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Einführung in die Medienökonomie

1024
2012
978-3-8385-3846-4
978-3-8252-3846-9
UTB 
Andrea Beyer
Petra Carl

Dieses Lehrbuch gibt einen Überblick über die Besonderheiten, ökonomischen Strukturen und die Entwicklungen in der Medienbranche. Für die Sektoren Presse, Rundfunk und Internet werden die Marktstrukturen und die sich daraus ergebenden Wettbewerbsverhältnisse analysiert. Auf der Basis dieser Rahmenbedingungen thematisieren die beiden Autorinnen die zentralen betriebswirtschaftlichen Handlungsperspektiven von Medienunternehmen. Der Wechsel zwischen Makro- und Mikroanalyse ermöglicht die kompetente Auseinandersetzung mit einer vielschichtigen Branche. Aktuelle Fallbeispiele ergänzen die theoretischen Grundlagen und unterstreichen den Praxisbezug des Lehrbuches. Die Neuauflage wurde grundlegend überarbeitet und um neue Beispiele und Abbildungen erweitert.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="2"?> Andrea Beyer, Petra Carl Einführung in die Medienkonomie 3., überarbeite Auflage UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Andrea Beyer ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Medienökonomie an der Fachhochschule Mainz. Petra Carl ist Lehrbeauftragte für Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Mainz. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urhberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 1. Auflage 2004 2. Auflage 2008 3. Auflage 2012 © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2012 Einbandgestaltung und -illustration: Atelier Reichert, Stuttgart Korrektorat: Katrina Weißer, Konstanz Druck und Bindung: fgb · freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz · Deutschland Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Band Nr. 2574 ISBN 978-3-8252-3846-9 <?page no="4"?> 5 Inhalt 1 Grundlagen............................................................................................................. 9 1.1 Einleitung .............................................................................................................. 9 1.2 Besonderheiten des Medienbereichs............................................................... 11 1.3 Medienunternehmen und ihr Umfeld............................................................. 23 1.4 Wertschöpfungsstrukturen im Medienbereich .............................................. 27 1.5 Medienunternehmen im Geld- und Güterkreislauf...................................... 29 1.6 Rechtliche Grundlagen der Medienwirtschaft............................................... 32 1.6.1 Mediengrundrechte.......................................................................................... 32 1.6.2 Regelungen für die Presse .............................................................................. 33 1.6.3 Regelungen für den Rundfunk ...................................................................... 36 1.6.4 Regelungen für Neue Medien ........................................................................ 39 1.6.5 Urheberschutz .................................................................................................. 41 Übungsfragen ............................................................................................................... 49 2 Medienmarkt ....................................................................................................... 51 2.1 Rundfunkmarkt (Fernsehen und Hörfunk) .................................................. 51 2.1.1 Wesen und Differenzierung ........................................................................... 51 2.1.2 Duales Rundfunksystem in Deutschland ..................................................... 52 2.1.3 Marktregulierung im Rundfunkbereich? ...................................................... 61 2.1.4 Direkte und indirekte Austauschbeziehungen ............................................ 65 2.1.5 Fallbeispiel: Die Fußballrechte - wichtig für Pay-TV ................................ 68 2.1.6 Preisabsatzfunktionen in unterschiedlichen Rundfunksystemen ............. 70 2.1.7 Gesamt- und Teilmarktstrategien.................................................................. 73 2.1.8 Trends und Entwicklungen ............................................................................ 76 2.2 Zeitungsmarkt .................................................................................................... 79 2.2.1 Wesen und Differenzierung ........................................................................... 79 2.2.2 Kosten- und Erlösstruktur ............................................................................. 81 2.2.3 Marktregulierung im Tageszeitungsbereich? ............................................... 83 2.2.4 Trends und Entwicklungen ............................................................................ 83 2.3 Internetmarkt...................................................................................................... 88 2.3.1 Wesen und Differenzierung ........................................................................... 88 2.3.2 Anbieter, Nachfrager und Mittler ................................................................. 91 2.3.3 Geschäftsmodelle ............................................................................................ 93 2.3.4 Web 2.0 ............................................................................................................. 95 2.3.5 Trends und Entwicklungen ............................................................................ 99 <?page no="5"?> Inhalt 6 2.4 Beziehungen zwischen den Medienmärkten................................................102 2.5 Klassische Medien und Internet ....................................................................106 2.5.1 Möglichkeiten des Internet-Engagements für klassische Medien ..........106 2.5.2 Vor- und Nachteile des Online-Engagements ..........................................109 2.5.3 Problematik des öffentlich-rechtlichen Online-Engagements ...............111 2.5.4 Bedrohung klassischer Medien durch Neue Medien? ..............................113 Übungsfragen .............................................................................................................117 3 Wettbewerb und Konzentration...................................................................119 3.1 Ökonomischer und publizistischer Wettbewerb ........................................119 3.2 Konzentrations- und Verflechtungsarten ....................................................122 3.3 Konvergenz der Medien .................................................................................125 3.4 Ziele und Probleme medialer Verflechtungen ............................................127 3.4.1 Mikroökonomische Analyse.........................................................................127 3.4.2 Makroökonomische Analyse........................................................................132 3.5 Wettbewerb und Konzentration im Rundfunk ...........................................133 3.5.1 Regelungen und Kriterien zur Konzentrationsanalyse ............................133 3.5.2 Situation und Struktur...................................................................................135 3.6 Wettbewerb und Konzentration bei Tageszeitungen.................................140 3.6.1 Kriterien zur Konzentrationsanalyse ..........................................................140 3.6.2 Situation und Struktur...................................................................................141 3.7 Wettbewerb und Konzentration im Internet ..............................................143 3.7.1 Kriterien zur Konzentrationsanalyse ..........................................................143 3.7.2 Situation und Struktur...................................................................................144 3.7.3 Wettbewerbsfördernde Bedingungen .........................................................145 3.7.4 Wettbewerbsmindernde Bedingungen .......................................................146 3.7.5 Mehr Vollkommenheit auf elektronischen Märkten? ..................................149 Übungsfragen .............................................................................................................151 4 Finanzierung......................................................................................................153 4.1 Finanzierungsformen im Überblick ..............................................................153 4.2 Abgabenfinanzierung ......................................................................................155 4.2.1 Aufkommen aus Gebühren und Beiträgen................................................155 4.2.2 Kriterien zur Beurteilung des Finanzierungssystems ...............................158 4.2.3 Problematik der Rundfunkgebühr bzw. des Rundfunkbeitrags .............159 4.3 Werbefinanzierung...........................................................................................164 4.3.1 Werbefinanzierung im Fernsehen ...............................................................164 4.3.2 Werbefinanzierung bei Tageszeitungen .....................................................169 4.3.3 Werbefinanzierung im Internet ...................................................................169 4.3.4 Mediaplanung der werbetreibenden Wirtschaft........................................172 <?page no="6"?> Inhalt 7 4.3.5 Interdependenzen zwischen Werbe- und Rezipientenmarkt ..................178 4.4 Direkte Nutzerentgelte....................................................................................182 4.5 Sonstige Erlösquellen ......................................................................................183 4.5.1 Teleshopping ..................................................................................................183 4.5.2 Call-In-Angebote ...........................................................................................187 4.5.3 Rechteverwertung ..........................................................................................187 4.5.4 Kundeninformationen ..................................................................................189 4.5.5 Briefdienste .....................................................................................................189 Übungsfragen ............................................................................................................190 5 Marketing ...........................................................................................................191 5.1 Integriertes Medienmarketing .......................................................................191 5.2 Markt- und Wettbewerbsstrategien ...............................................................192 5.2.1 Portfolio-Analyse ...........................................................................................193 5.2.2 Wettbewerbsmatrix nach Porter..................................................................194 5.2.3 Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff ...........................................................200 5.2.4 Ressourcenorientierter Strategieansatz .......................................................202 5.3 Marketinginstrumente .....................................................................................203 5.3.1 Produktpolitik ................................................................................................203 5.3.2 Kommunikationspolitik................................................................................214 5.3.3 Preispolitik ......................................................................................................219 5.3.4 Distributionspolitik .......................................................................................225 Übungsfragen .............................................................................................................235 6 Rezipientenforschung.....................................................................................237 6.1 Bedeutung und Aufgaben ...............................................................................237 6.2 Elemente der Rezipientennachfrage .............................................................239 6.3 Quellen der Publikumsforschung..................................................................248 6.4 Kundenbindung im Medienbereich ..............................................................252 Übungsfragen .............................................................................................................255 Literatur........................................................................................................................257 Links ..........................................................................................................................271 Index ..........................................................................................................................273 <?page no="8"?> 9 1 Grundlagen 1.1 Einleitung Was ist Medienökonomie? Das Erkenntnisobjekt der Medienökonomie sind die wirtschaftlichen Zusammenhänge auf Medienmärkten und in Medienunternehmen. Es handelt sich somit um eine spezifische volks- und betriebswirtschaftliche Analyse für den Mediensektor. Die allgemeine Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre wird heruntergebrochen auf einen Wirtschaftszweig; die Analyseobjekte werden auf diese Weise homogener. Den Besonderheiten einer Branche wird somit Rechnung getragen und branchenspezifische Erklärungsansätze und Problemlösungen können entwickelt werden. Diese Vorgehensweise findet sich auch für andere Bereiche in Form der Umwelt-, Gesundheits- oder Dienstleistungsökonomie oder in Form der Verkehrs-, Bank- oder Handelsbetriebslehre. Diese Definition von Medienökonomie macht deutlich, dass sie nicht nur als spezifische Volkswirtschaftslehre zu verstehen ist, obwohl in vielen Fällen mit dem Begriff Medienökonomie die volkswirtschaftliche Analyse des Mediensektors verbunden ist (vgl. Picard 1989). Medienökonomie beinhaltet hier auch die betriebswirtschaftlichen Aspekte von Medienunternehmen und Medienprodukten. In der Literatur findet sich hierfür meist die Bezeichnung Medienbetriebswirtschaftslehre, Medienwirtschaft oder Medienmanagement (vgl. Breyer- Mayländer 2003 und 2004 oder Schumann/ Hess 2009). Der Forschungsbereich Medienökonomie findet sich sowohl als Teildisziplin in der Kommunikationswissenschaft als auch in der Wirtschaftswissenschaft (vgl. Kiefer 2005). In diesem Buch wird Medienökonomie aus der ökonomischen Perspektive analysiert. Dabei werden aber auch publizistische und kommunikationswissenschaftliche Einflüsse und Erkenntnisse berücksichtigt. Die Produkte von Medienunternehmen wie auch die sektoralen Rahmenbedingungen lassen sich nur dann beschreiben und verstehen, wenn auch publizistische Aspekte mitberücksichtigt werden. Die Ergebnisse sind daher sowohl für Kommunikationswissenschaftler als auch für Wirtschaftswissenschaftler zu nutzen, ohne dass der Standpunkt der eigenen Disziplin zur Diskussion gestellt wird oder sich die Wissenschaftsdisziplin ins Unendliche und damit nicht Analysierbare ausweitet. <?page no="9"?> Grundlagen 10 Warum eine spezielle Ökonomie für den Medienbereich? Die Medienthematik ist komplex. Dies ergibt sich bereits aus den verschiedenen Mediengattungen und deren Spezifik. Es sind jedoch vor allem die unterschiedlichen Dimensionen, die zu einer vielschichtigen Thematik führen: Es geht sowohl um Fragen des Inhalts und der Präsentation, um Rolle und Wirkung der Medien für Staat, Gesellschaft und den Einzelnen als auch um Einflüsse der Medien auf die Wirtschaft und um ökonomische Bedingungen bei den Medien selbst. Der ökonomische Untersuchungsbereich hat in diesem Kontext erst in den letzten Jahren Bedeutung erlangt und ist bei weitem noch nicht so ausgereift wie die kommunikationswissenschaftliche Erforschung der Medien. Die Begründung für eine spezifisch wirtschaftswissenschaftliche Betrachtung der Medienbranche liegt vor allem in den Besonderheiten der Medienmärkte, Medienunternehmen und Medienprodukte. Durch die besondere Rolle der Medien für die Gesellschaft sind dabei auch Zielkonflikte zwischen den ökonomischen Erkenntnissen und den anderen Dimensionen der Medien herauszuarbeiten, um mögliche Lösungen zu zeigen oder um die Basis für die Prioritätenentscheidung zu schaffen. Deshalb können kommunikationswissenschaftliche Aspekte nicht außer Acht bleiben. Der interdisziplinäre Blick über den Tellerrand hinaus sollte bei einem gesellschaftlich so bedeutenden Thema wie den Medien Pflicht sein. Der Medienbereich verändert sich ständig und erhöht seinen Einfluss - auch als Wirtschaftsfaktor. Dies resultiert aus der Vielfalt und der Präsenz der Medien im täglichen Leben; die Medien nehmen längst einen festen Platz in der Gesellschaft ein. Für Informationsgesellschaften sind sie der zentrale Faktor, da sie die Basis für deren Entstehen und Weiterentwicklung bilden. Die Dynamik des Marktes, angetrieben durch technische Innovationen, eröffnet ständig neue Möglichkeiten und erzeugt damit Veränderungen sowohl auf der Publikumsals auch auf der Anbieterseite. Mit der Etablierung des Internets hat der Mediensektor eine Bereicherung erfahren und entwickelt sich in Form des Web 2.0 weiter, während das Fernsehen, zusammen mit den Printprodukten zu den traditionellen Medienbereichen zählt. Auch der private Rundfunk in Deutschland ist bereits mehr als zwanzig Jahre alt und hat mehrere Gründungswellen hinter sich. Durch das Zusammenwachsen der verschiedenen Mediengattungen entstehen wiederum neue Anwendungsmöglichkeiten, die Einfluss auf viele Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft nehmen. Diesem wichtigen Sektor sollte deshalb auch ein besonderer und spezifisch abgestimmter Bereich der Wirtschaftswissenschaften gewidmet sein. <?page no="10"?> Besonderheiten des Medienbereichs 11 Wie analysiert dieses Buch die Medienbranche? Die generelle Systematik orientiert sich an den ökonomischen Themenbereichen und nicht an den verschiedenen Mediengattungen. Diese Unterteilung erfolgt jeweils innerhalb der einzelnen Schwerpunkte. Auf diese Weise sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der jeweiligen Medienarten direkter vergleichbar. Darüber hinaus können die ökonomischen Methoden und Theorien so auch in ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Medien allgemein genutzt und konzentriert dargestellt werden. Aufgrund der zunehmenden Verzahnung der Medienbereiche wird medienorientiertes Vorgehen auch immer weniger relevant, wenngleich es aus Gründen der besseren Orientierung als Systematik auch in diesem Buch innerhalb der einzelnen Kapitel beibehalten wird. Die Rahmenbedingungen von Medienunternehmen sind Gegenstand der ersten drei Kapitel. Sie geben dem Leser eine erste Orientierung über die Gegebenheiten auf Medienmärkten. Darauf aufbauend befassen sich dann die folgenden Kapitel mit den elementaren einzelwirtschaftlichen Fragestellungen für Medienunternehmen, der Finanzierung und der Vermarktung. 1.2 Besonderheiten des Medienbereichs Medienprodukte sind in vielen Fällen duale Güter/ Verbundprodukte. Aufgrund ihrer Finanzierung agieren Medienunternehmen in zwei ganz verschiedenen Absatzmärkten: Einerseits ist der Rezipient und andererseits die werbetreibende Wirtschaft als Nachfrager zu befriedigen. Der Rezipient fragt Information, Bildung oder Unterhaltung, die werbetreibende Wirtschaft ein für sie geeignetes Werbeumfeld bzw. Aufmerksamkeit nach. Dieser Dualismus führt nicht nur zu doppelten Planungssystemen, sondern kann auch Zielkonflikte erzeugen. Dies ist dann der Fall, wenn Bedürfnisse und Wünsche der Rezipienten nicht den Vorstellungen und Wünschen der werbetreibenden Wirtschaft an das Medienunternehmen entsprechen. Das zeigt sich allein schon am Umfang der Werbung: Die meisten Rezipienten könnten auf Werbung verzichten, während die werbetreibende Wirtschaft den Kontakt zum Konsumenten braucht. Die Redaktions- und Werbegüter richten sich zwar an zwei unterschiedliche Zielgruppen. Sie sind aber wiederum auch miteinander verbunden: Je attraktiver das Angebot für die Rezipienten ist, umso attraktiver wird das Medium als Werbeträger durch seine Reichweite. Durch die Werbefinanzierung von Medienunternehmen sind Medien- und Werbemärkte miteinander verbunden. Dies führt letztlich auch zu Verbindungen mit allen Märkten, für deren Güter Werbung in Medien platziert wird. Damit durchdringt die Medienwirtschaft fast alle Bereiche <?page no="11"?> Grundlagen 12 der Wirtschaft und ist stärker als andere Branchen mit den verschiedenen Sektoren und deren Konjunkturen sowie Rahmenbedingungen wechselseitig verflochten (vgl. Pethig 2003, S. 142). Auch die Preissetzung des Medienunternehmens ist durch die zweiseitigen Märkte beeinflusst: Der Bezugspunkt für die Preissetzung sind nicht nur die Preiselastizität der Nachfrage, die Kosten und die Marktstruktur, sondern auch der Effekt auf den jeweils anderen Markt ist zu berücksichtigen. So ist bei einer geplanten Preiserhöhung am Rezipientenmarkt nicht allein der Rückgang auf diesem Markt, sondern auch der Effekt auf dem Werbemarkt und der dortige Rückgang mit zu veranschlagen. „Nicht nur die Summe der Preise (etwa des Anzeigen- und Copypreises) ist ausschlaggebend für die gesamte Wohlfahrt, sondern ebenso die Zusammensetzung bzw. die Struktur der Preise“ (Dewenter 2006, S. 60). Das wiederum bedeutet, dass auch nicht allein von der Preishöhe auf den Wettbewerb unter den Anbietern geschlossen werden kann (vgl. Dewenter 2006, S. 59 ff.). Nur wenige Medienprodukte sind keine dualen Güter. Solange Pay-TV und Bücher nicht durch Werbung mitfinanziert werden, sind sie keine dualen Güter. Das Gleiche trifft auf Informationskäufe zu, die einzig über den Preis finanziert werden (vgl. Beyer 2002, S. 201). Medienprodukte sind Kultur- und Wirtschaftsgüter. Auch in dieser Hinsicht lässt sich der Dualismus interpretieren. Ihre Produktion erfolgt in zwei verschiedenen Ordnungssystemen, die aber dennoch miteinander kooperieren müssen. Es handelt sich dabei um die ökonomischen und publizistischen Aspekte von Medienprodukten und Medienunternehmen bzw. um Redaktion und Management (vgl. Meckel 1999, S. 23). Beide Systeme besitzen unterschiedliche Leitwerte und Steuerungsmechanismen, weshalb es oftmals zu Zielkonflikten und Prioritätenfragen kommt. Das führt makroökonomisch vor allem zu der Frage, inwieweit ökonomischer Wettbewerb zu den Ergebnissen führt, die auch publizistisch und gesellschaftlich erwünscht sind. Kann dies nicht unterstellt werden, müssen Eingriffe in den marktwirtschaftlichen Mechanismus erfolgen, um die Fehlleistungen zu korrigieren oder um das Marktversagen auszugleichen. Andererseits führt eine dauernde Verletzung ökonomischer Leitwerte zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz. Dann kann auch die publizistische Leistung nicht mehr auf dem Markt erbracht werden. Mikroökonomisch ist zu klären, wie diese beiden Systeme im Unternehmen zusammenarbeiten und wie sie sich voneinander abgrenzen. <?page no="12"?> Besonderheiten des Medienbereichs 13 Abb. 1: Idealtypischer Vergleich der Systeme Wirtschaft und Publizistik Wirtschaft Publizistik Elemente der Systemrationalität Eigennutzorientierung Ökonomischer Wettbewerb Öffentlichkeitsorientierung Aufmerksamkeitswettbewerb Leitwerte Effizienz Rentabilität Aufklärung Demokratische Kontrolle Steuerungsmedium Geld Publizität Beitrag an die Gesellschaft Waren und Dienstleistungen Öffentliche Meinung Sanktionssystem stark schwach Institutionalisierung Wirtschaftsunternehmen Medienbetriebe Quelle: Kiefer 2004, S. 561 Medienprodukte sind Dienstleistungen und Sachgüter. Die Dienstleistungen, die Medienunternehmen anbieten sind das Sammeln, die Selektion, die inhaltliche und physische Aufbereitung, Bündelung und die Verbreitung von Informationen (vgl. Beck 2011, S. 2f. und S. 11f.). Diese Dienstleistungen stellen immaterielle Güter dar und benötigen einen externen Produktionsfaktor in Gestalt der Rezipienten, damit die Dienstleistung letztlich vollzogen werden kann. Zu einem Sachgut entwickeln sich die Informationen durch die physische Distribution, wie zum Beispiel bei Zeitungen, Büchern, DVDs oder CDs. Nur so können schließlich die aufbereiteten Informationen zum Rezipienten gelangen. Der Hauptnutzen hängt jedoch von der aufbereiteten Information und damit von der eigentlichen Dienstleistung ab (vgl. Wirtz 2011, S. 30 und Wirtz/ Sammerl 2005, S. 89). Medienprodukte sind Erfahrungs- und Vertrauensgüter. Bei Erfahrungsgütern ist die Beurteilung der Qualität erst nach dem Kauf möglich. So kann der Informations- oder Unterhaltungswert eines Beitrages erst dann beurteilt werden, wenn der Rezipient ihn bereits konsumiert hat. Allerdings ist ein Nachfrager dann nicht mehr bereit, dafür zu zahlen (Informationsparadoxon von Arrow 1974, S. 152). Demzufolge werden Informationen, Unterhaltung oder Bildung nachgefragt, ohne dass sie zuvor überprüft werden können. Das Risiko für den Konsumenten ist damit höher als bei den so genannten Inspektionsgütern, die vor dem Kauf betrachtet oder beurteilt werden können. Medienprodukte sind auch Vertrauensgüter. Dies impliziert, dass der Rezipient die Qualität des Produktes nicht ohne weiteres beurteilen bzw. nur mit unver- <?page no="13"?> Grundlagen 14 hältnismäßig hohem Aufwand ermessen kann. Das zeigt sich, wenn bspw. ein Zeitungsleser die Richtigkeit der Berichterstattung überprüfen möchte. Demzufolge muss der Rezipient dem entsprechenden Medium mehr oder weniger hinsichtlich der Qualität vertrauen. In beiden Fällen, bei den Erfahrungswie bei den Vertrauensgütern, ersetzt die Reputation des Unternehmens und seiner Marken die Notwendigkeit der Qualitätsprüfung. Es wird damit deutlich, wie wichtig das Image, die Glaubwürdigkeit und die Kundenbindung für ein Medienunternehmen sind. Dieses Vertrauen kann dann für möglichst viele Güter genutzt werden, solange dadurch die Qualität nicht leidet. Es ist damit indirekt die Quelle für Größenvorteile. Eine weitere Möglichkeit, das Risiko der Rezipienten zu mindern, ist das zeitlich befristete Angebot zur kostenlosen Probe oder die Veröffentlichung von Kritiken, Prämierungen und Rezensionen, die sich auf das Medienunternehmen beziehen (vgl. Detering 2001, S. 18 f.). Die Qualität von Medienprodukten ist schwierig zu erfassen. Es handelt sich um komplexe Güter (Information, Unterhaltung, Aufmerksamkeit für Werbung), deren mögliche Qualitätsindikatoren selten direkt kardinal messbar sind, die für die verschiedenen Mediengattungen unterschiedliche Kriterien benötigen und aufgrund des Unikatscharakters eine permanente Qualitätsbeurteilung erfordern (vgl. Heinrich 1996, S. 167 f.). Wegen der generellen Qualitätsproblematik und der Informationsasymmetrie auf Rezipientenseite setzen sich minderwertige Güter am Markt durch, weil ihre Qualitätsmängel für den Rezipienten nicht sichtbar sind und sie relativ preiswert angeboten werden können. Insgesamt bleibt die Qualität des Angebotes dadurch hinter der Qualität auf optimal funktionierenden Märkten zurück (adverse Selektion von Akerlof, vgl. Sjurts 2005, S. 14 f.). Die Investition in journalistische Qualität wird laut Ruß-Mohl nur in einem „kleinen, elitären Marktsegment“ lohnend sein (Ruß-Mohl 2005, S. 380). Diese Besonderheit lässt sich nicht nur für Mediengüter anführen: Je komplexer Produkte gestaltet sind, umso schwieriger ist die Qualitätsbeurteilung für den Konsumenten. Eine Einschränkung der These von der unzureichenden Qualitätsproduktion über den Markt bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern ergibt sich jedoch aus dem ständigen Konsum der Medienprodukte. Der mehrmalige Konsum eines Fernsehprogramms, einer Zeitung oder bestimmter Internetangebote entwickelt beim Rezipienten im Zeitverlauf ein - wenn auch u. U. begrenztes - Beurteilungsvermögen für die Qualität bestimmter Anbieter. Durch die Wiederholungskäufe und veränderte Produktqualitäten entsteht ein Reputations-Gleichgewicht. In ihm findet eine Medienkontrolle durch die Rezipienten statt. Zudem ist zu beobachten, dass gerade im Medienbereich die Mitbewerber die Qualität ihrer Konkurrenten beobachten und gerne im negativen Fall darüber berichten. <?page no="14"?> Besonderheiten des Medienbereichs 15 Hinzu kommt, wie bei allen Qualitätsdebatten, die Frage nach der Möglichkeit einer objektiven Qualitätsdefinition (vgl. Beck 2011, S. 57 f.). Unabhängig davon ergibt sich das Problem und gleichzeitig das Bemühen, Qualitäts- und Erfolgsindikatoren als Grundlage für das Controlling und die Programmplanung zu finden. Die Qualitätsproblematik bei Mediengütern zeigt, ebenso wie die Charakterisierung als Erfahrungs- und Vertrauensgüter, die Bedeutung des Markenmanagements in Medienunternehmen. Die besser informierte Marktseite kann damit signalisieren, wie die Qualität ihrer Angebote zu sehen ist. Für die werbetreibende Wirtschaft besteht hinsichtlich der Medienprodukte kein Qualitätsproblem. Es handelt sich für sie auch nicht um Erfahrungs- und Vertrauensgüter; die Ergebnisse der Mediaforschung ermöglichen eine Ex-ante- Bewertung (vgl. Sjurts 2005, S. 11). Bei der Belegung der Medien als Werbeträger können zum Teil zwar auch nur Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zugrunde gelegt werden (vgl. Pethig 2003, S. 155). Allerdings sind diese Erfahrungen konkreter im Vergleich zu den Rezipientenerfahrungen, da sie sich meist in kardinalen Größen, wie bspw. in den verschiedenen Kontaktkennziffern niederschlagen. Zusammen mit Marktforschungsergebnissen zu aktuellen Produkten und Innovationen ergeben sich daraus verlässliche Zukunftswerte. Die Produktion ist in hohem Maße durch Fixkostendegression geprägt. Sie resultiert aus den Fixkosten, die bei der Erstellung der Urkopie entstehen (First-copy-costs). Es ist gleich, ob für hundert oder eine Million Rezipienten produziert wird, die Kosten der Urkopie sind absolut immer gleich hoch. Im Vergleich dazu sind die Reproduktionskosten (variable Kosten) niedrig. Dadurch fallen für die Erstellung einer weiteren Einheit nur geringe zusätzliche Kosten (Grenzkosten) an. Je höher der Fixkostenanteil ist, umso mehr tendieren die Grenzkosten gegen null. Das führt bei steigendem Absatz zu sinkenden Stückkosten, da sich die Fixkosten auf immer mehr Einheiten verteilen (Degressionseffekt der Fixkosten). Das Gleiche gilt nicht nur für First-copy-costs bei der Inhalteproduktion. Auch im Vertriebsbereich entstehen diese Degressionseffekte bei den Fixkosten für die Etablierung und Nutzung des Vertriebsnetzes bspw. bei Kabel oder Satellit: Je mehr Rezipienten vorhanden sind, umso höher ist die Fixkostendegression. Der First-copy-cost-Effekt ist jedoch im Vertrieb bei Übertragungsmedien (TV, Hörfunk, Internet) stärker als bei Trägermedien (Print) (vgl. Grau/ Hess 2007, S. 26 ff.). Je größer diese Kostendegression ist, umso stärkere Vorteile haben große Unternehmen. Allerdings kann es auch zu Kapazitätsproblemen kommen. Dies können im Printbereich bestimmte Auflagenklassen im Zusammenhang mit der Kapazität von Druckmaschinen oder im elektronischen Bereich die Ausstrahlungskapazitäten oder -qualitäten sein. Dann <?page no="15"?> Grundlagen 16 sind weitere Investitionen notwendig, die sprungfixe Kosten und auch zusätzliche variable Kosten verursachen. Die Degressionseffekte werden dann immer geringer (vgl. Beck 2011, S. 92 f.). Netzwerkprodukte bewirken Größenvorteile auf der Nachfrageseite. Es handelt sich dabei um positive direkte und indirekte Netzeffekte. Ein Beispiel für einen direkten Effekt ist das Telefon. Sein Gebrauchswert steigt mit der Zahl der angeschlossenen Telefone. Bei direkten Netzeffekten steigt der Wert eines Netzwerkes mit der Zahl seiner Nutzer. Entsprechend dem Metcalf’schen Gesetz steigt der Wert dabei exponentiell, bzw. ist gleich dem Quadrat der Anzahl der Anwender (vgl. Dietrich 2006, S. 22 ff.). Dies lässt sich an Auktionen ebenso nachvollziehen wie bei E-Mail, Powershopping oder Communities. Indirekte Netzeffekte entstehen vor allem bei Systemprodukten wie Software. Eine hohe Zahl von Anwendern führt zu steigendem Systemnutzen, da ein besserer Austausch, ein breiteres Angebot von Nutzungskomponenten, Lerneffekte und die größere Sicherheit für zukünftige Geschäfte vorhanden sind (vgl. Picot/ Reichwald/ Wigand 2001, S. 65 f.). Der Wert und die Durchsetzung der Netzwerkprodukte sind damit zu einem großen Teil von den Erwartungen des Publikums abhängig. Dadurch wiederum gewinnt das Management von Erwartungen bspw. in Form von Vorankündigungen eine hohe Bedeutung für die erfolgreiche und beschleunigte Durchsetzung am Markt. Indirekte Netzeffekte im Medienbereich betreffen vor allem technische Standards im Fernsehbereich (Decoder, Übertragungstechnik) sowie im Internet. Allerdings kann es auch zu negativen Netzeffekten kommen. Diese entstehen durch Unübersichtlichkeit, steigende Koordinationskosten, Einbüßen eines Informationsvorsprungs und durch lange Wartezeiten (vgl. Knieps 2007, S. 4 ff.). Nach dem Erreichen der kritischen Masse erhöht sich ab einer zu bestimmenden Nutzerzahl der Vorteil durch weitere Netzwerkteilnehmer auch nur noch marginal. Dies lässt sich wiederum am Telefonbeispiel verdeutlichen: Ist das Telefonnetz weit verbreitet, steigt der Nutzen nur noch gering, wenn weitere Nutzer in entlegenen Teilen der Welt hinzukommen, da die Wahrscheinlichkeit der Kommunikation mit diesen Teilnehmern gering ist. Netzwerkeffekte entstehen grundsätzlich auch bei dualen Güter: Die beiden Gruppen, Rezipienten und werbetreibende Wirtschaft, sind „über indirekte Netzwerkeffekte miteinander verbunden. Steigt die Nachfrage des einen Marktes, so hat dies entweder einen positiven oder aber auch einen negativen Einfluss auf die Nachfrage des anderen Marktes“ (Dewenter 2006, S. 58). <?page no="16"?> Besonderheiten des Medienbereichs 17 Oftmals werden Netzwerkeffekte und Netzwerkexternalitäten (externe Effekte der Netzwerke) gleichgesetzt. Netzwerkeffekte können aber insofern internalisiert werden, als der Netzwerkbetreiber einen Teil des Nutzenzuwachses durch die Vergrößerung des Netzwerkes in Form höherer Preise von dem Nutzer verlangt. In diesem Falle sind es Netzwerkeffekte, aber keine Netzwerkexternalitäten (vgl. Dietrich 2006, S. 44 f.) Netzeffekte als Merkmal der Internetökonomie kehren das Knappheitspostulat der klassischen Ökonomie um: Wenn in der klassischen Ökonomie der Wert eines Gutes umso höher ist, je knapper es ist, gilt dies bei Netzwerkprodukten gerade umgekehrt (vgl. Picot/ Neuburger 2006, S. 128.) Netzeffekte auf der Nachfragerseite führen ebenso wie die hohen Fixkosten zu Konzentration. Das Produkt erreicht so erst Attraktivität, und die Skaleneffekte auf der Kostenseite können wirken. Neben der generellen Wettbewerbsproblematik ist zu beachten, dass sich nicht zwingend das technisch und ökonomisch optimale System durchsetzen wird. Es können hier auch Finanzaspekte in Verbindung mit der anfänglichen Durststrecke oder Pioniervorteile relevant sein. Medienprodukte unterliegen keiner physischen Abnutzung. Es sind deshalb Güter, die durch „Nichtrivalität im Konsum“ gekennzeichnet sind. Demzufolge können Medienprodukte von vielen Rezipienten gleichzeitig oder nacheinander konsumiert werden, ohne dass der Konsum für weitere Personen dadurch beeinträchtigt wird. Eine Einschränkung kann sich jedoch durch die Aktualität von Informationen ergeben, die in Abhängigkeit von der Zeit ihren Wert ändern. Es besteht dann Rivalität im Konsum, wenn durch eine frühere, exklusivere Nutzung von Informationen die spätere Nutzung durch andere Rezipienten hinsichtlich des Informationswertes nicht mehr vergleichbar ist. Dies wird etwa bei Börsenwerten deutlich (vgl. Karmasin/ Winter 2000, S. 33). Aufgrund der Nichtrivalität im Konsum ergäbe sich die Gefahr schrumpfender Märkte, da sich das Produkt nicht verbraucht und deshalb zu einer geringeren Ersatznachfrage führt. Der Einfluss der Aktualität, des Zeitgeschmacks oder des abnehmenden Unterhaltungswertes bei mehrmaligem Konsum durch denselben Konsumenten erfordert jedoch neue Produkte. Güter, bei denen Nicht-Rivalität im Konsum besteht, sind durch minimale Grenzkosten bzw. durch Grenzkosten von null charakterisiert: Die zusätzlichen Kosten für einen weiteren Zuschauer einer Fernsehsendung sind fast null, die zusätzlichen Kosten für ein weiteres Zeitungsexemplar sind minimal (Druckerschwärze, Papier). <?page no="17"?> Grundlagen 18 Medienprodukte für die werbetreibende Wirtschaft sind Werbezeit oder Werbeplatz. Sie sind im Gegensatz zur Rezipientennachfrage für die werbetreibende Wirtschaft rivalisierend im Konsum: Wurde die Werbezeit oder der Werbeplatz gekauft, steht dies nicht für andere Werbetreibende zur Verfügung (vgl. Sjurts 2005, S. 10). Medienprodukte sind durch Digitalisierung leicht zu reproduzieren. Es entsteht ein Sekundärmarkt-Wettbewerb, der die originären Anbieter stark unter Druck setzt (vgl. Dietl/ Franck 2000, S. 594 f.). Die Musiktauschbörse Napster war hierfür ein gutes Beispiel. Das Merkmal der einfachen Reproduzierbarkeit macht deutlich, wie wichtig für Medienunternehmen der Urheberschutz ist. Die Verwaltung von Urheberrechten in digitalen Medien wird als Digital Rights Management (DRM) bezeichnet. Es geht hier vor allem um das Entwickeln von Systemen, die das unkontrollierte Kopieren verhindern sollen. Es ist darüber hinaus eine der Tatsachen, die zur Diskussion um die Wirtschaftsethik einer Informationsgesellschaft führt. Mit der Digitalisierung von Informationen steigt auch die Interaktivität und es ergeben sich vielfältigere Möglichkeiten für eine dezentralisierte Produktion. Medienprodukte sind Unikate. Jeder Zeitungsartikel, jede Rundfunksendung, jedes Internetangebot wird individuell produziert. Auch wenn das Gesamtprodukt - die Zeitung, das Programmschema, die Struktur des Webauftritts - gleich bleibt, variiert der Inhalt der einzelnen Komponenten. Das entspricht in der Betriebswirtschaftslehre der Einzelfertigung. „Erst durch den Vertrieb oder die technische Verbreitung werden die Medienprodukte zu Massengütern. Hierin liegt ein markanter Unterschied zu sonstigen Industriegütern“ (Altmeppen 1996, S. 265). Aus dieser Besonderheit resultiert ein höheres Risiko als in anderen Branchen, da die Erfolgswahrscheinlichkeit schwieriger zu prognostizieren ist. In vielen Branchen mit Massenfertigung werden vor Produkteinführung intensive Marktforschungen angestellt, da ein Flop später schwer zu korrigieren ist. Der Medienbereich kann bei seinen Produktkomponenten wesentlich flexibler im Sinne der Trial-and-Error-Methode reagieren, muss auf der anderen Seite diese aber täglich neu definieren. Da die Akzeptanz durch die Rezipienten unsicher ist, folgen viele Medienunternehmen der Strategie der „kreativen Nachahmung“ erfolgreicher Konzepte, um so ihr Risiko zu reduzieren (vgl. Monopolkommission 2006, S. 341, TZ 756). Dies wiederum unterstreicht die Bedeutung des Urheberrechts. Der Unikatcharakter von Medienprodukten ist in einigen Fällen jedoch eingeschränkt. Dies ist bei immer wiederkehrenden Formaten der Fall. Sei dies nun „Wetten dass ...“, die „Lindenstraße“ oder die immer wiederkehrenden Branchenanalysen in der Zeitung: Die Struktur ist gegeben - „nur“ <?page no="18"?> Besonderheiten des Medienbereichs 19 der Inhalt ist jedes Mal neu zu planen und zu konzipieren. Die kaum vorhandene Standardisierung und die schwierige Konkretisierung der Qualität journalistischer Produkte und Inputfaktoren erschweren auch den Bezug der Medienprodukte vom Markt (redaktionelles Outsourcing). Es entstehen in jedem Fall erhebliche Transaktionskosten (vgl. Heinrich 1996, S. 176). Aufgrund der Produktionsweise im Hinblick auf Unikate, die zum Großteil auch tagesaktuell sind, ergeben sich für das Segment Information Konsequenzen für die Organisation. Einerseits sind klare Hierarchien und schnelle Entscheidungsfindungen mit möglichst wenigen Diskussionen notwendig, um die relevanten und letzten Entwicklungen mitberücksichtigen zu können. Andererseits muss die Arbeit in Redaktionen auf Dialog ausgerichtet sein und erfordert daher flache und wenig formalisierte Hierarchien (vgl. D’Inka 2006, S. 171 ff.) Medienunternehmen und -produkte erfüllen eine öffentliche Aufgabe. Medienprodukte sind wichtige Produkte für das Funktionieren einer Demokratie. Zu den öffentlichen Aufgaben gehören die Informations- und Bildungsfunktion, die Artikulations-, Sozialisations- und Kontrollfunktion. Damit Medienunternehmen diese Aufgaben entsprechend wahrnehmen und wahrnehmen können, unterliegen sie besonderen Rechten und Pflichten, so dass der Mediensektor zu den am stärksten regulierten Wirtschaftszweigen zählt (vgl. Kleinsteuber/ Thomaß 2004, S. 144). Medienunternehmen tragen eine höhere gesellschaftliche Verantwortung als Unternehmen anderer Branchen (vgl. Zohlnhöfer 1989, S. 38 ff.). Aufgrund der öffentlichen Aufgaben ist der Ziel- und Aufgabenbereich breiter als in anderen Branchen. Es ergeben sich darüber hinaus Zielkonflikte zwischen den gesellschaftspolitischen und den rein ökonomischen Zielsetzungen (vgl. Ludwig 2003, S. 191 f.). Medienunternehmen und Medienprodukte produzieren externe Effekte. Allgemein handelt es sich bei externen Effekten um Einflüsse einer Wirtschaftseinheit auf andere, die nicht über den Markt ausgeglichen werden: Die Kosten werden nicht von den Verursachern getragen, die Vorteile werden nicht von den Begünstigten bezahlt. Die externen Effekte von Medienprodukten können sich etwa auf Börsenkurse, Politikerkarrieren, Werteakzeptanz, Gewaltbereitschaft beziehen. Die Internalisierung (Zurechenbarkeit) nach dem Verursacherprinzip ist jedoch nicht oder nur schwer möglich. Bereits die Medienwirkungsforschung steht bei der Zurechnung der Medienwirkungen vor großen Problemen. Damit ist aber die optimale Allokation der Produktionsfaktoren nicht gewährleistet, da Medienunternehmen den Gegenwert ihrer externen Effekte nicht bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Eine Einschränkung unerwünschter externer Ef- <?page no="19"?> Grundlagen 20 fekte wird teilweise durch die besonderen Pflichten der Medienunternehmen erreicht (vgl. Heinrich 2001, S. 95 f. sowie Kiefer 2001, S. 135 f.). Aufmerksamkeit produzieren Medienunternehmen für bestimmte Themen, sie benötigen diese für den Konsum ihrer Produkte aber auch selbst. Damit gewinnt eine Theorie der Aufmerksamkeit für Medienunternehmen an Bedeutung. Im Zentrum der Aufmerksamkeitstheorie steht die Aufmerksamkeit als knappes und damit wirtschaftliches Gut. Die Analysen hierzu wurden vor allem im Zusammenhang mit den Onlinemedien und der Vernetzung forciert. Aufmerksamkeit kann aber nicht direkt als Zahlungsmittel gelten. Sie muss in Geld umgewandelt werden. Das erfolgt über PageImpressions, Visits und ähnliche Kriterien, die auch schon bisher als Werbewährung dienen (vgl. Ziegler 2012, S. 12). Aus dieser Sicht ist dies also keine neue Ökonomie. Allerdings zeigen die Überlegungen zur Aufmerksamkeitsökonomie ein Defizit der Medienökonomie: „Open Source-Angebote oder das Engagement nichtkommerzieller Privatanbieter, die werbefreie persönliche Homepages offerieren, lassen sich nicht allein mit monetären Kalkülen erklären“ (Beck/ Schweiger 2000). Eine strategische Perspektive für die klassischen, etablierten Medien kann es sein, im Wettbewerb mit den neuen Medien, den Rezipienten auf Themen und Entwicklungen aufmerksam zu machen. Medienprodukte sind teilweise meritorische Güter. Allgemein handelt es sich bei meritorischen Gütern um Produkte, die nicht in dem erwünschten Ausmaß nachgefragt werden (bspw. Bildung). Im Vergleich dazu sind demeritorische Güter Produkte, die zu stark nachgefragt werden (bspw. Drogen). Die Entscheidung darüber, was zu wenig bzw. zu viel ist, wird von politischen Entscheidungsträgern gefällt und ist damit Ausdruck einer paternalistischen Grundhaltung. Zur Beseitigung der nicht erwünschten Situation werden dann Eingriffe in den Markt als notwendig erachtet (vgl. Musgrave/ Musgrave/ Kullmer 1975, S. 76 ff.). Allerdings ist fraglich, ob die Bereitstellung meritorischer Güter bereits zum Konsum führt oder ob zusätzlich noch eine Verpflichtung zum Konsum notwendig ist. Im Medienbereich widerspräche eine Verpflichtung zum Konsum dem Grundrecht der Informationsfreiheit. Im Medienbereich stellt öffentlich-rechtlicher Rundfunk ein meritorisches Gut dar (vgl. Wolf 2006, S. 26 ff.). Medienprodukte sind meist unteilbar, zeitelastisch und zeitgebunden. Kinofilme, Zeitungen oder Magazinbeiträge werden als Ganzes angeboten. Sie können selten einzeln oder in Teilen gekauft werden. Die Unteilbarkeit des An- <?page no="20"?> Besonderheiten des Medienbereichs 21 gebotes verhindert jedoch nicht den selektiven Konsum. Insbesondere bei Fernsehen und Hörfunk tritt zu der Unteilbarkeit des Angebotes heute noch die zeitgebundene Nutzung hinzu, die sich allerdings durch die Verbreitung von DVD- und Videorekordern und digitalem Fernsehen abschwächt. Zeitelastisch sind Medienprodukte insoweit, als sie nach dem Konsum deutlich an Wert verlieren. Dies ist bei aktuellen Inhalten, wie bei einer Sportdirektübertragung, der Fall. Es handelt sich dabei also um ein Verbrauchsgut, auch wenn das Gut an sich materiell noch vorhanden ist. Es stiftet für den Rezipienten aber keinen großen Zusatznutzen. Unterhaltung hingegen ist weniger zeitelastisch und lässt sich daher zu den Gebrauchsgütern rechnen. Die Abnahme des Nutzens erfolgt nicht so schnell wie bei Sportdirektübertragungen oder Börsenkursen (vgl. Sjurts 2004, S. 166 f.). Medienprodukte stehen in einem kulturbedingten Kontext. Dies schränkt ihre kommerzielle internationale Verwertbarkeit ein. Dies bezieht sich sowohl auf Sprachbarrieren als auch auf die Relevanz bestimmter Nachrichten und die Präsentation sowie die Ausgestaltung der Beiträge. Die kulturellen Grenzen sind umso höher, je stärker das Medienprodukt auf die Alltagssituation der Rezipienten zugeschnitten ist. So bringen bspw. eigenproduzierte Serien mit deutschen Schauspielern höhere Einschaltquoten als synchronisierte amerikanische Serien, selbst wenn die Inhalte und Strukturen angeglichen wurden. Auch die Gestaltung der Websites orientiert sich zu einem Teil an den jeweiligen nationalen Konsumgewohnheiten bei Mediengütern. Dieser so genannte Cultural Discount wird umso niedriger, je größer der Kulturraum ist, für den produziert wird. Aus der Größe des Kulturraums erklärt sich die Dominanz amerikanischer Spielfilmproduktionen oder die Dominanz der englischen Sprache. Der ökonomisch attraktivere Kulturraum setzt damit die Akzente für die kleineren Kulturregionen und erlangt dort Akzeptanz bzw. es erfolgt Angleichung. Aus kulturpolitischer Perspektive kann sich durch diesen ökonomischen Mechanismus das Problem des Verlustes kultureller Identität ergeben. Es werden daraus zum Teil Markteingriffe im Sinne protektionistischer Maßnahmen zum Schutz und Erhalt der heimischen Medienindustrie und Kultur gerechtfertigt. Andererseits lässt sich die kulturelle Angleichung positiv beurteilen (vgl. Detering 2001, S. 50 ff.). Die Existenz und Bedeutung bspw. lokaler Presseerzeugnisse zeigt aber auch, dass spezifische Informationen für kleine Kulturräume ihren Markt besitzen. Die angeführte Problematik entsteht vor allem im Unterhaltungsbereich. <?page no="21"?> Grundlagen 22 Insgesamt ist der Globalisierungsgrad im Medienbereich gering. Es „dominieren bei den Märkten für Medienprodukte nationale Absatzgebiete, in einigen Teilbereichen sogar regionale Absatzmärkte“ (Seufert 2004, S. 82). Insbesondere Rundfunksender, Zeitungsverlage aber auch Internetagenturen verfügen nur über relativ geringe Umsatzanteile auf globalen Märkten. Allerdings macht eine globale Erweiterung der Absatzmärkte nur Sinn, solange sich die Produktionskosten auf mehr Rezipienten verteilen und damit Stückkostenreduktionen einhergehen, die größer sind als die Zusatzkosten der jeweiligen Marktausweitung (vgl. Seufert 2004, S. 83). Internationalisierungstendenzen großer Medienunternehmen sind jedoch Fakt (vgl. Sjurts/ Strubl 2010) und sprechen auf den ersten Blick gegen die Existenz eines Cultural Discounts. Allerdings macht globale Expansion im Medienbereich nur solange Sinne, solange die Stückkostensenkung durch die Erhöhung der Rezipientenzahl größer ist als die dadurch notwendigen Anpassungskosten an nationale Eigenarten (vgl. Seufert 2004, S. 84 f.). Abb. 2: Ökonomische Merkmale von Medienprodukten Rezipientenmarkt Werbemarkt Marktfähigkeit stark eingeschränkt vollkommen Qualitätsbewertung schwierig/ komplex einfach Produktart Erfahrungs- und Vertrauensgüter Inspektionsgüter Materialität immaterieller Verbrauch materieller Verbrauch Kostenstruktur hoher Fixkostenanteil geringer Fixkostenanteil Rivalität im Konsum nicht vorhanden vorhanden Meritorisches Gut teilweise kein meritorisches Gut Quelle: In Anlehnung an Sjurts 2005, S. 12 <?page no="22"?> Medienunternehmen und ihr Umfeld 23 1.3 Medienunternehmen und ihr Umfeld Wie alle Unternehmen sind nach der Systemtheorie auch Medienunternehmen soziotechnische Systeme: Menschen und Maschinen fungieren als Elemente in dem System Unternehmung und stehen zueinander in Beziehungen. Außerdem handelt es sich bei Medienunternehmen um offene Systeme: Dies ergibt sich aus den Beziehungen des Unternehmens zu seinem Umfeld bzw. zu seinem Umsystem. Durch diese Offenheit steigt die Komplexität umso stärker, je vielfältiger und verschiedener die Beziehungen zum Umfeld sind. Darüber hinaus führt die Offenheit zu einem dynamischen System, da das Umsystem seinerseits Wandlungen unterliegt, die Einfluss auf das Unternehmen ausüben. Die Bedingungen durch das Umfeld beeinflussen die Planungen und Entscheidungen in den Unternehmen. Sie können andererseits auch von den Unternehmen direkt oder indirekt beeinflusst werden (vgl. Ulrich 1970, S. 112). Für einen Überblick und für die Analyse der Ausgangsbedingungen ist es deshalb sinnvoll, das Umfeld von Medienunternehmen in eine Struktur zu bringen und in einzelne Bereiche zu zerlegen: Wie alle Unternehmen stehen auch Medienunternehmen direkt mit dem Absatzmarkt, Kapitalmarkt und Beschaffungsmarkt sowie mit unterstützenden Dienstleistern in Beziehung. Dabei sind sie überall mit ihren aktuellen und potenziellen Wettbewerbern konfrontiert. Darüber hinaus sind Medienunternehmen nicht nur Elemente des wirtschaftlichen Systems. Sie haben für ihre Planungen auch die rechtlich-politische, die soziokulturelle, die wissenschaftlich-technische und die natürliche Umwelt mit in ihre Planungen einzubeziehen (vgl. Thommen/ Achleitner 2009, S. 53 ff.). <?page no="23"?> Grundlagen 24 Abb. 3: Das Umsystem von Medienunternehmen Quelle: eigene Darstellung Der Stakeholder-Ansatz rückt die Analyse des Umsystems in den Mittelpunkt. Stakeholder sind Anspruchsgruppen, die aktiv Einfluss auf Entscheidungen im Unternehmen nehmen und ihm im Gegenzug Ressourcen zur Verfügung stel- <?page no="24"?> Medienunternehmen und ihr Umfeld 25 len. Damit sind sowohl alle externen Gruppen, und damit die Elemente des Umsystems, als auch interne Stakeholder wie Mitarbeiter erfasst. Das Stakeholderkonzept basiert auf dem gegenseitigen Nutzen für Unternehmen und Anspruchsgruppen. Aus Unternehmenssicht wird durch eine Stakeholderanalyse deutlich, welcher Einfluss auf den Erfolg von den einzelnen Gruppen ausgeht und wie die Ansprüche der Stakeholder an die Medienunternehmung aussehen. Besonders wichtig wird diese Betrachtung für Medienunternehmen durch ihre öffentliche Wirkung, durch die Frage nach der Funktion der Medien in der Gesellschaft und ihrer Unabhängigkeit sowie durch die Analyse der vorhandenen ökonomischen Erfolgsfaktoren (vgl. hierzu auch Karmasin 2003, S. 416 ff. sowie Karmasin 2006, S. 82). Für die Stakeholder-Analyse ergeben sich folgende Fragen: • Wer sind unsere Anspruchsgruppen? • Was sind deren Ansprüche? • Welche Chancen und Risiken stellen diese für uns dar? • Welche rechtliche, wirtschaftliche und ethische Verantwortung haben wir gegenüber unseren Anspruchsgruppen? • Welche Strategien verfolgen die Anspruchsgruppen? • Welche Strategien wenden wir im Umgang mit ihnen an? Die Besonderheiten auf der Beschaffungsseite sind vor allem auf den Umstand zurückzuführen, dass ein nicht unerheblicher Teil von immateriellen Produktionsfaktoren zu beschaffen ist. Hier handelt es sich hauptsächlich um fertige Beiträge oder um die Inhalte, die es zu bearbeiten gilt, damit ein Teilprodukt entsteht, das mit anderen Teilprodukten zusammen das Programm, die Zeitung oder das Internetangebot ergibt. Demzufolge verlieren logistische Prozesse im physischen Sinne, wie etwa bei Materialien, an Bedeutung. Der Contentbereich ist stark durch kreative Merkmale geprägt. Dieser Bereich ist oft bereits ein Engpassfaktor, da durch die technischen Möglichkeiten die Zahl der Nachfrager nach Inhalten stärker als die Zahl der Anbieter von Inhalten steigt (Messmer 2004, S. 77). Die Lösung dieses Problems wird aus strategischer Sicht umso wichtiger, je stärker sich die Medienunternehmen von ihren Wettbewerbern mit neuartigen Inhalten auf dem Markt differenzieren müssen. Die Beziehungen zu den Beschaffungs- und den Absatzmärkten von Medienunternehmen sind durch das Einschalten unterstützender Dienstleister ge- <?page no="25"?> Grundlagen 26 prägt. Im Distributionsbereich nehmen diese einen wichtigen Platz ein, da ein Teil des Produktwertes von der Aktualität und damit von der reibungslosen Distribution abhängt. Insbesondere bei den elektronischen Medien handelt es sich dabei um anspruchsvolle und komplexe Techniken, sodass der Distributionsbereich sehr stark vom technologischen Umfeld geprägt ist. Die Dienstleistungen zwischen Beschaffungsmarkt und Medienunternehmen werden insofern stark beansprucht, als aufgrund des Unikatcharakters der Medienprodukte ständig wechselnde Produktionsfaktoren zu beschaffen sind. Damit ergibt sich in einigen Bereichen eine geringere Routine und Marktkenntnis als bei Serien- oder Massenproduktion und deshalb ein breites Betätigungsfeld für spezialisierte Dritte wie Lizenzhändler und Castingagenturen. Das gesellschaftliche Umsystem steht im Vergleich zu anderen Branchen in einer besonders engen Beziehung zu den Medienunternehmen. Das rührt daher, dass ein Teil der Medien spezifischen und intensiven Regulierungen unterliegt und der Output der Medienunternehmen wiederum einen sehr starken Einfluss auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausübt. Der Einfluss auf die Öffentlichkeit - der publizistische Aspekt - hat zum Teil auch dazu geführt, dass Eigentümer an Medienunternehmen ein gesellschaftliches Anliegen mit ihrem Engagement verfolgen. Allerdings tritt diese Zielsetzung mit der vermehrten Ökonomisierung der Medien immer stärker in den Hintergrund. Veränderungen im Umfeld von Medienunternehmen ergeben sich vor allem durch folgende Faktoren (vgl. Maier 2004, S. 18 ff.): • Globalisierung (verändert die Rahmenbedingungen für Produktion und Absatz von Mediengütern) • Privatisierung und Deregulierung (verändert die Entscheidungsspielräume in Medienunternehmen) • Technologischer Wandel (verändert die Medienprodukte und die internen Prozesse von Medienunternehmen) • Wandel von Werten und Normen (verändert die Bedeutung und die Aufgaben von Medienunternehmen) Diese Veränderungen initiieren aber nicht nur in den Medienunternehmen und auf den Medienmärkten Veränderungen. Sie gelten auch für andere Unternehmen. Jedoch werden in diesem Wandlungsprozess die Medien eine höhere Bedeutung erlangen, so dass die Medien selbst auch wiederum diesen Veränderungsprozess aktiv mitgestalten. <?page no="26"?> Wertschöpfungsstrukturen im Medienbereich 27 1.4 Wertschöpfungsstrukturen im Medienbereich Die Wertschöpfung eines Unternehmens ist der Teil des Umsatzes, der übrig bleibt, wenn die bezogenen Vorleistungen davon abgezogen sind. Es ist der Wert, der an die verschiedenen direkten Anspruchsgruppen des Unternehmens (Mitarbeiter, Eigen- und Fremdkapitalgeber, Staat) verteilt bzw. im Unternehmen behalten und reinvestiert wird. Die Teilprozesse des betrieblichen Transformationsmechanismus, die zu dieser Wertschöpfung führen, lassen sich in einer Wertkette darstellen. Sie gibt ein grob strukturiertes Abbild der Wertschöpfung im Unternehmen mit den einzelnen Stationen, gegliedert nach dem Durchlaufprinzip. Zusammen mit den Wertketten der anderen beteiligten Unternehmen entsteht für den Kunden ein Produkt mit entsprechendem Nutzwert. Abb. 4: Wertschöpfungskette im Medienbereich Beschaffung von Inhalten, fertigen Beiträgen, Werbebeiträgen Produktion Distribution Endgeräte der Informationstechnologie und Unterhaltungselektronik •   Produktion der Beiträge (Recherche, Schreiben, Filmen, Vertonen, Redigieren, Gestalten) •   Zusammenstellung der Inhalte (Packaging), Layout •   Technische Herstellung (Druck, Sendetechnik bereitstellen) •   Austräger •   Post •   Kabel •   Terrestrik •   Satellit •   Internet <?page no="27"?> Grundlagen 28 Der Produktionsbereich stellt sich in Medienunternehmen sektorspezifisch dar. Die Produktion umfasst sowohl die Produktion von Einzelbeiträgen, die Aggregation/ das Packaging verschiedener Einzelbeiträge zum eigentlichen Produkt (Programm, Zeitung, Internetangebot) einschließlich der redaktionellen Bearbeitung im Hinblick auf das Layout als auch die technische Produktion (Vervielfältigung, Druck, Bereitstellen von Übertragungskapazitäten). Die journalistisch/ redaktionelle Produktion wiederum lässt sich unterteilen in Recherchieren, Schreiben/ Filmen/ Vertonen, Redigieren und in die Produktgestaltung (Layout, Schnitt, Vertonung). Die redaktionelle Produktion unterliegt zu einem großen Teil einer hohen Veränderlichkeit, sodass die Produktionsverfahren sehr unterschiedlich sind und wenig Standardverrichtungen aufweisen. Grundsätzlich können sowohl die nicht-redaktionelle als auch die redaktionelle Produktion in Eigen- oder Fremdproduktion erbracht werden (Eigenproduktion, Auftragsproduktion oder Kauf von bereits fertigen Produkten, die nicht in Auftrag gegeben wurden). Die Entscheidung für eine dieser Formen im nichtpublizistischen Bereich unterscheidet sich nicht von der Entscheidungssituation in anderen Branchen. Bei der Entscheidung im publizistischen Bereich ist zu beachten, dass bei externer Produktion ein Kernfeld der medienunternehmerischen Kompetenz betroffen ist und dass der Einfluss auf die Qualität sowie deren Kontrolle schwieriger ist. Darüber hinaus ist nicht automatisch das Eigentumsrecht beim Käufer, so dass spätere Mehrfachverwendungen nicht immer möglich sind. Wichtige Kriterien für die Entscheidung Eigen- oder Fremdproduktion sind: Kosten, Sicherung der Leistungsqualität, Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten, Minderung des betrieblichen Risikos und des Fixkostenblocks, Grundauslastung der Eigenkapazitäten, Optimierung der Prozessabläufe, Abhängigkeit, Transaktionskosten. Die Prozessoptimierung auf Basis der Wertschöpfungskette kann mit folgenden Fragen strukturiert werden (in Anlehnung an Schusser 2003, S. 136 ff.): • Welches sind die Kernkompetenzen des jeweiligen Medienunternehmens und sollten deshalb konsequent gestärkt, im Unternehmen behalten und kommuniziert werden? Bsp.: Recherche, redaktionelle Bearbeitung oder Zusammenstellung. • Welche Bereiche in der Wertschöpfungskette können ausgelagert werden (Verkürzung der unternehmerischen Wertschöpfungskette)? Bsp.: Werbezeitenvermarktung, Personalsuche für Rollenbesetzungen. <?page no="28"?> Geld- und Güterkreislauf 29 • Welche Bereiche auf dem Weg zum fertigen Produkt können von dem Medienunternehmen noch zusätzlich selbst übernommen werden (Verlängerung der Wertschöpfungskette)? Bsp.: Betreiben von Kabelnetzen (vorwärts gerichtete Integration), Betreiben einer Nachrichtenagentur (rückwärts gerichtete Integration). • Auf welchen Märkten lassen sich die gesammelten Erfahrungen in anderem Zusammenhang neu einsetzen (Diversifikation)? Bsp.: Verlagsaktivitäten im Internet oder Postzustellung. 1.5 Medienunternehmen im Geld- und Güterkreislauf Der betriebliche Umsatzprozess ist durch gegenläufige Güter- und Geldströme charakterisiert. Das Kreislaufmodell zeigt diese und ihre gegenseitige Abhängigkeiten. Der Kreislauf besteht aus vielen Einzelprozessen, die miteinander verknüpft sind. Hier kommt der Unternehmensführung die Aufgabe zu, diese Prozesse entsprechend der Zielsetzung zu gestalten und zu lenken. Darüber hinaus ist bei der Analyse dieser Beziehungen zu berücksichtigen, inwiefern welche Gruppen auch indirekten Einfluss auf diese Ströme nehmen können. Je nach der Finanzierungsart gestalten sich diese Güter- und Geldströme in Medienunternehmen unterschiedlich. Bei den dargestellten Kreislaufmodellen handelt es sich jeweils um Beispiele der Reinformen. In der Realität finden sich oftmals Mischformen, z. B. Werbe- und Gebührenfinanzierung im öffentlichrechtlichen Rundfunk. Die Geld- und Güterströme zwischen dem Beschaffungsmarkt und den Medienunternehmen bleiben unberücksichtigt, da sie denen in anderen Branchen entsprechen. <?page no="29"?> Grundlagen 30 Abb. 5: Kreislaufmodell bei Rezipientenfinanzierung Quelle: eigene Darstellung Bei einer reinen Rezipientenfinanzierung unterscheiden sich die Geld- und Güterströme nicht von denen in anderen Branchen. Abb. 6: Kreislaufmodell bei Werbefinanzierung Quelle: eigene Darstellung Bei rein werbefinanzierten Medienangeboten stehen die Geld- und Güterströme nicht direkt mit dem Medienkonsum in Zusammenhang. Jedoch trägt der Rezipient mit dem Kaufpreis der beworbenen Produkte den Teil der Kosten, der für Werbung ausgegeben und in der Preiskalkulation mitberücksichtigt wird. Rezipient Medienunternehmen Mediale Dienstleistung Rezipient als Produktionsfaktor Zeit Direkte Geldleistung Rezipient Werbetreibende Wirtschaft Medienunternehmen Mediale Dienstleistung Rezipient als Produktionsfaktor Zeit Geld Ware Geld Werbeleistung/ Kontakte <?page no="30"?> Geld- und Güterkreislauf 31 Abb. 7: Kreislaufmodell bei öffentlich-rechtlichem Angebot Quelle: eigene Darstellung Bei rein öffentlich-rechtlichen Medienangeboten laufen die Geldströme über den Staat oder von ihm autorisierte Institutionen. Es ist nicht festgelegt, wie der monetäre Ausgleich zwischen Rezipient und Medienunternehmen erfolgt. Entsprechend den Erlösquellen und den dadurch beteiligten Gruppen lassen sich auch unterschiedliche Sachziele und Formalziele für die verschiedenen Mediensysteme ableiten. Sachziele beziehen sich auf das konkrete Handeln bei den verschiedenen betrieblichen Funktionen. Beispiele hierfür sind Marktziele, Produktziele, Finanzziele sowie soziale und ökologische Ziele. Formalziele sind in erwerbswirtschaftlich orientierten Unternehmen übergeordnete Ziele, an denen sich die Sachziele auszurichten haben. In ihnen kommt der Erfolg unternehmerischen Handelns zum Ausdruck. Beispiele sind Produktivität, Rentabilität und Wirtschaftlichkeit. Bei rezipienten- oder werbefinanzierten Medienangeboten ist die Gewinnerzielung Hauptziel, um eine befriedigende Rendite für die Kapitalgeber zu erwirtschaften bzw. um andere Anspruchsgruppen zu befriedigen oder das Unternehmen selbst zu stärken. Entsprechend der Zielsetzung bei öffentlich-rechtlichen Medienangeboten steht das Sachziel im Vordergrund, das unter Beachtung wirtschaftlicher Haushaltsführung (Formalziel) realisiert werden soll. Die Einnahmenerzielung ist lediglich Mittel zum Zweck. Rezipient Staat Medienunternehmen Besondere rechtliche Kontrolle Geld (Gebühr, Steuer) Mediale Dienstleistung Berechtigung zur Nutzung der medialen Dienste Geld Zeit Rezipient als Produktionsfaktor <?page no="31"?> Grundlagen 32 Abb. 8: Ziele der verschiedenen Mediensysteme Quelle: In Anlehnung an Köcher 2002, S. 21 1.6 Rechtliche Grundlagen der Medienwirtschaft 1.6.1 Mediengrundrechte Kern und Ausgangspunkt aller medienrechtlichen Überlegungen ist das Grundgesetz (GG). Art. 5 GG garantiert als individuelle Freiheiten das Recht auf freie Meinungsäußerung (Meinungsfreiheit) und das Recht zur freien Unterrichtung (Informationsfreiheit). Die Freiheit für Presse, Rundfunk und Film garantiert daneben die freie journalistische Arbeit von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen in diesen Massenmedien. Das schließt insbesondere die Staatsferne bei Medienunternehmen ein. Diese Freiräume sind Voraussetzung dafür, dass Medienunternehmen ihre Funktionen in Demokratien, insbesondere ihre Kontrollfunktion, wahrnehmen können. Erlösquelle Formalziel Sachziel Öffentlich-rechtliches Angebot Werbefinanziertes Angebot Rezipientenfinanziertes Angebot Abgaben Werbeerlöse Abonnement/ Entgelt für Einzeltransaktion Sendeleistung gemäß Programmauftrag Produktion von Rezipientenkontakten für die Werbewirtschaft Bereitstellung von Inhalten entsprechend der Präferenzen der Abonnenten/ Käufer Wirtschaftliche Erfüllung des Programmauftrags Erwirtschaftung angemessener Gewinne für die Gesellschafter <?page no="32"?> Rechtliche Grundlagen 33 Die in Art. 5 GG verbrieften Rechte finden ihre Begrenzungen durch die Vorschriften anderer Schutzbereiche. Hier ist die Blickrichtung umgekehrt: Es handelt sich um den Schutz der Bürger und Institutionen vor den Medien. Schranken bilden das allgemeine und die besonderen Persönlichkeitsrechte (Schutz der Privatsphäre, Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort, Recht am eigenen Bild, Recht auf Wahrung der persönlichen Ehre), der Schutz des Unternehmens, des Staates und der Jugend. Die Rechtsprechung hat im Einzelfall zwischen Mediengrundrechten und anderen Rechtsgütern abzuwägen. Abb. 9: Mediengrundrechte und ihre Konsequenzen Art. 5 GG • Meinungsfreiheit • Informationsfreiheit • Pressefreiheit • Zensurfreiheit Besondere Rechte: - Auskunftspflicht der Behörden - Zeugnisverweigerungsrecht - Beschlagnahmeverbot Besondere Pflichten: - Sorgfaltspflicht - Pflicht zur Gegendarstellung - Presseordnung (Impressum, Angabe der verantwortlichen Redakteure, Kennzeichnung der Werbung) Gesetzliche Vorschriften zum Schutz: der persönlichen Ehre der Persönlichkeit des Unternehmens der Jugend des Staates des Urhebers Quelle: eigene Darstellung 1.6.2 Regelungen für die Presse Pressegesetze Für die Presse existiert kein einheitliches Bundespressegesetz. Der Bund kann zwar Rahmenvorschriften erlassen (Art. 75 Ziffer 2 GG), hat davon bisher aber keinen Gebrauch gemacht. Alle anderen Regelungen fallen in den Hoheitsbereich der Länder. So existiert in jedem Bundesland ein Landespressegesetz. Die- <?page no="33"?> Grundlagen 34 se Gesetze weisen jedoch ein breites Feld an Gemeinsamkeiten auf. Sie dienen in der Hauptsache dem Schutz der Printmedien und beinhalten deren besondere Pflichten. Neben den spezifischen Regelungen für den Rundfunk gelten die Bestimmungen der Pressegesetze auch für den Rundfunkbereich. Zu den wichtigsten Regelungen der einzelnen Landespressegesetze gehören die folgenden Bestimmungen: • Es existieren keine Zugangsregulierungen. • Die Auskunftspflicht der Behörden, das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten und das Beschlagnahmeverbot • Besondere Pflichten sind die Sorgfaltspflicht bei der Recherche und Darstellung sowie die Verpflichtung der Gegendarstellung. • Zur Presseordnung gehört die Impressumspflicht, die Angabe des verantwortlichen Redakteurs und die Kennzeichnung der Anzeigen. Innere Pressefreiheit, Redaktionsstatuten und Tendenzschutz Die innere Pressefreiheit betrifft die Abgrenzung der Kompetenzen im Innenverhältnis zwischen Journalist und Verlag. Auch hier soll grundsätzlich die Pressefreiheit für den einzelnen Journalisten gewährleistet sein, damit dieser nicht dem politischen und wirtschaftlichen Druck Dritter ausgeliefert ist (vgl. Noelle- Neumann 1977, S. 105). Der Verleger besitzt jedoch eine grundsätzliche Kompetenz im Sinne eines Unternehmers, der die Richtung und die Haltung des Unternehmens bestimmt . Eine grundsätzliche Trennung zwischen Redaktion und Management würde den erwerbswirtschaftlichen Prinzipien ebenso widersprechen, wie eine völlige Fremdbestimmung der Journalisten durch das Management den publizistischen Grundsätzen und dem Postulat der Pressefreiheit zuwiderlaufen würde. Beide Gruppen sind letztlich daran interessiert, dass ihr Produkt vom Markt angenommen wird. Die Verlegerautonomie ist in strittigen Fällen gegen die Persönlichkeitsrechte der Journalisten abzuwägen. Eine Möglichkeit, das Innenverhältnis grundsätzlich zu regeln, bieten Redaktionsstatute. Sie sind nicht zwingend und nicht in allen Betrieben vorhanden. In der Hauptsache beziehen sich diese Statuten auf die Festlegung der publizistischen Grundhaltung, auf das Vorgehen bei Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation dieser Grundhaltung und auf die Rechte bei personellen Entscheidungen, welche die Redaktion betreffen. Das Grundrecht der Pressefreiheit ist Basis für die eingeschränkte Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei Presse- und Rundfunkunternehmen. Diese gehören zu den so genannten Tendenzbetrieben. Hierbei handelt es sich um Unterneh- <?page no="34"?> Rechtliche Grundlagen 35 men und Betriebe, die politischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken sowie der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen. Es geht um Betriebe mit geistig-ideellen Zielsetzungen; eine ökonomische Orientierung ist damit nicht verneint. Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind in diesen Unternehmen aufgrund des Tendenzschutzes (§ 118 BetrVG) eingeschränkt. Dieser Schutz resultiert aus der Pressefreiheit, die durch die Mitbestimmungsregelungen fremden Einflüssen unterliegen würde. Inwieweit diese Begrenzung greift, hängt von der Eigenart und dem Tendenzbezug der jeweiligen Maßnahme ab. Redaktionsstatute sollen die Eingriffsmöglichkeiten der Eigentümer zugunsten der Redaktion beschränken. Darüber hinaus dienen sie in Medienunternehmen als Instrumente der Qualitätssicherung (vgl. Wyss 2002, S. 185 ff.). Pressefusionskontrolle Die Landespressegesetze beinhalten - entgegen den Regelungen im Rundfunkrecht - keine spezifischen Vorschriften für die Vielfaltsicherung. Es wird davon ausgegangen, dass ökonomische Vielfalt und Wettbewerb zur publizistischen Vielfalt führen. Im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gibt es demnach eine besondere Vorschrift, die sich auf Zusammenschlüsse im Pressebereich bezieht. Sie dient der Vorkehrung vor zu geringer Vielfalt im ökonomischen Bereich bzw. zum Erhalt der mittelständischen Struktur vieler regional tätiger Presseunternehmen als wesentliche Voraussetzung für die Gewährleistung einer ausgewogenen Meinungsvielfalt . Mit den allgemeinen Aufgreifkriterien im Zusammenhang mit der Fusionskontrolle würden lediglich wenige Zusammenschlüsse im Pressebereich unter die Vorschriften des GWB fallen, da die Struktur der Branche überwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt ist. Die Kontrolle greift allgemein dann, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss „1. die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und 2. mindestens ein beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro erzielt haben“ (§ 35 Abs. 1 GWB). Zusammenschlüsse bei Verlag, Herstellung oder Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften werden strenger behandelt: Für sie gilt nur der zweite Satz. Die Umsatzschwelle, ab der eine Überprüfung durch das Bundeskartellamt einsetzt, liegt für Presseunternehmen bei 25 Millionen statt bei 500 Millionen Euro (§ 38 Abs. 3 GWB). Diese stärkere Reglementierung von Fusionen im Pressebereich soll einer zu hohen Konzentration vorbeugen und zur Sicherung der publizistischen Vielfalt durch Gewährleistung der ökonomischen Vielfalt beitragen. <?page no="35"?> Grundlagen 36 Die Regelungen zur Pressefusionskontrolle sind seit längerem in der Diskussion: Viele große Verlage fordern eine Lockerung des Pressefusionsrechts, damit Kooperationen möglich werden, um Kostensenkungspotenziale auszunutzen. Kleine und mittlere Zeitungsverlage hingegen sind gegen diese Bestrebungen, da sie bei kontrollfreien Fusionen besonders der Großverlage eine zunehmende Konzentration und eine Verringerung der Meinungsvielfalt fürchten. Deutscher Presserat Die Definition und die Überwachung berufsethischer Normen und Verhaltensregeln betreffen den der Rechtsordnung vorgelagerten Raum. Diese Aufgabe übernimmt der deutsche Presserat. Der Presserat ist ein Organ der freiwilligen Selbstkontrolle und Selbstverpflichtung der deutschen Presse. Träger sind der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die IG Medien. Die Arbeit des Presserates bezieht sich auf Publikationen mit journalistisch-redaktionellen Beiträgen, die von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen, Pressediensten und Onlinediensten verbreitet werden. Das wichtigste Gremium ist der Beschwerdeausschuss, der paritätisch mit Journalisten und Verlegern besetzt ist. Bei Beschwerden kann er Rügen, Missbilligungen oder Hinweise erteilen, die publiziert werden. Ein Teil seiner Arbeit bezieht sich auch auf die Vermittlung zwischen Beschwerdeführern und den für die Publikation Verantwortlichen. Die Arbeitsbasis des Beschwerdeausschusses bilden die Publizistischen Grundsätze (Pressekodex), die als Richtlinien für die publizistische Arbeit konzipiert wurden. 1.6.3 Regelungen für den Rundfunk Rundfunkstaatsverträge Ebenso wie die Presse ist der Rundfunk ein Kulturgut und fällt damit in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Demzufolge existieren in den einzelnen Bundesländern Landesmediengesetze für private Veranstalter und Landesrundfunkgesetze für die öffentlich-rechtlichen Veranstalter. Für bundesweite Rundfunkprogramme bilden diese Länderbestimmungen ebenfalls die Basis. Sobald öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten (z. B. SWR, MDR) oder alle Bundesländer sich auf gemeinsame Grundsätze einigen, ist ein Staatsvertrag zu schließen. Die prägende Gesetzesbasis für das duale Rundfunksystem in Deutschland ist der Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland, den alle Bundesländer verabschiedeten. Er wurde erstmals 1987 nach der Zulassung privater Rundfunkanbieter geschlos- <?page no="36"?> Rechtliche Grundlagen 37 sen, da das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk zu regeln war. Die letzte Änderung trat mit dem 13. Änderungsstaatsvertrag am 01.04.2010 in Kraft. Dieser 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist der zurzeit gültige. Die in diesem Buch zitierten Paragrafen beziehen sich auf diese Fassung. Die Regierungen der Länder haben auch bereits den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet. Er tritt am 01.01.2013 in Kraft und hat vor allem die neue Bezugsbasis für den neuen Rundfunkbeitrag und geänderte Regelungen für das Sponsoring der Öffentlich-Rechtlichen zum Gegenstand. Der 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist hingegen nicht in Kraft getreten, da bis zur Ratifizierungsfrist nicht alle Länderparlamente zugestimmt hatten. Die rundfunkrechtlichen Staatsverträge beinhalten folgende Regelungswerke: • Rundfunkstaatsvertrag (RStV): Grundsätzliche Bestimmungen für öffentlich-rechtliche und private Rundfunkunternehmen. • ARD- und ZDF-Staatsvertrag: Spezifische Bestimmungen für ARD und ZDF. • Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBeitrStV): Bestimmungen hinsichtlich der Beitragspflicht. Durch ihn wird der bis 31.12.2012 geltende Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) abgelöst. • Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV): Bestimmungen zur Höhe und Verwendung/ Verteilung der Rundfunkgebühren/ -beiträge. • Deutschlandradio-Staatsvertrag (DLRStV): Spezielle Bestimmungen für den bundesweiten öffentlich-rechtlichen Hörfunkveranstalter Deutschlandradio. Parallel zu den gesetzlichen Regelungen gab es eine Fülle von Einzelaspekten und Fragestellungen, die durch richterliche Entscheidungen konkretisiert wurden. Die Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichtes finden deshalb Eingang in die rechtlichen Grundlagen für den Rundfunk (vgl. im Einzelnen Weber 1990, S. 80 ff. und Fechner 2012, Kap. 10, S. 44 ff.). Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Ebenso wie für Pressefusionen gilt für die Herstellung, den Vertrieb und die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen und für den Absatz von Rundfunkwerbezeiten die besondere Vorschrift nach § 38 Abs. 3 (GWB) für Zusammenschlussvorhaben. <?page no="37"?> Grundlagen 38 Abb. 10: Rechtliche Rahmenbedingungen des privaten Fernsehens Quelle: eigene Darstellung Internationales Recht Die EU Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) stellt seit 2007 den an die technischen Entwicklungen angepassten Rechtsrahmen für die europäischen audiovisuellen Mediendienste dar und löst damit die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ ab. Die Richtlinie dient - in Verfolgung der Binnenmarktziele freier Warenverkehr und Dienstleistungsfreiheit - der Schaffung flexibler Voraussetzungen, um den freien Verkehr von audiovisuellen Diensten unabhängig von der Ausstrahlungstechnik innerhalb des Binnenmarktes zu verwirklichen. Sie basiert auf dem Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten der EU den freien Empfang audiovisueller Werke anderer Mitgliedstaaten sicherstellen sollen und deren Weiterverbreitung nicht beschränken dürfen, solange dies nicht gegen Ziele zum Schutz des Allgemeininteresses verstößt. Wesentliche Inhalte der Richtlinie sind: • Rechtsrahmen für lineare Dienste, die vom Nutzer passiv empfangen werden, wie herkömmliches Fernsehen, Internet und Mobilfunk („Push-Inhalte“) sowie für nicht lineare Dienste, wie das Bezahlfernsehen, bei dem die Zuschauer z. B. über Videoabruf eine Auswahl tref- Privates Fernsehen Selbstkontrolle Lizensierung und Kontrolle Fernsehregulierung Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen Jugendschützer Deutscher Werberat Landesmedienanstalten: Fernsehurteile des Bundesverfassungsgerichtes •   Richtlinien •   Zulassung •   Kontrolle •   Satzungen Rundfunk- Gesetze: •   Landesmediengesetze •   Staatsverträge der Länder •   EU-Gesetze <?page no="38"?> Rechtliche Grundlagen 39 fen („Pull-Inhalte“). Hiermit ist es möglich, Mindeststandards, z. B. zum Schutz von Jugendlichen auch in den nicht linearen Diensten durchzusetzen. • Kriterien zur Festlegung der Rechtshoheit über Fernsehveranstalter. • Bedingungen zur Sicherstellung der unverschlüsselten Übertragung von Ereignissen mit erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung. • Regelungen zur Förderung der Herstellung und Verbreitung europäischer Fernsehproduktionen einschließlich der Werke unabhängiger Produzenten. • Bestimmungen zur Berücksichtigung von Zielen zum Schutz des Allgemeininteresses, wie Sicherung kultureller Vielfalt, Pluralismus, Urheberrechtsschutz, Recht auf Gegendarstellung, Verbraucherschutz und vor allem auch Schutz Minderjähriger. • Flexibilisierte Werbevorschriften: z. B. Begrenzung der Werbezeit pro Stunde in Fernsehprogrammen, Verbot der Schleichwerbung, Zulässigkeit von Produktplatzierungen, Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, Sponsoring, Teleshopping, Split-Screen- Technik, virtuelle Werbung, interaktive Werbung. Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) Die FSF wurde im Jahre 1994 auf Initiative der privaten Fernsehveranstalter gegründet. Ihr Ziel ist die Prüfung der Sendungen im Hinblick auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen und der Programmgrundsätze. Die FSF prüft die vor der Ausstrahlung eingereichten Programme und spricht Empfehlungen zu Sendezeit und möglichen Modifikationen aus. Sie hat keine eigenen Sanktionsmöglichkeiten, kann jedoch mit den Landesmedienanstalten zusammenarbeiten. Seit 2003 arbeitet die FSF als anerkannte Selbstkontrolle im Rahmen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Da die Prüfung von Programmen nicht ausreicht, um Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen zu entwickeln, nimmt die FSF auch medienpädagogische Aufgaben wahr. 1.6.4 Regelungen für Neue Medien Telemediengesetz (TMG) Das TMG ist ein Bundesgesetz, das erstmals 2007 in Kraft getreten ist und zuletzt 2010 geändert wurde. Es bezieht sich ebenso wie der RStV auf den Bereich der massenkommunikativen Medien. Das Gesetz gilt für so genannte Telemedien (Vereinheitlichung von Telediensten und Mediendiensten), also für alle <?page no="39"?> Grundlagen 40 elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die weder der Telekommunikation noch dem Rundfunk zuzuordnen sind. Die zunehmend schwierige Abgrenzung der beiden Dienste voneinander entfällt. In Abgrenzung zum Rundfunk besitzen Telemedien keinen oder einen unwesentlichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Unter dem Begriff Telemedien werden alle online abrufbaren Inhaltsangebote wie Informationsdienste, Video-on-Demand- Dienste, Podcasts und andere Abrufdienste, Websites, Onlinespiele, Suchmaschinen, Chatrooms, sowie in der Individualkommunikation private Homepages, Blogs und Ähnliches verstanden. Auch Dienste, die im Handybereich abrufbar sind, zählen zum Telemedienangebot (vgl. Kops/ Sokoll/ Bensinger 2009, S. 40). Telemedien bedürfen weder einer Anmeldung noch einer Zulassung. Die besonderen Anforderungen an die Inhalte von Telemedien ergeben sich aus dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag). Geregelt sind im Telemediengesetz die wirtschaftsbezogenen und allgemeinen Anforderungen an Diensteanbieter (Herkunftslandprinzip, Zulassungs- und Anmeldefreiheit, Informationspflichten, Verantwortlichkeit und Datenschutz). Telekommunikationsgesetz (TKG) Das TKG ist ein Bundesgesetz. Zweck des Gesetzes ist es, im notwendigen Umfang „durch technologieneutrale Regulierung den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation und leistungsfähige Telekommunikationsinfrastrukturen zu fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten“ (§ 1 TKG). Das Gesetz beschäftigt sich im Kern mit der Zugangsregelung und der Entgeltregulierung von Netzbetreibern sowie mit dem Kundenschutz. Mit der Novellierung des Gesetzes 2012 wurden insbesondere Änderungen im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz vorgenommen. Angebote von Telekommunikationsdienstleistungen sind anmelde-, aber nicht erlaubnispflichtig. Freiwillige Selbstkontrolleinrichtungen Hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Internet existiert eine Reihe von nichtstaatlichen Institutionen zur Selbstregulierung: • ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers). Sie ist zuständig für die Verwaltung der Top-Level-Domains. • W3-Konsortium. Es ist hauptsächlich für Stand und Entwicklung der Protokolle des WorldWideWebs verantwortlich. • IETF (Internet Engineering Task Force). Sie beschäftigt sich mit den technischen Fragen der Internet-Architektur. <?page no="40"?> Rechtliche Grundlagen 41 • DENIC (Deutsches Network Information Center). Sie ist in Deutschland zuständig für die Verwaltung der de-Domains. • Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia e.V., die in Deutschland für die grundsätzliche Normsetzung zuständig ist. Ihr Verhaltenskodex sieht vor, dass die Diensteanbieter illegale und schädigende Angebote unterbinden und dass die Informationsangebote den journalistischen Grundsätzen entsprechen (vgl. Christiansen 2003, S. 45 ff.). Problematik der Regulierungen im elektronischen Medienbereich Während der Gesetzgeber bei der Presse auf den Wettbewerb und seinen Schutz durch das Kartellrecht gesetzt hat, ist der Bereich der elektronischen Medien stark reguliert. Dem Gesetzgeber scheinen hier die Leistungen des Wettbewerbs nicht ausreichend zu sein, um dem öffentlichen Interesse an einer durch Vielfalt geprägten Medienlandschaft gerecht zu werden. Das hat zu einigen Problemen und einer unbefriedigenden Situation im Bereich der elektronischen Medien geführt (vgl. Müller 2012, S. 10): • Das Recht hinkt hinter der technischen Entwicklung hinterher, • es sind Wettbewerbsverzerrungen durch die unterschiedlichen Regulierungen möglich, • es bestehen Unsicherheiten über Zuständigkeiten sowohl hinsichtlich der einzelnen Regelungen als auch zwischen Bund und Ländern, was zu Reibungsverlusten und Abstimmungskosten führt, • die Grenzen von Massen- und Individualkommunikation sind fließend, • die Grenzen zwischen elektronischen und gedruckten Medien sind nicht mehr starr, • national gedachte Zielsetzungen scheitern an der Globalisierungsentwicklung der Medien und • Nutzer produzieren Inhalte statt Medien nur zu nutzen. 1.6.5 Urheberschutz Grundsätzliche Regelungen des Urheberschutzes Mediengüter sind leicht zu reproduzieren. Das ergibt sich, neben den technischen Möglichkeiten der digitalen Verfügbarkeit, auch aus dem Merkmal der Nichtrivalität im Konsum. Demzufolge besitzt der Urheberschutz eine hohe Bedeutung. Der Urheberschutz zielt darauf ab, die Verbreitung, Veränderung oder wirtschaftliche Nutzung eines Werkes grundsätzlich nur mit Erlaubnis des <?page no="41"?> Grundlagen 42 Urhebers und zu den ausgehandelten Bedingungen zu gestatten. Der Gesetzgeber lässt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zu, die als so genannte „Schranken“ bezeichnet werden. Ein Beispiel hierfür sind Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG). Eine Möglichkeit, Urheberrechte zu wahren, ist der materielle Schutz geistigen Eigentums durch entsprechende Technik (z. B. Kopierschutz bei CDs). Alternativ lassen sich Eigentumsansprüche grundsätzlich juristisch durchsetzen. Dies ist im Rahmen des Urhebergesetzes gewährleistet. Voraussetzung dafür, dass der Urheberschutz im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) greift, ist das Vorliegen eines Werkes der Literatur, Wissenschaft oder Kunst (§ 1 UrhG). Dies bezieht sich in der Hauptsache auf Schriftwerke, bildende Kunst, Filme oder Musik (§ 2 UrhG). 1993 wurde der Schutz auch auf Computerprogramme ausgedehnt. Seit einer weiteren Gesetzesänderung 1998 bezieht der Urheberschutz auch elektronische und andere Datenbanken sowie Pläne, Zeichnung und Skizzen mit ein. Formatideen im TV-Bereich fallen dagegen nicht unter die Definition von Werken im Sinne des Urheberschutzes (vgl. Flechsig 2003, S. 767 ff.). Es geht hierbei nicht um Inhalte, sondern um reine Strukturen. Ist die Struktur hinreichend konkret, sind Formatideen jedoch nach § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 826 BGB vor dem Kopieren geschützt. Darüber hinaus muss das Werk eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (§ 2 UrhG). Nicht geschützt sind Gesetze, Verordnungen u. ä. (§ 5 UrhG), Tagesnachrichten, die durch Presse und Rundfunk veröffentlicht worden sind (§ 49 UrhG). Das Urheberrecht kann nicht übertragen, jedoch vererbt werden (§ 28 UrhG). Es endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (3 64 UrhG). Der Urheber kann bestimmte Nutzungsrechte einräumen (§ 31 UrhG). Als Nutzungsarten kommen dabei u.a. Vervielfältigungen, Ausstellungen, Vorträge, Aufführungen, Vorführungen und Senderechte in Betracht (§§ 16ff. UrhG). Grundsätzlich soll die Übertragung der Nutzungsrechte dem Urheber vergütet werden. Dafür gelten in Deutschland seit der ersten Novellierung des Urheberrechtsgesetzes (2003) folgende Bedingungen. Der Kerngedanke des so genannten „ersten Korbes“ der Neuregelungen ist die Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern. Danach hat der Urheber einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung bei Übertragung der Nutzungsrechte (§ 32 UrhG). Der Urheber kann eine weitere angemessene Vergütung verlangen, wenn die ursprünglich vereinbarte Abgeltung der Übertragung <?page no="42"?> Rechtliche Grundlagen 43 des Nutzungsrechtes in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen der Nutzungsberechtigten steht (§ 32a UrhG). Da diese Bestimmungen in vielen Fällen interpretationsbzw. schlichtungsbedürftig sind, hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Es existieren Vorschriften für Vergütungsregeln und für eine Schlichtungsstelle (§ 36 UrhG). Es ist selten, dass durch den Gesetzgeber in die Vertragsfreiheit, wie hier durch die Überprüfung der Vertragsinhalte, eingegriffen wurde. Diese Regelungen sind von gesetzgeberischer Seite durch die Asymmetrie des Kräfteverhältnisses zwischen den Urhebern auf der einen Seite und den Verwertenden auf der anderen Seite begründet. Weitere Regelungen finden sich im Zusammenhang mit Kopien. Danach ist es Schulen, Hochschulen etc. erlaubt, auch ohne die Einwilligung von Autoren und Verlagen kleine Teile eines Werkes einem begrenzten Personenkreis zur Verfügung zu stellen (§ 52a UrhG). Den ökonomischen Verlegerinteressen steht der Aspekt des wissenschaftlichen Arbeitens und Austausches entgegen. Mit dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen „zweiten Korb“ wurden für die Bundesrepublik auch diejenigen Sachverhalte geregelt, die im Ermessen der Mitgliedstaaten der EU standen. Zu den wichtigsten Bestandteilen gehören: • Der grundsätzliche Erhalt der Zulässigkeit der Privatkopie, solange deren Anfertigung nicht die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen erfordert und keine öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird; eine Bagatellklausel existiert nicht. • Pauschalvergütung auf Geräte und Speichermedien als Kompensation für die Einnahmeausfälle der Rechteinhaber durch Privatkopien. Die Höhe der Vergütung ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Urhebern/ Verwertungsgesellschaften und den Geräteherstellern. • Dem Rechteverwerter wird die Verfügung über noch unbekannte Nutzungsarten erlaubt. • Bibliotheken, Archive und Museen dürfen ihre Bestände digitalisieren und an elektronischen Leseplätzen zur Verfügung stellen. Eine weitere Novellierung („dritter Korb“), die einerseits Urheberrechte stärken, gleichzeitig aber den Entwicklungen in der digitalen Welt entsprechen soll, befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren. Zu einer weiteren Verschärfung des Urheberrechts könnte es durch das auf völkerrechtlicher Ebene geplante multilaterale Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) kommen. Das Handelsabkommen sieht bspw. vor, Internetprovider für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kunden haftbar zu machen. <?page no="43"?> Grundlagen 44 Leistungsschutzrecht für Presseverlage Leistungsschutzrechte schützen Personen und Institutionen, die zwar selbst nicht Urheber sind, die aber bei der Vermittlung urheberrechtlich geschützter Werke eine erhebliche Rolle spielen. Für Hersteller von Presseerzeugnissen ist im Online-Bereich ein besonderes Leistungsschutzrecht geplant (vgl. Bundesministerium der Justiz, Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 13.06.2012). Es ist vorgesehen, dass die gewerbliche Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet kostenpflichtig werden soll. Organisatorisch soll diese Abgabe über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Die Schutzdauer soll ein Jahr betragen. Presseverlage und Urheber von Pressetexten sollen an den Erlösen der Internetdienste beteiligt werden, die diese bisher mit der freien Nutzung von Artikeln erzielt haben (bspw. Google, Perlentaucher). Die Diskussion über dieses Vorhaben wird kontrovers geführt. Hierzu zwei grundsätzliche Argumente: Verlage besitzen bisher keinen Schutz wie bspw. die Film- und Musikindustrie und stehen damit der kommerziellen Nutzung ihrer Arbeit schutzlos gegenüber. Die Kritiker hingegen bangen um den freien Informationsfluss im Internet. Das Urheberrecht schützt die geistige Leistung der Journalisten bis zu einem gewissen Grade. Das Leistungsschutzrecht der Presseverlage schützt dagegen die unternehmerischen Leistungen der Verlage, die das Urheberrecht der Journalisten nicht im Sinn hat. Die Debatte um den Leistungsschutz für Verlage gleicht zwar der grundsätzlichen Debatte um den Urheberschutz, berührt aber zwei Bereiche, die sich ergänzen: Das Urheberrecht schützt die Leistung des Journalisten, das Leistungsschutzrecht hingegen das unternehmerische Produkt der Presseverlage (vgl. http: / / carta.info/ 31685/ burda-vorstand-leistungsschutzrecht-ist-letztlichgesetzlich-eingefuehrter-paid-content/ print/ ). Grundsätzlich gilt jedoch für beide Bereiche: Ohne Eigentumsrechte und die daraus resultierenden Verwertungsmöglichkeiten existiert kein Anreiz für die Produktion, Aufbereitung und Bereitstellung von Content. Das lässt sich auch nicht durch das Argument heilen, dass damit der Allgemeinheit wertvolle Informationen vorenthalten werden. <?page no="44"?> Rechtliche Grundlagen 45 Urheberschutz und Property Rights Property Rights sind eindeutige, spezielle Eigentumsrechte, die den Schutz des Innovators vor Imitation sicherstellen sollen. Sie zielen darauf ab, dass der Pionier die Monopolrente seines individuellen geistigen Eigentums abschöpfen kann, damit ein Anreiz für kreative Tätigkeit/ Innovationen besteht. Wird das identische Medienprodukt nämlich von Konkurrenten angeboten, sinken bei sonst gleichen Bedingungen die Gewinne des eigentlichen Urhebers. Ein Beispiel für derartige Eigentumsrechte ist der Urheberschutz. Da digitales Wissen, z. B. Software, über viel einfachere, fast kostenlose und kaum kontrollierbare Kopier- und Verteilmöglichkeiten im Netz verfügt als nichtdigitales Wissen, gewinnt dieses Problem immer stärker an Bedeutung. Da die Eigentumsrechte, zu denen auch der Urheberschutz zählt, vor dem digitalen Zeitalter entstanden sind, stellt sich die Frage, ob die Property Rights der Urheber hiermit vollständig zu schützen sind. Es lässt sich auch argumentieren, dass der weit reichende Schutz von Urheberrechten einen ineffizienten rechtlich geschützten Marktvorteil generiert: Im Gegensatz zu materiellen Gütern besteht bei den meisten Medienprodukten gerade keine Rivalität im Konsum, was einen kostenfreien Zugang zu entsprechenden Ressourcen aus ökonomischer Sicht rechtfertigt. Tendiert der Markt bereits zu monopolähnlichen Strukturen, können starke Eigentumsrechte das Problem noch verschärfen. In diesem Sinne wäre zu akzeptieren, dass neues Wissen und neue Erkenntnisse häufig mit starken positiven externen Effekten verbunden sind. Da der soziale Nutzen den Nutzen der Urheber übersteigt, sollte von der Nutzung auch niemand ausgeschlossen werden. Dies ist jedoch eine rein statische Argumentation. Dynamisch gesehen bilden Eigentumsrechte sehr wohl Anreize, auch in Zukunft Innovationen zu entwickeln. Schöpfer geistigen Eigentums sollten selbst entscheiden, wie sie mit ihrem Output verfahren und welche Ausschlussmittel sie gegebenenfalls anwenden wollen (vgl. Horn 2003 und die dort angegebene Literatur). <?page no="45"?> Grundlagen 46 Abb. 11: Regelungsebenen im Medienbereich Quelle: eigene Darstellung Verwertungsgesellschaften Um die Wahrung der Urheberrechte kostengünstig auszugestalten, kann eine pauschale Abgeltung dieser Rechte über Verwertungsgesellschaften erfolgen. Diese fungieren als Intermediäre zwischen den Nutzern der Medienprodukte und den einzelnen Urhebern. Somit sind mit hohen Transaktionskosten verbundene Einzelverhandlungen nicht mehr notwendig. Die Tätigkeit der Gesellschaften ergibt sich aus dem Abschluss von Wahrnehmungsverträgen zwischen den Urhebern und den gemeinnützigen Organisationen. Zu den Aufgaben der Verwertungsgesellschaften zählen das Inkasso und die Verteilung der Urheberrechtsabgaben sowie die Durchsetzung individueller Rechte der Urheber. Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ist auf die Verwaltung der Urheberrechte im Sprachbereich konzentriert. Sie nimmt die Zweitverwertungsrechte wahr. Zwischen Autoren und Verlegern bleibt die vereinbarte Erstverwertung unberührt. Die Einnahmen fließen aus den Abgaben auf Kopierer, von Bil- Bundesebene Redaktionsstatuten •   Landespressegesetze •   Landesrundfunkgesetze •   Staatsverträge im Rund- •   funkbereich •   Mediendienste- Staatsvertrag •   Art. 5 GG und allgemeine Gesetze zur Begrenzung •   Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz •   Telekommunikationsgesetz •   Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen •   Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichtes Länderebene Unternehmensebene <?page no="46"?> Rechtliche Grundlagen 47 dungseinrichtungen. Die Ausgaben werden aufgrund der Meldungen von Autoren, Verlagen und anhand des statistisch ermittelten Kopierverhaltens verteilt. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) konzentriert sich auf die Wahrnehmung der Urheberrechte von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern. Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) verwaltet die Rechte bildender Künstler, Fotografen und Filmurheber. Alle Nutzungen - insbesondere Werbeverwendungen - entsprechender Werke bedürfen grundsätzlich einer vorherigen schriftlichen Vereinbarung mit der VG Bild-Kunst. Die fälligen Nutzungsgebühren richten sich nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Reproduktion. Weitere Verwertungsgesellschaften zur Verwaltung spezieller Urheberrechte: • Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten mbH, hauptsächlich erotischer Filme (GÜFA), • Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) von Sängern, Musikern, Tänzern und Schauspielern, • Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten privater Film- und Fernsehproduzenten (GWFF), • VG MUSIKEDITION in Kassel sowie • Verwertungsgesellschaft für Eigen- und Auftragsproduktionen (VFF) der Film- und Fernsehproduzenten. (Vgl. hierzu ausführlich Karstens/ Schütte 2010, S. 47 f.) Hilfreiche Links zum Thema Medienrecht: www.denic.de; www.die-medienanstalten.de; www.fsf.de; www.fsm.de.; www.gema.de; www.icann.org; www.ietf.org; www.jura.uni-sb.de; www.mainzermedieninstitut.de; www.media-law.de; www.presserat.de; www.w3.org <?page no="47"?> Grundlagen 48 Durchsetzung des Urheberrechts im Internet - Der Grundsatzstreit zwischen der GEMA und Youtube Als Verwertungsgesellschaft vertritt die GEMA die Rechte an einem Repertoire von ca. 8 Mio. Musikwerken. Eine Vereinbarung zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem Videoportal Youtube zur Nutzung der von der GEMA vertretenen Musiktitel ist zum 31. März 2009 ausgelaufen und somit verfügt das Portal nicht über die für das Verbreiten dieser Werke notwendigen Verlagsrechte. Wird einer dieser Titel abgerufen, entsteht eine Urheberrechtsverletzung. So ist derzeit mit einem Verweis auf die laufende Auseinandersetzung mit der GEMA in Deutschland der Abruf eines Großteils der geschützten Musikvideos blockiert. Verhandlungen über einen finanziellen Ausgleich sind mehrfach gescheitert, so dass die GEMA beim Landgericht Hamburg die Klage auf Unterlassung des Bereitstellens von 12 Musiktiteln eingereicht hat. Obwohl es in dem Prozess um eine eng begrenzte Anzahl von Titeln ging, wird dem Ausgang des Verfahrens grundsätzliche Bedeutung beigemessen. Gemäß dem Urteil vom 20. April 2012 muss das Videoportal die Rechte der Intermediäre besser schützen und sicherstellen, dass in Deutschland keine Musikvideos abrufbar sind, für die die GEMA urheberrechtliche Nutzungsrechte geltend macht. Hauptverantwortlich für die Urheberrechtsverletzung sind zwar die Nutzer, die Inhalte illegal hochladen, da Youtube als Serverbetreiber die Straftat aber erst möglich macht, kann das Portal für das Verhalten seiner Nutzer haftbar gemacht werden (Störerhaftung). Das bislang von Youtube zur Vermeidung illegaler Uploads eingesetzte Content-ID-Verfahren erkennt durch einen Abgleich einer hochgeladenen Datei mit einer Referenzdatei einen Musiktitel nur in der identischen Version. Die Rechte bestehen aber für das zugrundeliegende Musikwerk - unabhängig von einer konkreten Darbietung. Youtube muss daher künftig durch den Einsatz so genannter Wortfilter sicherstellen, dass von der GEMA gemeldete Titel nicht hochgeladen werden können. Dies bedeutet für Youtube einen erheblichen finanziellen Mehraufwand. Dagegen wurde die Frage nach der von der Verwertungsgesellschaft eigentlich angestrebten Erlösbeteiligung durch die Zahlung von Lizenzgebühren nicht geklärt. Insgesamt bietet das Urteil also keine wirkliche Lösung des Grundsatzstreits, so dass inzwischen beide Parteien Berufung gegen das Urteil eingelegt haben, sich aber auch noch auf dem Verhandlungsweg z. B. auf ein pauschales Vergütungssystem ähnlich einigen könnten. <?page no="48"?> Übungsfragen 49 Übungsfragen 1. Stellen Sie die Besonderheiten von Medienunternehmen dar. Erörtern Sie die Bedeutung ausgewählter Besonderheiten für die Publikumsforschung, die Markenpolitik und für das Marketing von Medienunternehmen. 2. Medienunternehmen folgen ökonomischen und publizistischen Regeln. a. Zeigen Sie die Wechselbeziehungen zwischen beiden Systemen auf und diskutieren Sie, inwieweit das ökonomische System das publizistische System überlagern könnte. b. Begründen Sie, inwieweit der Sanktionsmechanismus im ökonomischen System stark und weshalb der Sanktionsmechanismus im publizistischen System bewusst schwach gehalten ist. 3. Insbesondere im Internet kommt es zu Netzeffekten. a. Zeigen Sie Charakteristik und Problematik von Netzeffekten am Beispiel von Microsoft. b. Stellen Sie dar, inwieweit Netzeffekte zu natürlichen Monopolen führen können und welche Probleme dadurch entstehen bzw. wie damit umgegangen werden kann. c. Erklären Sie, was unter sozialen Netzeffekten zu verstehen ist. 4. Bei der Produktion und Vermarktung von Medienprodukten bestehen Schwierigkeiten im Hinblick auf die Qualitätsbestimmung und -prüfung. a. Erörtern Sie die unterschiedlichen Standpunkte zur Qualitätsproblematik im Medienbereich und die daraus resultierenden Konsequenzen. b. Stellen Sie kurz Möglichkeiten zur Reduktion der Qualitätsunsicherheit dar. c. Entwickeln Sie Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Dokumentationen im Fernsehen und Berichten in der Tageszeitung. 5. Stellen Sie die Besonderheiten des Umsystems von Medienunternehmen dar. 6. Differenzieren Sie zwischen innerer und äußerer Pressefreiheit. 7. Diskutieren Sie, welche Zielsetzungen eine freiwillige Selbstkontrolle wie der Presserat verfolgt. 8. Prüfen Sie, inwieweit Printmedien die gleichen Besonderheiten wie Rundfunkmedien besitzen. 9. Medienprodukte sind Unikate. Begründen oder widerlegen Sie diese Aussage und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. <?page no="50"?> 51 2 Medienmarkt Sektorale Trennung oder crossmediale Einheit? Die wichtigste Veränderung in der Medienbranche ist die Digitalisierung der Informationen. Dadurch können Medienprodukte beliebig oft reproduziert werden. Die zusätzlichen Kosten hierfür (Grenzkosten) sind minimal oder gar nicht vorhanden. Medienprodukte lassen sich dadurch in einzelne Produkte zerteilen und vermarkten (Atomisierung der Medienproduktion). Es ergeben sich neue Möglichkeiten für die Darstellung, Speicherung und Distribution von Informationen (Wirtz 2011, S. 44 f., Brösel/ Keuper 2003, S. 192 f.). Insgesamt verläuft die Kommunikation zwischen den Medienunternehmen und den Rezipienten schneller, ein erhöhter Umfang ist problemlos zu übermitteln und die Beziehungen sind durch ein hohes Maß an Interaktivität geprägt, die wiederum im Sinne von „User Generated Content“ dem Rezipienten eine aktive Rolle ermöglichen (Demokratisierung der Medienproduktion). Als Folge der technischen Veränderungen löst sich die Trennung in die einzelnen klassischen Medienteilmärkte immer mehr auf: Die Bereiche nähern sich an. Medienunternehmen sind außerhalb ihres klassischen Bereiches aktiv. Von daher erscheint eine Trennung in die einzelnen Medienmärkte nicht mehr zeitgemäß. Um jedoch die Spezifik, die Stärken und Schwächen der einzelnen Medienteilmärkte mit ihren Kernprodukten zu verstehen, wird die sektorale Analyse beibehalten, ohne dass die crossmedialen Aktivitäten vernachlässigt werden. 2.1 Rundfunkmarkt (Fernsehen und Hörfunk) 2.1.1 Wesen und Differenzierung Rundfunk umfasst Fernsehen und Hörfunk. Beide Teilmärkte unterscheiden sich in ihrem Marktsystem kaum. Daher ist eine gemeinsame Analyse zweckmäßig. Auf Besonderheiten von Fernsehen bzw. Hörfunk wird hingewiesen. Das Rundfunkangebot lässt sich durch mehrere Kriterien charakterisieren Dabei werden mit einer Differenzierung nach Träger, Programmangebot, Verbreitungsgebiet und Übertragungsweg die wesentlichen Angebotsformen erfasst. <?page no="51"?> Medienmarkt 52 Abb. 12: Überblick und Differenzierung des Rundfunkangebotes Angebotsform nach Programmart • Spartenprogramm • Vollprogramm • Teleshopping Trägerschaft • öffentlich-rechtlich • privat Vertriebsweg • Terrestrik • Kabel • Satellit • Internet • Handy Finanzierungsart • Gebühren plus Werbeeinnahmen • Werbeeinnahmen • Pay-TV (pay-per-channel, pay-per-view, video-on-demand, near-video-on-demand) Verbreitungsgebiet • national • lokal • Ballungsraum Quelle: eigene Darstellung 2.1.2 Duales Rundfunksystem in Deutschland Strukturmerkmale des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Die Unternehmensorganisation der beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist unterschiedlich: Während das ZDF eine bundesweit zentrale Rundfunkanstalt ist, stellt die ARD eine Arbeitsgemeinschaft verschiedener Landesrundfunkanstalten dar. Unter dem rotierenden Vorsitz einer dieser Landesrundfunkanstalten bietet die Gemeinschaft ein Programm an. Darüber hinaus bieten einzelne oder mehrere Landesrundfunkanstalten zusammen nach Landesrecht Fernseh- und Hörfunkprogramme an. Das Angebot von ARD und ZDF setzt sich in der Hauptsache aus jeweils eigenen Programmen und Programmkooperationen dieser beiden Akteure zusammen (§ 11a - 11d RStV): <?page no="52"?> Rundfunk 53 • Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten veranstalten zusammen das Vollprogramm „Erstes Deutsches Fernsehen“. Einzelne oder mehrere Landesrundfunkanstalten zusammen gestalten die Dritten Fernsehprogramme (BR, HR, MDR, NDR, RB, RBB, SWR, SR, WDR). • Das ZDF veranstaltet das Programm „Zweites Deutsches Fernsehen“. • Zusammen bieten ARD und ZDF das Vollprogramm „3sat“ mit kulturellen Schwerpunkt und unter Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Anbieter aus Österreich und der Schweiz, das Vollprogramm „Arte“ mit einem öffentlich-rechtlichen Partner aus Frankreich, die Spartenprogramme „Phoenix“ und „KI.KA“ sowie Deutschlandradio an. • Sowohl ARD und ZDF bieten Digitalprogramme an. • Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten bieten einzeln Hörfunk in unterschiedlicher Zahl und Ausprägung an. • ARD und ZDF bieten Telemedien (Internetangebote) an. Diese Angebote sind nur zulässig, wenn sie Sendungen aus den Programmen darstellen oder programmbezogene Inhalte und Materialien bereitstellen (vgl. § 2, Abs. 2, Nr. 19). Sie können nur 7 Tage nach der Sendung im Netz abgerufen werden. Großereignisse und Bundesliga Spiele dürfen nur 24 Stunden im Netz stehen bleiben. Archive mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten können dagegen unbegrenzt im Netz angeboten werden (§ 11d RStV). Eine längere Verweildauer oder eigenständige Angebote müssen in Form eines 3-Stufen-Tests (§ 11f RStV) genehmigt werden. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks setzt sich zum größten Teil aus den Gebühren/ Beiträgen und zu einem kleineren Teil aus Werbeeinnahmen zusammen (§ 13 Rundfunkstaatsvertrag). Eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Gebührenfestsetzung nimmt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ein. Sie hat den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf zu überprüfen und auf dieser Basis eine Empfehlung zur Erhöhung der Gebühren/ Beiträge an die Ministerpräsidenten der Länder abzugeben (§ 14 RStV). Sie darf mit ihren Entscheidungen jedoch keinen Einfluss auf das Programm ausüben. Dies würde der Programmautonomie widersprechen. Aufgrund der gewünschten Staatsferne der Rundfunkanstalten dürfen der KEF keine Vertreter der Politik angehören. Sie besteht aus 16 unabhängigen Sachverständigen aus den Bereichen Medienwissenschaft, Betriebswirtschaft und Jura. Zielsetzung ist eine rundfunk- und politikfreie Kommission. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie soll dem öffent- <?page no="53"?> Medienmarkt 54 lich-rechtlichen Rundfunk eine Finanzausstattung gewährleisten, die den Status quo sowie die Weiterentwicklung in Anbetracht der technischen Möglichkeiten sichert (§§ 12 Abs. 1 und 14 Abs. 2 RStV). Der Programmauftrag ergibt sich als Gegenleistung für die relativ stabile und von Marktentwicklungen losgelöste Gebühren-/ Beitragsfinanzierung. Dabei handelt es sich um einen bewusst unkonkret beschriebenen Funktionsauftrag. Der Gesetzgeber will und kann nicht Normen vorgeben: Sie wären sehr komplex und müssten wegen der gesellschaftlichen Entwicklung ständig angepasst werden (Schröder 1997, S. 63 ff.). Eine detailliertere Beschreibung würde darüber hinaus auch die Programmautonomie stärker beschneiden. Nach der Begriffsklärung der Grundversorgung durch das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1986 wurde der Programmauftrag erstmals im Rundfunkstaatsvertrag von 2004 näher umrissen: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll als Medium und Faktor im Prozess „freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung“ (§ 11 Abs. 1 RStV) wirken. Dazu hat er „einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben.“ (§ 11 Abs. 1 RStV). Das Programm soll der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung dienen sowie insbesondere Beiträge zur Kultur anbieten. Bei der Gestaltung des Programms sind „die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit der Angebote und Programme zu berücksichtigen“ (§ 11 Abs. 2 RStV). Die Konkretisierung überlässt der Gesetzgeber den Öffentlich-rechtlichen mit dem Hinweis, dass Satzungen und Richtlinien zur Ausgestaltung des Auftrags zu erarbeiten sind (§ 11e Abs. 1 RStV). Binnenplurale Organisation verlangt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk unabhängig von dem übrigen Fernsehangebot in seinem Programm Vielfalt im Hinblick auf Inhalt, Sendungsformate und Meinungen zu repräsentieren hat. Demzufolge sind die gesellschaftlich relevanten Gruppen innerhalb der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei Programmfragen zu beteiligen und müssen in einem Gremium vertreten sein. Die binnenplurale Organisation zeigt den Zusammenhang zwischen Programmauftrag und Organisationsform, die allerdings einige Schwierigkeiten mit sich bringt (vgl. Schröder 1997, S. 63 ff.). Interne Gremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind in der Hauptsache der Rundfunkrat (beim ZDF der Fernsehrat), der Verwaltungsrat und der Intendant (§ 19 ff. ZDF-Staatsvertrag). Der Fernsehrat des ZDF besteht aus 77 Mitgliedern, die sich aus Vertretern der gesellschaftlich relevanten Gruppen zusammensetzen und die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Er beschäftigt <?page no="54"?> Rundfunk 55 sich vor allem mit programmbezogenen Aufgaben, wie dem Erarbeiten von Richtlinien für Sendungen und deren Überwachung, Beratung des Intendanten in Programmfragen und Programmbeschwerden der Zuschauer. Der Verwaltungsrat beschäftigt sich vor allem mit den ökonomischen Fragestellungen, wie Beschlussfassung über den Haushaltsplan und den Jahresabschluss, Erlass einer Finanzordnung und Überwachung der Geschäftsführung des Intendanten. Der Intendant vertritt die Rundfunkanstalt nach außen und ist für alle Geschäfte einschließlich der Programmgestaltung verantwortlich. Strukturmerkmale des privaten Rundfunks Die Finanzierung der privaten Rundfunkveranstalter erfolgt in der Hauptsache aus Werbeeinnahmen oder bei Pay-TV-Sendern durch das Entgelt der Zuschauer. Gebührengelder sind für sie nicht relevant. Lediglich die Finanzierung ihrer Aufsichtsorgane (Landesmedienanstalten) erfolgt zu einem Großteil durch die Abführung von zwei Prozent aus dem Gebührenbzw. Beitragsaufkommen. Außenplurale Organisation bedeutet die Vielfalt von Inhalten, Sendungsformaten und Meinungen durch die Gesamtheit aller privaten Programme. Die privaten Veranstalter sind bei der Gestaltung ihrer Programme relativ frei. Sie haben sich lediglich an den allgemeinen Grundsätzen des Rundfunkstaatsvertrages zu orientieren. Die Vertreter der gesellschaftlich relevanten Gruppen sind zwar an der Programmpolitik der privaten Veranstalter beteiligt, jedoch vertreten sie die Interessen der Allgemeinheit außerhalb der privaten Rundfunkunternehmen. Sie sind bei den Landesmedienanstalten im Rundfunkausschuss angesiedelt. Die Lizenz ist für private Fernsehveranstalter notwendige Voraussetzung zur Marktteilnahme (§ 20 RStV). Diese erteilt die jeweilige Landesmedienanstalt. Zur Durchsetzung der Landesmediengesetze und des Rundfunkstaatsvertrages existieren insgesamt vierzehn Landesmedienanstalten (Schleswig-Holstein und Hamburg sowie Berlin und Brandenburg haben eine gemeinsame Landesmedienanstalt). Der Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet die Landesmedienanstalten jedoch zur Abstimmung untereinander bei Aktivitäten, die über Landesgrenzen hinausgehen (§ 35 ff. RStV). Die Landesmedienanstalten sind staatsferne Organisationen. Ihre Aufgaben sind Lizenzerteilung, Kontrolle und Beratung der privaten Veranstalter. Die in der Regel für einen Zeitraum von zehn Jahren erteilten Lizenzen enthalten: Programmart, Programmkategorie, Programmschema, Verbreitungsgebiet, Übertragungskapazitäten und Eigentumsverhältnisse an dem Sender. Jede Veränderung dieser Komponenten während der Lizenzlauf- <?page no="55"?> Medienmarkt 56 zeit muss der zuständigen Landesmedienanstalt mitgeteilt werden, da sie ebenfalls wieder genehmigt werden muss. Kontrollgremium im privaten Rundfunk bei der Sicherung der Meinungsvielfalt ist die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Sie hat die Einhaltung der Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Fernsehbereich zu prüfen. Das wird bei Zulassungsverfahren zur Programmveranstaltung und bei Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse notwendig. Die KEK besteht aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und Wirtschaftsrechts, die von den Ministerpräsidenten der Länder berufen wurden. Die notwendigen personellen und finanziellen Mittel stellen die Landesmedienanstalten. Grundsätzlich sind die Landesmedienanstalten an die Entscheidungen der KEK gebunden (§ 35 ff. RStV). Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk im Vergleich Das duale System im Bereich des Rundfunks definiert sich durch das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern. Beide Bereiche sind durch ihre abweichenden Aufgabenstellungen mit unterschiedlichen Möglichkeiten ausgestattet. Es ergeben sich damit ungleiche Wettbewerbsbedingungen für Wettbewerber mit ungleichen Zielen, die auf sich überschneidenden Märkten agieren. Dies schlägt sich auch in unterschiedlichen Unternehmenskulturen nieder. Die unterschiedlichen Kulturen von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk lassen sich mit der Kulturmatrix von Deal/ Kennedy erklären. Die Einordnung der Unternehmen erfolgt nach zwei Kriterien: wie schnell der Markt auf Aktionen des Unternehmens reagiert und wie risikoreich die Entscheidungen der Unternehmen sind. Die sich daraus ergebenden Kulturtypen kommen selten in Reinform vor, sie geben aber dennoch Auskunft über die Normen und Werte, die das Handeln und Entscheiden in Unternehmen prägen: • Die Verwaltungskultur lässt sich charakterisieren durch Anpassung, Pflichterfüllung und Kontinuität historisch gewachsener Prozesse. • Die Spielerkultur ist gekennzeichnet durch Erfolg als zentraler Wert der Unternehmenskultur. Kontinuierlich auftretende kapitalintensive Sachinvestitionen bedingen hohe Risiken. • Die Leistungskultur ist durch die raschen Reaktionen des Marktes ständig auf Umsatz, Leistung und Aktivität ausgerichtet. Auch die Motivation der Mitarbeiter wird mittels Umsatzorientierung gefördert. <?page no="56"?> Rundfunk 57 • Die „Kultur der tollen Burschen“ ist charakterisiert durch die Werte Tempo, Risikofreude und Individualität. Aufgrund dieser Bedingungen ist stringente Planung erforderlich, damit Entscheidungen nicht lediglich intuitiv getroffen werden. Abb. 13: Darstellung der Rundfunkanbieter in der Kulturmatrix Leistungskultur Kultur der tollen Burschen Spielerkultur Verwaltungskultur niedrig hoch schnell langsam Risiken des Marktes Reaktion des Marktes Öffentlichrechtlicher Rundfunk Privater Rundfunk Quelle: Brösel/ Olbrich 2003, S. 141 Die Reaktionen des Fernsehmarktes lassen sich zeitnah ablesen, da die Messung der Einschaltquoten täglich erfolgt. Dies gilt in jedem Fall für die privaten Anbieter. Die Reaktionen des spezifischen Marktes bei öffentlich-rechtlichen Veranstaltern zeigen sich aber vor allem in Bezug auf ihre Sozial-, Kontroll- und Kritikfunktionen sowie durch ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und in der Gebührenakzeptanz. Damit kommt es im öffentlich-rechtlichen Bereich letztlich zu einer relativ langsamen Marktreaktion. Das Marktrisiko ist für die öffentlichrechtlichen Rundfunkanbieter relativ gering. Dies resultiert aus dem langen Erfahrungsvorsprung, aus der staatlich verbrieften Bestands- und Entwicklungsgarantie sowie den relativ sicheren und planbaren Gebühreneinnahmen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist demzufolge der Verwaltungskultur zuzuordnen. <?page no="57"?> Medienmarkt 58 Diese Charakterisierung entspricht auch der von Bea. Für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ergeben sich die folgenden Kennzeichen: Es handelt sich um eine Binnenorientierung (Konzentration auf interne Abstimmungsvorgänge, relativ spätes Erkennen von Veränderungen im Umsystem, eher reaktive Einstellungen). Das Handeln ist stark durch defensive Aspekte geprägt; hieraus resultieren Risikovermeidung, Orientierung an formalen Regeln, Bewahrungs- und Gleichgewichtsstreben. Außerdem zeigt sich eine deutliche Basisorientierung, da die Führungsspitze ihre Weisungsbefugnis in Fragen des Leistungsprogramms relativ zurückhaltend handhabt. Insgesamt lässt sich das Verhalten innerhalb einer solchen Unternehmenskultur als Immunisierungsstrategie gegenüber externen Veränderungen und Kritik charakterisieren. Mit der KEF und ihrer Aufgabenstellung ist das öffentlichrechtliche System bei der Preisfestsetzung aber gleichzeitig so konzipiert, dass die bewusste und gewollte Marktferne durch eine Marktersatzlösung kompensiert wird und damit auch dem Immunisierungstrend teilweise begegnet wird (vgl. Bea 1996, S. 357 f.). Das Marktrisiko ist für private Veranstalter vergleichsweise hoch. Das ergibt sich aufgrund der schnellen technischen Entwicklung in der Rundfunkbranche und dem Fehlen staatlicher Absicherung. Die privaten Rundfunkanbieter sind daher dem Typus „Kultur der tollen Burschen“ zuzuordnen (vgl. Brösel/ Olbrich 2003, S. 138 ff.). Beide Bereiche konkurrieren um die Zuschauer bzw. um deren Zeit und Aufmerksamkeit, wobei die öffentlich-rechtlichen Anbieter ein umfassenderes Programm im Rahmen ihres Programmauftrages anzubieten haben. Um das finanzielle und zeitliche Medienbudget der Zuschauer konkurrieren öffentlichrechtliche und private Veranstalter - aus Sicht des Rezipienten in unterschiedlicher Direktheit der Austauschbeziehungen. Auf dem Werbemarkt konkurrieren beide Bereiche, jedoch mit unterschiedlichen Möglichkeiten. Durch die Werberegeln des Rundfunkstaatsvertrages sind die Angebote der öffentlich-rechtlichen Veranstalter an die werbetreibende Wirtschaft gegenüber denen des privaten Bereichs begrenzt. Beide Bereiche sind nicht gänzlich voneinander getrennt zu sehen: • Das relativ freie Feld für die privaten Anbieter kann nur solange bestehen, wie die öffentlich-rechtlichen Anbieter oder eine andere Marktersatzlösung die vom Markt nicht erbrachten, aber politisch gewünschten Leistungen und Effekte bereitstellen (Steininger 2002, S. 185). <?page no="58"?> Rundfunk 59 • Das Hinzukommen der privaten Anbieter im Jahre 1984 bescherte dem bis dahin monopolistischen Bereich der öffentlich-rechtlichen Anbieter erstmals Wettbewerber. Das stellt eine Chance und ein Risiko für den Wettbewerb dar. Einerseits lassen sich effizientere Ergebnisse auf der öffentlich-rechtlichen Seite erwarten; andererseits besteht die Gefahr von Beeinträchtigungen/ Verzerrungen des Wettbewerbs, da die Fernsehveranstalter unterschiedliche Ausgangsbedingungen haben, sich aber zum Teil auf den gleichen Märkten begegnen: Sei dies die gesicherte Finanzausstattung bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern oder die Freiheit der Programmgestaltung und die geringeren Werberestriktionen für die privaten Anbieter. Abb. 14: Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk im Vergleich Anbieter Private Veranstalter Öffentlich-rechtliche Veranstalter Merkmale Rechtsform erwerbswirtschaftlich, in privater Rechtsform gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts Finanzierung Werbefinanzierung bzw. Entgelte der Zuschauer Abgabenfinanzierung und beschränkte Werbefinanzierung Versorgung der Haushalte bestimmt durch einzelwirtschaftliche Rentabilität Vollversorgung als Teil der öffentlichen Aufgabe Ziele Maximierung der Einschaltquoten zur Erwirtschaftung einer angemessenen Rendite für die Shareholder. Im Vordergrund steht das Formalziel. Erfüllung des vorgeschriebenen Programmauftrages unter Beachtung wirtschaftlicher Haushaltsführung. Im Vordergrund steht das Sachziel. Organisation außenplural binnenplural Kontrollgremien Landesmedienanstalten, KEK Intern: Rundfunk- und Verwaltungsrat Extern: Landesrechnungshöfe, KEF Angebot/ Leistung relativ freie Programmgestaltung. Nachfrageorientierung: Orientierung an der jeweiligen Zielgruppe Bindung an den Programmauftrag Angebotsorientierung: Orientierung am Sachziel Nachhaltigkeit Abhängigkeit von Konjunktur, Insolvenzrisiko abgesicherte Bestands- und Entwicklungsgarantie Quelle: In Anlehnung an Ludwig 2009, S. 8 ff. <?page no="59"?> Medienmarkt 60 Probleme des dualen Rundfunksystems Die derzeitigen Regelungen und Institutionen auf dem deutschen Rundfunkmarkt weisen, abgesehen von der ordnungspolitischen Diskussion, in der Realität eine Reihe von Problemen auf. • Die rechtlichen Regelungen hinken aufgrund von technischer Entwicklung und Machbarkeit der Realität hinterher. Die Vielzahl verschiedener Vorschriften führt darüber hinaus zur Unübersichtlichkeit und zu Unsicherheit. • Das Festsetzungsverfahren für die Gebühren/ Beiträge sowie die Gremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind von parteipolitischen Interessen beeinflusst. Das System entspricht damit nicht der Staatsferne, die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe notwendig wäre. Darüber hinaus sind die Vertreter der gesellschaftlich relevanten Gruppen neben politischen Gruppierungen „in der Regel gerade diejenigen Institutionen und Inhaber wirtschaftlicher Macht, die keinen hoheitlichen Kontrollen unterliegen und von denen eine kritische Presse unabhängig sein sollte“ (Greiffenberg/ Zohlnhöfer 1984, S. 616). • Das föderale Prinzip erzeugt mit der Vielzahl der Landesrundfunkanstalten in der ARD und den 14 Landesmedienanstalten in jedem Bundesland eine Fülle von Institutionen, die schwer zu Größenvorteilen und gemeinsamem Vorgehen finden bzw. vermeidbare Transaktionskosten verursachen. Allerdings zeigt die Fusionstendenz zwischen mehreren Landesrundfunkanstalten hier erste Veränderungen: Die letzte Fusion fand im Mai 2003 zwischen dem Sender Freies Berlin (SFB) und dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) statt: Es entstand der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB). Vorausgegangen war 1998 die Verschmelzung zwischen dem Süddeutschen Rundfunk und dem Südwestfunk zum Südwestrundfunk (SWR). • Die Eigeninteressen der beteiligten Institutionen und Politiker beeinflussen oft stärker die medienpolitischen Entscheidungen, als es aufgrund der gesellschaftlichen Erfordernisse notwendig wäre. Standortpolitik und Wirtschaftsförderung gewinnen oftmals an Einfluss. • Die Regelungen für das duale Rundfunksystem haben zum Erhalt bzw. zur Bildung von stark konzentrierten Märkten geführt. Große etablierte und teilweise schwerfällige Medienkonzerne beherrschen den Markt (vgl. stellvertretend für kritische Stimmen Hachmeister 2003, S. 18 ff.). • Die finanzielle Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird oftmals als zu hoch eingestuft. Mit jährlichen Gebühreneinnahmen <?page no="60"?> Rundfunk 61 von rund 7 Milliarden Euro ist sie das teuerste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Welt und führt damit zum Teil zu ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen, die auch von der EU immer wieder ordnungspolitisch im Hinblick auf zulässige oder unzulässige staatliche Beihilfen überprüft werden. 2.1.3 Marktregulierung im Rundfunkbereich? Der Rundfunk hat wie alle Massenmedien auch eine politische Funktion in Form der Informations-, Artikulations-, Kontroll- und Kritikfunktion wahrzunehmen. Hierbei handelt es sich um die publizistische Dimension und Zielvorstellung im Rundfunkbereich. Dazu ist Vielfalt notwendig, die durch eine Vielzahl von Anbietern und/ oder von Meinungen entsteht. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Kontroll- und Kritikfunktion Staatsferne notwendig. Die allgemeine ökonomische Zielsetzung für marktwirtschaftlich organisierte Bereiche ist auf die Schaffung und Sicherung des Wettbewerbs- und Preismechanismus gerichtet. Dadurch kommt es zur Selbststeuerung der Marktwirtschaft, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringt und die optimale Allokation der Produktionsfaktoren steuert. Es ist nun zu prüfen, inwieweit die gewünschte Vielfalt aus dem publizistischen Bereich und der Wettbewerbs- und Preismechanismus aus dem ökonomischen Bereich auf den Rundfunkmärkten mit oder ohne Regulierungen zum Tragen kommt. Öffentliche Güter? Öffentliche Güter sind durch Nichtrivalität im Konsum und durch Versagen des Ausschlussprinzips gekennzeichnet. Sie führen zu Marktversagen. Da der Konsum des Rundfunkprogramms den Nutzen weiterer Konsumenten nicht beeinträchtigt, handelt es sich im Rundfunkbereich um nichtrivalisierenden Konsum. Bei vielen Informationen als Input für Medienunternehmen versagt das Ausschlussprinzip. Sie sind frei für alle verfügbar. Mit Pay-TV sind zwar Möglichkeiten vorhanden, nicht zahlende Nachfrager (Trittbrettfahrer) vom Konsum auszuschließen; jedoch ist dies derzeit nur unter relativ hohen Kosten für Anbieter und Nachfrager möglich. Es stünde auch einer Grundversorgung an Informationen entgegen, würden nicht zahlungsfähige Gruppen der Bevölkerung auf diese Weise vom Rundfunkkonsum ausgeschlossen. Selbst wenn der Ausschluss möglich ist, wäre er ökonomisch nicht sinnvoll, da zusätzliche Konsumenten kaum Grenzkosten verursachen. Die Rezipienten sind nicht bereit, freiwillige Zahlungen zu leisten, weshalb kein privates Angebot zustande kommt. Es ist deshalb eine andere Finanzierung oder eine andere als <?page no="61"?> Medienmarkt 62 die private Bereitstellung dieser Güter zu prüfen (vgl. Steininger 2002, S. 264). Mit einer indirekten Finanzierung über Werbung kann das Problem der öffentlichen Güter gelöst werden. Es bleiben aber weitere Probleme bestehen. Tendenz zu monopolähnlichen Marktstrukturen? Im Rundfunkbereich bestehen Marktzutrittsschranken, die eine Vielzahl an Anbietern und damit die Außenpluralität des Angebotes sowie den Wettbewerbsmechanismus beschränken. Dabei ist zwischen technischen und ökonomischen Marktzutrittsschranken zu unterscheiden. Technische Begrenzungen ergeben sich durch die Anzahl der Frequenzen. Dieses Argument relativiert sich jedoch durch die technische Entwicklung immer mehr, insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des digitalen Rundfunks, der die Übertragungskapazitäten erhöht. Ökonomische Marktzutrittsschranken ergeben sich durch die relativ hohen Anfangsinvestitionen und die dadurch wirkenden Economies of Scale. Auch hierdurch ist eine Vielzahl an Anbietern nicht zu erwarten (vgl. Heinrich 2005, S. 327). Allerdings relativiert sich auch diese Begründung für einen Ausnahmetatbestand aufgrund ökonomischer Marktzutrittsschranken: Die Bedeutung hoher Anfangsinvestitionen nimmt in allen Medienbereichen zurzeit ab, so auch im Rundfunkbereich. Hinzu kommt, dass das Publikum nicht homogen ist und deshalb von einem oder wenigen Anbietern nicht ausreichend bedient würde, weshalb eine größere Zahl von Fernsehveranstaltern zu erwarten ist (vgl. Beck 2011, S. 274 f.). Unbefriedigende Marktergebnisse? Das Angebot an werbefinanzierten Rundfunkprogrammen wird sich unter marktwirtschaftlichen Bedingungen an der größten zu erreichenden Gruppe bzw. an dem kleinsten gemeinsamen Nenner orientieren , um Einschaltquoten zu maximieren. Diese Vervielfachung massenattraktiver Programme wird solange beibehalten, bis die Aufteilung der größten Zuschauergruppe unter den neuen Veranstaltern so weit fortgeschritten ist, dass für weitere Newcomer die denkbare Zuschauerzahl kleiner als bei Programmen mit geringerer Gesamtzuschauerzahl wird. Diese werden jedoch nur dann angeboten, wenn deren Zuschauerzahl ausreicht, über Werbeeinnahmen die Kosten zu decken. So ist nicht zu erwarten, dass erwerbswirtschaftliche Rundfunkveranstalter die ganze Breite des Programms abdecken. Themen, die die Zahl des Schwellenpublikums nicht erreichen, oder für die werbetreibende Wirtschaft als Werbeumfeld nicht attraktiv sind, werden nicht angeboten. Zu unbefriedigenden Marktergebnissen kann es auch infolge von Informationsasymmetrien kommen, die durch ungleiche Informationsverteilung zu Gunsten der Anbieter in Teilen vorliegen. Der Rezipient kann schwer die Güte des Medienangebotes beurteilen. Das führt dazu, dass vermehrt Güter von schlechterer <?page no="62"?> Rundfunk 63 Qualität angeboten werden, was wiederum nicht dem gesellschaftlich erwünschten Qualitätsniveau entspricht (vgl. Monopolkommission 2006, S. 344, TZ 772). Die erwerbswirtschaftliche Orientierung privater Fernsehanbieter führt somit zu einem Marktergebnis, das unzureichend erscheint. Es kommt daher zu einer „meritorisch motivierte(n) Regulierung“ (Brösel 2003, S. 124). Diese Meinung wird jedoch nicht ausnahmslos geteilt. Die meritorischen Erwägungen decken sich in weiten Teilen mit der Legitimation staatlicher Kulturförderung in anderen Bereichen und sind „daher grundsätzlich normativ genauso gut oder genauso wenig begründbar“ (Monopolkommission 2006, S. 344, TZ 770). Die Skepsis rührt vor allem daher, dass wissenschaftliche Analysen durch Werturteile ersetzt werden, die nicht immer wohlmeinend im Hinblick auf die gesellschaftlichen Wirkungen sein müssen, sondern auch Partialinteressen folgen können. Und zudem gegen das Axiom der Konsumentensouveränität verstoßen (vgl. Kops 2005, S. 343 ff.). Das Fehlen einer öffentlich-rechtlichen Presse wird teilweise als Ausgangspunkt genommen, um über die Notwendigkeit öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten nachzudenken (vgl. Detering 2001, S. 76 ff.). Abb. 15: Fernsehsysteme im Vergleich Werbefinanziertes Fernsehen Öffentlich-rechtliches Fernsehen Pay-TV Wesen Kosten der Produktion werden aus Werbezeitenverkauf gedeckt. Kosten der Produktion werden aus Gebühren und Werbezeitenverkauf gedeckt. Kosten der Produktion werden aus dem direkten Entgelt der Zuschauer gedeckt. Steuerung durch die Zuschauer indirekt teils direkt, teils indirekt direkt Verhalten der Anbieter Orientierung an der Werbewirtschaft und an den Zuschauern. Orientierung an der Werbewirtschaft, den Zuschauern und am Programmauftrag. Orientierung an den Zuschauern. Verteilungswirkungen Werden die Werbekosten über die Güterpreise an den Konsumenten weitergegeben, subventionieren Produktkäufer den Fernsehkonsum. Alle Gerätebesitzer zahlen. Wenigseher subventionieren Vielseher. Begrenzte zusätzliche Verteilwirkungen wie bei werbefinanziertem Programm. Je nach Höhe der Abo-Gebühr können sich ärmere Bevölkerungsschichten weniger Fernsehkonsum leisten. Quelle: eigene Darstellung <?page no="63"?> Medienmarkt 64 Möglichkeiten für die Ordnungsbedingungen im Rundfunkbereich ergeben sich durch die folgenden Alternativen. Ihre Beurteilung richtet sich nach der Beurteilung der Marktbedingungen auf dem Medienmarkt sowie nach ihren Kosten und ihrer Effizienz zur Überwindung der Defizite. • Den Unternehmen werden Auflagen erteilt. Auflagen stellen entweder einen Eingriff in die Programmautonomie dar oder sie werden als Rahmen angesehen; es ist aber fraglich, inwieweit sie ausreichen. • Der Staat sichert das gewünschte Angebot per Ausschreibung. Dies ist kostenminimal und achtet die Programmautonomie; für die Ausschreibung bleibt aber das Problem der Definition der meritorischen Güter. • Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass eine große Zahl von Anbietern die beste Garantie für ein vielfältiges Meinungsangebot ist. Der Staat beschränkt sich auf die Offenhaltung der Märkte, statt auf die Pflege der Ausgewogenheit, da kein generelles Marktversagen gesehen wird (vgl. Monopolkommission 2006, S. 345, TZ 776). • Der Staat bietet selbst die gewünschte Leistung an. Dass der Staat diese Leistungen anbietet, scheidet aufgrund der Kontroll- und Kritikfunktion und der sich daraus ableitenden Staatsferne aus. • Die gewünschte Leistung wird durch öffentlich-rechtliche Institutionen angeboten. Ein solches Angebot hat ebenso wie die Ausschreibungsvariante zuerst ein Definitionsproblem. Hinzu kommt die Abgrenzung der privaten und öffentlich-rechtlichen Systeme hinsichtlich Aufgaben und Finanzierung sowie die Frage der Finanzierung und deren Wirkung. • Auf eine besondere meritorische Güterbereitstellung wird verzichtet. Der Verzicht auf eine besondere Regulierung ist eine normative Frage: Das Marktergebnis wird als befriedigend akzeptiert. <?page no="64"?> Rundfunk 65 Programmprofile ausgewählter Sender Bei der Frage nach dem Marktergebnis im privaten Fernsehsystem und nach der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems gibt eine Programmanalyse erste Antworten. Sie wird in differenzierter Form jährlich durchgeführt. Dabei sind die besonderen Umstände in den Ereignissen der einzelnen Jahre zu bedenken. Darüber hinaus ist es lediglich eine quantitative Analyse, die keine Aussagen über die Qualität der Programme zulässt. Es wird jedoch eine erste Struktur und Schwerpunktsetzung deutlich. Programmsparten im privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehen 2010 (Sendedauer in Prozent) Sender ARD ZDF RTL Sat.1 ProSieben Profil Information 40,4 47,9 22,8 16,6 10,5 Sport 7,7 6,5 1,9 1,5 0,0 Nonfiktionale Unterhaltung 6,3 9,4 33,3 31,9 19,8 Musik 1,0 0,8 1,1 0,2 0,3 Kinder- und Jugendprogramm 6,1 4,7 0,3 0,1 3,9 Fiction 34,6 27,2 22,0 28,8 46,0 Sonstige Sparten 2,6 2,2 5,1 5,4 5,6 Werbung 1,4 1,4 13,5 15,5 13,9 Quelle: Krüger 2011, S. 168 2.1.4 Direkte und indirekte Austauschbeziehungen Auf dem Rundfunkmarkt kommt es in Abhängigkeit von der Finanzierungsform zu direkten und indirekten Austauschbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager. Bei Pay-TV ergibt sich die dem „normalen“ marktwirtschaftlichen Austauschprozess entsprechende Anbieter-Nachfrager-Beziehung. Der Preismechanismus steuert Angebot und Nachfrage, da Pay-TV über direkte Entgelte der Zuschauer finanziert wird. Das Ausschlussprinzip funktioniert durch verschlüsselte Übertragung, die mittels eines Decoders von den legitimierten Zuschauern wieder entschlüsselt wird. Eine Differenzierung innerhalb von Pay-TV ergibt sich durch die exakte Berechnung oder Pauschalierung der Mediennut- <?page no="65"?> Medienmarkt 66 zung und durch die zeitliche Flexibilität der Zuschauer (vgl. Wolf 2006, S. 89). Das wird durch die folgenden, verschiedenen Formen von Pay-TV deutlich: • Pay-per-Channel: Der Zuschauer abonniert und zahlt für das gesamte Programm eines Veranstalters, unabhängig von seinem tatsächlichen Konsum. Dieses System stellt die geringsten technischen Anforderungen an Anbieter und Nachfrager. • Pay-per-View: Der Zuschauer zahlt lediglich für die Sendungen, die er konsumiert hat. Dies bringt eine Vielzahl von einzelnen Transaktionen („Bagatellgeschäfte“) zwischen Anbieter und Nachfrager mit sich. Es erhöhen sich demzufolge die Transaktionskosten. Die Kunden müssen für jeden Beitrag wieder neu gewonnen werden, weshalb ein hoher Anreiz besteht, den Kundenwünschen zu entsprechen. • Near-Video-on-Demand: Dasselbe Programm wird zeitversetzt auf mehreren Kanälen angeboten. Dadurch hat der Zuschauer eine größere Flexibilität bei der Auswahl seines Konsumzeitpunktes. Das zeitversetzte Angebot von Videofilmen findet sich bspw. beim Abruf über einen digitalen Kabelanschluss bei Kabel Deutschland sowie bei den beiden Kabelnetzbetreibern Ish und Iesy. Wer jederzeit den Film beginnen und somit also ein Video-on-demand-Angebot anstrebt, muss bei diesen Angeboten die Filme über DSL herunterladen und auf dem Fernsehgerät abspielen. • Video-on-Demand: Die Programme stehen auf Abruf bereit und können jederzeit von dem Zuschauer angefordert werden. Dieses System stellt zwar hohe technische Anforderungen im Vergleich zu Near- Video-on-Demand, wird jedoch aufgrund der technischen Entwicklung bspw. in Form der DSL-Leitungen oder via Internet (IPTV: Internet Protocol Television) immer einfacher zu realisieren (vgl. hierzu etwa die Video-on-Demand-Plattform Maxdome von ProSiebenSat.1, den Service von RTL Now! , die elektronische Mediathek bei Sky, den Video-Dienst T-Online-Vision oder die Filmbibliothek des Telekom- Wettbewerbers Arcor). In diesem Zusammenhang muss unterschieden werden zwischen einem Videoabruf von einzelnen Filmen und einem Abonnement bei einem Pay-TV- Anbieter: Wenngleich bei Pay-TV auch einzelne Filme angefordert werden können, existiert als Kernprodukt ein Fernseh-Programmangebot. Videos aus Internet und Kabel werden von Medienunternehmen und bisher Branchenfremden auf einer Videoplattform angeboten, während Pay-TV-Anbieter klassische Fernsehveranstalter darstellen. Pay-TV orientiert sich einzig an den Präferenzen <?page no="66"?> Rundfunk 67 und der Zahlungsbereitschaft seiner Zuschauer. Es ist mit diesem System möglich, dass auch private Veranstalter Minderheitenprogramme anbieten. Voraussetzung hierfür ist die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der potenziellen Nachfrager. Dazu bedarf es eines Nutzens, der in anderen Fernsehsystemen so nicht erbracht wird. Demzufolge positionieren sich Pay-TV-Anbieter in der Hauptsache durch Exklusivität etwa durch neue Spielfilme oder durch Sportereignisse. Programmbestandteile mit hohem Aktualitätsbezug wie Sport besitzen darüber hinaus den Vorteil, dass eine nicht erwünschte Verwertung unattraktiv wird: Das entscheidende Produktmerkmal „Aktualität“ entwertet den Beitrag oft schneller als die weitere Verwertung (Dietl/ Franck 2000, S. 596 f.). Hinzu kommt die Werbefreiheit als weiterer Wettbewerbsvorteil. Die Probleme für Pay-TV-Anbieter liegen vor allem in den folgenden Punkten: Die Preise für Rechte, die ein exklusives Angebot in Verbindung mit dem Ausschluss erst ermöglichen, steigen mit zunehmender Veranstalterzahl und nicht gleich steigendem Contentangebot. Insbesondere die Sportrechte liegen derzeit auf einem sehr hohen Level. Das Risiko für Pay-TV-Veranstalter ist hoch. Dies ergibt sich sowohl aus dem Erfolgsrisiko der eingekauften Programmteile und deren hohen Preisen, den höheren technischen Investitionen im Vergleich zu anderen Fernsehsystemen als auch durch die längere Durststrecke bei der Etablierung dieses Systems. Das breite Angebot an werbefinanziertem und öffentlich-rechtlichem Fernsehen macht es speziell für Pay-TV-Veranstalter in Deutschland schwierig, einen höheren zusätzlichen und exklusiven Nutzen anzubieten. Die Liste gesellschaftlich relevanter Großereignisse, die nicht ausschließlich verschlüsselt gesendet werden dürfen (§ 4 RStV), führt zu einer Verengung der Möglichkeiten für exklusive Angebote. Abgesehen davon ist der Einigungsprozess über die aufzunehmenden Ereignisse schwierig. Darüber hinaus ist die Existenz einer festgeschriebenen Liste in einer sich entwickelnden Gesellschaft bereits an sich problematisch. Die Neuen Medien stellen für Pay-TV-Anbieter eine starke Konkurrenz dar. Das zeigt sich bei der DSL-Technik im Internet beim Herunterladen der neuesten Filme. Allerdings steigen die Chancen für Pay-TV mit der Einführung des digitalen Fernsehens. Es steht dann eine größere Kanalkapazität zur Verfügung, <?page no="67"?> Medienmarkt 68 die letztlich auch die Möglichkeiten bezüglich Interaktivität und Individualität steigert. Eine weitere positive Rahmenbedingung ergibt sich aus der Tatsache der Unabhängigkeit vom Werbemarkt. 2.1.5 Fallbeispiel: Die Fußballrechte - wichtig für Pay-TV Für Pay-TV-Anbieter sind Fußballübertragungen bestens geeignete Programmkomponenten. Sie sind durch die Rechtevergabe exklusiv, für das Publikum äußerst attraktiv und aufgrund ihrer Aktualität für eine weitere, nicht erwünschte Verwertung unattraktiv. Mit den neu hinzugekommenen Übertragungswegen sind für die Pay-TV-Anbieter aber auch neue Konkurrenten beim Bieterwettbewerb um die Bundesliga-Fußballrechte für 2013 bis 2017 hinzugekommen. Aus Sicht der Fußballliga hat sich damit die Situation verbessert. Aus Sicht der potenziellen Nachfrager hat sich die Situation verschlechtert: Mehr Wettbewerber treiben die Preise nach oben. Das Angebotsspektrum Entsprechend den differenzierten Verbreitungswegen werden die Rechte in Paketen für unterschiedliche Kategorien angeboten: • Klassisches Fernsehen (Broadcast-Kategorie) • Internetfernsehen (Netcast 1-Kategorie) • Web-TV und Mobile TV (Netcast 2-Kategorie) Entsprechend dem Verbreitungsgebiet wird bei der Rechtevergabe darüber hinaus zwischen In- und Auslandsrechten unterschieden. Dabei steht aufgrund des vorwiegend nationalen Interesses die Inlandsvermarktung im Fokus. Nicht in diesem Bieterverfahren enthalten sind die Rechte an der Europameisterschaft (EM) 2012 in Polen und der Ukraine, der EM 2016 in Frankreich, der Weltmeisterschaft (WM) 2014 in Brasilien und der WM 2018 in Russland. Diese Rechte gehören bereits ARD und ZDF. Für die EM 2012 haben sie nach Schätzungen 110 Millionen Euro und für die EM 2016 rund 180 Millionen Euro gezahlt. Für die WM 2014 sollen 150 Millionen und für die EM 2018 nochmals 200 Millionen Euro gezahlt worden sein. Das Bieterspektrum • Sky als dominierender Pay-TV-Anbieter auf dem deutschen Markt benötigt die Fußballübertragungsrechte, um exklusiv attraktive Inhalte anbieten zu können. <?page no="68"?> Rundfunk 69 • ARD und ZDF benötigen die Fußballübertragungsrechte, um ihre traditionellen Sportsendungen attraktiv anbieten zu können. • Die Deutsche Telekom benötigt die Fußballübertragungsrechte, um für ihr Internet-Fernsehen attraktive Inhalte anbieten zu können. Allerdings wurde von Medienrechtlern die Rundfunkfähigkeit der Telekom aufgrund der Beteiligung des Bundes am Unternehmen in Frage gestellt. Hierzu nahm der Vorsitzende der Monopolkommission Stellung, indem er auf den ohnehin verzerrten Markt für Fußballrechte hinwies und die Telekom als Mitbewerber begrüßte: Ähnlich wie bei Energie, Post oder Bahn, ist die Privatisierung zwar die bessere Lösung, jedoch verbessern auch Unternehmen mit Bundesbeteiligung die Wettbewerbssituation im Vergleich zum gänzlichen Verzicht auf Wettbewerber (vgl. Peitsmeier/ Bünder 2012). • Internetkonzerne wie Google (über seine Tochterfirma Youtube), Yahoo oder der Springer Konzern für seine Plattform bild.de benötigen Fußballübertragungsrechte ebenso wie die Telekom, um attraktive Inhalte für das Internet-TV anbieten zu können. • Alle diese und andere Nachfrager benötigen Fußballübertragungsrechte, um attraktive Inhalte für mobile Angebote über Smartphones oder Tabletcomputer anbieten zu können. Die wettbewerbliche Sicht Die zentrale Vermarktung der Spiele der Ersten und Zweiten Bundesliga war wiederholt Anlass, über die wettbewerblichen Aspekte des Verfahrens zu diskutieren. Das Bundeskartellamt sieht jedoch keinen Anlass, das Verfahren zu verbieten bzw. abzuändern, auch wenn die Bündelung und zentrale Vermarktung der Medienrechte durch die DFL grundsätzlich eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung darstellt. Demgegenüber steht auch eine Reihe von Vorteilen: • Es wird stets über die Liga als Ganzes berichtet. • Den Medien ist ein wettbewerblicher Zugriff auf die verschiedenen Liga-Pakete über unterschiedliche Verbreitungsarten möglich. • Der Ligaverband und die DFL haben sich dem Bundeskartellamt gegenüber zu bestimmten Bedingungen bei der Vergabe verpflichtet. Das Bundeskartellamt kam nach Analyse der Marktverhältnisse und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Ligabetriebes zu dem Ergebnis, dass die Fernsehzuschauer und die beteiligten Unternehmen von der Zentralvermarktung profitieren (vgl. Bundeskartellamt 2012). <?page no="69"?> Medienmarkt 70 Die Verhandlungsergebnisse Als Verliererin aus dem Bieterverfahren ging die Deutsche Telekom hervor. Sie erhielt keine Rechte. Der Pay-TV-Sender Sky bekam die Liverechte für das Bezahlfernsehen und die Rechte für das Internetfernsehen (IPTV) sowie für den Mobilfunk. Er zahlte dafür 485 Millionen Euro statt bisher 250 Millionen Euro. Bei ARD und ZDF bleibt alles wie gehabt: Die ARD sicherte sich für 100 Millionen Euro die Rechte für die Berichte in der Sportschau am Samstag und die Berichterstattung am Sonntag. Das ZDF erhielt für 1 Million Euro die Lizenzen für das „Sport Studio“. Der Springer Konzern bekam die Rechte für Clips im Internet. Insgesamt ein Erfolg für die DFL. Alle Rechteinhaber können jedoch ihre Rechte weiter veräußern. Darauf setzt die Deutsche Telekom, um so von Sky Lizenzen zu kaufen, damit sie ihr Fußball-TV-Angebot im Internet trotzdem aufrecht erhalten kann (vgl. Hanfeld 2012b, o. V. 2012d). 2.1.6 Preisabsatzfunktionen in unterschiedlichen Rundfunksystemen Die übrigen Finanzierungsarten des Rundfunks wie Gebühren, Beiträge, Steuern oder Werbeeinnahmen führen immer zu einer indirekten Austauschbeziehung zwischen Anbietern und Nachfragern. Damit erfolgt auch die Steuerung durch die Nachfrager über einen Umweg, da „kein Markt im eigentlichen Sinne existiert, also kein Markt, auf dem ein Austauschprozess von Leistung und Gegenleistung vorzufinden ist“ (Monopolkommission 2006, S. 341, TZ 758). Bei Gebühren- und Steuerfinanzierung wird pauschal gezahlt, unabhängig von der Dauer des Fernsehkonsums. Damit subventionieren im Extremfall nicht schauende, aber zahlende Personen den Fernsehkonsum von Vielsehern. Bei Werbefinanzierung zahlen die Käufer der Produkte, die im Fernsehen beworben werden, den Fernsehkonsum. Diese unterschiedlichen Austauschbeziehungen führen auch zu unterschiedlichen Preisabsatzfunktionen in den einzelnen Systemen. Das veranschaulichen die folgenden Verläufe (vgl. Beck/ Prinz 1999, S. 71 ff.): <?page no="70"?> Rundfunk 71 Abb. 16: Die Preisabsatzfunktion bei öffentlich-rechtlichem Fernsehen Gebühren Zuschauerzahl Nachfrage Quelle: eigene Darstellung Die Nachfrage nach öffentlich-rechtlichem Rundfunk verläuft in Bezug auf die Abgaben völlig unelastisch. Voraussetzung zum Fernsehen ist ein empfangsbereites Gerät, was wiederum Anknüpfungspunkt der Gebührenpflicht ist. Diese Argumentationsrichtung ausgehend von der Gebühr als abhängige und der Zuschauerzahl als unabhängige Variable ist jedoch problematisch: Die Gebührenhöhe ist nicht abhängig von der Nachfrage, sondern vom Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dieser kann sich auch bei gleich bleibender Nachfrage verändern. Aus Sicht der Zuschauer gilt: Übersteigt die Gebühr ein bestimmtes Maß, werden die Nachfrager auf den deutlich verteuerten Fernsehkonsum wegen Überschreitung der Schmerzgrenze verzichten. Abb. 17: Die Preisabsatzfunktion bei Pay-per-View Entgelt Zuschauerzahl Nachfrage Quelle: eigene Darstellung <?page no="71"?> Medienmarkt 72 Die Nachfrage nach Pay-per-View entspricht dem normalen Verlauf einer Preisabsatzfunktion: Je billiger das Produkt wird, umso mehr Zuschauer sind zu diesem Preis zum Konsum bereit. Abb. 18: Die Preisabsatzfunktion bei Pay-per-Channel Entgelt Zuschauerzahl Nachfrage Quelle: eigene Darstellung Die Preisabsatzfunktion ist bei Pay-per-Channel abschnittsweise definiert. Hat sich der Zuschauer für Pay-TV entschieden, bleibt seine Nachfrage innerhalb eines Intervalls unabhängig von der Entgelthöhe. Wird eine Spürbarkeitsgrenze über- oder unterschritten, kommen neue Nachfrager hinzu bzw. vorhandene Nachfrager kündigen ihr Abonnement. Abb. 19: Die Preisabsatzfunktion bei werbefinanziertem Fernsehen Werbekonsum Zuschauerzahl Nachfrage Quelle: eigene Darstellung Der marktwirtschaftliche Preismechanismus wirkt bei werbefinanzierten Medien nur indirekt und es bestimmen nicht die Kosten der Produktionsfaktoren die <?page no="72"?> Rundfunk 73 Preise, sondern die Werbepreise beeinflussen die wichtigsten Kosten (vgl. Monopolkommission 2006, S. 341, TZ 757). Der Preis bei werbefinanziertem Fernsehen besteht im Werbekonsum. Je mehr Werbung das Programm enthält, umso weniger Zuschauer sind bereit, ihre Zeit dem Konsum für Werbung zu widmen. Der Verlauf der Preisabsatzfunktion entspricht somit den normalen Reaktionen, nur die Währung ist eine andere. Im Vergleich zu Pay-per-View verläuft sie jedoch steiler: Die Nachfrage ist unelastischer, da nicht direkte Geldleistungen erfolgen. Die Spürbarkeit unmittelbarer Zahlungen ist höher als die Bezahlung durch Werbekonsum. 2.1.7 Gesamt- und Teilmarktstrategien Entsprechend den Marketingstrategien stehen Unternehmen vor der Wahl, den Markt undifferenziert oder differenziert zu bearbeiten. Bei undifferenzierter Vorgehensweise wird der Markt als eine Einheit gesehen und das Angebot ist standardisiert (Gesamtmarktstrategie). Bei differenzierter Marktbearbeitung wird der Markt in einzelne Segmente zerlegt. Hierbei handelt es sich um homogene Zielgruppen, die sich deutlich von anderen Gruppierungen am Markt unterscheiden (intern homogen, extern heterogen). Bei differenzierter Marktbearbeitung ergeben sich wiederum drei Möglichkeiten: Entweder werden (a) alle Teilmärkte spezifisch bedient, (b) das Unternehmen konzentriert sich auf einige Teilmärkte oder (c) im Extremfall wird nur ein Segment bearbeitet; das Unternehmen sieht seinen Markt in der Nische (vgl. Nieschlag u. a. 2002, S. 206 ff.). Auf dem Fernsehmarkt finden sich sowohl Teilals auch Gesamtmarktstrategien: Fernsehveranstalter, die ein Vollprogramm anbieten, bearbeiten den Markt undifferenziert. Sie zielen mit ihrem Angebot auf ein massenattraktives Programm. Das undifferenzierte Vorgehen relativiert sich jedoch durch die verschiedenen Programmgattungen, die auf einzelne Segmente bspw. mit Kinder-, Sport- oder Informationsprogrammen Bezug nehmen. Fernsehveranstalter, die ein Spartenprogramm anbieten, bearbeiten den Markt differenziert und konzentrieren sich meist auf ein Segment (vgl. zur Definition Voll- und Spartenprogramm RStV § 2 Abs. 2). Regionale Programme wie Ballungsraumfernsehen, dessen Verbreitungsgebiet sich auf Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte konzentriert, sind ebenfalls zu den Teilmarktstrategien zu zählen. <?page no="73"?> Medienmarkt 74 Ein Vollprogramm zielt hauptsächlich auf hohe Reichweiten. Dadurch lassen sich Größen- und Synergievorteile realisieren. Bei werbefinanzierten Veranstaltern erhöht sich durch hohe Reichweiten die Attraktivität als Werbeträger. Für öffentlich-rechtliche Anbieter ist das Angebot eines Vollprogramms durch den Programmauftrag Pflicht. In den Anfängen des privaten Fernsehens war auf dem Markt neben den öffentlich-rechtlichen Anbietern genügend Potenzial für weitere Vollprogrammanbieter vorhanden. Je stärker der Markt jedoch besetzt wird, umso stärker tendieren neue Anbieter zu einer Nischenstrategie bzw. Vollprogrammanbieter versuchen, sich mit einem spezifischeren Zusatzangebot von ihren Mitbewerbern zu differenzieren. Das lässt sich an den Angeboten der Senderfamilien von RTL und Sat.1 sowie an den ausgegliederten Sparten der öffentlich-rechtlichen Anbieter nachvollziehen. In Deutschland zugelassene, bundesweite Spartenprogramme Private Anbieter Unterhaltung: 4-Seasons.TV, ANIXE HD, ANIXE SD, Dügün TV, iMusic 1, Kanal Avrupa, Nickelodeon/ COMEDY CENTRAL, Sixx, Tele 5, VIVA Information: n-tv, N24, Musik: Deluxe Music (diverse), Deutsches Musik Fernsehen, Iran Music, TV Persia 1 Sport: cpm24.tv, SPORT1, www.clipmyhorse.de Sonstiges: All-TV, Astro TV, Bibel TV, Collection, CTV, DAF Deutsches Anleger Fernsehen, DrDish Television, ERF 1, HOPE Channel deutsch, Hyperraum.TV, Iran Beauty, Klinik-Info-Kanal (KIK-TV), KosmicaTV, Mobility Channel, schoenstatt-tv, Sophia TV, Souvenirs from Earth, spiegel.tv, tru: young television, wdwip, Öffentlich-rechtliche Anbieter Unterhaltung: EinsFestival, ZDFkultur, ZDFneo Kinder: KI.KA Sonstiges: ARTE, BR alpha, DW-TV, EinsExtra, EinsPlus, Phoenix, SR Fernsehen, ZDFinfo, Pay-TV-Plattformen Vielzahl von Pay-TV-Angeboten, die zum Teil in Paketen erhältlich sind. Bsp.: 13th Street Universal, Animal Planet, beate-uhse.tv, Discovery Channel, Discovery HD, Fox Channel, History, MTV, Sky (diverse). Quelle: www.die-medienanstalten.de, 02.02.2012 <?page no="74"?> Rundfunk 75 Das Angebot von Spartenprogrammen hängt zunächst von der Größe der potenziellen Zielgruppe ab. Bei werbefinanzierten Programmen entscheidet die Attraktivität der Zuschauer für die Werbewirtschaft über die Finanzierungsmöglichkeiten. Bei Rezipientenfinanzierung ist deren Zahlungsbereitschaft ausschlaggebend. Abb. 20: Voll- und Spartenprogramme im Überblick Undifferenzierte Marktbearbeitung Differenzierte Marktbearbeitung Markt ist eine Einheit Angebot ist standardisiert Markt ist in mehrere Segmente zerlegt Alle, mehrere oder ein Segment werden differenziert bedient Vollprogramm Spartenprogramm Generalist (Broadcasting) Spezialist (Narrowcasting) Für öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter zwingend Ausgliederung von Sparten Bildung von Senderfamilien Quelle: eigene Darstellung Spartenprogrammanbieter agieren unter folgenden Bedingungen: • Das im Vergleich zu Vollprogrammen kleinere Marktpotenzial beschränkt die Zahl der überlebensfähigen Anbieter. Dies führt zu einem harten Konkurrenzkampf. Durch die Spezialisierung entstehen schnellere Lerneffekte und Kostenvorteile. Ein Mindestmaß an Vertriebskapazitäten führt zu einem höheren Vertriebsaufwand pro Zuschauer. • Durch die homogenere Zielgruppe sind Spartenprogramme ein attraktiver Werbeträger. Die Streuverluste sind geringer und die Affinität der Zuschauer zu den beworbenen Produkten liegt höher. <?page no="75"?> Medienmarkt 76 • Spartenprogramme stellen eine Chance für kleinere Unternehmen dar, auf diese Weise dem Wettbewerb mit großen Anbietern zu entgehen. Allerdings haben reine Spartenprogrammanbieter hart mit jenen Angeboten zu kämpfen, die sich als Ausgliederung aus Vollprogrammen darstellen. • Das Ausgliedern von Sparten oder das Hinzufügen neuer Spartenangebote von Vollprogrammanbietern führt zu Synergieeffekten. Die Kompetenzen der Spezialisten können von den Generalisten genutzt werden und umgekehrt. Planungen für mögliche Spartenprogramme können immer wieder auf neue Bereiche stoßen: Sparte macht erfinderisch. Jedoch kann nicht aus jeder interessanten Zielgruppe heraus ein werbefinanziertes oder Pay-TV-Spartenprogramm entwickelt werden. 2.1.8 Trends und Entwicklungen Neuere Entwicklungen im Fernsehbereich sind sowohl im Programmbereich, vor allem aber auch im Distributionsbereich zu finden. Durch neue Distributionskanäle ist Fernsehen immer stärker in zusätzlichen Präsentationsorten/ Medien erreichbar (Handy, Mediathek, InternetTV). Es ergibt sich damit eine Entlinearisierung des Fernsehkonsums auf der Nachfragerseite (vgl. Peters/ Niederauer-Kopf 2012). Gleichzeitig ist damit eine Erhöhung der Konsumentensouveränität verbunden. Das Nutzungsverhalten ändert sich „vom sogenannten Lean-backin ein sogenanntes Lean-forward- Konsumentenverhalten (vgl. Illek 2009, S. 6 sowie Adam 2008). Auf der Angebotsseite treten die klassischen Fernsehanbieter mit neuen Anbietern in Konkurrenz (vgl. Beyer/ Rolke 2011, S. 80 f.). Trotz der zusätzlichen und ergänzenden Angebote des sogenannten „Programmfernsehens“ kann dieses seine Bedeutung erhalten, wenn es die unübersichtliche Menge der Angebote vor allem im Internet kanalisiert und die Akzente setzt. Es kann sich vor allem durch folgende Merkmale auszeichnen und positionieren „die komprimierte Zusammenstellung von audiovisueller Weltdarstellung, die Livevermittlung von wichtigen Ereignissen des Weltgeschehens und damit die Herstellung einer ubiquitären Gegenwärtigkeit“ (Hickethier 2011, S. 104 f.). In dieser Hinsicht ist das Programmfernsehen in einer ähnlichen Situation wie die Presse insgesamt: Trotz des großen Angebotes können die klassischen Medien sich durch ihre Service- und Kompetenzfunktion generell und auch im Netz behaupten. <?page no="76"?> Rundfunk 77 Der Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern ist nach wie vor intensiv - sowohl auf dem Rezipientenmarkt, als auch auf dem Werbemarkt. Die Nachfrage nach TV-Werbung verändert sich entsprechend den Verschiebungen in der Mediennutzung: Während der Marktanteil an den Netto- Werbeeinnahmen für Tageszeitungen langsam sinkt, war das Fernsehen im Jahr 2010 zum ersten Mal das Medium mit dem höchsten Anteil an den Nettowerbeeinnahmen (21 Prozent). In den Jahren zuvor hatten immer noch die Tageszeitungen den größten Anteil von allen Werbeträgern. Die höchsten Zuwachsraten 2010 hatten jedoch die Onlinemedien (+ 12,7 Prozent), gefolgt von den Zunahmen im Fernsehbereich von 8,6 Prozent (vgl. ZAW 2011, S. 19). Factual Entertainment ist ein Trend im Fernsehbereich, der sich bei der Programmanalyse zeigt: Diese Gattung innerhalb der nonfiktionalen Unterhaltung hat in den letzten Jahren als Format an Bedeutung gewonnen. Hierbei werden Gattungen aus dem Unterhaltungsbereich mit dokumentarischen Stilmitteln angereichert (Doku-Soaps, Doku-Dramas). Die Entwicklung dieser Formate und ihre zukünftige Bedeutung ist allerdings langfristig offen (vgl. Krüger 2012, S. 228 sowie S. 231). Internet-TV ist ein weiter Begriff und kann lediglich als Oberkategorie verwendet werden. Deshalb ist zwischen verschiedenen Angeboten von Fernsehen und Videos im bzw. über das Internet zu unterscheiden. Insgesamt nimmt die Fernsehnutzung über das Internet zu (Frees/ van Eimeren 2011, S. 350 ff.). Web-TV zielt auf die Ausgabe/ Empfang im Internet ab. Die Quelle der Angebote liegt im Internet. Die Sender sind als Streams über den PC abrufbar. Die Angebote sind kostenlos und es muss kein Vertrag geschlossen werden. Es existieren Web-TV Angebote zu bestimmten Inhalten, wie Natur, Börse, Comedy, Informationen. Auch die Mediatheken der klassischen Fernsehveranstalter gehören zu den thematischen Angeboten (Scolik/ Wippersberg 2009, S. 8). IPTV bietet ein TV-Programm mit allen eingespeisten Sendern (von öffentlichen und privaten Sendern), die in einem geschlossenen Datennetz über das Internet übertragen werden. Eigentliches Empfangsmedium ist das Fernsehgerät, IPTV läuft aber auch auf PCs, Smartphones und Tabletcomputern. Mit einem Anbieter, ähnlich wie bei Kabel-TV, ist ein Vertrag zu schließen. Das Angebot umfasst Pay TV- und Free TV-Angebote. IPTV ist neben Kabel, Satellit und Antenne ein weiterer Empfangsweg für lineares Fernsehen (vgl. Ricke 2011, S. <?page no="77"?> Medienmarkt 78 61). Zurzeit existieren zwei große Anbieter: Die Deutsche Telekom mit „Entertain TV“ (rund 40 Pay TV-Sender, rund 70 Free TV-Sender) und Vodafone mit „Vodafone TV“ (rund 50 Pay TV-Sender und mehr als 60 Free TV-Sender). Alice TV gibt es für Neukunden seit April 2012 nicht mehr. Zu den Vorteilen von IPTV gehören vor allem die Möglichkeiten für zeitversetztes Fernsehen (Timeshifting), wodurch eine aktuell laufende Sendung angehalten werden kann. Es ist ein Rückkanal für Interaktivität vorhanden und die Individualität als Video on Demand ist gegeben. Allerdings ist ein DSL- Anschluss und für jedes Gerät eine eigene IPTV-Set-Top-Box notwendig (vgl. http: / / www.iptv-anbieter.info/ unterschied-iptv-webtv.html) Video-on-Demand-Plattformen haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen und hart umkämpften Markt entwickelt. Technisch handelt es sich ebenfalls um eine Form von Internetfernsehen, da das Angebot über das Internet übertragen wird. In dieser Hinsicht sind sie dem IPTV und dem WebTV gleich. Sie bieten jedoch kein kontinuierliches Programm. Sie sind vergleichbar einer Videothek auf Abruf (vgl. Longolius 2011, S. 27). Die Angebote sind zumeist kostenpflichtig, entweder als Abo oder als einzelne Transaktionen und können Bestandteile der klassischen Pay-TV-Anbieter als auch der IPTV- Anbieter sein, wenn diese einzelne Angebote zum individuellen Abruf bereitstellen. Die Nutzungsbedingungen sind sehr unterschiedlich geregelt. Angebote können bspw. auch nur für 24 Stunden bereitstehen. Zu den bekanntesten Anbietern gehören iTunes, Lovefilm, Maxdome, RTL now, Videoload, Videobuster sowie das Video-on-Demand-Angebot von Telekom und Vodafone aus dem IPTV-Paket. Unter dem Arbeitstitel „Germany’s Gold“ bereiten aber auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter ARD und ZDF für Ende 2012 ein gemeinsames Filmabrufportal vor. Medienpolitisch ist dieses Vorhaben umstritten, da sichergestellt werden muss, dass keine Quersubventionierung der privatwirtschaftlichen Aktivitäten durch Gebühren/ Beiträge erfolgt. Ein gemeinsam von RTL und ProSiebenSat.1 geplantes Projekt wurde zunächst vom Bundeskartellamt untersagt. Hilfreiche Links zum Thema Rundfunkmarkt: www.die-medienanstalten.de; www.kef-online.de; www.kek-online.de; www.medienrezeption.de; www.vprt.de. <?page no="78"?> Zeitungen 79 2.2 Zeitungsmarkt 2.2.1 Wesen und Differenzierung Als Zeitungen gelten alle periodischen Veröffentlichungen, die in ihrem redaktionellen Teil kontinuierlich über aktuelle Geschehnisse berichten und thematisch nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt sind. Zeitungen im Vergleich zu Zeitschriften besitzen eine höhere Aktualität, ein breiteres Themenspektrum und demzufolge eine breitere Zielgruppe. Sie sind teilweise regional ausgerichtet, während Zeitschriften überregional orientiert sind. Zeitungen lassen sich nach verschiedenen Kriterien differenzieren. Diese Unterteilung dient der Zusammenfassung in homogenere Gruppen; sie dient auch als Grundlage für die Abgrenzung des relevanten Marktes. Nach dem Vertrieb sind so genannte Kauf- und Abo-Zeitungen zu unterscheiden. Die Einteilung erfolgt nach dem überwiegend genutzten Vertriebsweg. Kaufzeitungen müssen ihre Kunden täglich neu gewinnen. Das hat eine auffälligere Aufmachung zur Folge, um im Spektrum der angebotenen Zeitungen am Point of Sale heraus zu stechen. Abo-Zeitungen haben den Vorteil, dass sie von einer relativ stabilen Auflage bei ihrer Planung ausgehen können. Nach dem Inhalt bzw. Verbreitungsgebiet sind lokale und überregionale Zeitungen zu unterscheiden. Lokale Zeitungen erreichen durch ihre Nähe zum direkten Leserumfeld eine starke Leser-Blatt-Bindung. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten stellen sie ein Problem dar, da sie meist keine Mitbewerber auf dem Markt der regionalen Berichterstattung haben. Die überregionalen Zeitungen hingegen konkurrieren direkt untereinander. Nach der Erscheinungsweise sind Wochen-, Tages- und Sonntagszeitungen zu unterscheiden. Entsprechend der obigen Definition sind die Wochen- und Sonntagszeitungen nicht erfasst. Sie werden jedoch mit erwähnt, da sie Randpositionen in den Tageszeitungsmärkten einnehmen, die strategisch Bedeutung erlangen können. Mit der Erscheinungsweise differiert zum Teil auch der Inhalt bzw. die Aufbereitung aktueller Themen. Nach dem Preis lässt sich eine weitere Gruppe von Zeitungen unterscheiden. Es handelt sich im Gegensatz zu den zum Kauf angebotenen Zeitungen um kostenlose Angebote: Anzeigenblätter und Gratiszeitungen. Anzeigenblätter <?page no="79"?> Medienmarkt 80 stellen keine echte Alternative zur Tageszeitung dar, da ihr redaktioneller Teil relativ klein und der journalistische Anspruch im Vergleich zu Tageszeitungen niedriger ist. Gratiszeitungen hingegen verstehen sich als Alternative zu den kostenpflichtigen Tageszeitungen: Sie sind professionell in Anlehnung an Boulevardzeitungen konzipiert, ihr Umfang liegt zwischen 20 und 40 Seiten, sie sind durchgängig vierfarbig, ihre Lesemenge orientiert sich an Pendlerstrecken, die klassischen Ressorts sind vertreten. Gratiszeitungen sind fast ausschließlich über Werbung finanziert (vgl. Vogel 2001, S. 576 ff.). Nach dem Aufkommen von Gratiszeitungen am Ende der 1990er-Jahre und den Reaktionen der Herausgeber traditioneller Kaufzeitungen existieren zurzeit keine Gratiszeitungen in Deutschland. In Nordeuropa dagegen sind sie fest etabliert (vgl. Kistner/ Möhring/ Schneider 2007, S. 32 ff.). Nach dem Format lässt sich in Deutschland zwischen den klassischen Zeitungsformaten Nordisches Format (40 x 57 cm), dem Rheinischen Format (36 x 53 cm), dem Berliner Format (31,5 x 47 cm) und dem Tabloid-Format (kompakt, kleinformatig) differenzieren. Mögliche Vorteile der kompakten Tabloid- Formate ist die bessere Handlichkeit, die größere Attraktivität für jugendliche und weibliche Leser sowie für die werbetreibende Wirtschaft. Darüber hinaus ist ein Formatwechsel ein geeigneter Anlass grundsätzliche Veränderungen bei Inhalt und Layout vorzunehmen. Meist werden die Inhalte kompakter und das Layout farbiger. Abb. 21: Anzahl und Auflage der Tageszeitungen in Deutschland Anzahl Auflage in Mio. Exemplaren 2011 2010 2009 2011 2010 2009 Tageszeitungen davon: regionale Abo- Zeitungen überregionale Zeitungen - Straßenverkaufszeitungen 361 343 10 8 361 343 10 9 351 333 10 8 18,52 13,18 1,52 3,82 17,95 12,88 1,49 3,58 19,95 14,06 1,63 4,26 Wochenzeitungen 22 26 27 1,78 1,67 1,93 Sonntagszeitungen 6 6 6 3,23 3,03 3,43 Zeitungen gesamt 389 393 384 23,53 22,65 25,31 Quelle: BDZV <?page no="80"?> Zeitungen 81 2.2.2 Kosten- und Erlösstruktur Auf der Erlösseite der Tageszeitungen haben sich in den letzten Jahren Verschiebungen ergeben. Während noch im Jahr 2000 etwa zwei Drittel der Erlöse aus Werbeeinnahmen und ca. ein Drittel aus Vertriebserlösen stammten, stehen sich Werbeeinnahmen und Vertriebserlöse im Jahr 2005 fast gleichgewichtig gegenüber. Die Kostenstruktur hingegen stellt sich anders dar: Während die Werbeerlöse noch knapp den größten Erlösposten darstellen, sind dem Anzeigengeschäft nur rund 15 Prozent der Kosten zuzurechnen. Größter Kostenblock sind die Herstellungskosten einschließlich des Papiers, gefolgt von den Kosten für Redaktion und Vertrieb. Abb. 22: Kosten- und Erlösstruktur von Tageszeitungen (Angaben in Prozent) 2010 2008 2005 Kosten - Herstellung - Redaktion - Vertrieb - Anzeigen - Verwaltung 25,3 25,9 23,9 16,0 9,0 28,6 24,3 23,7 15,7 7,8 28,6 24,6 22,8 16,4 7,7 Erlöse - Vertriebserlöse - Anzeigen - Beilagen 52,1 40,0 7,9 46,2 45,2 8,6 44,7 45,6 9,7 Quelle: BDZV Entlang der Wertschöpfungskette lassen sich die Kosten in ihrer Abhängigkeit von der Auflage und dem Umfang der Zeitung charakterisieren. Es zeigt sich dadurch exemplarisch die Bedeutung der Fixkosten und der Skaleneffekte. Darüber hinaus werden mögliche Ansatzpunkte für Kostenreduktionen deutlich (vgl. Stahmer 1995, S. 15 ff.): • Die Kosten der Erstellung sind unabhängig von der Auflage jedoch abhängig von Anzahl und Umfang der redaktionellen Beiträge. Dies gilt für die Redaktion und für die Anzeigenabteilung. Bei der Anzeigenabteilung gibt es jedoch eine kleine Einschränkung. Die Kosten sind insoweit auch von der Auflage abhängig, als bei steigender Auflage die Attraktivität des Werbeträgers steigt, und die Zahl der zu bearbeitenden Anzeigen zunimmt. <?page no="81"?> Medienmarkt 82 • Die Kosten der Vervielfältigung/ des Drucks sind in der Druckvorbereitung unabhängig, beim eigentlichen Druck aber abhängig von der Auflage. Bezogen auf den Umfang der Zeitung sind die Kosten sowohl bei der Druckvorbereitung als auch beim eigentlichen Druck variabel. • Die Kosten des Vertriebs sind überwiegend abhängig von der Auflage, da die Vergütung des Handels und der Zusteller nach Stücken erfolgt und die Kosten des Postzeitungsdienstes sich nach Stückzahl und Umfang richten. Der Umfang der Zeitung beeinflusst die Kosten demzufolge im Postzeitungsdienst ebenfalls. Auch die Transportkosten, die auf dem Weg zu Handel oder Zustellern anfallen, hängen vom Umfang ab. Die Vertriebskosten von Handel und Zustellern sind fix in Bezug auf den Umfang der Zeitung. Abb. 23: Fixe und variable Kosten entlang der Wertschöpfungskette Print Quelle: eigene Darstellung Infobeschaffung Werbekunden-Akquisition Layout Vervielfältigung Druck Vertrieb Erstellung Kosten = unabhängig von Auflage = abhängig vom Umfang Druckvorbereitung Kosten = unabhängig von Auflage = abhängig vom Umfang Eigentlicher Druck Kosten = abhängig von Auflage und Umfang Distribution Kosten = überwiegend abhängig von der Auflage = unabhängig vom Umfang außer bei Postzeitungsdienst und im Transportbereich <?page no="82"?> Zeitungen 83 2.2.3 Marktregulierung im Tageszeitungsbereich? Analog zum Rundfunkmarkt ist zu untersuchen, ob der Markt im Zeitungsbereich funktioniert, oder ob staatliche Eingriffe notwendig sind. Die Diskussion hierüber wird mit weniger Engagement und Intensität als im Rundfunkbereich geführt. Sie ist von der Logik her gesehen dennoch ebenso notwendig. Im Printbereich lagen von Anfang an keine technischen Restriktionen wie im Rundfunkbereich durch den Frequenzmangel vor. Das Ausschlussproblem auf der Nachfragerseite ist ebenfalls nicht gegeben. Marktzutrittsschranken existieren insofern, als im Printbereich ein aufwändiges Vertriebssystem etabliert werden muss. Größeneffekte aufgrund des hohen Fixkostenblocks bestehen auch im Zeitungsbereich. Sie wirken als ökonomische Marktzutrittsschranken und führen zu einer relativ konzentrierten Marktstruktur. Das bestätigt ein Blick auf die Entwicklung der Indikatoren zur Analyse der Konzentration. Darin liegt auch der Grund, dass gelegentlich doch über ein staatliches Handeln im Printbereich nachgedacht wird (vgl. Rager 1992, S. 15 sowie die angegebenen Standpunkte bei Zohlnhöfer 1989, S. 65). Angesichts der Probleme auf dem Zeitungsmarkt kommt ein Ansatzpunkt hinzu, über staatliches Handeln nachzudenken: Verschlechterte Rahmenbedingungen führen in vielen Fällen entweder zur Aufgabe oder zur Kooperation/ Fusion von Verlagen. Die Zusammenarbeit oder Fusion reduziert wiederum die Zahl der selbstständig agierenden Einheiten, sichert aber gleichzeitig das Überleben einiger Verlage, die sonst aus dem Markt ausscheiden müssten. Inwieweit mehrere Einheiten unter einem Konzerndach dann zur Meinungsvielfalt beitragen, ist eine Frage. Eine andere Frage ist, ob Meinungsvielfalt ohne Zusammenschlüsse möglich ist, ob so genannte Qualitätszeitungen vom Markt verschwinden und wie der Markt nach einer Bereinigung aussieht. Sollte dann das Niveau und die Vielfalt der publizierten Meinungen nicht mehr ausreichend erscheinen, ist die gleiche Situation erreicht wie im Fernsehsektor: Staatliches Handeln wäre unter meritorischen Gesichtspunkten im Hinblick auf ein ansonsten unbefriedigendes Zeitungsangebot zu begründen. 2.2.4 Trends und Entwicklungen Die deutschen Zeitungsverlage haben seit längerer Zeit mit einer Krise zu kämpfen. Die Probleme zeigten sich spätestens seit dem wirtschaftlichen Ausnahmejahr 2000 in rückläufigen Werbeeinnahmen und sinkenden Auflagenzah- <?page no="83"?> Medienmarkt 84 len. Auch wenn der Rückgang der Netto-Werbeeinnahmen 2004 zum Stillstand gekommen war, 2005 allerdings wieder Rückgänge zu verzeichnen waren und 2006 dann wieder Zuwächse vorlagen, besteht Handlungsbedarf (vgl. ZAW 2007, S. 13 für die Netto-Werbeinvestitionen sowie für die Entwicklung der Brutto-Werbeeinnahmen Möbius/ Heffler 2007, S. 283). Die Krisenursachen resultieren neben der konjunkturellen Lage auch aus der zunehmenden Konkurrenz der elektronischen Medien und aus dem veränderten Mediennutzungsverhalten. Darüber hinaus ist der geringe Anteil jugendlicher Zeitungsleser schon seit geraumer Zeit ein Problem für die Tageszeitungsverlage. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Zeitungen sich immer mehr zu einem Medium für das Bildungsbürgertum entwickeln und bei den übrigen Gruppierungen an Attraktivität verlieren (vgl. Jeuther 2006, S. 35). Hinzu kommen die Strukturen in den Verlagen: In managementgeführten Unternehmen ist die Verlagspolitik durch die Vertragslaufzeiten der Geschäftsführer oftmals zu kurzfristig orientiert, während bei eigentümergeführten Verlagen die sich ergebenden Nachfolgeprobleme zu eher zögerlichem Verhalten oder einer Übergangsstrategie beitragen (vgl. Breyer-Mayländer 2003, S. 110 ff.). All diese Entwicklungen führten bisher zu kaum sichtbaren, langfristig ausgelegten Innovationen. Im internationalen Vergleich sind die deutschen Zeitungsverlage eher als konservativ zurückhaltend einzuordnen (vgl. Beyer/ Gärtner 2005). Die Aktionsparameter zur Festigung der Position auf dem Medienmarkt sind vielfältig. Die wichtigsten Ansatzpunkte, mit denen die Verlage zurzeit experimentieren und planen, lassen sich in folgenden Gruppen zusammenfassen: • Bindung und Stärkung der bisherigen Leser durch Veränderungen am alten Produkt - Besondere Themenangebote für bestimmte Zielgruppen - Verstärkung regionaler Inhalte - Besondere Kundenbindungsmöglichkeiten • Bindung und Stärkung der bisherigen Leser durch Zusatzangebote - E-Paper - Editionengeschäft (CD-, DVD- und Bucheditionen) - Informationsabonnement - Verlagsübergreifende Kooperationen bei Online-Rubrikenmärkten <?page no="84"?> Zeitungen 85 • Akquisition neuer Leser durch neue Zeitungsprodukte - Tabloid-Zeitungen - Tablet-Zeitungen - Gratiszeitungen - Sonntagszeitungen - Schulzeitungen, Kinderbeilagen • Erschließung neuer, andersartiger Geschäftsfelder - Verteildienste seit dem Wegfall des Postmonopols zum 1.1.2008 - Access-Providerdienste - Service-Providerdienste - Callcenter-Aktivitäten (Vgl. zu diesen Möglichkeiten z. B. Esser/ Schreier 2005, Langrock 2006, Laskowski 2005, Breyer-Mayländer 2005, Jeuther 2006, Karla 2006, Bucher/ Schumacher 2007, Heizmann/ Rödel/ Seeger 2010, Beck 2011, Mast 2011). Insgesamt wird es für Tageszeitungsverlage wichtig werden, den Leser in allen Situationen abzuholen, d.h. auf jedem für den Verlag möglichen Vertriebsweg, und hierzu die Print- und Onlineprodukte erfolgreich zu vernetzen. Damit verstärkt sich Wahrnehmung, Kundenbindung, Markenwert und letztlich die Marktposition. Es hängt dabei von der jeweiligen Strategie ab, inwiefern dabei die Tageszeitung das Kernprodukt bleibt (vgl. Jeuther 2006, S. 43). Je intensiver sich die Verlage in anderen Medienbereichen engagieren, umso eher vollziehen sie den Schritt vom Tageszeitungsverlag zum Multimediaunternehmen. Online-Angebote von Presseverlagen in Deutschland erschienen erstmals Mitte der 1990er Jahre u.a. mit Spiegel-Online, „Die Welt“ und der „Rhein- Zeitung“, Koblenz. Da das Internet das Kernprodukt „gedruckte Tageszeitung“ wesentlich stärker tangiert als die Rundfunkangebote, ist dieser Bereich für deutsche Verlage noch immer aktuell, z.T. mit Unsicherheiten behaftet und auch Experimentierfeld. Die ersten Tabletzeitungen (z. B. Frankfurter Rundschau) vollziehen den Schritt in neue Endgeräte. Das Onlineengagement der Verlage konzentriert sich nicht nur auf den digitalen Ausbau des Kerngeschäftes (Contentportale, Online-Rubrikenmärkte, eBooks). Insbesondere in großen Verlagsgruppen finden sich Onlineaktivitäten auch in verlagsfremden Bereichen (E- Commerce, Internettechnik, Venture Capital, Communities). Zum Teil machen daher die Umsätze aus dem Digitalbereich in früheren klassischen Printverlagen schon mehr als die Hälfte aus (vgl. Vogel 2012). <?page no="85"?> Medienmarkt 86 Innerhalb der Umstrukturierung und der Positionierung auf dem Medienmarkt müssen sich die Verlage vor allem im Hinblick auf die Bedeutung ihrer publizistischen Leistungen überprüfen und verstärken. Erfolgversprechend ist nicht die digitale Wiederholung der Printausgaben, sondern der dem Kunden gebotene echte Mehrwert in Form exklusiver Leistungen und Inhalte. Die steigende Informationsflut erhöht sowohl im klassischen Medienbereich als auch im Onlinebereich die Bedeutung einer glaubwürdigen Orientierungsfunktion, die insbesondere die klassischen Medien übernehmen können. Es bleibt darüber hinaus zu überlegen, inwieweit das Kerngeschäft notwendig ist, um auch im Netz Qualitätsjournalismus zu realisieren und als Marke wahrgenommen zu werden. Eine Folge der Entwicklungen ist auch das Erfordernis, Redaktionen entsprechend der neuen Rahmenbedingungen strukturell umzubauen. So eröffnet z. B. die Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktionen zu konvergenten, alle Kanäle versorgenden Redaktionen den Verlagen die Möglichkeit, zeitnah aktuelle Agenturmeldungen mittels „Dossiers“ zu vertiefen, und so im Netz schnelle und qualitativ hochwertige Inhalte zu publizieren. Abb. 24: Publizistische Geschäftsideen - Dimensionen für die Zukunft Quelle: Mast 2011, S. 73 Analysieren Erklären Kommentieren Orientierung Bündelung Wächterfunktion Vernetzung Relevantes Nützliches Erzählenswertes Leser einbinden Mobilkommunikation Internet als Verstärker Politik Wirtschaft Alltag <?page no="86"?> Zeitungen 87 Newsdesk/ Newsroom - die organisatorische Antwort auf Konvergenz Der Newsdesk ist eine Organisationseinheit, die in einem Großraumbüro zusammengefasst ist. Hier sind alle Ressorts und Medien mit Mitarbeitern sowie unterstützende Dienste vertreten. Die Informationen gehen in dieser Organisationseinheit ein und werden in die verschiedenen Kanäle (Print, online, mobile) in verschiedenen journalistischen Stilformen verteilt. Es fungiert ähnlich einer ständigen Redaktionskonferenz. In vielen Newsdesks findet sich die Trennung zwischen Reportern/ Schreibern und Editoren/ Blattmachern. Newsdesks existieren nicht nur bei Printmedien. Sie finden sich ebenso bei Nachrichtenagenturen und im Fernsehen. Diese Organisationsform zielt auf eine bessere redaktionelle Qualität, da durch die ressortübergreifende Bearbeitung komplexe Themen spezieller bearbeitet werden können. Darüber hinaus erhöht sich durch die Bedienung mehrerer Mediengattungen die Reichweite und damit die Attraktivität als Werbeträger. Ökonomisch steigt die Effizient der redaktionellen Arbeit, da die Abläufe optimiert und die Tätigkeiten von Editor und Reporter spezialisierter werden. Kritiker sehen einen höheren Arbeitsdruck und eine mögliche Verminderung der Vielfalt in der Berichterstattung. Quellen: Jeuther 2006, S. 42 ff. sowie Meier 2007a. Journalistische Bezahlinhalte im Netz stellen ein Problem dar, weil Nachrichten im Netz kein knappes Gut sind, die langjährige „Content is free“-Praxis eine niedrige Zahlungsbereitschaft hervorgerufen hat, keine überzeugende Micropayment-Modelle existieren und das Risiko des „first movers“ durch Reichweitenverluste besteht. Erfolgsfaktoren für Bezahlinhalte sind: • Exklusive Information/ Premium Content (vergleichbar mit Pay TV) • Hohe Glaubwürdigkeit der Marke • Hoher Nutzwert/ Mehrwert durch Reduktion, Innovationen, Zusatzangebote oder Interaktivität • Spezialisierte und regionalisierte Inhalte für kleine Zielgruppen/ Individualisierte Angebote • Benutzerfreundlichkeit • Garantien im Hinblick auf Datenschutz <?page no="87"?> Medienmarkt 88 Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele • Stiftung Warentest: Das Angebot ist auf dem Printmarkt eingeführt, der Nutzen ist deutlich und war auch im Netz nie kostenlos. • Wall Street Journal (steigende Auflage von Print und elektronischem Angebot). Pro Monat kann jeder Leser zehn Artikel gratis abrufen, für weitere muss er bezahlen („Metered Paywall“). • New York Times und Economist (gestaffelte Bezahlpflicht: Anonyme Nutzer erhalten fünf Artikel in der Woche kostenfrei, registrierte Nutzer zehn Artikel, Abonnenten erhalten jeden Artikel kostenfrei). Seit März 2011 gibt es das Komplettangebot der Onlinenachrichten nur noch gegen ein Entgelt von 15 US-Dollar pro Monat. • Expansion des mobilen Endgerätemarktes fördert die Chance der Erlöserzielung. So sind z. B. iPad-Besitzer eher bereit, für journalistische Inhalte zu zahlen - im Durchschnitt 8,09 Euro im Monat (vgl. O.V. 2012a). So gibt es z. B. seit 2010 die erste iPad-Ausgabe der Bild- Zeitung. 2.3 Internetmarkt 2.3.1 Wesen und Differenzierung Das Internet basiert auf der Standardisierung des Datenaustauschs und einem dezentralen Management vernetzter Rechner. Dabei handelt es sich nicht um ein einziges homogenes Netz, sondern um einen Verbund vieler kleiner begrenzter Netze/ Rechner. Ein einheitliches Übertragungsprotokoll (Transmission Control Protocol = TCP/ Interface Programm = IP) ermöglicht den Austausch und die Kommunikation zwischen allen Computern, unabhängig vom Typ der Computer, dem Netzzugang oder dem Betriebssystem. Das Internet stellt die folgenden Dienste zur Verfügung: • World Wide Web (www), • Usenet (Unix User Network, öffentliche Diskussionsforen, Newsgroups), • E-Mail, • File Transfer Protocol (FTP, Standard zur Übertragung von Dateien), • Chat (Onlinekommunikation in Echtzeit). <?page no="88"?> Internet 89 Neben dem Internet existieren noch zwei untergeordnete Netze: Während die Dienste des Internets öffentlich zugänglich sind, handelt es sich bei dem Intranet um vernetzte Systeme in geschlossenen Benutzergruppen zur internen Kommunikation von Unternehmen. Das Extranet dient ebenfalls der internen Kommunikation geschlossener Benutzergruppen, die jedoch um externe Geschäftspartner erweitert sind. Hierzu zählen Lieferanten, Händler oder Großkunden. Es ist vom Charakter damit ein erweitertes Intranet. Im Zusammenhang mit dem Internet werden oftmals drei Begriffe benutzt, die voneinander abzugrenzen sind: Internetökonomie umfasst die Bereiche der Wirtschaft, die durch das Internet erst entstanden bzw. maßgeblich beeinflusst sind. E-Business umfasst alle Prozesse in und außerhalb von Unternehmen, die ganz oder teilweise über Computernetzwerke abgewickelt werden. E-Commerce umfasst alle Aktivitäten, die zwischen Marktpartnern ganz oder teilweise über Computernetzwerke abgewickelt werden. Es handelt sich in der Hauptsache um Transaktionen auf Beschaffungs- und Absatzmärkten von Unternehmen. Das Internet dient wie die traditionellen Medien der Information, Bildung und Unterhaltung. Hinzu kommt der Transaktionsbereich beim Handel von Waren und nicht medialen Dienstleistungen. Am besten geeignet für Internettransaktionen sind digitale Güter, da alle Transaktionsphasen über das Internet abgewickelt werden können. Hierzu zählen alle Informationsgüter. Aber auch so genannte Suchgüter (Güter, bei denen die Sucheigenschaften überwiegen und eindeutig zu bestimmen und abzufragen sind) spielen für Internetgeschäfte eine große Rolle. Besonders beliebte Produktfelder sind Informationen, Reisen, Bücher, Computer und Ticketbestellungen. Einrichtungsgegenstände sind hingegen ein Beispiel für Inspektionsgüter und werden im Internet deshalb weniger nachgefragt. In diesen Produktbereichen kommt deshalb der Transparenzaspekt und seine Wirkung auf den Wettbewerb weniger zum Tragen. Der Transaktionsbereich im Internet ist größer als medientypische Angebote. Eine weiter führende Betrachtung dieser Untersuchungsgegenstände würde allerdings die Vergleichbarkeit der Medien erschweren: Die Kernkompetenzen im E-Commerce-Bereich liegen auf gänzlich anderen Feldern. Deshalb werden nur Internetangebote, die sich auf die klassischen Medienfunktionen beziehen oder aus ihnen abgeleitet sind, Gegenstand dieser medienökonomischen Analyse. <?page no="89"?> Medienmarkt 90 Grundzüge der Transaktionskostentheorie Einordnung/ Orientierung Die Transaktionskostentheorie gehört wie die Property-Rights-Analyse und die Vertragstheorie zu den prägenden Ansätzen der Neuen Institutionenökonomie. Gemeinsam ist allen drei Ansätzen die Überlegung, wie Transaktionen durch eine effiziente Gestaltung Kosten sparend organisiert werden können. Ausgangspunkt Die Koordination von Angebot und Nachfrage auf Märkten sowie von Prozessen in und zwischen Unternehmen verursacht Transaktionskosten. Diese entstehen aber nicht nur im Vorfeld eines Prozesses/ Vertrages. Sie treten auch während der Verhandlungen und der Vertragslaufzeit auf. Das begründet sich vor allem durch drei Annahmen: Die Marktteilnehmer handeln nur begrenzt rational, da Aufnahme und Verarbeitung von Informationen begrenzt sind. Die Marktteilnehmer neigen zu opportunistischem Verhalten. Es entstehen dadurch Verhaltensunsicherheiten bei den Transaktionen. Die Transaktion selbst wird von dem Grad der Faktorspezifität bestimmt. Transaktionen, die sehr spezifisch ausgerichtet sind, bedingen i. d. R. längere Vertragslaufzeiten. Diese drei realistischen Annahmen führen dazu, dass nicht alle Eventualitäten bei Abschluss eines Vertrages benannt und geregelt werden können. Sie zeigen, dass auch nach Verhandlung und Abschluss von Verträgen eine Reihe von Gegebenheiten zu kontrollieren, zu regeln und erneut zu verhandeln sind. Was sind Transaktionskosten? Transaktionskosten sind alle Kosten, die nicht durch die Bereitstellung der Transaktionsleistungen im engeren Sinne entstehen. Sie umfassen die Kosten der Koordination und Information. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll- und Anpassungskosten. Dabei wiederum lassen sich folgende Bereiche unterscheiden: • Kosten für Anschaffung/ Betrieb von Informationsmedien, für die Informationsbeschaffung selbst, sowie Nebenkosten der Informationssuche; • Opportunitätskosten für Zeit, Mühe und verpasste Gelegenheiten, die ansonsten möglich gewesen wären; • sonstige Kosten, z. B. Fahrtkosten. Transaktionskosten sind Kosten der Arbeitsteilung. Sie stellen Marktbenutzungskosten oder Hierarchie-/ Bürokratisierungskosten dar. Quelle: Göbel 2002, S. 129 ff. sowie Coase 1937, S. 386 ff. <?page no="90"?> Internet 91 Das Internet lässt sich durch die folgenden Merkmale charakterisieren: • Interaktivität, • Individualität, • ständige Verfügbarkeit, • Multimedialität, • Integration von Kommunikation und Transaktion, • modulhafte Gliederung. Die meisten der Geschäftsideen oder neuen Angebote im Internet sind nicht gänzlich neu. Auktionen und Ausschreibungen sind bspw. altbekannt, und Powershopping existierte schon lange vor dem Internet in Gestalt von Einkaufsgenossenschaften. Das maßgeblich „Neue“ ist bei vielen Erfolgsgeschichten von Geschäftsmodellen im Internet die Effizienz, Geschwindigkeit und Reichweite, mit der Transaktionen und Kommunikation realisiert werden können. Ein wesentlicher Grund hierfür sind die Transaktionskosten, die durch das Internet wesentlich gesenkt werden können. Dies gilt insbesondere für digitalisierte Güter und damit für Medienprodukte: Von der Kontaktaufnahme, über den Vertragsabschluss, die Bereitstellung der Güter und schließlich die Abrechnung lassen sich alle Transaktionen vollständig über das Internet abwickeln. 2.3.2 Anbieter, Nachfrager und Mittler Die Beschreibung des Internetmarktes unterscheidet sich in den allgemeinen Kategorien nicht von den traditionellen Märkten. Es existieren Anbieter, Nachfrager, Mittler (Intermediäre) und verschiedene Systeme zur Kommunikation bzw. zum Handel. Die Handelssysteme sind keine neuen Formen beim Anbahnen und Zustandekommen der Transaktionen. Entsprechend dem herkömmlichen Zusammenkommen von Angebot und Nachfrage erfolgt die Präsentation des Angebots auf Websites, wo sich der Einzelne informieren und im Bedarfsfalle zugreifen kann. Daneben existieren Auktionen und Ausschreibungen, die im Internet eine größere Bedeutung als in der traditionellen Wirtschaft besitzen. Der Unterschied liegt in der einfacheren, bequemeren und schnelleren Handhabung bzw. in der deutlichen Reduzierung der Transaktionskosten im Internet. <?page no="91"?> Medienmarkt 92 Abb. 25: Nutzungsschwerpunkte im Internet (in Prozent) Quelle: AGOF, internet facts 2011 Die Mittler oder auch Intermediäre treten in neuen Formen im Internet zu den klassischen Beschaffungs- und Absatzmittlern hinzu. Hierbei handelt es sich in der Hauptsache um Suchmaschinen, Portale, Malls, Finanzintermediäre, elektronische Marktplatzbetreiber oder Agenten, die das Zusammenkommen von Anbietern und Nachfragern mit ihren Dienstleistungen unterstützen. Sie sind so zwar Vermittler zwischen den eigentlichen Anbietern und Nachfragern - gleichzeitig aber selbst Anbieter von Dienstleistungen im Internet. Anbieter und Nachfrager treten in vielfältigen Kombinationen bzw. in wechselnden Rollen im Internet auf. Die bedeutendsten Bereiche bilden die Businessto-Consumer- und die Business-to-Business-Beziehungen. Letztere wiederum konzentrieren sich auf die elektronische Beschaffung (E-Procurement). Tritt der Staat als Anbieter oder Nachfrager von Leistungen auf, handelt es sich dabei um E-Government. In der Abbildung nicht enthalten sind die online gestützten Aktivitäten zwischen Unternehmen und Mitarbeitern, die als Business-to- Employee bezeichnet werden, da die Grafik sich auf den E-Commerce-Bereich beschränkt. Hierbei handelt es sich um internetgestützte Vorgänge innerhalb des Unternehmens, die über Intranet bzw. Mitarbeiterportale ablaufen. <?page no="92"?> Internet 93 Abb. 26: Transaktionsbereiche des Electronic Commerce Quelle: Hermanns/ Sauter 2001, S. 25 2.3.3 Geschäftsmodelle Die Geschäftsprozesse im Internet lassen sich in drei Kategorien einteilen: Infrastrukturanbieter (Netzwerke, technische Grundausstattungen), Internetprovider oder der Bereich von Information und Transaktion (vgl. Meffert 2001, S. 162). Eine andere Einteilung der Geschäftsmodelle erfolgt mit Hilfe des so genannten 4-C-Modells: Content, Connection, Context und Commerce. Traditionelle Medienunternehmen können mit Diversifizierungsstrategien eines dieser Geschäftsmodelle oder eine Kombination realisieren. Ausgehend von ihren Kernkompetenzen sind sie aber auf jeden Fall im Contentbereich aktiv. In der Anfangsphase des Internets fanden sich Pure Player, also Unternehmen, die sich auf nur eines der Geschäftsmodelle konzentrierten. Mit der Etablierung des Mediums wurde das Angebot immer stärker erweitert. Es war notwendig sich abzugrenzen und nutzenwirksam zu positionieren. Die verschiedenen Leistungen wurden deshalb miteinander zu hybriden Geschäftsmodellen kombiniert. <?page no="93"?> Medienmarkt 94 Abb. 27: Geschäftsmodelle im E-Business Quelle: Wirtz/ Becker 2002, S. 86 Long-Tail-Geschäfte, die Nischenmärkte im Internet zusammenfassen und zu profitablen Geschäftsfeldern machen, haben sich ebenfalls durchgesetzt und besitzen weiter gute Wachstumschancen: Durch die geringeren Transaktionskosten aufgrund der problemlosen Zusammenführung von Interessen und Bedürfnissen auch kleiner Gruppen, sind diese Möglichkeiten für Nischenmärkte durch das Internet entstanden (vgl. Anderson, Chris 2009a sowie Elberse 2008). So wird bspw. bei Amazon ein Großteil des Umsatzes mit Büchern gemacht, die eher selten nachgefragt werden und die deshalb in traditionellen Buchhandlungen nicht vorrätig sind. Bei eBay wird „die Nachfrage nach obskuren Produkten gebündelt und kanalisiert, so dass sich auf einmal Märkte ergeben, die vorher nicht existiert haben“ (O.V. 2006c, S. 23). Connection Context Content Commerce •   Kompilierung (Packaging) •   Darstellung und •   Bereitstellung von Inhalten •   auf einer eigenen Plattform •   Anbahnung, •   Aushandlung und/ oder •   Abwicklung von Geschäftstransaktionen •   Klassifikation und •   Systematisierung von im Internet verfügbaren Informationen Herstellung der Möglichkeit eines Informationsaustausches in Netzwerken <?page no="94"?> Internet 95 2.3.4 Web 2.0 Das Internet entwickelte sich in mehreren Phasen: • Anfangs war es weitgehend bedeutungslos für die ökonomische und private Nutzung. Es war eine militärisch motivierte Entwicklung. • In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre schien die „New Economy“ die bisherigen Grundsätze der Ökonomie zu verändern. Es entstand durch eine enorme Überbewertung eine Blase an den Aktienmärkten, da den Investitionen kaum Einnahmen gegenüberstanden. • Die Situation wurde im Jahr 2000 realistischer beurteilt, die Investoren zogen sich zurück und es kam zum Zusammenbruch der „New Economy“. • Sei 2006 wurden die Potenziale des Internets wieder positiv gesehen. Dies steht vor allem mit den neuen Möglichkeiten des Web 2.0 im Zusammenhang. Der Begriff Web 2.0 stammt von dem Verleger Tim O’Reilly (vgl. O’Reilly 2005). • Seit dem Jahr 2010 gewinnt vor allem das mobile Internet an Bedeutung (vgl. Meyer 2007, S. 138) Das Wesen von Web 2.0 ist durch die aktive Mitgestaltung der Nutzer geprägt. Der Nutzer ist sowohl Konsument, als auch Produzent (User Generated Content). In diesem Zusammenhang wird auch vom Prosumenten gesprochen (vgl. Lorenz/ Hess 2010, S. 24). Im Zentrum stehen Informationsaustausch, Beziehungspflege, Kommunikation, Mechanismen um Content zu bewerten sowie kooperatives Arbeiten. Gründe für die Akzeptanz der Web-2.0-Anwendungen resultieren aus sozialen Bedürfnissen, den Möglichkeiten zur Selbstinszenierung, der Kommunikation und Unterhaltung unter Gleichen sowie den Formen von spielerischem Lernen und der Wissensvernetzung (vgl. Ebersbach/ Glaser/ Heigl 2011, S. 185 ff.). Netzeffekte sind eine logische Folge der Web 2.0 Plattformen: Je mehr Nutzer sich in dem Netzwerk anmelden, umso größer ist der Nutzen für die bereits vorhandenen Mitglieder. Die Wahrscheinlichkeit, einen Kommunikationspartner zu finden oder einen Bekannten mit dem man Kontakt aufnehmen möchte ist umso größer, je mehr Mitglieder das Netzwerk hat. Dies macht es wiederum für weitere Personen attraktiver, dem Netzwerk beizutreten. <?page no="95"?> Medienmarkt 96 Die Reichweite von sozialen Netzwerken ist schnell gewachsen. Für die Plattformbetreiber ist die ökonomische Rentabilität aber nicht immer mitgewachsen. Die „Monetarisierung der Reichweite“ (Lorenz/ Hess 2010, S. 25) ist direkt über Mitgliedsbeiträge und indirekt über Werbung möglich. Dies ist aber in vielen Communities noch nicht befriedigend realisiert. Wichtige Web 2.0 Anwendungen Soziale Netzwerke/ Online-Communities sind Plattformen, die den Aufbau von Beziehungen im Internet ermöglichen sowie die Pflege dieser Beziehungen, den Informationsaustausch und die Kommunikation mit den Mitgliedern. Im engeren Sinne handelt es sich um Communities zur Kommunikation und Beziehungspflege In diesem Bereich lässt sich nochmals in Business- (Xing und Linkedln) und Freundschaftsnetzwerke (Facebook, StudiVZ) unterscheiden Im weiteren Sinn handelt es sich um contentorientierte Communities, in denen Beiträge zu bestimmten Themen von den Mitgliedern verfasst und eingestellt werden, wie etwa bei YouTube und flickr (vgl. Hettler 2010, S. 54 f. sowie Stanoevska-Slabeva 2008, S. 17). Webblogs sind persönliche oder thematische Nachrichtendienste. In ihrem Charakter ähneln sie einem elektronischen Tagebuch. Die neuesten Eintragungen stehen dabei vorne. Die Einträge (Posts) sind im Vergleich zu anderen Internetportalen authentisch und subjektiv. Sie können von den Nutzern kommentiert und in andere Informationsangebote eingebunden/ verlinkt werden. Die Gesamtheit aller Weblogs bezeichnet man als Blogosphäre, die Betreiber werden als Blogger bezeichnet. Die kurze Variante von Blogs sind Mikroblogs. Die Nachricht kann lediglich zwischen 140 und 200 Zeichen betragen. Der bekannteste Mikroblog ist Twitter (vgl. Hettler 2010, S. 43 ff., Alby 2008, S. 21 ff. sowie Zerfaß/ Bogosyan 2007). Für Redaktionen sind Blogs ein interessanter Kanal, um Themen zu erspüren. Teilweise sind die Themen sehr spezifisch und nicht für General-Interest- Bereiche geeignet. Teilweise überschneiden sich bestimmte Themen in den verschiedenen Web-2.0-Anwendungen und geben so erste Hinweise auf relevante General-Interest-Themen. Andererseits wird die Kommunikation durch virale Effekte auch potenziert, so dass Themen erst dadurch zu Themen werden. Podcast setzt sich aus iPod und Broadcasting zusammen. Er umfasst das Produzieren und Bereitstellen von Mediendateien (Audio und Video) und deren Publizieren im Internet. In der Regel sind die Angebote kostenlos und können meist abonniert werden. <?page no="96"?> Internet 97 Podcasts bieten folgende Vorteile: • sie erreichen neue Zielgruppen, • sie können zeitlich und räumlich individuell genutzt werden, • sie stellen einen neuen Weg zur Verbreitung von Inhalten dar, • sie wirken authentisch und können im Gegensatz zu klassischen Texten stärker emotionalisieren. Insbesondere vom Hörfunk werden Podcasts als Konkurrenzprodukte gesehen. Sie können aber ebenso als zusätzlicher Vertriebsweg im Sinne einer Mehrfachverwertung genutzt werden, indem sie ein Hörangebot von Beiträgen bereitstellen, die zum Teil im Fernsehen, in Printprodukten oder im Hörfunk bereits publiziert wurden (vgl. Hettler 2010, S. 51 f.). Wikis stellen eine Sammlung von Webseiten dar, die von „jedermann, zu jeder Zeit und von jedem Ort aus bearbeitet werden können“ (Hettler 2010, S. 41 ff.). Darüber hinaus können auch die eingestellten Inhalte von anderen Besuchern ergänzt oder verbessert werden. Das führt zu dem Problem hoher Fehlerquoten oder sichtlich unsinnigen Einträgen oder auch zu einer Konzentration auf bestimmte Themen und der Vernachlässigung anderer Bereiche. Für die Änderungen wiederum existiert deshalb ein Kontrollinstrument in der Form, dass von allen nachverfolgt werden kann, was geändert wurde. Für Unternehmen und andere Organisationen ist mit Wikis als Software eine gute Möglichkeit für Wissensdatenbanken oder das gemeinsame Arbeiten an einem Projekt vorhanden. Die freie Enzyklopädie „Wikipedia“ ist die erfolgreichste allgemeine Wiki- Anwendung. Mit der ständigen Aktualisierung und den jederzeit möglichen Ergänzungen ist Wikipedia trotz aller Bedenken ein starker Konkurrent zu den traditionellen Nachschlagewerken wie Brockhaus oder der Encyclopedia Britannica. Das Online-Lexikon ist kein gewinnorientiertes Projekt und finanziert sich nicht durch Werbung (vgl. Lindner/ Heeg 2011, S. 18). Web-2.0-Anwendungen und Unternehmenskommunikation • Web-2.0-Anwendungen beeinflussen die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit, auch die über Unternehmen. Deshalb wird ein Monitoring für Unternehmen wichtig. So können z. B. kritische Themen rechtzeitig erkannt werden. Dies gilt umso mehr, als populäre Aussagen immer mehr Informationen von offiziellen Stellen, Fachleuten und Zeugen zurückdrängen (O.V. 2006d, S. 19). Beiträge über das Unternehmen können nicht mehr von dem Unternehmen gesteuert werden. So kann <?page no="97"?> Medienmarkt 98 heute z. B. eine Marketingaktion in kürzester Zeit zu einer wahren Empörungswelle im Internet anwachsen, da im Einzelfall bereits der Aufruf relativ kleiner Gruppen zu einem so genannten Shitstorm führen kann. • Für Unternehmen ergeben sich mit dem Web 2.0 neue Kommunikations- und Informationskanäle für die interne und externe Kommunikation/ Zusammenarbeit (Dialogmarketing, Kundenbindung). Mitarbeiter können auf Kontaktplattformen auch berufliche Kontakte pflegen. Unternehmen können direkte Beziehungen zu Meinungsführern, Multiplikatoren und Markenfans im Web 2.0 aufbauen, die Kommunikation zu ihnen suchen und sie auch mit Informationen versorgen. Kunden können segmentspezifischer angesprochen werden. Insgesamt können unter diesem Blickwinkel die Kommunikations- und auch die Reisekosten gesenkt werden. • Nutzerprofile können immer besser und detaillierter zusammengestellt und verwertet werden. Sie stellen damit Quellen für Marktforschung und Innovationen dar und können somit die Produktentwicklungskosten senken. • Mit Web-2.0-Anwendungen können Unternehmen innovative Kommunikationskonzepte zeigen und als junges modernes Unternehmen davon profitieren. Dies gilt umso mehr, je nüchterner die Produkte sind und umso eher mit Web-2.0-Anwendungen eine positive Emotion etabliert werden kann. • Innovationsansätze können sich für Unternehmen auch durch die Meinungsäußerung der Kunden im Web 2.0 bspw. auf speziellen Meinungsportalen ergeben (Crowd Sourcing als Insourcing von Ideen vgl. Gassmann/ Enkel 2004). Damit fungiert das Web 2.0 auch als Instrument der Marktforschung. • Zielgruppen, die im Web 2.0 aktiv sind, erwarten auch von Unternehmen, dass sie mit diesen in Web-2.0-Anwendungen in Kontakt treten können oder Informationen und Artikulationsmöglichkeiten erhalten. • Firmeneigene Communities oder Blogs haben oft Akzeptanzprobleme. • Speziell Wikis sind für Unternehmen in der internen Kommunikation von großer Bedeutung im Rahmen des Wissensmanagements und der Kooperation bei Projekten. • Grundsätzlich benötigen Unternehmen Regelungen für Mitarbeiter und Führungskräfte im Umgang mit Web-2.0-Anwendungen (Social- Media-Guidelines). Dies auch dann, wenn keine unternehmenseigenen <?page no="98"?> Internet 99 Web-2.0-Anwendungen existieren, da Mitarbeiter in sozialen Medien auch privat als Mitarbeiter auftreten können. • Beim Aufbau unternehmenseigener Web-2.0-Angebote ist die zeitliche Kapazität sorgfältig zu planen, da die Pflege und Interaktionsgeschwindigkeit wichtig ist, um ein attraktives Angebot zu etablieren. Deshalb gehört zu einem Ordnungsrahmen für Social-Media- Aktivitäten auch die Bereitstellung von Personal- und Budgetkapazität. • Für Medienunternehmen ergibt sich eine neue Form des Journalismus (Graswurzeljournalismus, Bürgerjournalismus), wodurch die Frage der Qualitätssicherung entsteht. • Für Unternehmen aus dem klassischen Medienbereich wird ein Engagement in den Web-2.0-Anwendungen bereits durch den Konkurrenz- und Substitutionsdruck, für den Aufbau und die Pflege der Marke sowie für eine Neuorientierung notwendig. • Für den redaktionellen Bereich der klassischen Medien ergibt sich durch die Web-2.0-Anwendungen eine neue Möglichkeit der Themenfindung und Themensetzung (Agenda Setting). Wenn auch oft spezifische Themen in Blogs oder Communities diskutiert werden, kommen doch auch teilweise Themen so gehäuft vor oder werden originell kommuniziert, dass sie von den klassischen Medien aufgegriffen werden. Umgekehrt tragen soziale Netzwerke dazu bei, die Aufmerksamkeit auf journalistische Websites und auf die von Medienunternehmen zu lenken. (Vgl. Stanoevska-Slabeva 2008, S. 24 f. sowie KEK 2011, S. 99) 2.3.5 Trends und Entwicklungen Web 2.0 ist etabliert. Über Web 3.0 wird noch spekuliert. An Bedeutung gewinnt zurzeit aber immer mehr das mobile Internet. Da die klassischen Medien sich ebenfalls ausnahmslos im Internet engagieren, wird das mobile Internet in Sachen mobiler Kommunikation damit für alle Medien immer wichtiger. Das mobile Internet ist einerseits durch das Wachstum bei Smartphones, Tabletcomputern und elektronischen Lesegeräten in den Fokus gerückt. Andererseits waren die günstigen Gerätepreise und Tarife sowie die intensive Nutzung von sozialen Netzwerken positive Voraussetzungen. Für die Medienunternehmen/ Contentlieferanten ergibt sich daraus, entsprechende Inhalte für die mobilen Endgeräte zur Verfügung zu stellen. Die Inhalte müssen für die Situation, in <?page no="99"?> Medienmarkt 100 der der Nutzer sie mobil abruft, geeignet sein: schnell, kurz, Zusammenfassung, Hintergrund, Antizipation störender externer Einflüsse (vgl. Kollmann 2011, S. 34). Der Wettbewerb für die Medienunternehmen nimmt dadurch zu. Auf die Kommunikationspolitik von Unternehmen kommen mit dem mobilen Internet ebenfalls neue Herausforderungen zu: Neben den neuen Möglichkeiten müssen die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und auf die Onlinestrategien analysiert werden (vgl. O.V. 2012c). Abb. 28: Mediennutzung der Deutschen (grau = Gesamtbevölkerung in %, schwarz = 14bis 29-Jährige in %) Quelle: Bitkom/ Aris 2012 Apps sind ein neuer Teilmarkt in der digitalen Ökonomie. Es sind Anwendungsprogramme für Smartphones und Tabletcomputer, aber auch für stationäre Geräte, die über einen Onlineshop bezogen und auf Endgeräte installiert werden. Im Kern handelt es sich um eine Plattform, die die Apps der Entwicklern annimmt, sie für den Nutzer bereitstellt und bei Umsätzen diese mit den Entwicklern abrechnet. Apps können kostenlos, werbefinanziert oder kostenpflichtig sein. Auf dem App-Markt zeigt sich aufgrund der Dominanz dreier Anbieter (Apple mit dem App Store, Google mit dem Android Market und Facebook mit Facebooks) eine Oligopolsituation. Bei Wettbewerbsproblemen sind <?page no="100"?> Internet 101 Regulierungsmaßnahmen zu erwarten, die ähnlich wie auf anderen Netzmärkten, einen diskriminierungsfreien Zugang sicherstellen sollen (vgl. Kaumanns/ Siegenheim 2012). Der Kampf um die Tagesschau-App Der Sachverhalt • Die ARD stellt seit Dezember 2010 eine Tagesschau-App kostenlos zur Verfügung. Darin sahen im Juni 2011 acht Zeitungsverlage eine Wettbewerbsverzerrung und reichten eine Unterlassungsklage gegen die ARD ein. • Nicht sendungsbezogene presseähnliche Angebote sind für ARD und ZDF unzulässig (§ 11d Abs. 2, Nr. 3 RStV). Damit „soll der Tendenz begegnet werden, dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen“ (Begründung zu Art. 1, Änderung des 12. Staatsvertrages, zu § 11d Abs. 2, Nr. 3). Die Positionen der Verleger • Die Tagesschau-App ist kostenlos und führt damit zu einer verbesserten Position gegenüber den kostenpflichtigen Apps der Verleger. • Die ARD soll den Bezug zur Fernsehsendung deutlicher machen und textdominante Beiträge reduzieren. Die Positionen der Beklagten • Die Tagesschau-App ist lediglich eine technische Weiterentwicklung des Internet Angebots von „Tagesschau.de“. • Die ARD ist dem Beitragszahler schuldig, in allen Medien präsent zu sein. • Die Angebote der ARD sind nicht presseähnlich. Durch die Bezugnahme auf „Zeitungen und Zeitschriften“ hat der Gesetzgeber zudem zum Ausdruck gebracht, dass für die Presseähnlichkeit nicht nur die Gestaltung oder der Inhalt eines einzelnen Beitrags entscheidend ist, sondern die Ähnlichkeit des Gesamtangebots. Keine Kompromissbereitschaft Eine zunächst verhandelte gemeinsame Erklärung wurde nicht fristgerecht unterzeichnet, so dass die oben angeführte Klage fortgesetzt wird. Quelle: Hanfeld 2012a, Gerlach 2011, Wellenreuther 2011 <?page no="101"?> Medienmarkt 102 2.4 Beziehungen zwischen den Medienmärkten Die obige Analyse der einzelnen Medienmärkte erfolgte getrennt nach dem jeweiligen Medium. Für die Analyse des Unternehmensumfeldes, insbesondere für die Entwicklung von Wettbewerbsstrategien ist es notwendig, die Frage nach dem relevanten Markt zu stellen. Dafür genügt es nicht, nur auf Unternehmen in der gleichen Mediengattung zu schauen. Der relevante Markt für einen Zeitungsverlag könnte der Markt für Tageszeitungen oder der für Printprodukte oder der für visuelle Medien sein. Ebenso wäre es denkbar, den Markt durch das Angebot von aktuellen Informationsangeboten zu charakterisieren. Gleiches gilt für Wettbewerbs- und Konzentrationsanalysen: Um Marktanteile zu berechnen, muss die Grundgesamtheit und damit der relevante Markt festgelegt werden. Die Abgrenzung des relevanten Marktes kann nach mehreren Ansätzen erfolgen (vgl. Backhaus 2009, S. 125 ff. sowie Wolf 2006, S. 29 ff.). Bei den meisten Konzepten ist die Existenz von Substitutionsbeziehungen zentral: Handelt es sich bei den Medienangeboten aus subjektiver Sicht der Nachfrager um vergleichbare Güter, sind sie für Wettbewerbspolitiker wie Wettbewerbsstrategen in die Marktanalyse einzubeziehen. Zwischen den Medien bestehen in diesem Fall Substitutionsbeziehungen. Die Güteraustauschbarkeit kann sich auf den Verwendungszweck (Information, Bildung, Unterhaltung) und/ oder auf die Eigenschaften des Mediums für die Nachfrager (z. B. vorselektiertes oder individuelles Angebot) beziehen. Grundsätzlich konkurrieren alle Medien um das zeitliche und finanzielle Budget der Rezipienten. Die „More and more“-Regel des Sozialpsychologen Lazarsfeld aus den vierziger Jahren gilt heute nicht mehr. Laut Lazarsfeld standen die Medien nicht im Verdrängungswettbewerb, sondern ergänzten sich. Je mehr eine Person ein Medium nutzt, umso mehr nutzt sie auch andere Medien. In die gleiche Richtung weist das Riepel’sche Gesetz, nach dem neue Medien die alten, bereits existierenden Medien nicht ersetzen werden. Auch hierzu bestehen Bedenken: Beim Aufkommen neuer Medien entstehen regelmäßig Befürchtungen bei den traditionellen Medienunternehmen, dass das neue Medium Nachfrage abzieht. Das war bei der Etablierung des Fernsehens bzw. bei der Zulassung privater Anbieter ebenso zu beobachten (vgl. Bender 1999, S. 9 ff.), wie zuletzt bei der Etablierung des Internets. Ob sich diese Bedenken bestätigen, ist mit den empirischen Ergebnissen zu analysieren. Eigenständige Medienteilmärkte entsprechend der klassischen Einteilung nach Tageszeitungen, Rundfunk und Internet zu untersuchen, macht dennoch <?page no="102"?> Beziehungen zwischen den Medienmärkten 103 Sinn: Von dem „Medienmarkt“ allgemein zu sprechen, wäre zu weit gegriffen und würde die Besonderheiten der einzelnen Medien und ihre Verwendungsschwerpunkte nicht ausreichend berücksichtigen (vgl. Sjurts 2005, S. 16). Untersucht man die Mediengattungen anhand ihrer Eigenschaften und Merkmale, lassen sich deutliche Unterschiede erkennen. Das zeigt bereits ein Vergleich anhand folgender Aspekte: technische Voraussetzungen, Individualität beim zeitlichen, örtlichen oder selektiven Konsum, Möglichkeiten zur Interaktivität, Verfügbarkeit/ Flüchtigkeit oder Kosten. Diese Kriterien sind Ausgangspunkt für eine Stärken-Schwächen-Analyse im intermedialen Vergleich. Vor diesem Hintergrund wird die eigene Spezifik der Medienteilmärkte erkennbar. Die Stärken-Schwächen-Analyse gibt Ansatzpunkte für die strategische Planung von Medienunternehmen, indem die Stärken weiter auszubauen sind. Wie mit den Schwächen zu verfahren ist, hängt vom Einzelfall ab: Sie können als Geschäftsfelder vernachlässigt werden, da sie im Vergleich mit anderen Medien nicht zu kompensieren sind, oder die Schwächen werden abgebaut. Ob die Medien in einer substitutiven oder komplementären Beziehung stehen, lässt sich am ehesten aus Nachfragersicht und deshalb mit Ergebnissen aus der Rezipientenforschung ersehen. Dafür wären etwa folgende Sachverhalte zu prüfen: Sind unterschiedliche Nutzungsschwerpunkte bei den einzelnen Mediengattungen erkennbar? Ist dies der Fall, sind die klassischen Medienteilmärkte eher voneinander unabhängig bzw. zueinander komplementär zu sehen, da sie unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen. Legt man die Ergebnisse der folgenden Abbildung zugrunde, erfüllt das Fernsehen in erster Linie ein Entspannungs- und Abschaltbedürfnis (Escapefunktion), während die Tageszeitung als eindeutiges Informationsmedium eingestuft wird. Vor dem Hintergrund dieser Präferenzskala konkurrieren Fernsehen und Tageszeitung im Hinblick auf die Nutzungsschwerpunkte am wenigsten. Die Internetnutzung hingegen ist in beiden Nutzungsmotiven annähernd gleich stark gewichtet und kann deshalb für die Tageszeitung im Hinblick auf das Informationsbedürfnis und für das Fernsehen in Bezug auf den Spaßfaktor als Konkurrenzmedium gesehen werden. Der Hörfunk ist am ehesten im Entspannungsbereich ein Wettbewerber für das Fernsehen, weniger jedoch für die Tageszeitung als Informationsmedium. Insgesamt werden die Tendenzen in der Mediennutzung aber „zu einer verstärkten funktionalen Konkurrenz und zu einem stärkeren Wettbewerb um das Zeitbudget der Bürger führen“ (Gerhards/ Klingler 2006, S. 89). <?page no="103"?> Medienmarkt 104 Abb. 29: Nutzungsmotive für die Medien im Direktvergleich (BRD, Personen ab 14 Jahren, trifft am meisten/ an zweiter Stelle zu, in Prozent) Fernsehen Hörfunk Tageszeitung Internet 2010 2005 2010 2005 2010 2005 2010 2005 Damit ich mitreden kann 71 75 41 45 50 56 38 24 Weil ich Denkanstöße bekomme 65 71 44 46 48 52 43 31 Weil ich mich informieren möchte 63 69 38 41 54 59 45 30 Weil ich dabei entspannen kann 85 88 67 77 22 21 26 13 Weil es mir Spaß macht 81 85 54 62 21 22 45 31 Weil ich damit den Alltag vergesse - 88 - 72 - 19 - 19 Weil es aus Gewohnheit dazugehört 75 78 59 67 36 40 30 14 Weil es mir hilft, mich zurechtzufinden - 66 - 51 - 55 - 27 Quelle: ARD/ ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation Bleibt der Medienkonsum insgesamt konstant und verteilt sich nur im Zeitablauf anders auf die einzelnen Mediengattungen? Ist dies der Fall, deutet das Ergebnis auf Substitutionseffekte hin. Abb. 30: Auswirkungen der Onlinenutzung auf die Nutzung anderer Medien (in Prozent) Jahr 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Aussage Sehe weniger Fern 25 31 30 29 31 29 Lese weniger Zeitung 22 25 26 25 23 23 Höre weniger Radio 17 23 20 21 20 22 Quelle: Van Eimeren/ Frees 2007, S. 377 Inwieweit Substitutionseffekte unter den Mediengattungen bestehen, lässt sich nicht eindeutig und endgültig beantworten. Auch für die werbetreibende Wirtschaft sind die einzelnen Mediengattungen oder Werbeträger als solche nicht beliebig austauschbar. Hier sind es die Belegungsmodalitäten, die Streuverluste im Hinblick auf die gewünschte Zielgruppe, die Verfügbarkeit, die Kosten, die <?page no="104"?> Beziehungen zwischen den Medienmärkten 105 Darstellungsmöglichkeiten, die Werbewirkung oder auch die gesetzlichen Restriktionen, die die Heterogenität der Werbeträger begründen. Parallel zur Rezipientenseite ist deshalb zu fragen: Bleiben die Marktanteile an den gesamten Werbegeldern stabil? Aus der folgenden Abbildung geht die begrenzte Substituierbarkeit der einzelnen Werbeträger hervor. Das zeigt die relative Stabilität der Anteile, wenngleich 2010 das Fernsehen erstmals die höchsten Marktanteile erreichte und damit die Tageszeitungen an der Spitze ablöste. Abb. 31: Monetäre Medienanteile am Werbemarkt (in Prozent, gerundet) Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Werbeträger Tageszeitungen 23 22 22 22 20 19 Fernsehen 20 20 20 20 20 21 Werbung per Post 17 16 16 16 17 16 Publikumszeitschriften 9 9 9 8 8 8 Anzeigenblätter 10 10 10 10 11 11 Verzeichnis-Medien 6 6 6 6 6 6 Fachzeitschriften 5 5 5 5 5 5 Außenwerbung 4 4 4 4 4 4 Hörfunk 3 3 3 4 4 4 Wochen-/ Sonntagszeit. 1 1 1 1 1 1 Filmtheater <1 <1 <1 <1 <1 <1 Online-Angebote 2 2 3 4 4 5 Zeitungssupplements <1 <1 <1 <1 <1 <1 Quelle: www.zaw.de sowie ZAW 2011, S. 19 Insgesamt lässt sich aufgrund der Betrachtungen folgern: Die verschiedenen Mediengattungen stehen zu einem Teil zueinander in Konkurrenz. Die intermediale Konkurrenz muss aber nicht insgesamt vorliegen. Einzelne Teilangebote können unterschiedlich betroffen sein. So erfreuen sich Rubrikmärkte im Internet immer größerer Beliebtheit. Die bequemere Onlinesuche und das breitere Angebot in diesem Bereich bedeuten aber noch nicht, dass auch das Bedürfnis nach seriöser tagesaktueller, politischer Information gleichfalls durch Internetangebote in den Augen der Nachfrager besser befriedigt wird. Die begrenzte Substituierbarkeit aufgrund der spezifischen Merkmale der jeweiligen Mediengattungen lässt es daher zu, einzelne Medienteilmärkte zu betrachten. <?page no="105"?> Medienmarkt 106 Die Zukunft der Fernsehbzw. Medienbranche • Konvergenz wird in der Zukunft selbstverständlich sein. Technische Probleme und Begrenzungen werden kaum existieren. Die Rezipienten werden zu jeder Zeit, an jedem Ort die gewünschten Endgeräte benutzen können. Konvergenz wird in der Verbindung von realem, lokalem und räumlich getrenntem Konsum an Bedeutung gewinnen. • Die Fragmentarisierung von Angebot und Nachfrage wird weiter voranschreiten und damit die Zahl spezialisierter Medienprodukte erhöhen. Im Extremfall ist das Individuum die kleinste mediale Einheit. • Medien-Endgeräte gewinnen als Lifestyle-Attribute weiter an Bedeutung. • Die audiovisuelle Medienlandschaft wird von einer Vielzahl nebeneinander bestehender Angebote geprägt. • Die Erlösmodelle werden in der Zukunft keine grundsätzlichen Veränderungen erfahren. Lediglich die Kombination der Elemente wird sich verändern. • Entsprechend der Konvergenz der Medienangebote wird sich auch eine Konvergenz innerhalb der Regulierung zeigen. Das Postulat der Meinungsvielfalt und der Schutz der Rezipienten werden dabei aber nach wie vor das wichtigste Prinzip darstellen. • Die Zukunft der etablierten, klassischen Medien wird in der Servicefunktion liegen, Rezipienten auf Themen und Entwicklungen aufmerksam zu machen (Scoutfunktion) Quelle: Schlusswort der Herausgeber, in: Kaumanns/ Siegenheim/ Sjurts (Hrsg.) sowie Schneller 2011 2.5 Klassische Medien und Internet 2.5.1 Möglichkeiten des Internet-Engagements für klassische Medien Fernsehen und Tageszeitung können das Medium Internet auf vielfältige Weise für sich nutzen. Die Möglichkeiten, differenziert nach den angebotenen Inhalten, zeigt die folgende Abbildung. Dabei reichen diese von der reinen Präsentation des Unternehmens und seiner Produkte bis hin zu eigenständigen Parallelprodukten, die vom Kernprodukt weitgehend unabhängig sind. <?page no="106"?> Klassische Medien und Internet 107 Als Kommunikationsbzw. Marketinginstrument wurde das Internet von den Medienunternehmen in den Anfangszeiten der Onlineaktivitäten benutzt, indem lediglich Informationen über die Produkte und das Unternehmen präsentiert wurden. Auf diese Weise wird das Internet zwar immer noch eingesetzt, jedoch werden zunehmend redaktionelle und andere Produkte sowie Dienstleistungen über das Internet vermarktet. Es lässt sich dabei oftmals schwer trennen, inwieweit die Internetauftritte der Medienunternehmen auf den Marketing- oder den Commerce-Effekt abzielen bzw. defensiv oder offensiv im Hinblick auf das Konkurrenzmedium Internet motiviert sind (vgl. Fantapie Altobelli 2002, S. 12 ff.). Virtuelle Communities zur Kundenbindung und die interaktiven Möglichkeiten für das Direktmarketing sind Kommunikationsmöglichkeiten, die sich erst in diesem Ausmaß mit dem Internet realisieren lassen. Abb. 32: Möglichkeiten des Internet-Engagements für die klassischen Medien Differenzierung nach Inhalten Weiterverkauf von redaktionell aufbereiteten Inhalten an Dritte zwecks Bereicherung von deren Internetauftritten (Content Syndication) Zusätzlicher Vertriebskanal des unveränderten Produktes (Streaming bzw. E-Paper) Internetpräsentation als Kommunikationsinstrument (Infos über Unternehmen und Produkte) Ergänzung um das Kernprodukt (Komplementärprodukt bzw. Versioning) Eigenständiges Parallelprodukt, das vom Kernprodukt weit gehend unabhängig ist Quelle: eigene Darstellung <?page no="107"?> Medienmarkt 108 Der zusätzliche Vertriebsweg über das Internet transportiert die Medienmarken in das neue Medium. Zu Beginn des Internetbooms gingen viele Medienunternehmen mit einer 1: 1-Wiedergabe online. Diese Angebote wurden jedoch allmählich aufgegeben, da erst mit einer veränderten Präsentation oder mit einer veränderten Zusammenstellung die Vorzüge des Online-Mediums genutzt werden können. Eine weitere Form des Vertriebs von Fernsehbeiträgen über das Internet können in Zukunft auch Plattformen im Web 2.0 bieten, so z. B. die geplante Plattform „Joost“, die erste Fernseh-Community. Hier geht die Aktivität zwar nicht von den Fernsehveranstaltern aus, aber die Fernsehbeiträge sind Gegenstand der Kommunikation zwischen den Community-Mitgliedern. Es können bspw. Filme aus dem Fernsehen bewertet, ausgetauscht oder gemeinsam gesehen werden. Den Fernsehveranstaltern werden solche Plattformen hauptsächlich Vorteile bieten und den Plattformenbetreibern Einnahmen durch Werbung ermöglichen. Den Kabelnetzbetreibern hingegen entsteht zusätzliche Konkurrenz (vgl. Schmidt 2007). Die Ergänzung des Kernproduktes kann z. B. durch eine bessere Aufbereitung, einen bequemeren Suchmodus, weiter führende Informationen, Archivnutzung, Shoppingangebote oder durch die Einrichtung von Communities und Expertenrunden erreicht werden. Insgesamt wird ein redaktioneller Mehrwert bzw. Zusatznutzen rund um das Kernprodukt geschaffen. Eigenständige Parallelprodukte sind von den Kernprodukten der Verlage und Rundfunkveranstalter losgelöst. Hier werden neue, web-exklusive journalistische Produkte oder außerhalb des redaktionellen Bereiches liegende digitale Entertainmentprodukte angeboten, wie Web-TV, Video on Demand, Musik, Online-Spiele und E-Commerce-Plattformen. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass die Kosten dieser Vorgehensweise höher liegen als bei den anderen Strategien. Inhaltlich bieten sich lokale/ regionale Schwerpunktsetzungen oder andere Special-Interest-Angebote an. Die Medienunternehmen erschließen mit einer derartigen Strategie neue Geschäftsfelder, die allerdings auch höhere Risiken bergen. So haben sich Medienunternehmen bspw. im Bereich der sozialen Netzwerke engagiert, die einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt, aber auch durch eine schnelle Verbreitung und Nutzung geprägt sind (Burda bei Xing, Holtzbrinck bei VZ-Netzwerken, RTL bei wer-kennt-wen, ProSiebenSat.1 bei Lokalisten; vgl. KEK 2011, S. 81.) Aus defensiv begründeten Internetaktivitäten kann so im journalistischen Bereich eine „Qualitätsoffensive“ auf hohem Niveau in neue Bereiche vordringen (Wolff 2002, S. 111). Dies gilt umso stärker, je mehr branchenfremde Content- <?page no="108"?> Klassische Medien und Internet 109 anbieter im Internet journalistisch aktiv sind. Dann können Medienunternehmen aufgrund der im Stammgeschäft erworbenen Erfahrungen, Wettbewerbsvorteile realisieren. 2.5.2 Vor- und Nachteile des Online-Engagements Das Internet-Engagement von Fernsehunternehmen und Tageszeitungsverlagen lässt sich durch folgende Zielsetzungen und Effekte begründen: • Neue Nachfrager können hinzugewonnen werden. Das gilt sowohl für den Onlinebereich als auch für das Kerngeschäft. Gerade Medienunternehmen, die eine relativ alte Nachfragergruppe im traditionellen Bereich bedienen, können über das Internet die Aufmerksamkeit und das Interesse jüngerer potenzieller Nachfrager gewinnen (vgl. Malik 2011, S. 13). Mit der immer intensiveren Internetnutzung steigt auch die Erwartungshaltung der Zuschauer und Leser im Hinblick auf multimediale Präsentationen im Internet. • Die Kundenbindung bei den vorhandenen Kunden wird gestärkt und es werden weitere Kundendaten generiert (vgl. Breunig 2003, S. 386). Bei räumlichen Veränderungen von Lesern und Zuschauern wird die Kundenbindung durch die weltweite Verfügbarkeit nicht unterbrochen. Gerade bei Auslandsaufenthalten kann sich die Bindung an das Medium durch den Konsum von Heimatnachrichten erhöhen. • Produktdifferenzierung und Zweitverwertung (Windowing und Versioning) werden durch Internetaktivitäten möglich. • Die Markenbekanntheit kann genutzt werden. Sie besitzt insbesondere bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern einen wichtigen Stellenwert. Auf diese Weise erlangen die klassischen Medien zumindest im Informationsbereich Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig steigt die Markenbekanntheit. Hinzu kommt oft ein Imagegewinn, da das im Internet aktive Unternehmen als fortschrittlich beurteilt wird. • Den Eintritt in Wachstumsmärkte und das aktive Begegnen von Substitutionskonkurrenz sehen viele traditionelle Medienunternehmen als Zielsetzung und Chance bei ihren Internetaktivitäten. Das zeigt das Engagement der Zeitungsverlage bei den Rubrikanzeigen für Autos, Immobilien und Stellen im Internet. Es wird auch daran ersichtlich, dass Fernsehunternehmen von dem Aufschwung der Communities im Web 2.0 profitieren und gleichzeitig auch Cross-Media-Effekte realisieren wollen. Ein Beispiel hierfür ist die Videogemeinschaft MyVideo, <?page no="109"?> Medienmarkt 110 die zu dem Fernsehsender ProSiebenSat.1 gehört und von der Verbindung zu TV-Sendungen wie „You can Dance“ oder „Popstars“ profitierte. RTL hat mit der Videogemeinschaft Clipfish Ähnliches vor. • Speziell für Fernsehveranstalter besteht mit dem Internet die Möglichkeit, die Flüchtigkeit ihres Kernproduktes aufzufangen. Für Zeitungsverlage erhöht sich hingegen deutlich die Aktualität. • Die Möglichkeiten im Internet initiieren Kooperationen zwischen verschiedenen Medienunternehmen auch aus unterschiedlichen Mediensektoren und führen zu neuen Produkten. Den möglichen Vorteilen sind die denkbaren Nachteile eines Internet- Engagements gegenüberzustellen: • Die Vergangenheit zeigte, dass es sich teilweise um unrealistische oder fehlende Einschätzungen der Erfolgsaussichten bei den Internetaktivitäten handelte. Darüber hinaus kam es oft zu Ertragsschwierigkeiten, da die Zahlungsbereitschaft der Nutzer insbesondere für Informationen im Internet nicht sehr hoch war. • Die alleinige 1: 1-Übernahme von Sendungen/ Artikeln ins Internet wird dem Medium nicht gerecht. Unzureichendes Know-how und unprofessionelle Internetauftritte wirken Image schädigend. • Es entstehen zusätzliche Kosten durch eigene Onlineredaktionen bzw. durch Unternehmensbeteiligungen oder -käufe. Es wird allzu schnell vergessen, dass die Kernprodukte eine entsprechende Umarbeitung notwendig machen, die Kosten verursacht. • Je ähnlicher sich die Offline- und Onlineprodukte sind, desto größer ist die Gefahr der Kannibalisierung. • Redaktionelle Inhalte drohen durch Content Syndication zum Lockvogel/ Umsatzbringer für Produkte aus dem Nicht-Medien-Bereich zu verkommen. Hierdurch besteht die Gefahr eines Imageschadens bzw. der Verlust der Unabhängigkeit. Dieses Argument zählt umso mehr, je unklarer die Trennung von kommerziellen Inhalten und redaktionellen Angeboten für den Nutzer wird, wenn Medienunternehmen mit branchenfremden Unternehmen im Internet kooperieren. • Für Medienunternehmen besteht die Gefahr der Verzettelung: Zu viele verschiedene Produkte auf unterschiedlichen Märkten erhöhen die Transaktionskosten und entfernen durch die gestiegene Komplexität die Unternehmensführung immer stärker von der Basis. Sie führen zu immer weniger Detailwissen für die unterschiedlichen Geschäftsberei- <?page no="110"?> Klassische Medien und Internet 111 che, wodurch sich das Risiko von Fehlentscheidungen erhöht (vgl. Beyer/ Beck 2004). • Durch die Präsenz der Medienunternehmen mit ihren Produkten im Internet und die einfachen Kopiermöglichkeiten kommt es zu einem Anstieg der Urheberrechtsverletzungen. • Die journalistische Qualität durch fachfremde Akteure ist nicht immer gewährleistet und kann sich bei undifferenziertem Nutzen auf den Journalismus insgesamt übertragen. Allerdings kann diese Situation umgekehrt zu einem positiven Effekt für die klassischen etablierten Medien und ihre journalistischen Produkte führen. 2.5.3 Problematik des öffentlich-rechtlichen Online-Engagements Für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter stellt sich die Frage, wie weit sie ihre Onlineaktivitäten ausbauen können. Erlaubt sind den öffentlich-rechtlichen Anbietern vorwiegend programmbezogene Inhalte. Nicht erlaubt sind presseähnliche Angebote ohne Sendungsbezug, gekaufte Spielfilme, Anzeigenportale, Partnerbörsen, Ratgeberportale oder Routenplaner (Negativliste). Die Internetangebote müssen frei von Werbung und Sponsoring sein. Die Notwendigkeit für das öffentlich-rechtliche Online-Engagement ergibt sich aus Veranstaltersicht daraus, dass sie mit den Veränderungen in der Medienlandschaft Schritt halten können und sollen. Die Kritik am öffentlich-rechtlichen Online-Angebot entzündete sich immer wieder an mehreren Aspekten: Was ist programmbegleitend? Existiert eine Notwendigkeit für eine Grundversorgung im Netz? Kommt es durch das gebührenfinanzierte Angebot zu einer Wettbewerbsverzerrung zu lasten nichtöffentlich-rechtlicher Anbieter (insbesondere Zeitungsverleger und private Rundfunkveranstalter)? (Vgl. Verband Deutscher Zeitschriftenverleger 2009c, Dewenter/ Haucap 2009 und Hanfeld 2008) Die Grenzen öffentlich-rechtlicher Aktivitäten im Internet wurden deshalb im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag konkretisiert. Diese Regelungen sind letztlich auch ein Resultat der Beschwerden bei der EU und dem daraufhin eingeleiteten EU-Prüfverfahren wegen unerlaubter staatlicher Beihilfen aufgrund der Gebührenfinanzierung. <?page no="111"?> Medienmarkt 112 Der „Drei-Stufen-Test“ Online-Angebote von öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern können nach dem RStV nur eine begrenzte Zeit (sieben Tage) angeboten werden. Archive mit „zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten“ können unbegrenzt online gestellt werden. Für eine längere Verweildauer oder für neue Inhalte muss das Angebot den sogenannten „Drei-Stufen-Test“ bestehen (§ 11 f. RStV): 1. Stufe: Prüfung, ob das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht. 2. Stufe: Prüfung, welchen publizistischen Nutzen das Angebot unter Berücksichtigung der damit verbundenen Veränderungen des Angebotes an derer Anbieter (aktuelle oder potenzielle) stiftet. 3. Stufe: Prüfung des finanziellen Aufwandes. Hier wird beurteilt, inwieweit der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem öffentlichen Nutzen, d.h. zu dem publizistischen Mehrwert steht. Die Prüfung wird vom Rundfunkrat/ Fernsehrat unter Hinzuziehung von Gutachten unabhängiger Experten vorgenommen. Die abschließende Prüfung und Bekanntmachung erfolgt durch die jeweilige Landesregierung. Die Probleme bei der Durchführung des „Drei-Stufen-Tests“ liegen vor allem in der Konkretisierung mehrerer Aspekte: Dazu gehören insbesondere die Marktabgrenzung um die frei zugänglichen Angebote bestimmen zu können, die in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. Des Weiteren ist der publizistische Nutzen und die Qualität von Fernsehprogramm-Bestandteilen schon immer recht schwierig zu fassen, muss aber in dem Verfahren konkretisiert und beurteilt werden. Das Gleiche gilt auch für das Abwägen von publizistischen Nutzen und erforderlichen Kosten. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Staatsferne der Räte. Abgesehen von der Schwierigkeit der Prüfung im „Drei-StufenTest“ wird wiederum kritisiert, dass mit dem Herausnehmen von Inhalten aus dem Netz nach sieben Tagen („Depublizieren“) bzw. das Nicht-Bestehen im „Drei-Stufen- Test“ Inhalte nicht mehr zugänglich sind, die jedoch vorhanden und nutzenstiftend sein könnten. Hier wird ein Zielkonflikt zwischen wettbewerbspolitischen, gesellschaftspolitischen und betriebswirtschaftlichen Zielen sichtbar. Quelle: Kops/ Sokoll/ Bensinger 2009, o.V. 2009, Hanfeld 2010 <?page no="112"?> Klassische Medien und Internet 113 2.5.4 Bedrohung klassischer Medien durch Neue Medien? Beim Aufkommen neuer Medien wird immer wieder die Frage gestellt, inwieweit die klassischen Medien dadurch im Sinne eines Substitutionsproduktes gefährdet seien bzw. welche Anpassungsveränderungen die Neuen Medien bei den klassischen Medien initiieren. Hierzu einige Aspekte: Auf dem Werbemarkt ist das Anzeigengeschäft bereits teilweise zu den Neuen Medien abgewandert. Diese Gefahr besteht für den größten Teil der Rubrikanzeigen der Zeitungen, da diese von den Nutzern und von den Werbetreibenden im Internet besser gehandhabt werden können. Online-Rubrikenanzeigen lassen sich einfacher durchsuchen und aktualisieren, es können mehr Informationen untergebracht werden und die Anzeigen können länger geschaltet bleiben. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager können per E-Mail antworten oder weitere Informationen anfordern. Die klassischen Medien haben darauf reagiert und sind mit ihren Anzeigen ebenfalls im Internet vertreten, z. B. die FAZ mit ihrem Internet-Stellenmarkt Fazjob.net. In den meisten Fällen geschieht dies durch Kooperation verschiedener Zeitungsverlage (vgl. z. B. die Rubrikanzeigenholding ISA von Holtzbrinck, Ippen sowie der WAZ-Gruppe oder die Zusammenarbeit von regionalen Verlagen wie beim Anzeigenpool Rheinmainclick). Darüber hinaus nutzen sie die Möglichkeiten zu kombinierten Werbepreisen für die alten und neuen Werbeträger. Zur Zukunft der gedruckten Rubrikanzeigenmärkte existieren sowohl Verdrängungsals auch Ergänzungstheorien (vgl. Birtel 2005, S. 159). Auch dürften vor allem die Akteure im Bereich des Direktmarketings die Konkurrenz auf dem Werbemarkt spüren, da sich das Internet für Direktmarketing bestens eignet. Auch zwischen Internetunternehmen herrscht in diesem Segment intensiver Wettbewerb. Beispiel eBay: Seit 2004 ist der Internetmarktplatz in das Geschäft mit Immobilienkleinanzeigen eingestiegen. Damit tritt eBay in direkte Konkurrenz zu Immobilienscout24 (T-Online), Immowelt (WAZ, Holtzbrinck und Ippen) und Immonet (Springer Verlag und Ring deutscher Makler). Das Internet als Werbeträger kann aber auch insgesamt zu einer ernsten Konkurrenz für die traditionellen Medien werden. Vor allem die Fernsehwerbung kann darunter leiden und Werbekunden an das Internet verlieren (vgl. O. V. 2006c, S. 21). <?page no="113"?> Medienmarkt 114 Abb. 33: Chancen/ Risiken unterschiedlicher Anzeigentypen durch neue Medien Immobilienanzeigen Kraftfahrzeuganzeigen Stellenanzeigen Familienanzeigen Charakteristik tendenziell aktive, gezielte Rezeption, Suche nach spezifizierten Anzeigen eher ungezielte Rezeption, keine Suche nach spezifizierten Anzeigen, sondern Querlesen nach ex ante unbekannten Neuigkeiten. Transparenz und Interaktivität ++ ++ ++ 0 qualitative und quantitative Kapazität ++ ++ 0 +/ 0 Verfügbarkeit und Verschlüsselung 0/ + 0/ + + 0 Kostenvorteile + + + + Nutzennachteil durch Endgeräte 0 0 0 - Netto- Nutzenvorteil ++ ++ + - Quelle: Hass/ Picot 2003, S. 55 Auf dem Beschaffungsmarkt bekommen die klassischen Medien Konkurrenz, da der Produktionsfaktor „Content“ schon seit längerem Engpassfaktor für differenzierte Angebote ist. Aus diesem Grund ist mit Preissteigerungen zu rechnen sowie mit einer weiter steigenden strategischen Bedeutung dieses Produktionsfaktors. Das gilt vor allem im Unterhaltungsbereich. Auch Internetportale medienfremder Anbieter können bspw. durch Rechtekauf die Attraktivität ihrer Angebote erhöhen, so z. B. durch Internetrechte an der Fußball-Bundesliga. Die Stärken des Internets aus Nutzersicht beruhen auf mehreren Aspekten: • In Abhängigkeit der Zielgenauigkeit des Informationsbedarfs sind die Onlineabrufdienste im Vorteil, je genauer und spezifischer dieses Bedürfnis konkretisiert ist. Je ungenauer der Informationswunsch, umso eher kommt der Nachfrager zu den klassischen Medien, die für ihn eine Vorselektion vorgenommen haben (vgl. Mast 1999, S. 280 f.). <?page no="114"?> Klassische Medien und Internet 115 • Bezüglich der Aktualität sind die elektronischen Medien den Printmedien überlegen, innerhalb der elektronischen Medien wiederum ist das Internet dem Fernsehen voraus. Das hängt davon ab, inwieweit das Internet noch stärker in den privaten Nutzungsbereich hineinwächst und welche Bedeutung der Faktor Aktualität erlangt. • Ebenso wie bei den Rubrikanzeigen kann auch der redaktionelle Bereich im Internet einen Mehrwert im Vergleich zu den klassischen Medien anbieten. Das beruht auf der Individualität, den interaktiven Möglichkeiten und den bequemen Suchfunktionen bzw. der Multimedialität (vgl. Mast 1999, S. 277). • Gemessen am Informationsvolumen ist das Internet nicht zu überbieten. Allerdings kann sich dieser Wettbewerbsvorteil durch die Vielzahl von Informationen bzw. durch unzureichende Suchmechanismen in einen Nachteil verwandeln (vgl. Mast 1999, S. 278). Dadurch könnte wiederum die „Vorselektion“ der traditionellen Medien zu einer neuen Bedeutung im Sinne einer Service- und Orientierungsfunktion werden. Die Schwächen des Internets aus Nutzersicht beruhen vor allem auf den notwendigen technischen Kenntnissen und Voraussetzungen. Darüber hinaus ist der Nutzer durch das Informationsangebot gezwungen, selbst sein Informationsbedürfnis zu konkretisieren und zu strukturieren, auch wenn ihm dabei Portale, Suchmaschinen und letztlich wiederum die Angebote von Medien im Internet zur Verfügung stehen. Zusätzlich muss er sich über Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität der Quelle eine Meinung bilden. Insgesamt wird deshalb von dem Rezipienten mehr Aktivität und Medienkompetenz gefordert. Das Zusammentreffen der Medien im Internet führt zu neuen Wettbewerbsstrukturen: „Print- und Fernsehunternehmen sind dort Konkurrenten. Dadurch kommt es zu einer Auflockerung der Marktstrukturen bei redaktionell gestalteten Online-Inhalten“ (Landesmedienanstalten 2003, S. 347). Das Internet kann in Zukunft die Medienbereiche zusammenführen, wenn es sich die Rolle als Verteilplattform für die verschiedenen Medienangebote erobert. Das bedeutet, dass die klassischen Medien weniger die neuen Medien, sondern das dadurch initiierte Mediennutzungsverhalten der Rezipienten in ihren Plänen berücksichtigen müssen. Deshalb kommt es aber auch immer mehr darauf an, sich mit den eigenen Stärken deutlich und abgegrenzt zum Angebot der anderen Medien in allen Medienbereichen zu positionieren. Auf diese Weise lässt sich die Kundenbindung und das erreichte Markenimage verfestigen. <?page no="115"?> Medienmarkt 116 Abb. 34: Internet und klassische Medien: Gemeinsamkeiten und Unterschiede Klassische Medien Internet Massenkommunikation Individual- und Massenkommunikation gleichzeitig einseitige Kommunikationsrichtung mehrseitige Kommunikation geringe Interaktionsmöglichkeiten: Publikumsreaktionen durch zeitlich und räumlich versetzte Abfrageinstrumente, dadurch wenig direkte Nähe hohe Interaktionsstufe durch direkte Abfrageinstrumente, dadurch große Publikumsbzw. Usernähe Der Konsument ist eher passiv, die Selektion ist durch das Medienunternehmen erfolgt aktives Verhalten des Publikums und damit auch die Selektion durch den User ist Voraussetzung Verfügbarkeit nur bei Tageszeitung kontinuierlich; bei Rundfunk i. d. R. einmalige Verfügbarkeit kontinuierliche Verfügbarkeit technische Voraussetzungen relativ gering bzw. bei Tageszeitung keine technische Voraussetzungen, Kenntnisse und Fähigkeiten relativ hoch relativ generalisierendes Angebot mit Ausnahme von z. B. Spartensendern Onlineangebot im Einzelnen sehr spezialisiert und individualisiert Quelle: eigene Darstellung <?page no="116"?> Übungsfragen 117 Übungsfragen 1. Bis 1981 gab es nur die öffentlich-rechtlichen Anbieter ARD und ZDF auf dem Fernsehmarkt. Mittlerweile konkurriert eine Vielzahl privater Anbieter auf diesem Markt. a. Nehmen Sie Stellung zu folgender Aussage, indem Sie die angesprochenen Unterschiede konkretisieren und beurteilen bzw. begründen: „Bei der Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern handelt es sich um einen ungleichen Wettbewerb zwischen ungleichen Wettbewerbern um nicht vergleichbare Ziele“ (ehem. Intendant des ZDF, Dieter Stolte). b. Durch die Konkurrenz hat sich der Marktanteil von ARD und ZDF reduziert. Welche Auswirkungen hat dies auf die Kosten der Anstalten? 2. Zeigen und begründen Sie, welche Bedeutung Sach- und Formalziele im öffentlich-rechtlichen und im privaten Fernsehbereich haben. 3. Die neuen Distributionsmöglichkeiten für Filme (DSL und IPTV) führen vermehrt zu Video-on-Demand-Angeboten bzw. zu Pay-TV. Stellen Sie Voraussetzungen, Vorteile und Probleme aus Anbieter- und Nachfragersicht dar. 4. Diskutieren Sie, inwieweit öffentlich-rechtliche Tageszeitungen notwendig bzw. warum sie überflüssig wären. 5. Der Verlag „Print“ produziert eine regionale Tageszeitung. Auch in diesem Verlag zeichnet sich seit dem Jahr 2000 immer deutlicher eine negative Entwicklung bei den Auflagen und den Werbeeinnahmen ab. a. Stellen Sie die Ursachen für die schlechte Entwicklung auf den Zeitungsmärkten dar. b. Nehmen Sie Stellung zu den Plänen des Verlages, eine Online- Stellenbörse einzurichten. 6. Die Frankfurter Rundschau hat Ende Mai 2007 ihre Zeitung auf das Tabloid-Format umgestellt. a. Diskutieren Sie die damit verbundenen Möglichkeiten und Gefahren. b. Zeigen Sie weitere Möglichkeiten im redaktionellen Bereich, mit denen die Frankfurter Rundschau ihre Position auf dem Markt verbessern könnte. c. Zeigen Sie weitere Möglichkeiten, die nicht den redaktionellen Bereich tangieren, die aber ebenfalls geeignet sind, neue Kundengruppen zu erschließen und alte Kundengruppen weiter an den Verlag zu binden. <?page no="117"?> Medienmarkt 118 7. Beurteilen Sie, ausgehend von der Wertschöpfungskette bei Tageszeitungsproduktionen, die Möglichkeiten, Chancen und Risiken von Outsourcing sowie der vertikalen Integration aus der Sicht eines Zeitungsverlages. 8. Podcasts sind ein weiteres Kommunikationsinstrument im Zusammenhang mit den neuen Medien. a. Skizzieren Sie die spezifischen Stärken von Podcast-Angeboten. b. Entwickeln Sie einen Themenkatalog für ein mögliches Podcast- Angebot eines Theaters und zeigen Sie hier nochmals am Beispiel die denkbaren Wirkungen für das Theaterunternehmen. 9. Zeigen Sie, ob es sich bei der Internetökonomie um neue Regeln handelt, nach denen die „New Economy“ funktioniert oder ob es sich lediglich um neue Rahmenbedingungen handelt. 10. Vergleichen Sie Fernsehen, Internet und Tageszeitung in ihrer Funktion als Werbeträger. 11. Erörtern Sie die typischen Stärken von Tageszeitung, Fernsehen und Internet am Beispiel der Thematik „Fußball WM in Deutschland 2006“. 12. Zeigen Sie die Unterschiede in der Preiselastizität der Nachfrage zwischen Pay-TV und werbefinanziertem Fernsehen. 13. Viele Medienunternehmen zielen auf eine Mehrfachverwertung ihrer Inhalte durch Publikation in den jeweils anderen Medienbereichen ab. Begründen Sie dieses Bestreben durch die dabei denkbaren positiven Effekte. Verweisen Sie aber auch auf die dabei auftretenden Schwierigkeiten. 14. Zeigen Sie, weshalb das Internet viele Nischenmärkte und bereits vorhandene Geschäftsmodelle zu attraktiven Geschäftsfeldern werden lässt. <?page no="118"?> 119 3 Wettbewerb und Konzentration 3.1 Ökonomischer und publizistischer Wettbewerb Entsprechend den beiden unterschiedlichen Ebenen in Medienunternehmen, der ökonomischen und der publizistischen Ebene, sind bei der Wettbewerbs- und Konzentrationsanalyse beide Aspekte zu trennen. Bei ökonomischem Wettbewerb handelt es sich um „das Rivalisieren von Marktteilnehmern um Geschäftsabschlüsse (d. h. Marktanteile) - und damit für die Tauschpartner um Auswahlmöglichkeiten unter mehreren Alternativen“ (Bartling 1980, S. 10). Inwieweit die wettbewerbliche Marktsteuerung funktioniert, ist neben der Voraussetzung einer ordnungspolitischen Rahmensetzung entscheidend von der Marktstruktur abhängig. Zur Beschreibung der Marktstruktur dienen u. a. die Kriterien Zahl und Größenverteilung (Marktanteile, Umsatz, Absatz) der Anbieter (vgl. Zohlnhöfer 1989, S. 42). Je konzentrierter ein Markt ist, umso stärker sind die Funktionen des Preis- und Wettbewerbsmechanismus gefährdet. Bei publizistischem Wettbewerb geht es um die unterschiedliche redaktionelle Auswahl, Akzentuierung und Aufbereitung von Inhalten. Zur Beschreibung werden publizistische Kategorien wie Ausgewogenheit, Vielfalt, Aktualität oder Relevanz herangezogen. Diese Aspekte sind auch bei der Frage nach der journalistischen Qualität relevant (vgl. Wyss 2002). Das für die öffentliche Aufgabe von Medienunternehmen wichtige Kriterium der Meinungsvielfalt kann letztlich nur durch eine Inhaltsanalyse erfasst werden, was allein vom Umfang her nicht realisierbar erscheint. Zur Beurteilung der Meinungsvielfalt auf den einzelnen Medienmärkten sind deshalb Hilfskriterien notwendig. Die Beziehungen zwischen publizistischem und ökonomischem Wettbewerb sind nicht eindeutig: Voraussetzung für eine dauerhafte publizistische Konkurrenz ist die Sicherung des Unternehmens und damit der wirtschaftlichen Rentabilität. Diese wiederum wird von der Nachfrage nach dem Produkt bestimmt, die wiederum von der Akzeptanz und dem Nutzen der publizistischen Leistung abhängt. „Der publizistische Erfolg entscheidet letztlich über den wirtschaftlichen Erfolg“ (Bender 1999, S. 79). Gleichzeitig gilt aber auch, dass der ökonomische Erfolg zentrale Voraussetzung für den publizistischen ist. Unter- <?page no="119"?> Wettbewerb und Konzentration 120 schiedliche Ergebnisse dieser Diskussion resultieren aus der Frage nach Ursache und Wirkung. Publizistischer Wettbewerb kann nur entstehen, wenn überlebensfähige Unternehmen existieren (vgl. Czygan/ Kallfaß 2003, S. 297). Wenn diese Schlussfolgerungen sich durch die Verbindung der beiden Bereiche aufdrängen, gilt aber dennoch nicht für alle Fälle, dass Erfolge im publizistischen Wettbewerb auch zu Erfolgen im ökonomischen Wettbewerb führen bzw. dass ökonomisch erfolgreiche Unternehmen nicht zwingend auch publizistisch erfolgreiche Unternehmen sind: Publizistisch solide Produkte sind nicht immer erfolgreich zu vermarkten bzw. publizistisch weniger gelungene oder weniger „gute“ Produkte können am Markt erfolgreich positioniert werden und dem Medienunternehmen zu ökonomischem Erfolg verhelfen. Die Interdependenz zwischen ökonomischem und publizistischem Wettbewerb ist dahingehend zu prüfen, inwieweit beide Bereiche zueinander in einer harmonischen Zielbeziehung stehen, d. h. inwieweit ökonomische Vielfalt publizistische Vielfalt bedingt und umgekehrt: • Eine Vielzahl von Anbietern führt grundsätzlich zu einer Vielzahl von Meinungen. Diese Kernthese belegt die Bedeutung der Marktstruktur, des offenen Marktzugangs und der Problematik von Monopolisierungstendenzen. Wenn es bei einer Vielzahl von Anbietern nicht zu einer befriedigenden Meinungsvielfalt kommt, liegen Marktversagen oder meritorische Zielsetzungen vor und es sind spezifische Markteingriffe notwendig. • Redaktionelle Kooperationen sind oft ein Mittel zur Aufrechterhaltung der einzelnen Betriebe, also der ökonomischen Vielfalt. Sie reduzieren aber die publizistische Vielfalt und stehen im Widerspruch zur obigen Kernthese. Diese Betrachtung verdeutlicht die Abwägungsproblematik zwischen ökonomischen und publizistischen Kriterien. • Ökonomische Konzentration durch Zusammenlegung von Medienbetrieben reduziert die ökonomische Vielfalt, und es ist zu erwarten, dass auch die publizistische Vielfalt leidet. Die Pluralität der Meinungen bleibt nur dann erhalten, wenn die Selbstständigkeit der Redaktionen fortbesteht. Diese Konstellation hängt von der unternehmerischen Strategie mit Blick auf die Nachfrager und deren Präferenzen ab: Existieren verschiedene Zielmärkte und sind sie durch Realisierung von Größenvorteilen auch rentabel, wird ein Unternehmen sie im Rahmen einer differenzierten Marktbearbeitung auch bedienen (vgl. Greiffenberg/ Zohlnhöfer 1984, S. 588). Darüber hinaus sind größere Zei- <?page no="120"?> Ökonomischer und publizistischer Wettbewerb 121 tungsverlage eher in der Lage, in ihre publizistische Qualität zu investieren (Maschinen, Personal). Der Grund dafür findet sich in den Größenvorteilen, die eine Produktion rentabler werden lassen. • Publizistische Konzentration kann sich aber auch dann ergeben, wenn keine ökonomische Konzentration vorliegt. Dies tritt dann ein, wenn der Markt groß genug ist, dass durch eine Duplizierung erfolgreicher Formate oder Inhalte, die einzelnen Anbieter rentabel durch Überschreiten der kritischen Zuschauermenge arbeiten können. Dies entspricht im Ergebnis auch den Modellen zu Television Economics: „Unter dem Regime von Wettbewerb besteht eine Tendenz zur Verdoppelung der Programme, unter dem Regime des Monopols eher eine Tendenz zu einem vielfältigen Angebot“ (Heinrich 2005, S. 332). Die Meinungsvielfalt wird in diesem Falle also nicht von der Vielzahl der Anbieter erzeugt. Allerdings ist das eher ein theoretisches Argument, da nicht von einer solch konzentrierten Homogenität der Rezipienten ausgegangen werden kann. Darüber hinaus hängt es von der Ausnutzung des Marktpotenzials und der internen Kostenstruktur der Anbieter ab, wann ein von den Wettbewerbern differenziertes Angebot im Vergleich zur Kopie der am Markt befindlichen Angebote lohnt. Vorliegende Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Wettbewerbs- und Monopolsituationen im Hinblick auf die publizistische Leistung bei Tageszeitungen kommen teilweise zu widersprüchlichen Ergebnissen (vgl. Zusammenstellung der Untersuchungen bei Möhring/ Schneider 2006 S. 16 f.). • Monopolzeitungen wird ein geringes Qualitätsniveau, in anderen Studien aber wiederum eine höhere Neutralität und Kritikfreudigkeit attestiert. • Bei Wettbewerb auf dem Zeitungsmarkt kommt es in den meisten Fällen zu einer Steigerung des Zeitungsumfangs, die Vielfalt der Berichterstattung kommt nicht zwangsläufig zustande. • Bei der Analyse der Berichterstattung in den neuen Bundesländern ergab sich bei lokalen Konkurrenzsituationen eine höhere Anzahl von Meinungsbeiträgen sowie eine höhere Anzahl von Artikeln zur lokalen Orientierung. Bei Monopolzeitungen zeigte sich ein größeres Serviceangebot. <?page no="121"?> Wettbewerb und Konzentration 122 3.2 Konzentrations- und Verflechtungsarten Grundsätzlich kann es zu einer Konzentration durch internes oder externes Wachstum kommen. Bei internem Wachstum nimmt die Produktion im Unternehmen zu. Bei externem Wachstum resultiert das Wachstum aus Beteiligungen an oder Aufkäufen von anderen Unternehmen. Der Zusammenschluss oder die Kooperation von Unternehmen kann in unterschiedliche Richtungen erfolgen. Horizontale Verflechtungen liegen vor, wenn der Zusammenschluss oder die Zusammenarbeit auf der gleichen Produktionsstufe eines Wirtschaftszweiges erfolgt. Im Medienbereich würde dies die Kooperation oder den Zusammenschluss von Fernsehveranstaltern mit Fernsehveranstaltern (Senderfamilien), Zeitungsverlagen mit Zeitungsverlagen usw. betreffen. Es handelt sich damit also um intramediale Verflechtungen (Verbindungen in einer Medienkategorie). Vertikale Verflechtungen entstehen durch Zusammenschluss oder Zusammenarbeit auf vor- oder nachgelagerten Wirtschaftsstufen. Die verschiedenen Stufen veranschaulicht die Wertschöpfungskette. So liegt etwa eine vertikale Integration vor, wenn Verlage sich an Nachrichtenagenturen beteiligen, eigene Druckereien betreiben oder wenn Fernsehveranstalter sich im Vertriebsbereich als Kabelnetzbetreiber engagieren. Ein Beispiel für eine vorwärts gerichtete vertikale Integration ist der Kauf des Online-Werbevermarkters DoubleClick durch Google. Diagonale Verflechtungen entstehen, wenn der Zusammenschluss oder die Zusammenarbeit in Bereichen erfolgt, die sachlich nicht miteinander verknüpft sind. Diagonale Integration liegt z. B. vor, wenn ein Handelskonzern ein Medienunternehmen erwirbt. In diesem Falle kann man sich auch eine vertikale Verflechtung vorstellen. Dies wäre gegeben, wenn der Handelskonzern zum Vertrieb seiner Waren einen Teleshoppingsender übernehmen würde (Bsp.: Übernahme des Teleshoppingsenders „Home Shopping Europe“ durch die KarstadtQuelle AG). Multimediakonzerne repräsentieren intermediale Verflechtungen (Cross-Media-Ownership). Für die Einordnung und somit für die Beurteilung der Verflechtung ist die Definition und Abgrenzung des Marktes entscheidend: Wird der relevante Markt als „Medienmarkt“ abgegrenzt, handelt es sich bei der Zusammenarbeit bspw. von Zeitungs- und Fernsehunternehmen dann ebenfalls um horizontale Verflechtungen. Ist der Markt aber als Fernseh- oder Zeitungsmarkt abgegrenzt, liegt keine horizontale, sondern eine diagonale oder intermediale Kooperation <?page no="122"?> Konzentrations- und Verflechtungsarten 123 vor, bzw. unter strategieorientierten Aspekten wird von einer Diversifikation gesprochen. Da es sich aber ebenfalls um Medienmärkte handelt, kann eine solche Verflechtung auch als horizontale Diversifikation bezeichnet werden (vgl. Göbel 2002, S. 207). Letztlich kommt es auf die Zielsetzung an, wie der Markt abgegrenzt wird und um welche Art der Verflechtung es sich handelt: Arbeiten Fernsehen und Zeitungsverlage zusammen, weil sie als Medienunternehmen Gemeinsamkeiten besitzen und deshalb Kostenvorteile realisieren wollen, handelt es sich um horizontale Verflechtungen. Beteiligt sich ein Zeitungsverlag an einem Fernsehunternehmen, um in Wachstumsmärkte vorzustoßen, liegt eine diagonale Zusammenarbeit bzw. eine horizontale Diversifikation vor. Aufgrund der starken Verflechtung der Medienunternehmen untereinander erweisen sich mit zunehmender Analyse die meisten diagonalen Verbindungen letztlich als horizontale oder vertikale Verflechtungen. Vernetzte Unternehmen stellen das Ergebnis einer neuen Art vertikaler und horizontaler Verflechtungen dar. Ihre Relevanz und ihr Erfolg als Organisationsform in der Internetökonomie ergeben sich vor allem auf Märkten, die zunehmend von immer schnelleren Technologie- und Produktinnovationen geprägt sind. Das erfordert in den Unternehmen „einen strategischen Perspektivenwechsel, wobei der strategische Fokus gleichzeitig enger und breiter wird als bisher.“ (Picot/ Neuburger 2006, S. 135). Enger wird er insofern, als es darauf ankommt, sich auf die Kernkompetenzen zu spezialisieren. Eine flexible und schnelle Anpassung an die dynamische Umwelt kann oft nur noch bei Spezialisierung auf einzelne oder wenige Elemente in der Wertschöpfungskette gelingen. Breiter wird der Aktivitätsraum, da die Zusammenarbeit mit Partnern immer wichtiger wird: So spezialisieren sich die Partner, decken aber als vernetztes Unternehmen ein breites Feld ab. Diese Kooperation kann in verschiedenen Formen stattfinden: • Virtuelle Unternehmen: Hier kooperieren je nach Kundenwunsch oder der Aufgabenstellung mehrere Unternehmen. Diese Zusammenarbeit kann langfristig oder auch nur projektbezogen sein. Die Kommunikation zwischen den Unternehmen und den Kunden erfolgt über das Internet. Die Steuerung erfolgt in einer Zentrale dieses virtuellen Unternehmens. • Supply Chain: Dieser Begriff steht für Aktivitäten innerhalb der Zulieferkette. Mit den Veränderungen der Informations- und Kommunikationstechnik kommt es zu einer immer intensiveren Vernetzung der verschiedenen Aktivitäten. Die Steuerung geschieht durch das Unternehmen, das das Endprodukt erstellt. Es betrifft zum Beispiel die Lie- <?page no="123"?> Wettbewerb und Konzentration 124 feranten und Vorlieferanten, das Beschaffungslager, die Logistikdienstleister und die anderen Kooperationspartner sowie Groß- und Einzelhandel. Ziel ist es, nicht die Prozesse in einem einzelnen Unternehmen zu optimieren, sondern den gesamten Prozess als Einheit. • Business Web: Ähnlich wie bei den virtuellen Unternehmen arbeitet eine Gruppe von Unternehmen zusammen, die unabhängig voneinander Teilaufgaben übernehmen. Im Gegensatz zu den virtuellen Unternehmen gibt es jedoch keine Zentrale, die die Zusammenarbeit steuert (vgl. Picot/ Neuburger 2006, S. 135 ff.). So ergibt sich ein effizientes Wertschöpfungsnetz, in dessen Mittelpunkt der Kundenwunsch steht. Dem Kunden wird eine ganzheitliche Problemlösung angeboten, ohne dass hinter dem Angebot eine reelle Organisationsstruktur steht. Für den Kunden ist die hinter der Leistung stehende Netzwerkstruktur häufig nicht erkennbar. Gerade für die Produktion immaterieller Güter lassen sich diese neuen Möglichkeiten besonders effizient nutzen, da ein Erstellen von Teilleistungen an weit voneinander entfernt liegenden Orten und ein späteres Zusammenfügen der einzelnen Module leicht möglich ist. Formal handelt es sich bei Business-Webs in der Regel um temporäre, formlose Kooperationen zwischen rechtlich unabhängigen Unternehmen, deren Zusammenhalt durch wirtschaftliche Anreize ausgelöst wird (vgl. Specht/ Kahmann 2000, S. 56). So führt z. B. die Wertsteigerung durch Netzeffekte zu einer Win-win-Situation für die beteiligten Unternehmen. Ein solches dynamisches Netzwerk bündelt zu jedem Zeitpunkt genau die Kernkompetenzen, die gerade benötigt werden. Es befindet sich also in stetigem Wandel, der allerdings auch einen hohen Koordinationsaufwand mit sich bringt. Für die betroffenen Märkte bedeutet dies eine Abkehr vom Wettbewerb zwischen einzelnen Unternehmen hin zu einem Wettbewerb zwischen konkurrierenden Business-Webs. Insofern fällt die Grenzziehung zwischen diesen neuartigen Formen der Kooperation und Kartellen im üblichen Sinne teils sehr schwer (vgl. Monopolkommission 2003, S. 338). Konzentration kann absolut und relativ erfasst werden. Im ökonomischen Bereich sind dies entweder die Indikatoren Umsatz, Absatz, Anzahl der Unternehmen oder im relativen Bereich die Marktanteile. Für den publizistischen Bereich ist es nicht so einfach, Indikatoren zu finden. Sie werden deshalb bei den einzelnen Medien eingeführt und diskutiert (vgl. zu den Konzentrationsmaßen bspw. Knoche 1978, S. 128 ff.). <?page no="124"?> Konvergenz der Medien 125 Abb. 35: Verflechtungsarten aus der Sicht der Fernsehveranstalter Quelle: In Anlehnung an Landesmedienanstalten 2007, S. 40 3.3 Konvergenz der Medien Die Konvergenzdiskussion im Medienbereich erfordert es, zwischen den unterschiedlichen Dimensionen des Begriffs zu differenzieren. Die technische Konvergenz bzw. Produktkonvergenz ist Ausgangspunkt der Diskussion. Sie umfasst die gemeinsame Anwendung auf einheitlichen Standards basierender digitaler Technologien auf Systemen und Netzen. Inhalte werden hiermit anpassbar, d. h. sie können über eine gemeinsame universelle Zuschauer Programmübertragung (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet Dienstleistungen für digitales TV und Pay-TV (z. B. Multiplexing, Playout- Center, Abo-Verwaltung) Programmveranstaltung Rechtehandel (Film- und Sportrechte) Mediendienste Programminhalte Fiction (TV- + Filmproduzenten) Sport (Vereine, Verbände) Nachrichten (Agenturen) Hörfunk Print Online- Medien Sender C Sender B Sender A Werbezeitenvermarktung Leser, Hörer, Online-Nutzer <?page no="125"?> Wettbewerb und Konzentration 126 Netzinfrastruktur an verschiedene Medien (Rundfunk, Telefon, Internet) übermittelt werden. Der technische Fortschritt im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie hat weit reichende Konsequenzen für den Mediensektor: Alle Informationen und Informationsformate können mittels Digitalisierung zerlegt, gemischt und nach den individuellen Nutzeranforderungen wieder zusammengestellt werden. Mit dieser Möglichkeit für den Nutzer, das Ausgabeformat der Inhalte zeitbeliebig, ortsunabhängig und interaktiv selbst zu bestimmen, steigt die Individualität. Er weicht damit vom klassischen Rundfunk mit den für ihn charakteristischen fixen Programmen ab. Wo früher eine klare Trennung zwischen Massen- und Individualkommunikation bestand, verschmelzen heute die Erscheinungsformen der Kommunikation zunehmend zu einer untrennbaren Einheit. Den Nutzern stehen funktionsintegrierende Endgeräte zur Verfügung, z. B. PC, Smartphone oder Tablet-PC, die mittels Internet die Multimediaplattform für alle Medien sind. Ebenso wirken Hybrid bzw. Smart-TV-Geräte, also digitale Fernsehgeräte, auf denen es möglich ist, neben Fernsehprogrammen auch Dienste aus dem Internet und Apps zu empfangen (vgl. Sewcyk/ Wenk 2012, S. 178). Die ökonomische bzw. unternehmerische Konvergenz ist Folge der technischen Veränderungen. Für Medienunternehmen entsteht die Notwendigkeit, medienübergreifend zu agieren, um neue Markt- und Kundenpotenziale zu erschließen. Inhalte müssen so aufbereitet werden, dass sie sich für die multimediale Nutzung und Distribution eignen. Sie sind z. B. so zu speichern, dass jederzeit eine zielgruppenspezifische Zusammenstellung möglich und abrufbar ist (Packaging). Andererseits bietet die Erweiterung des klassischen Medienangebots die Möglichkeit, die Abwanderung von Nutzern zu verhindern und eventuell komplementär die Nutzung der traditionellen Angebote z. B. durch entsprechende Internetauftritte zu unterstützen. Insofern führt die Konvergenz zu einer Überprüfung der eigenen Position innerhalb der Wertschöpfungskette und evtl. einer Erweiterung der Aktivitäten außerhalb des Kerngeschäfts (vgl. Hasebrink 2002, S. 93 oder Montgomery 2007, S. 14). Die Umsetzung einer solchen Strategie könnte auch in Form von horizontalen und vertikalen Fusionen oder Erwerbungen von Unternehmen erfolgen, aber auch in eher losen Formen der Zusammenarbeit wie Joint Ventures. Die Konvergenz der Märkte verändert die Wertschöpfungsstrukturen und Unternehmensstrategien im Medienbereich und kann zur stärkeren Koordination und Kooperation bis hin zur Verschmelzung zu einer einzigen neuen Kommunikationsindustrie mit neuen Wettbewerbsparametern und Produkten führen. Dies lässt eine eindeutige Kategorisierung der Medien im herkömmlichen Sinne <?page no="126"?> Ziele und Probleme 127 nicht länger zu („TIME-Branche“ = Telekommunikations-, Internet-, Medien- und Entertainment-Branche). Es entstehen innovative Dienstleistungen, die Konzepte aus verschiedenen Bereichen übernehmen (vgl. Monopolkommission 2006, S. 362, TZ 839). Die Integration der verschiedenen Medienbereiche in neu entstehende Unternehmen und Branchen bezieht sich vor allem auf die Sektoren Telekommunikation, Computerindustrie, Unterhaltungselektronik bis hin zur Medien- und Unterhaltungsindustrie. Demnach kommen weiterhin medienfern tätige Unternehmen auf den Multimediamarkt. Dies kann zu einer Intensivierung des intra- oder auch des intermedialen Wettbewerbs führen, da mehrfache Verwertungsmöglichkeiten Potenziale zur Kostensenkung bergen. So ist durchaus zu erwarten, dass sich die Integration von Inhalteanbietern und Anbietern aus dem Bereich der Vertriebsinfrastruktur (Netze und Geräte) fortsetzt und diese mit einem so genannten Closed-Shop-Verhalten den Zugang konkurrierender Inhalteanbieter erschweren. Der Nutzer nimmt Medienkonvergenz vor allem in Form so genannter Neuer Dienste wahr. Der Mehrwert konvergenter Angebote ergibt sich durch hohe Interaktivität und Individualität, eine größere Auswahl an Informationen, neuen Produkten und Diensten sowie durch mobile standortunabhängige Nutzungsmöglichkeiten. 3.4 Ziele und Probleme medialer Verflechtungen 3.4.1 Mikroökonomische Analyse Es existiert eine Reihe von Zielsetzungen, die zu Verflechtungen zwischen verschiedenen Medienunternehmungen beitragen. Im Kern handelt es sich dabei um Beweggründe, die sich aus einer Nachfrageorientierung ergeben, die wiederum aus einem geänderten Mediennutzungsverhalten resultiert, die auf die Realisierung von Größenvorteilen, Synergieeffekten und auf die Möglichkeiten einer Risikostreuung durch Diversifizierung gerichtet sind (vgl. zu Zielsetzungen von Kooperationen allgemein Bea 1997, S. 481 ff. oder Thommen 1998, S. 76 ff.). Die Orientierung an der Nachfragerseite ist ein immer stärker anzutreffender Grund für Verflechtungen und Integration in andere Medienbereiche: Durch das geänderte Mediennutzungsverhalten sowie durch die zur Verfügung stehende Angebotspalette im Medienbereich greifen die Rezipienten, je nach den Stärken und Schwächen der einzelnen Mediengattungen, intensiver als früher auf unterschiedliche Medienangebote zu. Deshalb ist es für Medienunter- <?page no="127"?> Wettbewerb und Konzentration 128 nehmen wichtig, dort, wo der Rezipient sich befindet und nachfragt, mit einem Angebot präsent zu sein. Das führt dazu, dass sich bspw. ein Zeitungsunternehmen eher als ein Informationsanbieter versteht, der seine Angebote sowohl im angestammten Printbereich als auch im elektronischen Bereich hat. Die Erfahrungen und der Imagetransfer begünstigen diese Strategie, die selbst wiederum positiv auf das Image wirken kann. In erster Linie geht es aber darum, die Nachfrager stärker an sich zu binden, indem ihren Bedürfnissen von einem Medienunternehmen in mehreren Medienbereichen entsprochen wird. Abb. 36: Cross-Media aus Sicht der Medienunternehmen Quelle: Mast 2011, S. 52 Die Realisierung von Größenvorteilen ist ein zentraler Grund für Verflechtungen zwischen Medienunternehmen. Das gilt insbesondere bei intramedialen Verbindungen. Sie führen langfristig zum degressiven Verlauf der Stückkosten. Größeneffekte kommen entweder durch Kostenersparnisse zustande, die auf Lernprozessen bzw. auf Spezialisierung beruhen, oder durch Kapazitätsgrößenvorteile. Insbesondere die Kapazitätsgrößenvorteile haben eine große Relevanz im Medienbereich. Bei Netzwerkgütern verstärken sich die Größeneffekte auf der Angebotsseite noch durch das Hinzutreten von Größeneffekten auf der Nachfrageseite in Gestalt der Netzwerkeffekte. Die beschriebenen Größenvorteile können durch die Mehrfachverwertung der Inhalte realisiert werden. Das betrifft sowohl die weiteren Verwertungsmöglichkeiten des gleichen Produktes (Windowing) als auch die Produktdifferenzierung (Versioning). Bei der Mehrfachverwertung des gleichen Produktes kommt es in der Hauptsache zu Produktionskostenvorteilen. Bei der Mehrfachnutzung von Medieninhalten entstehen aus einem originären Objekt verschiedene Outputobjekte, so dass sich die Ausbringungsmenge aus verschiedenen Absatzmengen zusammensetzt. Hier lassen sich in der Hauptsache Differenzierungsvorteile und Imagetransfer-Effekte nutzen (vgl. Schulze 2005, S. 51). Sie können auch durch die Mehrfachverwertung Medium Inhalte Welche Zielgruppen können erreicht werden? Über welche Medien können die Inhalte für welche Zielgruppen angeboten werden? <?page no="128"?> Ziele und Probleme 129 von Einrichtungen wie Archiven, Schreibbüros und Produktionsanlagen bis hin zum Druck entstehen. Bei intramedialen Verflechtungen kommen sie eher als im Falle intermedialer Integration zum Tragen: Das Medium bleibt gleich und damit auch dessen Erfordernisse. Eine andere Art von Größeneffekten tritt bei der Vermarktung ein: Die Vermarktung eines Gesamtangebotes innerhalb der gleichen Mediengattung, sei dies im Fernsehbereich durch eine Senderfamilie oder durch die Herausgabe unterschiedlicher Tageszeitungen in einem Verlag, ist oft effektiver als die getrennte Vermarktung der Einzelangebote. Die Konzentration des Marketings auf die Dachmarke ist besser geeignet, eine Marke zu etablieren und zu festigen, als mehrfache Einzelanstrengungen mit jeweils niedrigerem Budget. Allerdings kann sich diese Argumentationskette auch negativ verwirklichen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Angebot sich nur schlecht oder gar nicht am Markt etablieren kann und sein Negativimage auf die anderen Produkte in der Familie ausstrahlt. Bei den Synergieeffekten sind es vor allem die vorhandenen Stärken oder Erfahrungsvorsprünge aus dem Kerngeschäft, die sich bspw. für das Hineinwachsen in neue Betätigungsfelder bei intermedialen Verflechtungen nutzen lassen (vgl. allgemein zum Ansatz der Synergieeffekte Ansoff 1965). Es entsteht dadurch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber „medienfremden“ Investoren. So lassen sich Entwicklungskosten bei Innovationen reduzieren, wenn etwa ein erprobtes Konzept aus dem Printbereich auf den TV- oder Onlinebereich übertragen wird. Darüber hinaus fallen bei der Mehrfachverwertung im eigenen Konzern geringere Transaktionskosten an als bei der Mehrfachverwertung über den Markt (vgl. Zerdick u. a. 2001, S. 187 ff.). Bei der Vermarktung kann es zu Vorteilen kommen, wenn durch bereits eingeführte Marken ein Imagetransfer initiiert wird. Mit Cross-Media-Werbung oder durch Kombi-Tarife für die Werbewirtschaft ergeben sich weitere Synergien (vgl. Bender 1999, S. 71): Intermediale Verweise erhöhen die Bekanntheit und die Orientierungsmöglichkeiten für das Publikum, während der Nutzwert durch die spezifisch unterschiedlichen Möglichkeiten der einzelnen Medien zunimmt. Bei Cross-Media im eigenen Unternehmensverbund wird oft mit der leichten Handhabung argumentiert. Hierbei ist aber zu bedenken, dass Opportunitätskosten entstehen, da sich Werberaum oder Werbezeit für zahlende Werbekunden vermindert. In der unternehmensinternen Kostenrechnung sollten daher im Gegenwert der entgangenen Erlöse kalkulatorische Kosten (fiktive Ausgaben) angesetzt werden. Die Einsparung von Transaktionskosten wird nicht nur bei der Mehrfachverwertung von Medienprodukten im eigenen Konzern relevant. Diese Motiva- <?page no="129"?> Wettbewerb und Konzentration 130 tion erlangt vor allem bei der Beschaffung und Produktion im Rahmen vertikaler Integration in Medienunternehmen große Bedeutung. Je stärker die Transaktionskosten (Informations-, Vereinbarungs- Kontroll- und Anpassungskosten) im Vergleich zu den Produktionskosten ins Gewicht fallen, umso vorteilhafter wird Eigenproduktion. Durch die schwierige Qualitätskonkretisierung von Medienprodukten und die gleichzeitig vorhandene Bedeutung der Qualität i. S. der Erfahrungs- und Vertrauensgüter „bestehen erhebliche Anreize, den Eigentumserwerb an Inputs dadurch zu rationalisieren, dass die Lieferanten in die Beherrschungs- und Überwachungsstrukturen der Medienunternehmung eingebunden werden“ (Heinrich 1999, S. 126). Diese Produktionsstrategie mindert die Abhängigkeit vom Markt, eröffnet mehr Einfluss und damit Möglichkeiten für den Aufbau eines eigenen Profils und dient der Weiterentwicklung vorhandener Kompetenzen. Konkret bedeutet dies das verstärkte Arbeiten mit fest angestellten Redakteuren, eine Ausweitung der eigenen Informationsbeschaffung für die Contentproduktion sowie die Einbindung von Produktions- und Vermarktungsgesellschaften in das Medienunternehmen. Abb. 37: Funktionen von Cross-Media Inhalt Verweise Publikum Mehrwert: Erweiterte Nutzungsmöglichkeiten von Inhalten, komplementäre Gratifikationen durch medienadäquate Inhalte Orientierung: Verweise auf andere Medienangebote mit Themen-, Programm- und Genreanbindung Anbieter Synergieeffekte: Mehrfachverwertung von Inhalten und von Ressourcen auf allen Produktionsstufen Promotion: Verweise auf andere Medienangebote Quelle: Schweiger 2002, S. 126 Bei den Diversifizierungseffekten sind es vor allem die folgenden drei Argumente, die ein Engagement in anderen Medienbereichen attraktiv erscheinen lassen (vgl. Schusser 2003, S. 185 ff.): Eine der am meisten verbreiteten Zielsetzungen bei Diversifizierungsstrategien ist die Risikostreuung. Gesättigte Geschäftsfelder oder rückläufige Entwicklungen im Stammgeschäft können auf diese Weise kompensiert werden. Mit dem Engagement in anderen Medienbereichen kann auch einer drohenden Substitutionskonkurrenz vorgebeugt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Investition in Wachstumsmärkte. <?page no="130"?> Ziele und Probleme 131 Vor dem Hintergrund dieser theoretisch vorhandenen Effekte taucht aber auch die Frage auf, warum in der Praxis viele Medienunternehmen das Engagement in anderen Medienbereichen wieder zurückfahren bzw. weshalb Fusionen von Unternehmen aus verschiedenen Mediensektoren scheitern oder zu scheitern drohen (vgl. Beyer/ Beck 2004, S. 91 ff.). Geschäftsfelder sind nicht immer so attraktiv wie angenommen. Teilweise niedrige Markteintrittsbarrieren locken weitere Mitbewerber an, dadurch intensiviert sich der Wettbewerb und die Margen werden gedrückt. Hinzu kommt, dass eine Diversifikationsentscheidung mit dem Ziel, von Wachstumsmärkten zu profitieren, auf Prognosen beruht. Wie der Onlinebereich der vergangenen Jahre zeigt, sind diese aber nicht immer eingetroffen. Der Zukauf von Unternehmen ist umso teurer, je attraktiver dieser Markt beurteilt wird. Dadurch wird die Amortisationszeit länger und das Risiko steigt. Das Risiko steigt auch, wenn die anderen Medienbereiche auf der Finanzierungsseite von den gleichen Einflüssen, wie von der Konjunktur der Werbewirtschaft, abhängen. Größenvorteile und Synergieeffekte greifen nicht immer. Die Mehrfachverwertung von Inhalten erfordert meist eine andere Aufbereitung durch Mitarbeiter mit anderen Qualifikationen. Dazu kommt, dass nicht alle Themen für alle Medien geeignet sind. Mehrfachverwertungen von Inhalten durch Print- und elektronische Medien sind schwieriger, da jedes Medium spezifische Anforderungen an die Produktion von Beiträgen stellt. Das Gleiche gilt für das Ausnutzen von Erfahrungsvorteilen. Am ehesten sind Synergien noch im Beschaffungsbereich vorstellbar, während im Vertrieb wenige Gemeinsamkeiten bspw. zwischen Verlagen und Fernsehveranstaltern zu finden sind. Im Bereich der Vermarktung gibt es Probleme mit Cross-Media, wenn die Zielgruppen der verschiedenen Medien unterschiedlich sind. Managementaufgaben werden schwieriger. Mehrere Medienbereiche in einem Unternehmen vereint, erhöhen die Koordinationskosten. Diese Transaktionskosten kommen noch hinzu, da vor der Verflechtung keine Transaktionen mit den anderen Medienunternehmen stattgefunden haben. Mit zunehmender Unternehmensgröße entfernt sich darüber hinaus die Unternehmensführung immer mehr vom Alltagsgeschäft. Es steigt dadurch das Risiko von Fehlentscheidungen (vgl. Göbel 2002, S. 214). Nicht zu vergessen sind auch die kulturellen Unterschiede, die zu bewältigen sind und Kosten verursachen wie bei der Fusion von AOL und Time-Warner (vgl. Sjurts 2000, S. 136). Hier wurde letztlich sogar der Name AOL wieder aus der Firmenbezeichnung gestrichen. <?page no="131"?> Wettbewerb und Konzentration 132 Die Gefahr der Verzettelung und der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit erhöht sich umso mehr, je stärker die vertikalen und diagonalen Verflechtungen sind. Dies erklärt sich durch die zunehmende Dynamisierung von Märkten und technischer Entwicklung. Es ist wichtig, die Kernkompetenzen zu identifizieren und zu behalten. Das Outsourcing hierdurch nicht betroffener Bereiche macht hingegen das Unternehmen. 3.4.2 Makroökonomische Analyse Aufgrund des hohen Fixkostenanteils im Medienbereich kommt es durch die Fixkostendegression zu Größenvorteilen auf der Angebotsseite. Aufgrund der Netzeffekte treten darüber hinaus in vielen Bereichen, insbesondere im Internetsektor, auch Größenvorteile auf der Nachfrageseite auf. Durch diese Bedingungen besteht der Anreiz, die Produktion bzw. den Absatz gegen „unendlich“ auszudehnen. Volkswirtschaftlich gesehen ist es sinnvoll, die Vorteile aus diesen Größeneffekten zu nutzen. Dabei ergeben sich folgende Fragen: Wie groß muss ein Unternehmen sein, um profitabel zu arbeiten? Ist die Gesamtnachfrage am Markt groß genug zum Erreichen der mindestoptimalen Betriebsgröße (Ausbringungsmenge, ab der sich trotz der hohen Fixkosten die Produktion eines Gutes lohnt) bzw. ist die Nachfrage groß genug, damit mehrere Unternehmen eine rentable Produktion erwarten können? Im Extremfall kann es in Abhängigkeit von der Marktgröße dazu kommen, dass nur ein Produzent bleibt, der die Rezipienten zu einem minimalen Preis bedienen kann. In diesem Fall handelt es sich um ein so genanntes natürliches Monopol. Diese Situation ist makroökonomisch für den Marktbzw. Wettbewerbsmechanismus problematisch: Anreize zu Innovationen fehlen, die Konsumenten können aufgrund der Marktmacht ausgebeutet werden oder der Monopolist könnte sein Meinungsmonopol ausnutzen. Darüber hinaus bestehen bei diesen Bedingungen hohe Marktzutrittsschranken, die das Monopol auch noch vor Konkurrenz schützen: Ein Monopol ist dann weniger gefährlich für den Kernmechanismus in Marktwirtschaften, wenn jederzeit Newcomer auf den Markt treten können. Eine abgemilderte, aber nicht weniger für den Marktmechanismus gefährliche Marktkonstellation ist dann gegeben, wenn der Markt im Zusammenspiel mit den Größeneffekten ein enges Oligopol hervorbringt. Dabei handelt es sich nicht um einen, sondern um wenige große Anbieter. Wenige Anbieter sind in ihren Aktionen und Reaktionen eng miteinander verbunden: Jede Aktion eines <?page no="132"?> Ziele und Probleme 133 einzelnen Anbieters hat Einfluss auf die anderen Anbieter auf diesem Markt. Bevor sie sich deshalb mit Preisen oder anderen Aktionsparametern unterbieten und letztlich die gleiche Menge zu niedrigeren Preisen absetzen, lernen sie, dass sie besser arbeiten, wenn sie sich absprechen, bevor sie sich gegenseitig in ihren Profiten herunterspielen. Es kommt zum so genannten „spontan-solidarischem Parallelverhalten“ (Bartling, 2008, S. 120). Dies ist ähnlich schädlich für den Wettbewerb wie das natürliche Monopol. Solche Konstellationen liegen in den Medienbereichen teilweise vor und stellen aus ökonomischer wie auch aus publizistischer Sicht ein Problem dar. Zur Lösung existieren verschiedene Ansätze: • Bewirtschaftung durch den Staat (vgl. z. B. öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten: Hier war das Problem der Monopole und engen Oligopole in den Anfangszeiten durch die Größeneffekte, aber vor allem durch die technisch determinierte Frequenzknappheit gegeben). • Kontrolle privater Unternehmen durch staatliche Instanzen (z. B. Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen auf der ökonomischen Seite sowie besondere Vorschriften i. S. der Pflichten für den Pressesektor). • Periodisch wiederkehrende Ausschreibungen um den Markt im Fall natürlicher Monopole, damit es zumindest zeitweise zu einem Aufbrechen etablierter Situationen kommt (vgl. Bartling 2008, S. 120). Bei allen diesen Möglichkeiten ist jedoch zu bedenken, dass durch die staatliche Einflussnahme, Eigenproduktion oder Überwachung Fehlleistungen gerade aufgrund der staatlichen Einflüsse entstehen können. Der Staat kann nicht vollständig den Markt und Wettbewerbsmechanismus ersetzen. 3.5 Wettbewerb und Konzentration im Rundfunk 3.5.1 Regelungen und Kriterien zur Konzentrationsanalyse Die Beschränkung der wirtschaftlichen Macht durch die Vorschriften GWB zielt auf den ökonomischen Wettbewerb. Das ist zwar „eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung, um die von der Verfassung geforderte Meinungsvielfalt im Bereich des privaten Rundfunks zu sichern“ (Landesmedienanstalten 2003, S. 51). Der Rundfunkstaatsvertrag enthält deshalb Regelungen, die einer Meinungsmacht vorbeugen sollen (vgl. zur Vielfaltsicherung für den Fern- <?page no="133"?> Wettbewerb und Konzentration 134 sehbereich im internationalen Kontext Mailänder 2000, S. 336 ff.). Die wichtigsten Vorschriften zur Vermeidung publizistischer Konzentration sind im Folgenden zusammengefasst: • Unternehmen können unbegrenzt Programme veranstalten (§ 26 Absatz 1 RStV), solange sie keine Meinungsmacht erlangen. • Vorherrschende Meinungsmacht wird angenommen, wenn der Zuschauermarktanteil bei 30 Prozent liegt. Welche Programme zuzurechnen sind, bestimmt § 28 RStV. Ist das Unternehmen auf medienrelevanten verwandten Märkten marktbeherrschend, reduziert sich diese Grenze auf 25 Prozent (§ 26 Absatz 2 RStV). Der Grund für diese Regelung liegt in den zunehmend zu beobachtenden Diversifikationsaktivitäten von Fernsehveranstaltern in anderen Medienbereichen (vgl. Sjurts/ Malzanini 2007, S. 42 ff.). • Liegt der Zuschauermarktanteil eines Vollprogramms oder eines Spartenprogramms mit Schwerpunkt Information bei 10 Prozent oder mehr, hat dieser Veranstalter Sendezeit für unabhängige Dritte bereitzustellen (§ 26 Absatz 5 RStV). Das Gleiche gilt für die zurechenbaren Programme eines Veranstalters, wenn der Zuschauermarktanteil bei 20 Prozent liegt. Die Einzelheiten dieser Regelung sind im § 31 geregelt. • Anstelle von Entflechtungen bei Vorliegen von Meinungsmacht (§ 26 Absatz 4 RStV) kann der Veranstalter auch verpflichtet werden, einen Programmbeirat einzurichten (§ 32 RStV). Die Sicherung der Meinungsvielfalt nach den Regelungen des RStV weist einige kritische Punkte auf: • Grundsätzlich ist zu bedenken, dass der Zuschauermarktanteil für die Vielfalt im Fernsehbereich nur einen Hilfsindikator darstellt. Zudem sind Freiräume für eine Herabsetzung der 30-Prozent-Grenze hinsichtlich der medienrelevanten verwandten Märkte vorhanden. • Die 30-Prozent-Grenze basiert nicht auf einer nachvollziehbaren Begründung (vgl. Kleinsteuber/ Thomaß 2004, S. 149). • Die Zurechenbarkeit von Programmen zu einem Unternehmen ist nicht einfach. Darüber hinaus erweist sich die Zurechenbarkeitsschwelle von 25-Prozent-Beteiligungen u. U. als zu hoch und fördert weitere Verflechtungsaktivitäten. • Sendezeit für unabhängige Dritte stellt einen deutlichen Einschnitt in die Programmautonomie dar. Erfolgreiche Unternehmen werden für hohes internes Wachstum bestraft. Darüber hinaus sind wiederum die sich daraus ergebenden Regelungen und notwendigen Analysen bezüg- <?page no="134"?> Rundfunkmarkt 135 lich der unabhängigen Dritten sehr komplex und bedürfen einer eingehenden Prüfung (vgl. Hanfeld 2007a). Die sehr komplexen und damit verwirrenden Besitz- und Beteiligungsverhältnisse erschweren und begrenzen die Ermittlung der tatsächlichen Zuschauermarktanteile (vgl. Kleinsteuber/ Thomaß 2004, S. 152). • Die Vielfalt und Länge der Prüfverfahren steht der Dynamik auf den Medienmärkten konträr gegenüber. Sendezeit für unabhängige Dritte bei RTL und Sat.1 Bei RTL Television und Sat.1 wirken als unabhängige Dritte momentan die folgenden drei Unternehmen mit: • DCTP Entwicklungsgesellschaft für TV-Programm mbH Formate bei RTL Television: „SPIEGEL TV Magazin“, „10 vor 11“, „Stern TV“, „Primetime“, „Die Super 3“. Formate bei Sat.1: „SPIEGEL TV Reportage“, „News and Stories“. Seit Juli 2005 wird zwischen einer „SPIEGEL TV Reportage“ und einer Reportage von Focus TV abgewechselt. • News and Pictures Fernsehen GmbH Formate bei Sat.1: „Planetopia“, „Weck up“. • AZ Media TV GmbH Formate bei RTL Television: „30 Minuten Deutschland“, „Die große Reportage“, „trend REPORTAGE“ bzw. „future TREND REPOR- TAGE“. Quellen: www.kek-online.de, www.azmedia.de, www.dctp.de, www.newsandpictures.de Die Ausschreibung für die entsprechenden Sendezeitenschienen erfolgt durch die Landesmedienanstalten. Vor Auswahl und Zulassung stellt die zuständige Landesmedienanstalt das Benehmen mit der KEK her. Die Dauer dieser Lizenzen beläuft sich in der Regel auf fünf Jahre. 3.5.2 Situation und Struktur Maßstab für die Konzentration auf dem Zuschauermarkt sind Zuschauermarktanteile. Im ökonomischen Bereich sind sie gebräuchliche, relative Indikatoren. Für den publizistischen Bereich stellen sie lediglich Hilfsgrößen dar, um <?page no="135"?> Wettbewerb und Konzentration 136 einen Indikator für die Erhaltung bzw. Bedrohung der Meinungsvielfalt zu besitzen. Die Wettbewerbsintensität um die Werbegelder besitzt keine publizistische Dimension - sie wird daher mit dem ökonomischen Indikator „Marktanteil am Werbeaufkommen“ erfasst. Die technischen Eintrittsbarrieren wurden durch zunehmende Kapazitäten im Kabel- und Satellitenbereich deutlich gesenkt. Gleichzeitig verminderten sich die Anforderungen an die bereitzustellende Infrastruktur, womit sich die Kosten des Markteintritts, vor allem bezogen auf die Studiotechnik, reduzieren. Die ökonomischen Eintrittsbarrieren hingegen sind bedeutend höher. Neben den institutionellen Eintrittsbarrieren (Lizenzvergabe) und den Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt stellen Größenvorteile bei den etablierten Anbietern und deren vertikale Verflechtungen keine guten Rahmenbedingungen für Neueinsteiger dar (vgl. Sjurts 2005, S. 295 ff.). Diese finden sich am ehesten im Bereich der Spartenprogramme, vorausgesetzt, es existiert eine für die Werbewirtschaft attraktive Zielgruppe oder ein zahlungskräftiges Publikum. Jedoch sind Spartenanbieter zunehmend entweder Ausgliederungen aus den Vollprogrammen der etablierten Anbieter oder in anderer Form mit diesen verflochten. Damit ergeben sich für Neueinsteiger auch bei Spartenprogrammen wiederum relativ hohe Markteintrittsschranken. Die neuen Vertriebswege für das Fernsehen führen zu neuen Wettbewerbern für die etablierten Fernsehveranstalter. Die neuen Anbieter kommen bisher aus dem Telekommunikations- und Internetbereich sowie aus den Reihen der Kabelnetzbetreiber. Die Inhalte können gegen ein besonderes Entgelt abgerufen werden. Die neuen Anbieter sind nicht branchenfremd, weshalb sie als ernstzunehmende Konkurrenten den Wettbewerb erhöhen. Dies gilt umso mehr, als sie in Verbindung mit den Angeboten in ihren angestammten Bereichen Kombitarife entwickeln bzw. durch ein Gesamtpaket dem Nachfrager ein bequemer handhabbares Angebot machen können. Soweit es sich um Kooperationen mit den bisherigen Fernsehveranstaltern handelt, fungieren diese als Contentlieferanten und sind in ihrer Marktposition weniger gefährdet. Gänzlich neue Angebote, z. B. von Kabel Baden-Württemberg mit Programmpaketen etwa für ausländische Mitbürger, verstärken hingegen den Wettbewerb. <?page no="136"?> Rundfunkmarkt 137 Abb. 38: Zuschauermarktanteile der Fernsehsender 2004-2011 (in Prozent) 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 ProSiebenSat.1-Gruppe - Sat.1 - Pro Sieben - Kabel 1 - DSF - N 24 - Premiere/ Sky - 9Live Summe 10,3 7,0 4,0 1,1 0,4 2,4 0,3 25,5 10,9 6,7 3,8 1,2 0,6 k. A. 0,2 23,4 9,8 6,6 3,6 1,0 0,8 2,1 0,2 24,1 9,6 6,5 3,6 1,1 0,9 1,8 0,2 23,7 10,3 6,6 3,6 0,9 1,0 1,5 0,1 24,0 10,4 6,6 3,9 0,9 1,0 k.A. 0,1 22,9 10,1 6,3 3,9 0,8 1,0 k.A. 0,1 22,2 10,1 6,2 4,0 0,9 1,0 k.A. - 22,2 RTL-Gruppe - RTL - RTL II - Super RTL - VOX Summe 13,8 4,9 2,7 3,7 25,1 13,2 4,2 2,8 4,2 24,4 12,8 3,8 2,6 4,8 24,0 12,4 3,9 2,6 5,7 24,6 11,7 3,8 2,4 5,4 23,3 12,5 3,9 2,5 5,4 24,3 13,6 3,8 2,2 5,6 25,2 14,1 3,6 2,2 5,6 25,5 Öffentlich-rechtliche Sender - ARD - ARD Dritte - ZDF - 3sat - Arte - KIKA - Phoenix Summe 13,9 13,7 13,6 1,0 0,4 1,2 0,5 44,3 13,5 13,6 13,5 1,0 0,5 1,2 0,6 43,9 14,2 13,5 13,6 1,0 0,5 1,1 0,7 44,6 13,4 13,5 12,9 1,0 0,7 1,3 0,9 43,7 13,4 13,2 13,1 1,1 0,6 1,3 0,9 43,6 12,7 13,5 12,5 1,1 0,7 1,4 1,0 42,9 13,2 13,0 12,7 1,0 0,8 1,4 1,0 43,1 12,4 12,5 12,1 1,0 0,8 1,3 1,1 41,2 Eurosport 0,9 0,9 0,9 1,0 0,9 0,9 0,7 0,7 n-tv 0,5 0,6 0,6 0,7 0,8 0,9 0,9 1,0 Sonstige 3,7 6,8 5,8 6,3 7,4 8,1 7,9 9,4 Quelle: www.kek-online.de, 21.02.2012 Die Wettbewerbsintensität auf dem Rezipientenmarkt ist durch die Struktur und das Marktpotenzial bestimmt. Beide Indikatoren weisen auf intensiven Wettbewerb hin: Der Markt ist durch einen hohen Konzentrationsgrad geprägt. Er wird in der Hauptsache durch drei große Gruppen beherrscht, die relativ gleichgewichtig sind (öffentlich-rechtliche Anbieter, RTL-Gruppe und ProSiebenSat.1-Gruppe). <?page no="137"?> Wettbewerb und Konzentration 138 Das Marktpotenzial, definiert durch das Zeitbudget der Zuschauer, ist weit gehend ausgeschöpft. Es handelt sich um gesättigte Märkte (vgl. Sjurts 2005, S. 297 f.), was einen Verdrängungswettbewerb unter den etablierten Anbietern impliziert (vgl. Karmasin 1998, S. 337 f.). Die zunehmende Konkurrenz Neuer Medien und die Existenz von „sunk costs“ (Investitionen, die nach einem Marktaustritt nicht anderweitig zu verwenden sind) verstärkt diese Situation. Abb. 39: Nettoumsätze des Werbefernsehens 2006 bis 2010 (in Mio. Euro) Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 Veranstalter Private TV-Veranstalter 3.812,18 3.870,68 3.741,23 3.386,36 3.675,69 ARD 176,80 168,40 171,30 141,16 152,50 ZDF 125,28 116,74 122,97 112,08 125,54 Gesamt 4.114,26 4.155,82 4.035,50 3.639,60 3.953,73 Veränderung des Gesamtwertes gegenüber Vorjahr in Prozent + 1,0 - 2,9 - 9,3 + 8,6 Quelle: Möbus/ Heffler 2007, S. 288; Wolf/ Heffler 2010, S. 285; Möbus/ Heffler 2011, S. 327 Die Wettbewerbsintensität auf dem Werbemarkt ist nicht niedriger als auf dem Zuschauermarkt. Sie hat sich durch die vergangene Konjunkturschwäche, die sich bei den Werbeinvestitionen ausgewirkt hat, noch weiter verstärkt. Das gilt trotz der in der Vergangenheit gestiegenen Attraktivität des Werbeträgers Fernsehen. Dies zeigen die Veränderungen der Nettoumsätze im Werbefernsehen und die Zuschauermarktanteile aufgrund des Zusammenhangs zwischen Zuschauer- und Werbemarkt. Deutliche Unterschiede zwischen Brutto- und Nettowerbeeinnahmen deuten ebenfalls auf intensiven Wettbewerb hin. <?page no="138"?> Rundfunkmarkt 139 Aktuelle Entscheidungen des Bundeskartellamtes im Rundfunkmarkt Januar 2006 Verbot der Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Axel Springer Verlag. April 2006 Genehmigung der kompletten Übernahme von n-tv durch RTL Dezember 2006 Nach Widerstand des Kartellamts stoppt ProSiebenSat.1 die Pläne zur Einführung einer Programmverschlüsselung im Satellitenfernsehen April 2007 Auf Druck des Kartellamts legen die Bezahlsender Premiere und Arena ihre Vertriebskooperationen auf Eis. Juni 2007 Einleitung eines Entflechtungsverfahrens, wegen des Erwerbs von Anteilen am Konkurrenten Primacon durch die Kabel Deutschland GmbH. August 2007 Genehmigung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch O2/ T-Mobile/ Vodafone D2 mit dem Zweck, eine technische Plattform sowie eine Programmplattform für mobiles Fernsehen nach DVB-H-Standard zu betreiben. April 2008 Freigabe des Erwerbs von sieben Gesellschaften (zuvor Orion-Gruppe) durch Kabel Deutschland, deren Geschäftszweck im Betreiben von Breitbandkabelnetzen in diversen Bundesländern besteht. März 2011 Untersagung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch die Pro- SiebenSat.1 Media AG und die RTL interactive GmbH, das im Bereich Video on Demand via Internet tätig werden und zu diesem Zweck eine Plattform betreiben wollte. Dezember 2011 Freigabeentscheidung unter Auflagen im Zusammenschlusskontrollverfahren zum Erwerb der alleinigen Kontrolle über Kabel BW GmbH durch Liberty Global Europe Holding B.V. Quellen: Theurer 2007, www.bundeskartellamt.de <?page no="139"?> Wettbewerb und Konzentration 140 3.6 Wettbewerb und Konzentration bei Tageszeitungen 3.6.1 Kriterien zur Konzentrationsanalyse Maßstab für die ökonomische Konzentration auf dem Rezipienten- und Werbemarkt sind die Marktanteile. Je nach Teilmarkt wechselt lediglich die Bezugsgröße. Die publizistische Konzentration benötigt jedoch andere Kriterien. Diese werden in der Pressestatistik von Walter J. Schütz verwendet (vgl. Schütz 2001, 602 ff.). Es handelt sich dabei um die folgenden Größen: Zeitungsausgaben sind die kleinste pressestatistische Einheit. Enthalten zwei Zeitungen den gleichen Mantel (aktueller, allgemeiner politischer Nachrichtenteil), unterscheiden sich aber in ihrer regionalen Berichterstattung, stellen sie zwei Ausgaben dar. Verlage als Herausgeber stellen bereits eine komprimiertere Maßgröße dar. Da viele Verlage mehrere Zeitungen herausgeben, ist diese Zahl kleiner als die Anzahl der Zeitungsausgaben. Sie berücksichtigt, dass in den Zeitungen, die von einem Verlag herausgegeben werden, eine einheitliche Linie der Berichterstattung verfolgt werden kann. Dadurch würde dann das Meinungsspektrum eingeengt. In der Realität muss es aber nicht zwingend zu dieser Situation kommen. Publizistische Einheiten/ Vollredaktionen erfassen als eine Einheit alle Verlage und Ausgaben, die in ihrem Mantel übereinstimmen. Die Entwicklung bei den publizistischen Einheiten ist somit Indikator dafür, wie viele Redaktionen voneinander unbeeinflusst mit zur Meinungsvielfalt beitragen bzw. durch ihre Produktion die Vielfalt der Meinungen darstellen. Ein- und Mehr-Zeitungs-Kreise stellen ein weiteres Kriterium zur Erfassung der publizistischen Konzentration dar. Sie beziehen sich direkt auf die Vielfalt in der regionalen/ lokalen Berichterstattung. Eine Region gilt dann als Ein- Zeitungs-Kreis, wenn die regionale/ lokale Berichterstattung nur von einer Zeitung übernommen wird. Die Information über räumlich orientierte Ereignisse ist dann in diesen Kreisen nur aus einer Quelle möglich. Dieser Indikator ist aber dann differenziert zu sehen, wenn Straßenverkaufszeitungen mit einem verkümmerten Regionalteil als regionales Angebot gezählt werden, wenn ungleich starke Anbieter in einer Region miteinander konkurrieren oder wenn gar zwei „konkurrierende“ Ausgaben von dem gleichen Verlag oder der gleichen Verlagsgruppe herausgegeben werden (vgl. Knoche 1978, S. 131 f.). <?page no="140"?> Tageszeitungsmarkt 141 3.6.2 Situation und Struktur Die ökonomische Konzentration auf dem Lesermarkt zeigt bei den führenden Verlagsgruppen hohe Werte: Der Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen weist mit 44,2 Prozent einen hohen Stand aus. Geprägt durch die dominierende Stellung der Bild-Zeitung weist der Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen bei den Kaufzeitungen einen Wert von 97 Prozent für das Jahr 2012 aus. Das sind Belege für die hohe ökonomische Konzentration auf dem Lesermarkt für Tageszeitungen. Die Konzentration resultiert nicht zuletzt aus den Größenvorteilen, die als Marktzutrittsschranke wirken. Abb. 40: Marktanteile Tageszeitungsverlage (anteilige Auflage, in Prozent) 2006 2008 2010 2012 Tageszeitungen gesamt Axel Springer AG 22,5 22,1 19,6 18,8 Verlagsgruppe WAZ 5,6 6,0 5,8 5,7 Verlagsgruppe Stuttgarter Zeitung u. a. 5,2 5,8 8,6 9,2 Ippen-Gruppe 4,1 4,0 4,2 4,2 Verlagsgruppe DuMont Schauberg 3,9 4,2 5,5 5,5 Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen 41,3 44,8 43,7 44,2 Abonnementzeitungen Verlagsgruppe WAZ 7,1 7,7 7,2 7,2 Verlagsgruppe Stuttgarter Zeitung u. a. 6,7 10,8 10,9 11,5 Axel Springer AG 6,2 6,4 (4,2) (4,5) Holtzbrinck 4,8 4,8 - - Ippen-Gruppe 4,2 4,2 4,3 4,3 Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen 29,0 33,9 32,3 33,8 Kaufzeitungen Axel Springer AG 80,4 79,3 79,8 78,6 Morgenpost Sachsen Berliner Kurier/ Hamburger Morgenpost 5,3 5,5 2,3 - 2,6 Verlagsgruppe DuMont Schauberg 4,3 4,3 8,5 8,6 Abendzeitung 3,8 3,5 3,7 3,5 Ippen-Gruppe 3,5 3,5 3,7 3,9 Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen 97,3 96,1 98,0 97,2 Quelle: Röper 2012, S. 273 <?page no="141"?> Wettbewerb und Konzentration 142 Die publizistische Konzentration weist kaum bessere Ergebnisse auf: Die Entwicklung der publizistischen Einheiten zeigt deutlich die Konzentrationsprozesse in den 70er-Jahren, die Zunahme nach der Wiedervereinigung und den danach stattfindenden Konsolidierungsprozess. Die Analyse hinsichtlich der Ein-Zeitungs-Kreise zeigt darüber hinaus die Vielzahl der regionalen Monopole: Gut die Hälfte der kreisfreien Städte/ Kreise sind Regionen mit nur einer regional berichtenden Tageszeitung (vgl. Schütz 2005, S. 230). Abb. 41: Tagespresse: Statistik im Überblick (1954-1989 altes Bundesgebiet, ab 1991 inkl. neuer Bundesländer) Jahr Publizistische Einheiten Verlage als Herausgeber Ausgaben absolut 1954 225 624 1.500 1964 183 573 1.495 1976 121 403 1.229 1981 124 392 1.258 1985 126 382 1.273 1989 119 358 1.344 1989 DDR 37 38 291 1991 158 410 1.673 1993 137 384 1.601 1995 135 381 1.617 1997 135 371 1.582 1999 135 355 1.581 2001 136 356 1.584 2003 134 349 1.561 2005 138 359 1.538 2007 135 351 1.514 2009 134 351 1.511 2011 133 347 1.509 Quelle: Schütz 2009, S. 455 sowie BDZV 2012 Die Wettbewerbsintensität auf dem Lesermarkt ist differenziert zu sehen: Bei den regionalen Tageszeitungen herrscht nur geringer Wettbewerb. Das belegt vor allem die Tatsache, dass in mehr als der Hälfte der Zeitungskreise Monopole den Markt bestimmen. Bei den überregionalen Tageszeitungen dagegen ist die Wettbewerbsintensität durch die Marktstruktur, die konjunkturellen und strukturellen Probleme relativ hoch (vgl. Sjurts 2005, S. 30). Der Rückschluss von der Marktstruktur bei den überregionalen Zeitungen auf die hohe Wettbewerbsintensität lässt sich zum Teil auf die Überlegungen von Kantzenbach stüt- <?page no="142"?> Internetmarkt 143 zen. Danach sind weite Oligopole unter dem Aspekt optimaler Wettbewerbsbedingungen die anzustrebende Marktstruktur (vgl. Bartling 1980, S. 30 ff.). Die Wettbewerbsintensität auf dem Werbemarkt ist durch Sättigungstendenzen und Substitutionskonkurrenz beeinflusst und ebenfalls entsprechend hoch. Der Substitutionswettbewerb zeigt sich deutlich bei den Rubrikanzeigen, die ins Internet abwandern, sowie an den Marktanteilen der verschiedenen Werbeträger an den gesamten Werbeinvestitionen. Hier ist der Marktanteil der Tageszeitungen von 28 Prozent im Jahr 1998 auf 19 Prozent 2010 gesunken (vgl. ZAW 2011). Aufgrund der verschlechterten Rahmenbedingungen verschärft sich der Wettbewerb nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Märkte (vgl. Sjurts 2005, S. 34 ff.). 3.7 Wettbewerb und Konzentration im Internet 3.7.1 Kriterien zur Konzentrationsanalyse Das Internet stellt im Rahmen der Wettbewerbspolitik keinen eigenständigen Regelungsbereich dar: Das entspricht der Einschätzung, dass das Medium Internet zwar intensiv in die Gestaltung bestehender wirtschaftlicher Abläufe eingreift, jedoch keine völlig neuartigen Vorgänge schafft. Allerdings sind die Regelungen des Wettbewerbsrechts, in der Hauptsache die Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), für den Internetbereich teils schwerer anzuwenden als in anderen Medienbereichen. Die Abgrenzung des Marktes stellt sich als ein Hauptproblem dar. Bereits die räumliche Festlegung ist bei der für das Internet typischen globalen Präsenz schwierig. Auch die zeitliche Basis ist nicht einfach, da es aufgrund der Innovationsdynamik notwendig ist, im Rahmen der Marktanalyse auch zukünftige Entwicklungen mit einzubeziehen. Diese Probleme existieren zwar auch in anderen Branchen, erlangen aber durch die weltweite Präsenz und die starke Innovationsdynamik im Internet eine besondere Bedeutung. Darüber hinaus erschweren die Möglichkeiten der Produktdifferenzierung bis hin zur Individualanfertigung grundsätzlich die Marktabgrenzung im Internet. Bei zu enger Marktabgrenzung besitzt der Marktanteil lediglich geringe Aussagekraft (vgl. Monopolkommission 2003, S. 339 f.). Wird der Markt zu weit abgegrenzt, entsteht durch Zusammenschlüsse kaum eine marktbeherrschende Stellung. <?page no="143"?> Wettbewerb und Konzentration 144 Das Vorliegen eines Zusammenschlusses ist Voraussetzung für ein Verfahren im Rahmen der Fusionskontrolle. Da es sich aber im Zusammenhang mit den diskutierten neueren Formen der Kooperation meist nicht um einen formalen Zusammenschluss handelt, werden die daraus resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen kartellrechtlich nicht erfasst. Daneben wäre weiter zu prüfen, inwieweit es sich bei Business-Webs um Kartelle handelt. Solche Formen wettbewerbswidriger Absprachen finden sich eigentlich nur in der gleichen Branche. Im Rahmen von Business-Webs arbeiten aber vorwiegend Unternehmen aus ganz verschiedenen Sektoren miteinander (vgl. Picot/ Heger 2003, S. 24 ff.). 3.7.2 Situation und Struktur Die Wettbewerbssituation im Internet ist sehr unübersichtlich. Durch niedrige Zugangskosten treten viele Unternehmen in den Markt, die nach einiger Zeit wieder ausscheiden. Marken, Vertrauensaufbau und Image besitzen deshalb eine hohe Bedeutung. Insgesamt gilt für den Onlinebereich: • Der Marktzutritt ist relativ leicht. • Der Wettbewerb auf dem Nutzermarkt als auch der Wettbewerb um Werbeeinnahmen ist relativ intensiv, da die Nachfrageseite sehr flexibel reagiert (vgl. Sjurts 2005, S. 387 ff. und ZAW 2002, S. 317). • Ergebnis der vielen Marktaustritte ist eine konzentrierte Anbieterstruktur (vgl. Monopolkommission 2003, S. 341 ff.). Bei den verbleibenden Unternehmen handelt es sich um etablierte, finanzstarke Anbieter, die aufgrund ihres Engagements in anderen Märkten Verbund- und Größenvorteile realisieren. Zwischen ihnen besteht eine gemäßigtere Wettbewerbsintensität als gegenüber den Newcomern. Die Konzentration auf dem Nutzermarkt kann nicht mit relativen Kriterien gemessen werden, da als Grundgesamtheit die Anzahl der Websites und die der Zugriffszahlen fehlen. Somit bleiben die absoluten Kriterien wie Visits (Anzahl der Zugriffe auf eine Internetadresse) und Page-Impressions (Anzahl der Sichtkontakte mit einer Seite). Ein Blick auf die General-Interest-Angebote zeigt, dass es sich bei den Unternehmen mit den höchsten Zugriffszahlen um bereits mächtige Anbieter im Medienbereich bzw. aus dem Kreis der Zugangsanbieter handelt. Das verwundert nicht, da Markenbekanntheit und positive Imagewerte bereits als entscheidende Momente für einen dauerhaften Erfolg im Umfeld vermehrter Konkurse er- <?page no="144"?> Internetmarkt 145 kannt wurden. Das gleiche Resultat erhält man mit Blick auf die Verteilung der Werbeausgaben. Hier sind es ebenfalls nur wenige Unternehmen, die den Großteil der Ausgaben für Internetwerbung auf sich vereinen. Abb. 42: Online-Reichweiten: General-Interest-Angebote Februar 2012 Titel Adresse Visits Page- Impressions T-Online Contentangebot www.t-online.de 396.066.359 4.685.143.613 eBay www.ebay.de 339.509.451 5.122.693.173 Bild.de www.bild.de 212.724.089 2.633.250.978 yahoo www.yahoo.de 183.703.480 955.961.241 SPIEGEL ONLINE www.spiegel.de 169.373.050 935.089.094 Windows Live www.live.com 143.865.715 533.494.604 MSN www.msn.de 138.232.756 416.047.445 ProSieben Online www.prosieben.de 88.223.545 173.171.012 mobile.de Der Automarkt www.mobile.de 69.360.124 1.896.407.910 wer-kennt-wen.de www.wer-kennt-wen.de 62.985.257 1.318.295.445 CHIP online www.chip.de 59.596.163 395.560.331 RTL.de www.rtl.de 56.558.244 317.239.220 Quelle: www.ivwonline.de 3.7.3 Wettbewerbsfördernde Bedingungen Die technischen Marktzutrittsschranken sind grundsätzlich bei allen Medien niedriger geworden, da sich die Kosten der Anfangsinvestitionen vermindert haben. Diese Tatsache wiederum führt zu einem relativ leichten Marktzugang, der insbesondere auch kleineren und mittleren Unternehmen Chancen bietet. Es sind neben den geringen Anfangsinvestitionen die verminderten Transaktionskosten, um das Angebot weltweit bekannt zu machen (vgl. Picot/ Heger 2003, S. 19). Einschränkend ist jedoch hinzuzufügen, dass ein theoretisch weltweites Angebot letztlich doch auch Schwierigkeiten in der Realität bereitet. Dafür sind Sprachbarrieren ebenso verantwortlich wie Unsicherheiten über die jeweiligen Geschäftsusancen bis hin zu politischen Risiken und dem logistischen Aufwand bei nicht digitalisierbaren Gütern (vgl. Monopolkommission 2003, S. 340). Neue Wettbewerber sind aufgrund des erleichterten Marktzugangs hinzugekommen. Es sind Unternehmen, die ausschließlich im Internet anbieten, oder branchenfremde Anbieter, die sich im Onlinebereich engagieren, um an den Wachstumschancen teilzuhaben. <?page no="145"?> Wettbewerb und Konzentration 146 Die Markttransparenz ist im Internet durch den bequemen und raschen Vergleich zumindest theoretisch erst einmal höher. Das gilt sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager und fördert grundsätzlich den Wettbewerb, hauptsächlich den Preiswettbewerb. Am stärksten trifft dies für die Branchen und Güter zu, die bestens für den Internethandel geeignet sind. Es entsteht dadurch sowohl im Internet als auch bei den traditionellen Anbietern ein höherer Wettbewerb, da sich die Transparenz der Nachfrager auch auf den Geschäftsbereich außerhalb des Internets überträgt. Das Innovationstempo hat sich im Umfeld der Neuen Medien beschleunigt. Häufig werden Technologien nicht verbessert, sondern durch gänzlich neue ersetzt. Das fördert den Wettbewerb bzw. verhindert das lange Abschöpfen durch Pioniere, da die Zeitspanne hierfür kurz ist. Die Vorsprungsgewinne sind niedriger als in weniger innovationsträchtigen Bereichen. Unabhängig von den technischen Bedingungen ist der Innovationsdruck bei den Angebotsformen ebenfalls relativ hoch. Mit dem Erfolg von Web 2.0 haben mittlerweile die großen Anbieter durch Zukäufe ihr Angebotsspektrum um die neuen Formen erweitert, was jedoch wiederum die Konzentration fördert. Allerdings kommen gerade durch das Web 2.0 auch kleinere Unternehmen mit Innovationen gut auf den Markt. Die reagiblere und zunehmend heterogene Nachfrage bei der werbetreibenden Wirtschaft und den Internetnutzern lässt ebenfalls auf einen intensiven Wettbewerb schließen. Der Grund liegt in dem relativ leichten Wechsel zu anderen Werbeträgern bzw. Anbietern und den besseren Nutzerdaten und damit der besseren Erfolgskontrolle bei der Werbeschaltung im Internet. 3.7.4 Wettbewerbsmindernde Bedingungen Eine Reihe von Merkmalen des Internets wirkt in der Tendenz jedoch auch wettbewerbsmindernd bzw. konzentrationsfördernd. Die Netzwerkeffekte führen zu dem Bestreben einer schnellen Marktpenetration. Diese Tatsache geht einher mit einer Tendenz zur Konzentration, da sich mit dem Erreichen der kritischen Masse eine Spirale in Gang setzt, die den Vorteil für das jeweilige Unternehmen weiter ausbaut. Neue oder im Markt befindliche Wettbewerber können durch kleinere Nutzerzahlen keinen vergleichbaren Nutzwert bieten. <?page no="146"?> Internetmarkt 147 Beispiele hierfür sind das soziale Netzwerk Facebook oder die Versteigerungsplattform eBay. Bis zum Erreichen der kritischen Menge ist der Wettbewerb aufgrund der Natur der Netzwerkeffekte allerdings intensiv. Märkte, auf denen Netzwerkeffekte eine große Rolle spielen, tendieren damit in der Regel zu einem asymmetrischen Oligopol („the winner takes most- Situation“) bzw. zu einem natürlichen Monopol, wenn nur noch ein einziger Anbieter auf dem Markt verbleibt („the winner takes all-Situation“). Diese Polarisierung des Marktes ist durch die Netzwerkeffekte hervorgerufen und wird durch die Größenvorteile aufgrund der hohen Fixkosten noch verstärkt (vgl. Dietrich 2006, S. 66). „Allerdings verläuft der Wettbewerb in einer Abfolge von natürlichen Oligopolen oder (Quasi)Monopolen“ (Dietrich 2006, S. 70), die durch den Innovationswettbewerb hervorgerufen wird. Entsprechend der Theorie von Schumpeter können jederzeit neue Angebote Erfolg haben, also von den Netzwerkeffekten profitieren, so dass ein neues Oligopol oder Monopol entsteht. Damit verbessert sich zwar nicht die Marktstruktur, jedoch wechseln die Unternehmen und der Innovationsdruck belebt den Wettbewerb um die Monopolbzw. Oligopolpositionierung. Missbrauchsabsichten aufgrund beherrschender Marktpositionen werden durch Netzeffekte und der damit angestrebten Steigerung der Nutzerzahlen herbeigeführt bzw. verstärkt. Die Monopolkommission führt hierzu das so genannte Bundling - das Bündeln - von Produkten an. Dies kann zwar durch Synergieeffekte begründet sein und den Konsumenten zugute kommen - es kann aber ebenso zu wettbewerbswidrigem Verhalten benutzt werden, wenn dadurch Produkte ohne Aufpreis in das Gesamtangebot integriert werden, um damit ein attraktiveres Angebot und damit wiederum erhöhte Nutzerzahlen erreichen zu können (vgl. Monopolkommission 2003, S. 341). Ein Beispiel hierfür ist die kostenlose Nutzungsmöglichkeit bestimmter Informationen, Archive etc. für Kunden/ Abonnenten, die ansonsten kostenpflichtig ist. Neue Formen vernetzter Zusammenarbeit sind ein weiteres charakteristisches Merkmal des Internets. Die Kooperationen ergeben sich durch die Notwendigkeit hoher Marktanteile sowie aufgrund der geringeren Transaktionskosten. Dies zeigt sich sowohl auf der Angebotsseite durch virtuelle Unternehmen oder Business-Webs als auch auf der Nachfragerseite in Form von Powershopping-Gemeinschaften oder Meinungsportalen. <?page no="147"?> Wettbewerb und Konzentration 148 Die Grenzen zwischen Kooperation und Konkurrenz und zwischen den einzelnen Unternehmen werden dadurch fließend bzw. initiieren die Kooperationen auf der Nachfrageseite entsprechende Aktivitäten auf der Angebotsseite (vgl. Picot/ Heger 2003, S. 24 ff.). Wahrnehmungsbarrieren ergeben sich durch die Fülle des Angebotes und die damit einhergehende Unübersichtlichkeit. Sie fördern ebenfalls Konzentrationstendenzen: Die Nutzer des Internetangebotes greifen oft auf bekannte Namen oder Adressen, die bereits das Produkt benennen (z. B.: boerse.de), zurück. Das verschafft diesen Anbietern einen Wettbewerbsvorteil, der nicht auf Produkteigenschaften, einem relativ niedrigen Preis oder anderen Attributen beruht. Neben eBay und Amazon rangieren bekannte und im Internet aktive Unternehmen wie Otto, Quelle, Deutsche Bahn, Neckermann, Tchibo und der Hotelreservierungsservice HRS unter den zehn größten Internethändlern. Größenvorteile entstehen durch die hohe Bedeutung der Fixkosten und fördern die Konzentration bzw. lassen so Markteintrittsbarrieren entstehen. Aufgrund der nichtphysischen Distribution entstehen bei den Neuen Medien sogar die vergleichsweise niedrigsten Grenzkosten (vgl. Hass 2002, S. 46). Große Konzerne verfügen über das Kapital, lange Durststrecken zu überstehen und neue Möglichkeiten durch Konvergenz und Digitalisierung in Angriff zu nehmen. Aufgrund ihres Internet-Engagements können sie ihre mächtige Stellung ausbauen. Das gilt besonders für Medienkonzerne bzw. für das Erreichen von Netzeffekten durch Quersubventionierung (vgl. Picot/ Heger 2003, S. 21). Die Dominanz der großen Konzerne zeigt sich auch innerhalb der Internetanbieter, die ihre starke Stellung durch Zukauf neuer und erfolgreicher Angebote im Web 2.0 ausbauen. So kaufte bspw. Google die schnell wachsende Gemeinschaft YouTube, und die Foto-Community Flickr ist eine Tochtergesellschaft von Yahoo. Lediglich Myspace gehört zu einem traditionellen Medienunternehmen, zur News Corporation von Robert Murdoch. Das zeigt, dass von den neuen Geschäftsmodellen letztlich auch wiederum die großen Anbieter der ersten Internetgeneration bzw. die großen Anbieter im Medienbereich profitieren (vgl. O.V. 2006c, S. 21 sowie Schmidt 2011). Die Transparenz und damit der Preiswettbewerb bergen die gleichen Gefahren wie auf traditionellen Märkten: Anbieterabsprachen werden erleichtert und es werden Produktdifferenzierungen einzig zum Zwecke der Nichtvergleichbarkeit <?page no="148"?> Internetmarkt 149 vorgenommen. Hinzu kommt, dass durch die einfache Differenzierung und Individualisierung der Angebote im Internet und mit der Ausnutzung dieser Möglichkeiten gleichzeitig eine tatsächlich verminderte Transparenz einhergeht (vgl. Monopolkommission 2003, S. 340). 3.7.5 Mehr Vollkommenheit auf elektronischen Märkten? Der vollkommene Markt galt lange Zeit als Leitbild in der Wettbewerbspolitik. Er wurde aber ebenso lange schon als unrealistische Modellüberlegung eingestuft. Vollkommener Wettbewerb ist allgemein durch folgende Bedingungen gekennzeichnet (vgl. Bartling 1980, S. 12 ff.): • viele Anbieter und viele Nachfrager, • Homogenität durch Fehlen von sachlichen, persönlichen, räumlichen und zeitlichen Präferenzen, • Markttransparenz, • unbegrenzte Mobilität und Teilbarkeit von Produktionsfaktoren und Gütern, • unendliche Reaktionsgeschwindigkeit • sowie Fehlen von Marktzutritts- und Marktaustrittsschranken Mit den neu geschaffenen Rahmenbedingungen durch das Internet sind einige Prämissen für den vollkommenen Wettbewerb besser erfüllt als in der Vergangenheit, sodass ein höheres Maß an Vollkommenheit erreicht wird: • keine räumlichen Präferenzen, da globale Verfügbarkeit der Internetangebote • Verringerung der zeitlichen Präferenzen • verbesserte Markttransparenz • Senkung von Marktzu- und -austrittsschranken Gleichzeitig bewirken die neu geschaffenen Rahmenbedingungen aber auch Ergebnisse, die dieses Maß an mehr Vollkommenheit wiederum relativieren bzw. zunichte machen. <?page no="149"?> Wettbewerb und Konzentration 150 Abb. 43: Der Grad der Vollkommenheit auf elektronischen Märkten Globale Verfügbarkeit der Internetangebote verringert bzw. beseitigt räumliche Präferenzen. E l e k t r o n i s c h e r M a r k t Hemmfaktoren wie Sprache, Lieferzeiten und Usancen im Ausland führen zu räumlichen Präferenzen. Transparenz erhöht sich durch bequeme Suchmechanismen und Suchmaschinen. Damit verringert sich die Informationsasymmetrie zwischen Anbietern und Nachfragern. Höhere Transparenz herrscht auch auf der Angebotsseite - statt Preiswettbewerb besteht die Gefahr von Absprachen. Powershopping und Meinungsportale stärken die Position der Nachfrager. Powershopping schränkt die sachliche und zeitliche Autonomie des Einzelnen ein und fordert Anbieterkooperationen heraus. Geringe Eintrittsschranken und weltweite Verfügbarkeit führen zu einer Vielzahl von Anbietern und zu einem großen Angebot. Trotz Suchmaschinen besteht ein Informationsverarbeitungs- und ein Bewertungsproblem in Bezug auf Zuverlässigkeit. Das führt u. U. zu bekannten Marken und dadurch wiederum zu Präferenzen. Geringe Marktaustrittsschranken. Hohe Fluktuation - finanzstarke Anbieter mit Reserven verbleiben. Höhere Reaktionsgeschwindigkeit durch zeitliche und räumliche Ungebundenheit. Kundenbindungsinstrumente, insbesondere Lock-in-Effekte bzw. Wechselkosten behindern Nachfragerreaktionen. Annäherung an den Entfernung von dem vollkommenen Markt vollkommenen Markt Quelle: eigene Darstellung <?page no="150"?> Übungsfragen 151 Übungsfragen 1. Der Wettbewerb und die Konzentration im Medienbereich haben immer zwei Blickpunkte. a. Stellen Sie dar, was unter publizistischer und ökonomischer Konzentration zu verstehen ist. b. Zeigen Sie die Wechselbeziehungen zwischen der ökonomischen und der publizistischen Konzentration im Sinne von Meinungsvielfalt. c. Stellen Sie mögliche Kriterien zur Messung der ökonomischen und publizistischen Konzentration in den verschiedenen Medienmärkten dar. d. Beziehen Sie Ihre Überlegungen auf die folgende konkrete Aussage und erarbeiten dazu die möglichen Pro- und Contra-Argumente: „Es gibt gute wirtschaftliche und publizistische Gründe für eine Integration der Verlagsaktivitäten von zwei Blättern (gemeint sind Tageszeitungen) unter Beibehaltung getrennter Redaktionen.“ 2. Diskutieren Sie die Wirkungen vertikaler Verflechtungen im Vergleich zum Outsourcing in Medienunternehmen. Differenzieren Sie dabei in Ihrer Argumentation zwischen den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette. 3. Mit welchen Mitteln könnte trotz ökonomischer Konzentration publizistische Vielfalt entstehen oder erhalten werden? 4. Die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Internetmarkt müssen sehr differenziert analysiert werden, da es sich teilweise um gegenläufige Bedingungen handelt. a. Skizzieren Sie die Faktoren, die im Internet die Wettbewerbsbedingungen entscheidend beeinflussen sowie die Schwierigkeiten der Wettbewerbspolitik auf diesem Markt. b. In einem Zeitungsartikel heißt es: „Viele Internet-Märkte steuern auf enge Oligopole mit wenigen marktbeherrschenden Unternehmen oder gar auf Monopole zu“. Begründen oder widerlegen Sie diese Aussage. c. Untersuchen Sie die Markteintrittsschranken auf dem Presse-, Zeitungs- und Internetmarkt. d. Warum können Netzeffekte zur Bildung natürlicher Monopole führen? 5. Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gibt es spezielle Regelungen zur Pressefusionskontrolle. Erklären Sie den Zweck dieser Regelungen. 6. Welche Gefahren gehen von konzentrierten Medienmärkten aus? <?page no="152"?> 153 4 Finanzierung 4.1 Finanzierungsformen im Überblick Die Erlöse der Medienunternehmen werden auf unterschiedlichen Märkten erzielt. Meist fließen die Erlöse aus verschiedenen Quellen gleichzeitig, sodass es sich um Mischfinanzierung handelt. Das ist bspw. bei Werbe- und Vertriebserlösen im Printbereich oder bei Gebühren/ Beiträgen und Werbeerlösen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Fall. Abb. 44: Überblick über die Finanzierungsformen Medienunternehmen Indirekte Erlösformen Direkte Erlösformen Rezipient Abonnement Rechtekäufer Andere Marktteilnehmer Staat Werbetreibende Wirtschaft • Verkauf von Werberaum und Werbezeit • Licensing und Merchandising • Inhalteverkauf • Datamining • Lizenzgebühr bei Teleshopping • Subventionen Einzelkauf Rundfunkgebühren Quelle: eigene Darstellung Bei Pay-TV und bei Buchverlagen findet sich eine geringe Streuung der Finanzierungsabhängigkeiten. Hier konzentriert sich die Finanzierung auf den Rezipienten. Dies trifft auch für kostenpflichtige Internetangebote zu. Bei Gratiszeitungen, werbefinanziertem Rundfunk und kostenlosen Internetangeboten findet <?page no="153"?> Finanzierung 154 sich ebenfalls eine relativ einseitige Finanzierungsausrichtung; es besteht eine hohe Abhängigkeit von der Werbekonjunktur. Abb. 45: Erlösquellen ausgewählter Massenmedien 2010 (Angaben in Prozent) Quelle: Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.) 2011, Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hrsg.) 2012, eigene Recherchen Die auf den Rezipienten bezogene Finanzierung ist als direkte Finanzierung einzustufen. Dazu zählen die Vertriebserlöse im Printbereich wie auch die Gebührenzahlungen im TV-Bereich oder die Transaktionen im Onlinegeschäft und beim Transaktionsfernsehen. Alle anderen Angebote sind für den Rezipienten erst einmal „kostenfrei“. Die Vergütung der Leistung in Geld erfolgt über Dritte, d. h., durch die werbetreibende Wirtschaft, durch Käufer von Kundeninformationen (Datamining) oder durch den Rechteverkauf bei Medienunternehmen (Merchandising und Licensing). Erlöse über den Staat in Form von Steuern oder Subventionen sind ebenfalls indirekte Erlöse. Der Rezipient zahlt bei allen indirekten Erlösströmen nicht für die Medienleistung, sondern durch Werbekonsum bzw. durch höhere Güterpreise oder Steuern. Aus dieser Sicht ist die Bezeichnung „Free-TV“ oder die Einstufung von Internetangeboten als kostenlos oder auch der Begriff „Gratiszeitungen“ irreführend. <?page no="154"?> Abgaben 155 4.2 Abgabenfinanzierung 4.2.1 Aufkommen aus Gebühren und Beiträgen Das alte Finanzierungsmodell für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gilt noch bis zum 31.12.2012. Danach hat jeder Haushalt, der ein empfangsbereites Rundfunkgerät besitzt, die Gebühr von derzeit 17,98 Euro zu zahlen (§ 2, Rundfunkgebührenstaatsvertrag). Die Rundfunkgebühr ist in die Grundgebühr zur Finanzierung des Hörfunkangebotes (5,76 Euro) und in die Fernsehgebühr (12,22 Euro) aufgespalten. Für Computer und Mobiltelefone mit Rundfunkempfang wird eine zusätzliche Gebührenkomponente erhoben. Abb. 46: Entwicklung der Rundfunkgebühr seit 1954 (in Euro) Quelle: www.kef-online.de Der Grund zur Etablierung eines neuen Finanzierungskonzeptes erwuchs aus der Konvergenz der Medien und aus den neuen Möglichkeiten, Rundfunk zu empfangen. Ein geräteabhängiges Finanzierungssystem war daher in Anbetracht der Dynamik bei den Empfangsgeräten nicht mehr zukunftsfähig. <?page no="155"?> Finanzierung 156 Das neue Finanzierungsmodell tritt ab dem 1.1.2013 in Kraft. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird auf eine neue Bezugsgröße umgestellt. Das Gebührenmodell wird durch das Beitragsmodell abgelöst: Bezugspunkt für die Beitragszahlung ist im privaten Bereich der Haushalt (vgl. RBeitrStV § 2f), im gewerblichen Bereich die Betriebsstätte und in beiden Bereichen sind auch die Kraftfahrzeuge Basis der Beitragspflicht (vgl. § 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag). Die Beitragshöhe für Betriebsstätten ist in Abhängigkeit der Beschäftigten gestaffelt (vgl. auch Kirchhof 2010 und Dittmann 2009). Die Haushalts- und Betriebsstättenabgabe hat jeder zu zahlen, auch wenn er keinen Fernseher, Computer oder kein Radio besitzt. Insofern entfällt auch die nach dem alten Modell gesondert erhobene Gebühr auf neuartige Rundfunkempfangsgeräte, insbesondere PCs. Ebenfalls wird auch die bisherige Unterscheidung zwischen der Grund- und der Fernsehgebühr aufgehoben. Kritik an der neuen „Rundfunkgebühr“ entstand vor allem im Hinblick auf den Datenschutz durch die Austauschmöglichkeiten der Daten zwischen den Landesrundfunkanstalten und die Abfragemöglichkeiten bei Behörden. Darüber hinaus hat sich die Gruppe derer, die nichts oder nur einen verminderten Beitrag zu zahlen hatten, verkleinert. Der Charakter des Rundfunkbeitrages ist wie die bisherige Rundfunkgebühr • ein Entgelt für besondere Aufgaben, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch die Realisierung des Programmauftrages erbringt. • ein nutzenunabhängiges Entgelt. Es ist damit eine Pauschalabgabe. Für den Zuschauer ergeben sich lediglich Ja-Nein-Entscheidungen. Reaktionsmöglichkeiten, wie etwa bei der Kfz-Steuer durch die verschiedenen Klassen, existieren nicht. • eine planbare Einnahmequelle für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, da die Haushaltszahl als Bezugsgröße wenig variiert. Vor der Aufteilung auf ARD und ZDF werden 2 Prozent der Gebühreneinnahmen für die Landesmedienanstalten entnommen (vgl. § 10 RFinStV). Da dieser Teil aus dem Aufkommen bisher auf alle Landesmedienanstalten gleichmäßig aufgeteilt wurde, ergab sich eine nicht zu rechtfertigende Gleichbehandlung. Die zu betreuenden Veranstalter und Aufgaben sind sehr unterschiedlich in den einzelnen Landesmedienanstalten. Die Verteilung erfolgt deshalb nun in einer Bandbreite zwischen 1,25 und 2 Prozent der Rundfunkgebühren. <?page no="156"?> Abgaben 157 Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr/ -beitrag Die Rundfunkanstalten legen alle zwei Jahre der unabhängigen KEF ihre Bedarfsanmeldungen für die nächste vierjährige Gebühren-/ Beitragsperiode vor, die sich durch einen Vergleich der zukünftigen Kosten und Erlöse ergeben (§ 1 RFinStV). Die KEF überprüft den Finanzbedarf auf Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und auf Rationalisierungspotenziale (RFinStV § 3 ff.). Sie darf dabei keinen Einfluss auf das Programm nehmen. Konkret bearbeitet sie diese Aufgabe in fünf verschiedenen Schritten bzw. Arbeitsgruppen: Geprüft werden die Realistik der Erträge, die Personalaufwendungen, der Programmaufwand und die Erfordernisse technischer Projekte. Die wirtschaftlichen Verbesserungen werden bewertet und das noch bestehende Verbesserungspotenzial wird aufgezeigt. Am ehesten würden Einflüsse auf die Programmautonomie bei der Prüfung der Programmaufwendungen entstehen. Hier arbeitet die KEF deshalb mit einer rundfunkspezifischen Preissteigerungsrate. Die KEF gibt einen vorläufigen Bericht mit der Empfehlung ab, ob und in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt eine Änderung der Rundfunkgebühr/ -beitrag notwendig ist. Die Länder und die Rundfunkanstalten diskutieren mit der KEF den vorläufigen Gebühren-/ Beitragsvorschlag. Gegebenenfalls arbeitet die KEF die Änderungswünsche der Sender ein und legt ihren endgültigen Bericht vor. Die Ministerpräsidenten prüfen den endgültigen KEF-Bericht. Die Gebühren- / Beitragsänderung wird von den Landesregierungen als Gesetzentwurf in die jeweiligen Parlamente gegeben, wo sie als Gesetz für die Dauer von vier Jahren verabschiedet wird. Von der Empfehlung der KEF dürfen die Länder lediglich aus einem nachprüfbaren Grund abweichen, vor allem dann, wenn sie den Gebühren-/ Beitragsvorschlag für nicht sozialverträglich halten. Der Nachweis dafür ist jedoch schwierig bzw. meist strittig. <?page no="157"?> Finanzierung 158 4.2.2 Kriterien zur Beurteilung des Finanzierungssystems Insbesondere die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben steht immer wieder im Fokus der Diskussionen. So auch die Finanzierung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten. Sie sollen/ müssen einer Fülle von Kriterien und Zielen genügen. Diese ergeben sich aus ganz unterschiedlichen Ansatzpunkten. Das neue Finanzierungskonzept verfolgt vor allem folgende Ziele: • Aufkommensneutralität • Beitragsstabilität • Beteiligung des privaten und nicht-privaten Bereiches • soziale Gerechtigkeit • Staatsferne • geringer Verwaltungsaufwand • Beachtung der rundfunkverfassungs-, finanzverfassungs-, datenschutz- und europarechtlichen Vorgaben (vgl. Begründung zum 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, S. 2) Aus der Ökonomie und der Spezifik des Medienbereiches ergeben sich grundsätzlich folgende allgemeine Kriterien, die zur Überprüfung der Aufbringung und der Ermittlung der Finanzierungsmittel von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geeignet sind: • Aufwand: Bei der Erhebung und bei der Feststellung des Mittelbedarfs sollte der Aufwand so gering wie möglich gehalten sein. • Anreizkompatibilität: Die Regelungen sollten Anreize schaffen, ein gutes Programm zu bieten und sparsam mit den Mitteln umzugehen. • Flexibilität: Die Lösung muss genügend Flexibilität aufweisen, um die Finanzierung, vor allem auch im Hinblick auf die Bestands- und Entwicklungsgarantie, an geänderte Bedingungen anzupassen (Anpassung der Technik, der Programmstrukturen). • Staatsferne: Der öffentliche-rechtliche Rundfunk soll dem Zugriff des Staates so weit wie möglich entzogen sein. Deshalb ist auch der Einfluss des Staates auf die Finanzierung der Sender zu minimieren. Die Prüfung von Beihilfen durch die EU-Kommission in Folge des Verfahrens gegen die Bundesrepublik zur Rechtmäßigkeit der Gebühren als staatliche Subvention basiert auf den sogenannten „Altmark-Kriterien“. Sie müssen erfüllt <?page no="158"?> Abgaben 159 sein, damit staatliche Ausgleichszahlungen (Rundfunkgebühren oder -beiträge) zulässig sind: • Es muss sich um die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe handeln, deren Verpflichtungen klar definiert sind. • Die Kriterien für die Berechnung des Ausgleichs müssen zuvor objektiv und transparent erklärt werden. • Der Ausgleich darf nicht höher sein als die Kosten, die zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nach Abzug der Einnahmen und eines angemessenen Gewinns entstehen. • Der Referenzrahmen für die Ermittlung des Ausgleichs ist ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen. Dieser Vergleichswert ist dann anzusetzen, wenn ein Unternehmen oder eine Institution damit betraut wurden, die nicht im Rahmen eines Vergabeverfahrens für öffentliche Aufträge ausgewählt wurden. (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juli 2003, C-280/ 00 Altmark Trans GmbH, EuGH, Slg. 2003, I-7747). 4.2.3 Problematik der Rundfunkgebühr bzw. des Rundfunkbeitrags Bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ergeben sich zwei Bereiche, die zu bestimmen sind: Die Art der Aufbringung der Mittel und die Ermittlung des Bedarfs und der sich daraus ergebenden Anpassung. Bezüglich der jetzigen und der ab 2013 geltenden Aufbringung sowie dem nach wie vor geltenden Verfahren zur Festsetzung der Gebühren-/ Beitragshöhe kommen in der Hauptsache folgende Argumente zum Tragen: • Ein Prognoseproblem besteht bereits durch die Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten, die in die Zukunft gerichtet sind. • Ein Prüf- und Verteilproblem besteht in der Arbeit und den Empfehlungen der KEF, die die Programmautonomie zu wahren und die Bestands- und Entwicklungsgarantie zu sichern hat. • Fehlende und verzerrte Anreize ergeben sich durch die vom Markt abgekoppelte Finanzierung, durch die Abhängigkeit der Einnahmen von den Ausgaben sowie durch eventuell vorweggenommene Kürzungen bei der Bedarfsprüfung. • Politikeinfluss kommt in der letzten Stufe der Abgabenfestsetzung zum Tragen. Hier entscheiden die Länderparlamente; sie sind dabei auch von den politischen Rahmenbedingungen beeinflusst. <?page no="159"?> Finanzierung 160 • Der Programmauftrag ist unzureichend konkretisiert. Dies ist in einer sich verändernden Gesellschaft sinnvoll, erschwert aber die Prüfung der Bedingungen, für die die Gebühren/ Beiträge gedacht sind. Dieser Umstand führt wiederholt zu Prüfungen im Hinblick auf ungerechtfertigte staatliche Beihilfen durch die EU-Behörden bzw. zur Offenlegung entsprechend der so genannten Transparenzrichtlinie. Danach hätten Firmen privatwirtschaftliche von den öffentlichen Aktivitäten getrennt zu bilanzieren (vgl. Monopolkommission 2006, S. 346 ff., TZ 781 ff.). • Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den privaten Rundfunkveranstaltern entstehen insbesondere dann, wenn es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Quersubventionierungen von Programmbestandteilen kommt, die nicht dem Programmauftrag/ der Grundversorgung unterliegen, oder wenn Werbepreise unter den Marktpreisen liegen. • Transaktionskosten verteuern die Finanzierung. Dies betrifft vor allem die Kosten des Einzuges durch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) sowie die Kosten im Zusammenhang mit der Prüfung der Bedarfsanmeldungen (zur Kritik an der Gebührenfinanzierung vgl. bspw. Detering 2001, S. 77 ff. und Schröder 1997, S. 67 ff.). <?page no="160"?> Abgaben 161 Außergewöhnliche Verfahren zur Gebühren-/ Beitragsfestsetzung Periode 2003-2004 Das Verfahren zur Gebührenfestsetzung 2003-2004 endete mit einem Novum: Die KEF ermittelte eine Gebührenerhöhung von 1,00 Euro auf 17,24 Euro zum 1.1.2005. Im Zeichen der allgemeinen Sparmaßnahmen wurde jedoch gefordert, auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle sparen und seine geprüfte Finanzlücke nicht automatisch geschlossen bekommen. Die Länder wichen daher von der KEF-Empfehlung ab und billigten ARD und ZDF nur eine Erhöhung auf 17,03 Euro zu. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sahen dies als Eingriff der Politik in ihre Rundfunkautonomie. Deshalb legten sie Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Das Bundesverfassungsgericht hat im September 2007 zu dieser Verfassungsbeschwerde sein Urteil verkündet: Nach Auffassung der Richter greifen die Länder mit der Abstufung der Gebührenerhöhung in die Rundfunkfreiheit der Sender ein, ohne dies hinreichend begründen zu können. (Eine Abweichung vom Vorschlag der KEF ist nur möglich, wenn ansonsten eine angemessene Belastung nicht mehr gegeben wäre. Dabei stellt sich die Frage, was angemessen ist.) Allerdings wird die Gebühr vor dem nächsten Erhöhungstermin 2009 nicht nachträglich noch einmal angehoben. Periode 2013-2016 Nach der Anmeldung von ARD, ZDF und Deutschlandradio und deren Prüfung durch die KEF ergab sich für den Zeitraum von 2013 bis2016 letztlich eine Finanzlücke von 304,1 Millionen Euro. Das entspräche einer Anhebung des Beitrages um 18,35 Cent (vgl. KEF 2011, TZN 584 ff.). Durch die Umstellung des Systems ab 2013 auf einen geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag ergaben sich für die KEF aber einige Unsicherheiten für die Prognose der Erträge (vgl. KEF 2011, TZN 378). In Anbetracht dieser Unsicherheiten und der geringen Erhöhung des Beitrages, empfahl die KEF das Verfahren auszusetzen bzw. keine Erhöhung des Beitrages vorzunehmen. Quelle: KEF 2011 <?page no="161"?> Finanzierung 162 Die Indexierung der Rundfunkgebühren ist eine Alternative zur jetzigen Gebührenfindung und nicht an eine bestimmte Art der Mittelaufbringung gekoppelt. Diese Möglichkeit beinhaltet jedoch wieder andere Probleme: Wäre die Indexierung an dem Preisindex für die Lebenshaltung orientiert, würde der Preis für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sich entsprechend den durchschnittlichen Kosten für die Lebenshaltung verändern. Das berücksichtigt aber kaum oder gar nicht die Veränderung der Preise von rundfunkspezifischen Produkten (z. B. Lizenzen oder Dienstleistungen). Eine Orientierung an einem rundfunkspezifischen Warenkorb wäre daher sinnvoller, jedoch existiert ein solcher Maßstab noch nicht und müsste speziell auch für öffentlich-rechtliche Fernsehveranstalter ermittelt werden. Aufgrund der Dynamik wäre der Güterkorb ständig zu überprüfen und zu verändern, wodurch wiederum Prüf- und Einflussprobleme aufträten. Darüber hinaus tragen Indexierungslösungen eine Spiralwirkung nach oben in sich. Zu bedenken ist auch, dass durch die Größe der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die Preise auf dem Beschaffungsmarkt für Rundfunkgüter von ihnen erheblich beeinflusst wären. Hinzu kommt, dass mit einer Indexierung kaum Anreize zur Verbesserung des Programms gegeben sind. Die Staatsferne hängt davon ab, wie oft der Index angepasst wird, da hier der stärkste politische Einfluss besteht (vgl. 2005a sowie Hasse 2005b sowie Kops 1994). Eine Steuerlösung ist eine Alternative zur Art der Mittelaufbringung. Hierfür stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl: eine Rundfunksteuer auf Rundfunkgeräte, eine Abgabe privater Rundfunkveranstalter, die eine Steuer auf den Betrieb privater Rundfunkunternehmen darstellt und eine Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln. Der Aufwand bei einer Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen ist gering zu sehen, während der Erhebungsaufwand bei einer Geräteabgabe als spezifische Verbrauchssteuer höher ist. Dies gilt auch für die Anpassung bei schwankenden Gerätezahlen sowie beim Übergang zu diesem System, da diese Steuer nur auf neue Geräte erhoben werden könnte. Eine Abgabe privater Veranstalter stellt für diese eine Mehrbelastung dar und könnte dazu führen, dass diese teilweise auf die Kunden abgewälzt wird. Alle drei Möglichkeiten sind relativ flexibel. Im Hinblick auf die Ziele Flexibilität und Staatsferne besteht jedoch ein Zielkonflikt: Je flexibler die Mittelaufbringung gehandhabt wird, um so häufiger sind die Steuersätze anzupassen und um so mehr staatlicher Einfluss wäre denkbar. Dieser wird bei der Finanzierung aus einer allgemeinen Steuer am deutlichsten, da es zu Verteilungskämpfen mit anderen staatlichen Institutionen um die Haushaltsmittel kommen kann. Bei Haushaltsproblemen oder Nachtragshaushalten gilt das Gleiche (vgl. Dittmann 2009). <?page no="162"?> Abgaben 163 Abb. 47: Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks im internationalen Vergleich Land: Mittelherkunft Rundfunkfinanzierung öffentlich-rechtlicher Inhalte/ Veranstalter USA staatliche Zuschüsse, Zuschauerabonnements und -spenden, Zuschüsse von Unternehmen; geregelt im Communications Act von1975 (http: / / www.govtrack.us/ congress/ bills/ 94/ hr6461) Neuseeland direkte Zahlung von der Regierung für die Produktion von gewünschten Inhalten und Werbung (http: / / images.tvnz.co.nz/ tvnz_images/ tvnz/ About%20TVNZ/ TVNZAR_F Y2011_Web.pdf ) Niederlande staatliche Zuschüsse zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags, Werbung und andere selbst erwirtschaftete Mittel; geregelt im niederländischen Mediengesetz von 2008 (http: / / www.obs.coe.int/ oea_publ/ iris/ iris_plus/ iplus4LA_2010.pdf.de) Österreich Gebühren und Werbung in begrenzter Form; geregelt in § 31 ORF-G (http: / / www.rtr.at/ de/ m/ ORFG#p31 ) Spanien Steuern, vor allem von den privaten Rundfunkveranstaltern zu entrichten; geregelt im Gesetz Nr. 8/ 2009 zur Finanzierung des spanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (http: / / merlin.obs.coe.int/ iris/ 2010/ 1/ article18.de.html ) Vereinigtes Königreich Gebühren, keine Werbung, zusätzliche Einnahmen durch Verkauf von BBC-Sendungen und andere getrennte kommerzielle Aktivitäten; geregelt in Part 4 des Communications Act von 2003 (http: / / www.tvlicensing.co.uk/ about/ legislation-and-policy-AB9/ ) Japan Empfangsgebühr (Teilnehmergebühr der Besitzer von Fernsehgeräten); geregelt in Art. 64 des japanischen Rundfunkgesetzes (http: / / pid.nhk.or.jp/ jushinryo/ multilingual/ german/ index.html ) Indien staatliche Finanzierung und Werbung; geregelt in § 17 des indischen Rundfunkgesetzes (http: / / www.ddindia.gov.in/ Information/ Acts+And+Guidelines ) Polen Fernsehgebühren und Werbeeinahmen; geregelt in Art. 31 des polnischen Rundfunkgesetzes (http: / / www.obs.coe.int/ oea_publ/ iris/ iris_plus/ focus6_2000.pdf.de ) Quelle: eigene Darstellung <?page no="163"?> Finanzierung 164 4.3 Werbefinanzierung 4.3.1 Werbefinanzierung im Fernsehen Ausgewählte Werberegeln Die privaten Rundfunkveranstalter, mit Ausnahme der Pay-TV-Anbieter, konkurrieren auf dem Werbemarkt mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Da es sich jedoch um unterschiedliche Systeme handelt, sind die Möglichkeiten zur Generierung von Werbeerlösen unterschiedlich. Der Werbeumfang beträgt bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten 20 Minuten, das Volumen der privaten Veranstalter beläuft sich hingegen auf 20 Prozent ihrer Sendezeit (vgl. § 16 Absatz 1 und § 45 Absatz 1 RStV). Abgesehen von dem ersten und zweiten Fernsehprogramm ist Werbung bei den übrigen öffentlichrechtlichen Angeboten nicht erlaubt (vgl. § 16 Absatz 2 RStV). Die Werbezeit ist bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten auf die Zeit bis 20.00 Uhr und nur auf Werktage begrenzt (vgl. § 16 Absatz 1 RStV). Die privaten Veranstalter können an allen Tagen rund um die Uhr ihr Werbevolumen nutzen. Die Werbebeschränkungen für öffentlich-rechtliche Anbieter sind damit im internationalen Vergleich relativ streng. Eine Reihe von Vorschriften im Zusammenhang mit der Werbefinanzierung ist für öffentlich-rechtliche sowie für private Rundfunkveranstalter gleich: • Die Kennzeichnung der Werbung und das Verbot der Irreführung durch Werbung gelten für beide Veranstaltertypen (vgl. § 7 RStV). • Die Unterbrechung durch Werbung ist gemäß der Sendungsdauer und -art genau geregelt. Einzeln gesendete Werbe- und Teleshopping-Spots müssen die Ausnahme bleiben; dies gilt nicht bei der Übertragung von Sportveranstaltungen (§ 7a Absatz 2 RStV). Filme mit Ausnahme von Serien, Reihen und Dokumentarfilmen sowie Kinofilme und Nachrichtensendungen dürfen für jeden programmierten Zeitraum von mindestens 30 Minuten einmal für Fernsehwerbung oder Teleshopping unterbrochen werden (§ 7a Absatz 3 RStV). Gottesdienste und Sendungen für Kinder dürfen nicht durch Werbung unterbrochen werden (vgl. § 7a Absatz 1 RStV). <?page no="164"?> Werbung 165 Die wichtigsten Werbeformen Im Fernsehen existiert eine Reihe verschiedener Werbemöglichkeiten mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen und unterschiedlichen Regelungen. Die folgende Zusammenstellung skizziert die wichtigsten Formen. Spotwerbung ist die klassische Werbeform im Fernsehen. Standard ist der 30- Sekunden-Spot. Die Preise differieren bei der Belegung nach der Reichweite des Programms, Jahres- und Tageszeit sowie nach spezifischem Werbeumfeld der Sendung. Product-Placement ist eine integrative Werbeform, die gezielt redaktionelle und werbliche Inhalte verbindet. Produktplatzierung umfasst die systematisch in die Marketingstrategie der Hersteller eingebundene Darstellung bzw. Erwähnung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken etc. gegen Entgelt oder entgeltähnliche Leistung mit dem Ziel der Absatzförderung im Rahmen von Filmen, Serien oder Sportübertragungen. Auch Produktionshilfen, d. h. die unentgeltliche Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen, sind eine Form der Produktplatzierung sofern sie von „bedeutendem Wert“ sind. Eine Abgrenzung ist häufig problematisch, da realitätsnahe Sendungen oft Markenzeichen, Firmennamen u. ä. als dramaturgische Elemente ohne Werbeabsichten enthalten (weiterführende Analysen finden sich bei Müller 1997). Als Werbeform ist Product-Placement attraktiv, da der Rezipient aufmerksamer ist und den Zweck, eine Werbebotschaft vermittelt zu bekommen, nicht unbedingt als solchen erkennt. Die werbetreibende Wirtschaft kann auf diese Weise Zielgruppen erreichen, die sonst der Werbung ausweichen würden. Werberestriktionen für bestimmte Produktarten (bspw. Spirituosen) können mit Product-Placement umgangen werden. Außerdem bestehen Möglichkeiten zum Imagetransfer von Schauspielern, Moderatoren oder dem Sendungsumfeld. Die AVMD-Richtlinie der Europäischen Union sowie deren Umsetzung durch den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag erlaubt seit 1. April 2010 - unter bestimmten Voraussetzungen - den Einsatz von Product-Placement im Fernsehen. Hiermit ist der strikte Trennungsgrundsatz zwischen Werbung und Programm aufgegeben. Die Definition von Rahmenbedingungen, die der Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit der Mediendiensteanbieter ebenso dienen wie dem Verbraucherschutz, erlangt somit wachsende Bedeutung. Konkrete Maßnahmen, die die Erkennbarkeit kommerzieller Kommunikation sicherstellen sollen, sind z. B. entsprechende Kennzeichnungen vor und nach der Sendung sowie ggf. nach Unterbrechung durch Blockwerbung. Zudem ist Legalisierung <?page no="165"?> Finanzierung 166 auf Sendeformate beschränkt, die vorwiegend der leichten Unterhaltung dienen, sofern es sich nicht um Sendungen für Kinder handelt. Verboten bleibt auch weiterhin die übermäßige Hervorhebung und das direkte Anpreisen von Produkten und Marken (vgl. Müller-Rüster 2010, S. 2 ff., S. 118 sowie Adamski 2006, S. 53 ff. und Kaps 2006, S. 55 ff.). Teleshopping ist ein Beitrag mit direktem Angebot zur Bestellung von Waren oder Dienstleistungen. Meist erfolgt die Bestellung über Telefon oder Fax. Erscheinungsformen sind Teleshopping-Spots (unter 90 Sekunden) und Teleshopping-Fenster (Mindestdauer 15 Minuten). Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind nur Teleshopping-Spots möglich. Sponsoring ist eine Sonderwerbeform, die vom Umfang sowie vom zeitlichen Einsatz nicht begrenzt ist. Es handelt sich um Beiträge durch Personen oder Institutionen, die nicht an Fernsehtätigkeiten beteiligt sind, zur direkten oder indirekten Finanzierung von Sendungen. Zu Beginn und am Ende wird auf den Sponsor hingewiesen. Tabakerzeuger oder Hersteller von rezeptpflichtigen Arzneien können nicht Sponsoren sein. Nachrichten und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen dürfen nicht gesponsert werden. Gemäß dem 15. RStV, der am 1.1.2013 in Kraft tritt, ist bei den öffentlichrechtlichen Veranstaltern der Einsatz von Sponsoring ab diesem Zeitpunkt nur noch eingeschränkt möglich: Werktags darf es Sponsoring nur noch bis 20Uhr, an Sonn- und Feiertagen gar nicht mehr geben. Ausgenommen von der neuen Regelung sind Übertragungen von sportlichen Großveranstaltungen. Damit soll die Koppelung von Programm und Firmenmarke eingeschränkt und so die Unabhängigkeit der Redaktionen nicht mehr infrage gestellt werden. Sponsorhinweise erreichen aufgrund ihrer hervorgehobenen Stellung im Werbeblock hohe Einschaltquoten, da sie direkt vor und nach der Sendung platziert sind. Aufgrund dessen liegen die Preise im Durchschnitt um 20 Prozent höher als die klassischer Werbespots. Sponsoring erscheint dem Zuschauer nicht so lästig wie Unterbrecherwerbung. Als weiterer Vorteil gilt, dass die Produktionskosten geringer sind als für einen Spot. Es existieren verschiedene Formen des Sponsorings wie exklusives oder Co-Sponsoring, vertikales oder horizontales Programmsponsoring, Titelsponsoring (weiter führende Analysen und Fallbeispiele finden sich bei Strahlendorf, div. Jahrgänge.). Split-Screen-Werbung kennzeichnet die Teilbelegung des Bildschirms durch Werbeeinblendungen. Dies ist zulässig, wenn die Werbung vom übrigen Pro- <?page no="166"?> Werbung 167 gramm eindeutig getrennt ist. Split-Screen-Werbung wird voll auf die Dauer der zulässigen Werbezeit angerechnet. Diese Werbeform geht einher mit einer geringen Zappingquote und höherer Akzeptanz beim Publikum, da die Beiträge nicht vollkommen unterbrochen werden. Für die werbetreibende Wirtschaft besteht darüber hinaus der Vorteil, dass ihre Werbung nicht in dem Werbeblock untergeht und dass auch ein zeitversetzter Programmkonsum durch Aufzeichnungsgeräte mit Ausblendung von Werbung nur mit dem Verpassen der zeitlichen Programminhalte möglich wird (vgl. Karstens 2006, S. 144). Das Hauptproblem besteht in der Vermischung von Programm und Werbung. Dauerwerbesendungen sind Beiträge, in denen Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. Sie müssen während des gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Virtuelle Werbung ist Werbung, die so in der Realität nicht existiert. Durch nachträgliche technische Bearbeitung des Originalbildmaterials erfolgt z. B. die Überblendung von Banden in Stadien. So erscheint auf dem Bildschirm eine andere Werbung als die tatsächliche im Stadion. Virtuelle Werbung ist erlaubt, wenn am Anfang und am Ende auf sie als Werbung hingewiesen wird, und wenn sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt. Geringe Streuverluste durch nationale Aussteuerung der Werbung sowie programmintegrierte Werbung mit permanenter Präsenz zeichnen diese Werbeform aus. Allerdings stellt sie hohe technische Anforderungen. Auch hier besteht das Problem, Programm und Werbung zu trennen. Abb. 48: Anteil der Werbeformen an der Gesamtsendezeit 2010 (in Prozent) RTL SAT.1 ARD ZDF PRO7 VOX Sendungen 80,8 78,7 94,8 95,6 80,1 81,8 Trailer 5,4 6,0 3,8 3,0 6,4 4,1 Werbung und Teleshopping 13,5 15,1 1,1 1,2 13,4 14,0 Sponsoring 0,3 0,2 0,3 0,2 0,1 0,1 Quelle: GfK Medienforschung 2011, S. T4 <?page no="167"?> Finanzierung 168 Reform der Werberegeln? Die Werberegeln für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen immer wieder zur Diskussion. Dabei reichen die Reformvorschläge von einem werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis hin zur volumenneutralen Lockerung der Werbezeitenregelung (gleiches Volumen von 20 Minuten, jedoch Öffnung der 20.00-Uhr-Grenze). Öffentlich-rechtliche und private Veranstalter sowie die werbetreibende Wirtschaft, Zuschauer und Medienpolitiker führen dazu unterschiedliche Argumente an. Volumenneutrale Lockerung der Werbezeitenregulierung • Werbekonzentration im Vorabendprogramm entfällt, • erhöhte Unabhängigkeit, da Werbeeinnahmen höhere Bedeutung innerhalb der Mischfinanzierung erhalten, • zunehmende Kommerzialisierung und Vernachlässigung des Programmauftrages im Abendprogramm, • kein Oligopol der Werbezeitenanbieter nach 20.00 Uhr, • Wettbewerbsverzerrung zulasten der privaten Anbieter, • bessere finanzielle Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Nachfrager auf dem Beschaffungsmarkt führen zu Preissteigerungen und verringern Finanzierungseffekt, • Wettbewerbsvorteil eines werbefreien Abendprogramms entfällt, • teilweise Deckung der Finanzlücken und verbesserte Möglichkeiten für Programmgestaltung, • Werbung als flexibel handhabbares Finanzierungsinstrument im Vergleich zur starren Gebührenfinanzierung bleibt erhalten. Werbefreier öffentlich-rechtlicher Rundfunk • Notwendigkeit höherer Gebühren, • verbesserte Gebührenfindung, da Werbeprognosen entfallen, • Marktorientierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter verringert sich durch Konzentration auf Gebühr, • Konzentration auf den Programmauftrag, • erhöhte Programmaufwendungen durch Wegfall der Werbezeiten und Ersatz durch täglich 20 Minuten Programm, • hohe Abhängigkeit von Gebühren und damit von vielfältigen Einflüssen bei deren Festsetzung. <?page no="168"?> Werbung 169 4.3.2 Werbefinanzierung bei Tageszeitungen Die Bedeutung der Werbeerlöse für Tageszeitungen wird durch ihren Anteil von knapp der Hälfte an den Gesamterlösen deutlich (Erlöse 2010: 40 Prozent Anzeigen und 7,9 Prozent Fremdbeilagen). Allerdings war der Anteil der Werbeerlöse in früheren Jahren höher. Der Rückgang ist auf das geänderte Mediennutzungsverhalten und den daraus in der Hauptsache resultierenden sinkenden Auflagenzahlen zu erklären. Die Querfinanzierung durch Werbung ist jedoch nicht immer durch erhöhte Auflage und die dadurch zu erwartenden höheren Werbeeinnahmen zu steigern: Liegen die Verkaufspreise unter den Grenzkosten, müssen die Erlöse aus dem Werbegeschäft ihre zusätzlichen Kosten und die negativen Deckungsbeiträge aus dem Vertriebsbereich decken, damit eine Auflagensteigerung sinnvoll ist. Ein Auflagenrückgang liegt deshalb dann im Interesse des Verlages, „wenn nämlich im Zuge der verringerten Auflage die Vertriebsverluste in stärkerem Maße sinken als die Anzeigengewinne“ (Stahmer 1995, S. 159). Die Grundformen der Anzeigen variieren in der Größe und mit der Anzahl der Farben sowie durch die Möglichkeiten der Platzierung (Titel-, Rück- oder Textseiten). Neben Standardformaten existiert eine Fülle von Anzeigen- Sonderformaten, die sich vor allem durch ihre Platzierung auf den entsprechenden Seiten unterscheiden (vgl. Wimmer 1999, S. 109 ff. oder Kutschera 2005). Die rubrizierten Anzeigen sind ein für die Tageszeitung wichtiges Anzeigensegment, die in dieser Form im Fernsehen nicht vorkommen, jedoch im Internet ebenfalls stark vertreten sind. Dazu zählen in der Hauptsache der Immobilien-, Kfz- und der Stellenmarkt sowie Familienanzeigen und Veranstaltungshinweise. Die Nachfrager nach Werberaum sind hier vor allem Privatpersonen. Deren Entscheidungskriterien sind aber die gleichen wie die der werbetreibenden Wirtschaft. Beilagen sind eine Form der Werbung in Tageszeitungen, die bei den anderen Werbeträgern keine Entsprechung findet. 4.3.3 Werbefinanzierung im Internet Insbesondere in den Anfangszeiten des Internets besaß die Werbefinanzierung für die meisten Unternehmen eine hohe Bedeutung. Dies resultierte aus den Besonderheiten in Gestalt der Netzeffekte: Es sollten schnell hohe Nutzerzahlen <?page no="169"?> Finanzierung 170 erreicht werden, damit die Größeneffekte auf Anbieter- und Nachfragerseite zum Tragen kommen konnten. Den größten Erfolg dafür versprach ein kostenloses Angebot für die Nutzer. In einem ersten Schritt sollte entsprechend der „Follow-the-free-Strategie“ der Kunde gewonnen und mit Lock-in-Effekten an den Anbieter gebunden werden, um in einem zweiten Schritt zu kostenpflichtigen Angeboten durch Komplementärprodukte (z. B. kostenlose Nutzung des Adobe Reader in Verbindung mit dem kostenpflichtigen Adobe Writer), reichhaltigere oder aktuellere Produkte zu kommen. Das Erlösmodell basierte deshalb stark auf den Werbeeinnahmen. Allerdings stellt sich bei den hohen Kaufpreisen bspw. von Kommunikationsplattformen die Frage, inwieweit diese Kosten durch Werbeeinahmen langfristig gedeckt werden können. Abb. 49: Online-Werbung 2010 in Mio. Euro Quelle: OVK 2012 <?page no="170"?> Werbung 171 Die wichtigsten klassischen Werbeformen im Internet sind: • Banner sind nach wie vor die wichtigste Werbeform im Internet. Sie variieren nach Größe (Full-Size- und Half-Size-Banner, Skyscraper und Cadillac-Banner, Buttons) und Art der Darbietung (statische, animierte und flying Banner sowie Scroll-Ads). • Interstitials sind Werbeeinblendungen in Form einer Unterbrecherwerbung, die sich beim Aufruf einer Seite automatisch öffnen und oftmals den ganzen Bildschirm ausfüllen. Sie verschwinden, wenn die Seite komplett geladen ist. Pop-Ups öffnen sich als Extrafenster vor der Website und müssen weggeklickt werden. Pop-Unders hingegen kommen erst, wenn die Seite geschlossen wird. • Werbe-E-Mails sind zumeist in Newsletter integriert, die an registrierte Empfänger geschickt werden. • Das so genannte Permission Marketing stellt eine neue Möglichkeit der direkten und personalisierten Kundenansprache im Internet dar. Der Kunde erklärt ausdrücklich seine Bereitschaft zum Empfang von Werbebotschaften, lässt sich registrieren, gibt die von ihm gewünschten Daten an und erhält dafür eine Vergütung oder sammelt Bonuspunkte. Keyword-Advertising ist eine Werbeform in Suchmaschinen. Passend zum Schlagwort erscheinen entsprechende Links und Banner. Das Suchwortmarketing stellt einen zunehmend wichtigen Faktor für Werbeeinnahmen im Internet dar. Die besten Plätze in den Trefferlisten werden von den Betreibern der Suchmaschinen versteigert. Neue Geschäftsmodelle entstehen in diesem Zusammenhang auch durch die Verknüpfung von Suche und Werbung bzw. zwischen Preisvergleichs- und Suchmaschinen. So die Kooperation zwischen Kelkoo und Google: Die Nutzer bei der Preisvergleichsmaschine Kelkoo sehen bei den Ergebnissen zusätzlich Werbung von Google-Werbekunden, die im Zusammenhang mit dem gesuchten Produkt stehen. Partnerprogramme (Affiliates) stellen den dritten großen Bereich der Werbefinanzierung im Internet dar. Hierbei vermarkten Firmen ihre Angebote durch Verlinkung mit den Webseiten der Partner. Der Partner erhält dafür im Regelfall eine Provision bei tatsächlichem Umsatz. Der Code auf dem Affiliate-Link lässt den Händler erkennen, von wem der Kunde geschickt wurde. Für den Produktanbieter besteht der Vorteil darin, dass nur bei Erfolg der Werbung eine Provision fällig wird. Bei Pay-per-Click wird die Provision fällig, wenn ein Klick auf das Werbemittel erfolgt. Bei Pay-per-Lead wird erst bei Kontaktaufnahme, bei Pay-per-Sale erst bei Umsatz die Provision gezahlt. <?page no="171"?> Finanzierung 172 Die Integration bewegter Bilder in die Werbemittel ist mit der Streaming- Technologie realisierbar. Das unterstützt die Werbewirkung und ermöglicht den Werbetreibenden, eventuell bereits produzierte Werbespots für das Fernsehen oder vorhandene Imagefilme zu nutzen. Videoanzeigen werden für die Zukunft als wachstumsstarker Bereich eingeschätzt. So können bspw. Unternehmen bei Youtube Seiten kaufen, um dort Videos ihrer Produkte zu zeigen (vgl. Lindner 2007). Da die Werbeform in diesem Fall auch noch der Form des nachgefragten Internetangebotes entspricht (Video), erhöht sich die Werbewirkung zusätzlich. 4.3.4 Mediaplanung der werbetreibenden Wirtschaft Die werbetreibende Wirtschaft als Nachfrager nach Werberaum und Werbezeit entscheidet über ihre Werbenachfrage im Rahmen der Mediaplanung. Werbefinanzierte Medienunternehmen müssen demzufolge Inhalt und Ablauf dieser Planung kennen, um sich auf die Bedingungen und Erfordernisse einzustellen. Aufgaben der Mediaplanung sind: • Transport einer Produktbotschaft an die relevante Zielgruppe • Kommunikation über die zutreffenden Medien • zum richtigen Zeitpunkt • in den richtigen Regionen • mit der optimalen werblichen Präsenz (Werbedruck und Werbedauer). Die dazu erforderliche Media-Strategie (Media-Ziel und Media-Zielgruppe) leitet sich aus der Kommunikations-Strategie (Kommunikations-Ziel und Kommunikations-Zielgruppe) ab. Diese wiederum leitet sich aus der Marketing-Strategie (Marketing-Ziel und Marketing-Zielgruppe) ab. Inhalte der Media-Strategie lassen sich über folgende Punkte konkretisieren und spezifizieren: • Rolle der Medien, ihre Stärken und Schwächen sowie die Begründung für die Auswahl der jeweiligen Medien • Begründung für nicht genutzte Medien • Definition von Leistungszielen für die genutzten Medien • Budgetverteilung nach Medien, Zielgruppe, Raum und Zeit. <?page no="172"?> Werbung 173 Abb. 50: Stufen der Mediaplanung Kommunikationspolitisches Ziel = abgeleitet aus übergeordneten Kommunikationszielen, z. B. Erhöhung der Bekanntheit, Verbesserung des Images. Ziel der Mediaplanung = bei gegebenem Werbebudget erforderliche Zahl der Kontakte und deren Wirkung, bei dem Zielpublikum in einer bestimmten Zeit maximieren. Inter-Media-Vergleich Kriterien: = Auswahl geeigneter Mediengattungen. qualitative + quantitative Reichweite - Kontaktqualität Intra-Media-Vergleich - Belegungsmöglichkeit = Auswahl der speziellen Medien. - Produktionshilfen Erstellung des Streuplans Kriterien: = Verteilung des Werbebudgets auf - Kumulierte Reichweite die ausgewählten Medien und zeitliche - Interne und externe Anordnung der Aktivitäten. Überschneidungen Optimierung = laufender Vorgang, der die gesamte Planungsperiode mit Marktforschung und eventuellen Umbuchungen begleitet. Kontrolle Quelle: eigene Darstellung Kriterien für die Mediaplanung resultieren aus den folgenden Aspekten: Die Reichweite entspricht der Zahl der Personen, die von einem oder mehreren Werbeträgern bei einer oder mehreren Belegungen erreicht wird. Sie kann in absoluten Zahlen, in Prozent der Gesamtbevölkerung oder einer bestimmten Zielgruppe ausgedrückt werden. Die Reichweite bei Printprodukten wird durch die Anzahl der Leser und beim Fernsehen durch die Zahl der Zuschauer (Einschaltquote) errechnet. Im Internet werden die Visits (Benutzerbesuche eines Online-Angebotes), die PageImpressions (Anzahl der besuchten Seiten innerhalb eines Online-Angebotes), oder die Ad-Clicks (Anzahl der angeklickten <?page no="173"?> Finanzierung 174 Werbeangebote) der Reichweitenberechnung zugrunde gelegt. Die Seiten- oder Benutzeraufrufe können jedoch ein anderes Bild im Vergleich zur Reichweite ergeben: Das ist dann der Fall, wenn ein geringerer Teil der Internetnutzer oft die von ihnen favorisierten Seiten aufruft. Bei der Bruttoreichweite fließen die Personen, die mehrmals erreicht wurden auch mehrfach in die Berechnung ein, während bei der Nettoreichweite jede Person nur einmal erfasst wird. Die Bruttoreichweite gibt deshalb lediglich die Zahl der insgesamt anfallenden Kontakte an. Sie sagt nichts über die Anzahl der Personen aus. Kontakte sind definiert durch die Summe aller Begegnungen der Zielpersonen mit der Kampagne (= Reichweite x Anzahl der Schaltungen). Die Durchschnittskontakte sind definiert durch: Summe aller Kontakte Anzahl der Personen mit mindestens einem Kontakt Die Gross Rating Points (GRP) oder auch Bruttoreichweite sind Maßeinheit für den Werbedruck und damit für die Werbeintensität. Sie ergeben sich durch: Anteil aller erreichten Personen x Durchschnittskontakte Die Kosten der Werbeträger sind leicht zu quantifizieren. Im Printbereich ergeben sie sich aus dem Millimeterpreis und im Rundfunk aus der verbrauchten Zeit. Die absoluten Kosten der Werbebelegungseinheiten sind jedoch nicht zu vergleichen, da die unterschiedlichen Medien unterschiedlich viele Kontakte zu potenziellen Käufern herstellen. Die Vergleichbarkeit wird deshalb durch den so genannten Tausender-Kontakt-Preis (TKP) hergestellt. Er berechnet sich durch: Kosten (Medium/ Kampagne) x 1.000 Kontakte Die qualitative Reichweite bezieht sich auf die Erreichung der Zielgruppe. Dieses Kriterium informiert über die Höhe der Streuverluste in diesem Medium. Sie wird durch die Affinität gemessen (= die Relation der Zielgruppenreichweite zur Gesamtreichweite eines Mediums). Die Affinität errechnet sich durch: Reichweite % in der Zielgruppe x 100 Reichweite % in der Gesamtheit <?page no="174"?> Werbung 175 Abb. 51: Werbepreise Fernsehen in Euro Sender Durchschnittliche Bruttopreise 2012 für 30 Sekunden Tausend-Kontakt-Preis 2012, Erwachsene ab 14 Jahre Uhrzeit Uhrzeit 17.00-20.00 20.00-23.00 17.00-20.00 20.00-23.00 ARD 13.909 - 9,70 - ZDF 15.440 - 5,60 - RTL 27.504 56.881 13,15 17,58 Sat.1 15.521 31.243 9,48 18,12 Pro Sieben 17.558 35.778 21,49 26,15 RTL2 5.938 12.131 13,65 16,47 VOX 8.571 20.052 10,55 15,78 Kabel 1 8.589 13.431 16,41 16,86 Super RTL 2.542 4.376 17,97 14,47 n-tv 1.283 2.099 13,06 14,26 Quelle: GWA 2012, S. 38 ff. Obwohl sich die einzelnen Medien immer nur bezüglich des konkreten Falles miteinander vergleichen lassen, existieren einige Merkmale, die die verschiedenen Mediengattungen im Werbeträgervergleich kennzeichnen. Rundfunk als Werbeträger besitzt eine hohe Reichweitenabdeckung und bietet Werbung in verschiedenen Formen an, die allerdings durch die Werberegeln beschränkt ist. Die Kommunikation erfolgt mehrkanalig (Bild, Sprache, Musik, Farbe). Die Zuschauer können deshalb weitaus emotionaler angesprochen werden als in Printmedien. Darüber hinaus ist eine zielgruppengenaue Selektion von Umfeldern besser möglich als bei der Tageszeitung. Als Nebenbeimedium und durch Zapping reduziert sich jedoch die Werbewirkung im Vergleich zu Internet und Printprodukten. Zeitungen als Werbeträger haben vergleichsweise niedrige Kontaktkosten, bieten Möglichkeiten zur Beilagenwerbung und zu regionaler Werbung. Sie stehen in ihrem Werbepotenzial unbegrenzt zur Verfügung, es sei denn die jeweiligen Verlage definieren einen maximalen Umfang der Werbung im Verhältnis zum redaktionellen Teil. Die Produktion der Werbemittel ist schnell und flexibel handhabbar. Die Zuwendung zur Werbung erfolgt individueller als im Fernsehen. Sie wird deshalb oft als weniger aufdringlich empfunden. In Printmedien können mehr und genauere Informationen als im Fernsehen angeboten werden. Das führt zu einer starken kognitiven Verarbeitung der Werbebotschaft, so dass <?page no="175"?> Finanzierung 176 auch Detailinformationen gut vermittelbar sind. Die hohe regionale Bindung und die Glaubwürdigkeit der Zeitung wirken sich positiv auf die Werbemaßnahmen aus. Allerdings handelt es sich um eine eher ältere Nutzerschaft. Abb. 52: Werbepreise für Zeitungen 2012 in Euro 1/ 1 Seite, sw 1.000-Preis, 1/ 1 Seite, sw Tageszeitungen (Mo. - Fr.) F.A.Z 62.520,00 65,13 Frankfurter Rundschau 14.747,25 39,86 Süddeutsche Zeitung 65.800,00 46,67 Die Welt 41.184,00 49,03 Sonntagszeitungen Bild am Sonntag 79.600,00 7,53 Welt am Sonntag 60.192,00 49,34 F.A.Z Sonntagszeitung 58.290,00 62,01 Kaufzeitungen Bild 414.500,00 33,05 Express 16.795,80 25,07 Berliner Kurier 7.357,50 22,30 Abendzeitung 21.456,40 89,40 Quelle: GWA 2012, 14 f. Die Kontaktqualität eines Werbeträgers hängt von seinem Image und seiner Glaubwürdigkeit ab, da sich diese auf die Werbewirkung überträgt. Das Internet als Werbeträger weist viele Vorteile durch seine Individualität, Interaktivität, durch die räumliche und zeitliche Unabhängigkeit und durch die Multimedialität auf. Im Werbeträgervergleich besitzt es einen hohen Aktualitätsgrad, da das Angebot jederzeit modifiziert werden kann. Darüber hinaus gilt das Internet als aktives Medium, weshalb davon auszugehen ist, dass die Werbung aktiver als im Fernsehen konsumiert wird. Die Möglichkeit für das Direkt- oder Dialogmarketing gibt dem Internet unter den Werbeträgern einen eindeutigen Vorsprung. Ein Aufschwung der Internetwerbung geht deshalb auch zulasten der bisherigen Direktmarketing-Maßnahmen. Das Abwandern der Rubrikmärkte in das Internet belastet dagegen die Werbeerlöse bei den Tageszeitungen. Die Attraktivität der Online-Werbung ist weiter im Steigen begriffen. Ursachen dafür sind die stärkere Internetdurchdringung in der Bevölkerung, die technisch bessere bzw. schnellere Internetanbindung, die <?page no="176"?> Werbung 177 gestiegene Nutzungsdauer sowie die fast vollständige Erreichung junger Zielgruppen im Internet. Negativ für das Internet als Werbeträger wirken unerwünschte Werbe-E-Mails, die die Arbeit seriöser E-Mail-Werbung erschweren, sowie die Kommerzialisierung der Suchmaschinen. Zunehmend vermeiden Nutzer diesen unerwünschten Konsum von Werbung, indem sie teils kostenfreie Programme zur Unterdrückung von Bannern und Pop-Ups einsetzen. Einflussreich für andere Bereiche der Werbefinanzierung könnte auch die Versteigerung der Werbeplätze, wie bei Google, sein. Damit wird der Preis am direktesten zum Indikator der Nachfrage. Die Kombination verschiedener Werbeträger ist oftmals notwendig, um zu dem gewünschten Erfolg zu gelangen. Es ist daher in vielen Fällen von einer komplementären statt von einer substitutiven Beziehung unter den Werbeträgern auszugehen, was zu Cross-Media-Strategien führt. So weckt eine Print- Anzeige Interesse, Aufmerksamkeit und vermittelt Informationen, während die zeitlich parallele Kampagne im Internet stärker die Interaktions- und Darstellungsmöglichkeiten nutzt. Damit kann crossmediale Kommunikation eine Vertiefung der Kontakte und ein höheres Involvement bei der Zielgruppe erreichen bzw. durch mehrkanalige Ansprache die Werbewirkung steigern. Die werbetreibenden Unternehmen folgen so den Kunden, die immer stärker die vorhandenen Medien entsprechend ihren Bedürfnissen parallel und partiell nutzen. Jedoch ist mit einer Aneinanderreihung verschiedener Kanäle noch kein integriertes Kommunikationskonzept realisiert. Es kommt darauf an, die Medien entsprechend ihren Stärken unterschiedlich einzusetzen, dabei aber das Gesamtkonzept abzustimmen. Ein weiteres Problem für Cross-Media-Kampagnen ist die höhere Planungskomplexität und die Schwierigkeit bei der Feststellung der Werbewirkungsforschung für die gesamte Kampagne. Die Medienunternehmen hingegen müssen damit rechnen, dass durch das Belegen mehrerer Medien in einem Haus auch höhere Rabatte seitens des Werbekunden gefordert werden. <?page no="177"?> Finanzierung 178 Abb. 53: Vergleich von Online-, Fernseh- und Print-Werbung TV-Werbung Online-Werbung Print-Werbung zeitpunktabhängig weitgehend zeitpunktunabhängig zeitpunktunabhängig ortsgebunden weitgehend ortsungebunden ortsungebunden für den Zuschauer nicht mit direkten Kosten verbunden für den User mit Kosten verbunden für den Leser weit gehend nicht mit direkten Kosten verbunden niedriger Interaktivitäts- Level 0-1 hoher Interaktivitäts-Level 3-4 Interaktivitäts-Level 0 verzögerungsfrei unterschiedliche Verzögerungsgrade durch verschiedene Download-Zeiten verzögerungsfrei zufällige Werbekontakte wird weitgehend aufgesucht zufällige Werbekontakte hohe Streuverluste geringe Streuverluste Streuverluste unterschiedlich isoliert einsetzbar in der Regel nur im Kommunikationsmix einsetzbar isoliert einsetzbar Inhalt kommt bei jedem Zuschauer nahezu gleich an Inhalte kommen durch verschiedene Computer und Browser der Nutzer in verschiedenen Versionen an Inhalte kommen bei den Lesern von Print- Publikationen bezüglich der Präsentation gleich an Quelle: Hofer 2000, S. 255 4.3.5 Interdependenzen zwischen Werbe- und Rezipientenmarkt Werbefinanzierte Medien produzieren duale Güter, da sie zwei unterschiedliche Märkte bedienen. Diese beiden Märkte stehen in einer Wechselwirkung zueinander, so dass auch von Netzeffekten gesprochen werden kann: Steigt die Nachfrage auf dem Rezipientenmarkt, hat dies einen Effekt auf die Nachfrage nach Werbeplatz oder Werbezeit (vgl. Dewenter 2006, S. 58). Daraus resultieren für die Medienunternehmen harmonische Zielbeziehungen oder Zielkonflikte. Die Wechselwirkung kommt durch die Anzeigen-Auflagen-Spirale bzw. Werbespot-Reichweiten-Spirale bzw. in der Banner-Visit-Spirale zum Ausdruck. Der <?page no="178"?> Werbung 179 Zusammenhang ergibt sich am Beispiel von Print wie folgt und gilt für die anderen Medien gleichermaßen: Diese Wirkungskette gilt allerdings auch in negativer Richtung, wenn die Auflage zurückgeht. Insgesamt ist zu bedenken, dass die Auflagensteigerung, um die Spirale positiv in Gang zu setzen, einer Initialzündung bedarf. Auflagensteigerungen fallen nicht vom Himmel. Sind dazu Marketingmaßnahmen notwendig gewesen, verringert sich die erstmalige Wirkung um die Kosten dieser Aktivitäten. Die Wechselwirkungen zwischen Rezipienten- und Werbemarkt sind durch die Wechselwirkungen zu dem Beschaffungs- oder Inhaltemarkt zu erweitern: Inhalteproduzenten suchen die Aufmerksamkeit der Rezipienten durch interessante Inhalte bzw. entwickeln attraktive Inhalte unter Berücksichtigung der Interessen der werbetreibenden Wirtschaft, die attraktive Werbeumfelder suchen. Abb. 54: Die Anzeigen-Auflagen-Spirale Höhere Auflage Bessere publizistische Qualität Höhere Investitionen Höhere Einnahmen Preiseffekt = Erhöhung der Werbepreise und/ oder Mengeneffekt = Werbenachfrage steigt TKP sinkt Höhere Auflage Quelle: eigene Darstellung Zielharmonie zwischen Werbe- und Rezipientenmarkt liegt dann vor, wenn die quantitative Reichweite im Vordergrund steht. In diesem Fall orientieren sich Medienunternehmen an den Rezipientenbedürfnissen und es ergibt sich <?page no="179"?> Finanzierung 180 daher eine hohe Reichweite, die wiederum im Interesse der werbetreibenden Wirtschaft liegt. Allerdings führt diese Zielharmonie tendenziell zu einer Verengung der Inhalte auf massenattraktive Beiträge. Ein Zielkonflikt durch unterschiedliche Interessen von Werbewirtschaft und Rezipienten ergibt sich dann, wenn bestimmte Zielgruppen als nicht attraktiv für die Werbewirtschaft gelten. Die Themen dieser Rezipienten eignen sich nicht für attraktive Werbeumfelder. Die werbetreibende Wirtschaft bevorzugt Zuschauer/ Leser mit hoher Kaufkraft und geringer Markenbindung. Das hatte in der Vergangenheit zu einer Konzentration auf jugendliche Zuschauer geführt. In Anbetracht der demografischen Entwicklung und den Veränderungen innerhalb der älteren Zuschauer wird die Fokussierung auf die Gruppe der 14bis 49jährigen jedoch allmählich aufgegeben. Entsprechen die Vorstellungen der werbetreibenden Wirtschaft über Zielgruppen und Werbeumfeld nicht den Vorstellungen und der Struktur der Zuschauer, steht das Medienunternehmen vor der Entscheidung, entweder die Interessen der Rezipienten oder die der werbetreibenden Wirtschaft zu vernachlässigen/ zu berücksichtigen. Eine Orientierung an der werbetreibenden Wirtschaft hat eine Verengung der Formate und eine Verengung des Publikums zur Folge (vgl. Kiefer 2001, S. 243 ff.). Eine Orientierung an der werbetreibenden Wirtschaft lässt sich durch die folgenden Tatsachen begründen: • Auf dem Werbemarkt herrscht eine hohe Wettbewerbsintensität. • Medienunternehmen können auf eine enge Bindungstreue der Rezipienten bauen. • Der Rezipientenmarkt ist relativ unvollkommen strukturiert und damit einflussarm: Das Publikum ist kaum oder gar nicht organisiert, die Produktqualität ist nicht ausreichend transparent. Bei werbefinanzierten Medien befindet sich der Rezipient darüber hinaus in einer so genannten Niedrigkostensituation, in der eine falsche Programmwahl mit geringen Folgekosten bewertet wird in Situationen, in denen direkte monetäre Entgelte fällig werden (vgl. Kiefer 2001, S. 229 ff. sowie Heinrich 1996, S. 174). • Die Marktstrukturen auf dem Werbemarkt hingegen sind vollkommener als auf dem Rezipientenmarkt: Die nachgefragten Güter sind relativ homogen, die sachlichen Präferenzen im Vergleich zum Rezipienten sind geringer, die Elastizität ist höher und der publizistische Standort der Medien hat kaum Bedeutung für die Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft (vgl. Greiffenberg/ Zohlnhöfer 1984, S. 586). <?page no="180"?> Werbung 181 Allerdings kann ein Medienunternehmen aufgrund der oben dargestellten Interdependenzen nicht gänzlich auf die Berücksichtigung der Rezipientenbedürfnisse verzichten. Abgeleitet aus der Produktions- und Kostentheorie sieht die ökonomische Optimierungsbedingung wie folgt aus: E’ (Grenzerlöse) = K’ (Grenzkosten) = zusätzliche Erlöse einer weiteren Werbebuchung. = entgangene Vertriebserlöse durch Nichtkäufe oder Kündigungen der Rezipienten sowie den damit verminderten Werbeerlösen. Der Vorrang der Werbewirtschaft ist bei Veranstaltern im privaten Fernsehbereich ausgeprägter als bei Verlagen im Printbereich: Der Ausschluss vom Konsum ist im Fernsehbereich bei nicht zahlungsbereiten Rezipienten aus technischen Gründen nicht ohne weiteres möglich. „Private Rundfunkunternehmen setzen deshalb auf ein Monoerlösmodell mit ausschließlicher Präsenz im Werbemarkt“ (Sjurts 2004, S. 172). Im Printbereich ist der Ausschluss nicht zahlungsbereiter Leser gut möglich. Daher setzen die Verlage überwiegend auf duale Erlösmodelle mit Werbe- und Rezipientenzahlungen. Ein Zielkonflikt durch vermehrte Werbung ergibt sich für Medienunternehmen aus der Tatsache, dass Werbung vom Rezipienten nicht immer akzeptiert bzw. ab einer bestimmten Intensität als lästig empfunden wird. Das gilt für alle hier beschriebenen Werbeträger. Der Zunahme der Werbeeinnahmen stehen der Rückgang der abgesetzten Einheiten und der Vertriebserlöse und damit auch ein Rückgang der Werbenachfrage gegenüber (vgl. Stahmer 1995, S. 143 ff.). Auch hier hilft ein Vergleich von Grenzerlösen und Grenzkosten. Zielharmonie durch vermehrte Werbung kann sich im Zeitungsbereich dadurch ergeben, dass mit der Zunahme von Rubrikanzeigen die Attraktivität des Mediums und deshalb die Nachfrage steigt (vgl. Stahmer 1995, S. 154). Das lässt sich in vielen Zwei- und Mehr-Zeitungskreisen beobachten: Meist ist eine der Zeitungen Marktführer bei den privaten Kleinanzeigen und baut durch deren Attraktivität ihre Stellung immer weiter aus. Zielkonflikte durch Einflussnahme der werbetreibenden Wirtschaft sind ebenfalls denkbar. Hier stehen sich ökonomische und publizistische Zielvorstellungen direkt gegenüber. Es ist dann auch nicht mehr die ökonomische Optimierungsregel anzuwenden - vielmehr sind die ethischen Normen und die Wertevorstellungen in einem Medienunternehmen gefragt. <?page no="181"?> Finanzierung 182 4.4 Direkte Nutzerentgelte Pay-TV-Angebote, Bücher und Tonträger sind allein durch direkte Nutzerentgelte finanziert. Abgesehen von der Möglichkeit des Product-Placements trifft dies auch für Kinofilme zu. Zeitungen und Zeitschriften sowie die meisten Internetangebote basieren auf einer Mischfinanzierung aus direkten Nutzerentgelten (Vertriebserlöse) und Werbung. Die alleinige Finanzierung durch Nutzerentgelte erleichtert Medienunternehmen ihre Angebotspolitik. Sie agieren nicht auf zwei Märkten und geraten somit nicht in Konfliktsituationen durch unterschiedliche Nachfragerinteressen. Dafür stehen sie jedoch einem stärkeren Marktpartner gegenüber, da dieser die einzige Erlösquelle darstellt bzw. durch Geldzahlungen eine stärkere Reaktion entwickelt als bei Zahlungen in Form von Werbekonsum. Die bedeutendere Position des Rezipienten relativiert sich durch die Besonderheiten der Medienprodukte und lässt ihn im Vergleich zu den direkten Austauschbeziehungen auf anderen Märkten letztlich relativ schwach erscheinen: Erfahrungs- und Vertrauensgüter führen zu einer Informationsasymmetrie zulasten des Rezipienten. Der Preis kann nur bedingt als Orientierungsmaßstab bei Erfahrungs- und Vertrauensgütern dienen (vgl. Kiefer 2001, S. 231 ff.). Die Preiselastizität der Nachfrage im Fernsehbereich zeigt je nach Art des Pay- TV-Modells einen anderen Verlauf. Die Preiselastizität der Nachfrage im Printbereich, insbesondere bei den Abonnementkunden ist relativ niedrig. Das lässt sich durch den Gewohnheitseffekt bzw. durch die hohe Leser-Blatt-Bindung begründen. Die Preiselastizität im Internetbereich dürfte relativ hoch liegen, da viele kostenlose Angebote existieren. Zwar signalisiert schon heute ein Teil der Nutzer eine grundsätzliche Zahlungsbereitschaft für den Abruf von Inhalten, diese sinkt jedoch merklich, wenn für konkrete Produkte bezahlt werden soll. So genannte General-Interest-Inhalte im Internet haben kaum Aussicht auf direkte Finanzierung durch Nutzerentgelte. Erfolgsfaktoren für Paid Contents sind ähnlich wie bei Pay-TV Exklusivität, Individualität und Aktualität von Informationen und Diensten, die dem Nutzer einen Mehrwert bieten, der über dem kostenfreier Angebote liegt. Beispiele für Premium Dienste mit erfolgreichem „Pay-for-Content“ können Downloads von Software oder Musik, Archivdienste, medizinische Beratung, zielgruppenspezifisch aufbereitete Newsletter, Warentests etc. sein - alles Dienste, für die die Nutzer auch heute schon die höchste Zahlungsbereitschaft signalisieren (vgl. ACTA 2005, www.acta-online.de). Eine positive Beeinflussung der <?page no="182"?> Sonstige Erlösquellen 183 Zahlungsbereitschaft von Internetnutzern könnte sich außerdem durch eine sichere und bequeme Gestaltung der Zahlungsvorgänge vor allem bei Pay-per- View-Modellen ergeben. Profitable Internetunternehmen haben von Anfang an ihre Kerngeschäfte in Erlöse umgesetzt und ihr Geschäftsmodell mit einer breiten Erlösstruktur kombiniert. Werbeeinnahmen besitzen deshalb eine relativ geringe Bedeutung. Das gilt u. a. für eBay und Amazon. Viele Medienunternehmen hatten jedoch mit Widerständen zu kämpfen, wenn sie Inhalte im Internet zu verkaufen versuchten. Sie haben zu Beginn des Internetbooms deshalb weniger auf diese Strategie und mehr auf kostenlose Angebote vertraut. Bei diesen Unternehmen werden auch mittelfristig die Werbeeinnahmen bedeutendste Erlösquelle bleiben. Bei der Abwicklung von Geschäften, die nicht den Verkauf von Inhalten betreffen, dominieren direkte Nutzerentgelte. Bei der Finanzierung von Contentangeboten sind sowohl Werbung als auch direkte Nutzerentgelte relevant. Bei Pay-TV wie beim Verkauf von Tageszeitungen und Informationsangeboten im Internet besteht grundsätzlich die Möglichkeit des Einzel- oder des Abonnementverkaufs. Die jeweilige Vertriebsform beeinflusst das Ausmaß der Preiselastizität der Nachfrage: Die Preiselastizität der Nachfrage liegt bei Abonnenten in der Regel niedriger als bei Einzelkaufentscheidungen. 4.5 Sonstige Erlösquellen 4.5.1 Teleshopping Die Erscheinungsformen von Teleshopping sind Teleshopping-Fenster (nur im privaten Fernsehen möglich), Direct-Response-Television-Spots (DRTV) und die Teleshopping-Kanäle. Außer den reinen Teleshopping-Kanälen sind die anderen Formen von Teleshopping streng genommen spezifische Werbeformen i. S. des RStV. Teleshopping-Kanäle gehören zu den Telemedien. Für sie gelten die Bestimmungen aus dem Telemediengesetz (TMG). Der Unterschied zwischen Tele- und Onlineshopping ergibt sich nicht nur aus dem Medium. Er zeigt sich, ebenso wie beim Medienkonsum selbst, in der Vorselektion im Fernsehbereich. Bei Onlineshopping geht die Initiative vom Nutzer aus, der wissen muss, was er will. Darüber hinaus ist der Hin- und Rückkanal bei Onlineshopping derselbe, während bei Teleshopping ein Medienbruch vorhanden ist, da noch das Telefon als Rückkanal genutzt wird. <?page no="183"?> Finanzierung 184 Die Erlösmodelle neben der herkömmlichen Werbefinanzierung durch Teleshopping-Fenster oder DRTV-Spots basieren einerseits auf Provisionen für die Fernsehveranstalter, die ihre Sendezeit zur Verfügung stellen. Andererseits resultieren die Erlöse aus den üblichen Handelsspannen, wenn Händler Teleshopping-Kanäle betreiben. Darüber hinaus werden aber auch eigene Merchandising- Produkte der Sender über Teleshopping direkt oder in Zusammenarbeit mit Handelsunternehmen im Fernsehen vermarktet. Ein weiteres Erlösmodell ergibt sich durch Programmkooperationen. Hier werden für einzelne Handelsunternehmen oder Dienstleister eigene Sendungen zum Verkauf für deren Produkte bei einem etablierten Teleshopping-Kanal produziert oder es wird die Sende- Plattform und das gesamte Equipment bereitgestellt, das dann von den Warenanbietern gemietet werden kann (vgl. Goldhammer/ Lessig 2005, S. 258 ff.). Abb. 55: Einflüsse und Reaktionsmöglichkeiten bei einer Live-Verkaufsshow Quelle: Hilbers/ Wilde 2005, S. 69 Das Geschäftsmodell eines Teleshoppingsenders ist dem eines Versandhändlers sehr ähnlich. Unterschiede ergeben sich vor allem in der Kundenansprache, da der Fernsehkanal und nicht der Katalog benutzt wird. Das Sortiment ist von den Präsentationsmöglichkeiten geprägt und ändert sich im Vergleich zu den klassischen Versandhändlern sehr schnell. Aktionsparameter bei der Gestaltung von Teleshoppingsendern sind vor allem die Präsentationszeit, die Reihenfolge und mögliche Einblendungen (z. B. nächstes Produkt, Preisauslobungen). Die Vorteile aus Anbietersicht bestehen in der laufenden Optimierung der Produktpalette und in der Vermarktung von Produkten, die sonst weniger Kunden finden würden. Durch die ausführlichen Darstellungen werden Kaufimpulse geweckt, die bei traditionellen Absatzwegen nicht initiiert werden könnten. Live- Verkaufsshow Abverkauf Lagerbestand Call-Volumen Produktreihenfolge Einblendungen Präsentationszeit Preis <?page no="184"?> Sonstige Erlösquellen 185 Die Vorteile aus Verbrauchersicht decken sich in der Hauptsache mit denen von Onlineshopping durch Individualität, Transaktionskostenersparnis, Bequemlichkeit und zeitlicher Unabhängigkeit. Hinzu kommen der Unterhaltungswert und die emotionale Nähe zum Programm oder/ und den Moderatoren. Andererseits ist die Produktinformation wie bei allen Fernsehinformationen nur aufwändig speicherbar und daher flüchtig. Darüber hinaus ist bei Teleshopping das Produktsortiment deutlich eingeschränkt. Anforderungen an „ideale“ Teleshopping-Produkte: • Kurze Entscheidungsphase wegen Flüchtigkeit der Informationen und Impulskaufcharakter des Teleshoppings. • Ansprechendes Design, damit die Visualisierungsmöglichkeiten im Fernsehen voll genutzt werden können. • Die Produktvorteile sollten klar kommunizierbar und schnell erfassbar sein. Dieses Kriterium gilt generell für Distanzkäufe. • Hohe Qualität, damit ein Vertrauensgut im positiven Sinne entsteht. • Der Artikelwert sollte zwischen 20 und 100 Euro liegen aufgrund der Bereitschaft zum Spontankauf. Höherwertige Produkte sind lediglich als Ergänzungen des Sortiments am Rande möglich. • Die Angebote sollten spezifisch und exklusiv sein. Auf diese Weise ergibt sich eine geringe Vergleichbarkeit zu anderen Vertriebsformen. Es kommt daher oft zu einem Angebot von Eigenmarken, exklusiven Vertriebslizenzen (vgl. Goldhammer/ Lessig 2005, S. 95 ff.). Teleshopping ist im Rahmen des Transaktionsfernsehens das etablierteste Feld. Erscheinungsformen im Rundfunk gemäß RStV sind Teleshopping-Spots und Teleshopping-Fenster. Teleshopping-Spots gelten als Werbezeit und sind streng genommen eine spezifische Werbeform. Teleshopping-Fenster können nur im privaten Fernsehen (Mindestdauer: 15 Minuten) ausgestrahlt werden. Es sind höchstens acht Fenster täglich erlaubt. Bei dieser Form des Teleshopping erfolgt die Bezahlung vorwiegend als Umsatzprovision. <?page no="185"?> Finanzierung 186 Teleshopping-Kanäle in Deutschland 1-2-3.tv (Sendestart: 01.10.2004) Gesellschafter: insg. 16,08 Prozent Dr. Büchelhofer Holding GmbH, Henning Schnepper, Cuneo AG, 1-2-3.tv MitarbeiterbeteiligungsGbR, 1-2-3.tv ManagementbeteiligungsGbR und 83,92 Prozent div. Fondsgesellschaften im In- und Ausland. Beauty TV (Sendestart: 01.12.2009) Gesellschafter: Guthy-Renker Europe AB Channel21 (Sendestart: 01.03.2001) Gesellschafter: Channel 21 Holding AG Channel21 express (Sendestart: 21.10.2009) Gesellschafter: Channel 21 Holding AG HSE24 (Sendestart: 16.10.1995 unter dem Markennamen H.O.T.) Gesellschafter: 88 Prozent Axa Private Equity, 12 Prozent HSE24 Management. HSE24 Extra (Sendestart: 23.02.2009) Gesellschafter: 88 Prozent Axa Private Equity, 12 Prozent HSE24 Management. HSE24 Trend (Sendestart: 23.09.2010) Gesellschafter: 88 Prozent Axa Private Equity, 12 Prozent HSE24 Management. Juwelo TV (Sendestart: 01.10.2006) Gesellschafter: keine Angaben MediaSpar TV (Sendestart: August 2007) Gesellschafter: keine Angaben QVC (Sendestart: 01.12.1996) Gesellschafter: 99 Prozent QVC International Management LLC & Co. KG, 1 Prozent QVC Deutschland GP, Inc. QVC plus (Sendestart: 01.09.2010) Gesellschafter: 99 Prozent QVC International Management LLC & Co. KG, 1 Prozent QVC Deutschland GP, Inc. sonnenklar.TV (Sendestart: 01.03.2003) Gesellschafter: FTI Touristik GmbH. Starparadies (Sendestart: Februar 2011) Gesellschafter: keine Angaben TürkShop (Sendestart: Mai 2004) Gesellschafter: Mehmet Çoban. Quelle: www.die-medienanstalten.de <?page no="186"?> Sonstige Erlösquellen 187 4.5.2 Call-In-Angebote Sie beziehen sich in der Hauptsache auf Ratesendungen und Geschicklichkeitsspiele, auf Meinungsabstimmungen und Serviceangebote (z. B. „Wer wird Millionär“ bei RTL, „Die Quizshow“ bei Sat.1 oder „Unsere Besten“ beim ZDF). Bei Call-In-Sendern und Telefon-Mehrwertdiensten stammen die Erlöse aus Anrufen über kostenpflichtige Sonderrufnummern oder aus dem Verkauf von Sendezeit an Serviceanbieter bspw. im Finanzbereich. Durch diese Art des „Mitmach-Fernsehens“ positioniert sich vor allem der Fernsehveranstalter 9Live, der aus tm3, einem ehemaligen Spartensender für Frauen, entstanden ist, seinen Betrieb ab 2011 aber einstellte. Die Quiz-Formate standen immer wieder in der Kritik. Neben Werbeeinnahmen stellen die Telefonentgelte die bedeutendste Erlösquelle bei Call-In-Angeboten dar. Sender, Rechteinhaber und Telefonprovider teilen die Erlöse aus den Anrufen. Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Goldmedia GmbH entfallen zwischen fünf und sieben Prozent des Gesamtumsatzes im privaten Rundfunk auf Einnahmen aus kostenpflichtigen Anrufen. Allerdings reicht das Potenzial für Call-In oder Call- Media-Geschäfte nach Angaben des Unternehmens lediglich zur Finanzierung eines Senders. 4.5.3 Rechteverwertung Medienunternehmen können vorhandene Rechte zur Erzielung von Erlösen einsetzen. Diese Rechte können sie selbst vermarkten oder in Form einer Lizenz an andere Wirtschaftseinheiten verkaufen. Die Inhalteverwertung ist für alle Medienunternehmen denkbar. Es handelt sich um den Verkauf bereits produzierter Beiträge an andere Medienunternehmen. Seltener kommen die Käufer auch aus dem Nichtmedienbereich, wie bei Fachartikeln oder News, die auf Websites des produzierenden Gewerbes zu finden sind. Sie sollen die Attraktivität des jeweiligen Internetauftrittes erhöhen. Die wohl bekannteste und relativ einheitlichste Verwertungskette findet sich bei Kinofilmen: Zuerst wird der Film in Kinos gezeigt, danach ist er in Videotheken erhältlich, dann wird er im Pay-TV vermarktet und erst danach, i. d. R. nach etwa zwei Jahren, ist der Film im öffentlich-rechtlichen oder im privaten werbefinanzierten Fernsehen zu sehen. Der Verkauf von Fernseh- und Zeitungsbeiträgen oder die Lizenzierung von Internetangeboten ist damit vergleichbar - sie <?page no="187"?> Finanzierung 188 durchläuft lediglich weniger Stufen. Beispiel für eine sehr erfolgreich international vermarktete Sendereihe ist die ZDF-Serie „Derrick“. Diese Vertriebsstrategien werden als Windowing bezeichnet. Sie entsprechen im Kern einer zeitlichen Preisdifferenzierung, wenn sie nicht parallel zur gleichen Zeit vermarktet werden. Die Mehrfachverwertung erfolgt umso leichter, je stärker die Unternehmen auf den einzelnen Verwertungsstufen miteinander verbunden sind (vgl. Zerdick u. a. 2001, S. 70 ff.). Sie werden als ein wichtiges Argument bei Entscheidungen über vertikale und diagonale Verflechtungen berücksichtigt. Letztlich sind es Fühlungsvorteile und Transaktionskostenersparnisse, die den Verkauf bzw. die interne Verrechnung erleichtern. Das strategische Moment ist dabei nicht zu unterschätzen, da mit dem Besitz von Rechten das Angebot der Konkurrenten teilweise gesteuert werden kann. Merchandising bzw. Licensing ist eine weitere Erlösquelle für Medienunternehmen. Es handelt sich dabei um die Verwertung von Figuren, Markenzeichen, Titeln etc. in eigener Regie oder als Lizenzvergabe an andere Unternehmen wie Bekleidungs- oder Spielwarenhersteller (zur Abgrenzung vgl. Böll 1998, S. 5). Der Fantasie der Medienunternehmen sind hier keine Grenzen gesetzt. Die Produkte reichen von den mittlerweile alten, aber immer noch beliebten Mainzelmännchen des ZDF über eine Vielzahl von Spielzeug aus entsprechenden Kindersendungen bis hin zu Häusern, Textilien und Fahrzeugen aus den entsprechenden Medienunternehmen. Die Vermarktung erfolgt vor allem über Eigenwerbung in den jeweiligen Medien sowie über eigene Verkaufsshops und über Online-Angebote. Bei Merchandising bzw. Licensing handelt es sich sowohl um ein Finanzierungsals auch um ein Marketinginstrument, da es neben der Erlösgenerierung auch die Aufmerksamkeit für das Angebot erhöht und die Bindung an das Medienunternehmen und sein Image stärkt. Erfolgreiches Merchandising bzw. Licensing setzt allerdings voraus, dass die vermarkteten Produkte zum Image des Medienunternehmens passen, dass die Merchandising-Ideen früh in die redaktionellen Planungen einbezogen werden, dass ein ausreichend hoher Identifikationseffekt bzw. ein hohes Maß an Popularität besteht, dass nicht zu viele Lizenznehmer involviert sind, um die Exklusivität zu sichern, und dass das Merchandising- Produkt ein sehr spezielles Bedürfnis befriedigt (vgl. Spitzer 1996, S. 171 ff.). Eine gelungene Kombination von Merchandising-Produkt und Merchandising- Objekt ist bspw. der Vertrieb von Brautkleidern im Zusammenhang mit der Sendung „Traumhochzeit“. <?page no="188"?> Sonstige Erlösquellen 189 4.5.4 Kundeninformationen Eine weitere Erlösquelle ist der Verkauf ausgewerteter Informationen über Rezipienten und deren Konsumverhalten. Einerseits interessieren in diesem Zusammenhang nutzungsbezogene Daten wie Pageviews pro Zeiteinheit oder die Herkunftsdomain. Andererseits geht es aber auch um personenbezogene Daten, z. B. Alter oder Geschlecht der Nutzer, die sich durch die Registrierung als Voraussetzung für die Nutzung von Onlinediensten oder durch die Veranstaltung von Gewinnspielen im Internet aber auch durch Onlinepanels gewinnen lassen. Mithilfe des so genannten Datamining werden die Daten dann mittels statistischer Auswertungen, Zeitreihenanalysen oder neuronaler Netze so analysiert, dass Zusammenhänge hergestellt und Gesetzmäßigkeiten erkannt werden können. Die auf diese Art gewonnenen Informationen können nicht nur der Erlössteigerung im eigenen Unternehmen dienen, sondern dieses Wissen wird auch von anderen Unternehmen benötigt, um wirksame Marketingstrategien zu entwickeln oder Marktsegmente zu bestimmen, insbesondere dann, wenn der (potenzielle) Kunde gezielt mit einer Direktmarketingmaßnahme angesprochen werden soll. Als reines Geschäftsmodell findet sich die Erlösquelle Kundeninformationen jedoch kaum, sie wird hauptsächlich in Kombination mit anderen Erlösmodellen genutzt. 4.5.5 Briefdienste Seit der Liberalisierung des Marktes für Briefdienste in Deutschland zum 1. Januar 2008 steht Zeitungsverlagen die Möglichkeit zur Erschließung eines zusätzlichen Geschäftsfeldes mit deutlichem Wachstumspotenzial vor allem im Bereich Geschäftskundenpost offen. Zeitungsverlage verfügen sowohl über das notwendige Vertriebs-Know-how als auch die erforderliche Logistik sowie die IT-Systeme, um eine flächendeckende Zustellung von Briefen zu organisieren. Mit der Übernahme von Postzustelldiensten werden diese Strukturen effizient genutzt. In der Übernahme von Verteildiensten liegt eine Chance für Zeitungsverlage, strukturell bedingte Erlöseinbußen z. B. bei den Rubrikenanzeigen zu kompensieren. Besonders erfolgversprechend ist dies, wenn sich aus der Vielzahl lokaler und regionaler Zustellorganisationen flächendeckende Verbundstrukturen entwickeln. So planen z. B. das niederländische Unternehmen TNT und eine Reihe auch verlagsgebundener Unternehmen den Aufbau eines flächendeckenden Alternativnetzes zur Deutschen Post. <?page no="189"?> Finanzierung 190 Übungsfragen 1. Zeigen Sie, inwieweit die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Einfluss auf die Summe der Gebührenfinanzierung nehmen können. 2. Die Rundfunkbeiträge sind unabhängig von der Nutzung durch die Rezipienten zu entrichten. Begründen Sie, inwieweit die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dennoch den Rezipienten bzw. ihre Einschaltquoten nicht außer Acht lassen können. 3. Werbefinanzierte Medienunternehmen produzieren duale Güter. a. Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen Rezipienten- und Werbemarkt und die dabei auftretenden Zielkonflikte. b. Erörtern Sie, wie in diesem Zusammenhang die betriebswirtschaftliche Optimierungsregel E’ = K’ zu verstehen ist. c. Diskutieren Sie die These, dass Medienunternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten primär an den Qualitätsnormen des Werbemarktes ausrichten. 4. Diskutieren Sie den Vorschlag für einen werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Sicht der privaten und der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter, der Werbung treibenden Wirtschaft und der Rezipienten/ Gesellschaft. 5. Die Werbewirkung von Werbespots flacht immer mehr ab. Stellen Sie die Alternativen zu Werbespots im Fernsehen mit ihren Stärken und Schwächen aus Sicht der werbetreibenden Wirtschaft dar. 6. Erklären Sie kurz, was unter dem Tausender-Kontakt-Preis zu verstehen ist und durch welche Konstellationen er sich verändert. 7. Die Überschrift eines Zeitungsartikels lautete „Web 2.0 gefährdet das Privatfernsehen“ (FAZ, 18.12.2006). Ein Aspekt darin war, dass die Werbebudgets immer mehr ins Netz verlagert werden. a. Erläutern Sie, weshalb sich die Online-Werbung immer mehr durchsetzen kann. b. Beschreiben Sie die wichtigsten Online-Werbekategorien. 8. Argumentieren Sie für oder gegen eine Indexierung der Rundfunkbeiträge. 9. Bei der Mediaplanung kommt es nicht nur auf die quantitative Reichweite an. Stellen Sie weitere Kriterien für einen Werbeträgervergleich vor und begründen Sie deren Bedeutung. <?page no="190"?> 191 5 Marketing 5.1 Integriertes Medienmarketing Integriertes Marketing ist ein in jeder Branche geltendes Postulat. Sobald Marketingaufgaben in verschiedenen Unternehmensbereichen wahrgenommen werden, sind diese zu koordinieren, um einen geschlossenen Marktauftritt zu erreichen. Es sind aber nicht nur Marketingmaßnahmen auf dem Rezipienten- und Werbemarkt in ein Gesamtkonzept zu integrieren, sondern auch Aktivitäten der Redaktionen im Rahmen des redaktionellen Marketings. Damit bestehen drei große Bereiche, die Marketingaufgaben übernehmen. Abb. 56: Das Marketing von Medienunternehmen Unternehmensleitung/ Unternehmenspolitik Marketingabteilung Marketingstrategien Redaktion Vertrieb Vermarktung von Werbezeiten und Werberaum Produktpolitik Kommunikationspolitik Distributionspolitik Preispolitik Rezipientenmarkt Werbekundenmarkt Quelle: eigene Darstellung <?page no="191"?> Marketing 192 Während das Vertriebs- und Werbekundenmarketing alle Instrumente des Marketings nutzt, bezieht sich das redaktionelle Marketing lediglich auf die Produktpolitik im Sinne einer Optimierung des Lesernutzens. Die Integration dieser verschiedenen Teilbereiche ist bereits komplex. Durch die gewollte Unabhängigkeit der Redaktionen, die sich oftmals nicht dem Markt und dem Marketingdenken des Medienunternehmens verpflichtet sehen, wird sie nicht einfacher. „Anpassungsjournalismus“ würde die öffentliche Aufgabe der Medien beeinträchtigen (vgl. Rogall 2000, S. 45). Bei der Marketingkonzeption haben Medienunternehmen besondere Ausgangsbedingungen zu beachten: • Aufgrund der dualen Güter haben sie jeweils ein unterschiedliches Konzept für den Rezipientenmarkt und die Werbekunden zu entwickeln. • Aufgrund des Unikatcharakters der Güter handelt es sich um permanent sich wandelnde Produkte, die zu vermarkten sind. Durch die Vielfalt des Angebots entsteht zusätzlich ein Selektionsproblem. • Aufgrund der publizistischen und ökonomischen Dimension kann es zu Konflikten zwischen publizistischen Anforderungen und der Markenführung kommen. • Aufgrund der öffentlichen Aufgabe ist die Position des jeweiligen Medienunternehmens und die Qualitätspolitik für die Produkte in der Gesellschaft zu kommunizieren. • Aufgrund ihrer Funktion als Werbeträger haben Medienunternehmen die Möglichkeit zur Eigenwerbung. 5.2 Markt- und Wettbewerbsstrategien Ausgangspunkt der strategischen Planung ist die Umwelt- und Unternehmensanalyse. Aus der Umweltanalyse ergibt sich ein Chancen-Risiken-Profil (externe Bedingungen), aus der Unternehmensanalyse ein Stärken-Schwächen- Profil (interne Bedingungen). Der Vergleich dieser beiden Ergebnisse ist Basis für die Strategienfindung. Es ist zu prüfen, inwieweit vorhandene Stärken für die Märkte wichtig sind oder ob Stärken bestehen, die für eine Positionierung auf dem Markt wenig relevant sind. Das Gleiche gilt für die Schwächen. Dieses Vorgehen ist in allen Branchen und somit auch in der Medienbranche Ausgangspunkt. Die Informationen für das Chancen-Risiken-Profil lassen sich aus den Bedingungen und den Prognosen für die einzelnen Märkte gewinnen. Die Informationen für das Stärken-Schwächen-Profil sind aus internen Daten der <?page no="192"?> Markt- und Wettbewerbsstrategien 193 Unternehmen zu erhalten. Das würde die Betrachtung von Fallbeispielen erfordern, weshalb hier vor allem eine Analyse der strategierelevanten Bedingungen in den jeweiligen Medienbereichen erfolgt (vgl. zu den Strategien einzelner Unternehmen in verschiedenen Medienbereichen Sjurts 2005). Abb. 57: Strategien von Medienunternehmen Fokussierungsstrategie Vertikale Integrationsstrategie Diversifikationsstrategie Netzwerkstrategie Konzentration auf eine Stufe der medialen Wertkette Ziel: Realisierung von Kosten oder Differenzierungsvorteilen Ausdehnung des medialen Leistungsspektrums Ziel: Sicherung von Beschaffungs- und Absatzkanälen Ausdehnung des Leistungsspektrums auf andere Medienbereiche oder gänzlich andere Branchen Ziel: Verteilung des Risikos und Nutzung von Wachstumsmöglichkeiten Kooperationen bei einzelnen oder mehreren Teilbereichen Ziel: verringerter Ressourcenaufwand und Zugriff auf Komplementärkompetenzen Quelle: In Anlehnung an Wirtz 2011, S. 99 5.2.1 Portfolio-Analyse Die Portfolio-Analyse zeigt die strategischen Geschäftseinheiten eines Unternehmens in ihrer Bedeutung, um daraus Strategien für ein ausgewogenes zukünftiges Produktangebot zu entwickeln. Es existiert eine Fülle von Portfolio- Konzepten. Besondere Beachtung findet das von der Boston Consulting Group entwickelte Portfolio (vgl. Karstens/ Schütte 2010, S. 101 f.). Die Beurteilung der Produkte oder Marktsegmente erfolgt an zwei Kriterien: Der relative Marktanteil als Indikator für die Position des Unternehmens im Wettbewerb und das künftige Marktwachstum als Indikator für die Attraktivität des Marktes. Durch eine Einstufung in hoch oder niedrig, ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix mit dazugehörigen Normstrategien. <?page no="193"?> Marketing 194 Abb. 58: Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio Marktwachstum Rel. Marktanteil hoch niedrig hoch Stars (fördern, investieren) Melkkühe (ernten) niedrig Fragezeichen (entweder ausbauen zu Stars oder aussteigen) arme Hunde (liquidieren, abbauen) Quelle: eigene Darstellung Mit diesem Instrument ließe sich zum Beispiel das Programmportfolio eines Fernsehsenders im Hinblick auf seine Formate und deren strategische Bedeutung abbilden (vgl. Wolff 2006, S. 87 f.). Mit der Einführung einer weiteren Kategorie „mittel“ kann diese Bestandsaufnahme noch verfeinert werden und zu einer Acht-Felder-Matrix ausgebaut werden. Eine Variation der Einstufungskriterien ist je nach Bereich und Zielsetzung möglich. So kann bspw. der gesamte Medienmarkt für die Segmente eines Multimediaunternehmens durch Marktwachstum und Wettbewerbsintensität abgebildet werden. Die Stärke dieses Konzeptes liegt in der Anschaulichkeit und Einfachheit. Daraus resultiert aber auch das Problem, dass eine Fülle von Einflussfaktoren nicht berücksichtigt wird, da man sich auf zwei beschränken muss. 5.2.2 Wettbewerbsmatrix nach Porter Als Raster der Umweltanalyse dient die Untersuchung der fünf Wettbewerbskräfte nach Porter (vgl. Porter 2008). Durch die Analyse mit dem Porterschen Schema werden nicht nur die Schwachpunkte auf den Märkten und damit die Ansatzpunkte für eine strategische Absicherung oder Neuausrichtung deutlich. Mit der Konkretisierung der fünf Faktoren für die jeweiligen Märkte kann gleichzeitig deren Attraktivität für einen Verbleib oder für ein intensiveres Engagement überprüft werden. <?page no="194"?> Markt- und Wettbewerbsstrategien 195 Abb. 59: Die fünf Wettbewerbskräfte nach Porter Quelle: Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen 2002, S. 189 Für die im Markt befindlichen Unternehmen sind Märkte dann attraktiv, wenn hohe Markteintrittsschranken existieren, viele kleine und damit schwache Lieferanten und Nachfrager vorhanden sind, keine Substitutionsgefahr von anderen Produkten besteht und die Wettbewerbsintensität innerhalb der Branche niedrig ist (vgl. Keuper/ Hans 2003, S. 90 ff.). Die Situationsanalyse für die einzelnen Medienbereiche geben die folgenden drei Überblicke zur Wettbewerbssituation in den Branchen wieder. Grundsätzlich bedingt eine marktorientierte Strategie die Berücksichtigung aller Marktelemente mit der Kundenseite im Zentrum. Die Analyse des jeweiligen Marktes kann allerdings besonders wichtige Elemente herausstellen. Die Gefährdungspunkte für Printunternehmen liegen am stärksten auf der Nachfragerseite in Verbindung mit der Konkurrenz der elektronischen Medien. Am geringsten belastet Zeitungsunternehmen derzeit die Lieferantenseite. Bedrohung durch neue Konkurrenten Wettbewerber in der Branche Rivalität unter den bestehenden Unternehmen Lieferanten Abnehmer Ersatzprodukte Potentielle neue Konkurrenten Verhandlungsmacht der Abnehmer Verhandlungsstärke der Lieferanten Bedrohung durch Ersatzprodukte <?page no="195"?> Marketing 196 Abb. 60: Die Wettbewerbskräfte auf dem Tageszeitungsmarkt Quelle: eigene Darstellung Für Unternehmen des Rundfunkmarktes ist der Beschaffungsbereich sowie das Verhalten der Wettbewerber in der Branche jenes Feld, auf das sich strategische Überlegungen derzeit konzentrieren. Rundfunkveranstalter haben es einerseits zunehmend mit branchenfremden Wettbewerbern zu tun. Um sich auf dem Markt gut zu positionieren, benötigen sie andererseits attraktive und vor allem innovative Contents sowie Formate. Zudem ist die Situation vor allem in der Distribution stark durch die Entwicklungen im technischen Bereich geprägt. •   Hohe Marktzutrittsschranken, deshalb kaum neue Konkurrenten •   Markteintritt neuer, branchenfremder Anbieter (Yahoo, T-Online) Wettbewerb in der Branche •   Gesättigte Märkte (Leser- und Werbemarkt) •   Hohe Konzentration => intensiver Wettbewerb Lieferanten Abnehmer Ersatzprodukte Neue Wettbewerber •   Veränderte Ansprüche an Aufbereitung und Layout •   Macht großer Werbekunden (Aldi, Media-Markt) •   Geringe Leser-Blatt-Bindung •   Überalterte Leserstruktur •   Elektronische Medien (Internet, TV) •   Eingeschränkte Substitutionsgefahr bei regionaler Berichterstattung •   Geringe Verhandlungsmacht der Contentlieferanten •   Hohe Bedeutung der Logistikpartner <?page no="196"?> Markt- und Wettbewerbsstrategien 197 Abb. 61: Die Wettbewerbskräfte auf dem Rundfunkmarkt Quelle: eigene Darstellung Für Unternehmen im Internetbereich sind sowohl die Nachfrager, die Lieferanten als auch die Wettbewerber in der Branche entscheidende Bereiche, in denen es die Position langfristig zu stärken gilt. Die Gefahr von Ersatzprodukten besteht hier bisher am wenigsten. Es kommen ebenso wie im Rundfunkmarkt branchenfremde Wettbewerber auf den Markt, während sich gleichzeitig die Wettbewerbsintensität durch die höhere Transparenz und Flexibilität der Marktteilnehmer erhöht. •   Unternehmen anderer Mediengattungen durch Konvergenz •   sinkende Markteintrittsschranken •   Unternehmen aus neuen Vertriebswegen Wettbewerb in der Branche •   steigende Zahl der Angebote, insbes. bei Nischenprodukten •   intensiver Wettbewerb um den Rezipienten Lieferanten Abnehmer Ersatzprodukte Neue Wettbewerber •   steigende Konsumentensouveränität •   steigende Ansprüche an individuelle Angebote •   steigende Zeitsouveränität •   Zapping, Switching •   Konvergenz-Produkte •   Multi-Channel-Angebote •   Content als strategischer Faktor •   Content als Engpassfaktor <?page no="197"?> Marketing 198 Abb. 62: Die Wettbewerbskräfte auf dem Internetmarkt Quelle: eigene Darstellung Die Positionierung durch einen strategischen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern erfolgt auf Basis der Situationsanalyse im zweiten Schritt. Dies kann durch Differenzierung oder durch Profilierung aufgrund geringerer Kosten (Kostenführerschaft) erfolgen. Kostenführerschaft und Differenzierungsstrategie sind keine Gegensatzpaare. Sie kommen meist in Mischform vor - die Prioritätensetzung ist entscheidend: Jedes Unternehmen strebt möglichst hohe Produktivität bzw. geringe Kosten an und will sich von seinen Konkurrenten durch qualitative Merkmale unterscheiden. Gemäß dem Wirtschaftlichkeitsprinzip ist es unrealistisch, das Kostenziel als Minimalziel und die Differenzierung zur Konkurrenz gleichzeitig als Maximalziel zu definieren. Die Kostenführerschaft im Medienbereich besitzt laut Heinrich infolge des zunehmenden Wettbewerbs und des schlecht funktionierenden Qualitätswett- Relativ niedrige Markteintrittsschranken, deshalb: •   neue Wettbewerber aus anderen Branchen •   gänzlich neue Anbieter •   neue Anbieter im Zuge von Web 2.0 Wettbewerb in der Branche •   Wettbewerb um Aufmerksamkeit •   Viele Anbieter, aber dominante Gruppen •   Realisierung von Netzeffekten •   Viele Marktaustritte •   Verstärkte Kooperationen Lieferanten Abnehmer Ersatzprodukte Neue Wettbewerber •   Geringe Zahlungsbereitschaft •   Hohe Transparenz und Flexibilität •   Gefahr der Informationsüberflutung Zur Zeit keine •   Content als Engpassfaktor für Informationsangebote •   User-generated- Content <?page no="198"?> Markt- und Wettbewerbsstrategien 199 bewerbs im Mediensektor eine hohe Bedeutung. Dies hat negative Auswirkungen auf die Qualität bzw. auf den publizistischen Wettbewerb: Mehrfachverwertungen und Wiederholungen, billige Produktionselemente und billige Qualitätsmerkmale wie Aktualität, Dramatik und Kuriosität nehmen zulasten gründlicher Recherche und Vielfalt zu. In den Redaktionen wird vermehrt Agenturmaterial verwendet und verstärkt mit freien Mitarbeitern gearbeitet. Die Interessen kleiner Publikumssegmente bleiben unberücksichtigt (vgl. Heinrich 1996, S. 165 ff. und Wyss 2002, S. 153 f.). Diese Arbeitsweise ist dann schwierig im Medienbereich anzuwenden und zu überprüfen, wenn mit der Kostenführerschaft eine Weitergabe an das Publikum in Form niedriger Preise verstanden wird: Die Alternative einer preisorientierten Kostenführerschaft auf dem Rezipientenmarkt ist in den Fällen eingeschränkt, in denen indirekte Austauschbeziehungen zwischen Medienunternehmen und Rezipient vorliegen, da der Preis entweder Null ist oder bei Mischfinanzierung nur zum Teil Indikatorfunktion besitzt (vgl. Sieben/ Schwertzel 1997, S. 77). Dies zeigen auch die Ergebnisse der Strategieanalyse von Sjurts: Hörfunk und Fernsehen sind ausschließlich durch Differenzierungsstrategien geprägt, während im Tageszeitungsbereich einzig die Springerpresse in Richtung Kostenführerschaft eingestuft wurde. Am ehesten ist eine preisorientierte Kostenführerschaft noch auf dem Zeitschriftenmarkt bspw. im Segment der Programm- und Frauenzeitschriften zu beobachten (vgl. Sjurts 2005, S. 114 ff., 208 ff., 279 ff. und 372 ff.). Das gleiche gilt für die entgeltpflichtigen Internetangebote. Preisorientierte Kostenführerschaft auf dem Werbemarkt oder bei Pay-TV hingegen bereiten keine Schwierigkeiten. Die Differenzierungsstrategie im Medienbereich ist mindestens ebenso relevant wie die Kostenführerschaft. Die Dominanz publizistischer Wettbewerbskriterien impliziert nicht, dass es sich um ideale Unternehmensziele oder altruistische Unternehmer handelt. Ausgehend von der Strategie der Differenzierung führt diese zur Realisierung anderer, ökonomischer Ziele. Darüber hinaus lässt sich eine Differenzierungsstrategie nicht nur anhand der direkten Produktmerkmale begründen. Sie kann bspw. auch durch eine Einzigartigkeit im Distributionsbereich ausgehen. Ansatzpunkte für diese Strategie dürften in der Hauptsache aber dennoch Produktmerkmale wie Exklusivität oder Regionalisierung der Beiträge, individuelle Komplementärprodukte, attraktive Präsentation und vor allem Orientierung am Kunden sein. Hybride Wettbewerbskonzepte sehen die Kostenführerschaft und Differenzierung nicht als „Entweder-oder-Strategien“, sondern als gleichzeitig realisierbare Strategien an. Dieser Blickpunkt gewinnt vor allem für Multimediaunternehmen an Bedeutung (vgl. Keuper/ Hans 2003, S. 92 ff.). <?page no="199"?> Marketing 200 5.2.3 Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff Eine weitere Gestaltungshilfe für die Strategien-Generierung ist die Produkt- Markt-Matrix nach Ansoff (vgl. Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen 2002, S. 187 f.). Abb. 63: Produkt-Markt-Matrix Märkte Produkte bestehende Märkte neue Märkte gegenwärtige Produkte Marktdurchdringung Marktentwicklung neue Produkte Produktentwicklung Diversifikation Quelle: Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen 2002, S. 187 Bei der Marktdurchdringung geht es um die Ausschöpfung des Marktpotenzials. Dies kann durch Mehrkonsum der alten Bedarfsträger, durch die Gewinnung von Kunden der Konkurrenz oder durch Erschließung neuer Kundengruppen geschehen. Die letztere Möglichkeit kann bereits als Marktentwicklung gelten, wenn im Zusammenhang mit neuen Zielgruppen damit auch neue Märkte definiert werden. Im Zeitungsbereich ist Marktdurchdringung mithilfe von Mehrkonsum wenig sinnvoll, da vorhandene Kunden nicht mehrere Zeitungen kaufen werden. Im Fernseh- und Onlinebereich hingegen ist die Stimulierung für einen Mehrkonsum denkbar. Das Erschließen neuer Bedarfsträger hingegen ist bei allen Medienbereichen ein relevantes Instrument. Im Printbereich sind es vor allem die Jugendlichen, die als Zeitungsleser unterrepräsentiert sind und eine begehrte Zielgruppe darstellen. Im Onlinebereich könnten Senioren verstärkt angesprochen werden, da sie über deutlich mehr Zeit verfügen. Fernsehunternehmen gewinnen oft über ihre Onlinepräsenz neue Zuschauer hinzu. Das Abwerben der Kunden von Konkurrenten ist insbesondere auf gesättigten Märkten ein Mittel zur stärkeren Marktdurchdringung. Es gelingt am besten, wenn die Schwachstellen des Konkurrenten durch eigene Stärken herausgestellt werden können bzw. wenn die Wechselkosten für die Nachfrager kompensiert werden. Wechselkosten entstehen für die Rezipienten der Konkurrenten dann, wenn etwa im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen gewährte Prämien oder Vergünstigungen verloren gehen. <?page no="200"?> Markt- und Wettbewerbsstrategien 201 Die Marktentwicklung erfolgt meist durch Erschließung neuer geografischer Märkte. Das ist im Medienbereich durch den Faktor Sprache erschwert. Die internationale Ausrichtung von Verlagen oder die weltweite Rechteverwertung von Fernsehsendungen zeigen aber auch hier die vielfältigen Möglichkeiten. Zeitungsverlage können einzelne Beiträge auch an Zeitschriften als Bestandteil von Mitarbeiter- oder Kundenzeitschriften weiterverkaufen und so neue Märkte hinzugewinnen. Fernsehveranstalter können einzelne Sendungen an Institutionen wie bspw. Bildungsträger verkaufen. Beide Mediengattungen können darüber hinaus als Informationslieferant beim Webauftritt von branchenfremden Unternehmen fungieren. Bei der Produktentwicklung handelt es sich meist um Ergänzungen des bisherigen Angebotes. Unter Strategiegesichtspunkten ist vor allem die Entwicklung neuer Potenziale relevant, während Produktergänzungen zum Zwecke der Kundenbindung eher dem operativen Feld zuzuordnen sind. So kann ein Zeitungsverlag neue Zeitungen oder zur wochentäglichen Zeitung eine Sonntagszeitung hinzufügen, der Fernsehveranstalter neue TV-Formate oder neue TV- Kanäle aufnehmen und der Onlineanbieter durch Suchmaschinen zu speziellen Themen oder durch die Gründung von Communities Neuprodukte schaffen. Zur Produktentwicklung zählen auch alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Merchandisingartikeln oder Buchprodukten zum Film. Die Diversifikation führt zum Verlassen des traditionellen Betätigungsfeldes. Die Hauptzielrichtung besteht hier in der Risikostreuung, obwohl die Strategie gleichzeitig das relativ höchste Risiko birgt, da die Kernkompetenzbereiche verlassen werden. Für Tageszeitungsverlage bietet sich z. B. an, das Vertriebssystem für andere Aktivitäten wie Brief- oder Paketzustellung zu nutzen. Auch das Agieren als Service-Provider stellt eine Diversifizierungsstrategie dar. Alle Beteiligungen an Unternehmen in anderen Mediengattungen sind ebenfalls hierunter zu fassen. Fernsehveranstalter können überlegen, inwieweit sie sich im Kabelbetrieb betätigen (zu Beispielen der Diversifikation im Fernsehbereich vgl. Karstens 2006, S. 147), während Onlineakteure die Domainbetreuung für Kunden übernehmen könnten oder vorhandene Logistiksysteme außerhalb des eigenen Distributionsbereiches als eigene Leistung anbieten können. Die Kritik an der Analyse nach Ansoff richtet sich in der Hauptsache auf die einseitige Wachstumsorientierung und die Beschränkung auf die zwei Dimensionen „Markt“ und „Produkt“. <?page no="201"?> Marketing 202 Abb. 64: Strategische Ansatzpunkte für den Zeitungsmarkt alter Markt neuer Markt altes Produkt • besondere Themenangebote für bestimmte Zielgruppen • Layoutveränderungen • besseres lokales Angebot • besondere Kundenbindungsmaßnahmen • Tabloid-Zeitungen • Gratiszeitungen • Sonntagszeitungen neues Produkt • E-Paper • Einsatz von Internet und Mobilfunk zur Ergänzung des Kernproduktes • Verkauf von CD-, DVD- und Bucheditionen • Mehrfachverwertung in anderen Medien • Verteildienstleistungen wie z. B. Briefzustellungen und Postdienste • Provider-Dienste Quelle: Beck/ Beyer 2006, S. 779 5.2.4 Ressourcenorientierter Strategieansatz Ausgangspunkt für den ressourcenorientierten Ansatz ist der Aufbau, die Entwicklung und der Schutz einzigartiger Ressourcen (Core Assets) zur dauerhaften erfolgreichen Positionierung am Markt. Im Mittelpunkt stehen dabei neben den Ressourcen die Kernkompetenzen eines Unternehmens. Durch sie ist die Grundlage gegeben, die Ressourcen so zu koordinieren, dass ein nutzenstiftendes und marktfähiges Produkt entsteht. Nachhaltig sind die damit entstehenden Wettbewerbsvorteile nur dann, wenn Ressourcen und Kernkompetenzen für den Nachfrager einen Nutzen stiften und von den Wettbewerbern nicht oder nur schwer imitierbar und substituierbar sind. Für eine nachhaltige Positionierung eignen sich demzufolge vor allem die materiellen und immateriellen Ressourcen, die in der Übersicht aufgeführt und als nicht handelbar charakterisiert sind. Da kein Faktormarkt für diese Ressourcen existiert, sind sie für die Wettbewerber nicht erreichbar. Im Medienbereich ist das Unternehmens- oder Produktimage besonders wichtig, da es sich um Vertrauens- und Erfahrungsgüter handelt. Dieses wird bspw. von einem lange gewachsenen und entwickelten Ressourcenpotenzial insbeson- <?page no="202"?> Instrumente 203 dere im redaktionellen Teil beeinflusst. Es kann sich bei den wichtigen Ressourcen aber auch um langjährige Partnerschaften, wie etwa zu Mediaagenturen, Produktionsgesellschaften oder zu so genannten festen freien Mitarbeitern handeln. Darüber hinaus sind die Beziehungen zu Interessenvertretern insbesondere für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein wichtiger Faktor, den es zu bewahren gilt. Insgesamt sind auch in Medienunternehmen die für einen nachhaltigen Unternehmensaufbau wichtigen Faktoren herauszuarbeiten. Diese müssen weiterentwickelt und gesichert werden (vgl. Ottler/ Radke 2004, S. 21 ff.). Abb. 65: Core Assets und Kernkompetenzen von Medienunternehmen Wettbewerbsvorteile Kernkompetenzen • Content-Sourcing-Kompetenz • Content-Creation-Kompetenz • Produktentwicklungskompetenz • Promotion-Kompetenz • Cross-mediale Verwertungskompetenz • Technologiekompetenz Core Assets • Mitarbeiter • Marke • Netzwerke • Kundenstamm Quelle: Wirtz 2011, S. 75 5.3 Marketinginstrumente 5.3.1 Produktpolitik Zur Produktpolitik gehören die Entscheidungen über die Ausgestaltung des Produktes und des Angebotsprogramms, die Markierung, die Verpackung und die zum Produkt gehörenden Dienstleistungen. Mit Ausnahme der Verpackung sind alle diese Dimensionen auch für Medienprodukte relevant. Medienprodukte können als Ganzes gesehen werden und betreffen dann das Programm, die gesamte Zeitung oder das Angebot einer Website. Sie stellen sich in dieser Betrachtung als ein Bündel von Einzelangeboten dar, die wiederum selbst als Produkt aufgefasst werden können. <?page no="203"?> Marketing 204 Die produktpolitischen Aktionsparameter für den Rezipientenmarkt beziehen sich auf den Leistungskern und den Nutzen des Angebotes durch seine Eigenschaften und damit letztlich auch auf seine Qualität. Der funktionale Nutzen von Medienangeboten lässt sich relativ undifferenziert als Information, Bildung und Unterhaltung kennzeichnen. Ergänzt wird dieser Nutzen durch die Befriedigung von Bedürfnissen wie Entspannung, Anregung oder Gewohnheit. Die Eigenschaften beziehen sich bei den Medienprodukten auf die Details des redaktionellen Konzeptes wie Aktualität, Informationsgehalt, Unterhaltungs- oder Bildungswert, Präsentation und - mit besonderem Gewicht - Glaubwürdigkeit. Der symbolische Nutzen spiegelt sich in Emotionen, Bezügen zu Lebensstil, Prestige oder in Wertevermittlung wider. Dieser letzte Teilbereich ist im Medienbereich schwieriger herzustellen als bspw. in der Automobilindustrie, da der Medienkonsum weniger demonstrativ in der Öffentlichkeit zum Tragen kommt (vgl. Siegert 2001, S. 122 f.). Die Markierung erfolgt im Medienbereich ebenso durch Namen, Design und Logo wie in jeder anderen Branche. Das Angebotsprogramm betrifft die Tiefe und Breite der angebotenen Produkte und hängt von der gewählten Marktbearbeitung ab. Für Medienprodukte ist festzulegen, wie groß die Vielfalt der aufgegriffenen Themen und deren Tiefgang sein soll. Diese Entscheidungen sind meist verbunden mit dem formalen Aspekt der Vielfalt von Genres oder Stilformen. Ein enges, aber tiefes Angebotsprogramm findet sich bei Spartenprogrammen im Fernsehen und bei Spezialangeboten im Internet. Hingegen ist das Produkt bei Tageszeitungen und Vollprogrammen relativ breit und flach. Im Internet ist durch die Modularisierung trotz der Breite ein relativ tiefes Angebot vorhanden. Die klassischen Medien treffen mit ihrem Angebotsprogramm bereits eine Vorselektion für den Leser und Zuschauer, die von diesem als Dienstleistung erlebt wird bzw. angesehen werden müsste. Das Internet setzt dagegen ein aktives Konsumverhalten voraus und überlässt dem Nutzer im Endeffekt die Programmzusammenstellung. Das hat letztlich zu einem Bedarf an neuen Intermediären (Informationsmediäre) wie Suchmaschinen oder intelligente Agenten geführt (ein Verzeichnis der wichtigsten Suchmaschinen findet sich bei Berendes 2003, S. 153 ff.). Mit steigender Unübersichtlichkeit gerade aufgrund des eigentlichen Vorteils von individueller Informationsbreite und Informationstiefe kann auch im Internet eine weitere Nachfrage nach zusammengestellten Inhalten entstehen. Im Hinblick auf das Ausschalten herkömmlicher Mittler infolge der direkten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Anbieter und Nachfrager spart dies für den Anbieter Kosten. Mit der Übernahme von Aufgaben durch den <?page no="204"?> Instrumente 205 Nachfrager entstehen auf dessen Seite wiederum neue Kosten, die bei der Einschaltung von Intermediären niedriger ausfallen. Die Produktvariation (Veränderung des bisher angebotenen Produktes) erfolgt mit jeder Zeitungsausgabe, mit jeder produzierten Sendung und mit jedem aufgerufenen Internetangebot. Unverändert bleiben jedoch die Strukturen: im Fernsehen durch das Programmschema und im Zeitungs- und Onlinebereich durch den Aufbau und das Layout des Angebotes. Für die regelmäßige Nutzung und Orientierung sowie für die Kundenbindung ist insbesondere bei Unikaten ein konstanter Faktor wichtig. Das Layout von Zeitungen macht den Aspekt der Konstanz in der täglichen Variation deutlich, indem es Gewohnheiten beim Konsum prägt und nur in längeren Zeitintervallen verändert wird. Die Strukturen der Websites benötigen durch die Vielzahl der Konsummöglichkeiten im Internet noch dringlicher diese Konstanz, um Nutzer immer wieder auf ihre Sites zu ziehen. Im Fernsehbereich sind es die wiederkehrenden Gattungen im zeitlichen Ablauf, wie etwa der Beginn der Nachrichtensendungen oder die Platzierung von Unterhaltungsangeboten und Serien, die dem Zuschauer Orientierung geben. Die eigentliche Produktvariation erfolgt somit erst durch eine Veränderung des Präsentationsschemas. Die Produktdifferenzierung (Erweiterung des Angebotes durch Varianten vorhandener Produkte) ist im traditionellen Medienbereich schwieriger als im Onlinebereich zu realisieren. Es wären verschiedene Tageszeitungskonzepte bzw. verschiedene Fernsehprogramme notwendig, um den Besonderheiten einzelner Marktsegmente Rechnung zu tragen. Zum Teil ist dieser Gedanke durch den Aufbau von Senderfamilien im Fernsehbereich oder durch Beilagen und Zielgruppenseiten im Zeitungsbereich realisiert. Ansonsten stellen Zeitungs- und Fernsehangebote gebündelte Angebote dar, aus denen der Nutzer auswählen kann, die er aber als Ganzes erwerben muss, aber selten ganz konsumiert. Die Produktdifferenzierung lässt sich idealer im Internet verwirklichen: Die First-copy-costs sind wie bei den traditionellen Medien hoch, die Differenzierung/ das Versioning kann jedoch zu geringeren Kosten und mit niedrigem Organisationsaufwand erfolgen. Dies ist bei digitalen Gütern und damit bei Medienprodukten am besten möglich. Versioning kann oft durch die Faktoren Zeit, Quantität und Qualität entstehen (vgl. Zerdick 2001, S. 190). Insgesamt nimmt die Diversifizierung des Angebotes im Internet stetig zu. Es besteht sowohl ein vielfältiges Angebot für ein Massenpublikum als auch für enge Zielgruppen. <?page no="205"?> Marketing 206 Die Mehrfachnutzung von Inhalten Sowohl die Produktvariation als auch die Produktdifferenzierung stellen eine Mehrfachnutzung von medienrelevanten Inhalten dar. Gründe: • Kostendegression durch First-copy-cost-Effekt • Effizientere Nutzung des Engpassfaktors Content • Neue Verwertungsfenster durch neue Techniken • Einfache Handhabung durch modularisierte Inhalte • Leicht veränderbare und reproduzierbare Güter durch Digitalisierung Mehrfachverwendung (Ausgangspunkt = Zielgruppe): • Versioning = Produktdifferenzierung durch Modifizierung von charakteristischen Eigenschaften und Aufspaltung des Gesamtmarktes in Teilmärkte. Beispiel: Senderfamilien im Fernsehen oder mehrere Formatradios des gleichen Hörfunkveranstalters. • Individualisierung = Produktkonfiguration im Einklang mit den Erwartungen und Ansprüchen bestimmter Gruppen oder Einzelner an das Medienprodukt. Beispiel: Mass Customization im Internet bei Schokolade, Parfüm oder Fertighäusern. Mehrfachverwertung (Ausgangspunkt = Wertschöpfungsstufe): • Syndication-Konzept = Vertrieb über mehrere betriebsfremde Unternehmen (Intermediäre). Beispiel: Vertrieb von Zeitungen über Großhandel und Einzelhandel. • Timing = Eigenvertrieb mit Produktdifferenzierung nach zeitlichen Gesichtspunkten. Beispiel: Börsenkurse über das Internet zu verschiedenen Zeiten und verschiedenen Preisen oder Near-Video-ondemand. • Windowing = Eigenvertrieb mit zeitlich gestaffelter Verwertung in verschiedenen Medien entlang der Verwertungskette. Beispiel: Filmverwertung über die klassische Verwertungskette Kino, Videothek, Pay-TV, Free-TV. • Cross-Media-Publishing = Eigenvertrieb durch simultane Nutzung in mehreren Medien. Beispiel: Zeitgleiche Vermarktung einer Sendung wie Big Brother in Fernsehen, Zeitung und Internet. Quelle: Hess/ Schulze 2004 <?page no="206"?> Instrumente 207 Ansatzpunkte für Produktinnovationen sind gleichzeitig Ansatzpunkte für Produktvariationen und Produktdifferenzierungen. Sie stellen das Äquivalent zu veränderten Bedürfnissen des Publikums dar oder wecken neue Bedürfnisse und tragen zur Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern bei. Sie dokumentieren letztlich nichts anderes als den Lebenszyklus von Medienprodukten, der im Vergleich zu anderen Branchen bei einigen Produkten erheblich kürzer ist. Grundsätzlich liegen die Ansatzpunkte für Produktinnovationen bei Medienprodukten im formalen und inhaltlichen Bereich. Für Zeitungen eignet sich dazu das Layout und die Aufbereitung der Inhalte: Beeinflusst durch den Konsum vor allem elektronischer Medien, werden Themen immer stärker in einzelne, voneinander unabhängig konsumierbare Teile aufgespalten und durch verschiedene Stilelemente (Grafiken, Interviews, Stichworte in lexikonähnlicher Form, Chronologien) präsentiert (fraktaler Journalismus). Direkte Ansatzpunkte bei den Produkten finden sich u. a. durch stärkere Serviceorientierung, vermehrte lokale Profilierung oder durch einen intensiveren Bezug zu Personen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Thema. Im Fernsehbereich lassen sich Ansatzpunkte für Veränderungen vor allem durch neue Themen in Verbindung mit neuen Formaten finden: So erlebten bereits in den frühen 1990er-Jahren Reality- TV oder Dauerwerbesendungen ihren Höhepunkt, wurden abgelöst durch Talkshows und Quizsendungen, die wiederum zugunsten von Sendungen mit Einbeziehung des Publikums in Form von Bewertungen in den Hintergrund traten (z. B. „Deutschland sucht den Superstar“, „Unsere Besten“). Erfolgreiche Produktinnovationen im Mediensektor basieren zunehmend auf der Anwendung des Konzepts der Produktplattformen. Die Entwicklung neuer Technologien, vor allem die Digitalisierung, erlaubt auch Medienunternehmen eine modulbasierte Produktion. Statt geschlossene Einheiten zu produzieren, werden einzeln noch nicht marktfähige Inhaltemodule erstellt, die dann medienneutral gespeichert, zusammengestellt und später als differenziertes Angebot crossmedial und kundenspezifisch angeboten werden können (vgl. Köhler 2005, S. 32 ff.). Diese Vorgehensweise bringt erhebliche Effizienzvorteile mit sich. Im Internet erfolgt die extremste Form der Produktdifferenzierung im Rahmen von Mass Customization. Hierbei ist das Angebot extrem individualisiert und es ergeben sich wenig identisch konsumierte Produkte. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei ein effektives, aber einfaches Verfahren, durch das eine Kundeninteraktion erzielt werden kann, womit die spezifischen Informationen zur Produktgestaltung eindeutig kommuniziert werden können. Darüber hinaus muss die Individualisierung einen echten Mehrwert darstellen, damit die Bereitschaft <?page no="207"?> Marketing 208 für einen höheren Preis vorhanden ist. Damit auch positive Kostenentwicklungen wie bei der Massenfertigung entstehen, müssen standardisierte Basisprodukte in großen Mengen produziert werden. Durch Mass Customization werden so die Vorteile von Einzelfertigung und Massenproduktion zu vereinen versucht. Es wird deshalb vielfach von der individuellen Massenfertigung gesprochen. Der Onlinebereich ermöglicht darüber hinaus die Auflösung der für Medienprodukte typischen Bündelung, indem der Nachfrager lediglich ein Teil des Angebotes nutzt und gegebenenfalls bezahlt. Für Onlinezeitungen ergibt sich bspw. die Möglichkeit, nur einzelne Artikel nachzufragen. So arbeitet etwa die Stiftung Warentest mit diesem Konzept, indem einzelne Testergebnisse gegen Entgelt abrufbar sind. Bei der Produktpolitik im Medienbereich, insbesondere im Onlinesektor ist deshalb bereits bei der Konzeptionierung zu beachten, inwieweit Elemente hinzugefügt bzw. weggenommen werden können, um so zu einer Differenzierung für verschiedene Versionen zu gelangen. Die produktpolitischen Aktionsparameter für die werbetreibende Wirtschaft beziehen sich auf das Angebot i. S. von Aufmerksamkeit oder Kontaktherstellung. Differenzierungen und Variationen des Angebotes sind durch die verschiedenen Möglichkeiten für den Werbeplatz, die Werbezeit und die Werbeform gegeben. Zusatzprodukte betreffen vor allem spezielle Dienstleistungen wie Produktionshilfen, Analysen oder Onlinebuchungen (vgl. für den Zeitungsmarkt Gündling 2007, S. 39). Die Qualität des Angebotes auf dem Rezipientenmarkt berührt in erster Linie die Frage nach der publizistischen Qualität. Die Festlegung der Produktqualität ist jedoch schwieriger und komplexer als in anderen Branchen: • Die Stakeholder eines Medienunternehmens wie die Gesellschaft, Publikum, Medienschaffende, Eigentümer und werbetreibende Wirtschaft besitzen unterschiedliche Ansprüche an die Medienleistungen. Die Vielfalt der Ansprüche findet sich in allen Branchen, jedoch ist sie im Medienbereich durch dessen öffentliche Aufgabe und die Funktionen der Medien besonders ausgeprägt. Je nach Bezugsgruppe ergeben sich für Medienunternehmen folgende Perspektiven: „ideologischnormative, normativ-pragmatische, utilitaristisch-ökonomische und die professionelle Perspektive“ (Wyss 2002, S. 115). • In Abhängigkeit vom Selbstverständnis der Redakteure, der Periodizität, des Genres, der Zielgruppe und der Funktion der Beiträge entstehen verschiedene Wertmaßstäbe. So können die Produkte Sport und Information nicht durch die gleichen Kriterien beurteilt werden. <?page no="208"?> Instrumente 209 • Die einzelnen Wertmaßstäbe erfordern die weitere Konkretisierung, da es sich in der Hauptsache um nicht quantifizierbare Größen handelt. • Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich durch die gewünschte Unabhängigkeit der redaktionellen Bereiche. Letztlich sind durch ein Schnittstellenmanagement zwischen Redaktion und Geschäftsführung ökonomische und publizistische Ziel- und Kontrollgrößen in Medienunternehmen relevant. Abb. 66: Ausgewählte Beurteilungskriterien für Medienprodukte Inhalt Gestaltung Aktualität Qualität der Sprache und Bilder Objektivität Dramaturgie/ Systematik Richtigkeit Verständlichkeit Relevanz Genrevielfalt Vielfalt Orientierungshilfen Journalistisches Produkt Rezipient Redaktion/ Verlag Reichweite Anspruch Akzeptanz Kosten Informationsnutzen Publizistisches Echo Unterhaltungswert Mehrfachverwertungsmöglichkeit Rezipientenbindung Beitrag zur Marktpositionierung Innovation/ Originalität Quelle: eigene Darstellung Mittel zur Reduktion der Qualitätsunsicherheit ergeben sich sowohl durch Vorschauen, mit denen Einblicke in das Angebot gegeben werden, Beurteilungen von Dritten, wie bspw. bei Kritiken oder Preisen, sowie durch vertrauensbildende Maßnahmen. Zu letzteren gehören Vorworte bekannter Persönlichkeiten, vor allem aber die Markenbildung in Gestalt von Einzel- und Dachmarken (vgl. Schumann/ Tzouvaras 2004, S. 199 ff.). <?page no="209"?> Marketing 210 Die Qualität des Angebotes auf dem Werbemarkt bereitet für eine Konkretisierung keine größeren Schwierigkeiten; hier sind die bereits analysierten Kriterien für die Mediaplanung relevant. Die Ziele der werbetreibenden Wirtschaft stellen gleichzeitig die Beurteilungskriterien für die Qualität des Werbeträgers dar: maximale Aufmerksamkeit und Reichweite sowie minimale Streuverluste in einem redaktionellen Umfeld, das dem umworbenen Produkt entspricht, zu vergleichsweise geringen Kosten. Der Aufbau einer Marke ist Bestandteil der Produktpolitik, da sie sich z. T. durch ein Eigenschaftsbündel etabliert, das wiederum von den Elementen des funktionalen Nutzens, den Eigenschaften (redaktionelles Konzept) und der Audiovisualisierung geprägt ist. Nach neuerem Markenverständnis wird mit Marken nicht der Markenartikel und eine eng mit dem Produkt verbundene Markenbildung verstanden; die Marke steht vielmehr „für das Image und damit für das Bild, das sich die Öffentlichkeit und/ oder die Abnehmerschaft von einem Anbieter oder einem Produkt tatsächlich macht“ (Silberer 2001, S. 238). Auch bei diesem Markenverständnis ist zu entscheiden, welche Markenattribute an den Rezipienten kommuniziert werden sollen (eine Beschreibung konkreter Medienmarken aus dem Print- und TV-Bereich mit ihren Spezifika finden sich bei Silberer 2001 sowie bei Baumgarth 2004 und Baumgarth 2008). Abb. 67: Funktionen von Medienmarken Funktionen für Medienorganisation Werbewirtschaft Rezipienten Orientierungshilfe für Produktion, Einkauf, Personal und Kooperationen Bekanntes, verlässliches Marketingkonzept Orientierung bei Kauf und bei Mediennutzung Strukturierungsprinzip für Programmplanung, Publikums- und Mediaforschung Höhere und zielgruppenspezifische Aufmerksamkeit für Werbeaussagen Aufbau und Sicherung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit Gefestigte Verhandlungsposition gegenüber der Werbewirtschaft Imagetransfer auf beworbene Objekte Spezifische Qualitätssicherung Absatzförderung und Absatzstabilisierung Verminderte Beanspruchung eigener Marketinginstrumente Minderung des Risikos von Fehlentscheidungen Profilierung gegenüber der Konkurrenz Individueller und sozialer Zusatznutzen Instrument zum Aufbau der Corporate Identity Quelle: In Anlehnung an Siegert 2004, S. 200 <?page no="210"?> Instrumente 211 Die Bedeutung von Markenstrategien im Medienbereich: • Eine Markenstrategie (Aufbau von Präferenzen beim Rezipienten, die nicht durch den Preis begründet sind) ist im Medienbereich eher möglich als die Realisierung einer Preis-Mengen-Strategie. Letztere ist lediglich bei direkten Marktbeziehungen zwischen Medienunternehmen und Rezipienten realisierbar. Im Medienbereich ist aber auch der Markenaufbau neben anderen Aspekten wichtig: höhere Markttransparenz, geringere Transaktions- und Wechselkosten verringern die Kundenbindung, die durch eine Marke gestärkt werden kann. • Medienmarken tragen zum Abbau der Unsicherheit aufgrund des Erfahrungs- und Vertrauensgutcharakters von Medienprodukten sowie durch die räumliche Trennung und die indirekten Beziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager bei. • Medienmarken tragen zur Orientierung in einem Markt bei. Dies gilt aufgrund der Programmzahl im Fernsehbereich als auch aufgrund des vielfältigen Angebots im Internet. Im Zeitungsbereich gilt dies nur in abgeschwächter Form, da bei regionalen Tageszeitungen durch die Vielzahl der Einzeitungskreise kaum Orientierungsprobleme bestehen. • Medienmarken erhöhen die „Wahrnehmungskontinuität“ (Baumgarth 2004, S. 6), die umso wichtiger ist, da Medienprodukte Unikate darstellen. Durch optische und inhaltliche Unikate wird die Zuordnung zu dem jeweiligen Medienunternehmen erschwert. Diese Bedingung wird wiederum durch Medienmarken abgemildert oder kompensiert. • Medienmarken sind zu einem großen Teil immaterielle Güter. Deshalb können Markenelemente nur begrenzt eingesetzt werden (z. B. Jingle im Radio, Markierung von Ü-Wagen oder Mikrofonen oder Trailer). Ein Konzept für Medienmarken ist daher umso dringlicher. • Medienmarken bilden eine Klammer für die hohe Inhaltsbreite des Angebots eines einzelnen Medienunternehmens. Insbesondere im öffentlich-rechtlichen Bereich muss eine große Bandbreite im Angebot abgedeckt werden (vgl. Baumgarth 2004, S. 7). • Medienmarken können die Flüchtigkeit des Medienangebotes kompensieren. Das gilt vor allem für den Fernsehbereich. • Medienmarken überwinden die Gleichheit des funktionalen Nutzens Information, Bildung oder/ und Unterhaltung der Angebote (vgl. Siegert 2001, S. 198 sowie für einen Überblick S. 121). • Medienmarken sind in ihrer Etablierung entscheidend von der Kommunikationspolitik abhängig. Dafür besitzen Medienunternehmen spezifische Erfahrungen. <?page no="211"?> Marketing 212 Abb. 68: Kategorien zur Beschreibung der Markenführung von TV-Sendern Markenführungsdimension Kategorie Ausprägungen Positionierung Zielgruppe breit speziell (Alter, Geschlecht, Einkommen u.ä.) Inhalt Schwerpunkt Information, Kultur, Unterhaltung, Sport kein Schwerpunkt Ausrichtung Sachorientierung Erlebnisorientierung Markenstrategie Markenhierarchie Unternehmensmarke als Empfehlungsmarke Sendermarke als Untermarke oder als dominierende und unabhängige Dachmarke Sendermarke als unabhängige Dachmarke mit starken Programmmarken Sendermarke als unabhängige Dachmarke mit Dominanz der Programmmarken Markenportfolio einzelne Sendermarke, die Teil eines umfangreichen Mar kenportfolios ist Marktdifferenzierung Sendermarke und Werbemarktmarke sind identisch oder nah verwandt Sendermarke und Werbemarktmarke sind unterschiedlich Markentransfer intramediale Transfers crossmediale Transfers nicht-mediale Transfers Branding Name bedeutungslos deskriptive Bedeutung emotionale Bedeutung Logo abstraktes oder konkretes Logo Schriftlogo Quelle: Baumgarth 2008, S. 278 Dachmarken-Strategien (sämtliche Produkte eines Unternehmens unter einer Marke) im Fernsehbereich existieren in Form von Senderfamilien. Unter dem gemeinsamen Label RTL treten die Sender RTL, Super RTL und RTL II auf. <?page no="212"?> Instrumente 213 Allerdings verfolgt die RTL-Gruppe keine reine Dachmarkenstrategie: Die Sender n-tv und VOX gehören ebenfalls zu dieser Gruppe, signalisieren dies aber nicht durch den Namen. Im Printbereich finden sich Dachmarken bspw. bei der Spiegel-Markenfamilie. Abb. 69: Beispiele für Dachmarken Quelle: eigene Darstellung Die Vorteile von Dachmarken im Medienbereich: (vgl. Wirtz 2011, S. 119 ff.): • Relativ schneller Markenaufbau ist möglich • Positiver Imagetransfer auf neue Produkte kann genutzt werden • Realisierung von Kostenvorteilen durch Konzentrierung des Budgets • Steigerung der Bekanntheit des Medienunternehmens <?page no="213"?> Marketing 214 Die Nachteile von Dachmarken: • Höhere Hürden für Neueinsteiger, da ein großer Teil der Märkte durch Dachmarken abgedeckt wird • Risiko eines negativen Markentransfers • Höherer Koordinationsaufwand • Identitätsverlust bei der Dachmarke bzw. den einzelnen Marken Es existieren jedoch auch Einzel- oder Multimarkenstrategien. Im Fernsehbereich zeigt sich dies durch die Entwicklung von Sendungen zu Einzelmarken (wie „Wetten dass ...“ oder „Wer wird Millionär? “) oder in Form einer Multimarkenstrategie wie bei der Pro Sieben-Sat.1-Gruppe (Pro Sieben, Sat.1, Kabel 1, 9Live, N24). Im Printbereich finden sich ebenfalls Einzelmarkenstrategien wie bei den Produkten der Verlagsgruppe Milchstraße. 5.3.2 Kommunikationspolitik Zu den Instrumenten der Kommunikationspolitik gehört die Werbung einschließlich Direktwerbung (Mailing, Telefonaktionen, interaktive Medien), durch die Produkte und Leistungen des Unternehmens bekannt gemacht und mit einem Image aufgebaut werden sollen. Die Verkaufsförderung zählt ebenfalls zur Kommunikationspolitik und zielt auf die direkte Unterstützung des Verkaufs von Produkten, während Public Relations (PR) das Unternehmen als Ganzes profilieren soll. Bei der Kommunikationspolitik von Medien handelt es sich um Kommunikation über Kommunikation. Es ergeben sich zwei Besonderheiten: • Medien sind selbst Werbeträger und können neben Werbung in Fremdmedien Eigenwerbung und redaktionelle Verweise nutzen. Diese Instrumente stehen anderen Branchen nicht zur Verfügung. • Der Unikatcharakter von Medienleistungen ergibt in Form der einzelnen Beiträge eine Fülle von Objekten für die Kommunikationspolitik. Das führt zwar zu einem Selektionsproblem, jedoch müssen keine Ereignisse (Events) für die Kommunikationspolitik künstlich „produziert“ werden (vgl. Strecker 1996, S. 130 f.). Am schwierigsten gestaltet sich diese Aufgabe im Internet, da hier das Angebot individuell jeweils unterschiedlich ausfällt, sodass als Objekte Angebotskategorien oder Serviceleistungen infrage kommen. Die kommunikationspolitischen Ziele konzentrieren sich auf zwei Aspekte: Das Medienunternehmen soll als Ganzes am Markt mit bestimmten Eigenschaften <?page no="214"?> Instrumente 215 und Leistungen positioniert und es soll über das Angebot des Medienunternehmens informiert werden. Zielgruppen der Werbemaßnahmen sind vor allem die Rezipienten und die Werbekunden, während Zielgruppen von PR-Maßnahmen in der Hauptsache die Rezipienten und andere Medien bzw. Journalisten sind. Werbung in anderen Mediengattungen (Cross-Promotion) ist vor allem der richtige Weg, wenn neue Zielgruppen angesprochen werden sollen oder wenn es sich um eine Neueinführung handelt. Werbung in Fremdmedien dient natürlich auch der Stärkung vorhandener Kundenbeziehungen und damit der Kundenbindung. Mit Cross-Promotion wird in der Regel eine bessere Werbewirkung durch Ansprache mehrerer Sinne erzielt (vgl. Gleich 2003, S. 511 ff.). Fremdmedien wie z. B. Fachzeitschriften bieten sich ebenfalls für die Kommunikation mit der werbetreibenden Wirtschaft an. Cross-Promotion in eigenen oder verbundenen Unternehmen bietet die Vorteile der internen Abwicklung, mögliche Kostenvorteile und die positive Unterstützung der verbundenen Medien. Cross-Media ist im Zuge der selbstverständlichen Internetaktivitäten von Medienunternehmen auch schon dann gegeben, wenn im Onlineauftritt auf das Ursprungsmedium und umgekehrt hingewiesen wird. Allerdings sollten bei der Onlinekommunikation die Besonderheiten und die Spezifik dieses Mediums Berücksichtigung finden. Das betrifft in der Hauptsache die Aktualität, die Nutzung des Dialoges der Nutzer untereinander, die Individualisierung des Angebotes und die Aktivierung der Nutzer durch virtuelle Events oder Erlebniswelten. Insgesamt ist zu beachten, dass Online- und Offlinekommunikation aufeinander abgestimmt, d. h. miteinander vernetzt sind (vgl. Diehl 2002, S. 196 ff.). Cross-Promotion liegt auch dann vor, wenn ein Medienunternehmen im Rahmen seiner Kommunikationspolitik mit einem Markenartikler außerhalb des Medienbereichs kooperiert. Zwei oder mehrere Partner wenden sich in gemeinsamen Auftritten an eine Zielgruppe. So kooperierte zum Jahrtausendwechsel die Henkell & Söhnlein KG mit SAT.1 bei einer Silvesterparty am Brandenburger Tor, MTV veranstaltet zusammen mit Volkswagen Events auf dem VW- Werksgelände („mondo club“) oder kooperiert mit Designern bis hin zum Trendsetterevent („Designerama“). Auf diese Weise finden Medienunternehmen Zugang zu Kunden, die sie bisher mit Werbung in den klassischen Medien nicht erreichten. Darüber hinaus führen ungewöhnliche Aktionen bzw. Kooperationen zu einer höheren Aufmerksamkeit, und im Idealfall können die Partner gegenseitig von einem Imagetransfer profitieren. Der entscheidende Punkt bei dieser Art von Cross-Promotion ist es, den richtigen Partner zu finden. <?page no="215"?> Marketing 216 Die Eigenwerbung ist die einfachste Möglichkeit für das jeweilige Medienunternehmen. Es werden damit in der Hauptsache lediglich die Rezipienten erreicht, die bereits Kontakt zu dem Medium haben. Da Medienprodukte jedoch komplex bzw. umfangreich sind, können Rezipienten auf diesem Wege für bisher von ihnen nicht beachtete Teile (z. B. einzelne Sendungen, Zeitungsbeiträge) interessiert werden. Oftmals ist nicht deutlich, inwieweit es sich bei der Eigenwerbung um informative oder manipulative Aktivitäten handelt: So dient ein Trailer im Fernsehen als Programmhinweis, gleichzeitig aber auch als werblich ausgerichtete Kommunikation. (Eine Aufstellung über die möglichen Formen der Eigenwerbung im Fernsehbereich findet sich bei Siegert 2001, S. 187 ff.). Eigenwerbung eignet sich auch für Kontakte mit den Werbekunden. Redaktionelle Verweise stellen Beiträge über das jeweilige Medienunternehmen oder Medienprodukt innerhalb der redaktionellen Angebote dar. Am besten lässt sich dieser Kommunikationskanal im eigenen Medium nutzen. Jedoch ist dabei die Wirkung auf Image und Glaubwürdigkeit zu beachten, zumal auch das Gebot der Trennung zwischen Werbung und Inhalt auf diese Weise nicht verwirklicht wird. Sie lassen sich auch durch Vorabmeldungen und anderer PR- Maßnahmen in fremden Medien lancieren (so genannter Verlautbarungsjournalismus). Redaktionelle Verweise entstehen oftmals ohne Zutun des zitierten Unternehmens. Sie ergeben sich aus der Bedeutung oder Brisanz der Sache und aus der möglichen Meinungsführerschaft des Mediums, das auf Themen aufmerksam macht. In diesen Fällen erledigen dann andere Unternehmen einen Teil der Kommunikationspolitik, ohne dass das betroffene Medienunternehmen darauf Einfluss nehmen kann. Dafür sind aber auch keine Kapazitäten bereitzustellen. Medien-PR (Pressearbeit, Events, Dokumentation und Sponsoring) richtet sich nicht nur an Rezipienten und interne Anspruchsgruppen. Sie schließt insbesondere andere Medien, den Bereich der Medienpolitiker, mögliche Kapitalgeber sowie externe Institutionen ein. Aus dieser Sicht ist die Zielgruppe breiter als bei der Werbung. Die Selektionsaufgabe ist daher nicht in Bezug auf die Vielzahl der Objekte, sondern in Bezug auf die Zielgruppe zu lösen. Die Trennung zwischen Werbung und PR fällt im Medienbereich schwerer als in anderen Branchen, sobald das Gesamtprodukt, d. h. die Zeitung, der Sender oder das gesamte Internetangebot, im Blickfeld einer Kommunikationskampagne steht (vgl. z. B. die F.A.Z-Kampagne „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ oder die ZDF- Kampagne „Mit dem Zweiten sieht man besser“). Der Dialog zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit im Rahmen der PR- Arbeit spiegelt die gesellschaftliche Verantwortung und Positionierung des Me- <?page no="216"?> Instrumente 217 dienunternehmens wieder. Öffentlichkeitsarbeit gewinnt deshalb für Medienunternehmen eine besondere Bedeutung: Medien erfüllen eine öffentliche Aufgabe, sie beurteilen gesellschaftliche Entwicklungen, lösen sie teilweise aus und beeinflussen sie. Da sie sich selbst aber auch daran messen lassen müssen, ist es notwendig, ihre Position in der Gesellschaft zu klären und zu kommunizieren. Das Medienangebot stellt zwar selbst bereits Öffentlichkeit für das Unternehmen her, dennoch ist auch für Medien PR-Arbeit unverzichtbar: Viele Botschaften lassen sich nicht direkt über die Medienangebote transportieren. Das gilt besonders für die grundsätzlichen Rahmenbedingungen der Unternehmenspolitik aus dem Bereich der Unternehmensphilosophie. Zudem droht die Gefahr, dass der Rezipient das Unternehmen beurteilt, obwohl er nur vereinzelt die Angebote nutzt, indem er eine Sendung schaut, eine Zeitung kauft oder auf ein Internetangebot stößt (vgl. Strecker 1996, S. 134 f.). Deshalb muss im Rahmen der PR-Arbeit das Bild des Unternehmens umso aktiver in die Öffentlichkeit transportiert werden, je fragmentarischer sich der Medienkonsum darstellt. Der Verkaufs- oder Absatzförderung stehen eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung: z. B. Preisausschreiben, Reisen, kostenlose Proben oder Kundenclubs, die mehrere der einzelnen Maßnahmen in sich vereinen. Aufgrund des Charakters von Vertrauens- und Erfahrungsgütern sind kostenlose Probeangebote ein wichtiges Instrument der Verkaufsförderung. Sie werden im Printbereich in Form von Probeabonnements eingesetzt. Bei Zeitungen sind es vor allem auch die Aktionen „Leser werben Leser“, die einen beträchtlichen Teil der Verkaufsförderung ausmachen. Im Fernsehbereich ergeben sich solche Möglichkeiten lediglich für den Pay-TV-Sektor, indem dort einzelne Sendungen unverschlüsselt gesendet werden. Das Internetangebot ist besonders durch kostenlose Angebote geprägt, um für spätere kostenpflichtige Angebote zu werben. Händlerpromotionen werden ebenfalls nur für den Print- und den Pay-TV- Bereich relevant, da bei den übrigen Medien der Handel keine große Rolle spielt. Außendienstpromotionen sind einzig im Printbereich sinnvoll, da hier sowohl im Anzeigenals auch im Vertriebsgeschäft Außendienstmitarbeiter eingesetzt sind. Merchandising ist eine weitere Möglichkeit, um die Kommunikationspolitik zu unterstützen. Das Logo wirbt für das Medienunternehmen auf den verschiedensten Produkten und erhöht somit die Bekanntheit. Je nach Produkt wird auch das Image des Medienunternehmens durch Merchandising beeinflusst. Die Wahl der Produkte oder Lizenznehmer ist für Merchandising als Marketinginstrument wichtiger als in der Funktion eines Finanzierungsinstrumentes. <?page no="217"?> Marketing 218 Die Direktansprache ist vor allem für die Kommunikation mit den Werbekunden relevant. Bei den Kunden vor Ort, den eingeschalteten Werbeagenturen, auf Messen oder in Pressekonferenzen wird über Preise, mögliche Werbeformen, Mediadaten und Innovationen informiert. Direkte und individuelle Kommunikation mit dem Publikum lässt sich im Internet durch die Fülle der Interaktionen am leichtesten realisieren. In Form von Zuschauer- und Leserredaktionen findet sie sich weniger ausgeprägt aber auch in den klassischen Medien. Die Kommunikationspolitik der Fernsehveranstalter zeigt eine intensive Nutzung der Eigenwerbung mittels Trailer (vgl. Siegert 2001, S. 179). Abgesehen vom einfachen Handling dieser Möglichkeit ist dies auch auf die Spezifik des Mediums im Hinblick auf die Bedeutung von emotionalen Zielen und die audiovisuellen Möglichkeiten im Fernsehen zu erklären. Darüber hinaus sind Trailer bei Hinweisen auf nachfolgende Sendungen eine Möglichkeit, den Zuschauer im Kanal zu halten (Audienceflow). Dieses Problem existiert im Printbereich nicht. Darüber hinaus werden aber auch Anzeigen in Zeitungen, und vor allem in Programmzeitschriften, dem direkten Komplementärmedium, geschaltet. Die Internetaktivitäten sowie die Plakatwerbung gewinnen für die Kommunikationspolitik von Fernsehunternehmen ebenfalls an Bedeutung. Im Vergleich zu den anderen Medien finden sich Kundenclubs am häufigsten im Fernsehbereich. Merchandising besitzt für das Fernsehen als flüchtiges Medium eine stärkere Bedeutung als für die Internet- und Printangebote. Die Kommunikationspolitik im Zeitungsbereich beschränkt sich eher auf die eigene Mediengattung, auf Plakataktionen und auf Internetaktivitäten. Kommunikationspolitik mithilfe des Fernsehens ist hier selten anzutreffen. Bezüglich der Selektion von Kommunikationsobjekten konzentrieren sich Printunternehmen auf einzelne Inhalte, indem sie die Themen der nächsten Ausgaben für ihre Werbung aufgreifen (vgl. Strecker 1996, S. 132). Als verkaufsfördernde Maßnahmen werden oft Preisausschreiben, Reisen und kleinere Geschenke gewählt. Am stärksten fällt das kostenlose Probeabonnement bei Zeitungen ins Gewicht. Die Kommunikationspolitik im Internetbereich hat einerseits durch die Spezifik des Mediums sehr gute Ausgangsbedingungen. In keinem anderen Medium kann die Kommunikation zwischen Anbieter und Nachfrager auf so einfache Weise individuell und direkt ablaufen (so genanntes One-to-one-Marketing). Andererseits ist es schwierig in Anbetracht der Fülle von Online-Angeboten, auf das eigene Produkt aufmerksam zu machen. Dies trifft umso eher zu, je weniger es sich um ein Zusatzangebot zu einem traditionellen Medienangebot, um eine eingeführte Marke, handelt. Für die Site-Promotion ergeben sich aber dennoch <?page no="218"?> Instrumente 219 eine Fülle von Möglichkeiten (vgl. Hofer 2000, S. 268 f.). Fremde Medien, und damit Offlinemedien, eignen sich insbesondere zum Aufbau einer Internetmarke und zur Erhöhung der Bekanntheit. „Auch bei reinen E-Brands dominiert nach wie vor die klassische Werbung beim Aufbau von Markenbekanntheit und Markenimage“ (Diehl 2002, S. 191). Ausgangspunkt für die Onlinekommunikation sind die Informationsquellen, auf die Internetnutzer zurückgreifen, um eine spezielle Website zu finden. Dabei kristallisieren sich folgende Wege heraus: • Suchmaschinen und andere Navigationshilfen, • Portale, • Hinweise in klassischen Medien, • Banner auf Webseiten. 5.3.3 Preispolitik Die Zahlungsbereitschaft der Rezipienten ist der wichtigste Einflussfaktor für die Preispolitik. Sie fällt je nach Erlösmodell unterschiedlich aus: • Die preispolitischen Maßnahmen der Medienunternehmen sind nur voll wirksam und direkt für den Rezipienten spürbar, wenn es sich um eine alleinige Finanzierung über Nutzerentgelte handelt. Das betrifft im Fernsehbereich das Pay-TV-System und den rein über Nutzerentgelte finanzierten Onlinebereich. • In den ganz oder teilweise über Werbung finanzierten Medien ist zwischen der objektiven und der subjektiv wahrgenommenen Belastung der Rezipienten zu unterscheiden. Die objektive Zahlungslast setzt sich aus den direkten Geldzahlungen für das Medium und aus der Bezahlung durch die Zeit, die der Rezipient für Werbekonsum opfert, zusammen. Ist der Rezipient auch gleichzeitig Nachfrager nach den umworbenen Gütern, kommt noch der Teil der Güterpreise zur Zahlungslast hinzu, der für die Werbekosten in die Preise einkalkuliert wurde. Die von dem Rezipienten wahrgenommene Zahlungsbelastung lässt meist einige Bestandteile außer Acht, sodass die „subjektive“ Zahlung geringer ist als die tatsächliche Zahlungslast (vgl. Ludwig 1998, S. 192). Die Elastizität der Nachfrage ist darüber hinaus bei direkten Geldzahlungen höher als bei Zahlung über Zeit oder andere Faktoren. Die preispolitischen Aktionsparameter für die Medienunternehmen sind in diesem Falle sowohl die Preise selbst als auch die Platzierung und der Umfang der Werbung, der für den Rezipienten zumutbar erscheint. Da der Zuschauer mit Zeit und Aufmerksamkeit bezahlt, kann <?page no="219"?> Marketing 220 auch die Ausgestaltung und Ausrichtung des Angebotes an den zeitlichen Gewohnheiten sowie die Verlagerung auf die Einschaltquoten als Ersatz der Preispolitik gesehen werden (vgl. Siegert 2001, S. 161 sowie Bea 1996, S. 356). • Abgesehen von der Zahlungsbereitschaft aufgrund der wahrgenommenen Zahlungslast nehmen auch Berufstätigkeit und Einkommenssicherung der Rezipienten Einfluss: Das finanzielle Budget wirkt in den Fällen nicht besonders restriktiv auf die Medien-Konsumentscheidung, wenn ein Druck besteht, „über bestimmte Dinge informiert zu sein und über entsprechendes Wissen zu verfügen“ (Ludwig 1998, S. 204). • Letztlich hängt die Zahlungsbereitschaft von der wahrgenommenen Leistung und den Kenntnissen des Rezipienten über die Produktionsbedingungen ab. Es kommt deshalb entscheidend darauf an, Transparenz hinsichtlich der Konsequenzen unterschiedlicher Finanzierungsmodelle zu schaffen. Das zeigt sich bspw. in gemeinsamen PR- Aktionen der werbefinanzierten Fernsehunternehmen zur Akzeptanz und Bedeutung von Fernsehwerbung. Allerdings besteht in diesem Zusammenhang wiederum das Problem, dass die Rezipienten die Qualität der Medienprodukte und damit die wahrgenommenen Leistungen nur teilweise einschätzen können. Die Preisfindung bei dualen Gütern muss neben den bekannten Faktoren wie Preiselastizität der Nachfrage, Kosten- und Marktstruktur auch die Stärke der Netzwerkeffekte auf dem Rezipienten- und Werbemarkt berücksichtigen: • Eine Preiserhöhung auf dem Rezipientenmarkt führt im ersten Wirkungspfad zu einem Rückgang der Rezipientennachfrage in Abhängigkeit von deren Preiselastizität. In einem zweiten Wirkungspfad ergibt sich daraus ein Rückgang der Werbenachfrage aufgrund der gesunkenen Reichweite. Aufgrund der dadurch reduzierten Werbeeinnahmen kommt es zu Veränderungen des Produktes (Qualität, Layout) und dadurch dann wiederum zu einem Rückgang der Rezipientennachfrage (Anzeigen-Auflagen-Spirale). • Anreize für Preiserhöhungen sind nur dann vorhanden, wenn auf beiden Märkten ein geringerer Schaden als Nutzen entsteht. • Bei besonders starken Netzwerkeffekten kann es zu Preisen unterhalb der Grenzkosten kommen. Nicht nur die Summe der Preise, sondern auch die Struktur der Preise ist ausschlaggebend. <?page no="220"?> Instrumente 221 • Resultiert aus der Werbung ein negativer Effekt auf die Rezipientennachfrage, können die Preise auf dem Werbemarkt auch besonders hoch gesetzt werden, um die Auswirkungen der negativen Netzeffekte zu begrenzen. • Insgesamt gilt bei der Preisfindung dualer Güter, „dass tendenziell der Markt „ausgebeutet“ wird, von dem die schwächsten relativen (positiven) Netzwerkeffekte ausgehen“ (Dewenter 2006, S. 59). Die Preisfindung auf dem Fernsehmarkt bezüglich der Zuschauer entfällt im werbefinanzierten Rundfunk. Einzig im Bereich des Pay-TV sind Entscheidungen hinsichtlich der Preissetzung direkt von den Medienunternehmen zu treffen. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk spielt Preispolitik zwar im Hinblick auf die Beitragsfinanzierung eine Rolle, liegt aber nicht im Einflussbereich der Rundfunkveranstalter (vgl. Kapitel 4.2). Die Preisermittlung für den öffentlichrechtlichen Bereich ist Aufgabe der KEF. Allerdings entsprechen die Umstände dieser Aufgabe nicht den üblichen Bedingungen bei einer Preisfestsetzung. • Die Leistung wird autonom von den Anbietern, der Preis von der KEF festgelegt. • Die Leistung wird u. U. nicht nachgefragt und zum Teil nicht von privaten Veranstaltern angeboten. Deshalb existieren für diese Produkte auch keine vergleichbaren Marktpreise. • Die Preisermittlung soll aber auf einer „wirtschaftlichkeitsorientierten Kalkulation beruhen“ (Bea 1996, S. 358). Dazu müssen Marktpreise oder Marktersatzkriterien herangezogen werden. Die Preispolitik im Printbereich ist für den Lesermarkt weitaus relevanter als im Fernsehbereich. Es hat sich im Tageszeitungsbereich allerdings ein Preisgefüge etabliert, von dem nur geringfügig nach oben und unten abgewichen wird. Aufgrund der geringen Flexibilität bzw. der starken Leser-Blatt-Bindung verläuft die Preisabsatzfunktion relativ steil. Diese Tatsache eröffnet Preissetzungsspielräume, die in der Praxis jedoch wenig genutzt werden. Diese relativ passive und wettbewerbsorientierte Preisfindung erklärt sich teilweise aus der hohen Konzentration und der daraus resultierenden Wettbewerbssituation auf dem Tageszeitungsmarkt. Das Ausweichen auf andere Wettbewerbsparameter als auf den Preis erscheint Erfolg versprechender (vgl. Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen 2002, S. 858). Für die Preisentscheidungen auf dem Printmarkt wurde im Kartellrecht eine Ausnahme gemacht, indem die vertikale Preisbindung für Verlagserzeugnisse erlaubt ist. Damit ist ein einheitlicher Preis auch bei indirektem Absatzweg gesichert. Zielsetzung dieser Besonderheit für den Zeitungsbereich ist der <?page no="221"?> Marketing 222 Schutz von Zeitungen mit kleiner Auflage und der Schutz kleiner Kioske. Darüber hinaus sollen alle Bürger sich überall zum gleichen Preis mit Printprodukten versorgen können (vgl. Heinrich 2001, S. 224). Die Preispolitik im Internet war zu Anfang bzw. ist noch stark durch die so genannte „Follow-the-free-Strategie“ geprägt. Zur Realisierung von Größenvorteilen und zum Abbau von Unsicherheiten sind die Angebote in einer ersten Phase kostenlos, um dann in einem zweiten Schritt leistungsfähigere Versionen, Komplementärprodukte oder Upgrades zu entsprechenden Preisen verkaufen zu können. Das kostenlose Angebot entspricht einer extremen Penetrationspreispolitik mit allen ihren Beweggründen und Wirkungen: Es soll dadurch ein schnelles Absatzwachstum erreicht werden, das wiederum schneller zu Größen- und Erfahrungsvorteilen führt. Letztlich soll damit auch die potenzielle Konkurrenz erst einmal vom Markteintritt abgehalten werden. Der Verzicht auf Erlöse bei unentgeltlicher Abgabe der Produkte entspricht einer Investition in die Zukunft mit hohem unternehmerischen Risiko. Das Risiko ergibt sich aus den Schwierigkeiten einer Preisanhebung nach niedrigen Einführungspreisen im Vergleich zum umgekehrten Weg. Hinzu kommt die Unsicherheit, inwiefern das Produkt den Geschmack der Nachfrager trifft und eine längere Lebensdauer hat, um den zweiten Schritt voll ausschöpfen zu können. Die Strategie hat bei digitalen Gütern und damit bei Medienprodukten eine hohe Relevanz, da Netzeffekte auf der Nachfragerseite und Größenvorteile auf der Anbieterseite eine wichtige Rolle spielen. Sie ist auch dann nahe liegend, wenn nur geringe Alleinstellungsmerkmale und von Anfang an eine intensive Konkurrenz vorhanden ist, damit eine schnelle Marktdurchdringung erreicht wird (vgl. Zerdick 2001, S. 192 ff.). Die meisten Fernseh- und Hörfunkangebote im Netz folgen dieser Strategie: Mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Veranstalter bieten Hörfunk- und Fernsehsender „ganz überwiegend unterhaltenden Content im Internet. Dies prägt die Erlösstruktur: Der Content ist kostenlos“ (Sjurts 2005, S. 415). Allerdings zeigt sich, dass das anfängliche breite Angebot kostenfreier Inhalte im Internet zu einer Abnahme der Zahlungsbereitschaft bei den Nutzern geführt hat, die bis heute nicht generell überwunden ist. Das Internetangebot der Stiftung Warentest zeigt, dass auch zahlungspflichtige Online-Angebote (Paid Content) im Internet erfolgreich etabliert werden können. Sie müssen einen hohen Nutzwert aufweisen. Dieser Premiumeffekt kann durch Produktdifferenzierung bis hin zur Mass Customization bei Medienangeboten im Internet relativ leicht erreicht werden. So lassen sich u. a. mit Personalisierungsfunktionen, Vertiefungen zu den Themen, Archivzugang oder durch <?page no="222"?> Instrumente 223 zeitliche Bevorzugungen zusätzliche Attribute zur Basisversion hinzufügen (Value Added Service), die den Nutzwert und damit die Zahlungsbereitschaft erhöhen. Der hohe Aktualitätsbezug von Inhalten und die relativ einfache Handhabbarkeit des Internets zur Aktualisierung erhöhen die Möglichkeiten von Medienunternehmen für entgeltpflichtige Angebote. Das trifft vor allem auf Zeitungsverlage zu, die sich auf Informationsangebote im Netz konzentrieren. Es lässt sich deshalb im Internet auch eine Skimming-Strategie realisieren, die das Pendant zur Penetrationspreis-Strategie darstellt (vgl. Hofer 2000, S. 243). Bei dieser Strategie führt das Medienunternehmen sein Angebot mit hohen Preisen auf dem Markt ein. Dieses Vorgehen empfiehlt sich, wenn das betreffende Unternehmen als Alleinanbieter auf dem Markt auftreten kann und die Konkurrenz kaum Möglichkeiten besitzt, relativ rasch ein ähnliches Produkt aufzubauen. Die so genannten Early Adopter sind weniger preisempfindlich als die später hinzukommenden Nachfrager. Für das Medienunternehmen ergibt sich damit eine frühe Gewinnrealisierung, und gerade im Medienbereich kommt es zu positiven Prestigeeffekten, da der Preis als Qualitätsindikator dient. Insgesamt gilt für den Onlinebereich, dass der Preiswettbewerb intensiver als auf den traditionellen Märkten ist. Der Preisdruck im Internet resultiert aus der höheren Transparenz, da sich die Preise mit wenigen Mausklicks vergleichen lassen. Darüber hinaus sind neue intermediäre Geschäftsmodelle entstanden, die dem Nutzer die Preistransparenz erleichtern (vgl. z. B. guenstiger.de, Geizkragen.de, idealo.de, Preistrend.de, kelkoo.de oder Preissuchmaschine.de). Ein reiner Preiswettbewerb scheint daher wenig Erfolg versprechend, und die Möglichkeiten der Produktpolitik werden intensiv genutzt, um eine Basis für Preisdifferenzierung zu schaffen, die zu komplizierten und dadurch weniger transparenten Preisstrukturen führt. Die Möglichkeiten der Preisdifferenzierung sind vor allem für den Print- und den Onlinebereich relevant, während im Fernsehsektor, bis auf Pay-TV, diese Entscheidungen keine Bedeutung besitzen. Mit Preisdifferenzierung soll die unterschiedliche Zahlungsbereitschaft der Nachfrager abgeschöpft werden. Die Orientierung an einem für das Unternehmen optimalen Durchschnittspreis verzichtet auf die Mehrerlöse, die bei höheren Preisen möglich gewesen wären, und auf die Erlöse, die deshalb nicht realisiert werden, da für einen Teil der Rezipienten dieser Durchschnittspreis bereits zu hoch ist. Im Printbereich findet sich die persönliche Preisdifferenzierung durch unterschiedliche Preise etwa für Studierende, die auch im Hinblick auf zukünftige Leserschichten wichtig sind. Die sachliche Preisdifferenzierung greift vor allem bei <?page no="223"?> Marketing 224 Einzelverkaufs- und Abonnementpreisen. Aufgrund der guten Planbarkeit bei überwiegendem Abonnementverkauf erklärt sich dieser Anreiz seitens der Verlage. Eine sehr fassettenreiche Preisdifferenzierung, die teilweise auf gänzlich andere Kriterien wie etwa Solidarität abstellt, weist die Preispolitik der taz auf (vgl. Ludwig 1998, S. 288 ff.). Im Internetbereich ist das Spektrum der Möglichkeiten für eine Preisdifferenzierung breit. Die zeitliche Preisdifferenzierung bietet sich insbesondere für aktualitätssensible Produkte wie Börsenkurse an. Hier kann das Angebot zeitgleich oder verzögert zu unterschiedlichen Preisen erfolgen. Die kundenbezogene Preisdifferenzierung greift, wenn bspw. Printabonnenten Zusatzinformationen im Internet kostenfrei oder ermäßigt im Vergleich zu Nichtabonnenten beziehen können. Darüber hinaus erlangen durch die geringeren Transaktionskosten im Internet auch die individuellen Preisfestsetzungsmöglichkeiten Bedeutung. Damit können die unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften in extremster Form ausgenutzt werden. Unter dem Stichwort Dynamic Pricing werden Auktionen, Ausschreibungen, die individuelle Preisaushandlung oder das Price Customization (individuelle Preisangebote aufgrund entsprechender Kundeninformationen) zusammengefasst (vgl. Wirtz 2010, S. 398 ff.). Allerdings spielen diese Möglichkeiten im Bereich der Medienangebote im Internet (noch) kaum eine Rolle. Der kalkulatorische Ausgleich als Instrument der Preispolitik ist für Medienunternehmen möglich, die mehrere Produkte anbieten. Hierbei handelt es sich um die Preisfindung für Produkte nach ihrer Tragfähigkeit. Liegt der am Markt durchzusetzende Preis unter den Preisuntergrenzen des Medienunternehmens, muss deshalb noch nicht das Produkt vom Markt genommen werden. Existieren positive Ausstrahleffekte des defizitären Produktes auf die übrigen Produkte und können bei Letzteren Marktpreise erzielt werden, die den Verlust ausgleichen, werden auch verlustbringende Angebote realisiert. Begründen lässt sich ein solches Vorgehen durch Komplementärbeziehungen zwischen den Produkten, durch zeitlich bedingte Verluststrecken, die überwunden werden müssen oder durch Produkte mit hohem Imagewert für das restliche Sortiment. Im Medienbereich finden sich solche Querfinanzierungen/ Mischkalkulationen z. B. im Print- und Onlinebereich (vgl. die Beispiele bei Ludwig 1998, S. 266 ff.). Die Preisfindung auf dem Werbemarkt unterscheidet sich kaum von der in anderen Branchen. Grundlage der Preisfestsetzung sind vor allem die jeweiligen Reichweiten und die daraus ermittelten TKP sowie die Qualität des Werbeumfeldes. Da die Kontaktzahl schwankt, steht der genaue jeweilige Tausender- Kontakt-Preis (TKP) immer erst im Nachhinein fest. Das hat dazu geführt, dass <?page no="224"?> Instrumente 225 im Fernsehbereich TKP-Garantien von den Veranstaltern gewährt werden: Ist die Kontaktzahl niedriger als angenommen, werden für den Werbekunden solange kostenfreie Spots geschaltet, bis der vereinbarte TKP erreicht wird (Karstens/ Schütte 1999, S. 325). Die Preissetzung für die Werberaum- oder Werbezeitenvermarktung besitzt umso höhere Spielräume, je mehr das Werbeumfeld und die Rezipienten mit den Zielen und der Zielgruppe der Werbetreibenden übereinstimmen: Hohe TKP werden akzeptiert, wenn die Streuverluste gering und die Imageeffekte hoch sind. Die Preisdifferenzierung bei den Werbekunden ist am stärksten im Rundfunk ausgeprägt. Hier sind die Preise meist nach Tageszeit, Jahreszeit und nach den spezifischen Sendungen unterschiedlich. Allgemein findet sich bei der Preispolitik auf dem Werbemarkt auch ein weitaus stärkerer Einsatz der Rabattpolitik als auf der Rezipientenseite. Sie dient nicht nur als Anreiz bzw. Honorierung im Großkundenbereich, sondern wird auch als Instrument zur Glättung konjunktureller oder struktureller Schwächen eingesetzt. 5.3.4 Distributionspolitik Der Distributionsbereich ist für Medienunternehmen/ Massenmedien durch quantitative und qualitative Reichweitenziele und Präsenz geprägt. Dies erklärt sich bei werbefinanzierten Medien bereits durch die Anzeigen-Auflagen-Spirale, die bei steigenden quantitativen oder qualitativen Reichweiten in Gang kommt. Der hohe Fixkostenblock in der Produktion setzt ebenfalls Anreize zur intensiven Distribution bzw. zur gleichzeitigen oder zeitlich aufeinander folgenden Mehrfachverwertung in verschiedenen Distributionskanälen (Windowing, vgl. Zerdick 2001, S. 187). Am deutlichsten zeigt das die klassische Verwertungskette bei der Filmproduktion: Nach der Vermarktung im Kino folgt die Verwertung über Videoangebote, bevor der Film im Pay-TV und dann im werbefinanzierten und/ oder öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt wird. Es fallen dabei geringe zusätzliche Kosten an. Allerdings sind nicht alle Möglichkeiten der Mehrfachverwertung so unproblematisch: Ein Zeitungsartikel muss für den Onlinevertrieb, noch mehr aber für den Vertrieb über Hörfunk oder Fernsehen, umgearbeitet werden. Er sollte den jeweiligen Erfordernissen der unterschiedlichen Vertriebskanäle Rechnung tragen. Infolge des Strebens nach Mehrfachverwertung stellen sich die verschiedenen Medienbereiche bereits als alternative Distributionskanäle dar. Beim Absatz der Medienprodukte im engeren Sinne, d. h. im eigenen Mediensektor, ist aber dort erst einmal die Frage nach den verschiedenen Distributionskanälen zu stellen. <?page no="225"?> Marketing 226 Die Wahl der Absatzwege steht im Zentrum des Distributionskonzeptes. Direkte Absatzwege sind dadurch gekennzeichnet, dass keine externe Absatzmittler zwischen Hersteller und Nachfrager eingeschaltet sind. Die Vorteile dieses Absatzweges ergeben sich durch die direkte Einflussnahme des Medienunternehmens und den auf sein Produkt konzentrierten Vertrieb: Betriebseigene Absatzorgane sind nicht nur mit ihrem Produkt bestens vertraut, sie sehen sich auch nicht im Konflikt zur Absatzförderung von Konkurrenzprodukten. Allerdings sind bei indirektem Absatzweg die Chancen eines hohen Distributionsgrades eher gegeben und der Verkauf in einem Sortiment lässt positive Komplementäreffekte oder spontane Kaufentscheidungen zu. Bei den Absatzwegen im Rundfunkbereich dominiert auf dem Rezipientenmarkt der direkte Absatz. Als Alternativen stehen hier die terrestrische Übertragung, die Übertragung per Satellit oder über Kabel zur Wahl. Nach Wirtz handelt es sich dabei um direkte Absatzwege, da sich die Veranstalter lediglich externer Übertragungstechnik bedienen (vgl. Wirtz/ Becker 2002, S. 75). Allerdings können Kabelnetzbetreiber auch als Fernsehveranstalter aktiv sein. In diesem Falle ist eine Unterscheidung in indirekten Absatz auch nur bei der Inanspruchnahme externer technischer Dienstleistungen im Vergleich zum direkten Absatz beim gleichzeitigen Betreiben von Kabelnetzen sinnvoll. Die Vorwärtsintegration durch den Einbezug der Distributionsstufe bzw. die Rückwärtsintegration durch den Aufbau einer Fernsehplattform von Kabelnetzbetreibern ergibt für die Veranstalter Vorteile, für die Medienpolitik wettbewerbliche Probleme bei der Einspeisung und damit bei der Reichweitenerzielung (vgl. hierzu RStV § 52 ff.). Zurzeit werden die Fernsehkabelnetze in Deutschland von Finanzinvestoren beherrscht, die jedoch Kooperationen oder eigene Initiativen im Bereich der Fernsehveranstaltung nicht ausschließen. So bietet Kabel Deutschland seit der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland hoch auflösendes Fernsehen (HDTV) über Kabel für digitale Kabelanschlüsse als Pay-per-View-Version an. Umgekehrt besteht ein wettbewerbliches Problem auch dann, wenn bspw. ein Fernsehveranstalter auf Exklusivverträge im Netz drängt wie MTV in Amerika. Über die Zuordnung und Nutzung der Übertragungskapazitäten, die zur Verbreitung von Rundfunk dienen, entscheiden die Länder (vgl. RStV § 50). Die Bedeutung der terrestrischen Übermittlung ist derzeit eher gering, der Trend einer stetigen Abnahme ist aber durch die Digitalisierung gebrochen. Die Übertragung mittels Kabel ist mit einer höheren Qualität, mit einem größeren Pro- <?page no="226"?> Instrumente 227 grammangebot, für den Zuschauer jedoch auch mit höheren Kosten (einmalige Anschlussgebühr und monatliche Miete) verbunden. Die Programmveranstalter zahlen ebenfalls eine Miete an den Kabelnetzbetreiber. Bei der Satellitenübertragung entfallen auf die Programmanbieter ebenfalls die Satellitenkosten, während die Zuschauer lediglich die Anschaffungskosten für die Satellitenempfänger aufzubringen haben. Für die Satellitenbetreiber ergeben sich Netzeffekte, da ein Satellitensystem umso mehr an Bedeutung gewinnt, je mehr Zuschauer ihre Antenne auf ein System ausrichten. Dieses ist dann auch für Veranstalter wiederum das Attraktivere, sodass wiederum für die Zuschauer die Attraktivität durch die Vielzahl der Programme weiter steigt (vgl. Beck 2011, S. 226). Abb. 70: Übertragungswege/ Fernsehempfang (Haushalte in Mio.) Quelle: KEK (Hrsg.) 2011, S. 40 f. Das digitale Fernsehen eröffnet im Distributionsbereich neue Möglichkeiten und hat deutliche Umstrukturierungen zur Folge. Durch die Datenkompression wird einerseits die Frequenzknappheit überwunden, woraus andererseits wiederum neue Möglichkeiten für das Fernsehangebot und die -nutzung entstehen. <?page no="227"?> Marketing 228 Abb. 71: Wertschöpfungskette des digitalen Fernsehens Quelle: Clement/ Becker 1999, S. 1178 <?page no="228"?> Instrumente 229 Digitales terrestrisches Fernsehen/ Überall-Fernsehen Begonnen hat die kommerzielle Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T: Digital Video Broadcasting Terrestrial) im Jahr 2003. Ende 2008 wurde mit der Abschaltung des letzten analogen terrestrischen TV- Senders bundesweit der Umstieg vom analogen auf das digitale Antennenfernsehen vollzogen. Der Versorgungsgrad der Bevölkerung liegt inzwischen bei über 90 Prozent. Warum digitales terrestrisches Fernsehen? Es empfingen immer weniger Zuschauer das Fernsehprogramm über den analogen terrestrischen Weg. Diese Verbreitungsart war deshalb für die Sender teuer und entsprechend unrentabel. Aufgrund dessen hatten einige Sender ihre terrestrische Übertragung ganz eingestellt. Den öffentlich-rechtlichen Anstalten steht durch die Erfüllung der Grundversorgungsaufgabe diese Alternative jedoch nicht offen. Mit DVB-T ist der neben Kabel und Satellit dritte existierende Übertragungsweg wieder belebt worden. Die Vorteile des DVB-T • Generell besitzt das digitale terrestrische Fernsehen die allgemeinen Vorteile des digitalen Fernsehens: Bessere Bild- und Tonqualität, interaktive und multimediale Anwendungen, mehr Programme und damit eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Kanäle. • Speziell besitzt das terrestrische digitale Fernsehen auch noch den Vorteil des portablen und mobilen Empfangs. Mit einer Stabantenne, oder einer Top-Box für ältere Geräte ist es im Haus unabhängig von einer Anschlussdose. Außer Haus kann es z. B. auf DVB-T-fähigen Mobiltelefonen, über ausgewählte Navigationssysteme oder mit Hilfe eines USB-Stick oder sog. Dongles auf Laptops oder Tablet-PCs überall empfangen werden. Dies erklärt auch die Bezeichnung Überall-Fernsehen. Es ergeben sich dadurch neue Märkte und Anwendungen, die über das heutige Fernsehen hinausgehen. Nicht nur die Zuschauer und die Veranstalter haben Interesse an DVB-T, sondern auch das Verkehrsgewerbe und die Automobilhersteller. • DVB-T fördert den Wettbewerb der Übertragungswege Quelle: Task Force DVB-T in Deutschland von ARD und ZDF (Hrsg.) (2008) sowie ARD/ ZDF- Projektgruppe Digital 2003 <?page no="229"?> Marketing 230 Für das Angebot hat die Digitalisierung weit reichende Folgen: • Digitales Fernsehen ermöglicht durch den Kapazitätseffekt nicht nur mehr Angebote, sondern auch mehr Interaktivität und sachliche sowie zeitliche Individualität. Das Zusammenwachsen der verschiedenen Medien erweitert darüber hinaus das Fernsehangebot auch durch neuartige Möglichkeiten, indem von Fernsehbeiträgen zu entsprechenden Homeshopping-Angeboten, Datenbanken, Communities oder zu anderweitig verbundenen Produkten gewechselt werden kann. • Das Zusammenwachsen der Systeme und die dadurch entstehenden Interdependenzen sowie der Umfang des Projektes erfordern eine verstärkte Kooperation zwischen den Unternehmen aus Computer-, Unterhaltungselektronik-, Telekommunikations- und Medienindustrie (vgl. Clement/ Becker, S. 1178 f.). • Pay-TV-Veranstalter und Spartenanbieter haben beste Voraussetzungen im digitalen Fernsehen. Der Zuschauer stellt sich sein Programm zeitlich und sachlich individuell zusammen. Das „Fernsehprogramm als Fluss“ (Turecek/ Kopitzke 1998, S. 492) wird durch die Möglichkeiten von Video on Demand oder Near-Video-on-Demand abgelöst und zerstückelt. • Nach der Pionierphase werden neue Wettbewerber am Fernsehmarkt aktiv, da auch Spezialangebote besser ihren Markt finden. • Das Fernsehen wird sich zum „Massenmedium für Individualisten“ (Turecek/ Kopitzke 1998, S. 493) entwickeln. Die Zuschauerfragmentarisierung geht dadurch weiter, wodurch wiederum die Bedeutung von Dachmarkenstrategien zunimmt. • Mit Handy- und Internet-TV entstehen neue Absatzwege. Für den Empfang des digitalen Angebotes benötigt der Zuschauer einen Decoder, damit die digitalen Signale wieder in analoge umgewandelt werden können. Damit nicht für jede Vermarktungsplattform ein eigener Decoder gebraucht wird, war es notwendig, sich auf ein einheitliches Betriebssystem für Decoder bzw. auf offene Softwareschnittstellen zu einigen (Multimedia-Home-Plattform = MHP). Das schafft nicht nur erleichterte Bedingungen für die Nachfrageakzeptanz im Hinblick auf die Decoderbzw. Systemwahl (indirekte Netzeffekte), sondern auch die Möglichkeit zur Produktion hoher Decoderstückzahlen zu geringeren Stückkosten, was wiederum die Akzeptanz bei den Rezipienten erhöht. Für die Fernsehveranstalter ist jedoch der Navigator das wichtigste Marketinginstrument: Je weiter vorne das Angebot platziert wird, umso größer ist die <?page no="230"?> Instrumente 231 Wahrscheinlichkeit, wahrgenommen und/ oder ausgewählt zu werden. Der Navigator dient als Orientierungshilfe über das Angebot, ist jedoch mehr als nur eine elektronische Programmzeitschrift. Der elektronische Programmführer (Electronic Program Guide = EPG) wiederum ist Navigator für ein Programm bzw. für mehrere miteinander verbundene Anbieter. Die Offenlegung der Softwareschnittstellen ist nötig, damit mehrere EPGs über einen Decoder den Zuschauer erreichen können (vgl. Turecek/ Kopitzke 1998, S. 498 ff.). Abgesehen von Akzeptanzproblemen bestehen auch einige wettbewerbspolitische Schwierigkeiten bei der Einführung des digitalen Fernsehens: • In der Hauptsache geht es um den diskriminierungsfreien Zugang verschiedener Anbieter zu Plattformen und Navigatoren (vgl. hierzu insbesondere die Regelungen des RStV in den §§ 52 ff.). • Wettbewerbsprobleme ergeben sich möglicherweise auch bei dem Ausbau digitaler Übertragungsnetze. So empfinden die Kabelnetzbetreiber die öffentliche Förderung von digitalem Antennenfernsehen als unerlaubte Bevorzugung bzw. Beihilfe. • Es wird zu vertikalen Konzentrationsproblemen kommen: Die verlängerte Wertschöpfungskette von den Inhalten über die Verschlüsselung, Bündelung, Vermarktung und Verwaltung bietet auf einzelnen Stufen strategische Vorteile, sodass die aktiven Unternehmen auf den verschiedenen Stufen möglichst gut vertreten sein wollen. • Plattformenbetreiber werden allerdings durch den Engpassfaktor „Inhalt“ gezwungen sein, ihr System zu öffnen, damit durch fremde Beiträge, Informationsdienste oder Teleshopping-Angebote ein attraktives Angebot entstehen kann (vgl. Clement/ Becker 1999, S. 1186 f.). Bei den Absatzwegen im Printbereich ist auf dem Rezipientenmarkt die direkte und indirekte Distribution relevant. Bei Abonnementzeitungen findet sich primär der direkte Vertrieb über eigene Austräger oder in Kooperation mit anderen Zeitungen. Kaufzeitungen werden meist indirekt, über mehrstufige betriebsfremde Absatzmittler (Pressegrossist, Einzelhandel, Bahnhofsbuchhandel) vertrieben. Für diesen Zeitungstyp ist eine hohe Verbreitung und damit dieser Absatzweg unentbehrlich. Der Vertrieb von Presseerzeugnissen weist einige Besonderheiten auf: • Für den Tageszeitungsbereich ist der Vertrieb und damit die Distributionspolitik einer der sensibelsten Bereiche. Dies resultiert aus der materiellen Verfügbarkeit der Zeitung im Vergleich zu den elektronischen <?page no="231"?> Marketing 232 Medien. Die physische Distribution (wie das Printprodukt materiell zum Nachfrager gelangt) erlangt daher im Printbereich hohe Bedeutung. Das Produkt ist in starkem Maße durch Aktualität geprägt und erfordert deshalb eine rasche Belieferung. Entsprechend der Nutzungsgewohnheiten liegt die Belieferungszeit in den frühen Morgenstunden. Je früher die Auslieferung erfolgen muss, umso früher liegt auch der Redaktionsschluss und beeinflusst damit die Möglichkeiten der Produktgestaltung. Die Zeitspanne zwischen fertig gestelltem Produkt und der Auslieferung beim Kunden unterscheidet die Printerzeugnisse deutlich in ihrer Distributionsproblematik von den elektronischen Medien. • Von der Kostenstrukturseite ergibt sich ein Konflikt zwischen Produktion und Distribution: Aufgrund der First-copy-costs und anderer Fixkosten im Produktionsbereich fallen mit steigender Reichweite die durchschnittlichen Stückkosten (Degressionseffekt der Fixkosten) und steigen die Werbeeinnahmen. Steigende Reichweite erfordert aber steigende Ansprüche an den Vertriebsapparat und damit in Intervallen ein Anstieg bei den fixen Vertriebskosten, der somit den Degressionseffekten aus dem Beschaffungs- und Produktionsbereich zuwiderläuft (vgl. Beck 2011, S. 92 f. und 102). • Ein Konflikt ergibt sich zwischen Distribution und Produktpolitik auch dadurch, dass mit steigender Verbreitung bzw. gut gewählten und genutzten Absatzwegen der regionale Bezug sich immer mehr reduziert bzw. mehrere Ausgaben notwendig sind, die wiederum die Produktionskosten und den Koordinationsaufwand erhöhen (vgl. Beck, 2005, S. 119). • Die Druckstandorte sind trotz digitaler Technik so gewählt, dass eine zeitgenaue Lieferung erfolgen kann. Die Standortfrage ist trotz digitaler Güter im Printbereich von hoher Relevanz (vgl. Siegert 2001, S. 162). Der indirekte Absatz bei Presseerzeugnissen weist weitere Besonderheiten auf: • Der Pressegrossist erhält Gebietsschutz. Er ist deshalb dazu verpflichtet, die Titel aufzunehmen, die ein Verlag auf den Markt bringen will. • Auf der weiteren Stufe wird der Einzelhandel meist nur von einem Grossisten beliefert. Er ist auf dessen Belieferungsauswahl für die jeweiligen Einzelhändler angewiesen. Sowohl Großals auch Einzelhandel sind auf diese Weise in ihrem Dispositionsrecht eingeschränkt. • Letztlich trägt durch das Remissionsrecht (Rückgaberecht nicht verkaufter Exemplare von Einzel- und Großhandel) aber der Verlag das <?page no="232"?> Instrumente 233 Absatzrisiko und kompensiert damit ebenso wie mit dem Gebietsschutz für den Großhandel das beschränkte Dispositionsrecht (vgl. Heinrich 2001, S. 224 f.). Die Distributionspolitik im Internetbereich wird lediglich im Bereich der physischen Distribution relevant, wenn es darum geht, wie das Produkt materiell zum Nachfrager gelangt. Im Bereich der medialen Internetangebote ist auch die letzte Transaktionsphase online abzuwickeln, während die logistischen Erfordernisse bei allen materiellen Gütern zu lösen sind. Hierin liegt oft das entscheidende Problem für Onlineanbieter, da durch die Bedingungen für E-Commerce, die relative weite Verbreitung und die ständige Verfügbarkeit, auch die Ansprüche an die Auslieferungsphase sich erhöhen und komplexer gestalten. Der Einfluss des Internets auf die Distributionspolitik von Medienunternehmen zeigt sich, wenn indirekte Absatzwege bestehen, das Produkt aber auch online zum Nachfrager gelangen kann. Der Handel kann dann durch die Möglichkeiten des neuen Vertriebskanals ausgeschaltet werden (Disintermediation), wenn der Produzent mit dem Nachfrager direkt in Kontakt tritt. Diese Möglichkeiten bestehen im Medienbereich vor allem im Printsektor, in dem beide Voraussetzungen vorliegen oder auch bei Buchverlagen, indem der Verlag umgangen wird, wenn der Autor sich direkt an den Leser wendet (vgl. Hass 2003, S. 6). Bei vollständig digitalen Produkten tritt an die Stelle von Druckerei, Logistiker und Handel der Netzbetreiber. Durch den möglichen Medienvertrieb über das Internet können sich folgende Konsequenzen für die Wertschöpfungsstrukturen auf der Anbieterseite ergeben: • Unternehmen aus der IT-Branche werden zu Wettbewerbern für die klassischen Medienunternehmen. Dabei haben letztere aber einen Wettbewerbsvorteil durch ihren Erfahrungsvorsprung und durch die etablierten Medienmarken, die insbesondere bei Vertrauensgütern eine hohe Bedeutung besitzen. Es wird daher in Verbindung mit dem Fixkostendegressionseffekt, der Ausnutzung vorhandener Kundenbeziehungen durch Imagetransfer sowie durch die positiven Wirkungen einer Risikostreuung durch ein breiteres Sortiment eher zu einer weiteren Verfestigung oder gar Erhöhung der Konzentration kommen. • Durch den Vertrieb über das Internet sind Medienprodukte global verfügbar. Das kann zu einer verstärkten internationalen Konzentration mit immer größeren Global Playern führen. <?page no="233"?> Marketing 234 • Die Medienkonzentration kann sich durch den Vertrieb über das Internet aber auch vermindern, da die kleineren Content-Anbieter auf diese Weise nicht mehr auf die Vermarktung der großen Veranstalter angewiesen sind. Sie können im Rahmen der Selbstvermarktung direkt mit dem Publikum agieren. Allerdings wird dies weniger im Fernseh- und Hörfunkbereich zu erwarten sein, da dort die Distributionskosten im Vergleich zu bspw. Printmedien niedrig sind. • Die so genannten Intermediären, die für die Vervielfältigung und Distribution von Druckerzeugnissen zuständig sind, werden in ihrem Geschäftsmodell durch den Vertrieb über das Internet gefährdet sein. Durch den möglichen Medienvertrieb über das Internet können sich folgende Konsequenzen für die Angebotsvielfalt ergeben: • Durch die niedrigeren Distributionskosten könnte sich das Medienangebot weiter differenzieren, da die Höhe des Schwellenpublikums für ein rentables Angebot sinkt. • Wird das Problem illegaler Kopien nicht gelöst, wird der Medienvertrieb über das Internet nicht zu höherer Angebotsvielfalt führen. Damit wäre Kopieren nochmals erleichtert und es besteht aufgrund des wirtschaftlichen Risikos für die Anbieter kein Grund, das Angebot zu spezialisieren und auszuweiten (vgl. Seufert 2004, S. 67 ff.). Die Bedeutung der Distributionspolitik ist bei den elektronischen Medien nicht so hoch wie im Printbereich. Das resultiert aus dem Fixkostencharakter der Vertriebskosten bei Internet und Fernsehen. Überlegungen, ob eine Absatzausweitung mehr zusätzliche Erlöse erbringt als zusätzliche Vertriebskosten, sind nicht nötig. Die Möglichkeiten der Absatzwege im elektronischen Medienbereich sind stark durch die Technik beeinflusst. Die Entscheidungen konzentrieren sich in der Hauptsache auf die zu erzielende Reichweite der unterschiedlichen Absatzwege und die dort herrschenden Wettbewerbsbedingungen. Der Absatzweg auf dem Werbemarkt gestaltet sich im Fernsehbereich zum Großteil indirekt. Die meisten Veranstalter setzen eigens auf sie konzentrierte Vermarktungsagenturen ein. Sobald es sich dabei aber um Tochterunternehmen wie bei den öffentlich-rechtlichen Sendern handelt, ist wiederum auch dieser Absatzweg im Kern direkt. Die Absatzwege im Printbereich sind i. d. R. direkt: Der Werberaum wird durch eigene Mitarbeiter der Anzeigenabteilung verkauft, die getrennt vom Vertrieb agieren. Im Internet findet schwerpunktmäßig ebenfalls eine direkte Vermarktung der Werbemöglichkeiten statt. <?page no="234"?> Übungsfragen 235 Übungsfragen 1. Begründen Sie auf Basis der Besonderheiten von Medienprodukten und Medienunternehmen, warum eine Markenstrategie für Medienunternehmen besonders wichtig ist und inwiefern damit das Informationsparadoxon abgeschwächt wird. 2. Große Fernsehanbieter sind dazu übergegangen, Senderfamilien aufzubauen. Stellen Sie dar, welche Vorteile ein solches Vorgehen für Kosten und Erlöse dieser Sender hat und welche Nachteile zu bedenken sind. 3. Diskutieren Sie, inwiefern die Strategie der Kostenführerschaft im Medienbereich eine hohe, aber gleichzeitig auch eine geringe Bedeutung besitzen kann. 4. Entwickeln Sie mit Hilfe der Produkt-Markt-Matrix strategische Ansatzpunkte für den Fernsehmarkt. 5. Stellen Sie dar, inwieweit immaterielle Ressourcen in Medienunternehmen generell und speziell in dem ressourcenorientierten Strategieansatz eine hohe Bedeutung besitzen. 6. Die Mehrfachnutzung von Inhalten ist in Medienunternehmen durch die First-copy-costs ein wichtiges Ziel. a. Unterscheiden Sie zwischen Mehrfachverwendung und Mehrfachverwertung. b. Führen Sie die Vorteile mehrfach genutzter Inhalte an. c. Diskutieren Sie Möglichkeiten und Grenzen von Cross-Media- Publishing und Cross-Promotion. 7. Zeigen Sie die vielfältigen Aspekte und Kriterien zur qualitativen Beurteilung des Medienangebotes. 8. Begründen Sie, weshalb es sich bei der Preisfindung für duale Güter auch um Netzwerkeffekte handelt. 9. Zeigen Sie Vor- und Nachteile der Penetrationspreispolitik bei Mediengütern. Begründen Sie gleichzeitig, weshalb der Preiswettbewerb im Internetbereich intensiver als in den anderen Medienbereichen ist. 10. Stellen Sie die grundlegenden Unterschiede bei der Distribution von elektronischen Medienangeboten und von Printprodukten dar. 11. Erörtern Sie insbesondere unter wettbewerbspolitischer Perspektive die Situation im Kabelnetzmarkt. 12. Zeigen Sie den Einfluss des Internets auf die Distributionspolitik von Medienunternehmen und die damit verbundenen Konsequenzen. <?page no="236"?> 237 6 Rezipientenforschung 6.1 Bedeutung und Aufgaben Die Rezipientenforschung ist eine bestimmte Form der Kommunikation über Kommunikation. In und für Medienunternehmen beschäftigt sie sich mit der Gewinnung von Informationen über die Nachfrager von Medienleistungen. Sie ist damit enger gefasst als die Marktforschung, die auch Informationen über andere Bedingungen des Marktes wie Wettbewerber oder Markttrends sammelt und auswertet. Die Marketingforschung geht noch einen Schritt weiter, da sie auch interne Daten erhebt, um etwa die Ressourcen, Stärken und Schwächen eines Unternehmens für strategische Entscheidungen nutzen zu können. Die Unternehmen erheben die gewünschten Informationen selbst oder geben sie an darauf spezialisierte Institute nach außen. Im Medienbereich besitzt das Outsourcing der Rezipientenforschung einen höheren Stellenwert als in anderen Branchen. Von den Medienunternehmen selbst erhobene Daten zu ihrer Rezipientenstruktur gelten als weniger verlässliche und objektive Werbewährung als die Analyseergebnisse unabhängiger Institute und Unternehmen. Letztere gewährleisten zusätzlich, dass es nicht zu einer Vielzahl unterschiedlicher und nicht vergleichbarer Daten kommt und dass sich die Kosten der Informationsgewinnung für die beteiligten Medienunternehmen durch einen gemeinsamen Auftrag an ein entsprechendes Institut verringern. Informationen über die Kunden sind für jedes Unternehmen notwendig, um kundenorientiert zu agieren und die betrieblichen Aktivitäten marktorientiert zu kontrollieren. Für Medienunternehmen gewinnt diese Aufgabe umso mehr an Bedeutung, je mehr es sich um Massenkommunikation handelt. Der Rezipientenkreis ist dann sehr heterogen und erfordert deshalb vermehrte Informationen, damit zumindest verschiedene Segmente gebildet werden können, die zu einem entsprechenden Sortiment des Medienangebotes führen. Hinzu kommt, dass bei indirekter Finanzierung zwischen Rezipient und Medienunternehmen keine direkten Beziehungen bestehen, sodass auch solche Informationen nicht vorliegen, die sich bei direkten Austauschbeziehungen ergeben. Bei den zu gewinnenden Kundeninformationen geht es nicht nur um soziodemografische Daten. Es interessieren vor allem auch Informationen darüber, wie das Medienunternehmen von den Kunden gesehen wird. Letztlich lässt sich erst <?page no="237"?> Rezipientenforschung 238 dadurch prüfen, ob die von dem Medienunternehmen angestrebte Positionierung am Markt (Corporate Identity) auch bei den Nachfragern ankommt (Corporate Image). Hierbei konzentrieren sich die Erhebungen auf die Aspekte Glaubwürdigkeit und Seriosität, Image, Kundenorientierung und Bedeutung des Mediums. Abb. 72: Rolle der Medienforschung im Medienwettbewerbssystem Quelle: Siegert 2006, S. 108 Informationen für die werbetreibende Wirtschaft besitzen für die Medienunternehmen als Werbeträger und damit für ihre Erlösströme Bedeutung: Medienunternehmen präsentieren sich mit den Daten über ihre Rezipienten bei aktuellen oder potenziellen Werbekunden. Diese Informationen bilden für die werbetreibende Wirtschaft die Grundlage der Mediaplanung. Sie geben Auskunft über die Erreichbarkeit der Zielgruppe und die damit verbundenen Streuverluste und begründen so die jeweilige Attraktivität des Werbeträgers. Kundeninformationen als Erlösquelle sind eine dritte Funktion der Rezipientenforschung. Mit der Auswertung der Kundendaten von Medienunternehmen lassen sich ebenso Erlöse generieren wie dies in anderen Branchen der Fall ist. Medienforschung Werbewirtschaft Medienorganisationen Werberaum und Werbezeit an redaktionelle Inhalte gekoppelt Zuwendung und Aufmerksamkeit der Publika und Zielgruppen Materielle Nachfrage nach Materielles Angebot an Tatsächliche Nachfrage von Tatsächliches Angebot von <?page no="238"?> Elemente der Rezipientennachfrage 239 Informationen über die Medienwirkung besitzen sowohl für die gesellschaftspolitisch motivierte Forschung als auch für das einzelne Medienunternehmen Bedeutung. Für Medienunternehmen erlangen diese Informationen Relevanz im Hinblick auf ihre öffentliche bzw. politische Aufgabe. Informationen über die Medienwirkung sind ein Maß für die externen Effekte des Medienangebotes. Sie sind deshalb Entscheidungsgrundlage der Medienpolitik, regulierend einzugreifen bzw. Medienunternehmen besondere Rechte zuzugestehen und besondere Pflichten aufzuerlegen. Die Bedeutung der Rezipientenbzw. Medienforschung zeigt sich in den folgenden Bereichen: • Grundsätzlich zeigt die Medienforschung konkrete Ergebnisse der publizistischen und ökonomischen Leistung von Medienunternehmen. • Medienforschung erbringt eine allgemein anerkannte „Währung“ für den Wettbewerb um Werbegelder. • Medienforschung dient auch zur Marktbeobachtung im Zusammenhang mit einer Kontrolle der Meinungsvielfalt und der Konzentration. • Für die Medienunternehmung ist die Medienforschung Grundlage der Programmgestaltung, der Erfolgskontrolle und des Mediencontrollings (vgl. Siegert 2006, S. 107 ff.). 6.2 Elemente der Rezipientennachfrage Die Elemente der Nachfrage nach Mediengütern gliedern sich - der Entscheidungstheorie folgend - in Ziele, Entscheidungsalternativen und Entscheidungsparameter. Die Medienwirkung beeinflusst bei den Rezipienten als Erfahrungswert wiederum die erneute Auswahl zwischen den Alternativen. Sie besitzt daher neben der ökonomischen auch eine gesellschaftspolitische Bedeutung. Diese wird deshalb mit in die Betrachtung aufgenommen. Die Ziele der Rezipienten konkretisieren sich als Befriedigung von Informations- und Bildungsbedürfnissen, von Unterhaltungswünschen oder als Orientierungshilfe durch Kritik und Beurteilung von Sachverhalten. Zusammengefasst lässt sich die Zielsetzung als Information oder Unterhaltung definieren. Dabei erfordert die Informationssuche, -aufnahme und -verarbeitung einen höheren intellektuellen Aufwand als die mehr emotionale Unterhaltungsbefriedigung. Zusätzlich lässt sich die Zielsetzung in diesen beiden Kategorien durch die Zweckrichtung der Kommunikation in Wirklichkeitssuche und Wirklichkeits- <?page no="239"?> Rezipientenforschung 240 flucht unterscheiden (vgl. Ludwig 1998, S. 154). Diese Differenzierung ist für das Unterhaltungsangebot wichtig, da sich als Alternativen fiktionale und nonfiktionale Unterhaltungsformate ergeben. Für Informationsangebote besteht diese Wahl nicht. Die Zielsetzung der Rezipienten steuert die Bewertung der Alternativen bei der Auswahl der Medienangebote innerhalb und zwischen den verschiedenen Mediengattungen. Sie ist deshalb die zentrale Information für die Produktgestaltung in Medienunternehmen. Abb. 73: Dimensionen der Publikumsforschung Einflussfaktoren auf Nachfrager: Wirkung der Medien auf Nachfrager bzw. Wirkung der Nachfrager auf die Medien Befriedigung von Bedürfnissen nach: • Information • Bildung • Unterhaltung Entspannung • Kritik Orientierung Wissen und Weiterbildung Zweck der Kommunikation • Wirklichkeitsflucht • Wirklichkeitssuche Ziele der Nachfrager • sozial und psychologisch • ökonomisch • technologisch und kognitiv • Medienpräferenzen Quelle: eigene Darstellung Die Alternativen für den Rezipienten stellen die verschiedenen Medienangebote dar. Es ist zu entscheiden, welche Medienangebote für welche Bedürfnisse in welchen Mengen konsumiert werden. In der Regel werden mehrere Medienangebote nebeneinander genutzt. <?page no="240"?> Elemente der Rezipientennachfrage 241 Entscheidungsparameter sind die Größen, die die Auswahl unter den Medienangeboten und den Konsum beeinflussen. Relevant sind hierfür mehrere Gruppen von Einflussfaktoren: • Aus dem ökonomischen Bereich ist es vor allem die Intensität des Bedürfnisses, wodurch eine Rangfolge für den gesamten Konsumplan entsteht, die Preise der Mediengüter und der anderen Güter sowie das Budget, das dem Einzelnen zur Verfügung steht. Der Teil der Medienprodukte, die vom Rezipienten mit Geld zu zahlen sind, berührt das monetäre Budget. Der Teil der Medienprodukte, die durch Werbekonsum „bezahlt“ werden, berührt das zeitliche Budget. Die zur Verfügung stehende Zeit ist auf den Medienkonsum und auf andere Alternativen aufzuteilen. Das betrifft u. a. die Informationsbeschaffung im beruflichen Bereich ebenso wie die Entscheidung zwischen verschiedenen Freizeitmöglichkeiten. Zur Beurteilung und Bewertung der Bedürfnisintensität lassen sich verschiedene Ansätze aus der Motivationstheorie nutzen. So ist nach der Maslow’schen Bedürfnispyramide zu analysieren, auf welcher Stufe sich die Bedürfnisse nach Information und Unterhaltung einordnen lassen, um dann zu entscheiden, inwieweit elementarere Bedürfnisse vorher erfüllt sein müssen, damit Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse in Nachfrage umgewandelt werden. Auch die Transaktionskosten beeinflussen die Wahl der Medienangebote: So fallen mehr oder neue Transaktionskosten an, wenn ein Zeitungsabonnement gekündigt und eine neue Alternative gesucht wird. Im Onlinebereich sind es bspw. notwendige Investitionen (Hardware, Software) für die Informationsbeschaffung und im Fernsehbereich können verstärkt Such- und Selektionskosten die Entscheidung beeinflussen. Anpassungskosten entstehen, wenn der Rezipient sich auf neue Medien oder neue Präsentationsformen einstellen muss. Um über die ökonomischen Einflussgrößen Informationen zu erhalten und sie für Korrelationen nutzen zu können, werden oft die folgenden Daten erhoben: Ausgaben für Medien, Preiselastizität der Nachfrager, Nutzung der verschiedenen Medien für bestimmte Bedürfnisse und Werbeakzeptanz. • Aus dem sozialen und psychologischen Bereich nehmen insbesondere die Gruppen, zu denen der Rezipient gehört bzw. zu denen er gehören möchte, Einfluss auf den Medienkonsum. Allein der Austausch in Gesprächen über Informationen aus bestimmten Medien und Meinungen zu speziellen Medienangeboten beeinflusst die Zuwendung zu konkreten Medienprodukten. Das Gleiche gilt für das Medienverhalten von Eltern und dessen Einfluss auf die Kinder. Um homogenere Gruppie- <?page no="241"?> Rezipientenforschung 242 rungen mit ähnlichem Mediennutzungsverhalten zu bekommen, werden die Rezipienten bei einem Teil der Untersuchungen in verschiedene Milieugruppen eingeteilt und in ihrem Mediennutzungsverhalten analysiert. Die Gruppenbildung orientiert sich nicht an den soziodemografischen Daten. Sie fasst Menschen mit ähnlicher Lebensauffassung und Lebensweise zusammen. Die so genannten Sinus-Milieus gehen in die wichtigsten Markt-Media-Studien ein (eingeteilt wird in Etablierte, Konservative, Traditionsverwurzelte, DDR-Nostalgiker, Bürgerliche Mitte, Konsum-Materialisten, Postmaterielle, moderne Performer, Experimentalisten und Hedonisten). Darüber hinaus spielt zum Teil auch der soziale Prestigeeffekt, der mit dem Konsum einiger Medien verbunden ist, eine Rolle bei der Medienkonsumentscheidung. Hierzu gehört das demonstrative Lesen und Kaufen von intellektuell hoch angesehenen Zeitungen oder das heimliche Lesen weniger prestigeträchtiger Zeitungen sowie die sozial motivierte Zuwendung zu so genannten Trendsettermedien. Die Befriedigung, zu den Wenigen zu gehören, die ein neuartiges Medium nutzen, stellt einen weiteren Einflussfaktor bei der Mediennachfrage dar. Dies gilt logischerweise am meisten für die Nachfrage und Nutzung neuer Medien. Medien nehmen darüber hinaus in unserer Gesellschaft einen angestammten Platz ein, wenngleich auch immer neue und weitere Angebote hinzukommen. Der gewohnheitsmäßige Medienkonsum ist deshalb ein weiterer Faktor der Mediennachfrage. Bei vielen Rezipienten liegt keine bewusste Entscheidung für oder gegen den Konsum von Medienangeboten vor, da er sich aus der Gewohnheit ergibt. Das gilt für die vorwiegend am Morgen stattfindende Zeitungsnutzung, für die hauptsächliche Fernsehnutzung am Abend wie für die Internetnutzung während der Arbeit oder am Abend aus privaten Motiven. Ganz entgegengesetzt beeinflusst nach der Theorie des Variety Seeking gerade das Streben nach Abwechslung die Medienwahl und die Entscheidung für einzelne Beiträge (vgl. Rogall 2000, S. 124 ff.). Um über diese Einflussgrößen Informationen zu erhalten und sie für Korrelationen zu nutzen, werden oft die folgenden Daten erhoben: Mediennutzungsverhalten verschiedener Gruppen und zeitliche Verteilung der Mediennutzung im Tagesverlauf. • Aus dem technischen und kognitiven Bereich sind es vor allem die notwendigen Voraussetzungen, die Einfluss auf die Auswahl aus dem Medienangebot ausüben. Dabei können sich die Bedingungen auf die technische Infrastruktur wie Computer und sonstige Ausstattungen und/ oder auf die notwendigen kognitiven Fähigkeiten für die Medien- <?page no="242"?> Elemente der Rezipientennachfrage 243 nutzung beziehen. Letztlich ist es auch eine Frage der zeitlichen Verfügbarkeit/ Erreichbarkeit und der Kenntnisse über das Medienangebot, die im Zeitalter der Informationsüberflutung mit über die Nachfrage nach Medienangeboten entscheiden. Hierfür existieren wiederum Komplementärmedien wie Programmzeitschriften und Suchmaschinen, die diesen Faktor vereinfachen. Um über diese Einflussgrößen Informationen zu erhalten und sie für Korrelationen zu nutzen, werden oft die folgenden Daten erhoben: Ausstattung der Haushalte mit den verschiedenen Medien, Probleme bei der Mediennutzung und Informationsmedien über das Medienangebot. • Letztlich ist es der Inhalt und die Beurteilung des Mediums selbst, die die Zuwendung zu bestimmten Medien erklärt. In dem Urteil der Rezipienten besitzen die Medien eine bestimmte Glaubwürdigkeit und Wichtigkeit. Die guten und schlechten Erfahrungen der Rezipienten bei vorherigem Konsum lassen Präferenzen für bestimmte Medien entstehen. Hier kommen die produktpolitischen Überlegungen der Medienunternehmen zum Tragen. Um über diese Einflussgrößen Informationen zu erhalten und sie für Korrelationen zu nutzen, werden oft die folgenden Daten erhoben: Welche Medien am stärksten vermisst werden (so genannte Vermissensfrage), Glaubwürdigkeit der verschiedenen Medien, vorwiegende Nutzung bestimmter Medien für konkrete Bedürfnisse. Die Wirkung der Medien auf den Rezipienten geht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Ansätze und Untersuchungen hervor (vgl. Schenk 2007). Die Medienwirkungen können sich dabei im Verhalten, im Wissen, in Meinungen und Einstellungen (Persuasion), im emotionalen Bereich, in den Tiefensphären des Psychischen und im physischen Bereich niederschlagen. Grundsätzlich lassen sich im Rahmen der Medienwirkungsforschung zwei zentrale Ausgangsfragen unterscheiden: Am Anfang stand die Fragestellung „Was machen die Medien mit den Menschen? “ im Zentrum. Die wichtigsten Untersuchungen und Ansätze beziehen sich dabei auf folgende Zusammenhänge: • Konsistenztheoretische Ansätze gehen davon aus, dass Menschen bestrebt sind, Ungleichgewichte und Inkonsistenzen zu vermeiden. Deshalb werden vor allem die Medien und Inhalte gesucht, die die eigenen Entscheidungen und Meinungen stützen. Das wirkt sich bei der Auswahl der Medien aus, bei der Aufnahme und Interpretation der Inhalte und darauf, was behalten und verdrängt wird. Die Wirkung der Medien besteht nach diesem Ansatz im Verstärken bestehender Einstellungen. <?page no="243"?> Rezipientenforschung 244 • Der Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation untersucht den Sachverhalt, inwieweit bei bestimmten Themen die Ideen und Argumente von den Medien erst über Meinungsführer zu den weniger aktiven Bevölkerungsgruppen gelangen. Der indirekte Weg ist dann stärker als der direkte Weg. Das ist auch innerhalb der Medien durch die Bedeutung der so genannten Meinungsführer-Medien für andere Medien zu beobachten (Multi-Stufen-Fluss der Kommunikation). Für den ökonomischen Bereich spielen die Ergebnisse dieser Untersuchungen für die Wahl des richtigen Kommunikationskanals insbesondere im Zusammenhang mit der Diffusion von Innovationen eine Rolle: Für die Information zu Innovationen sind die Kommunikationskanäle über die Medien relevant, für die Einstellung zu und die Akzeptanz von Innovationen sind hingegen die Entscheidungen stärker durch die interpersonale Kommunikation geprägt. • Bei der Agenda-Setting-Funktion der Medien wird davon ausgegangen, dass die Medien nicht nur die Einstellungen und Meinungen beeinflussen, sondern auch die Themensetzung. Durch die Betonung von Themen (Häufigkeit, Platzierung, Aufmachung) entscheiden Medien darüber, was für besonders wichtig gehalten wird. • Die Theorie der Schweigespirale geht davon aus, dass unpopuläre Ansichten aus Angst vor sozialer Isolation immer weniger vertreten werden. Medien und Journalisten haben deshalb eine hohe Verantwortung für politische Willensbildung und sozialen Wandel, da sie Einfluss auf den Prozess der öffentlichen Meinung nehmen. • Die These von der wachsenden Wissenskluft geht davon aus, dass Bevölkerungssegmente mit höherem sozialem Status und/ oder höherer formaler Bildung zu einer rascheren Aneignung der Informationen tendieren als statusniedrigere Segmente. Damit vergrößert sich die Wissenskluft zwischen diesen beiden Gruppen. Die Brisanz dieses Ansatzes bei Bestätigung der These besteht in der dadurch fraglichen Aufklärungsfunktion der Massenmedien, in der fraglichen Vorstellung vom mündigen Bürger und in den negativen Auswirkungen der Steigerung des Informationsangebotes. Die Wirkung der Rezipienten auf die Medien wird durch die Umkehr der ursprünglichen Fragestellung in der Medienwirkungsforschung ins Zentrum der Untersuchung gestellt: „Was machen die Menschen mit den Medien? “ Hier geht die Wirkung vom Publikum aus. <?page no="244"?> Elemente der Rezipientennachfrage 245 Abb. 74: Rückkopplungseffekte bei Rezipienten und Medienunternehmen Einflussfaktoren auf den Rezipienten Bedürfnisse des Rezipienten Bewertung der Alternativen Mediennutzungsverhalten Medienunternehmen subjektive und objektive Effekte Rückkopplung modifiziertes Angebot Quelle: eigene Darstellung Es ist für die Medienunternehmen und deren publikumsorientiertes Vorgehen die zentralere Frage im Vergleich zu der gesellschaftlich orientieren Wirkungsforschung, wobei diese durch die öffentliche Aufgabe der Medien aber relevant bleibt. Ausgangspunkt dieses „Uses-and-Gratification-Approach“ oder Nutzen- und Belohnungs-Ansatzes ist der aktive Rezipient. Dieser erwartet von den Massenmedien Bedürfnisbefriedigung. Frühere Erfahrungen bei der Mediennutzung sind die Basis für die zukünftige Wahl der Medien, die Dauer und Intensität des Konsums sowie die Art der Reaktionen. Wirksam ist, was den Absichten des Rezipienten entspricht und ihn zu seinen Zielen führt. Die ursprüngliche Laswell-Formel zur Beschreibung des Kommunikationsprozesses (Wer sagt was zu wem in welchem Kanal mit welcher Wirkung) lautet aufgrund dieser Betrachtung dann: Wer wählt welche Aussage warum und zu welchem Nutzen aus? Dieser Ansatz zeigt die Notwendigkeit der Publikumsforschung für das einzelne Unternehmen, die Wichtigkeit des Medienimages und der Medienmarke. <?page no="245"?> Rezipientenforschung 246 Eng verwandt mit diesem Ansatz ist die mikroökonomische Theorie Hirschmans von Abwanderung und Widerspruch. Sie beschäftigt sich im Kern mit den zwei Alternativen, die der Nachfrager bei Unzufriedenheit mit der angebotenen Leistung hat. Die Determinanten dieser Entscheidung geben wiederum Aufschluss über die Einflussfaktoren bei der Mediennutzungsentscheidung. Sie sind somit Ansatzpunkte für Medienunternehmen, eine dauerhafte Kundenbeziehung zu erreichen, und erfordern die Publikumsforschung: Die Bedürfnisse müssen bekannt sein, damit die Medienangebote nicht zu Unzufriedenheit führen, und es müssen die Ursachen möglicher Unzufriedenheit erforscht werden. Darüber hinaus unterstreicht diese Betrachtung die Bedeutung des Dialogs und eines intakten Beschwerdemanagements (vgl. Rogall 2000, S. 98 ff.). Die Verbindung von medien- und rezipientengerichteten Wirkungsansätzen sowie die Berücksichtigung von Veränderungen im Zeitablauf erfolgt durch den dynamisch-transaktionalen Ansatz von Früh und Schönbach (vgl. Früh/ Schönbach 1982). Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass Medien und Rezipient aktiv und passiv zugleich sind und sich wechselseitig beeinflussen. Medien sind aktiv, indem sie z. B. Informationen selektieren und aufbereiten. Sie sind passiv, indem sie die Bedingungen auf der Rezipientenseite akzeptieren. Der Rezipient wiederum ist aktiv, wenn er aus dem Informationsangebot auswählt und es verarbeitet. Er ist passiv, wenn er das Medienangebot akzeptiert wie es ist. Die Interaktionen zwischen Medien und Rezipient (Transaktionen) sind dabei indirekt, da sie sich in Einschaltquoten oder Auflagen ausdrücken. Sie sind gleichzeitig imaginär, da sie auf Vorstellungen über die Motivationen, Absichten oder Fähigkeiten des Kommunikationspartners beruhen. Neben den Nutzenüberlegungen des Rezipienten steuern auch dessen Fähigkeiten, Kenntnisse und Gewohnheiten den Konsum. Auf Basis dieser Annahmen stehen die Wirkungs- und Rezeptionsverläufe im Mittelpunkt des Ansatzes: Rezipient und Medienbotschaft verändern sich im Prozessverlauf. Die Grundlage der Wirkungen entsteht durch den direkten Medienkontakt und die kognitiven und affektiven Voraussetzungen beim Rezipienten und erzeugen wiederum Wirkungen. Damit finden sozusagen die Wirkungen der Wirkungen Eingang in die Analyse und Erklärung. Das Modell ist daher weder mediennoch rezipientenkonzentriert, sondern prozessorientiert. <?page no="246"?> Elemente der Rezipientennachfrage 247 Abb. 75: Wichtige Theorien sozialer Prozesse in der Online-Kommunikation Kommunikationsmodell Zentrale Ideen Cues filtered out-Ansätze Theorie sozialer Präsenz Hypothesen zur Herausfilterung sozialer Hinweisreize Medien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer objektiven/ subjektiv wahrgenommenen Eigenschaften zur Vermittlung persönlicher Nähe und Lebendigkeit Anonymität der Kommunikationspartner begünstigt enthemmtes Verhalten in positiver und negativer Hinsicht Cues to choose by-Ansätze Theorie medialer Reichhaltigkeit Theorie medialer Synchronizität Medien werden im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Möglichkeiten, reichhaltige Informationen zur Überwindung von Unsicherheiten und Mehrdeutigkeiten in eine Hierarchie gebracht und nach einem Kosten-Nutzen-Kalkül gewählt. Die situative Angemessenheit eines Mediums bestimmt sich durch seine Eignung zur Vermittlung von Informationen und Entwicklungen eines gemeinsamen Problemverständnisses. Cues filtered in-Ansätze Hyperpersonale Kommunikation Modell der interpersonalen Medienwahl Modell der social identity and deindividuation effects (SIDE) Visuelle Anonymität führt zur Idealisierung der Kommunikationspartner. In einem Rückkopplungsmechanismus führt das positive Fremdbild zur Darstellung sozial erwünschter Eigenschaften. Technisch vermittelte Kommunikation geschieht stets in einer sozialen Situation unter Berücksichtigung von Regeln der adäquaten Medienwahl und prozeduralen Regeln des Mediengebrauchs. Anonymität verstärkt saliente personale oder saliente soziale Identität, was zu erhöhter Selbstaufmerksamkeit oder erhöhtem Gruppenzusammenhalt führt Quelle: In Anlehnung an: Fraas/ Meier/ Petzold 2012, S. 103 f. <?page no="247"?> Rezipientenforschung 248 6.3 Quellen der Publikumsforschung Daten für die Medienunternehmen und die werbetreibende Wirtschaft werden durch eine Vielzahl von Institutionen bereitgestellt. Teilweise arbeiten die Institutionen zusammen bzw. stellen für speziellere Aufbereitungen anderen Einrichtungen ihre Daten zur Verfügung oder setzen eine Prüfung durch andere Institutionen als Teilnahmebedingung bei den eigenen Erhebungen voraus. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch die Grundgesamtheiten, ihre Stichprobenbildung sowie durch ihre Erhebungstechniken. Im Folgenden werden einige wichtige Datenquellen kurz skizziert (vgl. auch Hess 1999, S. 40 ff.). Die Media-Analyse (MA) wird von der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. (Zusammenschluss von Verlagen, Fernsehveranstaltern, Werbeagenturen und Werbetreibenden) zweimal im Jahr herausgegeben. Durchgeführt wird sie von mehreren Instituten wie z. B. Emnid, GfK und Infratest. Sie konzentriert sich auf das Mediennutzungsverhalten und auf die Erfassung der Nutzungswahrscheinlichkeiten der untersuchten Werbeträger (Publikums- und Wochenzeitschriften, Tageszeitungen, Zeitungssupplements, Lesezirkel, Kinos, Hörfunk und Fernsehen). Das Publikum wird nach einer Vielzahl von Kriterien analysiert - so etwa in Bezug auf das Freizeitverhalten, die Haushaltsausstattung, die Einkaufs- und Konsumgewohnheiten und natürlich auch in Bezug auf soziodemografische Daten. Die in der MA veröffentlichten Daten sind als Standardwährung im Medienbereich anerkannt. Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) kontrolliert in regelmäßigen Abständen die von den Medienunternehmen gemeldeten Reichweitendaten. Mitglieder sind Verlage, Unternehmen des Plakatanschlags und der Verkehrsmittelwerbung, Rundfunkveranstalter und deren Werbegesellschaften, Onlineanbieter und Werbetreibende. Ziel der IVW ist es, „vergleichbare und objektiv ermittelte Unterlagen über die Verbreitung von Werbeträgern zu beschaffen und bereitzustellen“. Ursprünglich war sie auf die Auflagenzahlen von Printmedien konzentriert. Mittlerweile prüft sie die Auflagenzahl und die regionale Verbreitung der verkauften Printauflagen sowie die Auflagen von elektronischen Datenträgern, die Zusammensetzung der Empfänger von Fachpublikationen, die Besucherzahlen in Filmtheatern, bei Hörfunk und Fernsehen die ordnungsgemäße Ausstrahlung von Werbespots und bei Onlinewerbeträgern die Zugriffe des Online- Angebotes. <?page no="248"?> Quellen der Publikumsforschung 249 Die IVW-Reichweiten für die Online-Angebote werden nach verschiedenen Kategorien erfasst (redaktioneller Content, E-Commerce, Kommunikation, Suchmaschinen, Verzeichnisse und Auskunftsdienste, Spiele), die wiederum in Unterkategorien aufgeteilt werden. Damit kann differenziert dokumentiert werden, welchen Beitrag die einzelnen Kategorien bei den geprüften Angeboten zu den Reichweiten leisten. Die Allensbacher Werbeträgeranalyse (AWA) wird vom Institut für Demoskopie Allensbach (IfD Allensbach) herausgegeben. Sie erstreckt sich auf die bereits oben angeführten Medien. Die Onlinemedien werden gesondert in der Allensbacher Computer- und Technik-Analyse (ACTA) erhoben und veröffentlicht. Die Erhebungsmerkmale beziehen sich neben der Soziodemografie ebenfalls auf die Merkmale des erreichten Publikumskreises (z. B. auf Beruf, Einstellung zu Werbung und Medien, Freizeit, Geld- und Kapitalanlagen, Haus und Wohnen). Die AWA enthält auch Datenmaterial für die Werbeträger, die durch ihr zu kleines Publikum nicht an der MA teilnehmen können. Die Fernsehforschung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ermittelt im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) die Einschaltquoten und weitere Zuschauerdaten für spezifischere Analysen. Diese Erhebung der GfK wird von den Fernsehsendern finanziert, die neben der werbetreibenden Wirtschaft zur AGF gehören. Der Vertrag zwischen der GfK und der AGF wurde 2004 bis zum Jahr 2011 verlängert. Die Analysen der GfK basieren auf einer technischen Messung mithilfe des so genannten GfK-Meters, das bei den repräsentativ ausgewählten Haushalten eingesetzt wird. Es handelt sich dabei um ein Panel, also um eine immer gleiche Personengruppe, bei der kontinuierlich das Fernsehverhalten untersucht wird. Zu diesem Fernsehpanel gehören 5.640 repräsentativ ausgewählte Haushalte in Deutschland mit rund 13.000 Personen; ihr Nutzungsverhalten wird auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet. Ein Haushalt, umgerechnet auf Personen, steht damit stellvertretend für rund 10.000 Personen. Mithilfe des GfK-Meters, vergleichbar mit einer Fernbedienung, melden sich die Haushaltsmitglieder bei Fernsehkonsum an und bei Unterbrechungen oder am Ende wieder ab. Es wird somit kontinuierlich gemessen, wie lange welches Haushaltsmitglied welchen Sender schaut oder ob es das Fernsehgerät für DVD/ Video und Videospiele nutzt. Die Daten werden nachts abgerufen, sodass die ersten Ergebnisse am nächsten Tag vorliegen. Weitere, verfeinerte Analysen folgen später. Im Fernsehbereich haben sich die GfK-Zahlen als Standard für die Mediaplanung und als Grundlage zur Ermittlung der Marktanteile durch- <?page no="249"?> Rezipientenforschung 250 gesetzt. Die Messergebnisse sind für große, nicht aber für die kleinen Sender optimal: Die Fallzahl ist in diesem Segment zu gering und die Aussagekraft verliert auch bei erprobten statistischen Methoden. Dies verstärkt sich durch die Fragmentarisierung des Publikums (vgl. Karstens 2006, S. 131). Hinzu kommt, dass auch die verschiedenen Empfangswege (Internet- und Handy-TV) zu berücksichtigen wären, sowie der zeitversetzte Konsum durch digitale Aufzeichnungsgeräte. Diese Problempunkte sollen durch den Einsatz eines neuen Gerätes (Telecontrol Score) 2007 bei der Messung in den neuen und zahlreicheren Panelhaushalten berücksichtigt werden (vgl. Schader 2006, S. 40). Die Studie Massenkommunikation wird von ARD und ZDF herausgegeben. Sie ist weniger auf die Bedürfnisse der werbetreibenden Wirtschaft zugeschnitten, da sie stärker auf den qualitativen Bereich und die allgemein interessierenden Fragen im Zusammenhang mit der Mediennutzung von Rundfunk und Zeitung abstellt. Neben der Haushaltsausstattung mit Medien, dem quantitativen Medienkonsum und den Nutzungsgewohnheiten werden Image, Akzeptanz, Bindungsstärke sowie Funktion der Medien erhoben. Für den Bereich des Internets existieren spezielle Online- und Offlinestudien. Die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung e. V. (AGOF) wird von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Internet Research e. V. (AGIREV) und den Trägern und Lizenznehmern der Arbeitsgemeinschaft @facts gebildet. Außerdem arbeitet sie eng mit der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse zusammen. Die AGOF führt regelmäßig Studien zur Reichweite von Online-Angeboten im Internet und zum Internetnutzungsverhalten durch. Hierbei stützt sie sich auf drei Säulen: die technische Messung des Nutzungsverhaltens (z. B. über die Page Impressions), eine OnSite-Befragung der Internetnutzer (z. B. nach soziodemografischen Daten) und einer telefonischen Basisbefragung von Verbrauchern zum Abgleich zusätzlicher Informationen. Die Studien werden von der Gemeinschaft als Reichweitenwährung verstanden, da sich die Werbungtreibenden auf eine anerkannte und einheitliche Mediastudie beziehen können. Die Leseranalyse Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung e. V. (LAE) steht stellvertretend für eine Vielzahl von Analysen spezieller Zielgruppen. Sie wird herausgegeben von der Gesellschaft Werbeagenturen (GWA) und verschiedener einzelner Verlage. Sie deckt mit Interviews die Gruppe der leitenden Angestellten, Selbstständigen, Freiberufler und der gehobenen Beamten ab. Es wird das Informationsverhalten, die Einflussnahme auf wichtige Entscheidungsfelder im beruflichen Bereich sowie der Konsum von Gütern des gehobenen Bedarfs erhoben. Die Verbraucher Analyse (VA) oder die Typologie <?page no="250"?> Quellen der Publikumsforschung 251 der Wünsche (TdW) gehören ebenfalls zu bekannten Erhebungen, die sich auf eingegrenzte Publikumsgruppen beziehen. Die Allensbacher Computer- und Technik-Analyse (ACTA) wird seit 1997 jährlich durchgeführt. In der Hauptsache geht es um die Akzeptanz und Nutzung digitaler Techniken wie vor allem Computer, Mobilfunk, Internet und Internetspiele sowie um Unterhaltungselektronik. Die obigen Untersuchungen stellen nur eine Auswahl von wichtigen und weithin akzeptierten Datenquellen dar. Die Vermarktungsunternehmen der Medienunternehmen, diese selbst und Marktforschungsinstitute erheben dazu noch eine Vielzahl weiterer Informationen über ihr Publikum in eigener Sache. Letztlich benötigen Medienunternehmen auch Angaben für die langfristige Planung ihres Angebotes sowie zur Erfolgskontrolle, die für die werbetreibende Wirtschaft oder die Gesellschaft bzw. die Medienpolitik nicht von Interesse sind. Insbesondere im Bereich des Internets stehen „nie dagewesene Mengen von Informationen in Form von Nutzungsdaten zur Verfügung“ (Meffert 2001, S. 174). Die Protokollierung durch so genannte Logfiles ermöglicht die Auswertung sämtlicher Aktivitäten im Zusammenhang mit einer Website. Es interessieren dabei vor allem folgende Informationen: Zeitpunkt der Abfrage, die von dem Nutzer zuvor besuchte Website, die Wege innerhalb des Webauftritts, die Einstiegs- und Ausstiegspunkte oder die Verweildauer. Dadurch werden Informationen über die Nutzer bereitgestellt, die gleichzeitig auch Auskunft über die Qualität und Attraktivität einer Website und über mögliche Änderungserfordernisse geben. So genannte kollaborative Filter ermöglichen mithilfe der zur Verfügung stehenden Daten aus den Logfiles die Bildung von Präferenz-Clustern. Dabei wird die Bedürfnisstruktur einzelner Nutzer aufgrund von Bestellungen, Äußerungen im interaktiven Bereich und ähnlichen Informationen abgespeichert und mit den Bedürfnis- und Präferenzprofilen anderer Nutzer vergleichen. So können dem einzelnen Kunden Vorschläge unterbreitet werden, die er selbst bisher noch nicht kannte oder als Wünsche nannte (vgl. Hofmann 2001, S. 66 ff.). Hilfreiche Links zum Thema Publikumsforschung: www.agf.de; www.agma-mmc.de; www.awa-online.de; www.ivw.de; www.lae.de; www.media-perspektiven.de; www.zaw.de; www.medienrezeption.de, www.pzonline.de; www.ifd-allensbach.de/ acta/ . <?page no="251"?> Rezipientenforschung 252 6.4 Kundenbindung im Medienbereich Eng verbunden mit den Elementen der Publikumsforschung ist die Frage nach den Möglichkeiten zur Kundenbindung. Die Bedeutung der Kundenbindung in Medienunternehmen wird durch mehrere Faktoren deutlich: • Treue Kunden steigern die Attraktivität der Medienangebote für die werbetreibende Wirtschaft und ermöglichen so Größenvorteile. • Durch den Erfahrungs- und Vertrauensgutcharakter besteht eine höhere Unsicherheit auf der Nachfragerseite, die durch positive Erfahrungen und Vertrauen reduziert wird. Dies bindet die Kunden eher, als dass sie mit unsicheren Rahmenbedingungen Alternativen testen. • Die Neukundengewinnung ist aufwändiger als die Sicherung bereits bestehender Kundenbeziehungen. Treue Kunden wie Abonnenten geben darüber hinaus eine größere Planungssicherheit als der tägliche Wettbewerb um die Rezipienten. • Je höher die Markttransparenz ist, umso größer ist die Gefahr der Abwanderung. Dies trifft insbesondere auf den Internetbereich zu. Kundenbindungsaktivitäten verringern die Abwanderungsquote. Das Gleiche gilt für Märkte mit hohem Wettbewerb oder starker Substitutionskonkurrenz (vgl. Bliemel/ Fassott 2000, S. 11 ff.). • Je stärker die Kundenbindung ist, umso stärker wirkt dies als Markteintrittsbarriere. Ist hingegen die Alternative relativ schnell aufzubauen, ist der Aufbau langfristiger Kundenbindungen ebenfalls recht schwierig. Ein Beispiel hierfür ist Netscape, das zwar zuerst mit seinem Browser Netzeffekte und Kundenbindung generieren konnte, das aber durch den Internet-Browser von Microsoft abgelöst werden konnte (vgl. Picot/ Neuburger 2006, S. 130). Kundenbindungsinstrumente zielen in der Hauptsache auf Wechselbarrieren und Kundenzufriedenheit ab (vgl. Rogall 2000, S. 87 ff., insbesondere auch die Aufstellung auf S. 138). Entsprechend der Transaktionskostentheorie gilt es in Bezug auf die Wechselkosten, diese bei den eigenen Kunden hoch zu halten (Lock-in-Effekte) und bei den Kunden der Wettbewerber zu verringern. Rein monetäre Wechselkosten entstehen durch Schadensersatz oder Ablösesummen bei vorzeitiger Auflösung von Verträgen (Zeitungsabonnements), dem Ersatz von Investitionsgütern und Komplementärgütern, die durch einen Wechsel wertlos sind (bspw. Adapter bei Wechsel des Internetproviders), Verlust der Leistungen aus Treueprogrammen und Suchkosten für neue Alternativen. <?page no="252"?> Kundenbindung im Medienbereich 253 Abb. 76: Wichtige Faktoren der Kundenbindung Quelle: eigene Darstellung Aus dem sozialen und psychologischen Bereich lassen sich aber ebenso Wechselbarrieren erklären: Eine Rezipientenbindung entsteht auch durch die Befriedigung sozialer Funktionen infolge der Mediennutzung und ihrer Zusatzprodukte (Interaktion z. B. in Communities, Einbeziehung des Kunden in das Unternehmens- und Marktgeschehen durch entsprechende Informationspolitik und Veranstaltungen). Dazu dienen im Medienbereich - stärker bei den elektronischen Medien als bei den Printmedien - die Kundenclubs. Hier vermischen sich soziale und kostenbedingte Möglichkeiten zur Kundenbindung. Die Erhöhung der Kundenzufriedenheit ist Voraussetzung einer erhöhten Kundenbindung. Diese Zufriedenheit kann nicht nur durch das Produkt selbst erzeugt werden, indem es den Anforderungen der Rezipienten und deren Einstellungen und Meinungen entspricht (Theorie der kognitiven Dissonanz) und damit die Bindung als Ergebnis positiver Erfahrungen mit dem jeweiligen Medium erhöht (vgl. Homburg/ Bruhn Tageszeitung Fernsehen Internet Vertrauen und Glaubwürdigkeit Hohe Abonnentenrate Regionalkompetenz und soziale Verbundenheit Habitualisierende Konsumentscheidungen Investitionen in technisches Equipment und Erlernen von Fähigkeiten Treueprämien Interaktion insbesondere auch sozialer Art (Communities/ Foren) Einbeziehung in den Produktionsprozess User Generated Content Emotionale Bindungen Habitualisierende Konsumentscheidungen Einbeziehung der Zuschauer durch Telefonabstimmungen Psychosoziale Relevanz bestimmter Sendungen und Programmplätze <?page no="253"?> Rezipientenforschung 254 2003, S. 14). Kundenzufriedenheit entsteht auch durch zuverlässige und schnelle Abwicklung, ein offenes Informationssystem und durch ein intaktes Beschwerdemanagement (mikroökonomische Theorie Hirschmans, vgl. Hirschman 1974). Allerdings wird die Bindungsstärke durch das Bedürfnis nach Abwechslung beeinträchtigt. Das führt wieder zur Produktstrategie und -politik und ist Anreiz für eine breite Produktpalette und für Innovationen (vgl. Tscheulin 1994, S. 60), um kundenorientiert am Markt zu agieren. Letztlich ist der Nachfrager der wichtigste Ausgangspunkt marktorientierten Managements. Dieses letzte Kapitel wäre somit das Erste. <?page no="254"?> Übungsfragen 255 Übungsfragen 1. Begründen Sie, weshalb die Rezipientenforschung für Medienunternehmen eine besondere Bedeutung besitzt. 2. Die externe Marktforschung ist im Medienbereich am häufigsten vorzufinden. a. Erläutern Sie, weshalb für die werbetreibende Wirtschaft insbesondere die externe Medienforschung wichtig ist. b. Skizzieren Sie kurz das Erfassungssystem für die Einschaltquoten im Fernsehbereich und die möglichen Schwachpunkte dieser Methode. 3. Jede Entscheidungssituation ist durch Ziele, Entscheidungsalternativen und Entscheidungsparameter geprägt. Konkretisieren Sie diese Aspekte für die Entscheidungssituation der Rezipienten im Medienbereich. 4. Diskutieren Sie, welche ökonomischen, sozialen, technischen und kognitiven Einflussfaktoren bei den Rezipienten im Internetbereich zum Tragen kommen. 5. Stellen Sie zusammen, welche Einflussfaktoren die Nachfrage der werbetreibenden Wirtschaft prägen. 6. Medienwirkungen sind vielfältig. a. Zeigen Sie auf, in welchen Bereichen Medienwirkungen auftreten können. b. Stellen Sie die Theorie der Schweigespirale dar. Führen Sie mögliche Kritikpunkte zu diesem Ansatz auf. c. Erörtern Sie, was unter dem „Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation“ zu verstehen ist und welche Rolle dabei den Medien zukommt. 7. Kundenbindung ist in allen Branchen ein wichtiger Aspekt. Verdeutlichen Sie dies speziell für den Medienbereich. 8. Skizzieren Sie positive und negative Voraussetzungen für eine enge Kundenbindung im Tageszeitungsbereich und vergleichen Sie dies mit den Voraussetzungen im Internet. 9. Zeigen Sie, welche Instrumente zur Kundenbindung in den einzelnen Medienbereichen zur Verfügung stehen. 10. Recherchieren Sie Daten, die die Rolle der Medien in Deutschland sowie mögliche Veränderungen bei der Nutzung darstellen. <?page no="256"?> 257 Literatur A ACTA (2005): Allensbacher Computer- und Technik-Analyse (ACTA), www.actaonline.de. Adam, M. A. (2008): Internet-TV - Das Fernsehen der Zukunft, in: Kaumanns, R./ Siegenheim, V./ Sjurts, I. (Hrsg.): Auslaufmodell Fernsehen, S. 67-79. Adamski, F. (2006): Programming - Eine Chance für die Zukunft, in: MedienWirtschaft 1/ 2006, S. 53-55. Alby, T. (2008): Web 2.0, 3. Aufl. München. ALM (Hrsg.) (2003): Privater Rundfunk in Deutschland 2003, Berlin. Altmeppen, K.-D. (1996): Märkte der Medienkommunikation, in: Altmeppen, K.-D. (Hrsg.): Ökonomie der Medien und des Mediensystems, Opladen, S. 251-272. Anderson, C. (2009a): The Long Tail - Nischenprodukte statt Massenmarkt, München. Anderson, C. 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Medien) www.pz-online.de (Mediaservice des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger) www.w3Scan.com (Daten zur Onlinewerbung) Zeitschriften/ Recherchequellen zum Thema Medien www.digitalerrundfunk.de (Initiative der Medienanstalt Sachsen-Anhalt-Informationen zu digitalem Rundfunk) www.horizont.net (Portal für Marketing und Medien) www.iwkoeln.de (Institut der deutschen Wirtschaft, Link zu „Medienspiegel“ unter Informationen) www.journalistenlinks.de (Nachrichten aus Journalismus und Medien, Begriffsklärungen) www.kress.de (Medien- und Journalisteninformationen) www.Medienhandbuch.de (Nachschlagewerk für Adress- und Kontaktrecherche) www.paperball.de (Suchmaschine für Zeitungsartikel) www.presseforschung.de (Studien, Daten und Neuerscheinungen zum Pressemarkt) www.textintern.de (Neues aus Print, TV, Hörfunk, Internet) www.ueberall-tv.de (Hrsg.: Deutsche TV-Plattform e. V. c/ o Zentralverband der deutschen Elektroindustrie (ZVEI), Informationen zu digitalem terrestrischem Fernsehen) www.wuv.de (Online-Magazin für Marketing, Werbung, Medien und E-Business) <?page no="272"?> 273 Index A Abgabenfinanzierung, 71, 155 Absatzmärkte regional, 22 Absatzwege, 226 ACTA, 43 Affiliates, 171 Agenda-Setting, 244 Altmark-Kriterien, 158 Anzeigen-Auflagen-Spirale, 179 Apps, 100, 101 Audienceflow, 218 Aufmerksamkeitstheorie, 20 Außenpluralismus, 55, 62 B Banner, 171 Beiträge, 153 Beitragsfinanzierung, 53 Beschaffung, 25 Bestands- und Entwicklungsgarantie, 53, 57, 159 Bezahlinhalte, 87 Binnenorientierung, 58 Binnenpluralismus, 54 Bundeskartellamt, 69 , 139 Bundling, 147, 208 Business Web, 124 C Call-In-Sender, 187 Chat, 88 Communities, 96 ff. Content, 114, 182 Core Asset, 203 Cross-Media, 122, 129 ff., 177, 215 Crossmedia, 51 Cultural Discount, 21 D Dachmarke, 212 ff. Datamining, 189 Dauerwerbesendungen, 167 Differenzierungsstrategie, 198 f. Digital Rights Management, 18 Direktansprache, 218 Diversifikation, 201 Drei-Stufen-Test, 112 Dynamic Pricing, 224 E E-Business, 89 E-Commerce, 89 Economies of Scale, 62, 120, 127, 131, 136, 148 Eigenwerbung, 216 Entlinearisierung, 76 Externer Effekt, 19 Extranet, 89 F Factual Entertainment, 77 Fernsehen Chancen-Risiken-Profil, 192 <?page no="273"?> Index 274 Absatzwege, 226 digital, 227, 231 Kommunikationspolitik, 218 Kundenbindung, 253 öffentlich-rechtlich, 31, 56, 58 f. Preisfindung, 221 privat, 56, 58 f. Programm, 65 Werbeträger, 175, 178 Fernsehrat, 54 First-copy-costs, 15, 205 Fixkostendegression, 81, 128 Follow-the-free-Strategie, 170, 222 Freiwillige Selbstkontrolle, 39, 40 G Gebührenfestsetzung, 157, 161 Gebührenindexierung, 162 General-Interest-Angebote, 144 Globalisierungsgrad, 22 Gratiszeitungen, 79 Gross Rating Points, 174 Güter digitale, 18, 91, 145, 205, 222 duale, 11 Erfahrungs- und Vertrauens-, 13, 182, 211, 217 Inspektions-, 13, 89 meritorische, 20, 63 f. öffentliche, 61 Güter- und Geldströme, 29 f. I Informationsparadoxon, 13 Innovation, 143, 146 Intermediär, 91 Internet Distributionspolitik, 233 Fernsehen, 77 Kommunikationspolitik, 218 Kundenbindung, 253 mobiles, 99 Preispolitik, 222 Reichweiten, 145 Werbeformen, 171 Werbeträger, 176, 178 Wettbewerbsbedingungen, 145, 198 Internetökonomie, 89 Intranet, 89 IPTV, 77 J Journalismus Anpassungs-, 192 fraktaler, 207 K Kabelnetzbetreiber, 66, 122, 227 KEF, 53, 157, 221 KEK, 56, 135 Kernkompetenzen, 123, 202 Kernprodukt, 106, 108 Keyword-Advertising, 171 Kollaborative Filter, 251 Komplementärbeziehungen, 103, 224 Konsistenztheorie, 243 Konsumentensouveränität, 76 Kontakte, 174 Konvergenz, 125, 148 Konzentration, 60 ökonomische, 133, 135 publizistische, 134 f. Kosten Fixkostendegression, 15, 232 <?page no="274"?> Index 275 Grenz-, 17, 181 Opportunitäts-, 129 variable, 15 Kostenführerschaft, 198 f. Kultur- und Wirtschaftsgüter, 12 Kulturmatrix, 56 Kundenbindung, 14, 109, 180, 205, 211, 252 L Landesmedienanstalten, 55 f., 135 Landespressegesetze, 33 Landesrundfunkanstalt, 52 Layout, 28, 205 Leistungsschutzrecht, 44 Leser-Blatt-Bindung, 79 Licensing, 188 Lizenz, 55 f. Lock-in-Effekte, 170 Logfile, 251 Long-Tail-Geschäfte, 94 M Management von Erwartungen, 16 Markenstrategien, 211 Marketing, redaktionelles, 191 Markt, vollkommener, 149 f. Marktabgrenzung, 102, 143 Marktattraktivität, 195 Marktdurchdringung, 200 Marktentwicklung, 201 Marktregulierung, 61 Marktrisiko, 18, 57 f., 67, 130, 222 Markttransparenz, 146, 148 Marktversagen, 61, 120 Marktzutrittsschranken, 62, 83, 136, 148 Mass Customization, 207 Mediaplanung, 173 Mediathek, 66 Medien Grundrechte, 33 Marke, 210 Neue, 67, 138 Nutzung, 245 ff. Ökonomie, 9 Produkte, 12, 18, 22 Public Relations, 216 Recht, 32 System, 32 Wirkung, 243 Mehrfachverwendung, 206 Mehrfachverwertung, 110, 131, 188 Meinungsführerschaft, 244 Meinungsmacht, 134 Meinungsvielfalt, 83, 119, 133, 136 Merchandising, 188, 217 Metcalf’sches Gesetz, 16 Minderheitenprogramme, 67 Monopolstruktur, 45, 59, 62 Multimarke, 214 Multimedia, 115 N Netzeffekte, 16, 128, 147 f., 169, 222, 227 Newsdesk, 87 Nichtrivalität im Konsum, 17, 45, 61 Niedrigkostensituation, 180 Öffentliche Aufgabe, 19 One-to-one-Marketing, 218 O <?page no="275"?> Index 276 Outsourcing, 19 P Packaging, 28, 126 Pay-TV, 65 Penetrationspreis-Strategie, 223 Permission Marketing, 171 Planung, strategisch, 192 Preisabsatzfunktion, 70 Preisbindung, vertikale, 221 Preisdifferenzierung, 223 Preiselastizität der Nachfrage, 182, 219 Premiumangebot, 222 Pressefreiheit, 32, 34 Pressefusionskontrolle, 35 Pressegrosso, 231 Pressekodex, 36 Presserat, 36 Product-Placement, 165 Produktdifferenzierung, 205 Produktentwicklung, 201 Produktinnovation, 207 Produktion, redaktionelle, 28 Produkt-Markt-Matrix, 200 Produktvariation, 205 Programmauftrag, 54, 74, 160 Programmautonomie, 53, 64, 159 Property Rights, 45 Publizistische Einheiten, 140 Q Qualität, journalistische, 14, 19, 119, 208 Querfinanzierung, 224 R Rechtepreise, 67 Redaktionelle Verweise, 216 Redaktionsstatuten, 34 Regulierung, 41, 61 Reichweite, 173, 178, 220 Rezipienten Bedürfnisse, 204, 240 Interessensdurchsetzung, 180 Medienbeurteilung, 243 Mediennutzungsmotive, 104 Nachfrageparameter, 241 Zahlungsbereitschaft, 219 Rezipientenforschung, 237 ff. Rubrikanzeigen, 109, 113, 169, 181 Rundfunkbeitrag, 156 ff. Rundfunkrat, 54 Rundfunkstaatsvertrag, 36, 134 Rundfunksystem, duales, 56, 60 S Schweigespirale, 244 Sekundärmarkt-Wettbewerb, 18 Selektion, adverse, 14 Senderfamilie, 74 f., 129, 213 Site-Promotion, 218 Situationsanalyse, 195 Skimming-Strategie, 223 Sortimentsgestaltung, 204 Spartenprogramm, 73, 75, 134, 136 Split-Screen-Werbung, 166 Sponsoring, 166 Spotwerbung, 165 Staatsferne, 32, 53, 60, 162 Stakeholder-Ansatz, 24, 208 Stärken-Schwächen-Analyse, 103 Stärken-Schwächen-Profil, 192 Substitutionsbeziehungen, 102, 105 Synergieeffekte, 76, 127, 131 <?page no="276"?> Index 277 T Tablet, 85 Tabloid, 80, 85 Tausender-Kontakt-Preis, 224 Telekommunikationsgesetz, 40 Telemediengesetz, 39 Teleshopping, 166, 185 ff. Tendenzschutz, 34 TIME-Branche, 127 transaktionaler Ansatz, 246 Transaktionskosten, 90, 110, 129, 131, 145, 147, 160, 252 Überall - Fernsehen, 229 Umsystem, 23 Unabhängige Dritte, 135 Unikat, 14, 18, 26, 214 Unternehmenskommunikation, 97 Unternehmenskultur, 131 Unternehmensziele, 31 Urheberschutz, 18, 41 f. User Generated Content, 95 Uses-and-Gratification-Ansatz, 245 V Variety Seeking, 242 Verbundprodukte, 11 Verdrängungswettbewerb, 138 Verflechtungen diagonal, 122, 130 horizontal, 122 vertikal, 122 Verkaufsförderung, 217 Versioning, 109, 128, 205 Verwaltungsrat, 54 Verwertungsgesellschaften, 46 Video-on-Demand, 66, 78 Virtuelle Unternehmen, 123, 147 Virtuelle Werbung, 167 Vollprogramm, 74 f., 134, 136 W Wahrnehmungsbarrieren, 148 Web 2.0, 108, 146 Werbeeinnahmen, 138, 183 Werbefinanzierung, 30, 53, 55, 72 f., 81 Werbeformen, 165 Werberegeln, 164, 168 Werbeträger, 105, 113, 138, 143, 146, 172 Wertschöpfungskette, 27, 81, 187 Wettbewerb ökonomisch, 119 publizistisch, 119 Wettbewerbsintensität, 137, 142, 194, 195 Wettbewerbskräfte, 194 Wettbewerbsverzerrung, 160 Wiki, 97 Windowing, 109, 128, 188, 225 Wissenskluft, 244 Z Zeitungen Absatzwege, 231, 234 Kommunikationspolitik, 218 Kundenbindung, 253 Marktanteile, 141 Preispolitik, 221 Werbeträger, 175, 178 Wertschöpfungskette, 82 Zeitungskreise, 140 Zeitungskrise, 36, 83 Zuschauermarktanteil, 134 ff. U <?page no="277"?> www.uvk-lucius.de Bernd Lieber Personalführung 2. Aufl. 2011, 294 Seiten, 120 farb. Abb. ISBN 978-3-8252-8365-0 ca. € (D) 24,90 / € (A) 25,60 / SFr 35,90 Die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter wird immer mehr zum zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen. Dieses Buch gibt zukünftigen Führungskräften, insbesondere Studierenden, Hinweise zur Gestaltung von Führungskommunikation und -verhalten. Es wird unter anderem eingegangen auf Goodwillbeiträge, Commitments mit dem Unternehmen, Mitarbeitermotivation und »Emotionale Intelligenz«. In der Reihe »leicht verständlich! « werden Themen so aufbereitet, dass das Lesen, Lernen und Merken möglichst leicht fällt: . viele Übersichten und Grafiken . prägnante Beispiele . Aufgaben und Fallbeispiele mit Lösungen Mitarbeiter führen <?page no="278"?> www.uvk-lucius.de Franz Xaver Bea, Steffen Scheurer, Sabine Hesselmann Projektmanagement 2. Aufl. 2011, ca. 756 Seiten, 241 Abb. ISBN 978-3-8252-2388-5 ca. € (D) 29,90 / € (A) 30,80 / SFr 41,90 Die Darstellung folgt den drei Entwicklungsschritten des Projektmanagements: . Management von Projekten, . Management durch Projekte, . Projektorientiertes Unternehmen. Die Autoren stellen in übersichtlicher Form fundiert den »State of the Art« des Projektmanagements dar und setzen zudem innovative Impulse zur Weiterentwicklung des Projektmanagements. Fragen und Hinweise zu deren Beantwortung erleichtern die Verständniskontrolle. Das Buch ist für Studenten, Praktiker und Forscher geeignet. »Das Buch ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Lehre vom Projektmanagement.« Prof. Dr. Heinz Schelle, Ehrenvorsitzender der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement Meilenstein <?page no="279"?> Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.uvk.de Karl Nikolaus Renner Fernsehen 2012, 130 Seiten 25 s/ w Abb., broschiert UTB 3685 ISBN 978-3-8252-3685-4 Patrick Rössler Inhaltsanalyse 2., überarbeitete Auflage 2010, 290 Seiten 50 s/ w Abb., broschiert UTB 2671 ISBN 978-3-8252-2671-8 Annely Rothkegel Technikkommunikation 2009, 284 Seiten, broschiert UTB 3214 ISBN 978-3-8252-3214-6 Bertram Scheufele, Ines Engelmann Empirische Kommunikationsforschung 2009, 254 Seiten 60 s/ w Abb., broschiert UTB 3211 ISBN 978-3-8252-3211-5 Armin Scholl Die Befragung 2., überarbeitete Auflage 2009, 292 Seiten 10 s/ w Abb., broschiert UTB 2413 ISBN 978-3-8252-2413-4 Rainer Schützeichel Soziologische Kommunikationstheorien 2004, 384 Seiten, broschiert UTB 2623 ISBN 978-3-8252-2623-7 Barbara Thomaß (Hg.) Mediensysteme im internationalen Vergleich 2007, 370 Seiten 10 s/ w Abb., broschiert UTB 2831 ISBN 978-3-8252-2831-6 Stefan Weber (Hg.) Theorien der Medien Von der Kulturkritik bis zum Konstruktivismus 2., überarbeitete Auflage 2010, 330 Seiten 6 s/ w Abb., broschiert UTB 2424 ISBN 978-3-8252-2424-0 Guido Zurstiege Werbeforschung 2007, 234 Seiten 32 s/ w Abb., broschiert UTB 2909 ISBN 978-3-8252-2909-2 : Weiterlesen