschen, und die Grammatik selbst ist ein Derivat allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der kognitiven Architektur. Obgleich Piaget die Rolle der Umwelterfahrungen für die mentale Ontogenese hervorhebt, ist er nicht Verfechter eines rigiden Empirismus: Er leugnet nicht die Existenz angeborener Fähigkeiten. Die Universalität der menschlichen Kognition besteht in einer unspezifisch angelegten Entfaltungslogik, einer Art <?page no="148"?> 148 Aspekte der Spracherwerbsforschung Programm, das durch die Umwelt in Gang gesetzt und determiniert wird. Seine ontogenetische Erklärung der Kognition orientiert sich an der »organisierenden« und nicht an der »organisierten Organisation« (Piaget 1974 und 1983). Der fundamentale Unterschied zwischen Chomsky und Piaget besteht darin, dass Piaget eine strikte Vorprogrammierung ablehnt und der Sprache keinen autonomen Status einräumt: »The fundamental difference between Chomsky and us is that we consider all cognitive acquisitions, including language, to be the outcome of a gradual process of construction … . We thus reject the concept of preprogramming in any strict sense. What we consider as innate, however, is the general ability to synthesize the successive levels reached by the increasingly complex cognitive organization.« (Piaget 1983: 110) Holistische Spracherwerbstheorien, die die Konzeption Piagets aufgreifen, finden sich vor allem in der Entwicklungs- und Kognitionspsychologie (s. Anderson 1983, Krech/ Crutchfield 1985). Im Rahmen der Kognitiven Linguistik wird ein holistischer Ansatz u.a. von Langacker (1987) vertreten: Grammatische Strukturen ergeben sich seiner Konzeption zufolge aus komplexen Konzeptualisierungsprozessen, d.h. allgemein-kognitiven Strategien, die Informationen aus verschiedenen Erfahrungsbereichen integrieren. Nach der Kognitionshypothese (vgl. Cromer 1974) sind die kognitiven Fähigkeiten unabdingbare Voraussetzung für den Erwerb einer Sprache. Wir sind nur dann in der Lage, linguistische Strukturen zu bilden und zu verstehen, wenn unsere allgemeinen mentalen Fähigkeiten uns dazu instandsetzen. Die starke Version der Kognitionshypothese besagt, dass diese kognitiven Voraussetzungen hinreichend und notwendig für den Spracherwerb sind. Der schwachen Version zufolge sind die kognitiven Repräsentationen zunächst Ausgangspunkt der sprachlichen Ontogenese. Sprachliche und kognitive Entwicklung interagieren zudem an bestimmten Punkten. Im Verlauf des Spracherwerbs werden dann aber sprachliche Gesetzmäßigkeiten dominant. Die Existenz autonomer sprachlicher Regularitäten wird also nicht geleugnet. <?page no="149"?> 149 Modularität und Grammatikerwerb Nach Slobin (1985) - dessen Ansatz auf der schwachen Version der Kognitionshypothese beruht - bewältigt das Kind den Spracherwerb mit der Hilfe von universellen Strategien und Prinzipien, so genannten »Operating Principles«. Slobin nimmt drei fundamentale Operating Principles an: Filter der Perzeption und der Speicherung stellen Restriktionen des Wahrnehmungsapparates und des Gedächtnisses dar, die auswählen, welche Informationen aufgenommen und wie sie repräsentiert werden. Generelle Problemlösungsstrategien überprüfen die Lernresultate und bewerten die Kompatibilität unterschiedlicher Lerninhalte. Mit diesen Strategien operiert das Kind auf seinem Wissen von der Welt. Strategien zur Konstruktion der Grammatik legen fest, wie die im LZG gespeicherten Informationen zum Aufbau eines sprachlichen Regelsystems verwendet werden können. Dem Kind ist eine Language Making Capacity mitgegeben, die sowohl semantisch-konzeptuelle als auch formal-syntaktische Prinzipien beinhaltet. Eine Grammatik ergibt sich - auf der Basis eines bestimmten Inputs - durch die Anwendung einer bestimmten Menge von Operating Principles. Eine starke kognitivistische Spracherwerbskonzeption findet sich bei Bates/ MacWhinney (1982) und dem von ihnen vertretenen funktionalistischen Ansatz, demzufolge eine kausale Beziehung zwischen Formen und Funktionen in der Sprache besteht. So reflektiert demnach z.B. die Wortstellung im Satz semantischpragmatische Funktionen, da das syntaktische Subjekt die semantische Rolle Agens und die pragmatische Funktion Topik ausdrückt. Die formale Komponente kann diesem Ansatz zufolge nur unter Berücksichtigung konzeptueller Repräsentationen und kommunikativer Funktionen beschrieben werden. Die Grammatik wird primär unter dem Aspekt ihrer Abbildungsfunktion betrachtet: Die syntaktischen Strukturen sind funktional motiviert, da sie konzeptuelle Repräsentationen wiedergeben. Der Grammatikerwerb wird dementsprechend durch perzeptuelle und konzeptuelle Strategien gesteuert. Grammatische Gesetzmäßigkeiten natürlicher Sprachen sollen aus semantischen und pragmatischen Prinzipien sowie aus kommunikativen Erfordernissen abgeleitet werden. <?page no="150"?> 150 Aspekte der Spracherwerbsforschung Die linguistische Forschung der vergangenen Jahre hat aber umfangreiche Evidenz für die Annahme vorgebracht, dass es sich bei der Syntax um ein relativ autonomes Subsystem der Sprache handelt (s. Fanselow/ Felix 31993, Chomsky 1988, 2000). Es gibt eine Reihe von syntaktischen Phänomenen (z.B. die bei den Kontrollphänomenen auftretenden Gesetzmäßigkeiten), die nicht mit semantisch-pragmatischen Kategorien zu beschreiben sind. Für alle nicht semantisch und pragmatisch motivierten Gesetzmäßigkeiten der Syntax steht von funktionalistischer Seite her also eine adäquate Erklärung aus (s. hierzu aber Deane 1993, Klann-Delius 1999). Gegen eine starke Version der Kognitionshypothese sprechen auch die folgenden Beobachtungen: Geht man von der Annahme aus, dass eine Interdependenz zwischen sprachlichen und allgemein-kognitiven Fähigkeiten besteht, so müssten Kinder mit mentalen Entwicklungsstörungen auch sprachliche Defizite aufweisen und umgekehrt. Ganz offensichtlich ist dies aber nicht der Fall. Kinder, die in ihren allgemein-kognitiven Leistungen beeinträchtigt sind, verfügen oft über normale sprachliche Fähigkeiten im grammatischen Bereich; andererseits bedingen sprachliche Störungen nicht notwendigerweise kognitive Schädigungen (s. Curtiss 1988; vgl. auch Klann-Delius (1999: 71ff)). Untersuchungen zum Dysgrammatismus (einer Sprachentwicklungsstörung, die primär den morphologisch-syntaktischen Bereich der Sprache betrifft) unterstützen ebenfalls die These von einer modularen Organisation innerhalb der Sprach(erwerbs)fähigkeit, da sie belegen, dass selektive Störungen in der formalen Sprachkomponente auftreten können, während das restliche kognitive System intakt bleibt (s. Clahsen 1988, Kruse 2007). 4.3 Spracherwerb und Gehirnforschung 4.3.1 Zu den neuronalen Grundlagen von UG Die UG ist als mentaler Anfangszustand definiert worden, der Teil der genetischen Ausstattung des Menschen ist. Aus biologischer Sicht ist die UG damit Bestandteil des menschlichen Genotyps. Im Genotyp ist die gesamte Menge aller Erbanlagen eines <?page no="151"?> 151 Spracherwerb und Gehirnforschung Menschen in DNS-Molekülen kodiert. Gene übertragen vererbbare (phylogenetisch entwickelte) Informationen, die in Molekülen chemisch verschlüsselt sind (zum »Spracherwerbsgen« FOXP2 s. Enard et al. 2002). Über die Phylogenese der Sprachfähigkeit weiß man nichts Genaues. Entscheidend wird die Entstehung des Cortex gewesen sein. Die Cerebralisation (d.h. die Größenentwicklung des Gehirns) stellt jedenfalls einen wichtigen nachweisbaren Prozess dar (s. Liebermann 1984). Damit ein Genotyp einen Phänotyp (also einen individuellen Organismus) hervorbringen kann, braucht er Nährstoffe, d.h. Stimulanzen, die er aus seiner Umwelt bezieht. Die Morphogenese des Gehirns, die ungefähr der Embryonalzeit entspricht, umfasst die Formung und Ausgestaltung des Gehirns in seine Hauptbestandteile. In der Histogenese, die der Fötalzeit entspricht, erfolgt die Ausbildung der einzelnen Gehirnteile, die Entwicklung der Nervenfortsätze und die chemische Grundausstattung der Nervenzellen (Neuronen). Von besonderer Relevanz für die Ausbildung aller menschlichen Fähigkeiten sind nicht nur die Größe und Anatomie des Gehirns, sondern auch die Anzahl der Nervenzellen und die Vernetzungsmöglichkeiten dieser Nervenzellen untereinander (s. Changeux 1984, Singer 1985, Oeser/ Seitelberger 1988). Neuronale Interkonnektivität stellt die zentrale Bedingung für die Funktionalität informationsverarbeitender Regionen im Gehirn dar (s. Pulvermüller 2002). Das Potential neuronaler Verschaltung ist genetisch vorprogrammiert, doch bedarf es zu seiner Aktualisierung und Konsolidierung gewisser Umgebungsreize. Bereits pränatal sind Programme für die Verschaltung neuronaler Netze und die Interaktion cortikaler Areale vorhanden, doch finden sie erst im Wechselspiel mit der Umwelt zu ihrer strukturellen und funktionalen Ausdifferenzierung. Für die Konsolidierung und Konstruktion neuronaler Netzwerke sind Umwelterfahrungen in der frühesten Kindheit wichtig: In den ersten beiden Lebensjahren nimmt die neuronale Interkonnektivität signifikant zu (vgl. Lenneberg 1967, Peng 1985). Auf der neuronalen Mikroebene vollzieht sich insbesondere das Dendritenwachstum (welches für die Komplexität der neuronalen Vernetzungen relevant ist) erst postnatal. Die bereits pränatal vorhandenen Schaltprogramme finden erst im Wechsel- <?page no="152"?> 152 Aspekte der Spracherwerbsforschung spiel mit äußeren Faktoren zu ihrer Optimierung (s. hierzu auch Szagun 2004). »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beschränken die genetisch vorgegebenen Schaltpläne und das Repertoire modifizierbarer Verbindungen die potentielle Leistungsfähigkeit eines Gehirns … Damit das Gehirn die zur Optimierung seines Repertoires erforderliche außergenetische Information gewinnen kann, muß die Umwelt, in die hinein es sich entwickelt, hinreichend differenziert sein.« (Singer 1985: 61) Die Interaktion von Umgebung und Gehirn muss in den ersten Lebensjahren oder -monaten stattfinden, also in den für die jeweiligen Kognitionssysteme kritischen Phasen. Bereits Lenneberg (1967), der diesen Begriff in Analogie zu der kritischen Phase für die Prägung bei Vögeln eingeführt hat, hat gezeigt, dass in zeitlich begrenzten Entwicklungsphasen Kontakt mit bestimmten Umweltreizen stattfinden muss, da die jeweiligen Fähigkeiten später gar nicht mehr oder nur noch rudimentär erworben werden können. Dass das visuelle System zu seiner Entfaltung frühzeitig Stimulationen benötigt, ist spätestens seit den Arbeiten von Wiesel und Hubel (1978, 1979) bekannt und empirisch nachgewiesen. Die rezeptiven Felder der corticalen Zellen (die für die visuelle Wahrnehmung verantwortlich sind) degenerieren funktional, wenn die Augen in den ersten Lebensmonaten geschlossen bleiben oder aufgrund krankhafter Missbildungen keine visuellen Reize in das Gehirn leiten können. Blindgeborene, denen im höheren Lebensalter durch einen operativen Eingriff das Sehen ermöglicht wird, können deshalb trotz der behobenen Blindheit nicht die Sehleistungen eines normalen Menschen erlangen. Dass die Dominanz eines bestimmten Umgebungsparameters zu einer Dominanz bestimmter physiologischer Strukturen und Funktionen führen kann, haben Experimente mit jungen Katzen gezeigt, die in den ersten Wochen nur horizontale oder nur vertikale Linien zu sehen bekamen und später quasi blind gegenüber dem Wahrnehmungsraum in der jeweils umgekehrten Richtung waren. Die Hirnrinde wird demnach neuronal so verdrahtet, dass sie mit der Umgebung zurechtkommt, mit der sie in den ersten Wo- <?page no="153"?> 153 Spracherwerb und Gehirnforschung chen und Monaten in Kontakt kommt. Bestimmte Parameter der Neurophysiologie des Gehirns werden also durch spezifische Inputdaten fixiert. Hier findet sich eine Parallele zwischen den Erklärungsansätzen auf mentaler und neuronaler Ebene. Dass die Sprachfähigkeit (als Gehirnfunktion) irreparable Schäden erleidet, wenn in der frühkindlichen Entwicklung keine sprachlichen Stimuli vorhanden sind, ist ebenfalls empirisch belegt. Dabei ist Kaspar Hauser der prominenteste, aber wissenschaftlich nicht gut erfasste Fall. Genie, ein 13-jähriges Mädchen aus Kalifornien, das in völliger Isolation von sprachlichen Lauten aufgewachsen war, da die Eltern nicht mit ihm sprachen und es sogar bestraften, wenn es Laute von sich gab, entwickelte auch nach intensivster Übung nur noch eine sehr dürftige Sprachfähigkeit (bei ansonsten relativ normalen kognitiven Leistungen), deren formale Komponente auf einem besonders niedrigen Niveau blieb (s. Fromkin et al. 1974, Curtiss 1988, Dittmann 2006: 113). Auch Kinder, die sich eine Gebärdensprache erst spät (also nach dem fünften Lebensjahr) aneignen, erlangen keine so fehlerfreie Beherrschung der Grammatik ihrer Sprache wie Kinder, die von Anfang an mit der Gebärdensprache konfrontiert wurden. Jenseits der kritischen Phase, die zur Biologie des Menschen gehört, kann die formale Komponente der Sprachfähigkeit auch durch den Einsatz von kompensatorischen Lernstrategien nicht mehr aufgebaut werden. Das neuronale Potential für den Erwerb der grammatischen Komponente einer natürlichen Sprache steht dem Kind zwar bereits pränatal zur Verfügung, ist aber zeitlich beschränkt. 4.3.2 Zur Ontogenese der Lateralisation Lenneberg (1967) hatte die Lateralisation der Gehirnfunktionen als die entscheidende neurophysiologische Veränderung innerhalb der kritischen Phase des Spracherwerbs hervorgehoben. Da das cerebrale Wachstum mit Anfang der Pubertät seinen Abschluss findet, fällt das Ende der kritischen Periode in diesen Zeitraum. Inzwischen weiß man, dass die meisten Funktions- und Lateralisationsverhältnisse schon bedeutend früher (nämlich in den ersten <?page no="154"?> 154 Aspekte der Spracherwerbsforschung 6 Lebensjahren) ausgebildet werden (s. Caplan et al. 1984, Karnath/ Thier 2003). Es ist bereits erwähnt worden, dass die Sprache als Gehirnfunktion bei den meisten Menschen in der linken Hemisphäre lokalisierbar ist. Ist die linke Hemisphäre für sprachliche Leistungen genetisch vorprogrammiert, oder entwickeln sich die Lateralisationsverhältnisse erst im frühkindlichen Reifungsprozess, besteht also eine Äquipotentialität beider Hemisphären für die Lokalisierung der Sprachfähigkeit? Dass die rechte Hemisphäre einige linguistische Funktionen ausüben kann, wurde bereits erörtert. Nur so erklärt sich auch, dass bei Schädigungen der rechten Hemisphäre im Kindesalter aphasische Störungen auftreten können. Man beobachtet aber bei diesen kindlichen Aphasien eine fast vollständige Genesung (s. Hecaen 1983). Bei Erwachsenen mit rechtsseitiger Läsion tauchen solche Aphasien nur äußerst selten auf. Dass das Gehirn in den ersten Lebensjahren noch eine große Plastizität besitzt, wird durch eine Reihe von klinischen Beobachtungen belegt: Kinder, die einseitige Hirnverletzungen erlitten hatten oder denen eine Hemisphäre operativ entfernt worden war, vereinigten verbale und non-verbale Funktionen in der intakten Hemisphäre. Kompensatorisch können also Gehirnbereiche die Funktionen ausgefallener Areale übernehmen, womit eine Äquipotentialität im frühen Kindesalter vorhanden zu sein scheint (s. den Überblick bei Klann-Delius 1999: 68ff.). Allerdings bildet die formale Komponente der Sprachfähigkeit hier offensichtlich eine Ausnahme. Bei Fällen von Hemisphärektomie (d.i. die Entfernung einer Hirnhälfte bei Tumorbefund) zeigen nämlich Kinder, denen die linke (also die normalerweise sprachdominante Hemisphäre) entfernt wurde (und zwar noch vor Beginn des eigentlichen Spracherwerbs), schlechtere Leistungen bei komplexen syntaktischen Aufgaben und im Umgang mit geschriebener Sprache als Kinder, denen die rechte Hemisphäre entfernt worden war (s. Dennis 1980). Semantische Leistungen dagegen sind weitgehend normal. Die linke Hemisphäre ist also die genetisch präferierte Region für die Sprach(erwerbs)fähigkeit im grammatischen Bereich (vgl. auch Saur et al. 2006). Verhaltensbeobachtungen von Säuglingen bieten zudem Evidenzen für die Dominanz der linken Hemisphäre bei der sprachlichen Informationsverarbeitung. Bereits Neugeborene zeigen stärkere EEG- <?page no="155"?> 155 Bedeutungserwerb Veränderungen in der linken Hemisphäre, wenn sie sprachliche Laute hören, während nicht-sprachliche Geräusche in der rechten Hemisphäre EEG-Veränderungen hervorrufen (s. Molfese et al. 1977). Die Kopfhaltung von Säuglingen zeigt ebenfalls eine Präferenz für die linke Hemisphäre bei sprachlicher Wahrnehmung, da der Kopf meistens nach rechts gewandt ist (Turkewitz 1977; s. auch Höhle 2004 zur Sprachwahrnehmung im ersten Lebensjahr). 4.4 Bedeutungserwerb Im Spracherwerbsprozess eignet sich das Kind nicht nur syntaktische Einheiten und Regeln an, sondern auch Bedeutungen. Formen ohne Bedeutungen sind von geringem kommunikativem Wert. Im Gegensatz zum Syntaxerwerb, der zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen ist und dessen Entwicklung relativ unabhängig von der Ontogenese allgemeiner kognitiver Strukturen verläuft, stellt der Bedeutungserwerb eine Art unabschließbaren Prozess dar (da es auch beim Erwachsenen durch das Lernen neuer Wörter und Bedeutungsmodifikationen noch zu Veränderungen im semantischen Teil des Lexikons kommen kann) und basiert offensichtlich auf der Interaktion verschiedener Subsysteme der Kognition. Die Entwicklung der semantischen Komponente setzt grundlegende kognitive Strukturen und Prozesse voraus, die in den Bereich perzeptueller und konzeptueller Strukturbildung fallen (vgl. Haberzettl/ Wegener 2003). Mit dem Erwerb semantischer Einheiten lernt das Kind, mit Formen zu operieren, die an mentale Repräsentationen geknüpft sind, die in direkter Beziehung zu seiner Umwelt stehen. Der Bedeutungserwerb hängt zudem auf das Engste mit dem Aufbau des mentalen Lexikons zusammen (s. Bloom 2000, 2001, Kauschke 1999, 2000). Als mentales Lexikon ist der Teil unseres Langzeitgedächtnisses bezeichnet worden, in dem das Wissen über alle Wörter einer Sprache gespeichert wird. Die grundlegenden Elemente dieses mentalen Subsystems sind die Lexikoneinträge, also lexikalische Einheiten, die phonologische, syntaktische und semantische Informationen von Wörtern aufeinander beziehen. Das Zusam- <?page no="156"?> 156 Aspekte der Spracherwerbsforschung menwirken sprachlicher Repräsentationseinheiten wird in dem folgenden Schema ausgedrückt (s. Bierwisch 1983a und 1987a): (11) LE (phon le , syn le , sem le ) Dabei gibt die Indizierung le an, dass es sich um abstrakte lexikalische Repräsentationseinheiten handelt, also Lexeme, die die morpho-phonologischen Varianten des jeweiligen Wortes inkludieren sowie die idealtypische Menge semantischer Merkmale. Das Lexikon ist somit Schnittpunkt formaler und inhaltlicher Strukturbildung (s. hierzu auch Aitchison 3 2003). Das im Spracherwerbsprozess befindliche Kind muss nun zum einen die repräsentationale Spezifizierung der einzelnen Informationseinheiten (also von phon, syn und sem) vollziehen und zum anderen die Relationen zwischen diesen Einheiten erkennen und erlernen (so z.B. die Kopplung von semantischer und phonologischer Repräsentation). Zudem muss es die Fähigkeit entwickeln, sich mit Wörtern situationsadäquat auf seine Umwelt beziehen zu können, d.h. das Kind muss das komplexe Sprache-Welt-Relationsgefüge erfassen und sich kontextspezifische Referenzstrategien aneignen. Im Folgenden soll hier nur kurz auf die repräsentationale Spezifizierung von sem eingegangen werden. Den meisten Spracherwerbstheorien, die sich mit der Entwicklung der semantischen Komponente beschäftigt haben, liegen die folgenden Annahmen zugrunde: Wenn ein Kind anfängt, die Zuordnung bestimmter Lautmuster zu Objekten und Sachverhalten seiner Umgebung zu erschließen, sind bereits kognitive Strukturen, die diese Objekte und Sachverhalte mental repräsentieren, im LZG ausgebildet. Diese Strukturen befinden sich aber größtenteils noch in einem Ausdifferenzierungs- und Organisationsprozess, sind also nicht notwendigerweise identisch mit den Strukturen Erwachsener. Wortbedeutungen sind keine holistischen (nicht weiter zu analysierenden) Entitäten, sondern setzen sich aus semantischen Primitiva (Merkmalen) zusammen (vgl. aber Fodor et al. 1980). Das mentale Lexikon ist keine willkürliche Ansammlung von Lexikoneinträgen, sondern ein in sich strukturiertes System, in dem jeder Eintrag durch seinen Stellenwert, d.h. durch seine Relationen zu anderen Lexikoneinträgen, <?page no="157"?> 157 Bedeutungserwerb definiert wird. Lexikalische Einheiten werden also in organisierten Zusammenhängen gespeichert. Vor diesem theoretischen Hintergrund ergeben sich für die Untersuchung und Erklärung des Bedeutungserwerbs einige Leitfragen: Welchen Status haben die semantischen Primitiva? Nach welchen Prinzipien erwerben Kinder Bedeutungen? Wie vollzieht sich die Annäherung des kindlichen Lexikons an das der Erwachsenen? Die Akkumulation lexikalischer Einheiten beginnt um den 12. Lebensmonat. Ein Abiturient verfügt ungefähr über 80.000 Wörter (dazu gehören auch Personen- und Ortsnamen sowie idiomatische Ausdrücke). Ein Kind muss also von Sprachbeginn an durchschnittlich mehr als 10 neue Wörter pro Tag lernen (s. Aitchison 3 2003). In den merkmalstheoretischen Ansätzen wird der Aufbau des Lexikons durch die sequentielle Spezifizierung der einzelnen Lexeme erklärt. Je mehr Merkmale das Kind lernt, desto besser kann es die einzelnen Bedeutungen voneinander abgrenzen. Durch die Differenzierung der einzelnen Wortinhalte und das kontinuierliche Erlernen neuer Wörter verändert sich der gesamte mentale Wortschatz. Es werden stringente Ähnlichkeits-, Kontrast- und Inklusionsbeziehungen etabliert, wodurch das Lexikon systematisch aufgebaut wird (s. Meibauer/ Rothweiler 1999, Rothweiler 2003, 2007a). Einem empirischen Phänomen im Bedeutungserwerb hat man besondere Aufmerksamkeit geschenkt, dem Phänomen der Übergeneralisierung. Bei der Übergeneralisierung weitet das Kind den Anwendungsbereich eines bestimmten Wortes fehlerhaft aus. So kann es vorkommen, dass der Ausdruck Apfel auch für die Benennung von Tomaten benutzt wird oder Wauwau nicht nur zu Hunden, sondern zu allen vierbeinigen Tieren gesagt wird. Die prominenteste Erwerbstheorie, die auf einer systematischen Auswertung solcher Fehler beruht, ist von Eve Clark (1973, 1979, 1982, 2001) vorgelegt worden. Nach Clark lässt sich der Bedeutungserwerbsprozess als graduell verlaufender Vorgang beschreiben, bei dem semantische Merkmale den Lexikoneinträgen sequentiell hinzugefügt werden. Im Alter von ca. 1,4 Jahren beginnt das Kind mit dem Aufbau eines Wortlexikons und muss dafür ein System semantischer Merkmale bilden. Da die Lexikoneinträge der Kinder zunächst <?page no="158"?> 158 Aspekte der Spracherwerbsforschung unvollständig repräsentiert sind, können Verbindungen geknüpft werden, die für einen Erwachsenen asemantisch sind (s. hierzu die Assoziationstests von Grimm/ Wintermantel 1975). Kinder erwerben am Anfang die allgemeinsten semantischen Merkmale eines bestimmten Wortes. Diese allgemeinen Merkmale stammen aus der perzeptuellen Erfahrungswelt des Kindes, d.h. die ersten Bedeutungskomponenten werden aus der visuellen Wahrnehmung extrahiert. Die Identifizierung der ersten Wortbedeutungen wird durch eine elementare kognitive Strategie determiniert: Greife die perzeptuell am meisten saliente Eigenschaft eines Objektes heraus und nimm an, dass das fragliche Wort auf sie verweist. Voraussetzung für die Anwendung dieser Strategie ist, dass das Kind Objekte bereits perzeptuell identifizieren kann und implizite Hypothesen zu bilden vermag. Die klassifikationsrelevanten Merkmale des frühkindlichen Bedeutungserwerbs beziehen sich auf perzeptuelle Grunddimensionen wie Form, Größe und Bewegung. Bei der Übergeneralisierung werden Objekte aufgrund perzeptueller Ähnlichkeiten zu Gruppen klassifiziert. Wenn das Kind in einem ersten Zuordnungsprozess z.B. die Lautform Wauwau mit der Bedeutung »Vierfüßer« auf die Hunde seiner Umgebung bezogen hat, so wird der sprachliche Ausdruck dann auf alle Objekte, die das entsprechende saliente Merkmal (Vierbeinigkeit) aufweisen, übergeneralisiert angewandt. Übergeneralisierungen einer anderen Art hat Clark auch beim Erwerb des Systems der Dimensionsadjektive und der Raum-Zeit-Ausdrücke beobachtet. Diese relationalen Einheiten treten paarweise auf (d.h. zu jedem Adjektiv gibt es ein polares Antonym) und unterscheiden sich bedeutungsmäßig nur durch ein Merkmal. So benutzen z.B. Dreijährige die Ausdrücke groß und klein bzw. lang und kurz oft als Synonyme, wobei das unmarkierte bzw. positive Element übergeneralisiert wird. Die Bedeutung von before eignet sich das Kind früher als die von after an; es bevorzugt also den unmarkierten Fall. Für Clark ist dies auch ein Indiz für ihre Komplexitätshypothese, derzufolge die Kenntnis der Bedeutung komplexer strukturierter Einheiten später erworben wird als die der weniger spezifischen, einfacheren Lexeme. Auf dem Hintergrund dieser An- <?page no="159"?> 159 Bedeutungserwerb nahme ist das Experiment von Gentner (1975) zu sehen, die das Verständnis unterschiedlich komplexer Verbbedeutungen bei Kindern überprüft hat. Sie ließ die Kinder die durch die jeweiligen Verben (give, take, buy, trade und sell) bezeichneten Handlungen mit Puppen nachspielen. Dabei zeigte sich, dass die Kinder die durch die semantisch einfacheren Verben (give und take) bezeichneten Handlungen problemlos und korrekt nachspielen konnten, jedoch Schwierigkeiten mit den komplexeren Verben hatten. Für Gentner war dies ein Beleg für die Annahme, dass die Reihenfolge, nach der Kinder Wörter lernen, von der Art und Anzahl der semantischen Merkmale abhängig ist, die jeweils für das Verständnis der zu erlernenden Bedeutungen notwendig sind. Hagendorf (1983) wiederholte jedoch das Experiment unter anderen Bedingungen: Die Kinder sollten die Szenen selbst nachspielen. Diesmal gab es keine signifikanten Differenzen. Wissen kann also für bestimmte Wörter gespeichert sein, wird aber nur in bestimmten Kontexten aktiviert. Strukturelles und prozedurales Wissen entstehen offensichtlich nicht simultan. Trotz vorhandener Kenntnisstrukturen verfügen Kinder oft noch nicht über die jeweiligen Verarbeitungsmechanismen. Die Verarbeitungsstrategien von Kindern sind generell stärker kontextgebunden und weniger flexibel als die von Erwachsenen. Das Phänomen der Übergeneralisierung sollte aber nicht die alleinige Datengrundlage für eine Erwerbstheorie sein. Erstens sind Übergeneralisierungen nicht so weit verbreitet, wie Clarks Theorie (derzufolge alle Wörter anfangs übergeneralisiert werden) es prognostiziert. Viele Kinder übergeneralisieren in den ersten Jahren nur einen kleinen Teil ihrer erlernten Wörter. Außerdem kommen auch Untergeneralisierungen vor. Hierbei verwenden Kinder z.B. den Ausdruck Apfel nur für die Benennung roter Äpfel, nicht aber für die Bezeichnung gelber Äpfel. Sie grenzen also den Extensionsbereich aufgrund spezifischer Merkmale ein. Somit werden nicht ausschließlich die allgemeinsten Merkmale zuerst erworben. Sprachproduktionsdaten geben zudem oft nicht hinreichend oder sogar verfälscht Aufschluss über das tatsächliche Wissen des Kindes. Wenn man beurteilen will, ob ein Kind eine bestimmte Bedeutung kennt oder anders als ein Erwachsener repräsentiert hat, muss man stets auch Rezeptions- <?page no="160"?> 160 Aspekte der Spracherwerbsforschung daten hinzuziehen (s. Huttenlocher 1983). Vielfach sind nämlich Übergeneralisierungen nur Ausdruck einer noch rudimentären Artikulationsfähigkeit. Die Bedeutung eines Wortes kann dem Kind vertraut sein, während die Lautsequenz noch nicht als Repräsentation vollständig spezifiziert ist und noch nicht ausgesprochen werden kann. Das Defizit liegt damit auf formaler und nicht auf inhaltlicher Ebene. Der Erklärungsansatz stößt aber auch auf die Probleme, die generell mit einer merkmalstheoretischen Darstellung von Bedeutungen auftreten: Vagheit, Variabilität und die damit verbundene Abgrenzungsproblematik werden nicht hinreichend beachtet. Nicht geklärt werden kann, wie viele und welche Merkmale hinreichend und notwendig für die Beherrschung einer Bedeutungseinheit sind. Nicht klar genug erörtert wird auch der Prozess, der perzeptuell wahrgenommene Merkmale in semantische Merkmale umwandelt. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch der Status und die Herkunft der Merkmale. Unter der Annahme, dass semantische Merkmale nicht nur heuristische Mittel zur Beschreibung mentaler Strukturen sind, sondern psychologisch reale Entitäten darstellen, stellt sich die Frage, welcher Domäne diese Elemente entstammen. Clark und andere Merkmalstheoretiker scheinen - wie viele Kognitionspsychologen (s. Hoffmann 1982, Klix 1986) - die Merkmale als mentale Repräsentationen aufzufassen, die von an Objekten der Welt wahrgenommenen Eigenschaften abgeleitet werden. Damit wird die Basis der Merkmale dem perzeptuellen Kenntnissystem zugesprochen. Wie bereits erläutert worden ist, wird die Erfahrbarkeit der Welt durch die genetisch vorprogrammierten Schaltmuster des menschlichen Gehirns determiniert. Die semantischen Primitiva sind daher als Teil unserer angeborenen Ausstattung zu verstehen. Sie repräsentieren keine physikalischen Eigenschaften von externen Objekten, sondern intern verankerte Konzeptprinzipien. Darauf hat Bierwisch schon 1970 hingewiesen, indem er semantische Merkmale als Symbole für interne Grundmechanismen der menschlichen Kognition definierte: »… they are not symbols for physical properties and relations outside the human organism, but rather for the internal mecha- <?page no="161"?> 161 Prozedurales Wissen: Automatismen und Strategien nisms of which such phenomena are perceived and conceptualised.« (Bierwisch 1970b: 181) Wenn die semantischen Merkmale schon Bestandteil der kognitiven Grundausstattung des Kindes sind, dann stellt sich die Frage, was sich beim Bedeutungserwerb eigentlich entwickelt. Werden nur bestimmte Merkmalskombinationen erlernt sowie die Zuordnung dieser Merkmalsbündel zu bestimmten sprachlichen Formen? Das Induktionsproblem, auf das man beim Grammatikerwerb unweigerlich stößt - und das die Frage aufwirft, wie ein Kind trotz unvollständiger, heterogener und z.T. falscher Inputdaten die Grammatik in einem relativ kurzen Zeitraum internalisiert -, tritt auch bei Erklärungsansätzen zum Semantikerwerb auf. Angesichts der potentiellen Größe des Hypothesenraums beim Bedeutungserwerb und der großen Variabilität der dem Kind zur Verfügung stehenden Daten scheint es unwahrscheinlich, dass semantische Einheiten allein aufgrund induktiver Generalisierungen erworben werden, wie es lange in den Bedeutungstheorien angenommen wurde (s. Carey 1983; vgl. auch Wittek 1999). Wenn ein Kind in einem bestimmten Kontext zum ersten Mal das Wort Tasse hört, und es kennt keine Wörter für die Umgebung, so kann sich Tasse auf alles Mögliche beziehen (den Tisch, auf dem die Tasse steht, das Material, aus dem die Tasse gemacht ist, usw.). Hinzu kommen die vielen Optionen bei der Benennung eines Gegenstandes oder einer Handlung, mit denen das Kind konfrontiert wird. Derselbe Hund z.B. kann je nach Sprecher und Situation als Tier, Hund, Dackel, Köter, Mistvieh oder Lumpi bezeichnet werden. Die Prinzipien, die die Hypothesen des Kindes beim Bedeutungserwerb beschränken, stellen das zentrale, noch intensiver zu erforschende Problem der semantischen Entwicklungstheorien dar (s. Rothweiler 2007a). 4.5 Prozedurales Wissen: Automatismen und Strategien In der kognitiven und sprachlichen Entwicklung eignet sich das Kind nicht nur verschiedene Kenntnissysteme an, sondern es <?page no="162"?> 162 Aspekte der Spracherwerbsforschung erwirbt auch eine Reihe von Verarbeitungsmechanismen. Das prozedurale Wissen, also die Fähigkeit, Verarbeitungsprozesse in effektiver Weise zu benutzen, entwickelt sich offenbar nicht simultan mit den entsprechenden Wissensstrukturen. Die empirische Forschung hat gezeigt, dass das Kind trotz vorhandener Kenntnisse damit noch nicht automatisch über die jeweiligen Aktualisierungsmechanismen verfügt (s. Paris/ Lindauer 1976, Kahan/ Richards 1986). Zwei Arten der Informationsverarbeitung müssen generell unterschieden werden (s. Shiffrin/ Schneider 1977, Garrett 2007). Kontrollierte Prozesse werden bewusst eingesetzt und sind nicht obligatorisch. Es handelt sich um Strategien, die seriell eingesetzt werden und kapazitätsmäßig eingeschränkt operieren. Automatische Prozesse erfordern kein Bewusstsein und laufen weitgehend obligatorisch ab. Sie operieren parallel und interferieren nicht mit anderen, gleichzeitig ablaufenden Prozessen. Beim Wahrnehmungsprozess laufen z.B. automatische Prozesse ab, auf die wir keinen Einfluss haben: Wenn uns ein Objekt (z.B. ein Buch) vor Augen gehalten wird, so können wir es intentional nicht verhindern, dass wir das Objekt als Buch erkennen. Der Wahrnehmungsprozess ist in dieser Hinsicht nicht kontrollierbar (vgl. hierzu Fodors Input-Systeme). Bei den bereits erörterten Agnosien ist dieser Vorgang gestört. Auch die Sprachverarbeitung basiert zu einem großen Teil auf automatischen Prozessen. Wenn wir mit sprachlichen Einheiten oder Strukturen konfrontiert werden, können wir nicht umhin, diese als bedeutungsvoll zu erfahren. Dagegen können wir beispielsweise beim Lernen oder Lesen unsere kognitive Aktivität zum Teil selbst regulieren, indem wir bestimmte Strategien bewusst einsetzen (und z.B. eine Stelle im Text immer wieder lesen). Wie erwirbt nun das Kind Strategien und Automatismen? Schnelligkeit und Automatizität kognitiver Prozesse sind als übungsabhängige Leistungen beschrieben worden (s. Spelke et al. 1976). So haben geübte Pianisten keine Schwierigkeit, ein neues Stück vom Blatt zu spielen und gleichzeitig einen Prosatext nachzusprechen. Ähnliches gilt für alle bereichsspezifischen Leistungen. Die Übungsabhängigkeit paralleler Operationen wurde von Spelke et al. (1976) auch in einem Experiment mit Studenten <?page no="163"?> 163 Prozedurales Wissen: Automatismen und Strategien nachgewiesen, in dem die Vpn trainiert wurden, einen Text zu lesen und gleichzeitig diktierte Wörter aufzuschreiben. Nach einer wochenlangen Übungsphase war diese Anforderung mit normaler Lesegeschwindigkeit zu bewältigen. Ob allerdings alle Automatismen übungsabhängig sind, ist äußerst fraglich. Man kann vielmehr davon ausgehen, dass bereits eine Reihe von domänenspezifischen Verarbeitungsmechanismen automatisiert sind, wenn das Kind auf die Welt kommt. Dass Kinder anders wahrnehmen, speichern, reproduzieren und produzieren als Erwachsene, wurde in der Forschung lange auf qualitative Unterschiede der Struktur- und Prozessprinzipien der frühkindlichen Kognition zurückgeführt. Nach der Kapazitätshypothese nimmt im Verlauf der Entwicklung die Kapazität aller Gedächtnisfunktionen kontinuierlich zu, was dann zu den beobachtbaren Leistungsverbesserungen führt. So erklärt man sich unter anderem die im kindlichen Alter zunehmende Größe der Gedächtnisspanne bei kognitiven Memorierleistungen. Heute geht man eher davon aus, dass das Kind bereits sehr früh (eventuell schon pränatal) über ein Informationsverarbeitungssystem verfügt, das sich hinsichtlich seiner Kapazität kaum von dem der Erwachsenen unterscheidet. Grundlegende Funktionen der Informationsverarbeitung sind jedenfalls schon beim Säugling zu vermuten (s. Eimas 1985). Was sich verändert, ist einerseits das Ausmaß der Automatisierung, mit dem bestimmte Prozesse ablaufen, wodurch Kapazität für andere Operationen freigesetzt wird. Andererseits gerät eine Reihe von Prozessen zunehmend unter die Kontrolle der kognitiven Selbstregulation, wodurch der gezielte Einsatz von Strategien ermöglicht wird. Von einiger Relevanz ist schließlich natürlich auch die zunehmende Wissensmenge, auf die das Kind mit seinen Operationen zurückgreifen kann. In neuerer Zeit hat man sich vor allem im Bereich der psychologischen Metakognitionsforschung mit der Entwicklung von kognitiven Strategien beschäftigt (s. Bellezza 1984, Flavell 1985, Wehr 2001; zur Automatisierung im Zweitsprachenerwerb s. Bärenfänger 2002a). Aus der Entwicklungspsychologie ist bekannt, dass schon sehr früh Selbst- und Fremdmodelle aufgebaut werden. Das intern gespeicherte Selbstmodell enthält alle Informatio- <?page no="164"?> 164 Aspekte der Spracherwerbsforschung nen, die ein Mensch von sich hat. Das metakognitive Wissen ist Teil dieses Selbstmodells und repräsentiert das Wissen, das ein Mensch über seine eigenen kognitiven Fähigkeiten hat. Dieses Wissen hat offensichtlich bedeutende Kontroll- und Regulationsfunktionen bei allgemein-kognitiven sowie bei sprachlichen Verarbeitungsprozessen (z.B. bei Selbstkorrekturen im Sprachproduktionsprozess). Die bewusste Kontrolle über eine Gedächtnisstrategie und die Fähigkeit, eine bestimmte Strategie je nach Situationsanforderung auszuwählen, ist abhängig vom metakognitiven Wissen. Empirische Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Verbesserungen beim Einsatz von Strategien mit dem zunehmenden Bewusstsein über den Zustand des eigenen Gedächtnissystems korrelieren, legen die Annahme nahe, dass sich beim Strategieerwerb primär die metakognitiven Fähigkeiten entwickeln (s. Wippich 1984; vgl. auch Logan 2002). Die frühkindliche Sprachverarbeitung weist besonders in einem Punkt einen wesentlichen Unterschied zur Sprachverarbeitung von Erwachsenen auf: bei der syntaktischen Verarbeitung. Die moderne Sprachrezeptionsforschung hat empirisch belegen können, dass erwachsene Sprachverwender über syntaktische Verarbeitungsmechanismen verfügen, mit denen Sätze analysiert werden. Diese Mechanismen sind Bestandteil des Prozessorsystems, das für die syntaktische Verarbeitung sprachlicher Strukturen zuständig ist. Dieser so genannte Parser weist den Sätzen im Verarbeitungsvorgang bestimmte strukturelle Lesarten zu. Kinder scheinen aber Sätze zunächst primär nach semantischen und enzyklopädischen Kriterien zu analysieren. Eine Reihe von Untersuchungen hat gezeigt, dass Kinder beispielsweise Probleme beim Verstehen von semantisch reversiblen Passivsätzen wie (12) haben. (12) Das Pferd wurde von der Kuh verfolgt. Dieses Problem taucht nicht bei Sätzen wie (13) auf, da hier das Weltwissen des Kindes eindeutig festlegt, wer als Agens und wer als Patiens zu interpretieren ist. (13) Der Kuchen wurde von dem Kind gegessen. <?page no="165"?> 165 Zusammenfassung Beim Interpretieren syntaktisch schwieriger oder ambiger Sätze verlassen sich Kinder offenbar mehr auf ihr enzyklopädisches Wissen. Sie nutzen semantisch-konzeptuelle Kategorien wie AGENS und PATIENS, um syntaktische Kategorien zu identifizieren (vgl. zur Strategie des sogenannten Semantic Bootstrapping z.B. Rothweiler 2007a). Frühe Sprachverarbeitungsprozesse werden also stärker vom Prinzip der konzeptuellen Plausibilität regiert. 4.6 Zusammenfassung In den ersten sechs Lebensjahren erwirbt ein Kind bei normal verlaufender Entwicklung alle wesentlichen Aspekte der Grammatik seiner Muttersprache. Die Spracherwerbsforschung der letzten Jahre hat umfangreiche Evidenz dafür erbracht, dass die formale Komponente der menschlichen Sprachfähigkeit ein modulares Subsystem darstellt, dessen Erwerb von universalen Prinzipien determiniert wird. Das neuronale Potential für dieses grammatische Modul ist offensichtlich im Gehirn an die linke Hemisphäre gebunden. Dies gilt nicht nur für die Lautsprache, sondern auch für die Gebärdensprache. Der Erwerb der Grammatik ist durch die im menschlichen Organismus biologisch angelegte kritische Phase zeitlich auf die ersten Lebensjahre begrenzt. Die sprachlichen Daten, mit denen das Kind konfrontiert wird, haben dabei eine das neuronale Programm auslösende und konsolidierende Rolle. Der Aufbau der semantischen Komponente des Sprachsystems benötigt längere Zeit als der Grammatikerwerb und entsteht in enger Interaktion mit der kognitiven Ontogenese. Über die Art der Verschaltung zwischen perzeptuellen, konzeptuellen und sprachlichen Informationen bei der semantischen Entwicklung gibt es aber noch nicht genügend genauere Angaben. Es bedarf noch eingehender Forschungsarbeit, um die Prinzipien, die den Semantikerwerb determinieren, bestimmen zu können. Ein wesentlicher Faktor in der Entwicklung des Kindes ist auch der Ausbau und die Optimierung der prozeduralen Kompetenz. Hierbei entwickelt sich zum einen die Fähigkeit, kontrollier- <?page no="166"?> 166 Aspekte der Spracherwerbsforschung bare Strategien bewusst bei der Informationsverarbeitung einzusetzen, zum anderen entsteht ein Potential an unbewusst ablaufenden und damit kapazitätssparenden Automatismen. Der frühkindliche Sprachverarbeitungsprozessor wird offensichtlich stärker von semantischen und enzyklopädischen Prinzipien determiniert. 4.7 Weiterführende Literatur Überblicksartige Einführungen in die moderne Spracherwerbsforschung bieten Klann-Delius (1999), Butzkamm/ Butzkamm ( 2 2004), Dittmann ( 2 2006) und Tracy (2007). Pinker (2000) stellt den Spracherwerb in seinem viel diskutierten Buch aus nativistischer Perspektive als Reifung eines angeborenen Programms dar. Demgegenüber argumentiert Tomasello (2003) im Rahmen eines kognitiv-funktionalen Ansatzes. Neuronale Grundlagen und der Faktor der kritischen Phase werden in Locke (1997) sowie Singleton/ Ryan (2004) erörtert. In Grimm (2000) sind mehrere psychologische Artikel zu dem Thema enthalten (z.B. zu Input- Daten in der sprachlichen Ontogenese). Eine komprimierte Darstellung zum Erstspracherwerb findet sich bei Rothweiler (2007a), zum Zweitspracherwerb und Bilingualismus bei Rothweiler (2007b). Im Handbuch zur Psycholinguistik (Rickheit et al. 2003) sind im Kapitel VI diverse Artikel zum Spracherwerb zu finden; im Handbook von Traxler/ Gernsbacher (2006) finden sich in Sektion 3 u.a. Aufsätze zum Syntax- und Semantikerwerb sowie zur Entwicklung der Lesekompetenz. In Weissenborn/ Höhle (2001) sind verschiedene Untersuchungen zum Bootstrapping zusammengefasst. Eine Untersuchung zum Syntaxerwerb stellt Diessel (2004) vor. In Haberzettl/ Wegener (2003) geht es um Konzeptualisierung und Spracherwerb. Einzeluntersuchungen zum Erwerb bestimmter Wortarten sowie zum Bedeutungserwerb finden sich bei Behrens (2003), (2005) und Kauschke (2007). In Gaskell (2007) sind in Sektion V mehrere Überblicksartikel zu verschiedenen Spracherwerbsphänomen enthalten (z.B. Worterwerb, Konzeptentwicklung, Syntaxverstehen, Lesefähigkeit). <?page no="167"?> 5. Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten 5.1 Überlegungen zum Sprachprozessor In der Kognitiven Linguistik wird die Sprachfähigkeit des Menschen sowohl strukturell (als mentales Kenntnissystem) als auch prozedural (als Verarbeitungssystem) definiert. Der Sprachverarbeitungsprozessor ermöglicht die Rezeption und die Produktion sprachlicher Einheiten und Strukturen. Die Verarbeitung sprachlicher Strukturen stellt einen komplexen Informationsverarbeitungsprozess dar, der alle Komponenten des sprachlichen Kenntnissystems involviert und dessen Resultat eine mentale Repräsentation ist, die nicht nur sprachliche Inputinformationen beinhaltet. Sprachverarbeitung ist prinzipiell nicht nur ein datengeleiteter (bottom up), sondern auch ein wissensgeleiteter (top down) Prozess, bei dem das im LZG gespeicherte Wissen des Rezipienten eine wichtige Rolle spielt. Da die Rezeption sprachlicher Einheiten immer in einer bestimmten Situation stattfindet, wird auch eine mentale Repräsentation des situativen Kontextes erstellt, die in den Verarbeitungsprozess einfließt. Will man die Architektur des Verarbeitungssystems beschreiben, müssen Aspekte der real-zeitlichen Verarbeitung berücksichtigt werden. Die Faktoren, die in der strukturorientierten Systemlinguistik als irrelevante Performanzaspekte eingestuft werden, erweisen sich bei der Erklärung des Sprachprozessors als konstitutive Regularitäten. Während das sprachliche Kenntnissystem im LZG neutral gegenüber Beschränkungen wie Zeitlichkeit und Kapazität ist, wird der Prozessor in seiner Arbeitsweise durch solche Faktoren entscheidend affiziert. Sprachliche Verarbeitung ist strikt on-line, d.h. von links nach rechts ablaufend, und unterliegt den kapazitären Begrenzungen des KZG. Bei der Untersuchung des menschlichen Sprachverarbeitungssystems stellen sich die folgenden Leitfragen: <?page no="168"?> 168 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten • Welche Rolle spielen die permanent gespeicherten Strukturrepräsentationen des sprachlichen Kenntnissystems bei der Verarbeitung aktueller sprachlicher Repräsentationen? • Von welcher Art ist die Beziehung zwischen Kenntnissystem und Prozessor? Von welcher Art sind die Prinzipien und Strategien, die die Sprachverarbeitung organisieren und determinieren? • Welchen Einfluss haben das Weltwissen und der Kontext auf die Sprachverarbeitung? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert einerseits die Präzisierung der Struktur des Kenntnissystems sowie der Organisation des Prozessors, andererseits die Präzisierung der Beziehung zwischen beiden Komponenten. Von vielen Linguisten und Psycholinguisten wird eine Abhängigkeit des Prozessors von der Grammatik einer Sprache postuliert, so dass sich Eigenschaften des grammatischen Kenntnissystems in der Organisation des Prozessors widerspiegeln. Die modulare Struktur der Grammatik beeinflusst demzufolge die Art der Verarbeitungsprozesse. »There is enough evidence to warrant systematic investigation of the hypothesis that grammars establish the modularity of processors. We need, therefore, to determine just how detailed the correspondence is between the organisation of grammars and that of processing systems.« (Garrett 1982: 197) Dass der Prozessor nicht notwendigerweise von der Struktur des Kenntnissystems gesteuert wird, ist von Berwick/ Weinberg 1984 erörtert worden. Möglich ist auch, dass grammatische Regelsysteme gar nicht explizit in unserem kognitiven Apparat gespeichert sind, sondern nur implizit in der Organisation des Prozessors manifestiert sind. Den Operationen des Prozessors muss man dann strukturstiftende Funktionen zusprechen. In der Kognitiven Linguistik wird die Annahme vertreten, dass die Beziehung zwischen Strukturen der Grammatik und den Prozeduren des Verarbeitungssystems wechselseitigen Beschränkungen unterliegt: Die Grammatik legt zum Teil fest, wie sprachliche Äußerungen verarbeitet werden können; die Prozessoroperationen üben aber <?page no="169"?> 169 Autonome vs. interaktive Modelle auch Einfluss auf die Form der Grammatik aus, da deren Strukturen verarbeitbar sein müssen. Von besonderem Interesse ist für die Kognitive Linguistik auch das Verhältnis zwischen modalitätsspezifischen Sprachverarbeitungsstrategien und allgemeinen, modalitätsunabhängigen Gedächtnisfunktionen sowie die Art der Interaktion von sprachlichem und konzeptuellem Wissen. 5.2 Autonome vs. interaktive Modelle Während des Sprachverarbeitungsprozesses werden durch die Aktivierung der Komponenten des sprachlichen Kenntnissystems phonologische, syntaktische und semantische Repräsentationen aufgebaut. Einfluss auf die Interpretation sprachlicher Äußerungen nehmen aber auch der situative Kontext sowie das allgemeine Weltwissen des Rezipienten. Die Frage, wie die verschiedenen Komponenten während der Sprachverarbeitung interagieren, wird kontrovers diskutiert. Innerhalb der neueren Rezeptionsforschung lassen sich zwei Positionen voneinander unterscheiden: Autonome Sprachverarbeitungsmodelle beschreiben den Rezeptionsprozess als einen zunächst vom Weltwissen unabhängig ablaufenden Vorgang. Erst nach Abschluss des sprachlichen Interpretationsprozesses kann das Weltwissen (als zusätzliche Informationsbeifügung) Einfluss auf die erstellte Repräsentation nehmen. Interaktive Modelle dagegen nehmen an, dass das Weltwissen des Rezipienten von Anfang an (also on-line) die Verarbeitung determiniert. Die Interaktion-Autonomie-Kontroverse hängt eng mit dem Problem der Modularität zusammen. In autonomen Modellen geht man von einer prozeduralen Modularität aus. Die Interaktion der verschiedenen Module (im Sinne von Verarbeitungskomponenten) ist in einer bestimmten Weise festgelegt, und zwar sowohl auf der Interebene (hinsichtlich der Interaktion unterschiedlicher kognitiver Kenntnissysteme) als auch auf der Intraebene (also innerhalb des sprachlichen Systems). Autonome Sprachverarbeitungsmodelle gehen davon aus, dass die Operationen des Sprachverarbeitungsprozessors autonom und seriell ablaufen (s. Forster 1979, Garrett 1982, 1984, Fodor 1983, <?page no="170"?> 170 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten 1985). Jede Komponente erstellt eine Repräsentation unabhängig von den Operationen anderer Komponenten. Die höheren Ebenen können die Verarbeitung der unteren Ebenen nicht beeinflussen, da der Verarbeitungsprozess strikt bottom-up verläuft. Die Worterkennungskomponente trifft ihre Entscheidungen allein auf der Grundlage des lexikalischen Wissens und der Information, die sie von der phonologischen Komponente (als Analyseergebnis) erhält. Der lexikalische Identifizierungsprozess wird demzufolge weder von der syntaktischen Komponente noch von kontextuellen oder weltwissensgesteuerten Faktoren affiziert (s. Zwitzerlood/ Bölte 2002 zur Worterkennung). Der Sprachprozessor arbeitet als Modul schnell, obligatorisch und unabhängig von den Kenntnissen anderer Kognitionssysteme. Diese informationelle Abgeschlossenheit gegenüber anderen Kenntnissystemen ist verantwortlich für die Autonomie des Sprachprozessors. Sprachverarbeitungsprozesse ähneln daher in den autonomen Modellen den (automatisch ablaufenden) Reflexen. Sprachverarbeitungsprozesse sind aber im Gegensatz zu Reflexen, die unvermittelte Reaktionen auf einen Reiz darstellen, berechnende und interpretativ-inferenzielle Operationen. Daher sind im Output des Sprachverarbeitungsprozesses stets mehr Informationen enthalten als im Input. Zu beachten ist auch, dass Autonomie und Automatizität nicht gleichzusetzen sind (wie es in einigen autonomen Modellen getan wird). Auch nicht-autonome Prozesse können automatisch und sehr schnell ablaufen, obgleich sie kognitiv permeabel (also durch Informationen anderer Kenntnissysteme beeinflussbar) sind (s. hierzu auch Friederici 1987). Serialität der Verarbeitung bedeutet nicht, dass bei der Satzanalyse zunächst eine phonologische Repräsentation vollständig erstellt wird, dann die lexikalische Komponente alle Wörter identifiziert und zum Schluss die syntaktische Analyse vollzogen wird. Dadurch würde der real-zeitliche Charakter der Sprachverarbeitung gar nicht erfasst. Sobald das erste Wort identifiziert worden ist, setzt bereits die syntaktische Analyse ein. Während also im Verarbeitungsprozess ein Wort gerade lexikalisch identifiziert wird, werden die vorher identifizierten Wörter schon einer syntaktischen Analyse unterzogen. Entscheidend ist dabei, dass <?page no="171"?> 171 Autonome vs. interaktive Modelle die bereits ablaufende syntaktische Analyse keinen Einfluss auf die noch zu vollziehenden Prozesse auf der Wortebene (und der phonologischen Ebene) ausübt. Die höheren Ebenen des Prozessors können keine Informationen an die niedrigeren Komponenten zurückleiten; in diesem Sinne operieren die Komponenten seriell und autonom. Das bekannteste autonome Sprachverarbeitungsmodell stammt von Forster (1979), der Autonomie sowohl auf der Interals auch auf der Intraebene der Sprachverarbeitung annimmt. Er unterscheidet ein sprachliches und ein nicht-sprachliches Prozessorsystem. Das nicht-sprachliche Verarbeitungssystem (von Forster »General Problem Solver« genannt) hat keinen Einfluss auf die eigentliche Sprachverarbeitung. Es greift auf das konzeptuelle Weltwissenssystem zurück, hat jedoch keinen Zugang zum Lexikon (das Teil des sprachlichen Kenntnissystems ist). Die sprachliche Verarbeitung läuft auf drei voneinander unabhängigen Prozessebenen ab, die ihre Informationen aus dem Lexikon beziehen, jedoch keinen Zugriff zum allgemeinen Weltwissen haben. Jede Prozessebene erhält nur die Informationen der jeweils niedrigeren Ebene. Die lexikalische Prozessorkomponente nimmt die vom Wahrnehmungssystem übermittelten Inputdaten in Form von Merkmalslisten auf und ordnet sie entsprechenden Lexikoneinträgen zu. Sobald genügend Lexikoneinträge identifiziert worden sind, beginnt die syntaktische Prozessorkomponente (an die der lexikalische Prozessor seine Repräsentationen weitergibt) mit ihrer Analyse. Die syntaktische Repräsentation wird dann vom Botschaftenprozessor (»Message-Level Processor«) aufgenommen und bearbeitet. Auf dieser Ebene werden z.B. Referenten identifiziert und kommunikative Intentionen verstanden. Die sprachlichen Prozessorkomponenten analysieren nur den Input, den sie von der jeweils niedrigeren Ebene erhalten. Ihre Analyseresultate werden an das nicht-sprachliche Verarbeitungssystem weitergegeben, und dieses erstellt dann die Interpretation als Output des gesamten Rezeptionsprozesses. Die Weltwissenskomponente und die allgemeinen Problemlöseprozesse spielen also eine wichtige Rolle beim Verstehen von sprachlichen Äußerungen, determinieren aber nicht unmittelbar die Komponenten des Sprachprozessors (vgl. hierzu Hemforth/ Konieczny 2002). <?page no="172"?> 172 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten In den interaktiven Modellen ist die Direktionalität der Verarbeitung nicht so strikt festgelegt wie in den autonomen Modellen: Der Sprachverarbeitungsprozess besteht aus einer Interaktion von Bottom-up- und Top-down-Operationen. Die Prozessorkomponenten interagieren in dem Sinne, dass sie ihre Informationen austauschen und damit die Erstellung einer mentalen Repräsentation auf einer bestimmten Ebene beeinflussen können. Die meisten interaktiven Sprachverarbeitungsmodelle (deren bekanntester Verfechter Marslen-Wilson ist) zeichnen sich durch die folgenden Kennzeichen aus: Jede Prozessorkomponente interagiert zu jedem Zeitpunkt der Verarbeitung mit jeder anderen Komponente. Die Verarbeitungsresultate der Komponenten sind sofort und simultan allen anderen Verarbeitungsebenen zugänglich, d.h. alle Komponenten kommunizieren miteinander. Die Verarbeitung läuft parallel ab. Jede Ebene ist jederzeit potentiell aktiv. Zum Teil kann allerdings die Verarbeitung auf einer Ebene erst dann beginnen, wenn ihr Informationen von einer anderen Ebene zur Verfügung stehen: So setzt z.B. die syntaktische Analyse Worterkennungsprozesse voraus. Sprachrezeption ist kein obligatorischer, autonomer Vorgang, sondern wird der jeweiligen Situation angepasst, ist also offen gegenüber Kontextfaktoren. Global lässt sich der Sprachrezeptionsprozess deshalb beschreiben als ein konstruktiver, von kontextuellen und rezipientenspezifischen Faktoren determinierter Vorgang, bei dem der Rezipient unter Hinzufügung seines Weltwissens eine mentale Repräsentation aufbaut. Die schnelle und mühelose Interpretation verzerrter, fragmentarischer und unterbrochener sprachlicher Äußerungen ist für die Vertreter interaktiver Modelle ein Indiz dafür, dass der Rezipient durch Top-down-Strategien (also von oben kommende Wissensaktivierungen) die Lücken des Inputs sinnvoll füllt (s. Marslen-Wilson 1982, 1987). Dass Top-down-Strategien Einfluss auf die Verarbeitung sprachlicher Einheiten haben, hat bereits Warren (1970) am Beispiel der Lauterkennung in einem Experiment zu zeigen versucht. Die Vpn in diesem Experiment hörten den folgenden Satz: (1) The state governors met with their respective legi+latures convening in the capital city. <?page no="173"?> 173 Autonome vs. interaktive Modelle An der Stelle des + wurden 12 msec der Äußerung entfernt und durch ein Hustengeräusch ersetzt. Keine der Vpn bemerkte das Fehlen des Lautes / s/ ; selbst Versuchsleiter und Mitarbeiter »hörten« das fehlende / s/ . Erst als der Laut durch Stille ersetzt wurde, verschwand diese Illusion, die durch den Wortkontext und das Wissen über Wörter hervorgerufen worden war. In einem weiteren Experiment von Warren/ Warren (1970) sollte gezeigt werden, dass auch das allgemeine Weltwissen entscheidenden Einfluss auf die Laut- und Wortwahrnehmung ausüben kann. Den Vpn wurden die folgenden Sätze vorgespielt: (2) It was found that the +eel was on the axle. (3) It was found that the +eel was on the shoe. (4) It was found that the +eel was on the orange. (5) It was found that the +eel was on the table. An der indizierten Stelle wurde wieder ein Hustengeräusch eingeblendet. Je nachdem, welchen Satz die Vpn nun gehört hatten, »hörten« sie anstelle des +eel entweder wheel, heel, peel oder meal. Die Top-down-Strategie operierte hier also rückwärts. Da es sich bei den Experimenten aber um Off-line-Methoden handelt, wird über die eigentliche Verarbeitung an den kritischen Punkten wenig ausgesagt. Experimentelle Untersuchungen haben zu zeigen versucht, dass Top-down-Strategien auf allen Verarbeitungsebenen operieren: Laute werden besser im Wort- und Satzkontext wahrgenommen, Wörter im Satzkontext besser identifiziert, Satzanalysen durch pragmatische Plausibilitätsüberlegungen erleichtert und Sätze im Rahmen eines vorgegebenen Themas leichter interpretiert (s. hierzu auch Frauenfelder/ Floccia 1999 sowie die Artikel in Gaskell 2007). Im Folgenden sollen einige der wichtigsten Ergebnisse der empirisch-experimentellen Sprachverarbeitungsforschung unter Berücksichtigung ihrer Relevanz für die Erklärung der prozeduralen Kompetenz erörtert werden. <?page no="174"?> 174 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten 5.3 Wort-, Satz- und Textverarbeitung 5.3.1 Syntaktische Verarbeitung In den 60er und frühen 70er Jahren konzentrierte sich die rezeptionsorientierte Psycholinguistik fast ausschließlich auf die syntaktische Analyse sprachlicher Strukturen. Auf dem Hintergrund der Generativen Transformationsgrammatik - wie sie von Chomsky 1957 und 1965 entwickelt worden war - wurden Sprachverarbeitungsmodelle entworfen, die sich durch zwei Aspekte auszeichneten: Serialität der Verarbeitungsprozesse und Autonomie der involvierten Prozesskomponenten. Obgleich Chomsky betont hatte, dass sein Grammatikmodell kein Performanzmodell sei, wurden die in der Theorie definierten Subkomponenten (Phonologie, Lexikon, Syntax und Semantik) von vielen Psycholinguisten als verschiedene autonome Verarbeitungsebenen verstanden, Struktur- und Prozesskomponenten also in einer 1: 1- Relation gesehen. In den ersten Satzverarbeitungsmodellen wurden die linguistischen Regeln des abstrakten Grammatiksystems als Beschreibungen von psychischen Mechanismen aufgefasst (s. Miller 1962). Diese Annahme führte zu einer Reihe von Experimenten, deren Ziel es war, die psychologische Realität der auf grammatiktheoretischer Ebene heuristisch eingeführten Komponenten wie Tiefenstruktur und Transformationsregeln nachzuweisen. Es sollte gezeigt werden, dass die Regeln, die in der linguistischen Theorie benutzt werden, um Satzstrukturen zu beschreiben, von den Vpn tatsächlich bei der syntaktischen Verstehensanalyse benutzt werden. So führten Miller (1962) und Miller/ McKean (1964) eine Reihe von »Transformationsexperimenten« durch, in denen die Vpn Sätze unterschiedlicher transformationeller Komplexität verarbeiten, klassifizieren und memorieren sollten. Unterschiede in Verarbeitungs- und Reaktionszeit sowie Memorierbarkeit der verschiedenen Sätze sollten auf Unterschiede in der zur Durchführung der verschiedenen Transformationen benötigten Zeit zurückgeführt werden. Dass sich die (hypothetisch angenommenen) Transformationen in der Verarbeitung widerspiegeln, konnte aber experimentell nicht eindeutig und durchgängig belegt werden. Die Annahme, dass grammatische Regeln und prozessua- <?page no="175"?> 175 Wort-, Satz- und Textverarbeitung le Operationen äquivalent seien, wurde deshalb nicht lange vertreten. »While there can be no serious doubt that a speaker who understands a sentence does so by recovering its structural descriptions, it is by no means obvious that the processes … are identical to (or isomorph with) the operations by which a grammar converts an axiom string into a structural description.« (Fodor/ Bever 1965: 418) In den Mittelpunkt der Untersuchungen rückte die Frage nach der Autonomie der syntaktischen Prozessorkomponente. Im Verarbeitungsmodell von Fodor/ Bever/ Garrett (1974) läuft der Verarbeitungsprozess strikt seriell und bottom-up ab, also von der phonetischen Ebene über die syntaktische Ebene zur semantischen Ebene. Die Operationen auf einer Ebene müssen abgeschlossen sein, bevor ein Output an die nächsthöhere Ebene weitergegeben werden kann. Die syntaktische Komponente, die unabhängig von semantischen und pragmatischen Faktoren arbeitet, liefert den Input für die semantische Komponente in Form der Tiefenstruktur eines Satzes. Grundlegende Verarbeitungseinheiten sind dabei die syntaktischen Konstituenten: Nach der »Clausal Hypothesis« wird bei der Satzverarbeitung zuerst die Oberflächenstruktur einer Konstituente analysiert und dann die (syntaktische) Tiefenstruktur dieser Konstituente erstellt. Die semantische Interpretation setzt erst nach Abschluss dieser Analyse ein. Bei diesem Verarbeitungsmodell nehmen die so genannten Klick-Experimente einen besonderen Stellenwert ein. In diesen Untersuchungen wurden den Vpn Sätze vorgespielt, die an bestimmten Stellen durch ein eingeschaltetes Klickgeräusch überspielt wurden. Die Klicks wurden entweder innerhalb einer Satzkonstituente, kurz vor oder kurz nach Abschluss einer Konstituente eingespielt. Die Vpn sollten nach Darbietung der Sätze angeben, wo sie das Klicken gehört hatten. Es zeigte sich, dass die Vpn die Klicks meistens genau an einer Konstituentengrenze lokalisierten, auch dann, wenn sie innerhalb einer Konstituente eingespielt worden waren. Die (z.T. falsche) Lokalisierung der Klicks an den Konstituentengrenzen wurde als Indiz für die psychologische Realität der syntaktischen Konstituenten und ihrer automatischen Verarbeitung angesehen. Mit der benutzten Off- <?page no="176"?> 176 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten line-Methode der Experimente ist aber nicht eindeutig feststellbar, ob die einheitliche Konstituentenwahrnehmung tatsächlich während des Verarbeitungsprozesses geschieht. Es besteht auch die Möglichkeit, dass es sich bei den Klick-Wahrnehmungen um post festum auferlegte Wahrnehmungen handelt (s. Levelt 1978, Tyler 1981). Auch nachfolgende Experimente, die die Konstituentenverarbeitung mit On-line-Methoden untersuchten, konnten keine eindeutigen Ergebnisse liefern. In den neueren Sprachverarbeitungsmodellen wird nicht länger angenommen, dass die Analyse der syntaktischen Struktur eines Satzes (bzw. einer Konstituente) erst dann anfangen kann, wenn alle Einheiten des Satzes wahrgenommen worden sind. Vielmehr wird dem On-line-Charakter der Sprachverarbeitung Rechnung getragen: Der syntaktische Verarbeitungsmechanismus (der Parser) erstellt sofort strukturelle Lesarten für die wahrgenommenen Wörter. Bei der Verarbeitung struktureller Ambiguitäten im Satz (also bei syntaktisch mehrdeutigen Stellen) hat der Parser prinzipiell zwei Möglichkeiten der Analyse: »Tiefe zuerst« oder »Breite zuerst«. Bei der Tiefe-zuerst-Strategie trifft der Parser eine Entscheidung, wählt also eine mögliche Lesart aus. In den ATN-Modellen (Augmented Transition Network Models) läuft die syntaktische Verarbeitung in dieser Weise ab (s. Wanner/ Maratsos 1978). In diesen Modellen (die in der KI für sprachverarbeitende Systeme entwickelt worden waren) vollzieht sich die syntaktische Verarbeitung als eine Art Mustervergleich. Syntaktische Kenntnis inkludiert Muster für einzelne Satz- und Konstituententypen, in denen die Abfolge der Wörter gemäß ihrer syntaktischen Kategorienzugehörigkeit festgelegt ist. Die Muster können komplexe Abfolgemöglichkeiten beinhalten. Bei der Satzanalyse wird unter Rekurs auf die Satzmuster festgestellt, ob die Reihenfolge der wahrgenommenen Wörter (gemäß ihrer syntaktischen Kategorienzugehörigkeit) mit einer der in einem Satzmuster festgelegten Abfolgemöglichkeiten übereinstimmt. Der Parser operiert also in diesem Modell top-down. Gemäß der Tiefe-zuerst-Strategie wird bei mehreren möglichen Wegen nur ein Übergang versucht. Erweist sich dieser Analyseweg als falsch, muss der Parser zurückgehen (»backtracking«) und einen anderen <?page no="177"?> 177 Wort-, Satz- und Textverarbeitung Übergang im Satznetzwerk versuchen. In anderen Modellen arbeitet der Parser mit der Breite-zuerst-Strategie und erstellt parallel die möglichen Lesarten. Die endgültige Auswahl einer Lesart geschieht erst am Satzende bzw. an der Konstituentengrenze (s. Forster 1979). In der Forschung besteht bis heute keine Einigkeit darüber, ob der Parser autonom arbeitet, d.h. seine Lesarten unabhängig von semantischen und pragmatischen Informationen errechnet. Tyler und Marslen-Wilson (1977, 1980) gehen im Rahmen ihres interaktiven Modells davon aus, dass die syntaktische Analyse von semantisch-pragmatischen Faktoren determiniert wird. In einem Experiment wurden den Vpn die folgenden Satzfragmente vorgespielt: (6) If you walk too near the runway, landing planes … (7) If you’ve been trained as a pilot, landing planes … Den mehrdeutigen Phrasen sind hier jeweils Teilsätze vorangestellt, die inhaltlich eine der beiden möglichen Lesarten erwarten lassen. In (6) wird die Lesart landende Flugzeuge und in (7) die Lesart das Landen von Flugzeugen evoziert. Die Vpn waren nun instruiert worden, unmittelbar nach Wahrnehmung von landing planes über akzeptable bzw. unakzeptable Fortführungen (und zwar jeweils is oder are) zu entscheiden. Für unakzeptable Entscheidungen benötigten die Vpn mehr Entscheidungszeit als für akzeptable. Für Tyler und Marslen-Wilson konnte dieses Ergebnis nur deshalb erzielt werden, weil die Mehrdeutigkeit der Phrase bereits durch den Kontext vor Erreichen der Phrasengrenze aufgelöst worden war. Die pragmatischen Plausibilitätsüberlegungen führten also zur Auswahl einer Lesart. Forster (1979) hat aber darauf hingewiesen, dass diese Experimentinterpretation nicht notwendig zwingend ist. Der Prozessor kann beide Lesarten simultan erstellen (und zwar unabhängig von den Plausibilitätskriterien) und an den Botschaftenprozessor weitergeben, wo unmittelbar nach Phrasenschluss die präferierte Lesart festgelegt wird. Dass syntaktische Strategien unabhängig von semantischen und pragmatischen Informationen ablaufen können, haben Untersuchungen mit den so genannten Garden-Path-Sätzen zu zeigen versucht. <?page no="178"?> 178 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten (8) The horse raced past the barn fell. (8) ist ein (mittlerweile prominentes) Beispiel für einen Garden- Path-Satz. Obgleich der Satz grammatisch ist, wird er auf den ersten Blick als ungrammatisch eingestuft, da das Verb fell zunächst nicht in die Satzstruktur eingeordnet (und als überflüssig angesehen) wird. Der Parser hat nämlich zuerst raced als finite Verbform interpretiert und sich damit auf eine strukturelle Lesart festgelegt. Dass raced past the barn eine the horse modifizierende Partizipialkonstruktion ist, kann der Parser erst in einem zweiten Berechnungsdurchgang erkennen. Rayner et al. (1983) haben mit Augenbewegungsanalysen bei der Verarbeitung von Garden- Path-Sätzen demonstrieren können, dass der Parser mit syntaktischen Strategien operiert, die auf strukturellen Präferenzen beruhen. (9) The florist sent the flowers was very pleased. (10) The performer sent the flowers was very pleased. Bei der Verarbeitung dieser Sätze konnte beobachtet werden, dass regressive Blicksprünge von was pleased zu florist sent bzw. performer sent stattfanden. Obgleich in (10) die syntaktische Struktur the performer sent the flowers (als Lesart, wo sent the flowers als verkürzter Relativsatz verstanden wird) eine (pragmatisch interpretiert) sehr plausible Interpretation hat, wird dieselbe syntaktische Strategie wie bei (9) benutzt. Die Blicksprünge indizieren, dass der Rezipient bei beiden Sätzen auf den Garden-Path hereingefallen ist. Bei der Verarbeitung des Kontrollsatzes (11) fand kein regressiver Blicksprung statt: (11) The performer sent the flowers and was very pleased. Die syntaktische Analyse wird auf der Basis syntaktisch präferierter Lesarten und nicht auf der Basis semantisch-pragmatischer Plausibilität durchgeführt (Ferreira/ Clifton 1986). Der Garden- Path-Theorie der Satzverarbeitung zufolge nimmt der Parser also immer nur eine strukturelle Interpretation vor, selbst wenn aufgrund von Ambiguität mehrere syntaktische Analysen möglich wären. Kann der Parser die eingeschlagene Analyse nicht weiterführen, kommt es zum Garden-Path-Effekt, und er muss eine <?page no="179"?> 179 Wort-, Satz- und Textverarbeitung neue syntaktische Struktur aufbauen. Untersuchungen von Crain und Steedman (1985) widersprechen jedoch diesem Ergebnis und legen die Annahme nahe, dass dem Parser von semantischer und pragmatischer Komponente her signalisiert werden kann, eine bestimmte Strategie nicht durchzuführen, wenn sie eine unplausible Interpretation zulässt. In den neueren Arbeiten zur Garden- Path-Theorie wird neben dem syntaktischen Parser ein thematischer Prozessor postuliert, der die semantische und pragmatische Plausibilität der analysierten syntaktischen Struktur überprüft (Frazier 1988, 1999; s. auch den Überblick bei Dietrich 2002: 212ff.). Die Grundannahme einer unabhängig arbeitenden syntaktischen Sprachverarbeitungskomponente bleibt aber bestehen (s. hierzu auch Townsend/ Bever 2001). Ob der Parser autonom arbeitet, kann beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht beantwortet werden. Die syntaktisch präferierten Lesarten sind offensichtlich nicht von Anfang an charakteristisch für den Parser, denn Kinder berücksichtigen bei der Satzanalyse primär perzeptuelle und allgemein-kognitive Kenntnisse (s. hierzu Kap. 4.5). So identifiziert die frühkindliche Strategie des Semantic Bootstrapping syntaktische Kategorien mittels lexikalisch-funktionaler Kriterien. Beim Interpretieren syntaktisch schwieriger oder ambiger Sätze verlassen sich Kinder auf ihr enzyklopädisches Wissen. Der kindliche Prozessor wird also anfangs von semantischen und pragmatischen Strategien stärker determiniert als von syntaktischen (s. hierzu auch Richards 1998 und Gaskell 2007). 5.3.2 Semantische Verarbeitung In den frühen Rezeptionsmodellen ergibt sich die Satzbedeutung aus der Kombination der Wortbedeutungen: Ein Satz wird semantisch verstanden, indem der Rezipient die Bedeutungen der im Satz vorkommenden Wörter aus seinem Lexikon abruft und diese gemäß der syntaktischen Struktur des Satzes kombiniert. Somit wird die semantische Repräsentation unabhängig von Kontext und Weltwissen erstellt (s. Fodor/ Bever/ Garrett 1974). Auch die propositionalen Modelle, die in den 70er Jahren in den Mittelpunkt der rezeptionsorientierten Forschung rückten, gehen <?page no="180"?> 180 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten davon aus, dass alle zum Verstehen eines Satzes notwendigen Informationen im Satz enthalten sind. Die semantische Repräsentation wird also in einem Bottom-up-Prozess aufgebaut. Für die Erkennung des Satzinhalts ist es erforderlich, dass die semantischen Relationen zwischen den von den Wörtern bezeichneten Konzepten erkannt werden. Das Verb wird (in Anlehnung an Fillmore) als zentraler Bestandteil angesehen. Bedeutungsstrukturen von Sätzen werden in Form von Propositionen dargestellt, die aus einem Prädikat und mindestens einem Argument bestehen. (13) stellt die propositionale Repräsentation von (12) dar, wobei das erste Argument das Agens und das zweite Argument das Patiens angibt: (12) Martina schlägt Camille. (13) (schlagen, Martina, Camille) Der Verstehensprozess wird in den propositionalen Modellen als Vorgang beschrieben, bei dem der Rezipient den Wörtern im Satz Argumentkonzepte zuordnet, diese bezüglich ihrer Funktion in Beziehung zum Prädikat setzt und somit die dem Satz zugrundeliegende Proposition erkennt (s. Engelkamp 1974, Kintsch 1974). Engelkamp (1974) geht davon aus, dass bei der Verarbeitung eines Verbs (das in seiner Funktion als Prädikat seine Argumente »impliziert«) zugleich auch die dazugehörigen Argumentvariablen aktiviert werden. Bei der Verarbeitung von schneiden werden beispielsweise in allgemeiner Form die Rollen der Argumente Agens, Patiens und Instrument evoziert. Zusammengehörige Prädikat-Argument-Strukturen werden demzufolge schneller verarbeitet und besser behalten, da sie semantische Einheiten im Gedächtnis bilden. Engelkamp konnte dies in einer Reihe von Experimenten bestätigen: (14) Der Fischer mit der Uhr stoppte die Zeit. (15) Der Fischer mit der Brille stoppte die Zeit. (14) und (15) sind oberflächenstrukturell identisch, unterscheiden sich aber auf propositionaler Ebene hinsichtlich ihrer Komplexität: <?page no="181"?> 181 Wort-, Satz- und Textverarbeitung (14a) (stoppen(Fischer, mit Uhr, Zeit)) (15a) (stoppen(Fischer, Zeit)) (besitzen(Fischer, Brille)) Dass Sätze wie (14), die eine integrierte und einfachere propositionale Struktur besitzen, leichter verstanden und behalten werden, wurde in diversen Tests demonstriert. Die Experimente von Paris/ Lindauer (1976) lassen vermuten, dass auch im Satz gar nicht genannte Argumente im Rezeptionsprozess aktiviert werden: (16) The workman dug a hole in the ground. (17) Our neighbour unlocked the door. Die Vpn sollten (16) und (17) nach einiger Zeit reproduzieren und erhielten als Reproduktionshilfen shovel und key. Dass diese Wörter tatsächlich als Abrufhilfen wirksam waren, wurde als Indiz dafür gesehen, dass die jeweiligen Instrumentkonzepte bei der Rezeption aktiviert und in die mentale Repräsentation der Sätze eingesetzt worden waren. Da es sich aber um Offline-Methoden handelt, ist nicht zu entscheiden, ob die konzeptuelle Aktivierung tatsächlich während des Rezeptionsprozesses stattfindet oder erst beim Reproduktionsprozess. An diesem Experiment ist noch zu erwähnen, dass die Reproduktionsleistungen sowohl bei Erwachsenen und älteren Kindern als auch bei kleinen Kindern (unter zehn Jahre) überprüft wurden. Dabei zeigte sich, dass die jüngeren Kinder nicht auf die impliziten Reproduktionshilfen ansprachen, obgleich sie nachweislich über das zugrundeliegende Wissen verfügten. Dies ist ein weiterer Beleg für die zeitlich verschobene Entwicklung von repräsentationaler und prozeduraler Kompetenz. Dass die Berücksichtigung der Weltwissenskomponente eine notwendige Voraussetzung für eine adäquate Analyse von semantischen Sprachrezeptionsprozessen darstellt, ist in der Forschung zunächst vor allem von Bransford et al. (1971 und 1972) hervorgehoben worden. Anhand einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen versuchten Bransford et al. zu zeigen, dass Sprachverarbeitung ein konstruktiver und von außersprachlichen Faktoren determinierter Prozess ist. Sprachverarbeitung ist in der konstruktivistischen Rezeptionstheorie nicht bloße Analyse der im <?page no="182"?> 182 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Input enthaltenen Informationen, sondern aktive Konstruktion einer mentalen Repräsentation, die auch Informationen enthalten kann, die nicht im Input vorhanden sind. »… the constructive approach argues against the tacit assumption that sentences ›carry meaning‹. People carry meanings, and linguistic inputs merely act as cues which people can use to recreate and modify their previous knowledge of the world.« (Bransford et al. 1972: 207) Dass der Rezipient zu einem besseren Verständnis sprachlicher Strukturen enzyklopädische Informationen aus seinem Langzeitgedächtnis abruft, zeigten Bransford et al. in einem (inzwischen schon oft zitierten) Experiment: (18) Three turtles rested beside a floating log, and a fish swam beneath them. (19) Three turtles rested on a floating log, and a fish swam beneath them. Das Weltwissen (über Raumverhältnisse im Wasser) legt bei Satz (19) die Lesart nahe, dass der Fisch sich unter dem Holzstück, auf dem die Schildkröten sitzen, befindet, obgleich dies nicht explizit ausgedrückt wird. Bei Satz (18) ist diese Schlussfolgerung nicht möglich. In einem Wiedererkennungstest wurde nun die semantische Verarbeitung der Sätze überprüft, indem bei beiden Sätzen anstelle des Wortes them das Wort it eingefügt wurde und diese den Vpn dann zur Beurteilung vorgelegt wurden. Die Vpn bemerkten die Abweichung nur bei Satz (18), nicht aber bei (19). Dies spricht für die Annahme, dass Rezipienten komplexe mentale Repräsentationen erstellen, die Weltwissensinformationen inkludieren. Allerdings ist hier wiederum auch nicht ausgeschlossen, dass die Weltwissensinferenzen erst bei dem Wiedererkennungstest und nicht schon unmittelbar während der Rezeption des Satzes wirksam sind. Es ist auch nicht geklärt, ob die Weltwissenskomponente schon bei der Erstellung der syntaktischsemantischen Repräsentation Einfluss nimmt oder erst nach Fertigstellung dieser sprachlich vermittelten Repräsentation aktiv wird. <?page no="183"?> 183 Wort-, Satz- und Textverarbeitung Dass die Aktivierung von Weltwissen von entscheidender Relevanz für die semantische Interpretation anaphorischer Ausdrücke ist, haben Marslen-Wilson et al. (1982) an dem folgenden Beispiel verdeutlicht: (20) Bill took his dog to the vet this morning. He injected him in the shoulder and he should be all right now. Weder syntaktische noch lexikalische Kriterien bieten hier eindeutige Hinweise für die korrekte Zuordnung der jeweiligen anaphorischen Ausdrücke zu ihren Antezedenten. Der Hörer löst die referenzielle Ambiguität aufgrund seines Weltwissens über die Agens-Patiens-Relationen der in der Satzsequenz ausgedrückten Handlung auf. Marslen-Wilson et al. (1982) nehmen an, dass dieses pragmatisch-enzyklopädische Checking nicht nur bei ambigen Sätzen und Satzsequenzen abläuft, sondern integraler Bestandteil jedes Sprachverarbeitungsprozesses ist. »These processes of inferential assessment … in fact reflect the basic and normal processes of pragmatically interpreting an utterance in its discourse context.« (Marslen-Wilson et al. 1982: 361) Die Rolle dieser pragmatischen Inferenzen bei der Sprachverarbeitung haben Tyler und Marslen-Wilson (1982) auch experimentell untersucht. Sie spielten ihren Vpn den folgenden Satz vor: (21) As Philip was walking back from the shop, he saw an old woman trip and fall flat on her face. Anschließend wurde den Vpn jeweils eine mögliche Fortführung in Form eines Satzanfanges vorgespielt, wobei der anaphorische Anschluss zum Teil nur durch Inferenzziehung hergestellt werden konnte (so wie bei (23)): (22) Philip ran towards… (23) Running towards… Die Vpn waren vorher instruiert worden, so schnell wie möglich über korrekte Zuordnungen zu den im Vorsatz erwähnten Referenten zu entscheiden (und zwar per Knopfdruck, so dass die Reaktionszeit in Millisekunden gemessen werden konnte). Es zeigte sich, dass die auf pragmatischen Weltwissensinferenzen <?page no="184"?> 184 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten basierenden Zuordnungen nicht mehr Zeit benötigen als die expliziten Zuordnungen, also offensichtlich ganz automatisch und schnell stattfinden. Die kognitive Zuordnung anaphorischer Referenten zu ihren Antezedensbzw. Ankerausdrücken hängt aber auch davon ab, ob bereits eine mentale Bezugseinheit explizit vorhanden ist (wie bei der direkten Anapher in (24b) oder ob die referenzielle Beziehung durch eine Rückwärtsinferenz auf ein implizites Referenzkonzept hergestellt wird (wie bei der indirekten Anapher in (25b)). In dem Beispiel von Haviland/ Clark (1974) ist die Verstehensbzw. Lesezeit für den zweiten Satz von (25) um 180 msec verlängert. (24a) Horace got some beer out of the car. (24b) The beer was warm. (25a) Horace got some picnic supplies out of the car. (25b) The beer was warm. Offensichtlich benötigt aber die anaphorische Zuordnung nicht immer mehr Zeit, wenn die Bezugseinheit nicht explizit präsent ist. (26a) Mary put the clothes on the baby. (26b) The clothes were made of pink wool. (27a) Mary dressed the baby. (27b) The clothes were made of pink wool. Garrod und Sanford (1981) stellten in einem Experiment fest, dass die Verarbeitung von (27b) nicht mehr Zeit benötigte, wenn es nach (27a) folgte. Das mentale Argument für clothes, das in der Bedeutung von dress enthalten ist, wird automatisch bei der Verarbeitung von dress aktiviert und bildet so einen kognitiven Bezugsreferenten (s. auch Garrod 1995). Ob im semantischen Verarbeitungsprozess stets eine Art lexikalischer Dekomposition stattfindet, ist umstritten. Fodor et al. (1980) hatten ihren Vpn in Verstehenstests Verben unterschiedlicher semantischer Komplexität (z.B. kill und die) vorgelegt und bei Messungen von Reaktions- und Verstehenszeiten keine Unterschiede feststellen können. Auch andere Untersuchungen haben nachweisen können, dass normalerweise keine lexikalische Dekomposition vorgenommen wird, lexikalische Einheiten also eher <?page no="185"?> 185 Wort-, Satz- und Textverarbeitung holistisch verarbeitet werden. Bei bestimmten kognitiven Anforderungen und strategiegeleiteter Verarbeitung jedoch findet ein Dekompositionsprozess statt (s. Gentner 1981). Ein anderer Prozess der semantischen Interpretation, der intensiv untersucht wird und der offensichtlich auch auf der Aktivierung von Weltwissen beruht, liegt bei der Instanziierung vor. Hier wird ein allgemeiner sprachlicher Ausdruck spezifiziert. (28) Das Tier rannte bellend über die Straße. Das Tier in (28) wird sicherlich als Hund und nicht als Katze, Fisch oder Huhn interpretiert. In einem Experiment von Barclay et al. (1974) wurden den Vpn Sätze wie (29) und (30) vorgelegt: (29) The man lifted the piano. (30) The man tuned the piano. Bei dem später folgenden Erinnerungstest konnte festgestellt werden, dass something heavy eine gute Abrufhilfe für Satz (29) und something with a nice sound für Satz (30) war. Die unterschiedliche Effektivität der Abrufhilfen wird auf die unterschiedlichen Repräsentationen des Wortes piano zurückgeführt. Unter der Annahme, dass die Verarbeitung lexikalischer Einheiten ein vom Kontext determinierter Prozess ist, sind inzwischen viele Experimente ähnlicher Art durchgeführt worden. Anderson et al. (1976) legten ihren Vpn die folgenden Sätze vor: (31) The woman was outstanding in the theatre. (32) The woman lived near the theatre. (33) The container held the apples. (34) The container held the cola. Bei dem nachfolgenden Reproduktionstest zeigte sich, dass actress eine bessere Abrufhilfe für Satz (31) war als das tatsächlich vorgekommene Wort woman. Bei Satz (32) dagegen fungierte woman als effektivere Abrufhilfe. Für Satz (33) erwies sich basket als wirksam, für Satz (34) das Wort bottle. Die Bedeutungen allgemeiner Ausdrücke werden offensichtlich durch kontextuelle <?page no="186"?> 186 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Informationen instanziiert, d.h. semantisch spezifiziert. Dass dies auch bei Verben geschieht, hat Garnham (1979) nachgewiesen: (35) The housewife cooked the chips. Bei der Überprüfung der Wiedergabeleistung war dementsprechend fried ein effektiveres Abrufwort als cooked. Dass kontextuelle Repräsentationen bei der Sprachverarbeitung erstellt werden und den Rezeptionsprozess beeinflussen, ist weitgehend unumstritten (vgl. Zwaan et al. 2004). Es besteht aber kein Konsens darüber, ob diese Repräsentationen bereits während der sprachlichen Verarbeitung ihren Einfluss ausüben oder erst nach Abschluss des eigentlichen Sprachverarbeitungsprozesses. Garnham (1981) hat versucht nachzuweisen, dass semantische Spezifizierungen on-line ablaufen: (36) The fish avoided the swimmer. (37) The fish attacked the swimmer. (38) The shark swam rapidly through the water. (38) wurde von den Vpn schneller gelesen, wenn (37) vorher rezipiert worden war. Über den Zeitpunkt der Spezifizierung kann aber auch mit diesem Test nichts Genaues gesagt werden. Die Instanziierung wird offensichtlich nicht erst bei der Reproduktionsaufgabe etabliert, sondern schon unmittelbar nach Abschluss der Satzrezeption. Dies geschieht aber nicht on-line während der Rezeption von fish, sondern durch eine Rückwärtsspezifizierung. Da die sprachliche Verarbeitung generell strikt online verläuft, wird für fish vermutlich zunächst eine mentale Standardrepräsentation erstellt, die dann durch einen post-lexikalischen Prozess modifiziert wird. Einige Experimentergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die lexikalische Aktivierung relativ autonom, also unabhängig von pragmatischer Plausibilität und kontextuell evozierter Präferenz, abläuft (s. z.B. Swinney 1979, Marcel 1983, Kintsch/ Mross 1985). Bei der lexikalischen Verarbeitung eines Wortes werden zunächst für Bruchteile von Sekunden alle seine im mentalen Lexikon gespeicherten Bedeutungsinformationen aktiviert. Kontextuelle Faktoren spezifizieren die aktivierten Bedeutungsein- <?page no="187"?> 187 Wort-, Satz- und Textverarbeitung heiten dann erst durch postlexikalische Operationen. Bei der Verarbeitung ambiger Wörter wie Bank (Sitzmöbel oder Geldinstitut) oder Wanze (Insekt oder Abhörgerät) werden demnach alle Bedeutungen simultan aktiviert, und erst danach findet dann (sehr schnell) die kontextuelle Disambiguierung statt. Wir wissen noch nicht viel über die unbewusst ablaufenden Prozesse der Sprachverarbeitung, doch sprechen viele Befunde dafür, dass die unbewussten kognitiven Aktivierungen über ein großes Maß an Parallelität verfügen und kapazitätsmäßig nicht so restringiert sind wie die postlexikalischen Prozesse auf den Ebenen des Arbeits- und Kurzzeitgedächtnisses (s. hierzu auch Lupker 2007). Es bedarf noch weiterer intensiver Untersuchungen, um alle Fragen, die den Vorgang der semantischen Verarbeitung betreffen, beantworten zu können. Es spielen offensichtlich mehrere kognitive Komponenten dabei eine Rolle, die berücksichtigt werden müssen: das mentale Lexikon, aus dem die Bedeutungen der Wörter abgerufen werden, die Sprachverarbeitungsprozesse, welche die Wortinformationen aktivieren, und die kontextuellen Faktoren der jeweiligen Rezeptionssituation. 5.3.3 Sprachverarbeitung und Gedächtnisfunktionen Um die Architektur des Sprachprozessors erklären zu können, wendet man sich in der neueren Forschung vermehrt der Frage zu, inwieweit die Verarbeitung sprachlicher Strukturen von den Speicher- und Prozessfunktionen des menschlichen Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnisses determiniert wird. Bereits Sachs (1967) hatte in einem Experiment untersucht, wie lange ein Satz in seiner wörtlichen Form im KZG gespeichert bleibt. Er spielte seinen Vpn Passagen vor, die an verschiedenen Stellen unterbrochen wurden. Den Vpn wurde dann ein Satz gezeigt, der danach beurteilt werden sollte, ob er mit einem vorher gehörten Satz identisch sei. Der Testsatz folgte dem Originalsatz nach null, achtzig oder hundertsechzig Silben und wich in semantischer oder syntaktischer Hinsicht vom Originalsatz ab. (39) ist ein Beispielsatz für einen solchen Originalsatz: (39) Er schickte einen Brief darüber an Galilei, den großen italienischen Wissenschaftler. <?page no="188"?> 188 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Die Testsätze dazu lauteten: (40) Er schickte Galilei, dem großen italienischen Wissenschaftler, darüber einen Brief. (Veränderte Wortstellung) (41) Darüber wurde ein Brief an Galilei, den großen italienischen Wissenschaftlicher, geschickt. (Aktiv/ Passiv-Veränderung) (42) Galilei, der große italienische Wissenschaftler, schickte ihm darüber einen Brief. (Veränderter Inhalt) Unmittelbar nach Rezeption des Originalsatzes hatten die Vpn keine Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen identischen und nicht-identischen Testsätzen, aber bereits nach 80 Silben (also ca. 40 sec) war die Unterscheidung zwischen Originalsatz und Testsatz nur noch bei Testsätzen möglich, die inhaltlich verändert waren. Bei inhaltsgleichen Sätzen, die nur syntaktisch verändert waren, konnten die Vpn die Unterschiede nicht mehr erkennen und beurteilten Testsatz und Originalsatz als identisch. Offensichtlich werden Satzinformationen bereits nach ca. 40 Sekunden unabhängig von Wortlaut und Satzform gespeichert. Die sprachlichen Informationen gehen also nach einer relativ kurzen Zeitspanne in das Arbeitsgedächtnis über, wo sie nur dem Inhalt nach mental repräsentiert sind (s. Glanzer et al. 1984). Störungen des KZG führen zu erheblichen Problemen beim Verstehen längerer Sätze (s. Baddeley/ Wilson 1988, Baddeley 2004). Die wörtliche Speicherung sprachlich vermittelter Informationen erweist sich unter anderem bei der Rezeption anaphorischer Einheiten als relevant. So konnten Clark/ Sengul (1979) zeigen, dass die Schnelligkeit des Identifikationsvorgangs je nach Entfernung zwischen Antezedens-NP und anaphorischer NP variiert. Ein Testsatz mit anaphorischem Element wird um ca. 300 msec schneller verstanden, wenn die Antezedens-NP im zuletzt erwähnten Satz genannt wird, als wenn sie bereits drei Sätze vorher erwähnt wird. Befindet sich die Antezedens-NP noch im KZG, handelt es sich nach Murphy (1985) bei dem Identifikationsvorgang um einen Kopie-Prozess, bei dem der Rezipient die anaphorische NP quasi auf die Antezedens-NP abbildet. Dagegen handelt es sich um einen Such- und Inferenzprozess, wenn sich <?page no="189"?> 189 Wort-, Satz- und Textverarbeitung die Antezedens-NP nicht mehr im wörtlichen KZG-Speicher befindet. Dass nicht alle Gedächtnisteile zu einem bestimmten Zeitpunkt der Verarbeitung in gleicher Weise aktiv sind, haben auch Sanford und Garrod (1981) hervorgehoben und zwischen einem impliziten und einem expliziten Fokus unterschieden. Der explizite Fokus bei der Textverarbeitung umfasst den Teil der Textwelt, auf den zu einem bestimmten Zeitpunkt referiert wird, während der implizite Fokus den Teil involviert, der auf der Grundlage des expliziten Fokus inferiert wird. Diese Unterscheidung ist vor allem für das Verstehen indirekter referenzieller Bezüge im Text relevant (s. Garnham 1985, Schwarz 2000a). In Schwarz (1992) wird gezeigt, dass sich die Bedeutungskonstitution (d.h. der Prozess, der von einer kontextunabhängigen Bedeutungseinheit im LZG zu einer kontextspezifischen Äußerungsbedeutung im KZG führt) am besten im Rahmen eines prozeduralen Gedächtnismodells beschreiben und erklären lässt. Das Gedächtnis wird dabei als ein Verarbeitungssystem beschrieben, das sich bei allen modalitätsspezifischen Informationsverarbeitungsvorgängen zuschaltet. Bedeutungseinheiten werden nicht bloß abgerufen und im KZG quasi als Kopien des LZG repräsentiert. Die Bedeutungskonstitution ist vielmehr ein konstruktiver Prozess: Bei der Rezeption eines Satzes wie Die gierigen Vögel wagten sich immer näher an die Verdurstenden heran. reicht es für die Konstitution der Satzbedeutung nicht aus, für Vögel lediglich den im mentalen Lexikon abgespeicherten (typischen) Eintrag VOGEL abzurufen. Vielmehr kommt es aufgrund der kontextuellen Information sowie der Weltwissensaktivierung zu einer konzeptuellen Selektion anderer, nicht prototypischer Merkmale; in diesem Fall wird als mentaler Referent AASGEIER ausgewählt (s. hierzu bereits Kap. 2.5.1). Aktuelle Bedeutungen werden über eine Reihe von kognitiven Operationen hergeleitet, die teils lexikalischer, teils postlexikalischer Natur sind. Die semantische Verarbeitung wird dabei entscheidend von den gedächtnisfunktionalen Prinzipien der Kapazitätsbeschränkung und der strategieabhängigen Selektion determiniert. Bedeutungskonstitution lässt sich daher am besten in Mehr-Ebenen-Modellen beschreiben (s. Schwarz 2002). <?page no="190"?> 190 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Sprachverarbeitungsprozesse stehen in einer konstitutiven Wechselwirkung mit allgemeinen Gedächtnisprozessen. Was der Kognitiven Linguistik bis jetzt jedoch fehlt, ist ein übergreifendes Modell, das den Zusammenhang von Sprachprozessor und Gedächtnissystem umfassend expliziert. Kaum erforscht sind auch die Einflüsse des emotionalen Kenntnis- und Bewertungssystems auf die Sprachverarbeitungsprozesse (s. aber Hielscher 2003a, b, Lüdtke 2006, Schwarz-Friesel 2007b). 5.3.4 Textverstehen Wie bereits anhand der semantischen Verarbeitung von Sätzen gezeigt wurde, ist Sprachverarbeitung ein konstruktiver Vorgang: Der Rezipient hört oder liest nicht einfach nur die sprachlichen Informationen (kodiert also bottom up), sondern aktiviert gleichzeitig (top down) Weltwissen bzw. zieht bestimmte Schlüsse (die sogenannten Inferenzen). Diese kognitive Aktivität ist erforderlich, da die meisten Texte referenziell unterspezifiziert sind, d.h. nicht alle Informationen enthalten, die erforderlich sind, um eine vollständige Repräsentation der im Text genannten Sachverhalte zu etablieren (s. Kap. 5.3.5). Dass wissensbasierte Inferenzen integraler Bestandteil der Sprachverarbeitung sind, ist inzwischen in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen worden (s. z.B. Singer 1994, 2007, Nordman/ Vonk 1999, Zwaan/ Rapp 2006). Im Verstehensprozess baut der Rezipient Relationen zwischen den im Satz oder Text genannten Referenten, referenziellen Sachverhalten und Ereignissen auf, indem er auf sein im LZG gespeichertes Weltwissen zurückgreift. Ein Beispiel soll dies kurz verdeutlichen: (43) John verbrannte sich die Hand, weil er den Herd berührte. Zum Verstehen dieses Satzes notwendig ist (44): (44) Der Herd war heiß. Diese Information ist nicht explizit ausgedrückt, sondern muss inferenziell erschlossen werden. Hierzu benötigt der Rezipient Wissen: einerseits Wissen darüber, dass Verbrennen Feuer oder heiße Gegenstände involviert, andererseits Wissen darüber, dass <?page no="191"?> 191 Wort-, Satz- und Textverarbeitung ein Herd heiß sein kann. Nach Schank/ Abelson (1977) wird die in (45) ausgedrückte Handlung als konzeptuelle Struktur durch Basishandlungen repräsentiert: (45) John liest eine Zeitung. (46) Indem John seine Augen auf eine Zeitung richtet, überführt John Informationen in das Gedächtnis von John. Ob beim Rezeptionsprozess tatsächlich solche konzeptuellen Zerlegungen stattfinden, ist bisher aber empirisch noch nicht eindeutig belegt worden. Ein Problem dabei ist es auch, die Anzahl der Basiskonzepte zu bestimmen und damit festzulegen, wie komplex die konzeptuelle Zerlegung ist bzw. wie tief sie geht. Sicherlich richtet sich die Komplexität der konzeptuellen Repräsentation nach der Rezeptionssituation und den jeweiligen kognitiven Anforderungen. Unumstritten in der neueren Forschung ist, wie bereits erwähnt, dass Top-down-Inferenzen (weltwissensbasierte Aktivierungen und Schlussfolgerungen) beim Textverstehen gezogen werden. Inferenzen gehorchen nicht notwendigerweise logischen Gesetzen. Sie ermöglichen die Herstellung plausibler Zusammenhänge auf Grund des Alltagswissens (s. Singer 2007). Bereits in den konstruktivistischen Theorien der semantischen Verarbeitung wird betont, dass Verstehen ohne Rekurs auf Wissensstrukturen nicht möglich ist. Es werden hier aber noch keine genaueren Angaben zur Organisation und Repräsentation der Weltwissenskomponente gemacht. Es stellt sich also die Frage, wie dieses Wissen im LZG repräsentiert ist und wie es bei inferenziellen Prozessen benutzt wird. Dass als Organisationseinheiten und Repräsentationsformen für das im LZG gespeicherte Weltwissen die Schemata vorgeschlagen worden sind, ist bereits in Kap. 3.2.2.2 erörtert worden. Schemata (Skripts, Frames) repräsentieren Standardsituationen oder -handlungen. Die konzeptuellen Einheiten der Schemata sind als Variablen (die allgemeine stereotypische Charakteristika repräsentieren) konzipiert. Diese Variablen werden im Verstehensprozess mit konkreten Werten besetzt, wenn ein bestimmtes Schema evoziert worden ist. <?page no="192"?> 192 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten »Schemata are the key units of the comprehension process. Comprehension can be considered to consist of selecting schemata and variable bindings.« (Rumelhart/ Ortony 1977: 111) Allgemein lassen sich zwei grundlegende Funktionen der Schemata beim Rezeptionsprozess unterscheiden: Integration und Re- Konstruktion. Informationen werden so kodiert, dass sie mit dem jeweils ausgewählten Schema konsistent sind. Wenn kein Schema explizit genannt wird, wählt der Rezipient ein passendes aus und integriert die Input-Informationen in das ausgewählte Schema: (47) Birgit suchte wie wild nach ihrer Fahrkarte. Als der Schaffner ins Abteil trat, fand er sie auf dem Boden. Die in (47) dargestellten Sachverhalte wird man normalerweise einem BAHNFAHRT-Schema zuordnen. Aspekte, die im Input nicht direkt erwähnt werden, können auf Grund der Aktivierung von Schema-Bestandteilen in einem Re-Konstruktionsprozess inferiert und in die mentale Textrepräsentation eingefügt werden. (48) Jürgen ging in ein Restaurant. Er aß eine Pizza. Der Kellnerin gab er ein reichliches Trinkgeld. (48) ist eigentlich unvollständig, da mehrere Handlungen (z.B. das Hinsetzen und Bestellen) gar nicht genannt werden. Diese fehlenden Informationen werden aber durch die RESTAURANT- Aktivierung mental bereitgestellt, da sie Bestandteile des Schemas sind. Die Kellnerin kann deshalb auch (ohne vorerwähnt zu sein) sofort als indirekt-anaphorische Referenz verstanden werden, weil sie im aktivierten Schema als Standardwert lokalisierbar ist. Diese schematheoretische Annahme ist von Sharkey und Mitchell (1985) experimentell überprüft worden. (49) Title: In Court. Fred was being questioned. He had been accused of murder. The lawyer was trying to prove his innocence. (50) Title: Telling a Lie. Fred was being questioned. He couldn’t tell the truth. The lawyer was trying to prove his innocence. Bei dem Experiment hat sich gezeigt, dass die Nominalphrase the lawyer bei Text (49) schneller verarbeitet wurde als bei Text (50). Durch die vorherige Nennung von court ist ein COURT-Schema <?page no="193"?> 193 Wort-, Satz- und Textverarbeitung aktiviert worden, das als einen Standardwert auch LAWYER mental repräsentiert hat. Dadurch hat der Rezipient einen mentalen Bezugspunkt für die Interpretation und referenzielle Zuordnung von the lawyer, während er bei (50) erst Inferenzen ziehen muss, um die definite Nominalphrase referenziell interpretieren zu können. Insgesamt bietet die Schematheorie ein psychologisch plausibles Rezeptionsmodell. Ihr sehr globaler Erklärungsansatz birgt aber mehrere ungelöste Probleme: Wie werden Schemata so aktiviert, dass es nicht zu einer Überbelastung der Gedächtniskomponenten im Rezeptionsprozess kommt? Welchen Einfluss hat der Kontext bei der schema-gesteuerten Variablenbesetzung? Welche Rolle spielen die in der Schema-Theorie ausgeklammerten syntaktischen Phänomene bei der Rezeption? Die Bedeutungsstrukturen von Texten wurden in den frühen Propositionsmodellen als geordnete Listen von Propositionen repräsentiert (s. Kintsch 1974). In dem Rezeptionsmodell von Kintsch/ Van Dijk (1978), das auf der von Kintsch (1974) erarbeiteten Konzeption der propositionalen Textrepräsentation aufbaut, läuft das Verstehen von Texten als ein zyklischer Prozess ab: Propositionen werden in einem zeitlich begrenzten »Buffer« (einem kapazitätsbeschränkten Gedächtnisspeicher) repräsentiert und mit neu hinzukommenden Propositionen verbunden. Es werden jeweils zwei Propositionen pro Zyklus verarbeitet. Unter einem Zyklus verstehen Kintsch/ Van Dijk die Zeitspanne, in der Propositionen im Arbeitsgedächtnis gespeichert werden. Nach jedem Zyklus werden die beiden Propositionen ins LZG überführt. Das Durchlaufen von Zyklen bis zum Textende führt schließlich zum Aufbau einer Kohärenzstruktur im LZG des Rezipienten. Als wichtigste Voraussetzung sehen Kintsch/ Van Dijk die Argumentwiederholung (also die Koreferenz) in den aufeinander folgenden Propositionen an. »If a text base is found to be referentially coherent, that is, if there is some argument overlap among all of its propositions, it is accepted for further processing.« (Kintsch/ Van Dijk 1978: 367) Dass die Koreferenz weder ausreichend noch notwendig für Textkohärenz ist, ist inzwischen hinreichend belegt worden (s. de <?page no="194"?> 194 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Beaugrande/ Dressler 1981, Keenan et al. 1984, Schwarz 2000a, Consten 2004). Zudem verarbeiten wir relativ mühelos auch nicht-kohärente Texte (z.B. moderne Lyrik), indem wir mental gespeichertes Wissen aktivieren und einen entsprechenden Kontext konstruieren, um die in den Sätzen ausgedrückten Sachverhalte in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. In dieser Weise rezipieren wir auch semantisch anomale Sätze oder Texte (vgl. hierzu Kap. 2.5). Mittlerweile haben Van Dijk und Kintsch (1983) ihr Rezeptionsmodell von 1978 (das den Verarbeitungsprozess noch als einen Bottom-up-Prozess beschreibt) umfassend revidiert und um eine Top-down-Komponente erweitert. Textverarbeitung wird nun als ein auf mehreren Ebenen ablaufender Vorgang angesehen, der entscheidend vom Weltwissen und den Motiven und Intentionen der Rezipienten beeinflusst wird. Damit berücksichtigt das Textverarbeitungsmodell von Kintsch und Van Dijk sowohl prozedurale als auch funktionale Aspekte des textuellen Verstehens. Ihr Erklärungsansatz inkorporiert alle wesentlichen Komponenten neuerer Textverarbeitungsmodelle und soll deshalb hier kurz skizziert werden. Die zugrundeliegende Basisannahme ist, dass Textverstehen strategiegeleitet verläuft. Dabei ist Strategie im kognitiv-zielorientierten wie auch im handlungstheoretischen Sinn definiert. Die Strategie-Theorie basiert auf den folgenden Annahmen: • Der Rezipient konstruiert eine mentale Repräsentation der Sachverhalte, die im Text genannt werden. • Der Rezipient interpretiert dabei die Sachverhalte stets als Sachverhalte eines bestimmten Typs, d.h. die Interpretation ist an bereits vorhandenen Kenntnissen über Standardsituationen orientiert. Diese Annahme entspricht dem bereits erörterten Vorgang der Schema-Aktivierung. • Der Rezipient wartet bei der Interpretation des Textes nicht bis zum Textende ab, sondern beginnt schon beim ersten Wort damit. Die mentale Repräsentation wird dann im Verlauf der Textverarbeitung schrittweise modifiziert. Mit dieser Annahme wird dem On-line-Charakter der Sprachverarbeitung Rechnung getragen. <?page no="195"?> 195 Wort-, Satz- und Textverarbeitung • Die Konstruktion der mentalen Textrepräsentation wird entscheidend von den Einstellungen und Meinungen des jeweiligen Rezipienten beeinflusst. • Es werden vom Rezipienten alle Informationen benutzt, um das Ziel des Textverstehens zu erreichen. • Der Rezipient berücksichtigt die Funktion des Textes in seinem sozialen Kontext, und er versucht, die Absicht des Sprechers zu rekonstruieren. Dabei werden alle Kenntnisse des Rezipienten über soziale Interaktionszusammenhänge mit ihren Motiven und Zielen herangezogen (s. hierzu kritisch Schwarz-Friesel 2006, die Textweltmodellkonstruktion und Textsinnerschließung unterscheidet). Van Dijk und Kintsch postulieren ein Mehr-Ebenen-Modell, in dem die Textverarbeitung auf allen lokalen und globalen Ebenen parallel verläuft. Dieses Modell umfasst die Verarbeitung von Wörtern, Teilsätzen und Satzverbindungen. Berücksichtigt werden aber auch die durch allgemeine Inferenzprozesse entstehenden Makrostrukturen und die durch die Aktivierung von konventionalisiertem Wissen über Textsorten konstruierte Superstruktur des Textes. Johnson-Laird (1983) hat den für die Textverarbeitungstheorie wichtigen Begriff des mentalen Modells eingeführt. Er unterscheidet neben der propositionalen Textrepräsentation noch die Repräsentation durch mentale Modelle: Auf der propositionalen Textbasis erstellt der Rezipient unter Hinzuziehung seines Weltwissens eine komplexe mentale Repräsentation der im Text dargestellten Sachverhalte. Alle Referenzrelationen werden dann auf dem Hintergrund eines bestimmten mentalen Modells (das die jeweilige Textwelt darstellt) interpretiert (s. hierzu auch Kelter 2003). Diese Textverarbeitungstheorie geht wie die Schema- Theorie davon aus, dass Wahrnehmung und Sprachverarbeitung erwartungsgeleitete und konzeptuell gesteuerte Vorgänge sind. Infolge der kognitionsorientierten Untersuchungen und der damit verbundenen Hervorhebung der kognitiven Aktivität des Rezipienten bei der Sprachverarbeitung wird auch in der Textlinguistik Kohärenz nicht mehr nur als Eigenschaft eines Textes, sondern als das Ergebnis einer Reihe von kognitiven Operationen <?page no="196"?> 196 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten aufgefasst (s. Beaugrande/ Dressler 1981, Schwarz 2000a, Pörings/ Schmitz 2004). Auch zur Bestimmung von Textualität werden nicht nur textinterne Aspekte (wie Kohäsion), sondern textexterne Faktoren (wie Situationalität und Intentionalität) hinzugezogen (s. Schwarz-Friesel 2007a). Die Aktivität des Rezipienten bei der Textverarbeitung wird experimentell u.a. mit Hilfe von Reproduktionsexperimenten untersucht (s. auch Kap. 1.4). Die Gegenüberstellung von Originaltext (also dem im Experiment vorgelegten Text) und Resultatstext (also der Repräsentation, die von der Vpn geliefert wird) soll dabei kognitive Operationen transparent machen. Die spezifischen Veränderungen im reproduzierten Resultatstext (wie Hinzufügungen, Paraphrasen) werden als Spuren der kognitiven Konstruktivität des Rezipienten bewertet (s. Perrig/ Kintsch 1985, Singer 1994 und 2007). Dabei geht es den prozeduralen Textmodellen nicht nur um die aktuellen Rezeptionsprozesse in bestimmten Situationen, sondern vielmehr um die allgemeinen Prinzipien, die diesen Prozessen zugrundeliegen (vgl. Zwaan 2004). Ziel der Forschung ist die Erklärung der textuellen Kompetenz, die für das Verstehen bzw. Hervorbringen von Texten verantwortlich ist (s. Schwarz-Friesel 2006). Anhand einer Fallstudie aus dem Bereich der kognitiven Text(verstehens)theorie (genauer aus den Untersuchungen des von der DFG geförderten Projektes Komplextext; s. Schwarz- Friesel et al. 2004, Consten et al. 2007, Schwarz-Friesel et al. 2007c) werde ich nun einige für die aktuelle Forschung exemplarischen Probleme und Fragen erörtern. 5.3.5 Kognitive Kohärenztheorie und Anaphernverstehen In den letzten Jahren hat sich die Kognitive Linguistik schwerpunktmäßig mit der Frage beschäftigt, welche repräsentationalen und prozeduralen Relationen zwischen sprachlichem Kenntnissystem und konzeptuellem Weltwissenssystem bestehen, wobei vor allem deren Interaktion beim Sprachverstehen und hier insbesondere bei der Etablierung von Kohärenz fokussiert wurde (s. hierzu auch z.B. Kaup et al. 1999, Kelter 2003, Schwarz 2000a, 2001, Schwarz-Friesel 2006, 2007a, c). <?page no="197"?> 197 Wort-, Satz- und Textverarbeitung Wie bereits in Kap. 5.3.4 erörtert, involviert das Textverstehen aufgrund der referenziellen Unterspezifikation der meisten Texte weltwissensbasierte Inferenzprozesse. Sprachverstehen wird als ein komplexer kognitiver Vorgang betrachtet, der aus einer Reihe von Subprozessen besteht, die nicht nur auf sprachlichen Wissensaktivierungen basieren. Der Rezipient erstellt konstruktiv eine geistige Repräsentation, in die sowohl Informationen aus dem Text als auch konzeptuelle Informationen aus seinem Langzeitgedächtnis (LZG) einfließen. Konzeptuelles Weltwissen, das in Form von mentalen Schemata im LZG gespeichert ist und in seiner Gesamtheit ein kognitives Weltmodell darstellt, hilft dem Rezipienten insbesondere, Lücken, Vagheiten und Ambiguitäten im Text zu beseitigen (s. die Beispiele (47) und (48) in Kap. 5.3.4). Der Rezipient baut während des Textverstehens ein mentales Textwelt-Modell (TWM) auf. Diese TWM-Erzeugung entsteht dadurch, dass zu jeder sprachlichen Äußerung ein passendes mentales Sachverhaltsmodell konstruiert wird, das eine plausible Relation zwischen den sprachlich präsenten Informationen und den konzeptuellen Konfigurationen des Weltmodells etabliert. Mentale Textwelt-Modelle stellen kognitive Strukturen dar, die referenzielle Sachverhalte, also Konstellationen von Textreferenten und Relationen zwischen diesen repräsentieren. Jeder Sprachverstehensprozess ist dadurch charakterisiert, dass der Rezipient (automatisch und unbewusst) ein solches mentales Modell konstruiert (vgl. hierzu ausführlich Schwarz 2000, 2001, Consten et al. 2007). Anders als z.B. bei Johnson-Laird (1983), der die Konstruktion eines mentalen Modells als zusätzliche Komponente zur propositionalen Textrepräsentation ansieht, wird im TWM-Ansatz nicht zwischen diesen beiden Komponenten unterschieden. Der Rezipient erstellt aufgrund der textsemantischen Informationen direkt eine mentale Referenzialisierungsstruktur, die textinterne und textexterne Informationen integriert. <?page no="198"?> 198 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Konzeptuelles Wissen und kognitive Strategien TWM Wird elaboriert Textrepräsentation (textsemantisches Potential) Sprachprozessor Text Abb. 7 Je nach Text sind die Anforderungen beim Aufbau eines TWM verschieden. Bei einer Äußerung wie (51) beispielsweise wird eine Konzeptkonfiguration etabliert, die den ontologischen Status der fiktiven Entitäten einer Märchen- oder Fantasiewelt berücksichtigt: (51) Voldemort hob den Zauberstab und verwandelte Ron in einen Wurm. Eine bloße Schema-Aktivierung im LZG reicht hier nicht aus; die Konstruktivität des Rezipienten ist stärker gefragt, wobei das Textsortenwissen eine wichtige Rolle bei der Akzeptanz der im Text dargestellten Sachverhalte spielt (zur Kohärenzetablierung bei ungewöhnlichen Texten s. Schwarz 2001). Da referenzielle Sachverhalte nun auch in nicht-fiktiven Texten zu einem großen Teil lückenhaft und damit nur implizit dargestellt werden, Texte also systematisch unterspezifiziert sind, muss der Rezipient bei der Etablierung von Kohärenz, d.h. des inhaltlichen Zusammenhangs eines Textes, Weltwissen aktivieren und Inferenzen ziehen. (52) Die schwer verletzte Frau konnte nur mit großer Mühe noch 110 wählen. Als die Beamten in das Wohnzimmer kamen, fanden sie die Bewusstlose in einer Blutlache liegen. Um die semantisch-konzeptuelle Kontinuität zwischen den beiden Sätzen in (52) etablieren und damit ein vollständiges TWM auf- <?page no="199"?> 199 Wort-, Satz- und Textverarbeitung bauen zu können, muss konzeptuelles Weltwissen über den Notruf 110 aktiviert werden: 110 WÄHLT MAN BEI GEFAHR. Zusätzlich werden die folgenden Inferenzen gezogen: DIE FRAU EREICHTE DIE POLIZEI. DIESE SCHICKTE POLIZEIBEAMTE. DIESE DRANGEN IN DIE WOHNUNG EIN. DIE FRAU WAR DERWEIL AUFGRUND DES BLUTVERLUSTES BEWUSSTLOS. Die wichtigsten Kontinuitätsmittel in Texten stellen die Anaphern dar. Anaphern sind definite Ausdrücke, die einen bereits erwähnten Referenten sprachlich wiederaufnehmen, also in ihrem Informationsstatus für den Rezipienten THEMATISCH sind. In (53) sind die unterstrichenen Ausdrücke Anaphern, die sich auf den Antezedensausdruck eine Frau beziehen. (53) Eine Frau betrat den Hörsaal. Sie/ Die Frau sah totenbleich aus. Der Gebrauch von Anaphern setzt voraus, dass der Textreferent schon einen mentalen Platz im Textwelt-Modell hat. Anaphorische Ausdrücke drücken folglich Referenzidentität (Koreferenz) aus. Der Rezipient findet auf der sprachlichen Ebene einen expliziten Antezedens-Ausdruck für den anaphorischen Ausdruck. Im TWM kommt es zu einer Re-Aktivierung der schon repräsentierten Referenzeinheit. Allgemein lässt sich die Referenzialisierung aus kognitiver Perspektive durch die folgenden Basisoperationen beschreiben: Aktivierung findet statt, wenn ein unbekannter, neuer Textreferent (mit dem kognitiven Informationsstatus RHEMATISCH im Sinne von NOCH-NICHT-IM-TWM-AUF- FINDBAR) im Rezeptionsprozess auftaucht: Ein bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwähnter Textreferent wird eingeführt und erhält einen Knoten (eine kognitive Adresse) im konzeptuellen Netz des Textwelt-Modells. Re-Aktivierung findet bei Wiederaufnahme eines Referenten statt: Der Knoten wird im TWM erneut aktiviert (und der Textreferent hat den Status THEMATISCH). De-Aktivierung setzt ein, wenn der bisherige Referenzbezug durch Neueinführung eines Referenten unterbrochen wird (s. Schwarz 2000a, b). Komplexanaphern stellen einen besonderen Subtyp der textuellen Anaphorik dar: Es sind Mittel der Textkohärenz, mit denen komplexe Textstrukturen informationell komprimiert und ihre Referenten (z.B. Ereignisse, Prozesse, Zustände) zu einheitlichen <?page no="200"?> 200 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Textreferenten gemacht werden. Sie können eine evaluierende (54b) und/ oder epistemische (54c, d) Funktion haben. (54) Gestern hat mich ein Hund gebissen. (a) Das/ Dieser Vorfall war ziemlich traumatisch für mich. / Deshalb kam ich zu spät zum Seminar. / (b) Dieses Unglück war ziemlich traumatisch für mich. / (c) Diese Tatsache beweist, wie unsicher unsere Straßen sind. / (d) Diese Behauptung ist nicht wahr, sondern nur ein linguistisches Beispiel. Komplexanaphern zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht einzelne (konkrete) Objekte, sondern abstrakte Textreferenten benennen und dass ihre Interpretation vom Rezipienten die kognitive Strategie der Komplexbildung verlangt. Komplexbildung ist dabei ein kohärenzstiftender Prozess, durch den abstrakte Objekte sprachlich konstituiert werden. Da die anaphorische Komplexbildung ein zentraler Prozess der sprachlichen Informationsstrukturierung und Kohärenzbildung ist, können Modelle der Komplexbildung exemplarischen Charakter für die Erklärung interaktiver Prozesse des Textverstehens beanspruchen (s. Schwarz-Friesel et al. 2004, Consten et al. 2007; zu neurolinguistischer Evidenz für spezifische kognitive Prozesse bei der Rezeption von Komplexanaphern s. Marx 2007). Als kohärenzbildende Mittel dienen Komplexanaphern sowohl der Etablierung textueller Kontinuität als auch der Progression. Funktional ähneln sie also indirekten Anaphern (vgl. Beispiel (48) in Kap. 5.3.4); informationsstrukturell gesehen sind sie wie indirekte Anaphern progressiv - sie stellen also »rhematische Thematisierungen« dar (s. Schwarz 2000a, b, Consten et al. 2007). Thematisch sind sie insofern, als sie sich auf einen vorerwähnten Referenten beziehen und somit zur thematischen Kontinuität des Textes beitragen. Rhematisch sind sie wegen der Etablierung dieses Referenten als neue Diskursentität im Textwelt-Modell. Darüber hinaus können lexikalische Komplexanaphern ihren Referenten mittels ihrer lexikalischen Bedeutung zusätzlich bewerten (s. (55); Antezedenten werden durch eckige Klammern angezeigt) oder meta-diskursiv beschreiben (s. (56)). Sie liefern also neue Informationen und leisten somit einen Beitrag zum Fortschreiten des Informationsflusses im Text. <?page no="201"?> 201 Wort-, Satz- und Textverarbeitung (55) [Das Bestellen des eigenen Hauses in Europa aber überläßt die Synode ihren Fachleuten, den Arbeitsgruppen und Ausschüssen, Beauftragten und Bevollmächtigten, den Auserwählten und Berufenen. Da weiß nicht immer der eine genau, woran der andere gerade arbeitet; aber doppelt genäht hält besser, heißt die Devise.] Befördert wird das kreative Chaos, weil die verschiedenen Gruppen, die Kontakte zu europäischen Institutionen suchen, das Ziel ihrer Lobbyarbeit als doppeltes beschreiben. (TigerKorpus 14788-14792) (56) Die Nato und Moskau haben eine Regelung gefunden, [wie russische Soldaten an der Befriedung Bosniens mitwirken können, ohne als Befehlsempfänger der westlichen Allianz zu erscheinen]. Die schwierigere Frage nach der »politischen Kontrolle« ist freilich weiter offen. Das Thema war militärisch, die Aufgabe in Wahrheit aber kosmetischer Natur. (TigerKorpus 15078-15080) Komplexbildung ist ein Abstraktionsprozess, der unter Einbeziehung ontologischer Kategorien wie Propositionen, Fakten, Zustände, Ereignisse (s. auch Asher 2000, Maienborn 2003) beschrieben werden kann, wobei sich heterogene Ansätze hinsichtlich der ontologischen Kategorisierung propositional strukturierter Referenten finden. Im Projekt KomplexTex (s. http: / / www. coling-uni-jena.de/ ig-wiki/ index.php/ Prof._Dr._Monika_Schwarz- Friesel/ Komplextex) wird dargestellt, wie ontologische Spezifizierungen, die durch Komplexanaphern geleistet werden, Beschränkungen hierfür sowie konzeptuelles Wissen zur Referenzialisierung insbesondere ambiger Komplexanaphern beitragen. Grad der ontologische Abstraktheit Kategorie hoch Proposition (pp) Fakt (f) Zustand (z) [-dynamisch, -telisch] Prozess (p) [+dynamisch, -telisch] niedrig Ereignis (e) [+dynamisch, +telisch] Abb. 8 Abstraktheitsskala <?page no="202"?> 202 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Ereignisse, Prozesse und Zustände sind als natürliche Sachverhalte und als Situationen beschreibbar, die sich aus dem Wechselspiel konkreter Personen/ Dinge und deren Relationen sowie Aktionen in Raum und Zeit konstituieren. Fakten und Propositionen sind jedoch abstrakte Repräsentationen, die erst durch sprachliches Handeln konstituiert werden. Eine differenzierte Kategorisierung von Abstraktheitsgraden wie in Abb. 8 ergibt sich aus der Vorstellung, dass Abstraktion in einer zunehmenden Enthebung von natürlichen Determinanten besteht. So sind z.B. Ereignisse und Prozesse an Raum, Zeit und Handlungsträger gebunden, wobei Ereignisse einen intrinsischen Abschluss haben - also telisch sind - und Prozesse nicht - also atelisch sind. Zustände sind nur an Handlungsträger, aber nicht immer an Raum und Zeit gebunden (vgl. *Sie ist in Berlin blond). Fakten sind an Welten gebunden - nämlich an diejenigen, in denen die durch sie ausgedrückte Proposition wahr ist. Propositionen wiederum sind als rein sprachliche Konstrukte unabhängig von Wahrheitswerten. Manchmal spezifiziert erst der Kotext, ob es sich z.B. um ein Ereignis oder einen Prozess handelt: Er ging zweimal täglich spazieren (Ereignis) versus Er ging zwei Stunden lang spazieren (Prozess). Propositionale Strukturen (also potentielle Antezedenten von Komplexanaphern) etablieren, anders als NPs, zunächst keine einheitlichen Referenzobjekte im Textwelt-Modell, sondern werden nur als Kohärenzverknüpfung zwischen nominalen Referenzobjekten repräsentiert. In dieser TWM-Repräsentation wird das referenzielle Potential der Ausdrücke bereits durch konzeptuelles Wissen elaboriert. Die Rezeption der Komplexanapher löst einen Prozess der Antezedentenfindung aus. Hierbei findet ein doppelter Prozess der Reaktivierung und Referentenkonstitution statt: Die bereits im Textwelt-Modell repräsentierte komplexe Kohärenzstruktur wird reaktiviert, gleichzeitig wird sie nun - als Resultat des anaphorischen Komplexbildungsprozesses - als einheitliches Referenzobjekt des Textwelt-Modells konstituiert, das danach sprachlich wie ein nominales Individualobjekt behandelt werden kann. Dies zeigt sich daran, dass erst nach der Einführung der Komplex-Anapher der Textreferent mit einem Personalpronomen wiederaufnehmbar ist (s. Schwarz 2000b: 122, <?page no="203"?> 203 Wort-, Satz- und Textverarbeitung Consten et al. 2007: 95; zur Komplexbildung durch Pronominaladverbien wie danach s. Knees 2008). Ontologische Kategorisierungen komplexer Referenzobjekte sind nutzbar zur differenzierten Charakterisierung von Komplexbildungsprozessen, wobei ein wesentliches Klassifizierungsmerkmal ist, ob der anaphorische Prozess eine Veränderung des ontologischen Status des Referenten bewirkt oder nicht. Behält der Referent seinen ontologischen Status im anaphorischen Prozess bei, d.h. kategorisieren sowohl Antezedent als auch Anapher den Referenten ontologisch betrachtet gleich, findet keine Veränderung des ontologischen Status des Referenten statt (ontologische Konstanz, s. (57)). Hier beschreibt der lexikalische Gehalt des Antezedenten ein Ereignis, das durch den lexikalischen Gehalt der Anapher wieder aufgenommen wird. (57) [Die Amerikaner versuchten, in das Gebäude einzudringen, wurden aber von Schüssen aus dem Obergeschoss zurück gedrängt.] e Zwei Soldaten seien bei dieser Aktion e verletzt worden, einer im Haus, einer außerhalb. (Süddeutsche Zeitung online, 25.7.03) Ontologische Konstanz liegt auch vor, wenn der Referent keine Änderung seines ontologischen Status erfährt, weil die Anapher aufgrund ihres semantisch geringen Gehalts neutral ist (neutrale Komplexbildung, s. (58)). In diesem Falle wird die Diskurseinheit, die durch die Komplexanapher etabliert wird, dem durch den Antezedenten denotierten ontologischen Typ zugeordnet. (58) [Die Amerikaner versuchten, in das Gebäude einzudringen, wurden aber von Schüssen aus dem Obergeschoss zurück gedrängt.] e Zwei Soldaten seien dabei e verletzt worden, einer im Haus, einer außerhalb. Bei Ontologie verändernder Komplexbildung erfährt der Referent durch den anaphorischen Bezug eine Änderung seines ontologischen Status, weil Antezedent und Anapher ihn kraft ihrer lexikalischen Bedeutung ontologisch unterschiedlich kategorisieren. Somit verändert der anaphorische Prozess den Typ der Diskurseinheit im Textwelt-Modell, s. (59). <?page no="204"?> 204 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten (59) [Die Amerikaner versuchten, in das Gebäude einzudringen, wurden aber von Schüssen aus dem Obergeschoss zurück gedrängt.] e Diese Tatsache f beweist, dass die Lage noch lange nicht unter Kontrolle ist. / Wenn diese von den Rebellen verbreitete Darstellung pp wahr ist, würde dies beweisen... Die in Abb. 8 vorgestellte Abstraktheitsskala ist insofern für den Komplexbildungsprozess relevant, als für Ontologie verändernde Komplexbildungen die Beschränkung gilt, dass die Komplexanapher dem Referenten entweder den gleichen ontologischen Status zuweisen muss wie der Antezedent oder einen abstrakteren; s. die Abstraktheitsbeschränkung für ontologische Veränderung in (60): (60) Eine Anapher, die lexikalisch den ontologischen Typ y denotiert, kann nicht einem Referenten vom ontologischen Typ x zugewiesen werden, wenn x einen höheren Abstraktheitsgrad als y hat. Kategorisiert sie den Referenten niedriger als ihr Antezedent, wird der Text inkonsistent, s. (61) (s. Schwarz-Friesel et al. 2004, Consten et al. 2007, Consten/ Knees 2008). (61) [Die Erde dreht sich um die Sonne.] p Dieser Prozess p / Dieser Zustand z wird voraussichtlich noch 7 x 10 9 Jahre andauern. / Diese Tatsache f ist seit dem Mittelalter bekannt. / Diese Möglichkeit pp durfte früher nicht einmal untersucht werden / *Dieses Ereignis e ... Dabei trägt die lexikalische Information zur Referenzialisierung bei: In (62) wird der epistemische Status des Referenten erstmals durch die lexikalische Bedeutung der Komplexanapher markiert, und zwar als faktisch. (62) [Branchen- und Industriepolitik an sich sind nicht zu kritisieren und aus nordrhein-westfälischer Sicht kann gesagt werden: Sie ist nicht nur wegen des Zieles einer ausgewogenen industriellen Struktur, sondern auch aus Gründen des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft unverzichtbar.] z Diese Erkenntnis f ist aber weder neu noch originell, und wer Strukturwandel betreiben will, weiß aus Erfahrung, daß sozialdemokratische Wirtschaftspolitik weit mehr ist und sein muß als Branchenpolitik. (TigerKorpus 16614f) <?page no="205"?> 205 Wort-, Satz- und Textverarbeitung Des Weiteren ist der Kotext in die Komplexbildung involviert: In (63) wird ein bereits im Antezedent markierter epistemischer Status (Proposition, ungewisser Wahrheitswert) zunächst durch die wörtliche Bedeutung der KA dieses Ziel bestätigt und dann durch den Kotext der Anapher, nämlich die wörtliche Bedeutung des Verbs, verändert und als negiert-faktisch verstanden. (63) Die Verfassung sah vor, daß [innerhalb von fünf Jahren - also bis Ende 1993 - alle indianischen Gebiete demarkiert werden.] pp (Dieses Ziel pp wurde bislang aber noch nicht erreicht.) neg-f (TigerKorpus 19424f) Die Verarbeitung negierter KA ist ein Beispiel für die Rolle des konzeptuellen Wissens im Referenzialisierungsprozess: Bei negierten Type-Antezedenten kann die Anapher entweder nur den unnegierten referenziellen Sachverhalt oder den gesamten Referenten des Antezedenten inklusive Negation aufgreifen. In (64) führt der Antezedent eine negierte referenzielle Struktur in das TWM ein, die Komplexanapher dies ist jedoch ohne Negation zu referenzialisieren, weil sonst eine konzeptuell unplausible doppelte Negation zustande käme (zur Verarbeitung von Negation s. Kaup 2001). (64) Dabei steht fest: [Ohne dringenden Tatverdacht darf niemand in den Kundenbeutel gucken.] neg-z Auch nicht die Polizei. »Es gibt kein Gesetz, das dies z zuließe«, erklärt die AgV-Juristin. (TigerKorpus 219-221) Ob die Negation des Referenten erhalten bleibt wie in der alternativen Fortsetzung in (65) oder nicht, hängt von konzeptuellen Faktoren - also der Plausibilität der Negation im jeweiligen Kontext - ab und kann nicht anhand grammatischer oder semantischer Mittel bestimmt werden. (65) Dabei steht fest: [Ohne dringenden Tatverdacht darf niemand in den Kundenbeutel gucken.] neg-z Dies neg-z hat zumindest der Bundesgerichtshof so beschlossen. Das folgende Schema zeigt modellhaft die miteinander interagierenden Ebenen und Informationen: <?page no="206"?> 206 Sprachrezeption: Zur Konstruktivität des Rezipienten Konzeptuelles Wissen: K Textwelt-Modell: R x / y … etabliert L L Textsemantische reaktiviert Ebene: r x r x Text: Antezedent Komplexanapher Kotext r x / y = Referent der textsemantischen Ebene charakterisiert als x oder y in Bezug auf den ontologischen und/ oder epistemischen Status R x / y = stabiles Objekt im Textwelt-Modell charakterisiert als x oder y in Bezug auf den ontologischen und/ oder epistemischen Status und/ oder Negationsstatus L = Charakterisierung des ontologischen und/ oder epistemischen Status und/ oder Negationsstatus durch lexikalische Bedeutung K = Überprüfung/ Revidierung des ontologischen und/ oder epistemischen Status durch konzeptuelles Wissen Abb. 9 Bei der Verarbeitung von Komplexanaphern operieren lexikalische, kotextuelle und konzeptuelle Strategien. Exemplarisch kann man hier somit die Schnittstellenrelevanz beim Textverstehen illustrieren. 5.4 Zusammenfassung Das Verstehen von Sprache ist ein komplexer und konstruktiver Prozess, in dem das linguistische Wissen aller Sprachsystemkomponenten, das im LZG in Form von mentalen Schemata gespeicherte Weltwissen, situative Faktoren und gedächtnisfunktionale Prinzipien zusammenwirken. Es ist bisher nicht geklärt, inwieweit und auf welche Weise diese sprachverarbeitungsrelevanten Faktoren interagieren, d.h. sich während der Sprachverarbeitung gegen- <?page no="207"?> 207 Weiterführende Literatur seitig beeinflussen können. In der Forschung wird diese Frage kontrovers diskutiert: Autonomen Modellen zufolge verläuft die Verarbeitung auf den verschiedenen Ebenen weitgehend unabhängig voneinander; in interaktiven Modellen dagegen stehen alle Komponenten in einer engen Beziehung zueinander und können quasi ständig miteinander kommunizieren. Für die zukünftige Diskussion in der Sprachverarbeitungsforschung wird sich die Analyse automatischer und kontrollierter Prozesse und die Determination durch gedächtnisfunktionale Prinzipien als wichtig erweisen. Ein weiteres zentrales Anliegen wird wie bisher die Untersuchung der Schnittstellen von sprachlichen und nicht-sprachlichen Kenntnissystemen sein. 5.5 Weiterführende Literatur Altmann (1999) erörtert die Interaktion sprachlicher und kognitiver Informationen beim Sprachverstehen. In Friederici (1999) werden kapitelweise alle wesentlichen Komponenten des Sprachrezeptionsprozesses dargestellt: Wort-, Satz- und Diskursverstehen, die Rolle des mentalen Lexikons, neurobiologische Grundlagen. Einen komprimierten Überblick zu den Bereichen kognitiver Sprachverarbeitung liefern Rickheit et al. (2002) sowie Dietrich (2002). Im HSK-Handbuch Psycholinguistik (Rickheit et al. 2003) finden sich Überblicksartikel in Sektion IV: Parsing, Leseprozesse, Inferenzen und Sinnerschließungsprozesse werden hier erörtert. Auch in Traxler/ Gernsbacher (2006) sich Abhandlungen zu spezifischen psycholinguistischen Problemfeldern der Rezeptionsforschung: Worterkennungsprozesse, Kontexteffekte, Parsing, Diskursverstehen und die Verarbeitung übertragener Bedeutungen werden hier u.a. in Sektion 2 erörtert. Hohenberger (2007) gibt einen komprimierten Überblick zu Sprachproduktion und Sprachrezeption. Das aktuelle Handbuch von Gaskell (2007) informiert ebenfalls über alle relevanten Sprachverstehensprozesse: In Sektion I finden sich verschiedene Überblicksartikel zur Worterkennung, in Sektion III zum Satz- und Diskursverstehen. <?page no="208"?> 6. Sprachproduktion: Konzeptualisierung und Verbalisierung 6.1 Allgemeine Fragen der Sprachproduktionsforschung Wenn wir sprechen oder schreiben, verschlüsseln wir konzeptuelle Inhalte in ein geordnetes Nacheinander von sprachlichen Einheiten. Obgleich der Output des Produktionsprozesses empirisch besser zu untersuchen ist als der Output des Sprachrezeptionsprozesses (der ja eine mentale, der Beobachtung nicht direkt zugängliche Repräsentation darstellt), liegen auf dem Gebiet der Rezeptionsforschung weit mehr empirische und theoretische Arbeiten vor. Der Sprachproduktionsprozess lässt sich nicht so gut experimentell manipulieren wie der Rezeptionsprozess. Während man den Vpn bei Rezeptionsexperimenten bestimmte sprachliche Strukturen vorlegen und deren Reaktionen darauf entsprechend auswerten kann, ist dies bei der Untersuchung der Sprachproduktion nur sehr begrenzt möglich. Kausale Zusammenhänge zwischen Verbalisierungsprozessen und allgemeinen Strukturphänomenen lassen sich nur sehr schwer im Experiment erforschen (zumal auch die Spontanität sprachlicher Äußerungen berücksichtigt werden muss). Im Sprachproduktionsprozess wird der intendierte Inhalt einer Äußerung versprachlicht. Dieser Vorgang umfasst die folgenden Prozessebenen (s. hierzu Levelt 1989, Pechmann 1994): • Auf der Stufe der Konzeptualisierung findet die Erstellung einer kognitiven Repräsentation des intendierten Äußerungsinhalts statt. Hier werden die Informationen ausgewählt, die ein Sprecher einem Hörer mit einer bestimmten Intention mitteilen will. • Die Stufe der Lexikalisierung involviert die Auswahl und Aktivierung der lexikalischen Einheiten, welche die konzeptuellen Inhalte ausdrücken sollen. Diese Ebene gehört bereits zum Prozess der Formulierung. <?page no="209"?> 209 Allgemeine Fragen der Sprachproduktionsforschung • Ein weiterer Schritt ist die Erzeugung einer syntaktischen Struktur und die damit verbundene Linearisierung, d.h. die Anordnung der ausgewählten Einheiten auf einer Sprachstruktur. • Auf der Stufe der phonologischen Enkodierung werden die lexikalischen Einheiten phonologisch spezifiziert. • Schließlich erfolgt die lautsprachliche Artikulation, d.h. die motorische Hervorbringung der sprachlichen Repräsentation. Eine Sprachproduktionstheorie muss nun genau beschreiben und erklären, wie mentale Repräsentationen in (schriftliche oder mündliche) Sprachstrukturen übersetzt werden. Ziel der Forschung ist es, die involvierten Planungs- und Aktivierungsvorgänge im Rahmen eines umfassenden Prozessmodells (das berücksichtigt, dass es sich dabei um in der Zeit ablaufende und von der Gedächtniskapazität eingeschränkte Vorgänge handelt) zu explizieren. Wie bei der Erforschung aller mentalen Phänomene ergibt sich auch hier das Problem, dass die Prozessebenen der Inhaltskonzeption und der semantisch-syntaktischen Repräsentationserstellung der Beobachtung nicht zugänglich sind und nur indirekt über die sprachlich realisierten Äußerungen erschlossen werden können. Man hat sich daher lange mit den phonetischen und phonologischen Aspekten der Sprachproduktion beschäftigt und versucht, über die Analyse von lautlichen Variationen und von Verzögerungselementen Aufschluss über den Produktionsprozess zu erhalten (s. Dechert/ Raupach 1980, Schriefers 2003). Insbesondere die Analyse von Pausen im Sprachproduktionsprozess stand eine Zeit lang im Vordergrund der Forschung. Da das Vorkommen von Pausen und Verzögerungselementen (wie hm und äh) oft an Satzgrenzen zu beoachten ist, wurde als grundlegende Planungseinheit der Satz angesehen. Eine Korrelation zwischen Pausen und syntaktischer Komplexität lässt sich aber nicht feststellen. Vielmehr scheint die Pausenmenge eher von der konzeptuellen Komplexität der Äußerung abzuhängen (s. Butterworth 1980). Der genaue Stellenwert der Pausen lässt sich jedoch oft nicht eindeutig bestimmen, da sozial-kommunikative Aspekte zu berücksichtigen sind. <?page no="210"?> 210 Sprachproduktion Die zentralen Fragen, die derzeit in der kognitiven Sprachproduktionsforschung gestellt werden, richten sich (wie in der Rezeptionsforschung) auf die repräsentationalen und prozeduralen Aspekte der Sprachverarbeitung. Welche Planungseinheiten liegen der Sprachproduktion zugrunde? Wie werden die Einheiten so unterschiedlicher Kenntnissysteme wie Semantik und Phonologie abgerufen? Laufen die Prozesse unabhängig voneinander ab, oder interagieren die Prozesskomponenten miteinander? Inwieweit determiniert der Kontext den Verbalisierungsprozess? Sprachproduktionsmodelle müssen dabei die Schnelligkeit, mit der gesprochen wird, berücksichtigen und erklären können. Sprecher mit normaler Sprechgeschwindigkeit produzieren ca. 150 Wörter pro Minute, also alle 44 msec ein Wort (s. Levelt 1989: 198). Den meisten Modellen liegt deshalb die Annahme zugrunde, dass wir unsere Äußerungen inkrementell produzieren (vgl. Pechmann 1989, Pechmann/ Zerbst 1990, Pechmann/ Habel 2004). Wir planen demnach auf der konzeptuellen Ebene nicht erst vollständig unsere Äußerungen, bevor wir sie formulieren und dann artikulieren, sondern beginnen bereits mit der Artikulation, ohne dass die Äußerung konzeptuell vollständig repräsentiert ist. Dieser Annahme zufolge verläuft die Verarbeitung von Sprache auf den unterschiedlichen Stufen parallel. Während wir noch bei der konzeptuellen Planung sind, findet die Weiterverarbeitung der ersten konzeptuellen Einheiten auf den nachfolgenden Ebenen statt. Dieser Vorgang erklärt, wieso wir manchmal unangemessene oder redundante Informationen in unseren spontanen Äußerungen finden. In der sprachorientierten Kognitionsforschung versucht man, die Determinantien des Produktionsprozesses mit der Hilfe experimenteller Studien aufzudecken. Aufschluss über die Organisation des Produktionsprozessors erhofft man sich auch durch die Analyse von Daten aus der Fehlerlinguistik und der Aphasieforschung. Im Folgenden gehe ich auf einige der wichtigsten Ergebnisse dieser Forschungsbereiche ein. <?page no="211"?> 211 Referenz im Situationskontext 6.2 Referenz im Situationskontext Mittels sprachlicher Ausdrücke können wir referieren, d.h. uns auf Gegenstände unserer außersprachlichen Umwelt beziehen. Das Phänomen der Referenz hängt also eng mit dem kognitiven Prozess der Objektwahrnehmung zusammen. Objektwahrnehmungen sind das Resultat von komplexen Mustererkennungsprozessen. Die Wahrnehmung eines Gegenstandes ist in diesem Sinne das Identifizieren eines Reizes als Exemplar einer bestimmten Kategorie. Um ein Buch als BUCH erkennen zu können, muss eine Verbindung zwischen dem aktuellen Reizgegenstand und der mental repräsentierten Kategorie hergestellt werden. Ist dieser Zuordnungsprozess gestört, kommt es zu den bereits erörterten Agnosien (s. Kap. 3.2.3). Die Welt, auf die wir uns mit sprachlichen Ausdrücken beziehen, kann dabei nicht im Sinne eines naiven Realismus als eine dem Bewusstsein objektiv zugängliche und extern vermittelte Welt aufgefasst werden, sondern muss als eine durch das menschliche Kognitionssystem konstruierte und damit intern erzeugte Welt betrachtet werden. Neurophysiologische und neuropsychologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Struktur unserer erfahrbaren Welt das Ergebnis komplexer neuronaler und mentaler Prozesse ist (s. Roth 2004, Roth/ Grün 2006). Die strukturelle und funktionale Organisation unseres Gehirns legt die Möglichkeiten unserer Welterfahrung fest. Was wir sehen, sind Projektionsergebnisse unseres Gehirns, die für uns aber den Status realer, objektiver und externer Objekte haben (s. Brown 1985, Maturana/ Varela 1987, Schmidt 1987). Die Objektwahrnehmung wird von drei Faktoren determiniert: »einmal von der genetisch vorgegebenen Grundverschaltung der Nervenzellen und den dadurch festgelegten Antworteigenschaften der einzelnen Nervenzellen, zum anderen von der Struktur der visuellen Umwelt, mit welcher das Gehirn über seine sensorischen und motorischen Organe in Wechselwirkung tritt, und schließlich von dem jeweiligen Zustand, in dem sich das Gehirn befindet, während es mit der Umwelt interagiert.« (Singer 1985: 61) Dabei ist Referenz nicht auf die perzeptuell erfahrbare Welt beschränkt. Wir können auch auf fiktive, vorgestellte und erinnerte <?page no="212"?> 212 Sprachproduktion Personen (wie Merlin oder Napoleon) und Dinge (wie sprechende Steine oder Zauberstäbe) Bezug nehmen, da das menschliche Kognitionssystem uns dazu befähigt, Modelle zu konstruieren, in denen wir Referenten als mentale Entitäten lokalisieren können (s. Schwarz 1992: 44f.). Wir verfügen zudem über die Fähigkeit, auf abstrakte Objekte Bezug nehmen zu können: Mit Ausdrücken wie Demokratie, Willensfreiheit oder Hypothese referieren wir auf geistige Vorstellungen und Konstrukte (s. hierzu auch Kap. 5.3.5). Referenzialisierungen, die abstrakte Referenz involvieren, sind bislang aber noch nicht so intensiv untersucht worden wie die, die konkrete Referenz betreffen (vgl. Schmid 2000). Die sprachliche Referenz wird von drei Aspekten geprägt: von der Gebundenheit an die Ausdrücke einer Sprache, von der Determination durch die lexikalischen Bedeutungen, die mit den Ausdrücken konventionell verbunden sind und die das jeweilige Referenzpotential (d.h. die Klasse aller möglichen Referenten) eines Ausdrucks festlegen, und von dem Gebrauch sprachlicher Ausdrücke in bestimmten Situationen durch einen Sprecher (bzw. der Verarbeitung durch einen Rezipienten). Dass Referenz erst durch bestimmte mentale Leistungen von Sprechern und Hörern in partikularen Situationen zustande kommt, wurde lange nicht hinreichend berücksichtigt (s. aber Nunberg 1978). Im Rahmen philosophischer und linguistischer Forschung ist Referenz primär als ein statisches Phänomen betrachtet worden. In wahrheitswertorientierten Semantiktheorien werden Klassen von sprachlichen Ausdrücken Klassen von Objekten zugeordnet. Dabei liegt der Schwerpunkt der linguistischen Referenzanalysen auf dem Referenzpotential sprachlicher Ausdrücke (wobei vor allem das semantische Potential der Determinantien untersucht wird). Referenz wird sprachimmanent auf der Ebene des abstrakten Kenntnissystems analysiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, mit welchen sprachspezifischen Mitteln sich bestimmte Referenztypen realisieren lassen (vgl. Vater 2005). Die ontologisch-konzeptuellen, repräsentationalen und prozeduralen Aspekte von Referenz sind dabei weitgehend ausgeklammert worden. In kognitiver Sicht ist Referenz keine von vorneherein festgelegte Relation, sondern ein mentaler Bewusstseinszustand, in dem die aktuelle Relation zwischen Sprache und Welt als das jeweilige <?page no="213"?> 213 Referenz im Situationskontext Konstrukt kognitiver Operationen realisiert ist. Referenz wird als die jeweilige Endphase eines komplexen kognitiven Prozesses - der Referenzialisierung - verstanden (s. Schwarz 1995b). Eine Kognitive Referenztheorie muss deshalb den gesamten Rahmen, in dem Referenz zustandekommt (d.h. alle bei der Referenz involvierten mentalen Repräsentationen und Prozesse), beschreiben und erklären (vgl. auch Zelinsky-Wibbelt 2000). Dabei involviert die Referenzialisierung bei der Benennung perzeptueller Objekte grundsätzlich die folgenden mentalen Operationen: die perzeptuelle Wahrnehmung des Objektes, die Erstellung seiner mentalen Repräsentation, die Aktivierung und den Abruf der entsprechenden lexikalischen Einheit und schließlich die lautliche Äußerung. Dass das Gelingen von Referenz natürlich auch an soziale und interaktionale Bedingungen geknüpft ist, verdeutlicht das Folgende Witz-Beispiel: (1) A: Woran denkst du gerade? B: An nichts Besonderes. A: Schade, ich glaubte, du hättest an mich gedacht. B: Aber das habe ich ja! Das Missglücken der Referenz ergibt sich aus dem unkooperativen Verhalten von B, der nichts Besonderes willkürlich anstelle von dich benutzt. A interpretiert nichts Besonderes nach seiner wörtlichen Bedeutung, da weder ein Hinweis von A noch anderweitige Informationsquellen eine Interpretation im Sinne B’s nahe legen. Man kann nicht beliebig referieren, wenn man verstanden werden will, sondern man muss sich an bestimmte Kooperationsprinzipien halten. Referiert ein Sprecher mit einem Pronomen oder mit einer definiten NP, muss gewährleistet sein, dass der Hörer den Referenten aufgrund kontextueller, situativer oder enzyklopädischer Informationen identifizieren bzw. lokalisieren kann. Der Sprecher muss also stets den Wahrnehmungsraum und das Vorwissen des Hörers berücksichtigen. Die Kenntnis der wörtlichen Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks reicht nicht immer aus, um den vom Sprecher intendierten Referenten identifizieren zu können. (2) Dieser Mann ist ja ein richtiger Falstaff. <?page no="214"?> 214 Sprachproduktion Um den intendierten Referenten (der mit einer Anzahl von anderen Männern zusammenstehen kann) erkennen zu können, muss der Hörer in seinem Gedächtnis Wissen über die in der Prädikation angesprochene Dramenfigur Falstaff gespeichert haben. Erst die Aktivierung dieses Wissens ermöglicht die Identifizierung des Referenten. Dies muss vom Sprecher beachtet werden, wenn er seine Sätze produziert. Die Antizipation des Hörerwissens stellt eine wichtige kognitive und kommunikative Strategie beim Referieren dar (s. Clark/ Schreuder/ Buttrick 1983, Schwarz 2003). Ein Experiment zu pragmatischen und kognitiven Referenzaspekten bei der Sprachproduktion haben Marslen-Wilson et al. (1982) durchgeführt. Untersucht wurde die Einführung und anaphorische Wiederaufnahme von Diskursreferenten. Das Experiment lief folgendermaßen ab: Eine Vpn wurde instruiert, ein kurzes - etwa 20 Seiten langes - Comicbuch, das illustriert, leicht zu verstehen und narrativ klar in mehrere Episoden strukturiert war, gründlich zu lesen. Die Protagonisten der Geschichte waren zwei Monster, genannt »The Hulk« und »The Thing«, die in eine Vielzahl von Abenteuern involviert waren. Über die Intentionen der Experimentatoren wurde die Vpn nicht informiert. Es kam dann zu einer Face-to-Face-Situation mit einer anderen Vpn, der die erste Vpn in einem Gespräch von den gelesenen Abenteuern erzählen sollte. Die Auswertung der benutzten sprachlichen Ausdrücke zeigte deutlich, dass der Sprecher Rücksicht auf den - von ihm angenommenen - Bekanntheitsgrad der Referenten im Bewusstsein des Hörers nimmt und die Referenzmittel dementsprechend selektiv einsetzt. Zur Einführung der Referenten wurden die Eigennamen zusammen mit charakteristischen Beschreibungen - also z.B. The Hulk, ein grünes Monster mit roten Augen - benutzt, um dem Hörer so viel Information wie möglich über den jeweiligen Referenten zu geben. Zur Weiterführung des Bezugs auf diese Referenten wurden dann entweder nur die Eigennamen (The Hulk oder The Thing) oder definite Kennzeichnungen (das grüne Monster) verwendet. Zur Wiederaufnahme eines gerade im Fokus der Erzählung stehenden Referenten wurden primär Pronomina benutzt. Wurde auf den Beginn einer neuen Episode referiert, wurden für die Protagonisten wieder merkmalsreichere Ausdrücke (Eigennamen oder definite <?page no="215"?> 215 Referenz im Situationskontext Kennzeichnungen) benutzt, um sicherzustellen, dass es auch weiterhin um diese Protagonisten und nicht um Randfiguren der Erzählung ging. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass kleine Kinder noch nicht in der Lage sind, situations- und hörerbezogene Referenzstrategien so effektiv einzusetzen wie Erwachsene (s. Kahan/ Richards 1986). Flavell (1985) hat in einem Experiment auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die Kinder haben, wenn sie sich anderen gegenüber verständlich ausdrücken sollen. In dem Experiment mussten die Kinder den Versuchsleiter, dessen Augen verbunden waren, in eine Ecke führen und ihn dort liegende Gegenstände aufheben lassen. Trotz Kenntnis der Sehbehinderung des Hörers benutzten die Kinder bei ihren Instruktionen ständig Ausdrücke wie it für den jeweiligen Gegenstand oder over there für die jeweilige Richtung. Referenzielle Strategien sind bei Kindern zunächst egozentrisch und wahrnehmungsgeleitet, d.h. die intrinsische Perspektive ist dominant. Erst im Laufe der Zeit erwerben sie die Fähigkeit, hörerbezogen und perspektivengeleitet zu referieren (s. hierzu auch Hickmann 2003). Mit Aspekten der hörerbezogenen Sprachproduktion und ihrer Beeinflussung durch wechselnde Situationsbedingungen hat sich in der Sprachpsychologie vor allem die Mannheimer Forschungsgruppe »Sprache und Kognition« beschäftigt. Das zu analysierende Verhalten (Objektbenennung und -lokalisation) wird unter kontrollierten Bedingungen in Experimenten hervorgerufen. Referenz wird hier als die Ermöglichung der Identifikation eines Objektes im wechselnden situativen Kontext alternativer Objekte beschrieben. Die Forschungsarbeit der Mannheimer Gruppe zielte dabei auf die Beantwortung der folgenden Fragen: Wovon hängt es ab, welche Wörter ein Sprecher zur Referenz wählt (vgl. auch Kap. 6.5)? Wie berücksichtigt der Sprecher das Wissen und die Perspektive seiner Hörer? In einer frühen Arbeit hat Olson (1970) in einem Kommunikationsexperiment nachgewiesen, dass ein Sprecher je nach Kontext unterschiedliche referenzielle Ausdrücke für denselben Referenten benutzt. In diesem Experiment wurde ein goldener Stern unter einen kleinen Holzklotz gelegt. Eine Vpn, die diese Hand- <?page no="216"?> 216 Sprachproduktion lung gesehen hatte, wurde aufgefordert, einer anderen Vpn, die diese Handlung nicht gesehen hatte, zu sagen, wo der Stern lag. Dabei blieb der Stern während des Experiments immer unter demselben Klotz, einem kleinen, runden, weißen. Die Umgebung des Klotzes wurde jedoch verändert. Im ersten Fall wurde neben den Klotz ein kleiner, runder, schwarzer Klotz gelegt. Im zweiten Fall wurde ein kleiner viereckiger, weißer Klotz hinzugestellt, und im dritten Fall waren drei alternative Klötze vorhanden: ein runder schwarzer, ein viereckiger schwarzer und ein viereckiger weißer Klotz. Derselbe Klotz wurde von der Vpn nun je nach Kontext folgendermaßen bezeichnet: (3) Der Stern ist unter dem weißen. (4) Der Stern ist unter dem runden. (5) Der Stern ist unter dem runden, weißen. Für Olson haben referenzielle Ausdrücke demnach die Funktion, den intendierten Referenten relativ zum Kontext zu spezifizieren. Krauss/ Weinheimer (1966) führten bereits ein ähnliches Experiment durch, in dem sie den Einfluss des kommunikativen Verhaltens des Hörers auf das sprachliche Verhalten des Sprechers untersuchten. Sie stellten fest, dass kommunikative Rückmeldungen wie aha, ja, ach usw. den Gebrauch der referenziellen Ausdrücke insofern beeinflussen, als der Sprecher kürzere Nominalphrasen benutzt. Dagegen führt Schweigen auf Seiten des Hörers zur Verwendung längerer Nominalphrasen. Hermann/ Deutsch (1976) haben in Anlehnung an Olson (1970) den Gebrauch referenzieller Ausdrücke bei der Objektbenennung unter dem Aspekt der Benennungsflexibilität von Sprechern untersucht. Dabei wird berücksichtigt, dass jeder Gegenstand nicht nur eine Bezeichnung hat, sondern durch viele sprachliche Ausdrücke benannt werden kann (s. hierzu bereits Brown 1958). Derselbe Hund kann beispielsweise je nach Sprecherintention als Waldi, Dackel, Hund, Tier, Köter oder Lebewesen bezeichnet werden. Die Wortwahl des Sprechers wird durch zwei grundlegende Bedingungen determiniert: durch situative und durch personenspezifische Bedingungen. Situative Bedingungen umfassen den Objektkontext, d.h. die wahrnehmbare Umgebung <?page no="217"?> 217 Referenz im Situationskontext des jeweils intendierten Referenten, und die sozial-kommunikativen Merkmale der Referenzsituation, die durch die soziale Distanz zwischen den Kommunizierenden sowie die Offizialität der Sprechsituation charakterisiert wird. Personenspezifische Bedingungen betreffen die Fähigkeit des Sprechers, Objekte wahrzunehmen und sie mental in kognitiven Schemata zu repräsentieren. Weiterhin ist damit die Fähigkeit angesprochen, im sozialen Diskurs situations- und partneradäquat referieren zu können. Die Objektbenennung ist das Ergebnis eines dreistufigen kognitiven Entscheidungsprozesses: Der Sprecher wählt zuerst dasjenige Merkmal des intendierten Objekts aus, hinsichtlich dessen sich Zielobjekt und Objektkontext (also die alternative Objektmenge) voneinander unterscheiden. Die Merkmale betreffen dabei die Dimensionen (z.B. Größe, Farbe oder Form), auf denen die Objekte Positionen einnehmen (z.B. rot oder grün). Nach der Dimensionsauswahl wird die jeweilige Position des intendierten Referenzobjekts spezifiziert. Dabei können auch mehrere Positionen unterschiedlicher Dimensionen ausgewählt werden. Schließlich werden dann diese perzeptuellen Informationen (zusammen mit der Objektbezeichnung) für den Hörer (z.B. als die kleine rote Kugel) verbalisiert. Wenn bei bestimmten Objekten mehrere Verbalisierungen möglich sind (z.B. für Auto auch Schlitten, Karre, Kiste), wählt der Sprecher nach dem Prinzip der partnerbezogenen Verbalisierung diejenige aus, die ihm partneradäquat erscheint. Diese Sprecheranalyse bleibt bei Herrmann/ Deutsch (1976) auf eine bestimmte, durch die restriktive Experimentsituation stark kontrollierte Benennungsart beschränkt. Es wird mit einem reduzierten und artifiziellen Handlungskontext gearbeitet. Aufgrund der Instruktionen an die Vpn, das Zielobjekt eindeutig zu identifizieren, ist deren verbales Verhalten weitgehend festgelegt. Hinzu kommt, dass die Referenten ausschließlich perzeptueller Natur und für Sprecher und Hörer gleichermaßen wahrnehmbar sind. Referenzrahmen sind in Alltagssituationen natürlich nicht so restringiert. Carroll (1980) hat gezeigt, wie stark unterschiedliche Experimentanforderungen die Benennungsleistungen der Vpn beeinflussen. Objekte, die sich wie bei Herrmann/ Deutsch in einer Menge von alternativen Objekten befanden, wurden von <?page no="218"?> 218 Sprachproduktion den Vpn je nach Instruktion, das Zielobjekt einfach oder diskriminierend zu benennen, unterschiedlich komplex bezeichnet. Herrmann (1982) hat Aspekte des situationsspezifischen Sprechens in einem größeren Rahmen erläutert. Bei der Sprachproduktion aktiviert der Sprecher zunächst Teile seines im LZG gespeicherten Wissens. Das allgemeine Weltwissen ist die Grundlage dafür, dass der Sprecher überhaupt eine kommunikative Intention realisieren kann. Sprechen wird von Herrmann (1982: 24) als »in Situationen erfolgende Handlungen von Akteuren zum Zwecke der Erreichung von situationsspezifischen Zielen« begriffen. In seinem Grundmodell der Sprachproduktion unterscheidet er zunächst die propositionale Basis (PB) einer Äußerung und den semantischen Input (SI) der sprachlichen Verschlüsselung dieser Äußerung. Bei der PB handelt es sich um aktualisierte Wissensbestände, die das ausdrücken, was der Sprecher meint, wenn er spricht. Die PB ist nicht sprachlicher, sondern konzeptueller Natur: In diesem Sinn können Äußerungen in verschiedenen Sprachen dieselbe PB haben. Aus der Summe des Gemeinten wird der SI für die sprachlichen Enkodierungsvorgänge selektiert. Diese Input-Selektion erfolgt nach dem Pars-pro-toto-Prinzip: Nach diesem Prinzip ist der SI ein ausgewählter Teil der PB. Der Sprecher sagt etwas, was Teil des Gemeinten ist. Er verbalisiert pars pro toto, weil er voraussetzt, dass der Hörer auf der Basis der Äußerung (und unter Hinzuziehung seines allgemeinen Wissens) das Gemeinte rekonstruieren kann. Der Sprecher »wählt zur Repräsentation von PB genau SI, weil er unterstellt, dass SI (als Repräsentante für PB) informativ und instrumentell ist« (1982: 28). Ein SI kann durch verschiedene Äußerungen (also Verbalisierungsvarianten) realisiert werden. Die Realisierung erfolgt durch die vom Sprachsystem gesteuerten Enkodierungsvorgänge. Im Vordergrund der Untersuchung Herrmanns steht die Frage, wovon es abhängt, welchen SI der Sprecher wählt, um das von ihm Gemeinte zu repräsentieren. Dabei werden vor allem situative und kommunikative Aspekte diskutiert. Fokussiert wird die mentale Komponente der Sprachproduktion, die der sprachlichen Enkodierung zeitlich und funktional vorausgeht. Es werden also einige allgemeine Aspekte der semantisch-konzeptuellen Basis der <?page no="219"?> 219 Referenz im Situationskontext Sprachproduktion und der außersprachlichen Faktoren, die sie beeinflussen, erörtert. PROPOSITIONALE BASIS repräsentiert in: SEMANTISCHER INPUT DER SPRACHPRODUKTION wird verarbeitet: PROSODISCHE SYNTAKTISCHE LEXIKALISCHE ENKODIERUNG ENKODIERUNG ENKODIERUNG PHONETISCHE REALISATION resultiert in: BEOBACHTBARE ÄUSSERUNG (Ergebnis der Sprachproduktion) Abb. 10 (Quelle: Herrmann 1982: 32) Auf der Basis dieses Modells untersuchen auch Herrmann (1989) und die Forschungsgruppe »Sprache und Kognition« Referenz als partner- und situationsbezogene Produktionsstrategie. Dabei wird stets berücksichtigt, dass die Sprachproduktion die Realisierung der Intention eines Sprechers ist, d.h. sie dient der Verwirklichung eines bestimmten kommunikativen Bedürfnisses (s. hierzu auch Herrmann/ Grabowski 1994 sowie Mangold 2003). Dass sprachliche Äußerungen oft einen hohen Grad an Redundanz bei der Objektbenennung aufweisen, Sprecher also häu- <?page no="220"?> 220 Sprachproduktion fig mehr Informationen nennen, als ein Hörer zur Lokalisierung bzw. Identifizierung des Referenzobjekts benötigt, haben Pechmann und Zerbst (1990) mit dem inkrementellen Charakter der Sprachproduktion erklärt. Demnach äußern Sprecher das zuerst, was ihnen perzeptuell oder mental als Erstes zur Verfügung steht. Es kann also vorkommen, dass Informationen artikuliert werden, deren Relevanz und Informationswert für den Hörer noch nicht überprüft worden ist. So hat sich in referenziellen Kommunikationsexperimenten gezeigt, dass Sprecher häufig zuerst die Farbe eines Zielobjekts nennen, wenn sie sehr schnell bestimmt werden kann, obgleich sie keine kontextdiskriminative Funktion hat. Bei der Untersuchung des Benennungsverhaltens und der Benennungsflexibilität von Sprechern muss untersucht werden, inwieweit sich die Organisation des mentalen Lexikons auf lexikalische Aktivierungs- und Entscheidungsprozesse auswirkt. Das mentale Lexikon ist der Speicher, auf den der Sprecher immer Zugriff nimmt, bevor bzw. während er spricht. Gemäß der lexikalistischen Hypothese ist das Lexikon Mittler zwischen Konzeptualisierung und grammatischer und phonologischer Enkodierung. Somit sind die Formulierungsprozesse im Sprachproduktionsprozess lexikalisch determiniert (s. Levelt 1989). Um den Prozess der Sprachproduktion erklären zu können, müssen daher stets Annahmen über die Struktur und Organisation des mentalen Lexikons berücksichtigt werden (s. Levelt 1993, Jescheniak 2002, Rummer/ Engelkamp 2006). Der Zusammenhang zwischen der Organisation dieses Speichers und den sprachlichen Aktivierungsprozessen ist für die Kognitive Linguistik von besonders großem Interesse. Zudem muss die Rolle der permanent gespeicherten Konzeptualisierungen sowie Einflüsse des situativen Kontextes stärker untersucht werden (s. Kap. 6.5). 6.3 Fehleranalyse Auch die Analyse von Fehlleistungen gesunder Sprecher soll Aufschluss über die Organisation des Sprachverarbeitungsmechanismus geben. Die meisten Daten zur Sprachproduktion kommen <?page no="221"?> 221 Fehleranalyse aus dem Bereich der Versprecher. Ein Versprecher liegt vor, wenn der Sprecher unbeabsichtigt von der intendierten Form einer Äußerung abweicht (s. Wiese 1987, Berg 1988, 2003, Leuninger 1987, Poulisse 1999). Versprecher sind per definitionem Performanzfehler. Während aphasische Fehlleistungen nach Verletzungen neuronaler Strukturen des Gehirns auftreten, stellen Versprecher in der Spontansprache funktionale Fehlleistungen im intakten Gehirn dar. Inwiefern können wir aus ihrer Untersuchung etwas über die Struktur des Prozessors erfahren? Die zugrundeliegende Annahme der Fehlerlinguistik ist, dass die Störung eines Prozesses generell denselben regelhaften Mechanismen unterliegt, die den ungestörten Ablauf determinieren. Bei den Versprechern zeigen sich selektive Störungen (die einzelnen Subkomponenten zuzuordnen sind), während der übrige Prozessor normal weiterarbeitet. Oft ist es allerdings schwierig, Versprecher eindeutig zu klassifizieren und bestimmten Verarbeitungsstufen zuzuordnen. Die potentielle Plurikausalität für Fehlleistungen ist deshalb ein großes Problem für die Versprecheranalyse. Die Relevanz von Versprechern hatte schon Freud (1904) erkannt und aus den Fehlleistungen Intentionskonflikte des Sprechers erschlossen. Anders als Meringer/ Mayer (die bereits 1895 ein umfangreiches Versprecherkorpus zusammengestellt und darauf hingewiesen hatten, dass Sprechfehler wichtige Merkmale des sprachlichen Systems offenbaren) interpretierte Freud aber die Versprecher rein psychoanalytisch. Eines seiner bekanntesten Beispiele stellt der Versprecher eines jungen Mannes dar, der eine Frau auf der Straße anspricht und sie fragt, ob er sie begleitigen (als Kontamination von begleiten und beleidigen) darf. Nach Freud kommt dieser Versprecher dadurch zustande, dass unintendierte Gedanken bzw. Unterbewusstseinsinhalte die bewusste Intention überlagern und deshalb sprachlich zum Ausdruck kommen (s. Schwarz 1999 zu konzeptuell motivierten Versprechertypen sowie Marx 2002 zu situativen Versprechern). In der psycholinguistischen Forschung werden Versprecher mittels linguistischer Beschreibungskriterien klassifiziert und bestimmten Subkomponenten des Sprachbzw. Prozessorsystems zugeordnet. Entscheidende Impulse für solche Fehleranalysen gaben die Arbeiten von Fromkin (1971 und 1973), in denen <?page no="222"?> 222 Sprachproduktion Versprecherdaten als Evidenz für die psychologische Realität der in der Systemlinguistik postulierten Grammatikkomponenten (die bei Fromkin in direkter Korrespondenz mit den Prozesskomponenten stehen) ausgewertet werden. Die folgenden Beispiele für Versprechertypen sind Meringer/ Mayer (1895), Garrett (1984), Leuninger (1986 und 1987) und Wiese (1987) entnommen: (6) Wortvertauschungen (a) wo ist die Welt, die eine Brust in sich erschuf wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf (b) why was that horn blowing his train why was that train blowing his horn (c) ich habe an diesem Termin einen Geburtstag ich habe an diesem Geburtstag einen Termin (d) you’re not allowed to put use to knowledge you’re not allowed to put knowledge to use (7) Lautvertauschungen (a) Nomat Monat (b) spictly streaking strictly speaking (c) Erdquerpark Erdbeerquark (8) Stammvertauschungen (Stranding) (a) they are turking talkish talking Turkish (b) unser stirbchen bäumt Bäumchen stirbt (9) Wortersetzungen (a) sympathy symphony (b) sammelst’e immer noch Verbrecher Versprecher (c) wir waren Pilze fangen sammeln (d) a slip which considered consisted (10) Kontaminationen (a) da weiß man natürlich ne Messe Menge/ Masse (b) ein Fasten Bier Kasten/ Fass (c) Sinfonaten Sinfonien/ Sonaten (d) schlemm schlimm/ schlecht Wie man anhand der vorliegenden Beispiele sehen kann, unterliegen Versprecher generell einer gewissen Systematik. Versprecher sind keine willkürlichen Fehlleistungen, sondern weisen Regelhaf- <?page no="223"?> 223 Fehleranalyse tigkeiten auf: Die Einheiten, die ersetzt werden, stehen in formalen oder semantischen Relationen. Ein dominanter versprecherbeeinflussender Faktor ist also die formale oder inhaltliche Ähnlichkeit zwischen den involvierten Elementen. Arbiträre Ersetzungen kommen so gut wie nie vor. Dass semantisch ähnliche Einheiten verwechselt werden, ist intuitiv einleuchtend. Substitutionen, die auf formaler Ähnlichkeit beruhen, sind erklärbar, wenn man einen von der Bedeutung unabhängigen Zugriff zu einem Inventar von Formen annimmt (s. Garrett 1982). Das Vorkommen dieser Versprechertypen unterstützt die Annahme, dass das mentale Lexikon zwei Speicher enthält, wobei der eine nach formalen und der andere nach inhaltlichen Kriterien organisiert ist. Levelt (1989: 87) nimmt an, dass ein Lexikoneintrag zwei Einheiten umfasst: ein Lemma, das die semantischen und syntaktischen Eigenschaften des jeweiligen Wortes speichert, und eine Formadresse, die morphologische und phonologische Informationen spezifiziert. Die Verbindung zwischen Lemma und Form wird durch einen »lexical pointer« hergestellt. Das Tip-of-the-Tongue- Phänomen (also das Auf-der-Zunge-Liegen) ist Evidenz dafür, dass inhaltliche und lautliche Repräsentation getrennt aktiviert werden können: Manchmal haben wir das Lemma präsent, können aber die zugehörige Lautgestalt nicht finden. Offensichtlich wird im normalen Produktionsprozess zunächst ein Lemma aktiviert, erst danach folgt auf einer anderen Stufe die Aktivierung der lautlichen Repräsentation. Denkbar ist aber auch die simultane Aktivierung von Lemma und Formeinheit (vgl. Aitchison 2003). Versprecher entstehen, wenn von zwei formal oder inhaltlich verwandten Elementen das nicht-intendierte fälschlicherweise realisiert wird. Versprecher fungieren hier also als Fenster zur mentalen Repräsentation im LZG. Bei Wortvertauschungen und -ersetzungen sind immer Wörter der gleichen syntaktischen Kategorie involviert. Diese Eigenart liefert einen Anhaltspunkt für die zeitliche Abfolge der Produktion: Es gibt offensichtlich eine Stufe im Produktionsprozess, auf der syntaktisch-semantische Strukturen erzeugt werden, die konkrete lexikalische Auswahl aber noch nicht stattgefunden hat. Zur Vertauschung kommt es, wenn die Leerstellen der Struktur mit Lexikoneinheiten gefüllt werden. Es <?page no="224"?> 224 Sprachproduktion werden zudem immer Einheiten produziert, die morphologisch wohlgeformt sind, also nach Wortbildungsregeln mögliche Wörter darstellen. Affixe werden nie durch Wortstämme oder Stämme durch Flexionssuffixe ersetzt (vgl. mögten könnten; Wiese 1987: 48). Auch Verschmelzungen sind stets wohlgeformte Wörter, bleiben also im Rahmen morpho-phonologischer Regeln. Zudem hat die neue Einheit ebenso viele Silben wie eine der Ausgangsformen. *Sinten oder *Sinfoninaten sind bei Verschmelzungen nicht zu beobachten (Wiese 1987: 51). Kontaminationen sind das Ergebnis von zwei miteinander konkurrierenden Formulierungsplänen. Den Punkt des Übergangs von einer geplanten und zum Teil schon ausformulierten Einheit zu einer anderen Einheit nennt Wiese Transfer: (11) schle cht schli mm Auch Phrasenkontaminationen verlaufen regelhaft: Sie sind nur dann möglich, wenn zwei Wörter der gleichen syntaktischen Kategorie involviert sind (Wiese 1987: 51): (12) mir fiel es am Anfang etwas schwierig schwer fallen/ schwierig finden Wie bereits erwähnt, lassen sich nicht alle Versprecher so eindeutig bestimmten Fehlertypen zuordnen und kausal erklären. Bei Wortersetzungen bleibt oft unklar, für welches Wort fälschlicherweise ein anderes eingefügt worden ist. Nur bei Selbstkorrekturen ist ablesbar, was der Sprecher eigentlich sagen wollte. (13) Ich will die Seife - ich meine das Shampoo. Wir verfügen über eine Art Überwachungsinstanz, die artikulatorische oder semantische Versprecher korrigiert, während wir uns noch im Sprachproduktionsprozess befinden (s. Levelt 1983 und 1989). Selbstkorrekturen treten auf, wenn Sprecher in ihren Äußerungen einen Fehler gemacht haben und diesen durch Einschub der intendierten Einheit korrigieren (indem sie vorher den Produktionsprozess mit einer gefüllten Pause unterbrechen). Offensichtlich unterliegen auch diese Selbstkorrekturen bestimmten Regeln: Sie richten sich nach Koordinationsmöglichkeiten syntaktischer Strukturen. <?page no="225"?> 225 Fehleranalyse (14) Did you go right, uh go left? (15) *Did you go right, uh you go left? Fehlleistungen werden durch die Regeln des Grammatiksystems signifikant eingeschränkt. Lässt sich daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass der Produktionsprozessor entscheidend durch die Grammatik beeinflusst wird? Für Garrett (1982 und 1984) besteht eine solche Beziehung zwischen Sprachverarbeitungssystem und Grammatik: »This is a strong and potentially extendible claim about the relation between grammars and processors - namely, that the gross architecture of the processor reflects that of the grammar.« (Garrett 1982: 187) Diese theoretische Annahme ist präzise genug, um explanatorisch starke (also falsifizierbare) Hypothesen zuzulassen. Garrett hat auf der Basis einer systematischen Auswertung von Sprechfehlern ein Sprachproduktionsmodell erstellt, das mehrere voneinander unabhängige Prozessebenen enthält. Jede Repräsentationsebene korrespondiert im On-line-Prozess mit einer autonomen Subkomponente des Prozessors. Die Interaktion zwischen den Subkomponenten ist festgelegt: Die Verarbeitung läuft strikt topdown ab, d.h. die Komponenten kommunizieren nicht miteinander. Garrett unterscheidet drei Prozessebenen: Auf der funktionalen Ebene werden die lexikalischen Bedeutungen abgerufen und ihre grammatischen Beziehungen zueinander festgelegt, auf der positionalen Ebene wird der syntaktische Rahmen mit seinen grammatischen Elementen konstruiert. Hier werden nun die phonologisch spezifizierten Lexikoneinheiten eingesetzt. Auf der Lautebene schließlich werden die phonetischen Details der lexikalischen und grammatischen Einheiten spezifiziert. Die empirische Grundlage für die Postulierung dieser Verarbeitungsstufen liegt in den unterschiedlichen Versprechereigenschaften, die sich bei bestimmten Fehlertypen zeigen. Wortvertauschungen treten mit Wörtern derselben syntaktischen Kategorie auf. Die Wörter brauchen sich phonologisch nicht ähnlich zu sein. Dagegen können Lautvertauschungen auch Laute von Wörtern involvieren, die unterschiedlichen syntaktischen Katego- <?page no="226"?> 226 Sprachproduktion rien angehören. Bei Wortsubstitutionen zeigt sich eine Dissoziation von inhaltlichen und formalen Relationen: Wenn die involvierten Wörter sich formal ähnlich sind, zeigen sie fast nie eine semantische Ähnlichkeit (und umgekehrt). Vertauschungen involvieren Elemente der offenen Klasse, kaum jedoch Einheiten der geschlossenen Klasse. Lautvertauschungen und Stranding treten phrasenimmanent auf, Wortvertauschungen auch phrasentranszendent. Garrett lokalisiert diese Fehlertypen an unterschiedlichen Punkten im Produktionsprozess, ordnet sie also bestimmten Prozessebenen zu. Auf der funktionalen Ebene finden die semantisch bedingten Wortersetzungen und Wortvertauschungen statt. Auf der positionalen Ebene geschehen Lautvertauschungen und Stranding. Das vorliegende Schema zeigt Garretts Produktionsmodell global im Überblick: Mitteilung M 1 , M 2 ... M n ↓ ↓ Funktionale Ebene der Repräsentation ↓ ↓ Positionale Ebene der Repräsentation ↓ ↓ Lautebene der Repräsentation ↓ ↓ Instruktion an den Artikulator ↓ ↓ Artikulationssystem ↓ ↓ Satzäußerung Abb. 11 <?page no="227"?> 227 Fehleranalyse Als Evidenz für die von Garrett postulierten Ebenen lassen sich auch Daten aus der Aphasieforschung vorlegen: In der Neurolinguistik nimmt man mindestens drei Stufen bei der mündlichen Sprachproduktion an: die Aktivierung der Wortbedeutungen, die Aktivierung der Wortformen und die Aktivierung der phonologischen Segmente (s. Blanken 1988a: 88). Dabei werden die Symptome der semantischen Paraphasie, des phonematischen Neologismus und der phonematischen Paraphasie als pathologische Korrelate dieser Stufen gesehen. Daten aus der Pathologie rechtfertigen auch die Trennung von Konzeptualisierungsebene (bei Garrett der Message Level) und Verbalisierungsebene. Konzeptuelle Planungsprozesse und sprachliche Formulierungsprozesse können dissoziiert sein. Offensichtlich sind die Defizite bei Dementen mit Alzheimer und bei Wernicke-Aphasikern auf zwei unterschiedlichen Stufen der Sprachproduktion lokalisiert (s. Blanken 1988). Während bei Demenz die konzeptuelle Planungsebene gestört ist (wobei die Formulierungsprozesse weitgehend intakt sind), sind Wernicke- Aphasiker auf der sprachlichen Prozessebene geschädigt (wobei konzeptuelle und pragmatische Planungsprozesse verschont sind). Dass das grammatische Kenntnissystem den Sprachproduktionsprozess determiniert, ist wohl unumstritten. Unklar ist aber, ob der Prozessor tatsächlich autonom und strikt seriell arbeitet. Die Annahme von Parallelität auf einer Prozessebene (d.h. die gleichzeitige Aktivierung mehrerer Elemente auf einer Repräsentationsstufe) ist ohnehin unvermeidlich: Die Interaktion zweier Elemente in bestimmten Versprechern (Verschmelzungen und Substitutionen) wäre sonst gar nicht zu erklären. Inwieweit die verschiedenen Ebenen untereinander interagieren können, ist damit aber nicht geklärt. Strikte Serialität scheint unseren Produktionsmechanismen nicht gerecht zu werden. Dell/ Reich (1981) und Dell (1986) gehen davon aus, dass eine Reihe von Sprechfehlern die Interaktion zwischen funktionaler und positionaler Ebene involvieren. Sie haben bei ihren Untersuchungen von Kontaminationen, Wortersetzungen und Lautvertauschungen festgestellt, dass Wörter, die in Versprechern auftreten, sehr oft sowohl semantische als auch phonologische Ähnlichkeit aufweisen. Dies spricht dafür, dass semantische und phonologische <?page no="228"?> 228 Sprachproduktion Faktoren gemeinsam das Zustandekommen dieser Versprecher bewirken können. Mit der strikt seriellen Ebenen-Theorie der Sprachproduktion sind diese Daten nicht vereinbar. Dell/ Reich (1981) haben deshalb ein Modell vorgeschlagen, in dem ein paralleler Informationsfluss von oben nach unten und von unten nach oben stattfindet. Mittlerweile häufen sich Befunde, die für interaktive Relationen zwischen den einzelnen Ebenen sprechen (s. Berg 1988). Als Alternative zum seriellen Sprachproduktionsmodell mit autonomen Komponenten ist eine Netzwerkmodellierung der Sprachproduktion vorgeschlagen worden (s. Stemberger 1985, Dittmann 1988, Schade 1999). In diesen Modellen stehen die Einheiten der jeweiligen Verarbeitungskomponenten in interaktiven Beziehungen zueinander und können somit Informationen voneinander abrufen (d.h. es können auch Feed-back-Prozesse ablaufen). Die Einheiten weisen charakteristische Aktivationswerte auf. So werden oft benutzte Wörter schneller aktiviert als weniger frequente Einheiten. Wird eine Einheit aktiviert, breitet sich die Aktivierung im Netzwerk in alle Richtungen aus. Dadurch werden beispielsweise auf der Ebene der konzeptuellen Planung viele Einheiten aktiviert, die keine Zieleinheiten der Sprachproduktion darstellen. Dieser Informationsfluss ist wie eine Art »Rauschen« im Verarbeitungssystem und kann das Vorkommen von Versprechern bewirken. Eine der mitaktivierten Einheiten kann dann fälschlicherweise aktualisiert werden, wenn der für den Abruf notwendige Aktivationsschwellenwert erreicht wird. Durch die Annahme einer bidirektionalen Aktivierungsausbreitung kann erklärt werden, wieso am Zustandekommen von Versprechern zwei Komponenten (z.B. Phonologie und Semantik) beteiligt sein können, da hier ein Feed-back von niedrigeren zu höheren Komponenten möglich ist (s. Dell 1986). Netzwerkmodelle stellen eine attraktive Alternative zu den seriellen Ebenenmodellen der Sprachproduktion dar, weil sie mit ihren Verarbeitungsprinzipien funktionale und strukturelle Aspekte aufgreifen, die wir aus der Neurobiologie kennen, und damit eine Brücke zwischen mentaler und neuronaler Ebene schlagen (vgl. Stemberger 1985, Dittmann 1988, Schade 1999, Martin et al. 2002). Beim gegenwärtigen Forschungsstand lässt <?page no="229"?> 229 Neurolinguistische Evidenzen sich aber nicht eindeutig angeben, ob die Netzwerkmodelle die mentale Architektur des Sprachproduktionssystems adäquater erklären als die seriellen Komponentenmodelle. 6.4 Neurolinguistische Evidenzen Hinsichtlich der Frage, wie wir beim Sprachproduktionsprozess Einheiten unseres Gedächtnisses aktivieren und abrufen, erhofft man sich zunehmend Aufschluss aus Untersuchungen mit Aphasikern, die Benennungsstörungen (Anomien) aufweisen. Die Kognitive Neurolinguistik geht dabei von der Annahme aus, dass man aus den Störungen mentaler Prozesse Aufschluss über die funktionelle Struktur des Gesamtsystems erhalten kann. Diese Position impliziert, dass bei einer spezifischen Störung im Gesamtsystem die intakten Prozesskomponenten trotz des Ausfalls einer Komponente ähnlich arbeiten wie im normalen Zustand und uns somit über funktionelle Dissoziationen Einblick in die wechselseitigen Zusammenhänge geben. Im normalen Zustand kooperieren die Prozesskomponenten und stellen sich dem Beobachter nur als Ganzheit dar. Durch selektive Ausfälle aber wird die funktionale Architektur des Sprachproduktionsapparates quasi aufgedeckt. Dass mit diesem Ansatz methodische Schwierigkeiten verbunden sind, wurde bereits in Kapitel 3 erwähnt. Welche Evidenzen liefert uns die Aphasieforschung für die kognitive und/ oder neuronale Existenz der in den linguistischen und psycholinguistischen Modellen postulierten Verarbeitungskomponenten? Dass die konzeptuelle Planungsebene relativ unabhängig von den sprachlichen Formulierungsebenen zu sein scheint, wird durch die bereits erwähnten Dissoziationen zwischen den mentalen Fähigkeiten bei Dementen und Aphasikern belegt. Eine doppelte Dissoziation lässt sich auch für Wortfindung und Syntax finden. Manche Patienten mit Wortfindungsstörungen weisen eine korrekte Syntax auf, während agrammatische Patienten einzelne Wörter korrekt abrufen können (s. Caramazza/ Berndt 1978, Berndt 2007). Offensichtlich handelt es sich also auch hier um zwei selektiv störbare Module des Sprachproduk- <?page no="230"?> 230 Sprachproduktion tionssystems. Für eine Trennung von phonologischer Komponente und artikulatorischer Komponente sprechen die Funktionsstörungen bei flüssigen und unflüssigen Aphasien. So werden die phonematischen Paraphasien von Patienten mit flüssigen Aphasien einer Beeinträchtigung der Selektion und Sequenzierung von phonologischen Einheiten zugeschrieben, während die artikulatorischen Defizite von Broca-Aphasikern oder Patienten mit einer Sprachapraxie auf eine Störung im sprechmotorischen Programm zurückgeführt werden. Benennungsdefizite basieren auf phonologischen und/ oder semantischen Störungen (vgl. Hillis 2007). Bei der Jargon-Aphasie sind die produzierten Wörter phonologisch verzerrt, zum Teil entstehen Neubildungen (Neologismen), die auch die morphologische Struktur der Wörter betreffen. Das Verständnis für Bilder und geschriebene Wörter ist jedoch weitgehend in Ordnung. Neologismen treten besonders bei weniger gebräuchlichen Wörtern auf. Die Patienten haben offensichtlich Probleme beim Abruf und bei der Verknüpfung von Phonemen. Hinsichtlich der Frage nach der Ursache aphasischer Wortfindungsbzw. Benennungsstörungen im semantischen Bereich gibt es divergente Erklärungen. Nach der Hypothese der Zugangsstörung basieren die Schwierigkeiten auf einer Störung des prozessualen Abrufs der lexikalischen Einheiten, während die Organisation des lexikalischen Speichers intakt ist. Der Strukturhypothese zufolge jedoch sind die Fehlleistungen das Resultat einer Störung des lexikalisch-semantischen Systems. Man sollte diese beiden Ansätze m.E. nicht als sich gegenseitig ausschließende Erklärungen ansehen. Bei der Vielfalt und Individualität der aphasischen Auftretensweisen kann die eine oder die andere Störung vorliegen, oder beide Formen können zusammen auftreten (s. hierzu auch die Studien von Edmonds/ Kira 2006 und Kiran/ Thompson 2007). Patienten mit Anomien, die auf ein gestörtes semantisches System zurückzuführen sind, weisen nicht nur Benennungsdefizite auf, sondern zeigen auch bei Verständnisaufgaben, die bestimmte semantische Kenntnisse voraussetzen, schwache Leistungen. Manchmal kommen Dissoziationen innerhalb des semantischen Wissens vor. Dann haben Patienten nur bei ganz bestimmten semantischen Kategorien (z.B. bei Bildern <?page no="231"?> 231 Neurolinguistische Evidenzen von leblosen Objekten) Benennungs- und Verständnisschwierigkeiten (s. Warrington/ Shallice 1984). Anscheinend ist hier das semantische Kenntnissystem partiell gestört. Es deuten aber auch eine Reihe von Befunden darauf hin, dass bei einigen Patienten das mentale Kenntnissystem intakt und nur der Zugang dazu gestört ist. Diese Patienten können die Wörter, die sie nicht produzieren können, gut verstehen. Dass Aphasiker mit Benennungsdefiziten bei Tests Priming-Effekte zeigen (die auf eine semantische Aktivierungsausbreitung im LZG zurückzuführen sind), spricht auch für diese Annahme (s. Milberg/ Blumstein 1981). Die Geschwindigkeit, mit der manche Patienten ihre Anomien überwinden, deutet ebenfalls darauf hin, dass das Wortwissen nicht neu gelernt, sondern nur wieder zugänglich wird (s. Ellis/ Young 1990). Offensichtlich gibt es unterschiedliche prozedurale Routen oder Pfade, über die Wörter im LZG abgerufen werden können. Hierfür sprechen auch die vielen modalitätsspezifischen Störungen und die Ergebnisse von Deblockierungstests (s. Weigl 1980, Shallice 1988, Kelter et al. 1989, Hillis 2007). So können Patienten mit semantisch-amnestischer Aphasie Wörter verstehen und aussprechen, oft aber nicht die Lautstrukturen von Wörtern finden, die jeweils bestimmte Referenzobjekte bezeichnen. Der Zugang zu den blockierten Lautstrukturen muss demnach über einen anderen Pfad freigelegt, d.h. deblockiert werden. Der Wortzugriff kann in allen Modalitäten gestört sein oder nur einzelne Verarbeitungsmodalitäten betreffen. So gibt es beispielweise optische Anomien, bei denen die Patienten die dargebotenen Referenzobjekte perzeptuell erkennen, aber nicht benennen können. Berühren sie das Objekt, können sie den Namen aussprechen (Shallice 1988). Die Benennungsleistungen von Aphasikern hängen auch (wie beim normalen Sprecher) entscheidend von bestimmten Eigenschaften der Wörter, die produziert werden sollen, ab. Frequenz, Länge, Silbenzahl und semantische Charakteristika eines Wortes spielen eine wichtige Rolle bei der Aktivierung im Produktionsprozess. Dies spricht dafür, dass die repräsentationalen Aspekte des Kenntnissystems Einfluss auf die Verarbeitung nehmen. Zudem haben sich der situative Kontext und die Aufgabenstellung <?page no="232"?> 232 Sprachproduktion als relevante Faktoren bei der Objektreferenz erwiesen (s. Kelter 1990, Höhle 1995, Edmonds/ Kiran 2006). So berichtet beispielsweise Stachowiak (1982) von einem Patienten, der das Wort Soldat im freien Diskurs äußern kann, während ihm dies bei spezifischen Bildbenennungstests nicht möglich ist. Ein und dasselbe Wort kann also durch unterschiedliche Mechanismen aktiviert werden. Von erheblicher Relevanz für die Kognitive Linguistik ist dabei auch die Frage, ob Sprachproduktion und Sprachrezeption von den gleichen Mechanismen determiniert werden. Aus der Aphasiologie ist belegt, dass die Leistungen der Probanden bei Produktions- und Rezeptionstests in hohem Maße miteinander korrelieren können (s. Kelter 1990: 71). Dass es weitgehend dieselben Wörter sind, die ein Aphasiker nicht verstehen und nicht produzieren kann, ist aber noch kein Beleg für eine Übereinstimmung von Produktions- und Rezeptionsmechanismus, sondern lässt sich auch als Folge einer Störung des mentalen Lexikons erklären. Es bedarf noch intensiver Untersuchungen, um die Frage zu beantworten, ob und inwieweit Sprachproduktion und -rezeption gleichen Prinzipien folgen. Ein wichtiges Anliegen der Kognitiven Linguistik ist es dabei, verstärkt Ergebnisse aus den unterschiedlichen Forschungsbereichen von Neuro- und Kognitionswissenschaft zu integrieren (vgl. hierzu auch Blanken/ Dittmann/ Wallesch 1988, Müller/ Rickheit 2004, Peng 2005). Die Analyse pathologischer Sprachproduktionsprozesse liefert uns Daten, die für das Verständnis des normalen Produktionsvorgangs von entscheidender Bedeutung sein können, auch wenn keine vergleichbaren Daten bei Gesunden vorzufinden sind (s. Berndt 2007). Die übergeordnete Zielstellung sollte jedoch darin bestehen, die Befunde der pathologischen Ausfallerscheinungen in ein umfassendes Modell der normalen Sprachverarbeitung einzuordnen. 6.5 Konzeptualisierung und Perspektivierung: Ein anwendungsorientierter Ausblick Die Kognitive Linguistik greift gemäß ihrer interdisziplinären Ausrichtung auf die Ergebnisse der psycholinguistischen und <?page no="233"?> 233 Konzeptualisierung und Perspektivierung sprachpsychologischen Forschung zurück, um dem Kriterium der kognitiven Plausibilität bei der Modell- und Theoriebildung gerecht zu werden. Von besonderem Interesse ist vor allem der Zusammenhang von Konzeptualisierung und Verbalisierung. Entsprechend sind Analysen relevant, die versuchen, Sprachproduktionsdaten (als Spuren der kognitiven Aktivität der Benutzer) so zu erklären, dass sie Aufschluss über die Interaktion sprachlicher und konzeptueller Kompetenz geben. Dabei wird das Augenmerk zunehmend auf schriftsprachlich fixierte Texte gelegt: Diese werden hinsichtlich ihrer Referenz und Informationsstrukturierung mit dem Ziel untersucht, die Konzeptualisierungsstrukturen der Sprachproduzenten zu rekonstruieren (s. z.B. Schwarz-Friesel/ Braune 2007). Die Frage, wie konzeptuelle Repräsentationen im Prozess der Sprachproduktion konstituiert und verbalisiert werden, wird erst in der letzten Zeit stärker berücksichtigt (vgl. z.B. Nuyts/ Pederson 1997, Verhagen 2005, Schwarz-Friesel 2007b: 125ff.). Die Bedeutungskonstitution wurde bislang vor allem aus rezeptionsorientierter Perspektive betrachtet (s. Kap. 2.5). Aus Sprachproduktionssicht ist einerseits zu fragen, wie permanente Konzeptualisierungen die Wahl bestimmter lexikalischer Einheiten bestimmen (z.B. bei rassistischen, fremdenfeindlichen Texten, aber auch im Alltagsdiskurs) und anderseits, wie aktuelle Konzeptualisierungen durch Kontexteffekte gebildet werden und dann die Verbalisierung beeinflussen. Anwendungsorientiert kann das beispielsweise heißen, dass kognitionslinguistische Textanalysen politische, massenmediale und persuasive Texte u.a. dahingehend analysieren, die Intention ihrer Verfasser (sowie das Persuasionspotential in Bezug auf die Rezipienten) transparent zu machen. Zudem ist die Erklärung spezifischer Phänomene wichtig: So stellt sich die Frage, wie konzeptuelle und kontextuelle Faktoren interagieren, wenn der Produzent fragmentarische Äußerungen produziert (s. zur referenziellen Unterspezifikation und dem Prozess der Elaboration aus Rezipientensicht Kap. 5.) oder Inhalte über Implikaturen vermittelt (vgl. hierzu Levinson 2000 und Meibauer 2006). Der Sprachproduzent muss antizipieren, dass der Rezipient die fehlenden Informationen mühelos rekonstruie- <?page no="234"?> 234 Sprachproduktion ren kann. Nur so ist gewährleistet, dass Verständlichkeit und eventuell Persuasionseffekte eintreten können. Dies ist nicht nur in der Alltagssprache der Fall. Der antisemitische und rassistische Diskurs etwa zeichnet sich dadurch aus, dass Vorurteile und Diffamierungen oft implizit ausgedrückt werden (s. Schwarz- Friesel 2007b: 347ff.). Die Antizipation des Rezipientenwissens ist ein entscheidender, bislang noch nicht hinreichend erforschter Einflussfaktor bei der Erklärung des Zusammenspiels konzeptueller, emotionaler, sprachlicher und situativer Faktoren bei der Sprachproduktion. Hinsichtlich der inkrementellen Verarbeitung ist zu untersuchen, wann und wie kontextuelle Effekte den Konzeptualisierungs- und Verbalisierungsprozess beeinflussen. Bei der Sprachproduktion wird in der Konzeptualisierungsphase eine konzeptuelle Struktur fokussiert, die dann den Abruf kontextuell angemessener Wörter steuert. Was als kontextuell angemessen bewertet wird, hängt von der Produzentenintention und auch seiner allgemeinen Einstellung ab. So wird z.B. in einem fremdenfeindlichen Text die Bezeichnung Parasit für ausländische Mitbürger als angemessen erachtet, da die emotionale Einstellung und grundlegende Konzeptualisierung hinsichtlich dieser Referentengruppe von Hass, Abwehr und der Intention der Diskriminierung geprägt sind (s. Schwarz-Friesel 2007b: Kap.11). Hier spielt vor allem das Phänomen der Perspektivierung eine wichtige Rolle (s. Klein/ von Stutterheim 2007, von Stutterheim/ Carroll 2007, Schwarz-Friesel 2007b: 212ff.). Eine perspektivierte Verbalisierung fokussiert bestimmte Aspekte eines referenziellen Sachverhalts (mittels lexikalischer und informationsstruktureller Mittel), d.h. Objekte und/ oder Sachverhalte werden aus einem spezifischen Blickwinkel kodiert: Dieselbe Person kann beispielsweise (je nach situativem Ereignis bzw. konzeptuell gespeicherter Einstellung) als Junge, Lümmel, Frechdachs oder Rüpel bezeichnet werden, dasselbe Objekt als Buch, Schmöker, Schmonzette oder Schwarte. Durch das gewählte Lexem erhält der Referent eine bestimmte Bewertung (die das Resultat einer permanent repräsentierten Konzeptualisierung oder einer aktuellen, situativ beeinflussten Einstellung sein kann; zu Typen von Einstellungen s. Schwarz-Friesel 2007b). Entsprechend kann der Produzent <?page no="235"?> 235 Konzeptualisierung und Perspektivierung dasselbe außersprachliche Ereignis z.B. als Schlagzeilentext durch (16), (17), (18) oder (19) verbalisieren und damit jeweils etwas anders darstellen: (16) Erneuter israelischer Raketenangriff auf Gaza-Stadt. (17) Palästinensischer Anschlag: Israel reagiert mit Beschuss auf Hamasquartier in Gaza. (18) Vergeltungsschlag Israels: Bomben auf Gaza. (19) Kassamraketen der radikalen Hamas lösen militärischen Gegenschlag aus. Durch die Anordnung sprachlicher Informationseinheiten werden bestimmte Aspekte in den Vordergrund gerückt, andere durch Nicht-Erwähnung komplett ausgeblendet: Je nach Verbalisierung entsteht so eine einseitig perspektivierte Berichterstattung mit einem nicht unerheblichen persuasiven und emotionalen Potential. Kognitionslinguistische Textanalysen können einerseits helfen, das persuasive Potential solcher Texte transparent zu machen und andererseits dazu beitragen, die Konzeptualisierungsmuster der Textproduzenten kritisch zu reflektieren. Die Rekonstruktion und Erklärung von sprachlicher Perspektivierung ist damit letztlich auch ein Weg, einerseits das grundlegende Verhältnis von Denken und Sprache und andererseits die Interaktion kommunikativer Strategien und kognitiver Prozesse besser verstehen zu können. 6.6 Zusammenfassung Der Sprachproduktionsprozess involviert eine Reihe von unterschiedlichen Kenntnissystemen und läuft auf mehreren Verarbeitungsebenen inkrementell ab. Konzeptualisierungs-, Formulierungs- und Artikulationsebene stellen dabei die grundlegenden Ebenen dar, die jedes Sprachproduktionsmodell berücksichtigen muss. Wenn wir einen Gedanken verbalisieren und artikulieren, greifen wir auf alle Komponenten des sprachlichen Kenntnissystems zurück. Die Frage, ob die Komponenten während des Prozesses weitgehend autonom operieren oder aber kontinuierlich <?page no="236"?> 236 Sprachproduktion interagieren, kann beim gegenwärtigen Forschungsstand nicht eindeutig beantwortet werden. Die Sprachproduktionsforschung bezieht ihre Daten primär aus drei Bereichen: der kommunikationsorientierten Sprachpsychologie, der Versprecheranalyse und der Aphasiologie. Evidenzen aus der Versprecher- und Aphasieforschung deuten auf dissoziierbare Verarbeitungskomponenten hin. Offensichtlich können einzelne Komponenten selektiv gestört sein, während andere weitgehend normal weiterarbeiten. Bei der Aktivierung und dem Abruf von Wörtern können Störungen auf vielen verschiedenen Ebenen auftreten. Benennungsprobleme können das Resultat semantischer und/ oder phonologischer Beeinträchtigungen sein. Dabei kann das spezifische Subsystem der Sprache selbst gestört sein, manchmal ist jedoch nur der Realisierungsmechanismus blockiert und das Kenntnissystem intakt. Die Kognitive Linguistik greift auf Daten der empirischen Sprachproduktionsforschung zurück, um kognitiv plausible Erklärungen zur Interaktion von sprachlichem, konzeptuellem und situativem Wissen beim Prozess der Verbalisierung geben zu können. In der letzten Zeit wird die Ebene der Konzeptualisierung stärker berücksichtigt. 6.7 Weiterführende Literatur Komprimiert werden Ergebnisse, Theorien und Modelle der neueren Sprachproduktionsforschung in Dietrich (2002), Herrmann (2002) und Grabowski (2006) vorgestellt. Eine allgemeine Einführung bietet Pechmann (1994), einen Überblick über die experimentellen Methoden Pechmann (2003). Methodische Probleme erörtert Schriefers (2003). Nach wie vor lesenswert ist der Klassiker von Levelt (1989). Psychologische Aspekte der Sprachproduktion werden ausführlich von Herrmann/ Grabowski (1994) und in Herrmann/ Grabowski (2003) dargestellt. Im Handbuch der Psychologie von Funke/ Frensch (2006) sind ebenfalls einige Überblicksartikel zu diesem und verwandten Themen zu finden. In Pechmann/ Habel (2004) finden sich Artikel zu unterschiedlichen Phänomenen der Sprachproduktion. In der Sektion III des Psycholinguistik-Handbuchs (Rickheit et al. 2003) informieren <?page no="237"?> 237 Weiterführende Literatur die Überblicksartikel zu Versprechern, syntaktischen und prosodischen Phänomenen, lexikalischem Zugriff sowie situiertem Sprechen; Grabowski (2003) beschäftigt sich mit Aspekten der schriftlichen Sprachproduktion. Zu sprachpsychologischen Aspekten der Sprachproduktion s. Müsseler/ Prinz (2002). Aktuelle Artikel sind auch bei Traxler/ Gernsbacher (2006) in Sektion 1 und bei Gaskell (2007) in Sektion IV zu finden. Die Artikel in der Sonderausgabe von LILI 2007 beschäftigen sich mit dem Phänomen der Perspektivierung (s. hierzu den grundlegenden Aufsatz von Klein 2007). Schwarz-Friesel (2007b: 222ff.) zeigt Strategien der perspektivierten Konfliktberichterstattung in den Massenmedien sowie im rassistischen Diskurs auf. Einen Ausblick auf die zukünftige Forschung gibt Garrett (2007). <?page no="238"?> 7. Ausblick: Die Straße in den Geist »Alle Theorien sind Hypothesen, alle können umgestoßen werden. Das Spiel der Wissenschaft hat grundsätzlich kein Ende. Wer beschließt, die wissenschaftlichen Sätze nicht weiter zu überprüfen, der tritt aus dem Spiel aus.« (Karl Popper) In den vorangegangenen Kapiteln wurden die wichtigsten Aspekte, Fragen und Ergebnisse der Kognitiven Linguistik dargestellt und vor dem Hintergrund der neuen Kognitionsforschung erörtert. Die Kognitive Linguistik ist ein mittlerweile in der Forschung fest etablierter sprachtheoretischer Ansatz, der Sprache als ein geistiges Kenntnis- und Prozessorsystem sieht, das in diversen Wechselwirkungen mit anderen kognitiven Systemen steht. Die Kognitive Linguistik arbeitet also mit einem erweiterten Kompetenzbegriff: Die Sprachfähigkeit des Menschen wird sowohl strukturell (als mentales Kenntnissystem) als auch prozedural (als Verarbeitungssystem) definiert. Die Kognitive Linguistik arbeitet zudem mit einer erweiterten Methodik: Externe Daten werden zum Prüfstein für die neuropsychologische Realität linguistischer Modelle und Theorien. Die Arbeitsweise dieses Forschungsansatzes ist damit eng an die Untersuchungen und Ergebnisse der allgemeinen neurokognitiven Sprachforschung geknüpft. Das übergeordnete Ziel der Kognitiven Linguistik ist es, über spezifische Sprachanalysen gezielt Einblicke in die Struktur und Funktionsweise der menschlichen Kognition zu erhalten. Damit ist dieser Ansatz letztlich eine Straße in den Geist. Die Kognitive Linguistik hat dabei die reine Theorie längst überschritten: Anwendungs- und therapieorientierte sowie gesellschaftlich relevante Themen werden zunehmend mittels kognitionslinguistischer Methoden bearbeitet. Es ist offensichtlich, dass viele der von der Kognitiven Linguistik bearbeiteten Probleme noch nicht oder erst ansatzweise gelöst sind. Alle Fragen, die das Verhältnis zwischen der Repräsentation und der Verarbeitung von Sprache betreffen, bedürfen noch eingehender Forschungs- <?page no="239"?> 239 Die Straße in den Geist arbeit. Explikationsbedürftig ist weiterhin der Zusammenhang zwischen neuronaler und mentaler Ebene. Präziser zu untersuchen bleibt auch, auf welche Weise das sprachliche Kenntnissystem mit anderen Kognitionssystemen sowie dem emotionalen Kenntnis- und Bewertungssystem interagiert. Die interdisziplinäre Vorgehensweise wird dabei zukünftig hoffentlich intensiver verfolgt als bisher, denn Erkenntnisfortschritte werden sich vor allem dort manifestieren, wo eine Zusammenarbeit unterschiedlicher kognitionswissenschaftlicher Bereiche und ein intensiver Austausch von Erkenntnissen stattfindet. <?page no="240"?> 8. Bibliographie Aaronson, D. / S. Ferres, 1984. Reading Strategies for Children and Adults. Some Empirical Evidence. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior 23, 189-220. Abbott, V. / J.B. Black / E.E. Smith, 1985. The Representation of Scripts in Memory. Journal of Memory and Language 24, 179-199. Ach, W., 1921. Über die Begriffsbildung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Adolphs, R., 2003. Physiologie und Anatomie der Emotionen. In: Karnath, H.-O. / P. Thier (eds.), 2003, 569-580. Ahlsén, E., 2006. Introduction to Neurolinguistics. Amsterdam/ Philadelphia: Benjamins. Aitchison, J., 3 2003. Words in the Mind. 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Amnesie 101 Anapher 119, 183, 184, 199f., 203f. Antezedens-NP 188f., 199 Aphasie 92f., 106, 231f. Apraxie 91f. Arbeitsgedächtnis 104, 188f. Artikulation 209 Augenbewegungsanalyse 37, 178 Autonomiehypothese 50, 55, 141f. Basisebene 113 Bedeutung 56, 59f., 106f., 114f., 130 aktuelle 60f., 63, 189 lexikalische 60f., 64, 204, 205, 213 Bedeutungsebenen 61f. Bedeutungserwerb 155f., 166 Bedeutungskonstitution 9, 59f., 66, 189f., 233 Behaviorismus 15, 16, 37, 138f. Benennungsstörung 87, 228 Bewusstsein 32, 39, 47, 98, 132, 162 Bild, mentales 123f., 136 Bootstrapping 165, 179 Bottom-up-Prozess 167, 180, 190 Broca-Aphasie 93f., 95, 230 Chunking 103f. Computationeller Ansatz 23f. Computer 20f., 22 Computermetapher 20f., 22, 38 Cortex 31, 83f., 86f., 130, 151 Daten 17, 44, 46, 133, 139, 236, 238 Deblockierung 106f., 231 Defaults 117, 118 Dekomposition, lexikalische 184 Denken 24, 79, 85, 98, 99, 104, 235 Diskurs 214f. Dissoziation 90, 95, 130, 133, 226, 230 Dualismus 21, 48, 98, 127f. Dysgrammatismus 150 Dysgraphie 97 Dyslexie 96f. Ebenensemantik 62f., 189 EEG 36, 155 Elaboration, konzeptuelle 62, 64, 66, 71, 74, 233 Emergenz 66, 70, 80f. Emotion 38, 39, 127f., 136 Empirismus 137 Entwicklung, kognitive 147f. ERP 36f. Experiment 32f. <?page no="296"?> 296 Sachregister Familienähnlichkeit 110 Fehler 221f. Fehleranalyse 220f. Fokus 189, 214 Formalisierung 53, 54 Fortschritt 10, 58, 98, 239 FoxP2 151 Frames 116, 191 Funktionalismus 21, 22f., 52, 79 Garden-Path-Satz 178f. Gebärdensprache 92, 95, 125, 134, 139, 153 Gedächtnis 18, 99, 100f. Gedächtnismodell 101f., 107 Gedächtnisspanne 103f., 163 Gehirn 20, 22, 26, 211 Gehirnforschung 81, 127, 128f., 150f., 229f. Geist/ Körper-Problem 21, 78, 79f., 98f. Genotyp 150 Gesellschaft für Kognitive Linguistik 57 Grammatik 50f., 55, 225 generative 17, 48, 53, 54, 141 kognitive 54f. Grammatikalität 52 Grammatikerwerb 139, 141f., 147f. Hemisphäre 82f., 85f., 125, 134, 154 Holismus 48, 53f., 145f. Ikonizität 55 Inferenz 34, 65, 73, 183f., 190, 198f. Informationsverarbeitung 22f., 38, 102f., 123, 162f. Inputsystem 29f., 162 Instanziierung 63, 185f. Intelligenz, sensomotorische 147 Interaktion 28, 130, 207, 235 Interdisziplinarität 10, 18, 42, 75, 232, 239 Introspektion 47 Kapazität 47, 103, 163 Kategorie 109, 111 Kategorisierung 54, 68, 109f., 129, 203 Kenntnissystem 17, 28, 38, 42, 43, 50f., 131f. Klick-Experiment 175f. Kognition 15f., 19f., 40, 130f. Kognitionshypothese 148f. Kognitionspsychologie 16f., 148 Kognitionswissenschaft 17f., 20f., 38, 39, 98, 127 Kognitivismus 145f. Kohärenz 193f., 195, 196f., 198 Kommunikation 215f. Kompetenz 17, 43, 51 prozedurale 43f., 53, 65, 75, 165, 181 Komplexanapher 9, 199f. Konnektionismus 24f. Konstituente 175f. Konstruktivismus 211 Kontextuelle Faktoren 61f., 63, 70, 168, 186f. Konzept 62, 69, 108f., 114f., 134 Konzepterwerb 110, 113 Konzeptualisierung 54, 55, 67, 114, 131, 208f. Koreferenz 193f., 199 Körpergebundenheit 56 Kotext 60, 66, 202, 205 Künstliche Intelligenz 17, 19, 39, 128 Kurzzeitgedächtnis 102f., 104, 126, 167, 188f. <?page no="297"?> 297 Sachregister Langzeitgedächtnis 34, 103f., 104f., 109, 231 Lateralisation 85f., 153f. Lautvertauschung 226, 227 Lernbarkeit 45 Lernmechanismus 140, 144 Lexikon, mentales 59, 105f., 129, 134, 155, 223f., 232 Lexikoneintrag 130, 155f., 171 Merkmal, semantisches 64, 69, 106, 156, 158 Metakognitionsforschung 163f. Metapher 9, 56, 66f., 77 Metonymie 56, 77 Modell autonomes 169f., 207 interaktives 172f., 207 mentales 65, 69, 195f., 197 Modul 27, 29, 48, 50, 106, 170, 229 Modularität 26f., 28f., 39, 130, 141 Morphologie 28, 50 Nativismus 56, 137f. Neologismen 94, 230 Neuron 87f., 99, 133, 151f. Neurophysiologie 21, 24, 153 Neurowissenschaft 18, 19, 22, 38, 44, 81, 128 Netzwerk 25, 87, 89, 131, 228f. Netzwerkmodell 106, 228f. Objektbenennung 216f. On-line 33, 63, 186, 194, 225 Off-line 33, 175f., 181 Ontogenese 30, 125, 137f., 147f. Parameter 142f., 144f. Paraphasie 94, 227, 330 Parser 164, 176, 179 Patiens 164, 165, 180 Pausen 209f., 224 Performanz 17, 40, 43, 51 Perspektivierung 9, 232, 233f., 237 PET 36 Phase, kritische 153, 166 Philosophie 15, 19, 128 Phonologie 28, 50, 92, 105, 170, 210, 228 Physikalismus 79f. Plausibilität 45, 233 Potential, persuasives 233, 235 Pragmatik 55, 61 Priming 35, 129, 231 Problemlösungsprozess 29, 129, 171 Pronomina 202, 214f. Proposition 68, 70, 132, 180f., 193f., 201 Prototyp 62, 77, 112f. Prototypentheorie 9, 62, 106, 113 Prozedur 23, 42, 168 Prozess 16, 18, 19, 24, 128 automatischer 162f. kontrollierter 162f. postlexikalischer 65, 187 Psycholinguistik 19, 39, 44, 134, 174f. Psychologie 15f., 18, 19, 37, 128 Pupillomotorik 37 Qualia 39, 80f., 97, 98f. Rationalismus 46f. Raumausdrücke 158 Referenz 59, 62, 211f., 233 Repräsentation 19f., 22, 25, 52, 120f. analoge 120, 121, 124 konzeptuelle 64, 69, 121f. <?page no="298"?> 298 Sachregister modalitätsspezifische 121, 122, 125, 126 Repräsentationstheorie duale 122f. unitäre 122f., 126 Realität, psychologische 45f., 75, 222, 238 Reproduktion 33f., 116, 181 Rezeptionssituation 167, 191 Satzform 164, 188 Satzverarbeitung 164, 174f., 188f. Schema 115f., 131, 191f. Schema-Theorie 116f., 193f. Schnittstellen 9, 53, 59, 61f., 76, 130, 206 Selbstkorrektur 224 Semantik 9, 28, 43, 50, 59f., 114, 210, 228 Semantiktheorie, kognitive 59f., 113 Serialität 170f. Sinn, kommunikativer 61f., 70 Skripts 116, 118, 191 Split-Brain-Patienten 84, 125 Spracherwerb 137f. Sprachproduktion 208f. Sprachprozessor 135, 138f., 141, 165 Sprachrezeption 63, 74, 167f. Strategie-Theorie 194f. Struktur kognitive 18, 115f. konzeptuelle 62, 114f. Syntax 28, 50, 77, 92, 105, 224 System 27f., 42f., 114, 126, 152 limbisches 82, 87, 128f., 135 Text 33, 67, 190, 197, 233 Textverstehen 190f., 194f., 197f. Textweltmodell 195, 197f., 202f. Thema-Rhema 199f. Tip-of-the-Tongue-Phänomen 106, 223 Top-Down-Prozess 167, 172f., 176, 190 Transmitter 79, 88f. Type/ Token-Konzepte 109f., 133 Typikalität 112f. Übergeneralisierung 139, 158, 159 Ultrakurzzeitgedächtnis 102 Universalgrammatik 51, 142f., 150f. Unterspezifikation 65, 74, 190f., 197, 198, 233 Vagheit 197 Versprecher 221f. Wahrnehmung 98, 117, 127, 130, 195, 211 Welt 59, 99, 108, 211f. Weltwissen 60, 65, 73, 106, 168, 182f. Wende, emotionale 128f., 135 Wende, kognitive 15f., 33, 37, 128 Wernicke-Aphasie 93f. Wissen 18, 19f., 107f. Wissen, deklaratives 100f. prozedurales 100f. Worterkennung 170, 172, 207 Wortvertauschung 222 Zentralnervensystem 82f. Zwei-Stufen-Semantik 63f. Zweitsprachenerwerb 163, 166 <?page no="299"?> Wie ist Sprache mental und neuronal repräsentiert? Welche Prozesse laufen in unseren Köpfen ab, wenn wir Sprache produzieren und rezipieren? Wie erwerben wir Sprache? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Kognitive Linguistik, eine Forschungsrichtung der interdisziplinär orientierten Kognitionswissenschaft und mittlerweile einer der einflussreichsten sprachtheoretischen Ansätze. Die vorliegende Einführung erläutert in verständlicher Form die Grundannahmen, Methoden und Zielsetzungen der Kognitiven Linguistik, illustriert durch repräsentative Beispiele aus verschiedenen Bereichen kognitiv ausgerichteter Sprachforschung. Für diese erweiterte dritte Auflage wurde das bewährte Standardwerk grundlegend überarbeitet sowie um neue Kapitel zur Kognitiven Semantik (Bedeutungskonstitution und Metaphernverstehen), zur Perspektivierung in der Sprachproduktion, zur Textverstehenstheorie (Anaphorik) und zur Relevanz emotionaler Faktoren ergänzt. Sprachwissenschaft www.utb.de ,! 7ID8C5-cbgdgi! ISBN 978-3-8252-1636-8