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Analysis-Brückenkurs für Wirtschaftswissenschaften

0914
2011
978-3-8385-3571-5
UTB 
Ingolf Terveer
Susanne Terveer

Wenn Betriebswirte ein Gewinnmaximum bestimmen oder Volkswirte Grenzkosten betrachten, müssen sie die Analysis sicher anwenden können. Dieser Brückenkurs fasst das studienrelevante Analysis-Wissen der gymnasialen Oberstufe kompakt zusammen. Diverse Beispiele im Buch und online illustrieren den Einsatz in den Wirtschaftswissenschaften. Zahlreiche Aufgaben helfen dabei, den Stoff schnell zu verinnerlichen. Das Buch richtet sich an Studienanfänger der Wirtschaftswissenschaften. Es dient nicht nur als Lehrbuch, sondern auch als Nachschlagewerk für das gesamte Studium. Webservice: http://www.uvk-lucius.de/terveer/

<?page no="1"?> UTB 3571 Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Farmington Hills facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink Verlag · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Orell Füssli Verlag · Zürich Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh Verlag · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK/ Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Oakville vdf Hochschulverlag AG an der ETH · Zürich <?page no="3"?> Ingolf Terveer Susanne Terveer Analysis-Brückenkurs für Wirtschaftswissenschaften UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="4"?> Dr. Ingolf Terveer ist Akademischer Oberrat am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Münster. Dr. Susanne Terveer ist Oberstudienrätin i. K. am Gymnasium St. Michael Ahlen. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. ISBN 978-3-8252-3571-0 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urhberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2011 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: istockphoto.com, Sinitar Photo Druck und Bindung: fgb · freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de <?page no="5"?> Für Sara, Karen und Erik die an manchem Wochenende Geduld für ihre Eltern aufbringen mussten <?page no="6"?> Inhalt Vorwort 11 Lese- und Bearbeitungshinweise 13 1 Das Funktionskonzept 15 1.1 Funktionen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2 Graphische Darstellung, Bild und Urbild . . . . . . . . . . . . 18 1.3 Sprechweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.3.1 Lage des Funktionsgraphen im Koordinatensystem . . 21 1.3.2 Monotonieeigenschaften von Funktionen . . . . . . . . 22 1.3.3 Krümmung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.4 Verkettung und Umkehrung von Funktionen . . . . . . . . . . 25 1.5 Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2 Lineare Funktionen 31 2.1 Normalform: (affin) linearer Funktionsterm . . . . . . . . . . 31 2.1.1 Interpretation des Faktors a der Normalform . . . . . 32 2.1.2 Interpretation des Summanden b der Normalform . . . 33 2.1.3 Nullstellen linearer Funktionen . . . . . . . . . . . . . 33 2.1.4 Bestimmung der Normalform einer linearen Funktion aus zwei Punkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.2 Punkt-Steigungsform einer linearen Funktion f . . . . . . . . 35 2.3 Darstellung einer linearen Funktion mit Geradengleichung . . 36 2.4 Umkehrfunktion und Normale einer linearen Funktion . . . . 37 2.5 Schnittpunkte linearer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.6 Ökonomische Anwendungen linearer Funktionen . . . . . . . 40 3 Quadratische Funktionen 45 3.1 Die Normalform einer quadratischen Funktion . . . . . . . . . 45 3.2 Scheitelpunkt und Scheitelpunktform . . . . . . . . . . . . . . 48 3.3 Nullstellen und Schnittpunkte quadratischer Funktionen . . . 50 3.4 Linearform quadratischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 54 3.5 Umkehrung quadratischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . 55 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen . . . . 57 <?page no="7"?> 8 Inhalt 3.6.1 Quadratische Gewinnfunktionen bei linearer Nachfragefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3.6.2 Modellierung von Nachfragesituationen durch quadratische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4 Rationale Funktionen 65 4.1 Potenzen und Monome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.2 Polynome und ganz-rationale Funktionen . . . . . . . . . . . 71 4.3 Teilbarkeit von Polynomen und Polynomdivision . . . . . . . 76 4.4 Nullstellen von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.5 Interpolation durch Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5 Spezielle Funktionen 99 5.1 Allgemeine Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.1.1 Das Werteverhalten der Exponentialfunktion . . . . . 101 5.1.2 Das Monotonieverhalten der Exponentialfunktion . . . 103 5.1.3 Die Eulersche Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . 105 5.2 Logarithmusfunktion log a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5.3 Allgemeine Potenzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 5.4 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.5 Stückweise definierte Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 122 6 Grenzwerte von Funktionen 129 6.1 Grenzwerte von Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6.2 Grenzwert einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6.3 Stetigkeit einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 7 Differentialrechnung 149 7.1 Die Ableitung einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 7.1.1 Tangenten an Funktionsgraphen . . . . . . . . . . . . 149 7.1.2 Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigungen . . . 151 7.1.3 Die Ableitungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 7.1.4 Ableitung und Linearisierung . . . . . . . . . . . . . . 156 7.1.5 Mittelwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 7.1.6 Ableitungen höherer Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 158 7.2 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 7.2.1 Faktorregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 7.2.2 Summenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7.2.3 Produktregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.2.4 Quotientenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 7.2.5 Kettenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="8"?> Inhalt 9 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften . . . . . . . . . . . . . 167 7.3.1 Ableitung erster Ordnung und Nullstellen . . . . . . . 167 7.3.2 Ableitung erster Ordnung und Monotonieverhalten . . 169 7.3.3 Ableitungen erster Ordnung und Bedingungen für Extrema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 7.3.4 Ableitungen erster und zweiter Ordnung und lokale Extrema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 7.3.5 Ableitung zweiter Ordnung und Krümmungsverhalten 179 7.3.6 Kurvendiskussionen und Funktionssteckbriefe . . . . . 183 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung . . . . . 189 7.4.1 Optimaler Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 7.4.2 Gewinnmaximierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 7.4.3 Elastizitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 7.4.4 Marginalanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 7.4.5 Kostenminimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 8 Integralrechnung 209 8.1 Flächenintegrale und Stammfunktionen . . . . . . . . . . . . 209 8.2 Flächenberechnung mit Rechtecksapproximation . . . . . . . 215 8.3 Integrationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 8.4 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente . . . . . . . . . . . 231 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 239 Abbildungen 253 Tabellen 255 Symbolverzeichnis 257 Index 259 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="10"?> Vorwort Liebe Studierende, lieber Studierender, Sie haben sich mit der Wahl eines wirtschaftswissenschaftlichen Studienfaches an einer Universität, einer Fachhochschule oder einer Berufsakademie für eine Disziplin entschieden, die von Ihnen erfordert, ökonomische Fragestellungen mit mathematischen Vorgehensweisen zu lösen. Was Sie aus der Schule an Mathematik-Kenntnissen mitbringen, ist dabei durchaus nicht immer WIWI-studiumstauglich. Einerseits könnte zwischen Schulabschluss und Studiumsbeginn ein größerer Zeitraum liegen; das ist gerade bei Studienanfängern der Wirtschaftswissenschaften nicht selten der Fall, wenn auf das Abitur eine berufliche Ausbildung mit nachfolgender beruflicher Tätigkeit folgt. Mathematik-Kenntnisse müssen in diesem Fall häufig aufpoliert werden. Aber auch ein unmittelbarer Übergang von der Schule ins wirtschaftswissenschaftliche Studium ist durchaus nicht unproblematisch. Denn die Schulmathematik ist in ihren Anwendungen eher naturwissenschaftlich orientiert; das führt letzten Endes auch bei den vermittelten mathematischen Inhalten zu einer Ausrichtung, die für wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge im günstigsten Falle kommentiert werden muss, im ungünstigsten Falle aber sogar ungeeignet ist. Zudem ist die fortlaufende Ausdünnung der Kernlehrpläne und Abiturvorgaben einem fundierten Verständnis ebenfalls nicht gerade förderlich. Schließlich liegen nach unserer Erfahrung bei vielen Erstsemestern massive Verständnisprobleme selbst elementarer mathematischer Sachverhalte vor. Diese erschweren es, sich den über die Schulmathematik hinaus gehenden hochschulrelevanten Stoffim Rahmen der Mathematikvorlesungen erfolgreich anzueignen. Die genannten Verständnisprobleme liegen zeitlich oft weit zurück, sie haben nicht selten in der Schule zu einer Abneigung gegenüber dem Fach Mathematik geführt, welche ihrerseits spätere Verständnisschwierigkeiten oft verstärkt oder gar erzeugt hat ein Teufelskreis, der im jugendlichen Alter anscheinend kaum durchbrochen werden kann, dessen Auswirkungen Sie aber nun zu Beginn Ihres Studiums vielleicht gerade bemerken. Wenn das so ist, müssen die festgestellten Defizite gleich am Anfang des Studiums so schnell wie möglich aufgearbeitet werden, um den Studiener- Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="11"?> 12 Vorwort folg nicht zu gefährden. Das vorliegende Buch soll Ihnen in kompakter Form eine Hilfestellung hierzu geben. Sie werden im zweiten Teil die Grundlagen der Analysis in einer Variablen mit ihren Anwendungen in der Ökonomie erarbeiten, so wie wir sie etwa im Rahmen eines „ guten“ Grundkurses an einem Wirtschaftsgymnasium erwarten würden. Die ersten Kapitel des Buches stellen dazu eine Wiederholung des Funktionsbegriffes und der wichtigsten Typen von Funktionen dar und geben auch deren Anwendungen in der Ökonomie an. Die ausgewählten Themen und die dahinter befindliche Mathematik ist von uns dabei natürlich nicht neu erfunden worden, sondern es handelt sich um allgemein bekannte Sachverhalte, die von uns gezielt für den Gebrauch im wirtschaftswissenschaftlichen Studium aufbereitet wurden. Mathematiker, die sich in dieses Buch „verirren“, werden viele Plausibilitäten anstelle von Beweisen finden; unser Hauptaugenmerk liegt aber auch nicht auf der logischen Stringenz, wie sie im Mathematikstudium geübt wird, sondern vielmehr auf der sicheren Anwendung der Konzepte und Rechentechniken der Analysis von Funktionen einer Variablen in der Ökonomie. Neben Studienanfängerinnen und Studienanfängern der Wirtschaftswissenschaften ist das vorliegende Buch selbstverständlich auch für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II geeignet, eine Vorstellung von den quantitativen Aspekten eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums zu bekommen. Last but not least möchten wir mit der Darstellung aber auch Lehrenden der Sekundarstufe II helfen, auf die häufig gestellte Frage von Schülern „Wozu brauche ich das eigentlich? “ auch Antworten im ökonomischen Kontext geben zu können. Münster, im August 2011 Susanne und Ingolf Terveer Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="12"?> Lese- und Bearbeitungshinweise Zur Festigung und Vertiefung des Stoffes finden Sie nach jedem Abschnitt Übungsaufgaben, die in der Regel mit einfachen Anforderungen beginnen und deren Schwierigkeitsgrad im weiteren Verlauf zunimmt - oft durch Berücksichtigung von Scharparametern t, a. . . . Die Aufgaben zur Vertiefung, die Sie am Ende der meisten Kapitel finden, sollten Sie erst dann rechnen, wenn Sie sich die vorherigen Aufgaben des betreffenden Kapitels im Wesentlichen erarbeitet haben. Zu allen Übungsaufgaben finden Sie hinten im Buch Kontrollergebnisse, die aber bewusst knapp gehalten sind, denn sie sollen Ihnen ausschließlich das gute Gefühl, eine Aufgabe richtig gelöst zu haben, bestätigen. Wenn es bei einer Aufgabe einmal etwas länger dauern sollte: Geben Sie nicht gleich auf. Wenn Sie auch nach längerem Knobeln den Rechenweg nicht erkennen, so haben wir hierzu auf der Begleit-Webseite http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer ausführliche Lösungen zur Verfügung gestellt. Von selbst auf eine Lösung zu kommen, ist aber allemal der bessere Weg; bringen Sie sich nicht um Erfolgserlebnisse, indem Sie vorschnell in die ausführlichen Lösungen schauen. Es empfiehlt sich, mit der Lektüre eines Kapitels erst dann zu beginnen, wenn Sie das vorangegangene Kapitel inklusive der Übungsaufgaben durchgearbeitet haben. Für Schnellleser sind im Buch zahlreiche Querverweise auf Vorangegangenes vorhanden, auch der Index ab Seite 259 sollte Ihnen hier helfen. Zur Illustration der Sachverhalte werden Sie im Text viele Schaubilder finden. Am Seitenrand sind zahlreiche dieser Schaubilder mit dem Symbol DGS versehen. Dann finden Sie unter http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer dynamische Varianten der betreffenden Graphiken mit Hilfe der wirklich hervorragenden frei verfügbaren dynamischen Geometrie-Software GeoGebra. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="13"?> 14 Lese- und Bearbeitungshinweise Nutzen Sie die interaktiven Möglichkeiten der angebotenen Applets, um Ihr Verständnis zu vertiefen. Unter http: / / www.geogebra.org können Sie Geo- Gebra herunterladen, installieren und die Applets mit dem Programm ausführen. Oder Sie verzichten auf die Installation und führen die Applets direkt in einem Browser aus. Eine Einarbeitung in GeoGebra ist dann nicht erforderlich, die Applets werden jeweils über Schieberegler, Kontrollkästchen und Verschiebung von Objekten mit der Maus aufgerufen, ihre „Bedienung“ wird an Ort und Stelle erklärt. Nicht jeder mathematische Sachverhalt lässt sich kurz und knapp in Worte fassen - obwohl wir das im vorliegenden Buch immer wieder versuchen - sondern es werden auch formale Schreibweisen benötigt, für die es weit gehende Übereinkünfte gibt. Bei Unklarheiten sollten Sie im Symbolverzeichnis am Ende des Buches nachschlagen, welches ähnlich einem Glossar zusätzliche Erläuterungen enthält. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="14"?> 1 Das Funktionskonzept Modellierung von Beziehungen zwischen ökonomischen Gröÿen Sicherlich haben Sie sich in der Schule öfter die Frage gestellt, warum Sie mit Funktionen arbeiten müssen. Ziel dieses Kapitels ist es, das Funktionskonzept insbesondere als Hinführung zur Mathematisierung ökonomischer Fragestellungen zu erläutern. Solche Fragestellungen betreffen meist ökonomische Größen wie z.B. Preis eines Produktes Absatzmenge eines Produktes nachgefragte Menge eines Produktes erzielter Umsatz bzw. Erlös Kosten Gewinn und Verlust Einsatzmenge eines Produktionsfaktors Betrachten Sie beispielsweise den Geschäftsbericht eines Unternehmens, so werden Sie für viele derartige Größen Zahlenbeispiele finden. Das legt die Vermutung nahe, dass man in ökonomischen Modellen ebenfalls vor allem mit Zahlen arbeitet. Das Gegenteil ist aber der Fall, die Zahlen stehen eher am Ende eines Prozesses. Beispielsweise wird ein Unternehmen durch genaue Beobachtung des Marktes sowie seiner eigenen Kostensituation einen Preis für sein Produkt festlegen wollen. Solange der Preis jedoch noch nicht fest steht, werden mit Hilfe von Funktionen Analysen zur Gewinnmaximierung betrieben. Dabei tritt der Preis also nicht als konkreter Zahlwert, sondern als Veränderliche (variable Größe) auf. Auch Gewinn, Absatzmenge, Kosten sind in diesem Stadium der Entscheidungsfindung noch variabel. Zwischen den ökonomischen Größen werden Zusammenhänge angenommen, die sich meist in Form von Gleichungen schreiben lassen, in welchen die Variablen vorkommen. Löst man diese Gleichungen nach einer der Variablen auf, so entstehen Beziehungen beispielsweise zwischen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="15"?> 16 1 Das Funktionskonzept Absatzmenge und Marktpreis, Absatzmenge und Umsatz, Rohstoffeinsatz und Produktions-Output, Marktanteilen sukzessiver Absatzperioden, Lagerbestand und Lagerstückkosten, wobei man durch Einsetzen des Wertes für eine Variable den zugehörigen Wert der anderen Variable bestimmt. Wir verwenden als Bezeichner für die Variablen x, y, p,. . . . Sie stellen Platzhalter für die konkreten Zahlen dar. In der Ökonomie werden auch oft „sprechende“ Variablen verwendet, d.h. man schreibt z.B. auch preis oder absatz 2009 . Solche Bezeichnungen haben den Vorteil, dass sie in der Regel leicht verständlich sind. Ausdrücke mit sprechenden Variablen werden aber leicht sehr umfangreich und „klobig“. Da wir in der Regel nur mit einer Variablen arbeiten, werden wir auf möglichst kurze Variablennamen zurückgreifen (das gilt entsprechend auch für die jetzt folgenden Funktionen und ihre Bezeichner). 1.1 Funktionen und Abbildungen Definition 1.1 Eine Funktion f : D → W ist eine Vorschrift, die festgelegt ist durch [1] einen Definitionsbereich D R , meist ein Intervall [a; b], [2] einen Wertebereich W R , meist R selbst oder [0; ∞[, [3] eine Regel, die jedem x ∈ D genau ein y ∈ W zuordnet, meist in Form eines Terms, der die Variable x enthält. Man schreibt dafür auch x 7→ y = f(x). Dabei steht f(x) als Symbol für den darzustellenden Funktions-Term (d.h. die Zuordnungsregel) den x zugeordneten Wert y aus W , den Funktionswert . Ein synonymer Ausdruck für „Funktion“ ist Abbildung . Beispiel 1.1 Die Funktion f : [−3; 3] → R , f(x) = x 3 − 2x 2 − 4x + 8, hat den Definitionsbereich D = [−3; 3]. Für Argumente x aus diesem Intervall wird der Funktionswert durch den Term x 3 − 2x 2 − 4x + 8 berechnet. Beispielsweise ist f(−1) = (−1) 3 − 2(−1) 2 − 4(−1) + 8 = 9. Der Wertebereich der Funktion ist R , die Menge aller reellen Zahlen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="16"?> 1.1 Funktionen und Abbildungen 17 Definitions- und Wertebereich erfassen verschiedene Anforderungen, die im praktischen Umgang mit dem Funktionsterm auftreten können: Manchmal dürfen gewisse Werte in den Funktionsterm nicht eingesetzt werden, weil die damit verbundenen Rechenoperationen mathematisch nicht erlaubt sind (Brüche, deren Nenner Null werden, Wurzeln aus negativen Zahlen,. . . ). Die entsprechenden Werte werden dann aus dem „Standard“-Definitionsbereich D = R entfernt. Ökonomische Variablen, die man in einen Funktionsterm einsetzt, dürfen oftmals nicht negativ sein, d.h. zumeist ist der Definitionsbereich einer Funktion im ökonomischen Kontext schon automatisch auf den Bereich [0; ∞[= {x ∈ R : x ≥ 0} oder ]0; ∞[= {x ∈ R : x > 0} eingeschränkt. Oft wird der Definitionsbereich durch Kapazitätsrestriktionen auf ein abgeschlossenes Intervall [a; b] = {x ∈ R : a ≤ x ≤ b} bzw. ein offenes Intervall ]a; b[= {x ∈ R : a < x < b} begrenzt. In allen Fällen spricht man dann von einem ökonomischen Definitionsbereich . Der Wertebereich W einer Funktion wird in der Regel so interpretiert, dass die Funktion höchstens die in W angegebenen Werte annehmen kann. Das ist nicht gleichbedeutend damit, dass alle in W liegenden Werte auch als Funktionswerte auftreten. Wenn zu Beginn der Untersuchung einer Funktion eine Eingrenzung des Wertebereiches noch nicht vorgenommen werden kann oder soll, so setzt man der Einfachheit halber W = R . In der Mathematik gibt es einige Standardfunktionen, für die man sprechende Bezeichnungen (selten mit mehr als drei Buchstaben) festgelegt hat. Wir werden später insbesondere auf die Funktionen abs, exp, log, sin, cos, tan eingehen. Beispiel 1.2 Eine besonders einfache Funktion ist die so genannte Identitätsfunktion bzw. Identität id : D → W (Dabei können D = R und W = R sein, müssen es aber nicht). Sie verändert den Eingabewert nicht, d.h. sie hat den Funktionsterm id(x) = x. Übungen zu Abschnitt 1.1 1. Überlegen Sie, ob der Zusammenhang zwischen folgenden Größen x und y jeweils durch eine Funktion x 7→ y = f(x) beschrieben werden kann, und geben Sie eine geeignete Funktion an, bzw. begründen Sie gegebenenfalls, warum es diese Funktion nicht gibt. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="17"?> 18 1 Das Funktionskonzept x y a) Gewicht eines Briefes Briefporto b) Füllmenge eines Gefäßes mit Ablaufvorrichtung Dauer des Entleerungsvorganges c) Entfernung zweier Bahnhöfe Fahrtkosten 2. Klasse d) natürliche Zahl ein Teiler der Zahl e) natürliche Zahl Anzahl der Teilmengen von {1, . . . , x} 2. Überprüfen Sie, ob es zu den folgenden Wertetabellen Funktionen gibt. Falls ja, geben Sie einen möglichen Funktionsterm sowie den (maximalen) Definitionsbereich an. a) x 1 6 3 2 1 4 y 3 2 5 4 2 7 b) x −3 −2 −1 0 1 2 y 8 6 4 2 0 −2 c) x −3 −2 −1 0 1 2 3 y −26 −7 0 1 2 9 28 d) x −3 −2 −1 1 2 3 y 1 3 1 2 1 −1 − 1 2 − 1 3 3. Berechnen Sie jeweils die Funktionswerte f( 2 3 ), f(−5), f(t), f( t 3 + 1), f( 1 t ), und vereinfachen Sie gegebenenfalls so weit wie möglich. a) f(x) = 3x + 2 b) f(x) = −9(x − 1) 2 + 4 c) f(x) = x+1 x−1 4. Bestimmen Sie zu den folgenden Funktionstermen jeweils die maximal möglichen Definitionsbereiche. Vereinfachen Sie den zweiten Funktionsterm anschließend so weit wie möglich: a) f(x) = 1 (x−1)(3x+2) b) f(x) = 1 1+ 2 1− x+1 x 1.2 Graphische Darstellung, Bild und Urbild Neben dem Funktionsterm als rechnerischem Zugang zu Funktionen verwendet man oft auch eine graphische Darstellung von Funktionen in einem Koordinatensystem, der so genannten Anschauungsebene R 2 = R R = {(x|y) : x ∈ R , y ∈ R } Mit dieser Darstellung können Sie sich die wesentlichen Eigenschaften wie Monotonie, Krümmung und Extremwertverhalten veranschaulichen - allerdings ersetzt dies in aller Regel nicht die genauen Rechnungen anhand des Funktionsterms. Der Graph einer Funktion f : D → W ist die folgende Menge von Punkten in der Anschauungsebene R R G f = {(x|f(x)) : x ∈ D } Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="18"?> 1.2 Graphische Darstellung, Bild und Urbild 19 x f(x) −3 −25 −2, 5 −10, 125 −2 0 −1, 5 6, 125 −1 9 −0, 5 9, 375 0 8 0, 5 5, 625 1 3 1, 5 0, 875 2 0 2, 5 1, 125 3 5 Abbildung 1.1: Graph einer Funktion als „Vervollständigung“ einer Wertetabelle DGS Zur Visualisierung einer Funktion f wird die Menge G f in einem Koordinatensystem skizziert. Diese Darstellung wird ebenfalls als Graph bezeichnet. Für die üblicherweise in ökonomischen Zusammenhängen auftretenden Funktionen zeichnet man den Graphen von Hand wie folgt: zunächst wird eine Wertetabelle angelegt, indem Sie zu vorgegebenen x-Werten aus dem Definitionsbereich die Funktionswerte (y-Werte) durch Einsetzen in den Funktionsterm ausrechnen. Die erhaltenen Punkte tragen Sie in ein Koordinatensystem ein. Je umfangreicher die Tabelle (d.h. je genauer die x-Werte der Punkte beieinander liegen), um so genauer wird die Visualisierung des Graphen. Schließlich entsteht der Eindruck, einer - oftmals glatten - Kurve. Durch Überlagerung mit Kurvenstücken, die jeweils zwei bis drei Punkte überdecken, wird dieser Verlauf dann sichtbar gemacht. Funktionenplotter verwenden beispielsweise „Spline-Polynome“ für diesen Vorgang und erzeugen so im Auflösungsbereich des Ausgabemediums (Bildschirm, Drucker) perfekte Visualisierungen des Graphen. Beispiel 1.3 In Abbildung 1.1 wird der Graph zur Funktion f : [−3; 3] → R , f(x) = x 3 − 2x 2 − 4x + 8 auf Grundlage einer Wertetabelle dargestellt. Eine Funktion f : D → W muss nicht jeden Wert y ∈ W annehmen. Für eine Teilmenge E ⊂ D heißt f( E ) : = {f(x) : x ∈ E } Bild von E unter f, Bild(f) : = f( D ) heißt Bild von f. Aus dem Graphen G f von f kann man den Definitionsbereich D f und das Bild von f prinzipiell zurückgewinnen: D f = {x ∈ R : es gibt ein y ∈ R mit (x|y) ∈ G f } Bild(f) = {y ∈ R : es gibt ein x ∈ R mit (x|y) ∈ G f } Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="19"?> 20 1 Das Funktionskonzept Abbildung 1.2: Bild und Urbild bei der quadratischen Funktion f : R → R , f(x) = x 2 DGS Eine Funktion kann Werte y ∈ W mehrfach annehmen. Man nennt f −1 ( W ) : = {x : x ∈ D , f(x) ∈ W } das Urbild von W unter f. Beispiel 1.4 Die Funktion f : R → R , f(x) = x 2 nimmt nur nicht-negative Werte an. Jeder Wert y > 0 wird aber zweimal angenommen. Die beiden Lösungen {−√y, √y} der Gleichung x 2 = y heißen Wurzeln . Außerdem rechnet man beispielsweise nach: f([2, 5; 3]) = [6, 25; 9] f −1 ([1; 4]) = [−2; −1] ∪ [1; 2] Bild(f) = [0; ∞[ Diese Eigenschaften sind in Abbildung 1.2 veranschaulicht. Der Definitionsbereich D f einer Funktion kann über das Urbild jeder Teilmenge W ⊆ R zurückgewonnen werden, die das Bild von f enthält; es gilt dann D f = f −1 (W ), falls f( D f ) ⊆ W Übungen zu Abschnitt 1.2 5. Zeichnen Sie die Graphen der Funktionen aus Aufgabe 3 vgl. S. 18 . Erstellen Sie auch jeweils eine geeignete Wertetabelle. 6. Welcher der nachfolgenden Graphen stellt eine Funktion x 7→ y = f(x) dar? Geben Sie für diesen Fall jeweils den Definitionsbereich der Funktion Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="20"?> 1.3 Sprechweisen 21 an. Geben Sie in Teilaufgabe e) die Antwort in Abhängigkeit vom Winkel α. a) c) e) b) d) f) 7. Berechnen Sie für die genannten Funktionen die jeweils geforderten Bilder und Urbilder: a) f : R → R , f(x) = 2x − 1. Gesucht sind f([0; 5]) und f −1 ([−2; 0]). b) g : [0; 1[→ R , g(x) = 2 − 5x. Gesucht sind Bild(g) und g −1 ([−4; −1]). c) h : [1; 2] → R , h(x) = x−1 x+3 . Gesucht sind Bild(h) und h −1 ([0; 1]). 1.3 Sprechweisen Wir führen hier zu den Graphen von Funktionen mathematische Sprechweisen ein, und geben Ihnen gleich auch einige Beispiele, wie mit deren Hilfe qualitative Aussagen ökonomischer Zusammenhänge mathematisiert werden können: 1.3.1 Lage des Funktionsgraphen im Koordinatensystem In Abbildung 1.3 sind grundlegende Begriffe im Zusammenhang mit dem Koordinatenkreuz und Schnittpunkten des Koordinatenkreuzes mit dem Funktionsgraphen zusammengefasst. Die Koordinatenachsen heißen Abszisse (x-Achse) und Ordinate (y-Achse). An ihrem Schnittpunkt liegt der Ursprung des Koordinatensystems. Der Graph der Funktion hat genau einen Schnittpunkt mit der Ordinate (wenn 0 im Definitionsbereich liegt), diesen nennt man Ordinaten- Abschnitt oder y-Achsen-Abschnitt. Er wird berechnet, indem man den Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="21"?> 22 1 Das Funktionskonzept x 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x y 1 y 2 y 3 y 4 y 5 f(x) Abszisse Ordinate Ursprung Nullstelle @ @R Nullstelle Ordinaten-(y-Achsen-)Abschnitt Abbildung 1.3: Lage des Funktionsgraphen zur Abszisse und Ordinate des Koordinatenkreuzes Wert 0 in den Funktionsterm einsetzt, also f(0) errechnet. Im ökonomischen Kontext bestimmt der y-Achsenabschnitt bei einer Kostenfunktion beispielsweise die Fixkosten, die unabhängig von der produzierten Menge des Unternehmens auftreten. Die Schnittpunkte des Graphen mit der Abszisse legen die sogenannten Nullstellen der Funktion fest. Sie werden berechnet, indem man den Funktionsterm gleich Null setzt und anschließend die Gleichung nach x auflöst. Ökonomische Anwendungen, z.B. die Berechnung der Gewinnzone (Gewinnschwelle und Gewinngrenze) einer Gewinnfunktion folgen noch. Es sei aber schon jetzt darauf hingewiesen, dass die Nullstellenberechnung auch eine fundamentale technische Bedeutung bei der Analyse ökonomischer Funktionen im Rahmen der Differenzialrechnung hat. 1.3.2 Monotonieeigenschaften von Funktionen In Abbildung 1.4 werden Sprechweisen im Zusammenhang mit Zu- und Abnahme einer Funktion dargestellt. Auf dem Funktionsgraphen fallen sogenannte Extrempunkte , d.h. höchste und tiefste Punkte auf. In Abbildung 1.4 erkennt man ein sogenanntes globales Maximum an der Stelle x 3 und ein globales (Rand)-Minimum an der Stelle x 1 . Der zweite Tiefpunkt zur Stelle x 5 ist dagegen nur ein lokales Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="22"?> 1.3 Sprechweisen 23 x 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x y 1 y 2 y 3 y 4 y 5 f(x) f ist isoton bzw. (streng) monoton wachsend f ist antiton bzw. (streng) monoton fallend Hochpunkt/ Maximum (global) Hochpunkt/ Maximum (lokal/ Rand) Tiefpunkt/ Minimum (lokal) Tiefpunkt/ Minimum (global/ Rand) Abbildung 1.4: Monotoniebereiche und lokale/ globale Extrema bei Funktionen Minimum der Funktion. Am rechten Randwert x 6 findet man ein lokales (Rand)-Maximum. Globale Maxima werden z.B. für den Gewinn oder den Erlös gesucht: Das Unternehmen versucht seinen Gewinn zu maximieren! Globale Minima werden z.B. für die Kosten und für den Verlust angestrebt. Zwischen je zwei dieser Extremwerte hat die Funktion einen einheitlich zu- oder abnehmenden Verlauf. Sie heißt zwischen x 1 und x 3 bzw. x 5 und x 6 (streng) isoton oder (streng) monoton wachsend und zwischen x 3 und x 5 (streng) antiton oder (streng) monoton fallend . Der Zusatz „streng“ wird verwendet, wenn stets ein echter Anstieg oder Abfall erfolgt. Antitone Zusammenhänge bestehen z.B. in der Regel zwischen Nachfrage und Preis (je höher der Preis, desto geringer die Nachfrage), isotone zwischen Angebot und Preis (je höher der Preis, desto mehr Anbieter finden sich für das Produkt, wodurch das Angebot steigt). 1.3.3 Krümmung von Funktionen Schließlich wird auch das Krümmungsverhalten eines Funktionsgraphen mit mathematischen Begriffen umschrieben, vgl. Abbildung 1.5. Den Graphen können Sie sich als Abbild einer Straße vorstellen, auf der abwechselnd Links- und Rechtskurven auftreten. Der Übergang von einer Linkszu einer Rechtskurve oder umgekehrt, wirkt sich durch „Umlenken Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="23"?> 24 1 Das Funktionskonzept x 1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x y 1 y 2 y 3 y 4 y 5 f(x) f ist rechtsgekrümmt bzw. (streng) konkav f ist linksgekrümmt bzw. (streng) konvex 6 Wendestelle Abbildung 1.5: Krümmungseigenschaften und Wendeverhalten einer Funktion des Steuers“ aus. Mathematisch nennt man ihn Wendepunkt des Funktionsgraphen. Die entsprechende Stelle auf der Abszisse heißt Wendestelle . Zwischen zwei Wendestellen liegt ein einheitliches Krümmungsverhalten vor: Bei Linkskrümmung heißt f (streng) konvex , bei Rechtskrümmung heißt f (streng) konkav . Der Zusatz „streng“ darf verwendet werden, wenn ausgeschlossen werden kann, dass im Bereich einer Links- oder einer Rechtskurve „ gerade Stücke“ auftreten. Die Krümmung eines Graphen beschreibt im ökonomischen Kontext die „Trend-Änderung“ des Zusammenhangs der x- und y-Werte. Man kann mit ihr Aussagen mathematisch präzisieren, wie z.B. „die Abnahme der Nachfrage verlangsamt sich bei zunehmendem Preis“. Übungen zu Abschnitt 1.3 8. Welche der nachfolgenden Graphen beschreiben Funktionen f mit folgenden Eigenschaften? f ist monoton steigend / streng monoton steigend f ist monoton fallend / streng monoton fallend f ist konvex / streng konvex f ist konkav / streng konkav Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="24"?> 1.4 Verkettung und Umkehrung von Funktionen 25 Geben Sie bei den nicht einheitlich gekrümmten Funktionen auch die ungefähre Lage der Wendepunkte an. a) c) e) b) d) f) 9. Im nachstehenden Schaubild finden Sie jeweils in Abhängigkeit von der abgesetzten (und produzierten) Gütermenge x die Graphen einer Kostenfunktion: K(x) = 10x + 100 Erlösfunktion: E(x) = 1 22500 x 3 − 4 30 x 2 + 110x Gewinnfunktion: G(x) = E(x) − K(x) Beschreiben Sie für jede der drei Funktionen den ungefähren Funktionsverlauf mit Hilfe der in diesem Abschnitt behandelten Begriffe. Versuchen Sie auch eine ökonomische Interpretation des Verlaufes. 1.4 Verkettung und Umkehrung von Funktionen Die Funktionsterme, mit denen Zusammenhänge zwischen ökonomischen Größen modelliert werden, können zuweilen eine beachtliche Komplexität aufweisen. Dann ist es von Vorteil, wenn man die Bildungsgesetze durch Hintereinanderausführung einfacherer Rechenschritte darstellen kann. Beispiel 1.5 Der Funktionsterm f(x) = x 2 +1 x 2 −1 wird durch Ausführung folgender Schritte berechnet: [1] den Term x quadrieren, d.h. den Term v = x 2 berechnen, Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="25"?> 26 1 Das Funktionskonzept [2] den Term y = v+1 v−1 berechnen. Die Schritte beinhalten Funktionen g, h mit den Termen g(x) = x 2 und h(v) = v+1 v−1 . Beachten Sie, dass die Durchführung der Rechenschritte folgende Voraussetzung erfordert: Beim Einsetzen in den Bruch v+1 v−1 muss v 6= 1 gewährleistet sein, da ansonsten durch Null dividiert würde. Es ist also bei der Durchführung der Rechnung im vorangegangenen Beispiel eine „Synchronisierung“ der Definitions- und Wertebereiche der Funktionen g, h erforderlich. Dann ergibt sich die Funktion f, indem man die beiden Funktionen g, h hintereinander ausführt, und man spricht von der Verkettung der Funktionen g, h. Definition 1.2 Es seien zwei Funktionen g : D g → W g mit D g , W g R und h : D h → W h mit D h , W h R gegeben mit der Eigenschaft W g D h . Unter der Verkettung h g der Funktionen g, h versteht man die Funktion f : D g → W h mit dem Funktionsterm f(x) = (h g)(x) = h(g(x)). Ungewohnt an der Schreibweise h ◦ g ist die Tatsache, dass die zuerst „ausgeführte“ Funktion g an zweiter Stelle im Ausdruck steht, die zuletzt ausgeführte Funktion h hingegen an erster Stelle. Man muss den Ausdruck h ◦ g hinsichtlich seiner „Evaluation“ also „von rechts nach links“ lesen. Beispiel 1.6 In Beispiel 1.5 lauten die beiden verketteten Funktionen g : D g = R n {1} → W g = [0; ∞[n{1}: g(x) = x 2 h : D h = R n {1} → W g = R n {1}: h(v) = v+1 v−1 Sie haben im Zusammenhang mit dem Funktionskonzept gesehen, dass sich Funktionen oft durch Auflösung einer Gleichung ergeben. Dabei wird eine der in der Gleichung auftretenden Variablen x, y als Funktion der anderen geschrieben. Für diesen Vorgang gibt es bei zwei Variablen prinzipiell zwei Möglichkeiten, den Zusammenhang durch eine Funktion zu beschreiben: Auflösung nach x oder Auflösung nach y. Beispiel 1.7 Es sei angenommen, dass ein ökonomischer Zusammenhang zwischen dem Preis x eines Produktes und der von diesem Produkt nachgefragten Menge y besteht, der von der Form y = 40 − 2x ist, wobei x ∈ [0, 20]. Die Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="26"?> 1.4 Verkettung und Umkehrung von Funktionen 27 nachgefragte Menge y liegt dann im Intervall [0, 40]. Wir haben es also hier mit der Funktion f : [0; 20] → [0; 40], f(x) = 40 − 2x zu tun. In der Anwendung (z.B. bei der Berechnung von Cournot-Punkten) interessiert meist der umgekehrte Zusammenhang, nämlich welcher Preis x zu einer bestimmten nachgefragten Menge gehört. Hier löst man die Gleichung y = 40 − 2x durch Freistellung nach x auf und erhält x = 20 − 1 2 y. Der neu erhaltene Term in Abhängigkeit von y gehört zu einer Funktion, die man Umkehrfunktion zu f nennt: Definition 1.3 Eine Funktion g heißt Umkehrfunktion einer Funktion f : D → W , wenn gilt: [1] zu jedem y ∈ f( D ) gibt es genau ein x ∈ D mit f(x) = y, [2] zu jedem y ∈ f( D ) gilt f(x) = y genau dann, wenn g(y) = x. Man schreibt für die Umkehrfunktion g dann f −1 : f( D ) → D Den Wert f −1 (y) kann man sich anhand des Graphen von f verdeutlichen vgl. Abbildung 1.6 . Verwendet man das Verkettungssymbol ◦, so ergibt sich bei Verkettung der Funktion f mit der Umkehrfunktion f −1 die Identität, f −1 ◦ f = id, d.h. (f −1 ◦ f)(x) = f −1 (f(x)) = x. Ebenso gilt f ◦ f −1 = id . Eine Umkehrfunktion muss nicht notwendig existieren, denn die Gleichung f(x) = y kann in x mehrere Lösungen haben, wie schon das Beispiel der Funktion f(x) = x 2 zeigt. Allerdings existiert immer die Umkehrfunktion einer streng monotonen Funktion: Satz 1.1 Ist f : [a; b] → R eine streng monoton wachsende oder streng monoton fallende Funktion, so hat f eine Umkehrfunktion. Funktion und Umkehrfunktion werden im gleichen Koordinatensystem gezeichnet. Den Graphen von f −1 gewinnt man durch Tausch von Abszisse und Ordinate, d.h als Punktmenge {(f(x)|x) : x ∈ D }. Zeichnerisch erhält man den Graphen durch Spiegelung des Graphen von f an der „Hauptdiagonalen“ y = x; dazu muss auf Abszisse und Ordinate die gleiche Skalierung gewählt werden. vgl. Abbildung 1.6 Eine inhaltliche Interpretation der Koordinatenachsen ist nicht mehr möglich, wenn man Funktion und Umkehrfunktion in dasselbe Koordinatensystem einzeichnet. Beispielsweise stellt die Abszisse bei einer Nachfragefunktion x 7→ p(x) die nachgefragte Menge dar. Zeichnet man die zugehörige Umkehrfunktion p 7→ x(p) in dieses Schaubild, so stellt die Abszisse jetzt auch Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="27"?> 28 1 Das Funktionskonzept Abbildung 1.6: Graphische Ermittlung der Umkehrfunktion durch Spiegelung an der Diagonale y = x DGS den Preis dar. Die gleiche Ambivalenz gilt für die Ordinate. Deshalb werden gemeinsame graphische Darstellungen von Funktion und Umkehrfunktion meist nicht inhaltlich, sondern nur mathematisch-technisch interpretiert. Übungen zu Abschnitt 1.4 10. Berechnen Sie für die nachstehenden Funktionen f, g ∈ {f 1 , f 2 , f 3 , f 4 , f 5 } jeweils die Verkettung, d.h. die Hintereinanderausführung (f ◦g)(x) = f(g(x)). Welche der Funktionen f i ist Umkehrfunktion welcher Funktion f j ? Bestätigen Sie Ihre Zuordnung von Funktion und Umkehrfunktion auch graphisch, indem Sie Funktion und Umkehrfunktion in ein Koordinatensystem zeichnen. f 1 (x) = x+1 x , f 2 (x) = −x, f 3 (x) = 1 x , f 4 (x) = x, f 5 (x) = 1 x−1 11. Welche der Funktionen zu den nachstehenden Graphen hat eine Umkehrfunktion? Begründen Sie Ihre Antwort jeweils. a) b) c) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="28"?> 1.5 Relationen 29 1.5 Relationen Wie wir soeben gesehen haben, kann man zu jeder Funktion ihren Graphen als eine besondere Punktmenge im Koordinatensystem zeichnen. Umgekehrt aber gibt es eine Vielzahl von Punktmengen, die nicht Graphen von Funktionen sind. Zeichnet man beispielsweise den Graphen von f(x) = x 2 und spiegelt ihn an der Winkelhalbierenden y = x, so ergibt sich eine auf der Seite liegende Parabel vgl. Abbildung 1.7 . Hier ist nicht jedem x-Wert ein eindeutiger y- Wert zugeordnet, sondern man erhält zu jedem x-Wert mit x > 0 gleich zwei y-Werte, nämlich die beiden Wurzeln (s.o). Dieser Umstand führt zum Begriffder Relation: Definition 1.4 Es seien D , W Teilmengen von R . Eine Relation R zwischen D und W ist eine Teilmenge von D W . Dabei versteht man unter dem kartesischen Produkt D W die Menge aller Punkte (x|y), für die gilt x ∈ D und y ∈ W . Beispiel 1.8 Die Menge [2; 5] [0; 1] besteht aus allen Punkten (x|y) für die 2 ≤ x ≤ 5 und 0 ≤ y ≤ 1 gilt. Geometrisch ist sie das Rechteck mit den Eckpunkten (2|0), (2|1), (5|0) und (5|1). Die Menge aller Punkte P x = P 12x(1 − x) + 1 (x+1) 2 4 mit x ∈ [0; 1] ist eine Relation zwischen D = [2; 5] und W = [0; 1], die keine Funktion ist vgl. Abbildung 1.7 . Auch Beziehungen zwischen ökonomischen Größen müssen nicht immer eindeutig geklärt sein: Beispiel 1.9 Es seien x und y die verdeckten Angebote zweier Bieter A und B bei einer Auktion, bei welcher A als erster bietet. Dann entspricht der Zuschlag für Bieter A der mathematischen Relation R A = {(x|y) : x, y ≥ 0, x ≥ y}. Bekommt Anbieter A den Zuschlag, d.h. gilt (x|y) ∈ R A , so schreibt man auch: xR A y. Mit dieser Relation R A können die Gebote aller Bieter, die an der Auktion teilnehmen, zueinander in Beziehung gesetzt werden. Relationen können auch graphisch dargestellt werden vgl. Abbildung 1.7 , indem die betreffenden Mengen R skizziert werden. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="29"?> 30 1 Das Funktionskonzept Abbildung 1.7: Graphische Darstellung von Relationen - links Parabel und Umkehrparabel, Mitte Relation aus Beispiel 1.8, rechts Gebote, die zum Zuschlag für Bieter A bei einer Auktion führen Übungen zu Abschnitt 1.5 12. Skizzieren Sie die Graphen der folgenden Relationen: a) R 1 = {(x|y) ∈ R 2 : x 2 + y 2 = 1} b) R 2 = {(x|y) ∈ R 2 : xy − x = y − 1} c) R 3 = {(x|y) ∈ R 2 : |x − y| ≤ 1} d) R 4 = {(x|y) ∈ R 2 : x ist Gewicht, y ist Porto eines Briefes (Standard-, Kompakt-, Groß-, Maxibrief, Versand innerhalb Deutschland, ohne Zusatzleistungen und Rabatte)} Zusammenfassung Mit Funktionen werden (nicht nur) in den Wirtschaftswissenschaften rechnerische Zusammenhänge zwischen quantitativen Größen modelliert. Nach Bearbeitung von Kapitel 1 sollten Sie Funktionen als Zuordnungen quantitativer Größen verstehen, grundlegende Begriffe wie Definitions- und Wertebreich, Bild und Urbild einer Funktion kennen, den Graphen einer Funktion anhand einer Wertetabelle erstellen und darin das Wachstums- und Krümmungsverhalten beschreiben können, Verkettungen von Funktionen erkennen und berechnen können den Ansatz zur Bestimmung einer Umkehrfunktion aufstellen können, Relationen als Verallgemeinerungen des Funktionsbegriffs kennen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="30"?> 2 Lineare Funktionen Einsatz linearer Funktionen in der Ökonomie Beispiel 2.1 Bei einer Produktion von Computerbauteilen fallen fixe Kosten in Höhe von 20.000 e an, die Produktion eines einzelnen Bauteils kostet 0,45 e . Unterstellt man hier einen proportionalen Anstieg der Kosten, so berechnen sich die Kosten in Abhängigkeit von der Produktionszahl x mittels einer Funktion f mit dem Funktionsterm y = f(x) = 0, 45x + 20000. Der Graph der Funktion in diesem Beispiel ist eine gerade Linie vgl. Abbildung 2.1 . Solche Funktionen nennt man daher auch lineare Funktionen. Lineare Funktionen modellieren Zusammenhänge zwischen ökonomischen Größen, bei denen Änderungen der Output-Variable y proportional zu Änderungen der Inputvariable x sind. Sie werden z.B. eingesetzt als Kostenfunktionen (fixe Kosten zzgl. proportionale Kosten) Produktionsfunktionen (bei proportionaler Produktion) Nachfragefunktionen (bei linear fallendem Verlauf) Angebotsfunktionen (bei linear steigendem Verlauf) Trendfunktionen, d.h. als Modelle für Veränderungen ökonomischer Größen in der Zeit (Zeitreihenanalyse mit linearem Trend) Lineare Funktionen stellen oft die „Approximation“ eines eigentlich nichtlinearen Zusammenhangs dar. Diesen Sachverhalt werden wir in der Differentialrechnung (Kapitel 7) noch genauer beleuchten. 2.1 Normalform: (a n) linearer Funktionsterm Definition 2.1 Eine Funktion f : D → R , mit D R und dem Funktionsterm f(x) = a · x + b wobei a, b reelle Zahlen sind, heißt (affin-)lineare Funktion . Diese Darstellung einer linearen Funktion wird Normalform genannt. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="31"?> 32 2 Lineare Funktionen Abbildung 2.1: Graph der Kostenfunktion im einführenden Beispiel Der Definitionsbereich D einer linearen Funktion kann aus mathematischer Sicht die Menge R aller reellen Zahlen sein, in ökonomischen Anwendungen handelt es sich meist um die Menge [0; ∞[ der nichtnegativen reellen Zahlen oder ein Intervall [a; b]. Unterstellt man im Beispiel mit den Computerbauteilen beispielsweise, dass im betrachteten Zeitraum, für den die fixen Kosten veranschlagt werden, höchstens 80000 Bauteile hergestellt werden können, so wird man als Definitionsbereich das Intervall [0; 80000] (genau genommen, nur die ganzen Zahlen innerhalb dieses Intervalls) annehmen. Die Parameter a, b der Normalform lassen sich folgendermaßen interpretieren: 2.1.1 Interpretation des Faktors a der Normalform Der Parameter a der Normalform kann aus zwei beliebigen verschiedenen Punkten P (x 1 |y 1 ), Q(x 2 |y 2 ) des Graphen von f zurückgewonnen werden, es gilt nämlich y 2 − y 1 x 2 − x 1 = ax 2 + b − (ax 1 + b) x 2 − x 1 = ax 2 − ax 1 x 2 − x 1 = a(x 2 − x 1 ) x 2 − x 1 = a Der Koeffizient a misst demnach den Zuwachs im Funktionswert relativ zum Zuwachs des Argumentes. Der Ausdruck y 2 − y 1 x 2 − x 1 = f(x 2 ) − f(x 1 ) x 2 − x 1 wird als Differenzenquotient bezeichnet. Den Zuwachs nennt man auch Steigung von f. Je größer diese Steigung betragsmäßig ist, desto steiler verläuft der Graph der Funktion f. Ist a positiv, so ist f streng monoton wachsend, für negatives a ist f streng monoton fallend. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="32"?> 2.1 Normalform: (affin) linearer Funktionsterm 33 Abbildung 2.2: Festlegung einer linearen Funktion durch zwei Punkte; Steigung und Achsenabschnitte einer linearen Funktion DGS Beispiel 2.2 In Beispiel 2.1 vgl. S. 31 ist die Steigung 0, 45 die Änderung der Gesamtkosten bei Erhöhung der Produktion um ein Computerbauteil. Man bezeichnet diesen Wert hier als variable Kosten (je Stück). 2.1.2 Interpretation des Summanden b der Normalform Der Koeffizient b ist der Ordinatenabschnitt von f, es gilt also f(0) = b. Beispiel 2.3 In Beispiel 2.1 beschreibt der Koeffizient b die fixen Kosten bei der Produktion der Computerbauteile. 2.1.3 Nullstellen linearer Funktionen Falls a 6= 0 ist, so schneidet der Graph von f(x) = ax + b die Abszisse in genau einem Punkt, diese Nullstelle errechnet sich zu − b a . Beispiel 2.4 Die Nullstelle (der Abszissenabschnitt) der Funktion f(x) = −2x + 5 errechnet sich aus −2x + 5 = 0 ⇔ −2x = −5 ⇔ x = 5 2 . Der Ordinatenabschnitt ist 5. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="33"?> 34 2 Lineare Funktionen 2.1.4 Bestimmung der Normalform einer linearen Funktion aus zwei Punkten Sind P (x 1 |y 1 ), Q(x 2 |y 2 ) zwei Punkte mit x 1 6= x 2 , so lässt sich die Normalform der Geraden, die durch diese Punkte geht, bestimmen. Die Steigung ergibt sich als a = y 2 − y 1 x 2 − x 1 vgl. Abschnitt 2.1.1 . Den Ordinatenabschnitt erhält man dann durch Einsetzen eines Punktes z.B. Q(x 2 |y 2 ) und anschließendes Umstellen von y 2 = ax 2 + b zu b = y 2 − x 2 a = y 2 − x 2 y 2 − y 1 x 2 − x 1 , Beispiel 2.5 Von einer linearen Funktion sei bekannt, dass sie durch die Punkte P (−2|1) und Q(1| − 5) verläuft. Ihre Steigung berechnet sich dann als: a = (−5) − 1 1 − (−2) = −2 Der Ordinatenabschnitt ergibt sich durch Einsetzen z.B. des Punktes Q(1| − 5) zu f(1) = −5 ⇔ (−2) · 1 + b = −5 ⇔ b = −3 Die Normalform lautet also f(x) = −2x − 3. Mit dem anderen Punkt P erhalten Sie dasselbe Ergebnis. Übungen zu Abschnitt 2.1 1. Berechnen Sie für die jeweils angegebenen Punkte P , Q die Normalform f(x) = ax + b derjenigen linearen Funktion, deren Graph durch P und Q läuft. Prüfen Sie auch jeweils, ob die Funktion Nullstellen hat, und berechnen Sie diese. a) b) c) d) e) f) P (1|1) ( 1 2 | − 2) (−1|7) (0|t) (s|t) (−3| t t−1 ) Q (−1|5) ( 1 5 | 1 2 ) (0|7) (−2|3t) (s + 2|t + 4) (2| t 2 t−1 ) 2. Der Preis eines Produktes in Abhängigkeit von der nachgefragten Menge sei von der Form f(x) = ax+100 dabei sei a < 0. Berechnen Sie die Nullstelle von f und erläutern Sie deren Bedeutung im ökonomischen Kontext. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="34"?> 2.2 Punkt-Steigungsform einer linearen Funktion f 35 3. Eine Maschine im Wert von 28000 e soll innerhalb von fünf Jahren linear abgeschrieben werden, d.h. jedes Jahr soll derselbe Wertanteil steuerlich geltend gemacht weden. Finden Sie eine Funktion f : D → R , mit der der Restwert f(x) nach x Jahren beschrieben wird. 4. Ein Pkw-Fahrer steht mit laufendem Motor in einem Autobahnstau. Der Bordcomputer des Wagens zeigt eine zurückgelegte Strecke von 75 km, einen Tankinhalt von 15 Litern und 6,7 l/ 100km Durchschnittsverbrauch an. Nach 10 Minuten wird ein Durchschnittsverbrauch von 7,2 l/ 100km angezeigt. Wie lange könnte der Fahrer den Motor noch im Leerlauf eingeschaltet lassen? 2.2 Punkt-Steigungsform einer linearen Funktion f Sind hingegen nur ein beliebiger Punkt P (x 0 |f(x 0 )) auf dem Graphen von f und die Steigung a von f vorgegeben, so ergibt sich der Funktionswert an einem beliebigen anderen Punkt aus der Steigungsformel a = f(x) − f(x 0 ) x − x 0 indem man diese Formel nach f(x) umstellt: f(x) = f(x 0 ) + a(x − x 0 ) Diese Darstellung heißt Punkt-Steigungsform . Daraus erhält man auch wieder die Normalform f(x) = a · x + (f(x 0 ) − ax 0 ) | {z } =b . Beispiel 2.6 Von einer linearen Funktion sei bekannt, dass sie durch den Punkt P (2|4) verläuft und die Steigung a = 3 hat. Ihre Punkt-Steigungsform ist dann f(x) = 4 + 3(x − 2) Die Normalform ergibt sich durch Ausmultiplizieren und Zusammenfassen zu f(x) = 4 + 3x − 3 · 2 = 3x − 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="35"?> 36 2 Lineare Funktionen Übungen zu Abschnitt 2.2 5. Wie lauten jeweils die Punkt-Steigungsform und die Normalform der Funktion, die mit der angegebenen Steigung a durch den angegebenen Punkt P (x 0 |y 0 ) verläuft? a) b) c) d) a 2 −3 4 5 −2 P (1| − 1) (−3|4) (5|6) (−1| − 1) 6. Wie lautet die Punkt-Steigungsform der Funktion f : R → R , f(x) = 3x + 2 im Punkt P (t 2 |f(t 2 )), wobei t ∈ R ? 7. Ein Energieversorger bietet folgenden Stromtarif an: Bei einem Arbeitspreis von 20,29 Cent je kWh werden für einen Jahresverbrauch von 3250 kWh insgesamt 933 Euro in Rechnung gestellt. Stellen Sie - bei gleichbleibendem Grund- und Arbeitspreis - die lineare Kostenfunktion K : D → R in Abhängigkeit vom Jahresverbrauch auf (Punkt-Steigungsform). Geben Sie die Normalform an und erläutern Sie die Bedeutung des konstanten Gliedes darin. 2.3 Darstellung einer linearen Funktion mit Geradengleichung Eine lineare Funktion kann auch durch eine Geradengleichung, d.h. eine lineare Gleichung der Form a 1 x + a 2 y = c mit a 1 , a 2 , c ∈ R und a 2 6= 0 beschrieben werden. Man erhält dann die Normalform, indem man nach y auflöst: f(x) = − a 1 a 2 x + c a 2 . Die Darstellung mittels Geradengleichung ist nicht eindeutig. Bei Multiplikation der Gleichung mit einer beliebigen Konstanten 6= 0 ergibt sich dieselbe Gerade. Zur Normalform f(x) = ax + b gehört z.B. die Geradengleichung −ax + y = b. Beispiel 2.7 Die Normalform y = 2x − 3 lässt sich z.B. in die Geradengleichung 2x − y = 3 überführen. Zur Geradengleichung −4x + 12y = 10 lautet die Normalform y = 1 3 x + 5 6 . Durch eine Geradengleichung a 1 x + a 2 y = b mit a 2 = 0 und a 1 6= 0 kann zudem eine vertikale Gerade beschrieben werden, allerdings handelt es sich dann bei der Gerade nicht mehr um den Graphen einer Funktion. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="36"?> 2.4 Umkehrfunktion und Normale einer linearen Funktion 37 Abbildung 2.3: Die Normale zu einer linearen Funktion f im Punkt P (x 0 |f(x 0 )) Übungen zu Abschnitt 2.3 8. Eine Gerade hat die zwei Darstellungen 3x + sy = 11 und y = tx + 11 2 . Bestimmen Sie s und t. 2.4 Umkehrfunktion und Normale einer linearen Funktion Aus der Funktionsgleichung y = f(x) = ax + b mit Steigung a 6= 0 lässt sich durch Umstellen nach x x = 1 a y − b a die Umkehrfunktion mit dem Funktionsterm f −1 (x) = 1 a x − b a erhalten. Beispiel 2.8 Die Umkehrfunktion zu f(x) = 3x − 2 erhalten Sie wie folgt: [1] Stellen Sie die Gleichung y = 3x − 2 auf. [2] Lösen Sie die Gleichung nach x auf: x = 1 3 y + 2 3 . [3] Vertauschen Sie die Variablen: y = 1 3 x + 2 3 . [4] Die Umkehrfunktion lautet f −1 (x) = 1 3 x + 2 3 . Eine weitere mit einer nichtkonstanten linearen Funktion f(x) = ax + b verbundene lineare Funktion ist die Normale . Zu einem vorgegebenen Punkt P (x 0 |f(x 0 ) des Graphen von f ist sie diejenige lineare Funktion h(x) = ~ ax + ~b, deren Graph Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="37"?> 38 2 Lineare Funktionen senkrecht zum Graphen von f durch den Punkt P (x 0 |f(x 0 )) verläuft. Für die Steigung der Normalen gilt: ~ a = − 1 a und damit erhält man ihre Punkt-Steigungsform: h(x) = f(x 0 ) − 1 a (x − x 0 ) Beispiel 2.9 Zur linearen Funktion f(x) = 3x−2 bestimmt man die Normale im Punkt P (2|4), indem man den negativen Kehrwert der Steigung, also ~ a = − 1 3 bildet und die Punkt-Steigungsform h(x) = − 1 3 (x − 2) + 4 aufstellt. Die Normalform dazu ist h(x) = − 1 3 x + 14 3 . Übungen zu Abschnitt 2.4 9. Ermitteln Sie rechnerisch die Umkehrfunktionen von f: a) f(x) = 2x + 2 b) f(x) = − 1 3 x − 1 4 c) f(x) = x d) f(x) = x t + (t − 1) 10. Berechnen Sie die Normale zur Funktion f im Punkt P : a) f(x) = 3x + 2, P (2|8) b) f(x) = − 1 8 x + 12, P (−16|14) c) f(x) = 2 3 x + 7, P (3|9) 11. Für t ∈ R sei f t (x) = t(x−3)−1. Bestimmen Sie eine Zahl a ∈ R und die Schar (g t ) t2 R aller Funktionen g t (x) = ax + t, die senkrecht zu f 1 3 stehen. 12. Gibt es eine lineare Funktion f(x) = a(x − x 0 ) + y 0 (mit a 6= 0), deren Umkehrfunktion mit der Normalen im Punkt P (x 0 |y 0 ) übereinstimmt? 2.5 Schnittpunkte linearer Funktionen Beispiel 2.10 Sie wollen am Wochenenden mal wieder Ihre reiche Patentante besuchen, um sich ihr in Erinnerung zu rufen. Als (noch) nicht wohlhabender Student müssen Sie dazu ein Auto mieten. Zwei Angebote liegen Ihnen vor: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="38"?> 2.5 Schnittpunkte linearer Funktionen 39 Abbildung 2.4: Mögliche Schnittpunkte zweier Geraden: f 1 (grau) und f 2 (gestrichelt) haben unendlich viele Schnittpunkte; f 1 und f 3 haben keine Schnittpunkte; f 1 und f 4 haben genau einen Schnittpunkte. Die Firma KARO berechnet als Grundgebühr 20 e und eine Kilometerpauschale von 0,05 e . Von der Firma NAVIS können Sie den gleichen Wagentyp für eine Grundgebühr von 35 e und 0,02 e pro gefahrenen Kilometer erhalten. Für welches Angebot entscheiden Sie sich? Problemstellungen dieser Art treten in der Ökonomie sehr häufig auf (Break- Even-Punkt-Bestimmungen, z.B. bei Tarifvergleichen und Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage). Um den Bereich zu finden, in dem eines der beiden Angebote günstiger ist, sucht man zunächst nach dem Break-Even- Punkt , d.h. demjenigen Punkt, in dem beide Angebote gleich teuer sind. Modelliert man die beiden Angebote mittels linearer Funktionen, so muss also die Stelle x gefunden werden, an der die linearen Funktionen denselben Wert aufweisen. Die linearen Funktionsterme werden hierzu gleichgesetzt und anschließend nach x aufgelöst. Grundsätzlich gilt - auch bei anderen Funktionstypen: Ein Schnittpunktproblem ist stets ein Gleichsetzungsproblem. Mathematischer Ansatz zur Schnittpunktbestimmung: Zu zwei linearen Funktionen f(x) = ax + b, g(x) = cx + d ist ein Punkt (x 1 |y 1 ) gesucht, der auf beiden Graphen liegt vgl. Abbildung 2.4 . Falls a = c und b = d, gibt es unendlich viele Schnittpunkte Falls a = c und b 6= d, gibt es keinen Schnittpunkt (parallele Geraden) Falls a 6= c, gibt es genau einen Schnittpunkt: f(x 1 ) = g(x 1 ) ⇔ ax 1 + b = cx 1 + d ⇔ x 1 = d−b a−c Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="39"?> 40 2 Lineare Funktionen Beispiel 2.11 In Beispiel 2.10 lauten die beiden Funktionen f(x) = 0, 05x + 20 und g(x) = 0, 02x + 35. Für ihren Schnittpunkt setzt man an: f(x) = g(x) ⇔ 0, 05x + 20 = 0, 02x + 35 ⇔ 0, 03x = 15 und damit x = 500. Bei einer Gesamtstrecke unter 500 km ist das Angebot der Firma KARO günstiger, ab 500 km sollten Sie sich für die Firma NAVIS entscheiden. Übungen zu Abschnitt 2.5 13. Bestimmen Sie die Lage nachfolgender Geraden/ linearer Funktionen zum Graphen der Funktion f(x) = − 3 5 x + 7 5 : a) g(x) = 2x − 4 b) tx + 5y = 10 − t c) 6x + ty = t 14. Gegeben sind die Punkte A(−3| − 2), B(5| − 1), C(1|6) und D(−7|5). a) Zeichnen Sie die Punkte in ein Koordinatensystem und bestimmen Sie die Gleichungen der Geraden durch A und B, B und C, C und D sowie D und A, so dass ein Viereck entsteht. b) Stellen Sie die Geradengleichungen der Diagonalen dieses Vierecks auf und berechnen Sie ihren Schnittpunkt. c) Von welcher Art ist das Viereck? Berechnen Sie seinen Flächeninhalt. 15. Ein Wagen fährt auf der Bundesstraße von Neustadt nach Althausen mit einem konstanten Tempo von 75 Stundenkilometern. 2 Minuten, nachdem der Wagen in Neustadt losgefahren ist, startet ein weiterer Wagen auf derselben Strecke und fährt mit konstanten 80 Stundenkilometern. Er überholt den zuerst gestarteten Wagen noch vor Althausen. Wie weit sind Neustadt und Althausen mindestens voneinander entfernt? 16. Für t ∈ R seien die Funktionen f t , g t : R → R gegeben durch f t (x) = −(t 2 + 1)x − (t + 1) und g t (x) = (t 2 + 1)x + t − 1. a) Berechnen Sie den Schnittpunkt P (x t |y t ) von f t und g t . b) Berechnen Sie den Flächeninhalt des Dreiecks, welches von P und den Schnittpunkten von f t und g t mit der Abszisse bestimmt wird. Für welches t wird dieser Flächeninhalt maximal? 2.6 Ökonomische Anwendungen linearer Funktionen Wir wollen hier kurz ökonomische Funktionen erklären, für die es auch plausible lineare Ansätze gibt. Weitere ökonomische Funktionen werden Sie in Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="40"?> 2.6 Ökonomische Anwendungen linearer Funktionen 41 den nachfolgenden Kapiteln im Zusammenhang mit anderen mathematischen Funktionentypen kennen lernen. Typische lineare Funktionen in ökonomischen Anwendungen sind Kostenfunktionen, Nachfragefunktionen und Angebotsfunktionen. Eine Kostenfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen der produzierten Menge x eines Gutes - auch Produktionsertrag genannt - und den durch die Herstellung verursachten Kosten K(x). Die Kosten teilen sich auf in Fixkosten und variable Kosten . Dabei beinhalten die Fixkosten diejenigen Kosten, die für die Bereitstellung von Maschinen, Arbeitskraft, Mieten, etc. anfallen, ohne dass dabei schon produziert wird. Die variablen Kosten erfassen alle Auslagen, die in Abhängigkeit von der produzierten Menge variieren können. Eine lineare Kostenfunktion K(x) = ax + b berücksichtigt neben den Fixkosten b > 0 noch Stückkosten a > 0 je hergestellter Einheit des Produktes. Beispiel 2.12 Die Ikebau-GmbH stellt Massivholzregale der Marke „Bill“ her. Durch den Einsatz von Personal und Maschinen fallen Fixkosten in Höhe von 1000 e an. Die Materialkosten betragen 30 e pro hergestelltem Regal. Das Unternehmen rechnet mit der linearen Kostenfunktion K(x) = 30x+1000. Variable Kosten müssen nicht immer proportional zur Stückzahl sein. Dieser Fall tritt beispielsweise dann auf, wenn man bei der Beschaffung von Rohstoffen Rabatteffekte berücksichtigen kann oder die Entsorgung von besonders umfangreichen Abfällen aus der Produktion mit Strafkosten belegt wird. Beispiel 2.13 Im Mietwagenbeispiel 2.10 setzen Sie abhängig von der zurückgelegten Kilometerzahl x folgende stückweise lineare Planungskostenfunktion an: K(x) = min{0, 05x + 20 , 0, 02x + 35} = { 0, 05x + 20 falls x < 500 0, 02x + 35 falls x ≥ 500 Die fixen kilometerunabhängige Kosten sind hier 20. Die variablen Kosten werden durch die Funktion K 1 (x) = K(x)−20 = min{0, 05x , 0, 02x+ 14} beschrieben und sind nicht proportional zu der zurückgelegten Kilometerzahl. Eine Nachfragefunktion beschreibt - aus der Sicht eines Produzenten - den Zusammenhang zwischen dem Absatz x > 0 eines Produktes und dem Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="41"?> 42 2 Lineare Funktionen Stückpreis p(x), bei dem diese Nachfrage durch die Konsumenten zustande kommt. Lineare Nachfragefunktionen ergeben sich meist durch die Angabe des Prohibitivpreises und einer Absatzbegrenzung, z.B. in Form einer Produktionskapazität. Dabei versteht man unter dem Prohibitivpreis denjenigen maximalen Preis, ab dem das Produkt am Markt nicht mehr abgesetzt werden kann bzw. der Absatz nicht höher als die so genannte Sockelnachfrage ist, also diejenige Mindestmenge des Produktes, die beispielsweise aufgrund „elementarer Bedürfnisse“ der Konsumenten in jedem Fall abgesetzt wird. Beispiel 2.14 (Fortsetzung von Beispiel 2.12) In der Produktionssituation der Firma Ikebau wird angenommen, dass maximal 2000 Regale pro Absatzperiode produziert werden können. Diese können zum Herstellungspreis von 30 e vollständig abgesetzt werden. Durch Marktbefragungen hat Ikebau herausgefunden, dass der Prohibitivpreis 160 e beträgt. Zu diesen Informationen gehört die lineare Nachfragefunktion p(x) = ax + b, die durch die beiden Punkte P (2000|30) und Q(0|160) läuft. Man berechnet hieraus die Normalform wie in Beispiel 2.5 zu p(x) = −0, 065x + 160. Die berechnete Nachfragefunktion stellt den Preis-Absatz-Zusammenhang aus Sicht der Konsumenten dar. Für den Anbieter Ikebau ist in der Planungsphase die umgekehrte Relation wichtiger. Er möchte wissen, wie viele Regale er bei einem konkreten Stückpreis absetzt, da er hieran dann seine Produktionsplanung ausrichten kann. Um diesen Zusammenhang zu ermitteln, bildet man zur Nachfragefunktion die Umkehrfunktion x(p) = −15, 38p − 2461, 48 Wir schreiben die Umkehrfunktion p −1 (x) hier explizit als Funktion x von p, um die Abhängigkeit des Absatzes x vom Preis p deutlich zu machen. Eine Angebotsfunktion beschreibt den Zusammenhang zwischen der am Markt angebotenen Menge x eines Produktes und dem Marktpreis p, zu dem dieses Angebot zustande kommt. Werden insgesamt x Einheiten zum Preis p angeboten, so ergibt sich dieses Angebot durch diejenigen Produzenten, deren variable Produktionskosten unterhalb des Preises p liegen. Eine lineare Angebotsfunktion A(x) = ax + b mit b > 0 lässt sich so interpretieren, dass unterhalb des Preises b kein Anbieter für das Produkt gefunden werden kann. Die zu einem Preis p angebotene Menge x lässt sich über die Umkehrfunktion A −1 (p) = 1 a p − b a bestimmen. Oberhalb des Preises b nimmt das Angebot also proportional zum Preis zu. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="42"?> 2.6 Ökonomische Anwendungen linearer Funktionen 43 Übungen zu Abschnitt 2.6 17. Ein Paketbote braucht für die Auslieferung von 200 Paketen insgesamt 5 Stunden und 30 Minuten. Am Folgetag liefert er 300 Pakete in 8 Stunden aus. Ermitteln Sie eine lineare Funktion f(x) in Normalform, welche für x Pakete die Gesamt-Auslieferungszeit f(x) angibt. Welche Bedeutung haben die Koeffizienten in der Normalform, und welche Annahmen muss man hierzu an den Workload des Paketboten stellen? 18. Eine Kunstschmiede stellt Außenlampen her. Durch den Einsatz von Personal und Maschinen fallen wöchentliche Fixkosten in Höhe von 4500 e an. Die Materialkosten betragen 120 e pro hergestellter Lampe. Die Kunstschmiede erzielt einen Preis von 650 e pro Lampe. Wie viele Lampen muss die Kunstschmiede verkaufen, damit der Erlös die Kosten deckt? Zusammenfassung Lineare Funktionen sind die einfachsten Modelle für den Zusammenhang zwischen ökonomischen Größen und häufig Grundbausteine einer komplexeren Modellierung. Nach Bearbeitung des vorangegangenen Kapitels sollten Sie künftig in der Lage sein, lineare Zusammenhänge in einfachen ökonomischen Situationen zu erkennen, beispielsweise bei Vorliegen von fixen Kosten und Stückkosten oder in der Darstellung von Nachfragezusammenhängen. Koeffizienten einer linearen Funktion - auch im Sachzusammenhang - zu interpretieren, Normalform und Punkt-Steigungsform einer linearen Funktion wechselseitig auseinander oder aus steckbriefartigen Informationen - auch im Sachzusammenhang - herzuleiten. Umkehrfunktionen und Normale zu gegebenen linearen Funktion zu bestimmen. Schnittpunkte linearer Funktionen zu berechnen und dies auch im Sachzusammenhang anzuwenden. Dabei sollten Sie grundsätzlich auch Kurvenscharen (lineare Funktionen mit Parametern) behandeln können. Übungen zur Vertiefung von Kapitel 2 19. Für t ∈ R sei F t die Gerade durch die Punkte P t (t + 1|t − 2) und Q t (−3 − t|4 − t). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="43"?> 44 2 Lineare Funktionen a) Berechnen Sie die Normalform der linearen Funktion f t : R → R , mit dem Graphen F t (prüfen Sie auch, zu welchen t ∈ R eine solche Funktion existiert). b) Berechnen Sie jeweils die Achsenabschnitte der Funktion f t . Für welches t ∈ R liegt der Ursprung (0|0) auf dem Graphen von f t ? c) Es sei a ∈ R . Gibt es eine Funktion f t , welche die Steigung a hat? Wenn ja, berechnen Sie das zu a gehörige t. d) Zeigen Sie, dass die Graphen der Funktionen f t einen gemeinsamen Punkt N haben, und berechnen Sie dessen Koordinaten. e) Es sei G t die zu F t senkrechte Gerade durch N . Berechnen Sie - falls möglich - die Normalform der zugehörigen Funktion g t . f) Für welche t wird durch G t , F t und die Abszisse ein Dreieck D t festgelegt? Für welches t hat dieses Dreieck minimalen Flächeninhalt? Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="44"?> 3 Quadratische Funktionen Einsatz quadratischer Funktionen in der Ökonomie Nach den linearen Funktionen bilden die quadratischen Funktionen den einfachsten Typ zur Darstellung von Zusammenhängen in der Ökonomie. Bei linearer Nachfragefunktion ist die Erlösfunktion quadratisch; wenn dann auch noch die Kostenfunktion linear (oder quadratisch) ist, so erhält man auch eine quadratische Gewinnfunktion. Daneben können quadratische Funktionen aber auch unmittelbar zur Modellierung nichtlinearer Nachfragefunktionen verwendet werden. Falls mit einer ökonomischen Entscheidung ein Verlust verbunden ist, so wird dieser ebenfalls oft durch eine quadratische Funktion modelliert. Schließlich treten quadratische Funktionen auch als Grenzertragsfunktionen (Ableitungen von Ertragsfunktionen) in der ertragsgesetzlichen Produktion auf. Mit quadratischen Funktionen kann man zudem nichtlineare Zusammenhänge besser annähern als bei alleinigem Rückgriffauf lineare Funktionen. Anwendungssituationen in der Ökonomie, in denen mit quadratischen Funktionen gearbeitet wird, erfordern meist die Angabe der Hoch- oder Tiefpunkte, die bei quadratischen Funktionen Scheitelpunkte heißen. Im Gegensatz zu den meisten anderen noch zu besprechenden Funktionstypen lassen sich diese ohne Differentialrechnung direkt aus dem Funktionsterm mittels quadratischer Ergänzung bestimmen. Wir besprechen zunächst die verschiedenen Darstellungsformen quadratischer Funktionen. 3.1 Die Normalform einer quadratischen Funktion Die einfachste quadratische Funktion ist gegeben durch f : R → R , f(x) = x 2 Sie wird - genau wie ihr Graph - als Normalparabel bezeichnet und nimmt jeden Wert y > 0 an. Die positive Lösung der Gleichung x 2 = y Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="45"?> 46 3 Quadratische Funktionen Abbildung 3.1: Graph der Normalparabel mit Urbildverhalten heißt Quadratwurzel und wird mit √y bezeichnet. Die zweite Lösung dieser Gleichung ist dann −√y, vgl. Abbildung 3.1. Der Ausdruck unter dem Wurzelzeichen heißt Radikand . Die Gleichung x 2 = 0 hat genau die Lösung x = 0, d.h. x = 0 ist die einzige Nullstelle von f. Für y < 0 ist die Gleichung x 2 = y mit reellen Zahlen nicht lösbar. Insgesamt hat die Normalparabel den Wertebereich Bild(f) = [0; ∞[= {y ∈ R : y ≥ 0}. Der Tiefpunkt der Normalparabel ist der Ursprung (0|0), er wird Scheitelpunkt genannt. Außerdem ist die Normalparabel achsensymmetrisch (zur Ordinate), d.h. für alle x ∈ R gilt f(x) = f(−x). Jede quadratische Funktion geht aus der Normalparabel durch Verschiebung des Scheitelpunktes, Spiegelung und/ oder Dehnung (bzw. Stauchung) hervor. Ihr Funktionsterm besitzt die sogenannte Normalform f(x) = ax 2 + bx + c mit a, b, c ∈ R , a 6= 0 Der Graph einer quadratischen Funktion heißt Parabel ; oft werden quadratische Funktionen ebenfalls als Parabeln bezeichnet. Die Parameter a, b, c in der Normalform legen die Gestalt bzw. die Abweichungen von der Normalparabel fest: Parameter a: Die Multiplikation der Normalparabel mit einem Faktor a bewirkt eine Dehnung (|a| > 1) bzw. Stauchung (|a| < 1) und gegebenenfalls eine vertikale Spiegelung der Normalparabel (a < 0), vgl. Tabelle 3.1 und Abbildung 3.2. Wenn gleichzeitig b = c = 0 gilt, so bleibt der Scheitelpunkt in (0|0), und das Symmetrieverhalten ändert sich ebenfalls nicht. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="46"?> 3.1 Die Normalform einer quadratischen Funktion 47 Dehnung: |a| < 1 Stauchung: |a| > 1 Öffnung nach oben: a > 0 0 < a < 1 a > 1 Öffnung nach unten: a < 0 −1 < a < 0 a < −1 Tabelle 3.1: Übersicht über die Öffnungsformen einer Parabel. Abbildung 3.2: Öffnung quadratischer Funktionen gemäß Tabelle 3.1; die blaue Kurve ist jeweils die Normalparabel. Parameter c: Die Addition von c bewirkt die vertikale Verschiebung der Parabel ax 2 um den Wert c. Die Parabel hat ihren Scheitelpunkt also in (0|c). Sie behält ihr Symmetrieverhalten. Parameter b: Wenn die Parabel einen Linearterm bx mit b 6= 0 hat, verschiebt sich die Symmetrieachse; der Scheitelpunkt ist horizontal und vertikal verschoben. Übungen zu Abschnitt 3.1 1. Auf welchen Parabeln f(x) = ax 2 bzw. g(x) = x 2 + c liegt jeweils der angegebene Punkt P (x 0 |y 0 )? Beschreiben Sie verbal die Lage der Parabeln verglichen mit der einer Normalparabel. a) P (2|7) b) P (6| − 12) c) P (2|t) d) P (t|2) e) P (t|2t) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="47"?> 48 3 Quadratische Funktionen 2. Auf welcher Parabel f(x) = ax 2 + c mit a, c ∈ R liegen jeweils die angegebenen Punkte P (x 0 |y 0 ) und Q(x 1 |y 1 )? a) P (1|0), Q(2|3) b) P (3|2), Q(−1| − 2) c) P (1|2), Q(2|t) d) P (s|t), Q(2s|2t) e) P (x 0 |y 0 ), Q(x 1 |y 1 ) mit x 0 6= x 1 3. Auf welcher Parabel f(x) = ax 2 + bx + c mit a, b, c ∈ R liegen jeweils die angegebenen Punkte P (x 0 |y 0 ), Q(x 1 |y 1 ) und R(x 2 |y 2 ). a) P (0|1), Q(1|2), R(3|10) b) P (1|1), Q(2|2), R(3|1) c) P (1|t), Q(2|4t), R(4|t) d) P (1|0), Q(−1|4), R(3|t) e) P (t|0), Q(2|1), R(−2|1) 3.2 Scheitelpunkt und Scheitelpunktform Der Funktionsterm einer quadratischen Funktion lässt sich immer in die Form f(x) = a(x − x s ) 2 + y s bringen, und aus dieser Form kann man den Scheitelpunkt S(x s | y s ) direkt ablesen. Für a > 0 (bzw. a < 0) erkennt man an diesem Term, dass die Funktion nur Werte ≥ y s (bzw. ≤ y s ) annehmen kann und dass der Extremwert genau für x = x s angenommen wird. Man nennt die Darstellung f(x) = a(x − x s ) 2 + y s wegen dieser Eigenschaft auch Scheitelpunktform . Für die Überführung einer quadratischen Funktion aus der Normalform in die Scheitelpunktform verwendet man die sogenannte quadratische Ergänzung . Dieser Begriffrührt daher, dass der Term so mit einem quadratischen Summanden ergänzt wird, dass sich im nächsten Schritt die erste oder zweite binomische Formel anwenden lässt. Zur Erinnerung: erste binomische Formel: (a + b) 2 = a 2 + 2ab + c 2 zweite binomische Formel: (a − b) 2 = a 2 − 2ab + c 2 dritte binomische Formel: (a + b)(a − b) = a 2 − b 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="48"?> 3.2 Scheitelpunkt und Scheitelpunktform 49 Für die Scheitelpunktform wird die Normalform nun wie folgt umgeformt: f(x) = ax 2 + bx + c = a(x 2 + b a x) + c = a(x 2 + b a x + b 2 4a 2 ) + c − b 2 4a (quadratische Ergänzung) = a(x + b 2a ) 2 + (c − b 2 4a ) (erste binomische Formel) Daraus ergibt sich der Scheitelpunkt S(x s | y s ) = S(− b 2a | c − b 2 4a ). Für a > 0 liegt im Scheitelpunkt ein Tiefpunkt (global) vor. Die Funktion f ist auf ]−∞; x s ] streng monoton fallend und auf [x s ; ∞[ streng monoton wachsend. Für a < 0 liegt im Scheitelpunkt ein Hochpunkt (global) vor. Die Funktion f ist auf ] − ∞; x s ] streng monoton wachsend und auf [x s ; ∞[ streng monoton fallend. Beispiel 3.1 Wir berechnen die Scheitelpunktform der Funktion f(x) = 2x 2 − 10x + 1 4 . Im Gegensatz zur Herleitung oben wird hier die zweite binomische Formel angewandt, da der Koeffizient des linearen Terms negativ ist: 2x 2 − 10x + 1 4 = 2(x 2 − 5x) + 1 4 = 2(x 2 − 2 · 5 2 x + 25 4 ) + 1 4 − 2 · 25 4 = 2(x − 5 2 ) 2 − 49 4 Der Scheitelpunkt ist damit der Punkt ( 5 2 | − 49 4 ) (beachten Sie hier die Vorzeichen! ). Dort liegt ein absoluter Tiefpunkt der Funktion vor - die Parabel ist nämlich nach oben geöffnet, denn der Koeffizient von x 2 in der Normalform ist positiv. Übungen zu Abschnitt 3.2 4. Wie lautet die Scheitelpunktform zu folgender Funktion? a) f(x) = 2x 2 − x + 7 b) f(x) = x 2 − 7 c) f(x) = −3x 2 + 5x d) f(x) = x 2 − 4tx + t 2 e) f(x) = tx 2 + 2t 2 x − 2t Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="49"?> 50 3 Quadratische Funktionen 5. Bestimmen Sie anhand der Graphen die Scheitelpunktformen der zugehörigen quadratischen Funktionen: 3.3 Nullstellen und Schnittpunkte quadratischer Funktionen Wir betrachten zunächst den Spezialfall a = 1, d.h. eine Parabel der Form f(x) = x 2 + px + q. Eine Nullstelle der Funktion f ist Lösung der Gleichung x 2 + px + q = 0. Man nennt diese Gleichung eine quadratische Gleichung . Mit Hilfe der quadratischen Ergänzung p 2 4 bekommt man die äquivalente Gleichung x 2 + px + p 2 4 = p 2 4 − q bzw. (x + p 2 ) 2 = p 2 4 − q. Durch Wurzelziehen ergibt sich dann die p q -Formel , die aus der Schule auch als Mitternachtsformel bekannt ist: Abhängig vom Wert der Diskriminante D = p 2 4 − q hat die Funktion f(x) = x 2 + px + q [1] zwei Nullstellen x 1,2 = − p 2 ± √ p 2 4 − q, falls D > 0, [2] eine Nullstelle x = − p 2 , falls D = 0, [3] keine Nullstelle (in R ), falls D < 0. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="50"?> 3.3 Nullstellen und Schnittpunkte quadratischer Funktionen 51 Beispiel 3.2 Wir wenden die p-q-Formel für die Funktion f(x) = x 2 + 5x − 14 an. Hier gilt also p = 5 und q = −14. Demzufolge erhält man die Nullstellen: x 1,2 = − 5 2 ± √ 5 2 4 − (−14) = − 5 2 ± √ 25 4 + 14 = − 5 2 ± √ 81 4 = − 5 2 ± 9 2 Damit lauten die Nullstellen − 5 2 − 9 2 = −7 und − 5 2 + 9 2 = 2. Dasselbe Ergebnis erhalten Sie, wenn Sie die Nullstellen über die quadratische Ergänzung bestimmen: x 2 + 5x − 14 = 0 ⇔ x 2 + 5x = 14 ⇔ x 2 + 5x + 25 4 = 14 + 25 4 ⇔ (x + 5 2 ) 2 = 81 4 ⇔ x + 5 2 = ± 9 2 Auch hier ergeben sich also die Lösungen x 1,2 = − 5 2 ± 9 2 . Beispiel 3.3 Bei der Funktion f(x) = x 2 + 5x + 14 stellen wir fest, dass ihre Diskriminante D = 25 4 − 14 = − 31 4 negativ ist, und daher die Gleichung x 2 + 5x + 14 = 0 keine Lösungen in R hat, d.h. die Funktion f hat keine Nullstellen. Beispiel 3.4 Hingegen hat die Funktion f(x) = x 2 + 5x + 25 4 nur die Nullstelle x = − 5 2 , denn die Diskriminante ist Null. Leiten Sie die Aussagen der beiden letzten Beispiele doch einmal mit Hilfe der quadratischen Ergänzung her. Für eine quadratischen Funktion f(x) = ax 2 + bx + c mit beliebigem a 6= 0 ergeben sich die Nullstellen von f durch eine Verallgemeinerung der p-q- Formel, indem wir die Nullstellen der Funktion g(x) = x 2 + b a x+ c a berechnen. Diese stimmen nämlich mit denen der Funktion f überein. Die Funktion f(x) = ax 2 + bx + c mit der Diskriminante D = b 2 4a 2 − c a hat [1] zwei Nullstellen x 1,2 = − b 2a ± √ b 2 4a 2 − c a , falls D > 0, [2] eine Nullstelle x = − b 2a , falls D = 0, [3] keine Nullstelle (in R ), falls D < 0. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="51"?> 52 3 Quadratische Funktionen Beispiel 3.5 Betrachten wir die Funktion f(x) = 2x 2 − 10x − 11 2 , so erhält man als Diskriminante D = 10 2 4 2 2 − 11 2 2 = 9 und damit die beiden Nullstellen x 1 = − 10 4 − √9 = − 1 2 und x 2 = − 10 4 + √9 = 11 2 . In folgenden Fällen können Sie sich das Leben aber erleichtern: Falls bei der Funktion der Linearterm fehlt, sie also die Form f(x) = ax 2 + c hat, so können Sie durch Umstellen und anschließendes direktes „Wurzelziehen“ die Nullstellen berechnen: Beispiel 3.6 Bei der Funktion f(x) = 3x 2 − 27 löst man also die Gleichung 3x 2 − 27 = 0 ⇔ 3x 2 = 27 ⇔ x 2 = 9 ⇔ x 1,2 = ±√9 = ±3 d.h. die Nullstellen sind x = −3 und x = 3. Fehlt hingegen bei der Funktion das konstante Glied c, ist sie also von der Form f(x) = ax 2 + bx, so können Sie die Variable x faktorisieren , d.h. ausklammern. In diesem Fall ist immer x = 0 eine der Nullstellen. Beispiel 3.7 Bei der Funktion f(x) = 3x 2 + 7x = x(3x + 7) folgt: x(3x + 7) = 0 ⇔ x = 0 ∨ 3x + 7 = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = − 7 3 Als Nullstellen erhalten Sie also x = 0 und x = − 7 3 . Mit der Nullstellenformel für quadratische Funktionen lassen sich nun auch Schnittpunkte von quadratischen Funktionen f(x) = ax 2 + bx + c, g(x) = px 2 + qx + r (mit a 6= 0 und b 6= 0) bestimmen. Die Gleichung f(x) = g(x) wird dazu in die Gleichung (a − p)x 2 + (b − q)x + (c − r) = 0 überführt. Hier erkennt man nun verschiedene Fälle: [1] Falls a = p und b = q, so gehen f und g durch eine vertikale Verschiebung auseinander hervor. Abgesehen vom Fall c = r, bei dem f und g übereinstimmen, haben sie keinen Schnittpunkt. [2] Falls a = p, aber b 6= q so haben f und g dieselbe Öffnung. Die sich ergebende Gleichung (b − q)x + (c − r) = 0 ist linear und hat genau eine Lösung. [3] Falls a 6= p, so ist die Gleichung (a − p)x 2 + (b − q)x + (c − r) = 0 wieder quadratisch und kann je nach Wert ihrer Diskriminante D = (b−q) 2 4(a−p) 2 − c−r a−p keine, eine oder zwei Lösungen haben. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="52"?> 3.3 Nullstellen und Schnittpunkte quadratischer Funktionen 53 Abbildung 3.3: Passante, Tangente und Sekante an eine Parabel [a] Für D < 0 hat die Gleichung keine Lösung, die Funktionen haben also keine Schnittpunkte. [b] Für D = 0 hat die Gleichung genau eine Lösung, der zugehörige Schnittpunkt wird auch Berührpunkt genannt, denn die beiden Parabeln „tangieren“ sich im Schnittpunkt lediglich (dieses Verhalten kann man genauer erst im Rahmen der Differentialrechnung besprechen). [c] Für D > 0 hat die Gleichung zwei Lösungen, d.h. die Funktionen haben auch zwei Schnittpunkte. Ebenso lassen sich Schnittpunkte bzw. Berührpunkte einer quadratischen Funktion f(x) = ax 2 + bx + c (mit a 6= 0) und einer linearen Funktion g(x) = qx + r anhand der Diskriminante D = (b−q) 2 4a 2 + c−r a bestimmen. Dabei können drei verschiedene Fälle auftreten vgl. Abbildung 3.3 : [1] Für D < 0 haben die Gerade und die Parabel keine gemeinsamen Schnittpunkte. Man nennt die Gerade dann eine Passante der Parabel. [2] Für D = 0 haben die Gerade und die Parabel genau einen Schnittpunkt. Die Gerade heißt dann Tangente an die Parabel. [3] Für D > 0 gibt es zwei Schnittpunkte der Parabel mit der Geraden. Dann nennt man die Gerade eine Sekante zur Parabel. Diese Begriffe werden entsprechend auch in der Geometrie des Kreises verwendet, woher sie Ihnen vielleicht auch bekannt sind. In der Differentialrechnung werden wir später wieder auf Sekanten und Tangenten an Funktionsgraphen zurückkommen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="53"?> 54 3 Quadratische Funktionen Übungen zu Abschnitt 3.3 6. Lösen Sie die folgenden Gleichungen: a) x 2 + 8x − 9 = 0 b) 4x − 2 − 2x(3x − 4) = 4 c) (2x − 3) 2 = (x − 1)(x − 4) − 9x d) x 2 + tx + t + 5 4 = 0 e) −x 2 + (t + 2)x − (t + 2) = 0 7. Welche Schnittpunkte haben die Funktionen f und g? Beschreiben Sie auch jeweils die Lage der Funktionen zueinander. a) f(x) = 1 2 x 2 + x − 1, g(x) = 2x + 3 b) f(x) = 2 t x 2 − 3x + t, g(x) = 1 2 x − t 4 8. Welche Funktion g(x) = 1 4 x + t ist Tangente zu f(x) = 1 2 x 2 − 2x + 1? 9. Bestimmen Sie die auf g(x) = 2x + 3 senkrecht stehende lineare Funktion, die eine Tangente von f(x) = 1 2 x 2 + x − 1 ist. 3.4 Linearform quadratischer Funktionen Die Faktorisierung quadratischer Funktionen wie in Beispiel 3.7 vgl. S. 52 ist eine besonders elegante Art, um Nullstellen möglichst schnell zu erfassen. Gelingt es nämlich, die quadratische Funktion in der sogenannten Linearform f(x) = (x − x 1 )(x − x 2 ) zu schreiben, so kann man die Nullstellen x 1 und x 2 der Funktion direkt ablesen, denn ein Produkt ist genau dann gleich Null, wenn mindestens einer der Faktoren gleich Null ist. Der Satz von Viëta sagt, welche Gestalt die Linearfaktoren dann haben müssen: Satz von Viëta: Jede quadratische Funktion f(x) = x 2 + px + q mit wenigstens einer Nullstelle lässt sich faktorisieren als f(x) = (x − x 1 )(x − x 2 ) wobei x 1,2 = − p 2 ± √ p 2 4 − q. Es gilt dann p = −(x 1 + x 2 ) und q = x 1 x 2 . Der Satz von Viëta liefert kein Konstruktionsverfahren zur Nullstellenbestimmung, er ist aber dennoch zur Nullstellenermittlung geeignet, wenn p, q ganze Zahlen sind und man ganzzahlige Nullstellen vermutet. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="54"?> 3.5 Umkehrung quadratischer Funktionen 55 Beispiel 3.8 Für die Funktion f(x) = x 2 − 4x − 21 gilt p = −4 und q = −21. Vermutet man ganzzahlige Nullstellen x 1 , x 2 , so müssen diese Teiler von q = 21 sein. Hier kommen nur die Teilerpaare ±1, 21 und ±3, 7 in Frage. Die verschiedenen Möglichkeiten, Teiler und Vorzeichen zu kombinieren, sind schnell durchgespielt: Schreibt man q als Produkt der Teiler −3 und 7, bestimmt also x 1 , x 2 zu x 1 = −3 und x 2 = 7, so gilt q = x 1 · x 2 = (−3) · 7 = −21 und p = −(x 1 + x 2 ) = −(−3 + 7) = −4. Man kann f daher auch in der Form f(x) = (x + 3)(x − 7) schreiben und erhält als Nullstellen der Funktion x = −3 und x = 7. Übungen zu Abschnitt 3.4 10. Bestimmen Sie die Linearfaktor-Darstellung nach Viëta: a) f(x) = x 2 − 6x − 8 b) f(x) = x 2 − 7 c) f(x) = x 2 + 5x d) f(x) = 7x 2 + 105x − 392 e) f(x) = x 2 + (t + 4)x + 4t 3.5 Umkehrung quadratischer Funktionen Wie bei den linearen Funktionen interessiert auch bei einer quadratischen Funktion die Umkehrung dieser Funktion. Hier trifft man schon bei der Funktion f(x) = x 2 auf Schwierigkeiten, denn es muss die Gleichung x 2 = y nach x aufgelöst werden. Für y > 0 gibt es aber jeweils zwei Lösungen x = −√y und x = √y. Es gibt also nicht - wie zu fordern wäre - pauschal eine Möglichkeit der Umkehrung, sondern zwei. Man kann daher nicht von der Umkehrfunktion sprechen, sondern eine Umkehrung ist nur nach Einschränkung des Definitionsbereiches möglich. Man erhält also die möglichen Umkehrungen g 1 : [0; ∞[→ [0; ∞[, g 1 (x) = √x und g 2 : [0; ∞[→] − ∞; 0], g 2 (x) = −√x. Dieser Sachverhalt gilt für jede quadratische Funktion f. Sobald diese in der Scheitelpunktform f(x) = a(x − x s ) 2 + y s vorliegt, kann man wie bei der Normalparabel die beiden möglichen Umkehrungen leicht bestimmen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="55"?> 56 3 Quadratische Funktionen Beispiel 3.9 Die Funktion f(x) = 2(x − 3) 2 − 7 hat den Definitionsbereich D = R und den Wertebereich W = [−7; ∞[. Für y ≥ −7 löst man die Gleichung y = 2(x − 3) 2 − 7 2(x − 3) 2 = y + 7 ⇔ (x − 3) 2 = y+7 2 Es ergeben sich die Lösungen x = 3+ √ y+7 2 und x = 3− √ y+7 2 . Für y = 7 stimmen die Lösungen überein. Vertauscht man jetzt die Variablen x und y, so hat man zwei mögliche Umkehrfunktionen, nämlich g 1 : [−7; ∞[→ [3; ∞[, g 1 (x) = 3 + √ x+7 2 und g 2 : [−7; ∞[→] − ∞; 3], g 2 (x) = 3 − √ x+7 2 . Genau wie im vorangegangenen Beispiel hat im allgemeinen Scheitelpunkt- Fall die Gleichung y = a(x − x s ) 2 + y s die beiden Lösungen x = x s ± √ y−y s a falls der Radikand als nichtnegativ angenommen wird. Bei z.B. nach oben geöffneter Parabel, d.h. für a > 0 gibt es abhängig von der Wahl des Definitionsbereiches zwei Umkehrfunktionen: Die Funktion f 1 : [x s ; ∞[→ [y s ; ∞[, f 1 (x) = a(x − x s ) 2 + y s hat die Umkehrfunktion g 1 (x) = f −1 1 (x) = x s + √ x−y s a Die Funktion f 2 : ] − ∞; x s ] → [y s ; ∞[, f 2 (x) = a(x − x s ) 2 + y s hat die Umkehrfunktion g 2 (x) = f −1 2 (x) = x s − √ x−y s a Diese beiden Möglichkeiten sind in Abbildung 3.4 dargestellt. Eine quadratische Funktion in Normalform wird zunächst in Scheitelpunktform gebracht, anschließend lässt sich wie gerade beschrieben die teilweise Umkehrung durchführen. Übungen zu Abschnitt 3.5 11. Wie klein darf man x s ∈ R wählen, damit die Funktion f : [x s ; ∞[→ R eine Umkehrfunktion hat? Bestimmen Sie diese Umkehrfunktion (d.h. auch insbesondere ihren Definitionsbereich): a) f(x) = x 2 + 2 b) f(x) = x 2 − 4x c) f(x) = −3(x + 2) 2 + 4 d) f(x) = x 2 + tx − 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="56"?> 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen 57 Abbildung 3.4: Die zwei Möglichkeiten der teilweise Umkehrung einer quadratischen Funktion DGS 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen Wir erläutern den Nutzen quadratischer Funktionen anhand zweier Anwendungssituationen. In der ersten ergibt sich eine quadratische Gewinnfunktion aus einem linearen Ansatz für die Nachfrage in einem Monopol. Die zweite Situation arbeitet modellhaft mit einer quadratischen Nachfragefunktion. 3.6.1 Quadratische Gewinnfunktionen bei linearer Nachfragefunktion Wir nehmen Beispiel 2.12 vgl. S. 41 auf: Die Ikebau-GmbH stellt - immer noch - Massivholz-Regale der Marke „Bill“ her, und wir interessieren uns nun für die Gewinnsituation der Firma. Wie viele Regale muss die Ikebau-GmbH absetzen, damit ihr Umsatz bzw. ihr Gewinn maximal wird? Allgemein beschreibt die Umsatzfunktion bzw. die Erlösfunktion den Zusammenhang zwischen abgesetzter Menge x > 0 eines Gutes und dem hieraus erzielten Umsatz y (in Geldeinheiten). Der Umsatz berechnet sich als Produkt aus Absatzmenge und Stückpreis. Die Umsatzfunktion ist daher allgemein E(x) = x · p(x), wobei p(x) die Nachfragefunktion ist. Abhängig von der produzierten und abgesetzten Menge wurde für Ikebau schon die Nachfragefunktion zu p(x) = −0, 065x + 160 bestimmt. Die Erlösfunktion wird damit durch die Funktion E(x) = x · (−0, 065x + 160) = −0, 065x 2 + 160x Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="57"?> 58 3 Quadratische Funktionen beschrieben. Es handelt sich offensichtlich um eine quadratische Funktion. Allgemein ergibt sich bei linearer Nachfragefunktion stets eine quadratische Erlösfunktion. Mittels quadratischer Ergänzung erhält man die Scheitelpunktform der Erlösfunktion E(x) = − 13 200 x 2 + 160x = − 13 200 (x 2 − 32000 13 x) = − 13 200 (x − 2 · 16000 13 ) = − 13 200 (x − 16000 13 ) 2 + 13 200 16000 2 13 2 = − 13 200 (x − 16000 13 ) 2 + 1600 2 26 Der maximale Erlös liest sich aus dem Scheitelpunkt ab. Er beträgt 1600 2 26 ≈ 98461, 54 e und wird bei Produktion von 16000 13 ≈ 1230, 76 Regalen erzielt. Weil nur ganzzahlige Regalmengen hergestellt werden können, muss man jetzt die benachbarten Lösungen x = 1230 und x = 1231 vergleichen. Es stellt sich heraus, dass f(1231) ≈ 98461, 535 > 98461, 5 = f(1230), also ergibt die Produktion (und der Absatz) von 1231 Regalen maximalen Erlös. Aus Erlös E und Kosten K berechnet sich der Gewinn als Erlös abzüglich Kosten und wird damit durch die Funktion G(x) = E(x)−K(x) beschrieben. Man spricht von der Gewinnfunktion . Mit der schon bekannten Kostenfunktion K(x) = 30x + 1000 ergibt sich für den Gewinn von Ikebau hier auch eine quadratische Funktion, die Sie sofort in Scheitelpunktform bringen können: G(x) = E(x) − K(x) = −0, 065x 2 + 160x − (30x + 1000) = −0, 065x 2 + 130x − 1000 = −0, 065(x − 1000) 2 + 64000 Aus dem Scheitelpunkt der Gewinnparabel liest man ab: Bei einer abgesetzten Menge von 1000 Stück beträgt der maximale Gewinn 64000 e . Für die 1000 abgesetzten Regale errechnet sich ein Stückpreis von p(1000) = 95 e . Der zum gewinnmaximalen Absatz x ∗ gehörende Punkt C(1000|95) auf dem Graphen der Nachfragefunktion p(x) heißt Cournotscher Punkt . Er wird also rechnerisch durch die Bestimmung eines Hochpunktes der Gewinnfunktion mit anschließendem Einsetzen in die Nachfragefunktion berechnet. Dieser Vorgang kann auch zeichnerisch näherungweise vollzogen werden, wenn die Graphen von Gewinn- und Nachfragefunktion so übereinander abgebildet werden, dass auf beiden Abszissen die Absatzmenge in gleichem Maßstab eingetragen wird. Dies ist in Abbildung 3.5 illustriert. Wo die vertikale Linie durch den Scheitelpunkt der Gewinnparabel den Graphen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="58"?> 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen 59 Abbildung 3.5: Kosten, Gewinn, Erlös und Bestimmung des Cournotpunktes im Bespiel 2.12 DGS der Nachfragefunktion schneidet, liegt der Cournotsche Punkt. Beachten Sie, dass die Graphen der Kosten-, Erlös- und Gewinnfunktion - hier mittels Division durch 800 - skaliert werden mussten, damit sie mit der Nachfragefunktion gemeinsam dargestellt werden können. Ökonomen interessieren sich auch für die Frage, für welche Absatzmenge der Gewinn überhaupt positiv ist. Hierzu werden die Nullstellen der Gewinnfunktion bestimmt, und man erhält dadurch die Gewinnzone , die das Intervall positiven Gewinns beschreibt. Die kleinere der Nullstellen im ökonomischen Definitionsbereich nennt man Gewinnschwelle , die größere Nullstelle heißt Gewinngrenze . Dabei geht man stillschweigend davon aus, dass die Gewinnfunktion tatsächlich nur zwei Nullstellen im ökonomisch relevanten Definitionsbereich hat. Für die Ikebau GmbH berechnet sich die Gewinnzone aus den Nullstellen der Gewinnfunktion G(x) z.B. mit der p-q-Formel: G(x) = 0 ⇔ −0, 065x 2 + 130x − 1000 = 0 ⇔ x 2 − 2000x − 200000 13 = 0 ⇔ x 1,2 = 1000 ± √ 10 6 − 200000 13 ⇔ x 1,2 = 1000 ± 100 · √ 10 · 2 7 ⇔ x 1 = 7, 72 ∨ x 2 = 1992, 27 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="59"?> 60 3 Quadratische Funktionen Weil Ikebau nur ganzzahlige Regalmengen herstellen kann, liest man aus diesen Nullstellen ab, dass die Gewinnzone zwischen 8 und 1992 hergestellten Regalen liegt. Dabei ist 8 die Gewinnschwelle und 1992 die Gewinngrenze. 3.6.2 Modellierung von Nachfragesituationen durch quadratische Funktionen Im Fall der Firma Ikebau sind wir gerade von einer linearen Nachfragefunktion p(x) = −0, 065x + 160 ausgegangen, wodurch eine mathematisch besonders einfache Lösung des Gewinnproblems durch Untersuchung der quadratischen Gewinnfunktion G(x) = −0, 065x 2 + 130x − 1000 möglich wird. Ob die Nachfragefunktion aber tatsächlich linear modelliert werden darf, ist zumindest diskussionswürdig. Mit dem linearen Verlauf einer Nachfragefunktion nimmt man ja eine proportionale Änderung des Preises in Abhängigkeit von der Nachfrageänderung an. Man geht also im Fall der Firma Ikebau durch Verwendung der Nachfragefunktion p(x) = −0, 065x + 160 davon aus, dass eine Änderung einer Nachfrage um beispielsweise 10 Regale stets zu einer Preisänderung von 10 · 0, 065 = 0, 65 e führt, also z.B. sowohl im unteren Bereich bei einer Nachfrageänderung von 0 auf 10 Regale als auch im oberen Bereich bei einer Änderung des Absatzes von 1990 auf 2000 Stück. In der Statistik spricht man von einer gleichverteilten Nachfrage über dem Absatzbereich. In der Realität würde man aber eher vermuten, dass die Preisänderung (bei gleicher Nachfrageänderung) durchaus variieren kann, so dass man von dem Gedanken einer linearen Nachfragefunktion Abstand nehmen muss. Quadratische Funktionen als flexiblere, aber gleichzeitig noch handhabbare Alternative bieten sich hier an, allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass eine wachsende Nachfrage sich aus einem geringeren Preis erklärt, d.h. eine Nachfragefunktion wird als (streng) monoton fallend angenommen - dass in der Ökonomie auch nicht monoton fallende Nachfragefunktionen vorkommen können, sei hier nur am Rande erwähnt. Quadratische Funktionen sind daher nicht auf ihrem gesamten Definitionsbereich zur Modellierung geeignet, weil sie links und rechts des Scheitelpunktes unterschiedliches Monotonieverhalten haben. Dies ist zudem der Normalform nicht unbedingt anzusehen. Um beide Probleme bei der Nachfragemodellierung in den Griffzu bekommen, können Sie gleich mit der Scheitelpunktform p : D → R , p(x) = a(x − x s ) 2 + y s beginnen. Eine Nachfragefunktion dieser Form kann auf zwei Arten sinnvoll erklärt werden vgl. Abbildung 3.6 : Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="60"?> 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen 61 Abbildung 3.6: Graphen quadratischer Nachfragefunktionen (links und rechts). Auf den blau gepunkteten Kurven kann der Scheitelpunkt S eines Parabelstücks durch die Punkte P und Q liegen. DGS a > 0 und D ⊆]−∞; x s ]. In diesem Fall besteht der Graph der Nachfragefunktion aus dem links des Scheitelpunktes liegenden Teil. In Abbildung 3.6, links, ist diese Situation dargestellt. a < 0 und D ⊆]x s ; ∞[. Dann besteht der Graph der Nachfragefunktion aus dem rechts des Scheitelpunktes liegenden Teil. In Abbildung 3.6, rechts, ist diese Situation dargestellt. Sobald hingegen der Scheitelpunkt im Innern des Definitionsbereiches liegt, ist die Teil-Parabel nicht als Nachfragefunktion geeignet, da sie auf einer Seite des Scheitelpunktes streng monoton wachsend ist. In Abbildung 3.6, Mitte, ist diese Situation dargestellt. Wir betrachten nun speziell die Modellierung der Nachfragefunktion im Beispiel des Regalbaus. Wir setzen für diesen Fall einmal die Nachfragefunktion als spezielles Parabelsegment an: Die Parabel soll nach oben geöffnet sein und ihren Scheitelpunkt im rechten Randpunkt S = P (2000|30) haben. Sie hat also die Form p(x) = a · (x − 2000) 2 + 30 mit zunächst unbekanntem a > 0. Außerdem soll weiterhin der Prohibitivpreis von 160 e angenommen werden. Diese Information wird zur Bestimmung von a verwendet: p(0) = 160 ⇔ a(0 − 2000) 2 + 30 = 160 ⇔ a = 130 2000 2 = 0, 0000325 Dann lautet die Nachfragefunktion: p(x) = 0, 0000325(x − 2000) 2 + 30 = 0, 0000325x 2 − 0, 13x + 160. Den Graphen der Nachfragefunktion finden Sie in Abbildung 3.7. Möchte man mit dieser Nachfragefunktion wie zuvor die ökonomischen Gewinnbetrachtungen durchführen, so stellt sich ein neues Problem, denn sowohl die Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="61"?> 62 3 Quadratische Funktionen Abbildung 3.7: Graph der quadratischen Nachfragefunktion p(x) = 0, 0000325x 2 − 0, 13x + 160 im Intervall [0, 2000] zugehörige neue Erlösfunktion als auch die Gewinnfunktion sind nun keine quadratischen Funktionen mehr, sondern gehören zu einer anderen Funktionenklasse: E(x) = x · p(x) = 0, 0000325x 3 − 0, 13x 2 + 160x G(x) = E(x) − K(x) = 0, 0000325x 3 − 0, 13x 2 + 130x − 1000 Derartige ganzrationale Funktionen betrachten wir im folgenden Kapitel. Das Gewinnmaximum, den Cournot-Punkt und die Gewinnzone findet man mit Hilfe der Differentialrechnung, die später noch ausführlich besprochen wird. Wir beschließen den Abschnitt mit dem Hinweis, dass durch Verschiebung des Scheitelpunktes nach rechts oder links neben den Definitionsbereich eine andere quadratische Nachfragefunktion gewonnen werden kann. Zu jeder solchen Nachfragefunktion gehört eine spezielle Gewinnfunktion und demzufolge auch ein spezieller Cournot-Punkt. Durch Variation des Scheitelpunktes kann man insbesondere prüfen, wie sich „Ungenauigkeiten“ in der Modellierung der Nachfrage auf die Ergebnisse der Untersuchung (z.B. optimaler Gewinn, Cournot-Punkt) auswirken. Ökonomen sprechen hier von einer Sensitivitätsanalyse . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="62"?> 3.6 Ökonomische Anwendungen quadratischer Funktionen 63 Übungen zu Abschnitt 3.6 12. Berechnen Sie für die folgenden Eckdaten P (x 0 |y 0 ) und Q(x 1 |y 1 ) einer linearen Nachfragefunktion p(x) jeweils die Nachfragefunktion p und den Cournot-Punkt C, wenn die variablen Kosten c 0 sind. Fixe Kosten können Sie jeweils vernachlässigen. a) P (100|120), Q(1500|36), c 0 = 36 b) P (0|64), Q(1500|36), c 0 = 50 c) P (0|t), Q(20|c 0 ), 0 < c 0 < t 13. Berechnen Sie im Regalbau-Beispiel eine quadratische Nachfragefunktion durch die Punkte P (0|160) und Q(2000|30), deren Scheitelpunkt in P liegt. Wie lautet die zugehörige Gewinnfunktion? Zusammenfassung Quadratische Funktionen sind in der Ökonomie die wichtigsten nichtlinearen Ansätze zur Darstellung funktionaler Abhängigkeiten, wie wir später im Rahmen der Differentialrechnung noch erläutern werden. Sie werden Ihnen in Ihrem Studium immer wieder in zunehmender Komplexität begegnen. Nach Bearbeitung des vorangegangenen Kapitels sollten Sie daher in der Lage sein, Aussagen über die Normalform einer quadratischen Funktionen anhand ihres Graphen und umgekehrt über den Graphen anhand der Normalform zu machen sowie quadratische Funktionen für gegebene Steckbriefe zu bestimmen, die Scheitelpunktform einer quadratischen Funktion sowohl aus der Normalform mittels quadratischer Ergänzung als auch aus der graphischen Darstellung zu bestimmen, Nullstellen quadratischer Funktionen mit Hilfe der quadratischen Ergänzung und/ oder der p-q-Formel zu berechnen und diese Technik auf die Berechnung von Schnitt- und Berührpunkten zwischen quadratischen und linearen Funktionen anzuwenden, in Spezialfällen den Satz von Viëta anzuwenden, um die Faktordarstellung und damit die Nullstellen schneller zu erkennen, die teilweise Umkehrung quadratischer Funktionen durchzuführen, Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="63"?> 64 3 Quadratische Funktionen quadratische Gewinnfunktionen auf Grundlage linearer Nachfragefunktionen aufzustellen und den zugehörigen Cournot-Punkt zu bestimmen sowie quadratische Modelle für Nachfragefunktionen mit Scheitelpunkt in den Intervallrändern aufzustellen. Weil quadratische Funktionen später vielfach von weiteren Parametern abhängig sein werden, sollten Sie sich auch an den Gebrauch solcher Parameter in Form von Kurvenscharen gewöhnt haben. Übungen zur Vertiefung von Kapitel 3 14. Berechnen Sie zur angegebenen Funktion f diejenige Gerade g(x) = ax + b, welche mit f den Berührpunkt P (x 0 |f(x 0 )) gemeinsam hat. a) f(x) = x 2 , x 0 = 1 b) f(x) = x 2 − 4x + 7, x 0 = 4 c) f(x) = −2x 2 − 8x − 5, x 0 = −3 d) f(x) = 4x 2 + tx + 2, x 0 = 2 e) f(x) = −x 2 − x + 1, x 0 = t f) f(x) = tx 2 − 2x − 5, x 0 = −t 15. Ergänzen Sie den Steckbrief jeweils so, dass er eine quadratische Funktion f beschreibt, auf deren Graphen die Punkte P (x 0 |y 0 ) und Q(x 1 |y 1 ) liegen und die in S(x s |y s ) ihren Scheitelpunkt hat. Wann gibt es keine solche Funktion? a) P (1|1), Q(0|? ), S(2| − 1) b) P (2|3), Q(6|? ), S(4|1) c) P (0|1), Q(1|0), S(2|? ) d) P (0| − 1), Q(3|5), S(? | − 3) e) P (0|1), Q(1|0), S(t|? ) f) P (2|3), Q(6|3), S(t|? ) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="64"?> 4 Rationale Funktionen Einsatz rationaler Funktionen in der Ökonomie In vielen ökonomischen Anwendungssituationen kann man nicht mehr nur auf lineare oder quadratische Funktionen zurückgreifen, sondern muss die Modelle komplexer aufstellen, um Eckdaten der realen Situation zu erfassen. Ganzrationale Funktionen sind hier oft gut geeignet oder ergeben sich zwangsläufig aus der grundlegenden Modellierung. So haben wir schon im letzten Abschnitt den Gewinn aus der Regalproduktion der Firma Ikebau bei quadratischer Nachfragefunktion als ganzrationale Funktion dritten Grades berechnet. Ein weiteres Beispiel stellt das sogenannte (klassische) Ertragsgesetz dar. Man versteht darunter den funktionalen Zusammenhang zwischen einem speziellen Produktionsfaktor und dem Ertrag aus der Produktion, wenn alle weiteren Produktionsfaktoren unverändert bleiben („ceteris paribus“). Beispielsweise könnte eine solche Funktion den landwirtschaftlichen Ertrag in Abhängigkeit vom Einsatz eines Düngemittels beschreiben. Ein solches Ertragsgesetz hat oft die in Abbildung 4.1 dargestellte Form. Bei Steigerung einer geringen Dosierung des Düngers steigt der Ertrag zunächst überproportional an (Phase I), in der sich anschließenden Phase II ist die Ertragssteigerung nahezu proportional zur Änderung des Düngemitteleintrages. Mit dem Maximum des Durchschnittsertrages beginnt die Phase III des Ertragsgesetzes. Ab einer gewissen Menge wirkt der Dünger eher ertragsmindernd. Dieser Bereich, der bis zur Ertragslöschung führt, macht die Phase IV des Ertragsgesetzes aus. Dieser Verlauf lässt sich nicht mehr mit einer quadratischen Funktion, sondern mit einer ganzrationalen Funktion dritten Grades f(x) = ax 3 + bx 2 + cx + d modellieren, man nennt diesen Funktionstyp daher „ertragsgesetzlich“, selbst wenn es nicht mehr unbedingt um Erträge geht. So werden ertragsgesetzliche Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="65"?> 66 4 Rationale Funktionen Abbildung 4.1: Graphische Darstellung des Ertragsgesetzes und seiner Phasen. Gestrichelt: Durchschnittsertrag, mit dessen Maximalwert Phase III beginnt. Funktionen zur Modellierung von nichtlinearen variablen Kosten eingesetzt, sie lassen sich aber auch zur Darstellung von Produkt-Lebenszyklen in Abhängigkeit von der Zeit verwenden. Gebrochen rationale Funktionen werden vielfach zur Beschreibung relativer Größen herangezogen. Ein Beispiel hierfür ist der bereits angesprochene Durchschnittsertrag h(x) = f(x) x zu einer ganzrationalen Ertragsfunktion f. Auch Durchschnittskosten zu ertragsgesetzlichen Kostenfunktionen führen zu gebrochen rationalen Funktionen. Andere Beispiele gebrochen-rationaler Funktionen treten im Rahmen der Elastizitätsrechnung - einem auf dem Ableitungsbegriffbasierenden Konzept für relative Änderungen ökonomischer Größen - und im Zusammenhang mit der geometrischen Reihe auf. Im vorangegangenen Kapitel ist Ihnen bereits eine gebrochen-rationale Funktion begegnet: die Menge der möglichen Scheitelpunkte einer quadratischen Nachfragefunktion durch zwei gegebene Punkte ist durch den Graphen einer gebrochen-rationalen Funktion gegeben, wie Sie beispielhaft in Aufgabe 15.e) vgl. S. 64 des vorangegangenen Kapitels gesehen haben. 4.1 Potenzen und Monome Polynome bauen sich aus Potenzen einer Variablen x auf. Für eine Zahl a ∈ R und eine Zahl n ∈ N = {1, 2, 3, . . . } versteht man unter der Potenz a n den Ausdruck a · a · · · a mit insgesamt n Faktoren. Im Ausdruck a n wird a als Basis und n als Exponent bezeichnet. Es gelten die Potenzregeln: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="66"?> 4.1 Potenzen und Monome 67 Satz 4.1 (Potenzregeln für ganzzahlige Exponenten) [1] a n+m = a n a m für n, m ∈ N . [2] a n−m = a n a m für a 6= 0 und n > m. [3] (a n ) m = a nm für a ∈ R und n, m ∈ N . [4] (ab) n = a n b n für a, b ∈ R und n ∈ N . Versucht man, der zweiten Regel auch für n ≤ m eine Bedeutung zu geben, ergibt sich für a 6= 0 mit a 0 : = 1 und a −n : = 1 a n eine sinnvolle Erweiterung der Potenz für Exponenten n ≤ 0, und alle genannten Regeln lassen sich mit dieser Vereinbarung auf n, m ∈ Z übertragen. Sie sehen in den obigen Rechenregeln, dass sich Potenzen und Produkte gut miteinander vertragen. Für die mühsamere Umformung von Potenzen aus Summen, d.h. von (a + b) n ist die binomische Formel zuständig. Für die Exponenten n = 2, 3 sollte man sie auswendig können, weil diese Fälle sehr häufig vorkommen. Satz 4.2 (Wichtige Spezialfälle der binomischen Formel) [1] binomische Formel für n = 2: (a + b) 2 = a 2 + 2ab + b 2 [2] binomische Formel für n = 3: (a + b) 3 = a 3 + 3a 2 b + 3ab 2 + b 3 [3] binomische Formel für n = 4: (a + b) 4 = a 4 + 4a 3 b + 6a 2 b 2 + 4ab 3 + b 4 Diese und weitere Formeln für (a + b) n ergeben sich durch elementares, aber langwieriges Ausmultiplizieren. Allgemein gilt (a + b) n = a n + na n−1 b + n(n−1) 2 a n−2 b 2 + · · · + nab n−1 + b n Beim Ausmultiplizieren entstehen also Summanden der Form c nk a k b n−k , wobei k die Werte von 0 bis n durchläuft. Die dabei auftretenden Faktoren c n0 = 1, c n1 = n, c n2 = n(n−1) 2 , . . . , c nn = 1 heißen Binomialkoeffizienten . Sie werden im Pascalschen Dreieck zusammengefasst: n = 0 1 n = 1 1 1 n = 2 1 2 1 n = 3 1 3 3 1 n = 4 1 4 6 4 1 n = 5 1 5 10 10 5 1 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="67"?> 68 4 Rationale Funktionen Für den Binomialkoeffizient c nk zum Ausdruck a k b n−k verwendet man den Ausdruck ( n k ) (sprich „n über k“). Aus dem Pascalschen Dreieck liest man ab, dass sich ein Binomialkoeffizient als Summe der beiden in der darüber liegenden Zeile unmittelbar benachbarten Binomialkoeffizienten ergibt: Satz 4.3 (Additionseigenschaft der Binomialkoe zienten) ( n+1 k ) = ( n k−1 ) + ( n k ) Eine andere Darstellungsform des Binomialkoeffizienten ist mit Hilfe der Fakultät möglich. Für eine natürliche Zahl n ∈ N ist n! (sprich “n Fakultät“) erklärt als n! : = 1 · 2 · · · (n−1) · n (mit der zusätzlichen Vereinbarung 0! : = 1). Binomialkoeffizienten haben dann die wichtige Eigenschaft: Satz 4.4 Für alle n ∈ N 0 und k ∈ f0, : : : , ng ist ( n k ) = n! k! (n−k)! Der Binomialkoeffizient wird in der Kombinatorik verwendet, d.h. beim systematischen Abzählen von Elementen einer endlichen Menge; beispielsweise ist ( 49 6 ) die Anzahl der möglichen Ziehungsergebnisse im (deutschen) Lotto „6 aus 49“ (die sogenannten Kombinationen ohne Wiederholung). Unter einem Monom in der Variablen x versteht man eine Potenz x n mit n ∈ N 0 . Man drückt mit diesem zunächst scheinbar überflüssigen Begriffaus, dass die Potenz x n ein Funktionsterm in der Variaben x, d.h. in der Basis der Potenz ist (später werden wir auch Funktionen behandeln, bei denen der Exponent das Funktionsargument wird, die Funktionsterme heißen dann Exponentiale und die Funktionen bezeichnet man als Exponentialfunktionen). Eine Funktion, deren Funktionsterm ein Monom in x ist, heißt Monomfunktion . Maximaler Definitionsbereich der Monomfunktionen ist R . Für gerades n ist die Monomfunktion achsensymmetrisch zur Ordinate, d.h. es gilt f(x) = f(−x) für alle x ∈ R . Solche Funktionen heißen dann auch gerade Funktionen . Für Monomfunktionen gilt: Die Funktion ist genau dann gerade, wenn der Exponent n gerade ist. Für ungerades n ist die Monomfunktion punktsymmetrisch zum Ursprung, d.h. es gilt f(−x) = −f(x) für alle x ∈ R . Solche Funktionen heißen dann auch ungerade Funktionen . Für Monomfunktionen gilt: Die Funktion ist genau dann ungerade, wenn der Exponent ungerade ist. Monomfunktionen sind nicht automatisch umkehrbar, denn alle geraden Monomfunktionen haben wie bereits die Normalparabel immer zwei Urbilder. Erst bei Beschränkung des Definitionsbereiches auf D = [0; ∞[ lassen sie sich umkehren. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="68"?> 4.1 Potenzen und Monome 69 Abbildung 4.2: Graphen der Monomfunktionen f(x) = x n (blau) und der zugehörigen Wurzelfunktionen g(x) = n √x (gestrichelt) von links nach rechts für n = 2, 3, 4. Eingezeichnet ist auch (hellgrau) der Graph der Identitätsfunktion id(x) = x. Die positive Lösung der Gleichung x n = y, y ≥ 0, heißt n -te Wurzel von y. Als Symbol wird x = n √y verwendet. Die Berechnung einer (n-ten) Wurzel wird als Radizieren bezeichnet, wie bei Quadratwurzeln heißt der Term unter dem Wurzelzeichen Radikand . Beim Rechnen mit Wurzeln gibt es ein paar grundlegende Regeln: Satz 4.5 (Regeln für den Umgang mit n-ten Wurzeln) Falls x, y > 0 und n, m ∈ Z , so ist [1] n √x n = n √x n = x und n √x m = n √x m . [2] n √ m √x = nm √x, [3] n √xy = n √x n √y. Alle bisherigen Rechenregeln für Potenzen und Wurzeln lassen sich für Potenzen zu allgemeinen reellen Exponenten vereinheitlichen vgl. S. 113 . Mit der Wurzel(-funktion) g : [0; ∞[→ [0; ∞[, g(x) = n √x ist dann auch die Umkehrfunktion der Monomfunktion f : [0; ∞[→ [0; ∞[, f(x) = x n erklärt. Die Graphen der drei Monomfunktionen zu den Termen x 2 , x 3 , x 4 zusammen mit den zugehörigen Wurzelfunktionen sind in Abbildung 4.2 angegeben. Monome werden oft mit einem Vorfaktor a ∈ R versehen und auch dann als solche bezeichnet. Der Exponent n eines Monoms ax n heißt auch Grad des Monoms. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="69"?> 70 4 Rationale Funktionen Bei ungeradem Exponenten n hat die Gleichung x n = y auch für y < 0 eine Lösung, nämlich x = − n √−y. Dieser Wert wird ebenfalls als n-te Wurzel (einer negativen Zahl) bezeichnet und mit dem Symbol n √y dargestellt, aus unserer Sicht eine unglückliche Begriffsbildung, weil sie einen sehr isolierten Spezialfall der später noch behandelten allgemeinen Potenz darstellt, bei der die Basis stets nichtnegativ zu sein hat. Allerdings kommt man meist auch ohne n-te Wurzeln aus negativen Zahlen aus. Übungen zu Abschnitt 4.1 1. Vereinfachen Sie die folgenden Terme so weit wie möglich: a) (8a 3 )(4ab 2 ) + (2a 2 b)(−5a 2 b) b) u −2 v 2 w 4 − u 2 (vw 2 ) 2 c) (x −5 + 5x)(x −5 − 5x) d) x 5 (x −2 + x −1 ) 2 e) a 2n − 18a n + 81 f) 3x 4 y 2 − 6x 3 y 3 + 12x 2 y 4 − 24xy 5 g) ab 2 (2a 2 − b) 3 − a(8(a 3 b) 2 − b 5 ) 2. Vereinfachen Sie so weit wie möglich: a) √18 − 4√8 b) 3√7 3 − 2√7 2 + 5√7 5 c) 5 √ 96x 10 d) 3 √ 4a 5b 3 − b a e) √ u 4 − 5 √ u 3 v + 25 √ u 2 v 2 − 125 √ uv 3 f) 3 √ t 2 8 √t 24 √t 6 √t 3. Setzen Sie ein und vereinfachen Sie anschließend so weit wie möglich. a) t = √2 in t 2 −2t t−1 b) t = √ 3 2 in t 3 −t 2 t 2 −1 c) t = √3a in t(t 3 − t) + 2(a 2 − a) d) t = x(x − 1) in t−x t e) y = √ st 3 in 2 y s + 5 y t f) y = √1 − x 2 in 1−y 4 1−y 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="70"?> 4.2 Polynome und ganz-rationale Funktionen 71 4.2 Polynome und ganz-rationale Funktionen Ein Term, der als (gewichtete) Summe von Monomen verschiedenen Grades, d.h. als a n x n + a n−1 x n−1 + · · · + a 1 x + a 0 geschrieben werden kann, heißt Polynom (in x). Die darin auftretenden Faktoren a 0 , . . . , a n ∈ R heißen Koeffizienten des Polynoms. Eine ganzrationale Funktion ist dann eine Funktion f mit Polynom-Funktionsterm. Wenn keine Missverständnisse zu befürchten sind, wird für diese Funktion auch einfach der Begriff Polynom verwendet. Auch wenn die Reihenfolge der Glieder natürlich keine Rolle spielt, so werden aus Gründen der Übersichtlichkeit Polynome meist mit gliedweise absteigender oder gliedweise aufsteigender Monom-Potenz dargestellt - falls nicht anders beschrieben, gehen wir im Folgenden von absteigenden Potenzen aus. Falls in der obigen Darstellung a n 6= 0, so heißt die Zahl n Grad des Polynoms f, und man schreibt n = grad(f). Die Summanden eines Polynoms vom Grad n nennt man auch Glieder des Polynoms. Der Summand a 0 = a 0 x 0 heißt konstantes Glied, die weiteren Summanden a 1 x, a 2 x 2 , a 3 x 3 werden als lineares , quadratisches und kubisches Glied bezeichnet. Der Koeffizient a n eines Polynoms vom Grad n wird Leitkoeffizient genannt. Ein Polynom mit Leitkoeffizient 1 heißt auch normiertes Polynom. Beispiel 4.1 f(x) = −7x 4 + 2x 3 − x 2 + 5x − 7 2 ist ein Polynom vom Grad 4. Sein Leitkoeffizient ist (−7), die weiteren Koeffizienten sind 2 (kubisches Glied), −1 (quadratisches Glied), 5 (lineares Glied) und − 7 2 (konstantes Glied). Das Polynom g(x) = − 1 7 f(x) = x 4 − 2 7 x 3 + 1 7 x 2 − 5 7 x + 1 2 ist normiert, sein Leitkoeffizient ist 1. Der Graph eines Polynoms p(x) = a n x n + a n−1 x n−1 + · · · + a 0 vom Grad n folgt für betragsmäßig große Argumente x dem Graphen des Monoms q(x) = a n x n zu seinem Leitkoeffizienten. Im einem „Zwischenbereich“ kann das Polynom zusätzliche Nullstellen, Extrema und Wendepunkte aufweisen. Mit Techniken der Differentialrechnung ergibt sich folgender Sachverhalt: Satz 4.6 Ein Polynom n-ten Grades hat höchstens n Nullstellen, n − 1 (lokale) Extrema und n − 2 Wendestellen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="71"?> 72 4 Rationale Funktionen Abbildung 4.3: Polynomfunktion p(x) = x 3 − 3x 2 − 8 5 x + 14 5 (schwarz) und Monomfunktion q(x) = x 3 (blau). Links Darstellung im Intervall [−3; 3], rechts im Intervall [−10; 10]. Beispiel 4.2 p(x) = x 3 − 3x 2 − 8 5 x + 14 5 hat drei Nullstellen, zwei lokale Extrema und eine Wendestellen, vgl. Abbildung 4.3 links (wie man diese Stellen bestimmt, soll an dieser Stelle noch offen bleiben). Im links dargestellten Intervall [−3; 3] ist der Verlauf deutlich verschieden zum Monom q(x) = x 3 . Vergrößert man den Ausschnitt, so gleichen sich die Verläufe von p und q für große und kleine Werte von x an, vgl. Abbildung 4.3 rechts. Symmetrieeigenschaften eines Polynoms p(x) = a n x n + · · · + a 1 x + a 0 kann man an den Koeffizienten des Polynoms erkennen: Satz 4.7 (Symmetrie von Polynomen) [1] p ist eine (zur Ordinate) achsensymmetrische Funktion genau dann, wenn a k = 0 für alle ungeraden k (d.h. das Polynom enthält nur gerade Potenzen). [2] p ist eine (zum Ursprung) punktsymmetrische Funktion genau dann, wenn a k = 0 für alle geraden k (d.h. das Polynom enthält nur ungerade Potenzen). Da bei achsenbzw. punktsymmetrischen Polynomen ausschließlich gerade bzw. ausschließlich ungerade Potenzen auftreten, nennt man achsensymmetrische Polynom-Funktionen auch gerade Funktionen und punktsymmetrische Polynom-Funktionen auch ungerade Funktionen. Diese Begriffe werden aber nicht nur bei Polynomen, sondern auch bei anderen Typen von Funktionen verwendet. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="72"?> 4.2 Polynome und ganz-rationale Funktionen 73 Beispiel 4.3 f(x) = 3x 4 − 4x 2 + 2 ist eine gerade Funktion, f(x) = −x 5 + x ist eine ungerade Funktion. Zur einfachen Berechnung von Funktionswerten ganzrationaler Funktionen bietet sich das sogenannte Horner-Schema an. Bei diesem ist die Anzahl der Multiplikationen, die zur Berechnung erforderlich sind, deutlich geringer als bei der schlichten Auswertung eines Polynomausdrucks nach den Vorrangregeln „Punktrechnung vor Strichrechnung“. Die Rechenschritte des Horner-Schemas ergeben sich, indem man so weit wie möglich x ausklammert. Bei einem konstanten Glied im Polynom geht das natürlich nur für den links vom konstanten Glied stehenden Term. Beispiel 4.4 Beim Polynom f(x) = 2x 3 − 3x 2 − 4x + 8 klammert man wie folgt aus: f(x) = 2x 3 − 3x 2 − 4x + 8 = (2x 2 − 3x − 4) · x + 8 = ((2x − 3) · x − 4) · x + 8 Sie sehen, dass die Koeffizienten des Polynoms mit absteigendem Grad von innen nach außen in die Klammern eingehen. In dieser Reihenfolge gehen sie dann auch in die Berechnung ein. Anhand der Bestimmung von f(7) sei dies erläutert: Man beginnt mit dem inneren Ausdruck, multipliziert 2 mit x = 7 (Ergebnis 14), subtrahiert 3 (Ergebnis 11), multipliziert das Ergebnis mit x = 7 (Ergebnis 77), subtrahiert 4 (Ergebnis 73), multipliziert dann wieder mit x = 7 (Ergebnis 511) und addiert zum Schluss 8. Der gesuchte Funktionswert ist dann f(7) = 519. Diese Rechnung kann auch tabellarisch durchgeführt werden: Man beginnt in diesem Beispiel mit einer zweizeiligen Tabelle, Spaltenüberschriften sind die Koeffizienten mit absteigendem Grad. Als Zeilenbeschriftung der ersten Zeile wählt man den Wert von x, für den das Polynom ausgewertet werden soll. In die erste Spalte, erste Zeile trägt man zunächst den Wert Null ein: Beispiel 4.5 Für die Funktion aus dem vorangegangenen Beispiel lautet die Start- Tabelle zur Berechnung von f(7) also 2 −3 −4 8 7 0 Die Spalten werden nun von links nach rechts gefüllt, wobei die Auswertungen des geklammerten Ausdrucks nacheinander eingetragen werden. Das Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="73"?> 74 4 Rationale Funktionen bedeutet, dass der unterste Eintrag einer Zeile stets durch Addition der darüber liegenden Einträge berechnet wird (Spaltensaldo). Ist eine Spalte dann voll, so wird der oberste zu füllende Eintrag in der nächsten Spalte rechts berechnet, indem man den zuletzt berechneten Spaltensaldo mit dem Wert von x multipliziert, für den der Polynomwert berechnet werden soll. Anschließend folgt wieder Spaltensaldierung, dann Multiplikation usw. Beispiel 4.6 Für die gerade durchgeführte Funktionswertberechnung stellen wir den Fortgang des Horner-Schemas der Auswertung gegenüber: Auswertung Tabelle Einzelschritt f(7)=((2 · 7 − 3) · 7 − 4) · 7 + 8 2 −3 −4 8 7 0 2 2 + 0 = 2 = ((14 − 3) · 7 − 4) · 7 + 8 2 −3 −4 8 7 0 14 2 7 · 2 = 14 = (11 · 7 − 4) · 7 + 8 2 −3 −4 8 7 0 14 2 11 −3 + 14 = 11 = (77 − 4) · 7 + 8 2 −3 −4 8 7 0 14 77 2 11 7 · 11 = 77 = 73 · 7 + 8 2 −3 −4 8 7 0 14 77 2 11 73 −4 + 77 = 73 = 511 + 8 2 −3 −4 8 7 0 14 77 511 2 11 73 7 · 73 = 511 = 519 2 −3 −4 8 7 0 14 77 511 2 11 73 519 8 + 511 = 519 Beim Übertrag eines Wertes aus einer Spalte der Tabelle in die rechts davon befindliche Spalte wird dieser Wert also mit 7 multipliziert, anschließend wird durch Summation der Spalte der unterste Wert errechnet. Der zuletzt ganz rechts unten stehende Wert 519 ist der gesuchte Funktionswert. Auch wenn dieses Beispiel jetzt sehr aufwendig wirkt, sollten Sie sich klar machen, dass das Horner-Schema nur in dem schrittweisen Aufbau der zuletzt angegebenen Tabelle besteht und daher nicht wirklich umfangreich ist. Wenn Sie lieber bei der Ihnen geläufigeren summandenweisen Berechnung Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="74"?> 4.2 Polynome und ganz-rationale Funktionen 75 ? ? ? ? a n a n−1 a n−2 · · · a 0 x 0 a n x (a n x + a n−1 )x · · · ~ f(x)x 0 · x + a n = a n a n x + a n−1 (a n x + a n−1 )x + a n−2 · · · ~ f(x)x + a 0 = f(x) Tabelle 4.1: Tabellarische Darstellung des Horner-Schemas zur Auswertung eines Polynoms f(x) = a n x n + a n−1 x n−1 + · · · + a 1 x + a 0 von Polynom-Funktionswerten bleiben wollen oder darauf verweisen, dass moderne Taschenrechner Funktionswerttabellen ohne händische Rechnung erstellen, so möchten wir schon jetzt darauf hinweisen, dass mit dem Horner- Schema eine weitere Aufgabe im Zusammenhang mit rationalen Funktionen erledigt werden kann: die Division von Polynomen, bei welcher die rechnerischen Vorteile des Horner-Schemas erst richtig zum Tragen kommen. Die allgemeine Durchführung des Horner-Schemas erfolgt wie in Tabelle 4.1. Der in der letzten Spalte eingesetzte Ausdruck ~ f(x) ist der Term, der sich durch Ausklammern von x aus f(x) − a 0 ergibt. Übungen zu Abschnitt 4.2 4. Erstellen Sie mit dem Horner-Schema für die Funktion f(x) eine Wertetabelle mit den Funktionswerten f(0), f(±1), f(±2), f(±3) und für c) auch f(t), f( 1 √ t ): a) f(x) = −x 3 +2x 2 −x+7, b) f(x) = 3x 4 −x 2 +x−10, c) f(x) = tx 3 −2x+t 5. Berechnen Sie für das Polynom f(x) = x 3 − 12x 2 + 45x − 54 mit dem Horner-Schema den Wert h(x) = f(x + 3), x ∈ R . Erläutern Sie an einem Schaubild, in welchem Zusammenhang die Funktionen f und h zueinander stehen. Bestimmen Sie alle Nullstellen von f, indem Sie zunächst die Nullstellen von h berechnen. 6. Eine Funktion f heißt symmetrisch zur Gerade x = x 0 , wenn g(x) = f(x + x 0 ) eine gerade Funktion ist. Sie heißt punktsymmetrisch zum Punkt P (x 0 |f(x 0 )), wenn g(x) = f(x + x 0 ) − f(x 0 ) eine ungerade Funktion ist. Prüfen Sie die folgenden Polynome auf Achsenbzw. Punktsymmetrie zu den gegebenen Achsen bzw. Punkten bzw. berechnen Sie die fehlenden Bestimmungsstücke so, dass die Punkt- oder Achsensymmetrie gegeben ist. a) f(x) = 2x − 5 in P (7|9) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="75"?> 76 4 Rationale Funktionen b) f(x) = −4x + 7 in x = 3 c) f(x) = 3x 2 + 24x − 41 in x = 4 d) f(x) = −6x 2 − 24x − 9 in x = t e) f(x) = x 3 − 12x 2 + 50x − 22 in P (4|50) f) f(x) = −x 3 + 6x 2 − 2x + 7 in P (a|b) 4.3 Teilbarkeit von Polynomen und Polynomdivision Werden zwei Polynome addiert oder multipliziert, so erhält man wieder ein Polynom. Bei der Addition sind einfach jeweils die Koeffizienten derjenigen Glieder zu addieren, die übereinstimmende Potenzen x k aufweisen: Beispiel 4.7 Wir addieren p(x) = 2x 4 − 3x 2 + 5x + 1 und q(x) = 3x 4 − 5x 3 − x − 7: p(x) + q(x) = (2x 4 − 3x 2 + 5x + 1) + (3x 4 − 5x 3 − x − 7) = (2x 4 + 0x 3 − 3x 2 + 5x + 1) + (3x 4 − 5x 3 + 0x 2 − x − 7) = (2 + 3)x 4 + (0 − 5)x 3 + (−3 + 0)x 2 + (5 − 1)x + (1 − 7) = 5x 4 − 5x 3 − 3x 2 + 4x − 6 Bei der Multiplikation müssen Sie gemäß Distributivgesetz jedes Glied des einen Polynoms mit jedem Glied des anderen Polynoms multiplizieren. Die entstehenden Monome sind dem Grad nach zu sortieren und Koeffizienten zu Monomen gleichen Grades schließlich zusammenzufassen: Beispiel 4.8 Wir multiplizieren p(x) = (2x 4 − 5x + 1) und q(x) = (x 2 − 3x − 4): p(x)q(x) = (2x 4 − 5x + 1)(x 2 − 3x − 4) = 2x 4 (x 2 − 3x − 4) + (−5x)(x 2 − 3x − 4) + 1(x 2 − 3x − 4) = (2x 6 − 6x 5 − 8x 4 ) + (−5x 3 + 15x 2 + 20x) + (x 2 − 3x − 4) = 2x 6 − 6x 5 − 8x 4 − 5x 3 + 16x 2 + 17x − 4 Wie beim Rechnen mit natürlichen bzw. ganzen Zahlen folgt der Multiplikation unmittelbar der Teilbarkeitsbegriff. Ein Polynom g(x) heißt Teiler eines Polynoms f(x), wenn es ein weiteres Polynom q(x) gibt, so dass gilt: f(x) = p(x)q(x) Wenn dabei grad(q) ≥ 1, so heißt p(x) auch echter Teiler. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="76"?> 4.3 Teilbarkeit von Polynomen und Polynomdivision 77 Beispiel 4.9 Beispielsweise - vgl. die vorangegangene Rechnung - hat das Polynom f(x) = 2x 6 − 6x 5 − 8x 4 − 5x 3 + 16x 2 + 17x − 4 die echten Teiler p(x) = 2x 4 − 5x + 1 und q(x) = x 2 − 3x − 4, denn f(x) = p(x)q(x). Nach dem Satz von Viëta sind q 1 (x) = x + 1 und q 2 (x) = x − 4 zudem echte Teiler von q, denn q(x) = x 2 − 3x − 4 = (x + 1)(x − 4) = q 1 (x)q 2 (x) q 1 und q 2 sind dann auch echte Teiler von f, es gilt f(x) = (2x 4 − 5x + 1)(x + 1)(x − 4) Teilerpolynome eines Polynoms, die vom Grad 1 sind, heißen Linearfaktoren . Im obigen Beispiel sind q 1 und q 2 Linearfaktoren von f. Unter der Faktorisierung eines Polynoms f(x) versteht man eine Darstellung f(x) = p 1 (x) · · · p k (x) mit Polynomen p j (x), zu denen sich keine weiteren Teiler finden lassen. Wenn ein Polynom p(x) echter Teiler eines Polynoms f(x) ist, so hat das einige angenehme Schlussfolgerungen. Vor allem sind die Nullstellen von p automatisch auch Nullstellen von f. Das kann Ihnen oft helfen, auch Nullstellen komplizierterer Polynome zu finden, indem Sie nach einer Faktorisierung des Polynoms mit Teilern möglichst geringen Grades suchen. Damit ein Polynom p(x) „echter“ Teiler eines Polynoms f(x) ist, muss es zumindest einen geringeren Grad haben als f. Das allein reicht jedoch noch nicht aus. Wie bei ganzen Zahlen kann auch bei der Division von Polynomen ein Rest auftreten: Satz 4.8 Für zwei Polynome f, g mit grad(g) < grad(f) gibt es genau ein Polynom p und genau ein Polynom r mit grad(r) < grad(g) und f(x) = p(x)g(x) + r(x) , f(x) g(x) = p(x) + r(x) g(x) Falls r(x) = 0, dann ist das Polynom p ein Teiler des Polynoms f. Die Polynomdivision, die zur Bestimmung von g(x) und r(x) führt, funktioniert wie die schriftliche Division von Zahlen - die Monome in einem Polynom haben dabei die gleiche Rolle wie die Zehnerpotenzen in der Dezimaldarstellung einer Zahl. Während bei der schriftlichen Division von Zahlen aber die Stellen des Quotienten aneinandergehängt werden, addiert man bei der schriftlichen Polynomdivision Monome fallenden Grades. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="77"?> 78 4 Rationale Funktionen Beispiel 4.10 Es soll die Division (2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 + 16x 2 + 17x−4) : (2x 4 −5x+ 1) ausgeführt werden. Im ersten Schritt teilt man die jeweils (grad-)höchsten Glieder der beiden Polynome durcheinander, das ergibt 2x 6 : 2x 4 = x 2 . Der vollständige erste Schritt der Polynomdivision lautet dann (2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4): (2x 4 − 5x + 1)=x 2 −(2x 6 −5x 3 +x 2 ) −6x 5 −8x 4 +15x 2 +17x −4 Der geklammerte Ausdruck in der zweiten Zeile ist x 2 (2x 4 − 5x + 1), ausmultipliziert und unter die passenden Glieder des Polynoms f(x) gesetzt. Achten Sie auf die Klammern in der zweiten Zeile und das Minuszeichen vor der Klammer. Die Einträge in der dritten Zeile ergeben sich durch gliedweise Zusammenfassung, wobei das Minuszeichen vor der Klammer berücksichtigt werden muss! Man liest ab: 2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4 2x 4 −5x+1 = x 2 + −6x 5 −8x 4 +15x 2 +17x−4 2x 4 −5x+1 Da aber der Grad des Zählerpolynoms noch nicht kleiner als der Grad des Nennerpolynoms ist, wird das Verfahren jetzt wiederholt. Die Glieder zum (grad-)höchsten Koeffizienten werden durcheinander dividiert: −6x 5 2x 4 = −3x. Damit wird das Schema der Polynomdivision um zwei weitere Zeilen ergänzt: (2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4): (2x 4 − 5x + 1)=x 2 −3x −(2x 6 −5x 3 +x 2 ) −6x 5 −8x 4 +15x 2 +17x −4 −(−6x 5 +15x 2 −3x) −8x 4 +20x −4 Daraus liest man jetzt ab: 2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4 2x 4 −5x+1 = x 2 − 3x + −8x 4 +20x−4 2x 4 −5x+1 Immer noch ist der Grad des resultierenden Zählerpolynoms zu hoch, es wird daher ein letzter Divisionsschritt ausgeführt. −8x 4 2x 4 = −4 und damit (2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4): (2x 4 − 5x + 1)=x 2 −3x−4 −(2x 6 −5x 3 +x 2 ) −6x 5 −8x 4 +15x 2 +17x−4 −(−6x 5 +15x 2 −3x) −8x 4 +20x−4 −(−8x 4 +20x−4) 0 Jetzt lautet das Ergebnis der Polynomdivision 2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +17x−4 2x 4 −5x+1 = x 2 − 3x − 4 + 0 2x 4 −5x+1 . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="78"?> 4.3 Teilbarkeit von Polynomen und Polynomdivision 79 Sie können an der zuletzt im Schema auftretenden Zahl 0 erkennen, dass die Division ohne Rest möglich ist, d.h. das Polynom 2x 4 −5x+ 1 ist ein (echter) Teiler des Polynoms 2x 6 − 6x 5 − 8x 4 − 5x 3 + 16x 2 + 17x − 4. Beispiel 4.11 Im folgenden Beispiel ergibt sich bei der Division ein Rest: (12x 5 −38x 4 +42x 3 −50x 2 +24x−8): (2x 2 − 5x + 1)=6x 3 −4x 2 +8x−3 −(12x 5 −30x 4 +6x 3 ) −8x 4 +36x 3 −50x 2 +24x −8 −(−8x 4 +20x 3 −4x 2 ) 16x 3 −46x 2 +24x −8 −(16x 3 −40x 2 +8x) −6x 2 +16x −8 −(−6x 2 +15x−3) x −5 Somit gilt 12x 5 −38x 4 +42x 3 −50x 2 +24x−8 2x 2 −5x+1 = 6x 3 − 4x 2 + 8x − 3 + x−5 2x 2 −5x+1 Wenn das Divisor-Polynom linear und normiert ist, d.h. p(x) = x − b, so liefert das von uns schon vorgestellte Horner-Schema neben dem Funktionswert f(b) auch das Rest-Polynom r(x) bei der Division f(x)=p(x). Beispiel 4.12 Für die Polynome f(x) = 2x 2 − 3x 2 − 4x + 8 und p(x) = x − 7, vgl. Beispiel 4.6 vgl. S. 74 , stellen wir schriftliche Division und Horner-Schema schrittweise nebeneinander dar: (2x 3 −3x 2 −4x +8) : (x − 7) = 2x 2 −(2x 3 −14x 2 ) 11x 2 2 −3 −4 8 7 0 14 2 11 (2x 3 −3x 2 −4x +8) : (x − 7) = 2x 2 +11x −(2x 3 −14x 2 ) 11x 2 −4x −(11x 2 −77x) 73x 2 −3 −4 8 7 0 14 77 2 11 73 (2x 3 −3x 2 −4x +8) : (x − 7) = 2x 2 +11x +73 −(2x 3 −14x 2 ) 11x 2 −4x −(11x 2 −77x) 73x +8 (73x −511) 519 2 −3 −4 8 7 0 14 77 511 2 11 73 519 Sie sehen, dass das Horner-Schema neben dem Funktionswert f(7) = 519 auch die Koeffizienten des Polynoms q(x) = 2x 2 + 11x + 73 der Polynomdivision f(x) p(x) = q(x) + r(x) p(x) liefert. Das Restpolynom ist hier r(x) = 519. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="79"?> 80 4 Rationale Funktionen Während sich die Polynomdivision f(x) p(x) auch für allgemeine lineare Polynome p(x) = ax + b durchführen lässt, ist das Horner-Schema zur Polynomdivision nur für Polynome mit Leitkoeffizient 1, d.h. für Polynome der Form p(x) = x − b geeignet. Wollen Sie das Horner-Schema auch im allgemeinen Fall ausführen, so müssen Sie zunächst den Leitkoeffizienten von p(x) ausklammern. Beispiel 4.13 Es ist 2x 2 −3x 2 −4x+8 2x+4 = 1 2 2x 2 −3x 2 −4x+8 x+2 . Die Polynomdivision lässt sich jetzt mit dem Horner-Schema durchführen. Für normiert Divisor-Polynome p(x) höheren Grades lässt sich das Horner- Schema verallgemeinern. Dabei wird für jeden „zusätzlichen Grad“ von p(x) eine weitere Zeile in der Tabelle angefügt und mit einem Dreiecksschema von Nullwerten von links begonnen. In jeder Zeile wird mit einem mit (−1) multiplizierten Koeffizienten von p(x) gearbeitet, von oben nach unten mit aufsteigendem Grad des Monoms. Sobald eine Spalte vollständig ist, wird diese addiert. Das Ergebnis wird jeweils „diagonal“ mit den negativen Koeffizienten von p multipliziert. Das Verfahren endet, sobald die letzte Spalte erreicht ist; das noch unausgefüllte Zahlendreieck oberhalb der letzten Zeile wird mit Nullwerten ergänzt, die letzten Einträge der unteren Zeile werden schließlich durch Saldieren bestimmt. Beispiel 4.14 Mit f(x) = 2x 6 − 6x 5 − 8x 4 − 5x 3 + 16x 2 + 19x − 11 und p(x) = x 2 − 2x − 3 lautet das Horner-Schema zur Berechnung von f(x)=p(x): 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 2 0 0 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 2 0 4 0 2 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 −6 2 0 4 −4 0 2 −2 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 −6 −18 2 0 4 −4 −12 0 2 −2 −6 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 −6 −18 −69 2 0 4 −4 −12 −46 0 2 −2 −6 −23 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 −6 −18 −69 −144 2 0 4 −4 −12 −46 −96 0 2 −2 −6 −23 −48 2 −6 −8 −5 16 19 −11 3 0 0 6 −6 −18 −69 −144 2 0 4 −4 −12 −46 −96 0 2 −2 −6 −23 −48 −146 −155 Es ist demnach f(x) = p(x)q(x)+r(x) mit q(x) = 2x 4 −2x 3 −6x 2 −23x−48 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="80"?> 4.3 Teilbarkeit von Polynomen und Polynomdivision 81 und r(x) = −146x − 155. Zur Kontrolle führen wir die Polynomdivision auch schriftlich aus: (2x 6 −6x 5 −8x 4 −5x 3 +16x 2 +19x −11) : (x 2 − 2x − 3) −(2x 6 −4x 5 −6x 4 ) = 2x 4 − 2x 3 − 6x 2 − 23x − 48 −2x 5 −2x 4 −5x 3 −(−2x 5 +4x 4 +6x 3 ) −6x 4 −11x 3 +16x 2 −(−6x 4 +12x 3 +18x 2 ) −23x 3 −2x 2 +19x −(−23x 3 +46x 2 +69x) −48x 2 −50x −11 −(−48x 2 +96x +144) −146x −155 Polynomdivisionen mit Divisoren p(x) und grad(p) > 2 treten in ökonomischen Anwendungen relativ selten auf, wir gehen deshalb hier auch nicht weiter darauf ein. Übungen zu Abschnitt 4.3 7. Berechnen Sie jeweils das Summenpolynom f(x) + g(x) und das Produktpolynom f(x)g(x). a) f(x) = 4x 2 − 5x + 2, g(x) = x 2 − x b) f(x) = 3x 3 − 7, g(x) = x 4 + 2 c) f(x) = (x − 1)(x + 3), g(x) = (x − 2) 2 (x − 3) d) f(x) = (x − t)(x + 2), g(x) = tx 3 − 2x + 7 8. Gegeben seien die folgenden Polynome: f 1 (x) = x 2 − 3x + 2 g 1 (x) = x − 5 f 2 (x) = x 3 − 8x 2 + 17x − 10 g 2 (x) = x − 1 f 3 (x) = x 5 + 3x 4 − 13x 3 − 39x 2 + 36x + 108 g 3 (x) = x − t f 4 (x) = x 4 + 5x 3 + (4 − t) x 2 − 5tx − 4t g 4 (x) = x 2 − 6x + 5 g 5 (x) = x 2 − t Berechnen Sie die folgenden Quotienten und prüfen Sie, ob das jeweilige Nennerpolynom ein Teiler des Zählerpolynoms ist. a) f 1 (x) g 1 (x) und f 1 (x) g 2 (x) b) f 2 (x) g 1 (x) und f 2 (x) g 2 (x) und f 2 (x) g 4 (x) c) f 3 (x) g 2 (x) und f 3 (x) g 4 (x) d) f 1 (x) g 3 (x) und f 2 (x) g 3 (x) und f 2 (x) g 5 (x) e) f 4 (x) g 2 (x) und f 4 (x) g 5 (x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="81"?> 82 4 Rationale Funktionen 9. Prüfen Sie, ob die Nullstellen von p(x) auch Nullstellen von f(x) sind und falls ja, ob p(x) Teiler von f(x) ist. a) f(x) = 2x 5 + 4x 4 − 20x 3 − 2x 2 + 44x − 48, p(x) = x 2 + 2x − 8 b) f(x) = x 3 − 3x 2 − 4x + 12, p(x) = x 2 − 6x + 9 c) f(x) = x 4 − tx 3 + tx 2 − t 2 x, p(x) = x 2 − xt d) f(x) = x 4 + 2x 3 + 2x 2 + 2x + 1, p(x) = x 3 + x 2 + 2x + 2 4.4 Nullstellen von Polynomen Viele ökonomische Fragestellungen (z.B. Gleichgewichte, Bedingungen für Extremwerte,. . . ) lassen sich in der Ökonomie auf das Lösen von Gleichungen zurückführen. Die Lösungen dieser Gleichungen lassen sich direkt oder durch Umstellen oft als Nullstellen von Funktionen finden; die Funktionen, die dabei zum Einsatz kommen, sind vielfach Polynome. Eine zentrale Aufgabe im Zusammenhang mit Polynomen ist daher die Suche nach deren Nullstellen, die man auch Wurzeln nennt. Ein Polynom n-ten Grades hat maximal n verschiedene Nullstellen (für den Spezialfall einer quadratischen Funktion sind das bekanntlich maximal zwei Nullstellen). Aber nur in wenigen Spezialfällen gibt es explizite Formeln zur Bestimmung von Nullstellen: Für Polynome zweiten Grades, also quadratische Funktionen, berechnen sich die Nullstellen über die p-q-Formel. Für Polynome dritten und vierten Grades werden die Wurzeln mit den so genannten Cardano -Formeln dargestellt; diese Lösungsformeln sind aber sehr aufwändig und setzen die Kenntnis der so genannten komplexen Zahlen 1 voraus. Für Polynome höheren Grades gibt es keine allgemein verwendbaren expliziten Nullstellenformeln, sondern generell muss man die Nullstellen numerisch ausrechnen, worauf wir im Rahmen der Differentialrechnung noch genauer eingehen werden. 1 Komplexe Zahlen ergeben sich, wenn man die quadratische Gleichung x 2 = −1 als lösbar annimmt und ihre beiden Lösungen, die allgemein mit i und −i bezeichnet werden, den reellen Zahlen hinzufügt; komplexe Zahlen sind dann alle Objekte der Form a + bi mit a, b ∈ R . Die komplexen Zahlen werden in der Regel in der Schule nicht behandelt, weshalb wir sie hier nicht besprechen wollen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="82"?> 4.4 Nullstellen von Polynomen 83 Darüber hinaus gibt es nur noch einige wenige Heuristiken zum Erraten von Nullstellen. Sie haben eine solche Heuristik bereits im Satz von Viëta vgl. S. 54 kennengelernt: Bei quadratischen Funktionen ist das konstante Glied Produkt der Nullstellen, der Koeffizient des linearen Gliedes ist die negative Summe der Nullstellen. Eine ähnliche Aussage gilt auch für Polynome, die in Linearfaktoren zerfallen: Satz 4.9 Ein normiertes Polynom f(x) = x n + a n−1 x n−1 + · · · + a 1 x + a 0 vom Grad n, das sich in die Form f(x) = (x − x 1 )(x − x 2 ) · · · (x − x n ) bringen lässt, hat folgende Eigenschaften: [1] −a n−1 = x 1 + x 2 + · · · + x n , d.h. −a n−1 ist die Summe der Nullstellen. [2] Für gerades n ist a 0 = x 1 · · · x n , für ungerades n ist a 0 = −x 1 · · · x n , d.h. a 0 oder −a 0 ist Produkt der (mit Vielfachheit gezählten) Nullstellen. Wenn man bei einem normierten Polynom, dessen konstantes Glied a 0 ganzzahlig ist, vermutet, dass es vollständig in Linearfaktoren zerfällt und alle seine Nullstellen ebenfalls ganzzahlig sind, müssen diese also Teiler von a 0 sein. Beispiel 4.15 Das Polynom f(x) = x 4 −6x 3 +8x 2 +6x−9 ist normiert und hat das ganzzahlige konstante Glied −9. Das Polynom könnte als ganzzahlige Nullstellen einen oder mehrere der Teiler von −9 haben, also ±9, ±3 und ±1. Einsetzen der möglichen Kandidaten zeigt, dass in der Tat 3, 1 und −1 Nullstellen von f sind. Hat man nun durch Raten eine Nullstelle x 0 eines Polynoms f(x) gefunden und vermutet, dass das Polynom weitere Nullstellen besitzt, so ist es meist schwierig, die Suche nach diesen Nullstellen mit dem Polynom f fortzusetzen. Statt dessen untersucht man das Quotientenpolynom f(x)=(x − x 0 ), welches einen Grad weniger hat, auf Nullstellen. Erst prüft man, ob dieses Polynom ebenfalls die Nullstelle x 0 hat. Falls ja, spaltet man erneut mit Polynomdivision den Faktor (x − x 0 ) ab; das wiederholt man so oft, bis das Quotientenpolynom q(x) schließlich x 0 nicht mehr als Nullstelle hat. Beispiel 4.16 Das Polynom f(x) = x 4 − 6x 3 + 8x 2 + 6x − 9 hat die Nullstelle x = 3. Durch Polynomdivision/ Horner-Schema bekommen Sie f(x)=(x − 3) = x 3 − 3x 2 − x + 3. Auch dieses Polynom hat wieder die Nullstelle x = 3 und eine erneute Polynomdivision ergibt (x 3 −3x 2 −x+3)=(x−3) = x 2 −1 = (x+1)(x−1). Das zuletzt erhaltene Polynom hat nicht mehr die Nullstelle x = 3. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="83"?> 84 4 Rationale Funktionen Es ergibt sich, dass f(x) die doppelte Nullstelle x = 3 hat. Man erhält f(x) = (x + 1)(x − 1)(x − 3) 2 . Falls q(x) nur noch Grad 2 hat, bestimmt man die letzten Nullstellen über die p-q-Formel, anderenfalls ist eine weitere Nullstelle zu raten und das Abspalten von Nullstellen beginnt von vorne. Beispiel 4.17 In dem vorangegangenen Beispiel erhält man so noch die beiden einfachen Nullstellen x = 1 und x = −1 als Lösung der quadratischen Gleichung x 2 − 1 = 0. Schließlich erhält man mit den verschiedenen Nullstellen x 1 , . . . , x m von f eine Darstellung f(x) = (x − x 1 ) n 1 (x − x 2 ) n 2 · · · (x − x m ) n m h(x) bei der h(x) = c 0 + c 1 x + · · · + c k x k ein Polynom vom Grad k = n − n 1 − · · · − n m ist, für welches man zunächst einmal keine weiteren Nullstellen gefunden/ geraten hat. n 1 , n 2 , . . . , n m heißen Vielfachheiten bzw. Ordnungen der Nullstellen. Wenn man tatsächlich alle Nullstellen von f gefunden hat, so ist das verbliebene Polynom ein Produkt von quadratischen Polynomen ohne (reelle) Nullstellen. Abgesehen davon, dass diese Faktorisierung meist nicht benötigt wird, ist sie zudem in der Regel nicht leicht zu entdecken. Beispiel 4.18 Das Polynom p(x) = x 3 − 6x 2 + 3x + 10 könnte ganzzahlige Nullstellen haben, welche Teiler von 10 sind, also ±1, ±2,±5 und ±10. Man errät als erste Nullstelle x 1 = 2. Polynomdivision liefert dann x 3 − 6x 2 + 3x + 10 = ( x 2 − 4x − 5 ) (x − 2) Das verbleibende quadratische Polynom x 2 − 4x − 5 hat die Nullstellen x 2 = −5 und x 3 = −1 (z.B. mit Viëta). Beispiel 4.19 Das Polynom p(x) = x 3 − 5x 2 − 2x + 10 kann ebenfalls als ganzzahlige Nullstellen die Teiler von 10 haben. In diesem Fall errät man die Nullstelle 5 und mit Polynomdivision die Darstellung x 3 − 5x 2 − 2x + 10 = (x 2 − 2)(x − 5) Die verbleibenden Nullstellen sind ±√2, also nicht ganzzahlig. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="84"?> 4.4 Nullstellen von Polynomen 85 Abbildung 4.4: Graph des Restpolynoms x 3 − x 2 + x − 2 in Beispiel 4.21 Beispiel 4.20 Das Polynom p(x) = x 3 − 5x 2 + 2x − 10 kann ebenfalls als ganzzahlige Nullstellen die Teiler von 10 haben. Wieder errät man die Nullstelle 5 und leitet jetzt mit Polynomdivision die Darstellung x 3 − 5x 2 + 2x − 10 = (x − 5)(x 2 + 2) her. In diesem Fall ist 5 die einzige Nullstelle des Polynoms p(x) in den reellen Zahlen. Beispiel 4.21 Das Polynom p(x) = x 4 − 6x 3 + 6x 2 − 7x + 10 könnte nach Satz 4.6 vgl. S. 71 bis zu vier ganzzahlige Nullstellen haben, die jeweils Teiler von 10 sind. Man errät die Nullstelle x 1 = 5 und leitet mit Polynomdivision die Darstellung x 4 − 6x 3 + 6x 2 − 7x + 10 = (x − 5) ( x 3 − x 2 + x − 2 ) her. Das verbleibende Polynom dritten Grades könnte ganzzahlige Nullstellen haben, welche Teiler von 2 sind, d.h. ±1 und ±2. Keine dieser Zahlen stellt sich beim Einsetzen jedoch als Nullstelle heraus. Mit der vorgeschlagenen Heuristik kommt man hier also nicht weiter, vielmehr sollten Sie sich spätestens jetzt den Funktionsgraphen des Restpolynoms x 3 − x 2 + x − 2 ansehen. An diesem erkennt man, dass es nur noch eine weitere Nullstelle zwischen 1, 3 und 1, 4 geben kann. Diese Nullstelle kann näherungsweise z.B. mit dem Newton-Verfahren ermittelt werden, auf das wir später noch eingehen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="85"?> 86 4 Rationale Funktionen Beispiel 4.22 Das Polynom f(x) = x 5 − 2x 4 + x − 2 hat die Nullstelle x = 2. Nach Polynomdivision ergibt sich f(x)=(x−2) = x 4 +1. Dieses Polynom vierten Grades hat jetzt keine (reelle) Nullstelle mehr, es zerlegt sich noch in zwei quadratische Polynome: x 4 + 1 = (x 2 − √2x + 1)(x 2 + √2x + 1). Beispiel 4.23 Lassen Sie uns abschließend eine typische ökonomische Anwendung zur Nullstellenbestimmung besprechen. Bei einem Unternehmen fallen für die Produktion von x Werkstücken (ausschließlich) variable Kosten an, die durch die kubische Funktion K(x) = 1 1000 x 3 − x 2 + 360x beschrieben werden können. Je Werkstück erzielt das Unternehmen einen Erlös von 200 e . Der Gewinn des Unternehmens ist dann mit der Funktion G(x) = 200x − K(x) = − 1 1000 x 3 + x 2 − 160x anzugeben. Wir möchten nun wissen, für welche Stückzahlen der Gewinn des Unternehmens positiv ist (Gewinnzone). Dazu bestimmen wir zunächst die Nullstellen der Gewinnfunktion: G(x) = 1 1000 (−x 3 + 1000x 2 − 160000x) = − x 1000 (x 2 − 1000x + 160000) = − x 1000 (x − 800)(x − 200) Die Nullstellen lauten x = 0, x = 200 und x = 800. Weitere Nullstellen hat G nicht, und das Vorzeichenverhalten zwischen zwei benachbarten Nullstellen ist einheitlich (das ist eine Konsequenz des Zwischenwertsatzes 6.11 vgl. S. 145 . Wir berechnen die speziellen Gewinne G(100) = −7000, G(300) = 15000 und G(900) = −63000. Im Intervall ]200; 800[ ist der Gewinn also strikt positiv, ansonsten kleiner oder gleich Null. Die Gewinnzone ist also das abgeschlossene Intervall [200; 800]. Übungen zu Abschnitt 4.4 10. Ermitteln Sie jeweils alle Nullstellen der angegebenen Polynome und geben Sie in a)-g) auch die Faktorisierung an. a) p(x) = 5 − 2x − 20x 2 + 8x 3 b) p(x) = 24 − 5x − 25x 2 + 5x 3 + x 4 c) p(x) = 1 4 x 5 − 1 4 x 4 − 9 2 x 3 + 25 2 x 2 − 47 4 x + 15 4 d) p(x) = 2(x 2 + 3 2 x − 7)(x − 4) e) p(x) = 5x 5 + 35x 4 − 40x 3 f) p(x) = 35 + 5x + 42x 2 + 6x 3 + 7x 4 + x 5 g) p(x) = 4x 6 − 104x 3 − 108 h) p(x) = 1 2 x 4 − 2tx 2 + 5 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="86"?> 4.5 Interpolation durch Polynome 87 4.5 Interpolation durch Polynome Mit den ganzrationalen Funktionen steht Ihnen eine umfangreiche Klasse von Funktionen zur Verfügung, mit denen viele reale Sachverhalte zwischen (ökonomischen) Variablen zumindest annäherungsweise dargestellt werden können. In vielen Fällen liegen Informationen über den funktionalen Zusammenhang in Form einer - mehr oder weniger umfangreichen - Wertetabelle, d.h. in Form von n + 1 Punkten (x 0 |y 0 ), . . . , (x n |y n ) auf dem Graphen von f mit x i 6= x j vor. Es gibt dann genau ein Polynom n-ten Grades p(x), auf dessen Graphen die vorgegebenen n + 1 Punkte liegen, d.h. für das gilt p(x i ) = y i für alle i ∈ {0, . . . , n}. Die vorgegebene Tabelle wird dann auch als „Steckbrief“ des Polynoms bezeichnet (andere Steckbriefe, etwa in Form von Steigungs- und Krümmungsinformationen, werden später behandelt). Für zwei Punkte (x 0 |y 0 ), (x 1 |y 1 ) hatten Sie bereits gesehen, wie man die eindeutige lineare Funktion findet, auf deren Graphen die beiden Punkte liegen (Normalform bzw. Punkt-Steigungsform) vgl. S. 34f. Für drei Punkte findet man eine eindeutig bestimmte quadratische Funktion, wie an folgendem Beispiel illustriert wird: Beispiel 4.24 Gesucht ist eine quadratische Funktion p(x) = ax 2 + bx + c, d.h. ihre Koeffizienten a, b, c, wenn bekannt ist, dass p(1) = 4, p(2) = 9, p(3) = 20. Setzt man die Werte 1, 2, 3 in den allgemeinen Parabelterm ein, so ergeben sich drei Gleichungen in den (noch) Unbekannten a, b, c a + b + c = 4 4a + 2b + c = 9 9a + 3b + c = 20 Ein solches Gleichungssystem kann auf verschiedene Arten gelöst werden. Weil alle Gleichungen den Term +c enthalten, kann man durch Auflösen nach c und anschließendes Gleichsetzen über c zwei Gleichungen in den Unbekannten a, b erhalten: c = 4 − a − b c = 9 − 4a − 2b c = 20 − 9a − 3b Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="87"?> 88 4 Rationale Funktionen Setzt man jeweils zwei der rechten Seiten der drei Gleichungen gleich, ergibt sich 4 − a − b = 9 − 4a − 2b 9 − 4a − 2b = 20 − 9a − 3b und durch Zusammenfassen passender Terme 3a + b = 5 5a + b = 11 Jetzt kann man beide Gleichungen beispielsweise nach der Variablen b auflösen b = 5 − 3a b = 11 − 5a Und durch Gleichsetzen nach b erhält man 5 − 3a = 11 − 5a. Diese Gleichung löst man nach a auf: 2a = 6 ⇔ a = 3 Setzt man dieses nun in eine der Gleichungen für b ein, so gewinnt man in beiden Fällen den Wert b = −4: b = 5 − 3a = 5 − 3 · 3 = −4 b = 11 − 5a = 11 − 5 · 3 = −4 Schließlich können die Werte für a und b in eine der anfänglich nach c aufgelösten Gleichungen eingesetzt werden, es ergibt sich stets c = 5: c = 4 − a − b = 4 − 3 − (−4) = 5 c = 9 − 4a − 2b = 9 − 4 · 3 − 2 · (−4) = 5 c = 20 − 9a − 3b = 20 − 9 · 3 − 3 · (−4) = 5 Die gesuchte quadratische Funktion hat also Koeffizienten a = 3, b = −4, c = 5, sie lautet p(x) = 3x 2 − 4x + 5. Bei der Lösung dieser Steckbriefaufgabe wurde ein so genanntes lineares Gleichungssystem (LGS) in drei Unbekannten a, b, c aufgestellt und aufgelöst. Je mehr Punkte im Steckbrief vorgegeben sind, desto mehr Gleichungen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="88"?> 4.5 Interpolation durch Polynome 89 und Unbekannte hat das zu lösende Gleichungssystem. Allgemeine Techniken zur Lösung derartiger Gleichungssysteme sollen an dieser Stelle nicht behandelt werden, sie sind Thema der linearen Wirtschaftsalgebra. Mit den Lagrange-Polynomen soll jetzt noch einen Methode zur Aufstellung des Polynoms aus dem Steckbrief vorgestellt werden, die ohne lineare Gleichungssysteme auskommt. Beispiel 4.25 Stellen Sie sich etwa vor, Sie müssen zum Steckbrief p(1) = 4 und p(3) = 20 eine lineare Funktion finden. Wenn man zwei lineare Funktionen p 0 (x), p 1 (x) mit den folgenden beiden Eigenschaften p 0 (1) = 1 und p 0 (3) = 0, p 1 (1) = 0 und p 1 (3) = 1 gefunden hat, so ist die Funktion p(x) = 4p 0 (x) + 20p 1 (x) die gesuchte lineare Funktion, denn p ist als Summe linearer Funktionen linear und p(1) = 4p 0 (1) + 20p 1 (1) = 4, p(3) = 4p 0 (3) + 20p 1 (3) = 20. Die Bestimmung von p 0 und p 1 ist einfach. Man muss nur die Linearfaktoren x − 3 und x − 1 geeignet „normieren“: Die lineare Funktion p 0 (x) = x−3 1−3 = − 1 2 x + 3 2 gehört zum Steckbrief p 0 (1) = 1, p 0 (3) = 0. Die lineare Funktion p 1 (x) = x−1 3−1 = 1 2 x − 1 2 gehört zum Steckbrief p 1 (1) = 0, p 1 (3) = 1. Die Summe p(x) = 4p 0 (x) + 20p 1 (x) = 4(− 1 2 x + 3 2 ) + 20( 1 2 x − 1 2 ) = 8x − 4 ist dann Lösung zu dem gesuchten Steckbrief. Zugegeben: für lineare Funktionen ist es wesentlich einfacher, den Steckbrief wie in Abschnitt 2.1.4 zu lösen. Die gerade vorgeführte Methode lässt sich aber auch auch bei umfangreicheren Steckbriefen für Polynome höheren Grades anwenden: Jeder Punkt (x i |y i ) des Steckbriefes legt eine Polynomfunktion p i fest, die an der zugehörigen Stelle x i den Funktionswert 1 hat, während alle anderen Stellen des Steckbriefes Nullstellen dieser Funktion sind. Diese so genannten Lagrange-Polynome werden mit den zugehörigen Funktionswerten y i multipliziert und anschließend addiert. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="89"?> 90 4 Rationale Funktionen Lösung von Steckbriefen mit Lagrange-Polynomen Die allgemeine Vorgehensweise zur Berechnung eines Polynoms zum Steckbrief p(x 0 ) = y 0 , . . . , p(x n ) = y n lautet: [1] Stellen Sie erst das Polynom q(x) = (x − x 0 ) · · · (x − x n ) aller Linearfaktoren auf. [2] Für jede Stelle x i des Steckbriefes erzeugen Sie das Polynom (! ) q i (x) = q(x) x−x i und damit dann p i (x) = q i (x) q i (x i ) . Letzteres ist ein Lagrange- Polynom n-ten Grades, das man als Bruch mit folgenden Bestandteilen darstellen kann: [a] Den Zähler des Bruches gewinnen Sie durch Streichen des Faktors (x − x i ) aus q(x). [b] Im Nenner schreiben Sie denselben Ausdruck, ersetzen aber x durch die Stelle x i , deren Linearfaktor Sie gerade aus q(x) gestrichen haben. [3] Das gesuchte Polynom ist p(x) = y 0 p 0 (x) + · · · + y n p n (x) Beispiel 4.26 Betrachten Sie noch einmal den Steckbrief p(1) = 4, p(2) = 9, p(3) = 20 aus Beispiel 4.24 vgl. S. 87 . Sie berechnen zunächst die drei erforderlichen Lagrange-Polynome Lagrange-Polynom zur Stelle x 0 = 1: q 0 (x) = (x−1)(x−2)(x−3) x−1 = (x − 2)(x − 3) p 0 (x) = q 0 (x) q 0 (1) = (x−2)(x−3) (1−2)(1−3) = x 2 −5x+6 2 Lagrange-Polynom zur Stelle x 1 = 2: q 1 (x) = (x−1)(x−2)(x−3) x−2 = (x − 1)(x − 3) p 1 (x) = q 1 (x) q 0 (2) = (x−1)(x−3) (2−1)(2−3) = x 2 −4x+3 −1 Lagrange-Polynom zur Stelle x 2 = 3: q 2 (x) = (x−1)(x−2)(x−3) x−3 = (x − 1)(x − 2) p 2 (x) = q 2 (x) q 2 (1) = (x−1)(x−2) (3−1)(3−2) = x 2 −3x+2 2 Das gesuchte Polynom ist dann p(x) = 4p 0 (x) + 9p 1 (x) + 20p 2 (x) = 2(x 2 − 5x + 6) − 9(x 2 − 4x + 3) + 10(x 2 − 3x + 2) = 3x 2 − 4x + 5x Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="90"?> 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen 91 Übungen zu Abschnitt 4.5 11. Berechnen Sie mittels Lagrange-Polynomen ein Polynom minimalen Grades, welches durch die Punkte P, Q, bzw. P, Q, R bzw. P, Q, R, S läuft: a) b) c) d) e) P (0|5) (3|4) (t|0) (t − 1|t) (2|t) Q (1|2) (7|3) (0|t) (t + 1|t − 1) (5|1 − t) R (3|2) (−2|10) (1|0) (t + 3|t − 2) (−1|1 − t) S (2|7) (−3| − 3 2 ) (−1|0) 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen Der vorangegangene Abschnitt mag Ihnen den Eindruck vermittelt haben, dass mit Hilfe von Polynomen ausreichend viele Möglichkeiten zur Modellierung realer Sachverhalte zur Verfügung stehen, und keine weiteren Typen von Funktionen benötigt werden. Scheinbar braucht man lediglich einen geeigneten Steckbrief mit - hinreichend vielen - „Stützstellen“ z.B. mit Hilfe der Lagrange-Interpolation zu lösen. Mit wachsender Anzahl von Stützstellen werden die Interpolations-Polynome allerdings sehr unhandlich; effizientes Arbeiten ist mit ihnen kaum möglich. Und „außerhalb“ der angepassten Punkte ist die Annäherung zumeist nicht sehr zufriedenstellend. Daher müssen Sie auch mit anderen Typen von Funktionen arbeiten. Eine Erweiterung der Polynomfunktionen, die zum Einsatz kommt, sind die gebrochen-rationalen Funktionen . Es handelt sich dabei um Funktionen der Form f(x) = p(x) q(x) wobei p, q Polynome sind. In den Wirtschaftswissenschaften treten diese Funktionen nicht so sehr im Rahmen der Modellierung, sondern eher bei der Analyse ökonomischer Sachverhalte auf. Beispielsweise wird einer ökonomischen Funktion oft eine Durchschnittsfunktion zugeordnet. Beispiel 4.27 (Fortsetzung von 2.12 vgl. S. 41 ) Für die Herstellung des Regals Bill haben wir lineare Kosten K(x) = 30x + 1000 in Abhängigkeit von der produzierten Menge x angenommen. Je Regal errechnen sich dann durchschnittliche Kosten K(x) = K(x) x = 30x+1000 x Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="91"?> 92 4 Rationale Funktionen Bei Annahme einer (affin) linearen Nachfragefunktion hatten wir die quadratische Gewinnfunktion G(x) = −0, 065x 2 + 130x − 1000 hergeleitet vgl. S. 57f. Der durchschnittliche Gewinn ist dann von der Form G(x) = G(x) x = −0,065x 2 +130x−1000 x Bei Annahme einer quadratischen Nachfragefunktion mit Scheitelpunkt in (2000|30) stellt sich der Gewinn in der Form G(x) = 0, 0000325x 3 − 0, 13x 2 + 130x − 1000 dar vgl. S. 62 . Der durchschnittliche Gewinn ist dann von der Form G(x) = G(x) x = 0,0000325x 3 −0,13x 2 +130x−1000 x Andere Anwendungen, in denen gebrochen-rationale Funktionen auftreten, sind Elastizitäten von Polynomfunktionen sowie finanzmathematische Formeln. Gebrochen-rationale Funktionen haben im Gegensatz zu den Polynomen nicht ganz R als maximalen ökonomischen Definitionsbereich, sondern alle Nullstellen des Nennerpolynoms q(x) dürfen grundsätzlich nicht in den Bruchterm eingesetzt werden. Sie sind Definitionslücken der Funktion. Beispiel 4.28 Wir betrachten die gebrochen-rationale Funktion mit dem Funktionsterm f(x) = 1 10 · x 2 −x x 4 −9x 3 +29x 2 −39x+18 = x(x−1) 10(x−1)(x−2)(x−3) 2 Das Nennerpolynom hat die Nullstellen 1, 2 und 3, welche grundsätzlich nicht eingesetzt werden dürfen und daher Definitionslücken darstellen. Die Nullstelle 1 ist Nullstelle erster Ordnung sowohl im Zähler als auch im Nenner des Bruches. Man könnte daher den Term (x − 1) kürzen, d.h. es gilt f(x) = x 10(x−2)(x−3) 2 Bei allen weiteren Untersuchungen muss man dann die Definitionslücke weiter berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wird x = 1 als hebbare Definitionslücke von f bezeichnet. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="92"?> 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen 93 Abbildung 4.5: Graph der gebrochen-rationalen Funktion f(x) = x(x−1) 10(x−1)(x−2)(x−3) 2 Andere Nullstellen des Nenner-Polynoms, die nicht bzw. nicht vollständig durch Kürzen entfernt werden können, werden als Polstellen von f bezeichnet. Allgemein spricht man in diesem Fall auch von einer nicht hebbaren Definitionslücke . Ist ihre Ordnung nach Kürzen eine ungerade Zahl, so spricht man von einer Polstelle mit Vorzeichenwechsel , bei einer geraden Ordnung von einer Polstelle ohne Vorzeichenwechsel . Beispiel 4.29 Im vorangegangenen Beispiel stellen die beiden anderen Nullstellen x = 2 und x = 3 „echte“ nicht hebbare Definitionslücken dar. x = 2 ist Polstelle von f mit Vorzeichenwechsel, x = 3 ist Polstelle von f ohne Vorzeichenwechsel. In der Umgebung von nicht hebbaren Polstellen ungerader Ordnung nimmt eine ganzrationale Funktion beliebig große bzw. beliebig kleine Funktionswerte an. Bei einer Polstelle gerader Ordnung nimmt die Funktion entweder beliebig große oder beliebig kleine Funktionswerte an. Am Graphen der im Beispiel 4.28 untersuchten Funktion vgl. Abbildung 4.5 kann man dieses Verhalten recht gut erkennen. Wir werden dieses Verhalten in Kapitel 6 genauer besprechen vgl. S. 138 . Die Analyse gebrochen-rationaler Funktionen erfolgt meistens im Rahmen von Kurvendiskussion vgl. S. 183 . Zuweilen treten diese Funktionen auch bei Aufgaben der Integralrechnung auf, die in Kapitel 8 behandelt wird. Im Moment sollten Sie lediglich wissen, dass es insbesondere bei der Integration von gebrochen-rationalen Funktionen f = p q wichtig ist, eine möglichst einfache Darstellung zu finden. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="93"?> 94 4 Rationale Funktionen Vorbereitung gebrochen-rationaler Funktionen: Für eine gebrochen-rationale Funktion f(x) = p(x) q(x) zur Zerlegung einer oder mehrere der folgenden Schritte ausgeführt: [1] Gemeinsame Nullstellen von Zähler- und Nennerpolynom werden aus dem Bruch gekürzt. f hat jetzt die Form f(x) = ~ p(x) ~ q(x) [2] Wenn grad( ~ p) ≥ grad(~ q), so wird durch eine Polynomdivision die Darstellung ~ p ~ q = p 0 + p 1 ~ q mit grad(p 1 ) < grad(~ q) gewonnen. [3] Eine gebrochen-rationale Funktion mit grad(p) < grad(q) wird mittels Partialbruchzerlegung vereinfacht. Das Auffinden von Teilern eines Polynoms und die Durchführung der Polynomdivision ist in den vergangenen Abschnitten bereits besprochen worden. Im Folgenden wollen wir den Grundgedanken der Partialbruchzerlegung anhand eines repräsentativen Beispiels erläutern: Beispiel 4.30 Betrachten Sie die Funktion f(x) = 5x+2 x 2 +2x−8 = 5x+2 (x+4)(x−2) . f hat den maximalen Definitionsbereich D = R n{−4, 2}. Die Partialbruchzerlegung zielt jetzt auf eine Darstellung der Form f(x) = A x+4 + B x−2 . Um die Koeffizienten A und B zu ermitteln, machen Sie die Aufspaltung zunächst rückgängig, indem Sie beide Brüche in einem Bruch mit dem Hauptnenner (x + 4) (x − 2) zusammenfassen: A x+4 + B x−2 = A(x−2)+B(x+4) (x+4)(x−2) . Die gesuchten Koeffizienten A und B müssen also die Eigenschaft haben, dass für alle x ∈ D gilt 5x+2 (x+4)(x−2) = A(x−2)+B(x+4) (x+4)(x−2) . Da wir hier angenommen haben, dass x ∈ D , d.h. x 6= −4 und x 6= 2, dürfen Sie diese Bruchgleichung durch Multiplikation mit (x + 4) (x − 2) vereinfachen. Für alle x ∈ D gilt daher 5x + 2 = A(x − 2) + B(x + 4). Man kann nun durch Einsetzen von Werten x 6= −4 und x 6= 2 zwei Bestimmungsgleichungen für A und B aufstellen, z.B. x = 0 : 2 = −2A + 4B x = 1 : 7 = −A + 5B Dieses lineare Gleichungssystem löst man auf: es ergeben sich die Werte A = 3, B = 2. Einfacher ist es aber, in die obige Gleichung die beiden eigentlich verbotenen Werte x = −4 und x = 2 einzusetzen. Da die Gleichung 5x + 2 = A(x − 2) + B(x + 4) schon für alle x ∈ D gültig ist, Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="94"?> 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen 95 überträgt sie sich nämlich auf die Definitionslücken (Prinzip der stetigen Ergänzung). Das ergibt für jeden Koeffizienten eine eigene Gleichung: x = −4 : − 18 = A · (−6) + B · 0 ) A = 3 x = 2 : 12 = A · 0 + B · 6 ) B = 2 Die Partialbruchzerlegung lautet also f(x) = 3 x+4 + 2 x−2 Die im Beispiel vorgeführte Partialbruchzerlegung lässt sich direkt auf alle gebrochen-rationalen Funktionen übertragen, wenn das Nennerpolynom in einfache Nullstellen faktorisiert: Verfahren der Partialbruchzerlegung Eine Funktion f(x) = p(x) q(x) = p(x) (x−x 1 ) (x−x m ) mit paarweise verschiedenen x 1 , . . . , x m , grad(p) < m und p(x i ) 6= 0, i = 1, . . . , m, wird wie folgt zerlegt: [1] Sie setzen an: p(x) q(x) = A 1 x−x 1 + · · · + A m x−x m und fassen wieder zu einem gemeinsamen Bruch zusammen p(x) q(x) = A 1 q(x) x−x1 + +A m q(x) x−xm q(x) [2] Da die beiden Brüche übereinstimmen und identischen Nenner haben, müssen die Zähler ebenfalls übereinstimmen, d.h. es gilt p(x) = A 1 q(x) x−x 1 + · · · + A m q(x) x−x m Jeder Summand kann hierbei zu einem Polynom gekürzt werden. [3] Die Gleichung in [2] gilt dann insbesondere auch für alle x = x i (Prinzip der stetigen Ergänzung) p(x i ) = A i · (x i − x 1 ) · · · (x i − x i−1 )(x i − x i+1 ) · · · (x i − x m ) Daraus berechnet sich A i . Partialbruchzerlegungen sind auch möglich, wenn das Nenner-Polynom q(x) mehrfache Nullstellen (x − x i ) n i hat. In diesem Fall tritt anstelle des Ausdrucks A i x−x i in der Partialbruchzerlegung ein Term der Form A i0 x−x i + A i1 (x−x i ) 2 + · · · + A ini (x−x i ) ni Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="95"?> 96 4 Rationale Funktionen auf. Die Koefizienten A ij kann man jetzt aber nicht mehr ausschließlich durch Einsetzen der „verbotenen“ Werte x i gewinnen, es müssen auch andere Werte verwendet werden. Hierdurch wird die Berechnung etwas aufwändiger. Beispiel 4.31 Betrachten Sie die Funktion f(x) = 3x 2 −13x+12 (x−1) 3 = (3x−4)(x−3) (x−1) 3 . Der Ansatz zur Partialbruchzerlegung lautet hier f(x) = A x − 1 + B (x − 1) 2 + C (x − 1) 3 = A(x − 1) 2 + B(x − 1) + C (x − 1) 3 Der Zählervergleich ergibt A(x − 1) 2 + B(x − 1) + C = 3x 2 − 13x + 12 bzw. in der faktorisierten Version A(x − 1) 2 + B(x − 1) + C = (3x − 4) (x − 3) Jetzt kann man hier zum einen wieder den eigentlich verbotenen Wert x = 1 einsetzen, muss aber noch weitere Werte verwenden. Dabei könnte man, um noch einigermaßen einfache Gleichungen zu erhalten, auf den Wert x = 0 und eine der Nullstellen des Zählerpolynoms 3x 2 − 13x + 12 = (3x − 4) (x − 3) zurückgreifen. Das ergibt hier dann die folgenden Gleichungen x = 1 ) C = 3 · 1 2 − 13 · 1 + 12 = 2 x = 3 ) 4A + 2B + C = 0 x = 0 ) A − B + C = 12 Setzt man C = 2 in die zweite und dritte Gleichung ein und formt die dritte Gleichung nach A um, so erhält man 4A + 2B = −2 A = B + 10 Setzt man jetzt aus der zweiten Gleichung den Wert für A in die erste Gleichung ein, so folgt 4(B + 10) + 2B = −2 ⇔ 6B = −42 ⇔ B = −7 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="96"?> 4.6 Gebrochen-rationale Funktionen 97 Schließlich folgt A = B + 10 = 3 Die Funktion hat also die Partialbruchzerlegung f(x) = 3x 2 −13x+12 (x−1) 3 = 3 x−1 − 7 (x−1) 2 + 2 (x−1) 3 Übungen zu Abschnitt 4.6 12. Führen Sie für die folgenden gebrochen-rationalen Funktionen eine Partialbruchzerlegung aus (bereiten Sie diese gegebenenfalls mit einer Polynomdivision vor): a) f(x) = x+3 x 2 −5x−6 b) f(x) = 8x−16 x 2 −16 c) f(x) = 2x−3t−3 x 2 −(t−3)x−3t d) f(x) = 2x−11 x 2 −6x+9 e) f(x) = x 2 −18x+5 3x 3 −7x 2 +5x−1 f) f(x) = 2x 3 +5x 2 −9x−2 x 2 −x Zusammenfassung Mit den ganzrationalen und gebrochen-rationalen Funktionen bekommen Sie Klassen von Funktionen, mit denen funktionale Sachverhalte beliebig genau angepasst werden. Nach Bearbeitung des vorangegangenen Kapitels sollten Sie in der Lage sein, mit den elementaren Rechenregeln für Potenzen und Wurzeln zu arbeiten, Polynomberechnungen und Polynomdivisionen (zumindest für lineare Teiler) auszuführen, etwa mit dem Horner-Schema, Nullstellen von Polynomen gezielt zu raten und durch Abspalten von Linearfaktoren weitere Nullstellen zu finden, Polynome an einfache Steckbriefe in Form vorgegebener Punkte anzupassen, gebrochen-rationale Funktionen durch Partialbruchzerlegung zu vereinfachen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="97"?> 98 4 Rationale Funktionen Übungen zur Vertiefung von Kapitel 4 13. Skizzieren Sie Schaubilder der angegebenen Funktionen und berechnen Sie alle Achsenschnittpunkte: a) f(x) = 5x 3 − 80x b) f(x) = −2x 2 + 6x 2 − 5 2 x c) f(x) = 2x 3 + 6x 2 − 4 d) f(x) = 1 2 x 4 − 3 2 x 2 e) f(x) = x 4 − 3x 3 + 4x f) f(x) = 15 + 7x − 62x 2 − 28x 3 + 8x 4 14. Bestimmen Sie die Gleichung einer ungeraden ganzrationalen Funktion dritten Grades (bzw. einer geraden ganzrationalen Funktion vierten Grades), welche durch die Punkte P und Q (bzw. P und Q und R) verläuft: a) P (2|0), Q(1| − 2), R(−3|10) b) P (2|0), Q(1|t), R(−3|t) 15. Gegeben sei die Funktion f(x) = x 3 + x 2 − 2tx. a) Welches sind die Achsenschnittpunkte von f (in Abhängigkeit von t)? b) Berechnen Sie alle Schnittpunkte von f mit der Geraden g(x) = −tx + t. 16. Es seien x, y > 1. Welche der nachstehenden Ausdrücke ist am größten, welcher am kleinsten? a) x y+1 b) x y−1 c) 2x 2y−1 d) 2x 2y+1 e) 3x 3y−1 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="98"?> 5 Spezielle Funktionen Mit den rationalen Funktionen hat man zwar bereits ein vielseitiges Repertoire an ökonomisch interessanten Funktionstypen. Aber gerade in der Modellierung und Analyse von zeitlichen Veränderungen ökonomischer Größen (Wachstumsvorgänge, Zeitreihen,. . . ) reichen diese Funktionen in aller Regel nicht aus. Außerdem waren - mit Ausnahme der gebrochen-rationalen Funktionen - alle bisherigen Typen sehr „ glatt“, was mit der realen Situationen oft nicht zu vereinbaren ist. Wir werden daher hier - in aller gebotenen Kürze - noch auf einige spezielle Funktionstypen eingehen. Mit der Exponentialfunktion werden viele Wachstums- und Zerfallsvorgänge dargestellt; die Logarithmusfunktion wird verwendet, um besonders stark anwachsende ökonomische Größen sichtbar zu machen und multiplikative in additive Vorgänge zu überführen. Sinus, Cosinus und Tangens sind trigonometrische Funktionen, mit denen periodische Phänomene modelliert werden können. Schließlich werfen wir auch noch einen Blick auf stückweise definierte Funktionen. 5.1 Allgemeine Exponentialfunktion Die Exponentialfunktion findet Anwendung bei vielen Wachstumsprozessen der Ökonomie, die sich nicht mit rationalen Funktionen beschreiben lassen: Beispiel 5.1 Bei Ihrer Konfirmation/ Firmung mit 14 Jahren erhielten Sie Geldgeschenke im Gesamtwert von 2000 e , welche Sie Ende Juni sofort auf ein neues Sparkonto übertrugen; das Kapital auf diesem Konto wird mit jährlich 4% verzinst. Zinsen werden jeweils zum Jahresende dem Konto gutgeschrieben und in den Folgejahren dann mitverzinst. Am Ende des ersten Jahres fand eine halbjährliche Verzinsung zu 2% statt, d.h. das Kapital wuchs auf 2040 e . Danach erhöhte sich das Kapital zum Ende eines Jahres stets um das 0, 04-fache des Wertes am Ende des Vorjahres, d.h. es wuchs auf das 1, 04-fache dieses Wertes. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="99"?> 100 5 Spezielle Funktionen Am Ende des zweiten Jahres war das Kapital durch die Zinsen also auf 2040 + 2040 · 0, 04 = 2040 · 1, 04 = 2121, 60 e angewachsen. Nach drei Jahren betrug es gerundet 2121, 60·1, 04 = 1040·1, 04 2 ≈ 2206, 46 e . Nach 10 Jahren wird man über 2040 · 1, 04 9 ≈ 2903, 56 e verfügen. Allgemein wird das Kapital nach x Jahren einen Umfang von 2040 · 1, 04 x e haben. Sie fragen sich nunmehr, nach wie vielen Jahren sich Ihr Kapital verdoppelt haben wird und stellen hierzu eine Tabelle auf: n 2040 · 1, 04 n−1 n 2040 · 1, 04 n−1 n 2040 · 1, 04 n−1 n 2040 · 1, 04 n−1 2 2121, 6 7 2581, 25 12 3140, 49 17 3820, 88 3 2206, 46 8 2684, 5 13 3266, 11 18 3973, 72 4 2294, 72 9 2791, 88 14 3396, 75 19 4132, 67 5 2386, 51 10 2903, 56 15 3532, 62 20 4297, 97 6 2481, 97 11 3019, 7 16 3673, 92 21 4469, 89 Aufgrund der Tabelle stellen Sie fest, dass am Ende des neunzehnten Jahres erstmals mehr als der doppelte Wert des Startkapitals vorliegen wird. Kann man den Zeitpunkt, zu dem das Kapital sich exakt verdoppelt haben wird, noch genauer angeben? Fragen der letztgenannten Art zielen darauf, der ganzzahligen Potenz a n für a > 0 und n ∈ N auch eine Bedeutung zu geben, wenn n durch eine beliebige reelle Zahl x ∈ R ersetzt wird. Dies leistet die allgemeine Exponentialfunktion zur Basis a > 0; sie ist eine Funktion f : R → R mit folgenden Eigenschaften: Es ist a = f(1). Die Funktionalgleichung : f(x + y) = f(x)f(y) gilt für alle x, y ∈ R . Für ganzzahliges x = n ∈ N lässt sich der Ausdruck f(n) durch schrittweises Abspalten von Faktoren in die Form f(n) = a n bringen: f(2) = f(1 + 1) = f(1)f(1) = a · a = a 2 f(3) = f(2 + 1) = f(2)f(1) = a 2 · a = a 3 usw. Die allgemeine Exponentialfunktion stellt also die Erweiterung der ganzzahligen Potenz a n dar, wenn man den Exponenten als reelle Zahl auffasst. Man schreibt für den Funktionsterm dann auch f(x) = a x . Dass das Funktionsargument auf diese Weise in den Exponenten einer Potenz tritt, gibt der Exponentialfunktion ihren Namen. Der Ausdruck a x wird als Exponential bzw. als allgemeine Potenz mit Basis a und Exponent x bezeichnet. Um die Abhängigkeit von der Basis zu verdeutlichen, spricht man auch von der Exponentialfunktion zur Basis a. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="100"?> 5.1 Allgemeine Exponentialfunktion 101 Die Exponentialfunktion ist eine der grundlegenden nicht-elementaren Funktionen, d.h. sie ist anders als beispielsweise Polynomfunktionen nicht mit endlich vielen Additions- und Multiplikationsschritten aus der Variablen x darstellbar. 5.1.1 Das Werteverhalten der Exponentialfunktion Dass es tatsächlich eine Funktion gibt, welche die Funktionalgleichung f(x + y) = f(x)f(y) erfüllt und damit die ganzzahlige Potenz „erweitert“, ist von vorneherein keinesfalls selbstverständlich. Wir veranschaulichen uns im Folgenden das Werteverhalten der Exponentialfunktion a x für rationale Argumente x = m n . Ganz wichtig dabei ist, dass aufgrund der Funktionalgleichung die Exponentialfunktion keine Nullstellen besitzt. Satz 5.1 Die Exponentialfunktion hat keine Nullstellen. Wäre dies doch der Fall, so gäbe es eine Zahl x ∈ R , für die a x = 0 ist. Dann müsste aufgrund der Funktionalgleichung für jede andere Zahl y ∈ R gelten a y = a y−x+x = a y−x · a x = a y−x · 0 = 0. Die Exponentialfunktion wäre also die Nullfunktion. Nach dieser Vorüberlegung kann man sich nun den Wert a x für jede rationale Zahl x = m n ∈ Q mit m ∈ Z und n ∈ N plausibel machen: Satz 5.2 Die Exponentialfunktion f zur Basis a > 0 hat folgendes Werteverhalten für rationale Argumente: [1] f(0) = a 0 = 1. [2] f(−n) = a −n = 1 a n für alle n ∈ N . [3] f( 1 n ) = n √a = a 1 n für alle n ∈ N . [4] f( m n ) = n √a m = (a 1 n ) m = (a m ) 1 n für alle n ∈ N , m ∈ Z . Wie kommt man zu diesem Werteverhalten? Betrachten wir zunächst die Aussage [1]. Es muss aufgrund der Funktionalgleichung gelten: a = f(1) = f(1 + 0) = f(1)f(0) = af(0) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="101"?> 102 5 Spezielle Funktionen Dividiert man die Gleichung auf beiden Seiten durch den Wert a > 0, dann folgt zwangsläufig f(0) = 1. Zur Aussage [2]: Falls n ∈ N , so lässt sich Null schreiben als 0 = n + (−n), und es folgt aus der Funktionalgleichung 1 = f(0) = f(n + (−n)) = f(n)f(−n) also f(−n) = 1 f(n) = 1 a n = a −n . Beispiel 5.2 Es ist ( 2 3 ) −4 = 1 ( 2 3 ) 4 = 1 16 81 = 81 16 Zu Aussage [3]: Wenn der Exponent x = 1 n Kehrwert einer natürlichen Zahl ist, so lässt sich der Ausdruck a x als Wurzel interpretieren. Beispiel 5.3 Betrachten Sie beispielsweise a 1 2 . Wenn die Funktionalgleichung gilt, so folgt hieraus (a 1 2 ) 2 = a 1 2 · a 1 2 = a 1 2 + 1 2 = a 1 = a Also ist (a 1 2 ) 2 = a und a 1 2 muss die positive Quadratwurzel von a sein. Entsprechend kann man a 1 3 als 3 √a, d.h. als Kubikwurzel von a motivieren. Ganz allgemein erhalten Sie für a 1 n die n-te Wurzel von a, d.h. a 1 n = n √a. Bitte beachten Sie: Die n-te Wurzel n √a ist ein eigenständiges Symbol, welches sich durch Bildung der Umkehrfunktion der Monomfunktion x 7→ x n auf [0; ∞[ (d.h. bei festem n) ergibt vgl. S. 69 . Der Ausdruck a 1 n jedoch ergibt sich im Rahmen der allgemeinen Potenz wie gerade besprochen dadurch, dass man den Exponenten variiert. Während man die n-te Wurzel n √a als Lösung der Gleichung x n = a im Falle einer ungeraden Zahl n auch auf negative Radikanden a < 0 erweitern kann, ist dies für die Potenz a 1 n ausdrücklich nicht möglich. Hier erkennt man die unterschiedliche Herkunft der beiden Ausdrücke, die aber für a > 0 letztlich übereinstimmen. Abschließend prüfen wir noch die Formel [4]: Für einen beliebigen Bruch x = m n = m · 1 n ∈ Q gilt a m n = ( n √a) m Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="102"?> 5.1 Allgemeine Exponentialfunktion 103 denn a m n = a m 1 n = a m Summanden z }| { 1 n + · · · + 1 n = a 1 n · · · a 1 n | {z } m Faktoren = (a 1 n ) m = ( n √a) m wobei im dritten Umformungsschritt wieder die Funktionalgleichung verwendet wurde. Die Reihenfolge „Erst Radizieren, dann Potenzieren“ kann bei der Berechnung von a m n auch umgekehrt werden. Nimmt man nämlich a m n zur n-ten Potenz, so gilt (a m n ) n = a m n · · · a m n = a m n + + m n = a n m n = a m Demzufolge ergibt sich a m n auch durch Radizieren aus a m , d.h. es gilt a m n = ( n √a) m = n √a m . Damit ist das Werteverhalten der Exponentialfunktion zur Basis a für alle rationalen Exponenten erklärt. Für alle x ∈ R , die nicht rational sind, lässt sich der Term a x mit den bisherigen Mitteln nur ungenau erklären, allerdings sollte die folgende Erläuterung zunächst auch ausreichen: Zu einer irrationalen Zahl x findet man einen zufriedenstellenden Näherungswert für a x , indem man eine rationale Zahl m n findet, die „nahe genug“ an x liegt, und für diesen Bruch dann a m n berechnet. Mathematisch exakt lässt sich a x mit Hilfe des Grenzwert-Konzeptes bzw. durch stetige Ergänzung erklären. Es handelt sich dabei um einen verhältnismäßig technischen Vorgang vgl. S. 136 , der im Kern besagt, dass a x schon mit den Werten für rationale x weitgehend vollständig erklärt ist. Damit kann man sich beispielsweise auch verdeutlichen, ob der Wert a x größer oder kleiner als 1 ist: Satz 5.3 Falls a > 1, so ist a x > 1 für x > 0 und a x < 1 für x < 0. Falls 0 < a < 1, so ist a x < 1 für x > 0 und a x > 1 für x < 0. 5.1.2 Das Monotonieverhalten der Exponentialfunktion Die Basis a einer Exponentialfunktion legt fest, welches Monotonieverhalten die Funktion hat. Nimmt man als Basis a = 1, so ergibt sich für beliebiges x ∈ R der Exponentialterm als 1 x = 1, die Exponentialfunktion zur Basis a = 1 ist also konstant. Für alle anderen Werte von a liegt folgendes Monotonieverhalten vor: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="103"?> 104 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.1: Funktionsgraphen von Exponentialfunktionen x 7→ a x für verschiedene Werte von a > 0 (blau) bzw. a < 0 (schwarz). DGS Satz 5.4 Die Exponentialfunktion f(x) = a x ist für a > 1 streng monoton wachsend und für 0 < a < 1 streng monoton fallend. Dazu betrachten wir zwei Werte x 0 < x 1 und bilden den Quotienten f(x 1 ) f(x 0 ) = a x 1 a x 0 = a x 1 −x 0 Da x 1 − x 0 > 0, folgt aus Satz 5.3, dass a x 1 −x 0 > 1, wenn a > 1, also ist f(x 1 ) f(x 0 ) > 1, d.h. es ist f(x 1 ) > f(x 0 ). Die Exponentialfunktion ist in diesem Fall also streng monoton wachsend. Genauso folgt für 0 < a < 1 die Abschätzung a x 1 −x 0 < 0, so dass die Exponentialfunktion in diesem Fall streng monoton fallend ist. Der Term a x kann mit Basiszahlen a > 1 Wachstumsvorgänge, für 0 < a < 1 hingegen Zerfallsvorgänge in der Zeit darstellen. In Abbildung 5.1 sind die Graphen verschiedener Exponentialfunktionen dargestellt. Je größer a bzw. 1 a ist, desto steiler verläuft der Graph von f. Weil a 0 = 1, verlaufen alle Exponentialfunktionen durch den gemeinsamen Punkt (0|1). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="104"?> 5.1 Allgemeine Exponentialfunktion 105 Wir fassen die wichtigsten Eigenschaften der Exponentialfunktion zusammen: a x ist in x streng monoton wachsend für a > 1. a x ist in x streng monoton fallend für a < 1. Für alle a > 0 gilt a 0 = 1 a x+y = a x a y für x, y ∈ R . (a x ) y = a xy für x, y ∈ R . Die letzte Regel ist für rationale Werte x = m 1 n 1 und y = m 2 n 2 (d.h. mit natürlichen Zahlen m 1 , n 1 , m 2 , n 2 ) über den Zusammenhang zur n-ten Wurzel relativ leicht nachzurechnen: (a x ) y = (a m1 n1 ) m2 n2 = n2 √ (a m1 n1 ) m 2 = n2 √ a m 2 m1 n1 = a m2 m1 n1 n2 = a m1 n1 m2 n2 = a xy 5.1.3 Die Eulersche Exponentialfunktion Durch die Basis a wird die Exponentialfunktion bzw. ihr Verhalten festgelegt. Streng genommen gibt es zu jedem a > 0 eine eigene Exponentialfunktion, d.h. wir haben es mit einer Schar von Funktionen f a : R → R , f a (x) = a x zu tun (diesen Aspekt haben wir aus Gründen der Übersichtlichkeit bisher unterschlagen). Verschiedene Exponentialfunktionen lassen sich mit Hilfe des Logarithmus ineinander überführen (siehe dazu auch den folgenden Abschnitt). Es gibt daher in allen wissenschaftlichen Bereichen die Neigung, mit einer speziellen Exponentialfunktion zu arbeiten. Üblich und anerkannt ist die Verwendung der so genannten e-Funktion exp(x), genauer gesagt, der Exponentialfunktion zur Basis e. Man kann diese Funktion wie folgt motivieren - ein exakter Nachweis ist hier allerdings nicht möglich: Beim Vergleich der allgemeinen Exponentialfunktion a x (zu positiver Basis a > 0) mit der linearen Funktion g(x) = 1 + x fällt auf, dass beide den gemeinsamen Punkt (0|1) haben. Es gibt jedoch offenbar genau eine Basis a > 1, für die (0|1) der einzige Schnittpunkt der beiden Funktionsgraphen ist, vgl. Abbildung 5.2. Diese Basis wird mit dem Symbol e bezeichnet. Die Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="105"?> 106 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.2: Graphen der Exponentialfunktionen f 2 (x) = 2 x , f(x) = e x und f 4 (x) = 4 x sowie von g(x) = 1 + x DGS Exponentialfunktion zur Basis e liegt vollständig „oberhalb“ des Graphen von g, d.h. es gilt für alle x ∈ R e x ≥ 1 + x Aus Abbildung 5.2 geht hervor, dass e ∈ [2; 4]. e ist eine irrationale Zahl; man nennt sie Eulersche Zahl . Wie die Kreiskonstante π ist die Eulersche Zahl e eine transzendente Zahl, d.h. sie ist nicht Wurzel eines Polynoms mit rationalen Koeffizienten. Für den genauen Wert e = 2, 7182818 . . . gibt es verschiedene Näherungsmethoden vgl. S. 133 . Wir halten fest: Satz 5.5 Die Eulersche e-Funktion erfüllt die Ungleichung e x ≥ 1 + x für alle x ∈ R . Übungen zu Abschnitt 5.1 1. Vergleichen Sie f 1 (x) = ( 1 2 ) x , f 2 (x) = 2 x und f 3 (x) = 3 x bezüglich des Wachstumsverhaltens mit der Eulerschen Exponentialfunktion. 2. Stellen Sie die Funktionen graphisch dar. Welche Graphen liegen symmetrisch zueinander? (Begründung anhand der Funktionsterme) a) f 1 (x) = 3 x b) f 2 (x) = ( 1 3 ) x c) f 3 (x) = −3 x d) f 4 (x) = − ( 1 3 ) x 3. Gegeben sei die Funktion f(x) = 2 x . a) Zeigen Sie, dass für alle x ∈ R gilt f(x + 1) = 2f(x). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="106"?> 5.2 Logarithmusfunktion log a 107 b) Leiten Sie entsprechende Formeln für die Funktionen g(x) = 5 x und h(x) = 0, 3 x her. c) Verallgemeinern Sie die berechneten Formeln für die allgemeine Exponentialfunktion f a (x) = a x mit a > 0. 4. Bestimmen Sie eine Funktion f(x) = c · a x (d.h. passende a, c > 0) derart, dass jeweils folgende Punkte P, Q auf dem Graphen von f liegen. a) P (1|6) und Q(0|2) b) P (0, 5|1) und Q(2|27) c) P (2|t) und Q(1|2) mit t > 0 d) P (s|t) und Q(0|2) mit s, t > 0 5. Ein Kapital von 10.000 e soll zur Finanzierung eines Neuwagens so angelegt werden, dass es nach 5 Jahren auf 15.000 e angewachsen ist. Wie hoch muss der Jahreszinssatz der Geldanlage sein, damit man dieses Ziel erreicht? 6. Bestimmen Sie a > 0 derart, dass für alle x ∈ R gilt: a) a x ≥ 1 + 2x b) a x ≥ 1 − 2x 5.2 Logarithmusfunktion log a Die allgemeine Exponentialfunkton x 7→ a x zur Basis a > 0 ist für a 6= 1 streng monoton, sie hat also eine Umkehrfunktion. Diese Umkehrfunktion wird als Logarithmusfunktion bezeichnet, d.h. zu a > 0, y > 0 heißt x Logarithmus von y zur Basis a, in Zeichen x = log a (y), genau dann, wenn y die x-te Potenz von a ist, d.h. wenn y = a x ist. Beispiel 5.4 Es ist 2 3 = 8, deshalb ist 3 der Logarithmus von 8 zur Basis 2, in Formeln log 2 (8) = 3. Der Graph der Logarithmusfunktion ergibt sich durch Spiegelung an der Diagonale y = x aus dem Graphen der allgemeinen Exponentialfunktion, vgl. Abbildung 5.3. Für spezielle Basen gibt es abkürzende Schreibweisen. Der dekadische Logarithmus , d.h. der Logarithmus zur Basis 10 wird mit lg, der dyadische Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="107"?> 108 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.3: Graph der Logarithmusfunktion als Umkehrfunktion der allgemeinen Exponentialfunktion DGS Logarithmus , d.h. der Logarithmus zur Basis 2 wird mit ld bezeichnet. Es ist grundsätzlich möglich, einen Logarithmus bezüglich der einen Basis a 1 > 0 mit Hilfe von Logarithmen der anderen Basis a 2 > 0 zu schreiben, denn es gilt für alle x > 0 die Beziehung log a 2 (x) = log a1 (x) log a1 (a 2 ) Die Logarithmusfunktionen zu verschiedenen Basen unterscheiden sich demnach jeweils nur um eine spezifische multiplikative Konstante; zeichnet man also zwei Logarithmusfunktionen in zwei verschiedene Schaubilder, so sehen die Graphen bei geeigneter Ordinatenskala gleich aus. Im wissenschaftlichen Bereich wird meist der natürliche Logarithmus ln(x) = log e (x) verwendet, dessen Basis die Eulersche Zahl e ist. Manche Bücher verwenden auch das Logarithmus-Symbol log(x) ganz ohne Angabe der Basis und verstehen meist darunter den natürlichen Logarithmus, oder sie benutzen dann nur Eigenschaften der Logarithmusfunktionen, die unabhängig von der Skalierung der Ordinate sind. Die Notation wie auch die Nutzung des Logarithmus ist anfänglich extrem gewöhnungsbedürftig, aber Sie werden ohne eine grundlegende Kenntnis des Logarithmus und der Logarithmusfunktion in Ihrem Studium vermutlich nicht auskommen. Die wichtigste Eigenschaft des Logarithmus ist seine Funktionalgleichung : Satz 5.6 Für alle a > 0 und x, y > 0 gilt: log a (x · y) = log a (x) + log a (y) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="108"?> 5.2 Logarithmusfunktion log a 109 Diese Funktionalgleichung folgt aus der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion: Ist z 1 = log a (x) und z 2 = log a (y), so folgt a z 1 +z 2 = a z 1 a z 2 = xy, d.h. z 1 + z 2 = log a (xy), d.h. log a (x) + log a (y) = log a (x · y). Vervielfacht man also eine Größe x um einen Faktor, so wird diese multiplikative Veränderung auf einer „logarithmischen Skala“ durch eine additive Veränderung dargestellt. Früher wurde diese Eigenschaft zur Multiplikation großer Zahlen mit Hilfe eines Rechenschiebers verwendet - aus der Funktionalgleichung folgt nämlich x · y = a log a (x)+log a (y) d.h. erst wurden die zu multiplizierenden Größen logarithmiert, dann wurden diese Werte summiert, und die Summe wurde anschließend mit Hilfe der Exponentialfunktion wieder zurückübersetzt. Dieses Anwendungsfeld ist natürlich mit Aufkommen elektronischer Rechner bzw. Computer weitgehend verschwunden, aber dennoch lässt sich der Logarithmus sowohl in den Naturals auch den Wirtschaftswissenschaften mit Vorteil verwenden, denn durch Logarithmierung kann eine stark anwachsende Größe auch noch „unter Kontrolle gebracht werden“. Weil uns Ihre vermutlich immer noch bestehende Skepsis gegenüber der Logarithmusfunktion bewusst ist, wollen wir Ihnen eine konkrete Anwendungssituation für den Logarithmus bzw. die Logarithmusfunktion geben: Sowohl im betriebswirtschaftlichen als auch im volkswirtschaftlichen Kontext besteht ein großer Bedarf an Methoden zur genauen Vorhersage von ökonomischen Größen aufgrund von Vergangenheitswerten: Wenn ein Unternehmen die Nachfrage nach einem seiner Produkte gut prognostizieren kann, lassen sich hierdurch die produktionstechnischen und logistischen Abläufe ebenso wie die Bereitstellung der für eine Dienstleistung erforderlichen Ressourcen kostengünstig gestalten. Eine Volkswirtschaft kann mit Hilfe guter Prognosen von Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung geeignete finanzpolitische Maßnahmen ergreifen, um negative Entwicklungen - zumindest in Grenzen - zu mildern. Beispiel 5.5 Ein sehr prominenter Datensatz, an dem die grundsätzlichen Probleme einer präzisen Prognose veranschaulicht werden können, sind die monatlichen internationalen Flugpassagierzahlen (in 1000 Flugpassagieren) in den Jahren 1949 bis 1960. Sie finden diese Zahlen beispielsweise als Datensatz airpass im frei verfügbaren Statistik-Paket R - welches Sie im Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="109"?> 110 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.4: Monatliche Passagiere auf internationalen Flügen zwischen Januar 1949 und Dezember 1960, links Ausgangsdaten, rechts logarithmierte Werte DGS Internet unter http: / / www.r-project.org finden. In Abbildung 5.4 sind diese Daten in einem Schaubild dargestellt - auf der Abszisse sind die fortlaufenden Monate seit Januar 1949, auf der Ordinate die Passagierzahlen in 1000 abgetragen. Bei der Betrachtung des Schaubildes fällt innerhalb eines Jahres ein saisonaler Effekt (Schwankung) auf, der im Lauf der Jahre immer stärker ausfällt. Gleichzeitig ist ein - saisonbereinigter - Anstieg der Flugpassagierzahlen im Laufe der Jahre zu beobachten. Wollte man nun sowohl das saisonale Verhalten als auch den Jahreszuwachs für kommende Jahre aus den gegebenen Daten verlässlich prognostizieren, so würde sowohl die zunehmende Schwankung als auch der leicht gekrümmte Verlauf des Jahrestrends eine ernstzunehmende Schwierigkeit bei der Vorhersage bedeuten. Beispielsweise hat die nach der so genannten Kleinste- Quadrate-Methode bestimmte beste Ausgleichsgerade (Trendgerade) die Form f(x) = 2, 65718x + 87, 65278 (diese Anpassungstechnik der Statistik werden Sie im Studium ausführlich behandeln). Zeichnet man diese Trendgerade in das Schaubild der Flugpassagiere, so erkennt man in Abbildung 5.4 links, dass die Trendgerade zur Prognose ungeeignet sein dürfte, sie unterschätzt in der Mehrzahl der Fälle die tatsächlichen Passagierzahlen. In Abbildung 5.4, rechts, sind nun die logarithmierten Flugpassagierzahlen eingezeichnet. Diese Werte lassen sich recht gut durch eine Trendgerade f(x) = 0, 0044x + 2, 091 beschreiben, sie liegt ziemlich genau in der Mitte des saisonalen „Ausschlags“ der Daten. Mit Hilfe dieser Trendgerade sind Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="110"?> 5.2 Logarithmusfunktion log a 111 dann auch die originalen Flugpassagierzahlen zu prognostizieren, indem man die Funktion h(x) = e 0,0044x+2,091 verwendet. Wir wollen abschließend die wichtigsten Rechenregeln für Logarithmen auflisten. Jede dieser Rechenregeln gehört zu einer entsprechenden Rechenregel für Exponentiale, welche ihr gegenüber gestellt wird: Rechenregeln für Logarithmus- und Exponentialfunktion Für alle x, y, a > 0, r ∈ R gilt: [1] log a (x · y) = log a (x) + log a (y) [2] log a (x r ) = r log a (x) [3] log b (x) = log a (x) log a (b) [1] a x+y = a x · a y [2] (a x ) r = a r x , [3] a x log a (b) = b x Aus der Regel [3] rechts ergibt sich insbesondere, dass sich die Exponentialfunktion zur Basis a > 0 mit der Eulerschen Exponentialfunktion und dem natürlichen Logarithmus von a darstellen lässt. Für alle x ∈ R gilt a x = e x ln(a) Übungen zu Abschnitt 5.2 7. Berechnen Sie die folgenden Logarithmen ohne Einsatz eines Taschenrechners: a) log 3 ( 1 81 ) b) log 2 (64) c) log 0,1 (10) d) log 14 (1) e) log 9 (243) f) log t 3 (t a ) mit t > 0 8. Es seien a, y > 0 und r 6= 0. Welche der folgenden Ausdrücke stimmen überein? a) log a r (y) b) log a (y r ) c) log a (y)=r d) log a (y 1/ r ) e) log a (y)r f) log a 1=r (y) 9. Für alle a > 0 und x, y ∈ R gilt a x = a y ⇔ x = y. Lösen Sie die folgenden Gleichungen durch Anwendung dieser Aussage und geben Sie die Lösung auch in Logarithmus-Schreibweise an: a) 3 x = 27 b) 0, 1 x = 0, 0001 c) 196 x = 14 d) 4 x+7 = 256 e) 5 · 1, 8 x = 29, 16 10. Bestimmen Sie eine Logarithmusfunktion f(x) = log a (x) , d.h. eine Basis a > 0, so dass der Punkt P (x|y) auf dem Graphen von f liegt. a) P (100|2) b) P (0, 125|3) c) P (t|t 2 ) mit t > 0 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="111"?> 112 5 Spezielle Funktionen 11. Bestimmen Sie für die folgenden Exponentialfunktionen jeweils eine Konstante c ∈ R mit f(x) ≥ 1 + cx. a) f(x) = 2 x b) f(x) = ( 1 2 ) x c) f(x) = a x mit a > 0 12. Nach wie vielen Jahren hat sich ein Kapital K bei einem Jahres-Zinssatz von 2, 5% verdoppelt? 5.3 Allgemeine Potenzfunktion Sie haben bereits die Monom-Funktion x 7→ x n sowie (für x > 0) ihre Umkehrfunktion x 7→ n √x = x 1 n kennengelernt. Betrachtet man sowohl Monomfunktionen wie schon Wurzelfunktionen nur auf dem Definitionsbereich ]0; ∞[, so lassen sich beide als Spezialfälle der allgemeinen Potenzfunktion zum Exponent a ∈ R , a 6= 0, auffassen: f a : [0; ∞[→ [0; ∞[, f a (x) = x a Zwei typische Situationen sollen den Anwendungsbereich der Potenzfunktionen in der Ökonomie verdeutlichen. Beispiel 5.6 In der Darstellung von Produktionsabläufen spielen sogenannte Cobb- Douglas-Funktionen eine wichtige Rolle. Es handelt sich dabei um Funktionen der Art f(x) = c · x a , mit denen die produzierte Menge f(x) eines Gutes in Abhängigkeit von der eingesetzten Menge x eines Rohstoffes (allgemeiner: Produktionsfaktors) erklärt wird. Hier ist zunächst die Annahme a = 1 obligatorisch, d.h. dass sich bei einer Vervielfachung der Menge des eingesetzen Rohstoffes auch die Produktionsmenge entsprechend vervielfacht. Zwischen Faktoreinsatz x und Produktionsmenge liegt also ein proportionaler (linearer) Zusammenhang der Form vor. Dies berücksichtigt jedoch nicht den in vielen Produktionen auftretenden „Schwund“ z.B. durch Verringerung der Qualität infolge von Überbeanspruchung des Fertigungsweges. Daher wird man in vielen Fällen eine „unterproportionale“ Produktion ansetzen wollen. Dies kann man z.B. durch eine Cobb-Douglas-Funktion x 7→ cx a mit einem Exponenten 0 < a < 1 erreichen. Eine überproportionale Produktion x 7→ cx a mit a > 1 ist eher selten, sie kann z.B. dann vorliegen, wenn der eingesetzte Produktionsfaktor - innerhalb fester Grenzen - katalytische Eigenschaften hat, d.h. wenn sein zunehmender Einsatz die Verarbeitung der übrigen benötigten Rohstoffe begünstigt. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="112"?> 5.3 Allgemeine Potenzfunktion 113 Beispiel 5.7 Bei der Analyse ökonomischer Daten wie z.B. der Fluggastzahlen aus Beispiel 5.5 verwendet man neben der bereits angesprochenen Logarithmus- Transformation auch die Box-Cox-Transformationsfunktion x 7→ (x + c) a − 1 a mit a > 0 und c ≥ 0. Mit dem Wert c wird vermieden, dass ggf. negative Datenwerte beim Einsetzen in x Rechenprobleme verursachen. Mit Grenzwertrechnungen (vgl. auch die folgenden Abschnitte) kann man zeigen, dass sich diese Transformation, wenn a nur nahe genug bei Null liegt, der Funktion x 7→ log(x+c) annähert. Für a > 0 haben die Graphen der Potenzfunktionen einen streng monoton wachsenden Verlauf vgl. Abbildung 5.5 links . Für a < 0 ist der Verlauf streng monoton fallend vgl. Abbildung 5.5 rechts . Die Umkehrfunktion von f a ist f 1 a , d.h. es gilt f −1 a (x) = x 1 a Darüber hinaus hat die Potenz die multiplikative Eigenschaft (xy) a = x a y a Wie bei der Monomfunktion schreibt man die Umkehrfunktion der allgemeinen Potenz mit dem Wurzel-Symbol, d.h. für x > 0, a > 0 ist die a-te Wurzel erklärt als a √x : = x 1 a Wir fassen nun noch einmal die wichtigsten Rechenregeln im Zusammenhang mit (allgemeinen) Potenzen und Wurzeln zusammen. Sie erweitern die in Satz 4.1 vgl. S. 67 angegebenen Potenzregeln für ganzzahlige Exponenten: Satz 5.7 (Regeln für allgemeine Potenzen und Wurzeln) Für alle x, y > 0 und a, b ∈ R gilt: [1] x 0 = 1. [2] (xy) a = x a · y a und a √xy = a √x · a √y. [3] x a+b = x a · x b . [4] x −a = 1 x a und −a √x = 1 a px . [5] (x a ) b = (x b ) a = (x) ab und a √ b √x = b √ a √x = ab √x. [6] b √x a = 1=a √ x 1 b = x a b . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="113"?> 114 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.5: Graphen der allgemeinen Potenzfunktion x 7→ x a . Links Rechts schwarz durchgezogen a = 1 a = −1 schwarz gestrichelt a = 3 2 a = − 3 2 schwarz gepunktet a = 3 a = −3 blau gestrichelt a = 2 3 a = − 2 3 blau gepunktet a = 1 3 a = − 1 3 Graphen mit identischem Strichmuster stellen paarweise die Umkehrfunktionen zueinander dar. DGS Einige der Regeln haben Sie auch schon im Zusammenhang mit der Exponentialfunktion gesehen, dort lag aber das Hauptaugenmerk auf der funktionalen Abhängigkeit vom Exponenten. Für (x + y) a gibt es nur im Falle a ∈ N mit der binomischen Formel vgl. S. 67 eine direkte Möglichkeit der Umformung. Übungen zu Abschnitt 5.3 13. Werden bei der Herstellung eines Produktes 2550 Einheiten eines Rohstoffes eingesetzt, so erhält man 850 Einheiten des Produktes. Bei Erhöhung des Rohstoffeinsatzes um 600 Einheiten steigt der Ertrag um 150 Einheiten. a) Mit welcher Cobb-Douglas-Funktion kann man diesen Sachverhalt modellieren? b) Um wie viele Einheiten würde der Ertrag bei der genannten Erhöhung des Rohstoffeinsatzes steigen, wenn die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion linear wäre? Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="114"?> 5.4 Trigonometrische Funktionen 115 Gradmaß 30 45 60 90 180 270 360 Bogenmaß 1 6 π 1 4 π 1 3 π 1 2 π π 3 2 π 2π Tabelle 5.1: Gegenüberstellung von Winkeln im Gradmaß und im Bogenmaß 5.4 Trigonometrische Funktionen Mit den trigonometrischen Funktionen werden Zusammenhänge zwischen Winkeln und Seiten im rechtwinkligen Dreieck beschrieben. In der Ökonomie werden trigonometrische Funktionen als technische Hilfsfunktionen unter anderem in der Zeitreihenanalyse, einer statistischen Technik zur Analyse zeitlich abhängiger Daten verwendet, sie finden aber auch Gebrauch in der Theorie der Differentialgleichungen, die man in der Ökonomie benötigt, wenn Trendänderungen einer ökonomischen Variablen in Abhängigkeit von einer anderen Variable beschrieben werden sollen. Die trigonometrischen Funktionen haben als Argumente Winkelmaße, die auf unterschiedliche Weisen erhoben werden: Gradmaÿ : Hier wird die Größe eines Winkels von 0 bis 360 gemessen, was einem Vollkreis entspricht. Diese Einteilung ist historisch vermutlich infolge von kalendarischen Zweckmäßigkeiten und den Teilbarkeitseigenschaften der Zahl 360 entstanden, aus mathematischer Sicht aber als eher willkürlich anzusehen. Bogenmaÿ : Die in den Wissenschaften heute übergreifend anerkannte und verwendete Möglichkeit der Normierung besteht darin, die Länge des Kreisbogens über dem Winkel α als Maß für den Winkel zu verwenden, da er proportional zu der Größe des Winkels ist. Verwendet man einen Kreis mit Radius 1 ( Einheitskreis ), so liegen die Bogenlängen eines Kreissegmentes zwischen 0 und dem Vollkreisumfang 2π. Im Bogenmaß wird der Winkel demgemäß im Intervall [0; 2π] liegen. Typische Winkel im Gradmaß und deren Bogenmaße sind einander in Tabelle 5.1 gegenüber gestellt. Winkel α > 2π werden so interpretiert, dass der Winkel über den Vollkreis hinaus entsprechend weiter gedreht wird, d.h. z.B. der Winkel 3π wird mit dem Winkel 3π − 2π = π identifiziert. Winkel können auch mit einem Vorzeichen versehen werden. Positive Werte von α entsprechen der Berechnung eines Winkels zwischen zwei Schenkeln gegen den Uhrzeigersinn ( mathematisch positiver Drehsinn ), negative Werte entsprechend im Uhrzeigersinn ( mathematisch negativer Drehsinn ). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="115"?> 116 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.6: Die beiden ähnlichen rechtwinkligen Dreiecke ABC und AB ′ C ′ haben die Längen a = 8, b = 6, c = 10 bzw. a ′ = 4, b ′ = 3, c ′ = 5. Entsprechende Seiten stehen im Verhältnis 2 : 1 zueinander. Es gilt insbesondere a c = a 0 c 0 = 4 5 sowie b c = b 0 c 0 = 3 5 und a b = a 0 b 0 = 4 3 . Diese Verhältnisse werden als Sinus, Cosinus und Tangens des Winkels bezeichnet. Die trigonometrischen Funktionen Sinus, Cosinus und Tangens (bzw. Cotangens) ergeben sich aus dem folgenden Sachverhalt: bei zwei ähnlichen Dreiecken (d.h. Dreiecken, deren Innenwinkel übereinstimmen) stehen vergleichbare Seiten der beiden Dreiecke stets im gleichen Verhältnis zueinander. Zwei rechtwinklige Dreiecke sind zueinander ähnlich, wenn sie (zusätzlich zu dem rechten Winkel) in einem weiteren Winkel - im Folgenden mit α bezeichnet - übereinstimmen, vgl. Abbildung 5.6. Aufgrund der Ähnlichkeit stimmen alle Verhältnisse entsprechender Seiten der Dreiecke a a 0 = b b 0 = c c 0 überein. Durch Umstellen der Beziehungen erhält man die drei Gleichungen a c = a ′ c ′ b c = b ′ c ′ a b = a ′ b ′ Da a die dem Winkel gegenüber liegende Kathete des rechtwinkligen Dreiecks ist, bezeichnet man sie als Gegenkathete (zu α). Entsprechend ist b die Ankathete. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="116"?> 5.4 Trigonometrische Funktionen 117 Definition 5.1 Im rechtwinkligen Dreieck sind Sinus , Cosinus und Tangens von erklärt als: [1] Verhältnis von Gegenkathete zur Hypotenuse: sin( ) : = a c = Gegenkathete Hypotenuse [2] Verhältnis von Ankathete zur Hypotenuse: cos( ) : = b c = Ankathete Hypotenuse [3] Verhältnis von Gegenkathete zur Ankathete tan( ) : = a b = Gegenkathete Ankathete Aufgrund der oben angestellen Ähnlichkeitsüberlegungen weiß man, dass diese definierten Werte unabhängig von den konkreten Abmessungen des Dreiecks sind. Sinus und Cosinus sind eng miteinander verwandt, denn man kann das Verhältnis von Ankathete des Winkels α zur Hypotenuse auch als Verhältnis der Gegenkathete des dritten Winkels = π 2 − α zur Hypotenuse auffassen. Also gilt cos( π 2 − α) = sin(α) Man sagt, der Cosinus entsteht aus dem Sinus durch eine Phasenverschiebung um π 2 . Der Kehrwert des Tangens wird als Cotangens (Symbol: cot) bezeichnet, denn er entsteht aus dem Tangens durch genau die gleiche Phasenverschiebung: cot( π 2 − α) = 1 tan( π 2 − α) = cos( π 2 − α) sin( π 2 − α) = sin(α) cos(α) = tan(α) Bisher haben wir Sinus, Cosinus und Tangens nur über rechtwinklige Dreiecke mit einem Innenwinkel α ∈ [0; π 2 [ erklärt - der Fall α = 0 entspricht dabei einem „entarteten“ Dreieck. Jedoch lassen sich diese Größen auch auf beliebige Winkel α ∈ [0; 2π[ und darüber hinaus übertragen. Es sei dies im Folgenden für den Sinus beschrieben. Dazu betrachten wir im Einheitskreis vier Fälle, vgl. Abbildung 5.7, bei denen der Ursprung den einen Endpunkt und ein Punkt (x|y) auf dem Einheitskreis den anderen Endpunkt der Hypotenuse beschreibt. [1] 0 ≤ α < π 2 : Das betrachtete rechtwinklige Dreieck liegt im ersten Quadranten. Es gilt per Definition sin(α) = y > 0. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="117"?> 118 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.7: Genese der Sinusfunktion anhand der Definition am Einheitskreis DGS [2] π 2 ≤ α < π: Das betrachtete rechtwinklige Dreieck liegt im zweiten Quadranten. Es gilt dann: sin(α) = sin(π − α) = y > 0. [3] π ≤ α < 3π 2 : Das betrachtete rechtwinklige Dreieck liegt im dritten Quadranten. Es gilt dann: sin(α) = − sin( 3π 2 − α) = y < 0. Die Länge der Gegenkathete wird hier mit einem negativen Wert abgelesen. [4] 3π 2 ≤ α < 2π: Das betrachtete rechtwinklige Dreieck liegt im vierten Quadranten. Es gilt dann: sin(α) = − sin(2π − α) = y < 0. Die Länge der Gegenkathete wird auch hier mit einem negativen Wert abgelesen. Für Winkel α ≥ 2π setzen wir die Drehung des Punktes (x|y) auf dem Einheitskreis im mathematisch positiven Drehsinn einfach fort und erklären damit den Sinus, je nachdem in welchen der vier Quadranten der Punkt (x|y) fällt. Für Winkel α < 0 verfahren wir genau so, allerdings liegt dann eine Drehung im mathematisch negativen Drehsinn vor. Auf die gleiche Weise kann man die „Fortsetzung“ des Cosinus vornehmen. Tangens und Cotangens ergeben sich dann wieder als Quotienten; da aber Division durch Null vermieden werden muss, ist die Festlegung von tan(α) für α = (2k+1)π 2 und von cot(α) für α = kπ (wobei k eine beliebige ganze Zahl ist) nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieser Ausnahmen lassen sich Sinus, Cosinus, Tangens und Cotangens als Funktionen mit Definitionsbereich R auffassen, wobei man sie dann als Funktionen von x schreibt - die Interpretation des Argumentes als Winkel α tritt dabei in den Hintergrund. Definition 5.2 Die Zuordnungen x 7→ sin(x), x 7→ cos(x), x 7→ tan(x) und x 7→ cot(x) heißen trigonometrische Funktionen. Aufgrund der obigen Überlegungen lassen sich einige Eigenschaften dieser Funktionen ableiten: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="118"?> 5.4 Trigonometrische Funktionen 119 Abbildung 5.8: Graphen der trigonometrischen Funktionen Sinus, Cosinus (blau), links, und Tangens, Cotangens (blau), rechts x 0 π 4 π 3 π 2 2π 3 3π 4 π 5π 4 4π 3 3π 2 5π 3 7π 4 2π sin(x) 0 1 √2 √3 2 1 √3 2 1 √2 0 − 1 √2 − √3 2 −1 − √3 2 − 1 √2 0 cos(x) 1 1 √2 1 2 0 − 1 2 − 1 √2 −1 − 1 √2 − 1 2 0 1 2 1 √2 1 tan(x) 0 1 √3 −√3 −1 0 1 √3 −√3 −1 0 Tabelle 5.2: Wichtige Funktionswerte trigonometrischer Funktionen Definitionsbereich: Sinusfunktion und Cosinusfunktion haben den Definitionsbereich R . Die Tangensfunktion hat den Definitionsbereich {x ∈ R : x 6= (2k+1)π 2 , k ∈ Z }. Die Cotangensfunktion hat den Definitionsbereich {x ∈ R : x 6= kπ, k ∈ Z }. Wertebereich: Sinusfunktion und Cosinusfunktion haben den Wertebereich [−1; 1]. Tangens- und Cotangensfunktion haben den Wertebereich R . Periodizität: Alle trigonometrischen Funktionen sind 2π-periodisch, d.h. es gilt f(x+2π) = f(x) für alle x im Definitionsbereich von f. Alle Werte in den genannten Bereichen werden unendlich oft angenommen. Die Graphen der trigonometrischen Funktionen sind in Abbildung 5.8 dargestellt. Einige typische Funktionswerte der trigonometrischen Funktionen finden Sie in Tabelle 5.2. Weitere Funktionswerte von Sinus und Cosinus erhalten Sie aus dieser Tabelle über die Zusammenhänge cos( π 2 −x) = sin(x) bzw. sin(x) = cos( π 2 − x). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="119"?> 120 5 Spezielle Funktionen Die Steigung bei einer linearen Funktion lässt sich mit Hilfe des Tangens beschreiben, vgl. Abbildung 2.2 vgl. S. 33 . Zeichnet man im Graphen von f zu beliebigen Stellen x 1 und x 2 ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Katheten die Zuwächse in x und y darstellen, so ergibt sich der Tangens des Winkels α als Verhältnis von Gegenkathete zu Ankathete, also als Steigung tan(α) = f(x 2 )−f(x 1 ) x 2 −x 1 = a Will man trigonometrische Funktionen zur Modellierung realer zeitlich-periodischer Vorgänge wie z.B. physikalische Schwingungen (Pendel, Tonfrequenzen) astronomische Vorgänge (Sonnenscheindauer, Gezeiten) saisonale Effekte in ökonomischen Zeitreihen (monatliche Arbeitsmarktdaten, Tourismuszahlen) verwenden, so passt die rein technisch vorgegebene 2π-Periodizität von Sinus und Cosinus in der Regel nicht zum Sachzusammenhang, sondern muss mit Hilfe linearer Transformationen angepasst werden. Dabei greift man wegen der Eigenschaft, dass der Cosinus aus dem Sinus durch eine Phasenverschiebung hervorgeht, auf die Sinusfunktion zurück. Satz 5.8 Für alle a, b > 0 und c, d ∈ R gilt: die Funktion x 7→ f(x) = a sin(bx + c) + d [1] ist eine 2 b -periodische Funktion, d.h. f(x + 2 b ) = f(x) für alle x ∈ R . [2] hat den y-Achsenabschnitt a sin(c) + d [3] hat die Extremwerte d a. Der Faktor a heißt Amplitude von f. Durch geeignete Wahl von a, b, c, d lässt sich so die Sinusfunktion an sachlogische Periodizitäten anpassen. Beispiel 5.8 Wir kommen noch einmal auf die monatlichen Flugpassagierzahlen zurück, vgl. Beispiel 5.5 vgl. S. 109 . In den logarithmierten Zahlen konnten Sie einerseits einen linearen Trend, andererseits eine 12-monatige Periodizität erkennen. Beides zusammen lässt sich mit einer Funktion f(x) = a sin(bx + c) + d + ex darstellen, wobei der Term a sin(bx + c) + d den periodischen Bestandteil und der Term ex den Trendbestandteil angibt. In Abbildung 5.9 ist eine solche Anpassung vorgenommen worden. Die Saisonkomponente lässt sich natürlich noch verbessern, dies ist eine der Aufgaben, welche in der Zeitreihenanalyse behandelt wird. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="120"?> 5.4 Trigonometrische Funktionen 121 Abbildung 5.9: Prognose von Flugpassagierzahlen mit trigonometrischer Saisonkomponente DGS Übungen zu Abschnitt 5.4 14. Vervollständigen Sie die nachstehende Funktionswertetabelle: x 0 π 6 π 3 π 2 2π 3 5π 6 π 7π 6 4π 3 3π 2 5π 3 11π 6 2π sin(x) 0 ? √ 3 2 1 √ 3 2 ? 0 ? − √ 3 2 −1 − √ 3 2 ? 0 cos(x) 1 ? 1 2 0 − 1 2 ? −1 ? − 1 2 0 1 2 ? 1 Verwenden Sie die Eigenschaften sin(x) = cos( π 2 − x), cos(x) = sin( π 2 − x) und die Symmetrieeigenschaften von Cosinus und Sinus. 15. Begründen Sie das Additionstheorem sin 2 (x) + cos 2 (x) = 1 (für alle x ∈ R ). Verwenden Sie die Lage von sin(x), cos(x) im Einheitskreis. 16. Bestimmen Sie zu den folgenden Gleichungen alle Lösungen x ∈ [0; 2π[. Greifen Sie dabei auf Tabelle 5.2 bzw. auf die vervollständigte Tabelle der vorangegangenen Aufgabe zurück. a) − sin 2 (x) + sin(x) − 1 4 = 0 b) sin 2 (x) − cos 2 (x) = sin(x) c) 1 − sin(x) = cos(x) 17. Ermitteln Sie für folgende Graphen Funktionsterme a) einer linear transformierten Sinusfunktion f(x) = a sin(bx + c) + d Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="121"?> 122 5 Spezielle Funktionen b) einer linear transformierten Cosinusfunktion g(x) = a sin(bx + c) + d 18. Welche Funktion f(x) = a + bx + sin(2x) verläuft durch die Punkte P ( π 2 |π) und Q(π|4π)? 5.5 Stückweise de nierte Funktionen Meistens lässt sich ein ökonomischer Sachverhalt mit einer der bisher genannten Funktionen nur innerhalb gewisser „Gültigkeitsbereiche“ des Definitionsbereiches modellieren. In anderen Bereichen muss man die Definition der Funktion abändern; es entsteht eine stückweise definierte Funktion. Oft handelt es sich bei den verwendeten Teilfunktionen um - affin - lineare Funktionen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für eine Dienstleistung oder ein Produkt abhängig vom Umfang der Leistung oder der gelieferten Menge mehrere Tarife zur Verfügung stehen, von denen jeweils der günstigste zur Anwendung kommt: Beispiel 5.9 Im Oktober 2008 ergaben sich im Erdgastarif „Münster-Minimal“ der Stadtwerke Münster für einen Kunden mit Jahres-Verbrauch x in kWh Gesamtkosten, die mit Hilfe der folgenden stückweise linearen Funktion f : [0; 10000] → R modelliert werden können: f(x) = 8 >< >: 27, 12 + 0, 1211x = f 1 (x), 0 < x ≤ 1033 48, 72 + 0, 1002x = f 2 (x), 1033 < x ≤ 3142 125, 28 + 0, 0759x = f 3 (x), 3142 < x ≤ 10000 Es kommen hier drei Tarif-Funktionen f 1 , f 2 , f 3 zum Einsatz, die unterschiedliche Grundpreise und Verbrauchspreise je kWh beschreiben. Die Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="122"?> 5.5 Stückweise de nierte Funktionen 123 Abbildung 5.10: Links: Graph der Tariffunktion im Erdgas-Beispiel 5.9. Rechts: Graph der Betragsfunktion tatsächlichen Kosten entsprechen durch die gegebene Fallunterscheidung jeweils den kleinsten der drei berechneten Kosten f 1 (x), f 2 (x), f 3 (x). Der Graph von f ist in Abbildung 5.10, links, dargestellt. Stückweise lineare Funktionen kommen auch bei Steuermodellen mit Stufentarifen vor. Auch Bewegungsmodelle, bei denen die Geschwindigkeit stückweise konstant ist, führen zu einer Zuordnung der Zeit zum insgesamt zurückgelegten Weg, die sich als stückweise lineare Funktion schreiben lässt. Eine wichtige stückweise lineare Funktion von allgemeinem Interesse ist die Betragsfunktion bzw. Absolutbetrags-Funktion abs : R → [0; ∞[ f(x) = abs(x) = |x| : = { −x x < 0 x x ≥ 0 ) = max(x, −x) Der Absolutbetrag ist eine konvexe (nicht streng konvexe) Funktion. Ihr Graph ist in Abbildung 5.10, rechts, dargestellt. Für x, y ∈ R hat der Absolutbetrag folgende wichtige Eigenschaften: |x| = √ x 2 |xy| = |x| · |y| Dreiecksungleichung : |x + y| ≤ |x| + |y| Der Absolutbetrag ist ein Werkzeug zur Abstandsmessung zwischen Zahlen, findet sich aber auch in der Abstandsmessung von Vektoren wieder. Er wird bei allen Konzepten der Analysis als Werkzeug verwendet. Mit dem Absolutbetrag verbunden sind die Positivteil-Funktion f(x) = x + : = { x falls x ≥ 0 0 falls x < 0 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="123"?> 124 5 Spezielle Funktionen Abbildung 5.11: Links: Graph der Positivteilfunktion. Rechts: Graph der Negativteilfunktion und die Negativteil-Funktion f(x) = x − : = { −x falls x ≤ 0 0 falls x > 0 vgl. Abbildung 5.11. Positivteil und Negativteil einer Zahl x ∈ R hängen mit x bzw. dem Absolutbetrag |x| wie folgt zusammen: x + − x − = x, x + + x − = |x| für alle x ∈ R . Insbesondere gilt für alle x ∈ R |x| = { x − falls x ≤ 0 x + falls x ≥ 0 Der in Abbildung 5.10, rechts, dargestellte Funktionsverlauf der Betragsfunktion ist also für x ≥ 0 gleichzeitig Graph der Positivteilfunktion und für x ≤ 0 Graph der Negativteilfunktion. Eine weitere stückweise erklärte Funktion ist die so genannte Indikatorfunktion . Sie stellt die Schnittstelle zwischen Mengenoperationen und arithmetischen Operationen dar und ist deshalb ein wichtiges Werkzeug der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Streng genommen, gibt es nicht die Indikatorfunktion, sondern für jede Menge A ⊆ R ist eine eigene Indikatorfunktion erklärt. Sie wird mit dem Symbol 1 A bezeichnet und ist definiert als 1 A : R → {0, 1}, 1 A (x) = 8 < : 1 falls x ∈ A 0 sonst (also falls x = ∈ A) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="124"?> 5.5 Stückweise de nierte Funktionen 125 Abbildung 5.12: Links: Graph der Vorzeichenfunktion. Rechts: Graph der Ganzzahlfunktion. Weitere stückweise definierte Funktionen sind die Treppenfunktionen . Sie stellen sich grundsätzlich als gewichtete Summen von Indikatorfunktionen dar und finden in der Integralrechnung Anwendung, indem Flächen unter Kurven durch Flächen unter Treppenfunktionen, welche Annäherungen der Kurve sind, approximiert werden, vgl. Abschnitt 8.2. Zwei wichtige Treppenfunktionen sind die Vorzeichenfunktion sgn : R → R , sgn(x) = 8 >< >: 1 falls x > 0 0 falls x = 0 −1 falls x < 0 9 >= >; = 1 [0; ∞[ (x) − 1 ]−∞; 0] (x) und die Ganzzahlfunktion h : R → R , h(x) = k ∈ Z , wenn k ≤ x < k + 1 vgl. Abbildung 5.12. Mit der Vorzeichenfunktion stellt sich jede Zahl als Produkt aus Vorzeichen und Absolutbetrag dar, d.h. x = sgn(x) · |x| was in der Datenanalyse eine gewisse Rolle spielt, wo das Vorzeichen und der Betrag eines Datenwertes als separate Informationen interpretiert werden. Die Ganzzahlfunktion entspricht dem Abrundungsvorgang, der auch mit der Schreibweise bxc dargestellt wird entsprechend gibt es auch Funktionen, die das Aufrunden in der Notation dxe bzw. das generelle Runden beschreiben. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="125"?> 126 5 Spezielle Funktionen Übungen zu Abschnitt 5.5 19. Im Jahr 2010 bezahlte man als Taxigast in Münster je Fahrt zwischen 22: 00 Uhr und 6: 00 Uhr eine Pauschale von 2, 50 e zuzüglich 1, 60 e für jeden angefangenen Kilometer Wegstrecke. In Dortmund kostete zur gleichen Zeit der erste gefahrene Kilometer 1, 75 e und jeder weitere 1, 45 e bei einer Beförderungspauschale von 3, 00 e . a) Stellen Sie die Taxi-Tarife beider Städte mit Hilfe stückweise definierter Funktionen dar. b) Für welche Streckenlängen ist die Beförderung in Münster günstiger? 20. Für t > 0 sei f t : [0; ∞[→ R , f t (x) = { x t falls x ≤ t 2 t falls x > t 2 a) Zeigen Sie, dass für alle x ≥ 0 gilt: f t (x) ≤ √x. b) Der Graph von f t und der Graph der Quadratwurzelfunktion haben genau zwei gemeinsame Punkte. Welche? c) Der Graph von f t ist abschnittsweise linear. Für welchen Wert von t beträgt der Winkel zwischen beiden Teilabschnitten im Bogenmaß 3π 4 ? 21. Schreiben Sie die nachfolgenden Funktionen abschnittsweise ohne Verwendung von Betragsstrichen: a) f(x) = |x + 3| b) g(x) = |x| + 3 c) h(x) = |x| + x 22. Berechnen Sie den Flächeninhalt des Dreiecks, welches von den Graphen der Funktionen f(x) = |3x − 5| und g(x) = x − 1 begrenzt wird. 23. Für zwei Mengen A, B ⊆ R ist A \ B : = {x ∈ R : x ∈ A und x ∈ B} die Schnittmenge von A und B. Zeigen Sie: 1 A\B (x) = 1 A (x)1 B (x) für alle x ∈ R . Zusammenfassung Nach den rationalen Funktionen stellen Exponential-, Logarithmus- und Potenzsowie trigonometrische Funktionen weitere wichtige Funktionstypen dar, auf die in ökonomischen Anwendungen zurückgegriffen wird. Sie sollten nach Bearbeitung dieses Kapitels in der Lage sein, Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="126"?> 5.5 Stückweise de nierte Funktionen 127 die grundlegenden Rechenregeln für Potenzen, Wurzeln und Logarithmen sicher anzuwenden, die Graphen dieser Funktionen zu erkennen, Funktionsgleichungen, in denen die genannten Funktionstypen auftreten, aufzulösen, das periodische Verhalten von ökonomischen Größen mit einfachen trigonometrischen Funktionen zu beschreiben, in einfachen ökonomischen Sachzusammenhängen stückweise definierte Funktionen zur Modellierung einzusetzen. Übungen zur Vertiefung von Kapitel 5 24. Für t ∈ R sei G t der Graph der Funktion f t (x) = (1 − x)e tx 2 +t(1−t)x−t 2 . a) Berechnen Sie die Schnittpunkte von G t mit der Abszisse und der Ordinate. b) Skizzieren Sie die Graphen G −5 , G −1 , G − 1 10 , G 0 , G 1 2 und G 5 . c) Welche Punkte haben alle G t gemeinsam? 25. Für t 6= 0 sei f t (x) = t sin(x) − t 2 . a) Welche Schnittpunkte haben die Funktionsgraphen von f t und f −t ? b) Angenommen, die beiden Graphen von f s und f t schneiden sich in einem Punkt P (x|y), dabei seien s, t 6= 0 verschieden. In welcher Beziehung stehen s und t zueinander? 26. Es seien A, B Teilmengen von R . Stellen Sie die folgenden Funktionen mit Hilfe der Indikatorfunktionen f = 1 A und g = 1 B dar: a) h 1 (x) = 1 A c (x). Dabei ist A c = {x ∈ R : x 6∈ A} das Komplement von A. b) h 2 (x) = 1 A[B (x). Dabei ist A∪B = {x ∈ R : x ∈ A oder x ∈ B} die Vereinigung(smenge) von A und B. c) h 3 (x) = 1 AnB (x). Dabei ist A n B = A \ B c die mengentheorische Differenz von A, B. d) h 4 (x) = 1 A B (x). Dabei ist A B = (A ∪ B) n (A \ B) die symmetrische Differenz von A und B (d.h. die Menge aller Zahlen, die in genau einer der Mengen A,B auftreten). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="128"?> 6 Grenzwerte von Funktionen Der Nutzen des Grenzwertbegri s Nahezu alle modernen Anwendungen der Mathematik - so auch die Ökonomie - greifen intensiv auf die Konzepte der Analysis zurück. Die Analysis beschäftigt sich mit der mathematischen Erfassung des „unendlich Kleinen“ und „unendlich Großen“ und fußt im Wesentlichen auf dem Konzept des Grenzwertes. Um so bedauerlicher ist es, dass Grenzwerte (und Folgen) in der Schule zunehmend knapper behandelt werden, denn ein grundlegendes Verständnis des Grenzwertkonzeptes ist schon für die Erfassung der elementaren Themen der Differential- und Integralrechnung unumgänglich. Das fängt schon mit dem grundsätzlichen Verständnis an, was man unter einer reellen Zahl versteht. Ohne den Grenzwertbegrifflässt sich die Zahlbereichserweiterung von den rationalen auf die reellen Zahlen nur unvollständig durchführen; es bleibt bei Beispielen wie √2 oder anderen so genannten algebraischen Zahlen (Nullstellen ganzrationaler Funktionen, die rationale Zahlen als Koeffizienten haben), während die prominentesten in den quantitativen Wissenschaften verwendeten Zahlen π, e usw. sich einem genaueren Verständnis entziehen. Viele Grenzwerte erweisen sich erst „von einem höheren Standpunkt“ aus gesehen als mehr oder weniger banal, während ihre Berechnung, wenn man nur auf vergleichsweise elementare Hilfsmittel zurückgreift, sehr mühsam und frustrierend sein kann. Wir wollen Sie an dieser Stelle nicht zu „Experten“ für solche Rechnungen erziehen, sondern Ihnen nahebringen, wie Grenzwerte die Konzepte der Analysis wie Stetigkeit, Differentiation und Integration konzeptionell unterstützen: Stetigkeit wird anhand von Funktionsgrenzwerten beschrieben. Differenzierbarkeit lässt sich anhand der Tangentensteigung als Grenzwert von Sekantensteigungen einer Funktion behandeln. Integrale als Flächeninhalte unter Funktionen ergeben sich als Grenzwerte durch Ausschöpfung - beispielsweise mittels Rechteckssummen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="129"?> 130 6 Grenzwerte von Funktionen 6.1 Grenzwerte von Folgen Eine Folge in R ist eine Funktion n 7→ x n mit Definitionsbereich D = N (bzw. D = N 0 , D = {k, k + 1, . . . }, . . . ) Wertebereich W = R d.h. jedem n ∈ N ist genau ein x n ∈ R zugeordnet. x n heißt n-tes Folgenglied . Folgen stellen oft die Annäherung an einen Idealzustand an. Beispiel 6.1 Die Null lässt sich durch die Folge n 7→ 1 n annähern. Allgemeiner lässt sich x 0 ∈ R „von oben“ und „von unten“ annähern: z.B. durch die Folgen n 7→ x 0 + 1 n , n 7→ x 0 + 10 −n sowie n 7→ x 0 − 1 n , n 7→ x 0 − 10 −n . Der Index n ∈ N dient eigentlich zum „Abzählen“ der Glieder der Folge; in der Ökonomie stellen die Indizes oft „Zeitpunkte“ dar, zu denen eine Größe x modelliert, prognostiziert, . . . wird. Diese Größe wird dann mit n „indiziert“. So treten - empirische - Folgen von Preisentwicklungen, Absatzzahlen, Aktienkursen und anderen ökonomischen Größen zwanglos im Rahmen fast jeder betriebs- oder volkswirtschaftlichen Fragestellung auf; die Untersuchung solcher Folgen wird aber dadurch erschwert, dass sie noch Zufallseinflüssen unterworfen sind. Oft werden Folgen anders als im vorangegangenen Beispiel verwendet, um reelle Zahlen anzunähern, ohne diese Zahlen explizit zu benennen: Beispiel 6.2 Die Zahl √2 als Lösung der quadratischen Gleichung x 2 = 2 lässt sich mit dem Intervallhalbierungsverfahren durch zwei Folgen n 7→ a n und n 7→ b n eingrenzen, welche √2 immer näher kommen. Dabei wird die linke (bzw. rechte) Intervallgrenze durch den Mittelwert a n +b n 2 ersetzt, je nachdem, ob das Quadrat dieses Mittelwertes kleiner (bzw. größer) als 2 ist. Mit den Startwerten a 1 = 1 und b 1 = 2 ist die Annäherung in Tabelle 6.1 dargestellt. Die Folgen n 7→ a n und n 7→ b n in Beispiel 6.2 nähern sich mit wachsendem n dem Wert √2 offenbar beliebig genau. Nach siebenmaliger Durchführung der Intervallhalbierung weichen die berechneten Werte a 8 , b 8 (und alle folgenden) voneinander und von √2 nur noch um höchstens 0, 01 ab. Mathematisch exakt wird dieses Verhalten mit dem Grenzwert-Begriffbeschrieben: Definition 6.1 Eine Zahl g ∈ R heißt Grenzwert einer Folge n 7→ x n , wenn gilt: Fall g ∈ I =]a; b[, ( Intervall-Umgebung von g), so liegen fast alle Folgenglieder x n ebenfalls in I, d.h. höchstens endlich viele Folgenglieder liegen nicht in I. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="130"?> 6.1 Grenzwerte von Folgen 131 n a n b n a n +b n 2 ( a n +b n 2 ) 2 b n − a n 1 1, 0000000 2, 0000000 1, 5000000 2, 2500000 1, 0000000 2 1, 0000000 1, 5000000 1, 2500000 1, 5625000 0, 50000000 3 1, 2500000 1, 5000000 1, 3750000 1, 8906250 0, 25000000 4 1, 3750000 1, 5000000 1, 4375000 2, 0664062 0, 12500000 5 1, 3750000 1, 4375000 1, 4062500 1, 9775391 0, 062500000 6 1, 4062500 1, 4375000 1, 4218750 2, 0217285 0, 031250000 7 1, 4062500 1, 4218750 1, 4140625 1, 9995728 0, 015625000 8 1, 4140625 1, 4218750 1, 4179688 2, 0106354 0, 0078125000 Tabelle 6.1: Approximation von √2 mit dem Intervallhalbierungsverfahren Man schreibt lim n→∞ x n = g bzw. x n → g für n → ∞ und sagt, „x n konvergiert gegen g für n gegen unendlich“ bzw. „der Limes von x n für n gegen unendlich ist g“. Beispiel 6.3 n 7→ x 0 + 1 n hat Grenzwert lim n→∞ (x 0 + 1 n ) = x 0 , denn: Für jedes Intervall I =]a; b[, welches x 0 enthält, gibt es eine natürliche Zahl n 0 ∈ N , mit 1 n 0 < b − x 0 . Ab dem Index n 0 gilt dann a < x 0 + 1 n ≤ x 0 + 1 n 0 < b, d.h. a < x 0 + 1 n < b für alle n ≥ n 0 , d.h. alle Folgeglieder ab n 0 liegen dann in I. Nicht immer ist der Konvergenznachweis anhand der Überprüfung der Intervall-Eigenschaft so unproblematisch; oft muss man bei den Rechnungen etwas hartnäckiger sein, wie das folgende Beispiel zeigt: Beispiel 6.4 Die mit dem Intervallhalbierungsverfahren in Beispiel 6.2 gefundenen Folgen n 7→ a n und n 7→ b n liegen aufgrund der Wahl der Startwerte offensichtlich im Intervall [1; 2]. Durch die fortlaufende Auswahl eines der Werte a n , b n als Intervallmitte des vorangegangenen Intervalls [a n−1 ; b n−1 ] halbiert sich der Abstand zwischen a n und b n bei jedem Schritt, genauer gilt b n − a n < ( 1 2 ) n−1 . Wir überlegen uns jetzt, dass beide Folgen n 7→ a n , n 7→ b n konvergent sind und den Grenzwert √2 haben. Nach Definition des Grenzwertes muss man zeigen, dass für jedes offene Intervall I =]a; b[, das √2 enthält, nur endliche viele Folgeglieder nicht in I liegen. Dabei dürfen wir annehmen, dass I ausreichend klein ist, d.h. 1 < a < √2 < b < 2 gilt. Weil der Abstand zwischen a n und b n sich in jedem Schritt halbiert, wird auch der Abstand zwischen a 2 n und b 2 n schließlich beliebig klein, denn b 2 n − a 2 n = (b n − a n )(b n + a n ) ≤ (b n − a n ) · 4 = 4 · ( 1 2 ) n−1 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="131"?> 132 6 Grenzwerte von Funktionen es müssen also beide Werte a 2 n , b 2 n im Intervall ]a 2 ; b 2 [ liegen, wenn n nur groß genug ist, d.h. es gilt a 2 < a 2 n < b 2 n < b 2 . Damit gilt auch a < a n < b n < b, d.h. a n , b n ∈]a; b[ für fast alle n ∈ N (Wurzelziehen ist erlaubt, da alle Größen positiv sind). Die in Beispiel 6.2 gefundenen Folgen n 7→ a n und n 7→ b n bestehen ausschließlich aus rationalen Zahlen. Das Intervallhalbierungsverfahren ist geeignet, für jede Zahl x ∈ R eine Folge rationaler Zahlen festzulegen, die gegen x konvergiert. Das Konzept „Folgengrenzwert“ lässt sich oft auch ökonomisch interpretieren. So folgen im Rahmen der Investitionsrechnung viele Auszahlungsmodelle strengen Folgenmustern. Die Grenzwerte dieser Folgen stellen dann Idealfälle dar, beispielsweise, wenn das Auszahlungsmodell unbegrenzt lange Gültigkeit hat oder wenn man von einer stetigen Verzinsung ausgehen kann. Beispiel 6.5 Ein Kapital K 0 werde ein Jahr lang zum Zinssatz 100% verzinst - der Zinssatz ist zwar eher unrealistisch, die folgenden Überlegungen werden dadurch aber etwas einfacher und lassen sich dennoch leicht auf den Fall eines beliebigen Zinssatzes p% übertragen. Bei der unterjährigen Verzinsung nimmt man nun an, dass es n Zinszeitpunkte im Jahr gibt, zu denen das Kapital jeweils zu 100 n % verzinst wird, wobei Zinseszinsen berücksichtigt werden. Dann beträgt das Kapital nach einem Jahr K 0 ( 1 + 1 n ) n Wird nun das Jahr in immer mehr Zeitabschnitte aufgeteilt, so ergibt sich im Idealfall die stetige Verzinsung K 0 lim n→∞ ( 1 + 1 n ) n = K 0 · e mit der Eulerschen Zahl e, wie wir uns gleich überlegen werden. Das Kapital kann sich also im Idealfall innerhalb eines Jahres maximal um etwa den Faktor 2, 7 vervielfachen, wenn ein Jahres-Zinssatz von 100% angenommen wird. Legt man einen allgemeinen Zinssatz von p% zugrunde, so beträgt das Kapital nach einem Jahr stetiger Verzinsung K 0 · e p 100 . Sie erkennen, dass zum Idealfall der stetigen Verzinsung die Exponentialfunktion exp(x) = e x gehört. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="132"?> 6.1 Grenzwerte von Folgen 133 Der Grenzwert aus dem vorausgegangenen Beispiel lässt sich mit der Abschätzung e x ≥ 1 + x der Exponentialfunktion vgl. S. 106 herleiten. Setzt man nämlich x = 1 n , so folgt e 1 n ≥ 1 + 1 n ) (1 + 1 n ) n ≤ e Mit x = − 1 n+1 wiederum ergibt sich e − 1 n+1 ≥ 1 − 1 n+1 ) e 1 n+1 ≤ 1 + 1 n ) e ≤ (1 + 1 n ) n+1 Daraus ergibt sich die Abschätzung n n+1 · e ≤ (1 + 1 n ) n ≤ e Da nun n n+1 · e den Grenzwert e hat, der auch auf der rechten Seite der Ungleichungskette steht, bleibt der Folge (1 + 1 n ) n gar nichts anderes übrig, als ebenfalls konvergent mit Grenzwert e zu sein (Einschachtelungsprinzip). Es gilt also die wichtige Aussage: Satz 6.1 Die Eulersche Zahl e ist Grenzwert der Zahlenfolge n 7→ ( 1 + 1 n ) n . Allgemeiner gilt für alle x ∈ R : e x = lim n! 1 ( 1 + x n ) n Die genannte Folge ist zwar konvergent gegen die Exponentialfunktion, aber sie konvergiert sehr langsam, d.h. erst für große Werte von n findet eine Stabilisierung der Werte von n statt, vgl. Tabelle 6.2, linke Spalte. Es gibt Folgenannäherungen von e x , die deutlich schneller konvergieren, beispielsweise eine Annäherung durch die Polynome p n (x) = 1 + x + x 2 2! + x 3 3! + · · · + x n n! . Für x = 1 ergibt sich die in der rechten Spalte von Tabelle 6.2 angegebene Approximation von e. Für n = 10 ist die Eulersche Zahl bereits auf sieben Nachkommastellen genau angenähert, während die eingangs genannte Folge selbst für n = 1000 gerade mal zwei Nachkommastellen von e liefert. Übungen zu Abschnitt 6.1 1. Berechnen Sie mit dem Intervallhalbierungsverfahren eine Annäherung an den Wert 3 √2. Beginnen Sie mit den Startwerten a 1 = 1, b 1 = 2. 2. Es sei p ∈ R , p 6= 1. Die Folge n 7→ p n heißt geometrische Folge . Sie ist einer der wichtigsten Bausteine in der Finanzmathematik und wird beispielsweise für die Fortschreibung von Investitionen bei festem Zinssatz verwendet. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="133"?> 134 6 Grenzwerte von Funktionen n ( 1 + 1 n ) n 1 + 1 1! + · · · + 1 n! 1 2, 000000000 2, 000000000 2 2, 250000000 2, 500000000 3 2, 370370370 2, 666666667 4 2, 441406250 2, 708333333 n ( 1 + 1 n ) n 1 + 1 1! + · · · + 1 n! 5 2, 488320000 2, 716666667 10 2, 593742460 2, 718281801 100 2, 704813829 2, 718281828 1000 2, 716923932 2, 718281828 Tabelle 6.2: Approximation der Euler'schen Zahl e Abbildung 6.1: Illustration des Grenzwertes bei Funktionen a) Begründen Sie, dass die Folge n 7→ ( 1 2 ) n konvergent mit Grenzwert Null ist. b) Für welche p > 0 ist n 7→ p n ebenfalls eine gegen Null konvergente Folge? 6.2 Grenzwert einer Funktion Von konvergenten Folgen zu Grenzwerten von Funktionen ist es nur ein vergleichsweise kurzer Schritt. Man betrachtet dazu Folgen n 7→ (x n |f(x n )) auf dem Graphen einer Funktion f, bei denen die Argumentfolgen n 7→ x n gegen einen Grenzwert x 0 konvergieren, vgl. Abbildung 6.1. Definition 6.2 Für eine Funktion f : D → R und ein x 0 ∈ D heißt eine Zahl y ∈ R Grenzwert von f(x) für x gegen x 0 , wenn gilt: Für jede Folge in D der Form n 7→ x n mit lim n! 1 x n = x 0 hat die Funktionswertfolge n 7→ f(x n ) den Grenzwert y 0 . Man schreibt dann lim x! x 0 f(x) = y 0 und sagt: f(x) konvergiert gegen y 0 für x gegen x 0 . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="134"?> 6.2 Grenzwert einer Funktion 135 Beispiel 6.6 lim x→2 x 2 = 4. Ist nämlich x n eine Folge mit Grenzwert 2, so hat die Folge x 2 n den Grenzwert 2 2 = 4, denn für jedes Intervall I =]a; b[⊆]0; ∞[ mit 4 ∈ I ist J =]√a; √b[ ein Intervall, welches den Grenzwert 2 der Folge x n enthält. Also gilt √a < x n < √b, wenn n ≥ n 0 und n 0 eine hinreichend große Zahl ist. Dann gilt auch a < x 2 n < b für alle n ≥ n 0 . Das vorangegangene Beispiel war typisch für Grenzwerte bei stetigen Funktionen vgl. S. 142 . Man darf hier die Variable x im Ausdruck f(x) einfach durch ihren Grenzwert f(x 0 ) ersetzen. Beispiel 6.7 lim x→1 x 2 −1 x−1 = 2. Für x 6= 1 gilt nämlich x 2 −1 x−1 = (x−1)(x+1) x−1 = (x + 1); jetzt darf die Grenzwertberechnung durch Einsetzen von x = 1 in den Term x + 1 erfolgen. Grenzwerte, bei denen Zähler und Nenner eines Bruchs Null werden, wenn man für x die angenäherte Zahl einsetzt, lassen sich oft wie im Beispiel durch Kürzen berechnen, werden als Ableitungen von Funktionen interpretiert oder mit der Regel von L'Hospital berechnet vgl. S. 154 . Andere Grenzwerte lassen sich mit einem „Einschachtelungsargument“ berechnen. Gilt g(x) ≤ f(x) ≤ h(x) und lim x→x 0 g(x) = lim x→x 0 h(x), so ist dieser Wert gleichzeitig auch der Grenzwert lim x→x 0 f(x). Beispiel 6.8 Ein für die Differentialrechnung der Eulerschen Exponentialfunktion wichtiger Grenzwert ist lim x→0 e x − 1 x = 1. Dieser Grenzwert ergibt sich durch die Ungleichungen 1 + x ≤ e x und e x ≤ 1 1−x . Die erste dieser Ungleichungen haben wir verwendet, um die Eulersche Zahl einzuführen (vgl. Abschnitt 5.1.3), die zweite Ungleichung folgt, wenn man in der ersten Ungleichung x durch −x ersetzt, d.h. e −x ≥ 1 − x ⇔ e x ≤ 1 1−x . Daraus folgt 1+x−1 x ≤ e x −1 x ≤ 1 1−x −1 x . Vereinfacht man den linken und den rechten Term in dieser Ungleichungskette, so erhält man 1 ≤ e x −1 x ≤ 1 1−x . Für x < 0 ergibt sich ganz entsprechend (wobei sich die Ungleichungszeichen bei Division durch x < 0 umkehren) 1 1−x ≤ e x −1 x ≤ 1. Sowohl für x > 0 als auch für x ≤ 0 wird der Ausdruck e x −1 x also durch zwei Ausdrücke „eingeschachtelt“, die für x → 0 gegen 1 konvergieren. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="135"?> 136 6 Grenzwerte von Funktionen Im Allgemeinen müssen Funktionsgrenzwerte nicht existieren! Vor allem bei Funktionen, die durch Fallunterscheidungen definiert sind, lässt sich oft an den Übergängen kein Grenzwert berechnen. Beispiel 6.9 Betrachten Sie die „Sprungfunktion“ x 7→ 1 [0; ∞[ (x) mit x 0 = 0. Hier ist x n = − 1 n eine Folge mit Grenzwert Null. Wenn man diese Folge einsetzt, so ergibt sich die Funktionswertfolge 0, 0, . . . mit Grenzwert Null. Mit der ebenfalls gegen Null konvergenten Folge x n = 1 n ergibt sich die Funktionswertfolge 1, 1, . . . mit Grenzwert 1. Es findet sich also kein eindeutiger Funktionsgrenzwert. Bei zusammengesetzten Funktionen lassen sich Grenzwerte oft auf Grenzwerte „einfacher“ Bestandteile zurückführen. Diese Vorgehensweise begründet sich mit den Grenzwertsätzen : Satz 6.2 Es seien g, h : D → R zwei Funktionen und x 0 ∈ D . Mit den Grenzwerten lim x! x 0 g(x) ∈ R und lim x! x 0 h(x) ∈ R existieren auch die folgenden Grenzwerte: [1] lim x! x 0 (c · g(x)) = c · lim x! x 0 g(x) für alle c ∈ R . [2] lim x! x 0 (g(x) + h(x)) = lim x! x 0 g(x) + lim x! x 0 h(x). [3] lim x! x 0 (g(x)h(x)) = lim x! x 0 g(x) lim x! x 0 h(x). [4] lim x! x 0 g(x)=h(x) = lim x! x 0 g(x)= lim x! x 0 h(x), falls lim x! x 0 h(x) nicht Null ist. Für die Verkettung von Funktionen gibt es ebenfalls einen Grenzwertsatz: Satz 6.3 Es seien g : D g → R und h : D h → R Funktionen mit g(x) ∈ D h für alle x ∈ D g . Für x 0 ∈ D g existiere y 0 = lim x! x 0 g(x) ∈ D h und lim y! y 0 h(y). Dann gilt lim x! x 0 (h g)(x) = lim y! y 0 h(y) Beispiel 6.10 Mit den Grenzwertsätzen zeigen wir lim x→x 0 e x = e x 0 für jedes x 0 ∈ R . Es gilt nämlich e x = e x 0 + (e x − e x 0 ) = e x 0 (1 + e x−x 0 − 1) = e x 0 (1 + e x n −x − 1) = e x 0 (1 + e x−x0 −1 x−x 0 (x − x 0 )) und dieser Ausdruck lässt sich mittels Verkettung und Produkt von Funktionen schreiben, e x = (h ◦ g)(x), wobei gilt: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="136"?> 6.2 Grenzwert einer Funktion 137 g(x) = x − x 0 hat den Grenzwert lim x→x 0 g(x) = 0 h(y) = e x 0 (1+ e y −1 y y) hat nach Beispiel 6.8 und Satz 6.2 den Grenzwert lim y→0 h(y) = e x 0 (1 + 1 · 0) = e x 0 Es gilt dann lim x→x 0 e x = lim x→x 0 (h ◦ g)(x) = lim y→0 h(y) = e x 0 . Mit dem Werteverhalten von e x für x ∈ Q gemäß Satz 5.2 vgl. S. 101 lässt sich nun das Werteverhalten von e x 0 auch für beliebige Werte x 0 ∈ R erklären. Es gilt nämlich e x 0 = lim n→∞ e x n , wobei n 7→ x n eine (beliebige) Folge rationaler Zahlen ist, die gegen x 0 konvergiert. Wie bereits in Abschnitt 5.2 angedeutet, ist das generelle Werteverhalten der Eulerschen (aber auch der allgemeinen) Exponentialfunktion also durch die Werte e x mit rationalen Exponenten vollständig festgelegt. Der exakte Wert von e x 0 ist in aller Regel nicht rational und kann nur näherungsweise und numerisch bestimmt werden, beispielsweise mit dem Intervallhalbierungsverfahren oder wie in Tabelle 6.2 vgl. S. 134 . Auch für Übergänge x → ∞ (bzw. x → −∞) lassen sich Funktionsgrenzwerte erklären. Sie werden benötigt zur Beschreibung des asymptotischen Verhaltens der Funktion (d.h. „im Unendlichen“, „Idealfall“). Erklärung des Langfrist-Verhaltens, falls die Variable x die Fortschreibung der Zeit modelliert. Dabei nimmt man an, dass x jede noch so große (bzw. kleine) Schranke übersteigt (bzw. unterschreitet). Realisiert wird ein solcher Übergang durch Folgen (x n ) n 1 mit folgender Eigenschaft: Zu jedem K > 0 sind fast alle x n > K, d.h. nur endlich viele x n ≤ K (bzw. fast alle x n < K, d.h. nur endlich viele x n ≥ K). Man schreibt für eine solche Folge dann: lim n→∞ x n = ∞ (bzw. lim n→∞ x n = −∞). Einfachstes Beispiel ist die „Abzählfolge“ n 7→ x n = n. Definition 6.3 Eine Zahl y ∈ R heißt (uneigentlicher) Grenzwert von f(x) für x → ∞, wenn für jede Folge mit lim n! 1 x n = ∞ gilt: lim n! 1 f(x n ) = y Wie beim Grenzwert x → x 0 verwendet man die Schreibweise lim x→∞ f(x) = y (entsprechend mit x → −∞) für den uneigentlichen Grenzwert. Die Grenzwertsätze aus Satz 6.2 und Satz 6.3 lassen sich, indem man den Grenzübergang x → x 0 durch x → ∞ oder x → −∞ ersetzt, wortwörtlich auf den Fall uneigentlicher Grenzwerte übertragen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="137"?> 138 6 Grenzwerte von Funktionen Weiter kann es sowohl im eigentlichen als auch im uneigentlichen Fall vorkommen, dass die Funktionswertfolge n 7→ f(x n ) für jede Wahl der Argumentfolge x n → x 0 (bzw. x n → ∞ bzw. x n → −∞) jede vorgegebene Schranke überschreitet. Dann schreibt man lim x→x 0 f(x) = ∞ (bzw. = −∞, sinngemäß auch für uneigentliche Grenzwerte). Wir wollen abschließend das eigentliche und uneigentliche Grenzwertverhalten von gebrochen-rationalen Funktionen f(x) = p(x) q(x) erläutern und betrachten zunächst den Grenzwert lim x→x 0 f(x). Für f findet man eine Darstellung f(x) = p(x) q(x) = p 1 (x)(x − x 0 ) r q 1 (x)(x − x 0 ) s mit r, s ≥ 0 (die Vielfachheiten der Nullstelle x 0 in Zähler- und Nennerpolynom) und p 1 (x 0 ) 6= 0, q 1 (x 0 ) 6= 0 Der Fall r = 0 bzw. s = 0 (d.h. p = p 1 bzw. q = q 1 ) bedeutet, dass x 0 keine Nullstelle von p bzw. von q ist. Der Grenzwert ist jetzt abhängig von r und s: Satz 6.4 (Polstellenverhalten gebrochen-rationaler Funktionen) Die gebrochen-rationale Funktion f(x) = p(x) q(x) = p 1 (x)(x−x 0 ) r q 1 (x)(x−x 0 ) s , wobei r bzw. s die Vielfachheiten der Nullstelle x 0 von p bzw. q sind, hat für x → x 0 folgendes Grenzwertverhalten lim x! x 0 p(x) q(x) = 8 >>>< >>>: 0 falls r > s p 1 (x 0 ) q 1 (x 0 ) falls r = s ∞ falls r < s und s − r gerade und p 1 (x 0 ) q 1 (x 0 ) > 0 −∞ falls r < s und s − r gerade und p 1 (x 0 ) q 1 (x 0 ) < 0 In den letzten beiden Fällen nennt man x 0 eine Polstelle ohne Vorzeichenwechsel von f. Gilt schließlich r < s und ist s − r ungerade, so existiert der Grenzwert lim x! x 0 p(x) q(x) nicht. Man spricht dann von einer Polstelle mit Vorzeichenwechsel von f. Beispiel 6.11 Die Funktion f(x) = x 2 +1 2x−1 = x 2 +1 2(x− 1 2 ) ist eine gebrochen-rationale Funktion, deren Nenner die Nullstelle 1 2 hat, welche keine Nullstelle des Zählers ist. Also ist r = 0 und s = 1. Die Nullstellenordnung ist ungerade, die Funktion hat daher in x = 1 2 eine Polstelle mit Vorzeichenwechsel, vgl. auch Abbildung 6.2. Das uneigentliche Grenzwertverhalten einer gebrochen-rationalen Funktion hängt von den Graden des Zähler- und des Nennerpolynoms ab. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="138"?> 6.2 Grenzwert einer Funktion 139 Abbildung 6.2: Graph, Polstellenverhalten und Asymptote der gebrochenrationalen Funktion f(x) = x 2 +1 2x−1 Satz 6.5 (Uneigentliche Grenzwerte gebrochen-rationaler Funktionen) Für eine gebrochen-rationale Funktion f mit Zählergrad n, Nennergrad k gilt: lim x! 1 f(x) = 8 >>>< >>>: 0 falls n < k a n b n falls n = k und a n , b n die Leitkoe zienten sind −∞ falls n > k und a n b k < 0 ∞ falls n > k und a n b k > 0 Beispiel 6.12 Für die Funktion f(x) = x 2 +1 2x−1 ist der Zählergrad größer als der Nennergrad, zudem ist der Quotient der Leitkoeffizienten 1 2 > 0. Es gilt also lim x→∞ x 2 +1 2x−1 = ∞. Eine Aussage der Form lim x→∞ f(x) = ∞ über das uneigentliche Grenzwertverhalten (wie im vorangegangenen Beispiel) ist oft nicht konkret genug, sondern die „Schnelligkeit“, mit der die Funktion über alle Schranken wächst, soll noch genauer beschrieben werden. Oft kann man dieses Verhalten auf eine lineare Funktion zurückführen. Definition 6.4 Eine lineare Funktion g heißt Asymptote einer Funktion f, wenn gilt: lim x! 1 f(x) g(x) = 1 bzw. lim x! −1 f(x) g(x) = 1 Dabei ist darauf zu achten, dass die Funktionswerte f(x)=g(x) für beliebig große (bzw. für beliebig kleine) x überhaupt gebildet werden können, z.B. ist das bei Funktionen der Fall, deren Definitionsbereich ein Intervall [a; ∞[ (bzw. ] − ∞; a]) umfasst. Man muss sich das asymptotische Verhalten im Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="139"?> 140 6 Grenzwerte von Funktionen Abbildung 6.3: Asymptote (blau) der Funktion f(x) = x 3 −1 x+2 Einzelfall so vorstellen, dass sich der Graph von f dem Graphen der Geraden g für „sehr große“ (bzw. für „sehr kleine“) x immer stärker annähert vgl. Abbildung 6.2 . Asymptoten existieren bei gebrochen-rationalen Funktionen f(x) = p(x) q(x) mit grad(p) ≤ grad(q) + 1 und werden dann mittels Polynomdivision bestimmt. Beispiel 6.13 f(x) = x 2 +1 2x−1 hat die Asymptote g(x) = 1 2 x + 1 4 vgl. Abbildung 6.2 . Die Asymptote ergibt sich durch Ausführung der Polynomdivision: x 2 +1 2x−1 = 1 2 x + 1 4 + 5/ 4 2x−1 Auch Polynome höheren Grades können als Asymptoten gebrochen-rationaler Funktionen auftreten, wenn der Zählergrad um mehr als 1 größer als der Nennergrad ist. Beispiel 6.14 Gegeben sei die gebrochen-rationale Funktion f(x) = x 3 −1 x+2 . Mit Polynomdivision ergibt sich f(x) = x 2 − 2x + 4 − 9 x+2 . Die Asymptote ist in diesem Fall g(x) = x 2 − 2x + 4, vgl. Abbildung 6.3. Asymptoten sind in der Literatur nicht einheitlich definiert. Manchmal betrachtet man nur lineare Asymptoten, wir werden im folgenden aber auch Polynome als Asymptoten zulassen. Anhand des vorangegangenen Beispiels ist dann aber klar: Satz 6.6 Die Asymptote einer gebrochen-rationalen Funktion mit Zählergrad n und Nennergrad k n ist ein Polynom (n − k)-ten Grades. Im Falle k > n ist die Nullfunktion Asymptote von f. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="140"?> 6.3 Stetigkeit einer Funktion 141 Für gebrochen-rationale Funktionen lässt sich also immer eine ganzrationale Asymptote finden. Anders ist die Situation bei der Exponentialfunktion x 7→ e x ; sie wächst schneller als jedes beliebige Polynom: Satz 6.7 Für jedes n ∈ N gilt lim x! 1 e x x n = ∞ und lim x! −1 e x x n = 0 und lim x! 1 e −x x n = 0. Sie können sich dieses Verhalten anhand der Ungleichung e x ≥ 1 + x sehr schnell veranschaulichen. Dass beispielsweise lim x→∞ e x x = ∞ gilt, ergibt sich aus e x = (e x 2 ) 2 ≥ (1 + x 2 ) 2 , und dieses Polynom 2. Grades wächst mit immer größer werdendem x stärker als jede lineare Funktion in x. Übungen zu Abschnitt 6.2 3. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte: a) lim x→1 x+3 x−2 b) lim x→2 x 3 −8 x−2 c) lim x→3 x 2 +(t−2)x−2t x 2 +x−12 d) lim x→0 x 2 +x x 2 +rx+s e) lim x→0 e x −e 2x e x −1 4. Bestimmen Sie die folgenden uneigentlichen Grenzwerte: a) lim x→∞ 3x 2 +7 −x+2 b) lim x→∞ x 7 −1 2x 7 −x 6 +x−1 c) lim x→∞ x+1 x 4 +2 d) lim x→∞ rx 3 +sx 2 +x−2 tx 2 +2 e) lim x→∞ 4e nx −2e x +5 3e 2x −2 wobei n ∈ N 5. Prüfen Sie, welche der in den beiden vorangegangenen Aufgaben genannten gebrochen-rationalen Funktionen eine Asymptote haben, und berechnen Sie diese gegebenenfalls. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="141"?> 142 6 Grenzwerte von Funktionen 6.3 Stetigkeit einer Funktion Vielleicht das wichtigste Konzept der Analysis - noch vor dem Ableitungsbegriff - ist die Stetigkeit von Funktionen. Es ist zwar nicht unbedingt unmittelbar mit einem Kalkül verbunden (wie z.B. die Ableitung zur Extremwertrechnung führt), aber der Hinweis auf Stetigkeit vereinfacht etliche Argumentationen, z.B. wenn die Existenz einer Extremstelle unklar ist. Definition 6.5 Eine Funktion f : D → R heißt stetig in x 0 ∈ D , wenn gilt lim x! x 0 f(x) = f(x 0 ). Sie heißt stetig in D , wenn sie in jedem x 0 ∈ D stetig ist. Die Funktionsgraphen stetiger Funktionen weisen keine „Sprünge“ auf, sie lassen sich in jedem Punkt (x 0 |f(x 0 )), in dem f stetig ist „durchzeichnen“. Beispiel 6.15 Unmittelbar aus der Definition der Stetigkeit ergibt sich, dass die Identitätsfunktion x 7→ x stetig ist, denn lim x→x 0 x = x 0 . Beispiel 6.16 Auch die konstante Funktion x 7→ c mit vorgegebenem x ∈ R ist stetig. Alle Grenzwerte sind dort lim x→x 0 c = c. Beispiel 6.17 In Beispiel 6.10 vgl. S. 136 haben wir den Grenzwert lim x→x 0 e x = e x 0 für alle x 0 ∈ R erläutert. Also ist die Eulersche Exponentialfunktion stetig. Weil der Stetigkeitsbegriffauf dem nicht immer einfachen Grenzwertkonzept basiert, ist der unmittelbare Nachweis der Stetigkeit manchmal zumindest unbequem - bei den Grenzwertrechnungen der Eulerschen e-Funktion haben Sie davon sicher einen Eindruck erhalten. Helfen kann Ihnen allerdings die Tatsache, dass sich mit den Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division aus stetigen Funktionen weitere stetige Funktionen bilden lassen. Satz 6.8 Es sei D ein Intervall [a; b] und g, h : D → R stetige Funktionen. Dann gilt: [1] Die Funktion f : D → R , f(x) = g(x) + h(x), ist stetig in D . [2] Die Funktion f : D → R , f(x) = g(x)h(x), ist stetig in D . [3] Wenn die Menge M aller Nullstellen von h endlich ist, dann ist die Funktion f : D n M , f(x) = g(x) h(x) , stetig in D n M . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="142"?> 6.3 Stetigkeit einer Funktion 143 Beispiel 6.18 Mit den genannten Regeln folgt aus der Stetigkeit der Identitätsfunktion beispielsweise die Stetigkeit der Normalparabel x 7→ x 2 und jeder anderen Monomfunktion x 7→ x n . Jedes Polynom x 7→ a n x n + · · · + a 1 x + a 0 ist Summe von Produkten von Konstanten mit Monomen und nach den ersten beiden Rechenregeln aus Satz 6.8 damit stetig. Jede gebrochen-rationale Funktion ist Quotient zweier (stetiger) Polynome und nach dem dritten Teil von Satz 6.8 in ihrem Definitionsbereich stetig. Die im vorigen Kapitel besprochenen speziellen Funktionen sind mit Ausnahme der stückweise definierten durchweg stetige Funktionen. Satz 6.9 Folgende Funktionen sind innerhalb ihres Definitionsbereiches (d.h. mit Ausnahme ihrer Definitionslücken) stetige Funktionen: [1] Jede Exponentialfunktion x 7→ a x (mit a > 0) ist stetig in D = R . [2] Jede Logarithmusfunktion x 7→ log a (x) (mit a > 0) ist stetig in D =]0; ∞[. [3] Jede Potenzfunktion x 7→ x a (mit a 6= 0) ist stetig in D =]0; ∞[. Falls a > 0, so ist die Potenzfunktion x 7→ x a stetig in D = [0; ∞[. [4] Die trigonometrischen Funktionen sind stetig in ihren Definitionsbereichen. Eine weitere Methode, mit der sich manche Funktionen aus bereits bekannten ergeben, ist die Verkettung, vgl. Kapitel 1. Auch hier überträgt sich die Stetigkeit der „Bausteine“ auf die resultierende Funktion: Satz 6.10 Seien g : D g → W g und h : D h → W h stetige Funktionen mit W g D h . Dann ist die Verkettung f = h g stetig in D g . Beispiel 6.19 Die Funktion f : [0; ∞[→ R , f(x) = √ x 1+x 2 ist stetig auf [0; ∞[. Sie lässt sich nämlich als Verkettung der stetigen Funktionen g : [0; ∞[→ [0; ∞[, g(x) = x 1+x 2 und h : [0; ∞[→ R , h(x) = √x schreiben. Vorsicht muss man walten lassen bei Funktionen, die durch Fallunterscheidung oder Grenzwertbildung aus gegebenen stetigen Funktionen entstehen; die Stetigkeit kann dabei „verloren gehen“: Beispiel 6.20 Die Funktionen f n : [0; 1] → [0; 1], f n (x) = x n sind allesamt stetig, nicht aber der punktweise Grenzwert f(x) = lim n→∞ x n = { 0 falls x ∈ [0; 1[ 1 falls x = 1 . Zu dieser Grenzwertaussage vgl. auch Aufgabe 2 aus Abschnitt 6.1. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="143"?> 144 6 Grenzwerte von Funktionen Eine Funktion, die eine Definitionslücke x 0 ∈ R n D aufweist (z.B. eine gebrochen-rationale Funktion, in deren Term die Nullstellen des Nennerpolynoms nicht eingesetzt werden dürfen), lässt sich unter Umständen stetig ergänzen . Das ist dann der Fall, wenn der Grenzwert lim x→x 0 f(x) = y ∈ R existiert. Die Ergänzung bzw. Fortsetzung lässt sich mittels der folgenden fallweise definierten Funktion bewerkstelligen: ~ f : D ∪ {x 0 } → R , ~ f(x) = { f(x) falls x ∈ D y falls x = x 0 Beispiel 6.21 Betrachten Sie die Kurvenschar f a (x) = x 3 −a 3 x−1 = (x−a)(x 2 +ax+a 2 ) x−1 Die einzige Nullstelle des Zählerpolynoms ist x = a, der Nenner hat die Nullstelle x = 1. Daher liegt für a 6= 1 in x = 1 eine Polstelle von f a vor, die Funktion kann nach x = 1 nicht stetig fortgesetzt werden. Nur für a = 1 kann durch Kürzen (Polynomdivision) für x 6= 1 der Term x 3 −1 x−1 = x 2 + x + 1 ermittelt werden. Dieser ergibt bei Grenzwertübergang x → 1 durch Einsetzen den Wert 3. Für a = 1 lautet die Fortsetzung von f a daher ~ f(x) = { x 3 −1 x−1 falls x 6= 1 3 falls x = 1 ) = x 2 + x + 1 Beide Fälle, a = 1 und a 6= 1, sind in Abbildung 6.4 dargestellt. Durch Polynomdivision sieht man, dass ~ f(x) auch die Asymptote zu f a ist. Die wichtigste Eigenschaft stetiger Funktionen ist gleichzeitig ihre offensichtlichste. Sie können nämlich „auf ihrem Weg“ keine Werte auslassen, wie in Abbildung 6.5 illustriert wird: Satz 6.11 (Zwischenwertsatz für stetige Funktionen) Eine stetige Funktion f : [a; b] → R mit f(a) f(b) nimmt jeden Wert im Intervall [f(a); f(b)] als Funktionswert an. Wir besprechen zwei Konsequenzen des Zwischenwertsatzes, die sich auf die Nullstellen einer stetigen Funktion f : [a; b] → R beziehen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="144"?> 6.3 Stetigkeit einer Funktion 145 Abbildung 6.4: Darstellung der Funktionen f 1 (blau) und f 1 2 (schwarz) aus der Kurvenschar f a (x) = x 3 −a 3 x−1 DGS Zum einen hat eine stetige Funktion zwischen zwei benachbarten Nullstellen x 1 < x 2 (d.h. zwischen x 1 und x 2 liegt keine weitere Nullstelle) immer ein einheitliches Vorzeichenverhalten, d.h. es gilt f(x) > 0 für alle x ∈]x 1 ; x 2 [ oder es gilt f(x) < 0 für alle x ∈]x 1 ; x 2 [. Anderenfalls müsste es zwei Stellen x 3 , x 4 ∈]x 1 ; x 2 [ geben mit f(x 3 ) < 0 < f(x 4 ). Zwischen diesen beiden Stellen müsste dann nach dem Zwischenwertsatz eine weitere Nullstelle von f liegen, was aber ausgeschlossen war. Wir haben diese Eigenschaft zum Vorzeichenverhalten bereits in Beispiel 4.23 vgl. S. 86 ausgenutzt. Zum anderen gibt der Zwischenwertsatz eine Begründung für die sogenannte Regula falsi , ein Verfahren zur numerischen Nullstellenbestimmung einer stetigen Funktion f : [a 1 ; b 1 ] → R . Wie bei dem Intervallhalbierungsverfahren nimmt man dabei an, dass f(a 1 ) < 0 < f(b 1 ). Die Funktion muss dann nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle in einem Punkt im Intervall [a 1 ; b 1 ] haben. Auch die Gerade durch die Punkte (a 1 |f(a 1 )), (b 1 |f(b 1 )), d.h. die lineare Funktion g(x) = f(b 1 )−f(a 1 ) b 1 −a 1 (x − a 1 ) + f(a 1 ) hat eine Nullstelle in [a 1 ; b 1 ], nämlich x 1 = a 1 − f(a 1 ) f(b 1 )−f(a 1 ) b 1 −a 1 Je ähnlicher der Graph von f einer linearen Funktion ist, desto näher liegt Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="145"?> 146 6 Grenzwerte von Funktionen Abbildung 6.5: Illustration des Zwischenwertsatzes für stetige Funktionen DGS x 1 an einer Nullstelle von f. Daher wird x 1 als erste Annäherung an die Nullstelle von f gesetzt. Nun wird das Intervall [a 1 ; b 1 ] verkleinert zu [a 2 ; b 2 ] = { [x 1 ; b 1 ] falls f(x 1 ) < 0 [a 1 ; x 1 ] falls f(x 1 ) ≥ 0 Mit diesem neuen Intervall wiederholt man nun das Verfahren. Es ergibt sich eine Folge von Annäherungen x 1 , x 2 , x 3 , . . . an eine Nullstelle von f im Ausgangsintervall [a 1 ; b 1 ], wie in Abbildung 6.6 dargestellt ist. Beispiel 6.22 Die Annäherung von √2, die in Beispiel 6.2 vgl. S. 130 mit dem Intervallhalbierungsverfahren durchgeführt wurde, soll jetzt mit der Regula falsi versucht werden. Wir berechnen √2 als Nullstelle der Funktion f(x) = x 2 − 2 und beginnen - wie in Beispiel 6.2 - mit den Startpunkten (1|f(1)) = (1| − 1) und (2|f(2)) = (2|2). Die Berechnungsschritte sind in Tabelle 6.3 dargestellt. Sie sehen, dass die Regula falsi in diesem Beispiel eine deutlich schnellere Annäherung an die Lösung √2 ergibt, als dies mit dem Intervallhalbierungsverfahren der Fall war. Außerdem konvergiert hier eine der Intervallgrenzenfolgen nicht gegen diesen Wert. Die Intervallbreite wird nicht beliebig klein. Man muss also die Folge der Geraden-Nullstellen zur Annäherung verwenden. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="146"?> 6.3 Stetigkeit einer Funktion 147 Abbildung 6.6: Illustration der Regula falsi. In diesem Beispiel wird stets die rechte Intervallgrenze verschoben. DGS n a n b n x n = a n − f(a n )(b n −a n ) f(b n )−f(a n ) f(x n ) b n − a n 1 1.000000 2.000000 1.333333 −0.222222 1.000000 2 1.333333 2.000000 1.400000 −0.040000 0.666667 3 1.400000 2.000000 1.411765 −0.006920 0.600000 4 1.411765 2.000000 1.413793 −0.001189 0.588235 5 1.413793 2.000000 1.414141 −0.000204 0.586207 6 1.414141 2.000000 1.414201 −0.000035 0.585859 7 1.414201 2.000000 1.414211 −0.000006 0.585799 8 1.414211 2.000000 1.414213 −0.000001 0.585789 Tabelle 6.3: Approximation von √2 mit der Regula falsi Übungen zu Abschnitt 6.3 6. Man ermittle die stetige Ergänzung der nachfolgenden Funktionen, sofern diese möglich ist. a) f(x) = x 2 −25 x−5 b) f(x) = x 3 +x 2 −x−1 x 2 +2x+1 c) f(x) = 3x 3 +3x 2 +3x+3 x 2 +2x+1 d) f(x) = +x 3 +2x 2 −24x +x 3 +(2t−3)x 2 −6tx 7. Berechnen Sie mit der Regula falsi eine Annäherung an den Wert 3 √2. Beginnen Sie mit den Startwerten a 1 = 1, b 1 = 2. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="147"?> 148 6 Grenzwerte von Funktionen Zusammenfassung Grenzwerte werden zur Beschreibung idealisierter ökonomischer Sachzusammenhänge ebenso verwendet wie bei der Beschreibung des Verhaltens von Funktionen bei sehr kleinen/ großen Argumenten/ Argumentveränderungen. Nach der Bearbeitung des vorangegangenen Kapitels sollten Sie folgende Konzepte, Sachverhalte und Verfahren kennen und anwenden können: Darstellung der Eulerschen Zahl als Grenzwert im Rahmen der stetigen Verzinsung, Funktionsgrenzwerte in eigentlicher und uneigentlicher Form, speziell bei gebrochen-rationalen Funktionen, Asymptoten bei gebrochen-rationalen Funktionen, Stetigkeitsbegriffbei Funktionen, Intervallhalbierungsverfahren und Regula falsi. Übungen zur Vertiefung von Kapitel 6 8. Berechnen Sie folgende Grenzwerte: a) lim x→0 (1 + x) 1 x b) lim x→0 ln(1+x) x Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="148"?> 7 Di f erentialrechnung Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass kein anderes Konzept die Mathematik in den letzten Jahrhunderten so stark beeinflusst hat wie das der Ableitung. Von der Extremwertrechnung bis zur Modellierung dynamischer Prozesse hat es Methoden initiiert, die sich in nahezu allen quantitativen Anwendungen niederschlagen, und nicht zuletzt auch in der Ökonomie das Handwerkszeug schlechthin bilden. Neben den Fundamenten, d.h. dem eigentlichen Ableitungskonzept für Funktionen einer Variablen und dem damit verbundenen Kalkül werden wir auf die Anwendungen der Ableitung in der Ökonomie z.B. in Form der Marginalanalyse (Kurvendiskussion) und Extremwertrechnung eingehen. 7.1 Die Ableitung einer Funktion Die Grundaufgabe der Differentialrechnung besteht darin, das Änderungsverhalten einer Funktion quantitativ zu beschreiben. Für eine lineare Funktionen f(x) = ax + b ist der lineare Koeffizient a die gesuchte quantitative Größe, er beschreibt die Steigung der Geraden; je steiler die Gerade, desto (betragsmäßig) größer ist a. Die Steigung errechnet sich bei gegebener Geraden über jedes beliebige Steigungsdreieck an der Geraden, d.h. sie ist über dem gesamten Funktionsverlauf konstant. Bei nichtlinearen Funktionen f ist die Situation grundlegend anders. Hier lässt sich der Zuwachs der Funktion im Punkt (x 0 |f(x 0 )) nur über eine Tangente an den Graphen von f festlegen. 7.1.1 Tangenten an Funktionsgraphen Eine Tangente an eine konvexe (oder konkave) Funktion f in einem Punkt P (x 0 |f(x 0 )) ist eine Gerade y = ax+b, die mit dem Graphen von f genau den Punkt P gemeinsam hat. Für einfache Funktionen lässt sich diese Tangente auch noch mit elementaren Mitteln ausrechnen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="149"?> 150 7 Differentialrechnung Abbildung 7.1: Die Tangente im Punkt P (1|5) an den Graphen von f(x) = −2x 2 +5x+2 ist diejenige Gerade, welche mit dem Graphen von f nur den Punkt P gemeinsam hat. Andere Geraden durch P schneiden den Graphen von f in einem weiteren Punkt, sie sind Sekanten. DGS Beispiel 7.1 Untersucht werden soll das Wachstumsverhalten der quadratischen Funktion f(x) = −2x 2 + 5x + 2 in x 0 = 1 vgl. Abbildung 7.1 . Wir versuchen, eine Tangente an den Graphen von f im Punkt P (1|5) zu legen. Dies ist eine lineare Funktion g mit der Punkt-Steigungsform y = g(x) = m(x − 1) + 5 Die Steigung m der Geraden g ist dabei so zu wählen, dass die Gerade neben P keinen weiteren Punkt mit der Parabel f gemeinsam hat. Eine lineare und eine quadratische Funktion können bis zu zwei Schnittpunkte haben vgl. S. 53 . Wir untersuchen nun, für welchen Wert von m es außer P keinen weiteren Schnittpunkt von f und g gibt. Hierzu lösen wir die Gleichung f(x) = g(x) zunächst mit allgemeinem m: −2x 2 + 5x + 2 = m(x − 1) + 5 ⇔ x 2 + m−5 2 x + 3−m 2 = 0 Wir haben es also mit einer quadratischen Gleichung zu tun. Die Anzahl der Lösungen hängt von der Diskriminante D der Gleichung ab: D = ( m−5 2 ) 2 4 − 3−m 2 = (m−5) 2 −8(3−m) 16 = m 2 −10m+25+8m−24 16 = (m−1) 2 16 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="150"?> 7.1 Die Ableitung einer Funktion 151 Die quadratische Gleichung hat genau dann nur die Lösung x = 1, wenn sie genau eine Lösung hat, d.h. wenn die Diskriminante gleich Null ist. Das ist aber genau dann der Fall, wenn m = 1. Wir haben also über die allgemeine Lösung der Gleichung f(x) = g(x) die Tangentensteigung gefunden. Weil die Gerade gleichzeitig durch den Punkt P (1|5) läuft, hat sie die Punkt-Steigungs-Form y = (x − 1) + 5, also y = x + 4. Der lineare Koeffizient m = 1 kann als Steigung der Parabel im Punkt P (1|5) interpretiert werden. Für andere Funktionstypen ist eine derartige Berechnung der Tangente meist ziemlich mühsam. Zudem ist der Begriffder Tangente bei Funktionen, die kein einheitliches Krümmungsverhalten haben, etwas heikel. In einem Wendepunkt von f schneidet eine Tangente den Graphen, trotzdem spricht man immer noch von einer Tangente. Erst über das Grenzwertkonzept kommt man zu einer Darstellung der Funktionssteigung, welche mit einem bequemen Kalkül verbunden ist. 7.1.2 Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigungen Dazu verwendet man für einen Punkt P (x 0 |f(x 0 )) auf dem Graphen von f die Steigung der Sekante durch einen weiteren Punkt Q(x 1 |f(x 1 )), d.h. den Wert f(x 1 ) − f(x 0 ) x 1 − x 0 und lässt den zweiten Punkt Q mittels eines Grenzwertübergangs immer näher an P heranrücken vgl. Abbildung 7.2 . Es handelt sich dann um den Grenzübergang x 1 → x 0 , wobei x 1 niemals gleich x 0 sein darf. Bei diesem Grenzübergang ergibt sich die Tangentensteigung als Grenzwert der Steigungen der Sekanten. Dieser Grenzwert wird als Steigung der Funktion im Punkt P (x 0 |f(x 0 )) definiert; die Steigung der Funktion in x 0 ist also nichts anderes als die Steigung der Tangente an den Graphen in diesem Punkt. Definition 7.1 Sei D = ]a; b[ R . Eine Funktion f : D → R heißt differenzierbar in x 0 ∈ D , wenn der folgende Grenzwert existiert und endlich ist: lim x! x 0 f(x) − f(x 0 ) x − x 0 Man nennt den Grenzwert Ableitung von f in x 0 und schreibt dafür f ′ (x 0 ). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="151"?> 152 7 Differentialrechnung Abbildung 7.2: Die Ableitung f ′ (x 0 ) ist als Steigung der Tangente an den Graphen von f im Punkt x 0 erklärt. Diese Steigung ergibt sich durch Grenzwertübergang aus Sekantensteigungen. DGS Die Ableitung f ′ (x 0 ) ist also die stetige Ergänzung des Differenzenquotienten x 7→ f(x)−f(x 0 ) x−x 0 in x = x 0 . Wir wollen die Grenzwertrechnung anhand zweier Beispiele durchführen. Beispiel 7.2 Gesucht ist die Ableitung f ′ (1) der Funktion f : R → R , f(x) = −2x 2 + 5x + 2 In Beispiel 7.1 haben wir die Tangente ohne Grenzwertrechnung bestimmt. Jetzt führen wir die Rechnung mit dem Differenzenquotient in x 0 = 1 aus. Für x 6= 1 gilt: f(x) − f(1) x − 1 = −2x 2 + 5x − 3 x − 1 = − (x − 1) (2x − 3) x − 1 = 3 − 2x Für die Ableitung ist der Grenzwertübergang x → 1 durchzuführen. Während im Ausgangsterm, dem Differenzenquotienten der Wert x = 1 noch nicht einfach eingesetzt werden darf, ist dies im zuletzt durch Kürzen von (x − 1) erhaltenen Term möglich (Prinzip der stetigen Ergänzung). Es ergibt sich daher die Ableitung f ′ (1) = lim x→1 (3 − 2x) = 3 − 2 · 1 = 1 Beispiel 7.3 Gesucht ist die Ableitung f ′ (2) der Funktion f : [0; ∞] → R , f(x) = x 1+x . Wieder wird der Differenzenquotient für x 6= 2 aufgestellt: f(x) − f(2) x − 2 = x 1+x − 2 3 x − 2 = x − 2 3(1 + x)(x − 2) = 1 3(1 + x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="152"?> 7.1 Die Ableitung einer Funktion 153 Nach dem Kürzen des Bruches folgt durch Einsetzen f ′ (2) = lim x→2 1 3(1+x) = 1 3(1+2) = 1 9 Eine in x 0 differenzierbare Funktion ist automatisch auch in x 0 stetig, d.h. lim x→x 0 f(x) = f(x 0 ), denn es gilt nach den Grenzwertsätzen vgl. S. 136 lim x→x 0 (f(x) − f(x 0 )) = lim x→x 0 (x − x 0 ) · f(x) − f(x 0 ) x − x 0 = lim x→x 0 (x − x 0 ) · lim x→x 0 f(x) − f(x 0 ) x − x 0 = 0 · f ′ (x 0 ) = 0 Bei einer Funktion, die durch Fallunterscheidung festgelegt ist, kann es vorkommen, dass diese Funktion an einzelnen Stellen nicht differenzierbar ist, selbst wenn die Funktion dort stetig ist. Beispiel 7.4 Die Absolutbetragfunktion f(x) = |x| ist an der Stelle x 0 = 0 nicht differenzierbar. Der Differenzenquotient im Punkt (0|0) lautet nämlich f(x)−f(0) x−0 = jxj x = { x x falls x > 0 −x x falls x < 0 ) = { 1 falls x > 0 −1 falls x < 0 Damit der Grenzwert existiert, muss sich für jede Folge n 7→ x n mit lim n→∞ x n = 0 derselbe Grenzwert der Folge n 7→ jx n j−0 x−0 ergeben. Jedoch liefern schon die beiden Folgen n 7→ 1 n und n 7→ − 1 n die voneinander verschiedenen Folgengrenzwerte 1 und −1. Die Absolutbetragfunktion ist in x = 0 also nicht differenzierbar - aber sie ist in x 0 stetig. In der Schule wird die Ableitung als Grenzwert oft auch mit der so genannten h-Methode bestimmt. Dazu schreibt man im Differenzenquotienten f(x) − f(x 0 ) x − x 0 die Stelle x als x = x 0 + h, wobei h = x − x 0 die Abweichung von x zu x 0 angibt. Der Grenzwertübergang x → x 0 ist dann gleichwertig zum Grenzwertübergang h → 0; also kann die Ableitung als Grenzwert lim h→0 f(x 0 + h) − f(x 0 ) h Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="153"?> 154 7 Differentialrechnung bestimmt werden. Der Vorteil bei dieser Vorgehensweise ist, dass das Faktorisieren zur Vereinfachung des Bruches oft einfacher ist; der Faktor h ist im Zähler besser zu erkennen als der Faktor x − x 0 . Beispiel 7.5 Für die Funktion f : R → R , f(x) = −2x 2 + 5x + 2 berechnen wir noch einmal die Ableitung f ′ (1), im Gegensatz zu Beispiel 7.2 jetzt aber mit der h-Methode. Der Differenzenquotient lautet f(1+h)−f(1) h = −2(1+h) 2 +5(1+h)+2−5 h = −2h 2 +h h = 1 − 2h und der Grenzwert für h → 0 ist 1. Eine Verallgemeinerung der Ableitung als Grenzwert von Differenzenquotienten findet sich in der Regel von L'Hospital . Dabei ersetzt man den Ausdruck x − x 0 im Nenner des Differenzenquotienten durch die Differenz g(x) − g(x 0 ) einer weiteren in x 0 differenzierbaren Funktion, betrachtet also den Quotienten f(x) − f(x 0 ) g(x) − g(x 0 ) = f(x)−f(x 0 ) x−x 0 g(x)−g(x 0 ) x−x 0 Sofern g ′ (x 0 ) 6= 0, ergibt sich also der Grenzwert lim x→x 0 f(x) − f(x 0 ) g(x) − g(x 0 ) = f ′ (x 0 ) g ′ (x 0 ) Die Regel von L'Hospital ist noch ein wenig allgemeiner, da sie - unausgesprochen - auch noch den Fall g ′ (x 0 ) = 0 erfasst: Satz 7.1 (L'Hospitalsche Regel) Seien f, g : ]a; b[→ R differenzierbar und x 0 ∈ R mit f(x 0 ) = g(x 0 ) = 0. Dann gilt: Wenn m : = lim x! x 0 f ′ (x) g ′ (x) ∈ R existiert, so gilt: lim x! x 0 f(x) g(x) = lim x! x 0 f ′ (x) g ′ (x) . Die L'Hospitalsche Regel ist ferner auch für uneigentliche Grenzwertübergänge, d.h. für x → ±∞ richtig. Erst mit den in Abschnitt 7.2 behandelten Ableitungsregeln wird sie aber handlich. 7.1.3 Die Ableitungsfunktion Wenn eine Funktion f in ihrem gesamten Definitionsbereich D differenzierbar ist, so erhält man für jedes x ∈ D eine Ableitung f ′ (x) und die Zuordnung x 7→ f ′ (x) liefert eine neue Funktion, die Ableitungsfunktion . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="154"?> 7.1 Die Ableitung einer Funktion 155 Beispiel 7.6 Wir betrachten die Normalparabel f : R → R , f(x) = x 2 und bestimmen in einem beliebigen Punkte x ∈ R die Ableitung mit der h-Methode. Der Differenzenquotient lautet für h 6= 0 f(x + h) − f(x) h = (x + h) 2 − x 2 h = 2hx + h 2 h = 2x + h Es ist daher f ′ (x) = lim h→0 (2x + h) = 2x. Beispiel 7.7 Wir wiederholen diese Vorgehensweise für das Monom f(x) = x 3 . Der Differenzenquotient wird mit Hilfe der binomischen Formel [2] aus Satz 4.1 vgl. S. 67 umgeformt, d.h. für h 6= 0 gilt f(x + h) − f(x) h = (x + h) 3 − x 3 h = 3hx 2 + 3h 2 x + h 3 h = 3x 2 + 3hx + h 2 Es ist daher f ′ (x) = lim h→0 (3x 2 + 3hx + h 2 ) = 3x 2 . Wenn man genau hinsieht, erkennt man ein Muster in der Ableitungsbildung. Der Grad des Polynoms verringert sich um 1, der Exponent des Monoms wird zum Faktor. Dieser Sachverhalt gilt für alle Monome: Satz 7.2 (Potenzregel für Monome) Für n ∈ N hat das Monom f(x) = x n die Ableitung f ′ (x) = nx n−1 . Wir wollen diese Formel nun überprüfen und beschränken uns dabei auf den Fall n ≥ 2. Wie in den beiden vorangegangenen Beispielen kann man den Differenzenquotienten durch Ausmultiplizieren des Ausdrucks (x + h) n so vereinfachen, dass alle verbleibenden Summanden um den Faktor h gekürzt werden können. Man verwendet die allgemeine binomische Formel für den Exponenten n vgl. S. 67f. . Es gilt dann f(x + h) − f(x) h = (x + h) n − x n h = x n + ( n 1 ) x n−1 h + ( n 2 ) x n−2 h 2 + · · · + ( n n ) h n − x n h = n 1 x n−1 + n 2 x n−2 h + · · · + n n h n−1 Mit h → 0 bleibt nur der erste Summand übrig, es gilt also die Potenzregel. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="155"?> 156 7 Differentialrechnung Auch die Ableitung der Eulerschen Exponentialfunktion lässt sich mit der h-Methode leicht bestimmen. Wir stellen den Differenzenquotienten auf: f(x + h) − f(x) h = e x+h − e x h = e x e h − e x h = e x e h − 1 h In Beispiel 6.8 vgl. S. 135 haben wir uns überlegt, dass der Ausdruck e h −1 h für h → 0 den Grenzwert 1 hat, woraus sich jetzt die Ableitung ergibt. Satz 7.3 Die Eulersche Exponentialfunktion x 7→ f(x) = e x ist für alle x ∈ R differenzierbar, und es gilt f ′ (x) = e x . Die Eulersche Exponentialfunktion ist übrigens die einzige Funktion, mit der Eigenschaft, dass sie sich bei Ableitung reproduziert. Genauer gilt: Satz 7.4 Die Eulersche Exponentialfunktion f(x) = e x ist die eindeutige Lösung der Differentialgleichung f ′ (x) = f(x) für alle x ∈ R , für die gleichzeitig f(0) = 1 gilt. Eine Funktion f, die sich durch Ableiten reproduziert, muss dann automatisch ein Vielfaches der Exponentialfunktion sein, nämlich f(x) = f(0)e x . Grenzwertrechnungen wie bei der Exponentialfunktion oder den vorangegangenen Beispielen sind zur Ermittlung von Ableitungen meist aber nicht erforderlich. Es gibt vielmehr einen sehr umfangreichen Kalkül zur Berechnung von Ableitungsfunktionen, der in der Mehrzahl aller Situationen zur Anwendung kommen kann, vgl. auch Abschnitt 7.2. 7.1.4 Ableitung und Linearisierung Die Ableitung f ′ (x 0 ) einer differenzierbaren Funktion lässt sich als Steigung der Tangente an den Graphen von f im Punkt (x 0 |f(x 0 )) interpretieren. Diese Tangente kann dabei als Näherung für die Funktion in der Nähe von x 0 aufgefasst werden, man spricht dann von einer Linearisierung von f. Die Geradengleichung der Tangente lässt sich leicht aufstellen: Aufgrund der Differenzierbarkeitseigenschaft gilt nämlich für Werte in der Nähe von x 0 f ′ (x 0 ) ≈ f(x)−f(x 0 ) x−x 0 Durch Umstellen nach f(x) folgt: f(x) ≈ f(x 0 ) + f ′ (x 0 )(x − x 0 ) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="156"?> 7.1 Die Ableitung einer Funktion 157 x f(x) g(x) 0 0 0, 44 1 0, 5 0, 56 1, 5 0, 6 0, 61 1, 7 0, 63 0, 63 1, 9 0, 66 0, 66 2 0, 67 0, 67 2, 1 0, 68 0, 68 2, 3 0, 70 0, 7 2, 5 0, 71 0, 72 3 0, 75 0, 78 Abbildung 7.3: Graph von f und Linearisierung g in Beispiel 7.8 (links) und Wertetabelle von f und g (rechts) Diese Näherung ist um so besser, je näher x an x 0 liegt. Die Gleichung y = f(x 0 ) + f ′ (x 0 )(x − x 0 ) heißt Tangentengleichung an den Graphen von f im Punkt x 0 . Die lineare Funktion g(x) = f(x 0 ) + f ′ (x 0 )(x − x 0 ) heißt Tangente an den Graphen von f im Punkt (x 0 |f(x 0 )). Beispiel 7.8 Betrachtet werde die Funktion f : [0; ∞] → R , f(x) = x 1+x aus Beispiel 7.3 vgl. S. 152 . Wir wollen die Linearisierung von f im Punkt (2|f(2)) = (2| 2 3 ) bestimmen. In Beispiel 7.3 wurde f ′ (2) = 1 9 berechnet. Daraus ergibt sich die Tangentengleichung y = f ′ (2)(x − 2) + f(2) = 1 9 (x − 2) + 2 3 = 1 9 x + 4 9 Wie „ gut“ die Linearisierung ist, können Sie am Vergleich der Graphen von f und g und der Funktionswerte erkennen, vgl. Abbildung 7.3 . Je näher x beim „Sockelwert“ 2 liegt, desto genauer wird f durch die Gerade approximiert. In x = 2 stimmen beide Funktionen natürlich überein - das ist neben der identischen Ableitung f ′ (2) = g ′ (2) die weitere notwendige Anforderung an die Tangente. 7.1.5 Mittelwertsatz Wenn man bei einer differenzierbaren Funktion f : ]a; b[→ R zu zwei Werten x 1 , x 2 ∈]a; b[ mit x 1 < x 2 die Sekante durch die Punkte (x 1 |f(x 1 )), Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="157"?> 158 7 Differentialrechnung Abbildung 7.4: Graphische Veranschaulichung des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung. DGS (x 2 |f(x 2 )) legt vgl. Abbildung 7.4 , so kann man durch eine Parallelverschiebung der Sekante einen Punkt (x 0 |f(x 0 ) „zwischen“ den beiden vorgegebenen Punkten finden, in dem die Tangente an den Graphen von f die selbe Steigung wie die vorgegebene Sekante hat. Weil die Tangentensteigung mit der Steigung des Funktionsgraphen an der Stelle übereinstimmt, an der die Tangente angesetzt ist, gilt also Satz 7.5 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Für eine differenzierbare Funktion f : ]a; b[→ R und x 1 , x 2 ∈]a; b[ mit x 1 < x 2 gibt es ein x 0 ∈]x 1 ; x 2 [ mit f ′ (x 0 ) = f(x 2 )−f(x 1 ) x 2 −x 1 . Ein wichtiger Spezialfall tritt dann auf, wenn f(x 1 ) = f(x 2 ). Dann muss es ein x 0 ∈]x 1 ; x 2 [ geben mit f ′ (x 0 ) = 0. Dieser Sachverhalt wird als Satz von Rolle bezeichnet. 7.1.6 Ableitungen höherer Ordnung Einer differenzierbaren Funktion f : D → R ist durch Differenzieren ihre Ableitungsfunktion x 7→ f ′ (x) zugeordnet. Falls die Ableitungsfunktion f ′ wieder differenzierbar ist, so nennt man die Ableitungsfunktion von f ′ zweite Ableitung von f und schreibt dafür f ′′ oder f (2) . Entsprechend lassen sich auch Ableitungen dritter, vierter,. . . Ordnung berechnen. Man verwendet hierfür die Notation f ′′′ , f ′′′′ , . . . bzw. f (3) , f (4) , . . . . Die direkte Berechnung höherer Ableitungen mittels Funktionsgrenzwerten ist meist sehr mühsam. Erst im Zusammenspiel mit den in Abschnitt 7.2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="158"?> 7.2 Ableitungsregeln 159 behandelten Ableitungsregeln lohnt es sich, systematisch auf höhere Ableitungen zurückzugreifen. Für die Untersuchung von (ökonomischen) Funktionen reicht meist die Berechnung und Diskussion von f ′ , f ′′ (manchmal auch noch f ′′′ ) aus. Übungen zu Abschnitt 7.1 1. Berechnen Sie ohne Rückgriffauf Grenzwerte eine Tangente an den Graphen der Funktion x 7→ 1 x im Punkt (2| 1 2 ). 2. Berechnen Sie mittels Differenzenquotienten für x 0 ∈ R die Ableitung f ′ (x 0 ) der Funktion f(x) = ax + b (wobei a, b ∈ R ). 3. Untersuchen Sie, für welches t ∈ R die Funktion f : R → R , f(x) = { x 2 falls x < 1 tx + (1 − t) falls x ≥ 1 in x = 1 differenzierbar ist. 4. Berechnen Sie mit der h-Methode die folgenden Ableitungen a) f ′ (0) für f(x) = x x 2 +1 b) f ′ (−2) für f(x) = x+1 x−2 c) f ′ (1) bzw. allgemein f ′ (x) mit x > 0 für f(x) = √x d) f ′ (x) mit x > 0 für f(x) = x 1+x 5. Bestimmen Sie jeweils die Gleichung der Tangente an den Graphen von f im Punkt (x 0 |f(x 0 )): a) f(x) = 4x 3 − x 2 , x 0 = 2 b) f(x) = x 1+x 2 , x 0 = 1 c) f(x) = e x , x 0 = ln 2 6. Berechnen Sie zur Funktion f(x) = x 1+x und den Stellen 0 < x 1 < x 2 eine Stelle x 0 ∈]x 1 ; x 2 [ mit f ′ (x 0 ) = f(x 2 )−f(x 1 ) x 2 −x 1 a) x 1 = 1, x 2 = 2 b) x 1 = 1, x 2 = 1 + t 7. Begründen Sie mit dem Mittelwertsatz 7.5 vgl. S. 158 die folgende Aussage: Eine differenzierbare Funktion f : ]a; b[→ R hat die Ableitungsfunktion f ′ (x) = 0 genau dann, wenn f konstant ist. 8. Berechnen Sie zur Funktion f(x) = x 1+x für x > 0 die Ableitung f ′′ (x). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="159"?> 160 7 Differentialrechnung 7.2 Ableitungsregeln Wir haben bisher Ableitungen durch Grenzwertbildung definiert und auch in Beispielen berechnet. Diese Vorgehensweise ist jedoch selbst in einfachen Situationen recht umständlich und in vielen Fällen kaum noch rechenbar; in Anwendungen der Differentialrechnung wird vielmehr die Ableitung oft schematisch unter Zuhilfenahme des so genannten Ableitungskalküls gebildet. Grundlagen dieses Kalküls sind eine „Basisliste“ von Funktionen, deren Ableitungen man kennen sollte, eine Anzahl von Ableitungsregeln für die „Operatoren“ Vervielfachung, Summe, Produkt, Quotient und Verkettung von Funktionen. Fast alle Operatoren sind binär, d.h. sie bauen aus zwei Funktionen eine neue. Findet sich eine Funktion nicht in der Basisliste, so versucht man sie mit Hilfe der Operatoren aus Funktionen der Basisliste zu konstruieren. Mit Hilfe der Ableitungsregeln für die Operatoren und der verwendeten Funktionen der Basisliste kann man dann die gesuchte Ableitung errechnen - das Ergebnis sollte dann noch mit geeigneten Termumformungen vereinfacht werden. Bei der Basisliste, die wir in Tabelle 7.1 angeben, handelt es sich um einen Kompromiss. Man könnte einerseits - wie in entsprechend umfangreichen Formelsammlungen - eine umfassende Sammlung mit zahlreichen Spezialfällen angeben, welche dann als reines Nachschlagewerk verwendet werden kann. Die puristische Alternative hierzu besteht andererseits darin, die Liste so klein wie möglich zu halten, um dann mit den genannten Operatoren bei Bedarf andere Ableitungen zu berechnen. Unsere Basisliste ist ein Kompromiss dieser beiden extremen Sichtweisen; sie stellt Ableitungen für die von Ihnen vermutlich am häufigsten benötigten Funktionen bereit; mit den Operatorenregeln sind Sie gleichzeitig in der Lage weitere Funktionen mit Hilfe der Basisliste in wenigen Schritten zu konstruieren, was den Ableitungsaufwand dann in Grenzen hält. Im folgenden werden die angekündigten Ableitungsregeln für Operatoren besprochen. Dabei gehen wir davon aus, dass auf ]a; b[ differenzierbare Funktionen g, h : ]a; b[→ R vorliegen. 7.2.1 Faktorregel Die Faktorregel besagt, dass für c ∈ R dann auch die Funktion mit dem Funktionsterm f(x) = c · g(x) differenzierbar in ]a; b[ ist mit f ′ (x) = c · g ′ (x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="160"?> 7.2 Ableitungsregeln 161 Typ f(x) = Parameter Definitionsbereich f ′ (x) Konstant 1 x ∈ R 0 Linear x x ∈ R 1 Quadratisch x 2 x ∈ R 2x Kehrwert 1 x x 6= 0 − 1 x 2 Monom, allgemein x n n ∈ Z x ∈ R nx n−1 (x 6= 0 für n < 0) Quadratwurzel √x = x 1 2 x > 0 1 2√x Potenzfunktion x a a 6= 0 x > 0 ax a−1 Exponentialfunktion, speziell e x x ∈ R e x allgemein a x = e x ln(a) a > 0 x ∈ R a x ln(a) natürlicher Logarithmus ln(x) x > 0 1 x allgemeiner Logarithmus log a (x) = ln(x) ln(a) a > 0 x > 0 1 x ln(a) Trigonometrisch, Sinus sin(x) x ∈ R cos(x) Cosinus cos(x) x ∈ R − sin(x) Tangens tan(x) = sin(x) cos(x) x ∈ R 1 cos 2 (x) x 6= ± π 2 , ± 3π 2 , . . . Tabelle 7.1: Tabelle wichtiger Funktionen und ihrer Ableitungsfunktionen Die Regel scheint auf den ersten Blick banal zu sein, aber sie wird - ohne audrücklich darüber nachzudenken, am häufigsten angewandt, denn Faktoren als Ausdruck der Proportionalität von (ökonomischen) Größen sind in ökonomischen Modellen weit verbreitet, sie beschreiben die Umrechnung von Faktoreinsatzmengen in verschiedenen Einheiten, die Anteile von Faktoren in Rezepturen und last but not least die Wechselkurse verschiedener Währungen. Ohne die Faktorregel wäre es nicht möglich, Ableitungen für die am häufigsten in der Ökonomie verwendete Funktionenklasse der rationalen Funktionen aufzustellen. 7.2.2 Summenregel Die Summenregel besagt, dass die Funktion mit dem Funktionsterm f(x) = g(x) + h(x) differenzierbar in ]a; b[ ist mit f ′ (x) = g ′ (x) + h ′ (x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="161"?> 162 7 Differentialrechnung Die Summenregel und die Faktorregel zusammen mit der Potenzregel 7.2 für Monome vgl. S. 155 ergibt die allgemeine Ableitungsregel für Polynome vom Grad n, d.h. für f(x) = a n x n + a n−1 x n−1 + · · · + a 1 x + a 0 Ihre Ableitung ist f ′ (x) = na n x n−1 + (n − 1)a n−1 x n−2 + · · · + a 1 Die Ableitung ist also ebenfalls ein Polynom. Der Grad hat sich um 1 verringert, denn beim Ableiten verringert sich der Grad jedes Summanden. Nach spätestens n-maligem Ableiten wird ein Polynom n-ten Grades also zu einer konstanten Funktion. Umgekehrt ist jede auf einem Intervall definierte Funktion, deren n-te Ableitung eine konstante Funktion ist, ein Polynom n-ten Grades. 7.2.3 Produktregel Während Summen von Funktionen also summandenweise abgeleitet und anschließend addiert werden können, dürfen in aller Regel Produkte von Funktionen nicht faktorweise abgeleitet und dann multipliziert werden. Wenn man faktorweise ableiten dürfte, müsste beispielsweise die Funktion f(x) = x(x + 1) die Ableitung 1 haben. Tatsächlich ergibt sich nach Ausmultiplizieren f(x) = x 2 +x und nach Summenregel die Ableitung f ′ (x) = 2x+1. Das komponentenweise Ableiten von Produkten ist also nicht erlaubt. Statt dessen besagt die Produktregel , dass die Funktion mit dem Funktionsterm f(x) = g(x) · h(x) ebenfalls in ]a; b[ differenzierbar ist mit f ′ (x) = g ′ (x)h(x) + g(x)h ′ (x) Beispiel 7.9 Die Funktion f(x) = x 2 e x ist Produkt der Funktionen g(x) = x 2 und h(x) = e x mit den Ableitungen g ′ (x) = 2x und h ′ (x) = e x . Die Ableitung der Funktion f ist dann f ′ (x) = 2xe x + x 2 e x = (x 2 + 2x)e x Die oben angesprochene Faktorregel ist ein Spezialfall der Produktregel, wenn eine der beiden Funktionen konstant ist. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="162"?> 7.2 Ableitungsregeln 163 7.2.4 Quotientenregel Auch Quotienten von differenzierbaren Funktionen darf man nicht einfach komponentenweise differenzieren, sondern muss die Quotientenregel anwenden. Diese besagt, dass die Funktion mit dem Funktionsterm f(x) = g(x) h(x) an einer Stelle x mit h(x) 6= 0 die folgende Ableitung hat: f ′ (x) = g ′ (x)h(x) − g(x)h ′ (x) (h(x)) 2 Insbesondere ist die Ableitung einer gebrochen-rationalen Funktion f(x) = p(x) q(x) wieder gebrochen rational, denn die Ableitung lautet f ′ (x) = p ′ (x)q(x) − q ′ (x)p(x) q(x) 2 und alle Teilausdrücke p(x), p ′ (x), q(x), q ′ (x), q(x) 2 sind Polynome. Beispiel 7.10 Die Funktion f(x) = x 2 −2x+7 x 3 −5 hat für x 6= ± 3 √5 die Ableitung f ′ (x) = (2x−2)(x 3 −5)−(x 2 −2x+7)(3x 2 ) (x 3 −5) 2 = −x 4 +4x 3 −21x 2 −10x+10 (x 3 −5) 2 Im Gegensatz zum Zähler wird der Nenner üblicherweise nicht ausmultipliziert. Dadurch vereinfacht man beispielsweise die Berechnung der zweiten Ableitung f ′′ (x), vgl. auch Beispiel 7.14 vgl. S. 165 . Mit der Quotientenregel kann man auch Ableitungen von Kehrfunktionen f(x) = 1 h(x) berechnen. Die Eins im Zähler wird als konstante Funktion g(x) = 1 mit g ′ (x) = 0 interpretiert; mit der Quotientenregel folgt dann f ′ (x) = g ′ (x)h(x) − g(x)h ′ (x) h(x) 2 = 0 · h(x) − 1 · h ′ (x) h(x) 2 = − h ′ (x) h(x) 2 Diese Regel wiederum kann ausgenutzt werden, um in der Basisliste die Ableitungsregeln für Monomterme f(x) = x −n mit n ∈ N herzuleiten. Betrachten Sie h(x) = x n , so gilt f(x) = 1 h(x) ) f ′ (x) = − h ′ (x) h(x) 2 = − nx n−1 (x n ) 2 = − nx n−1 x 2n = −nx −n−1 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="163"?> 164 7 Differentialrechnung 7.2.5 Kettenregel Die bisherigen Ableitungsregeln beschäftigten sich nur mit elementaren Rechenoperationen wie Addition, Multiplikation und Division von Funktionen. Viele ökonomische Funktionen entstehen aber durch Verkettung, d.h. Hintereinanderausführung verschiedener Rechnungen. Bei der Berechnung von Ableitungen verketteter Funktionen geht man davon aus, dass g : D → W und h : W → R differenzierbare Funktionen auf offenen Intervallen D , W sind. Die Kettenregel besagt nun, dass die durch Verkettung von h und g gebildete Funktion f = h ◦ g : D → R , f(x) = h(g(x)) differenzierbar ist. Ihre Ableitung lautet f ′ (x) = h ′ (g(x)) · g ′ (x) d.h. sie erfolgt nach dem Schema äußere Ableitung verkettet mit innerer Funktion mal innere Ableitung. Typische Anwendungsbeispiele treten immer dann auf, wenn die Verkettung nicht durch elementare Rechnungen (z.B. Ausmultiplizieren bei ganzzahligen Potenzen) vereinfacht werden kann, also wenn als äußere Funktionen Exponential-, Potenz- oder trigonometrische Funktionen auftreten: Beispiel 7.11 f(x) = √x 2 + 1 mit der äußeren Funktion h(x) = √x und der inneren Funktion g(x) = x 2 + 1 hat die Ableitung f ′ (x) = 2x 2 √ (x 2 +1) = x √ (x 2 +1) . Beispiel 7.12 f(x) = e −x 2 mit der äußeren Funktion h(x) = e x und der inneren Funktion g(x) = −x 2 hat die Ableitung f ′ (x) = e −x 2 · (−2x). Mit der Kettenregel lässt sich auch die Ableitung der Umkehrfunktion f −1 einer Funktion f bestimmen. Einerseits gilt (f ◦ f −1 )(x) = x und damit (f ◦ f −1 ) ′ (x) = 1. Andererseits ist (f ◦ f −1 ) ′ (x) = (f ′ ◦ f −1 )(x)(f −1 ) ′ (x). Aus den beiden Rechenwegen ergibt sich 1 = (f ′ ◦ f −1 )(x)(f −1 ) ′ (x), d.h. Ableitung der Umkehrfunktion (f −1 ) ′ (x) = 1 f 0 (f −1 (x)) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="164"?> 7.2 Ableitungsregeln 165 Beispiel 7.13 Die Logarithmusfunktion g(x) = ln(x) ist Umkehrfunktion der Funktion f(x) = e x . Die Ableitung berechnet sich als g ′ (x) = (f −1 ) ′ (x) = 1 f 0 (f −1 (x)) = 1 e ln(x) = 1 x . Die Kettenregel ist auch von Nutzen, um höhere Ableitungen von gebrochenrationalen Funktionen zu bestimmen: Beispiel 7.14 Zu der Funktion f(x) = x 2 −2x+7 x 3 −5 aus Beispiel 7.10 mit der Ableitung f ′ (x) = −x 4 +4x 3 −21x 2 −10x+10 (x 3 −5) 2 berechnen wir die zweite Ableitung f ′′ (x) wieder mit der Quotientenregel, wobei wir die Ableitung der Nennerfunktion g(x) = ( x 3 − 5 ) 2 mit der Kettenregel bestimmen und nicht ausmultiplizieren, damit im Folgenden leichter gekürzt werden kann: f ′′ (x)= (−4x 3 +12x 2 −42x−10)(x 3 −5) 2 −(−x 4 +4x 3 −21x 2 −10x+10)2(x 3 −5)3x 2 (x 3 −5) 4 = (−4x 3 +12x 2 −42x−10)(x 3 −5)−(−x 4 +4x 3 −21x 2 −10x+10)6x 2 (x 3 −5) 3 = 2x 6 −12x 5 +84x 4 +70x 3 −120x 2 +210x+50 (−5+x 3 ) 3 Die Kettenregel ermöglicht es Ihnen beispielsweise auch, die Ableitung der allgemeinen Potenzfunktion h(x) = x a mit a ∈ R zu bestimmen (Übungsaufgabe! ) Wir beschließen den Abschnitt mit einer Übersicht der Ableitungsregeln: Satz 7.6 (Ableitungsregeln) Es seien g, h differenzierbare Funktionen und c ∈ R . Dann gilt unter den oben jeweils genannten Voraussetzungen: [1] Faktorregel: f(x) = cg(x) ist differenzierbar mit f ′ (x) = cg ′ (x). [2] Summenregel: f(x) = g(x) + h(x) ist differenzierbar mit f ′ (x) = g ′ (x) + h ′ (x). [3] Produktregel: f(x) = g(x)h(x) ist differenzierbar mit f ′ (x) = g ′ (x)h(x) + g(x)h ′ (x). [4] Quotientenregel: f(x) = g(x) h(x) ist differenzierbar mit f ′ (x) = g 0 (x)h(x)−g(x)h 0 (x) h(x) 2 [5] Kettenregel: f(x) = h(g(x)) ist differenzierbar mit f ′ (x)) = h ′ (g(x))g ′ (x). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="165"?> 166 7 Differentialrechnung Übungen zu Abschnitt 7.2 9. Berechnen Sie die Ableitungsfunktionen f ′ (x) und f ′′ (x) : a) f(x) = x 4 − 3x + 1, b) f(x) = (2(x + 1) 2 − 5) 2 , c) f(x) = ax n − (a − 1)x n−1 , a ∈ R , n ∈ N , d) f(x) = x 3 −1 x−1 , e) f(x) = x n e x für n ∈ N , f) f(x) = x a mit a ∈ R , g) f(x) = x x , h) f(x) = sin(2x) cos(x) 2 , i) f(x) = x a−1 e −x , j) f(x) = √x+3 x , k) f(x) = e −x 3 , l) f(x) = e 1−e −x , m) f(x) = e x x , n) f(x) = 1 1+e −x , o) f(x) = ln(x 2 + 1), p) f(x) = ln((xr 2 )(xs 2 )). 10. Überlegen Sie sich je ein Beispiel dafür, dass a) Quotienten von Funktionen f(x) g(x) nicht einfach komponentenweise zu f 0 (x) g 0 (x) abgeleitet werden dürfen. b) Verkettungen von Funktionen f(g(x)) nicht einfach zu Verkettungen der Ableitungen f ′ (g ′ (x)) abgeleitet werden dürfen. 11. Begründen Sie oder widerlegen Sie mit einem Gegenbeispiel: a) Sind f, g : ]a; b[→ R differenzierbare Funktionen mit f ′ (x) = g ′ (x) für alle x ∈]a, b[, so ist f(x) = g(x). b) Eine differenzierbare Funktion f : R → R ist genau dann ein Polynom, wenn ihre Ableitungsfunktion ein Polynom ist. c) Eine differenzierbare Funktion f : ]a; b[→ R ist genau dann eine gebrochenrationale Funktion, wenn die Funktion f ′ eine gebrochen-rationale Funktion ist. d) Das Polynom q(x) ist genau dann ein Teiler des Polynoms p(x), wenn die Ableitungsfunktion von f(x) = p(x) q(x) ein Polynom ist. 12. Bestimmen Sie mit der Regel von l'Hospital die folgenden Grenzwerte: a) lim x→0 sin(x) x b) lim x→π cos(x)+1 sin(x) c) lim x→1 ln(2x 2 −1) ln(3x 2 +2x−4) d) lim x→0 x n ln(x) mit n ∈ N . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="166"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 167 13. Die Funktion f : [−π=2; π=2], f(x) = sin(x) ist streng monoton wachsend, sie hat also eine Umkehrfunktion f −1 . Diese Umkehrfunktion wird auch als Arcussinusfunktion bezeichnet (lat. arcus: Bogen; die vom Sinus zum Bogen(maß) zurückführende Funktion). Berechnen Sie die Ableitung der Arcussinusfunktion. 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften Für die früher besprochenen linearen und quadratischen Funktionen lassen sich prinzipiell alle wichtigen Eigenschaften (Monotoniebereiche, Krümmungsverhalten, Scheitelpunkte) unmittelbar aus den Funktionen bzw. den Koeffizienten ablesen. Bei Polynomen und anderen speziellen Funktionen ist das jedoch nicht mehr möglich; statt dessen kann man mit Hilfe der (ersten und zweiten) Ableitung zahlreiche Eigenschaften der Funktion beschreiben bzw. dann im konkreten Fall berechnen. Diese Zusammenhänge sind die Grundlage für den Erfolg der Differentialrechnung in den ökonomischen Wissenschaften. Wir betrachten zunächst Eigenschaften einer Funktion mit Bezug auf die erste Ableitung, später dann entsprechend mit Bezug auf die zweite Ableitung. 7.3.1 Ableitung erster Ordnung und Nullstellen Die genaue Berechnung der Nullstelle einer Funktion ist zunächst einmal nur für lineare und quadratische Funktionen möglich. Es gibt zwar auch für Polynome dritten und vierten Grades Nullstellenformeln; diese sind aber oft kaum zu handhaben. Funktionsterme, in denen Exponential-, Potenz-, Logarithmusfunktion oder aber trigonometrische Funktionen auftreten, lassen sich hingegen nur in seltenen Ausnahmenfällen auf Nullstellen überprüfen. Andererseits werden diese Nullstellen sehr oft dringend benötigt. Wenn man sich damit zufrieden stellen kann, diese mit einer vorgegebenen Genauigkeit anzugeben, bietet sich ein iteratives Verfahren zur Annäherung der Nullstelle an, das so genannte Newton-Verfahren . Die Grundidee des Newton-Verfahrens besteht darin, eine differenzierbare Funktion f, deren Nullstelle man nicht kennt, zu linearisieren und dann die Nullstelle der linearen Annäherungsfunktion zu verwenden. Dafür benötigt man einen Startpunkt (x 0 |f(x 0 )). Die Linearisierung von f in diesem Punkt lautet y = f(x 0 ) + f ′ (x 0 )(x − x 0 ) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="167"?> 168 7 Differentialrechnung Eine Nullstelle x 1 dieser linearen Funktion erhält man durch Nullsetzen und Auflösen nach x 1 : f(x 0 ) + f ′ (x 0 )(x 1 − x 0 ) = 0 ⇔ x 1 = x 0 − f(x 0 ) f 0 (x 0 ) Nun ist im Allgemeinen weder x 0 noch x 1 eine Nullstelle von f (wäre x 0 eine Nullstelle, so hätte man gar nicht suchen müssen). Aber wenn x 0 nur nahe genug an einer Nullstelle von f liegt, dann ist in aller Regel x 1 näher an dieser Nullstelle und man kann das Prinzip wiederholen, d.h. man berechnet x 2 = x 1 − f(x 1 ) f 0 (x 1 ) Schon nach wenigen Wiederholungen erhält man oft eine zufriedenstellende Näherung für die gesuchte Nullstelle. Davon können Sie sich überzeugen, wenn Sie das Verfahren für eine Funktion ausprobieren, deren Nullstellen Sie kennen. Beispiel 7.15 Betrachten Sie die Funktion f(x) = 1 5 x 3 − x = 1 5 x(x 2 − 5) mit der Ableitung f ′ (x) = 3 5 x 2 − 1 und den Nullstellen x = 0 und x = ±√5 ≈ ±2, 236. Startet man mit x 0 = 2, so lautet die erste Linearisierung g 1 (x) = f(2) + f ′ (2)(x − 2) = − 2 5 + 7 5 (x − 2) = 7 5 x − 16 5 g 1 hat die Nullstelle x 1 = 16 7 ≈ 2, 28. Die nächste Linearisierung ist nun g 2 (x) = f(x 1 ) + f ′ (x 1 )(x − x 1 ) = 523 245 x − 8192 1715 und die Nullstelle von g 2 ist x 2 = 8192 3661 ≈ 2, 238. Die beiden Linearisierungen sind in Abbildung 7.5, links, skizziert. Sie sehen, wie gut die Approximation der Nullstelle bereits ist. Dies geht auch aus der folgenden tabellarischen Darstellung der Rechenschritte hervor: n x f(x) f ′ (x) y = x − f(x)=f ′ (x) 1 2, 0 −0, 4 1, 4 2, 28571 2 2, 28571 0, 102624 2, 13469 2, 23764 3 2, 23764 0, 00314734 2, 00422 2, 23607 4 2, 23607 3, 31 10 −6 2, 0 2, 23607 Für manche Startwerte zeigt das Newton-Verfahren ein unerwartetes Verhalten. Beispielsweise lautet die Linearisierung für den Startwert x 0 = 1 g 1 (x) = f(1) + f ′ (1)(x − 1) = − 2 5 x − 2 5 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="168"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 169 Abbildung 7.5: Graphische Darstellung des Newton-Verfahrens für Beispiel 7.15 mit der Nullstelle x 1 = −1. Hierfür lautet die Linearisierung dann g 2 (x) = f(−1) + f ′ (−1) + (x + 1) = − 2 5 x + 2 5 mit der Nullstelle x 2 = 1 = x 0 . Das Verfahren springt also nur zwischen den Stellen x = 1 und x = −1 hin und her, statt zu konvergieren. Illustriert ist dieses Verhalten in Abbildung 7.5, rechts. Ist der Startwert oder eine der nachfolgend bestimmten Näherungen eine Nullstelle der Ableitung, so bricht das Verfahren ab, da Division durch Null nicht erlaubt ist. Problematisch ist ferner, wenn die gesuchte Nullstelle der Funktion auch eine Nullstelle der Ableitung ist; dann kann sich die Konvergenz gegen die Nullstelle verlangsamen. Fehlerhaftes bzw. nicht konvergierendes Verhalten des Newton-Verfahrens kann man vermeiden, indem ein Startwert gewählt wird, der ausreichend nahe bei der gesuchten Nullstelle liegt. Solch ein Startwert kann beispielweise mit dem Intervallhalbierungsverfahren vgl. S. 130 oder der Regula falsi vgl. S. 145 bestimmt werden. Beide Verfahren sind zwar auch schon recht schnell, aber in der Regel lässt sich die näherungsweise Berechnung durch Fortsetzung mit dem Newton-Verfahren noch drastisch beschleunigen. Eine derartige zweistufige Methode zur numerischen Berechnung von Nullstellen wird auch hybrides Verfahren genannt. 7.3.2 Ableitung erster Ordnung und Monotonieverhalten Wir wollen hier annehmen, dass eine Funktion f : D → R , D =]a; b[, vorliegt, die differenzierbar ist. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="169"?> 170 7 Differentialrechnung In einem Punkt x 0 ∈ D lässt sich f durch die Linearisierung, d.h. durch die Gerade mit der Gleichung y = m(x − x 0 ) + y 0 annähern. Dabei ist m = f ′ (x 0 ), y 0 = f(x 0 ). Falls m > 0 ist, so hat die Gerade einen steigenden Verlauf. Dann ist auch der Verlauf der Funktion f nahe bei x 0 monoton wachsend. Wenn f ′ (x 0 ) für alle x 0 ∈ D positiv ist, hat die Funktion zwangsläufig einen insgesamt monoton wachsenden Verlauf. Diese etwas formlosen Überlegungen lassen sich wie folgt präzisieren: Satz 7.7 Sei f : ]a; b[→ R eine differenzierbare Funktion. Dann gilt: [1] Falls f ′ (x) ≥ 0 (bzw. > 0) für alle x ∈]a; b[, so ist f auf ]a; b[ monoton wachsend (bzw. streng monoton wachsend). [2] Falls f ′ (x) 0 (bzw. < 0) für alle x ∈]a; b[, so ist f auf ]a; b[ monoton fallend (bzw. streng monoton fallend). [3] Umkehrung: Wenn f auf ]a; b[ streng monoton wachsend (bzw. fallend) ist, so gilt f ′ (x) ≥ 0 (bzw. f ′ (x) 0) für alle x ∈]a; b[. Nicht immer ist die Ableitung f ′ einer Funktion f durchweg positiv oder durchweg negativ. Wenn man es nicht gerade mit einer fallweise definierten Funktion oder der konstanten Nullfunktion zu tun hat, so besitzt die Ableitung von f in aller Regel im Definitionsbereich D =]a; b[ nur endlich viele Nullstellen und zwischen diesen Nullstellen, d.h. auf bestimmten - größtmöglichen - Intervallen jeweils ein einheitliches Vorzeichenverhalten, mithin hat die Funktion f auf diesen Intervallen jeweils ein einheitliches Monotonieverhalten. Meist kann man auch noch davon ausgehen, dass neben der Funktion f auch die Ableitung f ′ eine stetige Funktion ist - das ist der Fall bei allen Funktionen der „Basisliste“ vgl. S. 161 und bei hieraus mit den verschiedenen „Operatoren“ konstruierten weiteren Funktionen. Zwischen zwei Nullstellen von f ′ hat die Ableitung dann ein einheitliches Vorzeichenverhalten. Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass zwischen den Nullstellen das Vorzeichenverhalten von f ′ und damit das Monotonieverhalten von f wechselt. Insgesamt ist festzuhalten: Die Intervalle mit einheitlichen Vorzeichen von f ′ legen die Monotoniebereiche von f fest. Beispiel 7.16 Betrachten Sie die Polynomfunktion f(x) = x 5 + x 4 − 1 2 x 3 mit der Ableitung f ′ (x) = 5x 4 + 4x 3 − 3 2 x 2 . Man erkennt sofort die (zweifache! ) Null- Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="170"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 171 Abbildung 7.6: Graph von f(x) = x 5 + x 4 − 1 2 x 3 (schwarz) und der Ableitung f ′ (blau) stelle x = 0 von f ′ , die übrigen Nullstellen sind Lösung der quadratischen Gleichung 5x 2 + 4x − 3 2 = 0 und damit x = − 2 5 ± √ 23 2 . Also sind x 1 ≈ −1, 078, x 2 = 0 und x 3 ≈ 0, 278 die Nullstellen von f ′ . Anhand des Graphen von f ′ , vgl. Abbildung 7.6, kann man erkennen, dass f ′ (x) > 0 für x < x 1 und f ′ (x) < 0 für x ∈ ]x 1 ; x 2 [ und x ∈]x 2 ; x 3 [. Schließlich gilt f ′ (x) > 0 für x > x 3 . In ]−∞; x 1 [ ist f also streng monoton wachsend (streng isoton), in ]x 1 ; x 2 ] und ]x 2 ; x 3 [ ist f streng monoton fallend (streng antiton), in ]x 3 ; ∞[ ist f streng monoton wachsend (streng isoton). Man kann die Intervalle jeweils auf die Randpunkte erweitern; hierdurch „verschmelzen“ die Intervalle ]x 1 ; x 2 ] und ]x 2 ; x 3 [ zu einem Intervall [x 1 ; x 3 ] mit einheitlich monoton fallendem Verlauf von f. 7.3.3 Ableitungen erster Ordnung und Bedingungen für Extrema Eine der wichtigsten Anwendungen der Ableitung ist die Bestimmung von Extrema bei differenzierbaren Funktionen f mit Definitionsbereich D =]a; b[. Dabei unterscheidet man zwischen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="171"?> 172 7 Differentialrechnung Abbildung 7.7: Linksseitige und rechtsseitige Sekantensteigungen zu einer Minimalstelle einer differenzierbaren Funktion f : ]a; b[→ R . Die Ableitung als Grenzwert muss sowohl kleiner oder gleich Null als auch größer oder gleich Null sein. einer notwendigen Bedingung, d.h. einer Bedingung, welche eine Stelle x 0 ∈ D erfüllt, wenn sie ein Extremum ist, einer hinreichenden Bedingung, d.h. einer Bedingung, aus welcher folgt, dass eine bestimmte Stelle eine Extremstelle ist. Mit der notwendigen Bedingung bestimmt man zunächst Kandidaten für Extremstellen; ein Kandidat, welcher die hinreichende Bedingung erfüllt, ist dann eine Extremstelle. Die hinreichende Bedingung gibt allerdings keine Auskunft darüber, welcher der Kandidaten kein Extremum ist. Wir besprechen zunächst die notwendige Bedingung für ein Extremum. Nehmen wir an, dass f in x 0 ∈ D ein Minimum hat, dann gilt f(x) ≥ f(x 0 ) für alle x 6= x 0 . Die linksseitigen Sekanten durch die Punkte (x 0 |f(x 0 )) und (x, f(x)), d.h. für x < x 0 haben dann allesamt die Steigung f(x) − f(x 0 ) x − x 0 ≤ 0 vgl. auch Abbildung 7.7. Für die rechtsseitigen Sekanten, d.h. für x > x 0 ist f(x) − f(x 0 ) x − x 0 ≥ 0 Die Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigungen kann nur dann beiden Eigenschaften Genüge leisten, wenn sie gleich Null ist. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="172"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 173 Ganz entsprechend kann man argumentieren, wenn x 0 Stelle eines Maximums von f ist. Es gilt also: Bei der Suche nach Extrema von f : ]a; b[→ R kann man sich auf die Nullstellen der Ableitungsfunktion f ′ beschränken. Beispiel 7.17 Die Funktion f : R → R , f(x) = x 2 − 4x + 5 hat die Ableitung f ′ (x) = 2x − 4. Einzige Nullstelle der Ableitung ist x = 2. Dass an dieser Stelle mit f(2) = 1 tatsächlich ein Minimum von f vorliegt, kann man anhand der Scheitelpunktform erkennen: x 2 − 4x + 5 = (x 2 − 4x + 4) + 1 = (x − 2) 2 + 1 ≥ 1 Der Wert 1 wird als kleinstmöglicher Funktionswert von f also für x = 2 „realisiert“. Gleich werden wir sehen, wie man dies auch ohne die Scheitelpunktform erkennen kann. Beachten Sie, dass in diesem Beispiel nur das Minimum der Funktion gefunden wurde. Ein Maximum hat die Funktion auf R nicht, da sie als nach oben geöffnete Parabel unbeschränkt große Funktionswerte annehmen kann. Wenn die Ableitung einer Funktion f mehrere Nullstellen hat, so ist in der Regel höchstens eine von diesen eine Minimalstelle bzw. eine Maximalstelle von f, während die übrigen nicht weiter berücksichtigt werden müssen. Hier ist dann ein Funktionswertvergleich oder die Prüfung anhand des Funktionsgraphen erforderlich: Beispiel 7.18 Die Funktion f : R → R , f(x) = x 4 − 3x 3 + 4x + 1 hat die Ableitung f ′ (x) = 4x 3 − 9x 2 + 4. Eine Nullstelle von f ′ ist x 1 = 2, die anderen erhält man, indem zunächst der lineare Faktor (x − 2) per Polynomdivision aus f ′ (x) abgespalten wird. Das ergibt f ′ (x) = (x − 2) ( 4x 2 − x − 2 ) . Der quadratische Restterm hat dann die Nullstellen x 2 = 1− √ 33 8 ≈ −0, 95 und x 3 = 1+ √ 33 8 ≈ 0, 84. Am Graphen von f in Abbildung 7.8 ist zu erkennen, dass das Minimum von f in x 1 angenommen wird. Ein Maximum hat die Funktion nicht, da sie „zu den Rändern hin“ beliebig groß wird. Im vorangegangenen Beispiel sind die beiden Nullstellen x 1 , x 3 keine Extrema. Wenn man sich aber auf ein hinreichend kleines Intervall um x 1 bzw. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="173"?> 174 7 Differentialrechnung Abbildung 7.8: Graph der Funktion aus Beispiel 7.18. x 3 beschränkt, so ist innerhalb dieses Intervalls x 3 ein Maximum und x 1 ein Minimum von f. Solche Extrema heißen lokale Extrema . Die zuvor behandelten Extrema werden zur besseren Abgrenzung von diesen lokalen Extrema auch globale Extrema bzw. absolute Extrema genannt. Mit den obigen Überlegungen zur Sekantensteigung ergibt sich nun der wichtige Satz: Satz 7.8 (Notwendige Bedingung für lokale Extrema) Es sei x 0 ∈]a; b[ lokales Extremum einer differenzierbaren Funktion f : ]a; b[→ R . Dann gilt f ′ (x 0 ) = 0. Die Eigenschaft f ′ (x) = 0 muss für ein lokales Extremum vorliegen, reicht aber zum Nachweis noch nicht aus. Schließlich bedeutet f ′ (x) = 0 nichts anderes, als dass die Tangente an den Graphen von f horizontal verläuft. Damit ist aber noch nicht unbedingt ein Extremwert gefunden, wie das folgende Beispiel verdeutlicht: Beispiel 7.19 Die Ableitung der Funktion f : R → R , f(x) = 3x 4 −20x 3 +48x 2 −48x+18 ist f ′ (x) = 12x 3 − 60x 2 + 96x − 48. Die Nullstellen der Ableitung sind (nach Division durch 12) Lösungen der Gleichung x 3 − 5x 2 + 8x − 4 = 0 ⇔ (x − 1)(x − 2) 2 = 0 Die Nullstelle x = 1 rät man, nach Polynomdivision durch (x − 1) bleibt das Polynom x 2 − 4x + 4 = (x − 2) 2 übrig, welches die Nullstelle x = 2 hat. Die Besonderheit dieses Beispiels ist, dass die Ableitung in x = 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="174"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 175 Abbildung 7.9: Graph der Funktion aus Beispiel 7.19 eine doppelte Nullstelle hat. Bei x = 2 handelt es sich hier nicht um ein Extremum, sondern um einen Sattelpunkt, d.h. eine Wendestelle mit horizontaler Tangente, vgl. auch Abbildung 7.9. Derartige Stellen werden wir später noch besprechen. Im Unterschied zur Extremstelle x = 1 sind die linksseitigen und die rechtsseiten Sekantensteigungen in x = 2 jeweils positiv. An dem vorangegangenen Beispiel können Sie erkennen, woran es liegen kann, dass eine Nullstelle der Ableitung nicht auch Extremum ist. Immer dann, wenn die Steigung der links- und rechtsseitige Sekanten zu einem Punkt (x 0 |f(x 0 )) mit Ableitung f ′ (x 0 ) = 0 durch Punkte (x|f(x)) „nahe“ x 0 durchweg positiv oder durchweg negativ ist, hat die Funktion in x 0 einen durchweg monotonen Verlauf; dann kann dort kein Extremum vorliegen. Wechselt umgekehrt aber das Monotonieverhalten von f in x 0 , dann muss die Funktion an der Stelle x 0 ein (lokales) Extremum haben. Daraus leitet sich das folgende hinreichende Kriterium für (lokale) Extrema ab: Satz 7.9 (Hinreichende Bedingungen für Extrema) Es sei f : D → R , differenzierbar, D =]a; b[ und x 0 ∈ D die einzige Nullstelle von f ′ in D . Dann gilt: [1] Wenn f ′ in x 0 einen Vorzeichenwechsel von − nach + hat, d.h. wenn f ′ (x 1 ) < 0 < f(x 2 ) für alle x 1 < x 0 < x 2 gilt, dann hat f in x 0 ein Minimum. [2] Wenn f ′ in x 0 einen Vorzeichenwechsel von + nach − hat, d.h. wenn f ′ (x 1 ) > 0 > f(x 2 ) für alle x 1 < x 0 < x 2 gilt, dann hat f in x 0 ein Maximum. Wenn f ′ mehrere Nullstellen hat, so prüft man das Vorzeichenverhalten von f ′ jeweils links und rechts von den Nullstellen und kann so zumindest auf lokale Extrema schließen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="175"?> 176 7 Differentialrechnung Beispiel 7.20 (Fortsetzung von Beispiel 7.19) Die Ableitung der Funktion f : R → R , f(x) = 3x 4 −20x 3 +48x 2 −48x+18 ist f ′ (x) = 12x 3 −60x 2 +96x−48 = 12(x−1)(x−2) 2 und hat das folgende Vorzeichenverhalten: Für x < 1 ist f ′ (x) < 0 (dafür ist der Faktor (x − 1) < 0 „zuständig“), Für 1 < x < 2 und x > 2 ist f ′ (x) > 0. In x = 1 liegt also ein Vorzeichenwechsel von f ′ von − nach + vor, in x = 2 liegt kein Vorzeichenwechsel vor. Daher hat f in x = 1 ein lokales Minimum, in x = 2 hingegen nicht. x = 1 ist sogar Stelle eines globalen Minimums, denn aufgrund des Vorzeichenverhaltens von f ′ ist f auf ] − ∞; 1] monoton fallend, auf [1; ∞[ hingegen monoton wachsend. Für x < 1 und für x > 1 gilt also f(x) ≥ f(1). 7.3.4 Ableitungen erster und zweiter Ordnung und lokale Extrema Mit Hilfe der zweiten Ableitung f ′′ (x) kann man die notwendigen Bedingung für lokale Extrema f ′ (x) = 0 so erweitern, dass sie eine hinreichende Bedingung für lokale Extrema ist: Satz 7.10 (Hinreichende Bedingungen für lokale Extrema) Es sei D =]a; b[ und f : D → R sei zweimal differenzierbar auf D . x 0 ∈ D sei eine Stelle mit folgenden Eigenschaften: [1] f ′ (x 0 ) = 0 [2] f ′′ (x 0 ) 6= 0 Dann hat f in x 0 ein lokales Extremum. Im Falle f ′′ (x 0 ) > 0 handelt es sich um ein lokales Minimum, bei f ′′ (x 0 ) < 0 um ein lokales Maximum. Man kann sich den Sachverhalt wie folgt verdeutlichen. In x 0 hat die Ableitung die Linearisierung f ′ (x) ≈ f ′ (x 0 ) + f ′′ (x 0 )(x − x 0 ) = f ′′ (x 0 )(x − x 0 ). Je nach Vorzeichen von f ′′ (x 0 ) liegt also in der Nähe von x 0 ein f ′ -Vorzeichenwechsel von − nach + oder von + nach − vor. In jedem Fall sind die Voraussetzungen für ein lokales Extremum erfüllt. Beispiel 7.21 Die Funktion f : ]1; ∞[→ R , f(x) = x 2 x−1 hat die Ableitungen f ′ (x) = 2x(x − 1) − x 2 (x − 1) 2 = x 2 − 2x (x − 1) 2 = x(x − 2) (x − 1) 2 f ′′ (x) = (2x − 2)(x − 1) 2 − 2x(x − 2)(x − 1) (x − 1) 4 = 2 (x − 1) 3 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="176"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 177 Abbildung 7.10: Graphen von Funktion f und Ableitungen f ′ , f ′′ in Beispiel 7.21 (links) und Beispiel 7.22 (rechts) In Abbildung 7.10, links, ist die Funktion mitsamt ihrer beiden Ableitungen skizziert. Notwendig für ein lokales Extremum ist f ′ (x) = 0 ⇔ x = 2 (die Nullstelle x = 0 des Zählerpolynoms von f liegt nicht im Definitionsbereich). Hinreichend für ein lokales Extremum ist, dass an der berechneten Stelle x = 2 die zweite Ableitung ungleich Null ist. Dies ist hier aber der Fall, es ist f ′′ (2) = 2 > 0. Es liegt also ein lokales Minimum vor. Beispiel 7.22 Die Funktion f : ]0; ∞[→ R , f(x) = x 3 −9x 2 +24x−16 x = x 2 − 9x + 24 − 16 x hat die Ableitungen f ′ (x) = 2x − 9 + 16 x 2 = 2x 3 − 9x 2 + 16 x 2 f ′′ (x) = 2 − 32 x 3 = 2x 3 − 32 x 3 In Abbildung 7.10, rechts, ist die Funktion mitsamt ihrer beiden Ableitungen skizziert. Notwendig für ein lokales Extremum ist f ′ (x) = 0. Durch Raten erhält man die Nullstelle x = 4 des Zählers, der sich durch Polynomdivision (Horner-Schema) wie folgt faktorisieren lässt: 2x 3 − 9x 2 + 16 = (x − 4)(2x 2 − x − 4) Damit erhält man eine weitere Nullstelle der ersten Ableitung durch Lösen der quadratischen Gleichung 2x 2 − x − 4 = 0 ⇔ x = 1 4 ± √ 33 16 = 1 √ 33 4 . Nur noch die positive Lösung 1+ √ 33 4 ≈ 1, 6861 liegt im Definitionsbereich. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="177"?> 178 7 Differentialrechnung Die beiden berechneten Punkte werden nun in die zweite Ableitung eingesetzt: f ′′ (4) = 2 · 4 3 − 32 4 3 = 3 2 > 0 f ′′ ( 1 4 + r 33 16 ) = 33 4 − 9√33 4 ≈ −4, 675 < 0 In x = 4 liegt also ein lokales Minimum der Funktion, in x = 1+ √ 33 4 ein lokales Maximum der Funktion vor. Ob ein lokales Extremum einer Funktion bereits ein globales Extremum ist, kann man im allgemeinen nur mit einer zusätzlichen Prüfung herausfinden, dem sogenannten Randwertvergleich . Wenn die Funktion auf einem Intervall erklärt ist, berechnet man hierzu die Funktionswerte an den Intervallrändern bzw. die Funktionsgrenzwerte an diesen Randpunkten, wenn sie nicht zum Intervall gehören. Abschließend wird mit den Funktionswerten zu den lokalen Extrema verglichen. Beispiel 7.23 Die Funktion f : ]1; ∞[→ R , f(x) = x 2 x−1 aus Beispiel 7.21 hat ein lokales Minimum in x = 2. Kleinere Funktionswerte können nur für x → 1 bzw. x → ∞ auftreten. Beide Funktionsgrenzwerte sind aber +∞. Daher hat f in x = 2 schon ein globales Minimum. Beispiel 7.24 Die Funktion f : ]0; ∞[→ R , f(x) = x 3 −9x 2 +24x−16 x = x 2 − 9x + 24 − 16 x aus Beispiel 7.22 hat in x = 4 ein lokales Minimum und in x = 1+ √ 33 4 ein lokales Maximum. Sie hat für x → 0 den Grenzwert −∞ und für x → ∞ den Grenzwert ∞. Also hat f weder ein globales Minimum noch ein globales Maximum. Wenn an einer Stelle x 0 sowohl die erste als auch die zweite Ableitung verschwindet, kann man noch keine Aussage über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Extremums machen. Beispiel 7.25 Die Funktion f(x) = x 3 − 3x 2 + 3x = (x − 1) 3 + 1 hat die Ableitungen f ′ (x) = 3x 2 − 6x + 3 = 3(x 2 − 2x + 1) = 3(x − 1) 2 und f ′′ (x) = 6x − 6 = 6(x− 1). In x = 1 liegt daher sowohl eine Nullstelle von f ′ als auch von f ′′ vor. Die Funktion hat an dieser Stelle kein Extremum, denn ihre zweite Ableitung ist überall ≥ 0, d.h. die Funktion ist monoton wachsend (sogar streng monoton wachsend). Der Graph von f ist in Abbildung 7.11, links, dargestellt. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="178"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 179 Abbildung 7.11: Beispiele für Funktionen mit f ′ (1) = f ′′ (1) = 0, links aus Beispiel 7.25 ohne Extremum, rechts aus Beispiel 7.26 mit Extremum in x = 1. Beispiel 7.26 Die Funktion f(x) = x 4 −4x 3 +6x 2 −4x = (x−1) 4 −1 hat die Ableitungen f ′ (x) = 4x 3 − 12x 2 + 12x − 4 = 4(x − 1) 3 und f ′′ (x) = 12x 2 − 24x + 12 = 12(x − 1) 2 . In x = 1 liegt daher sowohl eine Nullstelle von f ′ als auch von f ′′ vor. Die Funktion hat an dieser Stelle ein globales Minimum, wie man aus der Darstellung f(x) = (x − 1) 4 − 1 erkennt. Der Graph von f ist in Abbildung 7.11, rechts, dargestellt. 7.3.5 Ableitung zweiter Ordnung und Krümmungsverhalten Geht man bei einer zweimal differenzierbaren Funktion f : D → R mit D =]a; b[ von der ersten Ableitung f ′ zur zweiten Ableitung f ′′ über, so kann man mit dem Vorzeichenverhalten dieser Ableitung das Monotonieverhalten von f ′ genau so beschreiben, wie sich mit dem Vorzeichenverhalten von f ′ das Monotonieverhalten von f erfassen lässt. Welchen Nutzen kann es bringen, das Monotonieverhalten von f ′ zu beschreiben? Nehmen wir einmal an, die Ableitung f ′ einer Funktion f ist monoton steigend. Das bedeutet, dass die Steigung f ′ (x) der Funktion f mit zunehmendem x immer größer wird. Eine monoton wachsende Funktion verläuft dann mit zunehmendem x immer „steiler“ während eine monoton fallende Funktion mit zunehmendem x immer „flacher“ verläuft. Insgesamt hat eine Funktion f mit monoton steigender Ableitung f ′ einen linksgekrümmten Verlauf. Umgekehrt liegt bei einer monoton fallenden Ableitungsfunktion f ′ ein rechtsgekrümmter Funktionsverlauf von f vor. Wenn die Ableitungsfunktion aufeinander folgende „Monotonie-Intervalle“ hat, wechselt das Krümmungsverhalten von f also gemäß dieser Intervalle. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="179"?> 180 7 Differentialrechnung Insgesamt kann man daher mit der zweiten Ableitung f ′′ über die Monotonie von f ′ mittelbar die Bereiche von f identifizieren, in denen f konvex bzw. konkav ist. Genauer gilt: Satz 7.11 Es sei D =]a; b[ und f : ]a; b[→ R eine zweimal differenzierbare Funktion. Dann gilt: [1] Wenn f ′′ (x) ≥ 0 (bzw. 0) für alle x ∈ D , so ist f auf D konvex (bzw. konkav). [2] Wenn f ′′ (x) > 0 (bzw. < 0) für alle x ∈ D , so ist f auf D streng konvex (bzw. streng konkav). [3] Umkehrung: Wenn f auf D konvex (bzw. konkav) ist, so gilt f ′′ (x) ≥ 0 (bzw. 0) für alle x ∈ D . Beispiel 7.27 Die Funktion f : ]1; ∞[→ R , f(x) = x 2 x−1 aus Beispiel 7.21 vgl. S. 176 hat die zweite Ableitung f ′′ (x) = 2 (x−1) 3 . Für x > 1 ist die zweite Ableitung größer als Null, daher ist die Funktion auf ]1; ∞[ konvex. Dieses Krümmungsverhalten konnte man in Abbildung 7.10, links vgl. S. 177 bereits erkennen. Beispiel 7.28 Die Funktion f(x) = x 4 − 4x 3 + 6x 2 − 4x = (x − 1) 4 − 1 aus Beispiel 7.26 vgl. S. 179 hat die zweite Ableitung f ′′ (x) = 12x 2 − 24x + 12 = 12(x− 1) 2 ≥ 0. Die Funktion ist also konvex. Dieses Krümmungsverhalten konnte man auch schon in Abbildung 7.11, rechts vgl. S. 179 erkennen. Bei Funktionen, die ein einheitliches Krümmungsverhalten aufweisen, lässt sich das Vorliegen globaler Extrema viel einfacher nachweisen, denn sowohl die Prüfung der hinreichenden Bedingungen für lokale Extrema als auch der Randwertvergleich kann entfallen: Satz 7.12 Es sei f : ]a; b[→ R eine differenzierbare Funktion und x 0 ∈]a; b[ mit f ′ (x 0 ) = 0. Dann gilt: [1] Falls f konvex ist, so hat f in x 0 ein globales Minimum. [2] Falls f konkav ist, so hat f in x 0 ein globales Maximum. Die Prüfung des Krümmungsverhaltens erfolgt hier in aller Regel über die Untersuchung des Vorzeichenverhaltens der zweiten Ableitung. Beispiel 7.29 Die Funktionen in den Beispielen 7.21 vgl. S. 176 und 7.26 vgl. S. 179 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="180"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 181 Abbildung 7.12: Graphen von f, f ′ , f ′′ für die Funktion f(x) = e x x aus Beispiel 7.30 sind konvex und haben jeweils ein lokales Minimum. An dieser Stelle muss dann schon ein globales Minimum vorliegen. Beispiel 7.30 Die Funktion f : ]0; ∞[→ R , f(x) = e x x hat die Ableitungen f ′ (x) = e x x − e x x 2 = e x (x − 1) x 2 f ′′ (x) = (e x (x − 1) + e x )x 2 − e x (x − 1)2x x 4 = e x ((x − 1) 2 + 1) x 3 Hier ist f ′′ (x) ≥ 0 für alle x > 0, die Funktion f ist also auf ]0; ∞[ konvex. Eine Nullstelle der ersten Ableitung liegt für x = 1 vor. Die Funktion hat also in x = 1 ein globales Minimum. Für eine Funktion f mit nicht einheitlichem Vorzeichenverhalten ihrer zweiten Ableitung berechnet man nun die Nullstellen von f ′′ . Hierdurch wird der Definitionsbereich in Teilintervalle mit einheitlichem Vorzeichen von f ′′ aufgeteilt. Die Übergänge zwischen zwei derartigen Intervallen stellen den Wechsel von einer Linkszu einer Rechtskrümmung bzw. umgekehrt dar, man nennt sie Wendestellen . Satz 7.13 Sei f : ]a; b[→ R zweimal differenzierbar Funktion x 0 ∈]a; b[. Dann gilt: Wenn f ′′ (x 0 ) = 0 und f ′′ in x 0 einen Vorzeichenwechsel von + nach − (bzw. von − nach +) hat, so hat f in x 0 eine Wendestelle mit Wechsel von Linkszu Rechtskrümmung (bzw. von Rechtszu Linkskrümmung). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="181"?> 182 7 Differentialrechnung Statt des Vorzeichenwechsels von f ′′ kann man auch noch einmal weiter differenzieren und erhält folgendes Kriterium für Wendestellen: Satz 7.14 (Hinreichende Bedingungen für Wendestellen) Es sei f : D → R , D =]a; b[ eine dreimal differenzierbare Funktion. x 0 ∈ D sei eine Stelle mit [1] f ′′ (x 0 ) = 0 [2] f ′′′ (x 0 ) 6= 0 Dann hat f in x 0 eine Wendestelle. Die Bedingung f ′′ (x) = 0 stellt eine notwendige Bedingung für eine Wendestelle dar. Mit ihrer Hilfe werden zunächst die Kandidaten x 0 für eine Wendestelle ermittelt. Mit der dritten Ableitung werden diese Kandidaten dann auf ihr Wendestellenverhalten überprüft. Gilt f ′′ (x 0 ) = 0 und f ′′′ (x 0 ) > 0, so liegt eine Wendestelle mit Übergang von der Rechtszur Linkskrümmung vor. Gilt f ′′ (x 0 ) = 0 und f ′′′ (x 0 ) < 0, so liegt eine Wendestelle mit Übergang von der Linkszur Rechtskrümmung vor. Beispiel 7.31 In Beispiel 7.25 vgl. S. 178 wurde die Funktion f(x) = x 3 − 3x 2 + 3x = (x − 1) 3 + 1 auf Extrema untersucht. Hier prüfen wir die Funktion auf Wendestellen. Ihre erste und zweite Ableitung lauten (s.o.) f ′ (x) = 3x 2 − 6x + 3 = 3(x − 1) 2 f ′′ (x) = 6(x − 1) Ihre dritte Ableitung ist f ′′′ (x) = 6. Die zweite Ableitung hat eine Nullstelle in x = 1 mit Vorzeichenwechsel von − nach + bzw. mit dritter Ableitung f ′′ (1) = 6 > 0. Es liegt in x = 1 also eine Wendestelle mit Übergang von Rechtszu Linkskrümmung vor. Dies Verhalten ist auch schon in Abbildung 7.11, links, zu erkennen. Liegt in einem Punkt W (x 0 |f(x 0 )) einer differenzierbaren Funktion f eine Wendestelle vor, so nennt man die Tangente an den Graphen von f auch Wendetangente . Ein besonderer Spezialfall liegt dann vor, wenn diese Wendetangente die Steigung 0 hat, d.h. wenn bei einer zweimal differenzierbaren Funktion sowohl f ′′ (x 0 ) = 0 als auch f ′ (x 0 ) = 0 gilt. Einen solchen Punkt W nennt man dann Sattelpunkt von f (seltener ist die Bezeichung Terrassenpunkt). Beispiel 7.32 In Beispiel 7.19 vgl. S. 174 liegt an der Stelle x = 2 ein Sattelpunkt vor. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="182"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 183 7.3.6 Kurvendiskussionen und Funktionssteckbriefe Die bisher besprochenen Eigenschaften einer Funktion in Abhängigkeit von ihren Ableitungen werden u.a. im Rahmen der so genannten Kurvendiskussion eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine detaillierte Untersuchung des Verhaltens einer Funktion bzw. Funktionenschar, bei der typischerweise die folgenden Eigenschaften geprüft werden: 11-Punkte-Programm zur Kurvendiskussion Die Kurvendiskussion einer Funktion f besteht aus folgenden elf Schritten: [1] Bestimmung des Definitionsbereiches von f. [2] Untersuchung des Symmetrieverhaltens von f. [3] Berechnung der Ableitungen f ′ , f ′′ und ggf. f ′′′ . [4] Verhalten im Unendlichen/ an den Rändern des Definitionsbereiches : Ermittlung der uneigentlichen bzw. eigentlichen Grenzwerte am Rand des Definitionsbereiches vgl. S. 137 und ggf. der Asymptoten vgl. S. 139 von f, ggf. unter Verwendung der Regel von l'Hospital vgl. S. 154 . [5] Diskussion des Polstellenverhaltens von f vgl. S. 138f. , ggf. unter Verwendung der Regel von l'Hospital. [6] Berechnung der Nullstellen von f: unter Zuhilfenahme des Nullstellenverhaltens linearer, quadratischer und ganzrationaler Funktionen sowie spezieller Funktionen. [7] Nullstellen von f ′ und Monotonieverhalten von f. [8] Nullstellen von f ′′ und Krümmungsverhalten von f. [9] Lokale und globale Extrema von f: aus Nullstellen von f ′ , Vorzeichenverhalten von f ′′ (oder f ′ ) und Randverhalten bzw. dem Krümmungsverhalten von f. [10] Wendestellen von f: aus Nullstellen von f ′′ und Vorzeichenverhalten von f ′′′ (bzw. f ′′ ). [11] Skizze des Graphen unter Aufstellung einer repräsentativen Wertetabelle mit Nullstellen, Extremstellen und Wendestellen von f, ggf. unter Verwendung eines Funktionenplotters (z.B. DGS). Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="183"?> 184 7 Differentialrechnung Exemplarisch führen wir das 11-Punkte-Programm mit einer gebrochenrationalen Funktion aus. Bei diesen Funktionen sind oft besonders viele der Punkte genauer zu prüfen. Beispiel 7.33 Betrachtet wird die Funktion f(x) = x 3 +x 2 (1−2x) 2 . [1] Die Nullstelle 1 2 des Nenners ist einzige Definitionslücke. Der Definitionsbereich ist also D = R n { 1 2 } = {x ∈ R : x 6= 1 2 } (unter der Annahme, dass D so groß wie möglich zu wählen ist). [2] Symmetrieverhalten: Es ist zu prüfen, ob f eine gerade oder eine ungerade Funktion ist, d.h. ob f(x) = f(−x) für alle x ∈ D gilt oder ob f(−x) = −f(x) für alle x ∈ D gilt. Hierzu müsste aber schon mindestens gelten, dass zu x ∈ D auch −x ∈ D gilt. Das ist aber für x = − 1 2 nicht der Fall, d.h. f kann keine gerade oder ungerade Funktion sein. [3] Die Funktion hat die Ableitungen f ′ (x) = −2x 3 +3x 2 +2x (1−2x) 3 f ′′ (x) = 14x+2 (1−2x) 4 f ′′′ (x) = 84x+30 (1−2x) 5 [4] Verhalten im Unendlichen: Zähler und Nenner sind Polynome vom Grad 3 bzw. 2 mit positivem Leitkoeffizient. Die Grenzwerte lauten also auch hier lim x→∞ f(x) = +∞ und lim x→−∞ f(x) = −∞. Aufgrund des Gradunterschiedes hat f eine lineare Asymptote, die man durch Polynomdivision gewinnt: ( x 3 +x 2 ) : (4x 2 − 4x + 1) = 1 4 x+ 1 2 −( x 3 −x 2 + 1 4 x) ( 2x 2 − 1 4 x) −( 2x 2 −2 + 1 2 ) 7 4 x − 1 2 [5] Polstellenverhalten: Das Nennerpolynom q(x) = (1 − 2x) 2 = 4(x − 1 2 ) 2 hat eine doppelte Nullstelle in x = 1 2 . Diese ist keine Nullstelle des Zählerpolynoms. Also liegt in x = 1 2 eine Polstelle ohne Vorzeichenwechsel vor. Der Funktionsgrenzwert für x → 1 2 ist dann +∞, denn in der Polstelle x = 1 2 ist das Zählerpolynom positiv. [6] Die Nullstellen von f sind genau die Nullstellen des Zählerpolynoms p(x) = x 3 + x 2 = x 2 (x + 1), also hat f die Nullstellen x = 0 und x = 1. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="184"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 185 [7] Die Nullstellen von f ′ (x) sind genau die Nullstellen des Zählerpolynoms: −2x 3 + 3x 2 + 2x = 0 ⇔ (−2x 2 + 3x + 2)x = 0 ⇔ x = 0 oder x 2 − 3 2 x − 1 = 0. Hierzu findet man zwei weitere Nullstellen, nämlich x = 2 und x = − 1 2 . Das Vorzeichenverhalten von f ′ (x) = (x−2)x(2x+1) (2x−1) 3 ist daher auf folgenden Teilintervallen einheitlich: auf ] − ∞; − 1 2 [ ist f ′ (x) > 0 auf ] − 1 2 ; 0[ ist f ′ (x) < 0 auf ]0; 1 2 [ ist f ′ (x) > 0 auf ] 1 2 ; 2[ ist f ′ (x) < 0 auf ]2; ∞[ ist f ′ (x) > 0 Die Funktion ist daher auf ] − ∞; 1 2 ], auf [0; 1 2 [ und auf [2; ∞[ (streng) monoton wachsend und auf [− 1 2 ; 0] und ] 1 2 ; 2] (streng) monoton fallend (die Monotonie überträgt sich jeweils auf die Intervallgrenzen im Definitionsbereich). [8] Einzige Nullstelle von f ′′ (x) = 14x+2 (1−2x) 4 ist x = − 1 7 . Für x > − 1 7 ist f ′′ (x) > 0, für x < − 1 7 ist f ′′ (x) < 0. Die Funktion ist also auf ] − ∞; − 1 7 ] konkav (rechtsgekrümmt), auf [− 1 7 ; 1 2 [ und ] 1 2 ; ∞[ ist sie konvex (linksgekrümmt). [9] Extrema: Aus den bisherigen Überlegungen lässt sich ohne weitere Rechnung folgern, dass f in x = − 1 2 ein lokales Maximum und in x = 0 und x = 2 ein lokales Minimum hat. Globale Extrema hat die Funktion nicht, diese kann man aufgrund der Grenzwerte für x → ±∞ ausschließen. [10] Wendestellen: Die bisherigen Überlegungen zeigen außerdem, dass f in x = − 1 7 eine Wendestelle mit Übergang von Rechtszu Linkskrümmung hat. [11] Nachfolgend ist eine Wertetabelle für f angegeben: x −3 −2 −1 − 1 2 − 1 7 0 1 3 2 3 4 f(x) −0, 37 −0, 16 0 0, 03 0, 01 0 2, 00 1, 41 1, 44 1, 63 Der Graph von f findet sich in Abbildung 7.13. Den oben dargestellten Ablauf kann man natürlich auch in Teilen umstellen: so ist es ohne weiteres möglich, die Bestimmung von lokalen Extrema (bzw. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="185"?> 186 7 Differentialrechnung Abbildung 7.13: Graph und Wertetabelle der Funktion aus Beispiel 7.33 von Wendestellen) vor der Untersuchung des Monotonieverhaltens (bzw. des Krümmungsverhaltens) durchzuführen. Das Verhalten der Funktion im Unendlichen hingegen sollte vor der Untersuchung auf globale Extrema erfolgen, weil man es beim Übergang von lokalen zu globalen Extrema im Randwertvergleich benötigt. Während bei einer Kurvendiskussion zu einem vorgegebenen Funktionsterm der Verlauf des zugehörigen Graphen anhand von Charakteristika wie z.B. ausgezeichneter Punkte, Extrem- und Wendestellen ermittelt wird, stellt umgekehrt ein Funktionssteckbrief diese Charakteristika zur Verfügung, um hieraus die Funktionsgleichung zu bestimmen. In der Regel setzt man dabei voraus, dass die gesuchte Funktion ganzrational ist. Auch hier gibt es eine „Standard“-Vorgehensweise: 5-Punkte-Programm zu Steckbriefproblemen Die Bestimmung von f zu einem Steckbrief besteht aus folgenden Schritten: [1] Aufstellen des allgemeinen Funktionsterms und Bestimmung der Ableitungen. [2] Umsetzen der Informationen in Aussagen über f, f ′ und f ′′ , die sich als Gleichungen schreiben lassen. [3] Übertragung der gewonnenen Aussagen in ein System von (linearen) Gleichungen in den unbekannten Funktionsparametern. [4] Lösen des Gleichungssystems. [5] Aufstellen des Funktionsterms und Prüfung, ob die Steckbriefvorgaben erfüllt werden. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="186"?> 7.3 Ableitung und Funktionseigenschaften 187 Die Prüfung im letzten Schritt des 5-Punkte-Programms ist nötig, weil von den Steckbriefeigenschaften in aller Regel nur die notwendigen Bedingungen in Gleichungen umgesetzt werden. Der gefundene Funktionsterm besagt nur, wie die Funktion aussehen muss, damit sie den Steckbrief erfüllt, nicht aber, dass es eine Funktion mit den vorgegebenen Eigenschaften tatsächlich gibt. Beispiel 7.34 Von einer ganzrationalen Funktion f vierten Grades sei bekannt: [1] Der Graph von f hat einen Sattelpunkt in S(0| 4 3 ). [2] Die Wendetangente von f in x = − 4 3 verläuft senkrecht zur Gerade y = − 27 32 x. Wir beginnen mit einer ganzrationalen Funktion f vierten Grades und deren Ableitungen f ′ , f ′′ . Mit Kurvenparametern a, b, c, d, e ∈ R gilt f(x) = ax 4 + bx 3 + cx 2 + dx + e f ′ (x) = 4ax 3 + 3bx 2 + 2cx + d f ′′ (x) = 12ax 2 + 6bx + 2c Folgende Aussagen über f, f ′ , f ′′ kann man aus dem Steckbrief ablesen (auf der rechten Seite stehen die zugehörigen Gleichungen in a, b, c, d, e): [1] f(0) = 4 3 [2] f ′ (0) = 0 [3] f ′′ (0) = 0 [4] f ′′ (− 4 3 ) = 0 [5] f ′ (− 4 3 ) = 32 27 e = 4 3 d = 0 c = 0 12a · (− 4 3 ) 2 + 6b · (− 4 3 ) = 0 4a · (− 4 3 ) 3 + 3b · (− 4 3 ) 2 + 2c · (− 4 3 ) = 32 27 Es ergibt c = d = 0, e = 4 3 und das folgende System linearer Gleichungen 64 3 a − 8b= 0 − 256 27 a + 16 3 b= 32 27 ) ⇔ { b= 8 3 a b= 2 9 + 16 9 a ) ⇔ { b= 8 3 a 4 3 a= 2 9 ) ⇔ { b= 8 3 a 8 9 a= 2 9 Lösung ist a = 1 4 , b = 2 3 . Die gesuchte Funktion ist f(x) = 1 4 x 4 + 2 4 x 3 + 4 3 . Abschließend werden noch die Steckbriefvorgaben geprüft: Es ist f ′ (x) = x 3 + 2x 2 , f ′′ (x) = 3x 2 + 4x, f ′′′ (x) = 6x + 4. [1] Sattelpunkteigenschaft in x = 0: f ′ (0) = f ′′ (x) = 0, f ′′′ (0) = 4 6= 0. Es liegt ein Sattelpunkt in x = 0 vor. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="187"?> 188 7 Differentialrechnung [2] Wendepunkteigenschaft in x = − 4 3 : f ′′ (− 4 3 ) = 3 · (− 4 3 ) 2 + 4 · (− 4 3 ) = 0, f ′′′ (− 4 3 ) = 6 · (− 4 3 ) + 4 = −4 6= 0. Es liegt ein Wendepunkt in x = − 4 3 vor. Übungen zu Abschnitt 7.3 14. Berechnen Sie mit dem Newton-Verfahren einen rationalen Näherungswert für √2 (beginnen Sie mit x 1 = 2). Vergleichen Sie mit dem Intervallhalbierungsverfahren vgl. S. 131 und der Regula falsi vgl. S. 147 . 15. Führen Sie zur Funktion f(x) = −2x 3 + 3x 2 − x eine Kurvendiskussion nach dem 11-Punkte-Programm durch. 16. Führen Sie zur Funktion f(x) = e −x 2 eine Kurvendiskussion nach dem 11-Punkte-Programm durch. 17. Führen Sie zur Funktion f(x) = ln(x) x eine Kurvendiskussion nach dem 11-Punkte-Programm durch. 18. Führen Sie zur Funktion f a (x) = ae x 1+ae x , a > 0, eine Kurvendiskussion nach dem 11-Punkte-Programm durch. 19. Führen Sie zur Funktion f a (x) = x 3 +x 2 (x−a) 2 , a ∈ R , eine Kurvendiskussion nach dem 11-Punkte-Programm durch. 20. Eine ganzrationale Funktion dritten Grades ist punktsymmetrisch und verläuft durch P (1|−1). In x = 2 hat die Funktion ein Extremum. Berechnen Sie die Funktion. 21. Der Graph einer ganzrationalen Funktion vierten Grades berührt die Abszisse in x = 2, hat in x = 0 den lokal maximalen Anstieg 1 und in x = 3 2 eine Wendestelle. Wie lautet der Funktionsterm? 22. In Kapitel 4.2, Aufgabe 6 vgl. S. 75 wurde die Eigenschaft der Punkt- und Achsensymmetrie einer Funktion geklärt. Überlegen Sie sich ausgehend von diesen Begriffen, welche der nachfolgenden Aussagen richtig sind (Begründung oder Gegenbeispiel): a) Eine differenzierbare Funktion f : R → R ist genau dann gerade (ungerade), wenn ihre Ableitungsfunktion ungerade (gerade) ist. b) Jede ganzrationale Funktion dritten Grades ist punktsymmetrisch zu ihrem Wendepunkt. c) Jede ganzrationale Funktion vierten Grades ist achsensymmetrisch zu einem ihrer Extrempunkte. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="188"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 189 23. Es sei f : D →]0; ∞[ eine differenzierbare Funktion. Unter der logarithmischen Ableitung von f versteht man die Ableitung der Funktion h(x) = ln(f(x)). a) Stellen Sie eine allgemeine Regel für die Berechnung der logarithmischen Ableitung auf. b) Begründen Sie: Die logarithmische Ableitung eines Produktes von Funktionen f,g ist Summe der logarithmischen Ableitungen von f und g. c) Zeigen Sie: Ist f zweimal differenzierbar, dann stimmen in einem Wendepunkt von h(x) = ln(f(x)) die logarithmischen Ableitungen von f und von f ′ überein. 7.4 Ökonomische Anwendungen der Di f erentialrechnung Bisher haben wir die Grundlagen der Differentialrechnung so dargestellt, wie sie in allen quantitativen Wissenschaften benötigt werden. In den Wirtschaftswissenschaften spielt die Ableitung vor allem im Zusammenhang mit Fragestellungen rund um bilanzierbare ökonomische Größen wie Kosten, Umsatz und Gewinn eine Rolle. Man verwendet hier allerdings oftmals fachspezifische Synonyme: die Ableitungsfunktion einer ökonomischen Funktion wird nämlich durch Vorschaltung des Präfix „Grenz-“ bzw. des Adjektivs „marginal“ vor den (sachlogischen) Funktionstyp bezeichnet. Beispielsweise wird die Ableitung(sfunktion) einer Produktionsfunktion auch Grenzproduktivität genannt. versteht man unter den Grenzkosten die Ableitung(sfunktion) einer Kostenfunktion. Im linearen Fall sind das dann die variablen Stück- Kosten. bezeichnet man mit dem marginalen Gewinn die Ableitung(sfunktion) einer Gewinnfunktion. Die Verwendung der Ableitung in der Ökonomie erfolgt immer dann, wenn das „momentane“ Änderungsverhalten einer ökonomischen Größe y = f(x) in Abhängigkeit vom Änderungsverhalten einer weiteren Größe x erfasst werden soll. Konkrete Anwendungsgebiete sind: die Marginalanalyse: dabei handelt es sich um die Kurvendiskussion einer gegebenen ökonomischen Funktion mit anschließender ökonomischer Wertung. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="189"?> 190 7 Differentialrechnung Optimierungsaufgaben: dies können explizite ökonomische Aufgaben sein, bei denen Extremwerte ökonomischer Funktionen (z.B. Gewinnfunktionen oder Kostenfunktionen) ermittelt werden oder auch implizit auftreten, wenn etwa im Rahmen der Statistik Methoden der Differentialrechnung zum Einsatz kommen (z.B. in der Regressionsrechnung). Zudem wird die Ableitung zur Festlegung einer einheitenunabhängigen Änderungsrate, der so genannten Elastizität, verwendet. Wir werden in diesem Abschnitt ausführliche Beispielsituationen für die Anwendung der Ableitung in der Ökonomie besprechen. Mit der Wohlfahrtsrechnung wird dann im letzten Kapitel noch eine abschließende Anwendung der Ableitung im Rahmen der Integralrechnung dargestellt werden. 7.4.1 Optimaler Preis Folgendes Beispiel aus der Erfahrungswelt „Schule“ vereinfacht komplexe Modellierungsansätze, liefert aber dennoch schon sehr realistische Ergebnisse und soll Sie mit einigen ökonomischen Begri ichkeiten vertraut machen: Im Stellenmarkt einer westfälischen Lokalzeitung findet sich die folgende Anzeige: Werseschule sucht engagierte Person für selbstständigen Verkauf von Pausenbrötchen; Verkaufsraum vorhanden, Tel.: 02382/ . . . Frau W. interessiert sich für diese Tätigkeit. Sie bespricht die finanziellen Aspekte mit dem Schulleiter, der ihr mitteilt, dass der Schulträger für die Nutzung des Verkaufsraumes eine Miete von 15 e je Verkaufstag erhebt. Frau W. überlegt, welche weiteren Kosten mit der Zubereitung von Pausenbrötchen verbunden sind. Spontan geht sie von 0,25 e je Brötchen zuzüglich 0,35 e für den Belag, also einem Selbstkostenpreis von 0,60 e aus. Andererseits meint der Schulleiter, dass für ein belegtes Brötchen in der Schule nicht mehr als 1,60 e verlangt werden kann, da sich sonst sogar die Lehrer aus der nächstgelegenen Bäckerei versorgen. Frau W. vermutet, dass sie während des laufenden Schulbetriebs nicht mehr als 200 Brötchen pro Tag belegen kann. Sie geht davon aus, dass diese zum Selbstkostenpreis vollständig verkauft werden können. Frau W. fragt sich nun, ob sie mit dem Brötchenverkauf an der Werseschule einen Gewinn erzielen kann und wie hoch dieser maximal ist. Aus ihren Anfangsüberlegungen wird ihr schnell klar, dass sie durch die Preisgestaltung maßgeblichen Einfluss auf den Gewinn haben wird. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="190"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 191 Gewinn G(p) = E(p) − K(p) =maximal? 1 Erlös E(p) = pf(p) h − P P P P P Pi Kosten K(p) * Preis p h H H H HY Absatz f(p) Abbildung 7.14: Schmematischer Zusammenhang zwischen Preis, Nachfrage, Kosten, Erlös und Gewinn im Brötchenbeispiel. Aus mathematischer Sicht ist es hier erforderlich, den Gewinn als Funktion des Brötchenpreises p darzustellen. Wie aber ermittelt man den Gewinn? Allgemein berechnet sich der Gewinn einer Unternehmung als Differenz von Erlös und Kosten. Wenn hierbei fixe Kosten nicht berücksichtigt werden, so spricht man statt vom Gewinn auch vom Deckungsbeitrag . Der Erlös aus dem Verkauf eines Produktes errechnet sich aus der verkauften Menge mal dem Stückpreis. Wieviel von einem Produkt verkauft wird, hängt schließlich vom Preis des Produktes ab. Wenn man in der vorliegenden Situation davon ausgeht, dass alle zubereiteten Brötchen verkauft werden, hängen auch die gesamten Herstellungskosten von der verkauften Menge und damit mittelbar vom Preis der Brötchen ab. Alle ökonomischen Größen im Problem, d.h. Absatzmenge, Erlös, Kosten und Gewinn werden daher als Funktionen des Preise p modelliert. Schematisch lässt sich der Zusammenhang wie in Abbildung 7.14 darstellen. Alle Bestimmungsgrößen benötigen die Modellierung des Absatzes als Funktion des Preises p, der sich per Annahme im ökonomisch relevanten Definitionsbereich [0, 6 ; 1, 6] bewegen darf. Zwei vorliegende Bedingungen lassen eine Modellierung als lineare Funktion f(p) = ap + b zu: Zum Selbstkostenpreis 0,60 e werden alle Brötchen, die Frau W. herstellen kann, verkauft: f(0, 6) = 200. Bei einem Preis von 1,60 e werden keine Brötchen verkauft: f(1, 6) = 0. Dieser Steckbrief ergibt die lineare Funktion f(p) = 320 − 200p. Der Erlös zum Preis p beträgt dann E(p) = pf(p) = 320p − 200p 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="191"?> 192 7 Differentialrechnung Abbildung 7.15: Graphen von Gewinnfunktion, Erlösfunktion und Kostenfunktion im Beispiel „Brötchenverkauf“ Mit dem Verkauf und der Herstellung der Brötchen verbundene Kosten sind daher unter Berücksichtigung der Raumnutzungsgebühr und der Selbstkosten eines Brötchens K(p) = 0, 6(320 − 200p) + 15 = 207 − 120p Damit ist der Gewinn G(p) = E(p) − K(p) = −200p 2 + 440p − 207 Alle Größen sind nun Funktionen des Preises p. Gewinn-, Erlös- und Kostenfunktion sind in Abbildung 7.15 skizziert. Durch Berechnung der Nullstellen der Gewinnfunktion G kann Frau W. sich zunächst die sogenannte Gewinnzone veranschaulichen, d.h. denjenigen Preisbereich, für den der Erlös E(p) die Kosten K(p) deckt. Die Gleichung G(p) = 0 liefert (näherungsweise) die Gewinnschwelle p ≈ 0, 68 und die Gewinngrenze p ≈ 1, 52, also die Gewinnzone [0, 68 ; 1, 52] Durch Ableiten der Gewinnparabel erhält man den Grenzgewinn G ′ (p) = −400p + 440. Die Nullstelle von G ′ (p) ist p = 1, 1. Die Gewinnparabel ist nach unten geöffnet, daher liegt für p = 1, 1 ein globales Gewinnmaximum vor. Der Maximalwert ist G(1, 1) = 35. Frau W. kann also bei einem Preis von 1,10 e je Brötchen einen maximalen Gewinn von 35 e pro Tag erzielen. Dabei verkauft sie f(1, 1) = 100 Brötchen am Tag. Pro Brötchen verdient Frau W. dann 0,35 e . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="192"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 193 In diesem Beispiel wurden alle wichtigen Größen als Funktionen des Preises modelliert, weil der Preis für Frau W. die einzige entscheidungsrelevante Größe darstellt. Zwar könnte man im Modellansatz auch alle Größen über die nachgefragte/ abgesetzte Menge darstellen; inhaltlich wäre dies aber so zu interpretieren, dass Frau W. eine bestimmte Anzahl Brötchen belegt und auf Preisgebote der Schüler wartet. Im folgenden Beispiel wird es wieder um eine Gewinnmaximierung gehen, jedoch werden die Funktionen dann, wie es in den Wirtschaftswissenschaften eher üblich ist, wenn die produzierte Menge x bereits im Vorfeld festgelegt wird, genau von dieser Variable x abhängen. Um keine sprachliche Verwirrung zu erzeugen, haben wir daher im Brötchen-Beispiel auch als Funktionsargument nicht x, sondern p gewählt. 7.4.2 Gewinnmaximierung Wir betrachten noch einmal das Beispiel der Gewinnmaximierung in der Regalproduktion des Möbelherstellers Ikebau vgl. S. 60 . Dabei wurde für einen Absatzbereich und damit gleichzeitig Produktionsbereich von 0 bis 2000 Regalen eine quadratische Nachfragefunktion durch die Punkte P (0|160) und Q(2000|30) von der Form x 7→ p(x) = 0, 0000325(x − 2000) 2 + 30 = 0, 0000325x 2 − 0, 13x + 160 bestimmt. Zur Erinnerung: der erste der beiden Punkte entspricht der Annahme eines Prohibitivpreises in Höhe von 160 e (d.h. oberhalb dieses Preises wird kein Absatz erzielt), der zweite dieser Punkte wurde als Scheitelpunkt der Parabel angesetzt und stellte die Produktionskapazität von 2000 Einheiten dar, die beim Preis x = 30 e , welcher den variablen Herstellungskosten entspricht, vollständig abgesetzt werden kann. Die gesamten Herstellungskosten inklusive Fixkosten für die Herstellung von x Regalen werden über die Kostenfunktion x 7→ K(x) = 30x + 1000 angesetzt. Mit diesen Bestimmungsstücken erzielt Ikebau bei Absatz von x produzierten Regalen den folgenden Gewinn G(x) = xP (x) − K(x) = 0, 0000325x 3 − 0, 13x 2 + 130x − 1000 = 130 2000 2 x 3 − 13 100 x 2 + 130x − 1000 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="193"?> 194 7 Differentialrechnung Abbildung 7.16: Graph der Gewinnfunktion im Regalbau-Beispiel bei Annahme der Nachfragefunktion p(x) = 0, 0000325x 2 − 0, 13x + 160 Für eine erste Orientierung wird der Graph der Gewinnfunktion skizziert. vgl. Abbildung 7.16 Wir wollen im folgenden zwei Fragen beantworten: [1] Wo liegt die Gewinnzone der Produktion, d.h. für welche (ganzzahligen) x ∈ [0; 2000] gilt G(x) > 0? Eine erste Prüfung über den Funktionsgraphen deutet an, dass Produktionszahlen etwa im Bereich knapp oberhalb von Null bis knapp unter 1800 zu einem positiven Gewinn führen. [2] Für welche Produktionsmenge x wird der Gewinn maximal? Der Funktionsgraph suggeriert hier eine Produktionszahl zwischen 600 und 800 Regalen. Beide Fragestellungen sollen nun exakt mit Hilfe der ersten und zweiten Ableitung der Gewinnfunktion beantwortet werden: G ′ (x) = 0, 0000975x 2 − 0, 26x + 130 = 390 2000 2 x 2 − 26 100 x + 130 G ′′ (x) = 780 2000 2 x − 26 100 Wir bestimmen zunächst die Gewinnzone. Hierzu werden die Nullstellen der Gewinnfunktion bestimmt. Zwischen je zwei Nullstellen hat die Funktion ein einheitliches Vorzeichenverhalten, daher kann man durch Probewerte aus den Intervallen zwischen zwei Nullstellen auf das Vorzeichenverhalten schließen. Weil es sich bei der Funktion um ein Polynom dritten Grades handelt, kann sie höchstens drei Nullstellen haben; diese kann man hier aber nicht erraten, sondern es kommt nur eine numerische Nullstellensuche in Frage. Hierzu wird das Newton-Verfahren angewendet, d.h. mit geeigneten Startwerten x 0 die rekursiv erklärte Folge x n = x n−1 − G(x n−1 ) G 0 (x n−1 ) bestimmt. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="194"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 195 x G(x) G ′ (x) x − G(x) G 0 (x) 0 −1000 130 7, 6923 7, 6923 −7, 6775 128, 006 7, 7523 7, 7523 −0, 0005 127, 99 7, 7523 7, 7523 0 127, 99 7, 7523 x G(x) G ′ (x) x − G(x) G 0 (x) 1800 1340 −22, 1 1860, 63 1860, 63 174, 522 −16, 2239 1871, 39 1871, 39 5, 9896 −15, 1065 1871, 79 1871, 79 0, 0082 −15, 0649 1871, 79 Tabelle 7.2: Newton-Verfahren zur Nullstellenannäherung für die Funktion G(x) = 0, 0000325x 3 − 0, 13x 2 + 130x − 1000 Anhand der Skizze des Funktionsgraphen bieten sich als Startwerte der Näherung beispielsweise 0, 1800 und 2100 an - der letztgenannte Wert führt aber nicht zu einer Nullstelle im ökonomischen Definitionsbereich). Die entsprechenden Iterationen für die Startwerte 0 und 1800 finden Sie in Tabelle 7.2. Die Näherungswerte stabilisieren sich schon nach vier Schritten; der Abgleich mit dem Funktionsgraphen zeigt das Intervall [7, 7523 ; 1871, 79] als Gewinnzone. Da nur ganzzahlige Werte für x einen Sinn ergeben, wird die Gewinnzone der Produktion durch das Intervall [8; 1871] gegeben. Als nächstes soll untersucht werden, für welche Anzahl produzierter (und abgesetzter) Regale der Gewinn maximal wird. Hierzu gehen Sie wie folgt vor: [1] Lösen Sie die Gleichung G ′ (x) = 0 in ]0; 2000[ (notwendige Bedingung für ein lokales Extremum, Berechnung eines kritischen Punktes). [2] Prüfen Sie, ob für den kritischen Punkt, den Sie gerade berechnet haben, die hinreichende Bedingung G ′′ (x) < 0 erfüllt ist. Dann wissen Sie zumindest, dass Sie ein lokales Gewinn-Maximum gefunden haben. [3] Vergleichen Sie den Gewinn an der berechneten Stelle mit den Gewinnen G(0) = G(2000) = −1000 (Randwertvergleich). Ist der Gewinn im lokalen Maximum größer als −1000, so liegt ein globales Gewinnmaximum vor. Kritische Punkte berechnen sich als Lösungen einer quadratischen Gleichung, die in ]0; 2000[ liegen, wie folgt: G ′ (x) = 0 ⇔ 390 2000 2 x 2 − 26 100 x + 130 = 0 ⇔ x 2 − 8000 3 x + 2000 2 3 = 0 ⇔ x = 4000 3 ± r 4000 2 9 − 2000 2 3 = 4000 3 ± 2000 3 Die beiden Nullstellen sind also x = 2000 3 und x = 2000. Letztere liegt am Rand des Definitionsbereiches und kann, da sowieso noch der Randwertvergleich erfolgt, zunächst ignoriert werden. Der einzige „innere“ kritische Punkt des Definitionsbereiches wird durch x = 2000 3 = 666, 6 gegeben. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="195"?> 196 7 Differentialrechnung Die Prüfung auf lokales Maximum erfolgt durch Berechnung der zweiten Ableitung: G ′ ( 2000 3 ) = 780 2000 2 2000 3 − 26 100 = − 13 100 < 0 Es liegt also in x = 2000 3 ein lokales Gewinnmaximum vor. Weil der berechnete Wert in der Gewinnzone liegt, ist klar, dass G( 2000 3 ) ≥ 0, während die Randpunkte jeweils den Gewinn (Verlust) −1000 erbringen. Also liegt in x = 2000 3 auch ein globales Gewinnmaximum auf [0; 2000] vor. Sie könnten bei der Prüfung auf lokales und globales Maximum auch einfacher argumentieren, indem Sie die erste Ableitung G ′ (x) im ökonomischen Definitionsbereich [0; 2000] untersuchen. Diese hat in x = 2000 3 einen Vorzeichenwechsel von + nach −, und das ist der einzige Vorzeichenwechsel in [0; 2000]. G ist also „links von“ 2000 3 monoton wachsend und „rechts von“ 2000 3 monoton fallend. Dann muss G in 2000 3 ein globales Maximum haben. Es bleibt der „Makel“, dass die berechnete gewinnmaximale Stelle 2000 3 nicht ganzzahlig ist. Aufgrund des Monotonieverhaltens von G kommen dann nur die beiden nächst 2000 3 gelegenen ganzzahligen Werte 666 und 667 in Frage. Wegen G(666) = 38418, 4896 G(667) = 38418, 5113 ergibt sich der maximale Gewinn bei der Produktion und dem Absatz von 667 Regalen. 7.4.3 Elastizitäten Ergebnisse ökonomischer Analysen sind oft für viele verschiedene Adressaten zu ermitteln und aufzubereiten. Wenn die untersuchten Variablen monetärer Art sind oder metrische Werte erfassen, so muss man bei dieser Aufbereitung besondere Sorgfalt walten lassen. Elastizitäten sind hierbei ein Hilfsmittel, mit dem man Konvertierungsaufwand zwischen Währungen oder metrischen Einheiten vermeidet, indem nur noch mit Prozentzahlen gearbeitet wird. Wir wollen diese Problematik an einem Beispiel erläutern: Ein Unternehmen der chemischen Industrie hat einen seiner wichtigsten Rohstoffe in einem Lager in der Nähe von Ludwigshafen verfügbar. Es sei angenommen, dass sich die durchschnittlichen jährlichen Lagerhaltungskosten je eingelagerter Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="196"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 197 Tonne des Rohstoffes in Abhängigkeit von der eingelagerten Menge x (in Tonnen) in der Form k(x) = 10800 x + 3x + 5 darstellen lassen (zur Erläuterung des Funktionstyps vgl. Abschnitt 7.4.4). Die momentan eingelagerte Menge des Rohstoffes beträgt 100 Tonnen. Bei dieser Lagermenge betragen die jährlichen durchschnittlichen Kosten je eingelagerter Tonne 413 e . Die Grenzlagerkosten ergeben sich als k ′ (x) = 3 − 10800 x 2 Bei der betrachteten Lagermenge gilt k ′ (100) = 1, 92. Das bedeutet beispielsweise, dass bei einer Verringerung der Lagermenge um 1, 5 Tonnen die durchschnittlichen Lagerkosten um etwa 1, 92 · 1, 5 = 2, 88 e sinken. Das chemische Unternehmen gehört zu einem international aufgestellten Konzern mit Sitz in den USA. Es wird überlegt, in Ergänzung des europäischen Lagers für den US-amerikanischen Markt ein zusätzliches Lager im Osten der USA zu errichten. Für die Planungssitzung der amerikanischen Konzernleitung sollen die oben angegebenen Zahlen bezüglich der Lagerhaltungskosten aufbereitet werden. Die Konzernleitung benötigt die Informationen in Einheiten, welche in den USA gebräuchlich sind: die Kosten(änderungen) müssen also in US-Dollar - unter Berücksichtigung eines aktuellen Wechselkurses (12.7.2011) von w = 1, 40 US- Dollar/ e dargestellt werden, die eingelagerte Menge wird in „long tons“ (l.tn) angegeben, dabei entspricht eine Tonne unserer Gewichtsrechnung g = 0, 984206 long tons britischer und US-amerikanischer Gewichtsrechnung. Die Kostenfunktion des europäischen Lagers kann jetzt in diese Einheiten übertragen werden, sie lautet, wenn x die eingelagerte Menge in l.tn angibt, k 1 (x) = w · k( x g ) = w( 10800g x + 3 g x + 5) ≈ 7592,446 x + 4, 2674x + 7 Dabei entsprechen die derzeit eingelagerten 100 Tonnen 98, 4206 l.tn, die Kosten betragen 578, 20 US-Dollar. Die Grenzkosten betragen jetzt nach der Kettenregel k ′ 1 (x) = w g k ′ ( x g ) ≈ 4, 2674 − 7592,446 x 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="197"?> 198 7 Differentialrechnung Verringert man die aktuell eingelagerte Menge um 1, 5 Tonnen bzw. 0, 984206· 1, 5 = 1, 476309 l.tn, so verringern sich die Lagerkosten um näherungsweise 4, 032 US-Dollar. Allerdings wird man in den USA eine Darstellung des Änderungsverhaltens bevorzugen, bei der eine Änderung in einer ganzzahligen Anzahl beispielsweise um eine long ton beschrieben wird, d.h. man wird dem Bericht k ′ 1 (98, 4206) ≈ 3, 4836 zugrundelegen müssen. Sie merken sicherlich, dass man die Einheiten/ Währungen sorgfältig ineinander überführen muss. Bei der Darstellung des Änderungsverhaltens kann nun die Elastizität zu einer Vereinheitlichung des Änderungsverhaltens verwendet werden, indem man anstelle absoluter Gewichts- oder Kostenänderungen relative Änderungen betrachtet. So beträgt mit europäischen Einheiten die betrachtete relative Änderung des Lagerbestandes 1,5 100 = 1, 5%. Die relative Änderung der Kosten beträgt näherungsweise 2,88 413 = 0, 7%. Das Verhältnis dieser beiden Größen, also der Ausdruck 0,7 1,5 ≈ 0, 46% stellt die prozentuale Erhöhung/ Verringerung der durchschnittlichen Lagerkosten bei einprozentiger Erhöhung/ Verringerung des Lagerbestandes dar - vorausgesetzt man kann ein proportionales Änderungsverhalten der Durchschnittskosten bei kleinen Mengenänderungen annehmen. Bei Einheiten, die durch eine lineare Transformation auseinander hervorgehen, kann der zuletzt angegebene Prozentwert auch bei der Präsentation in der Konzernzentrale verwendet werden, er ist unabhängig von der gewählten Einheit. In Formeln ausgedrückt, haben wir hier folgende Größe ausgerechnet k(x)−k(x 0 ) k(x 0 ) x−x 0 x 0 = x 0 k(x)−k(x 0 ) x−x 0 k(x 0 ) Dabei stellt x 0 den Ausgangswert (in unserer Situation die eingelagerte Menge des Rohstoffes) und x den (geringfügig) geänderten Lagerbestand dar. Liegt x nahe genug bei x 0 bzw. vollzieht man den Grenzwertübergang x → x 0 , so ergibt sich als Ausdruck für die marginale relative Kostenänderung bei einprozentiger Änderung der eingelagerten Menge der Wert x 0 k ′ (x 0 ) k(x 0 ) Er wird als Durchschnittskosten- Elastizität der Lagermenge x 0 bezeichnet. Der Wert kann nur gebildet werden, wenn k(x 0 ) 6= 0. Im Beispiel gilt 100 k 0 (100) k(100) = 100 1,92 413 ≈ 0, 46 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="198"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 199 Die Elastizität stimmt recht genau mit dem oben berechneten Prozentwert überein. Elastizitäten lassen sich für jede differenzierbare Funktion bilden: Definition 7.2 Es sei f : ]a; b[→ R eine differenzierbare Funktion. Die Funktion x 7→ f (x) = xf ′ (x) f(x) für x ∈]a; b[ mit f(x) 6= 0 heißt Elastizitätsfunktion bzw. Elastizität von f. Für x 0 ∈]a; b[ mit f(x) 6= 0 verändert sich f(x 0 ) um näherungsweise f (x 0 ) Prozent, wenn sich x 0 um ein Prozent verändert. Dass wir für die Einführung der Elastizität ein Beispiel zur Durchschnittskostenanalyse herangezogen haben, ist nicht rein zufällig. Zwischen dem Ableitungsverhalten einer Durchschnittsfunktion f(x)=x und der Elastizität der Funktion f besteht ein enger Zusammenhang: Satz 7.15 Es sei f : D → R differenzierbar und x ∈ D mit f(x) 6= 0. Weiter sei f(x) : = f(x) x die zugehörige Durchschnittsfunktion. Dann gilt f ′ (x) = 0 , f (x) = 1 An einer solchen Stelle x wird f auch als 1-elastisch bezeichnet. Hierzu muss man nur die Ableitung der Durchschnittsfunktion nach der Quotientenregel bilden und gleich Null setzen: f ′ (x) = f 0 (x)x−f(x) x 2 = 0 ⇔ f ′ (x)x = f(x) ⇔ xf 0 (x) f(x) = 1 Für Durchschnittskosten lässt sich der Sachverhalt wie folgt umschreiben: Die Kostenfunktion ist in einem Durchschnittskostenminimum 1-elastisch. 7.4.4 Marginalanalyse Unter einer Marginalanalyse versteht man die Kurvendiskussion einer ökonomischen Funktion mit anschließender ökonomischer Wertung des Kurvenverlaufes. Eine Orientierung am 11-Punkte-Programm vgl. S. 183 ist ratsam, in aller Regel ist die Marginalanalyse aber einem ökonomischen Kontext untergeordnet, der es einerseits erlaubt, Teilaspekte auszublenden, andererseits aber möglicherweise erfordert, einige über das 11-Punkte-Programm hinaus gehende Fragestellungen zu besprechen. Beispielsweise könnte es erforderlich sein, zu einer gegebenen ökonomischen Funktion noch deren Durchschnittsfunktion zu untersuchen, Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="199"?> 200 7 Differentialrechnung könnte neben dem Ableitungsverhalten die Funktionselastizität im Zentrum des Interesses stehen. Eine Besonderheit der Marginalanalyse besteht weiterhin darin, dass die zu diskutierende Funktion oft gar nicht voll spezifiziert ist, sondern noch von mindestens einem zusätzlichen Parameter abhängt. Es wird also gleich eine ganze Kurvenschar diskutiert bzw. die Abhängigkeit von Extremwerten, Wendestellen etc. von diesem Parameter untersucht. Man spricht dann auch von einer Sensitivitätsanalyse bezüglich des bzw. der Parameter. Betrachten Sie etwa folgende Situation: Von einem speziellen Gut werden x > 0 Einheiten gelagert. Die Kosten der Lagerung setzen sich aus einem fixen Kostenanteil in Höhe von a > 0 Geldeinheiten zusammen, hinzu kommen Stückkosten für die Lagerung in Höhe von c > 0 Geldeinheiten. Weiter nimmt man an, dass bei einer besonders starken Auslastung des Lagers die Kosten überproportional ansteigen etwa infolge von Wartungs- oder Pflegearbeiten. Dies wird durch einen zusätzlichen quadratischen Term bx 2 mit b > 0 angesetzt. Bei Lagerung von x Einheiten betragen dann die Lagerhaltungskosten g(x) = a + bx 2 + cx. Die Stückkosten der Lagerung sollen analysiert werden. Wenn die gesamten Kosten g(x) betragen, erhält man die Stückkosten mittels Division durch x. Die Stückkostenfunktion hat dann die Gestalt f : D =]0; ∞[→ R , f(x) = g(x) x = a x + bx + c Bei ihrer Diskussion fällt auf, dass die ursprüngliche Kostenfunktion für beliebige Werte x ≥ 0 berechnet werden kann. Die Stückkostenfunktion lässt wegen der Division durch x aber den Wert x = 0 nicht mehr zu. Die Funktion hat hier eine Definitionslücke in Form einer Polstelle, es gilt weiter lim x→0 f(x) = +∞ wobei aufgrund der Lage der Definitionslücke am linken Rand des Definitionsbereiches nur der sogenannte rechtsseitige Grenzwert zu berechnen ist (d.h. man betrachtet nur Folgen x n → 0 mit x n > 0). Die Funktion hat die Asymptote h(x) = bx + c, denn lim x→∞ a x +bx+c bx+c = lim x→∞ ( a bx 2 +cx + 1) = 1 Die Funktion f besitzt keine Nullstellen, denn f ist Summe positiver Ausdrücke (alle Bestimmungsstücke sind größer als Null). Angesichts der Fixkosten im Gesamtkostenmodell können natürlich auch die Stückkosten niemals Null sein. Für weitere Eigenschaften von f berechnet man die Ableitungen: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="200"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 201 Abbildung 7.17: Graphen der Stückkostenfunktion, ihrer beiden Ableitungen und der Asympoten im Lagerhaltungsbeispiel DGS f ′ (x) = − a x 2 + b f ′′ (x) = 2a x 3 > 0 Das Monotonieverhalten lässt sich anhand der ersten Ableitung beschreiben. Diese hat in x = √ a b ihre einzige Nullstelle und zudem dort einen Vorzeichenwechsel von − nach +. Also muss f in x = √ a b ein globales Minimum haben. Das Krümmungsverhalten von f ist aufgrund des positiven Vorzeichens der zweiten Ableitung durchweg konvex. f hat also insbesondere keine Wendestelle. Mit diesen Informationen kann man nun den Graphen von f und auch f ′ , f ′′ sowie der Asymptote h skizzieren, wobei man darauf achten muss, das Extremum von f und die Nullstelle von f ′ an gleicher Stelle x zu zeichnen vgl. Abbildung 7.17 . An der Gestalt der Kostenminimalstelle √ a b erkennt man, dass steigende Lagerfixkosten a zu einem Anstieg des kostenoptimalen Lagerbestandes führen und ein Anstieg des Kostenkoeffizienten b, welcher den überproportionalen Anstieg der Lagerkosten bei Anstieg des Lagerbestandes modelliert, sich demzufolge dämpfend auf den stückkosten-optimalen Lagerbestand auswirkt. Keinen Einfluss auf den optimalen Lagerbestand haben die Lagerstückkosten c. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="201"?> 202 7 Differentialrechnung x y z = x Abbildung 7.18: Grundmodell des Aquariums im Kostenbeispiel 7.4.5 Kostenminimierung Die Produktion eines Gutes ist in allen Phasen mit Kosten verbunden, beginnend bei der Entwicklung über die Fertigung bis hin zum Absatz und der damit verbundenen Lagerung des Gutes - letzterer Aspekt wurde bereits im vorangegangenen Abschnitt exemplarisch diskutiert. Für ein Unternehmen besteht, wenn die abzusetzende Menge des Produktes prinzipiell bekannt ist, ein grundsätzliches Interesse, die Kosten, die im Verlauf dieser Phasen entstehen, möglichst gering zu halten - bei gleichzeitiger Einhaltung der vom Unternehmen angesetzten Qualitätsstandards. Dabei entstehen vielfältige Minimierungsaufgaben, von denen wir hier eine aus der Produktentwicklung beispielhaft diskutieren wollen. Ein Hersteller von Aquaristikprodukten plant die Produktion eines Aquariums. Dieses Aquarium soll bei quaderförmiger Gestalt einen Rauminhalt von 0,5 Kubikmeter besitzen, oben offen sein, über Kunststoff-Seiten und einen Kunststoff-Boden verfügen sowie an Front- und Rückseite verglast sein. Die Kunststoff-Seitenflächen sollen einen quadratischen Grundriss aufweisen vgl. Abbildung 7.18 . Die bei der Herstellung entstehenden variablen Kosten hängen im Wesentlichen von den Quadratmeterpreisen der verwendeten Materialien ab. Diese betragen für Kunststoffplatten c = 30 e und für Glasscheiben d = 20 e . Andere Kosten (Klebstoff, Dichtmaterial, Arbeitslohn etc. ) seien aus Gründen der Übersichtlichkeit hier als fix und damit entscheidungsirrelevant angesehen. Das Ziel des Aquaristik-Herstellers ist ein Design des Aquariums, d.h. Abmessungen x (Tiefe), y (Breite) und z (Höhe), für die die Gesamtkosten des Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="202"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 203 Aquariums infolge Kunststoff- und Glasverbrauchs minimal werden. Diese Gesamtkosten betragen in Abhängigkeit von den Abmessungen K(x, y, z) = c · (2xz + xy) + d · 2yz = 30 · (2xz + xy) + 20 · 2yz und sollen minimiert werden. Dabei gilt für die Abmessungen zusätzlich z = x (quadratische Seitenfläche) und xyz = 1 2 (Volumen vorgegeben). Sie werden später im Studium mit der Lagrange-Methode eine Technik kennen lernen, mit der Sie dieses Minimierungsproblem unter den zwei Nebenbedingungen lösen können. Da wir bisher aber nur Optimierungstechniken für Funktionen mit einer Variablen kennen, müssen wir die beiden Nebenbedingungen nutzen, um in der Zielfunktion K(x, y, z) zwei der Variablen zu „eliminieren“ und dann auf ein handhabbares Problem zu kommen. Dazu lösen wir die Volumen-Nebenbedingung xyz = 1 2 (beispielsweise) nach der Variablen y auf und berücksichtigen, dass das Aquarium quadratische Seitenflächen hat, d.h. dass z = x gilt: xyz = 1 2 ⇔ y = 1 2xz = 1 2x 2 Die variablen Kosten lassen sich dann auf die Abhängigkeit von der Tiefe x des Aquariums zurückführen: k(x) = K(x, 1 2x 2 , x) = c(2x 2 + x 1 2x 2 ) + 2d 1 2x 2 x = 2cx 2 + c=2 + d x = 60x 2 + 35 x Als technisch-ökonomischer Definitionsbereich dieser Funktion ergibt sich D =]0; ∞[. Die Kostenfunktion ist auf D differenzierbar mit Ableitung k ′ (x) = 4cx − c/ 2+d x 2 = 120x − 35 x 2 Die Nullstellen dieser Ableitung werden berechnet: k ′ (x) = 0 ⇔ 120x = 35 x 2 ⇔ x 3 = 35 120 ⇔ x = 3 √ 7 24 ≈ 0, 6632 bzw. in allgemeiner Notation k ′ (x) = 0 ⇔ 4cx = c/ 2+d x 2 ⇔ x = x c,b = 3 √ c/ 2+d 4c Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="203"?> 204 7 Differentialrechnung Da dies die einzige Nullstelle in ]0; ∞[ ist, und zugleich ein Vorzeichenwechsel von k ′ von − nach + vorliegt, hat k in x = 3 √ 7 24 ein globales Minimum. Das Aquarium sollte also die Abmessungen x = z = 3 √ 7 24 ≈ 0, 66 cm, y = 1 2x 2 = 1 2 3 √ 7 24 2 ≈ 1, 14 cm haben. Es kostet dann k( 3 √ 7 24 ) ≈ 79, 16 e . Eine ökonomische Diskussion der minimalen Materialkosten geht über diese Optimierung hinaus. So kann man sich fragen, ob und wie weit die minimalen Kosten nicht noch zu senken sind, wenn Änderungen der Materialkosten zur Disposition stehen - beispielsweise durch Wechsel des Zulieferers oder durch Änderung des „Design“. Betrachten wir die Quadratmeter-Kosten c und d von Kunststoff und Glas als veränderlich, so kann man die oben gewählte allgemeine Darstellung der Kostenfunktion in c und b verwenden: k c,d (x) = 2cx 2 + c 2 +d x , k ′ c,d (x) = 4cx − c 2 +d x 2 , x c,d = 3 √ c/ 2+d 4c Man hat es hier dann mit einer Kurvenschar in den beiden Schar-Parametern c und b zu tun. Die minimalen Kosten ergeben sich als k c,d (x c,d ) = 2c 3 r c=2 + d 4c ! 2 + c=2 + d 3 √ c/ 2+d 4c = 3 2 c 1 3 (2d + c) 2 3 (die letzte Umformung ist eine gute Übung im Rechnen mit Wurzelausdrücken). Man kann jetzt diesen Ausdruck auf zwei Arten diskutieren: Man setzt d = 20 und variiert c. Dann betragen die minimalen Kosten c 7→ k c,20 (x c,20 ) = 3 2 c 1 3 (40 + c) 2 3 . Leitet man diesen Ausdruck nach c ab, so erhält man 1 2c 2 3 3c+40 3 √c+40 . Durch Einsetzen von c = 30 berechnet sich schließlich der marginale Minimalkostenanstieg bei Änderung von c auf etwa 1,63. Das bedeutet: Geht man von Quadratmeter-Ist-Kosten 20 e für Kunststoff und 30 e für Glas, so führt eine Erhöhung/ Verringerung der Quadratmeter-Kosten für Kunststoffum einen Euro zu einer ungefähren Erhöhung/ Verringerung der Gesamtkosten eines dann kostenminimalen Aquariums um 1,63 e . Man setzt c = 30 und variiert d. Dann betragen die minimalen Kosten d 7→ k 30,d (x 30,d ) = 3 3 √15 (b + 15) 2 3 . Leitet man diesen Ausdruck nach d Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="204"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 205 ab, so erhält man 2 3 √ 15 3 √d+15 . Durch Einsetzen von d = 20 berechnet sich der marginale Minimalkostenanstieg bei Änderung von d zu etwa 1, 51. Das bedeutet: Geht man von Quadratmeter-Ist-Kosten 20 e für Kunststoff und 30 e für Glas, so führt eine Erhöhung/ Verringerung der Quadratmeter-Kosten für Glas um einen Euro zu einer ungefähren Erhöhung/ Verringerung der Gesamtkosten eines dann kostenminimalen Aquariums um 1,51 e . Diese beiden Änderungsaussagen sind circa-Eigenschaften, denn sie ergeben sich jeweils aus der Interpretation einer Ableitung als Steigung. Diese kann aber nur in einer „kleinen“ Umgebung um die betreffende Stelle c = 30 bzw. d = 20 näherungsweise gelten. Die Änderungsaussagen wurden ermittelt unter der „ceteris paribus“-Annahme, d.h. bei Änderung der Kosten für Kunststoffbei gleichzeitiger Beibehaltung der Kosten für Glas und umgekehrt. Die Minimalkostenfunktion ermöglicht hier eine Sensitivitätsanalyse und führt bei der Entwicklung des Produktes zu einer Berücksichtigung der relevanten Kostenfaktoren. Die oben durchgeführten Rechnungen sind schon ziemlich aufwendig; Sie werden im Wirtschafts-Studium Techniken kennen lernen, mit denen man den Aufwand deutlich reduzieren kann und über die „ceteris paribus“-Annahme hinaus das Änderungsverhalten der Minimalkosten bei gleichzeitiger Änderung beider Rohstoffkosten untersuchen kann. Beispielsweise lässt sich so zeigen, dass eine gleichzeitige marginale Verringerung der Quadratmeterkosten für Kunststoffum 1 e und Erhöhung der Quadratmeterkosten für Glas um 1 e zu einer marginalen Verringerung der minimalen Gesamtkosten von 1, 63 − 1, 51 = 0, 12 e führt. Übungen zu Abschnitt 7.4 24. Der Inhaber eines ländlich gelegenen Campingplatzes verkauft Mineralwasser an die Besucher seines Platzes. Die Flaschen bezieht er einmal wöchentlich von einem Getränke-Großhandel zu einem Einkaufspreis von 0,25 e pro Flasche zuzüglich einer Transportkostenpauschale von 100 e . Der Mann überlegt nun, zu welchem Preis p > 0 er die Flaschen an seine Kundschaft verkaufen soll. Er kann jedoch nicht mehr als 1 e pro Flasche berechnen, da anderenfalls seine Kundschaft lieber den weiten Weg ins benachbarte Dorf in Kauf nimmt, um sich dort selbst zu versorgen. Aus Kapazitätsgründen kann der Campingplatz-Besitzer höchstens 1800 Flaschen bereit halten, die er bei Abgabe zum Einkaufspreis vollständig verkaufen würde. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="205"?> 206 7 Differentialrechnung a) Leiten Sie eine quadratische Nachfragefunktion f : [0, 25 ; 1] → R mit Scheitelpunkt in (1|0) her. b) Berechnen Sie zur genannten Nachfragefunktion die Erlösfunktion, die Kostenfunktion und die Gewinnfunktion. c) Bestimmen Sie die Gewinnzone (sollten Sie eine Nullstelle nicht raten, so verwenden Sie das Newton-Verfahren oder die Regula falsi) d) Bestimmen Sie denjenigen Preis, für den der Gewinn maximal ist. Wie hoch ist der Gewinn und wie viele Flaschen werden verkauft? 25. Betrachten Sie nochmals das Problem des Brötchenverkaufs vgl. S. 190f. und das Problem des Mineralwasserverkaufs aus der vorangegangenen Aufgabe. Modellieren Sie beide Sachverhalt erneut (mit einer linearen Nachfragefunktion im Brötchenbeispiel und einer quadratischen Nachfragefunktion im Mineralwasserbeispiel), diesmal aber in Abhängigkeit von der abgesetzten Menge Brötchen bzw. Flaschen. Bestimmen Sie in beiden Fällen die gewinnmaximalen Absatzmengen und zugehörigen Preise. Was fällt Ihnen auf, wenn Sie mit den preisabhängigen Modellansätzen vergleichen? 26. Berechnen Sie die Elastizitätsfunktion zu a) der linearen Nachfragefunktion f(x) = 120 − 15x. b) der ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion f(x) = −x 3 + 3 2 x 2 + x. c) der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion f(x) = cx a mit c > 0, a ∈ R . d) der Funktion f(x) = ln(x). Fertigen Sie auch jeweils eine Skizze der Elastizitätsfunktion an. 27. Aus x > 0 Einheiten eines Produktes entstehen x t Einheiten eines Produktes, dabei sei 0 < t < 1. Den Stückkosten c > 0 des Rohstoffes steht ein Stückerlös d > 0 des Produktes gegenüber. Führen Sie eine Marginalanalyse der Deckungsbeitragsfunktion x 7→ G(x) = dx t − cx und des durchschnittlichen Deckungsbeitrags G(x)=x t durch. 28. Diskutieren Sie zur Kostenfunktion k(x) = a + bx t + cx mit t > 1 und a, b, c > 0 die Durchschnittskostenfunktion f(x) = k(x) x mit a, b, c, t > 0 im Rahmen einer Marginalanalyse. Berechnen Sie insbesondere das Betriebsoptimum , d.h. diejenige Ausbringungsmenge x, für die die durchschnittlichen Kosten minimal sind. Wie lassen sich die zugehörigen Durchschnittskosten interpretieren? Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="206"?> 7.4 Ökonomische Anwendungen der Differentialrechnung 207 Zusammenfassung Die Ableitung einer Funktion ist das maßgebliche Hilfsmittel für die Analyse ökonomischer Zusammenhänge, ihre solide Berechnung und Verwendung wird später im Studium auch für Funktionen in mehreren Variablen dringend benötigt. Nach der gründlichen Erarbeitung der Inhalte dieses Kapitels sollten Sie in der Lage sein, Ableitungen und Ableitungsfunktionen erster und höherer Ordnung zu Funktionen diverser Funktionstypen zu ermitteln, insbesondere unter Verwendung der Basistabelle und der Operatorenregeln (Faktor-, Summen-, Produkt-, Quotienten- und Kettenregel), die Linearisierung einer Funktion auf Basis der ersten Ableitung zu bestimmen und zu interpretieren, die Ableitung zur Maximierung und Minimierung einzusetzen, das Monotonie- und Krümmungs-Verhalten von Funktionen auf Ableitungen zurückzuführen, Funktionen einer Kurvendiskussion zu unterziehen und die Ergebnisse im Rahmen der Marginalanalyse ökonomisch zu interpretieren, Steckbriefe auf Basis von Ableitungen zu lösen, einfache ökonomische Sachverhalte wie Gewinnmodelle mathematisch umzusetzen und mit Ableitungskalkül zu lösen. Im letzten Kapitel werden wir jetzt noch die Integralrechnung in den Rahmen der Differentialrechnung einordnen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="208"?> 8 Integralrechnung Mit Integralen lassen sich Inhalte von Flächen berechnen, die von Funktionsgraphen begrenzt werden. Solche Flächeninhalte haben einige Anwendungen in der Ökonomie: Im Rahmen der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik dienen sie als Modelle für stetige Wahrscheinlichkeiten. Sie führen im Kontext der Wohlfahrtsmessung zu den wichtigen Konzepten der Konsumentenbzw. Produzentenrente. Neben der Flächenberechnung stellt sich die Integralrechnung aber auch als eine Art „Umkehrung“ der Differentialrechnung heraus. Ist von einem Zusammenhang zwischen zwei ökonomischen Variablen nur die Grenzrate (Ableitung) bekannt, so gewinnt man den eigentlich ursprünglichen Zusammenhang durch Integrieren (Etwas lax, aber durchaus plausibel wird dann von „Aufleiten“ gesprochen). Weiter treten Integrale bei der Lösung von Differentialgleichungen auf, die in der Volkswirtschaftslehre eine Rolle spielen. Integrale lassen sich über das Konzept der Stammfunktion und mittels eines durch Grenzwerte gesteuerten Flächenberechnungsprozesses einführen. 8.1 Flächenintegrale und Stammfunktionen Den elegantesten Zugang zur Integralrechnung erhält man über das Konzept der Flächenberechnung mittels Stammfunktion. Betrachten Sie eine auf einem Intervall [a; b] ⊂ R stetige Funktion f : [a; b] → [0; ∞[. Im Folgenden wollen wir die Fläche zwischen dem Graphen von f und der Abszisse sowie je zwei vertikalen Geraden x = x 0 und x = x 1 mit a ≤ x 0 < x 1 ≤ b genauer untersuchen, vgl. Abbildung 8.1 links. Wir vereinfachen die folgenden Rechnungen, indem wir annehmen, dass die Funktion in dem Intervall [a; b] nicht nur stetig, sondern auch monoton wachsend (oder fallend) ist. Es seien weiterhin x 0 , x 1 ∈ [a; b], x 0 < x 1 . Der Flächeninhalt unter dem Graphen von f zwischen x 0 und x 1 werde mit dem Symbol x 1 ∫ x 0 f(x)dx Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="209"?> 210 8 Integralrechnung Abbildung 8.1: Illustration zum Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung: Der Flächeninhalt unter einer Funktion zwischen zwei Stellen x 0 < x 1 lässt sich mit einem geeigneten Zwischenwert z ∈ [x 0 ; x 1 ] als Rechtecksfläche f(z)(x 1 − x 0 ) schreiben. DGS bezeichnet. Man nennt ihn bestimmtes Integral von f in den Grenzen von x 0 bis x 1 (der Begriffwird auch verwendet, wenn f wechselndes Vorzeichen hat; eine exakte Definition des bestimmten Integrals erfordert dann den Einsatz der Rechtecksapproximation, s.u.). Für t ∈ [a; b] bezeichne F (t) den Flächeninhalt unter dem Graphen von f zwischen a und t, es ist also F (t) = t ∫ a f(x)dx F wird als Integralfunktion bezeichnet. Der Flächeninhalt zwischen x 0 und x 1 ist dann die Differenz des größeren Flächeninhaltes F (x 1 ) und des kleineren Flächeninhalts F (x 0 ) d.h. es gilt in der gerade eingeführten Notation x 1 ∫ x 0 f(x)dx = x 1 ∫ a f(x)dx − x 0 ∫ a f(x)dx = F (x 1 ) − F (x 0 ) Die Berechnung der Fläche ist also grundsätzlich einfach, Sie brauchen eigentlich „nur“ noch die Integralfunktion F . Bis hierher haben wir eigentlich nur Überlegungen über den Zusammenhang zwischen verschiedenen Flächenstücken unter dem Graphen von f angestellt. Entscheidend für die Bestimmung der Fläche ist jetzt folgende Eigenschaft von F : Satz 8.1 Für jede stetige Funktion f : [a; b] → [0; ∞[ ist die Integralfunktion t 7→ F (t) = ∫ t a f(x)dx differenzierbar, und es gilt F ′ (x) = f(x) für alle x ∈ [a; b]. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="210"?> 8.1 Flächenintegrale und Stammfunktionen 211 Wir wollen die wesentlichen Argumente erläutern, die zu dieser Eigenschaft von F führen: Aufgrund der angenommenen Monotonie von f auf [x 0 ; x 1 ] gilt für die gesuchte Fläche f(x 0 )(x 1 − x 0 ) ≤ x 1 ∫ x 0 f(x)dx ≤ f(x 1 )(x 1 − x 0 ) Der exakte Flächeninhalt liegt also zwischen den beiden Rechtecksflächen f(x 0 )(x 1 − x 0 ) und f(x 1 )(x 1 − x 0 ). Nach dem Zwischenwertsatz 6.11 vgl. S. 144 gibt es dann ein z ∈ [x 0 ; x 1 ], so dass die gesuchte Fläche exakt mit f(z)(x 1 − x 0 ) übereinstimmt, vgl. Abbildung 8.1, d.h. es gilt F (x 1 ) − F (x 0 ) = x 1 ∫ x 0 f(x)dx = f(z)(x 1 − x 0 ) Diese Aussage ist auch richtig, falls f auf [x 0 ; x 1 ] nicht monoton ist. Stellt man die Gleichung nach f(z) um, so ergibt sich die folgende Aussage: Satz 8.2 Stellt F (x) den Flächeninhalt unter der stetigen Funktion f : [a; b] → [0; ∞[ im Intervall [a; x] dar, so gibt es für zwei beliebige Werte a x 0 < x 1 b einen Wert z ∈ [x 0 ; x 1 ] derart, dass F (x 1 ) − F (x 0 ) x 1 − x 0 = f(z) Also lässt sich der Differenzenquotient von F immer als Funktionswert f(z) mit geeignetem z ∈ [x 0 ; x 1 ] darstellen. Daraus folgt, dass die Funktion F differenzierbar ist und ihre Ableitung sich berechnet, indem man im Differenzenquotienten den Grenzübergang x 1 → x 0 durchführt. Denn zwangsläufig muss dann auch der aus dem Zwischenwertsatz resultierende Wert z gegen x 0 konvergieren, und es folgt F ′ (x 0 ) = lim x 1 →x 0 F (x 1 ) − F (x 0 ) x 1 − x 0 = lim z→x 0 f(z) = f(x 0 ) Die letzte Umformung ergibt sich, weil f als stetig angenommen worden war. Fazit: Die Integralfunktion, mit der man die Fläche unter dem Graphen von f beschreibt, führt durch Ableiten wieder auf f zurück. Definition 8.1 Eine Funktion G mit G ′ (x) = f(x) für alle x ∈ [a; b] heißt Stammfunktion bzw. unbestimmtes Integral von f. Man schreibt dann G(x) = ∫ f(x)dx. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="211"?> 212 8 Integralrechnung Beachten Sie, dass wir bei der Festlegung der „Integralfunktion“ F von der linken Intervallgrenze a ausgegangen sind, bei welcher die Flächenfunktion F (x) mit der Flächenmessung beginnt. Wenn man aber die Fläche unter dem Graphen von f über dem Intervall [x 0 ; x 1 ] berechnen will, so könnte man mit der linken Grenze bei der Integralfunktion von a aus auch noch weiter Richtung x 0 „rutschen“ (Grundsätzlich wäre sogar jeder beliebige Wert innerhalb des Intervalls [a; b] möglich, was aber zu Interpretationsschwierigkeiten bzgl. des Wertes F (x 1 ) − F (x 0 ) führt). In jedem Fall würde die Ableitung der Integralfunktion F wieder die Ausgangsfunktion f ergeben. Daher ist eine Stammfunktion niemals eindeutig, vielmehr gilt: Ist G eine Stammfunktion zu f und c ∈ R , so ist auch H = G + c eine Stammfunktion zu f, denn H ′ (x) = G ′ (x) + 0 = G ′ (x) = f(x). Sind G 1 , G 2 zwei Stammfunktionen zu f und H = G 1 − G 2 , so gilt H ′ (x) = G ′ 1 (x) − G ′ 2 (x) = f(x) − f(x) = 0 für alle x ∈ [a; b]. H ist also konstant, d.h. es gibt ein c ∈ R mit H(x) = c, d.h. G 1 (x) = G 2 (x) + c. Fazit: Alle Stammfunktionen zu f unterscheiden sich jeweils nur um Konstanten. Ist eine Stammfunktion F bekannt, so auch alle anderen. Eine spezielle Stammfunktion ist die „Integralfunktion “ F (x) = ∫ x a f(t)dt, welche für festes x den Flächeninhalt unter dem Graphen von f zwischen a und x angibt. Weil sich also zwei Stammfunktionen nur um eine Konstante unterscheiden, gibt es für jede Stammfunktion G von f eine Konstante c derart, dass die Integralfunktion F und die Funktion G sich nur um eine Konstante unterscheiden, d.h. es gilt G(x) = F (x)+ c. Da wir schon gesehen haben, dass sich der Flächeninhalt unter f zwischen x 0 und x 1 als Differenz F (x 1 ) − F (x 0 ) ergibt, kann man nun folgern: Satz 8.3 (Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Für jede stetige Funktion f : [a; b] → R und jede Stammfunktion G von f gilt b ∫ a f(x)dx = G(b) − G(a) Man schreibt [G(x)] b a : = G(b) − G(a). Denn es gilt G(b) − G(a) = (F (b) + c) − (F (a) + c) = F (b) − F (a) und das war nach Vereinbarung von F als Integralfunktion die gesamte Fläche. Lassen Sie uns noch einmal die wesentlichen Überlegungen und Ansätze rekapitulieren: Ausgehend vom Ziel der Flächenberechnung suchen Sie nach einer „Formel“ für den Flächeninhalt über einem Intervall, was Sie unmittelbar zu Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="212"?> 8.1 Flächenintegrale und Stammfunktionen 213 der Aufgabe führt, die Integralfunktion F (t) = ∫ t a f(x)dx zu berechnen. Die Ableitung von F ist die Ausgangsfunktion f. Funktionen G mit G ′ = f heißen Stammfunktionen von f. Jede Stammfunktion G von f kann zur Berechnung der Ausgangsfläche herangezogen werden, da sie sich von F nur um eine additive Konstante unterscheidet, die bei der Differenzenbildung G(x 1 ) − G(x 0 ) wegfällt. Deshalb rückt die Berechnung einer „Muster“-Stammfunktion G zu f in den Vordergrund. Aufgrund des Ansatzes G ′ (x) = f(x) nutzt man den Ableitungskalkül aus, um die Stammfunktion durch „Aufleiten“ zu gewinnen. Dazu werden Ableitungsregeln uminterpretiert: Beispiel 8.1 F (x) = x 2 , F ′ (x) = 2x, F (x) = x 2 ist eine Stammfunktion zu f(x) = 2x. Beispiel 8.2 F (x) = ln(x), F ′ (x) = 1 x , d.h. F (x) = ln(x) ist eine Stammfunktion zu f(x) = 1 x . Beispiel 8.3 F (x) = sin(x), F ′ (x) = cos(x), d.h. F (x) = sin(x) ist eine Stammfunktion zu f(x) = cos(x) . Wir werden diese Beispiele gleich zu einem regelrechten „Kalkül“ ausbauen. Zuvor wollen wir aber den Integralbegriffauch noch für Funktionen klären, die nicht durchweg positiv sind. Betrachten Sie die Polynomfunktion p p(x) = x 4 − 11x 3 + 34x 2 − 24x = x(x − 1)(x − 4)(x − 6) mit den Nullstellen 0, 1, 4 und 6, vgl. Abbildung 8.2. p hat die spezielle Stammfunktion P (x) = 1 5 x 5 − 11 4 x 4 + 34 3 x 3 − 8x 2 Wie man auf diese Stammfunktion kommt, werden wir gleich besprechen, Sie können die Tatsache, dass es sich um eine Stammfunktion von p handelt, aber durch Ableiten von P schon nachvollziehen. Wir wollen die Fläche berechnen, die der Graph von p mit der Abszisse umschließt. Diese besteht aus drei Teilflächen. Bei der mittleren der Teilflächen über dem Intervall [1; 4] ist p positiv. Die genannte Teilfläche beträgt also ∫ 4 1 p(x)dx = [P (x)] 4 1 = P (4) − P (1) = 512 15 − ( − 193 60 ) = 747 20 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="213"?> 214 8 Integralrechnung Abbildung 8.2: Die Fläche, die der Graph des Polynoms p(x) = x 4 −11x 3 + 34x 2 − 24x mit der Abszisse einschließt, setzt sich aus drei Teilflächen zusammen, auf denen p wechselndes Vorzeichen hat. Für die anderen Teilflächen wird der Graph von p an der Abszisse gespiegelt, d.h. man geht zu −p(x) über. Dann ist entsprechend −P (x) Stammfunktion und die linke Teilfläche beträgt ∫ 1 0 −p(x)dx = (−P (1)) − (−P (0)) = P (0) − P (1) = 0 − (− 193 60 ) = 193 60 Die rechte Teilfläche beträgt hingegen ∫ 6 4 −p(x)dx = (−P (6)) − (−P (4)) = P (4) − P (6) = 512 15 − 36 5 = 404 15 Der gesamte Flächeninhalt ist dann die Summe der Teilflächeninhalte, also 193 60 + 747 20 + 404 15 = 193+2241+1616 60 = 4050 60 = 135 2 = 67, 5 Wir berechnen jetzt das Integral „über die Vorzeichenwechsel hinweg“ mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Dabei ergibt sich: 6 ∫ 0 p(x)dx = P (6) − P (0) = 36 5 = 7, 2 und dieser Wert ist Summe der Flächeninhalte der Flächen unter positiven Funktionsteilen abzüglich der Summe der Flächeninhalte über negativen Funktionsteilen, d.h. 747 20 − ( 193 60 + 404 15 ) = 2241−193−1616 60 = 432 60 = 72 10 = 7, 2 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass man den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung mit Vorsicht und nur dann ohne Zusatzüberlegungen zur Berechnung von Flächeninhalten verwenden kann, wenn die zugrundeliegende Funktion ein einheitliches Vorzeichenverhalten hat. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="214"?> 8.2 Flächenberechnung mit Rechtecksapproximation 215 Übungen zu Abschnitt 8.1 1. Skizzieren Sie den Graphen von f und bestimmen Sie mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung die Fläche zwischen Abszisse und Graphen von f im angegebenen Intervall: a) f(x) = 2x + 3 im Intervall [1; 5] b) f(x) = 4x 2 − 4x im Intervall [2; 4] c) f(x) = 3 − |x − 2| im Intervall [0; 4] 2. Berechnen Sie den Inhalt der Flächenstücke, die von der Abszisse und dem Graphen von f umschlossen werden. a) f(x) = x − x 2 b) f(x) = ax + x 2 − x 3 3. Zeigen Sie, dass F (x) = (x−1) 2 1+x 2 Stammfunktion zu f(x) = 2 ( x 2 −1 ) (1+x 2 ) 2 ist. Berechnen Sie den Inhalt der Fläche, die vom Graphen von f und der Abszisse umschlossen wird. 4. Berechnen Sie den Inhalt der Fläche, die von den Graphen der beiden Funktionen f und g umschlossen wird. a) f(x) = x 2 , g(x) = x 4 b) f(x) = x 2 − x, g(x) = 1 − x 3 5. Bestimmen Sie denjenigen Wert von a ∈ R , für den die von den Funktionen f(x) = ax und g(x) = ax 3 umschlossene Fläche den Inhalt 1 hat. 6. Welche nach unten geöffnete achsensymmetrische Parabel, die durch den Punkt P (1|1) verläuft, umschließt mit der Abszisse eine minimale Fläche? 8.2 Flächenberechnung mit Rechtecksapproximation Im vergangenen Abschnitt haben wir die Integralrechnung als Flächenberechnung unter Kurven mit der Differentialrechnung „verheiratet“. Es gibt einen anderen Zugang, mit dem die zu bestimmenden Flächen unter Verwendung von Ausschöpfungs- oder Einschließungsverfahren berechnet werden. Der genaue Flächeninhalt ergibt sich dann durch einen Grenzwertübergang. Wenn der Grenzwert aber aus technischen Gründen nicht exakt berechenbar ist, nutzt man die Ausschöpfung bzw. den Einschluss, um die Fläche zumindest näherungsweise zu berechnen. Das Ausschöpfungsverfahren ist etwas Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="215"?> 216 8 Integralrechnung Abbildung 8.3: Flächenberechnung durch Ausschöpfung mit einer zunehmenden Anzahl von Rechtecken DGS mühsam; dass wir diesen Zugang dennoch beschreiben wollen, liegt unter anderem daran, dass zu vielen Funktionen keine Stammfunktion bekannt ist und damit der zuvor vorgestellte Zugang nicht funktioniert: Beispiel 8.4 Zu f(x) = e −x 2 ist keine Stammfunktion bekannt, obwohl f als stetige Funktion eine Stammfunktion besitzen muss. Das Ausschöpfen erfolgt dann mit Hilfe von Summen von Rechtecksflächen gemäß Abbildung 8.3. Wir erläutern die Methode exemplarisch anhand der dort dargestellten Funktion f : R → R , f(x) = 3 4 x 2 und der Fläche ∫ 2 1 f(x)dx, die nach der zuerst vorgestellten Methode und der Stammfunktion F (x) = 1 4 x 3 sich zu F (2) − F (1) = 1, 75 ergibt. Dieser Wert läßt sich durch fortgesetzte Ausschöpfung annähern. Wir betrachten zunächst die Aufteilung [1; 2] = [1; 1, 5] ∪ [1, 5; 2] in zwei gleich große („äquidistante“) Teilintervalle, wie sie in Abbildung 8.3, links angegeben ist. Über diese Teilintervalle passen wir zwischen Abszisse und Funktionsgraphen möglichst große Rechtecke ein; diese haben die Höhen f(1) = 3 4 und f(1, 5) = 27 16 und jeweils die Breite 1 2 . Zusammen haben sie den Flächeninhalt 3 4 · 1 2 + 27 16 · 1 2 = 39 32 ≈ 1, 22 Von dem tatsächlichen Flächeninhalt sind wir noch weit entfernt, das deuten auch die „Versatzflächen“ an, die von den Rechtecksflächen bis zur gesuchten Gesamtfläche fehlen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="216"?> 8.2 Flächenberechnung mit Rechtecksapproximation 217 Jetzt verdoppeln wir die Anzahl der Intervalle und betrachten die Zerlegung [1; 2] = [1; 1, 25] ∪ [1, 25; 1, 5] ∪ [1, 5; 1, 75] ∪ [1, 75; 2]. Die Ausschöpfung geschieht nun durch Rechtecke mit der Höhe f(1) = 3 4 , f( 5 4 ) = 75 64 , f( 3 2 ) = 27 16 und f( 7 4 ) = 147 64 . Als Gesamtflächeninhalt ergibt sich bei dieser Ausschöpfung 3 4 · 1 4 + 75 64 · 1 4 + 27 16 · 1 4 + 147 64 · 1 4 = 189 128 ≈ 1, 48 Auch dieser Wert ist noch recht weit von dem uns bereits bekannten Wert 1, 75 für den Flächeninhalt entfernt. Wir müssen die Anzahl der Intervalle deutlich erhöhen, um näherungsweise auf den angegebenen Wert zu kommen. Mit 16 gleich großen Teilintervallen ergibt sich beispielsweise als Rechteckssumme etwa 1, 68, bei 64 gleich großen Teilintervallen lautet der zu berechnende Wert etwa 1, 73. Diese Werte erhält man durch systematische Summation der Teilflächen, wobei zwei Grundüberlegungen Anwendung finden: Wenn das Intervall [1; 2] in n gleich große Teilintervalle aufgeteilt wird, haben diese die Intervallgrenzen 1, 1+ 1 n , 1+ 2 n , . . . , 1+ n−1 n und 2. Dabei werden 1, 1 + 1 n , 1 + 2 n , . . . , 1 + n−1 n als linke Intervallgrenzen verwendet, während 1 + 1 n , 1 + 2 n , . . . , 1 + n−1 n , 2 rechte Intervallgrenzen sind. Ein im Intervall [ k n , k+1 n ] zwischen Funktionsgraphen und Abszisse einbeschriebenes Rechteck hat die Breite 1 n und wegen der Monotonie von f die Höhe f( k n ) = 3 4 k 2 n 2 . Die gesamte Fläche hat dann den Flächeninhalt ( Untersumme ) f(1 + 0 n ) · 1 n + f(1 + 1 n ) · 1 n + · · · + f(1 + n−1 n ) · 1 n = 3 4 (1 + 0 n ) 2 · 1 n + 3 4 (1 + 1 n ) 2 · 1 n + · · · + 3 4 (1 + n−1 n ) 2 · 1 n = 3 4 ( n n ) 2 · 1 n + 3 4 ( n+1 n ) 2 · 1 n + · · · + 3 4 ( 2n−1 n ) 2 · 1 n = 3 4 n 2 +(n+1) 2 + +(2n−1) 2 n 3 Die im Zähler des Bruches stehende Summe ergibt sich, wenn Sie aus der Summe der ersten 2n − 1 Quadratzahlen 1 2 + 2 2 + 3 2 + · · · + (2n − 1) 2 die Summe der ersten n − 1 Quadratzahlen, d.h. 1 2 + 2 2 + · · · + (n − 1) 2 weglassen. Dann braucht man die folgende Summenformel: Satz 8.4 Die Summe 1 2 + 2 2 + · · · + n 2 der ersten n Quadratzahlen beträgt n(n+1)(2n+1) 6 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="217"?> 218 8 Integralrechnung Mit dieser Formel ergibt sich die Untersumme als 3 4 (2n−1)(2n)(2(2n−1)+1) 6 − (n−1)n(2(n−1)+1) 6 n 3 = 3 24 n(2n−1)((8n−2)−(n−1)) n 3 = 3 24 14n 2 −9n+2 n 2 Für n = 16 folgt durch Einsetzen der bereits angekündigte Wert 1721 1024 ≈ 1, 68, für n = 64 lautet die Ausschöpfung ungefähr 1, 73. Mit der berechneten Formel lässt sich aber auch der exakte Flächeninhalt bestimmen. Dazu muss man nur die Anzahl n der Intervalle beliebig ansteigen lassen. Mit der Untersummenformel ist eine konvergente gebrochen-rationale Folge gegeben. Ihr Grenzwert lautet lim n→∞ 3 24 14n 2 −9n+2 n 2 = 3 24 · 14 = 1, 75. Es ergibt sich also der gesuchte Wert ∫ 2 1 3 4 x 2 dx = 1, 75, der sich natürlich mit Hilfe des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung sehr viel leichter berechnen lässt. Die Summenformel für Quadratzahlen war für die Berechnung der Untersummen das entscheidende Hilfsmittel. Derartige Summen werden Ihnen im Studium häufiger begegnen, deshalb wollen wir an dieser Stelle eine Plausibilitätsrechnung durchführen, die zu dieser Summenformel führt. Wir fragen uns, welche Eigenschaften eine Funktion s : R → R haben muss, damit ihre Funktionswerte s(0), s(1), s(2), s(3) . . . gerade 0 2 , 1 2 , 1 2 + 2 2 = 5, 1 2 + 2 2 + 3 3 = 14, . . . sind, d.h. damit für alle n ∈ N gilt: s(n) = 1 2 + 2 2 + · · · + n 2 . Zunächst ist s(n) sicher größer als n 2 , aber s(n) ist auch kleiner als n 3 , denn jeder der n Summanden von s(n) ist höchstens so groß wie n 2 , d.h. die gesamte Summe kann n · n 2 = n 3 nicht überschreiten. Das legt nahe, für s(x) einen Ansatz mit einem Polynom dritten Grades zu versuchen. Wir haben bereits die Methode der Lagrange-Polynome kennen gelernt vgl. S. 89 , die wir an dieser Stelle anwenden wollen (man kann allerdings auch diese Steckbriefaufgabe mit Hilfe linearer Gleichungssysteme lösen). Wir müssen hierfür eigentlich vier Lagrange-Polynome zu den Stützstellen (0|0), (1|1) (2|5) und (3|14) verwenden, deren erstes aber wegen der Nullstelle s(0) = 0 gar nicht eingesetzt wird. Insgesamt ergibt der schematische Ansatz das Polynom s(x)=1 · (x−0)(x−2)(x−3) (1−0)(1−2)(1−3) + 5 · (x−0)(x−1)(x−3) (2−0)(2−1)(2−3) + 14 · (x−0)(x−1)(x−2) (3−0)(3−1)(3−2) = 1 2 (x 3 − 5x 2 + 6x) − 1 2 (x 3 − 4x 2 + 3x) + 1 6 (x 3 − 3x 2 + 2x) = 2x 3 +3x 2 +x 6 = x(x+1)(2x+1) 6 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="218"?> 8.3 Integrationsregeln 219 Wenn die Summenformel für die Summe der ersten n Quadratzahlen also ein Polynom dritten Grades in n ist, so muss sie wie in Satz 8.4 lauten. Dass die Formel tatsächlich korrekt ist, kann man beispielsweise mit dem Prinzip der vollständigen Induktion beweisen, welches an dieser Stelle aber nicht behandelt werden soll. Es sei abschließend erwähnt, dass man Integrale auch durch Einschluss in Rechteckssummen annähern kann. Beide Methoden, die Ausschöpfung (durch Untersummen) und der Einschluss (durch Obersummen) stellen die Grundlage zur formalen Einführung des allgemeinen Integralbegriffs dar. Funktionen, bei denen sich durch beliebige Annäherung mit Untersummen und Obersummen stets der gleiche Grenzwert ergibt, heißen integrierbar . Insbesondere ist jede stetige Funktion f : [a; b] → R auf [a; b] integrierbar. Das Integral wird auch als Riemann-Integral bezeichnet. Übungen zu Abschnitt 8.2 7. Berechnen Sie ∫ 2 1 3 4 x 2 dx durch Einschluss in Rechtecksummen (Obersummen). Teilen Sie hierzu das Intervall [1; 2], wie im Text beschrieben in n Teilintervalle ein, und verwenden Sie als Höhe der Rechtecke jeweils den Funktionswert an der rechten Intervallgrenze. Bilden Sie anschließend den Grenzwert für n → ∞. 8. Überlegen Sie sich mit der Methode der Lagrange-Polynome eine Formel für 1 3 +2 3 +3 3 +· · ·+n 3 , n ∈ N . Verwenden Sie diese Formel, um das Integral ∫ 2 0 x 3 dx durch Ausschöpfung zu bestimmen. Vergleichen Sie den gewonnenen Wert mit dem Ergebnis, welches Sie mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung erhalten. 9. Berechnen Sie das Integral ∫ 1 0 ( 1 2 x + 1)dx auf drei verschiedene Arten: a) durch geometrische Flächenformeln anhand des Graphen von f, b) mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, c) durch Ausschöpfung von Rechtecksflächen unter Ausnutzung der Formel 1 + 2 + 3 + · · · + n = n(n+1) 2 , n ∈ N . 8.3 Integrationsregeln Wir haben im Zusammenhang mit der Stammfunktion schon den engen Zusammenhang zwischen der Differentiation und der Integration gesehen. Zu Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="219"?> 220 8 Integralrechnung Typ Funktion f(x) = Parameter Definitionsbereich Stammfunktion ∫ f(x)dx = Konstant 1 R x Linear x R 1 2 x 2 Normalparabel x 2 R 1 3 x 3 Kehrwert 1 x x 6= 0 ln(x) Monom, allgemein x n n ∈ Z , n 6= −1 R , (x 6= 0 für n < 0) 1 n+1 x n+1 Potenzfunktion x a a ∈ R , a 6= −1 x > 0 1 a+1 x a+1 Exponentialfkt. e x R e x allgemein a x = e x ln(a) a > 0 R 1 ln(a) a x Logarithmusfkt. ln(x) x > 0 x ln(x) − x allgemein log a (x) = ln(x) ln(a) a > 0 x > 0 x ln(x)−x ln(a) Sinus sin(x) R − cos(x) Cosinus cos(x) R sin(x) Tangens tan(x) = sin(x) cos(x) R n {± π 2 , ± 3π 2 , . . . } − ln(cos(x)) Tabelle 8.1: Tabelle wichtiger Funktionen und ihrer Stammfunktionen einer gegebenen Funktion f läßt sich mit Hilfe einer beliebigen Stammfunktion F von f das Integral ∫ b a f(x)dx = F (b) − F (a) ausdrücken. Weil sich f durch Ableiten aus F wieder ergibt, kann man durch die Umkehrung dieses Vorgangs Regeln zur Berechnung von Stammfunktionen - und damit von Integralen - formulieren. Konkret gehört zu fast jeder der bekannten Ableitungsregeln eine „Aufleitungsregel“. Diese kann für Stammfunktionen, aber dann auch für bestimmte Integrale formuliert werden. Zunächst lassen sich die in Tabelle 7.1 vgl. S. 161 angegebenen Ableitungsregeln in spezielle Integrationsregeln überführen. Diese finden Sie in Tabelle 8.1. Wenn man mit dieser Tabelle nicht auskommt, so helfen wie beim Ableiten allgemeine Konzepte für Stammfunktionen weiter: die Faktorregel für Integrale, die sich aus der Faktorregel für Ableitungen ergibt, die Summenregel für Integrale, die sich aus der Summenregel für Ableitungen ergibt, die Regel der partiellen Integration, die sich aus der Produktregel ergibt, und die Substitutionsregel, welche eine Konsequenz der Kettenregel ist. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="220"?> 8.3 Integrationsregeln 221 Satz 8.5 (Faktorregel) g : [a; b] → R sei eine stetige/ integrierbare Funktion, c ∈ R . Dann gilt: [1] Faktorregel für unbestimmte Integrale: ∫ cg(x) dx = c ∫ g(x) dx [2] Faktorregel für bestimmte Integrale: ∫ b a cg(x)dx = c ∫ b a g(x)dx Satz 8.6 (Summenregel) g, h : [a; b] → R seien stetige/ integrierbare Funktionen. Dann gilt: [1] Summenregel für unbestimmte Integrale: ∫ g(x) + h(x) dx = ∫ g(x) dx + ∫ h(x)dx [2] Summenregel für bestimmte Integrale: ∫ b a g(x) + h(x)dx = ∫ b a g(x)dx + ∫ b a h(x)dx Aus der Faktorregel, der Summenregel und der Regel für allgemeine Monome folgt die am häufigsten verwendete Regel, nämlich die für die Aufleitung von Polynomen. Diese werden gliedweise integriert, ein Monom vom Grad n geht über in ein Monom vom Grad n + 1, wobei der Grad als Kehrfaktor 1 n+1 mitberücksichtigt wird. Beispiel 8.5 Betrachten Sie hierzu nochmals das Eingangsbeispiel eines Polynoms vierten Grades: p(x) = x 4 − 11x 3 + 34x 2 − 24x. Die Stammfunktion von p erhalten Sie durch Aufleiten jedes Summanden, d.h. durch die Übergänge x 4 ; 1 5 x 5 , x 3 ; 1 4 x 4 , x 2 ; 1 3 x 3 und x ; 1 2 x 2 . Wenn man noch die vorhandenen Koeffizienten in p fortführt, ergibt sich die Stammfunktion P (x) = 1 5 x 5 − 11 4 x 4 + 34 3 x 3 − 8x 2 Manchmal sind nur ein paar Termumformungen der zu integrierenden Funktion erforderlich, um mit Hilfe der Summen- und Faktorregel auf die vertafelten Stammfunktionen zurückgreifen zu können. Eine etwas trickreichere Termumformung, die so genannte Partialbruchzerlegung haben wir bereits in Kapitel 4 kennen gelernt vgl. S. 95 : Beispiel 8.6 Gesucht ist eine Stammfunktion von f(x) = 3x 2 −13x+12 (x−1) 3 = (3x−4)(x−3) (x−1) 3 . In Beispiel 4.31 vgl. S. 96 wurde die Partialbruchzerlegung f(x) = 3x 2 −13x+12 (x−1) 3 = 3 x−1 − 7 (x−1) 2 + 2 (x−1) 3 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="221"?> 222 8 Integralrechnung gefunden. Diese Darstellung kann nun summandenweise unter Rückgriffauf Tabelle 8.1 und die Summen- und Faktorregel aufgeleitet werden: ∫ f(x)dx = 3 ln(x − 1) + 7 x−1 − 1 (x−1) 2 Wenn man weitestgehend unter Rückgriffauf rationale Funktionen rechnen kann, kommt man mit den genannten Regeln meist aus. Auch Summen von „Standardfunktionen“ aus der angegebenen Integrationstabelle sind dann noch unproblematisch. Manchmal stellen sich die zu integrierenden Funktionen aber als Produkte dar und lassen sich nicht als Summen von einfacheren Funktionstermen schreiben. Die Integration von Produkten von Funktionen gestaltet sich dabei wie die Ableitung von Produkten aufwändiger als die Integration von Summen. Ein Umformungsschritt der Produktintegration erzeugt dabei aus dem vorgegebenen Integral eines Produktes einen „finalen Term“, der wie eine Stammfunktion ausgewertet werden kann, abzüglich eines weiteren Integrals, welches bei geschicktem Ansatz dieser Integrationstechnik dann leichter berechnet werden kann. Satz 8.7 (Partielle Integration) g, h : [a; b] → R seien differenzierbare Funktionen. Dann gilt: [1] Regel der partiellen Integration für unbestimmte Integrale: ∫ g ′ (x)h(x)dx = g(x)h(x) − ∫ g(x)h ′ (x)dx [2] Regel der partiellen Integration für bestimmte Integrale: ∫ b a g ′ (x)h(x)dx = (g(b)h(b) − g(a)h(a)) − ∫ b a g(x)h ′ (x)dx Interpretation der Regel für unbestimmte Integrale: Ist F eine Stammfunktion von gh ′ , dann ist gh − F eine Stammfunktion von g ′ h. Wir betrachten einige Beispiele zur partiellen Integration: Beispiel 8.7 Die Funktion f : ]0; ∞[→ ∞, f(x) = x ln(x) hat die Stammfunktion H(x) = x 2 (ln(√x) − 1). Betrachten Sie nämlich hierzu die Darstellung f(x) = g ′ (x)h(x) mit g ′ (x) = x und h(x) = ln(x). Eine Stammfunktion zu g ′ ist g(x) = 1 2 x 2 , h hat die Ableitung h ′ (x) = 1 x . Nach der Regel der partiellen Integration ist die gesuchte Stammfunktion ∫ x ln(x)dx = ∫ g ′ (x)h(x)dx = g(x)h(x) − ∫ g(x)h ′ (x)dx = 1 2 x 2 ln(x) − ∫ 1 2 x 2 1 x dx = x 2 ln(√x) − ∫ 1 2 xdx = x 2 ln(√x) − x 2 = x 2 (ln(√x) − 1) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="222"?> 8.3 Integrationsregeln 223 Beispiel 8.8 Die Stammfunktion zur Funktion f : R → R , f(x) = x 2 e −x wird durch zweimaliges partielles Integrieren gewonnen. Schritt 1: g(x) = x 2 , h ′ (x) = e −x . Mit g ′ (x) = 2x, h(x) = −e −x folgt ∫ x 2 e −x dx = −x 2 e −x − ( ∫ 2x(−e −x )dx = x 2 e −x + 2 ∫ xe −x dx6 Schritt 2: g(x) = x, h ′ (x) = e −x . Mit g ′ (x) = 1, h(x) = −e −x folgt ∫ xe −x dx = −xe −x − ∫ 1 · (−e −x )dx Wegen ∫ e −x dx = −e −x ergibt sich insgesamt ∫ x 2 e −x dx = −x 2 e −x + 2(−xe −x − e −x ) = −e −x (x 2 + 2x + 2) Wem diese zweifache partielle Integration etwas suspekt ist, sollte an dieser Stelle die Probe durch Ableiten vornehmen: mit der Produktregel bekommt der zuletzt gewonnene Ausdruck −e −x (x 2 + 2x + 2) die Ableitung e −x (x 2 + 2x + 2) − e −x (2x + 2) = e −x x 2 Manchmal führt auch die mehrfache Ausführung der partiellen Integration nicht zu einem einfacheren Integral, sondern irgendwann gelangt man zum Ausgangsintegral zurück (so genanntes Phönix-Prinzip ). Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die auftretenden Funktionen aus dem Bereich der trigonometrischen Funktionen kommen. Dann liefert die partielle Integration zumindest eine Formel, aus der man gegebenenfalls das zu bestimmende Integral „isolieren“ kann. Beispiel 8.9 Gesucht ist das unbestimmte Integral ∫ sin(x) cos(x)dx. Mit g(x) = sin(x), h ′ (x) = cos(x) folgt mit der partiellen Integration ∫ sin(x) cos(x)dx = sin 2 (x) − ∫ sin(x) cos(x)dx Löst man diese Gleichung nach dem unbekannten Integral auf, so folgt ∫ sin(x) cos(x)dx = 1 2 sin 2 (x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="223"?> 224 8 Integralrechnung Vorsicht bei der Anwendung der partiellen Integration! Wenn eine Funktion sich als Produkt mehrerer Funktionen darstellt, so hat man mehrere Möglichkeiten, f ′ und g als Faktoren des Produktes festzulegen. Diese Möglichkeiten ergeben völlig verschiedene Richtungen der Umformung und nur eine der beiden Möglichkeiten führt in der Regel zum Ziel der Vereinfachung des Integrals. Beispiel 8.10 Die Problematik sei anhand des gerade behandelten Beispiels ∫ x 2 e −x dx erläutert. Wenn man hier g ′ (x) = x 2 und h(x) = e −x wählt, so ergibt sich durch den Ansatz der partiellen Integration ∫ x 2 e −x dx = 1 3 x 3 e −x + ∫ 1 3 x 3 e −x dx und es ist nichts gewonnen, denn das resultierende Integral hat sich eher noch „verschlimmert“. Hier versucht man statt dessen, wie in Beispiel 8.7 gerechnet durch wiederholte partielle Integration den Polynomfaktor so lange zu differenzieren, bis er zu einer Konstanten wird. Neben Produkten von Funktionen muss man oft hintereinander ausgeführte („verkettete“) Funktionen h ◦ g integrieren; meist ist die „äußere“ Funktion h eine Potenz-, Wurzel- oder Logarithmusfunktion, oder sie stellt in der Form h(x) = 1 x die innere Funktion in den Kehrwert. Integrale von verketteten Funktionen zu berechnen, ist nicht ganz einfach, weil die zu integrierende Funktion nicht einfach von der Form h ◦ g sein darf, sondern über noch einen weiteren Faktor g ′ in Form der Ableitung der inneren Funktion verfügen muss. Das ist bei einer komplizierten Funktion manchmal nicht unbedingt auf Anhieb zu erkennen. Satz 8.8 (Substitutionsregel) H : [c; d] → R sei Stammfunktion von h : [c; d] → R , g : [a; b] → [c; d] sei differenzierbar mit stetiger Ableitungsfunktion g ′ und mit g[x] ∈ [a; b] für alle x ∈ R . [1] Substitutionsregel für unbestimmte Integrale: Für alle x ∈ [a; b] gilt: ∫ h(g(x))g ′ (x)dx = H(g(x)) [2] Substitutionsregel für bestimmte Integrale: ∫ b a h(g(x))g ′ (x)dx = ∫ g(b) g(a) h(z)dz = H(g(b)) − H(g(a)) Beispiel 8.11 ∫ e (x−1) 2 (2x − 2)dx = e (x−1) 2 , Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="224"?> 8.3 Integrationsregeln 225 denn mit g(x) = (x − 1) 2 = x 2 − 2x + 1, g ′ (x) = 2x − 2 ist der Integrand von der Form e g(x) g ′ (x), und die Stammfunktion H von h(x) = e x ist wieder die e-Funktion. Beispiel 8.12 ∫ cos(√x+1) 2√x+1 = sin √x + 1, denn mit g(x) = √x + 1, g ′ (x) = 1 2√x+1 ist der Integrand von der Form cos(g(x))g ′ (x), und sin(x) ist Stammfunktion der Kosinusfunktion. Beispiel 8.13 ∫ 2x−10 (x−5) 2 dx = ln((x − 5) 2 ) = 2 ln(x − 5), denn mit g(x) = (x − 5) 2 = x 2 − 10x + 4, g ′ (x) = 2x − 10 ist der Integrand von der Form g 0 (x) g(x) , und die äußere Funktion ist hier die Kehrfunktion h(x) = 1 x mit Stammfunktion ln(x). Wir wollen hier einige Spezialfälle der Substitutionsregel mit allgemeinen differenzierbaren (inneren) Funktionen g : ]a; b[→ R benennen: ∫ e g(x) g ′ (x)dx = e g(x) ∫ cos(g(x))g ′ (x)dx = sin(g(x)) und ∫ sin(g(x))g ′ (x)dx = − cos(g(x)) Falls g(x) > 0 für alle x ∈]a; b[, so gilt ∫ g 0 (x) g(x) dx = ln(g(x)). Man nennt den Ausdruck g 0 (x) g(x) ) wegen dieses Zusammenhangs auch die logarithmische Ableitung von g, vgl. auch Kapitel 7, Aufgabe 23 vgl. S. 189 . Falls g(x) > 0 für alle x ∈]a; b[, so gilt ∫ g 0 (x) √ g(x) dx = 2 √ g(x) Die Substitutionsregel kann auch von rechts nach links gelesen werden: Falls g zusätzlich streng monoton wachsend ist, gilt ∫ d c h(z)dz = ∫ g −1 (d) g −1 (c) h(g(x))g ′ (x)dx In dieser Form ist die Regel aber besonders schwer anzuwenden, weil die Funktion g erst noch „ gefunden“ werden muss, so dass das resultierende Integral auch wirklich handhabbar ist. Übungen zu Abschnitt 8.3 10. Berechnen Sie die folgenden Integrale mit Hilfe der Faktor- und Summenregel und der Integrale aus Tabelle 8.1: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="225"?> 226 8 Integralrechnung a) 6 ∫ 0 (x 3 − 2x 2 + 5)dx b) 3/ √ 2 ∫ −3/ √ 2 (x + 1)(2x − 3)dx c) e ∫ 1 (e ln(x) + 2x)dx d) e ∫ 1 x+1 x dx e) 2 ∫ 0 √4x + 1dx f) a ∫ −a a 2 ( e x a + e − x a ) dx g) ∫ ( x+1 x−1 ) 2 dx 11. Berechnen Sie die folgenden Integrale mit der Regel der partiellen Integration: a) ∫ (5 + x)e x dx b) ∫ sin 2 (x)dx c) ∫ x cos(x)dx d) ∫ ln(x) 2 dx e) ∫ ln( x 1−x )dx 12. Berechnen Sie die folgenden Integrale mit der Substitutionsregel: a) ∫ (2x 2 + 1) 10 5x dx b) ∫ xe −x 2 dx c) ∫ (1 + ln(x))x 2x dx 13. Ein Verkehrswacht-Unternehmen wirbt mit einem Schutzengel-Logo, dessen Begrenzungslinien durch die Funktionen f(x) = 3x √ x(1 − x) und g(x) = f(1 − x) dargestellt werden. Für die Fassade der Hauptverwaltung soll eine 4 Meter breite Version des Logos aus 5 cm dickem Edelstahl gefertigt werden. Wie schwer wird das Logo, wenn ein Quadratmeter einer solchen Edelstahlplatte 445 Kilogramm wiegt? 14. Der Catering-Service „Leckerfatz“ möchte seinen sehr exklusiven Flyer durch ein 3 cm breites Logo in Form eines stilisierten Sektglases verschönern. Die dabei verwendete Silberdruckfolie wird von der Druckerei separat berechnet. Der rechte Glasrand oberhalb des Fußes kann durch die Funktion f : [0; 3 2 ] → R , f(x) = e 3 2 x− 1 4 + 1 2 beschrieben werden, der Fuß ist ein gleichschenkliges Dreieck mit Abszisse als Basis und Tangente an f im Punkt (0|f(0)) als Schenkel. Berechnen Sie den Flächeninhalt des Logos. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="226"?> 8.4 Uneigentliche Integrale 227 8.4 Uneigentliche Integrale Bisher haben wir Flächen nur unter begrenzten Teilstücken von Funktionen berechnet, d.h. über endlichen Intervallen [a; b]. Gerade in der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik aber müssen Flächen unter Funktionsgraphen auch über Intervallen der Form [0; ∞[, ]0; ∞[ oder ] −∞; ∞[ ausgerechnet werden. Beispielsweise wird im Rahmen der Warteschlangenrechnung die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des nächsten Kunden innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne mit Hilfe der so genannten Exponentialverteilung modelliert. Ein Spezialfall hiervon ist eine Exponentialverteilung mit Wahrscheinlichkeitsdichte p(x) = e −x . Das bedeutet beispielsweise, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen des nächsten Kunden in dem Zeitraum [2, 4] mit Hilfe dieser Wahrscheinlichkeitsdichte als ∫ 4 2 e −x dx ausgedrückt wird. Die Fläche unter dem Graphen der Wahrscheinlichkeitsdichte dient also der Darstellung der Wahrscheinlichkeit (diese Vorstellung von Wahrscheinlichkeit lässt sich am leichtesten mit der geometrischen Wahrscheinlichkeit verbinden, bei der die Wahrscheinlichkeit für das „Treffen“ einer Teilfläche, z.B. bei einem Glücksrad als proportional zum Flächeninhalt angenommen wird). Dabei müssen aber auch Wahrscheinlichkeiten von (zeitlich) nach oben (und/ oder nach unten) „offen gehaltenen“ Ereignissen modelliert und berechnet werden. Beispielsweise könnte man im oben angegebenen Warte- Zusammenhang nach der Wahrscheinlichkeit fragen, dass der nächste Kunde frühestens nach einer Zeiteinheit ankommt, d.h. dass der Zeitpunkt seiner Ankunft im Intervall [1; ∞[ liegt. Man hat es dann mit dem Integral Z ∞ 1 e −x dx zu tun vgl. Abbildung 8.4 , dessen genaue Bedeutung zu präzisieren ist, will man die Wahrscheinlichkeit auch berechnen können. Derartige uneigentliche Integrale lassen sich als Grenzwerte von Integralen mit begrenztem Integrationsintervall erklären: Definition 8.2 [1] Für eine integrierbare Funktion f : [a; ∞[→ R ist das (uneigentliche) Integral über [a; ∞] wie folgt definiert: ∫ 1 a f(x)dx : = lim b! 1 ∫ b a f(x)dx [2] Für eine integrierbare Funktion f : ] − ∞; b] → R ist das (uneigentliche) Integral über ] − ∞; b] wie folgt definiert: ∫ b −1 f(x)dx : = lim a! −1 ∫ b a f(x)dx Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass der rechts stehende Grenzwert existiert. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="227"?> 228 8 Integralrechnung Abbildung 8.4: Die Fläche unter dem Graphen der Funktion f(x) = e −x über dem Intervall [1; ∞[ ist ein uneigentliches Integral Vorgehensweise bei uneigentlichen Integralen ist also die uneigentliche Grenze ∞ (bzw. −∞) durch einen endlichen veränderlichen Wert zu ersetzen, das entstehende Integral mit den bekannten Methoden zu einem geschlossenen Ausdruck zu berechnen, den Grenzübergang mit dem veränderlichen Wert gegen ∞ (bzw. −∞) durchzuführen. Beispiel 8.14 So ergibt sich für das oben genannte uneigentliche Integral bei fester oberer Integrationsgrenze b > 1: ∫ b 1 e −x dx = [−e −x ] x=b x=1 = (−e −b ) − (−e −1 ) = 1 e − e −b Lässt man nun die obere Integrationsgrenze b gegen unendlich divergieren, so konvergiert der Ausdruck e −b gegen Null, und es verbleibt ∫ ∞ 1 e −x dx = lim b→∞ ∫ b 1 e −x dx = 1 e − lim b→∞ e −b = 1 e Beispiel 8.15 (Gamma-Funktion) Uneigentliche Integrale der Form ∫ ∞ 0 x a e −x dx = lim t→∞ ∫ t 0 x a e −x dx, a > 0 werden wie folgt berechnet: mit f(x) = x a , g ′ (x) = e −x folgt f ′ (x) = ax a−1 , g(x) = −e −x . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="228"?> 8.4 Uneigentliche Integrale 229 Partielle Integration ergibt dann für t > 0 ∫ t 0 x a e −x dx = [−x a e −x ] t 0 + ∫ t 0 ax a−1 e −x dx = −t k e −t + a ∫ t 0 ax a−1 e −x dx Weil aber für t → ∞ die Exponentialfunktion schneller gegen ∞ strebt als jedes beliebige Polynom (k-ten Grades), vgl. Satz 6.7 vgl. S. 141 , verschwindet beim Grenzwertübergang der Stammfunktionssummand des partiellen Integrationsschrittes, und es gilt ∫ ∞ 0 x a e −x dx = a ∫ ∞ 0 x a−1 e −x dx Das Integral ∫ ∞ 0 x a−1 e −x dx ist in der Mathematik als Gamma-Funktion (a) bekannt. Die gerade mit partieller Integration hergeleitete (rekursive) Formel lautet dann für a > 0 (a + 1) = a (a) Speziell gilt dann (1) = ∫ ∞ 0 e −x dx = lim t→∞ ∫ t 0 e −x dx = lim t→∞ (1 − e −t ) = 1 und damit (2) = 1 (1) = 1, (3) = 2 (2) = 2, (4) = 3 (3) = 6, . . . Die Gammafunktion verallgemeinert die für ganzzahlige Argumente k definierte Fakultät nach R , es gilt (k) = (k − 1)! Manchmal treten auch Integrale auf, bei denen beide Intervallgrenzen uneigentlich sind. Beide Grenzen gleichzeitig durch Approximationen zu ersetzen, führt aber zu einer nicht in sich schlüssigen Festlegung des Integrals: Beispiel 8.16 Es gilt ∫ b a 2x 1+x 2 dx = ln(1 + b 2 ) − ln(1 + a 2 ). Je nach der Form des Grenzwertübergangs a → −∞, b → ∞ kann man als Ergebnis für ∫ ∞ −∞ 2x 1+x 2 dx jeden belieben reellen Wert, die Werte ±∞ oder die Nichtexistenz schließen. Der Ausweg besteht in einer Aufteilung des Intervalls ] − ∞; ∞[ in zwei Teilintervalle ] − ∞; x 0 ] und [x 0 ; ∞[. Das Gesamtintegral entsteht durch Summation der (uneigentlichen) Teilintegrale: Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="229"?> 230 8 Integralrechnung Definition 8.3 Für eine integrierbare Funktion f : ] − ∞; ∞[→ R ist das (uneigentliche) Integral über ] − ∞; ∞[ wie folgt definiert (sofern beide Grenzwerte existieren): 1 ∫ −1 f(x)dx : = x 0 ∫ −1 f(x)dx + 1 ∫ x 0 f(x)dx Dabei ist x 0 ∈ R beliebig gewählt. Man kann zeigen, dass der Wert eines zweiseitigen uneigentlichen Integrals nicht davon abhängt, an welcher Stelle x 0 das Integral aufgespalten wird. Existiert er für eine bestimmte Wahl von x 0 , so auch für jede andere, und man erhält denselben Wert. Ergibt sich bei einer bestimmten Wahl von x 0 für eines der Integrale der Wert ∞ und für das andere der Wert −∞, so existiert das Ausgangsintegral nicht - Ausdrücke der Form ∞ + (−∞) werden in der Analysis als undefiniert angesehen das ist dann auch für jede andere Wahl von x 0 der Fall. Beispiel 8.17 Im vorigen Beispiel gilt bei Verwendung von x 0 = 0: ∫ ∞ 0 2x 1+x 2 dx = lim b→∞ ∫ b 0 2x 1+x 2 dx = lim b→∞ (ln(1 + b 2 )) = ∞ und entsprechend für das andere Teilintegral ∫ 0 −∞ 2x 1+x 2 dx = −∞. Das gesuchte Integral ∫ ∞ −∞ 2x 1+x 2 dx existiert also nicht. Abschließend ein Beispiel, bei dem das Integral mit zwei uneigentlichen Grenzen existiert. In der Wahrscheinlichkeitsrechnung/ Statistik tritt dieses Integral beim sogenannten Erwartungswert der Normalverteilung auf. Beispiel 8.18 Das uneigentliche Integral ∫ ∞ −∞ xe −x 2 dx schreiben wir als Summe: ∫ ∞ −∞ xe −x 2 dx = ∫ 0 −∞ xe −x 2 dx + ∫ ∞ 0 xe −x 2 dx Das rechte Teilintegral ergibt sich als ∫ ∞ 0 xe −x 2 dx = lim t→∞ ∫ t 0 xe −x 2 dx = lim t→∞ [− 1 2 e −x 2 ] t 0 = 1 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="230"?> 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente 231 Für das rechte Teilintegral ergibt sich auf vergleichbarem Wege ∫ 0 −∞ xe −x 2 dx = − 1 2 Es gilt also ∫ ∞ −∞ xe −x 2 dx = 0. Übungen zu Abschnitt 8.4 15. Berechnen Sie die folgenden uneigentlichen Integrale: a) ∫ ∞ 0 1 (x+1) 2 dx b) ∫ ∞ 1 ln(x) x 2 dx 16. Bei Funktionen mit Definitionslücken können Integrale gegebenenfalls auch dann berechnet werden, wenn eine oder zwei Definitionslücken den Integrationsbereich begrenzen. Dazu lässt man die jeweilige Integrationsgrenze gegen die Polstelle konvergieren. Bestimmen Sie auf diese Weise den Wert der folgenden Integrale: a) ∫ 1 0 1 √x dx b) ∫ 1 0 x ln( 1 x )dx c) ∫ 1 0 ln( x 1−x )dx d) ∫ 1 −1 1 (x−1) 2 dx 17. Für t > 0 sei G t der Graph der Funktion f : ]0; ∞[→ R , f(x) = 1 x t . Das Quadrat Q mit den gegenüberliegenden Eckpunkten (0|0) und (1|1) teilt die Fläche, die von G t , der Abszisse und der Ordinate begrenzt wird, in drei Teilflächen A, B, und Q. Für welche Werte von t hat A endlichen Flächeninhalt, für welche Werte von t hat B endlichen Flächeninhalt? 18. Bestimmen Sie für n ∈ N , n ≥ 2 den Inhalt der Fläche, die von den Funktionen f(x) = 1 x n und g(x) = 1 x n+1 rechts von x = 1 begrenzt wird. 19. Für n ∈ N sei G n die Fläche unter dem Graphen der Funktion f n (x) = e −nx−e x . Bestimmen Sie den Inhalt der Fläche. 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente Sie werden den grundsätzlichen Sinn eines Kalküls zur Flächenberechnung sicher erkannt haben, sich aber vielleicht jetzt doch noch fragen: „Wo werde ich als angehende/ r Wirtschaftswissenschaftler/ in mit Integralen rechnen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="231"?> 232 8 Integralrechnung müssen? “ Wir haben die Bedeutung der Integralrechnung im Rahmen der Statistik bereits angesprochen. In diesem letzten Abschnitt des Kapitels soll Ihnen jetzt noch eine typisch ökonomische Anwendung der Integralrechnung näher gebracht werden, die Wohlfahrtsrechnung . In der Volkswirtschaftslehre versucht man unter anderem, das Verhalten von Akteuren auf einem Markt zu verstehen, also demjenigen Ort, an dem sich Anbieter und Abnehmer von Waren begegnen, und an dem der Preis für Waren durch das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Wir wollen im Folgenden auf diesem Markt ein ganz bestimmtes Produkt zugrunde legen. Hier muss man sich nun einen Mechanismus überlegen, mit dem der Preis des Produktes auf dem Markt festgelegt werden soll, und dabei die Konsequenzen für beide Seiten, Anbieter wie Abnehmer, aus dieser Preisfestlegung erörtern. Ein einzelner Abnehmer des Produktes hat von vorneherein eine gewisse Zahlungsbereitschaft, d.h. wenn er das Produkt auf dem Markt nur zu einem höheren Preis findet, so wird er es nicht kaufen; wenn er es aber zu einem geringeren Preis auf dem Markt findet, so wird er es kaufen. Umgekehrt haben auch die Anbieter auf dem Markt eine Preisbereitschaft. In der Ökonomie geht man meist davon aus, dass ein Anbieter jeden Preis noch akzeptiert, der über seinen variablen Herstellungskosten liegt. Wenn man für das Produkt am Markt einen allgemein gültigen Preis ausgehandelt hat, dann werden diejenigen Anbieter, deren Preisbereitschaft unter diesem Marktpreis liegen, und diejenigen Kunden, deren Zahlungsbereitschaft oberhalb dieses Marktpreises liegen, miteinander den Handel abschließen. Welcher Kunde dabei mit welchem Anbieter handelseinig wird, steht dabei nicht im Vordergrund. Bei beiden Akteuren, die den Handel eingehen können, führt der Unterschied zwischen Marktpreis und dem eigenen Preis zu einer Ertragssituation, die im Sinne des Konsumenten durchaus „künstlich“ zu nennen ist. Der Konsument hat den Unterschied zwischen Marktpreis und seiner eigenen Preisbereitschaft als Geld eingespart, das auszugeben er bereit gewesen wäre. Der Produzent streicht den Unterschied zwischen seinen variablen Herstellungskosten und dem Marktpreis als Deckungsbeitrag ein. Der eingesparte Betrag des Kunden heißt Konsumentenrente , der Deckungsbeitrag des Produzenten heißt Produzentenrente . Werden diese Renten über alle Anbieter bzw. alle Konsumenten saldiert, so spricht man ebenfalls von der Produzentenbzw. Konsumentenrente (des Marktes). Die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente des Marktes heißt Wohlfahrt . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="232"?> 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente 233 Abbildung 8.5: Illustration der empirischen Konsumentenrente auf einem Markt mit 10 Teilnehmern und einem Marktpreis p = 18. Links: Preisbereitschaft; Mitte: Treppenfunktion; Rechts: Konsumentenrente des Marktes als Fläche (Angaben auf der Abszisse in % der Marktteilnehmer) DGS Wir wollen im folgenden anhand der Konsumentenrente erläutern, was dieser Begriffmit der Flächenrechnung durch Integrale zu tun hat. Nehmen wir dazu exemplarisch an, dass sich n = 10 Kunden für ein Produkt interessieren und die folgenden Zahlungsbereitschaften haben: 0, 22, 28, 19, 44, 22, 43, 0, 26, 11. Mit 0 ist hier gemeint, dass die betreffenden beiden Kunden nur dann an dem Produkt interessiert sind, wenn es nichts kostet. Wir berechnen nun für jeden der angegebenen Werte, wie viel Prozent der Kunden bereit sind, diesen oder einen höheren Preis zu zahlen und erhalten die folgende Tabelle Preisbereitschaft 0 11 19 22 26 28 43 44 Kundenanteil in % 100 80 70 60 40 30 20 10 Beispielsweise wird der Preis p = 28 (oder höher) von drei der Kunden (nämlich denen mit den Preisbereitschaften 28, 43 und 44), d.h. von 30% der Kunden akzeptiert, der Preis p = 11 hingegen schon von 80% der Kunden. Wir tragen nun diese tabellarischen Werte in einem Schaubild ab, welches auf der Abszisse die Kundenanteile und auf der Ordinate die Preisbereitschaft vermerkt, und verbinden die Punkte so, dass eine Treppenfunktion entsteht, welche genau die eingetragenen Punkte als Sprungstellen hat vgl. Abbildung 8.5 . Jeder Konsument findet sich mit seiner Preisbereitschaft nun in der Treppenfunktion wieder. Beispielsweise zeigt der Bereich zwischen 40% und 60% an, dass es zwei Kunden mit der Preisbereitschaft 22 gibt. Angenommen, der Marktpreis für das Produkt ist p = 18. Dann tragen alle Kunden, deren Preisbereitschaft 18 oder höher ist, zur Konsumentenrente bei. Ihr Beitrag entspricht der Rechteckssäule, die zwischen der Treppenfunktion und der Gerade p = 18 eingezeichnet werden kann (die Breite jeder Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="233"?> 234 8 Integralrechnung n = 10 n = 50 n = 500 Abbildung 8.6: Illustration der empirischen Konsumentenrente auf einem Markt mit 10, 50 und 500 Konsumenten DGS Säule ist in diesem Fall 10% oder 20%, je nachdem, ob ein oder zwei Kunden diese Preisbereitschaft aufweisen, der Faktor 10 für den Übergang zu Prozentzahlen kann durch Division entfernt werden, um die Fläche in die tatsächliche Konsumentenrente zu überführen). Die in Abbildung 8.5 rechts dargestellte schraffierte Fläche entspricht dann der (mit 10 multiplizierten, weil auf der Abszisse Prozentzahlen vorliegen) Konsumentenrente des Marktes. Der Flächeninhalt beträgt das Zehnfache von (44 − 18) + (43 − 18) + (28 − 18) + (26 − 18) + 2 · (22 − 18) + (19 − 18) = 78 Eine entsprechende Skizze/ Rechnung kann man auch für die Produzentenrente auf Basis der variablen Herstellungskosten der einzelnen Anbieter anstellen. Weil aber für Produzenten höhere Preise interessanter sind, ist der Verlauf der Treppenfunktion in diesem Falle monoton wachsend und die Produzentenrente entspricht der Fläche unterhalb der Marktpreislinie bis zur Treppenfunktion der Preisbereitschaften der Anbieter. Sie werden jetzt vielleicht einwenden, dass die genannten Flächen sich ja als Summen von verhältnismäßig wenig Rechtecksflächen ergeben und man somit auf Integrale noch verzichten kann. Wenn Sie sich aber verdeutlichen, dass reale Märkte mit deutlich mehr Konsumenten und Produzenten funktionieren, werden Sie in der Regel die 100% des Marktes wesentlich feiner „segmentieren“ müssen. Dies haben wir einmal in Abbildung 8.6 skizziert. Sie sehen, dass die Treppenfunktionen typischerweise immer „ glatter“ werden und sich einem idealen Funktionsverlauf annähern. Für einen Markt mit Konsumenten, deren Preisbereitschaften unabhängig voneinander, aber gleichzeitig strukturell ähnlich zustande kommen, ist dieser Sachverhalt als Zentralsatz der Statistik bekannt. Wie bei der Darstellung von Flächen unter Kurven als Grenzwerte von Rechteckssummen (Riemann-Integral) ergibt sich die (theoretische) Konsumentenrente über einen völlig analogen Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="234"?> 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente 235 Abbildung 8.7: Nachfrage- und Angebotskurve mit Produzenten- und Konsumentenrente im Marktmodell aus Beispiel 8.19 DGS Grenzwertvorgang, sie ist also in der Tat als Integral (einer Nachfragefunktion) zu berechnen. In der VWL werden derartige glatte idealisierte Kurvenverläufe dann sowohl für die Nachfragebereitschaft der Konsumenten als auch für die Angebotsbereitschaft der Produzenten angenommen, diese sehen dann üblicherweise so aus wie in Abbildung 8.7. Auf der Abszisse muss jetzt der Markt nicht notwendig in Prozentzahlen angegeben werden; auch absolute Werte sind hier möglich. Die Preisbereitschaft von Anbietern und Abnehmern muss dabei sorgfältig modelliert werden; Grundlage der Nachfragekurve sollten ausreichende empirische Daten sein, die durch direkte Preisnachfrage oder auf typischen Auktionsmärkten gewonnen werden. Für die Angebotskurve benötigt man Informationen über die variablen Herstellungskosten der Anbieter. Das Ergebnis dieser Analysen ist dann eine monoton fallende Nachfragefunktion N : [0; ∞[→ R für die Preisbereitschaft der Konsumenten, eine monoton wachsende Angebotsfunktion A : [0; ∞[→ R für die Preisbereitschaft der Produzenten. Der Punkt (x ∗ |p ∗ ), bei dem sich die Nachfragefunktion und die Angebotsfunktion schneiden, wird als Gleichgewichtspreis oder Break-Even-Preis bezeichnet. Unter bestimmten Konstellationen hier spielt das Steigungs- Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="235"?> 236 8 Integralrechnung verhältnis von A(x ) N (x ) eine Rolle stellt sich dieser Preis auch als stabiles Gleichgewicht am Markt ein. Definition 8.4 Auf einem Markt für ein Produkt mit Break-Even-Preis p seien die monoton fallende Nachfrage N : [0, ∞[→ R und das monoton wachsende Angebot A : [0, ∞[→ R gegeben. (x |p ) = (x |N (x )) = (x |A(x )) sei der Break-Even- Punkt von Nachfrage und Angebot. [1] Unter der Konsumentenrente versteht man den Ausdruck KR(p ) = x ∫ 0 (N (x) − p )dx d.h. die Gesamtersparnis der zahlungsbereiten Konsumenten. [2] Unter der Produzentenrente versteht man den Ausdruck P R(p ) = x ∫ 0 (p − A(x))dx d.h. den Deckungsbeitrag der angebotsbereiten Produzenten. Die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente wird auch als Wohlfahrt bezeichnet. Die Analyse der Angebots- und Nachfragesituation auf einem Markt ist ein zentrales Anliegen der in der Volkswirtschaftslehre angesiedelten Wohlfahrtsrechnung . Konsumenten- und Produzentenrente sowie Wohlfahrt können auch für jeden anderen Marktpreis berechnet werden. Dann stimmen nachgefragte und angebotene Mengen des Produktes aber nicht mehr überein. Es kommen also nicht alle Konsumenten oder nicht alle Produzenten zum Zuge. Ein Ergebnis der Wohlfahrtsrechnung besteht darin, dass die Wohlfahrt des Marktes dann maximal wird, wenn der Break- Even-Preis als Marktpreis verwendet wird. Beispiel 8.19 Es sei N : [0, 52] → R , N (x) = 32(1− x 52 ) 2 = 2 169 x 2 − 16 13 x+32 die Nachfragekurve und A : [0, 65] → R , A(x) = 50( x 65 ) 2 = 2 169 x 2 die Angebotskurve. Den Break-Even-Punkt (x ∗ |p ∗ ) erhält man durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragepreis A(x) = N (x) im Intervall [0, 44] als x ∗ = 26 und p ∗ = A(26) = 8. Die Konsumentenrente ist dann KR(8) = Z 26 0 (N (x) − 8)dx = Z 26 0 ( 2 169 x 2 − 16 13 x + 24)dx = 2 507 x 3 − 8 13 x 2 + 24x x=26 x=0 = 832 3 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="236"?> 8.5 Konsumentenrente und Produzentenrente 237 Die Produzentenrente ist P R(8) = Z 26 0 (8 − 2 169 x 2 )dx = 208 − 2 507 26 3 = 416 3 Die Wohlfahrt beträgt also 832 3 + 416 3 = 416. Graphisch ist dies in Abbildung 8.7 dargestellt. Übungen zu Abschnitt 8.5 20. Berechnen Sie in folgenden Marktsituationen den Break-Even-Preis und die Wohlfahrt. a) A(x) = 1 20 x, N (x) = 5 − 1 30 x b) A(x) = 13 50 x + 3, N (x) = 20 − 1 100 x 2 c) A(x) = 3 4 ( x 100 ) 3/ 2 + 4, N (x) = 14 − 1 2 ( x 100 ) 3/ 2 d) A(x) = e 2x/ 5 + 5 e , N (x) = e 2 + 5e −x/ 5 21. Um den Schwarzmarkt-Handel mit Karten für das Finale der Fußballmeisterschaft von Duropa einzudämmen, wird eine Internet-Tauschbörse für Einzeltickets eingerichtet, bei der zunächst Gebote und Gesuche abgegeben werden dürfen und anschließend ein Marktpreis festgelegt wird. a) Aus den Geboten wird die Nachfragefunktion als Polynom N (x) dritten Grades mit N (0) = 500, N (200) = 400, N (800) = 200 und N (1000) = 0 ermittelt. Berechnen Sie N (x). b) Die Angebotsfunktion lautet A(x) = 1 2 x. Bestimmen Sie den Break-Even- Preis. c) Berechnen Sie die Konsumentenrente, die Produzentenrente und die Wohlfahrt der Tauschbörse. Zusammenfassung Integration von Funktionen ist einerseits die zur Differentiation umgekehrte Vorgehensweise, andererseits dient sie zur Flächenberechnung unter Funktionsgraphen und ist damit wichtige Grundlage der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik. Nach Erarbeitung der Inhalte dieses Kapitels sollten Sie Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="237"?> 238 8 Integralrechnung Stammfunktionen zu gegebenen Funktionen aufstellen können, sowohl für Standard-Funktionen, als auch unter Einsatz der Summenregel, partiellen Integration und Substitutionsregel. Flächen unter Funktionsgraphen mit Hilfe von Integralen bestimmen können. Integrale mit uneigentlichen Integrationsgrenzen ermitteln können. die Rolle der Integration in der Wohlfahrtsrechnung kennen. Übungen zur Vertiefung von Kapitel 8 22. Die Firma „DryTEX“ erwirbt für fünf Jahre eine Exklusiv-Lizenz zu Herstellung und Vertrieb von Regenbekleidung aus einer Textilfaser, die nach Vorbild einer im Wasser jagenden südamerikanischen Spinnenart entwickelt wurde. In der Fahrrad-Metropole Münster werden Studenten nach der Preisakzeptanz eines solchen Regenanzugs befragt. Aus der Befragung leitet sich die Nachfragefunktion N (x) = 250 − 1 2 x + 1 1000 x 2 − 1 1000000 x 3 her. a) Welcher Maximalabsatz x m > 0 lässt sich aus der Nachfragefunktion ermitteln? b) Bestimmen Sie eine Nachfragemenge x ∈ [0; x m ] mit N ′′ (x) = 0 und interpretieren Sie sie. c) Bei welcher abgesetzten Menge wird der maximale Erlös erzielt? d) Die Herstellungkosten lassen sich mit der Funktion K(x) = 1 10 x 2 + 26x + 5000 beschreiben. Bestimmen Sie die Gewinnfunktion, die Gewinnzone und den Cournot-Punkt. Stellen Sie die Ergebnisse graphisch dar. e) Könnte „DryTEX“ nach dem Auslaufen der Exklusivlizenz einen Konkurrenzpreis von 70 e langfristig unterbieten? f) Nach Auslaufen der Lizenz werden Regenanzüge auch von weiteren Herstellern angeboten. Die Angebotsbereitschaft auf dem Markt wird durch eine quadratische Funktion A(x) mit A(0) = 80, A(200) = 100 und A(600) = 200 beschrieben. Berechnen Sie die Angebotsfunktion. g) Berechnen Sie in der Marktsituation den Break-Even-Preis, die Konsumentenrente, Produzentenrente und Wohlfahrt (Runden Sie dabei die Nachfragemenge im Gleichgewichtspreis auf 2 Nachkommastellen). Erstellen Sie auch hier eine entsprechende Graphik. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="238"?> Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben Ausführliche Lösungen zu allen Übungsaufgaben finden Sie im Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer Kapitel 1 1. a),c),d): nein, b), e): ja 2. a) nein b) f(x) = −2x + 2, D = R c) f(x) = x 3 + 1, D = R d) f(x) = − 1 x , D = R n {0} 3. f( 2 3 ) f(−5) f(t) f( t 3 + 1) f( 1 t ) a) 4 −13 3t + 2 t + 5 3 t + 2 b) 3 −320 −9t 2 + 18t − 5 4 − t 2 −5t 2 +18t−9 t 2 c) −5 2 3 t+1 t−1 t+6 t t+1 1−t 4. a) {x ∈ R : x 6= 1 und x 6= − 2 3 } = R n {1, − 2 3 }; b) R n {0, 1 2 } 5. 6. c),d), f) und für α = 0 auch e) sind Graphen von Funktionen, die übrigen nicht. Dabei c),d): D = [1; 9], e); für = 0 ist D = [0; 11, 625], f): D = [1; 5] ∪ [6; 9] 7. f([0; 5]) = [−1; 9], f −1 ([−2; 0]) = [− 1 2 ; 1 2 ], Bild(g) = [−3; 2], g −1 ([−4; −1]) = [ 3 5 ; 1] (Definitionsbereich hier beachten! ), Bild(h) = [0; 1 5 ], h −1 ([0; 1]) = D h = [1; 2] Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="239"?> 240 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 8. monoton steigend: c),d),e) und - als Grenzfall zwischen monoton steigend und monoton fallend - auch f); streng monoton steigend: c), d) und e); monoton fallend: a),b) und - als Grenzfall - auch f); streng monoton fallend: a) und b); konvex: a), c) und f); streng konvex: nur a); konkav: c), d) und f); streng konkav: nur d); Wendepunkt in b) und e) in (4|4). 9. Kosten: streng monoton wachsend. Erlös: streng monoton wachsend links von x ≈ 581 und rechts von x ≈ 1418, ansonsten streng monoton fallend, Nullstelle im Ursprung . Streng konkav für x ≤ 1000, sonst streng konvex. Gewinn: streng monoton wachsend für x < 500, sonst streng monoton fallend. streng konkav für x < 500, sonst streng konvex. Maximaler Gewinn für x = 500. Nullstellen nahe 0 und 1500 10. Tabelle der Verkettungen: g(x) = x+1 x −x 1 x x 1 x−1 f(x) = x+1 x 2x+1 x+1 1−x x x + 1 x+1 x x −x − x+1 x x − 1 x −x − 1 x−1 1 x x x+1 − 1 x 1 1 x = x 1 x x − 1 x x+1 x −x 1 x x 1 x−1 1 x−1 x − 1 x+1 − x x−1 1 x−1 − x−1 x−2 11. a),c) haben Umkehrfunktionen, b) hat keine Umkehrfunktion 12. a) b) c) d) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="240"?> Kapitel 2 241 Kapitel 2 1. a) b) c) d) e) f) a −2 − 25 3 0 −t 2 t 5 b 7 − 97 6 7 −t t − 2s 3t 2 +2t 5(t−1) Nullstelle? 7 2 − 97 50 nein −1 für t 6= 0 s − t 2 − 3t+2 t−1 2. Nullstelle: x = − 100 a . Mehr als diese Menge wird - unabhängig vom Preis - nicht nachgefragt. 3. f(x) = 28000 − 5600x 4. 6 Stunden und 30 Minuten 5. a) f(x) = 2(x − 1) − 1 = 2x − 3 b) f(x) = −3(x − (−3)) + 4 = −3x + 13 c) f(x) = 4 5 (x − 5) + 6 = 4 5 x + 2 d) f(x) = (−2)(x − (−1)) − 1 = −2x + 1 6. f(x) = 3t 2 + 2 + 3(x − t 2 ) 7. K(x) = 0, 2029x + 273, 575 8. s = 2, t = 3 2 9. a) f −1 (x) = 1 3 x − 2 3 b) f −1 (x) = −3x − 3 4 c) f −1 (x) = x d) f −1 (x) = tx − t(t − 1) 10. a) h(x) − 1 3 x + 26 3 b) h(x) = 8x + 142 c) h(x) = 3 2 x + 27 2 11. a = −3 und g t (x) = −3x + t 12. Nein. 13. a) Die Geraden schneiden sich für x = 27 13 b) Für t = 3 sind die Geraden identisch. Für t 6= 3 schneiden sie sich genau in x = −1. c) Für t = 10 liegen die Geraden parallel und haben keine Schnittpunkte. Für t 6= 10 gibt es genau einen Schnittpunkt in x == 4t t−10 14. a) f 1 (x) = 1 8 x− 13 8 , f 2 (x) = − 7 4 x+ 31 4 , f 3 (x) = 1 8 x+ 47 8 , f 4 (x) = − 7 4 x− 29 4 b) h 1 (x) = 2x + 4, h 2 (x) = − 1 2 x + 3 2 , Schnittpunkt ist (−1|2). c) Es liegt ein Parallelogramm vor. Sein Flächeninhalt beträgt 60 Flächeneinheiten. 15. Die Distanz zwischen Neustadt und Althausen beträgt mindestens 40km. 16. a) P (−t=(t 2 + 1)| − 1) b) maximaler Flächeninhalt 1 für t = 0. 17. f(x) = 1 40 x + 1 2 18. Mindestens 7 Lampen müssen verkauft werden. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="241"?> 242 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 19. a) f t (x) = t−3 2+t x + 2t−1 t+2 für t 6= −2. b) Ordinatenabschnitt 2t−1 t+2 . Abszissenabschnitt für t 6= 3 ist − 2t−1 t−3 . (0|0) ∈ F t ⇔ t = 1 2 c) Zu a 6= 1 gehört t = 2a+2 1−a . d) Der gemeinsame Punkt ist N (−1|1). e) Für t 6= 3 ist g t (x) = 2+t 3−t x + 5 3−t f) Der Flächeninhalt wird minimal für t = 1 2 . Bei dieser Teilaufgabe ist es von Vorteil, sich schon etwas mit Parabeln bzw. ihren Scheitelpunkten beschäftigt zu haben. Kapitel 3 1. a) a = 7 4 und c = 3 b) a = − 1 3 und c = −48 c) a = t 4 und c = t − 4 d) a = 2 t 2 für t 6= 0. Für t = 0 gibt es keine derartige Funktion. c = 2 − t 2 e) Für t 6= 0 ist a = 2 t , für t = 0 kann a beliebig gewählt werden. c = 2t−t 2 2. a) a = 1, c = −1 b) a = 1 2 , c = − 5 2 c) a = t−2 3 , c = 8−t 3 d) Für s 6= 0: a = t 3s 2 , c = 2t 3 . Für s = 0, t 6= 0 unlösbar. Für s = 0, t = 0 nicht eindeutig lösbar. e) a = y 1 −y 0 x 2 1 −x 2 0 , c = − x 2 0 y 1 −x 2 1 y 0 x 2 1 −x 2 0 3. a) f(x) = x 2 + 1 b) f(x) = −x 2 + 4x − 2 c) f(x) = − 3t 2 x 2 + 15t 2 x − 5t d) f(x) = t+4 8 x 2 −2x+ 12−t 8 e) Für t 6∈ {−2, 2} ist f(x) = − 1 t 2 −4 x 2 − t 2 t 2 −4 4. a) f(x) = 2(x − 1 4 ) 2 + 55 8 b) f(x) = (x − 0) 2 − 7 c) f(x) = −3(x − 5 6 ) 2 + 25 12 . d) f(x) = (x − 2t) 2 − 3t 2 e) f(x) = t(x + t) 2 − 2t − t 3 5. −2(x − 3) 2 + 2 2(x − 3) 2 + 2 −(x − 3) 2 + 2 (x − 3) 2 + 2 −(x − 2) 2 + 3 1 2 (x − 2) 2 + 3 6.Lösungsmengen sind: a) {−9, 1} b) {1} c) {} d) {} für t ∈]1; 3[, {− t 2 } für t ∈ {1, 3}, { t 2 − √ (t−2) 2 −1 2 , t 2 + √ (t−2) 2 −1 2 } sonst e) {} für t ∈] − 2; 2[, { t+2 2 } für t = ±2 , { t+2 2 − √ t 2 −4 2 , t+2 2 + √ t 2 −4 2 } sonst. 7. a) Schnittpunkte sind (−2| − 1) und (4|11). g ist Sekante zu f. b) Für t 6= 0 zu bearbeiten. Schnittpunkte ( 1 2 t|0) und ( 5 4 t| 3 8 t). g ist Sekante von f. 8. Berührpunkt ist ( 9 4 | 23 32 ) für t = − 49 32 . 9. h(x) = − 1 2 x − 17 8 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="242"?> Kapitel 4 243 10. a) (x + 2)(x − 4) b) (x − √7)(x + √7) c) (x − 0)(x + 5) d) 7(x + 7)(x + 8) e) (x + 4)(x + t) 11. a) x s = 0, f −1 (x) = √x − 2 b) x s = 2, f −1 (x) = 2 + √x + 4 c) x s = −2, f −1 (x) = −2− √ − x−4 3 d) x s = − t 2 , f −1 (x) = t 2 ± √ x + t 2 4 + 2 12. a) p(x) = 126 − 3 50 x, C(750|81) b) p(x) = 64 − 7 375 x, C(375|57) c) p(x) = t − t−c 0 20 x, C(10| t+c 0 2 ) 13. p(x) = 160 − 130 4000000 x 2 und G(x) = 130x − 130 4000000 x 3 − 1000 14. Die Aufgabe lässt sich recht schnell und einfach mit den später noch behandelten Methoden der Differentialrechnung lösen. Sie sollten aber zu Übungszwecken noch nicht darauf zurückgreifen. a) y = 2x − 1 b) y = 4x − 9 c) y = 4x + 13 d) y = (16 + t)x − 14 e) y = (1 − 2t)x + 1 + t 2 f) y = −2(t 2 + 1)x − t 3 − 5 15. a) Q(0|7) b) Q(6|3) c) S(2| − 1 3 ) d) S(1| − 3) oder S(−3| − 3) e) Für t = 1 2 gibt es keine solche Funktion, Lösung für alle anderen t ist S(t| (1−t) 2 1−2t ) f) keine Lösung für t 6= 4, während für t = 4 der Wert y s beliebig gesetzt werden kann. Kapitel 4 1. a) 22a 4 b 2 b) (1−u 2 )v 2 w 4 u 2 c) 1−25x 27 x 25 d) x(1 − x) 2 e) (a n − 9) 2 f) 3xy 2 (x − 2y) 3 g) 2a 3 b 3 (−6a 2 + b) 2. a) 6−8√2 b) 266√7−14 c) 2x 2 5 √3 d) 4a 2 −5b 2 5ab e) √u(√u−5√v) 3 f) t 3. a) −2 b) 3 √ 3 2 − 3 c) 3a(a − 1) d) x x+1 e) 2t+5s √s f) 2 − x 2 4. x −3 −2 −1 0 1 2 3 t 1 √t a) 55 25 11 7 7 5 −5 b) 221 32 −9 −10 −7 36 227 c) 6 − 26t 4 − 7t 2 t 2t − 2 9t − 4 28t − 6 t 4 − t t − 1 √t 5. h(x) = x 3 − 3x 2 . Der Graph von h entspricht dem Graph von f, der um drei Einheiten nach links verschoben wurde. Nullstellen von f sind 3 und 6. 6. a) ja, b) nein, c) ja, d) ja, für t = −2, e) ja, f) ja, für a = 2, b = 19 7. a) f(x) + g(x) = 5x 2 − 6x + 2, f(x)g(x) = 4x 4 − 9x 3 + 7x 2 − 2x b) f(x) + g(x) = x 4 + 3x 3 − 5, f(x)g(x) = 3x 7 − 7x 4 + 6x 3 − 14 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="243"?> 244 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben c) f(x)+g(x) = x 3 −6x 2 +18x−15, f(x)g(x) = x 5 −5x 4 −x 3 +41x 2 −72x+36 d) f(x) + g(x) = tx 3 + x 2 − tx − 2t + 7 f(x)g(x) = tx 5 + ( 2t − t 2 ) x 4 − ( 2t 2 + 2 ) x 3 + (2t + 3) x 2 − (3t − 14) x − 14t 8. a) f 1 (x)=g 1 (x) = x + 2 + 12 x−5 . g 1 ist kein Teiler von f 1 . f 1 (x)=g 2 (x) = x − 2. g 2 ist Teiler von f 1 . b) f 2 (x)=g 1 (x) = x 2 −3x+ 2. g 1 ist Teiler von f 2 . f 2 (x)=g 2 (x) = x 2 −7x+ 10. g 2 ist Teiler von f 2 . f 2 (x)=g 4 (x) = x − 2. g 4 ist Teiler von f 2 . c) f 3 (x)=g 2 (x) = x 4 + 4x 3 − 9x 2 − 48x − 12 + 96 x−1 . g 2 ist kein Teiler von f 3 . f 3 (x)=g 4 (x) = x 3 + 9x 2 + 36x + 132 + 648x−552 x 2 −6x+5 . g 4 ist kein Teiler von f 3 . d) f 1 (x)=g 3 (x) = x + t − 3 + t 2 −3t+2 x−t . g 3 ist Teiler von f 1 genau dann, wenn t Nullstelle von f 1 ist. f 2 (x)=g 3 (x) = x 2 +17+(t − 8) x+t (t − 8)+ t 3 −8t 2 +17t−10 x−t . g 3 ist Teiler von f 1 genau dann, wenn t Nullstelle von f 1 ist. f 2 (x)=g 5 (x) = x − 8 + (t+17)x−8t−10 x 2 −t . g 5 ist kein Teiler von f 2 e) f 4 (x)=g 2 (x) = x 3 + 6x 2 − (t − 10) x − 6t + 10 − 10t−10 x−1 . g 2 ist genau dann Teiler von f 4 , wenn t = 1. f 4 (x)=g 5 (x) = x 2 + 5x + 4. g 5 ist Teiler von f 4 9. a) 2 und −4 sind Nullstellen von p und von f. p ist Teiler von f. b) 3 ist (einzige) Nullstelle von p, und auch Nullstelle von f. p ist aber kein Teiler von f. c) t und 0 sind Nullstellen von p und von f. p ist Teiler von f. d) −1 ist einzige Nullstelle von p und von f. p ist kein Teiler von f. 10. a) p(x) = (2x−5)(2x−1)(2x+1) b) p(x) = (x−3)(x−1)(x+1)(x+8) c) p(x) = 1 4 (x − 3)(x − 1) 3 (x + 5) d) p(x) = 2(x − 4)(x − 2)(x + 7 2 ) e) p(x) = 5x 3 (x − 1)(x + 8) f) p(x) = (x + 7) ( x 2 + 1 ) ( x 2 + 5 ) g) p(x) = 4(x − 3)(x + 1) ( x 2 − x + 1 ) ( x 2 + 3x + 9 ) h) Die Gleichung hat für t ≤ − √ 5 2 und − √ 5 2 < t < √ 5 2 keine Lösung, für t = √ 5 2 zwei Lösungen ± 4 √5, für t > √ 5 2 vier Lösungen, nämlich ± √ 2t ± √4t 2 − 5 11. P, Q P, Q, R P, Q, R, S a) 5 − 3x 5 − 4x + x 2 5 − 13x + 13x 2 − 3x 3 b) 19 4 − x 4 23 10 + 11x 12 − 7x 2 60 23 10 + 11x 12 − 7x 2 60 c) t − x t − (1 + t)x + x 2 t − x − tx 2 + x 3 d) 3t−1 2 − x 2 3t−1 2 − x 2 e) 7t−2 3 + 1−2t 3 x 4+t 9 + 8t−4 9 x + 1−2t 9 x 2 12. a) 2 x−6 − 1 x+1 b) 2 x−4 + 6 x+4 c) − 1 x−t + 3 x+3 d) 2 x−3 − 5 (x−3) 2 e) − 2 3x−1 + 1 x−1 − 6 (x−1) 2 f) 2x + 7+ 2 x − 4 x−1 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="244"?> Kapitel 5 245 13. Ordinatenschnittpunkt Abszissenschnittpunkte a) (0|0) (0|0), (4|0), (−4|0) b) (0|0) (0|0), ( 1 2 |0), ( 5 2 |0) c) (0| − 4) (−1|0), (−1 ± √3|0) d) (0|0) (0|0), (±√3|0) e) (0|0) (0|0), (−1|0), (2|0) f) (0|15) (5|0), (± 1 2 |0), (− 3 2 |0) 14. a) f(x) = 2 3 x − 8 3 x 3 und g(x) = −2 − 1 6 x 2 + 1 6 x 4 b) f(x) = 4 3 tx − 1 3 tx 3 und g(x) = 8 6 t − 2 3 tx 2 + 1 15 tx 4 15. a) Schnittpunkt mit Ordinate: (0|0). Schnittpunkte mit Abszisse: für t > − 1 8 : (0|0) und (− 1 2 ± √ 2t + 1 4 |0), für t = − 1 8 : (0|0) und (− 1 2 |0), für t < − 1 8 : (0|0) b) Schnittpunkte (−1|2t) und für t = 0 noch zusätzlich (0|0) bzw. für t > 0 noch zusätzlich (±√t|1 √t) 16. kleinster Wert ist x y+1 , größter Wert ist x y−1 Kapitel 5 1. Die Exponentialfunktion zur Basis e ist streng monoton wachsend. Im Gegensatz hierzu ist f 1 eine streng monoton fallende Funktion. Die anderen beiden Funktionen sind ebenfalls streng monoton steigend, wobei f 1 weniger stark und f 2 stärker ansteigt als die Exponentialfunktion. 2. Achsensymmetrisch zueinander bzgl. Abszisse sind f 1 und f 3 sowie f 2 und f 4 , bzgl. Ordinate f 1 und f 2 sowie f 3 und f 4 . Punktsymmetrisch zueinander sind f 1 und f 4 sowie f 2 und f 3 . 3. a) Verwenden Sie f(1) = 2 b) g(x + 1) = 5g(x) und h(x + 1) = 0, 3h(x) c) f a (x + 1) = af a (x) 4. a) c = 2, a = 3 b) c = 1 3 , a = 9 c) c = 4 t , a = t 2 d) c = 2, a = ( t 2 ) 1 s 5. p ≈ 8, 45% 6. a) a = e 2 b) a = e −2 7. a) −4 b) 6 c) −1 d) 0 e) 5 2 f) a 3 8. log a (y)r = log a (y r ) = log a 1=r (y) und log a (y)=r = log a (y 1/ r ) = log a r (y) 9. a) x = 3 = log 3 (27) b) x = 4 = log 0,1 (0, 0001) c) x = 1 2 = log 196 (14) d) x = −3 = log 4 1=64 e) x = 3 = log 1,8 (5, 832) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="245"?> 246 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 10. a) a = 10 b) a = 0, 5 c) a = t 1/ t 2 11. a) c = ln(2) b) c = − ln(2) c) c = ln(a) 12. Nach 29 Jahren ist das Kapital erstmals auf mindestens seinen doppelten Wert angewachsen. 13. a) es ist näherungsweise f(x) = 2, 0391 · x 0,7691 b) um 200 Einheiten. 14. x 0 π 6 π 3 π 2 2π 3 5π 6 π 7π 6 4π 3 3π 2 5π 3 11π 6 2π sin(x) 0 1 2 √ 3 2 1 √ 3 2 1 2 0 − 1 2 − √ 3 2 −1 − √ 3 2 − 1 2 0 cos(x) 1 √ 3 2 1 2 0 − 1 2 − √ 3 2 −1 − √ 3 2 − 1 2 0 1 2 √ 3 2 1 15. Im rechtwinkligen Dreieck zum Winkel x ∈ [0; π 2 [ gilt der Satz des Pythagoras, hieraus folgt das Additionstheorem. 16. a) x = π 6 , x = 5π 6 b) x = π 2 , x = 7π 6 , x = 11π 6 c) x = 0,x = π 2 17. f(x) = 1 2 sin(2x − π 4 ) + 1 4 g(x) = 1 4 cos(x + π 2 ) + 1 18. f(x) = −2π + 6x + sin(2x) 19. a) Für Münster f(x) = 1, 6dxe+2, 5, für Dortmund g(x) = 1, 45dxe+3, 3 b) Bis 5 Kilometer ist Münster günstiger, ab 6 Kilometer dann Dortmund. 20. a) Verwenden Sie die Ungleichungen zur Fallunterscheidung, also z.B. √x > t. b) Die Punkte sind (0|0), (t 2 |t). c) Für t = 1 liegt der Winkel vor. 21. a) f(x) = { x + 3 für x ≥ −3 −x − 3 für x < −3 b) g(x) = { x + 3 für x ≥ 0 −x + 3 für x < 0 c) h(x) = { 2x für x ≥ 0 0 für x < 0 22.Der Flächeninhalt ist 1 6 . 23. Vergleichen Sie die Werte der beiden Ausdrücke 1 A\B (x) und 1 A (x)1 B (x) für jeden der vier Fälle x ∈ A, y ∈ B bzw. x ∈ A, y 6∈ B bzw. x 6∈ A, x ∈ B bzw. x 6∈ A, y 6∈ B. 24. a) Abszissenschnittpunkt (1|0), Ordinatenschnittpunkt (0|e −t 2 ). b) : c) Die allen G t gemeinsamen Punkte sind (1|0) und (−1| − 2). 25. a) Die Graphen schneiden sich für x = kπ mit k ∈ Z . b) Es ist s+t = y. 26. a) 1 A c (x) = 1 − 1 A (x), b) 1 A[B (x) = max(1 A (x), 1 B (x)) = 1 A (x) + 1 B (x) − 1 A (x)1 B (x), c) 1 AnB (x) = 1 A (x) − 1 A (x)1 B (x), d) 1 A B (x) = 1 A (x) + 1 B (x) − 2 · 1 A (x)1 B (x) Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="246"?> Kapitel 7 247 Kapitel 6 1. Nach 8 Schritten lautet die Annäherung x = 323 256 ≈ 1, 2617. 3 √2 liegt im Intervall [ 161 128 ; 162 128 ], die Näherung weicht höchstens 1 128 ≈ 0, 008 vom wahren Wert ab. 2. a) Lösen Sie die Ungleichung ( 1 2 ) n < b nach n auf b) Für 0 < p < 1 3. a) −4 b) 12 c) Für t = −3 Grenzwert 1 7 , für t 6= −3 kein Grenzwert d) Für s 6= 0 Grenzwert 0, für s = r = 0 kein Grenzwert, für s = 0, r 6= 0 Grenzwert 1 r e) −1 4. a) −∞ b) 1 2 c) 0 d) Fall r 6= 0, rt ≥ 0: ∞; Fall r 6= 0, rt < 0: −∞; Fall r = 0, st 6= 0: s t ; Fall r = 0, s = 0, t = 0: ∞; Fall r = 0, s = 0, t 6= 0: 0; Fall r = 0, s > 0, t = 0: ∞; Fall r = 0, s < 0, t = 0: −∞ e) Fall n > 2: ∞; Fall n = 2: 4; Fall n = 1: 0. 5. Vorletzte Aufgabe: a) 1 b) x 2 + 2x + 4 c) 1 d) 1 e) keine gebrochen-rationale Funktion. Letzte Aufgabe: a) −3x − 6 b) 1 2 c) 0 d) Für t = 0 ist der Ausdruck bereits Asymptote. Für t 6= 0, r 6= 0 ist r t x + s t Asymptote. Für t 6= 0, r = 0, s 6= 0 ist s t Asymptote. Für t 6= 0, r = 0, s = 0 ist 0 Asymptote. e) keine gebrochen-rationale Funktion. 6. a) 10 in x = 5 b) −2 in x = 1 c) in x = −1 keine stetige Ergänzung möglich d) in x = 0 Ergänzung x t , falls t 6= 0, für t = 0 nicht stetig ergänzbar; in x = 2 nicht stetig ergänzbar; in x = 2t stetig ergänzbar mit 4, falls t = −4, für t 6= −4 nicht stetig ergänzbar 7. Für n = 8 ergibt sich x 8 ≈ 1, 2596659 mit f(x 8 ) ≈ −0, 0012148235 8. a) Der Grenzwert ist e. Benötigt wird die Abschätzung e 1+x ≤ (1 + x) 1 x ≤ e. Schauen Sie sich dazu noch einmal die Herleitung zu Satz 6.1 vgl. S. 133 an und beginnen Sie mit der Abschätzung e x ≥ 1 + x. b) Der Grenzwert ist 1. Logarithmieren Sie die Grenzwertaussage der ersten Teilaufgabe. Kapitel 7 1. g(x) = − 1 4 x + 1 2. f ′ (x 0 ) = a 3. für t = 2 4. a) 1 b) − 3 16 c) 1 2 bzw. 1 2√x d) 1 (x+1) 2 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="247"?> 248 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 5. a) g(x) = 44x − 60 b) g(x) = 1 2 c) g(x) = 2x + 2 − ln 4 6. a) x = √6 − 1 b) x = √2t + 4 − 1 7. Bestimmen Sie zunächst die Ableitung einer konstanten Funktion. Ist andererseits die Ableitungsfunktion konstant, so ist aufgrund des Mittelwertsatzes auch jeder Differenzenquotient konstant. 8. f ′′ (x) = 2 (1+x) 3 9. f ′ (x) f ′′ (x) a) 4x 2 − 3 8x b) 8(2x 3 + 6x 2 + x − 3) 8(6x 2 + 12x + 1) c) x n−2 (anx − (a − 1)(n − 1)) (n − 1)x n−3 (anx − (a − 1)(n − 2)) d) 2x + 1 2 e) x n−1 e x (x + n) x n−2 e x (x 2 + 2nx + n(n − 1)) f) ax a−1 a(a − 1)x a−2 g) x x (ln(x) + 1) x x ( 1 x + (ln(x) + 1) 2 ) h) 3 cos(x) 3 − 2 cos(x) 9 sin(x) 3 − 7 sin(x) i) x a−2 e −x (a − 1 − x) x a−3 e −x ((a − 1)(a − 2) − 2(a − 1)x + x 2 ) j) − 1 2 (x + 3) 1 2 x+6 x 2 3 4 (x + 3) − 3 2 x 2 +12x+24 x 3 k) e −x 3 (−3x 2 ) e −x 3 (9x 4 − 6x) l) e 1−x−e −x e 1−x−e −x (e −x − 1) m) e x x−1 x 2 e x x 2 −3x+2 x n) e −x (1+e −x ) 2 e −x (e −x −1) (1+e −x ) 3 o) 2x x 2 +1 2(1−x 2 ) (x 2 +1) 2 p) 2 x − 2 x 2 10. a) f(x) = g(x) = x b) f(x) = x, g(x) = x 2 11. a) falsch b) richtig c) falsch d) richtig 12. a) 1 b) 0 c) 1 2 d) 0 13. (f −1 ) ′ (x) = 1 √ 1−x 2 14. Suchen Sie eine Nullstelle von f(x) = x 2 − 2. Mit Startwert x 1 = 2 gibt x 4 = 577 408 ≈ 1, 4142 den Wert √2 auf drei Nachkommastellen genau an. 15. Nullstellen in 0, 1 2 , 1, lokale Extrema in −1 √ 1/ 3 2 , Monotonieverhalten um Extrema: fallend/ wachsend/ fallend. Wendestelle in 1 2 , Krümmungsverhalten um Wendestellen: konvex/ konkav. 16. keine Nullstellen, globales Maximum in x = 0, Monotonieverhalten um Extremum: wachsend/ fallend. Wendestellen in ± √ 1 2 , Krümmungsverhalten um Wendestellen: konvex/ konkav/ konvex. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="248"?> Kapitel 7 249 17. Nullstelle in 1, globales Maximum in e, Monotonieverhalten um Extremum: wachsend/ fallend. Wendestelle in e 3 2 , Krümmungsverhalten um Wendestelle: konkav/ konvex. 18. Funktionsgrenzwerte: 0 für x → −∞ und a für x → ∞; keine Nullstelle; streng monoton wachsend; Wendestelle in − ln(a), Krümmungsverhalten um Wendestelle: konvex/ konkav. 19. Mit x 1 = 3a− √ 9a 2 +8a 2 , x 2 = 3a+ √ 9a 2 +8a 2 , x 3 = − a 3a+2 liegen folgende Nullstellen, Extrema und Wendestellen in Abhängigkeit von a vor: f(x) = 0 f ′ (x) = 0 f ′′ (x) = 0 a ∈ max min f ′′′ (x) < 0 f ′′′ (x) > 0 ] − ∞; −1[ 0, −1 x 1 , x 2 0 x 3 {−1} 0 −2 0 ] − 1; − 8 9 [ 0, −1 x 1 x 2 , 0 x 3 {− 8 9 } 0, −1 0 − 4 3 ] − 8 9 ; − 2 3 [ 0, −1 0 x 3 {− 2 3 } 0, −1 0 ] − 2 3 ; 0[ 0, −1 0 x 3 {0} −1 f stetig ergänzbar zu g(x) = x + 1 ]0; ∞[ 0, −1 x 1 0, x 2 x 3 20. f(x) = 1 11 x 3 − 12 11 x 21. f(x) = 5 12 x 4 − 49 36 x 3 + 1 2 x 2 + x + 2 9 22. a) richtig b) richtig c) falsch 23. a) h ′ (x) = f 0 (x) f(x) b) folgt aus der Multiplikationsregel des Logarithmus, ln(f(x)g(x)) = ln(f(x)) + ln(g(x)) c) Leiten Sie h ′ (x) nochmals ab und setzen Sie den Nenner gleich Null. 24. a) f(p) = 3200(p − 1) 2 b) E(p) = 3200p 3 − 6400p 2 + 3200p, K(p) = 800p 2 − 1600p + 900, G(p) = 3200p 3 − 7200p 2 + 4800p − 900 c) [ 1 4 ( 3 − √3 ) , 3 4 ], Maximaler Gewinn 100 bei p = 1 2 . Absatz 800 Flaschen. 25. Brötchenbeispiel: In Abhängigkeit von der Brötchenzahl x Nachfragefunktion f(x) = 8 5 − 1 200 x, Gewinnfunktion G(x) = − 1 200 x 2 + x − 15. Gewinnmaximum für x = 100 und f(100) = 11 10 . Der maximale Gewinn ist G(100) = 35. Es ergibt sich dasselbe Ergebnis. Das war zu erwarten, weil die beiden Zuordnungen x 7→= 8 5 − 1 200 x und p 7→ 320 − 200p Umkehrfunktionen zueinander sind und denselben Absatz-Preis-Zusammenhang beschreiben. Mineralwasserbeispiel: f(x) = 1 − x 2 4320000 , G(x) = − 1 4320000 x 3 + 2 5 x − 15. Maximaler Gewinn ≈ 187, 39 für x = 240√10 ≈ 759 beim Flaschenpreis 13 15 ≈ Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="249"?> 250 Kontrollergebnisse zu den Übungsaufgaben 0, 87. Es ergibt sich ein anderes Ergebnis als in der vorigen Aufgabe. Ursache: Die beiden Zuordnungen x 7→ 1 − x 2 4320000 und p 7→ 3200(p − 1) 2 haben zwar denselben Steckbrief, sie sind aber keine Umkehrfunktionen zueinander und stellen daher nicht den gleichen Absatz-Preis-Zusammenhang dar. 26. a) f (x) = −15x 120−15x b) f (x) = 2 ( −1−3x+3x 2 ) (−2+x)(1+2x) c) f (x) = a d) f(x) = 1 ln(x) 27. Deckungsbeitrag maximal für x = 1−t √ t · d c , Funktion ist konkav, Asymptote für x → ∞ ist x 7→ −cx. Durchschnittlicher Deckungsbeitrag ist streng monoton fallend, konvex, hat Funktionsgrenzwert −∞, hat keine polynomiale Asymptote. 28. Globales Minimum für x e = t √ a b(t−1) , streng monoton fallend für x ≤ x e , streng monoton wachsend für x ≥ x e . Für t ≥ 1 ist f (streng) konvex. Für 1 < t < 2 hat f eine Wendestelle in x = t √ 2a b(t−1)(2−t) mit links-rechts- Krümmungswechsel. Keine polynomiale Asymptote. Kapitel 8 1. a) 36 b) 152 3 c) 8 2. a) 1 6 b) f hat drei Nullstellen 1 2 ( 1 − √1 + 4a ) < 0 < 1 2 ( 1 + √1 + 4a ) . Die Fläche beträgt 1 2 a 2 + 1 2 a + 1 12 3. Der Flächeninhalt ist 2. 4. a) 4 15 b) 4 3 5. a = 2 6. f(x) = − 1 2 x 2 + 3 2 7. Die Obersumme ist 1 n f(1 + 1 n ) + 1 n f(1 + 2 n ) + · · · + 1 n f(1 + n n ) = 14n 2 +9n+1 8n 2 . Mit n → ∞ ergibt sich als Grenzwert 7 4 . 8. 1 + 2 3 + 3 3 + · · · + n 3 = n 2 (n+1) 2 4 . Mit f(x) = x 3 ist die Untersumme 2 n f(0) + f( 2 n ) + f( 4 n ) + · · · + f( 2(n−1) n ) = 4 n 4 −2n 2 +1 n 4 → 4 für n → ∞, was mit dem Wert ∫ 2 0 x 3 dx übereinstimmt. 9. a) Das Integral beschreibt die Fläche eines (auf der Seite liegenden) Trapezes mit Grundseitenlängen 3 2 und 1 und Höhe 1. Flächeninhalt ist 5 4 . Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="250"?> Kapitel 8 251 b) ∫ 1 0 ( 1 2 x + 1)dx = 5 4 . c) Untersumme: 1 n ( f( 0 n ) + f( 1 n ) + · · · + f( n−1 n ) ) = 5 4 − 1 4n → 5 4 für n → ∞. 10. a) 210 b) 0 c) e 2 + e − 1 d) e e) 13 3 f) a 2 e 2 −1 e g) x − 4 x−1 + 4 ln(x − 1) 11. a) (4 + x)e x b) x 2 − 1 2 sin(x) cos(x) c) cos(x) + x sin(x) d) 2x − 2x ln(x) + x ln(x) 2 e) x ln( x 1−x ) + ln(1 − x) 12. a) 5 44 ( 2x 2 + 1 ) 11 b) − e −x2 2 c) x 2x 2 13. 3560 Kilogramm 14. etwa 14,75 cm 2 15. a) 1 b) 1 16. a) 2 b) 1 4 c) 0 d) ∞ 17. A hat endlichen Flächeninhhalt für t < 1, B hat endlichen Flächeninhalt für t > 1. 18. 1 n(n−1) 19. (n − 1)! 20. a) p = 3, Wohlfahrt 150 b) p = 16, Wohlfahrt 550 3 c) p = 10, Wohlfahrt 2400. d) p ≈ 9, 23, Wohlfahrt ≈ 27, 58 21. a) N (x) = 500 − 17x 24 + x 2 800 − x 3 960000 b) p = 300 c) Wohlfahrt 138750. 22. a) Maximalabsatz sind ≈ 771 Anzüge (Lösung mit Newton-Verfahren oder Regula falsi) b) x = 1000 3 ≈ 333. Bei dieser Nachfragemenge reagiert der Preis besonders stark auf Änderungen der Nachfrage. c) Maximaler Erlös bei x = 500. d) Maximaler Gewinn 27768, 75 bei x = 350 e) Nein, die geringsten Durchschnittskosten (Betriebsoptimum) sind ≈ 70, 72 e bei ≈ 226 hergestellten Anzügen. f) A(x) = 1 4000 x 2 + 1 20 x + 80 g) Break-Even-Preis ≈ 143, 49 bei x ≈ 413, 75. Konsumentenrente ist ≈ 17556, 86, Produzentenrente ist ≈ 16084, 60, Wohlfahrt ist ≈ 33641, 45. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="252"?> Abbildungen 1.1 Von der Wertetabelle zum Funktionsgraphen . . . . . . . . . . . . 19 1.2 Bild und Urbild einer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.3 Grundlegende Bezeichnungen im Funktionsgraphen . . . . . . . . . 22 1.4 Monotonie und Extrema bei Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.5 Krümmungseigenschaften und Wendeverhalten einer Funktion . . . 24 1.6 Graphische Ermittlung der Umkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . 28 1.7 Graphische Darstellung von Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.1 Graph der Kostenfunktion für die Herstellung von Computerbauteilen 32 2.2 Steigung und Achsenabschnitte einer linearen Funktion . . . . . . . 33 2.3 Normale einer linearen Funktion in einem Punkt . . . . . . . . . . 37 2.4 Schnittpunkte zweier Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.1 Normalparabel und ihr Urbildverhalten . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.2 Öffnung quadratischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.3 Gegenseitige Lage von Parabel und Gerade . . . . . . . . . . . . . 53 3.4 Teilweise Umkehrung einer quadratischen Funktion . . . . . . . . . 57 3.5 Veranschaulichung des Cournot-Punktes . . . . . . . . . . . . . . 59 3.6 Graphen quadratischer Nachfragefunktionen . . . . . . . . . . . . . 61 3.7 Graph einer quadratischen Nachfragefunktion . . . . . . . . . . . . 62 4.1 Ertragsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.2 Beispiele von Monomfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4.3 Polynomfunktion versus Monomfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 72 4.4 Näherungsweise graphische Bestimmung einer Polynom-Nullstelle . 85 4.5 Graph einer gebrochen-rationalen Funktion . . . . . . . . . . . . . 93 5.1 Graphen verschiedener Exponentialfunktionen . . . . . . . . . . . . 104 5.2 Illustration der Eulerschen Exponentialfunktion . . . . . . . . . . 106 5.3 Graph der Logarithmusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.4 Datenbeispiel zur Illustration der Logarithmustransformation . . . 110 5.5 Beispiele für Graphen allgemeiner Potenzfunktionen . . . . . . . . 114 5.6 Trigonometrische Funktionen im rechtwinkligen Dreieck . . . . . . 116 5.7 Genese der Sinusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 5.8 Graphen trigonometrischer Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5.9 Prognose von Flugpassagierzahlen mit trigonometrischer Saisonkomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="253"?> 254 Abbildungen 5.10 Tariffunktion und Betragsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 5.11 Positivteilfunktion und Negativeteilfunktion . . . . . . . . . . . . . 124 5.12 Vorzeichenfunktion und Ganzzahlfunktion . . . . . . . . . . . . . . 125 6.1 Illustration des Grenzwertes bei Funktionen . . . . . . . . . . . . . 134 6.2 Beispiel einer Funktion mit Polstelle und Asymptote . . . . . . . . 139 6.3 Beispiel einer quadratischen Asymptote . . . . . . . . . . . . . . . 140 6.4 Darstellung einer Kurvenschar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 6.5 Illustration des Zwischenwertsatzes für stetige Funktionen . . . . . 146 6.6 Regula falsi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 7.1 Tangente und Tangentensteigung an einen Funktionsgraphen . . . 150 7.2 Ableitung als Grenzwert von Sekantensteigungen . . . . . . . . . . 152 7.3 Linearisierung einer differenzierbaren Funktion . . . . . . . . . . . 157 7.4 Illustration des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung . . . . . 158 7.5 Illustration des Newton-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 7.6 Monotonieverhalten und Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 7.7 Ableitungsverhalten in einem (lokalen) Minimum . . . . . . . . . . 172 7.8 Beispiel einer Funktion mit mehreren lokalen Extrema . . . . . . . 174 7.9 Wendestelle versus Extremstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 7.10 Beispiele für Graphen von f, f ′ , f ′′ bei gebrochen-rationalen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 7.11 Extremwerte bei Funktionen mit f ′ (x 0 ) = f ′′ (x 0 ) = 0 . . . . . . . 179 7.12 Graph der Funktion f(x) = e x x und ihrer Ableitungen f ′ (x), f ′′ (x) 181 7.13 Graph und Wertetabelle im 11-Punkte-Programm-Beispiel . . . . . 186 7.14 Schematischer Zusammenhang zwischen Preis, Nachfrage, Kosten, Erlös und Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 7.15 Funktionsgraphen im Brötchenverkaufsbeispiel . . . . . . . . . . . 192 7.16 Graph der Gewinnfunktion im Regalbau-Beispiel mit quadratischer Nachfragefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 7.17 Graphen zu Stückkosten der Lagerhaltung . . . . . . . . . . . . . . 201 7.18 Grundmodell des Aquariums im Kostenbeispiel . . . . . . . . . . . 202 8.1 Illustration zum Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung . 210 8.2 Integrale und Flächenberechnung bei Funktionen mit wechselndem Vorzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 8.3 Flächenberechnung durch Ausschöpfung mit Rechtecken . . . . . . 216 8.4 Ein uneigentliches Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 8.5 Empirische Konsumentenrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 8.6 Von der empirischen zur theoretischen Konsumentenrente . . . . . 234 8.7 Nachfrage- und Angebotskurve im Marktmodell . . . . . . . . . . . 235 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="254"?> Tabellen 3.1 Übersicht über die Öffnungsformen einer Parabel . . . . . . . . . . 47 4.1 Tabellarische Darstellung des Horner-Schemas . . . . . . . . . . . . 75 5.1 Gegenüberstellung von Winkeln im Gradmaß und im Bogenmaß . 115 5.2 Wichtige Funktionswerte trigonometrischer Funktionen . . . . . . . 119 6.1 Approximation von √2 mit dem Intervallhalbierungsverfahren . . . 131 6.2 Annäherung der Eulerschen Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6.3 Approximation von √2 mit der Regula falsi . . . . . . . . . . . . . 147 7.1 Wichtige Funktionen und ihre Ableitungsfunktionen . . . . . . . . 161 7.2 Beispielrechnungen des Newton-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . 195 8.1 Wichtige Funktionen und ihre Stammfunktionen . . . . . . . . . . 220 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="256"?> Symbolverzeichnis f ′ (x) Ableitung der Funktion f an der Stelle x bxc x abgerundet; größte ganze Zahl unterhalb der reellen Zahl x, stimmt mit x überein, wenn x ∈ Z |x| Absolutbetrag der reellen Zahl x dxe x aufgerundet; kleinste ganze Zahl oberhalb der reellen Zahl x, stimmt mit x überein, wenn x ∈ Z ( n k ) Binomialkoeffizient n über k mit n ∈ N , k ∈ {0, . . . , n}, ( n k ) = n! k! (n−k)! cos(x) Cosinus der reellen Zahl x cot(x) Cotangens der reellen Zahl x A n B Mengentheoretische Differenz der Mengen A und B. Alle Elemente von A, die nicht in B enthalten sind x ∈ A x ist Element der Menge A e Eulersche Zahl, e = 2, 7182818 . . . n! Fakultät der Zahl n ∈ N , Produkt der natürlichen Zahlen von 1 bis n Z Menge der ganzen Zahlen {0, 1, −1, 2, −2, 3, −3, . . . } lim n→∞ a n Grenzwert der Folge (a n ) n2 N lim x→x 0 f(x) Grenzwert der Funktion f(x) mit x → x 0 . Auch uneigentlich, d.h. für x 0 = ∞ verwendet 1 S (x) Indikatorfunktion der Menge S. Nimmt den Wert Eins an, wenn x ∈ S ist, und den Wert Null sonst [a; b] abgeschlossenes Intervall mit den Grenzen a und b, Menge aller reellen Zahlen x mit a ≤ x ≤ b ]a; b[ offenes Intervall mit Grenzen a, b, Menge aller reellen Zahlen x mit a < x < b, auch mit a = −∞ und/ oder b = ∞ verwendet [a; b[ halboffenes Intervall mit Grenzen a, b, Menge aller reellen Zahlen x mit a ≤ x < b, auch mit b = ∞ verwendet Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="257"?> 258 Symbolverzeichnis ]a; b] halboffenes Intervall mit Grenzen a, b, Menge aller reellen Zahlen x mit a < x ≤ b, auch mit a = −∞ verwendet ∫ b a f(x)dx bestimmtes Integral der Funktion f von a bis b ∫ f(x)dx unbestimmtes Integral (Stammfunktion) der Funktion f A C Komplement der Menge A mit Bezug auf Obermenge M (hier meist R ). Alle Punkte, die nicht in A enthalten sind ln(x) Logarithmus der reellen Zahl x zur Basis e = 2, 71827 . . . (der Euler'schen Zahl). Andere Schreibweise ln(x). Der Logarithmus zur Basis a ∈ R wird mit log a (x) bezeichnet max(x, y) Maximum von x und y, der größere der beiden Werte min(x, y) Minimum von x und y, der kleinere der beiden Werte N Menge der natürlichen Zahlen (ohne Null) 1, 2, 3, . . . . N 0 bezeichnet Menge der natürlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . (d.h. inklusive Null) π Kreiskonstante „Pi“, π = 3, 1415926 . . . (x|y) Darstellung eines Punktes P in der Zahlenebene R 2 , auch als P (x|y) Q Menge der rationalen Zahlen; Brüche, deren Zähler und Nenner ganze Zahlen sind R Menge der reellen Zahlen; erweitert Q um die irrationalen Zahlen ≈ Symbol zur Darstellung des Rundens einer Zahl auf eine bestimmte Anzahl von Nachkommastellen. Wird auch im Zusammenhang mit Grenzwerten verwendet; x ≈ x 0 bedeutet dabei, dass x im Sinne des Grenzwertes „sehr nahe“ bei x 0 liegt A \ B Schnittmenge der Mengen A und B, Menge aller rellen Zahlen x, die sowohl in A als auch in B liegen. sin(x) Sinus der reellen Zahl x tan(x) Tangens der reellen Zahl x A ⊆ B A ist Teilmenge von B, jedes Element von A ist auch ein Element von B A ⊂ B A ist echte Teilmenge von B, d.h. jedes Element von A ist auch ein Element von B, aber es gibt Elemente in B, die nicht in A liegen ∞ Symbol „unendlich“, zur Notation von Grenzwerten A ∪ B Vereinigungsmenge der Mengen A und B, Menge aller rellen Zahlen x, die in A oder in B liegen. Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="258"?> Index Abbildung 16 Ableitung 151 logarithmische 225 zweiter Ordnung 158 Ableitungsfunktion 154 Absolutbetrag 123 absolutes Extremum 174 Abszisse 21 Additionstheorem 121 algebraische Zahl 129 Amplitude 120 Angebotsfunktion 42 Anschauungsebene 18 Asymptote 139 Basis 66, 100 Berührpunkt 53 Betragsfunktion 123 Betriebsoptimum 206 Bild 19 Binomialkoe zient 67 binomische Formel 48, 67 Bogenmaß 115 Box-Cox-Transformation 113 Break-Even-Preis 235 Break-Even-Punkt 39 Cobb-Douglas-Funktion 112 Cosinus 117 Cotangens 117 Cournotscher Punkt 58 Deckungsbeitrag 191 Definitionsbereich 16 ökonomischer 17 Definitionslücke 92 hebbar 92 nicht hebbar 93 Differenzenquotient 32 Diskriminante 50 Drehsinn mathematisch negativer 115 mathematisch positiver 115 Dreieck ähnlich 116 rechtwinklig 116 Dreiecksungleichung 123 Einheitskreis 115 Elastizität 198, 199 Erlösfunktion 57 Eulersche Zahl 106 Exponent 66, 100 Exponential 100 Exponentialfunktion allgemein 100 Extrempunkt 22 Extremum absolutes 174 globales 174 lokales 174 Extremwert 23 Faktorisierung eines Polynoms 77 eines Terms 52 Faktorregel 160 Fakultät 68 Folge 130 geometrische 133 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="259"?> 260 Index Folgenglied 130 Funktion 16 achsensymmetrische 46, 68 a n lineare 31 antitone 23 Definitionsbereich 16 differenzierbare 151 ganzrationale 71 gebrochen-rationale 91 gerade 68, 72 Graph 18 integrierbare 219 isotone 23 konkave 24 konvexe 24 lineare 31 Monomfunktion 68 monoton fallende 23 monoton wachsende 23 punktsymmetrische 68 quadratische 46 Linearform, 54 Normalform, 46 Scheitelpunktform, 48 stetige 142 streng konkave 24 streng konvexe 24 streng monoton fallende 23 streng monoton wachsende 23 trigonometrische 115, 118 ungerade 68, 72 Verkettung 26 Wertebereich 16 Funktionalgleichung der Exponentialfunktion 100 des Logarithmus 108 Funktionswert 16 Funktionswertfolge 134 Gamma-Funktion 229 Gewinn 191 Gewinnfunktion 58 Gewinngrenze 59, 192 Gewinnschwelle 59, 192 Gewinnzone 59, 192 Glied eines Polynoms 71 globales Extremum 174 Grad eines Polynoms 71 eines Monoms 69 Gradmaß 115 Grenzgewinn 192 Grenzkosten 189 Grenzproduktivität 189 Grenzwert einer Folge 130 einer Funktion 134 uneigentlich, 137 Grenzwertsätze 136 Hochpunkt 23 Horner-Schema 73 hybride Verfahren 169 Identität 17 Identitätsfunktion 17 Index 130 Indikatorfunktion 124 Integral bestimmtes 210 unbestimmtes 211 Integralfunktion 210 Intervall 16 -Umgebung 130 Kettenregel 164 Koe zienten eines Polynoms 71 Konsumentenrente 232, 236 Konvergenz einer Folge 131 Koordinatensystem 19 Ursprung 21 Kosten fixe 33, 41 variable 33, 41 Kostenfunktion 41 kubisches Glied eines Polynoms 71 Kurvendiskussion Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="260"?> Index 261 Ablaufschema 183 L'Hospitalsche Regel 154 Lagrange-Polynom 89 Leitkoe zient eines Polynoms 71 lineares Glied eines Polynoms 71 Linearfaktor 77 Linearform einer quadratischen Funktion 54 Linearisierung 156 logarithmische Ableitung 225 Logarithmus 107 dekadischer 107 dyadischer 107 Funktion 107 natürlicher 108 lokale Extrema 174 Marginalanalyse 199 marginaler Gewinn 189 Markt 232 Maximum global 23 lokal 23 Mengen Differenz 127 Komplement 127 Schnittmenge 126 symmetrische Differenz 127 Vereinigung 127 Minimum global 23 lokal 23 Mitternachtsformel 50 Monom 68 Grad 69 n-te Wurzel 69 Nachfragefunktion 41 Negativteil 124 Newton-Verfahren 167 Normale einer linearen Funktion 37 Normalform einer linearen Funktion 31 einer quadratischen Funktion 46 Normalparabel 45 normiertes Polynom 71 Nullstelle einer Funktion 22 Formel für quadratische Funktionen 50 mit der Regula falsi 145 Ordnung 84 Vielfachheit 84 Ordinate 21 Ordinatenabschnitt 21 Ordnung einer Nullstelle 84 p-q-Formel 50 Parabel 46 Partialbruchzerlegung 94 Pascalsches Dreieck 67 Passante 53 Phönix-Prinzip 223 Phasenverschiebung 117 Polstelle 93 mit Vorzeichenwechsel 93, 138 ohne Vorzeichenwechsel 93, 138 Polynom 71 Faktorisierung 77 Glied 71 Grad 71 Koe zient 71 konstantes Glied 71 kubisches Glied 71 Lagrange-Polynom 89 Leitkoe zient 71 lineares Glied 71 Linearfaktor 77 normiertes 71 quadratisches Glied 71 Teiler 76 Positivteil 123 Potenz allgemeine 100 ganzzahlige 66 Potenzfunktion Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="261"?> 262 Index allgemeine 112 Produkt kartesisches 29 Produktregel 162 Produzentenrente 232, 236 Prohibitivpreis 42 Punkt-Steigungsform 35 quadratische Ergänzung 48 quadratische Gleichung 50 quadratisches Glied eines Polynoms 71 Quadratwurzel 46 Quotientenregel 163 Radikand 46, 69 Radizieren 69 Randwertvergleich 178 Regula falsi 145 Relation 29 Riemann-Integral 219 Sattelpunkt 182 Satz von Rolle 158 Scheitelpunkt Formel für die Normalform 49 Scheitelpunkt einer Parabel 46 Scheitelpunktform 48 Sekante einer Funktion 151 einer Parabel 53 Sensitivitätsanalyse 62, 200 Sinus 117 Sockelnachfrage 42 Stammfunktion 211 Steckbrief einer Funktion 186 Steigung 32 stetig 142 stetige Ergänzung 95, 144 stetige Verzinsung 132 Summenregel für Ableitungen 161 Tangens 117 Tangente an eine Funktion 149 an eine Parabel 53 Tangentengleichung 157 Teiler eines Polynoms 76 Tiefpunkt 23 transzendente Zahl 106 Treppenfunktion 125 Umkehrfunktion 27 Ableitung 164 Umsatzfunktion 57 unbestimmtes Integral 211 Untersumme 217 Urbild 20 Verkettung 26 Verkettung von Funktionen 26 Vielfachheit einer Nullstelle 84 vollständige Induktion 219 Wendepunkt 24 Wendestelle 24, 181 Wendetangente 182 Wertebereich 16 Wertetabelle 19 Wohlfahrt 232, 236 Wohlfahrtsrechnung 232, 236 Wurzel 20 n-te 69 eines Polynoms 82 Quadratwurzel 46 Zahl algebraische 129 rationale 101 Zentralsatz der Statistik 234 zweite Ableitung 158 Zwischenwertsatz 144 Web-Service: http: / / www.uvk-lucius.de/ terveer <?page no="262"?> www.uvk-lucius.de Walter Theiler Grundlagen der VWL: Mikroökonomik 1. Aufl. 2011, 278 Seiten, 143 Abb. ISBN 978-3-8252-8454-1 € (D) 29,90 / € (A) 30,80 / SFr 41,90 Was ist ein Marktgleichgewicht? Und was versteht man unter Konsumentenrente? Der Autor führt anschaulich in die methodischen und begrifflichen Grundlagen der VWL ein und wendet sie beispielhaft an. Der Leser wird in didaktisch einprägsamer Form mit der Makroökonomie vertraut gemacht und erhält so einen schnellen Zugang zum Stoff. Dabei hilft auch das »magische Viereck der Verbraucherentscheidungen«, das die Modellbildung begreiflich erklärt. In der Reihe »leicht verständlich! « werden Themen so aufbereitet, dass das Lesen, Lernen und Merken möglichst leicht fällt: . viele Übersichten und Grafiken . prägnante Beispiele . Aufgaben und Fallbeispiele mit Lösungen Das Buch richtet sich an Studierende der Wirtschaftswissenschaften und Lehrer und Schüler an Wirtschaftsgymnasien. Alles im Gleichgewicht <?page no="263"?> www.uvk-lucius.de Franz Xaver Bea, Steffen Scheurer, Sabine Hesselmann Projektmanagement 2. Aufl. 2011, ca. 756 Seiten, 241 Abb. ISBN 978-3-8252-2388-5 ca. € (D) 29,90 / € (A) 30,80 / SFr 41,90 Die Darstellung folgt den drei Entwicklungsschritten des Projektmanagements: . Management von Projekten, . Management durch Projekte, . Projektorientiertes Unternehmen. Die Autoren stellen in übersichtlicher Form fundiert den »State of the Art« des Projektmanagements dar und setzen zudem innovative Impulse zur Weiterentwicklung des Projektmanagements. Fragen und Hinweise zu deren Beantwortung erleichtern die Verständniskontrolle. Das Buch ist für Studenten, Praktiker und Forscher geeignet. »Das Buch ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Lehre vom Projektmanagement.« Prof. Dr. Heinz Schelle, Ehrenvorsitzender der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement Meilenstein