Fit für die Prüfung: Außenwirtschaft
Lernbuch
1004
2012
978-3-8385-3805-1
978-3-8252-3805-6
UTB
Thiess Petersen
Im Bachelorstudium reiht sich eine Prüfung an die andere. Das ist durchaus stressig. Beim wichtigen Punktesammeln dürfen Studierende trotzdem nicht schlapp machen. Die UTB-Lernhilfen "Fit für die Prüfung" helfen dabei - in Form von Lernbüchern, Lerntafeln und Lernkarten.
Das Taschenbuch stellt kompakt die prüfungsrelevanten Inhalte der Außenwirtschaft dar. In jedem Kapitel werden zu Beginn die wichtigsten Schlagwörter genannt, die Anwendung beschrieben und Prüfungstipps gegeben. Durch einen knappen Fragebogen wird das Verständnis am Kapitelende abgefragt und letztendlich der individuelle Fitnessstand errechnet.
Dieses Lernbuch hilft Bachelor-Studierenden der Wirtschaftswissenschaften an allen Hochschultypen.
Fit für die Prüfung! Du hast dich für ein Studium entschlossen und stehst jedes Semesterende vor mehreren Prüfungen. Die UTB-Reihe »Fit für die Prüfung« hilft dir, dabei nicht unter die Räder zu kommen. Sie stellt Prüfungswissen besonders kompakt dar und legt Wert auf das schnelle Verständnis. Für jeden Lerntyp die richtige Methode: Die Lernkarten zeigen dir Schwierigkeitsgrade an und ziehen ganz unterschiedliche Fragetechniken heran, die von Single Choice über Begriffsdefinitionen bis hin zu Lückentexten und grafischen Fragen reichen. Die Lerntafeln stellen dir auf kompakteste Weise - auf nur 6 Seiten - neben dem wichtigsten Prüfungswissen auch Definitionen in einem Glossar dar. Geeignet für Studierende in extremer Zeitnot. Das Lernbuch hilft dir durch eine knackige Themenheranführung, überraschende Prüfungstipps, kompakte Wissensvermittlung und eine spielerische Lernstandskontrolle dabei, Wissenslücken schnell zu schließen. Weitere hilfreiche Materialien sowie wichtige Informationen rund um Prüfungen findest du unter fit-lernhilfen.de Thieß Petersen Fit für die Prüfung: Außenwirtschaft Lernbuch UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München Dr. Thieß Petersen ist Dozent an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: istockphoto.com, t_kimura Druck und Bindung: cpi - Ebner & Spiegel, Ulm UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 3805 ISBN 978-3-8252-3805-6 fit-lernhilfen.de IInhalt Über das Buch............................................................................................ 9 Abkürzungs- und Symbolverzeichnis .................................................. 13 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft ..................................................15 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps.......................................... 16 Absolute und relative Preisvorteile....................................................... 17 Ursachen für relative Preisvorteile ....................................................... 19 Intra-industrieller Handel ....................................................................... 26 Außenhandel und Wohlfahrtseffekte................................................... 28 Außenhandel und Einkommensverteilung ......................................... 37 Fazit............................................................................................................ 40 Zwischenstand: Fragen und Antworten ................................................. 41 Etappe 2: Wechselkurstheorie........................................................45 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps.......................................... 46 Der Devisenmarkt ................................................................................... 47 Die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses ............................ 51 Die Zinsparitätentheorie des Wechselkurses...................................... 54 Die Keynesianische Wechselkurstheorie ............................................. 57 Spekulationsblasen auf Devisenmärkten ............................................. 60 Fazit............................................................................................................ 64 Zwischenstand: Fragen und Antworten ................................................. 66 6 Inhalt fit-lernhilfen.de EEtappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie............................69 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps.......................................... 70 Zahlungsbilanz und Zahlungsbilanzausgleich .................................... 71 Wechselkurs und Güterhandel .............................................................. 73 Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft................ 77 Fazit............................................................................................................ 81 Zwischenstand: Fragen und Antworten ................................................. 82 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte ...............85 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps.......................................... 86 Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge...................... 87 Herausforderungen für Defizitländer, Überschussländer und die Welt...................................................................................................... 93 Mechanismen des Leistungsbilanzausgleichs ..................................... 97 Ursachen dauerhafter Leistungsbilanzungleichgewichte .................. 99 Bewertung von Leistungsbilanzungleichgewichten.........................101 Fazit.......................................................................................................... 103 Zwischenstand: Fragen und Antworten ...............................................106 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? .......................... 109 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps........................................110 Argumente für flexible Wechselkurse ................................................111 Argumente für feste Wechselkurse .................................................... 115 Stabilisierung des Wechselkurses ........................................................ 120 Optimaler Währungsraum ................................................................... 125 Fazit.......................................................................................................... 129 Zwischenstand: Fragen und Antworten ...............................................131 Inhalt 7 fit-lernhilfen.de EEtappe 6: Zolltheorie........................................................................ 135 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ......................................136 Zollwirkungen auf dem Importmarkt................................................137 Partialanalyse der Zollwirkungen im Inland .....................................139 Totalanalyse der Zollwirkungen im Inland .......................................141 Dynamische Wirkungen eines Importzolls für das Inland ............144 Gründe für die Erhebung von Zöllen ...............................................146 Fazit.......................................................................................................... 147 Zwischenstand: Fragen und Antworten ...............................................149 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang ......... 153 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps........................................154 Bedeutung des Außenhandels für Wirtschaftswachstum...............155 Verelendendes Wachstum.................................................................... 157 Internationaler Konjunkturzusammenhang .....................................162 Wachstum durch internationale Faktormobilität.............................164 Fazit.......................................................................................................... 170 Zwischenstand: Fragen und Antworten ...............................................172 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009............ 175 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps........................................176 Ursachen der Finanzkrise ..................................................................... 177 Realwirtschaftliche Konsequenzen der Finanzkrise........................185 Fazit.......................................................................................................... 189 Zwischenstand: Fragen und Antworten ...............................................191 8 fit-lernhilfen.de Den Fitness-Stand errechnen ................................................ 193 Glossar ..................................................................................................... 195 Wichtige Lehrbücher und Literatur.................................................... 199 Index ........................................................................................................ 203 fit-lernhilfen.de ÜÜber das Buch Der Handel zwischen verschiedenen Ländern beschäftigt die volkswirtschaftliche Theorie seit Anbeginn der wissenschaftlichen Analysen von wirtschaftlichen Zusammenhängen. Der »Vater der Volkswirtschaftslehre«, Adam Smith (1723-1790), wies in seinem ökonomischen Hauptwerk nachdrücklich darauf hin, dass der freie Handel zwischen den Ländern die Güterversorgung der Menschen verbessert und so zu einer Wohlstandssteigerung führt. David Ricardo (1772-1823) vertrat ebenfalls die Überzeugung, dass der Außenhandel zu einer Erhöhung der gesellschaftlichen Wohlfahrt führt. Er verfeinerte die Ideen von Adam Smith und stellte mit dem »Theorem der komparativen Kostenvorteile« ein nach wie vor fundamentales Element der Außenwirtschaftstheorie auf. Außenwirtschaftliche Überlegungen stellen somit ein Kernelement der Volkswirtschaftslehre dar. Der vorliegende Text bietet einen kurzen Überblick über die wichtigsten Aspekte der Außenwirtschaft. Das erste Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, warum es zu einem Güteraustausch zwischen Ländern kommt und welche Vorteile sich daraus für die beteiligten Volkswirtschaften ergeben. Da es sich bei den hier behandelten Ursachen für die Aufnahme von Außenhandel ausschließlich um realwirtschaftliche Aspekte handelt (Produktivität, Faktorausstattung, Nachfrageverhalten, Produktionstechnologien) und monetäre Aspekte wie z. B. die Bedeutung des Wechselkurses ausgeblendet bleiben, werden diese Überlegungen auch als reale Außenwirtschaftstheorie bezeichnet. Unbestritten hat der Wechselkurs jedoch eine entscheidende Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft sowie für die Höhe der Exporte und Importe eines Landes. Die Faktoren, die die Höhe des Wechselkurses determinieren, werden im zweiten Kapitel untersucht. Dieses Kapitel gibt eine kurze Übersicht über die wichtigsten Theorien zur Erklärung des Wechselkurses (Kaufkraftparitätentheorie, Zinsparitätentheorie, 10 Über das Buch fit-lernhilfen.de Keynesianische Wechselkurstheorie) und geht zudem auf die Entstehung von Spekulationsblasen auf Devisenmärkten ein. Im dritten Kapitel werden die realwirtschaftlichen Überlegungen der Außenwirtschaftstheorie mit monetären Aspekten (Wechselkursänderungen und Kapitalbewegungen zwischen Ländern) kombiniert. Untersucht werden die Auswirkungen von Wechselkursänderungen auf die Exporte und Importe eines Landes. Des Weiteren wird analysiert, welche Konsequenzen eine Ausweitung der heimischen Geldmenge (expansive Geldpolitik) und eine Erhöhung der kreditfinanzierten Staatsausgaben (expansive Fiskalpolitik) auf Beschäftigung, Einkommen, Importe und Exporte haben. Diese Überlegungen werden wegen der expliziten Berücksichtigung von monetären Elementen auch als monetäre Außenwirtschaftstheorie bezeichnet. Die Exporte und Importe eines Landes sind die zentralen Bestimmungsfaktoren der Leistungsbilanz eines Landes. Seit Ende der 1990er Jahre haben sich weltweit erhebliche Leistungsbilanzüberschüsse (z. B. in Deutschland, Japan und China) aufgebaut, denen entsprechende Leistungsbilanzdefizite gegenüberstehen (vor allem in den USA, aber auch in Europa wie z. B. in Spanien, Portugal und Griechenland). Das vierte Kapitel setzt sich mit diesen Ungleichgewichten auseinander. Behandelt werden die zentralen ökonomischen Konsequenzen, die sich aus Leistungsbilanzüberschüssen bzw. -defiziten ergeben, die Mechanismen, die in der Theorie für einen automatischen Ausgleich von Ungleichgewichten im Außenhandel sorgen, sowie die Ursachen, die für ein dauerhaftes Auftreten von Leistungsbilanzungleichgewichten sorgen können. Ein zentrales Instrument zum Ausgleich von Leistungsbilanzungleichgewichten ist ein flexibler Wechselkurs, also ein Wechselkurs, der nach oben und unten vollkommen flexibel ist. Neben flexiblen Wechselkursen gibt es auch Wechselkursregime, bei denen der Wechselkurs gar nicht oder nur in engen Grenzen schwanken darf (feste Wechselkurse). Beide Systeme haben Vor- und Nachteile, die im fünften Kapitel erörtert werden. Zudem werden die Voraussetzungen untersucht, die erfüllt sein müssen, damit sich zwei oder mehr Länder zu einer Region mit einer einheitlichen Währung wie beispielsweise dem Euro zusammenschließen können. Über das Buch 11 fit-lernhilfen.de Obwohl der Außenhandel sowohl für die Welt als Ganzes als auch für die einzelnen Länder eine Reihe von Vorteilen aufweist, schränken einzelne Länder immer wieder den Freihandel durch Zölle oder andere protektionistische Maßnahmen ein. Das sechste Kapitel beschreibt die wesentlichen Konsequenzen, die sich aus der Einführung von Importzöllen ergeben. Dabei werden auch die Rückwirkungen untersucht, die sich für ein Land ergeben, welches einen Importzoll erhebt. Die mit den Rückwirkungen eines Zolls auf das eigene Land verbundenen ökonomischen Konsequenzen sind ein Baustein des internationalen Konjunkturzusammenhangs. Die Bedeutung des Außenhandels für das Wirtschaftswachstum eines Landes sowie den Konjunkturverlauf wird im siebten Kapitel behandelt. Des Weiteren werden die Auswirkungen untersucht, die sich daraus ergeben, dass Produktionsfaktoren wie Arbeit und Kapital über Ländergrenzen hinweg wandern. Über Exporte kann eine Volkswirtschaft darüber hinaus auch von Wachstumsprozessen im Ausland profitieren. Der internationale Konjunkturzusammenhang hat jedoch nicht nur positive Konsequenzen. Durch ein exportorientiertes Wirtschaftswachstum macht sich ein Land abhängig von der wirtschaftlichen Prosperität im Ausland. Die Problematik der gegenseitigen Exportabhängigkeit zeigte sich unter anderem bei der Übertragung des amerikanischen Wirtschaftsabschwungs im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 auf den Rest der Welt. Das achte Kapitel setzt sich mit den Ursachen der globalen Finanzkrise auseinander sowie mit der Übertragung der Finanzkrise auf die Realwirtschaft. Den Abschluss bildet eine kurze Übersicht über die wichtigsten Leh bücher, die sich mit der Außenwirtschaftstheorie beschäftigen. fit-lernhilfen.de AAbkürzungs- und Symbolverzeichnis A Arbeit Ausl. Ausland C Konsum der privaten Haushalte e Wechselkurs EX Export von Gütern und Dienstleistungen ins Ausland G Konsumausgaben des Staats GDB Erh Erhöhung des Gold- und Devisenbestands der Zentralbank GDB Ver Verringerung des Gold- und Devisenbestands der Zentralbank HBS Handelsbilanzsaldo i Zinssatz I Gesamtgesellschaftliche private und staatliche Investitionen IM Import von Gütern und Dienstleistungen aus dem Ausland Inl. Inland K Kapital K EX Kapitalexporte K IM Kapitalimporte ME Mengeneinheiten P Preis bzw. Preisniveau P W Weltmarktpreis r Profitrate bzw. Rendite als Preis für den Faktor Kapitel S Gesamtgesellschaftliche Ersparnisbildung t Zollsatz (Mengenzoll auf Importe) 14 Abkürzungs- und Symbolverzeichnis fit-lernhilfen.de T Staatseinnahmen (Steuern, Sozialbeiträge, Gebühren, Zolleinnahmen etc.) U Nutzenindex V Vermögensposition des Inlands gegenüber dem Ausland w Lohnsatz als Preis für den Faktor Arbeit W Währungsreserven (Gold- und Devisenbestand der Zentralbank) Y Inlandsprodukt bzw. Sozialprodukt X Gütermenge EEtappe 1: Reale Außenwirtschaft Reale Außenwirtschaft 16 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel werden die wichtigsten Ursachen für den grenzüberschreitenden Handel und die damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Vorteile behandelt. Dabei wird gezeigt, dass der internationale Handel zwar für alle beteiligten Länder Vorteile hat, dass aber innerhalb eines Landes einzelne Bevölkerungsgruppen auch Nachteile erleiden können. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? -Ohlin- - Wohl llper-Samuelson- Wofür benötige ich dieses Wissen? Die zunehmende ökonomische Globalisierung hat zur Folge, dass das Ausmaß des grenzüberschreitenden Handels immer weiter zunimmt. Es gibt mittlerweile kaum noch ein Land oder eine Branche, die nicht direkt oder indirekt mit dem Ausland Handel treibt. Außenwirtschaftliche Verflechtungen prägen daher in immer stärkeren Umfang unser Leben. Eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Außenwirtschaft ist daher für alle, die sich mit wirtschaftlichen Fragestellungen beschäftigen, unumgänglich. An der Frage nach den Beweggründen für außenwirtschaftliche Aktivitäten und deren Auswirkungen kommen daher weder Studierende der Volkswirtschaftlehre noch der Betriebswirtschaftslehre vorbei. Absolute und relative Preisvorteile 17 fit-lernhilfen.de WWelchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Eine zentrale Erklärung für die Vorteilhaftigkeit des Handels zwischen einzelnen Ländern ist das auf David Ricardo zurückgehende »Theorem der komparativen Kostenvorteile«. Das Verständnis dieses Theorems hilft dir nicht nur bei außenwirtschaftlichen Fragestellungen. Es ist vielmehr auf alle Handelsaktivitäten zwischen einzelnen Wirtschaftssubjekten und auf alle Märkte anwendbar. Wenn du das »Theorem der komparativen Kostenvorteile« verstanden hast, kannst du eine ganze Reihe weiterer ökonomischer Fragestellungen besser verstehen. Los geht’s! Dieses Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, warum es zu einem Güteraustausch zwischen Ländern kommt und welche Vorteile sich daraus für die beteiligten Volkswirtschaften ergeben. Die Ursachen für die Aufnahme von Handel werden vor allem in unterschiedlichen Produktionstechnologien oder Ausstattungen mit Produktionsfaktoren gesehen. Diese Standortvorteile basieren auf realwirtschaftlichen Vorteilen und werden im Rahmen der realen Außenwirtschaftstheorie untersucht. Absolute und relative Preisvorteile Konsumenten entscheiden sich bei gleichwertigen, d.h. homogenen Gütern, für den Anbieter, der den geringsten Preis fordert. Sie kaufen ein ausländisches Produkt daher nur, wenn dieses preiswerter ist als das entsprechende inländische Gut. Angenommen, eine in Europa hergestellte Mengeneinheit (ME) Stahl kostet 200 Euro und eine in den USA hergestellte ME kostet 150 US-Dollar. Darüber hinaus kostet 1 ME Weizen in Europa 100 Euro und in den USA 50 US-Dollar. Transportkosten entstehen im Fall von Außenhandel 18 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de zwischen diesen beiden Volkswirtschaften annahmegemäß nicht. Ob Handel zwischen den USA und Europa stattfindet, hängt vom Wechselkurs zwischen den beiden Währungen ab. Bei einem Euro- Kurs von 1 Euro zu 1 US-Dollar sind die europäischen Waren weder in Europa noch in den USA wettbewerbsfähig. Sowohl die amerikanischen als auch die europäischen Konsumenten werden ausschließlich den amerikanischen Stahl und den amerikanischen Weizen nachfragen. Diese Situation ist in Tabelle 1.1 dargestellt. 1 ME Stahl 1 ME Weizen Europa 200 Euro = 200 $ 100 Euro = 100 $ USA 150 $ = 150 Euro 50 $ = 50 Euro Tabelle 1.1: Preise bei einem Wechselkurs von 1 Euro = 1 US- Dollar (=$) Dieses Nachfrageverhalten wird jedoch nicht ohne Auswirkungen auf den Wechselkurs bleiben. Grundsätzlich müssen die Exporte eines Landes von den ausländischen Käufern immer in der Währung des Exportlandes bezahlt werden, denn die Exporteure müssen ihre Produktionskosten (Löhne, Kapitalkosten, Mieten etc.) sowie Steuern in der heimischen Währung zahlen. Da also die europäischen Importeure die amerikanischen Güter in US-Dollar bezahlen müssen, steigt die Dollar-Nachfrage auf den Devisenmärkten. Die Euro- Nachfrage wird hingegen zurückgehen. Wie bei jedem Markt führen Nachfrageänderungen ceteris paribus zu Preisänderungen (vgl. dazu ausführlicher Etappe 2). Eine Zunahme der Nachfrage nach US- Dollar hat zur Folge, dass der Preis für einen US-Dollar steigt. Der Dollar gewinnt somit an Wert. Ein Rückgang der Euro-Nachfrage hat hingegen zur Folge, dass der Preis für einen Euro sinkt und der Wert eines Euros somit ebenfalls sinkt. Es kommt folglich zu einer Dollar-Aufwertung bei gleichzeitiger Euro-Abwertung. Der daraus resultierende neue Wechselkurs könnte beispielsweise bei 1 Euro = 1,50 US-Dollar liegen bzw. bei einem US-Dollar = 0,667 Euro. Die damit verbundenen Konsequenzen für die Preise der Güter sind der Tabelle 1.2 zu entnehmen. Ursachen für relative Preisvorteile 19 fit-lernhilfen.de 1 ME Stahl 1 ME Weizen Europa 200 Euro = 133,33 $ 100 Euro = 66,67 $ USA 150 $ = 225 Euro 50 $ = 75 Euro Tabelle 1.2: Preise nach US-Dollar-Aufwertung (1 Euro = 1,50 $) Nach der Dollar-Aufwertung kostet eine ME des europäischen Stahls 200 Euro bzw. 133,33 US-Dollar, während 1 ME des amerikanischen Stahls 225 Euro bzw. 150 US-Dollar kostet. Damit ist der europäische Stahl jetzt infolge der Dollar-Aufwertung in beiden Ländern preiswerter. Beim Weizen hingegen hat der amerikanische Weizen trotz der Dollar-Aufwertung nach wie vor einen absoluten Preisvorteil in beiden Ländern. In dieser Situation wird Europa somit Stahl und Amerika Weizen exportieren. Ursache für die Aufnahme von Handel sind letztlich aber nicht die absoluten Preisvorteile, sondern die Unterschiede bei den relativen Preisen, d. h. die unterschiedlichen realen Austauschverhältnisse zwischen den beiden Produkten. In den USA kostet 1 ME Stahl 3 ME Weizen, während sie in Europa nur 2 ME Weizen kostet. Stahl ist daher in Europa relativ gesehen billiger als in den USA. Umgekehrt haben die USA einen relativen Preisvorteil beim Weizen. Dort kostet 1 ME Weizen lediglich 1/ 3 ME Stahl, in Europa aber 1/ 2 ME Stahl. Voraussetzung für die Aufnahme von Außenhandel sind deshalb relative Preisvorteile, die durch den Wechselkurs in absolute Preisvorteile verwandelt werden. UUrsachen für relative Preisvorteile Für relative Preisvorteile gibt es im Wesentlichen drei Ursachen: technologisch bedingte Produktivitätsvorteile, geringe Produktionskosten infolge eines reichlichen Angebots an Produktionsfaktoren und eine geringe Nachfrage nach dem Exportgut im eigenen Land. Technologische Produktivitätsvorteile bewirken Kostenvorteile, die dann zu Preisvorteilen führen. Produktivitätsunterschiede sind auf 20 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de Unterschiede bei den Produktionsfunktionen zurückzuführen und können sich auf partielle Produktivitäten (Arbeitsproduktivität, Kapitalproduktivität, Bodenproduktivität etc.) oder auf die Gesamtproduktivität beziehen. Das auf David Ricardo zurückgehende »Theorem der komparativen Kostenvorteile«, das im Folgenden vorgestellt wird, basiert auf unterschiedlichen Arbeitsproduktivitäten. Bezogen auf das geschilderte Stahl-Weizen-Beispiel ist folgende Situation denkbar: Stahl und Weizen werden in beiden Volkswirtschaften ausschließlich mit Hilfe des Produktionsfaktors Arbeit hergestellt. In Europa können 100 Arbeitskräfte entweder 500 ME Stahl oder 1.000 ME Weizen herstellen. Diese Arbeitsproduktivität ist - unabhängig von der Menge der produzierten Gütereinheiten - konstant, sodass die Produktion von 1 ME Stahl stets den Verzicht auf 2 ME Weizen kostet. In den USA können 100 Arbeitskräfte entweder 300 ME Stahl oder 900 ME Weizen produzieren, was zu einem realen Austauschverhältnis von 1 ME Stahl zu 3 ME Weizen führt. Die Unterschiede bei der Arbeitsproduktivität sind somit für die Kostenunterschiede verantwortlich und für die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Relativpreise. Wichtig ist in diesem Kontext, dass sich die Aufnahme des Außenhandels für beide Länder lohnt, obwohl die USA bei der Produktion beider Güter eine geringere Arbeitsproduktivität als Europa aufweisen und deshalb bei der Produktion beider Güter einen absoluten Kostennachteil besitzen. Dennoch verfügen die USA bei der Produktion von Weizen über einen komparativen Kostenvorteil, weil die Herstellung von 1 ME Weizen in den USA lediglich den Verzicht auf 1/ 3 ME Stahl kostet, während die Produktion von 1 ME Weizen in Europa 1/ 2 ME Stahl kostet. Im Fall von unterschiedlichen partiellen Produktivitäten, ansonsten aber identischen Produktions- und Nachfragebedingungen, exportiert jedes Land folglich die Güter, bei denen es einen komparativen Kostenvorteil besitzt. Die hier angesprochenen komparativen Kostenvorteile wurden bereits von David Ricardo (1772-1823) als Ursache des Handels identifiziert. Ricardo verdeutlicht dieses Prinzip anhand eines Beispiels mit zwei Ländern (England und Portugal) und zwei Waren (Wein und Tuch). England ist dabei in einer wirtschaftlichen Situa- Ursachen für relative Preisvorteile 21 fit-lernhilfen.de tion, in der die Erzeugung des von England pro Jahr benötigten Tuchs die Arbeit eines Jahres von 100 Leuten erfordert. Für die Herstellung der jährlich konsumierten Weinmenge wird die Arbeit gleicher Zeitdauer von 120 Leuten benötigt. Portugal benötigt zur Produktion der jährlichen Tuchmenge die Jahresarbeit von 90 Menschen, während für die Herstellung der Weinmenge die Arbeit von 80 Menschen gebraucht wird. Übersichtsartig lassen sich die erforderlichen Arbeitsmengen in »Mannjahren« wie in Abbildung 1.1. darstellen: England Portugal Tuchproduktion = 100 Mannjahre Tuchproduktion = 90 Mannjahre Weinproduktion = 120 Mannjahre Weinproduktion = 80 Mannjahre Abb. 1.1: Notwendiger Arbeitseinsatz zur Herstellung der jährlich benötigten Tuch- und Weinmengen in England und Portugal Unter diesen Annahmen lohnt sich die Aufnahme von Handel für beide Länder, obwohl Portugal beide Produkte mit weniger Arbeitseinsatz - also billiger - als England herstellen kann. Dieses Beispiel beschreibt das so genannte Theorem der komparativen Kostenvorteile. Obwohl Portugal bei der Herstellung von beiden Waren einen absoluten Kostenvorteil - und damit zugleich einen Preisvorteil hat, ist die Aufnahme von Handelsbeziehungen aus nationaler Sicht dennoch sinnvoll. Wenn Portugal auf die Produktion von Tuch verzichtet, spart das Land dadurch die Jahresarbeit von 90 Arbeitern ein. 80 dieser Arbeiter werden in der Weinproduktion eingesetzt, um die Menge an Wein zu produzieren, die erforderlich ist, um den portugiesischen Jahresverbrauch an Tuch aus England eintauschen zu können. Damit verbleiben 10 Personen, die zusätzliche Mengen an Wein oder Tuch herstellen können und damit die Menge der Konsumgüter in Portugal erhöhen. Das gleiche Prinzip gilt für die Vorteilhaftigkeit des Handels aus englischer Sicht. England verzichtet auf die Herstellung des Weins, spart 22 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de damit 120 Arbeitskräfte ein und setzt 100 von ihnen in der Tuchproduktion ein. Das Tuch wird dann gegen den portugiesischen Wein eingetauscht, sodass England über die benötigten Tuch- und Weinmengen verfügt. Die verbleibenden 20 Personen können dann für die Herstellung von zusätzlichem Tuch und/ oder Wein eingesetzt werden. Ricardo zeigt damit, dass die Vorteilhaftigkeit des Handels mit anderen Ländern nicht von den absoluten Kosten der Produktion abhängt. Theorem der komparativen Kostenvorteile: Ein Land exportiert die Güter, bei denen es relativ gesehen, d. h. im Vergleich zu anderen Ländern, entweder die größten absoluten Kostenvorteile hat oder die geringsten absoluten Kostennachteile. Dieses Theorem lässt sich durch eine weitere Spezifikation des Zahlenbeispiels noch verdeutlichen. Hierzu muss der Output, der in dem oben genannten Beispiel nicht quantifiziert ist, hinzugenommen werden. Angenommen wird, dass in England die Arbeit eines Jahres von 100 Leuten in der Tuchproduktion ein jährliches Produktionsergebnis von 400 Ballen Tuch zur Folge hat, während das Produktionsergebnis der 120 Personen im Weinbau aus 240 Fässern Wein besteht. Die gleichen Mengen an Tuch und Wein lassen sich in Portugal hingegen mit den genannten 90 bzw. 80 Menschen herstellen. Bezogen auf jeweils eine Wareneinheit bedeutet dies, dass in England ein Ballen Tuch die Arbeit von 0,25 Personen und ein Fass Wein die Arbeit von 0,5 Personen beinhaltet (siehe Abbildung 1.2). Damit kostet die Herstellung von einem Fass Wein den Verzicht auf zwei Ballen Tuch. In Portugal hingegen wird zur Produktion eines Ballen Tuchs die Jahresarbeit von 0,225 Personen benötigt und zur Herstellung eines Fasses Wein die Jahresarbeit von 0,333 Personen, sodass ein Fass Wein den Verzicht auf 1,48 Ballen Tuch bedeutet. Tabellarisch lassen sich diese Zusammenhänge wie folgt verdeutlichen: Ursachen für relative Preisvorteile 23 fit-lernhilfen.de England 100 Personen = 400 Ballen Tuch 1 Ballen Tuch = 0,25 Personen 120 Personen = 240 Fässer Wein 1 Fass Wein = 0,5 Personen also gilt: 1 Fass Wein = 0,5 Personen = 2 Ballen Tuch Austauschverhältnisse in England daher: 1 Fass Wein = 2 Ballen Tuch bzw. 0,5 Fass Wein = 1 Ballen Tuch Portugal 90 Personen = 400 Ballen Tuch 1 Ballen Tuch = 0,225 Personen 80 Personen = 240 Fässer Wein 1 Fass Wein = 0,333 Personen also gilt: 1 Fass Wein = 0,333 Personen = 1,48 Ballen Tuch Austauschverhältnisse in Portugal daher: 1 Fass Wein = 1,48 Ballen Tuch bzw. 0,675 Fass Wein = 1 Ballen Tuch Abb. 1.2: Beispiel für das Theorem der komparativen Kostenvorteile England verfügt über einen relativen Kostenvorteil bei der Produktion von Tuch, denn in England kostet die Herstellung von einem Ballen Tuch den Verzicht auf 0,5 Fässer Wein, während die Kosten eines Ballens Tuch in Portugal den Verzicht auf 0,675 Fässer Wein kostet. In Portugal hingegen ist die Herstellung von Wein - gemessen durch den Verzicht auf Tuch - billiger. 24 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de Entscheidend für den Handel zwischen zwei Ländern sind nicht die absoluten, sondern die relativen Kosten: im England-Portugal- Beispiel also das Verhältnis von Weinkosten zu Tuchkosten in jedem der beiden Länder. Sobald dieses Verhältnis in den Ländern unterschiedlich ist, lohnt sich die Aufnahme internationaler Handelsbeziehungen. Jedes Land spezialisiert sich dabei auf die Produktion der Ware, bei der der relative Kostennachteil am geringsten bzw. der relative Kostenvorteil am größten ist. Außenhandel kann zudem entstehen, wenn die beteiligten Länder über unterschiedliche Faktorausstattungen verfügen. Diese Konstellation wird im so genannten Heckscher-Ohlin-Modell analysiert. Annahmegemäß verfügen die beiden beteiligten Länder in diesem Fall über identische Nachfrageverhältnisse und über identische Produktionsverfahren mit einer neoklassischen Produktionsfunktion. Es gibt zwei Produktionsfaktoren - Arbeit und Kapital sowie zwei Güter, von denen eines relativ kapitalintensiv und das andere relativ arbeitsintensiv produziert wird. Die Faktoren sind innerhalb eines einzelnen Landes vollkommen mobil, aber zwischen den beiden Ländern vollkommen immobil. Darüber hinaus herrschen annahmegemäß Vollbeschäftigung und vollkommene Konkurrenz. Bezogen auf das Stahl-Weizen-Beispiel sei dabei folgende Situation unterstellt: Europa ist relativ kapitalreich und relativ arbeitsarm, während die USA als arbeitsreich und kapitalarm anzusehen sind. Das Produkt Stahl wird mit relativ viel Kapital und relativ wenig Arbeit hergestellt, während die Produktion von Weizen arbeitsintensiv ist und nur wenig Kapital benötigt. In jedem Land ist der relativ reichlich vorhandene Produktionsfaktor nachfragebedingt preiswerter, d. h. der Faktor Kapital ist in Europa relativ gesehen preiswert, sodass Europa bei der Produktion des kapitalintensiv hergestellten Stahls einen relativen Kosten- und daher auch Preisvorteil besitzt. Umgekehrt haben die USA wegen des reichlich vorhandenen Faktors Arbeit und des relativ geringen Lohnsatzes einen Kosten- und Preisvorteil bei der Herstellung des arbeitsintensiv produzierten Weizens. Ursachen für relative Preisvorteile 25 fit-lernhilfen.de Heckscher-Ohlin-Aussage: Ein arbeitsreiches Land exportiert das Gut, das arbeitsintensiv hergestellt wird, ein kapitalreiches Land exportiert das kapitalintensiv produzierte Gut, ein bodenreiches Land exportiert das Gut, zu dessen Produktion viel Boden benötigt wird, und ein Umweltreiches Land produziert umweltintensive Güter. Das Heckscher-Ohlin-Modell kann auch auf den Fall weiterer Produktionsfaktoren ausgeweitet werden, ohne dass die Grundaussage dadurch geändert wird. Bei der Berücksichtigung von weiteren Produktionsfaktoren exportiert das bodenreiche Land das bodenintensiv hergestellte Produkt, das technologiereiche Land die technologieintensiven Produkte etc. Ein spezieller Fall der Faktorausstattung betrifft den Umstand, dass bestimmte Rohstoffe oder landwirtschaftliche Produkte nur in ausgewählten Länden vorkommen. Diese Länder exportieren dann die entsprechenden Güter in jene Länder, die diese Produkte nachfragen, aber nicht selber herstellen können. Klassische Beispiele sind Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas oder tropische Früchte. Selbst bei identischen Produktionsfunktionen und Faktorausstattungen in zwei Ländern kann es beim Vorliegen homogener Güter zum Handel zwischen den beiden Ländern kommen, wenn unterschiedliche Nachfrageverhältnisse zu relativen Preisunterschieden führen. Angenommen, die Nachfrage nach Stahl ist in Europa relativ gering, während die Nachfrage nach Weizen in Europa relativ hoch ist. Die hohe Weizennachfrage führt nachfrageseitig zu einem relativ hohen Weizenpreis in Europa. Gleichzeitig bewirkt die geringe Nachfrage nach Stahl einen relativ geringen Stahlpreis. Wird weiterhin unterstellt, dass die Nachfrageverhältnisse in den USA umgekehrt sind, so herrscht in den USA wegen der hohen Stahlnachfrage ein relativ hoher Preis für Stahl. Die unterschiedlichen Nachfrageverhältnisse sorgen folglich dafür, dass Europa einen relativen Preisvorteil bei Stahl besitzt, während die USA einen relativen Preisvorteil bei Weizen besitzen. Im Ergebnis wird daher jede Volkswirtschaft das Produkt exportieren, das vor der Aufnahme des Außenhandels im Inland relativ schwach nachgefragt und daher relativ preiswert ist. 26 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de IIntra-industrieller Handel Bei den bisher geschilderten Ansätzen zur Erklärung des Handels zwischen Volkswirtschaften fand dieser stets zwischen verschiedenen Industrien bzw. Sektoren und daher zwischen sehr verschiedenen Produkten statt. In der Realität aber erfolgt Außenhandel auch in der Form, dass zwischen den beteiligten Ländern sehr ähnliche Produkte ausgetauscht werden. Außenhandel findet also nicht zwischen verschiedenen Industrien, sondern auch innerhalb der gleichen Industrien statt. Deutschland beispielsweise exportiert Autos nach Frankreich und importiert gleichzeitig französische Autos. Mit den Annahmen der traditionellen Außenhandelstheorie, d. h. bei homogenen Gütern und perfektem Wettbewerb, ist dieses Phänomen nicht erklärbar. Zur Erklärung dieses intra-industriellen Handels ist es daher erforderlich, von den Standardannahmen der Außenhandelstheorie abzuweichen. Eine erste Abweichung besteht darin, die Annahmen der homogenen Güter aufzugeben und stattdessen von differenzierten Produkten auszugehen. Diese Annahme lässt sich nachfrageseitig durch den Wunsch der Konsumenten nach Vielfältigkeit begründen. Konkret bedeutet dies, dass die Konsumenten nicht nur das homogene Produkt 'Auto' nachfragen, sondern verschiedene Ausführungen dieses Produkts: Sportwagen, energiesparende Autos, Familienwagen, Cabrios, Zweisitzer, Viersitzer, Sechssitzer und weitere Varianten. Eine Spezialisierung einzelner Volkswirtschaften auf bestimmte Varianten von Autos ist vor allem dann zu erwarten, wenn die Produktion jeder einzelnen Variante mit hohen Fixkosten und daher mit Größenvorteilen - economies of scale - verbunden ist. Die Spezialisierung auf einen Autotyp, um diesen dann in andere Länder zu exportieren, ermöglicht die Ausnutzung der Größenvorteile in der Produktion, sodass die Fixkosten auf eine größere Anzahl von hergestellten Produkten verteilt werden können, was zu geringeren Stückkosten führt. Die Frage, auf welche konkrete Produktvariante sich ein Land spezialisiert, ist beim Vorliegen von economies of scale letztendlich das Resultat historischer Zufälligkeiten. Intra-industrieller Handel 27 fit-lernhilfen.de Die Annahme differenzierter Produkte lässt sich weiter spezifizieren, indem z. B. zwischen qualitativ sehr hochwertigen und qualitativ weniger hochwertigen Produkten unterschieden wird. Wenn zudem davon ausgegangen wird, dass eine hohe Produktqualität eine kapitalintensive Produktion voraussetzt, hängt die Richtung der internationalen Warenströme wiederum von der Faktorausstattung der Volkswirtschaften ab. Kapitalreiche Volkswirtschaften spezialisieren sich dann auf die Produktion von qualitativ hochwertigen Gütern, die sie in kapitalarme Länder exportieren. Dieser Ansatz wird auch als Neo-Heckscher-Ohlin-Fall bezeichnet. Eine letzte in diesem Kontext vorzustellende Erklärung des intraindustriellen Handels hängt mit der Produktzyklusthese zusammen. Nach dieser These zur Entwicklung und Verbreitung von Produktinnovationen wird zwischen vier Phasen unterschieden. In der Innovationsphase wird ein neues Produkt entwickelt und zunächst nur für den heimischen Markt hergestellt. In der Exportphase kann das neue Produkt in größeren Mengen hergestellt und deshalb auch im Ausland abgesetzt werden, weil das Ausland technologisch noch nicht in der Lage ist, dieses Produkt herzustellen. In der anschließenden Imitationsphase geht der Innovationsvorsprung des Inlands sukzessive zurück, weil das Ausland zunehmende Erfahrungen in der Herstellung des neuen Produkts gewinnt. Hat das Inland seinen technologischen Vorsprung gänzlich verloren, beginnt die Importphase, d. h. das Inland importiert nun seinerseits das Produkt aus dem Ausland. Nach der Produktzyklusthese exportieren entwickelte Volkswirtschaften somit zunächst neue Produkte. Im Laufe der Zeit imitieren die weniger entwickelten Volkswirtschaften das neue Produkt und werden konkurrenzfähig, bis sie schließlich ihrerseits das 'reife' Produkt in die entwickelten Volkswirtschaften exportieren. Die bisher genannten Ursachen für relative und absolute Preisvorteile lassen sich übersichtsartig in Abbildung 1.3 darstellen. Die Bedeutung der Geldpolitik wird hier lediglich erwähnt. Durch eine Veränderung der Geldmenge lässt sich das Preisniveau einer Volkswirtschaft beeinflussen. Die Veränderung der Geldmenge hat zudem über Preisniveau- und Zinseffekte auch Einfluss auf den Wechselkurs (siehe dazu ausführlicher nächste Etappe). Der Staat 28 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen durch entsprechende Eingriffe fördern. Zu denken ist beispielsweise an Subventionen und Steuererleichterungen für exportorientierte Unternehmen, an handelspolitische Maßnahmen wie Zölle oder an die Behinderung ausländischer Anbieter durch andere Handelshemmnisse wie z. B. technische Auflagen oder mengenmäßige Importbeschränkungen (siehe dazu ausführlicher Etappe 6). Abb. 1.3.: Übersicht über Einflussfaktoren auf Exportfähigkeit eines Landes AAußenhandel und Wohlfahrtseffekte Das eingangs beschriebene England-Portugal-Beispiel hat gezeigt, dass Außenhandel und die damit verbundene internationale Arbeitsteilung die verfügbaren Gütermengen der am Außenhandel beteiligten Länder erhöht. Außenhandel erhöht somit die Wohlfahrt aller beteiligten Volkswirtschaften in dem Sinne, dass die zur Verfügung stehenden Gütermengen größer sind als ohne den Außenhandel. Produktivitätsvorteil Faktorreichlichkeit Geringe Nachfrage Geringer Wechselkurs Komparativer Kostenvorteil Relativer Preisvorteil Geldpolitik Geringes Preisniveau Absoluter Preisvorteil Export von Gütern und Dienstleistungen Verfügbarkeit von Rohstoffen Staatliche Eingriffe (Subventionen etc.) Qualitätsvorteile der Produkte Außenhandel und Wohlfahrtseffekte 29 fit-lernhilfen.de Die Aufnahme von Außenhandel hat zur Folge, dass Unternehmen nun für einen größeren Markt produzieren können. Die damit verbundene Erhöhung der Produktion erlaubt die Ausnutzung von Vorteilen der Massenproduktion. Dies bedeutet geringere Stückkosten und damit geringere Preise für die Konsumenten, sodass die Kaufkraft der Konsumenten steigt. Realwirtschaftlich bedeutet die Ausnutzung von Vorteilen der Massenproduktion, dass mit einer gegebenen Menge an Produktionsfaktoren die Menge der damit herstellbaren Produkte zunimmt. Dies steigert die Menge der konsumierbaren Güter und wirkt damit ebenfalls wohlfahrtserhöhend. Mit dem Außenhandel nimmt der internationale Wettbewerbsdruck zu. Dies erhöht den Druck auf alle Anbieter, durch Innovationen und technischen Fortschritt die Produktionskosten zu senken und damit wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die Konsumenten ist dies ein Vorteil, weil der zunehmende Zwang zur Kostenreduzierung die Preise der Konsumgüter verringert und dadurch die Kaufkraft der Konsumenten erhöht. Kostenreduzierung durch technischen Fortschritt bedeutet zudem, dass die Produktivität zunimmt. Dies impliziert, dass die mit einer gegebenen Menge an Produktionsfaktoren herstellbare Gütermenge steigt, was für die Konsumenten wiederum eine Wohlfahrtssteigerung darstellt. Ein weiterer Aspekt des zunehmenden internationalen Wettbewerbsdrucks betrifft die Schwächung bzw. den Abbau von Monopolen. Monopolisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Vergleich zur vollständigen Konkurrenz eine geringere Menge an Gütern anbieten und diese zu einem höheren Preis verkaufen. Für die Konsumenten ist eine Monopolsituation somit in doppelter Weise nachteilig: sie können im Monopolfall weniger Güter konsumieren als im Fall der vollständigen Konkurrenz, für die sie auch noch überhöhte Preise zahlen müssen. Mit der Aufnahme des Außenhandels werden inländische Monopolisten der Konkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt. Dies baut die inländische Monopolsituation ab. Die Öffnung der eigenen Grenzen für den Außenhandel ist so gesehen ein Instrument einer erfolgreichen Anti-Monopolpolitik. Damit steigt die Menge der im Inland zur Verfügung stehenden Konsumgüter bei einer gleichzeitigen Preissenkung. Beides verbes- 30 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de sert die Güterversorgung der Konsumenten und erhöht so die Wohlfahrt. Die Wohlfahrtssteigerung durch Außenhandel lässt sich schließlich auch grafisch verdeutlichen. Ausgangspunkt ist die Maximierung der sozialen Wohlfahrt in einer Volkswirtschaft ohne Außenhandel. Vereinfachend wird dabei von einer Volkswirtschaft mit nur zwei Gütern ausgegangen. Die Produktionstechnologie und die Mengen der Produktionsfaktoren sind gegeben und konstant. Werden alle Produktionsfaktoren für die Herstellung des ersten Gutes verwendet, lässt sich die Menge x 1max produzieren, während vom zweiten Gut gar keine Einheit hergestellt werden kann. Werden die Produktionsfaktoren hingegen ausschließlich bei der Herstellung des zweiten Gutes eingesetzt, resultiert daraus die Menge x 2max . Die Gesamtheit aller möglichen herstellbaren Güterkombinationen lässt sich grafisch durch die Transformationskurve bzw. die Produktionsmöglichkeitenkurve abbilden. Der Verlauf der Transformationskurve lässt sich mit Hilfe der Opportunitätskosten im Fall einer neoklassischen Produktionsfunktion erläutern. Steht ein Entscheider vor der Wahl zwischen verschiedenen Handlungsoptionen, so ist mit den Opportunitätskosten der Verzicht auf die Güter oder den Nutzen gemeint, der dadurch entsteht, dass die zweitbeste Alternative nicht gewählt wurde. Die Opportunitätskosten der gewählten - und daher besten - Alternative bestehen also aus dem Verzicht auf den Nutzen, der mit der zweitbesten - aber nicht gewählten Alternative - verbunden ist. Die Opportunitätskosten lassen sich für jede beliebige Menge eines hergestellten Gutes berechnen. Wird beispielsweise ausgehend vom Punkt Q 1 die produzierte Menge von Gut 2 um eine Mengeneinheit erhöht ( x 2 = + 1), so verlangt dies den Verzicht auf eine bestimmte Menge von Gut 1, beispielsweise auf 0,5 Einheiten des ersten Gutes ( x 1 = - 0,5). Der Verzicht auf diese Menge von Gut 1 stellt die Opportunitätskosten einer Einheit von Gut 2 dar, d. h. eine Einheit von Gut 2 kostet 0,5 Einheiten von Gut 1. Wird die Produktionsmenge von Gut 2 - ausgehend von dieser neuen Ausgangslage (Q 2 ) - um eine weitere Einheit erhöht, steigt die Menge des ersten Gutes, auf die nun verzichtet werden Außenhandel und Wohlfahrtseffekte 31 fit-lernhilfen.de muss, z. B. auf 1,5 Einheiten des ersten Gutes ( x 1 = - 1,5). Mit zunehmender Menge von Gut 2 steigen also die Opportunitätskosten des zweiten Gutes. Der Verlauf einer Transformationskurve im Fall einer neoklassischen Produktionsfunktion ist in Abbildung 1.4 dargestellt. Abb. 1.4: Transformationskurve bei einer neoklassischen Produktionsfunktion Eine soziale Wohlfahrtsfunktion ordnet jedem Güterbündel eine reelle Zahl, den Nutzen bzw. Nutzenindex (U), zu, den die Gesellschaft aus dem Konsum dieses Güterbündels zieht. Die Wohlfahrtsfunktion beschreibt zudem die Präferenzordnung der Gesellschaft. Dabei gelten folgende Zusammenhänge: Wenn die Gesellschaft ein Güterbündel X A höher schätzt als ein Güterbündel X B , dann ist der Wohlfahrtsbzw. Nutzenindex des Güterbündels X A auch größer als der Nutzenindex des Güterbündels X B . Es gilt daher U(X A ) > U(X B ). Wenn die Gesellschaft zwei Güterbündel X A und X B hingegen gleich einschätzt, also zwischen ihnen indifferent ist, dann erhalten beide Güterbündel den gleichen Nutzenindex, sodass U(X A ) = U(X B ) gilt. Die Wohlfahrtsfunktion beschreibt somit den Zusammenhang zwischen den Gütermengen x 2 x 1 x 1max x 1 = 0,5 x 2max + x 2 = 1 0 Q 1 Q 2 Q 3 + x 2 = 1 x 1 = 1,5 32 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de verschiedener Güter (x 1 , x 2 , x 3 , …) und der Wohlfahrt bzw. dem Nutzen (U), der aus diesem Güterbündel resultiert. Wird beispielsweise von nur zwei Gütern ausgegangen, wobei die Wohlfahrt das Produkt der beiden konsumierten Gütermengen (U (x 1 , x 2 ) = x 1 . x 2 ) ist, so stiften zwei Mengeneinheiten von Gut 1 und vier Mengeneinheiten von Gut 2 eine soziale Wohlfahrt von acht. Wohlfahrtsfunktionen sind einwertig, d. h. jedem Güterbündel wird genau ein Wert U zugeordnet, und sie haben eine stetige erste und zweite Ableitung. Bezüglich der Wohlfahrtsfunktionen wird in der Regel davon ausgegangen, dass die so genannte Nichtsättigungsannahme gilt. Diese Annahme besagt, dass aus jeder zusätzlich konsumierten Mengeneinheit eines Gutes ein Wohlfahrtszuwachs für die Gesellschaft resultiert. Es gibt daher annahmegemäß keine Sättigungsgrenzen. Abb. 1.5: Verlauf von gesamtgesellschaftlichen Indifferenzkurven (Normalfall) Grafisch lässt sich die Bewertung von Güterbündeln durch die Gesellschaft mit Hilfe von gesellschaftlichen bzw. der sozialen Indifferenzkurven durchführen. x 2 x 1 I 0 I 1 I 2 Außenhandel und Wohlfahrtseffekte 33 fit-lernhilfen.de Die Indifferenzkurve ist die Kurve, auf der alle Güterbündel liegen, die für die Gesellschaft den gleichen Nutzen stiften. Weil alle Güterbündel einer Indifferenzkurve definitionsgemäß den gleichen Nutzen stiften, zieht die Gesellschaft keines der Bündel einem anderen Güterbündel vor. Die Gesellschaft ist daher zwischen allen Güterbündeln dieser Kurve indifferent. Bei einer »normalen« sozialen Wohlfahrtsfunktion verläuft die gesamtgesellschaftliche Indifferenzkurve konvex zum Ursprung eines entsprechenden Gütermengen-Diagramms (siehe Abbildung 1.5). Dabei gilt: Je weiter die soziale Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, desto höher ist die gesellschaftliche Wohlfahrt. Daher gilt in Abbildung 1.5: U (I 2 ) > U(I 1 ) > U(I 0 ). Abb. 1.6: Gesellschaftliches Wohlfahrtsoptimum ohne Außenhandel Grafisch lässt sich das gesellschaftliche Wohlfahrtsmaximum im Fall von zwei Gütern mit Hilfe der Transformationskurve und der gesamtgesellschaftlichen Indifferenzkurve ermitteln. Die Transformationskurve erlaubt die Produktion verschiedener Güterbündel und legt damit den Konsummöglichkeitsraum der Gesellschaft fest. Ziel einer wohlfahrtsmaximierenden Gesellschaft ist es, angesichts x 2 x 1 x 1max x 2max 0 Transformationskurve soziale Indifferenzkurve (I) optimaler Konsumpunkt (Q K *) optimaler Produktionspunkt (Q P *) 34 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de dieser Produktionsbzw. Konsumrestriktion die Indifferenzkurve zu erreichen, die am weitesten vom Ursprung entfernt ist. Dieses Ziel wird realisiert, wenn die Transformationskurve eine Indifferenzkurve tangiert. Der so gefundene Tangentialpunkt stellt den optimalen Produktions- und Konsumpunkt der Gesellschaft dar (siehe Abbildung 1.6). Abb. 1.7: Tauschgerade bei Aufnahme von Außenhandel Ohne die Möglichkeit des Außenhandels sind der optimale Produktionspunkt(Q P *) und der optimale Konsumpunkt (Q K *) der Gesellschaft identisch (Q P * = Q K *). Die Gesellschaft kann nur das konsumieren, was sie auch selbst produziert hat. Durch die Aufnahme von Außenhandel kann das Inland seine Konsummöglichkeiten vergrößern. Ausgehend vom optimalen Produktionspunkt Q P * kann die Gesellschaft eine Mengeneinheit von Gut 1 auf dem Weltmarkt anbieten und dafür z. B. zwei Einheiten von Gut 2 eintauschen. Das Tauschverhältnis 2 ME x 2 1 ME x 1 ist durch den Weltmarkt festgelegt und somit für das Inland eine exogene Größe. Das Inland wird als ein kleines Land angesehen. x 2 x 1 0 Transformationskurve I 0 - 1 ME x 1 + 2 ME x 2 Tauschgerade I 1 Produktionspunkt (Q P ) Konsumpunkt (Q K ) Außenhandel und Wohlfahrtseffekte 35 fit-lernhilfen.de Dies bedeutet, dass ökonomische Aktivitäten des Inlands wie beispielsweise eine Erhöhung des Angebots von Gut 1 auf dem Weltmarkt keinen Einfluss auf die Weltmarktpreise haben. Das Inland kann also annahmegemäß beliebige Mengen von Gut 1 auf dem Weltmarkt anbieten und erhält dafür jeweils zwei Einheiten von Gut 2. Grafisch resultiert daraus eine Tauschgerade (siehe Abbildung 1.7). Es ist unmittelbar einsichtig, dass das Inland durch den Gütertausch mit dem Ausland eine Indifferenzkurve erreichen kann, die weiter vom Ursprung entfernt ist und deshalb eine höhere soziale Wohlfahrt darstellt (U (I 1 ) > U (I 0 )). In Abbildung 1.7 hat die Gesellschaft infolge des Außenhandels jedoch nur ihren Konsumpunkt verändert, während der Produktionspunkt noch der gleiche ist wie ohne Handel mit dem Ausland. Abb. 1.8: Optimaler Produktions- und Konsumpunkt bei Aufnahme von Außenhandel Den gesamtgesellschaftlich optimalen Produktions- und Konsumpunkt erreicht die Gesellschaft, wenn sie auch ihre Produktion verändert. Der optimale Produktionspunkt (Q P *) nach Aufnahx 2 x 1 x 1max x 2max 0 Transformationskurve I 0 Tauschgerade I 2 Q P * bei Außenhandel Q K * bei Außenhandel ohne Außenhandel: Q P * = Q K * 36 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de me des Außenhandels findet sich, indem die Tauschgerade soweit vom Ursprung entfernt wird, dass sie die Transformationskurve gerade noch tangiert. Durch das Verschieben der Tauschgerade vergrößert die Gesellschaft ihre Konsummöglichkeiten. Anschließend findet sie den optimalen Konsumpunkt (Q K *), indem sie die soziale Indifferenzkurve wählt, die am weitesten vom Ursprung entfernt ist und die Tauschgerade tangiert (siehe Abbildung 1.8). Die neue Indifferenzkurve (I 2 ) ist weiter vom Ursprung entfernt, sodass U (I 2 ) > U (I 1 ) > U (I 0 ) gilt und die Gesellschaft somit durch den Außenhandel ihre Wohlfahrt steigern konnte. Abschließend lassen sich noch die Mengen an importierten und exportierten Gütern bestimmen. Hierzu müssen lediglich die produzierten und konsumierten Mengen von Gut 1 und 2 miteinander verglichen werden (siehe Abbildung 1.9). Abb. 1.9: Optimaler Produktions- und Konsumpunkt bei Aufnahme von Außenhandel Die Gesellschaft produziert von Gut 1 die Menge x 1P *, von der sie jedoch nur die Menge x 1K * konsumiert. Die Differenz (x 1P * x 1K *) wird in das Ausland exportiert und stellt somit die Exporte (EX) des Inlands dar. Von Gut 2 produziert die Volkswirtschaft weniger x 2 x 1 x 2K * 0 Tauschgerade I 1 x 2P * x 1K * x 1P * EX IM Q P * bei Außenhandel Q P * bei Außenhandel Außenhandel und Einkommensverteilung 37 fit-lernhilfen.de Einheiten (x 2P *) als sie konsumiert (x 2K *). Die Differenz (x 2K * x 2P *) wird aus dem Ausland beschafft und stellt somit die Importe (IM) des Inlands dar. AAußenhandel und Einkommensverteilung Neben der Suche nach den Bestimmungsgründen für die Aufnahme von Außenhandel spielt auch die Frage nach den Verteilungswirkungen des internationalen Handels eine wichtige Rolle. Im Ricardo-Fall (komparative Kostenvorteile infolge unterschiedlicher Arbeitsproduktivitäten in den beteiligten Ländern) hat der Außenhandel keine Auswirkungen auf die Einkommensverteilung, u. a. schon deshalb, weil es annahmegemäß nur einen homogenen Produktionsfaktor Arbeit gibt. Im Heckscher-Ohlin-Modell hingegen hat der Außenhandel gravierende Konsequenzen für die Einkommensverteilung. Durch den Export der Güter, bei denen der im Inland reichlich vorhandene Produktionsfaktor besonders intensiv genutzt wird, profitiert dieser Faktor vom Außenhandel. Im kapitalreichen, aber arbeitsarmen Land ist der Preis für den relativ knappen Faktor Arbeit relativ hoch. Durch die Spezialisierung auf die Produktion des kapitalintensiven Gutes steigt die Nachfrage nach Kapital und damit der Preis für diesen Produktionsfaktor. Gleichzeitig geht die Produktion des arbeitsintensiv hergestellten Gutes zurück, weil dieses Gut nun aus dem Ausland importiert wird. Damit sinkt die Nachfrage nach Kapital zwar ein wenig, per Saldo aber kommt es zu einem Anstieg der Kapitalnachfrage. Umgekehrt ist die Entwicklung bei der Nachfrage nach Arbeit. Die Arbeitsnachfrage geht durch den Import des arbeitsintensiv produzierten Produkts stark zurück. Die höhere Produktion des kapitalintensiv hergestellten Produkts erhöht die Nachfrage nach Arbeit zwar ein wenig, aber in der Summe kommt es zu einem Rückgang der Arbeitsnachfrage. Die Aufnahme von Außenhandel führt im Heckscher-Ohlin-Fall somit zu einer Reallokation der Produktionsfaktoren, bei der die Nachfrage nach dem reichlich vorhandenen Faktor zunimmt, während die Nachfrage nach dem relativ knappen Faktor zurückgeht. 38 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de Im arbeitsarmen Land beispielsweise wird durch den Import des arbeitsintensiv hergestellten Produkts die Knappheit des Faktors Arbeit reduziert, sodass der Preis für Arbeit (also der Lohn) sinkt. Im Ergebnis führt die Aufnahme des Außenhandels dazu, dass der im Inland relativ knappe - und daher im Autarkiezustand relativ teure - Faktor verliert, während der relativ reichlich vorhandene - und daher ursprünglich auch relativ preiswerte - Faktor gewinnt. Diese Verteilungswirkungen zu Gunsten des reichlich vorhandenen Produktionsfaktors und zu Ungunsten des relativ knappen Faktors werden durch das so genannte Stolper- Samuelson-Theorem beschrieben. Dieses Theorem lässt sich mit Hilfe eines einfachen Beispiels wie folgt verdeutlichen: Angenommen werden ein arbeitsreiches Land A und ein kapitalreiches Land K. In beiden Ländern werden ein arbeitsintensiv hergestelltes Produkt (P a ) und ein kapitalintensiv hergestelltes Produkt (P k ) produziert. Ohne Außenhandel stellen beide Länder beide Produkte her. Mit der Aufnahme des Handels zwischen den beiden Ländern spezialisiert sich jedes Land auf das Produkt, für dessen Herstellung der im Land reichlich vorhandene Produktionsfaktor besonders benötigt wird. Für das arbeitsreiche Land A bedeutet dies Folgendes: Auf die Produktion des kapitalintensiv hergestellten Produkts (P k ) wird jetzt verzichtet. Damit geht der Einsatz beider Produktionsfaktoren ceteris paribus zurück. Der Rückgang des Arbeitsrbeit nur wenige Mengen bei der Produktion eingesetzt werden. Der Rückgang des Kapitaleinsatzes ist hingegen relativ groß werden. Die Produktion des arbeitsintensiv hergestellten Produkts (P a ) wird hingegen erhöht. Der Anstieg des Kapitaleinsatzes ist dabei bei der Produktion eingesetzt werden. Der Anstieg des Arbeitsviele Einheiten benötigt werden. Außenhandel und Einkommensverteilung 39 fit-lernhilfen.de Der höhere Arbeitseinsatz führt zu einer Erhöhung des Lohn- - also die Profitrate bzw. Rendite - Land A Land K Faktoreinsätze Faktoreinsätze Produktion von P k Produktion von P k Produktion von P a Produktion von P a Gesamteffekt: Gesamteffekt: Lohnsatz (w): Lohnsatz (w): Profitrate (r): Profitrate (r): Lohnsumme: (w . Lohnsumme: (w . Lohnquote (LQ): Lohnquote (LQ): Kapitalsumme: (r . Kapitalsumme: (r . Kapitalquote (KQ): Kapitalquote (KQ): Abb. 1.10: Beispiel für das Stolper-Samuelson-Theorem Ein steigender Lohnsatz führt in Verbindung mit einem Anstieg des Arbeitseinsatzes zu einer Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen Lohnsumme (w . A) in Land A. Ein sinkender Preis für den Faktor Kapital führt in Kombination mit einem sinkenden Kapitaleinsatz zu einer Verringerung der Kapitalsumme (r . K). Diese Entwicklung hat zudem zur Folge, dass der Anteil der Lohnsumme am gesamtwirtschaftlichen Einkommen - also die Lohnquote (LQ) - steigt, während die Kapitalquote (KQ) sinkt. 40 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de In Land K finden die umgekehrten Entwicklungen statt. Diese Zusammenhänge sind übersichtsartig in Abbildung 1.10 dargestellt. Beim intra-industriellen Handel hingegen findet anders als im Heckscher-Ohlin-Fall - keine umfangreiche Reallokation der Produktionsfaktoren zwischen der arbeitsintensiven und der kapitalintensiven Industrie statt. Damit unterbleiben auch entsprechende Veränderungen der Einkommensverteilung, sodass beim intraindustriellen Handel letztlich keine erheblichen Auswirkungen auf die Einkommensverteilung auftreten. FFazit Im Zuge der internationalen Arbeitsteilung und des damit verbundenen internationalen Handels spezialisieren sich Länder auf die Produktion der Güter, bei denen sie einen relativen bzw. komparativen Kostenvorteil haben. Dieser Vorteil kann auf Produktivitätsunterschieden (Ricardo-Fall), Nachfrageunterschieden oder Unterschieden bezüglich der Ausstattung mit Produktionsfaktoren (Heckscher-Ohlin-Fall) basieren. Das England-Portugal-Beispiel verdeutlicht, dass die Aufnahme von Handel zwischen den Nationen jede Volkswirtschaft als Ganzes in dem Sinne besser stellt, dass jedes Land nach Handelsaufnahme über eine größere Menge an Gütern und Dienstleistungen verfügt als ohne diesen Handel, sodass der Außenhandel eine Wohlfahrtssteigerung für die beteiligten Länder zur Folge hat. Das Stolper-Samuelson-Theorem deutet jedoch an, dass einzelne Personengruppen durch den Außenhandel verlieren können. Auch wenn komparative Kostenvorteile die Ursache für den Außenhandel sind, interessieren sich Konsumenten nicht für relative, sondern ausschließlich für absolute Preisvorteile. Relative Preisvorteile müssen sich daher in absoluten Preisvorteilen widerspiegeln. Dies wird vor allem durch den Wechselkurs erreicht, denn er verwandelt die relativen Preisvorteile in absolute Preisvorteile. Der Wechselkurs wird damit zu einer entscheidenden Größe für die Bestimmung von internationalen Handelsströmen. Zwischenstand: fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 1.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Konsumenten entscheiden sich für den Kauf eines Produkts aus dem Ausland, wenn … [1 Fit-Punkt] der absolute Preis dieses Produkts geringer ist als bei einem heimischen Produkt. der relative Preis dieses Produkts geringer ist als bei einem heimischen Produkt. Nach dem »Theorem der komparativen Kostenvorteile« exportiert ein Land das Gut, bei dem es … [3 Fit-Punkte] weniger Arbeit für die Herstellung benötigt als das Ausland. einen Angebotsüberschuss hat. den geringsten absoluten Kostennachteil hat. 42 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de Welche Größe verwandelt beim grenzüberschreitenden Handel einen relativen Kostenvorteil in einen absoluten Preisvorteil? [2 Fit-Punkte] ein Importzoll der Wechselkurs die Inflationsrate Welche Größe hat im Ricardo-Fall die größte Bedeutung dafür, dass ein Land ein bestimmtes Produkt exportiert? [2 Fit-Punkte] Die Faktorausstattung des Landes. Die Nachfrageverhältnisse im Inland. Die Produktivität der Volkswirtschaft. Im Heckscher-Ohlin-Modell exportiert ein arbeitsreiches Land das Produkt, … [2 Fit-Punkte] für dessen Herstellung viel Arbeit benötigt wird. für dessen Herstellung viel Kapital benötigt wird. bei dem die Arbeitsproduktivität hoch ist. Ein Land hat einen Exportvorteil bei dem Gut, bei dem die Nachfrage im Inland … [1 Fit-Punkt] groß ist. gering ist. Im Fall des intra-industriellen Handels werden … [3 Fit-Punkte] homogene Güter gehandelt. fit-lernhilfen.de heterogene Güter gehandelt. superiore Güter gehandelt. Die gesellschaftliche Indifferenzkurve ist definiert als … [2 Fit-Punkte] Kombination aller maximal herstellbaren Güterbündel. Menge aller verfügbaren Kombinationen von Produktionsfaktoren. Menge aller Güterbündel, die der Gesellschaft den gleichen Nutzen stiften. Die Aufnahme des Außenhandels hat zur Folge, dass der optimale Konsumpunkt der Gesellschaft … [2 Fit-Punkte] außerhalb der Transformationskurve liegt. innerhalb der Transformationskurve liegt. unter der gesellschaftlichen Indifferenzkurve im Autarkiezustand liegt. Die Aufnahme des Außenhandels hat im Vergleich zum Autarkiezustand zur Folge, dass … [3 Fit-Punkte] die Produktionsmöglichkeitenkurve des Inlands in einem Gütermengen-Diagramm nach rechts verschoben wird. sich die Tauschgerade in einem Gütermengen-Diagramm zum Ursprung hin dreht. die Gesellschaft eine soziale Indifferenzkurve erreicht, die weiter weg vom Ursprung ist. Im Ricardo-Fall hat die Aufnahme des Außenhandels zur Folge, dass … [2 Fit-Punkte] 44 Etappe 1: Reale Außenwirtschaft fit-lernhilfen.de sich die Einkommenslage der Kapitelbesitzer verbessert. sich die Einkommenslage der Kapitelbesitzer verschlechtert. sich die Einkommensverteilung nicht verändert. Nach dem Stolper-Samuelson-Theorem führt die Aufnahme des Außenhandels dazu, dass … [2 Fit-Punkte] sich die Einkommensverteilung für den reichlich vorhandenen Produktionsfaktor verbessert. sich die Einkommensverteilung für den produktiveren Produktionsfaktor verbessert. gering qualifizierte Arbeitskräfte ihren Job verlieren. Im Heckscher-Ohlin-Modell hat die Aufnahme des Außenhandels für ein kapitalreiches Land zur Folge, dass … [3 Fit-Punkte] der Lohnsatz steigt. der Lohnsatz sinkt. der Kapitaleinsatz in der Produktion sinkt. Dein Punktestand Etappe 1 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 2: Wechselkurstheorie Wechselkurstheorie 46 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? Dieses Kapitel erklärt, wie sich auf dem Devisenmarkt der Wechselkurs - also der Preis für ausländische Währungseinheiten - bildet. Es wird darüber hinaus erläutert, welche zentralen ökonomischen Größen einen Einfluss auf die Höhe des Wechselkurses haben. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Wechselkurs Devisenmarkt Kapitalexport Kapitalimport Aufwertung Abwertung Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses Zinsparitätentheorie des Wechselkurses Keynesianische Wechselkurstheorie Handelsbilanzsaldo Spekulationsblasen Wofür benötige ich dieses Wissen? Der Wechselkurs ist eine entscheidende Größe für die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Wechselkursänderungen wirken sich unmittelbar auf die Höhe der Exporte und Importe eines Landes aus und haben damit auch einen Einfluss auf die Höhe der Beschäftigung. Die Kenntnisse über die Bestimmungsgründe des Wechselkurses werden daher nicht nur in der Außenwirtschaftstheorie benötigt, sondern auch in anderen volkswirtschaftlichen Disziplinen wie z. B. der Makroökonomie, der Arbeitsmarkttheorie und der Konjunkturtheorie. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Entscheidend für das Verständnis eines Devisenmarktgleichgewichts ist das grundsätzliche Verständnis der Preisbildung auf Märkten. In der Mikroökonomie wird die Preisbildung mit Hilfe von Gütermärkten erklärt. Wenn du weißt, wie auf einem Gütermarkt die gleichgewichtige Gütermenge und der gleichgewichtige Güterpreis gefunden werden, stellt das Verständnis Der Devisenmarkt 47 fit-lernhilfen.de des Devisenmarktes keine allzu große Herausforderung mehr dar. Du musst lediglich an die Stelle der Güter die Devisen setzen und von einem Wechselkurs anstatt einem Güterpreis sprechen. Wer hiermit Schwierigkeiten hat, sollte kurz in die relevanten Unterlagen der Mikroökonomie schauen. LLos geht’s! Der Wechselkurs hat eine entscheidende Bedeutung für die Höhe der Exporte und Importe eines Landes. Dieses Kapitel untersucht die Faktoren, die die Höhe des Wechselkurses determinieren. Dazu wird eine Übersicht über die wichtigsten Theorien zur Erklärung des Wechselkurses gegeben. Zudem wird die Entstehung von Spekulationsblasen auf Devisenmärkten thematisiert. Der Devisenmarkt Der Wechselkurs ist der Preis für Devisen. Devisen sind ausländische Währungseinheiten, aus Sicht der Europäer z. B. US- Dollar. Der Wechselkurs (e) als Preis für einen US-Dollar wird auf dem Devisenmarkt bestimmt. Die nachfolgenden Ausführungen behandeln Europa als das Inland, die USA als das Ausland und den Preis für einen US-Dollar in Euro als Wechselkurs. Der US-Dollar wird dabei als eine Devise angesehen. Nachgefragt werden US-Dollar von inländischen bzw. europäischen Wirtschaftseinheiten, die amerikanische Güter und Dienstleistungen kaufen (aus Sicht des Inlands Importe = IM) oder amerikanische Wertpapiere und Aktien erwerben und damit aus Sicht des Inlands einen Kapitalexport tätigen (K EX ). Wie bei allen Gütern wird auch bei Devisen davon ausgegangen, dass die Nachfrage nach einer Devise zurückgeht, wenn der Preis für die Devise steigt. Angeboten werden US-Dollar von ausländischen bzw. amerikani- 48 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de schen Wirtschaftseinheiten, die deutsche Güter, Dienstleistungen, Wertpapiere und Aktien kaufen, die sie in Euro bezahlen müssen. Um die dafür notwendigen Euro zu erhalten, müssen US-Dollar angeboten und gegen Euro eingetauscht werden. Aus Sicht des Inlands entspricht das Devisenangebot damit den Exporten (EX) und den Kapitalimporten (K IM ). Wie bei allen Gütern wird auch bei Devisen davon ausgegangen, dass das Devisenangebot mit einem steigenden Preis für die Devise zunimmt. Zu den Lageparametern der Angebots- und Nachfragekurven des US-Dollars gehören u. a. der Zins im Inland (i), das inländische Preisniveau (P) und das inländische Sozialprodukt (Y). Europa wird dabei als das Inland angesehen. Ein Zinsanstieg im Inland erhöht die Rendite inländischer Wertpapiere. Dies erhöht die Nachfrage der Amerikaner nach europäischen Wertpapieren. Damit nehmen die Kapitalimporte und die Euro-Nachfrage zu. Um die erhöhte Euro-Nachfrage zu finanzieren, bieten die Amerikaner verstärkt US-Dollar an. Die $-Angebotskurve wird folglich nach rechts verschoben. Ein geringeres inländisches Preisniveau erhöht die Exportchancen des Inlands, sodass die Güterexporte und mit ihnen das Dollar-Angebot zunehmen. Die $-Angebotskurve wird folglich nach rechts verschoben. Ein Anstieg des inländischen Sozialprodukts impliziert ein höheres verfügbares Einkommen. Damit nimmt die Importnachfrage zu, was die Nachfrage nach Dollar erhöht. Die $-Nachfragekurve wird folglich nach rechts verschoben. Das Gleichgewicht auf einem Devisenmarkt inklusive der genannten Lageparameter ist in Abb. 2.1 dargestellt. Der Devisenmarkt 49 fit-lernhilfen.de Abb. 2.1: Gleichgewicht auf einem Devisenmarkt Die Änderungen der drei genannten makroökonomischen Größen führen somit auch zu Wechselkursänderungen. Ein höheres inländisches Sozialprodukt bewirkt beispielsweise eine größere Nachfrage der Inländer nach Produkten aus dem Ausland, also der Importe. Da die ausländischen Produkte in US-Dollar bezahlt werden müssen, erhöht die größere Importnachfrage die Nachfrage nach US-Dollar. Es kommt zu einer Rechtsverschiebung der US- Dollar-Nachfragekurve auf dem Devisenmarkt (siehe Abbildung 2.2). Die größere Nachfrage nach US-Dollar erhöht den Preis für einen US-Dollar (von e 0 auf e 1 ), d. h. es kommt zu einem Anstieg des Wechselkurses. Gleichzeitig steigt das Volumen der auf dem Markt umgesetzten Devisen (von $ 0 auf $ 1 ). Ein höherer Preis für den US-Dollar bedeutet, dass ein Dollar nun mehr wert ist. Es wird daher auch von einer Aufwertung des US-Dollars gesprochen. Das Spiegelbild eines teureren US- Dollars ist ein weniger wertvoller Euro, also eine Abwertung des Euros. $-Angebot = EX + K IM $-Nachfrage = IM + K EX $-Menge i , P Y e* $* e [€/ $] 50 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de Abb. 2.2: Konsequenzen eines Anstiegs des inländischen Sozialprodukts Y Die drei hier genannten Einflussfaktoren auf den Wechselkurs - Preisniveau, Zinssatz und Höhe des Sozialprodukts bzw. Einkommens der Volkswirtschaft - sind auch die maßgeblichen Größen für drei Theorien zur Erklärung des Wechselkurses: die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses, die Zinsparitätentheorie und die Keynesianische Wechselkurstheorie. $-Angebot = EX + K IM $-Nachfrage = IM + K EX $-Menge Y e 1 e 0 $ 0 $ 1 e [€/ $] Die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses 51 fit-lernhilfen.de DDie Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses Die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses basiert auf der Annahme, dass mit einem Euro an jedem Ort der Welt grundsätzlich die gleiche Menge an Gütern gekauft werden kann bzw. dass jedes Produkt an jedem Ort der Welt grundsätzlich den gleichen Preis haben sollte (Gesetz von der Unterschiedslosigkeit des Preises). Wenn also eine Tonne Stahl in Europa 125 Euro kostet und in den USA 100 US-Dollar, liegt der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar gemäß der Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses bei 1,25 € 1 $ bzw. bei 0,8 $ 1 € . Wird als Indikator für die Preise das gesamtgesellschaftliche Preisniveau (P) genommen, so lässt sich die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses durch Gleichung (2.1a) beschreiben. Der Wechselkurs (e) ist dabei der Preis für einen US-Dollar und hat daher die Dimension €/ $. (2.1a) P Inl. = e . P Ausl. bzw. (2.1b) e = P Inl. P Ausl. Die Gleichung (2.1a) kann dadurch erreicht werden, dass sich im Fall einer Ungleichheit die Güterpreise bzw. das Preisniveau anpasst. Sollte beispielsweise gelten: P Inl. > e . P Ausl. , so wären die inländischen Waren teurer als die ausländischen Waren. Alle Konsumenten - sowohl die des Inlands als auch die des Auslands - würden dann nur noch die Waren des Auslands nachfragen. Dies würde im Ausland einen Nachfrageüberhang zur Folge haben, der zu einem Preisanstieg führt (P Ausl. zu einem Angebotsüberschuss, der einen Preisrückgang zur Folge hätte (P Inl. niveaus und der Anstieg des ausländischen Preisniveaus führen schließlich dazu, 52 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de dass aus der Ungleichheit (P Inl. > e . P Ausl. ) wieder eine Gleichheit wird (P Inl. = e . P Ausl. ). Werden hingegen das inländische und das ausländische Preisniveau als exogene Größen angesehen, so bestimmt Gleichung (2.1b) den Wechselkurs. Der Wechselkurs nimmt dabei genau die Höhe an, die erforderlich ist, damit Gleichung (2.1a) gilt. Sollte beispielsweise wiederum P Inl. > e . P Ausl. gelten, so wären die inländischen Waren teurer als die ausländischen Waren. Alle Konsumenten würden ausschließlich amerikanische Produkte kaufen wollen. Hierfür benötigen sie jedoch US-Dollar. Auf dem Devisenmarkt - genauer dem Dollar-Markt - hätte dies einen Nachfrageüberhang zur Folge. Der Nachfrageüberhang führt zu einem Anstieg des Preises für einen US-Dollar, d. h. zu einer Aufwertung des US-Dollars und führt wiederum dazu, dass aus der Ungleichheit (P Inl. > e . P Ausl. ) wieder eine Gleichheit wird (P Inl. = e . P Ausl. ). Das Spiegelbild des Dollar-Marktes ist der Euro-Markt. Hier käme es zu einem Angebotsüberschuss mit einer Abwertung des Euros. Gleichung (2.1a) lässt sich auch dahin gehend umformen, dass mit den zukünftigen Inflationsraten (definiert als prozentuale Veränderung des gesamtgesellschaftlichen Preisniveaus im Zeitablauf) die erwartete Veränderung des Wechselkurses berechnet wird. Hierzu werden die erwarteten Inflationsraten im In- und Ausland (P Änd.erw. Inl. und P Änd.erw. Ausl. ) sowie die erwartete Wechselkursänderung (e Änd.erw. ) verwendet. Alle drei Größen werden dabei als prozentuale Änderung angegeben. (2.2a) P Änd.erw. Inl. = e Änd.erw. + P Änd.erw. Ausl. bzw. (2b) e Änd.erw. = P Änd.erw. Inl. - P Änd.erw. Ausl. Wenn also beispielsweise in Europa eine Inflationsrate von zwei Prozent erwartet wird (P Änd.erw. Inl. = + 0,02), in den USA aber eine Inflationsrate von fünf Prozent (P Änd.erw. Ausl. = + 0,05), dann ist dies mit einem Rückgang des Wechselkurses für den US-Dollar in Höhe von drei Prozent (e Änd.erw. = - 0,03) verbunden, also mit einer Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro um drei Prozent Die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses 53 fit-lernhilfen.de bzw. einer Aufwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar um drei Prozent. Mit Blick auf Europa und die USA kommt es somit zu folgenden Wechselkursentwicklungen in Abhängigkeit der jeweiligen erwarteten Inflationsraten: (2.3a) P Änd.erw. Europa > P Änd.erw. USA Aufwertung des US- Dollars = Abwertung des Euros (2.3b) P Änd.erw. Europa < P Änd.erw. USA Abwertung des US- Dollars = Aufwertung des Euros (2.3c) P Änd.erw. Europa = P Änd.erw. USA Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro konstant Grundsätzlich gilt also: Wenn für ein Land eine Inflationsrate erwartet wird, die größer ist als im Rest der Welt, dann wird die Währung dieses Landes abgewertet. Hohe Inflationsraten implizieren somit eine Abwertung der Währung des betreffenden Landes, während Preisniveaustabilität eine Aufwertungstendenz nach sich zieht. Intuitiv lässt sich dies mit Hilfe der Geldpolitik erklären. Eine hohe Inflationsrate ist häufig das Resultat einer expansiven Geldpolitik, also einer Erhöhung der Geldmenge. Wenn ein Land seine Geldmenge stark ausweitet, ist die Währung dieses Landes reichlich vorhanden. Dies führt tendenziell zu einem Angebotsüberschuss der Währung auf den Devisenmärkten und damit zu einem Preisrückgang, also einer Abwertung. Eine Verknappung der heimischen Geldmenge ist hingegen mit einem tendenziellen Nachfrageüberhang nach der Währung verbunden, was zu einem Preisanstieg, also einer Aufwertung der Währung, führt. 54 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de DDie Zinsparitätentheorie des Wechselkurses Bei dieser Theorie zur Erklärung des Wechselkurses wird davon ausgegangen, dass der Wechselkurs primär durch den internationalen Kapitalverkehr bestimmt wird. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass ein Sparer bzw. Anleger sein Vermögen entweder im Inland oder im Ausland anlegen kann. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist die Höhe der erwarteten Rendite im In- und Ausland. Wenn ein Europäer beispielsweise bei einer Anlage in Europa eine Rendite von acht Prozent erwarten kann, in den USA aber nur fünf Prozent, wird er sich ceteris paribus für eine Anlage in Europa entscheiden. Das gleiche Entscheidungskalkül gilt dann jedoch auch für amerikanische Anleger. Im Ergebnis würden sich amerikanische und europäische Anleger für den Kauf von europäischen Wertpapieren entscheiden. Damit käme es dann auch zu einer Kapitalflucht aus den USA. Der Kauf amerikanischer Wertpapiere lohnt sich aus Sicht der Europäer nur, wenn zusätzlich zu den Zinseinnahmen noch währungsbedingte Gewinne zu erwarten wären. Wenn ein europäischer Anleger beispielsweise innerhalb des nächsten Jahres eine Aufwertung des US-Dollars um vier Prozent erwartet, würde es sich für ihn bei den oben genannten Rahmenbedingungen (achtprozentige Rendite in Europa und fünfprozentige Rendite in den USA) lohnen, sein Geld in amerikanischen Wertpapieren anzulegen. Damit würde seine erwartete Gesamtrendite bei neun Prozent liegen (fünf Prozent Rendite aus dem Kauf amerikanischer Wertpapiere plus vier Prozent Aufwertungsgewinn). Für europäische und amerikanische Anleger gelten damit die nachfolgenden Entscheidungen: (2.4a) Rendite Europa > Rendite USA + erwartete Wechselkursänderung Anlage in Europa (2.4b) Rendite Europa < Rendite USA + erwartete Wechselkursänderung Anlage in USA (2.4c) Rendite Europa = Rendite USA + erwartete Wechselkursänderung Indifferenz Die Zinsparitätentheorie des Wechselkurses 55 fit-lernhilfen.de Wird nun als Indikator für die Rendite in den beiden Ländern der jeweilige Zinssatz (i Inl. und i Ausl. , Angabe in Prozent) gewählt und die erwartete Wechselkursänderung (e Änd.erw. , Angabe in Prozent), so lassen sich diese Entscheidungsgrundlagen wie folgt darstellen: (2.5a) i Inl. > i Ausl. + e Änd.erw. Anlage ausschließlich in Europa (2.5b) i Inl. < i Ausl. + e Änd.erw. Anlage ausschließlich in USA (2.5c) i Inl. = i Ausl. + e Änd.erw. Indifferenz Für ein Gleichgewicht auf den internationalen Kapitalmärkten muss schließlich die Identität der Gleichung (2.5c) gelten. In dem Fall (2.5a) würden alle Anleger ihr Geld in Europa anlegen, es würde damit zu einer massiven Kapitalflucht aus den USA kommen. Die Verknappung von Kapital in den USA würde dann die Rendite bzw. den Zinssatz in den USA steigen lassen. In Europa würde der massive Zufluss an Kapital zu einem Angebotsüberschuss führen, was wiederum einen Rückgang der Rendite bzw. des Zinssatzes in Europa bewirkt. Der sinkende Zinssatz in Europa (i Inl. Ausl. schließlich dazu führen, dass aus dem Zusammenhang i Inl. > i Ausl. + e Änd.erw. eine Gleichheit (i Inl. = i Ausl. + e Änd.erw. ) wird. Der durch diese Gleichheit beschriebene Zusammenhang zwischen dem inländischen Zinssatz, dem ausländischen Zinssatz und der erwarteten prozentualen Veränderung des Wechselkurses beschreibt die so genannte Zinsparität. Ist die Gleichung (i Inl. = i Ausl. + e Änd.erw. ) erfüllt, so hat kein Anleger mehr einen Anreiz, seine Geldanlage zu verändern, d. h. es finden dann keine weiteren Kapitalwanderungen statt. Die internationalen Kapitalmärkte sind in dem Sinne in einem Gleichgewicht, dass keine weiteren Kapitalimporte bzw. -exporte erfolgen. Sofern die Zinssätze im In- und Ausland als exogene Größen angesehen werden, erklären sich Aufbzw. Abwertungen durch Zins- 56 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de unterschiede: i Inl. - i Ausl. = e Änd.erw. . Dabei gelten folgende Zusammenhänge: Für die Währung eines Landes mit einem geringen Zinssatz wird eine Aufwertung erwartet. Wenn der Zinssatz des Inlands beispielsweise fünf Prozent beträgt, während er im Rest der Welt bei acht Prozent liegt, gilt die Zinsparität nur, wenn gleichzeitig eine dreiprozentige Aufwertung der Währung des Inlands erfolgt. Wenn also der inländische Zinssatz geringer ist als der ausländische Zinssatz (i Inl. < i Ausl. ) gilt: i Inl. - i Ausl. < 0, also gilt auch: e Änd.erw. < 0. Es wird also eine Verringerung des Wechselkurses erwartet. Der geringere Wechselkurs bedeutet, dass der Wert der ausländischen Währung sinkt. Die Abwertung der ausländischen Währung entspricht einer Aufwertung der heimischen Währung. Für die Währung eines Landes mit einem hohen Zinssatz wird eine Abwertung erwartet. Wenn der Zinssatz des Inlands beispielsweise acht Prozent beträgt, während er im Rest der Welt bei fünf Prozent liegt, gilt die Zinsparität nur, wenn gleichzeitig eine dreiprozentige Abwertung der Währung des Inlands erfolgt. Wenn also der inländische Zinssatz größer ist als der ausländische Zinssatz (i Inl. > i Ausl. ) gilt: i Inl. - i Ausl. > 0, also gilt auch: e Änd.erw. > 0. Es wird also eine Erhöhung des Wechselkurses erwartet. Der höhere Wechselkurs bedeutet, dass der Wert der ausländischen Währung steigt. Die Aufwertung der ausländischen Währung entspricht einer Abwertung der heimischen Währung. Die erwarteten Wechselkursänderungen könnten beispielsweise auf erwarteten Preisniveauänderungen im In- und Ausland basieren, also auf Unterschieden bezüglich der erwarteten Inflationsraten bzw. auf Unterschieden bei der Geldpolitik. Im Fall einer expansiven Geldpolitik führt die Ausweitung der Geldmenge perspektivisch zu einem Anstieg der Inflationsrate. Nach der Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses wird die Währung eines Landes abgewertet, wenn die Inflationsrate in diesem Land stärker steigt als im Rest der Welt. Erwartete Wechselkursänderungen können jedoch auch auf Handelsbilanzunterschieden bzw. Leistungsbilanzunterschieden basieren. Diese sind ein zentraler Bestandteil der Keynesianischen Wechselkurstheorie. Die Keynesianische Wechselkurstheorie 57 fit-lernhilfen.de DDie Keynesianische Wechselkurstheorie Bei dieser Theorie zur Erklärung des Wechselkurses wird davon ausgegangen, dass der Wechselkurs durch die Devisennachfrage und das Devisenangebot bestimmt wird. Eine besondere Rolle spielen dabei die Exporte und Importe von Gütern. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass Devisen nachgefragt werden, um damit den Import von Gütern und Dienstleistungen zu finanzieren. Wenn ein Land per Saldo mehr Güter in den Rest der Welt exportiert als es selbst importiert, dann ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: Die Exporte des Inlands (nachfolgend Europa) sind die Importe des Rests der Welt (nachfolgend Ausland). Sie müssen letztendlich in Euro bezahlt werden, weil Löhne, Steuern, Zinsen, Mieten, Pachten und die meisten Vorprodukte von den europäischen Produzenten in Euro bezahlt werden. Die Exporte des Inlands entsprechen damit der Euro-Nachfrage auf den internationalen Devisenmärkten. Da die ausländischen Importeure nur in den Besitz von Euro kommen, wenn sie dafür ihre Währung (nachfolgend US-Dollar) anbieten, entsprechen die Exporte des Inlands zugleich dem US-Dollar-Angebot auf den internationalen Devisenmärkten. Die Importe des Inlands sind die Exporte des Rests der Welt. Das Inland muss diese Importe letztendlich in US-Dollar bezahlen. Die Importe des Inlands entsprechen damit der US-Dollar- Nachfrage. Da die europäischen Importeure nur dann US- Dollar erhalten, wenn sie dafür Euros anbieten, entsprechen die Importe des Inlands dem Euro-Angebot auf den internationalen Devisenmärkten. Aus Sicht Europas ergeben sich damit folgende Zusammenhänge: (2.6a) EX > IM Euro-Nachfrage > Euro-Angebot Euro-Aufwertung US-Dollar-Angebot > US-Dollar-Nachfrage Dollar-Abwertung 58 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de (2.6b) EX < IM Euro-Nachfrage < Euro-Angebot Euro-Abwertung US-Dollar-Angebot < US-Dollar-Nachfrage Dollar-Aufwertung Für den Wechselkurs bedeutet dies dann Folgendes: Die Währung eines Landes mit einem Exportüberschuss (EX > IM) wird tendenziell aufgewertet, während die Währung eines Landes mit einem Importüberschuss (EX < IM) tendenziell abgewertet wird. Der Wechselkurs wird folglich von dem Handelsbilanzsaldo - definiert als Differenz zwischen den Exporten und den Importen eines Landes - bestimmt. Damit hängt der Wechselkurs in letzter Konsequenz von den Größen ab, die die Exporte und Importe eines Landes determinieren. Hierzu zählen unter anderem die Produktivität, die Löhne, das Preisniveau und das Sozialprodukt bzw. Einkommen der Volkswirtschaft: Wenn ein Land hohe - d. h. im internationalen Vergleich überdurchschnittliche - Produktivitätsanstiege verzeichnen kann, verbessert dies die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Produkte aus diesem Land. Damit ist ein Anstieg der Exporte zu erwarten. Der Handelsbilanzsaldo des Landes nimmt zu, sodass es zu einer Aufwertung der Währung dieses Landes kommt. Wenn ein Land im internationalen Vergleich nur geringe - d. h. unterdurchschnittliche - Lohnanstiege hat, bedeutet dies einen unterdurchschnittlichen Anstieg der Produktionskosten. Auch dies verbessert die internationale Wettbewerbsfähigkeit und führt somit zu einer Aufwertung der Währung dieses Landes. Wenn ein Land im internationalen Vergleich nur einen geringen - d. h. unterdurchschnittlichen - Anstieg des gesamtgesellschaftlichen Preisniveaus verzeichnen kann, verbessert dies die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes und führt somit zu einer Aufwertung. Geringe Inflationsraten können das Resultat geringer Produktionskosten (Löhne, Mieten, Zinsen, Steuern) oder einer restriktiven Geldpolitik sein. Der Umstand, dass eine geringe Inflationsrate bzw. Preisniveaustabilität mit einer Auf- Die Keynesianische Wechselkurstheorie 59 fit-lernhilfen.de wertungstendenz verbunden ist, ist kompatibel mit der Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses. Wenn in einem Land das Volkseinkommen steigt, nimmt das verfügbare Einkommen der Bürger zu. Damit ist in der Regel ein Anstieg der Konsumnachfrage verbunden. Die Konsumnachfrage der inländischen Konsumenten bezieht sich sowohl auf im Inland hergestellte Produkte als auch auf Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland. Der Anstieg des Volkseinkommens geht daher mit einer Zunahme der Importe einher. Die Exporte sind von dem Anstieg des Volkseinkommens hingegen nicht betroffen. Der Handelsbilanzsaldo des Landes nimmt folglich ab, sodass es zu einer Abwertung der Währung dieses Landes kommt. Wenn im Inland die Geldmenge steigt, hat dies in der Keynesianischen Theorie einen Rückgang der Zinsen zur Folge. Die geringeren Zinsen erhöhen die Investitionen, was zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führt. Der damit verbundene Einkommensanstieg führt zu einer höheren Güternachfrage nach inländischen, aber auch ausländischen Gütern. Der Importanstieg bewirkt eine Abwertung der heimischen Währung. Mittelfristig führt der Geldmengenanstieg zu einem Anstieg des inländischen Preisniveaus. Die höheren Güterpreise schränken die internationale Wettbewerbsfähigkeit ein, reduzieren die Exporte des Inlands und haben damit ebenfalls eine Abwertung zur Folge. Jede Aufwertung des Euros bedeutet eine Abwertung des US- Dollars, sodass die hier skizzierten Zusammenhänge für den US- Dollar jeweils eine spiegelbildliche Wirkung haben. Mit Blick auf aufstrebende Schwellenländer (z. B. Asien) sind vor dem Hintergrund dieser Zusammenhänge bezüglich des Wechselkurses folgende Entwicklungen zu erwarten: Eine Volkswirtschaft, die im Vergleich zu den Industrienationen als ökonomisch unterentwickelt einzustufen ist, verfügt in der Regel nur über einen geringen Lebensstandard, also auch über geringe Lebenshaltungskosten und Löhne. Auch die Produktivität des Landes ist angesichts des unterentwickelten technologischen Niveaus nur gering. Wenn es nun in diesem Land zu einem technologisch-wirtschaftlichen Aufholprozess kommt, sind zunächst hohe Produktivitätszuwächse 60 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de zu erwarten. Diese werden zumindest kurzfristig nicht durch entsprechende Lohnsteigerungen kompensiert, sodass das gesamtgesellschaftliche Preisniveau nur moderat steigt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schwellenlandes zunimmt. Damit sind Exportüberschüsse (EX > IM) zu erwarten. Sowohl die Kaufkraftparitätentheorie als auch die Keynesianische Wechselkurstheorie lassen daher eine Aufwertung der Währung des Schwellenlandes erwarten. Spekulanten können diese Zusammenhänge nutzen, um im Zeitablauf entsprechende Aufwertungsgewinne zu realisieren. Dabei kann es allerdings auch zu Spekulationsblasen kommen. SSpekulationsblasen auf Devisenmärkten Die Entstehung und das anschließende Platzen einer Spekulationsblase am Devisenmarkt kann an einem einfachen Bespiel verdeutlicht werden. Angenommen wird dabei ein Schwellenland, für das ein ökonomischer Aufschwung erwartet wird. In der Gegenwart (t = t 0 ) wird erwartet, dass die Währung dieses Landes in den nächsten 12 Monaten aufgewertet wird, sodass der Wechselkurs von e 0 (Höhe des Wechselkurses in der Gegenwart) auf e 1 (Höhe des Wechselkurses in der Zukunft) ansteigt und dabei um zehn Prozent aufgewertet wird. t 0 t 1 1 Peso = 1,00 Euro 1 Peso = 1,10 Euro 1.000 Euro = 1.000 Peso 1.000 Peso = 1.100 Euro Abb. 2.3.: Spekulationsgewinn bei Aufwertung des Pesos Marktteilnehmer, die diese Aufwertung erwarten, können Spekulationsgewinne realisieren, indem sie die Währung dieses Landes in der Gegenwart kaufen, um sie nach 12 Monaten mit einem zehnprozentigen Aufwertungsgewinn zu verkaufen. Exemplarisch Spekulationsblasen auf Devisenmärkten 61 fit-lernhilfen.de lässt sich dies mit Hilfe eines fiktiven Schwellenlandes verdeutlichen, dessen Währung (Peso) in der Gegenwart einen Wechselkurs von 1 Peso = 1 Euro hat und für dessen Währung nach einem Jahr eine zehnprozentige Aufwertung erwartet wird. Wenn ein europäischer Anleger in diesem Fall 1.000 Euro gegen die Währung des Schwellenlandes eintauscht, resultiert daraus nach einem Jahr ein Gewinn in Höhe von 100 Euro (siehe Abbildung 2.3). Sofern viele Marktteilnehmer diese Wechselkursentwicklung erwarten, kommt es auf dem Markt für die Währung des Schwellenlandes zu einem Nachfrageüberhang, weil viele Anleger sich mit dem Peso eindecken, um die anvisierten Aufwertungsgewinne zu realisieren. Der Nachfrageüberhang führt zu einem Preisanstieg der Währung, also zu einer Aufwertung. Damit können diejenigen, die frühzeitig die Währung des Schwellenlandes gekauft haben, schneller als erwartet Aufwertungsgewinne realisieren. Der erwartete zehn-prozentige Spekulationsgewinn stellt sich nicht erst nach einem Jahr ein, sondern vielleicht bereits nach drei Monaten. Häufig kommt es dann zu psychologisch bedingten Reaktionen, die einen Anstieg des Wechselkurses beschleunigen. Im Einzelnen ist dabei an folgende Reaktionen zu denken: Gier und Neid: Wenn Bekannte und Nachbarn durch den Kauf von Devisen reich geworden sind, will der Einzelne dies auch schaffen, also kauft er die Währung des Schwellenlandes - selbst bei steigenden Kursen. Herdentrieb I: Wenn viele Anleger glauben, dass der Kurs einer bestimmten Devise steigt, werden sie diese Währung kaufen. Wegen der hohen Nachfrage steigt der Wechselkurs. Dies stellt einen Anreiz für weitere Interessenten dar, die Währung zu kaufen. Dieser Kreislauf setzt sich immer weiter fort - der Kurs steigt und steigt. Herdentrieb II: Manager von Anlage- und Investmentfonds neigen dazu, die Währungen zu kaufen, die alle anderen Fondsmanager auch kaufen. Selbst wenn der Wechselkurs irgendwann später einbrechen sollte, geraten die Manager dann nicht in eine Rechtfertigungsnot, denn sie haben genau das getan, was alle anderen Experten ebenfalls für richtig hielten. 62 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de Herdentrieb III: Gerade in Zeiten großer Unsicherheit neigen Prognostiker dazu, sich an den Prognosen anderer Prognostiker zu orientieren: Wenn viele oder alle anderen Prognostiker eine Aufwertung einer bestimmten Währung erwarten, fällt es Prognostikern schwer, entgegen dieser Mehrheitsmeinung eine Abwertung vorherzusagen. Die Tatsache, dass viele Prognostiker für eine Devise einen steigenden Kurs vorhersagen, ist daher kein Beleg für die Glaubhaftigkeit dieser Vorhersage. Überzeugung, schlauer als der Markt zu sein: Selbst wenn die Marktteilnehmer wissen, dass der Kurs einer bestimmten Währung bzw. Devise überhitzt ist, steigen sie als Käufer in den Markt ein, weil sie davon ausgehen, dass sie trotzdem noch jemanden finden, dem sie ihre Devisen später zu einem höheren Kurs verkaufen können. Alle Marktteilnehmer gehen also davon aus, dass sie immer noch rechtzeitig mit Gewinnen aus dem Markt aussteigen können, was rein logisch betrachtet natürlich unmöglich ist - irgendjemand muss die Verluste einer geplatzten Spekulationsblase tragen. Abb. 2.4: Möglicher Verlauf einer Spekulationsblase auf dem Devisenmarkt Zeit [t] e 0 t 0 e e 1 t 1 Spekulative Blase erwartete Wechselkurserwartung Preisbzw. Kurssturz Spekulationsblasen auf Devisenmärkten 63 fit-lernhilfen.de Das Resultat dieser psychologischen Mechanismen ist ein rascher Anstieg des Wechselkurses, sodass der Wechselkurs schnell über den anvisierten Kurs e 1 hinausschießt. Irgendwann erreicht der Wechselkurs jedoch eine Höhe, die soweit über dem Kurs liegt, der durch die ökonomischen Rahmenbedingungen (Produktivitätsentwicklung, Wirtschaftswachstum etc.) gerechtfertigt ist, dass keine weiteren Wechselkurssteigerungen mehr stattfinden. Wenn deshalb weitere kurzfristige Kurssteigerungen ausbleiben, erkennen die Anleger, dass ihre Wechselkurserwartungen übertrieben hoch waren. Sie trennen sich von der Währung des Schwellenlandes, was zu einem Angebotsüberschuss auf dem Devisenmarkt führt, der wiederum einen Rückgang des Wechselkurses hervorruft (siehe Abbildung 2.4). Derartige spekulative Blasen gibt es, seitdem Menschen mit Vermögenswerten handeln. 1637 beispielsweise entwickelte sich die aus dem Orient eingeführte Tulpe in den Niederlanden zu einem Statussymbol der Oberschicht. Die Preise für eine Tulpenknolle schossen in die Höhe und erreichten umgerechnet mehrere Tausend Euro, bis bei einer Auktion niemand mehr bereit, war diese Preise zu zahlen, und die Blase platzte. Wenn es die oben genannten psychologischen Elemente im menschlichen Verhalten gibt, stellt sich die Frage, ob das Überhitzen der Finanzmärkte bzw. Devisenmärkte überhaupt verhindert werden kann. Die experimentelle Ökonomie ist hier außerordentlich skeptisch. Vor mehr als 20 Jahren begann Vernon Smith damit, in Experimenten das Verhalten von Menschen auf simulierten Finanzmärkten zu untersuchen. Entsprechende Experimente sind seitdem zahlreich durchgeführt worden. Das zentrale Resultat aller Versuche lautet: Sobald die Zahl der Handelsphasen in den Versuchen größer als 15 oder 30 ist, kommt es zu einer Spekulationsblase, die in einem rasanten und heftigen Preisabsturz endet. Auch Variationen der Versuchsanordnungen - z. B. die Einführung einer Transaktionssteuer, die Begrenzung der Preisschwankungen, die Festlegung des Preises, zu dem das gehandelte Wertpapier am Ende des Versuchs von der Spielleitung zurückgekauft wird, oder die Einführung einer Clearingstelle - können Spekulationsblasen nicht verhindern. Wenn dies also schon unter idealen Laborbedingungen nicht möglich ist, ist zu befürchten, dass sich auf realen Finanzmärkten mit Informations- 64 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de mängeln spekulative Blasen und deren Platzen erst recht nicht verhindern lassen. Im Ergebnis basieren Spekulationsblasen auf Devisenmärkten somit vor allem auf psychologischen Elementen. Diese entziehen sich einer rationalen Analyse. Es ist daher nicht möglich vorherzusagen, wann genau eine Spekulationsblase auf dem Markt für eine bestimmte Devise entsteht und wann diese Blase dann wieder platzt. Voraussetzung für eine Spekulationsblase auf dem Devisenmarkt ist jedoch irgendein ökonomischer Auslöser, z. B. Produktivitätsfortschritte oder Wachstumsschübe in einem Land. Daraus kann sich dann jedoch eine Eigendynamik entwickeln, die über psychologische Mechanismen zu einer spekulativen Blase führt. FFazit Der Wechselkurs ist der Preis für ausländische Währungseinheiten. Wie jeder Preis wird auch der Wechselkurs auf dem entsprechenden Markt, dem Devisenmarkt, bestimmt. Zentrale Bestimmungsfaktoren des Wechselkurses sind makroökonomische Größen wie das Preisniveau bzw. die Inflationsrate, der Zinssatz, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Produzenten und die Höhe bzw. das Wachstum des Volkseinkommens. Neben diesen ökonomischen Faktoren kann der Wechselkurs jedoch auch von psychologischen Aspekten beeinflusst werden, die sich einer modellhaften rationalen Analyse entziehen. Trotz der verschiedenen Theorien zur Erklärung des Wechselkurses gibt es bei den hier geschilderten Wechselkurstheorien einige gemeinsame Entwicklungstendenzen. So ist zu erwarten, dass die Währung eines Landes abgewertet wird, wenn die Inflationsrate in dem Land stärker steigt als im Ausland bzw. wenn die Inflationsrate schwächer sinkt als im Ausland (die Differenz zwischen dem inländischen und dem ausländischen Preisniveau nimmt zu). die Zinsen in dem Land stärker sinken als im Ausland bzw. wenn die Zinsen weniger stark steigen als im Ausland (die Diffe- Fazit 65 fit-lernhilfen.de renz zwischen dem inländischen und dem ausländischen Zinssatz nimmt ab). die Geldmenge im Inland stärker steigt als im Ausland bzw. wenn die Geldmenge schwächer sinkt als im Ausland (die Differenz zwischen der inländischen und der ausländischen Geldmenge nimmt zu). die Produktivitätsfortschritte im Inland geringer sind als im Ausland (die Differenz zwischen der inländischen und der ausländischen Produktivität nimmt ab). die Stückkosten im Inland stärker steigen als im Ausland bzw. wenn die Stückkosten schwächer sinken als im Ausland (die Differenz zwischen den inländischen und den ausländischen Stückkosten nimmt zu). Der Wechselkurs wird dabei jedoch nicht einseitig von makroökonomischen Größen determiniert, er hat seinerseits auch Auswirkungen auf diese Größen. Ein sinkender Wechselkurs bzw. eine Abwertung der heimischen Währung verbessert beispielsweise die Exportchancen der heimischen Produzenten. Dies bewirkt einen Anstieg der Beschäftigung in exportorientierten Unternehmen. Die Zunahme der Beschäftigung erhöht wiederum das verfügbare Einkommen sowie die Konsumnachfrage und kann dadurch einen wirtschaftlichen Wachstumsprozess anstoßen. Derartige Wechselwirkungen zwischen makroökonomischen Variablen und dem Wechselkurs sind Thema der monetären Außenwirtschaftstheorie. 66 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 2.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Eine Aufwertung des US-Dollars bedeutet, dass … [1 Fit-Punkt] für einen US-Dollar mehr Euros bezahlt werden müssen. für einen Euro mehr US-Dollar bezahlt werden müssen. Wenn ein amerikanischer Automobilimporteur einen deutschen PKW erwirbt, resultiert daraus auf dem Devisenmarkt … [2 Fit-Punkte] eine Dollarnachfrage. ein Dollarangebot. Aus deutscher Sicht setzt sich das Dollarangebot auf dem Devisenmarkt zusammen aus … [3 Fit-Punkte] dem deutschen Import von Gütern und von Kapital. fit-lernhilfen.de dem deutschen Import von Gütern und dem deutschen Export von Kapital. dem deutschen Export von Gütern und dem deutschen Import von Kapital. In einem Preis-Mengen-Diagramm für den Devisenmarkt (Markt für US-Dollar) hat ein Anstieg der Zinsen in Europa zur Folge, dass die … [3 Fit-Punkte] Dollarangebotskurve nach rechts verschoben wird. Dollarangebotskurve nach links verschoben wird. Welche Konsequenzen hat ein Anstieg der Inflationsrate in Europa für den Wechselkurs? [2 Fit-Punkte] Es kommt zu einer Euro-Aufwertung. Es kommt zu einer Dollar-Aufwertung. Welche Konsequenzen hat ein Anstieg der Zinsen in Europa für den Wechselkurs? [2 Fit-Punkte] Es kommt zu einer Euro-Aufwertung. Es kommt zu einer Dollar-Aufwertung. Welche Konsequenzen hat ein Anstieg der europäischen Importe für den Wechselkurs? [3 Fit-Punkte] Es kommt zu einer Euro-Aufwertung. Es kommt zu einer Dollar-Aufwertung. 68 Etappe 2: Wechselkurstheorie fit-lernhilfen.de Welche Bedingung muss erfüllt sein, wenn der europäische Zinssatz bei neun Prozent liegt und der amerikanische Zinssatz bei drei Prozent und dennoch ein Devisenmarktgleichgewicht herrscht? Die Anleger erwarten … [3 Fit-Punkte] einen Anstieg der Inflationsrate in Europa um sechs Prozent. eine Aufwertung des Euros um sechs Prozent. eine Aufwertung des Dollars um sechs Prozent. Eine Spekulationsblase auf dem Devisenmarkt ist ein … [1 Fit-Punkt] rational erklärbares Phänomen. psychologisch bedingtes Phänomen. Dein Punktestand Etappe 2 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie Monetäre Außenwirtschaftstheorie 70 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? Dieses Kapitel zeigt, welche Bedeutung eine Veränderung des Wechselkurses für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes haben kann. Zudem wird erklärt, wie der Staat in einer offenen Volkswirtschaft durch wirtschaftspolitische Maßnahmen das Einkommen und die Beschäftigung steigern kann. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Zahlungsbilanz Zahlungsbilanzausgleich Handelsbilanz Leistungsbilanz Gold- und Devisenbilanz Nettokapitalexport Nettokapitalimport Normalreaktion der Handelsbilanz Marshall-Lerner-Bedingung Mundell- Fleming-Modell Zinselastizität der Kapitalimporte vollkommene Kapitalmobilität Wofür benötige ich dieses Wissen? Die Konsequenzen, die eine Veränderung des Wechselkurses für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes hat, sind nicht nur für Volkswirte von Bedeutung. Da zumindest in entwickelten Volkswirtschaften wie Deutschland nahezu jedes Unternehmen direkt oder indirekt Produkte ins Ausland verkauft oder aus dem Ausland bezieht, und jeder Konsument Produkte erwirbt, die ganz oder teilweise importiert werden, ist jeder von Wechselkursänderungen betroffen. Es ist daher für das praktische Leben hilfreich, die grundlegenden Zusammenhänge zwischen Wechselkursänderungen, Exporten und Importen zu kennen. Zahlungsbilanz und Zahlungsbilanzausgleich 71 fit-lernhilfen.de WWelchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Die Auswirkungen einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft konnten hier nur ganz grob angerissen werden. Die Auswirkungen staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft zur Steigerung der Beschäftigung und der Produktion hängen von zahlreichen anderen Rahmenbedingungen ab, die hier nicht berücksichtigt werden konnten (feste oder flexible Wechselkurse, feste oder flexible Preise und Löhne, Nachfragedefekte wie die so genannte Liquiditätsfalle oder die Investitionsfalle etc.). Wer sich mit den Konsequenzen wirtschaftspolitischer Maßnahmen unter Berücksichtigung außenwirtschaftlicher Verflechtungen vertiefend auseinandersetzen möchte, sollte sich mit Wohltmann (2012) beschäftigen. Los geht’s! Die monetäre Außenwirtschaftstheorie analysiert die Zusammenhänge zwischen Außenhandel und den zentralen makroökonomischen Größen wie der Zahlungsbilanz, dem Wechselkurs, dem Sozialprodukt und der Beschäftigung. Untersucht werden beispielsweise die Auswirkungen von Wechselkursänderungen auf die Exporte und Importe eines Landes sowie Konsequenzen einer Ausweitung der heimischen Geldmenge und der Erhöhung der kreditfinanzierten Staatsausgaben. Zahlungsbilanz und Zahlungsbilanzausgleich Die Zahlungsbilanz erfasst sämtliche ökonomischen Transaktionen zwischen den inländischen und ausländischen Wirtschaftseinheiten, die innerhalb eines Jahres stattfinden. Auf der Aktivseite werden die Aktivitäten aufgeführt, die einen Zahlungseingang für das Inland darstellen: der Export von Gü- 72 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de tern und Dienstleistungen (EX), Kapitalimporte wie beispielsweise der Verkauf von Aktien und Wertpapieren an ausländische Wirtschaftseinheiten oder eine Schuldenaufnahme im Ausland (K IM ) und schließlich der Verkauf von Gold- und Devisenbeständen der Zentralbank, was eine Gold- und Devisenbestandsverminderung bedeutet (GDB Ver ). Die Passivseite erfasst die Aktivitäten, die zu einem Zahlungsausgang für das Inland führen: der Import von Gütern und Dienstleistungen (IM), Kapitalexporte wie beispielsweise der Kauf von Aktien und Wertpapieren von ausländischen Wirtschaftseinheiten oder eine Kreditgewährung (K EX ) und schließlich der Kauf von Gold- und Devisenbeständen der Zentralbank im Ausland, der eine Erhöhung des Gold- und Devisenbestands bedeutet (GDB Erh ). Die Grundstruktur einer Zahlungsbilanz kann Tabelle 3.1 entnommen werden. Zahlungseingänge Zahlungsausgänge EX IM Handelsbzw. Leistungsbilanz K IM K EX Kapitalbilanz GDB Ver GDB Erh Gold- und Devisenbilanz Tab. 3.1: Grundstruktur einer Zahlungsbilanz und ihre Teilbilanzen In der Zahlungsbilanz werden alle Transaktionen doppelt gebucht. Der Export von Gütern gegen die Gewährung eines Kredits beispielsweise wird als Güterexport auf der Aktivseite und als Kapitalexport auf der Passivseite erfasst. Die Kreditgewährung entspricht einem Kapitalexport, weil das Inland dem Ausland mit dem Kredit Geld zur Verfügung stellt, und dies bedeutet für das Inland einen Geldabfluss. Sollte der Importeur die Produkte in seiner eigenen Währung bezahlen - z. B. mit US-Dollar -, so bedeutet dies für das Inland eine Zunahme des Devisenbestands, also ebenfalls einen Zahlungszugang, der auf der Passivseite der Zahlungsbilanz ge- Wechselkurs und Güterhandel 73 fit-lernhilfen.de bucht wird. Sieht man von statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen ab, ist die Zahlungsbilanz daher definitionsgemäß stets ausgeglichen. (3.1) EX + K IM + GDB Ver = IM + K EX + GDB Erh Die Umformung der Gleichung (3.1) stellt die definitorischen Zusammenhänge zwischen dem Handelsbzw. Leistungsbilanzsaldo (EX - IM), dem Kapitalbilanzsaldo (K EX - K IM ) und dem Saldo der Gold- und Devisenbilanz (GDB Erh - GDB Ver ) bzw. dem Devisenbilanzsaldo dar. (3.2) (EX - IM) = (K EX - K IM ) + (GDB Erh - GDB Ver ) Geht man von einem Devisenbilanzsaldo von Null aus, dann entspricht ein Leistungsbilanzüberschuss (EX IM) einem Nettokapitalexport (K EX K IM ). Ein zentraler Aspekt der monetären Außenwirtschaftstheorie betrifft die Frage, wie die einzelnen Bilanzen - vor allem die Leistungsbilanz - auf Wechselkursänderungen reagieren. WWechselkurs und Güterhandel Die Konsequenzen einer Wechselkursänderung können exemplarisch an einer Euro-Abwertung verdeutlicht werden. Eine Euro- Abwertung bedeutet, dass ein Euro an Wert verliert und beispielsweise statt 1,00 US-Dollar nur noch 0,80 US-Dollar kostet. Ein PKW im Wert von 20.000 Euro kostet in den USA vor der Abwertung 20.000 US-Dollar, danach jedoch nur noch 16.000 US- Dollar. Für den deutschen Exportgütermarkt, der in Euro rechnet, bedeutet dies in einem Preis-Mengen-Diagramm eine Rechtsverschiebung der Nachfragekurve (EX N ). Beim neuen Gütermarktgleichgewicht wird nun auf dem Exportmarkt - also den USA - eine größere Menge an Gütern zu einem höheren Euro-Preis verkauft. Für die Anbieter amerikanischer Güter stellt die Euro- Abwertung eine Dollar-Aufwertung dar. Diese Aufwertung hat zur 74 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de Folge, dass ein Produkt im Wert von 10.000 US-Dollar in Deutschland vor der Abwertung 10.000 Euro kostet, nach der Abwertung jedoch 12.500 Euro. Auf dem deutschen Importgütermarkt, in dem sich Angebot und Nachfrage an dem Preis des Importgutes in Euro orientieren, hat dies eine Verschiebung der Angebotskurve (IM A ) nach oben zur Folge. Beim neuen Importgütermarkt-Gleichgewicht wird damit eine geringere Menge zu einem höheren Euro-Preis verkauft. Grafisch werden die Konsequenzen einer Euro- Abwertung in Abbildung 3.1 dargestellt. Abb. 3.1: Auswirkungen einer Euro-Abwertung auf den Export- und den Importgütermarkt (aus europäischer Sicht) Die Auswirkungen auf die Leistungsbzw. Handelsbilanz sind nicht eindeutig. Der in Euro berechnete Exportwert nimmt zu, weil sowohl der Preis des Exportguts als auch die Menge der verkauften Exportgüter steigen. Bei einem steigenden Importgüterpreis, aber einer reduzierten Verkaufsmenge von Importgütern ist die Entwicklung des in Euro gerechneten Importwertes unklar. Dieser kann abnehmen, konstant bleiben oder zunehmen. Damit ist auch unklar, wie sich der Saldo der Leistungsbilanz - also die Differenz zwischen Exportwert und Importwert - entwickelt. Aus europäischer Sicht bzw. in Euro lassen sich der Wert der Exporte (Ex- Menge Menge Preis in Euro Preis in Euro EX altN EX A IM N IM altA EX neuN IM neuA x alt x alt x neu x neu p alt p neu p neu p alt Exportgütermarkt Importgütermarkt Wechselkurs und Güterhandel 75 fit-lernhilfen.de portmenge x EX multipliziert mit dem Exportgüterpreis in Euro p EX ), der Wert der Importe (Importmenge x IM multipliziert mit dem Importgüterpreis in Euro p IM ) und damit auch der Handelsbilanzsaldo (HBS) mit der Gleichung 3.3 beschreiben. (3.3) HBS = x EX . p EX - x IM . p IM Die Auswirkungen einer Euro-Abwertung, die in Abbildung 3.1 dargestellt sind, wirken sich in dieser Gleichung wie folgt aus: (3.4) x EX ( ) . p EX ( ) - x IM ( ) . p IM ( ) HBS Der Handelsbilanzsaldo kann also infolge einer Euroabwertung ). Im Normalfall wird davon ausgegangen, dass eine Abwertung der heimischen Währung zu einer Verbesserung des Handelsbilanzsaldos führt, weil der Importwert sinkt bzw. nur geringfügig zunimmt. Bei einem ausreichend hohen Anstieg des Exportwerts nimmt der Handelsbilanzsaldo zu. Die Reaktion des Handelsbilanzsaldos hängt daher von den Angebots- und Nachfrageelastizitäten im In- und Ausland ab. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Reaktion der Konsumenten auf den jeweiligen Importmärkten. Eine Euro-Abwertung - und damit eine Dollar-Aufwertung - verteuert für die Europäer die aus den USA importierten Güter (p IM sumenten mit einer Verringerung ihrer Nachfrage nach amerikanischen Produkten. Die mengenmäßige Reaktion kann jedoch unterschiedlich stark ausfallen. Wenn die amerikanischen Produkte problemlos durch heimische - d. h. durch europäische - Produkte ersetzt werden können, wird der Nachfragerückgang sehr groß sein (x IM Importgüternachfrageelastizität ist vom Betrag her groß. Der in Euro ausgedrückte Wert der Importe geht damit zurück: (x IM . p IM ) edoch nicht auf die amerikanischen Güter verzichten können, reduzieren sie ihre Nachfrage trotz der Preiserhöhung nur geringfügig (x IM hfrageelastizität vom Betrag her gering. Sollte beispielsweise eine 76 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de zehnprozentige Preiserhöhung des amerikanischen Importgutes nur zu einem einprozentigen Nachfragerückgang führen, würde dies bedeuten, dass der in Euro ausgedrückte Importwert zunimmt: (x IM . p IM Für die europäischen Exporte gelten die entsprechenden Zusammenhänge. Eine Euro-Abwertung bzw. Dollar-Aufwertung verringert den in Dollar ausgedrückten Preis der europäischen Güter in den USA. Der in Euro ausgedrückte Preis bleibt vorerst noch konstant. Der sinkende Preis in Dollar erhöht in den USA die Nachfrage nach europäischen Produkten. Die mengenmäßige Nachfragesteigerung hängt wiederum von der amerikanischen Importgüternachfrageelastizität ab. Wenn die amerikanischen Konsumenten die europäischen Produkte sehr schätzen und bei einer Preissenkung ihre Nachfrage stark erhöhen, ist die amerikanische Importgüternachfrageelastizität vom Betrag her groß. Für Europa bedeutet dies einen starken Anstieg der Menge der exportierten Güter (x EX nstieg über den damit verbundenen Nachfrageüberhang auch zu einer Preiserhöhung führt (p EX kte Wert der europäischen Exporte stark an: (x EX . p EX einer geringen Importgüternachfrageelastizität in den USA kommt es hingegen nur zu einem geringen Anstieg der Menge der exportierten Güter. Auch der Preisanstieg ist dann nur gering. Der in Euro ausgedrückte Wert der europäischen Exporte steigt zwar immer noch, aber der Anstieg ist geringer als bei einer hohen Importgüternachfrageelastizität. Werden nun die möglichen Ausprägungen der Höhe der Importgüternachfrageelastizitäten in Europa und in den USA miteinander kombiniert, lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung der Handelsbilanz treffen (siehe Tab. 3.1). Angenommen wird wiederum eine Euro-Abwertung. Betrachtet wird dabei die in Euro ausgedrückte Handelsbilanz aus Sicht der Europäer, also beispielsweise die deutsche Handelsbilanz. Eine Zunahme des deutschen Hanilanzüberschuss größer wird bzw. dass ein bestehendes Handelsbilanzdefizit abgebaut wird. Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft 77 fit-lernhilfen.de Amerikanische Importgüternachfrageelastizität hoch gering Europäische Importgüternachfrageelastizität hoch (x EX . p EX (x IM . p IM HBS - (x EX . p EX (x IM . p IM HBS gering (x EX . p EX (x IM . p IM HBS - (x EX . p EX (x IM . p IM HBS unklar: Tab. 3.1: Auswirkungen einer Euro-Abwertung auf die deutsche Handelsbilanz Eine einfache Bedingung für eine Normalreaktion der Handelsbzw. Leistungsbilanz auf eine Wechselkursänderung ist die Marshall-Lerner-Bedingung. Sie verlangt, dass die Summe der Importnachfrageelastizitäten im In- und Ausland - absolut betrachtet - größer als 1 ist. GGeld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft Die Wirkungen von geld- oder fiskalpolitischen Maßnahmen hängen in einer offenen Volkswirtschaft u. a. davon ab, ob der Wechselkurs fest oder flexibel ist und ob das gesamtwirtschaftliche Preisniveau fixiert oder flexibel ist. Nachfolgend werden die Konsequenzen einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik für den Fall untersucht, dass der Wechselkurs flexibel und das Preisniveau fixiert ist. Die modelltheoretische Grundlage ist das auf eine offene Volkswirtschaft erweiterte keynesianische Fixpreismodell, das auch 78 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de als Mundell-Fleming-Modell bezeichnet wird. Bezüglich der Konsequenzen einer Wechselkursänderung auf den Leistungsbilanzsaldo wird eine Normalreaktion unterstellt. Das Inland wird dabei als eine kleine Volkswirtschaft angesehen, d. h. die wirtschaftlichen Aktivitäten des Inlands haben keinen Einfluss auf die Weltmarktpreise. Eine Geldmengenerhöhung bewirkt eine Verringerung des Zinssatzes. Diese führt zu einer Erhöhung der Investitionsnachfrage, die über den Investitionsmultiplikator das Sozialprodukt und die Beschäftigung erhöht. Neben diesen Primäreffekten hat die Geldmengenerhöhung noch Sekundäreffekte. Das höhere Sozialprodukt führt über die größere Importgüternachfrage zu einer Abwertung der heimischen Währung (Keynesianische Wechselkurstheorie). Wegen des geringeren Zinssatzes sinkt die Nachfrage nach inländischen Wertpapieren, was ebenfalls eine Abwertung der heimischen Währung zur Folge hat. Die Abwertung erhöht die Exportchancen, verbessert die Leistungsbilanz und führt damit zu einer weiteren Steigerung von Sozialprodukt und Beschäftigung. Insgesamt hat eine Geldmengenerhöhung somit expansive Primär- und Sekundäreffekte für das Sozialprodukt und die Beschäftigung (siehe Abbildung 3.2). Abb. 3.2: Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik Die Konsequenzen einer expansiven Fiskalpolitik - also einer kreditfinanzierten Erhöhung der Staatsausgaben - im Fixpreismodell bei flexiblen Wechselkursen sind nicht eindeutig. Eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung führt zunächst über den Nachfrageeffekt zu einer Erhöhung des Sozialprodukts. Die Ausgabe zusätzlicher staatlicher Wertpapiere erhöht den Zinssatz, was zwar zu einer Verdrängung privater Investitionen führt, aber per Saldo Geldmenge Zinssatz Investitionen Güternachfrage Beschäftigung Einkommen Konsum Abwertung Exporte Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft 79 fit-lernhilfen.de immer noch ein höheres Sozialprodukt zur Folge hat. Die Auswirkungen auf die Entwicklung des Wechselkurses sind jedoch unklar. Wegen des höheren Sozialprodukts und der steigenden Importgüternachfrage kommt es zu einer Abwertung der heimischen Währung (Keynesianische Wechselkurstheorie). Der gestiegene Zinssatz verbessert jedoch die Rendite inländischer Wertpapiere und bewirkt damit eine Aufwertung der heimischen Währung. Ob per Saldo die Abwertungs- oder die Aufwertungstendenz überwiegt, hängt von der Zinselastizität der internationalen Kapitalströme ab. Bei einer geringen Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte reagiert das internationale Kapital nur sehr gering auf den höheren inländischen Zinssatz. Die Nachfrage nach inländischen Wertpapieren nimmt dementsprechend nur geringfügig zu, was zu einer schwachen Aufwertung der heimischen Währung führt. Die Abwertungstendenz der höheren Importgüternachfrage überwiegt. Damit kommt es über eine Verbesserung der Leistungsbilanz zu einem Anstieg von Sozialprodukt und Beschäftigung. Die Geldmengenerhöhung hat folglich positive Sekundäreffekte, die aus der Aufwertung der heimischen Währung resultieren (siehe Abbildung 3.3). Abb. 3.3: Auswirkungen einer expansiven Fiskalpolitik (kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung) bei geringer Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte Bei einer hohen Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte kommt es hingegen zu einem relativ starken Anstieg der Nachfrage nach inländischen Wertpapieren. Der damit verbundene Anstieg der Euro-Nachfrage führt zu einer starken Aufwertung der heimischen Staatsausgaben Güternachfrage Beschäftigung Einkommen Konsum Importe Abwertung Aufwertung Zinssatz Exporte Geringe Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte: Abwertungstendenz überwiegt Beschäftigung 80 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de Währung. Wenn die zinsinduzierte Aufwertungstendenz größer ausfällt als die Abwertungstendenz der gestiegenen Importgüternachfrage, resultiert daraus per Saldo eine Aufwertung der heimischen Währung. Sie bewirkt bei einer Normalreaktion der Leistungsbilanz einen Rückgang von Sozialprodukt und Beschäftigung. Die negativen Sekundäreffekte der Aufwertung reduzieren die positiven Primäreffekte der Staatsausgabenerhöhung, es bleibt aber im Gesamtergebnis immer noch bei einer Zunahme von Sozialprodukt und Beschäftigung (siehe Abbildung 3.4). Abb. 3.4: Auswirkungen einer expansiven Fiskalpolitik (kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung) bei hoher Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte Nur im Extremfall der vollkommenen Kapitalmobilität hat die Fiskalpolitik keine positiven Auswirkungen auf das Sozialprodukt und die Beschäftigung. In diesem Fall stellen inländische und ausländische Wertpapiere vollkommene Substitute dar. Damit wird der inländische Zinssatz vollständig durch den Zins im Ausland determiniert. Die zinsinduzierte Aufwertung ist so groß, dass sie den positiven Primäreffekt vollständig kompensiert. Sozialprodukt und Beschäftigung bleiben wegen des starken negativen Sekundäreffekts per Saldo unverändert. Die Fiskalpolitik ist somit unwirksam, weil es zu einem totalen wechselkursbedingten Crowding-out kommt. Staatsausgaben Güternachfrage Beschäftigung Einkommen Konsum Importe Abwertung Aufwertung Zinssatz Exporte Hohe Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte: Aufwertungstendenz überwiegt Beschäftigung Fazit 81 fit-lernhilfen.de FFazit Eine der zentralen Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik ist in den meisten Volkswirtschaften nach wie vor die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Eine Stellschraube zur Erhöhung der heimischen Beschäftigung ist die Steigerung der Exporte, um über eine höhere Produktion auch eine höhere Beschäftigung zu erreichen. Maßnahmen zur Erhöhung der eigenen Exporte sind beispielsweise die Abwertung der heimischen Währung oder eine expansive Geldbzw. Fiskalpolitik. Eine expansive Geldbzw. Fiskalpolitik kann zu einer Abwertung der eigenen Währung führen und damit über eine Steigerung der Exporte zusätzliche positive Auswirkungen auf die heimische Arbeitsmarktlage haben. Der Versuch, über eine Exportsteigerung die Arbeitslosigkeit im Inland zu bekämpfen, hat jedoch für den Rest der Welt gegebenenfalls negative Auswirkungen. Wenn einzelne Länder einen Exportüberschuss anstreben (Exporte > Importe), muss es andere Länder geben, die einen Importüberschuss zu verzeichnen haben. Dort ist dann unter anderem eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit zu erwarten. Hohe und vor allem dauerhafte Exportüberschüsse können auch über andere Folgewirkungen zu einem ökonomischen Problem werden. Diese Fragen werden unter dem Begriff der »globalen Leistungsbilanzungleichgewichte« diskutiert. 82 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 3.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Die Handelsbilanz eines Landes erfasst … [1 Fit-Punkt] sämtliche ökonomischen Transaktionen zwischen inländischen und ausländischen Wirtschaftssubjekten innerhalb eines Jahres. den Export und Import von Sachgütern und Dienstleistungen. den Export und Import von Wertpapieren. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Leistungsbilanzsaldo und dem Kapitalbilanzsaldo, wenn die Gold- und Devisenbilanz ausgeglichen ist? [3 Fit-Punkte] Bei einem Leistungsbilanzüberschuss weist das Land einen Nettokapitalexport aus. Bei einem Leistungsbilanzüberschuss weist das Land einen Nettokapitalimport aus. Zwischenstand: Fragen und Antworten 83 fit-lernhilfen.de Die Leistungsbilanz ist ebenfalls ausgeglichen. Eine Aufwertung der heimischen Währung hat zur Folge, dass … [2 Fit-Punkte] die Exporte des Inlands größer werden. die Importe des Inlands größer werden. Bei einer Normalreaktion der Handelsbilanz führt eine Abwertung der heimischen Währung dazu, dass der Handelsbilanzsaldo des Inlands … [2 Fit-Punkte] größer wird. unverändert bleibt. kleiner wird. Im Normalfall führt eine Aufwertung der heimischen Währung im Inland zu einer … [2 Fit-Punkte] Erhöhung der Beschäftigung im Inland. Verringerung der Beschäftigung im Inland. Im Fall flexibler Wechselkurse führt eine expansive Geldpolitik zu einer … [3 Fit-Punkte] Aufwertung der heimischen Währung. Abwertung der heimischen Währung. Im Fall flexibler Wechselkurse führt eine expansive Fiskalpolitik … [3 Fit-Punkte] stets zu einer Abwertung der heimischen Währung. 84 Etappe 3: Monetäre Außenwirtschaftstheorie fit-lernhilfen.de nur dann zu einer Aufwertung der heimischen Währung, wenn die Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte hoch ist. nur dann zu einer Aufwertung der heimischen Währung, wenn die Zinsabhängigkeit der Nettokapitalimporte gering ist. Dein Punktestand Etappe 3 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte 86 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel wird erläutert, welche ökonomischen Konsequenzen sich für Länder ergeben können, wenn die Exporte eines Landes nicht mit den Importen übereinstimmen. Du erfährst, warum sich Länder mit einem Exportüberschuss in einer mehr oder weniger komfortablem ökonomischen Situation befinden, während Länder mit einem dauerhaften Importüberschuss häufig gravierende wirtschaftliche Probleme haben. Außerdem wird erläutert, warum es theoretisch zu einem Ausgleich von Exporten und Importen kommen sollte, und welche faktischen Umstände diesen Ausgleich verhindern können. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Exportüberschuss Importüberschuss gesamtgesellschaftliche Ersparnisse Vermögensaufbau gegenüber dem Ausland Defizitland Überschussland globale Ungleichgewichte Mechanismen des Leistungsbilanzausgleichs Wofür benötige ich dieses Wissen? Globale Leistungsbilanzungleichgewichte sind immer wieder Auslöser heftiger wirtschaftspoltischer Debatte zwischen Volkswirtschaften. Die Länder, deren Importe größer sind als die Exporte, werfen Ländern mit einem Exportüberschuss häufig eine unfaire Förderung der Exportindustrie vor und drohen mit Strafzöllen und anderen Sanktionen. Um dieser Debatte folgen zu können und die vorgebrachten Argumente abwägen zu können, ist es zwingend erforderlich, die komplexen Zusammenhänge zwischen Leistungsbilanzsalden, Wechselkurs, Arbeitsmarkt und öffentlichen Finanzen zu verstehen. Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge 87 fit-lernhilfen.de WWelchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In diesem Kapitel wird viel mit definitorischen Zusammenhängen zwischen makroökonomischen Größen argumentiert. Du lernst z. B., welche Zusammenhänge zwischen den Investitionen, den Ersparnissen, den Staatsausgaben, den Staatseinnahmen, den Exporten und den Importen eines Landes bestehen. Diese so genannte Saldenmechanik hilft dir auch in anderen Bereichen der Volkswirtschaftlehre, z. B. bei der Frage, welche Auswirkungen eine Reduzierung der staatlichen Ausgaben für Güter- und Dienstleistungen auf die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage und damit auch auf den Arbeitsmarkt haben kann. Der sichere Umgang mit saldenmechanischen Zusammenhängen erleichtert dir daher den Zugang zu anderen makroökonomischen Fragestellungen. Los geht’s! Wenn die Exporte eines Landes nicht mit dessen Importen übereinstimmen, ergibt sich für dieses Land ein Leistungsbilanzüberschuss bzw. -defizit. Dieses Kapitel behandelt die ökonomischen Konsequenzen, die sich aus Leistungsbilanzsalden ergeben, die Mechanismen, die für einen automatischen Ausgleich von Ungleichgewichten im Außenhandel sorgen, sowie die Ursachen, die für ein dauerhaftes Auftreten von Leistungsbilanzungleichgewichten sorgen können. Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge Die von einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres produzierte Menge an Gütern und Dienstleistungen (Y) kann entweder von den privaten Haushalten konsumiert werden (C), für die Vergrößerung des Produktionsapparates verwendet - also investiert - werden (I), 88 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de vom Staat verbraucht werden (G) oder ins Ausland exportiert werden (EX). Die Konsummöglichkeiten des Inlands werden durch den Import von Gütern und Dienstleistungen aus dem Ausland (IM) erweitert. Damit gelten folgende Zusammenhänge: (4.1) Y + IM = C + I + G + EX bzw. Y - (C + I + G) = (EX - IM) Die Komponenten C, I und G stellen den inländischen Verbrauch dar. Dabei gelten definitionsgemäß folgende Zusammenhänge: (4.2a) Y > (C + I + G) (EX - IM) > 0 (4.2b) Y < (C + I + G) (EX - IM) < 0 Im Fall (4.2a) verbraucht die Volkswirtschaft nicht alle Güter und Dienstleistungen, die sie hergestellt hat. Die Gesellschaft lebt unter ihren Verhältnissen. Die nicht verbrauchten Güter werden ins Ausland exportiert. Die Volkswirtschaft exportiert mehr Güter und Dienstleistungen, als sie importiert. Per Saldo weist die Volkswirtschaft daher einen Exportüberschuss auf. Der Fall (4.2b) ist analog zu erklären. Hier verbraucht die Volkswirtschaft mehr Güter und Dienstleistungen, als sie hergestellt hat. Diese Gesellschaft lebt über ihre Verhältnisse und weist einen Importüberschuss auf. Gleichung (4.1) kann nun um die Staatseinnahmen (T) erweitert werden. Hierzu werden auf jeder Seite der Gleichung (4.1) die Staatseinnahmen abgezogen. (4.3) Y - T = C + I + G - T + (EX - IM) Der Ausdruck (Y - T) stellt das verfügbare Einkommen der Volkswirtschaft dar. Der Teil dieses Einkommens, der nicht für Konsumausgaben verwendet wird, entspricht der volkswirtschaftlichen Ersparnis (S). Ersparnisse bedeuten ökonomisch gesehen - sowohl einzelwirtschaftlich als auch gesamtgesellschaftlich - einen Konsumverzicht. Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge 89 fit-lernhilfen.de (4.4) S = Y - T - C Wird Gleichung (4.4) in Gleichung (4.3) eingesetzt, resultiert daraus folgender Zusammenhang: (4.5) S = I + (G - T) + (EX - IM) Der Ausdruck (G - T) beschreibt den Saldo der staatlichen Ausgaben und Einnahmen. Wenn (G - T) positiv ist, gibt der Staat mehr Geld aus, als er einnimmt, d. h. es liegt ein Staatsdefizit vor. In nahezu allen Volkswirtschaften ist dies gegenwärtig der Fall. Für die folgenden Ausführungen wird daher davon ausgegangen, dass die betrachtete Volkswirtschaft ein Staatsdefizit (G - T > 0) besitzt. Die gesamtgesellschaftlichen Ersparnisse bzw. der volkswirtschaftliche Konsumverzicht kann also im Inland für zwei Zwecke verwendet werden: zur Bildung bzw. Finanzierung von Investitionen und zur Finanzierung des Staatsdefizits (die Wirtschaftssubjekte stellen dem Staat Güter und Dienstleistungen zur Verfügung, die er sich mit seinen Einnahmen sonst nicht leisten könnte). Sofern nach der Bildung von Investitionen und der Finanzierung des Staatsdefizits noch Güter und Dienstleistungen übrig sind, können diese dem Ausland zur Verfügung gestellt werden. Für Gleichung (4.5) gelten daher definitionsgemäß folgende Zusammenhänge: (4.5a) S > I + (G - T) (EX - IM) > 0 (4.5b) S < I + (G - T) (EX - IM) < 0 Im Fall (4.5a) sind die Ersparnisse größer als zur Bildung der Investitionen und der Deckung des Staatsdefizits erforderlich. Die Gesellschaft kann einen Teil ihrer Wirtschaftsleistung dem Ausland zur Verfügung stellen, d. h. sie exportiert mehr Güter, als sie importiert. Auch hier lebt die Gesellschaft unter ihren Verhältnissen, denn sie könnte sich mit den Ersparnissen mehr Investitionen oder ein höheres Staatsdefizit leisten. Im Fall (4.5b) spart die Volkswirtschaft zu wenig. Die eigenen Ersparnisse reichen nicht aus, um die heimischen Investitionen zu tätigen und das eigene Staatsdefizit zu 90 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de finanzieren. Diese Volkswirtschaft verbraucht also mehr Güter und Dienstleistungen für den privaten Konsum, die Investitionen und die staatlichen Ausgaben, als sie selbst hergestellt hat. Die fehlenden Ressourcen kommen aus dem Ausland. Wenn eine Volkswirtschaft einen Exportüberschuss erwirtschaftet, gibt sie damit im Außenhandel weniger Geld aus, als sie einnimmt. Das Einkommen der Volkswirtschaft wird also nicht vollkommen ausgegeben, die gesamtgesellschaftliche Ersparnis ist positiv. Umgekehrt muss ein Land mit einem Importüberschuss diesen finanzieren. Ein Land, das mehr Güter und Dienstleistungen importiert, als es selbst exportiert, muss sich dafür entweder im Ausland verschulden (Kreditaufnahme) oder es muss seinen Konsum mit dem Verkauf von Vermögenstiteln finanzieren (Gold, Devisen oder Beteiligungen am Produktivkapital in Form von Aktien oder Direktbeteiligungen). Ein Exportüberschuss hat somit für das betreffende Land einen Vermögensaufbau r Folge. Dies Aktien, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Forderungen etc. erfolgen Devisen. Da alle ausländischen Vermögenstitel in der Währung des Auslands bewertet sind, müssen die Vermögenswerte noch mit dem Wechselkurs (e) in die heimische Währung umgerechnet werden. Umgekehrt bedeutet ein Importüberschuss, dass das Vermögen des Landes geringer wird - entweder direkt, weil Finanztitel oder Währungsreserven verkauft werden, oder indirekt, weil die Schulden des Landes gegenüber dem Ausland steigen und das Reinvermögen (Vermögen abzüglich der Verbindlichkeiten) schrumpft. (4.6) (EX - = e . Schließlich haben Exportbzw. Importüberschüsse noch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Ein Land mit einem Exportüberschuss produziert mehr Güter und Dienstleistungen, als es verbraucht. Würde es nur die Dinge produzieren, die es selbst benötigt, wäre dies mit einem geringeren Einsatz von Produktionsfakto- Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge 91 fit-lernhilfen.de ren verbunden, also auch mit einem geringeren Arbeitseinsatz. Der Exportüberschuss wirkt sich daher positiv auf das gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsniveau aus. Im Fall eines Importüberschusses hingegen ist das Beschäftigungsniveau geringer, was zur Arbeitslosigkeit führen kann. So gesehen, exportiert ein Land mit einem Exportüberschuss seine Arbeitslosigkeit in das Land mit einem Importüberschuss. Die bisher beschriebenen Zusammenhänge werden in der Zahlungsbilanz eines Landes zusammengebracht, die bereits in Etappe 3 behandelt wurde. Zum Wesen der Zahlungsbilanz gehört es, dass sie definitionsgemäß stets ausgeglichen ist. Geht man zudem von einem Devisenbilanzsaldo von Null aus, so entspricht ein Leistungsbilanzüberschuss (EX IM) einem Nettokapitalexport (K EX K IM ). (4.7) EX + K IM + GDB Ver = IM + K EX + GDB Erh (4.8) (EX - IM) = (K EX - K IM ) + (GDB Erh - GDB Ver ) Damit lassen sich als Zwischenfazit folgende makroökonomische Zusammenhänge feststellen: Kurzfristige realwirtschaftliche Betrachtung: Ein Land mit einem Exportbzw. Leistungsbilanzüberschuss lebt unter seinen Verhältnissen. Es verbraucht nicht alle hergestellten Güter und Dienstleistungen. Die überschüssigen Güter und Dienstleistungen werden dem Ausland zur Verfügung gestellt. Beschäftigungseffekte: Ein Land mit einem Exportbzw. Leistungsbilanzüberschuss hat ein höheres Beschäftigungsniveau als ohne diesen Überschuss. Das Land kann durch den Exportüberschuss seine Arbeitslosigkeit verringern. Finanzierungaspekte: Ein Land mit einem Exportbzw. Leistungsbilanzüberschuss bildet größere Ersparnisse als zur Finanzierung der heimischen Investitionen und des eigenen Staatsdefizits erforderlich sind. Die überschüssigen Ersparnisse werden verwendet, um dem Ausland einen Konsum über dessen Pro- 92 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de duktionsmöglichkeiten - also einen Importüberschuss - zu finanzieren (Nettokapitalexport). Vermögensaspekte: Ein Land mit einem Exportbzw. Leistungsbilanzüberschuss erwirtschaftet im Außenhandel mehr Einnahmen als Ausgaben. Dies führt zu einem Vermögensaufbau gegenüber dem Ausland. Der Vermögenszuwachs äußert sich in einem Zuwachs der Forderungen (Kreditvergabe an ausländische Unternehmen oder Staaten), in steigenden Gold- und Devisenbeständen oder in einem Zuwachs der Unternehmensbeteiligungen im Ausland (Direktinvestitionen bzw. Aktien). Aus diesen Vermögensbeteiligungen resultieren Einkommen, z. B. Dividenden oder Zinseinnahmen. Langfristige realwirtschaftliche Betrachtung: Mit dem Verzicht auf Konsummöglichkeiten in der Gegenwart erwirbt ein Land mit einem Exportbzw. Leistungsbilanzüberschuss Ansprüche auf Konsumgüter aus dem Ausland. Sofern das Land mit einem Exportüberschuss irgendwann in der Zukunft seine Vermögensbeteiligungen zurücktauscht, erhält es dafür Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland. Der Umstand, dass das Exportüberschussland jetzt unter seinen Verhältnissen lebt, eröffnet die Option, in der Zukunft über seine Verhältnisse zu leben. Für ein Defizitland (Exporte geringer als Importe) ergeben sich die umgekehrten Konsequenzen: Das Land lebt in der Gegenwart über seine Verhältnisse, dies wird vom Ausland finanziert (Nettokapitalimport). Das Defizitland muss sich entweder im Ausland verschulden oder Teile des heimischen Vermögens (Gold, Devisen, Unternehmensbeteiligungen) an das Ausland abtreten. Irgendwann in der Zukunft muss das Defizitland mehr exportieren als importieren, um damit die Verschuldung wieder abzubauen. Das Leben über die Verhältnisse wird also erkauft durch ein Leben unter den Verhältnissen in der Zukunft. In einem nächsten Schritt ist zu untersuchen, welche Konsequenzen sich aus diesen Zusammenhängen ergeben. Dabei ist zwischen Überschussländern (EX - IM > 0) und Defizitländern (EX - IM < 0) zu unterscheiden. Defizitländer, Überschussländer und die fit-lernhilfen.de HHerausforderungen für Defizitländer, Überschussländer und die Welt Leistungsbilanzungleichgewichte stellen vor allem für die Defizitländer ein Problem dar. Auf dem Arbeitsmarkt kann der Importüberschuss zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Die Verschuldung im Ausland führt zu Zinszahlungen und Tilgungen, d. h. das Land muss in den Jahren nach dem Importüberschuss einen Teil der wirtschaftlichen Wertschöpfung an das Ausland abführen. Besonders problematisch wird es, wenn die Leistungsbilanzdefizite über viele Jahre bestehen. Dies bewirkt einen permanenten Anstieg der Verschuldung im Ausland. Sofern das Ausland angesichts eines steigenden Schuldenstands das Vertrauen in die Bonität des Defizitlands verliert, ist das Ausland nicht mehr bereit, die Leistungsbilanzdefizite durch eine Kreditvergabe zu finanzieren. In diesem Fall muss das Defizitland entweder seine Gold- und Devisenbestände verkaufen - was sich angesichts gegebener Bestände nicht beliebig lange fortführen lässt - oder den Güter- und Dienstleistungsverbrauch reduzieren. Letzteres bedeutet vor allem eine Einschränkung des Konsums. Zudem muss das Defizitland seine über Jahre aufgelaufenen Auslandsschulden abbauen bzw. tilgen. Dies verlangt jedoch einen Exportüberschuss, also eine weitere Reduzierung der heimischen Konsummöglichkeiten. Sofern das Defizitland nur eine geringe Produktivität aufweist, muss es sehr viele Gütereinheiten hergeben, um entsprechende Exporterlöse zu erzielen. Im Ergebnis arbeitet das Land dann hauptsächlich nur noch, um die Forderungen des Auslands zu bedienen. Ein Großteil der heimischen Produktion wird exportiert, sodass die Konsummöglichkeiten der Bürger erheblich eingeschränkt werden, was gegebenenfalls zu gesellschaftlichen Unruhen führen kann. Für Überschussländer sind globale Leistungsbilanzungleichgewichte relativ unproblematisch. Ein Exportüberschuss baut die Arbeitslosigkeit ab und mit ihr alle sozialen Folgekosten (geringe Staatseinnahmen, hohe staatliche Transferzahlungen an Arbeitslose, Verteilungsungleichheiten zwischen Erwerbstätigen und Arbeitslo- 94 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de sen etc.). Die Exportüberschüsse erhöhen das Vermögen gegenüber dem Rest der Welt. Diese Vermögensbestände können in Krisenzeiten genutzt werden, um der Bevölkerung nach wie vor ein hohes Konsumniveau zu ermöglichen. Zudem erhöhen die ausländischen Vermögenstitel über die damit verbundenen Einkommenszuflüsse (Zinsen, Gewinne, Dividenden) das verfügbare Einkommen der Bevölkerung und damit ihre langfristigen Konsummöglichkeiten. Gerade für eine alternde Gesellschaft, in der zukünftig eine sinkende Zahl von Erwerbstätigen auf eine steigende Zahl von Rentnern und Pensionären trifft, stellt der Erwerb von Auslandsvermögen eine Option dar, um trotz der gesellschaftlichen Alterung den materiellen Lebensstandard nicht absinken zu lassen. Dennoch sind globale Ungleichgewichte auch für die Überschussländer nicht vollkommen risikofrei. Die starke Exportabhängigkeit des Arbeitsmarktes führt zu einem raschen Rückgang der Beschäftigung, wenn der Welthandel infolge einer globalen Wirtschaftskrise einbricht. Der Zufluss von Gold- und Devisenbeständen erhöht die monetäre Basis der Volkswirtschaft, was gegebenenfalls zu inflationären Tendenzen führen kann. Das Vermögen gegenüber dem Ausland kann an Wert verlieren, wenn die Forderungen gegenüber dem Ausland wertlos werden (Bankrott der betreffenden Unternehmen oder sogar des Staates) oder wenn die Währung des Auslands stark abgewertet wird. In diesem Fall hätte das Überschussland seine Güter gegen wertlose Forderungen eingetauscht und damit letztendlich verschenkt. Schließlich gibt es auch noch die These, dass Exportüberschuss ein Zeichen der wirtschaftlichen Schwäche sein kann. Diese Überlegung basiert auf dem Umstand, dass ein Exportüberschuss mit einem Nettokapitalexport (siehe Gleichung (4.8)) einhergeht. Der Abfluss von Kapital hat zur Folge, dass die Investitionen in dem Überschussland zurückgehen. Damit geht das Wirtschaftswachstum zurück. Die geringe Investitionstätigkeit hat zur Folge, dass zu wenige Arbeitsplätze im Überschussland entstehen. Das erlahmende Wirtschaftswachstum führt daher zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, der die Kaufkraft bzw. Binnennachfrage schwächt. Zudem bewirkt die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust einen Anstieg des Angstsparens, was den Konsum im Überschussland weiter Defizitländer, Überschussländer und die Welt 95 fit-lernhilfen.de schwächt. Eine sinkende Binnennachfrage bedeutet einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse (siehe Gleichung (4.4)), und dies führt nach Gleichung (4.5) zu einem Anstieg des Exportüberschusses. Die ökonomischen Probleme des Überschusslandes - zu geringe Investitionen, ein abgeschwächtes Wirtschaftswachstum und damit verbundene Arbeitsmarktprobleme - nehmen damit zu. Mit Blick auf Deutschland spricht Hans-Werner Sinn daher von einem »pathologischen Exportboom«. Leistungsbilanzungleichgewichte können wegen der genannten Folgewirkungen Konsequenzen für die gesamte Weltwirtschaft haben und damit auch die Volkswirtschaften betreffen, die ausgeglichene Leistungsbilanzsalden besitzen. Zu nennen sind in diesem Kontext vor allem die Gefahr eines wachsenden Protektionismus und das Entstehen von Spekulationsblasen. Sofern die Leistungsbilanzungleichgewichte in den Defizitländern den ökonomischen Problemdruck - steigende Arbeitslosigkeit inklusive sozialer Folgeprobleme, steigende Verschuldung im Ausland mit sinkender Bonität, Konsumeinschränkungen zur Bedienung der Schulden im Ausland - immer weiter erhöhen, besteht die Gefahr, dass einzelne Defizitländer dem permanenten Importüberschuss mit protektionistischen Maßnahmen begegnen. Die Einführung von Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen durch ein Land führt häufig zu entsprechenden Maßnahmen der Handelspartner, die ihrerseits ebenfalls tarifäre und nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen einsetzen. Im Ergebnis kann dies zu einem weltweiten Protektionismuswettlauf führen, der die internationale Arbeitsteilung und die damit verbundenen Wohlfahrtseffekte stark einschränkt (siehe Etappe 6). Für die Überschussländer bedeuten die Leistungsbilanzungleichgewichte einen Zufluss an Forderungen gegenüber dem Ausland, u. a. in Form einer Zunahme der Devisenbestände. So hat China durch die jahrelangen Exportüberschüsse mittlerweile Währungsreserven von über 3.000 Milliarden US-Dollar angehäuft. Diese Reserven werden in der Regel für den Kauf von amerikanischen Wertpapieren, vornehmlich amerikanischen Staatsanleihen, verwendet. Die steigende Wertpapiernachfrage bewirkt einen Preisanstieg, der zum Entstehen einer Spekulationsblase führen kann. Leistungsbilanz- 96 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de überschüsse erhöhen somit die Gefahr von Spekulationsblasen, sowohl bei Vermögenstiteln (Aktien, Staatsanleihen, Edelmetallen) als auch bei Währungen. Das Platzen einer Spekulationsblase - so wie das der US-Immobilienblase 2007/ 2008 - hat dann weltweit zahlreiche negative Konsequenzen für die Realwirtschaft. Trotz dieser Gefahren haben globale Leistungsbilanzungleichgewichte auch positive Konsequenzen, weil sie eine optimale Kapitalallokation bewirken können. Aufstrebende Volkswirtschaften, die noch am Beginn ihrer wirtschaftlichen Entwicklung stehen, verfügen nur über einen geringen Kapitalstock und damit auch nur über geringe Produktionsmöglichkeiten. Das Sparpotenzial ist ebenfalls gering. Aus eigener Kraft fällt es der Gesellschaft daher schwer, den Kapitalstock auszubauen und damit die Produktionsmöglichkeiten zu vergrößern. In diesem Fall kann ein temporäres Leistungsdefizit sinnvoll sein. Das Land erhält dann aus industriell höher entwickelten Volkswirtschaften Güter und Dienstleistungen. Diese erweitern entweder direkt den Kapitalstock der aufstrebenden Volkswirtschaft oder sie ermöglichen es, die Produktionskapazitäten für die Herstellung von Investitionsgütern zu nutzen, weil die Konsumgüter zur Versorgung der Bevölkerung aus dem Ausland kommen. Mit der Erhöhung der Produktionskapazitäten wird ein Wachstumsprozess in Gang gesetzt. Das Wirtschaftswachstum versetzt die aufstrebende Volkswirtschaft dann auch in die Lage, die Zinsen für die Verschuldung im Ausland zu bezahlen und perspektivisch die Auslandsschulden zu tilgen. Die zwischenzeitliche Verschuldung im Ausland dient also der Vergrößerung der eigenen Produktionskapazitäten und kann daher als eine Investition in die Zukunft angesehen werden. Dies bedeutet aber auch, dass das Leistungsbilanzdefizit nur eine temporäre Erscheinung ist und das Land mittelfristig einen Leistungsbilanzüberschuss erreicht, um damit die Schulden im Ausland abzubauen. Langfristig sollte sich dann ein Leistungsbilanzausgleich einstellen. Zumindest in der Theorie erfolgt dieser Ausgleich automatisch. Mechanismen des Leistungsbilanzausgleichs 97 fit-lernhilfen.de MMechanismen des Leistungsbilanzausgleichs Ein Leistungsbilanzausgleich erfolgt bei einem flexiblen Wechselkurs primär über eine Wechselkursänderung. Wenn ein Land einen Leistungsbilanzüberschuss aufweist, bedeutet dies, dass es eine hohe Nachfrage nach der Währung dieses Landes gibt, weil Exporte letztendlich immer in der Währung des Exportlandes bezahlt werden müssen: Die Produzenten der Exportgüter müssen ihre Löhne, Steuern und Abgaben sowie die meisten Vorprodukte in der heimischen Währung zahlen. Der Exportüberschuss bewirkt damit eine Aufwertung der heimischen Währung. Diese verteuert die Exporte, was zu einem Exportrückgang führt. Zudem verbilligt die Aufwertung die Produkte aus dem Ausland, was zu einer Importzunahme führt. Beide Entwicklungen wirken auf einen tendenziellen Ausgleich von Exporten und Importen hin. Im Fall eines Leistungsbilanzdefizits kommt es zu einer Abwertung, die die Exportchancen des Landes verbessert, die Importnachfrage wegen der Verteuerung der ausländischen Waren verringert und so das Leistungsbilanzdefizit über steigende Exporte und sinkende Importe ebenfalls abbaut. Die Abwertung der Währung eines Defizitlands erschwert zudem die Verschuldung dieses Lands im Ausland. Eine Abwertung reduziert aus Sicht der Gläubigerländer den Wert von Forderungen gegenüber dem Defizitland. Kredite werden dann nur gegen höhere Zinsen gewährt, um so abwertungsbedingte Vermögensverluste zu kompensieren. Alternativ kann sich das Defizitland in der Währung der Gläubigerstaaten verschulden. Dies würde jedoch die Abwertung der Währung des Defizitlands verstärken. Das Spiegelbild dieser Abwertung ist eine Aufwertung der Währungen der Gläubigerländer. Dies erhöht aus Sicht des Defizitlands den Wert seiner Auslandsschulden, also auch den Wert der später zu leistenden Tilgungszahlungen. Die Opportunitätskosten einer Verschuldung im Ausland nehmen damit zu, was eine Verschuldung im Ausland immer unattraktiver macht und so über die Finanzierungsseite das Leistungsbilanzdefizit abbaut. 98 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de Auch im Fall fester Wechselkurse - oder im Fall einer Währungsunion mit einer Einheitswährung wie dem Euro - ist theoretisch ein Leistungsbilanzausgleich zu erwarten. Der Ausgleich erfolgt dann vor allem über Preisänderungen. In einem Überschussland (EX - IM > 0) kommt es tendenziell zu einer Preissteigerung, die die Exporte verteuert. Diese Preissteigerung resultiert aus der hohen Nachfrage nach Gütern des Überschusslandes. Zudem bedeutet die hohe Exportnachfrage eine hohe Nachfrage nach Produktionsfaktoren, was zu einem Anstieg der Löhne und Zinsen führt. Schließlich erhöht der Zufluss an Devisenbeständen die Geldmenge, was inflationäre Tendenzen zur Folge hat und so einen generellen Preisanstieg bewirkt. Die Preissteigerung führt zu einem Rückgang der Exportgüternachfrage. Gleichzeitig werden die heimischen Konsumenten verstärkt auf die - relativ gesehen - preiswerteren Produkte aus dem Ausland zurückgreifen, sodass die Importe zunehmen. In einem Defizitland (EX - IM < 0) stellt sich die entgegengesetzte Preisentwicklung ein, sodass dort die Exportgüternachfrage steigt und die Importgüternachfrage sinkt. Neben diesen beiden zentralen Anpassungsmechanismen gibt es noch Wirkungszusammenhänge, die über die Kapitalbilanz auf einen Leistungsbilanzausgleich hinwirken. Wie in Gleichung (4.8) gezeigt, geht ein Leistungsbilanzüberschuss mit einem Nettokapitalexport einher. Im Defizitland bewirkt die Erhöhung des Kapitalangebots tendenziell einen Zinsbzw. Renditerückgang. Im Überschussland bewirkt der Kapitalabfluss einen Rückgang des Kapitalangebots und damit tendenziell einen Zinsbzw. Renditeanstieg. Damit wird es für die Kapitalbesitzer im Überschussland immer unattraktiver, ihr Geld zur Finanzierung des ausländischen Leistungsbilanzdefizits zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Zuge einer steigenden Auslandsverschuldung des Defizitlands dessen Bonität abnimmt. Ohne die Kredite aus dem Ausland wird es für das Defizitland zunehmend schwieriger, den Importüberschuss zu finanzieren. Das Defizitland müsste daher höhere Zinsen bieten, um die erforderlichen Kredite zu erhalten. Dies aber verteuert ein »Leben über die Verhältnisse« und baut so das Leistungsdefizit tendenziell ab. Ursachen dauerhafter Leistungsbilanzungleichgewichte 99 fit-lernhilfen.de Wenn sowohl im Fall flexibler als auch fester Wechselkurse theoretisch ein automatischer Ausgleich von Exporten und Importen zu erwarten ist, stellt sich die Frage, wie es in der Realität zu dauerhaften Leistungsbilanzüberschüssen und -defiziten kommen kann. UUrsachen dauerhafter Leistungsbilanzungleichgewichte Bei dieser Ursachenanalyse ist zunächst auf die Bestimmungsgründe des internationalen Handels einzugehen. Grundsätzlich exportieren Länder die Güter, bei denen sie produktionstechnische oder ausstattungsbedingte Standort- und damit Preisvorteile besitzen. Derartige Preisvorteile ergeben sich, wenn ein Land einen technologischen Vorsprung hat, der zu einer hohen Produktivität führt, oder wenn das Land von einem Produktionsfaktor sehr viele Einheiten besitzt, sodass dieser Faktor relativ preiswert ist, oder wenn die Nachfrage nach einem bestimmten Gut in dem Land selbst sehr gering ist, sodass sich nachfrageseitig ein geringer Preis für dieses Gut einstellt (siehe Etappe 1). Werden diese Ursachen für die Aufnahme von internationalen Handelsbeziehungen mit den weiter oben skizzierten makroökonomischen Zusammenhängen kombiniert, ergeben sich für das Entstehen von Leistungsbilanzungleichgewichten folgende Voraussetzungen: Ein Land weist einen Exportüberschuss auf, wenn das Land produktionstechnologisch bedingt bei bestimmten Gütern einen Preisvorteil hat, der einen Export ermöglicht, und wenn dieser Produktivitätsvorsprung nicht durch entsprechende Steigerungen bei den Faktorpreisen kompensiert wird, es also z. B. zu einer Lohnzurückhaltung kommt und die Lohnsteigerung hinter der Produktivitätsentwicklung zurückbleibt, und wenn die Nachfrage nach diesen Gütern im Inland nicht so hoch ist, dass sich im Inland ein Nachfrageüberhang einstellt, der zu Preissteigerungen führt (d. h. der Konsumverzicht muss hinreichend groß sein), 100 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de und wenn das Land über genügend Produktionsfaktoren verfügt, um den Exportüberschuss zu produzieren (d. h. die Produktionskapazitäten müssen hinreichend groß sein), und wenn das Land bereit ist, den Defizitländern Kredite zur Finanzierung von deren Leistungsbilanzdefiziten einzuräumen, und wenn das Land schließlich Handelspartner findet, die bereit sind, mehr zu importieren als zu exportieren und sich dafür im Ausland zu verschulden sowie die weiter oben genannten zusätzlichen negativen Folgen eines Importüberschusses zu tragen. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann es überhaupt zu einem Leistungsbilanzüberschuss kommen. Dauerhaft kann der Leistungsbilanzüberschuss dann nur sein, wenn die genannten Ausgleichsmechanismen nicht wirksam werden können. Zudem ist an den in Gleichung (4.8) beschriebenen definitorischen Zusammenhang zwischen dem Leistungsbilanzsaldo und dem Kapitalbilanzsaldo zu erinnern. Saldenmechanisch entspricht ein Leistungsbilanzüberschuss (EX IM) einem Nettokapitalexport (K EX K IM ). Dieser definitorische Zusammenhang sagt jedoch nichts über Kausalitäten aus. Es ist also nicht klar, ob beispielsweise ein Leistungsbilanzüberschuss die Ursache für einen Nettokapitalexport ist oder ob nicht umgekehrt ein Nettokapitalexport die Ursache für einen Leistungsbilanzüberschuss ist. Die skizzierten Leistungsbilanzausgleichsmechanismen gehen implizit davon aus, dass der Leistungsbilanzsaldo ursächlich für den Kapitalbilanzsaldo ist. Wenn dann im Fall eines Leistungsbilanzüberschusses eine Aufwertung der heimischen Währung die Exporte verteuert und somit reduziert und zudem die Importe verbilligt und damit erhöht, kommt es infolge der Aufwertung zu einem Leistungsbilanzausgleich. Die Kapitalbilanz folgt dieser Entwicklung und wird somit ebenfalls ausgeglichen. Denkbar ist aber auch, dass der Kapitalbilanzsaldo die Ursache des Leistungsbilanzsaldos ist. Diese Kausalität lässt sich beispielsweise damit erklären, dass es im Inland zu wenige attraktive Investitionsmöglichkeiten gibt bzw. dass die Rendite im Ausland größer ist als im Inland. Das Inland exportiert daher sein Kapital ins Ausland und weist somit einen Nettokapitalexport (K EX K IM ) auf. Der Bewertung von Leistungsbilanzungleichgewichten 101 fit-lernhilfen.de Abfluss von Kapital hat dann zur Folge, dass die Investitionen im Inland sinken. Damit geht das Wirtschaftswachstum zurück. Die geringe Investitionstätigkeit hat zur Folge, dass zu wenige Arbeitsplätze im Überschussland entstehen. Das erlahmende Wirtschaftswachstum führt zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, der die Kaufkraft bzw. Binnennachfrage schwächt. Zudem bewirkt die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust einen Anstieg des Angstsparens, was den Konsum im Überschussland weiter schwächt. Eine sinkende Binnennachfrage bedeutet einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse (siehe Gleichung (4.4)), und dies führt nach Gleichung (4.5) zu einem Exportüberschuss (EX IM). Wenn es in dieser wirtschaftlichen Situation zu einer Aufwertung der heimischen Währung kommt und diese nichts an dem Nettokapitalexport ändert, bleibt auch der Exportüberschuss bestehen. Die Aufwertung der heimischen Währung kann daher keinen Leistungsbilanzausgleich herbeiführen. Zudem könnte es in dieser Situation auch zu einer Abwertung der heimischen Währung kommen. Diese würde aus den Kapitalströmen resultieren: Wenn ein Land netto Kapital ins Ausland exportiert und dort Aktien, Wertpapiere etc. nachfragt, erhöht dies die Nachfrage nach ausländischen Devisen. Gleichzeitigt geht die Nachfrage nach der heimischen Währung auf den Devisenmärkten zurück. Beides hat eine Abwertung der heimischen Währung zur Folge. Diese Abwertung verbilligt die Produkte des Inlands auf dem Weltmarkt und steigert so die Exporte. Der Exportüberschuss des Inlands vergrößert sich damit, sodass die Wechselkursänderung wiederum keinen Leistungsbilanzausgleich herbeiführen kann. BBewertung von Leistungsbilanzungleichgewichten Die eingangs gestellte Frage, wie Leistungsbilanzungleichgewichte zu bewerten sind, lässt sich nach den bisherigen Überlegungen wie folgt beantworten: Zunächst einmal sind Leistungsbilanzüberschüsse oder -defizite per se weder gut noch schlecht. Leistungsbilanzungleichgewichte sind das Resultat autonomer ökonomischer Ent- 102 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de scheidungen von Konsumenten und Produzenten und spiegeln somit deren Präferenzen wider. Wenn ein Land mit hohen Produktionskapazitäten und Preisvorteilen einen Exportüberschuss erwirtschaften kann und die Konsumenten bereit sind, unter ihren Verhältnissen zu leben und stattdessen lieber Vermögen gegenüber dem Ausland aufbauen wollen, ist ein Leistungsbilanzüberschuss nicht zu verurteilen. Gleiches gilt für ein Land, das temporär über seinen Verhältnissen leben möchte und dafür bereit ist, in der Zukunft die »Zeche« zu zahlen (in Form von Zinszahlungen und der Tilgung der Kredite). Beide Situationen sind zudem unschädlich, wenn die beschriebenen Ausgleichsmechanismen wirksam werden, d. h. wenn Wechselkurs-, Preis- und Zinsanpassungen dazu führen, dass Leistungsbilanzungleichgewichte im Zeitablauf wieder abgebaut werden. Problematisch wird es jedoch, wenn die Leistungsbilanzungleichgewichte nicht das Ergebnis freier individueller Entscheidungen sind und wenn zudem die Ausgleichsmechanismen blockiert werden, sodass ein automatischer Leistungsbilanzausgleich verhindert wird. Beispiele für derartige Fälle sind: Ein Eingriff in die freie Preisbildung bei Gütern und Dienstleistungen, der die Exportgüter verbilligt. Ein Eingriff in die freie Preisbildung bei den Produktionsfaktoren, der die Produktionskosten verringert und so einen internationalen Wettbewerbsvorteil generiert. Eine staatliche Subventionierung der Exportgüterindustrie, die ebenfalls eine Wettbewerbsverzerrung darstellt. Importbeschränkungen durch Zölle oder nicht-tarifäre Handelshemmnisse, die das Volumen der Importe verringern und so einen Exportüberschuss hervorrufen. Ein staatlich verordneter Konsumverzicht der heimischen Bevölkerung, der zu einer gesamtstaatlichen Ersparnisbildung führt, die nicht den Präferenzen der Konsumenten entspricht. Ein Außerkraftsetzen des Wechselkursmechanismus, also das Verhindern einer Aufwertung der heimischen Währung im Fall eines Exportüberschusses bzw. das Verhindern einer Abwertung Fazit 103 fit-lernhilfen.de im Fall eines Importüberschusses durch Devisenmarktinterventionen. Ein Außerkraftsetzen des Preismechanismus durch Eingriffe in die freie Preisbildung in Form von Höchstpreisen, Subventionen, Zöllen etc. Ein Außerkraftsetzen des Zinsmechanismus durch eine entsprechende Geldpolitik oder durch Zinssubventionen. Für derartige Maßnahmen gibt es aus Sicht der einzelnen Volkswirtschaften handfeste ökonomische Gründe. Vor allem der Abbau der Arbeitslosigkeit dürfte ein treibendes Motiv für Überschussländer sein, an ihren Leistungsbilanzüberschüssen festzuhalten. Angesichts der genannten Folgewirkungen für die Defizitländer, deren möglichen Gegenmaßnahmen und den damit verbundenen globalen Folgewirkungen (Protektionismus) sind dauerhafte Leistungsbilanzüberschüsse - ebenso wie die damit verbundenen Leistungsbilanzdefizite - nicht einmal im langfristigen Interesse der Überschussländer. FFazit Problematisch an den globalen Leistungsbilanzungleichgewichten sind weniger die Leistungsbilanzüberschüsse als die Leistungsbilanzdefizite. Dauerhafte Leistungsbilanzdefizite haben in den Defizitländern einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Verschuldung gegenüber dem Ausland zur Folge. Die steigende Auslandsverschuldung führt früher oder später zu einem Bonitätsverlust, der dann eine abrupte Reduzierung der Binnennachfrage verlangt, weil die Importüberschüsse nicht mehr finanziert werden können. Dies geht mit drastischen Abwertungen der Währungen von Defizitländern einher und schmälert so den Wert der Auslandsforderungen der Überschussländer. Über die abwertungsbedingten Vermögensverluste werden Leistungsbilanzungleichgewichte auch für die Überschussländer zu einem gravierenden Problem. Die notwendige Reduzierung der weltweiten Leistungsbilanzüberschüsse und defizite wird damit zu einer Herausforderung, die sowohl die Defizitals auch die Überschussländer betrifft. Ansatzpunkte dafür sind 104 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de alle Faktoren, die für das Entstehen und die Aufrechterhaltung von Leistungsbilanzungleichheiten verantwortlich sind. Stellschrauben für Defizitländer sind beispielsweise eine Erhöhung der Produktivität, eine Reduzierung der Produktionskosten (z. B. durch Lohnzurückhaltung), eine Reduzierung der Staatsausgaben (restriktive Fiskalpolitik) und damit zugleich eine Verringerung des Staatsdefizits, Steuererhöhungen zum Abbau des Staatsdefizits, eine Senkung der Konsumnachfrage (z. B. durch Steuererhöhungen, die das verfügbare Einkommen der Konsumenten verringern, oder durch eine stärkere Besteuerung des Konsums) und damit eine Steigerung der Sparquote sowie die Akzeptanz einer Abwertung der heimischen Währung. Denkbar sind auch marktverzerrende Maßnahmen wie Exportsubventionen oder eine Beschränkung der Importe durch tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Maßnahmen zum Abbau eines Leistungsbilanzdefizits eventuell gegen andere wirtschaftspolitische Ziele verstoßen können. Eine Senkung der Konsumnachfrage kann ebenso wie eine Reduzierung der Staatsausgaben nachteilige Folgen für den Arbeitsmarkt haben. Die Abwertung der heimischen Währung erhöht den Wert der Schulden gegenüber dem Ausland, wenn sich das Defizitland nicht in der heimischen Währung, sondern in der Währung des Auslands verschulden muss. Zudem verteuert eine Abwertung die aus dem Ausland importierten Vorprodukte, was sich über steigende Produktionskosten negativ auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Stellschrauben für Überschussländer sind beispielsweise attraktivere Rahmenbedingungen für Investitionen, um so die Ersparnisse im Inland zu halten, eine Stärkung der Binnennachfrage (z. B. durch eine Senkung der Konsumsteuern und eine Steigerung der Haushaltsnettoeinkommen), eine Steigerung der staatlichen Nachfrage nach heimischen Produkten sowie die Akzeptanz einer Aufwertung der heimischen Währung. Denkbar sind zudem marktverzerrende Maßnahmen wie Kapitalverkehrskontrollen, die einen Kapitalexport erschweren, oder Importsubventionen. Auch hier können einzelne Maßnahmen, die dem Abbau des Leistungsbilanzüberschusses dienen, negative Fazit 105 fit-lernhilfen.de Auswirkungen auf andere makroökonomische Größen haben. Die Stärkung der Binnennachfrage durch eine größere Staatsnachfrage oder durch Steuersenkungen zur Erhöhung der Haushaltsnettoeinkommen wirkt sich negativ auf den Staatshaushalt aus und erhöht so die Staatsverschuldung. Die Aufwertung der heimischen Währung schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit und kann damit Arbeitsplätze in exportorientierten Branchen gefährden, was zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führt. In jedem Fall ist ein Abbau der Leistungsbilanzdefizite nur möglich, wenn die Überschussländer (vor allem China, Deutschland und Japan) bereit sind, ihre Importe zu steigern. Dies setzt gleichzeitig voraus, dass die Überschussländer ihre Binnennachfrage steigern und den Abbau der Arbeitslosigkeit nicht nur über eine exportorientierte Wirtschaftspolitik erreichen. Damit aber müssen die Überschussländer bereit sein, nationalökonomische Interessen zurückzustellen und stärker eine globalökonomische Verantwortung zu übernehmen. Ob die Überschussländer dazu bereit sind, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt bezweifelt werden. 106 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de ZZwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 4.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Welche ökonomischen Transaktionen werden nicht in der Leistungsbilanz erfasst? [2 Fit-Punkte] Exporte und Importe von Sachgütern und Dienstleistungen. Erwerb von ausländischen Wertpapieren. Vermögenseinkommen, die im Ausland erzielt werden. Eine Volkswirtschaft bildet Ersparnisse, wenn … [3 Fit-Punkte] der Staat weniger Geld ausgibt als er einnimmt. die Investitionen der Unternehmen geringer sind als die Unternehmensgewinne. die Konsumausgaben plus Steuern geringer sind als das Inlandsprodukt. Eine Volkswirtschaft lebt unter ihren Verhältnissen, wenn das Land … Zwischenstand: Fragen und Antworten 107 fit-lernhilfen.de [2 Fit-Punkte] ein Staatsdefizit hat. einen Exportüberschuss aufweist. einen Importüberschuss aufweist. Eine Volkswirtschaft baut gegenüber dem Rest der Welt Vermögen auf, wenn das Land … [2 Fit-Punkte] einen staatlichen Finanzierungsüberschuss hat. einen Exportüberschuss aufweist. einen Nettokapitalimport aufweist. Ein Leistungsbilanzdefizit führt tendenziell zu einem … [1 Fit-Punkt] Anstieg der Arbeitslosigkeit im Inland. Rückgang der Arbeitslosigkeit im Inland. Ein Leistungsbilanzdefizit führt tendenziell zu einem … [1 Fit-Punkt] Anstieg der Verschuldung gegenüber dem Ausland. Rückgang der Verschuldung gegenüber dem Ausland. Ein Leistungsbilanzüberschuss führt tendenziell zu einem … [2 Fit-Punkte] Anstieg des inländischen Preisniveaus (Inflation). Rückgang des inländischen Preisniveaus (Deflation). Ein Leistungsbilanzüberschuss führt tendenziell zu einer … [2 Fit-Punkte] Aufwertung der heimischen Währung. 108 Etappe 4: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte fit-lernhilfen.de Abwertung der heimischen Währung. Was kann dazu führen, dass ein Land dauerhaft ein Leistungsbilanzdefizit aufweist? [2 Fit-Punkte] Eine Lohnzurückhaltung schwächt die Binnennachfrage. Der Staat gibt zu wenig Geld für Güter und Dienstleistungen aus. Eine Abwertung der heimischen Währung wird durch staatliche Eingriffe in den Devisenmarkt verhindert. Durch welche Maßnahme kann der Staat dazu beitragen, dass ein Leistungsbilanzüberschuss abgebaut wird? [3 Fit-Punkte] Durch eine Erhöhung der inländischen Geldmenge. Durch eine verstärkte Nachfrage der eigenen Währung auf den Devisenmärkten. Durch Maßnahmen zur Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Sparquote. Dein Punktestand Etappe 4 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? Feste oder flexible Wechselkurse? 110 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel werden die wichtigsten Argumente diskutiert, die für flexible und für feste Wechselkurse sprechen. Darüber hinaus wird gezeigt, welche Konsequenzen sich ergeben können, wenn Länder auf eine eigene Währung verzichten und sich stattdessen einer Gemeinschaftswährung wie beispielsweise dem Euro anschließen. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? flexibler Wechselkurs fester Wechselkurs internationale Wettbewerbsfähigkeit exogener Schock Inflationsimport Abwertungswettlauf Devisenmarktintervention Optimaler Währungsraum Faktormobilität Faktorpreisflexibilität Währungsunion Wofür benötige ich dieses Wissen? Dieses Kapitel verdeutlicht die Bedeutung flexibler Preise für einen möglichst reibungslosen Wirtschaftsablauf - hier am Beispiel des Preises für Devisen. Du verstehst, welche enorme Bedeutung ein flexibler Wechselkurs für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Ländern hat, deren Produktivitätsfortschritte geringer sind als im Rest der Welt. Das Verständnis der Rolle von flexiblen Wechselkursen für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes lässt dich dann auch erahnen, warum es zu Euro-Krise kommen konnte. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Die Diskussion der Vorteilhaftigkeit von flexiblen und von festen Wechselkursen ist eng verbunden mit den Vor- und Nachteilen einer Gemeinschaftswährung wie dem Euro. Wenn du dich für Fragen der europäischen Integration inte- Argumente für flexible Wechselkurse 111 fit-lernhilfen.de ressierst, solltest du dieses Kapitel besonders intensiv studieren. LLos geht’s! Im vorangehenden Kapitel ist in der Regel von einem flexiblen Wechselkurs ausgegangen worden. Daneben gibt es aber auch Wechselkurssysteme, bei denen der Wechselkurs gar nicht oder nur in bestimmten Grenzen schwanken darf. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile, die in diesem Kapitel erörtert werden. Zudem werden die Voraussetzungen untersucht, die erfüllt sein müssen, damit sich Länder zu einer Region mit einer einheitlichen Währung zusammenschließen können. Argumente für flexible Wechselkurse Bei einem flexiblen Wechselkurs bildet sich der Preis für eine Devise auf dem Devisenmarkt. Er ist dabei vollkommen flexibel, kann also beliebig steigen oder fallen. Hiermit sind einige ökonomische Vorteile verbunden. Zunächst einmal ist ein flexibler Wechselkurs in der Lage, produktionstechnologische Nachteile einer Volkswirtschaft auszugleichen und damit deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen. Angenommen wird dabei, dass die Produktion einer Tonne (t) Stahl in Deutschland 200,- Euro kostet und in Polen 400,- Zloty. Sofern der Wechselkurs 2,- Zloty für 1,- Euro bzw. 0,50 Euro für 1,- Zloty beträgt, sind sowohl der deutsche als auch der polnische Stahl wettbewerbsfähig, denn die Konsumenten in beiden Volkswirtschaften sind indifferent bezüglich der Wahl eines Anbieters. Beide Stahlanbieter sind folglich in beiden Ländern wettbewerbsfähig. 112 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Deutschland Polen 1 t Stahl 200,- Euro 400,- Zloty Ausgangslage: Produktionskosten für eine Tonne Stahl in Deutschland und Polen. Deutschland Polen 1 t Stahl 200,- Euro = 400,- Zloty 400,- Zloty = 200,- Euro Annahme: Wechselkurs beträgt 2,- Zloty für 1,- Euro bzw. 0,50 Euro für 1,- Zloty. Nun wird unterstellt, dass es in beiden Volkswirtschaften zu Produktivitätsfortschritten in der Stahlproduktion kommt. Annahmegemäß reduziert der Produktivitätsfortschritt in Deutschland die Produktionskosten einer Tonne Stahl von 200,- Euro auf 100,- Euro. In Polen sinken die Produktionskosten von 400,- Zloty auf 300,- Zloty. Der Umstand, dass die Produktionskosten in Deutschland um 50 Prozent sinken, in Polen jedoch nur um 25 Prozent, hat zur Folge, dass bei einem unveränderten Wechselkurs nur noch der Stahl aus Deutschland wettbewerbsfähig ist. Deutschland Polen 1 t Stahl 100,- Euro = 200,- Zloty 300,- Zloty = 150,- Euro Annahme: Wechselkurs unverändert 2,- Zloty für 1,- Euro bzw. 0,50 Euro für 1,- Zloty. Um die Stahlproduzenten aus Polen wieder wettbewerbsfähig zu machen, müsste es zu einer Abwertung des Zloty kommen. Not- Argumente für flexible Wechselkurse 113 fit-lernhilfen.de wendig wäre eine Anpassung des Wechselkurses auf 3,- Zloty für 1,- Euro bzw. 0,33 Euro für 1,- Zloty. Deutschland Polen 1 t Stahl 100,- Euro = 300,- Zloty 300,- Zloty = 100,- Euro Annahme: Wechselkurs beträgt 3,- Zloty für 1,- Euro bzw. 0,33 Euro für 1,- Zloty. Wenn Volkswirtschaften unterschiedliche Kostenstrukturen bzw. unterschiedliche Produktivitätsentwicklungen haben, ist ein flexibler Wechselkurs ein Instrument zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit auch zur Sicherung der Beschäftigung. Wenn es hingegen zwischen den Volkswirtschaften einen festen Wechselkurs gibt, resultieren daraus für die Volkswirtschaft mit der ungünstigeren Produktionstechnologie bzw. mit geringeren Produktivitätszuwächsen Absatz- und Beschäftigungsprobleme. Generell hat ein flexibler Wechselkurs die Aufgabe, die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft auch im Fall ungünstiger Rahmenbedingungen (geringe Produktivitätszuwächse, geringes technisches Niveau, hohe Lohn- oder Zinssteigerungen) zu sichern. Ein flexibler Wechselkurs hat darüber hinaus den Vorteil, dass er eine Anpassung an einen exogenen Schock ermöglicht. Ein Beispiel für einen exogenen Schock ist eine abrupte Nachfrageverschiebung. Europäische Konsumenten könnten z. B. ihr Nachfrageverhalten abrupt dahingehend ändern, dass sie ihre Nachfrage von deutschen Rotweinen auf französische Rotweine umstellen. Dies hätte ceteris paribus einen Produktionsrückgang und damit Arbeitslosigkeit in der deutschen Rotweinindustrie zur Folge. Wenn jedoch durch einen flexiblen Wechselkurs der deutsche Rotwein im Rest von Europa billiger wird, kann das die Nachfrage nach deutschem Rotwein wieder erhöhen und den Beschäftigungsrückgang abbremsen oder sogar ganz verhindern. 114 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Auch Wirtschaftseinbrüche im Ausland können durch einen flexiblen Wechselkurs abgefedert werden. Wenn beispielsweise in den USA ein Konjunktureinbruch stattfindet, sinken in den USA die Einkommen und damit die Nachfrage nach amerikanischen und ausländischen Produkten. Für Deutschland hat der Konjunktureinbruch in den USA somit einen Rückgang der Exporte zur Folge. Der Rückgang der Exportnachfrage nach deutschen Produkten kann durch eine Abwertung des Euros abgefedert werden, weil diese Abwertung die deutschen Produkte im Ausland verbilligt. Mit einem flexiblen Wechselkurs kann zudem ein Inflationsimport aus dem Ausland verhindert oder zumindest abgefedert werden. Wenn im Ausland eine hohe Inflationsrate herrscht, die Preise also stark ansteigen, würde dies bei einem unveränderten Wechselkurs auch im Inland die Preise und das Preisniveau erhöhen. Nehmen wir beispielsweise an, dass eine Tonne amerikanischer Mais 50 US- Dollar kostet. Bei einem Wechselkurs von 1 US-Dollar pro 1 Euro kostet der Mais in Deutschland 50 Euro. Wenn der Maispreis in den USA auf 100 US-Dollar ansteigt, steigt der Preis in Deutschland bei einem festen Wechselkurs auf 100 Euro. Dies erhöht die Preise für Konsumenten in Deutschland. Deren Kaufkraft geht zurück, sodass sie weniger Güter nachfragen. Dieser Nachfragerückgang hat eine Verringerung der Produktion zur Folge, sodass auch die Beschäftigung sinkt bzw. die Arbeitslosigkeit steigt. Zudem erhöhen sich die Preise der Vorprodukte der Unternehmen, die Mais als Input nutzen, sodass deren Produktionskosten steigen und deren Wettbewerbsfähigkeit somit zurückgeht. Im Fall flexibler Wechselkurse lassen sich der Inflationsimport und die damit verbundenen negativen realwirtschaftlichen Folgewirkungen (Nachfragerückgang, Produktionsrückgang, Rückgang der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, Anstieg der Arbeitslosigkeit) abfedern. Eine hohe Inflationsrate stellt sich in der Regel ein, wenn die Zentralbank des betreffenden Landes die Geldmenge erhöht. Sollte der Anstieg des Maispreises auf einem generellen Anstieg der amerikanischen Inflationsrate basieren, wäre eine Erhöhung der amerikanischen Geldmenge durch die amerikanische Zentralbank die Ursache der hohen Inflationsrate in den USA: Wenn die amerikanische Notenbank die Menge an US-Dollar erhöht, gibt es viele Argumente für feste Wechselkurse 115 fit-lernhilfen.de US-Dollar auf den Devisenmärkten, sodass auch der Preis für einen US-Dollar gering ist. Sollte beispielsweise ein US-Dollar vor der Geldmengenerhöhung in den USA einen Euro kosten, aber nach der Geldmengenerhöhung samt der höheren Inflationsrate nur noch 0,50 Euro, so würde dies auch die Preise amerikanischer Produkte in Europa senken. Der amerikanische Mais mit einem Preis von 100 US-Dollar kostet bei diesem Wechselkurs nicht mehr 100 Euro, sondern nur noch 50 Euro, also genau so viel wie vor der Geldmengenerhöhung. Der flexible Wechselkurs schirmt folglich ein Land gegen die Inflation im Ausland ab. Flexible Wechselkurse haben schließlich noch den Vorteil, dass die Flexibilität des Wechselkurses zu einem automatischen bzw. zu einem tendenziellen Ausgleich der Leistungsbilanz führt. Wie in Etappe 4 gezeigt, stellt sich im Fall eines Leistungsbilanzdefizits eine Abwertung der heimischen Währung ein. Diese verbilligt die Güter des Landes auf dem Weltmarkt und erhöht so die Exporte des Landes, was wiederum das Leistungsbilanzdefizit des Landes verringert und im Idealfall komplett abbaut. Dieser Leistungsbilanzausgleich ist angesichts der in Etappe 4 („Herausforderungen für Defizitländer, Überschussländer und die Welt“) skizzierten Probleme, die sich aus globalen Leistungsbilanzungleichgewichten ergeben können, wünschenswert. AArgumente für feste Wechselkurse Das Gegenteil von flexiblen Wechselkursen sind feste Wechselkurse oder eine Einheitswährung wie der Euro (eine Währung für ganz Europa wirkt so wie ein unwiderruflich fester Wechselkurs zwischen den Währungen der beteiligten Volkswirtschaften). Im Fall eines festen Wechselkurses wird der Preis für eine Devise auf einen bestimmten Wert fixiert und dann nicht mehr verändert. Wenn flexible Wechselkurse ökonomische Vorteile haben, stellt sich die Frage, warum es feste Wechselkurse geben sollte bzw. warum Europa mit der Einführung des Euros auf die Vorteile von flexiblen Wechselkursen verzichtet hat. 116 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Zunächst einmal schaffen feste Wechselkurse eine sicherere Kalkulationsbasis für Unternehmen, die Produkte ins Ausland verkaufen und/ oder Vorprodukte aus dem Ausland beziehen. Im Fall von flexiblen Wechselkursen sind Unternehmen Wechselkursschwankungen ausgesetzt. Sie müssen sich daher gegen Wechselkursschwankungen absichern. Dies verursacht wiederum Kosten, die u. a. zu Lasten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit gehen. Außerdem führen Wechselkursschwankungen dazu, dass die Kalkulationsgrundlagen der Unternehmen unsicher sind. Dies wirkt sich negativ auf die Bereitschaft aus, für den Außenhandel zu produzieren. Damit aber wird der internationale Handel behindert, sodass nicht alle Vorteile aus der internationalen Arbeitsteilung realisiert werden können. Speziell mit Blick auf eine Einheitswährung wie den Euro ergeben sich Vorteile in Form entfallender Transaktionskosten. Im Fall von mehreren Währungen - beispielsweise in Europa - müssen Importeure bzw. Exporteure diese Währungen umtauschen. Dieser Umtausch ist mit Transaktionskosten verbunden, was vor allem die Ressourcen der Banken betrifft. Diese Ressourcen können jedoch für sinnvolle ökonomische Aktivitäten verwendet werden. Außerdem erhöhen die Kosten eines Umtauschs von Währungen die Produktionskosten der Unternehmen und schmälern damit deren internationale Wettbewerbsfähigkeit. Mit einer Einheitswährung wie dem Euro lassen sich diese Kosten einsparen. Eine Einheitswährung erhöht zudem die Transparenz auf Gütermärkten. Im Fall von zwei Währungen (z. B. DM und Franc) können Anbieter für identische Produkte in den beiden Ländern Preisunterschiede fordern, die nicht durch Transportkosten gerechtfertigt sind. Die Konsumenten nehmen diese Preisunterschiede nicht oder nur schwer wahr. Im Fall einer Währung (Euro) werden diese Preisunterschiede sofort sichtbar. Damit steigt der Wettbewerbsdruck für die Anbieter, die Anbieter können nicht mehr ungerechtfertige Preisaufschläge durchsetzen, die zu Lasten der Konsumenten gehen. Der steigende Wettbewerbsdruck führt zudem dazu, dass produktionsbedingte Kostenbzw. Preisunterschiede sofort sichtbar werden, sodass der Druck zur Kostensenkung größer wird. Davon profitieren wiederum die Konsumenten, die ihre Produkte nun zu sinkenden Preisen erwerben können. Argumente für feste Wechselkurse 117 fit-lernhilfen.de Mit einem System fester Wechselkurse lassen sich darüber hinaus Abwertungswettläufe verhindern. Wenn ein Land die heimische Währung abwertet, z. B. durch eine Erhöhung der Geldmenge und die damit verbundene Zinssenkung sowie einer tendenziell steigenden Inflationsrate (Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses), verbessert dies die Exportchancen der heimischen Unternehmen. Über die Erhöhung der Exporte lässt sich die heimische Beschäftigung erhöhen. Die Beschäftigungszunahme führt zu einer Steigerung der Einkommen, erhöht damit die Konsumnachfrage und bewirkt so eine Produktionssteigerung im Inland. Die Produktionssteigerung wirkt sich wiederum positiv auf die Beschäftigung aus und stößt so einen Wachstumsprozess an, der sich positiv auf die materielle Wohlfahrt auswirkt und die Arbeitslosigkeit mit allen ihren negativen sozialen Folgewirkungen reduziert. Wenn jedoch die Abwertung der Währung des Landes A die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dieses Landes erhöht, gehen die damit verbundenen Exportsteigerungen zu Lasten der Länder, deren Währung im Verhältnis zur Währung des Landes A aufgewertet werden. Damit haben diese Länder ihrerseits einen Anreiz, ihre Währung durch eine expansive Geldpolitik und Zinssenkungen abzuwerten. Sofern Land A seine Exporte durch eine Unterbewertung der eigenen Währung erhöhen will, muss es durch zusätzliche wirtschaftspolitische Maßnahmen seine Währung erneut abwerten, worauf dann wieder die anderen Länder reagieren. Im Ergebnis bleiben die Wechselkurse der beteiligten Länder mehr oder weniger unverändert. Dafür aber ist in den beteiligten Volkswirtschaften die Geldmenge gestiegen, woraus sich Inflationsgefahren ergeben. In einem System fester Wechselkurse sind diese Entwicklungen nicht möglich. Schließlich wurde am Ende von Etappe 2 gezeigt, dass es auf Devisenmärkten zu Spekulationsblasen kommen kann. Das Platzen einer derartigen Blase hat gravierende realwirtschaftliche Konsequenzen. Hierzu gehören unter anderem: Vermögensverluste bei Banken, Unternehmen, Investoren und Sparern, die Wertverluste bei den von ihnen gehaltenen Devisen hinnehmen müssen. Diese Vermögensverluste haben wiederum 118 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de negative Auswirkungen auf das Nachfrageverhalten der Konsumenten und das Investitionsverhalten der Unternehmen. Vermögensverluste bei Banken gehen zu Lasten des Eigenkapitals der Banken. Dies reduziert die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken, woraus sich ein Zinsanstieg ergibt. Die höheren Zinsen reduzieren die Investitionen in der Volkswirtschaft. Geringere Investitionen führen in der Investitionsgüterindustrie zu Arbeitsplatzverlusten und Einkommensverlusten. Das geringere Einkommen reduziert die Konsumnachfrage, also auch die Produktion in der Konsumgüterindustrie. Damit kommt es in der Konsumgüterindustrie zu Arbeitsplatzverlusten, woraus ein gesamtwirtschaftlicher Abschwung resultiert, der die materielle Wohlfahrt der Bürger schmälert. Zudem nimmt die Arbeitslosigkeit zu und mit ihr die damit verbundenen sozialen Folgekosten. Vermögensverluste bei Sparern reduzieren deren Konsummöglichkeiten. Damit kommt es zu einem Rückgang der Konsumnachfrage inklusive eines Produktionsrückgangs und eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit erhöht die Ausgaben des Staates für Arbeitslosengeld und Sozialtransfers. Gleichzeitig reduzieren der Produktionsrückgang und der Einkommensrückgang die Steuerbasis des Staates. Ein Anstieg der Staatsausgaben führt in Kombination mit einem Rückgang der Staatseinnahmen zu einem Anstieg der Staatsverschuldung. Damit geht die Handlungsfähigkeit des Staates zurück. Es stehen z. B. weniger Mittel für Zukunftsinvestitionen (Bildungsausgaben, Prävention im Gesundheitswesen, zukunftsträchtige Infrastrukturinvestitionen) zur Verfügung, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft langfristig beeinträchtigt. Darüber hinaus schwächt die steigende Staatsverschuldung die Nachfragemöglichkeiten des Staates. Wenn der Staat jedoch seine Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen einschränkt, hat dies einen generellen Nachfragerückgang zur Folge. Der Nachfragerückgang verringert wiederum die Produktion und damit auch die Beschäftigung. Argumente für feste Wechselkurse 119 fit-lernhilfen.de Im Ergebnis führen die Vermögensverluste, die aus dem Platzen einer Spekulationsblase resultieren, zu einem Wirtschaftsabschwung sowie einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Bei einem festen Wechselkurs sind derartige Wechselkursschwankungen definitionsgemäß ausgeschlossen. Damit verhindern feste Wechselkurse das Entstehen von spekulativen Blasen samt den negativen realwirtschaftlichen Folgen eines Platzens dieser Blase. Generell können Spekulationen und Kapitalströme zu Wechselkursänderungen führen, die dann wiederum gravierende Konsequenzen für die Handelsströme haben und zudem die Produktion sowie den Arbeitsmarkt beeinflussen. Im Fall fester Wechselkurse sind derartige Wechselkursänderungen ausgeschlossen, sodass auch die mit Wechselkursschwankungen verbundenen realwirtschaftlichen Konsequenzen ausbleiben. Im Ergebnis haben somit sowohl flexible als auch feste Wechselkurse positive und negative Folgewirkungen. In der nachfolgenden Übersicht werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Wechselkurssysteme stichwortartig dargestellt (siehe Tabelle 5.1.). Vor- und Nachteile von flexiblen Wechselkursen Vorteile Nachteile Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft im Fall ungünstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen Anpassung an exogene Schocks, z. B. einem Wirtschaftseinbruch im Ausland Verhinderung eines Inflationsimports aus dem Ausland Tendenzieller Abbau von Leistungsbilanzungleichgewichten Unsichere Kalkulationsbasis für international agierende Unternehmen Kosten zur Absicherung gegen Wechselkursschwankungen Gefahr von Abwertungswettläufen Gefahr von Devisenspekulationen mit Spekulationsblasen 120 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Vor- und Nachteile von festen Wechselkursen Vorteile Nachteile Sicherere Kalkulationsbasis für Unternehmen Verhinderung von Wechselkursabsicherungskosten und Transaktionskosten Verhinderung von Abwertungswettläufen Verhinderung von Spekulationsblasen auf Devisenmärkten Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Übertragung von Wirtschaftsabschwüngen aus dem Ausland Gefahr eines Inflationsimports aus dem Ausland Dauerhafter Bestand von Leistungsbilanzungleichgewichten Gefahr abrupter Wechselkursanpassungen bei dauerhaft divergierenden Wechselkursentwicklungen Tab. 5.1: Vor- und Nachteile von flexiblen und festen Wechselkursen SStabilisierung des Wechselkurses Bei der Diskussion der Vor- und Nachteile eines festen Wechselkurses wurde implizit unterstellt, dass es einer Volkswirtschaft gelingt, einen bestimmten, politisch gewollten Wechselkurs dauerhaft aufrechtzuerhalten. Da Devisen auf Märkten gehandelt werden, kommt es im Fall von Nachfrage- oder Angebotsveränderungen auch zu einer Veränderung des Wechselkurses. Um den Wechselkurs dennoch auf dem fixierten Niveau zu halten, sind daher Devisenmarktinterventionen erforderlich. Exemplarisch lässt sich dies am hypothetischen Fall eines festen Wechselkurses zwischen dem US-Dollar und dem Euro verdeutlichen. Angenommen wird, dass die USA einen bestimmten Wechselkurs wünschen (e fix ) und dass sich dieser Wechselkurs auch tatsächlich auf dem Devisenmarkt einstellt (siehe Abbildung 5.1). Stabilisierung des Wechselkurses 121 fit-lernhilfen.de Abb. 5.1: Aufwertungsdruck des US-Dollars bei einem festen Wechselkurs (e fix ) und einer Zunahme der Dollarnachfrage Unterstellt wird nun, dass die Nachfrage nach US-Dollar steigt. Eine mögliche Erklärung hierfür wären steigende Gewinne der Unternehmen in den USA. Dies erhöht die Rendite einer Investition in den USA. Damit wird es für Europäer attraktiver, ihr Geld in den USA anzulegen. Dies erhöht die Nachfrage nach US-Dollar, was zu einem Anstieg des Preises für einen US-Dollar führt, also zu einer Aufwertung des US-Dollars und einer Euroabwertung. In dieser Situation kann der ursprünglich anvisierte Wechselkurs e fix nur erreicht werden, wenn die USA entweder das Dollarangebot erhöhen oder die Dollarnachfrage reduzieren bzw. die Euronachfrage steigern oder das Euroangebot reduzieren. Hierfür bieten sich verschiedene Maßnahmen an: Ein einfaches Vorgehen besteht aus der Erhöhung des Dollarangebots. Hierzu muss die US-amerikanische Notenbank die Geldmenge erhöhen. Die Erhöhung der Geldmenge lässt sich jedoch nicht ohne nachteilige Folgewirkungen durchführen. Die Erhöhung der Geldmenge führt mittelfristig zu einer Erhöhung der Inflationsrate. Eine hohe bzw. steigende Inflationsrate hat jedoch gravierende Nachteile: Wert- und Kaufkraftverlust des Geldes, $-Angebot = EX + K IM $-Nachfrage = IM + K EX $-Menge e 1 e fix $ 0 $ 1 e [€/ $] 122 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Flucht der Sparer in Immobilien (in das so genannte »Betongold«), damit einhergehend ein Rückgang des Geldsparens, was sich negativ auf das Kreditangebot auswirkt, die Investitionen reduziert und so einen wirtschaftlichen Abschwung einleitet. Das Spiegelbild eines höheren Dollarangebots ist eine Steigerung der Euronachfrage. Eine höhere Euronachfrage führt zu einer Euroaufwertung, die wiederum einer Dollarabwertung entspricht. Eine höhere Euronachfrage durch die US-amerikanische Notenbank läuft jedoch letztendlich auf eine Erhöhung des Dollarangebots hinaus, denn die höhere Euronachfrage muss von den USA durch die Hergabe von US-Dollars finanziert werden. Denkbar ist dann noch eine Reduzierung der Dollarnachfrage. Eine geringere Dollarnachfrage lässt sich z. B. dadurch erreichen, dass die Anreize für eine Investition in den USA verringert werden. Eine Maßnahme dafür besteht aus einer Zinssenkung in den USA, weil dies die Kapitalimporte in die USA reduziert. Eine Zinssenkung setzt jedoch eine Geldmengenerhöhung voraus. Diese führt tendenziell zu einer höheren Inflationsrate in der Zukunft. Sowohl über die Kaufkraftparitätentheorie als auch über die Zinsparitätentheorie führt die Geldmengenerhöhung daher zu einer Abwertungserwartung bezüglich des Dollars. Diese Erwartungshaltung reduziert den Anreiz ausländischer Investoren, ihr Geld in den USA zu investieren. Damit geht die Dollarnachfrage zurück, sodass es zu einer Dollarabwertung kommt und sich der Wechselkurs somit wieder in Richtung des anvisierten Wechselkurses e fix bewegt. Da die Zinssenkung in letzter Instanz auf eine Geldmengenerhöhung hinausläuft, entspricht dieses Vorgehen im Wesentlichen einer Erhöhung des Dollarangebots. Die letzte mögliche Maßnahme, mit der eine Abwertung des US-Dollars bzw. eine Aufwertung des Euros erreicht werden kann - eine Reduzierung des Euroangebots -, ist eine Handlungsalternative, die sich dem Einflussbereich der amerikanischen Zentralbank weitgehend entzieht. Das Euroangebot wird primär von der europäischen Zentralbank gesteuert. Sofern diese Maßnahme zur Stabilisierung des Dollarkurses herangezogen Stabilisierung des Wechselkurses 123 fit-lernhilfen.de werden soll, ist sie nur unter Mithilfe der europäischen Zentralbank realisierbar. Im Ergebnis lässt sich die Aufwertung des US-Dollars also nur durch eine Erhöhung des Dollarangebots erreichen, wobei diese Dollar zum Kauf von Euro verwendet werden müssen. Die Stabilisierung des Wechselkurses durch die amerikanische Notenbank wird damit letztendlich durch eine Ausweitung der amerikanischen Geldmenge erreicht. Dies geht mittelbzw. langfristig jedoch zu Lasten der Geldwertstabilität in den USA - die Stabilisierung des Wechselkurses für die heimische Währung wird folglich durch zukünftig steigende Inflationsraten erkauft. Noch problematischer wird es, wenn ein fester Wechselkurs unter einen Abwertungsdruck gerät. Wenn die amerikanische Wirtschaft der Dollarabwertung bzw. der Euroaufwertung entgegenwirken will, muss sie entweder das Dollarangebot reduzieren oder die Dollarnachfrage erhöhen bzw. die Euronachfrage reduzieren oder das Euroangebot steigern. Am effektivsten ist eine Steigerung der Dollarnachfrage. Hierzu muss die amerikanische Notenbank Währungsreserven - also z. B. Euro - anbieten und dafür Dollar nachfragen. Die Steigerung der Dollarnachfrage geht folglich mit einer Steigerung des Euroangebots einher. Dieses Vorgehen lässt sich jedoch nicht endlos fortführen: Wenn die Währungsreserven der amerikanischen Notenbank aufgebraucht sind, kann sie ihre hohe Dollarnachfrage nicht mehr aufrechterhalten. Die amerikanische Notenbank kann der Dollarabwertung dann nicht mehr mit einer höheren Dollarnachfrage entgegenwirken. Eine weitere Maßnahme besteht aus der Reduzierung des Dollarangebots. Diese Maßnahme liegt zwar im Einflussbereich der amerikanischen Notenbank, sie hat jedoch negative Konsequenzen für die heimische Wirtschaftsentwicklung: Eine Verringerung des Dollarangebots verlangt eine Reduzierung der heimischen Geldmenge. Die restriktive Geldpolitik hat einen Zinsanstieg zur Folge. Dieser erhöht zwar die Dollarnachfrage, hat jedoch auch einen Rückgang der heimischen Investitionen zur Folge. Der Investitionsrückgang führt in der Investitionsgüterindustrie zu Arbeitsplatzverlusten und Einkommensverlusten. 124 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Dies verringert die Konsumnachfrage, also auch die Produktion in der Konsumgüterindustrie. Damit kommt es in der Konsumgüterindustrie zu Arbeitsplatzverlusten, woraus ein Wirtschaftsabschwung resultiert, der die materielle Wohlfahrt der Bürger schmälert. Zudem nimmt die Arbeitslosigkeit zu und mit ihr die damit verbundenen sozialen Folgekosten. Eine Aufwertung des US-Dollars bzw. eine Abwertung des Euros lässt sich schließlich noch durch eine Reduzierung der Euronachfrage erreichen. Die Euronachfrage orientiert sich primär an makroökonomischen Variablen wie dem Zinssatz oder dem Preisniveau bzw. der Inflationsrate in Europa. Da diese Variablen jedoch von der europäischen Wirtschaftspolitik determiniert werden, kann die Reduzierung der Euronachfrage zur Stabilisierung des US-Dollars kaum von der amerikanischen Notenbank gesteuert werden. Denkbar wäre jedoch eine Erhöhung der Zinsen in den USA. Damit würde eine Kapitalanlage in den USA attraktiver werden, sodass weniger europäische Wertpapiere nachgefragt werden. Dies würde dann auch die Euronachfrage reduzieren. Die Erhöhung der amerikanischen Zinsen geht jedoch einher mit einer Reduzierung des Dollarangebots. Zudem haben höhere Zinsen über den Investitionsrückgang und den wirtschaftlichen Abschwung negative realwirtschaftliche Konsequenzen. Die Stabilisierung des Dollarkurses würde folglich zu Lasten der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA gehen. Im Ergebnis ist jede Stabilisierung des Werts der heimischen Währung außerordentlich schwierig. Die Stabilisierung des Wechselkurses kann erhebliche negative wirtschaftliche Folgewirkungen haben - z. B. eine Inflationstendenz im Fall einer Geldmengenerhöhung zur Steigerung des Währungsangebots oder einen wirtschaftlichen Abschwung infolge einer Geldmengenreduzierung zur Verringerung des Währungsangebots. Auch eine Steigerung der Nachfrage nach der eigenen Währung ist keine dauerhafte Lösung, weil die dafür erforderlichen Währungsreserven der Zentralbank begrenzt sind. Dauerhaft lässt sich eine Stabilisierung eines festen Wechselkurses gegen die Marktkräfte nicht aufrechterhalten. Optimaler Währungsraum 125 fit-lernhilfen.de Wenn ein bestimmter, politisch fixierter Wechselkurs also irgendwann nicht mehr gegen die Marktkräfte zu halten ist, muss ein neuer Wechselkurs festgelegt werden, d. h. es sind abrupte Kursänderungen erforderlich. Dies wissend, können Spekulanten selbst im Fall fester Wechselkurse auf eine Wechselkursänderung wetten und durch entsprechende Finanztransaktionen Spekulationsgewinne realisieren. Zudem können sie durch ihre Spekulationen Druck auf einen festen Wechselkurs ausüben. Feste Wechselkurse sind daher in letzter Konsequenz nicht dauerhaft fest. OOptimaler Währungsraum Die Frage, ob unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile flexible oder feste Wechselkurse das bessere Wechselkurssystem darstellen, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in zwei Volkswirtschaften sehr unterschiedlich sind (unterschiedliches Produktivitätsniveau, unterschiedliche Produktivitätsentwicklung, unterschiedliche Lohnstückkosten etc.), ist ein flexibler Wechselkurs vorteilhafter. Dieser ist zwar Schwankungen unterworfen, sodass Kosten zur Absicherung von Wechselkursschwankungen anfallen. Diese Kosten werden besonders groß, wenn die Wechselkurse von Spekulanten beeinflusst werden und Spekulationsblasen drohen. Die Absicherungskosten sind jedoch der Preis für den Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft, die produktionstechnologisch Nachteile haben. Der flexible Wechselkurs dient zudem als Puffer gegen wirtschaftliche Einbrüche in der anderen Volkswirtschaft. Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in zwei Volkswirtschaften hingegen sehr ähneln und die beiden Volkswirtschaften über den Güter- und Kapitalverkehr eng miteinander verbunden sind, kann ein fester Wechselkurs sinnvoll sein. Bei ähnlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind auch die Produktionsbedingungen ähnlich, sodass ein flexibler Wechselkurs als Instrument zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit an Bedeutung verliert. Wenn auch die makroökonomischen Rahmenbedin- 126 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de gungen - also das Zinsniveau, das Preisniveau, das Wirtschaftswachstum etc. - sehr ähnlich sind, würde dies selbst im Fall flexibler Wechselkurse für relativ geringe Wechselkursschwankungen sprechen. Auch die Gefahr eines Inflationsimports, die im Fall eines festen Wechselkurses besteht, ist gering, wenn beide Länder eine ähnliche Geldpolitik betreiben und damit ähnliche Inflationsraten aufweisen. Insgesamt benötigen die beiden Volkswirtschaften angesichts dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im bilateralen Verhältnis keinen flexiblen Wechselkurs zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Ein fester Wechselkurs würde dann eventuelle Wechselkurssicherungskosten einsparen und wäre daher einem flexiblen Wechselkurs vorzuziehen. Selbst bei sehr ähnlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besteht jedoch die Gefahr, dass es in einer der beteiligten Volkswirtschaften zu einem wirtschaftlichen Einbruch kommt bzw. zu einer konjunkturellen Abschwächung. Bei festen Wechselkursen überträgt sich der damit verbundene Nachfragerückgang über die Exporte auf das andere Land. Dieses kann den Nachfragerückgang und den damit verbundenen Exportrückgang dann nicht mehr durch eine Abwertung der eigenen Währung auffangen. Dies führt über einen Produktionsrückgang zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Sofern zwischen den beiden Ländern dennoch ein fester Wechselkurs herrscht, lässt sich eine Übertragung des wirtschaftlichen Einbruchs im Ausland nur verhindern, wenn die Pufferfunktion des Wechselkurses durch andere Anpassungsmechanismen übernommen werden kann. Hierbei ist vor allem an zwei Mechanismen zu denken: die Faktormobilität und die Flexibilität der Preise für Produktionsfaktoren: Faktormobilität: Falls in einem Land ein Nachfrageeinbruch auftritt und die Beschäftigung dort zurückgeht, lässt sich ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesem Land verhindern, wenn die von der Arbeitslosigkeit bedrohten Personen in das Land wandern, in dem es keinen Nachfragerückgang gegeben hat. Gleiches gilt für den Faktor Kapital. Voraussetzung für einen festen Wechselkurs zwischen zwei Volkswirtschaften ist daher eine hohe Faktormobilität zwischen den beiden Ländern. Optimaler Währungsraum 127 fit-lernhilfen.de Flexibilität der Produktionsfaktorpreise: Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit infolge eines Nachfragerückgangs im Ausland lässt sich im Fall fester Wechselkurse auch durch eine hohe Flexibilität der Faktorpreise (dies betrifft vor allem den Lohn und den Zinssatz) verhindern. Durch eine Reduzierung der Löhne und Zinssätze sinken die Produktionskosten. Dies erlaubt eine Senkung der Preise, was wiederum zu einer Steigerung der Nachfrage führt und so den Nachfrageausfall im Ausland kompensieren kann. Im Ergebnis sollten Wechselkurse daher grundsätzlich flexibel sein. Ein fester Wechselkurs bietet sich nur an, wenn sich die beteiligten Volkswirtschaften durch ähnliche ökonomische Rahmenbedingungen auszeichnen und wenn zudem zwischen den beiden Volkswirtschaften eine hohe Faktormobilität herrscht und/ oder die Faktorpreise in den beteiligten Volkswirtschaften hinreichend flexibel sind. Nur Regionen, die sich durch diese Merkmale auszeichnen, bilden einen optimalen Währungsraum, für den ein fester Wechselkurs geeignet ist. Diese Voraussetzungen sind in besonderem Maße zu beachten, wenn es um die Frage geht, ob die beteiligten Länder eine Währungsunion bilden sollen, in der es eine gemeinsame Währung wie den Euro gibt. Die wesentlichen Nachteile des Euros ergeben sich im Fall unterschiedlicher technologischer Produktionsbedingungen (der Wechselkurs entfällt dann als Anpassungsinstrument für die technologisch schwächere Volkswirtschaft) und im Fall unterschiedlicher Inflationsvorstellungen bzw. Inflationspräferenzen (Gefahr der importierten Inflation). Diese Nachteile lassen sich jedoch minimieren, wenn bei den Kandidaten für die Währungsunion in etwa gleiche Inflationsraten herrschen und wenn sie in etwa die gleichen technischen Produktionstechnologien besitzen bzw. ähnliche Produktivitätswachstumsraten aufweisen, damit der flexible Wechselkurs gar nicht mehr als Anpassungsinstrument benötigt wird. Angesichts dieser grundlegenden Zusammenhänge gab es im Vorfeld der Euroeinführung vier zentrale Anforderungen an die makroökonomische Performance der Staaten, die der Euro- Zone beitreten wollten und ihre heimische Währung durch die 128 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de gemeinsame Währung ersetzen wollten. Bei den Kriterien handelte es sich um: Eine weitgehende Preisniveaustabilität: Die Idee hinter diesem Kriterium ist im Kern die Kaufkraftparitätentheorie des Wechselkurses. Von potenziellen Eurobeitrittsländern wurde erwartet, dass alle Länder eine in etwa gleiche Inflationsrate aufweisen, denn dann würde es auch im Fall von flexiblen Wechselkursen keine großen Wechselkursschwankungen mehr geben. Der Wechselkurs zwischen den beteiligten Ländern wäre daher nach der Kaufkraftparitätentheorie relativ konstant, also nahezu fest. Praktisch galt dieses Kriterium als erfüllt, wenn die Inflationsrate eines Landes höchstens 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei Länder mit der geringsten Inflationsrate lag. Ein ähnliches Zinsniveau: Die Idee hinter diesem Kriterium ist im Kern die Zinsparitätentheorie des Wechselkurses. Von potenziellen Eurobeitrittsländern wurde erwartet, dass alle Länder ein in etwa gleiches Zinsniveau aufweisen, denn dann würde es selbst im Fall von flexiblen Wechselkursen keine großen Wechselkursschwankungen mehr geben. Der Wechselkurs zwischen den beteiligten Ländern wäre nach der Zinsparitätentheorie wiederum nahezu fest. Praktisch galt dieses Kriterium als erfüllt, wenn der langfristige Zinssatz eines Landes höchstens zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei Länder mit der größten Preisstabilität lag. Eine längerfristige Wechselkursstabilität: Dieses Kriterium ist letztendlich der Lakmustest für einen nahezu unveränderten - also festen - Wechselkurs. Das Kriterium soll zeigen, dass der Wechselkurs einer bestimmten Währung gegenüber den Währungen aller anderen Euro-Teilnehmerstaaten tatsächlich relativ stabil ist, sodass Wechselkursanpassungen nicht erforderlich sind. In der Zeit vor der Euroeinführung gab es im Rahmen des Europäischen Währungssystems (EWS) ein System, bei dem die Wechselkurse zwischen den beteiligten europäischen Ländern relativ fix waren. Es gab für alle Wechselkurse einen Leitkurs, der politisch fixiert war. Um diesen Leitkurs durften die meisten Währungen um 2,25 Prozent nach oben oder unten abweichen, für einige Länder gab es eine größere Schwankungsbreite von 6 Fazit 129 fit-lernhilfen.de Prozent. Dieses Kriterium galt als erfüllt, wenn der Wechselkurs eines EWS-Teilnehmerlandes in den letzten zwei Jahren vor der Euroeinführung innerhalb der vorgegebenen Bandbreiten lag und dabei keine Neufestlegungen der Wechselkursleitkurse erforderlich waren. Einigermaßen gesunde Staatsfinanzen: Dieses Kriterium verlangt, dass der Schuldenstand eines Landes maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen darf und dass das jährliche Defizit der öffentlichen Haushalte maximal drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen darf. Die Relevanz dieses Kriteriums für den Wechselkurs ist umstritten. Eine Hauptgefahr einer hohen Staatsverschuldung besteht aus der Möglichkeit, dass ein Staat versucht, sich über eine expansive Geldpolitik und die damit verbundene Inflation zu entschulden. Sowohl über die sinkenden Zinsen als auch über den Inflationsdruck übt diese Maßnahme einen Abwertungsdruck auf die Währung des verschuldeten Staates aus. Ein Land mit einer überdurchschnittlich hohen bzw. einer überdurchschnittlich schnell steigenden Staatsverschuldung bräuchte folglich einen flexiblen Wechselkurs gegenüber dem Ausland und wäre daher nicht für den Euro geeignet. Da ein einzelnes Land jedoch im Fall der Euroeinführung nicht mehr über eine eigene Zentralbank verfügt, die die Geldmenge steuern kann, gibt es auch die Meinung, dass das Kriterium der gesunden Staatsfinanzen nicht zwingend erforderlich ist, um die Geeignetheit eines Landes für einen Eurobeitritt festzustellen. FFazit Flexible Wechselkurse haben den Vorteil, dass sie über eine Abwertung die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften sichern können, die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern eine ungünstigere Produktions- und Kostenstruktur aufweisen. Zudem kann ein flexibler Wechselkurs eine Volkswirtschaft vor wirtschaftlichen Einbrüchen im Ausland abschirmen. Flexible Wechselkurse haben allerdings auch den Nachteil, dass Spekulati- 130 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de onsblasen auf den Devisenmärkten auftreten können und dass es zu Abwertungswettläufen kommen kann. Die damit verbundenen Wechselkursschwankungen machen eine Absicherung gegen diese Schwankungen erforderlich, was Kosten verursacht und Ressourcen bindet. Feste Wechselkurse können Abwertungswettläufe, Spekulationsblasen und Maßnahmen zur Absicherung gegen Wechselkursschwankungen vermeiden. Feste Wechselkurse haben jedoch den Nachteil, dass sie zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit von ökonomisch schwächeren Volkswirtschaften gehen und negative ökonomische Entwicklungen des Auslands (Wirtschaftseinbruch, Inflationsanstieg) auf das Inland übertragen. Feste Wechselkurse bieten sich wegen der mit ihnen verbundenen negativen Folgewirkungen nur für Regionen an, die ähnliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen aufweisen (Produktivität, Zinssätze, Lohnhöhe, Inflationsrate etc.). Eine Währungsunion ist nur für Regionen sinnvoll, die die für feste Wechselkurse notwendigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufweisen und zwischen denen zudem eine hohe Faktormobilität herrscht bzw. in denen die Faktorpeise flexibel sind. fit-lernhilfen.de ZZwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 5.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Ein fester Wechselkurs wirkt wie … [1 Fit-Punkt] ein nach unten hin starrer Lohnsatz. ein nach unten hin starres Preisniveau. eine Gemeinschaftswährung. Ein flexibler Wechselkurs ist für Länder mit einer geringen internationalen Wettbewerbsfähigkeit wichtig, weil … [2 Fit-Punkte] eine Abwertung der heimischen Währung einen Inflationsimport verhindert. eine Abwertung der heimischen Währung die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert. eine Aufwertung der heimischen Währung die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert. 132 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Wenn die Produktivitätsfortschritte eines Landes geringer sind als im Rest der Welt, wird die Währung dieses Landes tendenziell … [2 Fit-Punkte] abgewertet. aufgewertet. Wie lässt sich ein Inflationsimport aus dem Ausland verhindern bzw. zumindest abfedern? [3 Fit-Punkte] Die Währung des Inlands wird abgewertet. Die Währung des Auslands wird abgewertet. Welchen Beitrag kann der Wechselkurs zum Ausgleich von Leistungsbilanzungleichgewichten leisten? [2 Fit-Punkte] Die Währung eines Überschusslandes wird abgewertet. Die Währung eines Defizitlandes wird abgewertet. Warum kann ein fester Wechselkurs zu einer Intensivierung des Außenhandels führen? Weil ein fester Wechselkurs … [2 Fit-Punkte] die Einkommenssituation der Arbeitskräfte stabilisiert. die Transaktionskosten des grenzüberschreitenden Handels reduziert. die Inflationsraten in den Ländern angleicht. Wenn viele Länder versuchen, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Devisenmarktinterventionen zu verbessern, besteht die Gefahr … [2 Fit-Punkte] Zwischenstand: Fragen und Antworten 133 fit-lernhilfen.de globaler Spekulationsblasen. globaler Abwertungswettläufe. Wie kann die Zentralbank eines Landes einer Aufwertung der heimischen Währung entgegenwirken? [3 Fit-Punkte] Sie erhöht die Käufe der eigenen Währung auf den Devisenmärkten. Sie verkauft Teile ihrer Goldbestände. Sie erhöht das Angebot der eigenen Währung auf den Devisenmärkten. Welche der nachfolgenden Bedingungen sollte nach der Theorie der optimalen Währungsräume erfüllt sein, damit sich Länder zu einer Währungsunion zusammenschließen können? [2 Fit-Punkte] Die Faktormobilität zwischen den Ländern sollte hoch sein. Die Inflationspräferenzen sollten in den Ländern identisch sein. Die Löhne sollten in den Ländern identisch sein. Wenn sich Länder, die keinen optimalen Währungsraum bilden, dennoch zu einer Gemeinschaftswährung zusammenschließen, besteht für die wirtschaftlich schwächeren Regionen die Gefahr, dass es zu … [3 Fit-Punkte] einem Inflationsimport kommt. einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommt. einem Rückgang der Löhne kommt. 134 Etappe 5: Feste oder flexible Wechselkurse? fit-lernhilfen.de Dein Punktestand Etappe 5 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 6: Zolltheorie Zolltheorie 136 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel wird erklärt, welche ökonomischen Konsequenzen zu erwarten sind, wenn einzelne Länder Zölle auf den Import von Gütern und Dienstleistungen aus dem Ausland erheben. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Produzenten a- Wofür benötige ich dieses Wissen? Wenn im Inland einzelne Branchen Wettbewerbsnachteile gegenüber wichtigen internationalen Konkurrenten haben, versuchen sie sich häufig durch die Forderung nach Importzöllen dieser Konkurrenz zu entziehen. Der Schutz international nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen führt jedoch zu steigenden Preisen für die betreffenden Produkte und wird somit letztendlich von den heimischen Konsumenten bezahlt. Das Wissen um diese Zusammenhänge ist relevant für alle wirtschaftspolitischen Diskussionen, die sich mit dem Schutz heimischer Produzenten vor Konkurrenz aus dem Ausland beschäftigen. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Bei der Diskussion der Konsequenzen, die mit Zöllen auf importierte Güter verbunden sind, werden unter anderem die Begriffe Konsumentenrente, Produzentenrente, Wohlfahrtsver- Zollwirkungen auf dem Importmarkt 137 fit-lernhilfen.de lust und Indifferenzkurve verwendet. Diese Begriffe sollten dir aus der Mikroökonomie bekannt sein - nutze diese Synergien. LLos geht’s! Der Außenhandel hat eine Reihe von Vorteilen, sowohl für die Welt als Ganzes als auch für die einzelnen Länder. Dennoch schränken Länder immer wieder den Freihandel durch Zölle oder andere protektionistische Maßnahmen ein. Dieses Kapitel beschreibt die wesentlichen Konsequenzen, die sich aus der Einführung von Importzöllen ergeben. Dabei werden auch die Rückwirkungen untersucht, die sich für ein Land ergeben, welches einen Importzoll erhebt. Zollwirkungen auf dem Importmarkt In der Abbildung 6.1 werden die Folgen eines Importzolls in der Form eines Mengenzolls untersucht. Dabei wird angenommen, dass das auf dem Importmarkt gehandelte Produkt sowohl im Inland als auch im Ausland hergestellt und nachgefragt wird. In beiden Ländern gibt es einen Gleichgewichtspreis für das betreffende Produkt, bei dem das heimische Angebot der heimischen Nachfrage entspricht. Wenn die heimischen Anbieter eine darüber hinausgehende Menge produziert haben, bieten sie dieses Überschussangebot auf dem Weltmarkt an. Wenn hingegen die heimischen Konsumenten eine größere Menge nachfragen, bewirken sie damit eine Überschussnachfrage auf dem Weltmarkt. Für die weitere Argumentation wird unterstellt, dass es im Inland eine Überschussnachfrage nach dem Produkt gibt, während das Ausland ein Überschussangebot aufweist. Auf dem Importmarkt trifft die Überschussnachfrage des Inlands auf das Überschussangebot des Auslands, woraus ein Gütermarktgleichgewicht mit einem Gleichgewichtspreis (P W ) und einer entsprechenden Gleichgewichtsmenge (x ohne Zoll ) resultiert. Der im Inland zu zahlende Preis (P Inl ) stimmt mit dem Gleichgewichtspreis auf dem Weltmarkt (P W ) überein. 138 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de Wenn das Inland nun einen Mengenzoll einführt, treibt der Zollsatz (t) einen Keil zwischen den Preis, den die inländischen Konsumenten zahlen müssen (P Inlneu ), und den Preis, den die Anbieter erhalten (P Wneu ). Der neue Preis entspricht dem neuen Weltmarktpreis zuzüglich der Mengensteuer (P Inlneu = P Wneu + t). Damit gibt es zwei Preise: Die Produzenten erhalten für jede verkaufte Mengeneinheit den Produzentenpreis P Wneu . Die Konsumenten müssen hingegen einen höheren Preis zahlen, da sie den Mengenzoll zu zahlen haben. Der Konsumentenpreis setzt sich folglich zusammen aus dem Produzentenpreis und dem Mengenzoll (P Wneu + t). Um nun einen Schnittpunkt zwischen der Überschussangebotskurve des Auslands und der Überschussnachfragekurve des Inlands zu erhalten, müssen beide Kurven so umformuliert werden, dass sie vom gleichen Preis abhängen. Dies wird z. B. erreicht, indem die Überschussnachfrage des Inlands nicht mehr in Abhängigkeit des Konsumentenpreises (Produzentenpreis + Mengenzoll) dargestellt wird, sondern auch in Abhängigkeit vom Produzentenpreis. Die Überschussnachfragekurve wird folglich um den Mengenzoll t nach unten verschoben. Im neuen Gleichgewicht wird eine geringere Menge gehandelt. Der Preis im Inland ist dabei höher als der im Rest der Welt gezahlte Preis, weil die inländischen Konsumenten zusätzlich zum Preis (p W ) noch den Importzoll (t) zahlen. Abb. 6.1: Wirkungen eines Mengenzolls (t) auf dem Importmarkt Überschussangebot des Auslands Überschussnachfrage des Inlands ohne Zoll P Inl = P W x ohne Zoll x mit Zoll Überschussnachfrage des Inlands mit Zoll Menge Preis P Inlneu t P Wneu a c b d Partialanalyse der Zollwirkungen im Inland 139 fit-lernhilfen.de Die Differenz in Höhe des Zollsatzes - gemessen in Geldeinheiten je verkaufter Mengeneinheit des Produkts - bedeutet Staatseinnahmen für das Inland. Die Wohlfahrtseffekte für die gesamte Welt lassen sich durch die Konsumenten- und die Produzentenrente messen. Die Konsumentenrente sinkt mit der Einführung des Mengenzolls im Umfang der Flächen a und b, weil die Konsummenge zurückgeht und der Konsumentenpreis steigt. Die Produzentenrente verringert sich um die Flächen c und d, weil die produzierte und verkaufte Menge zurückgeht und der Nettoverkaufspreis sinkt. Diesem Wohlfahrtsverlust der inländischen Konsumenten und der ausländischen Produzenten in Höhe von a + b + c + d stehen die Zolleinnahmen des Inlands gegenüber. Sie betragen jedoch nur a + c und können damit die Verluste der Konsumenten- und der Produzentenrente nicht ausgleichen. Per Saldo bedeutet der Mengenzoll des Inlands somit einen Wohlfahrtsverlust für die Welt in Höhe des Dreiecks b + d, das auch Harberger Dreieck genannt wird. PPartialanalyse der Zollwirkungen im Inland In einem nächsten Schritt werden die Konsequenzen eines Mengenzolls für das Inland differenzierter analysiert. Ausgangspunkt ist der inländische Markt für ein bestimmtes Produkt, das sowohl von inländischen als auch von ausländischen Produzenten angeboten wird. Wird davon ausgegangen, dass das Land ein kleines Land ist, für das der auf dem Weltmarkt herrschende Preis eine exogene Größe darstellt, so hängen die im Inland nachgefragte Menge (x N ) und die von den inländischen Produzenten angebotene Menge (x A ) von dem Weltmarktpreis ab. Der im Inland herrschende Gleichgewichtspreis (P Inl ) ist dabei identisch mit dem Weltmarktpreis (P W ). Sofern die im Inland nachgefragte Menge x N bei diesem Preis höher ist als die von den inländischen Produzenten angebotene Menge x A , wird die Differenz von den ausländischen Produzenten angeboten. Die Differenz zwischen x N und x A - also die inländische Überschussnachfrage - wird durch Importe gedeckt (vgl. Abbildung 6.2). 140 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de Abb. 6.2: Partialanalyse eines Importmarktes ohne Zoll Wenn die Regierung des Inlands einen Mengenzoll auf das betreffende Produkt erhebt, verschiebt sich die horizontal verlaufende Angebotskurve des Auslands um den entsprechenden Zollsatz (t) nach oben (vgl. Abbildung 6.3). Der im Inland herrschende Preis erhöht sich um den Zollsatz (P Inl = P W + t), sodass der Inlandspreis und der Weltmarktpreis auseinander fallen. Infolge des höheren Preises im Inland geht die Nachfrage nach dem Produkt zurück und damit auch das Angebot der ausländischen Produzenten, während das Angebot der inländischen Produzenten zunimmt. Erneut lassen sich die Wohlfahrtseffekte für das Inland durch die Veränderung der Konsumenten- und der Produzentenrente messen. Dabei tragen im Inland ausschließlich die Konsumenten die Last des Mengenzolls. Die Konsumentenrente sinkt infolge einer geringeren Konsummenge und eines höheren Preises im Umfang von a + b + c + d. Die heimischen Produzenten können eine größere Menge absetzen und erzielen dafür auch noch einen höheren Preis, denn sie sind als inländische Produzenten nicht von dem Zoll betroffen. Die Produzentenrente nimmt daher um die Fläche a zu. Der Staat profitiert von dem Mengenzoll durch Zolleinnahmen in Höhe der Fläche c. Die positiven Wohlfahrtseffekte in Form einer höheren Produzentenrente und der Zolleinnahmen betragen jedoch nur Angebot des Inlands Nachfrage des Inlands Angebot des Auslands P Inl = P W x N x A Menge Preis Überschussnachfrage = Importmenge Totalanalyse der Zollwirkungen im Inland 141 fit-lernhilfen.de a + c und sind daher nicht in der Lage, den Rückgang der Konsumentenrente vollständig zu kompensieren. Per Saldo bewirkt der Mengenzoll des Inlands somit einen Wohlfahrtsverlust für das Inland in Höhe der beiden Dreiecke b und d. Abb. 6.3: Partialanalyse eines Importmarktes mit Mengenzoll TTotalanalyse der Zollwirkungen im Inland Eine komparativ-statische Totalanalyse zeigt, dass ein Importzoll nicht nur Konsequenzen für die Importwirtschaft hat, sondern auch für die Exportwirtschaft. Die Totalanalyse erfolgt mit Hilfe einer Transformationskurve und einer sozialen Wohlfahrtsfunktion inklusive der dazugehörenden Indifferenzkurven (I) in einem Zwei- Güter-Fall, so wie bereits in Etappe 1 „Außenhandel und Wohlfahrtseffekte“ dargestellt. Das auf dem Weltmarkt geltende Preisverhältnis P der beiden Güter im Fall ohne einen Importzoll P ohne Zoll = p 1 p 2 Angebot des Inlands Nachfrage des Inlands Angebot des Auslands P Inl = P W + t x N x A t b d c a Menge P W Preis Importmenge 142 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de lässt sich grafisch als Tauschgerade darstellen, die zugleich die Budgetgerade der Volkswirtschaft darstellt (vgl. Abbildung 6.4). Dabei gelten folgende Zusammenhänge: P = p 1 p 2 = Geldeinheiten ME x 1 Geldeinheiten ME x 2 = Geldeinheiten ME x 1 . ME x 2 Geldeinheiten = ME x 2 ME x 1 Abb. 6.4: Totalanalyse bei Außenhandel ohne Zoll Im Gleichgewicht ohne Zoll entspricht das auf dem Weltmarkt geltende Preisbzw. Austauschverhältnis der beiden Güter dem im Inland herrschenden Preisverhältnis. Ohne Außenhandel kann das Inland nur soziale Indifferenzkurven erreichen, die die Transformationskurve tangieren (siehe Abbildung 1.8 in Etappe 1). Durch den Außenhandel - im Fall der Abbildung 6.4 durch den Export des Produkts 1 und den Import des Produkts 2 - kann das Inland hingegen ein höheres gesellschaftliches Wohlfahrtsniveau (I 0 ) realisieren. Wird nun auf das Importgut 2 ein Mengenzoll erhoben, so erhöht sich im Inland der Preis dieses Produkts (p 2mit Zoll = p 2 + t). Der Anstieg des Preises für Gut 2 führt dazu, dass das inländische Preisverhältnis Menge Gut 2 Menge Gut 1 Exporte Importe I 0 Transformationskurve Produktionspunkt Konsumpunkt P ohne Zoll = p1/ p2 = tg Totalanalyse der Zollwirkungen im Inland 143 fit-lernhilfen.de P mit Zoll = p 1 p 2 + t < p 1 p 2 steiler als ohne den Importzoll (vgl. Abbildung 6.5). Auf dem Weltmarkt hingegen gilt nach wie vor das ursprüngliche Austauschverhältnis, und das Inland kann seine Exportgüter nur zum auf dem Weltmarkt herrschenden Preisniveau eintauschen. Wird weiterhin unterstellt, dass die Zolleinnahmen als Pauschaltransfers an die privaten Haushalte gezahlt werden, verschiebt dies die für das Inland geltende Tauschbzw. Budgetgerade nach außen. Dennoch kann das Inland nach der Einführung des Importzolls nur eine Indifferenzkurve erreichen, die ein geringeres gesellschaftliches Wohlfahrtsniveau impliziert als im Fall ohne den Mengenzoll auf das Gut 2. Die Einführung eines Importzolls hat durch die Reduzierung des Außenhandels somit im Gesamtergebnis eine Verringerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt zur Folge (U (I 1 ) < U (I 0 )). Abb. 6.5: Totalanalyse mit einem Mengenzoll auf das Gut 2 Menge Gut 2 Menge Gut 1 I 0 I 1 P ohne Zoll = p 1 / p 2 P mit Zoll = p 1 / (p 2 +t) Konsumpunkt mit Zoll Produktionspunkt mit Zoll 144 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de DDynamische Wirkungen eines Importzolls für das Inland Neben den bisher genannten Effekten eines Importzolls, die das Resultat einer komparativ-statischen Analyse sind, gibt es dynamische Zollwirkungen, von denen die wichtigsten hier kurz skizziert werden sollen. Zunächst einmal hat die Importbeschränkung eine Verringerung der Nachfrage nach der ausländischen Währung zur Folge, was ceteris paribus eine Aufwertung der heimischen Währung bewirkt. Diese verteuert die Exportgüter des Inlands und führt dadurch zu einem Rückgang der heimischen Exporte. Der Rückgang der Exporte schadet aber nicht nur der heimischen Exportindustrie, sondern schwächt über kontraktive Multiplikatoreffekte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und wirkt sich somit negativ auf die Beschäftigung und das Sozialprodukt des Inlands aus. Zweitens stellt der Rückgang der inländischen Importe aus Sicht des Auslands eine Verringerung der Exporte dar. Dieser Exportrückgang im Ausland verringert über negative Multiplikatoreffekte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Ausland und damit zugleich das ausländische Sozialprodukt. Folglich geht die ausländische Importnachfrage zurück. Da diese Importnachfrage die Exporte des Inlands betrifft, findet im Inland ein zusätzlicher Rückgang der Exporte statt, der wiederum negative Konsequenzen für Beschäftigung und Sozialprodukt hat. Drittens ist zu bedenken, dass die heimische Wertschöpfung in der Regel auf importierte Vorprodukte angewiesen ist. Wenn sich diese durch einen Zoll verteuern, erhöhen sich die Produktionskosten der heimischen Anbieter. Damit verteuern sich auch die Exportgüter des Inlands, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und die Nachfrage nach inländischen Exportgütern verringert. Viertens ist nicht auszuschließen, dass das Ausland auf einen Importzoll des Inlands reagiert und ebenfalls einen Importzoll erhebt. Ein solcher Retorsionszoll wirkt sich wiederum negativ auf die Exporte Dynamische Wirkungen eines Importzolls für das Inland 145 fit-lernhilfen.de des Inlands aus und verringert über die kontraktiven Multiplikatoreffekte die Beschäftigung und das Sozialprodukt im Inland. Insgesamt hat ein Zoll, der ursprünglich die heimischen Anbieter schützen sollte, somit eine Reihe von negativen Rückwirkungen, die mittelfristig allen inländischen Produzenten schaden. Einige dieser Zusammenhänge werden in Abbildung 6.6 dargestellt. Abb. 6.6: Rückwirkungen eines Importzolls für das eigene Land Aufwertung heim. Währ. Importe Abwertung ausl. Währ. Sozialprodukt u. Beschäft. Mengenzoll Produktionskosten Exporte Nachfrage ausl. Währ. gesamtwirt. Nachfrage Preis import. Vorprodukte Exporte Importe gesamtwirt. Nachfrage Sozialprodukt u. Beschäft. Importe Inland Ausland 146 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de GGründe für die Erhebung von Zöllen Für die Erhebung von Importzöllen gibt es eine Reihe von Rechtfertigungsversuchen, von denen abschließend einige kurz vorgestellt werden sollen. Eine erste Begründung für Zölle besteht aus dem so genannten Erziehungszollargument. Basis dieses Arguments für Importrestriktionen ist die Überlegung, dass es im Inland junge Sektoren gibt, die vor der ausländischen Konkurrenz solange geschützt werden müssen, bis sie international wettbewerbsfähig sind. Ein zweites Argument betrifft den Optimalzoll. Die Idee des Optimalzolls basiert auf der Überlegung, dass ein großes Land in der Lage ist, den Weltmarktpreis eines Produkts durch Nachfrageänderungen zu beeinflussen. Die Einführung eines Importzolls durch das Inland reduziert weltweit die Nachfrage nach diesem Produkt. Wenn das Inland ein großes Land ist, bewirkt dies einen Angebotsüberschuss auf dem Weltmarkt für das betreffende Produkt, sodass dessen Preis sinkt. Damit kann das Inland das reale Austauschverhältnis zwischen den eigenen Exportprodukten und den Importprodukten, d. h. die Terms of Trade, so verbessern, dass das Inland für eine Einheit des Exportprodukts mehr Einheiten des ausländischen Produkts erhält. Dadurch gelingt es dem Inland, die Konsummöglichkeiten zu verbessern und ein höheres Wohlfahrtsniveau zu erreichen. Die Terms of Trade geben an, wie viele Einheiten eines Importgutes ein Land für eine Einheit seines Exportgutes erhält bzw. welches Importgüterbündel das Land für ein gegebenes Exportgüterbündel erhält. Des Weiteren kann ein Importzoll durch das Autarkieargument gerechtfertigt werden. Aus Angst vor einer zu großen Abhängigkeit vom Ausland bzw. vor Versorgungskrisen dient der Importzoll dem Schutz der Sektoren, die die Importgüter oder deren Substitute herstellen. Schließlich und grundsätzlich werden Zölle zum Schutz von nicht mehr wettbewerbsfähigen Sektoren eingesetzt. Begründet wird dieser Schutz vor allem mit der Befürchtung, dass es in diesen Fazit 147 fit-lernhilfen.de Sektoren ohne die Protektion zu Produktions- und Beschäftigungsrückgängen kommt, die sich über kontraktive Multiplikatoreffekte negativ auf die gesamte Volkswirtschaft auswirken. Die genannten Rechtfertigungsversuche halten einer kritischen Überprüfung nicht Stand. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Erziehungszollargument zeigen, dass die geschützten Sektoren ohne den Wettbewerbsdruck kaum wettbewerbsfähig werden, sodass der Erziehungszoll nicht temporär, sondern eher dauerhaft ist. Das Optimalzollargument vernachlässigt, dass die davon negativ betroffenen Länder häufig als Reaktion auf die Importrestriktion mit eigenen Importzöllen antworten, was das Ziel des Inlands eine Verbesserung der Terms of Trade konterkariert. Das Autarkieargument übersieht, dass zur Verhinderung von drohenden Versorgungskrisen zahlreiche andere Maßnahmen denkbar sind, z. B. eine Streuung der Bezugsquellen, der Rückgriff auf verschiedene Substitute oder die vorsorgliche Lagerung der benötigten Importprodukte. Vor allem die Analyse der dynamischen Effekte eines Importzolls hat zudem verdeutlicht, dass ein Importzoll über die skizzierten negativen Rückwirkungen letztendlich die gesamte heimische Volkswirtschaft trifft, also auch die Sektoren, die ursprünglich durch den Zoll geschützt werden sollten. FFazit Importzölle haben komparativ-statische Wohlfahrtsverluste zur Folge, die im Inland von den Konsumenten getragen werden. Importzölle reduzieren nicht nur die Importe, sondern auch die Exporte eines Landes. Über Aufwertungstendenzen der heimischen Währung und negative Rückwirkungen aus dem Ausland wirken sich Zölle zudem negativ auf die gesamte heimische Nachfrage- und Beschäftigungssituation aus. Dass Zölle trotz ihrer gesamtwirtschaftlich negativen Wirkungen immer wieder anzutreffen sind, dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass sie den Produzenten nützen, die das importierte Produkt bzw. dessen Substitute anbieten. Diese Produzenten profitieren in Form einer höheren Produzentenrente von den protektionistischen Maßnahmen. Die Existenz 148 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de von Handelsbeschränkungen wie Importzöllen dürfte daher vor allem auf die ungleichen Fähigkeiten der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessengruppen - Konsumenten, exportorientierte Wirtschaftssektoren und Sektoren mit Importkonkurrenz - zurückzuführen sein, den politischen Prozess in ihrem Sinne zu beeinflussen, um sich damit Vorteile auf Kosten der überwiegenden Mehrheit der Wirtschaftsakteure zu verschaffen. Die Politik sollte dem Drängen der Produzenten, deren Sektoren durch einen Zoll oder andere Instrumente zu schützen, jedoch nicht nachgeben, weil dadurch sowohl komparativ-statische als auch dynamische Wohlfahrtsverluste hervorgerufen werden, die der Volkswirtschaft als Ganzes schaden. Zwischenstand: Fragen und Antworten 149 fit-lernhilfen.de ZZwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 6.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Ein Zoll auf importierte Güter hat zur Folge, dass … [1 Fit-Punkt] der Produzentenpreis größer ist als der Konsumentenpreis. der Konsumentenpreis größer ist als der Produzentenpreis. Ein Zoll auf importierte Güter hat zur Folge, dass … [2 Fit-Punkte] es zu einem gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsverlust kommt. die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt größer wird. Ein Zoll auf importierte Güter hat zur Folge, dass die Konsumenten im Inland … [3 Fit-Punkte] 150 Etappe 6: Zolltheorie fit-lernhilfen.de eine größere Menge des importierten Gutes zu einem höheren Preis erwerben. eine kleinere Menge des importierten Gutes zu einem höheren Preis erwerben. eine kleinere Menge des importierten Gutes zu einem geringeren Preis erwerben. Wenn ein kleines Land einen Zoll auf importierte Güter erhebt, hat dies zur Folge, dass … [2 Fit-Punkte] der Weltmarktpreis für das Gut sinkt. der Weltmarktpreis für das Gut steigt. der Weltmarktpreis für das Gut unverändert bleibt. Wenn ein Land einen Importzoll erhebt und andere Länder als Reaktion darauf ebenfalls Importzölle einführen, wird von einem … [2 Fit-Punkte] Retorsionszoll gesprochen. Erziehungszoll gesprochen. Wenn ein Land einen Importzoll erhebt, hat dies … [3 Fit-Punkte] eine Aufwertung der ausländischen Währung zur Folge. eine Abwertung der ausländischen Währung zur Folge. Wenn ein Land einen Importzoll erhebt, besteht die Gefahr, dass … [3 Fit-Punkte] es im Ausland zu einem Wirtschaftsaufschwung kommt, der die Produkte des Inlands vom Weltmarkt verdrängt. Zwischenstand: Fragen und Antworten 151 fit-lernhilfen.de es im Ausland zu einem Wirtschaftsabschwung kommt, der die Exporte des Inlands verringert. die hohe Nachfrage nach ausländischen Produkten zu einem Anstieg der inländischen Inflationsrate führt. Wer hat normalerweise ein Interesse an Importzöllen? [2 Fit-Punkte] Die Unternehmen im Inland. Die Konsumenten des Inlands. Dein Punktestand Etappe 6 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang 154 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel erfährst du, wie ein Land von einem wirtschaftlichen Aufschwung im Ausland profitieren kann. Du bekommst ein besseres Gefühl dafür, wie eine stabile wirtschaftliche Entwicklung in einem Land von der wirtschaftlichen Entwicklung in anderen Volkswirtschaften abhängt und welche Bedeutung die Existenz einer globalen Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft hat. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Wirtschaftswachstum Bruttoinlandsprodukt Bruttonationaleinkommen Verelendendes Wachstum Preiselastizität der Exportnachfrage internationaler Konjunkturzusammenhang internationale Faktormobilität Faktorwanderung Migration Wofür benötige ich dieses Wissen? Die einzelnen Volkswirtschaften hängen in immer stärkerem Maße voneinander ab. Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas hatte lange Zeit keinen nennenswerten Einfluss auf die Produktion und die Beschäftigung in Deutschland. Seit mehr als zehn Jahren aber interessiert es deutsche Unternehmen sehr wohl, wie es der chinesischen Wirtschaft geht. Sowohl als Volkswirt als auch als Betriebswirt wird es zunehmend wichtiger, die Wirtschaftsentwicklung im Rest der Welt im Auge zu haben, um nicht von den Einflüssen der ausländischen Wirtschaftsentwicklung überrascht zu werden. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In diesem Kapitel wird unter anderem das Phänomen des »verelendenden Wachstums« erläutert. Für dieses Phänomen Bedeutung des Außenhandels für Wirtschaftswachstum 155 fit-lernhilfen.de spielt die Preiselastizität der Nachfrage eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung von Elastizitäten sollte dir bereits aus der Mathematik und aus der Mikroökonomie bekannt sein. Bei Unklarheiten solltest du auf die entsprechenden Unterlagen zurückgreifen. LLos geht’s! Dieses Kapitel setzt sich mit der Bedeutung des Außenhandels für das Wirtschaftswachstum eines Landes sowie dessen Konjunkturverlauf auseinander. Des Weiteren werden hier die Auswirkungen untersucht, die sich daraus ergeben, dass Produktionsfaktoren wie Arbeit und Kapital über Ländergrenzen hinweg wandern. Wachstum - genauer Wirtschaftswachstum - ist definiert als eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts im Zeitablauf (also als eine Steigerung des Werts aller Güter und Dienstleistungen, die innerhalb der Grenzen eines Landes in einem Jahr produziert werden) bzw. als eine Zunahme des Bruttonationaleinkommens im Zeitablauf (also als eine Steigerung des Werts aller Güter und Dienstleistungen, die den Bürgern eines Landes für den Konsum oder für Investitionen zur Verfügung stehen). Bedeutung des Außenhandels für Wirtschaftswachstum Im Regelfall kann ein Land durch eine Steigerung seiner Exporte die inländische Beschäftigung erhöhen und dadurch das verfügbare Einkommen der Beschäftigten. Dies erhöht die Konsumnachfrage, also auch die Beschäftigung in der heimischen Konsumgüterindustrie, was weitere Einkommenssteigerungen hervorruft und damit einen Wachstumsprozess inklusive der skizzierten positiven Folge- 156 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de wirkungen anstößt. Wird zudem davon ausgegangen, dass die Exporterlöse für den Kauf von Importgütern verwendet werden, steht der Volkswirtschaft im Zuge des Wachstumsprozesses trotz des gestiegenen Exports eine größere Menge an Gütern und Dienstleistungen für Konsum- und Investitionszwecke zur Verfügung, d. h. der materielle Wohlstand nimmt zu. Dies setzt jedoch voraus, dass sich die Exporterlöse im Zuge wachsender Exporte erhöhen. Wird davon ausgegangen, dass eine Exporterhöhung das Angebot auf dem Weltmarkt (EX S ) vergrößert, kann die größere Gütermenge nur zu einem geringeren Preis abgesetzt werden. Solange der Mengeneffekt jedoch größer ist als der Preiseffekt, steigt der Exporterlös per Saldo. Diese Situation ist in Abbildung 7.1 skizziert. Dort entspricht der Exporterlös nach der Steigerung der Exporte der Fläche 0P 1 Q 1 EX 1 und ist größer als der Exporterlös in der Ausgangssituation (0P 0 Q 0 EX 0 ). Der Wachstumsprozess geht daher einher mit einer Steigerung der Beschäftigung, des Einkommens und der für Konsum- oder Investitionszwecke zur Verfügung stehenden Gütermengen. Abb. 7.1: Exporterhöhung mit steigenden Exporterlösen EX d0 EX EX 0 Q 0 0 EX s1 P EX P 1 EX s0 EX 1 P 0 Q 1 Exportsteigerung Verelendendes Wachstum 157 fit-lernhilfen.de VVerelendendes Wachstum Außenhandel ist mit einer Erhöhung des globalen materiellen Wohlstands verbunden. Diese Wohlstandssteigerung fällt im Regelfall in allen beteiligten Ländern an, also sowohl in den entwickelten Industrienationen als auch in den wenig oder nicht entwickelten Volkswirtschaften. Jagdish Bhagwati, ein vehementer Globalisierungsbefürworter, wies allerdings schon 1958 darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum unter bestimmten Umständen die Exporterlöse eines Entwicklungslandes reduzieren kann. Die Verringerung der Exporterlöse verringert dann das verfügbare Einkommen, sodass sich auch der Lebensstandard in dem Land verschlechtert und die Armut zunimmt. Bhagwati begründet diese Gefahr, die er vor allem für wenig entwickelte Volkswirtschaften sieht, wie folgt: Grundsätzlich erhöht ein globales Wachstum die Nachfrage nach Gütern, d. h. auch die Nachfrage nach den Gütern, die von unterentwickelten Volkswirtschaften angeboten werden. Dies steigert die Exporterlöse der unterentwickelten Volkswirtschaft und erhöht somit das verfügbare Einkommen der Bevölkerung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das größere Güterangebot des Entwicklungslandes auf dem Weltmarkt den Weltmarktpreis senken kann. Dies ist vor allem dann denkbar, wenn das Entwicklungsland lediglich ein einziges Produkt auf dem Weltmarkt anbietet und die Erhöhung des Angebots zu einem relativ starken Preisrückgang auf dem Weltmarkt führt. Wenn das Entwicklungsland beispielsweise erst 100.000 Mengeneinheiten seines Exportgutes zu einem Stückpreis von 70 Euro verkauft (Exporterlös = 7.000.000 Euro), anschließend jedoch 200.000 Mengeneinheiten zu nur noch 30 Euro (Exporterlös = 6.000.000 Euro), so reduziert das Wirtschaftswachstum inklusive der Exportsteigerung per Saldo die Exporterlöse des Entwicklungslandes. Die Verringerung der Exporterlöse senkt das verfügbare Einkommen, sodass sich der Lebensstandard in dem Land verschlechtert und die Armut zunimmt. Bhagwati nennt dieses Phänomen »immiserizing growth« bzw. »verelendendes Wachstum«. Diese Situation ist in Abbildung 7.2 dargestellt. 158 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de Abb. 7.2: Exporterhöhung mit sinkenden Exporterlösen Formal lässt sich die Voraussetzung für den Fall des verelendenden Wachstums mit Hilfe der Preiselastizität der Exportnachfrage berechnen. Die Preiselastizität der Exportnachfrage gibt an, um wie viel Prozent sich die nachgefragte Menge nach dem Exportgut (EX) verändert, wenn sich der Preis dieses Gutes (P EX ) um 1 Prozent verändert. Die Preiselastizität der Nachfrage ergibt sich aus der Division der relativen Änderung der nachgefragten Menge des Exportgutes durch die relative Änderung des Preises für dieses Gut. Die Elastizität ( ) lässt sich daher formal wie folgt ausdrücken: (7.1) (EX, P EX ) = EX EX P EX P EX = EX EX . P EX P EX = EX P EX . P EX EX Für infinitesimal kleine Änderungen von P EX ( P EX gegen Null) gilt: EX d0 EX EX 0 Q 0 0 EX s1 P EX P 0 EX s0 EX 1 Q 1 P 1 Exportsteigerung Verelendendes Wachstum 159 fit-lernhilfen.de (7.2) (EX, P EX ) = EX . P EX EX Dabei gilt annahmegemäß das Nachfragegesetz, d. h. mit steigendem Preis für das Exportgut geht die Nachfrage nach diesem Gut zurück EX < 0. Der Exporterlös (E(EX)) ist dann das Produkt aus nachgefragter Menge und Preis, wobei letzterer wiederum von der nachgefragten Menge abhängt. (7.3) E(EX) = EX . P EX (EX) Die Reaktion der Exporterlöse auf eine Erhöhung der produzierten und abgesetzten Menge an Exportgütern ergibt sich aus der ersten Ableitung der Exporterlöse nach der Exportgütermenge. (7.4) (EX) = 1 . P EX + EX . EX EX > = < 0 Eine Erhöhung der Menge der exportierten Güter führt zu einer Zunahme der Exporterlöse ( (EX) > 0), wenn die rechte Seite der Gleichung (7.4) positiv ist. 160 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de (7.5) P EX + EX . EX > 0 bzw. P EX > - EX . EX bzw. EX . P EX EX > - 1 Da annahmegemäß die Exportnachfrage mit einem steigenden Preis zurückgeht EX < 0, führt eine Exportsteigerung nur dann zu einer Erhöhung der Exporterlöse, wenn die Preiselastizität der Exportnachfrage vom Betrag her größer ist als eins. Dies bedeutet, dass eine einprozentige Steigerung des Preises zu einem Nachfragerückgang von mehr als einem Prozent führt. Umgekehrt hat dann aber auch eine einprozentige Senkung des Exportpreises eine Nachfragezunahme von mehr als einem Prozent zur Folge. Der Preisrückgang wird daher von der steigenden Exportmenge überkompensiert, sodass die Exporterlöse zunehmen. Ein verelendendes Wachstum tritt hingegen ein, wenn die Preiselastizität der Exportnachfrage vom Betrag her geringer als eins ist, sodass der Preisrückgang von der steigenden Exportnachfrage nicht kompensiert werden kann und die Exporterlöse per Saldo sinken. Faktisch bedeutet eine geringe Preiselastizität der Exportnachfrage, dass die Länder, die dieses Gut nachfragen, nicht auf das Exportgut angewiesen sind und es relativ leicht durch andere Güter substituieren können. In einem Preis-Mengen-Diagramm bedeutet dies, dass die Nachfragekurve relativ steil verläuft, so wie in Abbildung 7.2. Das Phänomen des verelendenden Wachstums lässt sich auch mit Hilfe der Terms of Trade erklären. Die Terms of Trade geben an, wie viele Einheiten eines Importgutes ein Land für eine Einheit seines Exportgutes erhält. Ein verelendendes Wachstum kann Verelendendes Wachstum 161 fit-lernhilfen.de stattfinden, wenn die Exportsteigerung die Terms of Trade des Exportlandes in erheblichem Ausmaß verschlechtern. Dies bedeutet, dass das Inland für ein gegebenes Importniveau immer mehr Exportgüter hergeben muss. Die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft (w) - also die Rate, mit der die Menge der zur Verfügung stehenden Güter wächst - setzt sich in diesem Fall aus einer internen Komponente (w int ) und einer externen Komponente (w ext ) zusammen. Die interne Wachstumskomponente beschreibt den Zuwachs an zur Verfügung stehenden Gütern, der daraus resultiert, dass die Produktionskapazitäten der Volkswirtschaft zunehmen. Die externe Wachstumskomponente beschreibt den Zuwachs an zur Verfügung stehenden Gütern, der daraus resultiert, dass sich die Terms of Trade der Volkswirtschaft verbessern, das Land also mehr Importgüter für ein gegebenes Exportgüterbündel erhält. Im Fall des verelendenden Wachstums ist die externe Wachstumskomponente negativ und vom Betrag her größer als die positive interne Komponente (|+ w int | < |w ext |), sodass die Menge der zur Verfügung stehenden Güter insgesamt zurückgeht, die Wachstumsrate also negativ ist. Faktisch bedeutet dies, dass die Produktionskapazitäten der Volkswirtschaft zwar zunehmen, diese Kapazitätszuwächse aber wegexportiert werden. Das inländische Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um angesichts der sinkenden Terms of Trade ein gegebenes Importniveau aufrechtzuerhalten. Trotz steigender Produktionskapazitäten geht die Menge an Gütern und Dienstleistungen, die der Volkswirtschaft für Konsum- oder Investitionszwecke zur Verfügung stehen, zurück. Ein verelendendes Wachstum resultiert letztendlich aus dem Umstand, dass ein Land mit einer wachsenden Menge an Exportgütern auf dem Weltmarkt immer weniger Exporterlöse erzielen kann und daher auch nur eine sinkende Menge an Importgütern erhält, sodass der Volkswirtschaft eine immer kleiner werdende Menge an Gütern und Dienstleistungen zur Verfügung steht. Diese Gefahr besteht vor allem für Entwicklungsländer, die nur über geringwertige Produkte verfügen, für die es in entwickelten Volkswirtschaften nur eine geringe Nachfrage gibt. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, bieten sich aus Sicht des Exportlandes zwei Stellschrauben an: die eigenen Exporte und die eigenen Importe. 162 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de Bezüglich der eigenen Exporte sind die Handlungsspielräume begrenzt. Das Nachfrageverhalten der Länder, die die Güter des Exportlandes kaufen, ist von den exportierenden Ländern nicht beeinflussbar. Es ist jedoch möglich, die Struktur der Exportgüter zu verändern, also auf Güter mit einer hohen Preiselastizität der Nachfrage in den Industrieländern umzusteigen. Praktisch ist hier vor allem daran zu denken, verstärkt höherwertige Güter herzustellen und zu exportieren - sofern die Produktionstechnologie des Exportlandes dies erlaubt. Ist diese Veränderung der Exportgüter jedoch nicht möglich, so bleibt die Gefahr bestehen, dass Maßnahmen eines Entwicklungslandes zur Erhöhung des Exportangebots (Rationalisierung, Förderung des technischen Fortschritts, Landreformen, Bildungsoffensive etc.) dazu führen, dass die Exporterlöse des Landes trotz steigender Exporte sinken und die dem Entwicklungsland zur Verfügung stehende Gütermenge zurückgeht. In diesem Fall sollte das Entwicklungsland versuchen, die eigene Importnachfrage zu reduzieren, indem die Herstellung der Importprodukte im eigenen Land gesteigert wird, also die Strategie der Importsubstitution anzuwenden. IInternationaler Konjunkturzusammenhang Wird davon ausgegangen, dass die Bedingungen für das Phänomen des verelendenden Wachstums nicht erfüllt sind, dann profitieren - so wie bereits in Etappe 1 am Beispiel der komparativen Kostenvorteile dargestellt - alle beteiligten Länder vom Außenhandel. Jedes einzelne Land kann nach der Aufnahme von Außenhandel mehr Güter konsumieren als vor dem Außenhandel. Durch den internationalen Güterhandel wird dann ein globaler Wachstumsprozess angestoßen, der sich selbst verstärkt: Wenn in einem Land die Produktion und die Beschäftigung zunehmen, erhöht dies das Einkommen der Menschen in diesem Land und damit deren Nachfrage nach Gütern. Die erhöhte Güternachfrage bezieht sich sowohl auf heimische als auch auf ausländische Produkte, d. h. die Importe des Inlands nehmen zu. Die Importe des Inlands sind die Exporte des Auslands, sodass im Ausland die Internationaler Konjunkturzusammenhang 163 fit-lernhilfen.de Produktion dieser Güter steigt. Dadurch kommt es im Ausland zu einem Anstieg der Produktion und der Beschäftigung. Die damit verbundene Einkommenserhöhung äußert sich wiederum in einer höheren Güternachfrage. Die höhere Güternachfrage des Auslands hat wiederum positive Rückwirkungen auf das Inland, denn eine höhere Importgüternachfrage des Auslands bedeutet für das Inland eine Steigerung der Exporte inklusive der damit verbundenen Produktions- und Beschäftigungszuwächse. Abb. 7.3: Grafische Darstellung des internationalen Konjunkturzusammenhangs Die zunehmende Nachfrage nach Importgütern bezieht sich auch auf die Produkte anderer Länder, sodass dort die Produktion und Beschäftigung ebenfalls zunehmen. Das Wirtschaftswachstum im Ausland ist dann für das Inland mit weiteren Exportsteigerungen Produktion Land A Beschäftigung Land A verfügbares Einkommen Land A Güternachfrage Land A Nachfrage nach Gütern aus Land B Produktion Land B Beschäftigung Land B verfügbares Ein kommen Land B Güternachfrage Land B Nachfrage nach Gütern aus Land A Nachfrage nach Gütern aus Land C Produktion Land C usw. 164 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de verbunden. Hieraus resultiert ein internationaler Konjunkturzusammenhang: Wenn in einem Land die Wirtschaft wächst, die Produktion zunimmt und das Einkommen steigt, dann hat dies auch positive Wachstumseffekte für die Länder, die mit dem wachsenden Land Güter austauschen (siehe Abbildung 7.3). Damit hat jedes Land einen Anreiz, am internationalen Handel teilzunehmen. Die damit verbundene Abhängigkeit von der Wirtschaftsentwicklung in anderen Ländern hat aber auch ihre Schattenseiten. Wenn nämlich in einer Volkswirtschaft das reale Bruttoinlandsprodukt schrumpft, gehen dort die Produktion, die Beschäftigung und damit auch das Einkommen zurück. Dies reduziert die Güternachfrage des Landes, also auch die Nachfrage nach Produkten aus dem Ausland. Ein wirtschaftlicher Abschwung breitet sich damit auf die Handelspartner aus und reduziert dort Produktion und Beschäftigung. Diese negativen Konjunkturzusammenhänge zeigten sich schon bei der Analyse der langfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen eines Zolls (siehe Etappe 6 „Dynamische Wirkungen eines Importzolls für das Inland“). Eine weitere Möglichkeit des Wirtschaftswachstums durch internationale wirtschaftliche Aktivitäten kann sich aus der Wanderung von Produktionsfaktoren ergeben. Hier ist neben der Wanderung der Faktoren Arbeit und Kapital auch an eine Übertragung von Technologien zu denken. WWachstum durch internationale Faktormobilität In den bisherigen Ausführungen wurde implizit unterstellt, dass zwar Güter und Dienstleistungen über Ländergrenzen hinweg bewegt werden, nicht aber die grundsätzlich ebenfalls mobilen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Wachstumsprozesse lassen sich jedoch nicht nur durch den internationalen Güterhandel anstoßen, sondern auch durch eine Wanderung von Produktionsfaktoren. Wachstum durch internationale Faktormobilität 165 fit-lernhilfen.de Land A Land B Menge des eingesetzten Kapitals (ME K ) produzierte Menge Stahl (in t) der zuletzt eingesetzten ME K gesamte Menge an produziertem Stahl (in t) Menge des eingesetzten Kapitals produzierte Menge Stahl (in t) der zuletzt eingesetzten ME K gesamte Menge an produziertem Stahl (in t) 1 14 14 1 10 10 2 13 27 2 9 19 3 12 39 3 8 27 4 11 50 4 7 34 5 10 60 5 6 40 6 9 69 6 5 45 7 8 77 7 4 49 8 7 84 8 3 52 9 6 90 9 2 54 10 5 95 10 1 55 Tab. 7.1: Produktionstechnologische Zusammenhänge zwischen Kapitaleinsatz und Stahlproduktion in zwei Volkswirtschaften Ausgangspunkt für eine höhere wirtschaftliche Wertschöpfung infolge einer Wanderung von Produktionsfaktoren ist die Überlegung, dass die Grenzproduktivität eines bestimmten Faktors in zwei Ländern unterschiedlich ist. Ein Zuwachs der von beiden Ländern zusammen produzierbaren Gütermenge lässt sich in dieser Situation erreichen, wenn eine bestimmte Menge von Faktoreinheiten aus dem Land mit der geringeren Grenzproduktivität verlagert wird in die Volkswirtschaft mit der höheren Grenzproduktivität. Dieser Grundgedanke lässt sich mit einem einfachen Zahlenbeispiel verdeutlichen. Angenommen werden zwei Volkswirtschaften (A und B). Beide Volkswirtschaften produzieren ein homogenes Gut, z. B. Stahl. Die Produktionsmenge wird in Tonnen (t) gemessen. Die Produktion erfolgt mit nur einem Produktionsfaktor, dem Faktor Kapital. Der Kapitaleinsatz wird in Mengeneinheiten Kapital (ME K ) gemessen. Die entsprechende Produktionsfunktion zeichnet sich durch eine positive, aber abnehmende Grenzproduk- 166 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de tivität aus. Dies bedeutet, dass der zusätzliche Einsatz eines Faktors in der Produktion stets zu einer Zunahme des Gesamtertrags führt. Diese Zuwächse werden aber bei steigendem Einsatz des betreffenden Faktors immer geringer. Des Weiteren wird angenommen, dass die Grenzproduktivität des Faktors Kapital in Land A höher ist als in Land B. Beispielsweise könnten sich die Zusammenhänge zwischen Kapitaleinsatz und Stahlproduktion in den beiden Ländern wie in Tabelle 7.1 darstellen lassen. Nehmen wir nun an, der Kapitalstock in Land A beträgt neun Einheiten, während er in Land B drei Einheiten umfasst. Entsprechend der produktionstechnologischen Zusammenhänge resultiert daraus eine Gesamtproduktion von 90 t Stahl + 27 t Stahl = 117 t Stahl. Wird nun eine Mengeneinheit Kapital (ME K ) von Land A nach Land B transferiert, sinkt die Produktion in Land A auf 84 t Stahl, während sie in Land B auf 34 t Stahl steigt. Daraus resultiert eine Gesamtmenge in Höhe von 118 t Stahl. Die von beiden Volkswirtschaften hergestellte Stahlmenge ist damit eine Tonne größer als vorher. Die Steigerung der Stahlmenge resultiert daraus, dass das Kapital von dem Land, in dem es eine geringere Grenzproduktivität hat (die Grenzproduktivität des Faktors Kapital beträgt in Land A sechs Tonnen Stahl), in das Land transferiert wird, in dem eine höhere Grenzproduktivität vorliegt (die Grenzproduktivität des Faktors Kapital beträgt in Land B acht Tonnen Stahl). Die gesamte Produktionsmenge beider Länder wird maximiert, wenn der zur Verfügung stehende gesamte Kapitalstock (in diesem Fall ein Kapitalstock von 12 Einheiten) so zwischen den beiden Ländern aufgeteilt wird, dass die Grenzproduktivität des Kapitals in beiden Ländern identisch ist. Wird davon ausgegangen, dass die Faktoren entsprechend ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden, führt die Faktorwanderung dazu, dass die Faktorpreise in beiden Ländern identisch sind. Diese Entwicklung ist in Abbildung 7.4 dargestellt. Wachstum durch internationale Faktormobilität 167 fit-lernhilfen.de Abb. 7.4: Ausgleich der Grenzproduktivität des Faktors Kapital durch Faktorwanderung Das Kapitalangebot in jedem Land wird dabei mit K Ang. bezeichnet, die Kapitalnachfrage mit K Nach. . Der Schnittpunkt zwischen Kapitalangebot und Kapitalnachfrage bestimmt den Preis für den Faktor Kapital (Zinssatz r). Der Zinssatz stimmt dabei mit der Grenzproduktivität des Faktors Kapital überein. In der Ausgangssituation (Index 0 ) ist die Grenzproduktivität des Faktors Kapital in Land B größer als in Land A. Daher ist auch der Zinssatz in Land B größer als in Land A (r B > r A ). In diesem Fall kommt es zu einer Wanderung des Faktors Kapital aus Land A in das Land B. Für das Land B bedeutet dies eine Zunahme des Kapitalangebots. Das höhere Kapitalangebot führt ceteris paribus zu einem höheren Kapitaleinsatz. Dieser reduziert die Grenzproduktivität des Kapitals und damit auch den Zinssatz. Für das Land A hat die Faktorwanderung eine Verringerung des Kapitalangebots zur Folge. Damit geht der Kapitaleinsatz in der Produktion zurück. Dies erhöht jedoch die Grenzproduktivität des Faktors Kapital, sodass auch der Zinssatz steigt. Die Faktorwanderung von Land A nach Land B findet solange statt, bis es zum Ausgleich der Grenzproduktivitäten bzw. der Zinssätze kommt (r A = r B ). Kapitalmenge in Land B r B K 0Nach. Kapitalmenge in Land A r A K 1Ang. K 0Ang. K 0Nach. K 0Ang. K 1Ang. K B 0 K B1 K A1 K A0 r B 0 r B 1 r A 1 r A 0 Land B Land A 168 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de Die Faktorwanderung führt dazu, dass die von beiden Ländern insgesamt hergestellte Menge an Produkten erhöht wird. Der Produktionszuwachs erhöht die Konsummöglichkeiten der Bürger, was wiederum deren Wohlfahrt steigert. Die Produktions- und Wohlfahrtssteigerung ist jedoch mit Verteilungskonflikten verbunden. In dem Land, in dem vor der Kapitalwanderung - gemessen an der Grenzproduktivität - zu viel Kapital ist (Land A), führt der Abzug von Kapital zu einer Verknappung des Faktors Kapital und zu einem Anstieg der Grenzproduktivität. Beides hat zur Folge, dass der Preis für den Faktor Kapital steigt. In Land B kommt es hingegen zu einer Reduzierung des Zinssatzes. Auch im Fall einer Wanderung des Faktors Arbeit kommt es zu Verteilungskonflikten. Exemplarisch lässt sich dies mit Hilfe einer einfachen Analyse der Konsequenzen von Wanderungsbewegungen für den Arbeitsmarkt in der Zuwanderungsregion zeigen. Dabei werden die traditionellen Annahmen des Grundmodells (keine Transaktionskosten, vollkommene Information, vollkommen flexible Lohnsätze, homogene Arbeit, Vollbeschäftigung etc.) unterstellt. Wenn der Lohn (w) der Zielregion größer ist als im Ausland, kommt es zu einer Zuwanderung von Arbeitskräften. Auf dem Arbeitsmarkt der Zuwanderungsregion bewirkt dies eine Erhöhung des Arbeitsangebots (L s ), während die Arbeitsnachfrage (L d ) unverändert bleibt. Wachstum durch internationale Faktormobilität 169 fit-lernhilfen.de Abb. 7.5: Arbeitsmarktkonsequenzen in der Zuwanderungsregion bei homogener Arbeit Das Resultat der Migration für die Zuwanderungsregion ist in Abbildung 7.5 dargestellt und zeichnet sich durch folgende zentrale Konsequenzen aus: Die gesamte Beschäftigung steigt von L 0 * auf L 1 *. Der Lohnsatz sinkt von w 0 * auf w 1 *. Die heimische Beschäftigung geht dabei zurück (von L 0 * auf L Inl ). Die Differenz zwischen L 1 * und L Inl stellt das Volumen der Arbeitskräfte dar, die zugewandert sind. Das gesamte Arbeitseinkommen der heimischen Beschäftigten sinkt von 0w 0 *Q 0 *L 0 * auf 0w 1 *aL Inl . Das Arbeitseinkommen der zugewanderten Arbeitskräfte entspricht der Fläche L Inl aQ 1 *L 1 *. Wird zudem davon ausgegangen, dass die Arbeitsnachfragekurve der Wertgrenzproduktkurve des Faktors Arbeit entspricht und dass die Differenz zwischen dem mit Hilfe des Faktors Arbeit erwirtschafteten Produkt und den Lohnzahlungen ausschließlich dem Faktor Kapital zufällt, so ist das Kapitaleinkommen um die Fläche w 0 *Q 0 *Q 1 *w 1 * gestiegen. Im Ergebnis führt die Wanderung von Arbeitskräften unter den hier getroffenen Annahmen in der Zuwanderungsregion zu einer Verdrängung der heimischen Arbeitskräfte, zu einer Lohnsenkung L w L 1 * 0 Q 0 * w 0 * L s0 Q 1 * L 0 * L s1 L Inl w 1 * L d a 170 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de und zu einem Anstieg des Kapitaleinkommens. In der Abwanderungsregion sind entsprechend die entgegengesetzten Auswirkungen zu erwarten, d. h. die Beschäftigung geht dort zurück, der Lohnsatz steigt und das Kapitaleinkommen sinkt. Die in der Zuwanderungsregion auftretenden negativen Lohn- und Beschäftigungseffekte können jedoch durch eine Reihe von weiteren Effekten abgebremst oder sogar überkompensiert werden. Dabei ist zunächst einmal an die Nachfrageeffekte zu denken, die sich infolge der höheren Beschäftigung ergeben können. Zum einen bewirkt die Erhöhung der Beschäftigung eine Erhöhung des gesamten Einkommens, sodass die Konsumausgaben steigen. Zum anderen ist zu erwarten, dass mit der Beschäftigungsausweitung auch die Investitionsnachfrage steigt. Eine höhere Konsum- und Investitionsnachfrage bedeutet ceteris paribus eine Steigerung der Arbeitsnachfrage. Darüber hinaus kann es im Fall von steigenden Skalenerträgen und positiven Spillover-Effekten bei einer Ausweitung der Beschäftigung zu einer Steigerung der Arbeitsproduktivität kommen, die ceteris paribus ebenfalls eine Erhöhung der Arbeitsnachfrage zur Folge hat. Unter Berücksichtigung derartiger Effekte kann es daher selbst im Fall der Zuwanderung von Arbeitskräften zu positiven Lohn- und Beschäftigungseffekten für die heimischen Arbeitskräfte kommen. Tatsächlich kommen die meisten empirischen Studien zu dem Ergebnis, dass die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation und Entlohnung der heimischen Arbeitskräfte hat. FFazit Außenwirtschaftliche Beziehungen können in den beteiligten Volkswirtschaften zu einem höheren Wirtschaftswachstum führen. Dies gilt sowohl für den internationalen Tausch von Gütern als auch für die internationale Mobilität von Produktionsfaktoren. Über Exporte kann eine Volkswirtschaft darüber hinaus auch von Wachstumsprozessen im Ausland profitieren. Durch ein exportorientiertes Wirtschaftswachstum macht sich ein Land jedoch abhän- Fazit 171 fit-lernhilfen.de gig von der wirtschaftlichen Prosperität im Ausland. Die Problematik der gegenseitigen Exportabhängigkeit zeigte sich unter anderem bei der Übertragung des amerikanischen Wirtschaftsabschwungs im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 auf den Rest der Welt. 172 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de ZZwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 7.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Wirtschaftswachstum liegt vor, wenn … [1 Fit-Punkt] die Beschäftigung steigt. das reale Bruttoinlandsprodukt steigt. die Exporte steigen. Eine Steigerung der Exporte kann zu einem »verelendenden Wachstum« führen, wenn … [2 Fit-Punkte] die Exportsteigerung zu einer Abwertung der heimischen Währung führt. das Ausland auf die Exportsteigerung mit einem Importzoll reagiert. die Preiselastizität der Exportnachfrage gering ist. »Verelendendes Wachstum« geht einher mit … [2 Fit-Punkte] Zwischenstand: Fragen und Antworten 173 fit-lernhilfen.de einer Verschlechterung der Terms of Trade. einer Zunahme der Importe. Ein Wirtschaftswachstum im Inland führt auch im Ausland zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Aktivitäten, weil … [2 Fit-Punkte] höhere Steuereinnahmen im Inland die Staatsnachfrage nach ausländischen Produkten erhöhen. das Ausland seine Exporte ins Inland steigern kann. die Lohnsteigerungen die Kaufkraft des Auslands erhöhen. Ein Land exportiert Kapital ins Ausland, wenn … [3 Fit-Punkte] das Lohnniveau im Ausland geringer ist als im Inland. die Grenzproduktivität des Kapitals im Ausland geringer ist als im Inland. die Grenzproduktivität des Kapitals im Ausland größer ist als im Inland. Die Zuwanderung von Arbeitskräften führt im Inland in der kurzen Frist zu einem Anstieg … [2 Fit-Punkte] der Kapitaleinkommen. der heimischen Beschäftigung. des inländischen Lohnsatzes. Die Zuwanderung von Arbeitskräften führt im Inland in der langen Frist zu einem Anstieg … [2 Fit-Punkte] 174 Etappe 7: Internationaler Konjunkturzusammenhang fit-lernhilfen.de der Arbeitslosigkeit. der Binnennachfrage. Dein Punktestand Etappe 7 [ …………… Fit-Punkte] EEtappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 176 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de SStartschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? Dieses Kapitel erläutert, wie aus dem Platzen der US- Immobilienblase und der Pleite der Lehman Brothers Bank im September 2008 in kürzester Zeit eine weltweite Finanzkrise werden konnte, die sich dann auch noch zu einer globalen Wirtschaftskrise entwickelte. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? expansive Geldpolitik Immobilienblase Ineffizienzen der Finanzmärkte asymmetrischen Informationen Risikodiversifizierung Kreditpaket Risikoprämie Wofür benötige ich dieses Wissen? Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 war die erste wirkliche globale Krise, weil sie sich rasch ausbreitete und neben allen Industrieländern auch die aufstrebenden Schwellenländer betraf. In global vernetzten Volkswirtschaften steigen die ökonomischen Abhängigkeiten, sodass wirtschaftliche Einbrüche in einem Land auch zukünftig gravierende Konsequenzen für die Weltwirtschaft haben waren. Die Kenntnis der Ursachen, die für die Krise 2008/ 2009 verantwortlich sind, ist eine zwingende Voraussetzung für die Erarbeitung von Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung einer derartigen Krise reduzieren. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? Eine Erkenntnis dieses Kapitel besteht aus der Feststellung, dass die Maßnahmen, die 2001 nach dem Platzen der Dotcom-Blase und den Terroranschläge des 11. Septembers zur Stabilisierung der amerikanischen Wirtschaft eingesetzt wurden eine entscheidende Ursache für das Platzen der US- Ursachen der Finanzkrise 177 fit-lernhilfen.de Immobilienblase waren. Dieses Kapitel verdeutlicht so die Bedeutung von Wechselwirkungen zwischen einzelnen ökonomischen Entwicklungen. Es zeigt dir, dass bei der Beantwortung von Fragen zu ökonomischen Wirkungsmechanismen nicht nur die unmittelbaren bzw. direkten Wirkungen zu berücksichtigen sind, sondern auch die indirekten Konsequenzen und Wechselwirkungen. Du solltest daher bei allen Antworten auf ökonomische Fragen immer an solche Effekte denken. LLos geht’s! Im September 2008 kam es mit der Pleite der Lehman Brothers Bank zu einer globalen Finanzkrise, die sich schnell zu einer weltweiten Wirtschaftskrise entwickelte. In Deutschland kam es beispielsweise 2009 im Vergleich zum Vorjahr zu einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts von fast 5 Prozent. Dieses Kapitel setzt sich mit den Ursachen der globalen Finanzkrise auseinander sowie mit der Übertragung der Finanzkrise auf die Realwirtschaft. Ursachen der Finanzkrise Für die globale Finanzkrise gibt es eine Vielzahl von Erklärungsansätzen: die Gier der Anleger, die fehlende Moral der Banker, schlecht informierte Investoren, falsche Anreizsysteme bei der Entlohnung von Bank-Managern, fehlende Regulierungen seitens des Staates, die expansive Geldpolitik der Zentralbanken, die Entwicklung undurchschaubarer Finanzderivate - diese Liste beansprucht keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ließe sich beliebig verlängern. Trotz der Vielfalt von Erklärungsansätzen lässt sich das Bündel von Ursachen letztendlich in drei Ursachenbereiche zusammenfassen: Erstens die expansive Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken (ausgelöst in den USA in den Jahren zwischen 2001 und 2004; den amerikanischen Zinssenkungen schlossen sich die 178 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Notenbanken weltweit an), die als globale monetäre Basis für die spekulative Immobilien- und Aktienblase diente, zweitens psychologische Elemente, die das Entstehen einer spekulativen Blase unterstützen (Gier, Neid, Herdentrieb sowie die systematische Unterschätzung von Risiken bzw. die Überzeugung, dass der Einzelne schlauer ist als der Markt) und schließlich die Ineffizienzen der Finanzmärkte, die vor allem auf Informationsdefiziten beruhen und zu einem Marktversagen führen. Nach dem Platzen der spekulativen Dotcom-Blase senkte die US- Notenbank die Zinsen Anfang 2001 mehrfach; nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 wurden die Zinsen zusätzlich gesenkt. Ziel der expansiven Geldpolitik war es, die negativen wirtschaftlichen Folgen dieser beiden Schocks abzumildern. Über Zinssenkungen sollte ein Anstieg der Investitionen erreicht werden, der dann zu mehr Beschäftigung führt, die Lohneinkommen erhöht, damit die private Konsumnachfrage erhöht und somit die Produktion und die Beschäftigung weiter steigert. Die sinkenden Zinsen in den USA verringerten den Anreiz, dort Kapital anzulegen. Es kam daher zu einer Abwertungstendenz des US-Dollars (respektive einer Aufwertungstendenz des Euros), der die Exportchancen der US-Wirtschaft erhöhte und die Exportchancen aller anderen Länder verringerte. Um ein Absinken der Exporte - und damit auch der Beschäftigung - in Europa zu verhindern, senkte auch die Europäische Zentralbank ihre Zinsen. Andere Zentralbanken folgten diesem Vorgehen aus dem gleichen Grund. Damit kam es weltweit zu einer expansiven Geldpolitik der Zentralbanken und einem entsprechenden Rückgang der Zinsen. Das wirtschaftspolitische Ziel der expansiven amerikanischen Geldpolitik wurde erreicht, d. h. Produktion, Beschäftigung und Lohneinkommen stiegen in den USA. Eine Konsequenz der gestiegenen privaten Einkommen war die steigende Nachfrage nach Immobilien, in der Regel kreditfinanziert. Die expansive Geldpolitik verringerte zudem die Kreditkosten, sodass der Anreiz zum kreditfinanzierten Immobilienkauf auch durch die geringen Finanzierungskosten erhöht wurde, die Nachfrage nach Immobilien stieg also. Die steigende Nachfrage nach Immobilien bewirkte einen permanenten Anstieg der Immobilienpreise. Da diese Immobi- Ursachen der Finanzkrise 179 fit-lernhilfen.de lien als Sicherheit für die Kredite fungierten, nahmen auch die Sicherheiten der Kreditnehmer zu, sodass die Kreditvergabe immer weiter stieg (für weitere Immobilien oder Konsumgüter, hier vor allem Automobile). Die geldpolitischen Maßnahmen zur Verhinderung eines wirtschaftlichen Abschwungs waren jedoch auch mit negativen Folgewirkungen verbunden. Die weltweite expansive Geldpolitik hatte mittelfristig die Konsequenz, dass zu viel Liquidität in die Märkte gepumpt wurde. Damit stieg die Inflationsgefahr. Um einen Anstieg der Inflationsraten zu verhindern, erhöhte die US-Notenbank Ende 2004 sukzessive die Leitzinsen, die Europäische Zentralbank folgte ihr 2006. Da Kredite in den USA variabel verzinst werden, erhöhte dies die Kreditkosten der Immobilienbesitzer. Der Anstieg der Zinsen hatte dann negative Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung. Höhere Zinsen führen in der Regel zu einem Rückgang der Investitionen, der zu einem Beschäftigungsrückgang führt, die Lohneinkommen verringert, damit die private Konsumnachfrage reduziert und somit die Produktion und die Beschäftigung weiter verringert (Arbeitslosigkeit nimmt zu). Die Konsequenz aus steigenden Kreditkosten und sinkenden Lohneinkommen bzw. steigender Arbeitslosigkeit war, dass Kreditnehmer die Zinsen und Tilgungen ihrer Kredite nicht mehr zahlen konnten. Folglich kam es zum (Not)Verkauf der kreditfinanzierten Immobilien. Das steigende Angebot an Immobilien drückte auf den Preis, d. h. die Immobilienpreise sanken. Potenziellen Immobilienkäufern wurde deutlich, dass der bisherige Preisanstieg irrational groß war. Ihre Bereitschaft, Immobilien zu erwerben, ließ daher schlagartig nach. Das steigende Immobilienangebot traf also auf eine sinkende Nachfrage, sodass der Preis für Immobilien rapide fiel und die spekulative Immobilienblase platzte. Damit verloren die als Sicherheit fungierenden Immobilen an Wert. Ein Kreditausfall bedeutete für die betreffende Bank einen Vermögensverlust, der zu Lasten des Eigenkapitals ging. Dies hatte wiederum zur Folge, dass die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken zurückgingen. Die Kreditverknappung erhöhte die Zinsen weiter. Als Folge der steigenden Zinsen gingen die Investitionen, die Produktion und die 180 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Beschäftigung zurück, d. h. der wirtschaftliche Abwärtstrend setzte sich fort. Eine gesamtwirtschaftliche Erhöhung der Liquidität ist die monetäre Basis für eine spekulative Blase. Spekulation und die damit verbundene spekulative Blase sind aber auch ein psychologisches Problem. Gier, Neid und der Herdentrieb spielen eine wichtige Rolle für das Überhitzen von Preisen für Vermögenswerte. Auch die systematische Unterschätzung von Risiken bzw. die Überzeugung, der Einzelne sei schlauer als der Markt, kommen zum Tragen. Diese Aspekte wurden bereits in Etappe 2 in „die Keynesianische Wechselkurstheorie“ diskutiert. Die dort genannten psychologischen Elemente können ein rasches Ansteigen von Preisen für Vermögenswerte (Aktien, Wertpapiere, Immobilien, Rohstoffe, Devisen etc.) bewirken. Der permanente Anstieg von Preisen für Vermögenswerte findet dann aber irgendwann ein jähes Ende. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht vorhersagen. Auslöser können Ereignisse von großer Tragweite sein (Bankrott einer Großbank, Terroranschlag), aber auch marginale Ereignisse (bei einem Unternehmen verringert sich die Gewinnerwartung von 500 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro). Entscheidend ist nur, dass die irrational optimistischen Zukunftserwartungen dann schlagartig umschlagen in pessimistische Erwartungen. Dies führt zu Verkäufen, um Gewinne zu realisieren. Der massive Verkauf bei einer gleichzeitig rückläufigen Nachfrage bewirkt einen massiven Preisbzw. Kurssturz. Verstärkt werden die Kurseinbrüche unter anderem durch computergestützte Stopp-Loss-Verkäufe (eine vor allem in den USA weit verbreitete Form eines Verkaufsauftrags, der automatisch an die Börse gegeben wird, wenn ein bestimmter Wertpapierkurs erreicht bzw. unterschritten wird). Eine weitere Ursache besteht aus den Ineffizienzen der Finanzmärkte. Finanzbzw. Kapitalmärkte haben die Aufgabe, das gesamtwirtschaftlich verfügbare Kapital an die Investitionsvorhaben und wirtschaftlichen Aktivitäten weiterzuleiten, die unter der Berücksichtigung der bestehenden Kapitalrisiken die größte Rendite erbringen. Die Finanzmärkte sollen somit die Aktivitäten der Kapitalanleger (Sparer) und der Kapitalnachfrager (Investoren) koordi- Ursachen der Finanzkrise 181 fit-lernhilfen.de nieren und das Kapital so weiterleiten, dass es aus gesamtgesellschaftlicher Sicht den größten Nutzen für die Volkswirtschaft stiftet. Märkte erreichen dieses Ziel mit Hilfe der Anreiz- und Koordinierungsfunktionen des Preises. Die Funktionsfähigkeit eines Marktes basiert jedoch auf zahlreichen Modellannahmen, die bei Finanztiteln (Aktien, Anleihen etc.) in der Realität nicht gegeben sind. Zu den wichtigsten Grundvoraussetzungen für die Funktionsfähigkeit des Marktes gehören: Kenntnis über den Nutzen des gekauften Gutes: Der Käufer eines Sachgutes oder einer Dienstleistung ist in der Lage, dem Gut oder der Dienstleistung einen Nutzen zuzuschreiben und diesen auch in Geldeinheiten zu bewerten. Wenn einem Apfel ein Nutzen zugeordnet wird, der einem Euro entspricht, wird der Kauf dieses Apfels von dessen Marktpreis abhängig gemacht. Liegt der Marktpreis unter einem Euro, so lohnt sich der Kauf, bei einem höheren Preis hingegen wird der Apfel nicht gekauft. Bei einer Aktie besteht der Nutzen aus den Dividenden und dem Erlös beim späteren Verkauf der Aktie. Beide Größen sind jedoch nicht bekannt. Selbst bei festverzinsten Wertpapieren besteht die Gefahr, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die zugesagten Zinsen zu zahlen oder die Schuld zu tilgen. Die Marktteilnehmer müssten also den wahren oder »fundamentalen« Wert eines Finanztitels kennen, aber dieser ist höchst unsicher bzw. sogar unbekannt. Wenn Sparer also nicht wissen, welchen Nutzen sie aus dem Erwerb bestimmter Finanztitel ziehen, ist auch nicht garantiert, dass sie ihr Kapital dort anlegen, wo es die höchste Rendite erbringt - sowohl aus einzelwirtschaftlicher als auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Gleicher Informationsstand für alle Marktteilnehmer: Markttransparenz ist eine zwingende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Märkten. Sobald Informationsunterschiede bestehen, kommt es auf Märkten zu Ineffizienzen. Hierzu sei nur auf das Beispiel des Insiderwissens hingewiesen. Wenn einzelne Aktienbesitzer wissen, dass ihrem Unternehmen die Insolvenz droht und sie deshalb ihre Aktien verkaufen, investieren ahnungslose Anleger in wertlose Aktien, d. h. ihr Kapitel fließt in einen Bereich, in dem es nicht den größtmöglichen gesamtwirt- 182 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de schaftlichen Nutzen stiftet. Ein weiteres Informationsproblem ist das Phänomen der asymmetrischen Informationen: Auf dem Kreditmarkt bestehen auf Seiten der Kreditgeber Unsicherheiten über die Qualität von Schuldnern. Aus Sicht eines Kreditgebers gibt es Kreditnehmer, die ihren Kredit mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückzahlen können (gute Risiken) und Kreditnehmer, bei denen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie den geliehenen Betrag nicht zurückzahlen können (schlechte Risiken). Je höher dabei das Ausfallrisiko ist, desto höher ist die Risikoprämie, die auf den Zinssatz aufgeschlagen wird, sodass jeder Kredit entsprechend des individuellen Ausfallrisikos einen eigenen Zinssatz haben müsste. Wenn Kreditgeber allerdings nicht in der Lage sind, die Qualitätsunterschiede der Kreditnehmer zu erkennen, müssen sie mit einer durchschnittlichen Risikoprämie arbeiten, die dem durchschnittlichen Ausfallrisiko entspricht. Damit aber zahlen die guten Risiken einen zu hohen Zinssatz, was zu einer Reduzierung ihrer Kreditnachfrage führt. Gleichzeitig fragen die schlechten Risiken infolge des - gemessen am individuellen Ausfallrisiko - zu geringen Zinssatzes zu viele Kredite nach. Die asymmetrischen Informationen über die Qualität der Kreditnehmer bewirken somit ein Marktversagen in der Form, dass es zu einem suboptimalen Kreditvergabevolumen kommt. Zudem verringert sich das relative Gewicht der guten Risiken an der Gesamtheit der Kreditnachfrager. Dadurch verschlechtert sich die durchschnittliche Qualität der Kreditnehmer immer mehr, was langfristig zum Zusammenbrechen des gesamten Kreditmarktes führen kann. Die Ineffizienz der Finanzmärkte hat sich besonders deutlich im Bereich des Kredithandels gezeigt. Banken haben in großem Stil einzelne Kreditverträge zu Paketen zusammengepackt und diese auf den internationalen Kapitalmärkten verkauft. Grundsätzlich ist an diesem Vorgehen nichts auszusetzen, im Gegenteil: Die damit verbundene Risikodiversifizierung ist ökonomisch durchaus sinnvoll und gewollt. Wenn beispielsweise ein Finanzinstitut nur Immobilienkredite an die Bewohner einer bestimmten Region vergibt und der Hauptarbeitgeber dieser Region plötzlich und unerwartet die Produktion einstellen muss, so werden Tausende Ursachen der Finanzkrise 183 fit-lernhilfen.de von Personen arbeitslos und damit auch unfähig, ihren Kreditverpflichtungen nachzukommen. Als Konsequenz würde das Finanzinstitut insolvent werden. Die Verteilung der Kredite auf weitere Finanzinstitute verteilt auch die damit verbundenen Risiken und verringert die Gefahr einer Insolvenz der Finanzinstitute. Problematisch bei der Schnürung der Kreditpakete ist jedoch das schon angesprochene Problem der asymmetrischen Informationen. Die Käufer der Kreditpakete haben bezüglich der Qualität der dahinter stehenden Kreditnehmer einen Informationsnachteil gegenüber den Banken, die diese Kredite ursprünglich vergeben haben und nun verkaufen. Die Käufer der Kreditpakete haben nur eine Kenntnis über das durchschnittliche Ausfallrisiko von Krediten und damit über den durchschnittlichen Wert der Forderungen. Bei einer 20-prozentigen Ausfallwahrscheinlichkeit (= 80prozentige Rückzahlungswahrscheinlichkeit) würde also für jede Forderung mit einem Nennwert von 100,- Euro ein Preis von 80,- Euro gezahlt werden. Die Verkäufer der Kreditpakete haben jedoch in der Regel einen Informationsvorsprung, d. h. sie können besser einschätzen, welcher Kredit eine geringere Ausfallwahrscheinlichkeit hat als 20 Prozent. Folglich werden sie in die Kreditpakete keine oder nur wenige Forderungen packen, deren Ausfallwahrscheinlichkeit unter 20 Prozent liegt. Im Ergebnis erwerben die Käufer der Kreditpakete somit Forderungspakete, deren Erwartungswert unter dem bezahlten Kaufpreis liegt. Wenn dann die Rückzahlung der Kredite ansteht, müssen Teile der Kredite abgeschrieben werden, sodass Verluste anfallen. Dies gilt umso mehr, wenn die Vermögenswerte und Einkommen, die als Sicherheit für die Kredite dienen, sinken und die Erwartungswerte der Forderungen sich dadurch weiter reduzieren. Gerade der internationale Verkauf derartiger Forderungspakete hat zur Folge, dass sich die »schlechten« Kredite und die damit verbundenen Abschreibungen und Verluste nicht nur auf die davon direkt betroffenen amerikanischen Banken beziehen, sondern weltweit auf alle Banken, die derartige Kreditpakete erwerben. Die ursprünglich amerikanische Immobilienkrise, die durch das Platzen der Immobilienblase ausgelöst wurde, hat sich dadurch zu einer globalen Finanzkrise ausgeweitet. 184 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Die hier skizzierten Mechanismen stellen daher auch nur einen groben Überblick über die Entstehungsursachen der Krise dar. Neben den erwähnten Gründen sind noch weitere Einflussfaktoren zu nennen, die zu dieser Krise beigetragen haben bzw. deren Ausmaß vergrößert haben. Das Entstehen der Immobilienblase in den USA wurde auch durch staatliche Eingriffe unterstützt. Hierzu gehörten vor allem die Steuerersparnisse, die durch den Immobilienkauf möglich wurden, und die Förderung der Vergabe von Hypotheken an Familien der Mittelklasse durch die Banken Freddie Mae und Fannie Mac. Die Entlohnungs- und Prämiensysteme der Banken und Finanzinstitute orientieren sich am Umsatz und am aktuellen Gewinn bzw. an der aktuellen Rendite. Dies führt unter anderem dazu, dass die Akteure in den Banken und Finanzinstituten den Anreiz haben, auf kurzfristige Gewinne zu achten und dabei langfristige Verlustrisiken zu vernachlässigen (z. B. die Vergabe von Immobilienkrediten mit hohen Risikoprämien für unsichere Kreditnehmer oder die Entwicklung hoch spekulativer Finanzpapiere, die auf Kursentwicklungen wetten). Die monetären Wurzeln der Immobilien- und Aktienblase sind zum Teil auch in den Leistungsbilanzüberschüssen der chinesischen Volkswirtschaft zu finden. In den vergangenen Jahren sind diese Überschüsse massiv angestiegen, von 17,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2001 auf 160,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2005 und geschätzte 400 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008. Ein Leistungsbilanzüberschuss bedeutet einen Kapitalexport für die chinesische Volkswirtschaft, sodass die ausländischen Devisenbestände Chinas bei Ausbruch der Finanzkrise rund 1.800 Milliarden US-Dollar betrugen. Die damit einhergehende Nachfrage nach Vermögenstiteln wirkt kurssteigernd. Zu den monetären Wurzeln der Finanzkrise gehört auch das Spiegelbild der chinesischen Leistungsbilanzüberschüsse, d. h. vor allem das amerikanische Leistungsbilanzdefizit. In Kombination mit dem amerikanischen Haushaltsdefizit spiegelt das doppelte Defizit der USA den Umstand wider, dass die amerikanische Volkswirtschaft in den vergangenen Jahren über ihre Realwirtschaftliche Konsequenzen der Finanzkrise 185 fit-lernhilfen.de Verhältnisse gelebt hatte (vgl. Etappe 4 „Grundlegende makroökonomische Zusammenhänge“). Die chinesischen Leistungsbilanzüberschüsse haben das Kapital zur Verfügung gestellt, das den kreditfinanzierten Konsum in den USA ermöglicht hat. Die kreditfinanzierten Konsumausgaben der USA haben ihrerseits die Vergabe von Krediten erhöht und damit den Geldschöpfungsprozess weiter angefacht, d. h. die Liquidität zusätzlich erhöht. Die mathematischen Modelle, die von Investoren für die Prognose von Kursen verwendet werden, unterschätzen systematisch Kapitalmarktrisiken. Die elaborierten Modelle des Anlage- und Risikomanagements basieren auf Daten mit geringer Volatilität und vernachlässigen daher unter anderem die Auswirkungen von exogenen Schocks. Ein Risikomanagement, das auf den Ergebnissen dieser Modelle basiert, arbeitet mit zu geringen Liquiditätsreserven für unvorhergesehene Ereignisse und kann daher schnell in Liquiditätsprobleme geraten. Schließlich ist auch an ein wissenschaftliches Defizit zu denken. Die volkswirtschaftlichen Modelle der Neoklassik, die für die aktuelle volkswirtschaftliche Diskussion prägend sind, arbeiten in der Regel mit rationalen Erwartungen. In einem Modell mit rationalen Erwartungen wissen die wirtschaftlichen Akteure annahmegemäß, dass es zu einem Platzen einer Spekulationsblase kommt, sodass sie gar nicht erst bereit sind, hohe Preise zu zahlen. Das Entstehen einer Spekulationsblase ist daher in den Modellen annahmegemäß ausgeschlossen. Daher beschäftigt sich die Mainstream-Volkswirtschaft nicht mit dem Phänomen einer spekulativen Blase und deren Konsequenzen, was eine Ursache für die gegenwärtige Ratlosigkeit der Volkswirte ist. RRealwirtschaftliche Konsequenzen der Finanzkrise Die Krise des Finanzmarktes hatte sich bereits nach kurzer Zeit auf die reale Wirtschaft ausgeweitet. In den USA kam es im Jahr 2008 zu einem Anstieg der Zahl der Arbeitslosen von rund 2,6 Millionen. 186 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Dies war der größte Beschäftigungseinbruch in den USA seit 1945. Die Zahl der Arbeitslosen lag im Dezember 2008 bei 11,1 Millionen. Die Übertragung der Finanzkrise auf die reale Wirtschaft verläuft über zahlreiche Kanäle und Mechanismen. Die wichtigsten sind: Mit dem Platzen der Immobilienblase ist ein Vermögensverlust bei den Hausbesitzern verbunden. Der Vermögensverlust hat unter anderem zur Folge, dass die Konsumnachfrage dieser Personen nachlässt. Hiervon sind an erster Stelle langlebige Konsumgüter (Autos, Möbel, Elektrogeräte und vor allem die Bauwirtschaft) und die Güter, die nicht zum täglichen Leben gehören (Urlaubsreisen, Schmuck etc.), betroffen. Mit dem Platzen der Kreditblase, also dem Teil- oder sogar Totalverlust der Zertifikate, ist ein Vermögensverlust bei den Anlegern verbunden, der ebenfalls zu einer Verringerung der Konsumnachfrage führt. Die sinkende Konsumnachfrage verringert die Absatz- und Gewinnaussichten der Unternehmen in der Konsumgüterindustrie, sodass deren Aktienkurse sinken. Dies bedeutet einen weiteren Vermögensverlust mit einer Konsumeinschränkung. Der generelle Kurseinbruch bewirkt eine allgemeine Vertrauenskrise. Die steigende Unsicherheit führt bei vielen Konsumenten zu einem Angstsparen, was die Konsumnachfrage weiter reduziert. Die notwendigen Abschreibungen von wertlosen Forderungen gehen bei den Banken zu Lasten des Eigenkapitals. Damit verringern sich die Spielräume der Banken zur Kreditvergabe, das Kreditangebot geht somit zurück. Die Vertrauenskrise betrifft auch das Vertrauen in die Sicherheit der Spareinlagen. Kunden ziehen ihre Spareinlagen ab und verringern damit die Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken. Insgesamt geht die Kreditvergabe zurück, weil die Banken nicht mehr darauf vertrauen, dass ihre Kredite zukünftig zurückgezahlt werden. Die Vertrauenskrise hat außerdem die Folge, dass die Renditeerwartungen bezüglich anstehender Investitionsprojekte in der Wirtschaft zurückgehen. Damit geht die Investitionsgüternach- Realwirtschaftliche Konsequenzen der Finanzkrise 187 fit-lernhilfen.de frage, also die Nachfrage nach Maschinen und Produktionsanlagen, zurück. Die sinkende Bereitschaft zur Kreditvergabe verringert das gesamtwirtschaftliche Kreditangebot, sodass die Zinsen steigen. Steigende Zinsen führen ebenfalls zu einem Rückgang der Investitionen, sodass die Investitionsgüternachfrage sinkt. Die sinkende Investitionsgüternachfrage infolge sinkender Renditeerwartungen und steigender Zinsen verringert die Absatz- und Gewinnaussichten der Unternehmen in der Investitionsgüterindustrie, sodass deren Aktienkurse sinken. Dies bedeutet einen weiteren Vermögensverlust für Aktienbesitzer mit einer weiteren Konsumeinschränkung. Die Vertrauenskrise bezüglich der Rückzahlung von Krediten führt dazu, dass die Risikoprämien, die die Banken für einen Kredit verlangen, steigen. Damit steigen die Zinsen weiter an, was die schon genannten negativen Konsequenzen für Investitionen hat. Der generelle Rückgang der Güternachfrage führt zu einer Verringerung der gesamtwirtschaftlichen Produktion. Dies geht einher mit einer Verringerung der Beschäftigung, also einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Diese Entwicklung wird durch die Erwartungshaltungen der Konsumenten verschärft. Wenn beispielsweise Arbeitnehmer diese Wirkungszusammenhänge befürchten, müssen sie damit rechnen, dass die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden, steigt. Damit sinkt das erwartete Einkommen, sodass es nicht unwahrscheinlich ist, dass diese Personen zur besseren Zukunftsvorsorge ihren gegenwärtigen Konsum einschränken. Gleiches gilt für Sparer und Aktionäre, die Kursverluste sowie sinkende Zins- und Dividendeneinnahmen befürchten. Der Beschäftigungsrückgang verringert das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, sodass deren Konsumnachfrage weiter zurückgeht. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit bedeutet für den Staat steigende Ausgaben im Bereich der sozialen Sicherung. Gleichzeitig ist der Beschäftigungsrückgang mit einer Verringerung der Steuer- und Beitragszahlungen verbunden, also mit einem Rückgang der 188 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Staatseinnahmen. Beides führt dazu, dass die staatliche Güternachfrage sinkt. Schließlich gerät der Staatshaushalt auch über die sinkenden Gewinne der Zentralbank unter Druck. Die Zentralbank muss wertlose Anleihen abschreiben, was ihren Gewinn reduziert. Da diese Gewinne an den Bund abgeführt werden, sinken die Staatseinnahmen. Die beschriebenen Mechanismen, die das Platzen der Immobilienblase in den USA und deren Folgen in die reale Wirtschaft hineintragen, verschärfen sich noch durch die außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Volkswirtschaften. Das bedeutet: Selbst wenn in einem Land kein einziges Finanzinstitut einen faulen Kredit in ihren Depots hätte, würde es über die realwirtschaftlichen internationalen Verflechtungen von den negativen Auswirkungen auf Produktion und Beschäftigung betroffen sein (vgl. Etappe 7 „Internationales Konjunkturzusammenhang“). Der Rückgang der Produktion und damit des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als Folge einer Spekulationsblase in einem Land (hier den USA) hat über verschiedene Kanäle Auswirkungen auf andere Länder. Folgende Zusammenhänge sind auf der Basis der theoretischen volkswirtschaftlichen Überlegungen zu erwarten. Vereinfachend wird dabei von nur zwei Ländern ausgegangen, den USA und Deutschland: Wenn das BIP - und damit auch das Volkseinkommen - in den USA sinkt, gehen die amerikanischen Importe zurück. Da die amerikanischen Importe die Exporte des Auslands - also z. B. Deutschlands - sind, geht in Deutschland die Exportnachfrage zurück. Die geringere Exportnachfrage bedeutet einen Nachfragerückgang in Deutschland und führt zu Produktionsrückgängen, also zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums. Die mangelnde Ausnutzung vorhandener Produktionskapazitäten reduziert den Bedarf an Investitionen, bewirkt also einen Rückgang der Nachfrage nach Investitionsgütern. Die geringere Güternachfrage bedeutet zudem eine geringere Nachfrage nach Arbeitskräften, d. h. einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Fazit 189 fit-lernhilfen.de Die Finanzkrise in den USA führt dazu, dass die Nachfrage nach amerikanischen Wertpapieren zurückgeht. Damit sinkt auch die US-Dollar-Nachfrage, was eine Abwertung des US-Dollars zur Folge hat. Diese Abwertung verbilligt im Rest der Welt amerikanische Waren, sodass die amerikanischen Exporte steigen. Die Abwertung des US-Dollars bedeutet gleichzeitig eine Aufwertung aller anderen Währungen, also auch eine Aufwertung des Euros. Die Euro-Aufwertung verteuert deutsche Güter im Rest der Welt, sodass die deutschen Exporte sinken. Damit gehen auch Produktion und Beschäftigung in Deutschland zurück. Schließlich wäre es noch möglich, dass die amerikanische Regierung versucht, dem heimischen Beschäftigungsrückgang dadurch entgegen zu wirken, dass Importe aus dem Ausland durch protektionistische Maßnahmen reduziert werden, damit die heimischen Konsumenten verstärkt in den USA produzierte Güter nachfragen und damit die Produktion und die Beschäftigung steigern. Dies hätte zur Folge, dass die Exporte des Rests der Welt zurückgehen und damit die Produktion und die Beschäftigung weltweit sinken. Die negativen realwirtschaftlichen Folgen einer geplatzten Immobilien- und Kreditblase in den USA werden folglich über den amerikanischen Importrückgang und die Abwertung des US-Dollars auf andere Länder übertragen, sodass auch dort die Produktion und die Beschäftigung zurückgehen. Damit ist ein weltweiter Rückgang der Güternachfrage verbunden. FFazit Ein zentrales Element der Finanzkrise des Jahres 2008/ 2009 war das Platzen der US-Immobilienblase. Eine solche Blase kann nur entstehen, wenn die dafür notwendigen Geldmittel vorhanden sind. Diese hat die US-Notenbank durch ihre expansive Geldpolitik der Jahre 2001 bis 2004 zur Verfügung gestellt, um über geringe Zinsen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und damit die befürchteten Produktions- und Beschäftigungseinbrüche infolge der geplatzten Dotcom-Blase und der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 190 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de abzumildern. Infolge der sinkenden Zinsen in den USA führten auch andere Notenbanken eine expansive Geldpolitik durch, sodass die Liquidität weltweit zunahm. Psychologische Elemente (Gier, Neid, Herdentrieb, die systematische Unterschätzung von Risiken und die Überzeugung, dass der Einzelne schlauer ist als der Markt) und die Ineffizienzen der Finanzmärkte (vor allem asymmetrischen Informationen) haben zum Entstehen der Finanzkrise beigetragen; aber ohne die monetären Wurzeln fehlt die Liquidität, die für eine Spekulationsblase erforderlich ist. Die geldpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise des Jahres 2001 sind daher die zentrale Keimzelle der Krise des Jahres 2008. Die Übertragung der geplatzten US-Immobilienblase auf die reale Wirtschaft verlief über zahlreiche Kanäle und Mechanismen. Vermögensverluste führten zu Konsumeinschränkungen, die Verschlechterung der Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken verteuerte Kredite und reduzierte durch steigende Zinsen die Investitionsnachfrage, steigende Risikoprämien für Kredite verringerten ebenfalls die Investitionen. Insgesamt bewirkte dies einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage, der zu einer Reduktion der Produktion führte und die Arbeitslosigkeit erhöhte. Der Nachfragerückgang fand zunächst im Ursprungsland der geplatzten Immobilienblase statt, aber durch die außenwirtschaftlichen Verflechtungen aller Volkswirtschaften übertrug er sich letztendlich auf alle Länder und wurde so zu einer globalen Wirtschaftskrise. Zwischenstand: Fragen und Antworten 191 fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist du fit für die Prüfung? Beantworte die folgenden Fragen und finde heraus, ob du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ auwi/ 8.htm Addiere die Fit-Punktzahlen der korrekt beantworteten Fragen, die in der eckigen Klammer angegeben sind, und notiere diese in der Auswertung am Ende des Buches, um deinen Fitness-Stand später zu errechnen. Eine Voraussetzung für die Entstehung der US- Immobilienblase in den 2000er Jahren war … [1 Fit-Punkt] die expansive Geldpolitik der US-Notenbank. die expansive Fiskalpolitik der US-Regierung. Eine weitere Voraussetzung für die Entstehung der US- Immobilienblase in den 2000er Jahren waren … [2 Fit-Punkte] die steigenden Zinsen infolge der steigenden Staatsverschuldung. die geringen Eigenkapitalquoten der amerikanischen Geschäftsbanken. kreditfinanzierte Immobilienkäufe. Welches Phänomen tritt beim Handel mit Krediten auf? [2 Fit-Punkte] Das Trittbrettfahrerverhalten. 192 Etappe 8: Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 2009 fit-lernhilfen.de Stopp-Loss-Verkäufe. Das Phänomen der asymmetrischen Informationen. Vermögensverluste können sich negativ auf Produktion und Beschäftigung auswirken, weil … [2 Fit-Punkte] die Renditeerwartungen von Investitionen geringer werden. die vermögensabhängige Konsumnachfrage zurückgeht. es zu vermögensinduzierten Aufwertungstendenzen kommt, die die Exporte reduzieren. Ein Vertrauensverlust kann sich negativ auf Produktion und Beschäftigung auswirken, weil … [3 Fit-Punkte] es zu einer Kreditklemme und steigenden Zinsen kommt. es zu Inflationsängsten und einer Flucht in Immobilienanlagen kommt. die Steuerehrlichkeit der Bürger zurückgeht. Wenn im Zuge einer globalen Wirtschaftskrise die Verunsicherung der Bürger zunimmt, steigt die Gefahr, dass … [2 Fit-Punkte] die Risikofreude der Anleger zunimmt. die Nachfrage nach ausländischen Produkten zunimmt. ein Angstsparen die Konsumnachfrage verringert. DDein Punktestand Etappe 8 [ …………… Fit-Punkte] Den Fitness-Stand errechnen 193 fit-lernhilfen.de Den Fitness-Stand errechnen Nun erfährst du, wie fit du für die Prüfung bist. Notiere deine erreichten Punktzahlen aus den einzelnen Etappen in den entsprechenden Feldern und bilde die Summe. Im Anschluss daran, kannst du deinen Fitnessgrad für die Prüfung bestimmen: Dein Punktestand Etappe 1 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 2 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 3 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 4 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 5 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 6 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 7 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 8 […………… Fit-Punkte] Gesamtpunktestand [ ……………….. Fit-Punkte] * Dieses Buch beinhaltet die Grundlagen der Außenwirtschaft. Deine Dozentin oder Dein Dozent können gegebenenfalls andere Schwerpunkte setzen oder tiefer in den Stoff eintauchen. Reichere deswegen diese Inhalte aus dem Buch unbedingt mit deinen Mitschrieben aus den Vorlesungen an, um in vollem Umfang fit für die Prüfung zu sein. Sollte deiner Meinung nach ein Thema in diesem Buch künftig stärker gewürdigt werden, dann schreibe uns eine E- Mail unter wirtschaft@uvk.de. 194 fit-lernhilfen.de 0 bis 49 Punkte: Da hilft kein drum herumreden: Du bist nicht fit. Lies das Buch erneut und konzentriere dich dabei ganz besonders auf die Etappen, in denen du nur wenige oder gar keine Punkte erzielen konntest. Denk daran, dass das Wissen aus den Etappen aufeinander aufbaut. Die Lücken bei den Grundlagen musst du also unbedingt schließen, um dein Verständnis beim Lesen zu erhöhen. Nur so kannst du das Wissen der folgenden Etappen erfolgreich vernetzen. Jetzt nur keine Panik - du schaffst das! 50 bis 84 Punkte: Mit dieser Leistung könnte es in der Prüfung sehr brenzlig werden. Am besten steigst du in die Etappen ein, in denen du die wenigsten Punkte erzielt hast. Solltest du bei den Grundlagen Schwächen gezeigt haben, nimm dir diese unbedingt nochmals vor. Vielleicht hilft dir auch das Glossar am Ende des Buches, um definitorische Lücken zu schließen. Nun heißt es: Ärmel hochkrempeln und erneut in den Stoff gezielt eintauchen. 85 bis 119 Punkte: Na also, das sieht doch gut aus. Wenn es deine Zeit zulässt, kannst du nochmals in die Etappen einsteigen, in denen du die wenigsten Punkte erzielt hast. Dadurch kannst du deine letzten Lücken schließen. Ein Blick in das Glossar hilft dir dabei, die Definitionen zu wiederholen. Wenn du noch etwas Zeit investierst, kannst du mit einem guten Gefühl in die Prüfung gehen. 120 bis 150 Punkte: Prima, eine wirklich tolle Leistung. Du hast den Stoff der einzelnen Etappen bereits sehr gut verinnerlicht und bist fit für die Prüfung. Die Punktestände der einzelnen Etappen verraten dir, in welchen Themenbereichen du noch kleinere Schwächen hast. Wenn du dafür noch etwas Zeit investierst, könntest du in der Prüfung glänzen. Wir drücken die Daumen! fit-lernhilfen.de Glossar Aufwertung: Ein höherer Preis für eine Einheit einer ausländischen Währung - aus Sicht Europas z. B. einem US-Dollar - bedeutet, dass ein Dollar mehr wert ist. Es wird daher von einer Aufwertung des US-Dollars gesprochen. Das Spiegelbild eines teureren US-Dollars ist ein weniger wertvoller Euro, also eine Abwertung des Euros. Außenbeitrag: Der Außenbeitrag eines Landes ist definiert als die Differenz zwischen den Exporten und Importen des Landes. Bei einem positiven Außenbeitrag liegt ein Exportüberschuss vor, d. h. der Wert der Exporte ist größer als der Wert der Importe. Devisen: Devisen sind ausländische Währungseinheiten, aus Sicht der Europäer z. B. US-Dollar. Devisenangebot: Ausländische Währungseinheiten werden von ausländischen Wirtschaftsakteuren angeboten, wenn sie inländische Güter, Dienstleistungen, Wertpapiere und Aktien kaufen, die sie mit der Währung des Inlands bezahlen müssen. Um die dafür notwendigen Währungseinheiten zu erhalten, müssen die ausländischen Wirtschaftseinheiten ihre Währung anbieten. Aus Sicht des Inlands entspricht das Devisenangebot damit den Exporten und den Kapitalimporten. Devisennachfrage: Ausländische Währungseinheiten werden von inländischen Wirtschaftsakteuren nachgefragt, wenn sie ausländische Güter und Dienstleistungen kaufen (aus Sicht des Inlands Importe) oder ausländische Wertpapiere und Aktien erwerben und damit aus Sicht des Inlands einen Kapitalexport tätigen. Erziehungszoll: Von einem Erziehungszoll wird gesprochen, wenn es im Inland junge Sektoren gibt, die vor der ausländischen Konkurrenz solange geschützt werden sollen, bis sie international wettbewerbsfähig sind. 196 fit-lernhilfen.de H Heckscher-Ohlin-Aussage: Die zentrale Aussage des Heckscher-Ohlin-Modells zur Erklärung des Außenhandels lautet: Ein arbeitsreiches Land exportiert das Gut, das arbeitsintensiv hergestellt wird, ein kapitalreiches Land exportiert das kapitalintensiv produzierte Gut, ein bodenreiches Land exportiert das Gut, zu dessen Produktion viel Boden benötigt wird, und ein Umweltreiches Land produziert umweltintensive Güter. Internationale Faktormobilität: Eine internationale Faktormobilität liegt vor, wenn Produktionsfaktoren wie Arbeit und Kapital über Ländergrenzen hinweg bewegt werden. Intra-industrieller Handel: Bei dieser Form des Handels findet der Außenhandel nicht zwischen verschiedenen Industrien statt, sondern innerhalb der gleichen Industrien. Deutschland beispielsweise exportiert Autos nach Frankreich und importiert gleichzeitig französische Autos. Kapitalbilanz: Die Kapitalbilanz ist eine Teilbilanz der Zahlungsbilanz eines Landes und erfasst dessen Kapitalimporte und Kapitalexporte, also Direktinvestitionen, Wertpapierkäufe und die Kreditvergabe zwischen Ländern. Leistungsbilanz: Die Leistungsbilanz ist ebenfalls eine Teilbilanz der Zahlungsbilanz. Sie erfasst die Exporte und Importe von Gütern und Dienstleistungen zuzüglich der Einnahmen und Ausgaben aus Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufende Übertragungen. Marshall-Lerner-Bedingung: Eine einfache Bedingung für eine Normalreaktion der Handelsbzw. Leistungsbilanz auf eine Wechselkursänderung ist die Marshall-Lerner-Bedingung. Sie verlangt, dass die Summe der Importnachfrageelastizitäten im In- und Ausland - absolut betrachtet - größer als 1 ist. Nettokapitalexport: Ein Nettokapitalexport liegt vor, wenn ein Land per Saldo mehr Kapital zum Erwerb von Wertpapieren und Glossar 197 fit-lernhilfen.de Produktionsanlagen ins Ausland exportiert als aus dem Ausland in das Land fließt. Zahlungsbilanztechnisch ist das Spiegelbild eines Nettokapitalexports ein Exportüberschuss. N Normalreaktion der Handelsbilanz: Im Normalfall wird davon ausgegangen, dass eine Abwertung der heimischen Währung die Exporte des Landes erhöht und dessen Importe reduziert. Die Abwertung führt daher im Normalfall zu einer Verbesserung des Handelsbilanzsaldos, d. h. der Außenbeitrag des Landes wird größer. Soziale Wohlfahrt: Eine soziale Wohlfahrtsfunktion ordnet jedem Güterbündel eine reelle Zahl, den Nutzen bzw. Nutzenindex, zu, den die Gesellschaft aus dem Konsum dieses Güterbündels zieht. Stolper-Samuelson-Theorem: Die Aufnahme des Außenhandels führt dazu, dass der im Inland relativ knappe - und daher im Autarkiezustand relativ teure - Faktor bei der Einkommensverteilung verliert, während der relativ reichlich vorhandene - und daher ursprünglich auch relativ preiswerte - Faktor gewinnt. Diese Verteilungswirkungen zu Gunsten des reichlich vorhandenen Produktionsfaktors und zu Ungunsten des relativ knappen Faktors werden durch das so genannte Stolper-Samuelson-Theorem beschrieben. Terms of Trade: Die Terms of Trade geben an, wie viele Einheiten eines Importgutes ein Land für eine Einheit seines Exportgutes erhält bzw. welches Importgüterbündel das Land für ein gegebenes Exportgüterbündel erhält. Theorem der komparativen Kostenvorteile: Ein Land exportiert die Güter, bei denen es relativ gesehen, d. h. im Vergleich zu anderen Ländern, entweder die größten absoluten Kostenvorteile hat oder die geringsten absoluten Kostennachteile. Transformationskurve: Die Gesamtheit aller möglichen Güterkombinationen, die eine Volkswirtschaft angesichts einer gegebe- 198 fit-lernhilfen.de nen Produktionstechnologie und gegebener Mengen an Produktionsfaktoren herstellen kann, lässt sich grafisch durch die Transformationskurve bzw. die Produktionsmöglichkeitenkurve abbilden. V Vollkommene Kapitalmobilität: Vollkommene Kapitalmobilität bedeutet, dass inländische und ausländische Wertpapiere vollkommene Substitute darstellen. Damit wird der inländische Zinssatz vollständig durch den Zins im Ausland determiniert. Währungsunion: Bei einer Währungsunion schließen sich mehrere Länder zusammen und geben ihre nationalen Währungen zu Gunsten einer gemeinsamen Währung wie beispielsweise dem Euro auf. Wechselkurs: Der Wechselkurs ist der Preis für Devisen. Der Wechselkurs als Preis für ausländische Währungseinheiten wird auf dem Devisenmarkt bestimmt. Wirtschaftswachstum: Wirtschaftswachstum ist definiert als eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts im Zeitablauf, also als eine Steigerung des Werts aller Güter und Dienstleistungen, die innerhalb der Grenzen eines Landes in einem Jahr produziert werden. Zahlungsbilanz: Die Zahlungsbilanz erfasst sämtliche ökonomischen Transaktionen zwischen den inländischen und ausländischen Wirtschaftseinheiten, die innerhalb eines Jahres stattfinden. Die Zahlungsbilanz besteht aus verschiedenen Teilbilanzen: Handelsbzw. Leistungsbilanz, Kapitalbilanz und Gold- und Devisenbestandsbilanz der Zentralbank. fit-lernhilfen.de WWichtige Lehrbücher und Literatur Lehrbücher, die ich kennen sollte Für einen generellen Überblick über die Außenwirtschaft bieten sich vor allem die Bücher von Krugmann und Obstfeld (2009), Rose und Sauernheimer (2006) sowie Siebert und Lorz (2006) an. Sie sind „Klassiker“ der Außenwirtschafstheorie und decken das gesamte Spektrum ab: reale und monetäre Außenwirtschaft, Wechselkurstheorien und Wechselkurssysteme, Zölle, Währungsintegration, internationaler Konjunkturzusammenhang etc. Der Umfang dieser Bücher variiert erheblich: das Buch von Siebert und Lorz umfasst rund 300 Seiten, Rose und Sauernheimer bringen es auf 675 Seiten, und bei Krugmann und Obstfeld stehen dem Leser Informationen auf 900 Seiten zur Verfügung. Zur Vertiefung der realen Außenwirtschaftstheorie bietet sich das gleichnamige Lehrbuch von Rübel an. Neben Ausführungen zu neueren Entwicklungen in der realen Außenwirtschaftstheorie (z. B. Bedeutung steigender Skalenerträge, Produktdifferenzierung, monopolistische Marktstrukturen und strategische Handelspolitik) finden sich hier auch vertiefende Analysen zur Zolltheorie sowie zum Zollabbau und zu den Wirkungen einer Zollunion. Wer die Ausführungen zur monetären Außenwirtschaft vertiefen möchte, sollte sich an die beiden Bände von Jarchow und Rühmann halten. Der erste Band ist dabei für diejenigen gedacht, die sich für die facettenreichen - und zum Teil auch recht anspruchsvollen - Theorien der monetären Außenwirtschaft interessieren. Der zweite Band setzt den Schwerpunkt bei der Währungspolitik und behandelt u. a. die verschiedenen Wechselkurssysteme sowie die Europäische Währungsintegration. Einen guten Überblick über das Thema der internationalen Währungspolitik bietet Willms. Hier finden die Leser Ausführungen über die verschiedenen Wechselkurstheorie und Wechselkurssysteme, über Wechselkursstabilisierung und Währungsintegration so- 200 fit-lernhilfen.de wie über die internationalen Finanzmärkte und den internationalen Kapitalverkehr. Für eine intensivere Beschäftigung mit Fragen der Europäischen Wirtschaftsintegration, die in diesem Buch lediglich angedeutet werden konnte, bietet sich schließlich die Publikation von Ribhegge an. Dort werden u. a. Fragen der gemeinsamen Finanz-, Geld-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik erörtert. Eibner, Wolfgang, Anwendungsorientierte Außenwirtschaft: Theorie & Politik, München u.a. 2006. Farmer, Karl / Vlk, Thomas, Internationale Ökonomik: eine Einführung in die Theorie und Empirie der Weltwirtschaft, 3. Aufl., Wien u.a. 2008. Güida, Juan Jose, Internationale Volkswirtschaftslehre: Eine empirische Einführung, Stuttgart 2007. Heiduk, Günter S., Außenwirtschaft: Theorie, Empirie und Politik der interdependenten Weltwirtschaft, Heidelberg 2005. Jarchow, Hans-Joachim / Rühmann, Peter: Monetäre Außenwirtschaft. Bd. 1: Monetäre Außenwirtschaftstheorie, 5. Aufl., Göttingen 2000. Jarchow, Hans-Joachim / Rühmann, Peter: Monetäre Außenwirtschaft. Bd. 2: Internationale Währungspolitik, 4. Aufl., Göttingen 1997. Krugman, Paul R. / Obstfeld, Maurice, Internationale Wirtschaft: Theorien und Politik der Außenwirtschaft, 8. Aufl., München u.a. 2009. Markusen, James R. et al: International Trade: Theory and Evidence, New York u. a. 1995. Moritz, Karl-Heinz / Stadtmann, Georg, Monetäre Außenwirtschaft, 2. Aufl., München 2010. Petersen, Thieß: Das Stolper-Samuelson-Theorem, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 41. Jg., 2012, S. 796-800. Petersen, Thieß: Flexible Wechselkurse, internationale Wettbewerbsfähigkeit und optimaler Währungsraum, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 41. Jg., 2012, S. 317-320. Wichtige Lehrbücher und Literatur 201 fit-lernhilfen.de Petersen, Thieß.: Außenhandel und Wohlfahrtseffekte, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 40. Jg., 2011, S. 1483-1485. Petersen, Thieß: Devisenmarkt und Wechselkurs, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 40. Jg., 2011, S. 339-344. Petersen, Thieß: Alles in der Balance: Leistungsbilanzungleichgewichte unter der Lupe (Teil 2), in: economag, Heft 02/ 2011, 13 Seiten. Petersen, Thieß: Introduction, in: Stefan Collignon, Richard N. Cooper, Masahiro Kawai, Zhang Yongjun, Rebalancing the Global Economy: Four Perspectives on the Future of the International Monetary System, Europe in Dialogue 2010/ 01, Gütersloh 2010, S. 10-16. Petersen, Thieß: Appendix: Balancing Mechanisms in Trade and Payments Balances, in: Stefan Collignon, Richard N. Cooper, Masahiro Kawai, Zhang Yongjun, Rebalancing the Global Economy: Four Perspectives on the Future of the International Monetary System, Europe in Dialogue 2010/ 01, Gütersloh 2010, S. 128-137. Petersen, Thieß: Drohende Gefahr: Globale Leistungsbilanzungleichgewichte (Teil 1), in: economag, Heft 12/ 2010, 12 Seiten. Petersen, Thieß: Verelendungswachstum, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 39. Jg., 2010, S. 200-206. Petersen, Thieß: Die nächste Blase kommt bestimmt - Im Fokus: Spekulationen, in: economag, Heft 05/ 2009, 8 Seiten. Petersen, Thieß: Causes and Consequences of the Financial Crisis, Gütersloh 2009 (Stand: 11.02.2009), 38 Seiten. Petersen, Thieß: Ökonomische Theorie der Migration, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 37. Jg., 2008, S. 976-980. Petersen, Thieß: Zolltheorie, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 35. Jg., 2006, S. 1380-1383. Petersen, Thieß: Monetäre Außenwirtschaftstheorie, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 35. Jg., 2006, S. 466-472. Petersen, Thieß: Reale Außenwirtschaftstheorie, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 34. Jg., 2005, S. 1488-1492. 202 fit-lernhilfen.de Petersen, Thieß: Außenhandel und komparative Kostenvorteile, in: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 33. Jg., 2004, S. 890-893. Ribhegge, Hermann, Europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik, 2. Aufl., Berlin u.a. 2011. Rose, Klaus / Sauernheimer, Karlhans, Theorie der Außenwirtschaft, 14. Aufl., München 2006. Rübel, Gerhard, Grundlagen der monetären Außenwirtschaft, 3. Aufl., München 2009. Rübel, Gerhard, Grundlagen der realen Außenwirtschaft, 2. Aufl., München 2008. Sell, Axel, Einführung in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen, München u.a. 2003. Siebert, Horst / Lorz, Jens Oliver, Außenwirtschaft, 8. Aufl., Stuttgart 2006. Sperber, Herbert / Sprink, Joachim, Internationale Wirtschaft und Finanzen, München 2007. Willms, Manfred, Internationale Währungspolitik, 2. Aufl., München 1995. Wohltmann, Hans-Werner: Grundzüge der makroökonomischen Theorie, 6. Aufl., München 2012. fit-lernhilfen.de IIndex Abbau von Monopolen 29 Abwertung 73 Abwertungsdruck 123 Abwertungswettlauf 117 Angebotsüberschuss 63 Arbeitslosigkeit 187 Armut 157 Aufwertung 18, 49, 60, 195 Ausgleichsmechanismen 102 Außenbeitrag 195 Autarkieargument 146 Crowding-out wechselkursbedingt 80 Defizitländer 93 Devisen 195 Devisenangebot 195 Devisenbilanz 73 Devisenmarkt 47 Devisenmärkte 60 Devisenmarktintervention 120 Devisennachfrage 195 economies of scale 26 Einkommensverteilung 37 Entwicklungsländer 161 Erziehungszoll 146, 195 Export- und Importgütermarkt 74 Exporte 57 Exportüberschuss 99 Faktormobilität 126, 164 Finanzkrise 177 Finanzmarkt 180 Fiskalpolitik 77 expansive 78 Flexibilität der Produktionsfaktorpreise 127 Geldmengenerhöhung 78 Geldpolitik 77 expansive 178 Gesetz von der Unterschiedslosigkeit des Preises 51 Grenzproduktivität 165 Güterhandel 73 Handel intra-industrieller 26, 40, 196 Handelsbeschränkungen 95 Handelsbilanz 77, 197 Handelsbilanzsaldo 58 Heckscher-Ohlin-Aussage 196 Heckscher-Ohlin-Modell 24, 37 204 fit-lernhilfen.de Immobilienpreise 178 Importe 57 Importgüternachfrageelastizität 75 Indifferenzkurve 33 Inflationsimport 114 Informationen asymmetrische 182 internationale Faktormobilität 196 Kapitalbilanz 73, 196 Kapitalmobilität 198 vollkommene 80 Kaufkraftparitätentheorie 51 Keynesianische Wechselkurstheorie 57, 78 Konjunkturzusammenhang international 162 Kostenreduzierung 29 Kostenvorteile komparative 20, 22, 37 Kreditausfall 179 Kreditpakete 183 Lageparameter 48 Leistungsbilanz 196 Leistungsbilanzausgleich 97 Leistungsbilanzdefizit 184 Leistungsbilanzüberschuss 184 Leistungsbilanzungleichgewichte 99 Bewertung 101 Makroökonomische Zusammenhänge 87 Marshall-Lerner-Bedingung 70, 77, 196 Massenproduktion 29 Mengenzoll 137 Multiplikatoreffekte 144 Mundell-Fleming-Modell 78 Nachfrageüberhang 61 Nachfrageverhältnisse unterschiedliche 25 Nettokapitalexport 196 Nettokapitalimport 92 Opportunitätskosten 30 optimaler Produktionspunkt 35 optimaler Konsumpunkt 36 Optimalzoll 146 Preisänderungen 98 Preisniveaustabilität 128 Preisvorteil absolut und relativ 17 relativ 19 Preisvorteile absolute und relative 5, 19, 27, 99 Produkte differenzierte 26 Index 205 fit-lernhilfen.de Produktionsmöglichkeitenkurve 30 Produktzyklusthese 27 psychologisch bedingte Reaktion 61 Retorsionszoll 144 Ricardo, David 20 Risikodiversifizierung 182 Schock exogen 113 Schwellenländer 59 Spekulationsblase 60, 95, 117 Staatsfinanzen 129 Stolper-Samuelson-Theorem 38, 197 Tauschgerade 35 Terms of Trade 146, 160, 197 Theorem der komparativen Kostenvorteile 197 Transaktionskosten 116 Transformationskurve 30, 197 Überschussländer 93 Vermögensaufbau 90 Vermögensverlust 186 Verteilungskonflikt 168 Vertrauenskrise 186 Wachstum 162 verelendendes 157 Währungsraum 125 Währungsunion 198 Wechselkurs 47, 73, 198 fest 115 fest (Vor-/ Nachteile) 120 flexibel 111 flexibel (Vor-/ Nachteile) 119 Stabilisierung 120 Wechselkursstabilität 128 Weltwirtschaft 95 Wettbewerbsfähigkeit 113 Wirtschaftswachstum 155, 198 Wohlfahrt 32, 142, 197 Maximum 33 Wohlstand 156 Zahlungsbilanz 71, 198 Zinselastizität 79 Zinsniveau 128 Zinsparitätentheorie 54 Zinsunterschiede 56 Zollwirkung 137 Partialanalyse 139 Totalanalyse 141 Zuwanderungsregion 168 www.fit-lernhilfen.de 120 Lernkarten vollgepackt mit Prüfungswissen. Die Fragetechniken reichen von Single- Choice über Lückentexte bis hin zu grafischen Fragen. Durch 30 Blanko-Karten kannst Du das Set sinnvoll erweitern. Prüfungswissen pur auf sechs Seiten. Wichtige Schlagwörter sind hervorgehoben und im Glossar erklärt. Zudem findest Du hilfreiche Prüfungstipps am Ende der Lerntafel. Das leicht verständliche Taschenbuch voller Prüfungswissen. Jedes Kapitel schließt mit einem kleinen Test ab. Erkenne schnell Deine Wissenslücken und schließe sie. Beim wichtigen Punktesammeln dürfen Bachelor- Studierende trotz Stress nicht schlapp machen. Die UTB-Lernilfen »Fit für die Prüfung« helfen dabei. Gewinne den Prüfungsmarathon! Lernkarten: einfach unterwegs lernen Lerntafeln: das Wichtigste auf sechs Seiten Lernbuch: Wissenslücken schnell erkennen www.uvk-lucius.de Holger Walther Ohne Prüfungsangst studieren ca. 190 Seiten ISBN 978-3-8252-3675-5 ET ca. 02.2012 Schweißausbrüche, Nervosität und Denkblockaden: Diese Symptome der Prüfungsangst kennen viele Studierende nur allzu gut. Der Ratgeber hilft dabei, das Selbstbewusstsein vor, während und nach Prüfungssituationen Schritt für Schritt zu steigern. Er verrät außerdem, welche Entspannungstechniken den Körper wieder zur Ruhe bringen und welche Arbeitstechniken das Lernen sinnvoll bereichern. Zum Buch wird ein Fragebogen angeboten. Er verrät den Studierenden, in welchen Situationen die Prüfungsangst am stärksten ist und welche Kapitel des Buchs beim Bewältigen helfen. Dieses Lehrbuch richtet sich an Studierende aller Disziplinen. Das Studium mit Erfolg meistern