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Gender Media Studies

Eine Einführung

0220
2013
978-3-8385-3872-3
UTB 

Die Autorinnen stellen in diesem Lehrbuch theoretische Modelle der Geschlechterforschung vor und beschreiben ihre Anwendung im Forschungsfeld Medien und Kommunikation. Die Konzepte Medienkulturen, Öffentlichkeit und Privatheit sowie gesellschaftliche Teilhabe werden aus der Perspektive der Geschlechterforschung kritisch diskutiert. Wie wandeln sich Geschlechterverhältnisse in Journalismus und PR? Was bedeutet Geschlecht für das alltägliche Medienhandeln von Menschen? Wie lassen sich Medientexte - Nachrichten genauso wie Fernsehfilme oder Netzangebote - mit Blick auf die Konstruktion von Geschlecht analysieren? Das Lehrbuch bietet einen umfassenden Überblick zur Forschung im deutschsprachigen Raum. Es werden zentrale Begriffe erläutert und Fragen zur methodischen Anlage von Gender Media Studies diskutiert. Fallstudien liefern Material, um die konkrete Umsetzung von Forschungsfragen in eigene empirische Arbeiten zu erproben. Das Buch integriert sowohl sozial- als auch kulturwissenschaftliche Perspektiven zum Verständnis von Geschlecht im gesamten Spektrum der Medienkommunikation.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="2"?> Margreth Lünenborg Tanja Maier Gender Media Studies Eine Einführung UVK Verlagsgesellschaft mbH . Konstanz mit UVK/ Lucius . München <?page no="3"?> Margreth Lünenborg ist Professorin für Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin und dort wissenschaftliche Leiterin der Zentraleinrichtung zur Förderung der Frauen- und Geschlechterforschung. Tanja Maier ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin mit den Schwerpunkten Visuelle Kommunikation und Gender Media Studies. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.ddb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013 Einbandgestaltung und -illustration: Atelier Reichert, Stuttgart Lektorat und Satz: Klose Textmanagement, Berlin Druck: fgb · freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz · Deutschland Tel.: 07531-9053-0 · Fax: 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 3872 ISBN 978-3-8252-3872-8 <?page no="4"?> 5 Inhalt Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Teil I: THEORIEN UND KONZEPTE 1 Gender - Media - Studies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1 Einführung in die Geschlechterforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.2 Entstehung und Geschichte der Gender Media Studies . . . . . . . . . 26 2 Geschlechter - Medien - Kulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1 Cultural Studies: Arbeitsweisen und -felder . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.2 Cultural Gender Studies: Identitäten, Körper und Repräsentationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.3 Feministische Filmtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2.4 Gendered Technologies: Geschlechteridentitäten im Netz . . . . . . . 53 3 Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.1 Konzepte von Privatheit und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.2 Gegenöffentlichkeit - feministische Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . 65 3.3 Cultural Citizenship . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Teil II: GESCHLECHT IN DER MEDIENKOMMUNIKATION 4 Medienproduktion: Journalismus und PR . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.1 Geschlechtertheorien in der Kommunikatorforschung . . . . . . . . . . 75 4.2 Berufsfeldforschung: Journalismus und PR . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.3 Boulevardisierung im Journalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 <?page no="5"?> Inhalt 6 5 Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse . . . . . . . . . 97 5.1 Geschlechtertheorien in der Medientextanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 97 5.2 Inhaltsanalysen: Darstellungen und Stereotype . . . . . . . . . . . . . . . 98 5.3 Diskursanalysen: Bedeutungen, Repräsentationen und Genres . . . . 107 6 Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung . . . . . . . . . 123 6.1 Geschlechtertheorien in der Publikumsforschung . . . . . . . . . . . . . 123 6.2 Mediennutzung: Zeitbudgets und Medienmenüs . . . . . . . . . . . . . 126 6.3 Medienrezeption und -aneignung: Kontexte, Lesarten und Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Teil III: DOING GENDER MEDIA STUDIES - FALLBEISPIELE 7 »Machtschattengewächse«: Textanalyse der Politikberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 8 »Es dreht sich alles um Sex«: Fernsehanalyse von »Queer as Folk« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 9 »Du bist ja doch irgendwie Ausländer«: Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen . . . . . . . . . . . . . 179 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Verzeichnis von Quellen und Fernsehformaten (Teil III) . . . . . . . . . . . . . . . 220 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 <?page no="6"?> 7 Einführung in ein transdisziplinäres Forschungsfeld Medien, Kommunikation und Geschlecht sind unauflöslich miteinander verbunden. Unsere Bilder, unsere Imaginationen von Geschlechtern greifen auf mediale Erzählungen, auf Bilder und Texte zurück. Auch Vorstellungen vom Körper und von körpergebundenen Identitäten sind eng mit öffentlich zirkulierenden Bildern und Narrationen verbunden. Die Journalistin, der Werbetexter oder die Drehbuchautorin handeln in ihren Professionen auch als geschlechtsgebundene AkteurInnen. Ob beim Public Viewing auf dem Marktplatz oder in der Familie auf dem heimischen Sofa - soziale Kontexte der Mediennutzung sind stets auch durch Geschlechterverhältnisse strukturiert und geprägt. Lässt sich Geschlecht als symbolische Ordnung der Gesellschaft begreifen, die durch kulturelle Codierung hergestellt wird, so wird eben diese Codierung fortlaufend medial (re)produziert. Ein Spaziergang durch den städtischen Raum mit seiner Plakatwerbung, die Zeitungslektüre am Frühstückstisch, die Aktualisierung des eigenen Profils im sozialen Netzwerk oder das Zappen durch das abendliche Fernsehangebot - all das macht unmissverständlich deutlich, dass Medienangebote und die sozialen Praktiken im Umgang mit ihnen stets Verhandlungen von Geschlecht mit sich bringen. Studierende, die sich wissenschaftlich mit Medien und Kommunikation befassen, finden in dem vorliegenden Lehrbuch grundlegendes Wissen zur Relevanz und Bedeutung von Geschlecht in Prozessen medialer und öffentlicher Kommunikation. Um dieses Forschungsfeld zu beschreiben, verwenden wir den Begriff Gender Media Studies. Nun ist im deutschsprachigen Raum nicht nur die primär sozialwissenschaftlich orientierte Kommunikationswissenschaft mit dem Zusammenhang von Geschlecht und Medien beschäftigt. Auch die geistes- und kulturwissenschaftlich verortete Medienwissenschaft widmet sich den Prozessen der wechselseitigen Konstituierung von Gender und Medien. Entsprechend werden im vorliegenden Buch inter- und transdisziplinäre Ansätze in mehrfacher Hinsicht relevant. Bereits die Kommunikationswissenschaft, primär als sozialwissenschaftliche Disziplin verortet, begreift sich selbst als interdisziplinäres Projekt, das methodenpluralistisch theoretisches, analytisches und empirisches Wissen zur Entwicklung und Bedeutung öffentlicher Kommunikation bereitstellt. Dieses Wissen um die Relevanz öffentlicher Kommunikation zielt auf die Analyse und das Verstehen einer gesellschaftlichen Ordnung ab, die mit und durch Medi- <?page no="7"?> Einführung 8 en hergestellt wird. In geschlechtertheoretischer Perspektive lässt sich damit nach der sozialen Struktur von Geschlechterverhältnissen bei der Konstituierung von Öffentlichkeit fragen. Doch damit allein wäre der Bedeutung von Geschlecht nicht hinlänglich Rechnung getragen. Insbesondere in den kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzungen seit den 1990er-Jahren wird Geschlecht als symbolische Ordnung verstanden. Dieser Analyseperspektive Rechnung tragend, greifen wir gezielt auf ausgewählte Auseinandersetzungen und Theoriearbeiten der Film- und Medienwissenschaft zurück. Dies ist nicht auf Vollständigkeit hin angelegt, macht aber den integrativen Anspruch auf die Verbindung sozial- und kulturwissenschaftlicher Herangehensweisen sichtbar. Damit bewegen wir uns notwendigerweise auch ›im Dazwischen‹: zwischen Geschlechterforschung und Kommunikationswissenschaft, zwischen Sozialwissenschaft und Kulturwissenschaft, zwischen Kommunikationswissenschaft und Medienwissenschaft. Eine so verstandene transdisziplinäre Perspektive ist im Verständnis von Sabine Hark (1998: 11) deshalb notwendig, weil sich moderne Gesellschaften und der Zusammenhang von Medien und Geschlecht nicht einfach disziplinär verorten und verstehen lassen. Der ›deutsche Sonderweg‹ einer disziplinären Trennung zwischen Kommunikations- und Medienwissenschaft (die im englischsprachigen Raum gänzlich unverstanden bleibt) soll deshalb bewusst ignoriert und es sollen gezielt jene theoretischen Beiträge und analytischen Fragestellungen aus dem Bereich der Medienwissenschaft reflektiert werden, die uns für ein angemessenes Verständnis der Bedeutung von Geschlecht im Prozess der Medienkommunikation erforderlich erscheinen. In dieser transdisziplinären Perspektive begreifen wir das Feld der Gender Media Studies. Die englische Bezeichnung erlaubt es, die disziplinäre Trennung zwischen Kommunikations- und Medienwissenschaft zu überwinden. Gender Media Studies umfassen für uns jene wissenschaftlichen Arbeitsfelder, mit denen sich eine transdisziplinär ausgerichtete Geschlechterforschung zu Medien, Kommunikation und Öffentlichkeit befasst. Dem einführenden Charakter dieses Buches ist es geschuldet, dass gleichwohl eine inhaltliche Auswahl getroffen werden muss. So gehen wir nicht detaillierter auf Arbeiten der Medienpädagogik ein. Auch historische Perspektiven beziehen sich nur auf einzelne Aspekte. Gänzlich fehlen geschlechtertheoretische oder -analytische Arbeiten in den Feldern der Medienökonomie, Medienpolitik und Medienregulation. Dies allerdings liegt nicht in unserer Auswahl begründet, sondern hier zeigen sich systematische Leerstellen der Gender Media Studies. Systematische Beiträge, die auf Prozesse der Globalisierung von Medienkommunikation eingehen - und damit verbunden auf den transkulturellen Transfer von Geschlechterbildern und -identitäten - liegen bislang in der deutschsprachigen Kommunikationswis- <?page no="8"?> Einführung 9 senschaft kaum vor. So mag der Band auch Anregungen zur Weiterentwicklung der Gender Media Studies geben. Ziele des Buches Die Zahl der Publikationen im Feld der Gender Media Studies wächst von Jahr zu Jahr. Ziel des vorliegenden Bandes ist es, Studierenden den Zugang zu diesem Forschungsfeld zu eröffnen. Es werden theoretische und analytische Kenntnisse vermittelt, um die Lesenden zu befähigen, relevante Problemstellungen und aktuelle Phänomene eigenständig zu bearbeiten. Quer durch die Teilgebiete der Kommunikationswissenschaft werden Problemstellungen aufgeworfen und bearbeitet, die nur durch eine Analyse der Vergeschlechtlichung von Kommunikationsprozessen zu verstehen sind. Weiterhin sollen die Studierenden praktische Genderkompetenzen erwerben, um ihr Gespür für geschlechterrelevante Fragen in allen Bereichen der öffentlichen und medialen Kommunikation zu schärfen. Der Band macht mit den wichtigsten Begriffen, Theorien und Gegenstandsbereichen des Feldes vertraut und diskutiert die Probleme und Chancen vorliegender Studien unter erkenntnistheoretischen wie methodischen Gesichtspunkten der Geschlechterforschung. Er widmet sich den Personen und Strukturen journalistischer Produktion ebenso wie Inhalten, Bildern und Formaten medialer Texte und deren Rezeption. Dabei spielen die ›klassischen Medien‹ - Print, Rundfunk, Film - ebenso eine Rolle wie digitale und interaktive Medien. Wie ist der Band strukturiert? Das Buch hat drei Teile, die logisch aufeinander aufbauen: Der erste Teil behandelt zentrale Theorien und Konzepte der Geschlechterforschung und der Gender Media Studies - unter Rückgriff auf internationale Literatur. Darin werden zunächst vier theoretische Konzepte der Geschlechterforschung unterschieden, die das Buch auch im weiteren Verlauf strukturieren. Es wird gezeigt, welche Theorien der Geschlechterforschung sich für welche Erkenntnisinteressen und Forschungsfragen eigenen, um das Verhältnis von Geschlecht und Medien zu verstehen. Daran anschließend werden zentrale Arbeitsfelder der Gender Media Studies und grundlegende theoretische Debatten vorgestellt. Der zweite Teil ist anhand der zentralen Arbeitsfelder von Medienproduktion, Medientext und Medienhandeln gegliedert. Hier diskutieren wir die Ergebnisse einzelner Studien und reflektieren die methodischen Grundlagen. Im Rückbezug auf die im ersten Teil eingeführten Theoriemodelle wird das Verhältnis von Erkenntnis- <?page no="9"?> Einführung 10 interesse und empirischem Ertrag diskutiert. Damit wird sichtbar, in welcher Weise die Geschlechterforschung einen produktiven Beitrag zum Verständnis medialer und öffentlicher Kommunikation leistet. Hier konzentriert sich unsere Darstellung auf den aktuellen Forschungsstand im deutschsprachigen Raum. Der dritte Teil zeigt ausgewählte Forschungsfelder in ihrer konkreten Umsetzung mit stärker didaktischer Ausrichtung. Wie gestaltet sich Forschung in Gender Media Studies? Zwei Medientextanalysen und eine Form der Publikumsforschung bieten einen Einblick in Forschungsdesign und -praxis. Zwei der hier vorgestellten Studien gehen auf unsere eigene Forschungsarbeit zurück, die wir hier hinsichtlich ihrer methodischen Vorgehensweise offenlegen. Übungsaufgaben, die zum eigenständigen Forschen anregen sollen, ergänzen die vorgestellten Projekte. Wen spricht das Buch an und wie ist es gestaltet? Das Buch richtet sich an alle Studierenden, die sich für den Zusammenhang von ›Geschlecht und Medien‹ interessieren. Es ist zuallererst für Studierende der Kommunikations- und Medienwissenschaft geschrieben, die sich mit dem Forschungsfeld auseinandersetzen wollen. Es richtet sich aber auch an Studierende der Geschlechterforschung, der Soziologie, der Politik- oder der Erziehungswissenschaften, die dem Thema nahestehen. Um den Einstieg in dieses durchaus komplexe Forschungsfeld zu erleichtern, das Kommunikationswissenschaft, Medienwissenschaft und Geschlechterforschung verbindet, enthält der Band Textkästen mit Definitionen und vertiefenden Erklärungen. Am Ende jedes Teilkapitels finden sich einige weiterführende Literaturangaben, mit denen das zuvor Gelesene gezielt vertieft werden kann. <?page no="10"?> 11 Teil I: Theorien und Konzepte Im ersten Teil werden zum Einstieg zentrale Theorien und Begriffe zum Verständnis von Geschlecht und Medien erläutert. Hier werden wesentliche soziologische und kulturwissenschaftliche Theorieansätze der Geschlechterforschung vorgestellt und für das Verständnis von Medien und Kommunikation nutzbar gemacht. Zudem wird eine theoriegeleitete Systematik vorgestellt, innerhalb derer sich verschiedene Ansätze verorten lassen. Die Entwicklung der deutschsprachigen Gender Media Studies wird anhand grundlegender Problemfelder und ausgewählter Arbeiten dargestellt (Kapitel 1). Originäre Theoriebildung liefert die kommunikations- und medienwissenschaftliche Geschlechterforschung in zwei Themenkomplexen: Das Verständnis von Medienkulturen ist maßgeblich durch eine reflektierte Auseinandersetzung mit den ihr zugrunde liegenden und von ihr gestalteten Geschlechterverhältnissen und -identitäten geprägt (Kapitel 2). Hier werden die zentralen Arbeitsfelder der Gender Media Studies (Produktion, Medientext, Medienhandeln, Regulation) entwickelt. Zentrale Bezugspunkte stellen dabei der Ansatz der Cultural Studies sowie die feministische Filmtheorie dar. Abschließend wird die Relevanz virtueller Räume für die Herstellung und Ausgestaltung von Geschlecht diskutiert. Die Analyse des Verhältnisses von Privatheit und Öffentlichkeit sowie weitergehend die Reflexion von gesellschaftlicher Teilhabe bedürfen historisch wie aktuell einer geschlechtertheoretischen Perspektive, um Formen des Ein- und Ausschlusses, der Teilhabe an und Exklusion aus der Gesellschaft angemessen zu erfassen. Dazu werden im Kapitel 3 öffentlichkeitstheoretische Überlegungen der Geschlechterforschung diskutiert und das Konzept Cultural Citizenship eingeführt. <?page no="12"?> 13 1 Gender - Media - Studies Geschlecht ist zu einer zentralen Kategorie der Sozial- und Kulturwissenschaften geworden. Ein Verstehen der sozialen und kulturellen Struktur der Welt ist ohne ein Verständnis der Geschlechter und ihrer Positionierungen in dieser Welt längst nicht mehr angemessen möglich. Medien und öffentliche Kommunikation haben einen maßgeblichen Anteil daran, welche Bilder von Geschlechtern, vom ›Mannsein‹ und ›Frausein‹, vom lesbischen, schwulen, bi- oder transsexuellen Leben in vergeschlechtlichten Körpern existieren. Diese Bilder werden wirkmächtig - in unseren Köpfen und Körpern, in gesellschaftlichen Strukturen und Diskursen. In, mit und durch Medien werden Unterscheidungen öffentlich hergestellt - die Unterscheidung zwischen den Geschlechtern steht dabei im Mittelpunkt, sie liefert zugleich das analytische Werkzeug, um andere Mechanismen des Unterscheidens (nach sexuellem Begehren, Klasse, Alter oder Religion) zu erfassen und in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung zu verstehen. Die Unterscheidung zwischen Wichtigem und Randständigem, Seriösem und Trivialem, Sichtbarem und Nichtgesehenem ist oftmals implizit geschlechtsgebunden. In Mediendiskursen findet gemeinsame Verständigung darüber statt, welches Handeln als angemessen, welches als irritierend, provozierend oder grenzüberschreitend wahrgenommen wird. Medien können Geschlechternormen verstärken, sie können zugleich den symbolischen Raum bilden, in dem neue, veränderte Praktiken des Doing Gender Gestalt annehmen. Unsere Mediennutzung im Alltag ist Ausdruck geschlechtsgebundenen Verhaltens. Veränderte Kommunikationsmodi in digitalen Netzwerkmedien können auch mit veränderten Praktiken des Geschlechterhandelns einhergehen. Die sozial- und kulturwissenschaftliche Geschlechterforschung hat analytische Modelle entwickelt, um das Entstehen, die Fortschreibung und die Veränderung von Geschlechterstrukturen und Geschlechterverhältnissen zu beschreiben und zu erklären. In der Kommunikations- und Medienwissenschaft liegt das Augenmerk auf der Bedeutung von Geschlecht in Prozessen öffentlicher und medialer Kommunikation. Mit dem englischen Begriff der Gender Media Studies ist diese analytische Perspektive prägnant gefasst. <?page no="13"?> Teil I: Theorien und Konzepte 14 1.1 Einführung in die Geschlechterforschung Innerhalb der Sozial- und Kulturwissenschaften beschreibt die Geschlechterforschung ein interdisziplinäres, erkenntniskritisches Projekt, mit dem keineswegs ein geschlossenes Denkgebäude bezeichnet wird. Sie umfasst vielmehr eine Vielzahl von theoretischen und empirischen Perspektiven. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Geschlecht und soziale Geschlechterverhältnisse als konstitutive Bestandteile von Gesellschaft verstehen. Für das Verständnis von oben und unten, von innen und außen, von Zentrum und Peripherie ist die Analyse von Geschlechterverhältnissen eine wesentliche Erkenntnisperspektive. Nicht immer ist Geschlecht das bedeutsamste Differenzmerkmal, aber es ist mit anderen Formen der gesellschaftlichen Differenzierung verknüpft und wird mit diesen gemeinsam wirksam. Kulturelle Bedeutungsstiftung wird durch Geschlechterdifferenz organisiert. Auf der Mikroebene der handelnden Subjekte ebenso wie in organisatorischen Strukturen (Mesoebene) oder auf der Makroebene der Gesellschaft wird Sinn durch Geschlechterdifferenz strukturiert. Diese Struktur ist unhintergehbar und deshalb jeglicher kulturellen Bedeutung hinterlegt. Damit ist die Analyse von Geschlechterstrukturen notwendiger Bestandteil jeglicher Analyse von kulturellen und sozialen Formationen. So lassen sich Unterschiede (auch) entlang von Geschlechterstrukturen erklären. In der Forschung werden die Entstehung ungleicher Geschlechterverhältnisse und die Mechanismen der Unterscheidung nach Geschlecht untersucht. Wir begeben uns auf die Suche nach ihren aktuellen oder historischen Ausdrucksformen, nach Wandlungsprozessen und Brüchen. Zentrale Fragen sind: Wie werden stets aufs Neue Form und Gestalt, Praktiken und Normen anhand von Geschlechterstrukturen etabliert? Wie ist es zugleich möglich, dass die Vorstellungen und Ausdrucksformen von Geschlecht im Wandel sind? In welcher Weise stellen Gesellschaften Symbole und Strukturen her, innerhalb derer wir Männer und Frauen identifizieren? Geschlecht - Geschlechterkörper - Geschlechteridentitäten Der deutsche Begriff Geschlecht umfasst den Geschlechterkörper und die Geschlechteridentitäten. Als Geschlechterkörper werden die Deutung und Darstellung von Körpern als geschlechtliche bezeichnet, etwa durch Medien, Medizin, Institutionen, andere Menschen oder sich selbst. Geschlechteridentitäten sind die Vorstellungen von sich selbst als geschlechtlichem Wesen - also das geschlechtliche Selbst (vgl. Ernst 2002: 34). <?page no="14"?> Gender - Media - Studies 15 Dem wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse eigen ist dabei zugleich ein kritisch gestaltender Impuls. Als interventionistisches Projekt analysiert Geschlechterforschung Geschlechterverhältnisse als gesellschaftliche Machtverhältnisse, um Ungleichheiten sichtbar zu machen und Veränderungen zu ermöglichen. Hier zeigen sich Gender Studies als Fortsetzung jenes feministischen Projektes wissenschaftlicher Kritik, das in den 1970er- und 1980er-Jahren im Kontext der zweiten Frauenbewegung entstanden ist. Interventionen als mögliche gesellschaftliche Veränderungen müssen sich nicht direkt in praktisch-politischem Handeln ausdrücken (Demonstration, Boykott o.-Ä.). Feminismus Feminismus bezeichnet nicht nur historisch und kulturell spezifische politische Praxen und Bewegungen, sondern zugleich ein akademisches Projekt mit verschiedenen wissenschaftlichen Theorien und Perspektiven. Der Terminus bezeichnet somit ein »Ensemble von Debatten, kritischen Erkenntnissen, sozialen Kämpfen und emanzipatorischen Bewegungen« (Hennessy 2003: 155). Als interventionistisch lässt sich kritisches Denken auch da begreifen, wo es dazu auffordert, tradierte Bilder und Modelle infrage zu stellen. Die Verbindung zu den Queer Studies verstärkt diesen interventionistischen Impuls. Der Begriff queer, der so viel wie sonderbar, seltsam bedeutet, erfuhr eine kritische Umarbeitung. Die Geschlechterforschung entstand in den 1990er-Jahren aus den Formen der Frauenforschung, sie hat dabei die Sicht von der Besonderheit und Ungleichbehandlung der Frauen auf das Entstehen und Gestalten von Geschlecht (männlichem wie weiblichem) verändert. Die Tradition der Queer Studies, die in Auseinandersetzung mit und Fortführung von lesbischer, schwuler und feministischer Forschung und Bewegung steht, setzt an der kritischen Auseinandersetzung mit der Heterosexualität als Norm ein. <?page no="15"?> Teil I: Theorien und Konzepte 16 Queer Queer bedeutet im ursprünglichen Wortsinn so viel wie verrückt, sonderbar, seltsam. Der Begriff wurde im englischen Sprachgebrauch zunächst als abwertende Bezeichnung für sexuell minorisierte Gruppen wie Schwule und Lesben benutzt, in den frühen 1990er-Jahren aber umgedeutet und als positive (Selbst)Bezeichnung eingesetzt. Als politischer Begriff ist Queer keine Identitätskategorie, sondern er fungiert als eine Kritik an solchen Identitätspolitiken. Queer bezieht sich nicht nur auf ein politisches, sondern auch auf ein akademisches Projekt: Queer Theory bzw. Queer Studies. Zugrunde liegt die gemeinsame Erkenntnis, dass Geschlechterverhältnisse Ausdruck und Folge sozialer Praktiken sind. Mit dem Begriffspaar sex und gender steht seit den 1970er-Jahren das begriffliche Instrumentarium zur Verfügung, um Aspekte des biologischen Geschlechts von denen des sozial-kulturellen Geschlechts zu unterscheiden. Der Begriff Geschlechterforschung verweist auf das Bewusstsein dieser Differenz und markiert Geschlechterverhältnisse als historisch, sozial und kulturell hergestellte und wandelbare. Die Unterscheidung zwischen biologischer und sozial-kultureller Differenz war erforderlich, um Normen und Praktiken als historisch gebundene und wandlungsfähige zu erkennen. Mit der sex-gender-Unterscheidung wurde das biologische Geschlecht (sex) als essenziell begriffen. Ihm gegenübergestellt erschien das sozial-kulturelle Geschlecht (gender) als ›gemacht‹. Eine bekannte Kritikerin dieser sex-gender-Unterscheidung ist im deutschsprachigen Raum die USamerikanische Philosophin Judith Butler (als Einführung in ihr Denken vgl. Paula- Irene Villa 2012). Sie schreibt über die sex-gender-Unterscheidung: »Ursprünglich erfunden, um die Formel ›Biologie ist Schicksal‹ anzufechten, soll diese Unterscheidung das Argument stützen, dass die Geschlechtsidentität eine kulturelle Konstruktion ist, unabhängig davon, welche biologische Bestimmtheit dem Geschlecht weiterhin hartnäckig anhaften mag« (Butler 1998: 22). Nach Butler (1991: 23-f.) sei auch das biologische Geschlecht (sex) eine Konstruktion, die durch verschiedene wissenschaftliche und kulturelle Diskurse hervorgebracht werde. Wenn der scheinbar natürliche Geschlechtskörper (sex) aber gar keine biologische Gegebenheit sei, sondern wie gender eine soziokulturelle Konstruktion, dann verliere nach Butler die Unterscheidung zwischen sex und gender ihren Sinn. Bereits zuvor haben z. B. sozialkonstruktivistische und ethnomethodologische Ansätze eine ›Natur der Zweigeschlechtlichkeit‹ zurückgewiesen. Kritisiert wird das Alltagswissen von der Dualität (Frau versus Mann), Naturhaftigkeit (von der Natur vorgegeben) und Konstanz (festgelegt und unveränderlich) von Geschlecht (vgl. Kessler/ McKenna 1978: 113-f., <?page no="16"?> Gender - Media - Studies 17 Hagemann-White 1984). Doch in kritischer Auseinandersetzung mit diesen konstruktivistischen Perspektiven wurde wiederum die Bedeutung des Körpers, die Leiblichkeit des Geschlechts herausgearbeitet. Heute gilt es, Geschlecht im Spannungsverhältnis von diskursiver Herstellung und Verkörperung zu begreifen und in seiner Relevanz für die Konstituierung gesellschaftlicher Machtverhältnisse zu verstehen. Geschlechterforschung beschäftigt sich in der Folge mit der Frage, wie Geschlecht (neben anderen Differenzkategorien) immer wieder gesellschaftlich strukturierend wirksam wird. Kultur- und sozialwissenschaftlich gilt es dabei zu identifizieren, wie in historisch gebundenen, sozialen Praktiken Sinn hergestellt wird, der auch in Körpern seinen Ausdruck findet. Wie, so gilt es zu fragen, wird die Dichotomie von Mann und Frau, das System der Zweigeschlechtlichkeit konstitutiv wirksam? Wie wird Geschlecht (neben anderen Differenzmerkmalen) immer wieder zu einer gesellschaftlich strukturierenden Kategorie? Wie wird Geschlechterdifferenz fortlaufend kulturell reproduziert? System der Zweigeschlechtlichkeit Es beruht auf der Naturhaftigkeit, Dualität und Konstanz der zwei Geschlechter. In diesem System ist kein Denken außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit möglich (vgl. Kessler/ McKenna 1978, Hagemann-White 1984). Diese Erkenntnisperspektive hat grundlegende Folgen auch für den Prozess des Erkennens selbst: Denn auch dieser - der Weg des Forschens und Analysierens - ist im sozialen Gefüge der Universität und dem intellektuellen Gefüge von Wissenschaft durch vergeschlechtlichte Strukturen geprägt. Die Idee und das Ideal von wissenschaftlicher Erkenntnis sind vergeschlechtlicht. Theoretische Modelle, methodische Herangehensweisen und erkenntnistheoretische Prämissen greifen in ihrer historischen Genese auf Geschlechterstrukturen zurück - zumeist ohne dies bewusst zu reflektieren. Die fortlaufende Selbstreflexion der Forschenden ist deshalb konstitutiv für einen kritischen Erkenntnisprozess. Das Verständnis vom forschenden Subjekt und seinem Verhältnis zum Erkenntnisgegenstand ist in der Geschlechterforschung beständiger Revision unterworfen. Mit der Geschlechterforschung ist deshalb strukturell stets Wissenschaftskritik verbunden (vgl. Harding 1990). <?page no="17"?> Teil I: Theorien und Konzepte 18 Theoretische Perspektiven der Geschlechterforschung Die Geschlechterforschung im deutschsprachigen Raum hat ihre Ursprünge in den Formen der Frauenforschung, die in den 1970er-Jahren als akademische Auseinandersetzung parallel zur Entwicklung der zweiten Frauenbewegung entstand (vgl. Brück et-al. 1992). Zentraler Impuls war das Sichtbarmachen von Leistungen und Problemlagen von Frauen in der akademischen Forschung sowie das Markieren der ›blinden Flecken‹, die mit einer vermeintlich geschlechtsneutralen Forschung einhergingen. Ob in der Medizin, in der Geschichtswissenschaft oder in der Ökonomie - das Fragen nach den Leistungen und Beiträgen von Frauen sowie das Revidieren von ›neutralen‹ Analysen als geschlechterblinde Forschung führte zu einer Vielzahl empirischer und theoretischer Arbeiten. In dieser Zeit nahmen soziologische, erziehungswissenschaftliche und historische Studien den größten Raum ein. Wissenschaftliches und zugleich politisches Ziel war es, Ungleichbehandlungen zwischen Männern und Frauen sichtbar zu machen - auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem, in häuslichen Beziehungen. Die Analyse gesellschaftlicher Strukturen als Geschlechterhierarchie findet ihren Ausdruck in der Patriarchatskritik (vgl. Gerhard 1990). Die Unterdrückung durch den Mann - als eigenständige Form gesellschaftlicher Ungleichheit neben z. B. Klassenunterschieden - wird als Ursache für ungleiche Bezahlung, häusliche Gewalt oder sexistische öffentliche Darstellungen identifiziert. Auf dieser Analyse fußen Forderungen nach gleichwertiger Teilhabe, gleicher Bezahlung, gleicher Sichtbarkeit von Frauen wie Männern. Unter der Bezeichnung Gleichheitsansatz wird dem Konzept, seinen erkenntnistheoretischen Prämissen und der konkreten Ausgestaltung im Feld von Medien und Öffentlichkeit weiter unten detaillierter nachgegangen. Gleichheitsansatz Der Gleichheitsansatz als theoretisches Konzept der Geschlechterforschung zielt auf die Analyse der Ungleichbehandlung von Frauen ab. Historisch auf einem liberalen Politikverständnis basierend, zielt er auf Gleichberechtigung von Frauen und Männern, ohne darüber hinaus gesellschaftliche Machtverhältnisse infrage zu stellen. Die Forderung nach Gleichstellung von Frauen und Männern knüpft an demokratietheoretische Ideale von Gleichheit an, macht damit aber - so wurde schon bald kritisch bemerkt - historisch männlich geprägte Entwürfe von Arbeitswelt, Öffent- <?page no="18"?> Gender - Media - Studies 19 lichkeit oder ›Normalbiografie‹ zum allgemeinen Maßstab. Die Teilhabe von Frauen verbleibt damit in Strukturen, die bereits vorab geschlechtlich geprägt sind. Insbesondere Soziologinnen verwiesen auf den »weiblichen Lebenszusammenhang« (Prokop 1976), auf spezifische Lebensformen, Praktiken des Alltags, Arbeiten jenseits der Erwerbstätigkeit, die im schlichten Abgleich mit männlichen Biografien als Norm keinen Ausdruck finden. Die Auseinandersetzung um spezifische Ausdrucksformen, Praktiken und Lebensweisen von Frauen war damit eröffnet. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht nicht länger die gleiche Teilhabe von Männern und Frauen, sondern die spezifischen Potenziale und Leistungen »des Weiblichen«. Im Differenzansatz rücken sozial-emotionale, biografische und biologische Besonderheiten von Frauen in den Fokus der Analyse. Fragen nach einem »weiblichen Schreiben« (Keil 1992) werden damit ebenso gestellt wie die nach einer weiblichen Moral der Fürsorge (vgl. Gilligan 1984). Differenzansatz Der differenztheoretische Ansatz der Geschlechterforschung untersucht die unterschiedlichen Lebens- und Handlungsweisen von Männern und Frauen. Ausgehend von geschlechtsgebundenen Unterschieden rückt er das Augenmerk auf die spezifischen Leistungen und Potenziale derer, die von der herrschenden Ordnung abweichen. Das kritische Potenzial dieses Ansatzes besteht in seiner strukturanalytischen Perspektive: Die Geschlechterordnung wird als hierarchische Ordnung identifiziert, die Ungleichheitsverhältnisse herstellt. Diese differenztheoretische Annahme beruht auf einem essenzialistischen Verständnis von Geschlecht: Frauen sind fürsorglich, kommunikativ oder teamfähig. Diese Differenz ist ihnen, wenn nicht qua Biologie, so doch qua historisch-gesellschaftlicher Sozialisation eigen. Der differenztheoretische Ansatz eröffnet trotz dieses essenzialistischen Verständnisses jedoch die Option auf weitere Unterscheidungen. Denn insbesondere im US-amerikanischen Diskurs wurde Kritik laut an einem generalisierenden Verständnis von ›der Frau‹. Afroamerikanische Feministinnen - innerhalb wie außerhalb der Wissenschaft - machten deutlich, dass zumeist das Bild einer weißen Mittelschichtsfrau zugrunde liegt, wenn über den »weiblichen Lebenszusammenhang« gesprochen wird (hooks 1981). Nicht die Frauen konstituierten eine kollektive Identität, sondern Differenzen qua Geschlecht seien auf vielfältige Weise verbunden und verwoben mit anderen Mustern von Differenz und Ungleichheit - qua Klasse, Ethnizität, sexueller Orientierung oder Alter. Unter dem Begriff der In- <?page no="19"?> Teil I: Theorien und Konzepte 20 tersektionalität werden diese »Achsen der Differenz« (Knapp/ Wetterer 2003) theoretisch und empirisch in der Geschlechterforschung thematisiert. Dabei kann das Geschlecht die relevante Leitdifferenzierung sein, muss es aber nicht. Je nach Problemstellung, Problemzusammenhang und Analyseperspektive können Differenzen qua Ethnizität oder Bildungsressourcen im Einzelfall mehr Erklärungspotenzial bieten als die Differenz qua Geschlecht. Entscheidend ist, dass das erkenntnistheoretische und methodologische Repertoire der Geschlechterforschung als »Grundlagenforschung zu kulturellen Differenzierungen« (Hirschauer 2003) Einsichten in die Praktiken und Prozesse der Unterscheidungen erlaubt, denen stets gesellschaftliche Ordnungen eingeschrieben sind. Intersektionalität Der Begriff bezeichnet die Verwobenheit und das Zusammenwirken verschiedener Differenzkategorien (Geschlecht, Klasse, Ethnizität, Religion oder sexuelle Orientierung) sowie unterschiedlicher Dimensionen sozialer Ungleichheit und Herrschaft (vgl. Winker/ Degele 2009). Mit diesen Differenzierungen hat die Geschlechterforschung den paradigmatischen Wechsel in (de)konstruktive Konzepte vollzogen. Geschlecht wird dabei nicht länger essenzialistisch als Wesensmerkmal von Personen begriffen, das wir haben. Stattdessen wird Geschlecht sichtbar und analysierbar als spezifische historisch und kulturell gewachsene Praxis, als etwas, das wir fortlaufend tun. Die sozial-kulturell konstruierte Differenz der Zweigeschlechtlichkeit zeigt sich damit als dynamisches Konstrukt, das je nach gesellschaftlichem Bedarf, Normenrepertoire oder Ressourcen wandlungsfähig ist. Sichtbar werde dies am Wandel spezifischer Professionen von einem Männerzu einem Frauenberuf (vgl. Wetterer 2002), an historisch sich wandelnden Konzepten von Mütterlichkeit oder der visuellen Ausdrucksformen von Männlichkeit und Weiblichkeit (vgl. Wenk 1996). Geschlechterdifferenz ist damit von einer sozialen Unterscheidung zu einer Differenz symbolischer Zeichen geworden. Gefragt wird nicht mehr (vorrangig) nach dem unterschiedlichen Handeln von Männern und Frauen, nach seinen Ursachen und Effekten. In den Mittelpunkt rückt stattdessen kulturwissenschaftlich die Identifikation und Rekonstruktion von Differenzierungen als geschlechtlich markierte. Wie werden unterschiedliche soziale Praktiken auf die Differenzierung männlich/ weiblich zurückgeführt? Wie also wird das System der Zweigeschlechtlichkeit fortlaufend wiederhergestellt? Diese (de)konstruktive Wende hat nachhaltige Folgen für die wissenschaftliche und die politi- <?page no="20"?> Gender - Media - Studies 21 sche Entwicklung der Geschlechterforschung. Erkenntnistheoretisch bildet sie die Grundlage, um Geschlechterforschung tatsächlich transdisziplinär zu konturieren. Die Frage nach den Praktiken zur Herstellung der Geschlechterdifferenz und seiner Bedeutung wird zur Leitfrage von GeschlechterforscherInnen in Sozial- und Kulturwissenschaften. Mit dieser wissenschaftlichen Konturierung geht allerdings ein Verlust alltagsweltlicher Nähe und unmittelbar politischer Handlungsrelevanz einher. (De)konstruktive Geschlechterforschung lässt sich nicht unmittelbar in politische Forderungen umsetzen. Das Verhältnis zwischen akademischer Forschung und gleichstellungspolitischer Relevanz wird deshalb fortlaufend (selbst)kritisch reflektiert (vgl. Klaus/ Lünenborg 2011). Seit der Etablierung (de)konstruktiver Analysemodelle in den Gender Studies seit den 1990er-Jahren hat eine Ausdifferenzierung stattgefunden, die bis heute andauert. An dieser Stelle soll in Anlehnung an Nina Degele (2008: 15-ff.) und Andrea Maihofer (2004) in den soziologisch fundierten Gender Studies zwischen zwei Ausprägungen unterschieden werden, die auch in den Gender Media Studies Relevanz gewonnen haben. Mit dem interaktionistischen Konstruktivismus werden jene Konzepte bezeichnet, die sich auf empirischer Ebene mit der Analyse des Doing Gender, der Ausgestaltung von Zweigeschlechtlichkeit in sozialen Praxen befasst. Doing Gender Der Begriff weist darauf hin, dass Geschlecht nicht etwas ist, was Menschen haben, sondern etwas, was sie tun, was sie alltäglich aufführen und darstellen. Damit wird das Prozesshafte des Handelns betont. Überwiegend auf der Mikroebene werden Interaktionen empirisch beobachtet und analysiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie (geschlechtsgebundene) Identitäten, Körper und Praktiken hergestellt und bedeutsam gemacht werden. Anknüpfend an ethnomethodologische Ansätze wurden Praktiken der Grenzüberschreitung (bei Transsexuellen und Transvestiten) analysiert, um auf dieser Grundlage den kulturellen Sinn von Zweigeschlechtlichkeit infrage zu stellen (vgl. Kessler/ McKenna 1978, Goffman 1977, Garfinkel 1967). In der Fortschreibung dieses Ansatzes werden professionelle gender switches, also der Wechsel einer Profession von einer vormals männlichen zu einer weiblichen (oder - seltener - andersherum) untersucht. Welche veränderten Bedeutungszuschreibungen setzen bei diesem Wechsel ein? Wie wird Handeln als männlich oder weiblich gerahmt? Im Fokus des interaktionistischen Konstruktivismus steht jedoch primär die individuelle Perspektive des Han- <?page no="21"?> Teil I: Theorien und Konzepte 22 delns und seiner Deutungen. Strukturelle Rahmungen und damit gesellschaftstheoretische Erklärungen rücken an den Rand. Interaktionistischer Konstruktivismus Der interaktionistische Konstruktivismus analysiert, wie Zweigeschlechtlichkeit in sozialen Praxen hergestellt wird. Er identifiziert Formen des Doing Gender, die dem sozialen und symbolischen Handeln eingeschrieben sind. Primär wird auf der Mikroebene der handelnden Subjekte empirisch untersucht, wie die symbolische Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit hergestellt, fortgeschrieben und herausgefordert wird. Mit dem Rückgriff auf poststrukturalistische Theorien insbesondere von Michel Foucault und Jaques Derrida lässt sich das Konzept der diskurstheoretischen Dekonstruktion in der Geschlechterforschung kennzeichnen. Eine zentrale Rolle spielt hier die US-amerikanische Theoretikerin Judith Butler. Butler geht, wie bereits erwähnt, davon aus, dass weder das, was wir gemeinhin das soziale Geschlecht (gender) nennen, noch das, was wir als vermeintlich biologisches Geschlecht (sex) kennen, eine natürliche Größe ist. Mit der Annahme einer Performativität von Geschlecht betont sie, dass Geschlecht durch Sprache und Handlungen in gesellschaftlichen Diskursen hervorgebracht wird. Geschlecht kann somit als ein ständiges Wiederholen von bereits bestehenden Normen, Diskursen und Konventionen verstanden werden. Performative Praxen stellen Geschlechterunterscheidungen fortlaufend her, die erst durch entsprechende Interpretation sozial wirksam werden (siehe weiterführend Kapitel 5). Butlers Plädoyer für den konstitutiven Zusammenhang zwischen Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität eröffnet auch den Raum für Konzepte der Queer Studies. Zeigt sie doch, wie Geschlecht innerhalb einer »heterosexuellen Matrix« (Butler 1991: 63) hervorgebracht wird. Wie auch andere Geschlechterforscherinnen bezweifelt Butler eine Kohärenz zwischen Körper, Geschlechtsidentität und Begehren. Zwischen diesen Kategorien bestehen »keine direkten, etwas ›ausdrückenden‹ oder kausalen Verbindungen« (Butler 1996: 31). Der Begriff der heterosexuellen Matrix bezieht sich also auf die Verschränkung von sex, gender und Begehren als Zwangsordnung. So wird einem vermeintlich natürlichen männlichen Körper eine männliche Identität und ein Begehren nach Frauen zugewiesen. In dieser Logik stabilisiert die Heterosexualität, also das sexuelle Begehren nach dem (eindeutig) anderen Geschlecht, die Zwei-Geschlechter-Ordnung. Butler hat dies als Theorie ent- <?page no="22"?> Gender - Media - Studies 23 wickelt, vereinfachend macht David Gauntlett (2008: 148) diesen Zusammenhang in einem Schema sichtbar (vgl. Abb.-1.1). … welches dann das Begehren determiniert (gegenüber dem jeweils anderen Geschlecht). … über das kulturell ein stabiles soziales Geschlecht geformt wird (Männlichkeit oder Weiblichkeit) … Man hat ein festgelegtes biologisches Geschlecht (Mann oder Frau) … Queer Theory ist an einem Aufbrechen dieser heterosexuellen Matrix interessiert. Sie problematisiert »die Frage, wie wir Körper, Geschlecht und Sexualität so denken - und leben - können, dass sie nicht immer wieder an eine rigide Zwei-Geschlechter- Ordnung und die Norm der Heterosexualität rückgebunden werden« (Engel 2009: 19). Eine weitere zentrale Leistung der Queer Theory wird daran anknüpfend in der Theoretisierung des Begriffs der Heteronormativität gesehen. Heteronormativität Der Begriff bezeichnet ein gesellschaftliches Ordnungssystem, in dem Heterosexualität als Norm gesetzt und gegenüber anderen Sexualitäten privilegiert wird. Die Wirksamkeit der Norm beschränkt nicht allein auf sexuelles Handeln, sondern weitet sich auf rechtliche, kulturelle, ökonomische und institutionelle Dimensionen aus. Gemeinsam ist den diskurstheoretischen Entwürfen in der Geschlechterforschung und Queer Studies, dass sie an der theoretischen Dekonstruktion von Identitätskonzepten arbeiten. Nicht die Analyse des ›Frauseins‹ oder ›Mannseins‹, ›Lesbischseins‹ oder ›Schwulseins‹, ›Inter- oder Transsexuellseins‹ steht im Mittelpunkt, sondern die Dekonstruktion der jeweils zugrunde liegenden Muster und Erklärungen. Diese Perspektive ist damit nicht primär empirisch angelegt, sondern analysiert vorwiegend theoriebasiert die grundlegenden Mechanismen gesellschaftlicher Strukturen und Machtverhältnisse, die sich in Sprache, Bilder und Praktiken als kulturelle Zeichen verankert haben. Abb. 1.1: Die heterosexuelle Matrix, Graphik nach Gauntlett (2008: 148) <?page no="23"?> Teil I: Theorien und Konzepte 24 Diskurstheoretische Dekonstruktion Die diskurstheoretische Dekonstruktion analysiert Geschlecht als Baustein der heteronormativen Matrix und dekonstruiert darauf aufbauende Identitäten. Der Prozess der Dekonstruktion ist vorrangig ein theoretisch-analytischer, der sich einer empirischen Prüfung entzieht. Die dargestellte Struktur der vier theoretischen Konzepte - Gleichheitsforschung, Differenzforschung, interaktionistischer Konstruktivismus, diskurstheoretische Dekonstruktion - ist als eine idealtypische Unterscheidung zu verstehen. Sie macht in ihrer Systematik klar, worin Unterschiede liegen bzw. wo auf unterschiedliche Prämissen zurückgegriffen wird. Sichtbar wird daran auch, dass die theoretischen Modelle sich in einem historischen Prozess entwickelt haben. Die Gleichheitsforschung war politisch und erkenntnistheoretisch notwendige Voraussetzung für die analytische Identifikation geschlechtsgebundener Differenzen. Diese Markierung von Unterschieden und die damit möglich gewordene Identifikation von alternativen Handlungs- und Deutungsmustern wurden wiederum zur Basis für Dekonstruktion. Die idealtypische Unterscheidung von vier theoretischen Konzepten bedeutet nicht, dass alle Arbeiten der Geschlechterforschung eindeutig einem Ansatz zugeordnet werden können (oder müssen). Vielmehr lassen sich oftmals Verbindungen und Ergänzungen entdecken. Die Vielfalt der Ansätze ermöglicht zudem Erweiterungen und die fortlaufende kritische Revision vorhandener Wissensbestände. Insbesondere im Spannungsverhältnis von gesellschaftspolitischer Relevanz und wissenschaftstheoretischer Fundierung ist eine Verbindung verschiedener Zugänge ertragreich. Frauenforschung in der Perspektive des Gleichheitsansatzes ist ebenso wie differenztheoretisch fundierte Forschung dem feministischen Ideal einer interventionistischen Wissenschaft verbunden. Diese Forschung intendiert die Analyse und (mittelbar) Veränderung gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse entlang der Geschlechterdifferenz. Geschlechtergerechtigkeit und -gleichwertigkeit sind relevante Fluchtpunkte der Forschung. Forschung ist damit nicht unmittelbar selbst strategisches Instrument politischer Veränderung, aber wissenschaftliche Erkenntnis und gesellschaftliche Praxis bleiben dabei eng miteinander verbunden. Gesellschaftliche Relevanz gilt als ein zentrales Gütekriterium feministischer Forschung. In (de)konstruktiven Theoriemodellen erscheint ein solcher Zusammenhang komplizierter. Die Dekonstruktion sozialer Praktiken als performative Formen des Doing Gender scheint nicht unmittelbar gesellschaftspolitische Relevanz zu entwickeln. Von manchen Forschenden wird eine solche Zielrichtung gar gänzlich infrage gestellt (vgl. Hirschauer 2003). Allerdings ist eine beständige Rückbindung theoreti- <?page no="24"?> Gender - Media - Studies 25 scher Diskurse an gesellschaftliche Praxen sinnvoll. Mit (de)konstruktiver Forschung rücken queere Identitäten, rückt das Verständnis vom Körper als performativem Akt ganz unmittelbar in den Fokus. Damit wird dem Rückgriff auf biologische Erklärungen von Geschlechterdifferenz radikal entsagt. Die historisch-kulturelle Geschaffenheit grundlegender Strukturierungen von Lebenswelt ist damit als unhintergehbare Grundlage gesetzt. Auf dieser Basis wird gesellschaftliche Veränderung hier als Erweiterung der Denkräume und Alltagspraktiken jenseits des Geschlechterdualismus verstanden und praktiziert. Will die Geschlechterforschung als feministische Forschung auch weiterhin dem interventionistischen Anspruch auf die kritische Analyse gesellschaftlicher Machtverhältnisse gerecht werden, gilt es neue Herausforderungen zu bewältigen. Eine differenzierte Theoriearbeit - unverzichtbar für die Etablierung als konturiertes, transdisziplinäres Forschungsfeld - ist zu verbinden mit Transferleistungen in gesellschaftspolitische Diskurse, bei denen soziale Differenzierung als Konstruktionen von oben und unten, innen und außen, Zentrum und Peripherie fortlaufend Machtverhältnisse herstellt und fortschreibt. Wenn wir die Einheit von Geschlecht, Körper, Sexualität und Begehren auflösen, werden vielfältige kulturelle Praktiken erkennbar. Die simple, aber rigide Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit wird außer Kraft gesetzt. Die heterosexuelle Matrix wird als symbolische Ordnung sichtbar, mit der ›richtiges Begehren‹ wort- und bildreich kommuniziert und den Körpern eingeschrieben wird. Die hegemonialen Normierungen gesellschaftlicher Diskurse, zu denen Medienbilder und Mediennarrationen Wesentliches beitragen, können so sichtbar gemacht und Alternativen dazu entwickelt werden. Wenn die Geschlechterforschung hegemoniale Normierungen und das Alltagswissen der Zweigeschlechtlichkeit kritisch infrage stellt, dann muss das auch für die eigene wissenschaftliche Praxis gelten. Denn auch in dieser werden die Geschlechterdifferenz und die Heteronormativität (re)produziert. Teresa de Lauretis (1996: 60) hat früh darauf hingewiesen, dass sich die Konstruktion von Geschlecht nicht nur innerhalb medialer Diskurse vollziehe, sondern, »wenn auch weniger offensichtlich, an den Hochschulen, in den intellektuellen Gruppierungen, in der künstlerischen Praxis und den radikalen Theorien der Avantgarde und auch, sogar ganz besonders, im Feminismus«. Es sei sozusagen ein Paradoxon der Geschlechterforschung: Sie stelle das her, was sie kritisch analysieren und dekonstruieren wolle. Diesen Prozess bezeichnet man als Reifizierung: In die eigene Forschung wird hineingetragen, was man eigentlich analytisch auflösen möchte. Wie essenzialisierende Zuweisungen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Forschungspraxis vermieden werden können, ist eine der zentralen Herausforderungen kritischer Geschlechterforschung. <?page no="25"?> Teil I: Theorien und Konzepte 26 Reifizierung der Zweigeschlechtlichkeit Empirische Studien, die den Schwerpunkt auf die Geschlechterdifferenz legen, führen oft ›unter der Hand‹ zu einer Reifizierung der Zweigeschlechtlichkeit. Damit ist gemeint, dass bereits vorab eine Sortierung in zwei Geschlechter stattfindet, womit die Zweigeschlechtlichkeit in der Forschungspraxis hergestellt wird (vgl. Gildemeister/ Wetterer 1992). 1.2 Entstehung und Geschichte der Gender Media Studies Nach dieser knappen theoretischen Grundlegung der Geschlechterforschung wird nun das Feld der Gender Media Studies aufgespannt. Dabei dient die Darstellung der vier Theorietraditionen als Strukturierung (vgl. zur Systematisierung auch Klaus 2001b, Dorer/ Klaus 2008). Die kommunikations- und medienwissenschaftliche Geschlechterforschung wird somit als Teilbereich der Geschlechterforschung positioniert, die sozial- und kulturwissenschaftlich verortet an der Theorie- und Begriffsarbeit beteiligt sind. Zugleich - das wird in den folgenden Kapiteln deutlich - begreifen wir Gender Media Studies als integralen Bestandteil der Kommunikations- und der Medienwissenschaft. Zum Verständnis der gesellschaftlichen Bedeutung von Medien und öffentlicher Kommunikation ist die Untersuchung von Geschlechterverhältnissen unverzichtbar. Wird Geschlecht als kontingente, kulturelle Konstruktion sowie als soziale Struktur verstanden, so sind Medien und Öffentlichkeit ganz unmittelbar relevant dafür. Gesellschaftliche Diskurse, mediale Repräsentationen und Formierungen des Öffentlichen prägen nachhaltig die verfügbaren Vorstellungen und Konzepte von Geschlecht und sind zugleich von diesen strukturiert. So sind Medien Motor und Agent von Geschlechterstrukturen und -konstruktionen. Medien liefern uns Bilder und Erzählungen vom ›Mannsein‹ und ›Frausein‹. Sie üben uns ein in die basale Logik der Zweigeschlechtlichkeit, in der es stets Eindeutigkeit geben soll. Sie liefern damit jedoch nicht Referenzen der Außenwelt, sondern sie stellen diese selbst her. In der Zeichenhaftigkeit des Bildes und der Schrift konstruieren Medien die symbolische Ordnung der Geschlechter. Die Bedingungen, unter denen Medientexte entstehen, sind sozial strukturiert und damit geprägt von Geschlechterstrukturen und stellen diese Strukturen wiederum her. Damit sind Fragen nach der Geschlechterstruktur von Medienberufen, nach spezifischen Redaktionskulturen und sozialen Praktiken, nach Mustern der Hierarchisierung sowie nach Selektions- und Bewertungsmustern aufgeworfen. <?page no="26"?> Gender - Media - Studies 27 Relevant werden diese Dimensionen nicht allein innerhalb der Medienprofessionen, sondern zugleich in der Interaktion mit anderen gesellschaftlichen Feldern wie Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft. Und schließlich ist die Nutzung und Aneignung von Medienangeboten ein sozialer Prozess, dem Geschlechterverhältnisse implementiert sind. Das Ritual der morgendlichen Zeitungslektüre, das gemeinschaftliche Sehen einer Fußballübertragung, das Spielen in der virtuellen Gemeinschaft oder die in den Alltag eingebettete Nutzung von Onlinenachrichten - all diese Formen der Mediennutzung sind sozial gebundene Praktiken. Sie sind Ausdruck unseres Handelns als Jugendliche, als Vater, als Freund oder als kleine Schwester und sie prägen dieses Handeln wiederum. Im Medienhandeln werden wir mit Geschlechterbildern konfrontiert, empören uns darüber oder sind von ihnen gerührt. Und schließlich konfrontieren uns Medienangebote mit Relevanzstrukturen, sie stellen selbst Relevanz her. Medien produzieren und reproduzieren hegemoniale Bedeutung, indem sie uns sagen und zeigen, was wichtig ist. Aus der Politik in die Wissenschaft Frühe Impulse zur Forschung sind in Deutschland aus dem politischen Raum, aus Medieninstitutionen selbst sowie aus benachbarten Disziplinen gekommen. Im Auftrag des Familienministeriums entstand 1975 von Erich Küchenhoff und Team die erste systematische Studie zur quantitativen Unterrepräsentation und trivialisierenden Darstellung von Frauen im Fernsehen. Im WDR ermittelten Redakteurinnen im Auftrag des Intendanten 1982 den Frauenanteil in unterschiedlichen Arbeitsfeldern des Senders (vgl. Becher et-al. 1981). Christiane Schmerl analysierte als Psychologin das (hochgradig sexualisierte) Frauenbild in der Werbung (1980, 1992) und später auch in Tageszeitungen (1985). Erkenntnisleitend in diesen Studien war ein gesellschaftspolitisches Interesse an gleichwertiger Partizipation von Frauen im öffentlichen Raum. In der Tradition der Gleichheitsforschung wurden Dimensionen von Ungleichheit identifiziert und Strategien zu gleichwertiger Teilhabe entwickelt. Doch Untersuchungen inspiriert vom Konzept des Gleichheitsansatzes existieren bis heute - und scheinen aus medienpolitischer Perspektive auch bis heute ihre Berechtigung zu haben. So wird in einer weltweiten Stichtagsuntersuchung, dem Global Media Monitoring Project (GMMP), alle fünf Jahre der Anteil von Frauen in den aktuellen Nachrichten analysiert. Auf europäischer Ebene liegen damit seit 1995 Daten vor, die auf eine Unterrepräsentation von Frauen in den Topnachrichten mit nur leichtem Anstieg in den letzten 15 Jahren hinweisen. Im Jahr 1995 stellten Frauen 16-Prozent aller Nachrichtensubjekte. Fünf Jahre später war ihr Anteil um 5-Prozent gestiegen, bis 2010 hat sich der Anteil mit einer Steigerung auf 26-Prozent <?page no="27"?> Teil I: Theorien und Konzepte 28 gegenüber 74-Prozent männlicher Nachrichtensubjekte nur geringfügig verbessert (GMMP 2010a). Die Daten werden von Medienaktivistinnen erhoben und können - insbesondere wegen der Einzelstichtagsbasis - allenfalls als grobe Indikatoren für aktuelle Geschlechterverhältnisse in Nachrichtenmedien betrachtet werden. Medienpolitisch gelten die global vergleichend angelegten Befunde, die erstmals im Vorfeld der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking erhoben wurden, gleichwohl als bedeutsames Argument zur Entwicklung von Trainings- und Förderprogrammen insbesondere im afrikanischen und asiatischen Raum. Gleichheitsforschung in der Kommunikationswissenschaft: die Suche nach Formen der Ungleichheit Ab den 1980er-Jahren entwickelten sich in der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft zunehmend Forschungsansätze, die die Geschlechterverhältnisse in den Medien - in der Medienproduktion, in den Medientexten und in den Formen der Rezeption und Aneignung - untersuchten. Irene Neverla und Gerda Kanzleiter lieferten 1984 mit der Studie »Journalistinnen. Frauen in einem Männerberuf« eine Berufsfeld-Studie, die die Geschlechterstruktur im Journalismus aufzeigte. Neben der Identifikation von Ungleichheit bei vertikalen und horizontalen Strukturen im Berufsfeld Journalismus rückten dabei differenztheoretisch inspirierte Problemstellungen als »Balanceakt zwischen Angleichung und Abweichung« in den Vordergrund (Neverla 1986). Der ersten Studie folgten seitdem zahlreiche Arbeiten, die im Berufsfeld Journalismus sowie in den Public Relations die Geschlechterstrukturen analysierten (siehe weiterführend Kapitel 4). Diese Arbeiten sind nicht einheitlich einem theoretischen Konzept zuzuordnen. Während anfangs die quantitative Bestandsaufnahme im Mittelpunkt stand und Grundlage für Forderungen nach verstärkter Präsenz von Frauen in Redaktionen, PR-Agenturen und Leitungspositionen waren, wurden später zunehmend andere theoretische Perspektiven diskutiert. Differenztheorie in der Kommunikationswissenschaft: die Suche nach dem weiblichen Lebenszusammenhang Gefragt wird jetzt nicht mehr allein danach, ob und wann Frauen ausgeschlossen und ungleich behandelt werden. Ungleiches, differentes Handeln von Frauen wird vielmehr zum spezifischen aktiven Handlungspotenzial, das notwendige Voraussetzung für gesellschaftliche Wandlungsprozesse ist. So wird Ungleichheit nicht (nur) unfreiwillig erfahren, sondern (auch) bewusst und aktiv hergestellt. In dieser Forschungstradition entstehen weitere Arbeiten, die z. B. Formen des »weiblichen <?page no="28"?> Gender - Media - Studies 29 Schreibens« im Journalismus (Keil 1992) bzw. »den weiblichen Journalismus« untersuchen (Klaus 2005: 186-ff.). Doch später wird auch ein kritischer Umgang mit dieser differenztheoretischen Perspektive in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung artikuliert. Romy Fröhlich (2002) warnt in ihrer Analyse des Berufsfeldes PR vor der »Freundlichkeitsfalle« für Frauen und weist damit auf das kritische Potenzial geschlechtsgebundener Besonderung hin, das sich langfristig als Karrierehemmnis auswirken könne. Zugleich inspirierte der in der Soziologie identifizierte »weibliche Lebenszusammenhang« (Prokop 1976) die veränderte Analyseperspektive in der Medienforschung. So analysiert Röser (1992) Frauenzeitschriften und interessiert sich dabei für lebensweltliche Bezüge zwischen Medienangebot und Rezeptionsinteressen der Leserinnen. Der ›weibliche Lebenszusammenhang‹ werde damit zu einer ökonomisch relevanten Dimension bei der Produktion von Medienangeboten, die zugleich Werbebotschaften an ein weibliches Zielpublikum übermittelten. Zugleich aber wird dieser ›weibliche Lebenszusammenhang‹ zu einer Perspektive, mittels derer gesellschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse und Themen beleuchtet werden können. Hier wird eine Trennung zwischen Öffentlichem und Privatem verschoben. Lebensweltliche Erfahrungen von Frauen erhalten Relevanz und werden (medien)öffentlich z. B. in Frauenzeitschriften behandelt. Damit erscheinen diese Medienangebote nicht per se als emanzipatorisch. Aber die differenztheoretische Perspektive eröffnet hier Sichtweisen, die eine differenzierte Wahrnehmung der Gleichzeitigkeit von Ungleichheit und Emanzipation, von Marktförmigkeit und Widerständigkeit in Medientexten und Mediendiskursen ermöglicht. Differenztheoretisch sind ebenfalls jene kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten, die auf die Suche nach spezifisch ›weiblichen‹ Mediennutzungspräferenzen und -mustern gehen (vgl. Cornelißen 1994). Ausgehend von geschlechtsspezifisch strukturierten Biografien und Tagesabläufen werden Unterschiede in der zeitlichen und inhaltlichen Fernsehnutzung bei Männern und Frauen identifiziert. An diesen Daten ist deutlich erkennbar, dass Geschlechtsunterschiede sozial und kulturell basiert sind. Die sozial-kulturelle Spezifik häuslicher Familienverantwortung lässt die Mediennutzung von Hausfrauen ähnlich der von Arbeitslosen erscheinen. Nicht das Geschlecht, sondern ein Alltag mit kaum strukturierten, flexibel gestaltbaren Zeitbudgets erweist sich dann als Dimension der Differenz. Zugleich setzt eine intensive Diskussion um ›Frauen- und Männergenres‹ ein, um die Frage also, ob anhand des Geschlechts spezifische Medien- und Genrepräferenzen sowie unterschiedliche Nutzungsweisen beschrieben werden können. Jutta Röser und Elisabeth Klaus (1996) argumentieren, dass Frauen Angebote verstärkt nach der Trias von Interaktion-Beziehung-Gemeinschaft auswählten, Männer demgegenüber Aktion-Besonderung-Sieg präferierten. Frauen wendeten dem Medium Fernsehen seltener exklusiv ihre Aufmerksamkeit zu. Männer, so erörtert <?page no="29"?> Teil I: Theorien und Konzepte 30 Waltraud Cornelißen (2002), verschafften sich häufiger einen Überblick über das Programmangebot und entschieden primär über Programmauswahl und -wechsel. Dazu argumentierten bereits 1991 Ien Ang und Joke Hermes, dass die Suche nach männlichen oder weiblichen Genres, nach männlichem oder weiblichem Rezeptionsverhalten zu kurz greife. Rezeptionsverhalten und Genrestrukturen lassen sich nicht angemessen in der dualistischen Struktur der Geschlechterordnung verstehen (siehe weiterführend Kapitel 6). Interaktionistischer Konstruktivismus: auf den Spuren des Doing Gender An die Stelle einer Differenzperspektive auf ›typisch männliches‹ oder ›typisch weibliches Verhalten‹ bei der Mediennutzung rücken (de)konstruktive Perspektiven der Geschlechterforschung. Im Konzept des interaktionistischen Konstruktivismus richtet sich der Fokus der Analyse auf Prozesse des Doing Gender im Prozess der Medienrezeption. Wie wird ›Frausein‹ oder ›Mannsein‹ hergestellt im Prozess der Mediennutzung? Wie entstehen Geschlechterverhältnisse im Medienhandeln? Wenn diese Probleme formuliert werden, erscheint eine simple, dualistische Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Genres nicht länger haltbar. Eindrucksvoll hat das Ute Bechdolf (1999) als »Puzzling Gender« in ihrer Analyse von Musikvideos und deren Rezeption aufgezeigt. Im Aushandeln von Geschlechternormen und -praktiken, die in Musikvideos zitiert, imitiert oder irritiert werden, erproben junge Männer und Frauen Möglichkeiten eigener kultureller Praktiken. Formen des Ausbrechens aus einem Geschlechterdualismus treten bei der Auseinandersetzung mit Musikvideos im »Gender-B(l)ending« in Erscheinung. Hier entstehen Möglichkeiten für das Publikum, eigene Geschlechterskripte neu zu schreiben. Die Suche nach dem Doing Gender, den performativen Akten, die Geschlecht hervorbringen, hat vielfältige Arbeiten in der Kommunikations- und Medienwissenschaft inspiriert. Auf der Ebene der JournalistInnen hat Margreth Lünenborg (2008) nach Prozessen des Doing Gender im Redaktionsalltag sowie in der Konstituierung von Journalismus als Profession gefragt. Aktuell ist deutlich zu erkennen, wie ein Funktions- und Bedeutungswandel von Journalismus in der Gesellschaft mit Praktiken der Geschlechtszuschreibung einhergeht. Journalismus wird in den Augen und Worten seiner Kritiker ›weiblich‹ und verliert damit an Reputation. In den Medientextanalysen bereichert der interaktionistische Konstruktivismus insbesondere die Analyse vielfältiger Unterhaltungsformate. So hat die Soap Opera- Forschung deutlich gemacht, dass in der Nutzung von fiktionalen Serien Geschlechterarrangements und Geschlechteridentitäten relevant werden (vgl. als Übersicht Klaus 2005: 303-ff.). Die Struktur der Erzählung lädt einerseits zur Identifikation mit Protagonistinnen ein, zugleich ermöglicht sie Distanzierung und kritische Neu- <?page no="30"?> Gender - Media - Studies 31 verhandlung der filmisch dargestellten Geschlechterrollen. Es wird deutlich, dass nicht Genres an sich geschlechtsgebunden sind, sondern im Prozess der Rezeption und in Interaktion mit dem Medientext Geschlechterbilder hergestellt werden. Diese frühen Formen der Soap Opera-Forschung sind für neuere Medienformate vielfältig nutzbar gemacht worden. Insbesondere die Auseinandersetzung um das Reality-TV wurde davon inspiriert. So lässt sich einerseits analysieren, wie mit und durch Fernsehformate wie Reality-TV (z. B. »Germany’s next Topmodel«) Geschlecht performativ hergestellt wird. So wird als explizites Thema des Formats offenbar, dass Weiblichkeit keine ›natürliche Essenz‹ ist, sondern dass sich Formen von Weiblichkeit herstellen lassen - innerhalb des Formates anhand streng vorgegebener Erwartungen, die Arbeit am Körper und am Selbst als neoliberales Konzept erkennen lassen (vgl. Knüttel 2011, Thomas 2007). Andererseits zeigt sich in der Befragung von Rezipientinnen und Rezipienten, dass die medial angebotenen Weiblichkeitsformen kritisch betrachtet und dabei auch subversive Interpretationen und Aneignungsstrategien entwickelt werden. Diskurstheoretische Dekonstruktionen Arbeiten in der Perspektive der diskurstheoretischen Dekonstruktion sind in der Kommunikationswissenschaft rar. Da sich dieses Konzept nicht originär als empirisch bearbeitbar versteht, sind wesentliche Arbeiten nicht in Auseinandersetzung mit konkretem Medienmaterial entstanden. Beansprucht wird stattdessen eine analytisch-diskursive Dekonstruktion von Geschlechterbildern, -verhältnissen und -konzepten, die in der Medienkommunikation deutlich hervortreten. Besondere Relevanz hat dabei eine historische Analyse, die die zeit- und kulturgebundenen Prozesse des Entstehens und Werdens von Geschlechterdiskursen in, durch und mit Medien nachzeichnet. Analysen in dieser theoretischen Konzeption werden vorwiegend in der Medienkulturforschung bzw. der sich kulturwissenschaftlich verstehenden Medienwissenschaft entwickelt. Beispielhaft sei dafür Anne-Janine Müllers Arbeit zur »Pornographie im Diskurs der Wissenschaft« (2010a) genannt. Als Form der Medien-Kulturforschung sind unter dem Titel »Dekonstruktion und Evidenz« (Thomas/ Stehling 2011) studentische Projektarbeiten veröffentlicht, die sich der kritischen Dekonstruktion von Geschlechterbildern widmen. Deutlich ist an dieser Zusammenstellung, dass mit der Dekonstruktion von Geschlecht auch andere hierarchische Konstrukte in die Kritik geraten: nationale Identitäten, ›Weißsein‹ (whiteness) oder Alter werden hier ebenfalls im Hinblick auf die ihnen innewohnenden Machtverhältnisse analysiert. <?page no="31"?> Teil I: Theorien und Konzepte 32 Nina Degele (2008) bietet mit »Gender/ Queer Studies: Eine Einführung« einen klar strukturierten Überblick über die soziologische Geschlechterforschung. Zusätzlich sei das Lehrbuch »Soziologische Geschlechterforschung. Eine Einführung« von Brigitte Aulenbacher, Michael Meuser und Birgit Riegraf (2010) empfohlen. Paula-Irene Villa (2012) erleichtert mit »Judith Butler« den Einstieg in die theoretischen Grundlagen dekonstruktiver Geschlechterforschung. Die aktualisierte Neuauflage des Standardwerks »Kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung. Zur Bedeutung der Frauen in den Massenmedien und im Journalismus« von Elisabeth Klaus (2005) dokumentiert umfassend und materialreich die bisherigen Ergebnisse der Gender Media Studies im deutschsprachigen und internationalen Kontext.  Literaturempfehlungen <?page no="32"?> 33 2 Geschlechter - Medien - Kulturen In den Gender Media Studies spielen Kulturtheorien eine wichtige Rolle. Diese Feststellung wird spätestens nach der Lektüre des vorausgegangenen Kapitels kaum noch verwundern, ist doch die kulturelle Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit ein zentrales Axiom der zeitgenössischen Geschlechtertheorie. Allerdings begreifen Gender Media Studies nicht nur Geschlecht als eine kulturelle Konstruktion, sondern sie zeichnen sich auch durch einen kulturorientierten Zugang zu Medien aus. Doch was ist damit genau gemeint? Was bedeutet es für die Forschung, wenn nicht nur Geschlecht, sondern auch Medien in ihrer kulturellen Gebundenheit untersucht werden? Bevor darauf eingegangen wird, welche theoretischen Beiträge Kulturtheorien für die Gender Media Studies erbringen, muss zunächst der Kulturbegriff und der Medienbegriff genauer betrachtet werden. Wozu braucht man bei der Beschäftigung mit Medien einen Kulturbegriff? Was macht einen kulturorientierten Zugang zu Medien aus? Antworten auf diese Fragen fallen allerdings schwer, weil die Debatten um die Begriffe ›Kultur‹ und ›Medien‹ mittlerweile vielfältig und komplex geworden sind. Abhängig sind die Kultur- und Medienbegriffe von den disziplinären Traditionen und dem jeweiligen Erkenntnisinteresse. Im Folgenden wird gezeigt, welche Beobachtungen und Erkenntnisse ein kulturorientierter Zugang zu ›Geschlecht und Medien‹ ermöglicht. Hierfür wird der Ansatz der Cultural Studies als der in der kommunikationswissenschaftlichen Geschlechterforschung dominierende Zugang zur Analyse von Medienkulturen vorgestellt. Im zweiten Teil des Kapitels werden wichtige theoretische Debatten der Gender Media Studies skizziert, die sich im Spannungsfeld dieses kultur- und gesellschaftsorientierten Ansatzes bewegen. Somit wird auch aufgezeigt, welche Beiträge die Geschlechterforschung für das Verständnis von Medienkulturen liefern (können). 2.1 Cultural Studies: Arbeitsweisen und -felder Die Cultural Studies, die sich in den 1960er-Jahren am »Centre for Contemporary Cultural Studies« (CCCS) in Birmingham zu formieren begannen, stellen in der sozialwissenschaftlichen Kommunikationswissenschaft einen wichtigen Bezugspunkt für die Medienkulturforschung dar. Cultural Studies sind keine einheitliche Kul- <?page no="33"?> Teil I: Theorien und Konzepte 34 turtheorie und es handelt sich auch um keine wissenschaftliche Disziplin, daher sind sie nicht mit Kulturwissenschaften gleichzusetzen, wie sie an deutschen Hochschulen etabliert sind. Vielmehr handelt es sich um einen Ansatz, der in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen - wie Soziologie, Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft - aufgegriffen wird. Cultural Studies zeichnen sich durch eine explizit macht- und gesellschaftskritische Perspektive und spezifische Arbeitsweisen aus (vgl. Grossberg 1999, Hepp 1999: 16-ff.). Kennzeichnend sind ihr radikaler Kontextualismus, womit eine antiessenzialistische Herangehensweise an Kultur gemeint ist, die davon ausgeht, dass kulturelle Texte und Handlungen nicht außerhalb ihres kontextuellen Zusammenhangs zu verstehen sind. Da die soziale Realität nicht einfach empirisch zugänglich ist, bedarf es in der Tradition der Cultural Studies immer auch einer theoriegeleiteten Bündelung von Medien und Kultur. Zudem charakterisieren Cultural Studies ein interventionistisches Verständnis, welches darauf abzielt, Wissen zu produzieren, das in politischen und gesellschaftlichen Kontexten nutzbar gemacht werden kann. Kennzeichnend sind außerdem ihre inter- und transdisziplinäre Perspektive sowie ihre Selbstreflexivität. Doch was wird in den Cultural Studies unter dem Begriff Kultur verstanden? Anfänglich waren insbesondere zwei Verständnisse einflussreich (vgl. dazu Hall 1999b: 123-ff.): Die Rede ist einerseits von einem kulturalistisch orientierten Zugang, der die kulturellen Praktiken und Handlungsmöglichkeiten von Individuen und Gruppen innerhalb spezifischer sozialer Kontexte untersucht. Damit geht es vor allem darum, den Alltag und das Leben ›der Leute‹ und ihre konfliktären Beziehungen zueinander zu erforschen. Kultur wird damit als Gesamtheit von Lebensweisen, als soziale Praxis aufgefasst und untersucht. Demgegenüber beschreibt andererseits ein strukturalistisch orientierter Zugang Kultur als Bedeutungssystem, welches bestimmte Artefakte, Organisationsstrukturen etc. umfasst. Autoren wie Stuart Hall oder Richard Johnson haben die Notwendigkeit einer Synthese der beiden Kulturdefinitionen betont (vgl. ebd., Johnson 1999). Entsprechend begreifen aktuelle Konzeptionen Kultur im Spannungsfeld von Text (Kunstwerke, Bücher, Computerspiele, Comics etc.) und Handlung (Rituale, Routinen, Interaktionen etc.). So sehen Tanja Thomas und Friedrich Krotz »Kultur als prozesshaftes Geschehen, das sowohl eine Symbolals auch Handlungsdimension umfasst. Im Blick zu behalten ist dann […] nicht nur die Analyse der Prozesse der Einbindung in hegemoniale Kulturen, sondern auch die aktive Auseinandersetzung mit kulturellen Formen, die Prozesse des Machens, Aushandelns, Fabrizierens, Inszenierens, in denen Kultur in der Gegenwart geschaffen wird. Dies verlangt insbesondere auch ein prozesshaft ausgelegtes Begriffsverständnis von Medienkultur« (Thomas/ Krotz 2008: 27). Dabei wird Kultur als historisch, gesellschaftlich und politisch spezifisch gesehen und letztlich als ein umkämpftes Feld beschrieben. Kulturelle Praxen sind in diesem Denken untrennbare Aspekte von Gesellschaft, sie stehen immer im Zusammenhang mit politischer, <?page no="34"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 35 ökonomischer und gesellschaftlicher Macht. Richard Johnson benennt drei zentrale Ansprüche der Cultural Studies, die deutlich auf diesen Zusammenhang von Kultur, Gesellschaft und Macht verwiesen. »Die erste [Prämisse] besagt, dass kulturelle Prozesse eng mit gesellschaftlichen Verhältnissen zusammenhängen. Dazu zählen vor allem Klassenverhältnisse und -formationen, geschlechtsspezifisch und ethnisch bestimmte Strukturen sowie bestimmte Altersgruppen, die in Formen der Abhängigkeit und Unterdrückung leben. Die zweite besagt, dass Kultur Machtstrukturen einschließt und im Hinblick auf die Fähigkeiten von Individuen und gesellschaftlichen Gruppen, ihre Bedürfnisse zu definieren und zu verwirklichen, zur Produktion asymmetrischer Verhältnisse beiträgt. Aus diesen beiden Prämissen ergibt sich die dritte, die besagt, dass Kultur kein autonomes, aber auch kein von außen determiniertes Feld, sondern ein Bereich gesellschaftlicher Kämpfe und Differenzen ist« (Johnson 1999: 141-f.). In den Cultural Studies hat die Auseinandersetzung mit Medien eine lange Tradition, da Kulturen vor allem als medial vermittelt begriffen werden. Medien werden - im Gegensatz zu Kulturen - oft als feste Größen, als fraglos gegebene institutionalisierte, technische Apparate angesehen, ohne dass ihr prozesshafter Charakter reflektiert würde. Für die Cultural Media Studies geht es nicht so sehr um die Beschreibung oder Definition dessen, wie ein Medium beschaffen ist, sondern es wird vor allem als Kommunikationsmittel relevant. Entscheidend ist dabei, dass Medienkulturen immer im Zusammenhang mit politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Macht analysiert werden. Macht wird dabei verstanden als »ungleiches Verhältnis von Kräften im Interesse bestimmter Fraktionen der Bevölkerung« (Grossberg 1999: 48). So wird z. B. davon ausgegangen, dass Medien als bedeutungsvolle Vermittler von gesellschaftlich dominanten Ideologien und kulturellen Bedeutungen aufgefasst werden müssen, die zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen vermitteln (z.-B. Hall 1989). Sie liefern das Material, mittels dessen Geschlechteridentitäten hergestellt werden (vgl. Dorer 2002b) und verfolgen ökonomische Interessen, die sich in den einzelnen Sendungen, aber auch in der Struktur des Mediums auswirken (vgl. z.-B. Williams 1975). Auf der Ebene der Medienkultur finden Auseinandersetzungen statt, in der sich Diskurse der Gegenkultur wie auch Mainstream-Diskurse artikulieren. Medienkultur kann demnach nicht einfach als ein Herrschaftsinstrument beschrieben werden. »Thus, I see media culture as a contested terrain reproducing on the cultural level the fundamental conflicts within society rather than as an instrument of domination« (Kellner 1995: 101-f.). Aus diesem Grund beschäftigen sich die Cultural Media Studies immer auch mit den utopischen, emanzipatorischen und subversiven Momenten der Medienkultur. Dabei gewinnen Formen der Populärkultur besondere Aufmerksamkeit. Letztlich betreiben Cultural Studies also keine Medienanalyse im engeren Sinne, sondern sie analysieren und theoretisieren Macht in ihrer re- <?page no="35"?> Teil I: Theorien und Konzepte 36 pressiven und produktiven Form aus einer kulturorientierten Perspektive anhand von medialen Objekten und Phänomenen (vgl. Marchart 2008: 251). Medienkommunikation als Prozess und Kreislauf Das encoding/ decoding-Modell, welches in den 1970er-Jahren entwickelt wurde, gilt als wichtiger theoretischer Ausgangspunkt für das Verständnis von Medienkommunikation, wie es die Cultural Studies vertreten. Stuart Hall (1999a) wendet sich damit gegen lineare Modelle, welche Kommunikation nur als Informationstransport einer Botschaft von einem Sender an einen passiven Empfänger verstünden. Halls grundlegende These ist: Von der Art und Weise, wie Medienschaffende ein Medienprodukt codieren (encoding), könne noch nicht einfach darauf geschlossen werden, wie es von den Rezipierenden decodiert wird (decoding). Von strukturalistischen und semiotischen Überlegungen ausgehend zeigt Hall, dass mediale Zeichen über keine feststehenden Bedeutungen verfügten und daher von den Rezipierenden unterschiedlich interpretiert werden könnten. Um dies zu verdeutlichen, unterscheidet er in Anlehnung an den Semiotiker Roland Barthes zwischen den denotativen und den konnotativen Potenzialen eines Zeichens. Die konnotative Ebene sei der entscheidende »Punkt, an dem sich bereits codierte Zeichen mit den tiefen semantischen Kodes einer Kultur kreuzen und zusätzliche, aktivere ideologische Dimensionen annehmen« (ebd.: 102). Und weiter: »Die sogenannte denotative Ebene des televisuellen Zeichens wird von bestimmten, äußerst komplexen (jedoch eingeschränkten oder ›geschlossenen‹) Kodes fixiert. Seine konnotative Ebene hingegen, obwohl auch begrenzt, ist offeneren, aktiveren Umwandlungsprozessen unterworfen, die seine polysemen Werte ausschöpfen. Jedes dieser bereits so konstituierten Zeichen lässt sich potentiell in mehr als eine konnotative Konfiguration transformieren« (ebd.: 103). Das heißt, Zeichen sind polysem, also mehrdeutig, was wiederum verschiedene interpretative Strategien der Rezipierenden ermöglicht. Mit seinem Modell hat Hall betont, dass Medientexte zwar immer versuchten, dominante Bedeutungen zu platzieren, sonst wäre keine Kommunikation möglich. Diese Bedeutungen seien aber nicht determiniert und sie würden den Rezipierenden auch nicht ›aufgezwungen‹. Da es für Hall (ebd.: 106) »keine zwangsläufige Korrespondenz zwischen Kodieren und Dekodieren gibt«, identifiziert er drei hypothetische Lesepositionen (oder Decodierungs-Positionen): Die dominante Lesart (preferred readings) ist dann gegeben, wenn die Rezipierenden die dominanten Bedeutungen des Textes übernehmen. Die ausgehandelte Lesart (negotiated readings) ist eine widersprüchliche Position, sie ist eine Mischung aus dominanten und oppositionellen Elementen. Mit der oppositionellen Lesart (oppositional readings) erkennen die Rezipierenden die dominanten Bedeutungen als ideologisch, folgen diesen nicht und entwickeln ei- <?page no="36"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 37 genständige, widerständige Lesarten (vgl. ebd.: 107-ff.). Doch wovon hängt es ab, ob das decoding dem encoding folgt, ob Aushandlungsprozesse stattfinden oder der Medientext ›gegen den Strich‹ gelesen wird? Nach Hall ist es der Klassenantagonismus der britischen Gesellschaft, der die unterschiedlichen Lesarten der Rezipierenden hervorbringe. Damit wendet sich Hall gegen ein gängiges Kommunikationsverständnis (wie es etwa der Uses-and-Gratifications-Ansatz vertritt), welches sich nur auf individuelle Gratifikationen eines isolierten Individuums konzentriert. Kritisiert worden ist das encoding/ decoding-Modell in mehrfacher Hinsicht. Aus Sicht der Geschlechterforschung wird insbesondere die starre Einteilung in drei Lesarten und die einseitige Beschränkung auf Probleme der ›Klassenzugehörigkeit‹ für die Bedeutungsproduktion der Rezipierenden problematisiert. So hat die geschlechterorientierte Rezeptionsforschung gezeigt, dass Geschlecht bei der Bedeutungsproduktion eine wichtige Rolle zukommt und vielfältige Lesarten möglich sind. Wie werden Medienkulturen aus der Perspektive von Cultural Studies untersucht? In Anlehnung an gängige Kommunikationsmodelle der Cultural Studies, die Medien in einem Kreislauf der Kultur untersuchen (vgl. du Gay et-al. 1997, Grossberg 1999), lassen sich folgende Arbeitsfelder beschreiben: • Produktion: Auf der Ebene der Produktion wird nach den ökonomischen und strukturellen Produktionsbedingungen gefragt, unter denen Medien hergestellt und verbreitet werden. Zudem werden die Produzierenden in ihrer kulturellen Verfasstheit analysiert, das Interesse ist auf eine lebensweltlichen Perspektive, auf ihre alltäglichen Arbeitsroutinen und hierarchischen Positionierungen gerichtet. Produktionsstudien, die dem Ansatz der Cultural Studies folgen, sind dünn gesät. Hinsichtlich der Analyse der Geschlechterverhältnisse ist zu untersuchen, wie dem sozialen Handeln geschlechtsgebundene Praktiken eingeschrieben sind bzw. wie diese durch das Handeln (wieder)hergestellt werden. • Repräsentation: Auf der Ebene der Repräsentation sind medial konstruierte Normen, Diskurse, Werte etc. interessant, welche sich in Medientexten artikulieren. Hier geht es um die Konstruktion von Bedeutungen durch Medientexte sowie deren politische Effekte, welche mittels semiotischer und diskurstheoretischer Verfahren untersucht werden. Zentral ist zu verstehen, wie Repräsentationen von Geschlecht und Sexualität in Medientexten encodiert sind. Das Augenmerk liegt dabei sowohl auf normierende Repräsentationen als auch auf solche medialen Bilder und Geschichten, welche das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit dekonstruieren. • Medienhandeln: Die Publikumsforschung richtet das Erkenntnisinteresse auf die Art und Weise, wie Menschen Medien konsumieren, decodieren und in ihr Leben integrieren. Aus Sicht der Geschlechterforschung wird untersucht, wie das Medienhandeln mit Geschlechteridentitäten verbunden ist bzw. Geschlechteridentitäten und -körper überhaupt erst hervorbringen. <?page no="37"?> Teil I: Theorien und Konzepte 38 • Regulierung: Diese Ebene bezieht sich auf den rechtlichen, ethischen und politischen Rahmen, welcher vorgibt, wie Medien hergestellt, verbreitet und gebraucht werden dürfen. Hierzu zählen Gesetze (wie etwa Urheber- und Persönlichkeitsrechte, Pressefreiheit etc.), die freiwillige Selbstkontrolle (etwa Pressekodex, Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle etc.) oder politische Diskurse (etwa öffentliche Diskussionen über die Regulierung von Pornografie im Internet). Geschlechterorientierte Analysen auf der Ebene der Regulierung sind selten. Hier besteht aktueller Forschungsbedarf. Einige zentrale Theoriedebatten im Bereich dieser Arbeitsfelder werden in den folgenden Unterkapiteln vorgestellt. Arbeitsfelder Einer gängigen Einteilung folgend, lassen sich für die Gender Media Studies vier Felder unterscheiden: • Produktion, • Repräsentation bzw. Medientexte, • Medienhandeln bzw. Publikumsforschung, • Regulation. Anhand eines Beispiels - dem Männer-Fitness-Magazin »Men’s Fitness« - soll demonstriert werden, welche konkreten Fragen sich in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Gender Media Studies ergeben können. Mögliche Fragen sind: • Produktion: In welchen ökonomischen Strukturen und unter welchen Arbeitsbedingungen wird das Magazin hergestellt (Hierarchie, Einkommen etc.)? Wer produziert das Magazin? Wie beeinflussen technische Rahmenbedingungen die Produktion (Layout, Bildproduktion)? Wie kommt es dazu, dass auf der Titelseite immer wieder vergeschlechtlichte und heteronormative Bilder von Männern zu sehen sind? Wie beeinflusst die kulturelle Verfasstheit der Produzierenden, z. B. ihre geschlechtliche Verortung, die Produktion? • Repräsentation: Welche Bedeutungen von Männlichkeit werden in dem Magazin repräsentiert? Werden nur hegemoniale männliche Körper und Identitäten in dem Magazin inszeniert? Gibt es in dem Magazin auch Bilder und <?page no="38"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 39 Geschichten, die das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit verschieben oder infrage stellen? Welche alternativen Darstellungen von Männlichkeit werden durch die dominanten Konstruktionen abgewertet? Wie werden Frauen im Verhältnis zu Männern dargestellt? • Medienhandeln: Wer liest das Magazin, an welchen Orten und aus welchen Gründen? Wie integrieren Menschen das Magazin in ihr Leben? Wie werden durch die Nutzung und Aneignung des Magazins geschlechtliche Identitäten und Körper hergestellt? Welchen konkreten Stellenwert hat die Aufforderung, am eigenen Körper zu arbeiten, für die Rezipierenden (Frauen, Männer, Transsexuelle etc.)? Trägt das Magazin zur Stabilisierung (oder zur Irritation) von Geschlechteridentitäten der Rezipierenden bei? Welchen Zusammenhang gibt es zwischen einer geschlechtlichen Verortung und dem Medienhandeln? • Regulation: Wer darf auf der Titelseite des Magazins gezeigt werden (Persönlichkeitsrechte)? Welche Jugendschutzbestimmungen müssen bei der Darstellung nackter Körper eingehalten werden? Wo verläuft die Grenze zwischen sexualisierender und pornografischer Darstellung? Wie wirkt sich Konkurrenz im Segment der Männerzeitschriften auf publizistische oder geschlechtliche Vielfalt aus? Inwiefern können politische Diskurse und Entscheidungen die Darstellungen beeinflussen? Gibt es unterschiedliche Regulierungen oder rechtliche Vorgaben zur Darstellung unterschiedlicher geschlechtlicher Verortungen? <?page no="39"?> Teil I: Theorien und Konzepte 40 2.2 Cultural Gender Studies: Identitäten, Körper und Repräsentationen Der Begriff Repräsentation ist ein zentraler Begriff in textorientierten Medienanalysen, da er einen wichtigen Teil des Prozesses darstellt, mittels dessen Mitglieder einer Kultur kommunizieren. Repräsentation ist nicht einfach eine Abbildung oder Darstellung einer gegebenen Wirklichkeit, vielmehr bezeichnet der Begriff eine soziale Praxis: Es ist der Prozess, mit dem Menschen eine Sprache benutzen, um Bedeutungen zu produzieren, es ist die Produktion von bedeutsamen Vorstellungen in unserem Geist mittels Sprache (vgl. Hall 1997: 17-ff.). Der Begriff der Repräsentation beinhaltet eine materielle und eine mentale Dimension. Die materielle Dimension umfasst Sprache, welche aus Zeichen besteht und als Träger von Bedeutungen funktioniert. Sprache meint aber nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch Bilder, Filme, Fernsehsendungen, Videospiele, Bücher, E-Mails etc. Solche Zeichen können für Objekte und Sachverhalte in der ›sozialen Welt‹ stehen (etwa eine Fotografie von Angela Merkel) oder abstrakter Natur sein (z. B. Spiderman). Wir nutzen Zeichen, organisiert in verschiedenen Sprachen, um mit anderen sinnvoll zu kommunizieren. Die mentale Dimension meint die Konzepte, welche durch Sprache hervorgebracht werden. Die Repräsentation stellt die Verbindung zwischen mentalen Konzepten und der Sprache dar. Um es zu verdeutlichen: Die Buchstaben MANN auf einer weißen Plakatwand (Sprache) lassen in den Köpfen der Menschen, welche die Plakatwand sehen, ein bestimmtes Bild, eine Vorstellung entstehen (mentale Repräsentation). In der Auseinandersetzung mit Medien existieren verschiedene Repräsentationstheorien (vgl. Hall 1997: 24-ff.): • Die intentionale Repräsentationstheorie geht davon aus, dass Repräsentationen nur das ausdrücken, was ein Autor (Journalist, Regisseurin etc.) damit sagen will. Die Repräsentation wird in dieser Theorie auf die Intention eines Individuums reduziert und davon ausgegangen, dass die individuelle Verwendung von Sprache Bedeutungen herstellt. Jedoch können die subjektiven Intentionen einer Person nicht die alleinige Quelle der Bedeutungsproduktion sein. Denn was uns z. B. eine Regisseurin mit einem Film vermitteln will, muss so nicht beim Publikum bzw. bei einer einzelnen Person ankommen. • Die abbildende Repräsentationstheorie geht davon aus, dass Medien die Wirklichkeit abbilden. Sprache erscheint hier als Spiegel, Repräsentation meint, so verstanden, Abbildung oder Spiegelung einer vorgängigen Wirklichkeit. In diesem Denken besteht eine direkte Beziehung zwischen den Zeichen und den Dingen, die sie bezeichnen. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Objekt als Zeichen nicht mit dem Bezeichneten gleichgesetzt werden kann (das Bild von Angela Merkel in einer Tageszeitung ist nicht Angela Merkel). <?page no="40"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 41 • Der konstruktivistischen Repräsentationstheorie kommt in aktuellen kulturorientierten Ansätzen die größte Bedeutung zu. Sie geht davon aus, dass Medien selbst eine soziale Praxis sind, wobei das, was durch sie gesagt und gezeigt wird, die Welt nicht einfach widerspiegeln oder reflektieren kann. Ein konstruktivistisches Repräsentationsverständnis geht davon aus, dass Medienrepräsentationen etwas Abwesendes vorstellen und zugleich eine Vorstellung produzieren, indem etwas gezeigt wird, was nicht direkt gesehen werden kann (vgl. Wenk 1996: 62). Mit Repräsentation ist somit nicht einfach eine Stellvertretung oder das simple Spiegeln, Darstellen oder Verzerren von Sachverhalten gemeint: »In representation, constructionists argue, we use signs, organized into languages of different kinds, to communicate meaningfully with others […] There is no simple relationship of reflection, imitation or one-to-one correspondence between language and the real world. The world is not accurately or otherwise reflected in the mirror of language. Language does not work like a mirror. Meaning is produced within language, in and through various representational systems which, for convenience, we call ›languages‹. Meaning is produced by the practice, the ›work‹ of representation. It is constructed through signifying - i.-e. meaning-producing - practices« (Hall 1997: 28). Der konstruktivistischen Repräsentationstheorie folgend, bedeutet dies auf den Zusammenhang von Medien, Geschlecht und Repräsentation übertragen: Mediale Geschlechterrepräsentationen bilden keine Wirklichkeit ab (wie Frauen und Männer in ›der Realität‹ sind). Vielmehr referieren die medialen Geschlechterrepräsentationen auf Wirklichkeit, sie formen dass, was soziokulturell als Weiblichkeit und Männlichkeit gilt, womit sie diese Vorstellungen (re)produzieren (vgl. Bronfen 1995: 409, Wenk 1996: 62, Engel 2002: 16). Wenn mediale Repräsentationen daran beteiligt sind, das zu formen und zu strukturieren, was wir als ›die Wirklichkeit‹ verstehen, dann betrifft dies auch die Wahrnehmung und Deutung von Geschlecht. Solchen medialen Geschlechterrepräsentationen wird in Analysen medialer Texte (etwa der Untersuchung von homosexuellen Figuren in einem Film oder einer Fernsehserie) nachgegangen. Der Begriff Text bzw. Medientext wendet sich gegen die Vorstellung eines in sich abgeschlossenen Werkes. In einer semiotischen Perspektive sind Medientexte als ein Zeichengewebe aufzufassen, das unabgeschlossen, prozesshaft und nach allen Seiten geöffnet ist. Die Bezeichnung macht deutlich, dass ein Medientext immer in Beziehung zu anderen Texten steht (Intertextualität). Ein Medientext hat nicht einfach einen einzigen Autor, vielmehr sind verschiedene Akteure an seiner Realisation beteiligt (auf der Seite der Produzierenden, der Rezipierenden etc.). Die Medientexte, mit denen sich die Gender Media Studies beschäftigen, umfassen unterschiedliche kulturelle Objekte wie Filme, Computerspiele, Bilder, Schrifttexte, Fernsehserien, Presseerzeugnisse etc. <?page no="41"?> Teil I: Theorien und Konzepte 42 Im Gegensatz zu rein textorientierten Untersuchungen konzeptualisieren kulturorientierte Zugänge die Polysemie von medialen Texten. Das heißt, es wird nicht davon ausgegangen, dass sich Vorstellungen der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit fest in einen einzigen medialen Text eingeschrieben haben (als manifester Inhalt), sondern dass in und durch mediale Repräsentationen Geschlecht und Sexualität diskursiv verhandelt werden. Das Vergnügen der Lektüre populärkultureller Texte entwickelt sich in genau diesen Aushandlungsprozessen. Es findet ein ›Kampf um Bedeutungen‹ statt, in dem es darum geht, welche Bedeutungen über Geschlecht und Sexualität sich durchsetzen können und wer die Macht hat, diese Bedeutungen zu platzieren. Auf der Ebene von konkreten Medientextanalysen bedeutet dies, dass z. B. nach den Widersprüchen und Lücken in medialen Texten gesucht wird. Außerdem werden Medienrepräsentationen nicht isoliert betrachtet und ausschließlich in ihrer geschlechtlichen und heteronormativen Struktur analysiert. Anstelle einer reinen Konzentration auf den Medientext werden mediale Geschlechterrepräsentationen in Zusammenhang mit anderen kulturellen und gesellschaftlichen Diskursen analysiert. Beispielhaft werden in der Forschung intertextuelle Bezüge untersucht (Parodien, Zitate etc.), ein Medientext (wie die »Men’s Fitness«) in den Zusammenhang mit anderen Medientexten gestellt (wie z. B. der ›Qualitätsjournalismus‹ darüber berichtet) oder analysiert, wie mediale Geschlechterrepräsentationen ein Teil von anderen öffentlichen Diskursen sind. In den Gender Media Studies sind insbesondere zwei theoretische und methodische Bezüge für die Analyse von Medienrepräsentationen relevant: Semiotik und Diskurstheorie. Hierbei handelt es sich nicht um vollständig voneinander unabhängige Verfahren, vielmehr werden diese in zahlreichen Studien in theoretischer und methodischer Hinsicht miteinander kombiniert (vgl. auch Hall 1997: 30-ff.). Semiotische Ansätze beschäftigen sich mit der Art und Weise, wie mediale Repräsentationen Bedeutungen produzieren, sie zielen auf die Ästhetik der Repräsentation (ebd.). Die Semiotik ist die Wissenschaft von den Zeichen und den Zeichensystemen. Wichtige theoretische Bezugspunkte für Medienanalysen stellen die Arbeiten von Ferdinand de Saussure und Roland Barthes dar. Eine semiotische Medienanalyse fragt weniger danach, was ›die Bedeutung‹ eines Medientextes ist, als vielmehr danach, wie Bedeutungen mittels medialer Repräsentationen hergestellt werden (vgl. Seiter 1992: 31). Es wird davon ausgegangen, »dass alles, was im Bild zu sehen ist und wie es zu sehen ist, für die Bedeutungsbildung relevant ist« (Mikos 2008: 191). Somit wird in einer Geschlechterperspektive nicht einfach der Inhalt eines Medientextes auf seine Geschlechterkonstruktionen hin untersucht, sondern es wird davon ausgegangen, dass alle medialen Elemente geschlechtlich codiert sein können: Ton, Musik und Sprache auf der auditiven Ebene; Erzählung, Dramaturgie und Figuren auf der narrativen Ebene; Kamera, Ausstattung, Bildraum und Licht auf der visuellen Ebe- <?page no="42"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 43 ne; außerdem Montage und Schnitt sowie das Genre. Die Analyse verdeutlicht, wie durch die verschiedenen Mittel Geschlechterrepräsentationen hergestellt werden. Diskurstheoretische Ansätze, denen in den Gender Media Studies aktuell besondere Relevanz zukommt, betonen, welche politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen die Medienrepräsentationen haben. Sie zielen auf die Politik der Repräsentation und können daher auch als Strukturmuster gesellschaftlicher Ordnung verstanden werden (vgl. Hall 1997: 30-ff.). Der Begriff Diskurs wird sehr unterschiedlich verwendet, so z. B. im philosophisch-normativen Sinne bei Jürgen Habermas (1990) oder als sozialwissenschaftliche Methode bei Reiner Keller (2007). Bei der Anwendung in den Gender Media Studies spielen die Arbeiten des französischen Philosophen Michel Foucault eine herausgehobene Rolle. Foucault versteht Diskurse als institutionalisierte, bestimmten Regeln unterworfene Redeweisen, welche eine soziale Praxis prägen und damit Machtwirkungen ausüben. So schreibt Foucault (2001: 11): »Der Diskurs - dies lehrt uns immer wieder die Geschichte - ist auch nicht bloß das, was die Kämpfe oder die Systeme der Beherrschung in Sprache übersetzt: Es ist dasjenige, worum und womit man kämpft; er ist die Macht, deren man sich zu bemächtigen sucht.« Eingedenk Foucaults historischer Dimension begreift Siegfried Jäger (2006: 84) Diskurse in einer etwas greifbareren Definition als »Fluss von Wissen bzw. Wissensvorräten durch die Zeit«. Im Mittelpunkt von diskursanalytischen Medienanalysen stehen entsprechend solche Untersuchungen, welche die Produktion und Produktionsbedingungen spezifischer Diskurse analysieren, und dies umfasst sowohl visuelle als auch sprachliche Texte (vgl. Rose 2007: 146). So kann Aufschluss darüber erlangt werden, wie Bilder, Begriffe und ganze Aussagesysteme spezifische Sichtweisen auf die soziale Welt generieren. Auf der Metaebene geht es hierbei schließlich um die Frage, welches Wissen (über Geschlecht, Sexualität, Körper etc.) durch Diskurse zur Repräsentation gelangt und so möglicherweise zur Wahrheit gerinnt, und welches eben auch nicht. Im Konkreten werden die diskursiven Strategien untersucht, welche die heteronormative Zweigeschlechtlichkeit herstellen, reproduzieren oder auch dekonstruieren. Dabei geht es weniger darum, wie die Aussagen jeweils zustande kommen, als vielmehr, welche Aussagen getroffen werden und welche nicht, wer diese Aussagen trifft und wer nicht - und welche Machtverhältnisse sich hierdurch herausbilden (vgl. Fiske 1996: 3). Einen weiteren Bezugspunkt stellt das Konzept der Performativität von Geschlecht dar, das insbesondere mit der Philosophin Judith Butler verbunden ist (siehe auch Kapitel-1). Butler bezieht sich dabei auf die Sprechakttheorie John Austins und die Dekonstruktion von Jacques Derrida. Während in der Forschung die Begriffe Performanz und Performativität oft synonym gebraucht werden, weist Butler (1995) aber gerade darauf hin, dass Performanz (performance) und Performativität (performitivity) nicht gleichzusetzen sind. Performanz definiert sie als »darstellerische Realisierung« (ebd.: 133) und damit bewusste Aufführung bzw. Inszenierung <?page no="43"?> Teil I: Theorien und Konzepte 44 von Geschlecht. Performativität ist die alltägliche, zitierende und normierende »Ausführung« (ebd.) von Geschlecht, die auf der Wiederholung von Normen beruht. Jede Aufführung von Geschlecht ist nach Butler auch eine Wiederholung, eine Ausführung von bereits bestehenden Geschlechternormen. Diese performative Wiederholung von Normen - und damit eben auch der Geschlechternormen - ist das, was ein Subjekt ermöglicht. Die Geschlechterperformativität ist somit nichts, was ein Subjekt tut, sondern ein Prozess, der das Subjekt konstituiert (vgl. Jagose 2001: 113). Geschlechtsidentität ist somit ein Effekt von performativen Praktiken. Wenn in der Presseberichterstattung eine Person als Mann oder Frau bezeichnet wird, dann referiert sie damit nicht auf ein vorgängiges Subjekt, sondern die geschlechtlichen Bezeichnungen (verstanden als performative Akte) bringen Männer und Frauen überhaupt erst hervor. Solche performativen Praktiken sind nicht voluntaristisch-beliebig, sondern »eine ritualisierte Produktion, ein Ritual, das unter Zwang und durch Zwang wiederholt wird, unter der Macht und durch die Macht des Verbots und des Tabus, bei Androhung der Ächtung oder gar des Todes« (ebd.). Das heißt, Abweichungen von der Geschlechternorm - etwa eine Frau, die sich einen Bart stehen lässt - werden geächtet und bestraft. So sind etwa lesbische, schwule, transgender, bi- und intersexuelle, crossdressende Menschen aufgrund ihrer nicht normativen Körper und Subjektivitäten alltäglich Angriffen ausgesetzt, die von struktureller Gewalt (wie beruflichen Einschränkungen, Drohungen etc.) bis hin zu physischer Gewaltanwendung reichen. Der performative Akt und die Annahme von Geschlecht sind somit nicht wählbar. Wir sind gehalten, die geschlechtlichen Normen zu zitieren, um als lebensfähige Subjekte anerkannt zu werden (ebd.: 306). Geschlechterperformativität Nach Butler (1995) das ritualisierte Wiederholen und Re-Inszenieren von Geschlechternormen, das unter Zwang erfolgt und Identitäten konstituiert. In den beständigen Wiederholungen sind Verschiebungen, Veränderungen und Parodien möglich. Die Gender Media Studies diskutieren nachhaltig, wie Geschlecht in und durch Medien performativ hergestellt wird. Ein besonderer Schwerpunkt richtet sich dabei auf solche performativen Praktiken, die ihren Ausdruck nicht nur im Modus der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit finden. <?page no="44"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 45 Der Zusammenhang von Repräsentation und Geschlechteridentitäten Warum ist es aus einer kulturorientierten Perspektive von Bedeutung, sich mit medialen Repräsentationen zu beschäftigen? Kurz gesagt, haften mediale Geschlechterrepräsentationen den Rezipierenden nicht einfach äußerlich an, sondern sie sind als Bestandteil der Subjektkonstitution zu begreifen. Der Zusammenhang von medialer Repräsentation und Identitäten wird damit verdeutlicht. Doch was ist eigentlich Identität? Wie entsteht das, was als Identität bezeichnet wird, und welche Rolle kommt dabei ›den Medien‹ zu? Identität bezeichnet ganz allgemein das Selbst-Bewusstsein, sie gibt uns eine Antwort auf die Frage: Wer bist Du? Geschlecht ist eine der großen sozialen Differenzkategorien, welche die Identität stabilisieren: Nur wenn man sein Geschlecht kennt, kennt man auch seinen Platz in der Welt (vgl. Hall 1999c: 87-f.). Entsprechend wird in den Gender Media Studies der Begriff der Geschlechteridentitäten relevant, verstanden als Vorstellung von uns selbst als geschlechtlichen Wesen (vgl. Ernst 2002: 34). Damit ist angesprochen, ob sich jemand als Frau, als Mann, als zwischen den Geschlechtern stehend, als Drittes Geschlecht, als Transgender, als Intersexuell etc. versteht. Grundsätzlich lassen sich zwei Perspektiven auf Geschlechtsidentität ausmachen: In einer essenzialistischen Sicht wird ein wesenhafter Kern der Geschlechtsidentität als unveränderlich angenommen, eine antiessenzialistische Perspektive sieht Geschlechtsidentität als eine Konstruktion, einen niemals abgeschlossenen Prozess steter Aushandlung. Die grundlegenden Veränderungen in der Art und Weise, wie das Subjekt und seine Identität in der Moderne gedacht wird, hat Hall (1994) vereinfachend anhand von drei Konzepten der Subjektkonstitution erläutert. Der Subjektbegriff wird in Abgrenzung zu individualistischen Begriffen wie Individuum oder Persönlichkeit gebraucht, um zu verdeutlichen, dass das Subjekt bestimmten Verhältnissen unterworfen und unter bestimmten Umständen entstanden ist (vgl. Becker-Schmidt/ Knapp 2000: 127- f.). Das »Subjekt der Aufklärung« (ebd.: 181) beruht auf der Philosophie René Descartes’. Das cartesianische Subjekt geht von einem vollkommen zentrierten und vereinheitlichten Individuum aus, das mit den Vermögen der Vernunft, des Bewusstseins und der Handlungsfähigkeit ausgestattet ist (ebd.: 181, 189). In diesem Denken hat das Subjekt einen inneren Kern, welcher mit der Geburt entsteht und sich entfaltet, aber im Wesentlichen während des ganzen Lebens derselbe bleibt. Diese Einheit des Subjekts begründet seine Identität. Diese Konzeption des Subjekts wird nicht in den Gender Media Studies vertreten, sie ist aber nach wie vor im Alltagsdenken und in Mediendiskursen präsent. Eine soziologische Bestimmung verortet das Individuum in Gruppenprozessen und sozialen Normen. Das Subjekt wird hier nicht mehr als souverän und autonom gedacht, sondern es konstituiert sich in Beziehung zum Anderen (ebd.: 182). <?page no="45"?> Teil I: Theorien und Konzepte 46 Nach dieser Konzeption bildet sich die (Geschlechts)Identität in Interaktion zwischen dem Ich und der Gesellschaft (ebd.: 182, 191-f.). In dieser Sichtweise hat das Subjekt zwar noch immer einen inneren Kern, dieser wird aber in Interaktion mit anderen Menschen bzw. mit sozialen Gruppen gebildet, modifiziert und verändert (ebd.). Eine solche Bestimmung des Subjekts unterliegt einigen Studien im Feld der Gender Media Studies, wenn etwa davon ausgegangen wird, dass die Rezipierenden Männer und Frauen sind, welche aber im Medienhandeln ihre Identitäten verändern und modifizieren. Das »postmoderne Subjekt«, wie Hall es nennt, wird nicht als ein einheitliches Gebilde konzipiert, sondern zerstreut gedacht (ebd.: 182, 193- ff.). Entsprechend werden Identitäten als fragmentiert angesehen. Eine solche Konzeption des Subjekts, die auf unterschiedliche marxistische, psychoanalytische, strukturalistische, diskursanalytische und feministische Theorien zurückgeht, liegt der interaktionistischen Geschlechtertheorie und der diskurstheoretischen Dekonstruktion zugrunde. Identität ist in diesem Denken widersprüchlich und vielfältig, sie wird von geschlechtlichen, sexuellen, ethnischen, sozialen und altersbedingten Differenzachsen mitgeprägt, weshalb auch von verschiedenen Identitäten des Subjekts gesprochen wird. Diese Identitäten sind dem Subjekt nicht von Natur aus gegeben, sondern es wird davon ausgegangen, dass Identität auf den Anderen angewiesen ist. Es wird aber kein wesenhafter Kern angenommen, der sich verändert - wie dies im soziologischen Subjektverständnis der Fall ist -, sondern »Geschichte verändert die Vorstellung, die wir von uns haben« (Hall 1999c: 93). Somit sind Identitäten kulturell und historisch definiert. Ein weiterer Unterschied zu einer soziologischen Bestimmung besteht darin, dass Identitäten sich, diesem Denken folgend, nicht nur im Verhältnis zum Anderen verändern, sie entstehen überhaupt erst durch Spaltung: »Nur wenn es einen anderen gibt, kannst Du wissen, wer du bist« (ebd.). Daher spricht Judith Butler auch davon, dass Identitäten auf der Verwerfung dessen beruhen, was man nicht ist, um zu sein, wer man ist. Eine Frau ist Nicht-Mann, ein Mann ist Nicht-Frau (vgl. Villa 2012: 48). Hinsichtlich des Zusammenhangs von Repräsentation und Geschlechteridentitäten bedeutet das: Identitäten werden mittels (medialer) Repräsentationen gebildet und in Auseinandersetzung mit diesen ein Leben lang verändert (ebd.: 200, Hall 1994: 200). Medienrepräsentationen liefern Identitätsentwürfe, Körperbilder und Subjektpositionen, in denen sich die Menschen gerne selbst sehen würden (vgl. Hipfl 1999: 151), oder wie sie nicht gesehen werden möchten. Die Rezipierenden übernehmen die medialen Repräsentationen nicht im einfachen Sinne eines Stimulus-Response-Modells. Medienrepräsentationen liefern ihrem Publikum »wichtige Bausteine« (Dorer 2002b: 74) bzw. »mögliche Basismaterialien« (ebd.: 73) für die Konstruktion von Identitäten. Hierbei darf nicht vernachlässigt werden, dass sich Identitätskonstruktionen nicht nur auf kognitive Prozesse wie Gedanken, Einstellungen oder Vorstellun- <?page no="46"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 47 gen beziehen. Die Antwort auf die Identitätsfrage ›Wer bin ich? ‹ sucht das Subjekt auch über die körperliche Erscheinung bzw. die Arbeit am eigenen Körper (vgl. Villa 2007: 11-ff.). Ein naheliegendes Beispiel hierfür liefert die Werbung: Sie will dem Publikum oftmals etwas verkaufen, womit die Menschen ihre Körper verändern können (durch Kosmetik, Sport, Ernährung, medizinische Produkte etc.) und die Werbung verspricht nicht nur einen vermeintlich schöneren Körper, sondern auch mehr Selbstvertrauen, mehr Erfolg und vielleicht sogar ein neues Ich. Wenn sich eine Frau in Auseinandersetzung mit Werbeanzeigen Stöckelschuhe, Röcke und Schmuck kauft und trägt, wird sie zu einem weiblichen Objekt, woraufhin die Person, die sich so kleidet, zu einer Frau gemacht wird (vgl. Villa 2000: 76). Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe wird somit auch über den Körper hergestellt. Die Rolle der Medien ist dabei nicht nur darin zu sehen, dass diese die Körperarbeit initiieren, sondern dass sich das Selbst in Auseinandersetzung mit medialen Repräsentationen konstituiert. Damit rückt der Körper in den Mittelpunkt der Forschung. Die mediale Konstruktion von Identitäten und Körper gilt es - Foucault und Butler folgend - in einem konstitutiven Verhältnis zueinander zu denken. Solche Aspekte werden vor allem im Rahmen der Publikumsforschung diskutiert, die sich mit den Medienhandlungen der Menschen beschäftigt. Die Publikumsforschung der Cultural Gender Studies Die Publikumsforschung der Cultural Studies beschäftigt sich mit dem alltäglichen Mediengebrauch und dem Medienhandeln der Rezipierenden. Untersucht wird unter anderem, wie Medien konsumiert werden, wie sie von einem spezifischen Publikum in den Alltag integriert und dabei interpretiert werden. Hier finden die individuell erfahrenen Rezeptionskulturen besondere Berücksichtigung, welche immer gesellschaftlich gebunden sind. Solche Medienhandlungen sind auch mit der Konstruktion von Identitäten und Körpern verbunden. Ein kulturorientierter Zugang zu den Medienpraxen des Publikums - wie es insbesondere in der Publikumsforschung der Cultural Studies entworfen wurde - interessiert sich nicht nur für Selektionsentscheidungen und Nutzungsmotive von Männern und Frauen, wie diese etwa im Rahmen des kommunikationswissenschaftlichen Uses-and-Gratifications- Ansatzes erhoben werden. Vielmehr geht es darum, das Medienhandeln der Rezipierenden in soziokulturellen Kontexten zu verstehen. Untersucht wird die Art und Weise, wie Medien genutzt und konsumiert werden, wie sie von ›den Leuten‹ in den Alltag integriert und dabei interpretiert werden. Hier geht es also um die Bedeutungskonstruktionen aus der Sicht der Rezipierenden, wie sie von diesen selbst gemacht werden (und wie sie sich über ihre eigenen Aussagen in Interviews etc. er- <?page no="47"?> Teil I: Theorien und Konzepte 48 forschen lassen). Zugleich geraten die aktiven kulturellen Praxen der Rezipierenden - etwa die Mediennutzung im eigenen Zuhause oder Public Viewing in der Kneipe - in den Mittelpunkt des Interesses (wie sie sich etwa durch teilnehmende Beobachtungen erforschen lassen). Im Zusammenhang mit dem Feminismus als wichtiger theoretischer und politischer Intervention in das Projekt der Cultural Studies kann die anfänglich intensive Beschäftigung mit sogenannten ›weiblichen Textsorten‹ (wie Soap Opera, Melodrama oder Groschenroman) gesehen werden. Ging es dabei doch auch darum, oftmals abgewertete Genres wissenschaftlich wahrzunehmen, welche offensichtlich vielen Frauen Vergnügen bereiten. Die Studien von Dorothy Hobson (1982), Janice Radway (1984), Ien Ang (1985) und Mary Ellen Brown (1994) gehören zu den zentralen Studien der empirischen Publikumsforschung. Diese und weitere Arbeiten haben vor allem die Einbindung von Medien in den Alltag von Frauen erforscht, verschiedene ›weibliche‹ Lesarten und Interpretationen herausgearbeitet und das Vergnügen von Frauen an den als trivial eingestuften Medienprodukten theoretisiert (für einen Überblick vgl. Klaus 2005). Damit haben die Studien einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer Rezeptionstheorie in den Cultural Studies geleistet (vgl. Gray 2001). Einen bedeutenden Anteil haben hieran auch die im angloamerikanischen Raum entstandenen Studien zum Medienhandeln von Women of Color (vgl. etwa Bobo 1988, Lee/ Cho 1990, Brown/ Schulze 1990). So zeigen z. B. die Studien von Bobo zur Filmrezeption und Brown/ Schulze zur Interpretation von Madonna-Videos, dass ›schwarze Frauen‹ diese Medienangebote vor dem Hintergrund spezifischer gesellschaftlicher und kultureller Erfahrungen bewerten und interpretieren. Die Studien haben dafür sensibilisiert, dass es bei der Medienaneignung keine einheitlichen Erfahrungen und Positionen von ›den Frauen‹ gibt. Nicht ›die Frauen‹ konstituieren demnach spezifische Bedeutungen und Lesarten, vielmehr sind diese medialen Prozesse mit weiteren Mustern von Differenz und Ungleichheit verbunden - etwa Klasse, Ethnizität, sexuelle Orientierung oder Alter. Entsprechend werden in der Forschung zum Medienhandeln von Frauen und Männern die Interdependenzen zwischen verschiedenen Kategorien der Ungleichheit stärker betont. Aufgrund der Auseinandersetzung mit poststrukturalistischen, postmodernen und dekonstruktiven Theorien wird die Konzeption eines weiblichen Publikums, welches einem männlichen Publikum konträr gegenübersteht, weiter problematisiert. Ist der Alltag von Frauen und Männern wirklich so grundverschieden, wie es einige Studien nahelegen? Finden sich in den spezifischen Lesarten und dem Medienhandeln von Frauen und Männern nur Unterschiede und keine Gemeinsamkeiten? Das Erkenntnisinteresse richtet sich auf die Bedeutungs- und Wirklichkeitskonstruktionen der Rezipierenden und damit verbunden die Konstruktion von Geschlechteridentitäten. Es wird die Rolle von Medien in Identitätsbildungsprozes- <?page no="48"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 49 sen in empirischen Studien untersucht und mit Bezug auf sozialkonstruktivistische Positionen das Medienhandeln im Alltag als Doing Gender empirisch erforscht und theoretisiert. Damit wird nicht nach Unterschieden im Medienhandeln von Frauen und Männern gesucht oder von einem geschlechtsgebundenen Medienhandeln der Rezipierenden ausgegangen, sondern die spezifischen Konstruktionsmechanismen von Geschlechter(identitäten) beim alltäglichen Medienhandeln analysiert. Theoretische Anknüpfungspunkte für die Rezeptions- und Aneignungsforschung bieten auch die Postcolonial Studies. Aus dieser Perspektive werden nationale und kollektive Identitätsbildungen hinsichtlich des Medienhandelns untersucht. Postkoloniale Theorien problematisieren dabei die eurozentrische und universalisierende Konzeptualisierung eines Publikumsbegriffs, der lediglich auf das Medienhandeln von Publika in westlichen Kontexten gerichtet ist (z.-B. Parameswaran 1999). So wird weder das Medienhandeln von lateinamerikanischen, asiatischen oder afrikanischen Publika berücksichtigt noch lässt sich die Rolle von Medien in der östlichen Hemisphäre erklären. Einen wichtigen theoretischen Beitrag zu einer antiessenzialistischen Rezeptionsforschung stellt die erstmals 1991 veröffentlichte Arbeit von Ien Ang und Joke Hermes dar (vgl. Ang/ Hermes 1994). Sie präsentieren darin ein Modell, mittels dessen sich die Identitätskonstruktionen der Rezipierenden theoretisch fassen und empirisch erforschen lassen. Die Autorinnen knüpfen an eine Konzeption von Geschlecht von Teresa de Lauretis (1996) an. Diese hat Geschlecht als Effekt und Produkt verschiedener sozialer Technologien beschrieben. »Die Konstruktion des Geschlechts ist Produkt und Prozess von Repräsentation und Selbstrepräsentation« (ebd.: 68). Repräsentationen übernehmen nach de Lauretis die Rolle einer ›Technologie des Geschlechts‹. Die Hervorbringung von Geschlecht findet dabei in einem wechselseitigen Prozess statt, in dem sich soziokulturelle Repräsentationen auf die Subjektivität der Individuen auswirken und umgekehrt die Selbstrepräsentationen einen Einfluss auf soziokulturelle Konstruktionen haben. Geschlechterrepräsentation kann in dieser Definition sowohl die Repräsentation von Geschlecht in und durch Medien bezeichnen als auch die Selbstdarstellung von Personen als männlich oder weiblich (vgl. Seier/ Warth 2005: 99). Daran anknüpfend stellen Ang und Hermes heraus, dass Menschen nicht als Frauen und Männer bestimmte Medien rezipieren. Vielmehr ist die Medienrezeption als ein Zusammenspiel aus verschiedenen Prozessen zu begreifen: Geschlechterdefinitionen, Geschlechterpositionierungen und Geschlechteridentifikationen (vgl. Ang/ Hermes 1994: 122-f.): Geschlechterdefinitionen werden in gesellschaftlichen Diskursen und Praktiken hergestellt. Dabei produzieren unterschiedliche Diskurse auch unterschiedliche Definitionen von dem, was unter Geschlecht zu verstehen ist: der katholische Diskurs bringt die Frau als Jungfrau, Mutter oder Hure hervor, der feministische Diskurs sieht sie als unterdrücktes Wesen etc. Manche Diskurse haben dabei mehr Macht als andere, ihre De- <?page no="49"?> Teil I: Theorien und Konzepte 50 finitionen von Geschlecht durchzusetzen. Mit Geschlechterpositionierungen ist die Ebene der medialen Texte angesprochen. Es sind die diskursiv produzierten medialen Geschlechterrepräsentationen, oder genauer gesagt, die textuell konstruierten geschlechtlichen Subjektpositionen. Diese Positionen müssen von den Rezipierenden aber nicht zwangsläufig eingenommen werden. Die Geschlechteridentifikationen sind dann die von den Rezipierenden in der Medienrezeption tatsächlich eingenommenen Positionierungen. Welche Geschlechteridentifikationen eingenommen werden, hängt davon ab, mit welchen Geschlechterdefinitionen sich die Rezipierenden identifizieren und welche Geschlechterpositionierungen der mediale Text anbietet. Medienrezeption ist diesem Modell folgend als spezifische Verknüpfung von gesellschaftlich zur Verfügung stehenden Geschlechterdiskursen, medial konstruierten Geschlechterpositionierungen und den Geschlechteridentifikationen zu verstehen (für eine kritische Diskussion des Modells: Dorer 2002b: 69-ff.). Wenn Medien und Medienhandeln in spezifischen Kontexten untersucht werden, bedarf dies auch spezifischer Methoden. Bei den empirischen Untersuchungen des Medienhandelns der Rezipierenden bedient sich die Publikumsforschung der Cultural Gender Studies vornehmlich qualitativer bzw. nicht standardisierter Methoden. Diese sind an kulturwissenschaftlichen Vorgehensweisen orientiert. Zu den gängigsten zählen Fokusgruppengespräche, Interviews, Medientagebücher oder teilnehmende Beobachtungen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass nicht auch standardisierte Verfahren zum Einsatz kommen können. So wird z. B. die Nutzung von Medien über standardisierte Fragebögen abgefragt, um die Nutzungsdimensionen zu dokumentieren (vgl. z.-B. Röser/ Peil 2010, Müller 2010b). Solche standardisierten Methoden werden in der Forschungspraxis aber im Sinne einer Methodentriangulation in Kombination mit qualitativen und ethnografischen Verfahren kombiniert. In diesem Zusammenhang ist oft von ethnografischen Methoden die Rede. In den Cultural Studies wird der Begriff Ethnografie oft gleichbedeutend mit qualitativer Forschung verwendet. Im engeren Sinne ist ethnografische Forschung aber nicht qualitative Forschung. Die Ethnografie ist ein aus der Ethnologie und der Kulturanthropologie stammender Forschungsansatz. Das spezifische methodische Vorgehen hat der Ethnologe Clifford Geertz als ein »Hereinstolpern« in die jeweilige Kultur beschrieben: »Wir reden mit dem Bauern auf dem Reisfeld oder mit der Frau auf dem Markt, weitgehend ohne strukturierten Fragenkatalog und nach einer Methode, bei der eins zum anderen und alles zu allem führt; wir tun dies in der Sprache der Einheimischen, über eine längere Zeitspanne hinweg, und beobachten dabei fortwährend aus nächster Nähe ihr Verhalten« (Geertz 1985: 38). Wenn eine Medienwissenschaftlerin z. B. Interviews mit Fernsehzuschauenden in ihrer häuslichen Umgebung durchführt, handelt es sich um eine qualitative, aber noch keine ethnografische Untersuchung. Ethnografische Forschung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine kulturelle Gruppe über einen längeren Zeitraum in ih- <?page no="50"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 51 rer eigenen Lebenswelt begleitet und beobachtet. Die Forschenden nehmen also in der Feldforschung am Leben und an den kulturellen Praxen der untersuchten Personen teil (vgl. Friebertshäuser 1997: 504-ff.). Zentrale Methode ist dabei die teilnehmende Beobachtung. Diese wird oft mit anderen Methoden wie Befragungen, Interviews etc. kombiniert. 2.3 Feministische Filmtheorie Im Zusammenhang mit der Publikumsseite muss auch auf die feministische Filmtheorie eingegangen werden, hat sich diese doch bereits früh um eine Theoretisierung des Publikums bemüht, wenn auch in anderer Perspektive (vgl. Hipfl 2002: insb. 195): Die Cultural Studies untersuchen, wie gezeigt, empirisch und ethnografisch die Interpretationen und Lesarten der Menschen, die sich Medien zuwenden. Sie gehen davon aus, dass die Bedeutungen durch die Rezipierenden bestimmt sind. Die feministische Filmtheorie analysiert die Medientexte hinsichtlich der Art und Weise, wie diese die Zuschauenden im Kino positionieren. Hier geht es nicht um die tatsächlich Zuschauenden im Kinosaal, sondern es wird davon ausgegangen, dass die Bedeutungen von den Medientexten bestimmt werden. In ihren Anfängen war die feministische Filmtheorie vor allem mit dem klassischen Hollywood-Kino beschäftigt. Heute ist sie, was ihren Gegenstand betrifft, breiter angelegt: Spiel-, Dokumentar-, Experimental-, Independent- und Werbefilme sowie deren spezifische Abspielorte wie Kino, Fernsehen oder Internet geraten in den Blick. Ein zentrales Forschungsgebiet bezieht sich auf die Theoretisierung des Verhältnisses von Film und Publikum. Vornehmlich bilden Psychoanalyse, Semiotik und Feminismus den theoretischen Rahmen, um der Frage nach der Positionierung der Zuschauenden im Kino und ihren kinematografischen Schaulüsten nachzugehen. Grundlegend ist die Annahme, dass die Filmsprache, die Blickkonstruktionen im Kino und die Identifikationen des Publikums als geschlechtliche Kategorien theoretisiert werden müssen. Ein Grundlagentext der feministischen Filmtheorie ist der Aufsatz »Visual Pleasure and Narrative Cinema« von Laura Mulvey, der erstmals 1975 in der Zeitschrift »Screen« veröffentlicht wurde. Mulvey interessiert sich weniger für die Inhalte des klassischen Hollywood-Films, als vielmehr für die Filmsprache und die Beziehung zwischen Film und den Zuschauenden im Kino. Unter Bezugnahme auf die Psychoanalyse Sigmund Freuds beschreibt die Autorin das Sehen bzw. den Blick im Film und im Kino als eine kulturelle Praxis, die geschlechtlich codiert ist. Wie Mulvey ausführt, gibt es im Kino drei Blickachsen: a) den Blick der Figuren, die im Film auftreten, b) den Blickwinkel der Kamera auf die Figuren und das Geschehen und c) die Blickachse der Zuschauenden im Kino auf die Fi- <?page no="51"?> Teil I: Theorien und Konzepte 52 guren und das Geschehen, welche wiederum durch die Kamera gelenkt wird. Diese drei Blickachsen beschreibt Mulvey als männlich codiert. Die Kamera stelle die Körper der weiblichen Figuren explizit zur Schau, die weiblichen Figuren seien das erotische Objekt für die Blicke der männlichen Figuren im Film und für den Betrachter im Kinosaal. Daher seien weibliche Figuren im klassischen Hollywood-Kino nur »(passives) Material für den (aktiven) Blick des Mannes« (Mulvey 1980: 44). Die männlichen Figuren im Hollywood-Kino, die als Stellvertreter für den männlichen Zuschauer auf der Leinwand agieren, seien hingegen nicht als Sexualobjekt konstruiert. Die männlichen Figuren seien der aktive Träger des Blicks und sie trieben die Narration des Films voran. Passives Angeschautwerden und Ausgestelltwerden ist demnach eine feminisierte Position, während die männlichen Figuren die aktiven Träger des Blicks und der Handlung sind. Durch die narzisstische Identifizierung mit dem idealisierten Protagonisten schaffe es der (männliche) Zuschauer, dessen Blick (bzw. den Blick der Kamera) für seinen eigenen zu halten und die als Sexualobjekt repräsentierte Frau als Objekt seiner Schaulust zu betrachten. Die männliche Figur biete dem Zuschauer also die Möglichkeit, dessen Blick zu übernehmen, die verschiedenen Blickachsen werden vereint, woraus eine Art Omnipotenzgefühl entstehe (vgl. Mulvey 1980: 38). Nach wie vor stellt Mulveys Beitrag einen wichtigen Bezugspunkt der Forschung dar, auch wenn er nicht ohne Kritik blieb. Problematisiert wurde unter anderem die dualistische Konzeption der Schaulust als aktiv/ männlich und passiv/ weiblich und die Ausblendung weiblicher Subjektivität im Kino. Da Mulveys Modell nicht explizit die Zuschauerin bei der Filmrezeption im Kino thematisiert, hat z. B. Mary Ann Doane (1985) die vernachlässigte Position der Zuschauerin untersucht und eine Theorie der Zuschauerin entwickelt. Andere Autorinnen haben unter Bezug auf die Cultural Studies, welche die Filmrezeption als aktiven und auch widerständigen Prozess der Bedeutungsproduktion konzeptualisieren, die Möglichkeiten eines oppositionellen Blicks im Kino thematisiert und die Nichtberücksichtigung schwarzer Zuschauerinnen kritisiert (z.-B. hooks 1994). Die Nichtthematisierung des ›schwarzen Blicks‹ verweist auf die notwenige Problematisierung der Kategorie ›Frau‹, da diese in der frühen feministischen Filmtheorie vorrangig als ›weiße Frau‹ gedacht wurde. In der Folge werden Konzeptualisierungen des Zuschauens entworfen, die eine Offenheit und Flexibilität von kinematografischen Schaulüsten bzw. Möglichkeiten von multiplen filmischen Blick- und Identifikationspositionen herausarbeiten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang z. B. Fantasietheorien, die von ›flexiblen‹ Identifikationen ausgehen: So kann sich etwa ein Mann auch mit einer weiblichen oder einer transsexuellen Figur identifizieren; es besteht zudem die Möglichkeit, sich auch mit der Geschichte (bzw. dem Fantasieszenario) eines Films zu identifizieren und nicht nur mit den Figuren (vgl. Hipfl 1999, de Lauretis 1997). Dabei <?page no="52"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 53 ist Fantasie nicht rein illusorisch zu verstehen, sondern sie vermittelt zwischen dem Sozialen und dem Individuellen und ist ein wichtiger Teil der Subjektkonstitution. Auch in der Queer Film Theory werden mit Bezug auf dekonstruktive Geschlechtertheorien Konzepte entwickelt, die binäre Strukturen überwinden: bezogen auf die Geschlechterkonzeption (es gibt nur Frauen und Männer im Kino), die Blickorganisation (aktiv/ männlich und passiv/ weiblich) und die Identifikationsprozesse (Frauen identifizieren sich mit weiblichen Figuren, Männer identifizieren sich mit männlichen Figuren). Diskutiert wird z. B. ein ›transgender gaze‹, der nicht auf Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität beruht (vgl. Halberstam 2001). 2.4 Gendered Technologies: Geschlechteridentitäten im Netz Bis hierhin wurden Medientexte und Geschlecht daraufhin betrachtet, wie sie sich gegenseitig hervorbringen. Medientexte zeigen, repräsentieren, artikulieren oder konstruieren Geschlechter. Zugleich schaffen Geschlechterverhältnisse und Geschlechteridentitäten mediale Artikulationen, sie gestalten Genrekonventionen, prägen Narrationen und machen manches zeigbar, während anderes unzeigbar bleibt. Doch nicht allein zwischen den symbolischen Formen des Medientextes und dem Geschlecht besteht ein Verhältnis wechselseitiger Hervorbringung. Auch die Medientechnologien, die materiellen Strukturen für die symbolischen Formen, stehen in einem wechselseitig konstitutiven Verhältnis zum Geschlecht. Judy Wajcman (2004: 7) formuliert es so: »Technology is both a source and a consequence of gender relations.« Dieser Zusammenhang wird in den Gender Media Studies unter dem Begriff »Gendered Technologies« diskutiert (vgl. als Überblick Klaus 1997, Klaus 2005: 67-ff.). Damit werden Fragen formuliert, die das Verhältnis von Medientechnologie und Geschlechteridentitäten auf allen Arbeitsfeldern der Gender Media Studies berühren: In welcher Weise sind netzbasierter Onlinekommunikation Geschlechterverhältnisse eingeschrieben? Wie interagieren virtuelle Kommunikationsformen mit sozialen Geschlechterverhältnissen? Lassen sich in virtuellen Räumen Geschlechterbilder und -identitäten jenseits der Zweigeschlechtlichkeit artikulieren? Eröffnet das Netz Optionen, um Geschlechterzuschreibungen zu entrinnen? Die Diskurse um Cyborgs und Cyberfeminismus behandeln genau diese Fragen. Donna Haraways (1995) »Manifest für Cyborgs« gehört zu den Grundlagentexten der Gender Media Studies im Feld der Netzkommunikation. Haraway entwirft in ihrem Beitrag, der erstmals 1995 veröffentlicht wurde, eine Cyborg-Utopie als Reformulierung eines sozialistischen Feminismus, der auf die Problematisierung der Kategorie ›Frau‹ reagieren kann. »Cyborgs sind kybernetische Organismen, Hybride aus Maschine und Organismus, ebenso Geschöpfe der gesellschaftlichen Wirk- <?page no="53"?> Teil I: Theorien und Konzepte 54 lichkeit wie der Fiktion« (ebd.: 33). Die Existenz der Cyborgs befördert die Überschreitung dreier Grenzziehungen: die Grenze zwischen Tier und Mensch, zwischen Tier-Mensch (Organismus) und Maschine sowie in der Konsequenz die zwischen Physikalischem und Nichtphysikalischem. Die Autorin verdeutlicht mit Bezug auf zeitgenössische Science-Fiction-Literatur, moderne Medizin oder auch neue Formen der Arbeitsorganisation, dass Cyborgs allgegenwärtig zu beobachtende Phänomene sind, weil fortlaufend Grenzziehungen fragil und tradierte Dualismen obsolet werden. Ein wichtiger Aspekt der Cyborgs ist, dass diese ›post-gender‹ Wesen sind, die keine Ursprungsgeschichte besitzen. Haraway verdeutlicht, dass es in ihrer Konzeption gerade nicht darum gehe, die Kritik am bedrohlichen Herrschaftscharakter der Technik zu reproduzieren und neue technologische Entwicklungen zu dämonisieren, sondern in den neuen Kommunikations- und Biotechnologien auch die befreienden Potenziale zu theoretisieren, durch die Körper auf neue Weise hergestellt werden. Mit der Figur des Cyborg kann der Fokus auf das Partielle, Unabgeschlossene gelegt werden, und es eröffnet die Möglichkeit, das Verhältnis von Kultur und Natur neu zu denken. Marie-Luise Angerer (1997, 2000) hat in der deutschsprachigen Forschung diesen Ansatz weiterentwickelt und befasst sich in besonderer Weise mit der Verschränkung von Körper/ Körperlichkeit und Technologien, die sie als »Technologien des Geschlechts« (ebd.) auffasst. Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive lassen sich mit Bezug auf das Verhältnis von Geschlechteridentitäten und digitaler Netzkommunikation drei Zugänge unterscheiden, die Niels van Doorn, Liesbet van Zoonen und Sally Wyatt (2007) als Repräsentation, Konstruktion und wechselseitige Gestaltung (i.-O. ›mutual shaping‹) bezeichnen. Als Repräsentation versteht jene Forschung Onlineidentität, die als ›Abbild‹ der Identität in der ›realen‹ Welt offline geschaffen wird. Zugrunde liegt hier das Konzept einer geschlossenen, eindeutig identifizierbaren (Geschlechter)Identität in der Offlinewelt, für die im Netz ein Äquivalent geschaffen wird. Als Konstruktion erkennt jene Forschung Netzidentitäten, deren Interesse auf das Verhältnis von Online- und Offlineidentitäten gerichtet ist. Auch hier wird - essenzialisierend - von einer eindeutigen körperlichen Identität in der Realwelt ausgegangen. Die Identität im Netz kann jedoch von dieser realweltlichen Identität abweichen. Formen des Geschlechterwechsels (›gender swapping‹) werden dann zum Forschungsgegenstand. Differenztheoretisch basiert rückt damit der Prozess der Schaffung einer virtuellen Geschlechtsidentität von (realweltlichen) Männern und Frauen in den Vordergrund. Die amerikanische Psychologin und Soziologin Sherry Turkle gehört zu den prominentesten Vertreterinnen dieses Forschungszugangs, ihre Arbeiten werden noch detaillierter vorgestellt. Als Formen der wechselseitigen Gestaltung schließlich begreifen TheoretikerInnen, die an Donna Haraway anknüpfen, den Zusammenhang zwischen Identitäten <?page no="54"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 55 in der Online- und Offlinewelt. »Just as gender produces and is produced by culture, so technologies reflect, structure and produce gender relations« (Terry/ Calvert, zit.-n. van Doorn/ van Zoonen/ Wyatt 2007: 146). Geschlecht erscheint hier in einem konstruktivistischen Verständnis als Resultat von Technik/ Technologie und zugleich als prägende Struktur für die Entwicklung und Ausgestaltung von Technologie. Während in theoretischen und diskursanalytischen Arbeiten dem letzten Konzept der wechselseitigen Gestaltung von Technik und Geschlecht intensiv (vor allem im englischsprachigen Raum) nachgegangen wird, konzentrieren sich empirische Arbeiten vorrangig auf Konzepte der Repräsentation oder Konstruktion von Geschlecht im Netz. Sherry Turkle hat mit ihrem populären Buch »Leben im Netz« (1999) eine frühe Analyse vielfältiger Identitäten im Internet geliefert. Durch Interviews mit und Beobachtungen von Usern, die in den 1990er-Jahren in Chatrooms und Multi-User- Domains unterwegs waren, identifizierte sie Strategien zur Entwicklung virtueller Identitäten, die oftmals komplementär und kontrastiv zu den ›realen‹ Handlungsmöglichkeiten im ›echten‹ Leben angelegt waren. In Anknüpfung an feministische Forschung zur Rezeption von Liebesromanen (vgl. Radway 1984) verweigert auch Turkle sich der simplen Abwertung eskapistischer Nutzungsweisen von Netzkommunikation. Das Eintauschen in virtuelle Welten mag sie nicht geringschätzen als Flucht vor der Wirklichkeit, sondern beschreibt es als Möglichkeit, den ökonomischen, sozialen oder kulturellen Beschränkungen zu entkommen. In diesen virtuellen Entwürfen einer Persönlichkeit widmet sie den Möglichkeiten des Geschlechtertauschs besondere Aufmerksamkeit. In den Bemühungen von Usern, sich eine andere oder undefinierte geschlechtliche Identität zu geben, macht Turkle darauf aufmerksam, welche komplexen kulturellen Praktiken erforderlich sind, um überzeugend - für sich selbst und andere - ein Mann, eine Frau oder ein Es zu sein. Die performative Ausstattung einer gewählten Geschlechtsidentität betrachtet Turkle jedoch nur als einen Baustein hin zur Auflösung eines geschlossenen kohärenten Selbst. »Dieses flexible Selbst besitzt keinen geschlossenen Wesenskern, und seine Teile bilden keine stabilen Einheiten. Vielmehr kann man beliebig zwischen seinen Aspekten, die sich ihrerseits durch fortwährende Kommunikation miteinander verändern, hin- und herwechseln« (Turkle 1999: 425). Hier deutet Turkle Perspektiven eines Antiessenzialismus an. Geschlecht verliert dann den letzten Rest an Natürlichkeit und wird in seiner Konstruiertheit - real ebenso wie virtuell geschaffen - erkennbar. Die Psychologin Turkle erkennt im virtuellen Raum einen Möglichkeitsraum, um Beschränkungen und Verletzungen des realen Sozialraums hinter sich zu lassen. Aus der kritischen Perspektive einer gesellschaftswissenschaftlich orientierten Geschlechterforschung gilt es jedoch skeptisch danach zu fragen, ob die Macht- und Ungleichheitsverhältnisse in der realen wie der virtuellen Welt so tatsächlich angemessen zu erfassen sind. Während Turkle primär von der Ebene der <?page no="55"?> Teil I: Theorien und Konzepte 56 Subjekte und ihrer individuellen Optionen zur Identitätserweiterung argumentiert, bleibt die Strukturebene dabei nur schwach beleuchtet. Auf diese verweist die Soziologin Christiane Funken, die sich ebenfalls bereits in den 1990er-Jahren mit Formen des »Digital Doing Gender« (2002) befasst hat. Basierend auf Untersuchungen zum Kommunikationsverhalten in unterschiedlichen Netz-Communitys (Chats, MUDs, MOOs), zieht sie ein ernüchterndes Fazit: »Das Ziel der geschilderten Netz-Experimente mit dem ›Geschlecht‹ ist nicht die Demontage, sondern die virtuelle Reorganisation von Geschlechtsmodellen, die realweltlich bereits erschüttert ist« (Funken 2002: 180-f.). Das Netz bietet die Möglichkeit, jenseits des Geschlechterdualismus zu handeln und zu denken. Jedoch erweist sich die Erwartung an eine verlässliche, eindeutige und konsistente Zuordnung zu einem Geschlecht in Foren der Netzkommunikation als zentralem Ordnungsprinzip für die Teilnehmenden unverzichtbar. Wo nicht direkt auf die realweltliche Geschlechtsidentität Bezug genommen wird, wird die kommunikative Herstellung einer eindeutigen geschlechtlichen Identität eingefordert. »Der kommunikative Aufwand, mit dem die Geltung der dominanten Geschlechteridentitäten revitalisiert und reinszeniert wird, soll hingegen die Bedeutsamkeit der Zweigeschlechtlichkeit für die eigene, sexuelle Stabilität dokumentieren. Eine dem ritualisierten Selbstverständnis entzogene Sexualität scheint dagegen per se fragwürdig« (ebd.: 180). Gegen die Utopie einer Loslösung von der dichotomen Geschlechterordnung setzt die sozial- und sprachwissenschaftliche Forschung hier die Dystopie einer Verstärkung der hierarchischen Geschlechterdichotomie. Virtuell, so die Einschätzung, wird die Ordnung re-etabliert, während im ›Real Life‹ partiell Prozesse des Zerfalls der binären Geschlechterlogik erkennbar seien.  Literaturempfehlungen Eine gute Einführung in die Cultural Gender Studies liefert »Feminist Media Studies« von Liesbet van Zoonen (1994). Die Arbeit stellt verständlich und auf breiter Basis die zentralen Theorien und Begriffe mit Bezug auf die unterschiedlichen Arbeitsfelder Produktion, Medientext und Medienhandeln aus konstruktivistischer Perspektive vor. Andrea Seier und Eva Warth (2005) bieten mit dem Aufsatz »Perspektivverschiebungen: Zur Geschlechterdifferenz in Film- und Medienwissenschaft« einen breiten Überblick über Theorie und Geschichte der feministischen Filmwissenschaft und der medienwissenschaftlichen Geschlechterforschung. <?page no="56"?> Geschlechter - Medien - Kulturen 57 Die Aufsätze »Visuelle Lust und narratives Kino« von Laura Mulvey (1980), »Die Technologie des Geschlechts« von Teresa de Lauretis (1996) und »Ein Manifest für Cyborgs« von Donna Haraway (1995) sind zentrale Grundlagentexte der Gender Media Studies. <?page no="58"?> 59 3 Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft Was ist privat? Was ist öffentlich? Diese Unterscheidung hat für Gesellschaften konstitutiven Charakter und sie ist unauflöslich mit gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen verbunden. Wenn intime Bekenntnisse massenmedial verbreitet werden, wenn voyeuristisch-deviante Lebenswelten im Reality-TV ausgestellt werden, erscheint eine eindeutige Scheidung des Privaten und des Öffentlichen voneinander kaum mehr möglich. Wenn die Glaubwürdigkeit eines Politikers (wie des CSU-Politikers Horst Seehofer) auch an seinem privaten Lebenswandel (einem gemeinsamen Kind mit seiner bis dahin heimlichen Lebensgefährtin) gemessen wird, verwischt die Grenze zwischen Privatem und Öffentlichem. Das private Handeln einer öffentlichen Person wird zum Maßstab von Glaubwürdigkeit auch seines öffentlichen Agierens. Wird darin die »Tyrannei der Intimität« deutlich, wie der Soziologe Richard Sennett (1983) kritisch konstatiert? Oder ist damit endlich das Private politisch, wie es die zweite Frauenbewegung in den 1970er-Jahren mit einem Slogan eingefordert hat? Offenkundig ist, dass Privates und Intimes sowie Öffentliches nicht mehr als Gegensatzpaar gedacht werden können (vgl. Schneider 2001b, Herrmann/ Lünenborg 2001). 3.1 Konzepte von Privatheit und Öffentlichkeit Aus der Perspektive der Geschlechterforschung erscheint die vermeintlich stabile Unterscheidung zwischen öffentlichem - also gesellschaftlich relevantem - Reden und Tun auf der einen und privatem Handeln - also dem häuslichen Tun, das einem öffentlichem Blick entzogen ist - auf der anderen Seite ein fragliches Unterfangen. Der Dualismus von privat und öffentlich ist historisch eine hierarchische Konstruktion von Zugehörigkeit und Ausgeschlossenheit anhand des Geschlechterdualismus. Während Männer beruflich und politisch im öffentlichen Raum agierten, blieb Frauen der private Raum des Hauses und der Familie vorbehalten (vgl. Hausen 1992). Der Zutritt zur Öffentlichkeit war ihnen verwehrt - durch den Ausschluss vom Versammlungs- und Vereinsrecht, durch fehlendes Wahlrecht und die Verschlossenheit von Universitäten oder anderen Bildungseinrichtungen. Ausgehend von der Unterscheidung von Männern und Frauen wurde somit historisch eine hierarchisch angelegte Trennung zwischen Privatem und Öffentlichem vorgenommen. Der Zugang <?page no="59"?> Teil I: Theorien und Konzepte 60 zur Öffentlichkeit war und ist mit vielfältigen Privilegien, mit Sprach- und Handlungsmacht versehen. Folgt man diesem Verständnis, so beruht die in der Aufklärung verankerte Idee von Öffentlichkeit auf dem Ausschluss von Frauen, ebenso war Besitzlosen und Farbigen die Teilhabe an Öffentlichkeit verwehrt. Das emanzipatorische Potenzial der Aufklärung bleibt aus feministischer Perspektive also beschränkt, weil es konstitutiv Ungleichheiten und Ausschlüsse beinhaltet. Entlang der »Achsen der Differenz« (Knapp/ Wetterer 2003) Geschlecht, soziale Klasse und ethnische Zugehörigkeit (im Englischen die Trias sex, class and race) lassen sich historisch wie aktuell Exklusionsprozesse aus der Öffentlichkeit nachzeichnen. Aktuell beobachtbare Probleme der Grenzbestimmung gelten dann als Indikatoren für eine Veränderung, die den traditionell gewachsenen Dualismus von Privatheit und Öffentlichkeit endgültig obsolet erscheinen lässt. Im Folgenden wird deutlich gemacht, auf welchen gesellschaftlichen Annahmen Konzepte von Öffentlichkeit beruhen und welche Neuinterpretationen im Kontext der Geschlechterforschung diskutiert werden. Anknüpfend an Jürgen Habermas’ vielzitierte Arbeit (1990) zum »Strukturwandel der Öffentlichkeit« ist die Moderne gekennzeichnet durch die Entwicklung eines öffentlichen Bereichs der staatlichen und gesellschaftlichen Belange in Abgrenzung vom privaten Bereich, in dem häuslich-familiäre und wirtschaftliche Belange relevant sind. Habermas versteht also die Ausbildung einer staatsbürgerlichen Sphäre als Öffentlichkeit in Abgrenzung zur privaten Marktsphäre. Dieses Verständnis einer bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit wird zur Grundlage eines normativen Konzeptes, das ein Ideal gesellschaftlicher Verständigung beschreibt. Teilhabe und Gleichheit werden hier zum Ideal des staatsbürgerlichen Diskurses. Dass in der historisch sich entwickelnden Öffentlichkeit Frauen (ebenso wie andere gesellschaftliche Gruppen) von der Teilhabe ausgeschlossen sind, findet in Habermas’ Konzept keinen grundlegenden Ausdruck. In kritischer Auseinandersetzung mit Hannah Arendts Konzept der »Vita Activa« verweist Elisabeth Klaus (2001a: 16) auf die voraussetzungsreichen Ungleichheiten: »Der Öffentlichkeit als dem Reich der Freiheit steht der private Haushalt als das Reich der Notwendigkeiten, der individuellen Produktion und Reproduktion gegenüber. Die Verwirklichung des Öffentlichkeitsideals hat damit den Ausschluss der Frauen, Unfreien und Sklaven zur Voraussetzung, deren sozialer Ort der Haushalt ist, in dem sie herstellen und arbeiten.« Habermas selbst geht im Vorwort zur Neuauflage seiner Habilitationsschrift »Strukturwandel der Öffentlichkeit« im Jahr 1990 darauf ein, dass die Entwicklung der Frauenbewegung eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung darstellt, die er in seinen Analysen nicht berücksichtigt hat. Die US-amerikanische Philosophin und Soziologin Nancy Fraser (1994, 1996, 2001) kritisiert an Habermas’ Öffentlichkeitsverständnis nicht nur diese expliziten Ausschlüsse (z.-B. durch fehlendes Wahlrecht), sondern verweist zugleich auf vielfältige implizite Schließungen, die Teilhabe <?page no="60"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 61 erschweren und ungleiche Voraussetzungen schaffen. Entsprechend betrachtet Fraser Habermas’ »Theorie des kommunikativen Handelns« mit Skepsis. »Sie [die Theorie kommunikativen Handelns von Habermas, Anm. d. Verf.] setzt dualistische und ideologische Oppositionen von ›Familie‹ und ›Ökonomie‹, ›Privatsphäre‹ und ›Öffentlichkeit‹, ›symbolischer Reproduktion‹ und ›materieller Produktion‹, ›System‹ und ›Lebenswelt‹ voraus, statt sie in Frage zu stellen« (Fraser 1994: 18). Um diese Oppositionen zu vermeiden, plädiert sie für eine analytische Unterscheidung vielfältiger Öffentlichkeiten, in denen gesellschaftlich Marginalisierte ihre Belange artikulieren können. Eine solche Vielzahl suggeriert jedoch keineswegs Gleichheit und gleichberechtigte Teilhabe, sondern sie deutet auf machtvolle Unterschiede hin, die gesellschaftliche Diskurse strukturieren. Gegen das normative Ideal der offenen, gleichberechtigten Teilhabe wird in der feministischen Öffentlichkeitstheorie also die Diagnose vielfältiger, konkurrierender, um Deutungsmacht ringender Öffentlichkeiten gesetzt. Hier wird beispielhaft deutlich, wie eine dualistische, polare Struktur - öffentlich versus privat, rational versus emotional, Kultur versus Natur, männlich versus weiblich - zur erkenntnistheoretischen Grundlage des Aufklärungsideals wurde. Demgegenüber plädiert die kritische Auseinandersetzung der Geschlechterforschung für eine Auflösung dieser Dichotomien und eine Analyse der prozessualen und ambivalenten Deutungsvielfalt. Dies bildet die Grundlage für ein Verständnis von feministischer Öffentlichkeit und einer Frauenöffentlichkeit, die im Folgenden detaillierter dargestellt werden soll. Von der Öffentlichkeit zu Teilöffentlichkeiten Elisabeth Klaus (2001a, 2005) hat an die Überlegungen Frasers anknüpfend aus geschlechtertheoretischer Perspektive verschiedene Öffentlichkeiten benannt. Sie unterscheidet einfache, mittlere und komplexe (Teil)Öffentlichkeiten. Alle drei Ebenen, so Klaus, haben entscheidenden Anteil an der gesellschaftlichen Funktion von Öffentlichkeit, die sie als »Verständigungsprozess der Gesellschaft über sich selbst« (Klaus 2001a: 20) bezeichnet. Oftmals wird dabei verkürzt allein auf Medienöffentlichkeit Bezug genommen. Dies jedoch stellt nur eine Ausprägung gesellschaftlicher Öffentlichkeit dar, der bereits intensiv geschlechtsgebundene Strukturen eingeschrieben sind. Notwendig erscheint es deshalb, unterschiedliche Ebenen von Öffentlichkeit zu unterscheiden. Als einfache Öffentlichkeiten beschreibt Klaus (ebd.) die alltägliche Face-to-Face- Kommunikation, die in zufälligen oder ritualisierten Begegnungen stattfindet. Als direkt, interpersonal und narrativ wird jener Kommunikationsmodus bezeichnet, der auf basaler Ebene der Konstituierung gemeinsamer Wirklichkeitsentwürfe dient. Historisch wurde diese voraussetzungslose Form von Öffentlichkeit im privaten <?page no="61"?> Teil I: Theorien und Konzepte 62 Raum in besonderem Maße von und durch Frauen konstituiert. Verbunden mit der Beschränkung auf den privaten Raum waren spezifische kommunikative Praktiken: vertrauliche Gespräche, Tratsch und Klatsch lassen sich begreifen als von Frauen praktizierte Formen der Kommunikation, die auf der Begrenztheit und Abgeschlossenheit des privaten Raums beruhen (vgl. Klaus/ Drüeke 2008, Schulte 1992). Waren diese einfachen Öffentlichkeiten historisch weitestgehend beschränkt auf direkte Face-to-Face-Kommunikation, so kann heute unter Bedingungen digitaler Kommunikation im Web-2.0 auch von Formen mediatisierter interpersonaler Kommunikation gesprochen werden. Kommunikation in Chatrooms, sozialen Netzwerken oder Blogs sind in der Mehrzahl Formen einfacher Öffentlichkeit, die auf den mediengestützten Austausch von Informationen zwischen einzelnen Personen abzielen. Nur ein kleiner (aber zumeist als gesellschaftlich relevant wahrgenommener) Teil der Netzkommunikation zielt auf ein Massenpublikum ab. Als mittlere Öffentlichkeiten lassen sich organisationale Strukturen beschreiben, in denen bereits Sprecher- und Publikumsrollen ausdifferenziert sind, diese aber noch wechselseitig eingenommen werden können. Ob in Versammlungen, in Vereins- oder Verbandsstrukturen: Hier werden bereits strukturierte Teilöffentlichkeiten erkennbar, die zumeist in enger Verbindung mit einfachen Öffentlichkeiten stehen. Historisch haben sich in der ersten Frauenbewegung im Kampf um das Frauenwahlrecht persönliche Freundschaftsnetze mit Verbandszeitschriften oder Flugblättern zu einer gesellschaftlich wirksamen Öffentlichkeit verbunden (vgl. Wischermann 2003). Unter Bedingungen der digital basierten Netzkommunikation vermögen technisch unterstützte Verbindungen von einfachen und mittleren Öffentlichkeiten extrem flexibel und zeitnah gesellschaftliche Aufmerksamkeit zu organisieren und fokussieren. Ob als flashmob oder als digitale Petition, unterhalb komplexer, massenmedialer Öffentlichkeit können digital gesellschaftlich wirksame Artikulations- und Aktionsformen etabliert werden (vgl. Baringhorst/ Kneip/ Niesyto 2009). Als komplexe Öffentlichkeiten lassen sich in dieser Systematik schließlich jene Formen von Medienöffentlichkeit beschreiben, in denen funktional ausgebildete Leistungsrollen (KommunikatorInnen, SprecherInnen, Publikum), komplexe Organisationen (Verlage, Rundfunkanstalten) und beträchtliche ökonomische Interessen Relevanz entwickeln. Diesen institutionalisierten und ausdifferenzierten Rollen und Strukturen sind ungleiche Geschlechterverhältnisse unterlegt (siehe weiterführend Kapitel-4). Konstitutiv für eine Medienöffentlichkeit im Bereich traditioneller Massenmedien ist die Unumkehrbarkeit der Rollen. Das Publikum wird zum Beobachter auf der Galerie, während die SprecherInnen in der Arena agieren (vgl. Gerhards/ Neidhardt 1990). Einfluss auf die Themen und Diskurse nimmt das Publikum in dieser Konzeption über die kleinen und mittleren Öffentlichkeiten. Themengenerierung und gesellschaftliche Legitimation erfolgt durch den beständigen wechselseitigen Austausch zwischen unterschiedlichen Ebenen von Öffentlichkeit. <?page no="62"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 63 Demokratische Öffentlichkeit kann sich nur dort konstituieren, wo Durchlässigkeit zwischen den Ebenen gewährleistet ist. In politisch-autoritativen Systemen finden Themen und Diskurse der einfachen und mittleren Öffentlichkeit keinen Eingang in die komplexe Medienöffentlichkeit. Ob im Nationalsozialismus (vgl. Dröge 1970) oder in den letzten Jahren der DDR, hier stellen Witze oder Gerüchte Formen einer subversiven Teilöffentlichkeit dar, die relevant für gesellschaftliche Selbstverständigung waren, aber keinen Eingang in kontrollierte Formen der Medienöffentlichkeit fanden. Öffentlichkeiten im Netz Unter Bedingungen digitalisierter Kommunikation geraten einige dieser systematischen Unterscheidungen in Bewegung. Technisch, ökonomisch und organisatorisch sind komplexe, professionelle Strukturen einer Medienöffentlichkeit nicht länger zwingend erforderlich, um gesellschaftliche Relevanz zu erzielen. Beiträge einzelner User können unmittelbar ein breites Publikum adressieren. So können die Rollen von Produzierenden und Publikum nicht länger dauerhaft und systematisch voneinander unterschieden werden. User Generated Content wird zu einer publizistisch und ökonomisch interessanten Größe. Die Möglichkeit des Rollenwechsels - Rezipierende werden zu Produzierenden - bzw. eine Verschmelzung beider Rollen zu »Produtzern«, wie Axel Bruns (2009) sie nennt, ist konstitutiv für interaktive Prozesse digitalisierter Kommunikation. Doch diese Möglichkeit zum Rollenwechsel bedeutet gesellschaftlich keineswegs, dass damit fortlaufend ein solcher Wechsel vollzogen wird. Hierarchische Kommunikationsstrukturen perpetuieren sich auch in der digitalen Medienöffentlichkeit. In Deutschland lässt sich jedenfalls nachzeichnen, dass Relevanzstrukturen der Offlinemedien in der Blogosphäre fortgeschrieben werden (vgl. Neuberger 2009). Dies umfasst auch geschlechterhierarchische Strukturen. So dominieren unter den meist verlinkten Blogs eindeutig jene männlicher Autoren. Demgegenüber erweist sich das Format der Blogs allgemein deutlich als eine von Frauen präferierte Form, die jedoch oftmals als gesellschaftlich irrelevant trivialisiert wird, weil primär an der eigenen Lebenswelt orientiert (vgl. weitergehend Schönberger 2009). Hier werden hierarchische Dualismen von Privatem und Öffentlichem reproduziert und dabei erneut eine Abwertung privater Kommunikationsmodi vorgenommen. Die technischen und gesellschaftlichen Möglichkeiten der Rollenumkehr - jede Nutzerin kann zur Autorin werden - fordern traditionelle Konzepte von Öffentlichkeit heraus. Neben die hierarchisch strukturierte, massenmediale Öffentlichkeit treten nun unübersehbar vielfältige Teilöffentlichkeiten, in denen SprecherInnen aktiv werden können, ohne über institutionelle Infrastrukturen oder ökonomisches Ka- <?page no="63"?> Teil I: Theorien und Konzepte 64 pital verfügen zu müssen. So etablieren sich im Internet vielfältige Formen feministischer Öffentlichkeiten, die ergänzend zu traditionellen frauenpolitischen und feministischen Medien neue Zielgruppen und ein junges netzaffines Publikum adressieren. Öffentlichkeitstheoretisch zeigt diese Entwicklung eine Dynamisierung der verschiedenen Ebenen von Öffentlichkeit. Blogs können als privater Kommunikationsmodus genutzt werden und knüpfen damit an historisch weiblich etablierte Kommunikationsformen wie das Tagebuch an. Doch Blogs sind zugleich im Netz einer potenziell unbegrenzten Leserschaft zugänglich und können damit Thematisierungsleistungen und öffentliche Verständigungsprozesse wie traditionelle Massenmedien erbringen. Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit werden hier erneut unter den Bedingungen globaler Medienkommunikation fragil und fragwürdig. Die Verbindung von Öffentlichkeit und Privatheit In einer lebendigen Verbindung der verschiedenen Ebenen von Öffentlichkeit lässt sich Privates und Öffentliches nicht länger apodiktisch voneinander trennen. »Öffentlichkeit und Privatheit sind in der Dialektik von Gesellschaftlichkeit und Subjektivität des Menschen miteinander verknüpft« (Klaus 2001a: 26). Offenkundig findet sich Privates zuvörderst auf der Ebene der einfachen Öffentlichkeiten, aber es kann Eingang in Diskurse einer komplexen Medienöffentlichkeit nehmen, wenn gesellschaftliche Regeln und Normen grundlegend verhandelt werden. So haben gesellschaftliche Auseinandersetzungen um Sexualität, sexuelle Normen und Praktiken ihren Ursprung in privaten Öffentlichkeiten genommen. Die Ausweitung der Auseinandersetzungen in medienöffentlichen Diskussionen hat Öffnungen und Erweiterungen vormals heterosexueller Normierungen ermöglicht. Möglich ist damit das öffentliche Outing homosexueller PolitikerInnen (vgl. Heilmann 2011) wie die Thematisierung vielfältiger Lebensentwürfe jenseits der heteronormativen Ordnung. Die öffentliche Thematisierung von Sexualität in Formaten des Reality-TV lässt heute das emanzipatorische Potenzial dieses Öffnungsprozesses zumeist vermissen. Sie setzt Sexualität als Skandalisierungsobjekt strategisch ein, um ökonomisch induziert Aufmerksamkeit des Publikums zu generieren (vgl. Lünenborg et-al. 2011). <?page no="64"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 65 3.2 Gegenöffentlichkeit - feministische Öffentlichkeit Das Verständnis von Öffentlichkeit ist zugleich verbunden mit dem Konzept dominanter, hegemonialer Deutungsmuster von Gesellschaft. Im Kontrast zu der herrschenden Öffentlichkeit wird das kritische Konzept der Gegenöffentlichkeit eingeführt (vgl. Wimmer 2007). In den 1970er- und 1980er-Jahren bezeichnet das Konzept der Gegenöffentlichkeit Formen und Foren der Kommunikation sozialer Bewegungen, die in der massenmedialen Öffentlichkeit keinen oder nur marginalen Raum fanden. Auch die Emanzipationsbewegungen der Frauen entwickelten eigene Medien, Plattformen und öffentliche Aktivitäten, die als Gegenöffentlichkeit sichtbar wurden. Als feministische Öffentlichkeit lassen sich dabei jene Ausdrucksformen und Medien bezeichnen, die als politische Foren gesellschaftliche Veränderung durch emanzipatorische Teilhabe von Frauen einforderten und heute einfordern. Bereits in der ersten Frauenbewegung im Kampf um das Frauenstimmrecht entstanden Zeitschriften, die sich als Teil einer feministischen Öffentlichkeit beschreiben lassen (vgl. Wischermann 2003). Ab den 1970er-Jahren entwickelte sich eine ausdifferenzierte feministische Öffentlichkeit mit überregionalen und regional verorteten Medien. Verbunden mit einem interventionistischen Politikverständnis, formulierte die Gruppe feministische Öffentlichkeit (1992): »Feministische Öffentlichkeit entsteht im Kontext der Frauenbewegung als ein Versuch von Frauen, sich eigenständige Artikulationsformen zu schaffen. Vielfältigere und neue Ausdrucksmöglichkeiten erweitern das Widerstandspotential von Frauen im patriarchalischen System.« Hinausweisend über eine Frauenöffentlichkeit, die sich durch spezifische Zugangsmodi und Verständigungsprozesse von und für Frauen auszeichnet, umfasst die feministische Öffentlichkeit eine diskursive Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen mit dem Ziel ihrer emanzipatorischen Veränderung. Damit rückt »Geschlecht als Beobachtungskategorie« (Klaus 2005: 115) in den Mittelpunkt. Der analytische und selbstreflexive Fokus öffnet den Kreis: Feministische Öffentlichkeit beschränkt sich nicht allein auf die Teilnahme von Frauen, sie bildet Ausgangspunkt und Grundlage für selbstreflexive intersektionale Analysen, die in den Queer Studies oder Critical Whiteness Studies dem Zusammenwirken von Geschlecht, Sexualität und Ethnie/ ›Rasse‹ bei der Konstituierung von Öffentlichkeiten nachspüren. Begreift sich feministische Öffentlichkeit als subversive, herrschaftskritische Artikulationsform, so wird daneben zugleich eine ökonomische Passförmigkeit von Teilöffentlichkeiten für Frauen oder queere Menschen erkennbar. Mit der erfolgreichen Teilhabe von (einzelnen) Frauen an gesellschaftlicher Entscheidungsmacht und der Etablierung (einiger) machtvoller queerer Lebensentwürfe wird in der Öffentlichkeit auch das ökonomische Potenzial feministisch-queerer Veränderungen wahrgenommen. Frauen, Lesben, Schwule und Transsexuelle erscheinen als Zugehörige einer Teilöffentlichkeit, deren Erschließung auch kommerziell interessant ist. <?page no="65"?> Teil I: Theorien und Konzepte 66 So stellen Frauen im Bereich der Lebenshilfe- und Ratgeberliteratur eine bedeutsame Zielgruppe dar. Homosexuelle werden als kaufkräftige Zielgruppe identifiziert und mittels Werbung adressiert. Deutlich werden hier feministische Diskurse, die - als Elitefeminismus bezeichnet - weniger die Subversion als vielmehr erfolgreiches Karrieremanagement von Frauen in den Mittelpunkt rückt (vgl. Klaus 2008). Von Geschlechterforscherinnen wird hier kritisch die Einfügung emanzipatorischer Ziele in ein neoliberales Gesellschaftskonzept konstatiert (vgl. McRobbie 2009, Klaus/ Lünenborg 2011). Die Optimierung weiblicher Ressourcen und deren optimale ökonomische Verwertbarkeit werden dabei zum Maßstab gleichberechtigter Teilhabe von Männern und Frauen. Insbesondere Medienbilder und Mediendiskurse propagieren ein solches anything goes. Populäre weibliche Mediencharaktere vermitteln narrativ die Illusion individuell lösbarer Widersprüche zwischen weiblicher Besonderung und struktureller Ungleichheit. In Bezug gerade auf junge Frauen findet sich in den Medien eine emanzipatorische Rhetorik, die um die Begriffe von Wahl- und Entscheidungsfreiheit, Selbstbewusstsein, Erfolg und Leistungswille kreist. Neoliberalismus begegnet dabei dem Postfeminismus. Die Figur des »unternehmerischen Selbst«, die Arbeit am Selbst und die Selbstvermarktung ist nicht zuletzt ein zentrales Merkmal von Castingshows und entsprechend untersucht worden (Thomas 2007: 51). Sie findet sich als Topos aber auch in vielen anderen Medienprodukten, in Soap Operas oder den in Buch und Verfilmung gleichermaßen erfolgreichen Bestseller »Bridget Jones«, den Angela McRobbie (2009) als Beispiel der Analyse wählt. Sie zeigt, wie die Rhetorik von Entscheidungs- und Wahlfreiheit an eine Hyperindividualisierung gekoppelt wird, die feministische Positionen zugleich als veraltet desartikuliert. Es handelt sich dabei nicht um einen Backlash im Sinne einer Rückkehr zu traditionellen Geschlechterarrangements, sondern um eine Modernisierung, die ein feministisches Vokabular aufnimmt, um Feminismus zugleich für eine kapitalistische Konsumkultur zu vereinnahmen und in seinem umfassenden Emanzipationsanspruch zu entsorgen. Nancy Fraser (2009: 50) hat diesen Zusammenhang noch pointierter dargestellt und von einer »unappetitliche(n), untergründige(n) Wahlverwandtschaft« zwischen Neuer Frauenbewegung und Neoliberalismus gesprochen. Errungenschaften der feministischen Bewegung wie die Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben haben, so Fraser, auch dazu geführt, dass das Modell der Doppelverdiener-Familie ökonomisch als Norm etabliert wurde. Die gesellschaftliche (Nicht)Wertschätzung der privaten Reproduktionsarbeit blieb davon unberührt und weiterhin überwiegend in der Verantwortung von Frauen. Die ursprünglich intendierte feministische Kritik gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist dabei vernachlässigt worden. In den populären Mediendiskursen findet eine Analyse der gesellschaftlichen Kontextualisierung geschlechterhierarchischer Beziehungen allenfalls randständig statt (siehe weiterführend Kapitel-5). <?page no="66"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 67 Doch neben solchen marktförmigen Adaptionen bilden auch weiterhin kritische feministische Medien eine Form von Gegenöffentlichkeit. Für die österreichische Medienlandschaft ist die Vielzahl dieser Medien - von Zeitschriften über Fanzines bis zur Netz-Zeitung - anlässlich des 25-jährigen Bestehens der monatlichen feministischen Zeitschrift »an.schläge« umfassend dokumentiert (vgl. Susemichel/ Rudigier/ Horak 2008). In Deutschland steht die Zeitschrift »Emma« in der medienöffentlichen Wahrnehmung prototypisch für Formen feministischer Medienöffentlichkeit. Jedoch stießen ihre Positionen z. B. zu Pornografie oder Frauen im Islam innerhalb feministischer Diskurse auf Widerstand. Nach wie vor lassen sich regional, thematisch und kulturell ausdifferenziert vielfältige Formen feministischer Öffentlichkeiten identifizieren. Charakteristisch ist dabei, was bereits in den 1980er-Jahren für die US-amerikanische Zeitschrift »ms.« konstatiert wurde: Feministische Medien brachten Themen und Positionen in den allgemein gesellschaftlichen Diskurs, die zuvor keine Öffentlichkeit fanden. Diese Adressierung der massenmedialen Öffentlichkeit stellte von Anfang an eine erfolgreiche, wenn auch umstrittene Strategie zur Durchsetzung von Themen und Positionen dar. Durch diese Öffnung der Mainstream-Medien für Themen wie sexuelle Selbstbestimmung, queere Identitäten oder sexuelle Gewalt verloren feministische Medien zugleich ihre Dringlichkeit (vgl. Geiger 2002). Mit fortschreitender Veralltäglichung digitaler Medien haben feministische Medien neuen Raum erobert. Ob als Onlinemagazine oder als Blogs - im Netz haben sich feministische Medien vielfältig etabliert und bieten kritische, subversive oder skeptische Deutungen gesellschaftlicher Wirklichkeiten an (siehe weiterführend Kapitel-5). 3.3 Cultural Citizenship Konzepten von Öffentlichkeit wohnt stets ein normativer Impuls inne. Öffentlichkeit gilt als konstitutiv für demokratische Gemeinwesen. Nur wenn die Möglichkeit besteht, kommunikativ Verständigung über relevante Themen, Probleme und Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders zu erzielen, nur dann lässt sich Demokratie lebendig gestalten. Öffentlichkeit ist damit eine zentrale Voraussetzung zur Ermöglichung von Teilhabe am gesellschaftlichen Gefüge. Öffentlichkeit ermöglicht die Inklusion vielfältiger Akteure, Interessen und Positionen in den gemeinsamen Verständigungsprozess. In komplexen, ausdifferenzierten Gesellschaften übernehmen Medien wesentliche Funktionen der Synchronisation von Diskursen, der Vermittlung relevanter Themen, Positionen und Interessenlagen. Je stärker gesellschaftliche Formationen mit und durch Medien konstituiert und fortgeschrieben werden, desto relevanter wird die Möglichkeit zur Beteiligung an eben diesen Mediendiskursen. <?page no="67"?> Teil I: Theorien und Konzepte 68 Die Möglichkeit des Zugangs zu und der Teilhabe an Mediendiskursen kann deshalb als eine relevante Dimension von Staatsbürgerschaft in der Mediengesellschaft begriffen werden. Während im deutschsprachigen Raum das Konzept der Staatsbürgerschaft vornehmlich politisch - als Recht zu wählen und gewählt zu werden - verstanden wird, wird der Bedeutungskontext im englischsprachigen Raum weiter gefasst. Der englische Soziologe Thomas H. Marshall entwickelte bereits 1949 ein komplexes Modell von citizenship und unterschied civil, political und social citizenship (Marshall 1992: 39-ff., dazu ausführlicher Klaus/ Lünenborg 2004 und 2012). Damit gehören Rede- und Pressefreiheit sowie die Freiheit des Eigentums (civil) ebenso zu citizenship wie das Wahlrecht (political) und wohlfahrtsstaatliche Fürsorge im Bildungs- und Gesundheitswesen (social). In kritischer Auseinandersetzung mit Marshalls Modell wurde deutlich, dass die Durchsetzung dieser Elemente keineswegs linear und gleichmäßig stattgefunden hatte. Frauen, ›Schwarze‹ und ethnische Minderheiten hatten verspätet und bis heute teilweise unvollständig Anteil. Die Teilhabe war dabei umstritten und wurde teilweise gegen Widerstände durchgesetzt. Versucht man, dieses Konzept der Zugehörigkeit zu wirtschaftlich, sozial, kulturell und räumlich verorteten Gemeinschaften für aktuelle, postmoderne Gesellschaftsformationen fortzuschreiben, so werden Formen kultureller Teilhabe relevant. Bryan S. Turner (1994) brachte das Konzept Cultural Citizenship in die Debatte ein und versteht darunter jene sozialen Praktiken, die citizens zur kompetenten Teilhabe an einer spezifischen Kultur befähigen. Das Konzept wurde in der postkolonialen Theorie ebenso aufgegriffen wie in den Cultural Studies. Bedeutsam erscheint, dass das Modell von Cultural Citizenship keineswegs von der Gleichheit aller Mitglieder einer nationalen oder kulturellen Gemeinschaft ausgeht. Mit Renato Rosaldo (1994: 57) wird vielmehr das Recht auf Differenz betont, »the right to be different (in terms of race, ethnicity or native language) without compromising one’s right to belong, in the sense of participating in the nation-state’s democratic processes«. Mit dem Recht auf Unterschiedlichkeit verbindet Rosaldo die Forderung nach ›respecto‹ - einer Anerkennung, die im Bewusstsein von (hierarchisch strukturierter) Differenz unverzichtbar ist. Auf dieser Grundlage lässt sich das Konzept Cultural Citizenship für eine kommunikations- und medienwissenschaftliche Analyse weiterentwickeln, die sich für die Bedeutung von Medien und öffentlicher Kommunikation bei der Konstituierung gesellschaftlicher Zugehörigkeit interessiert. Begriffen wird hier Cultural Citizenship als Dimension von ›Staatsbürgerschaft‹ in der Mediengesellschaft. »Sie umfasst all jene kulturellen Praktiken, die sich vor dem Hintergrund ungleicher Machtverhältnisse entwickeln und die kompetente Teilhabe an den symbolischen Ressourcen der Gesellschaft ermöglichen. Medien sind dabei Motor und Akteur der selbst- und zugleich fremdbestimmten Herstellung von individuellen, gruppenspezifischen und gesellschaftlichen Identitäten« (Klaus/ Lünenborg 2004: 200). <?page no="68"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 69 Dem Konzept der Cultural Studies folgend (vgl. auch Kapitel-2) wird medienvermittelte Bedeutung prozessual begriffen. Mediale Bedeutungsproduktion findet statt im Zusammenwirken von Medienproduktion, dem Medientext sowie der Rezeption und Aneignung durch das Publikum. Cultural Citizenship bildet in diesem Prozess den Kontext, der die Entstehung von Medientexten wie auch deren Rezeption prägt (vgl. Abbildung 3.1). Cultural Citizenship Medientext Rezeption Produktion Relevant dabei ist, dass Medien einerseits gesellschaftliche Aushandlungsprozesse von Zugehörigkeit und Ausschluss vermitteln (Motor). Zugleich werden sie jedoch auch zu eigenständigen Akteuren, indem sie selbst Bilder des ›Eigenen‹ und des ›Anderen‹ entwerfen und damit konstitutiv Ein- und Ausschlüsse produzieren. Mit Cultural Citizenship, verstanden als kompetenter Teilhabe an Gesellschaft, lassen sich Ansprüche an Medien und öffentliche Kommunikation formulieren. Relevant werden hier nicht vorrangig technische und ökonomische Voraussetzungen, die eine Teilhabe an medialen Angeboten ermöglichen. Anstelle solcher oftmals technikdeterministischer Zugänge (wie der Forderung nach Internetzugang in jedem Dorf ) werden hier inhaltliche Anforderungen an Medienangebote und Mediendiskurse gestellt. Zu unterscheiden sind dabei Ansprüche auf Informationen (primär vermittelt durch nicht fiktionale, journalistische Angebote), Ansprüche auf Erfah- Abb. 3.1: Cultural Citizenship als Kontext im Prozess medialer Bedeutungsproduktion <?page no="69"?> Teil I: Theorien und Konzepte 70 rungen (zumeist in unterhaltenden Medienangeboten vermittelte kulturelle Vielfalt von Lebensweisen), Ansprüche auf Wissen (das Vermögen, Informationen und Erfahrungen sinnvoll zu integrieren - hier werden dualistische Unterscheidungen von Medienangeboten zwischen Information und Unterhaltung durchbrochen) und schließlich Ansprüche auf Teilhabe (aktive Partizipation des Publikums möglich in User Generated Content ebenso wie in partizipativen Formaten z. B. des Reality- TV) (vgl. Murdock 1999, Klaus/ Lünenborg 2004). Unter Bedingungen digitaler Kommunikation werden zunehmend Formen der Teilhabe von netizens durch digital citizenship diskutiert (vgl. Hauben/ Hauben 1997) diskutiert. Hier wird umso deutlicher, dass gesellschaftliche Teilhabe mit und durch mediale Kommunikation geprägt, ermöglicht oder ausgeschlossen wird. In den Gender Media Studies lässt sich dieses Konzept von Cultural Citizenship in mehrfacher Hinsicht ertragreich nutzen. Als normatives Konzept bildet es eine Grundlage, um Ansprüche auf Teilhabe an kulturellen, medialen Diskursen zu artikulieren. Dabei geht es nicht vorrangig um quantitativ gleichwertige Teilhabe - also eine gleichgewichtige Verteilung z. B. von Frauen und Männern in unterschiedlichen medialen Angeboten. Die Ansprüche auf Teilhabe an Cultural Citizenship zielen vielmehr auf vielfältige Repräsentationen, in denen - im Sinne von Rosaldos Forderung nach ›respecto‹ - im Bewusstsein von Differenz Vielfalt medial artikuliert und hergestellt wird. Es ist die besondere Leistung der Geschlechterforschung, die kulturelle Codierung von Differenz zu identifizieren und analytisch zu dekonstruieren. Eben diese Codierung (der Geschlechter) wird in zentraler Weise mit und durch Medien vorgenommen. Genau dieses analytische Vermögen der Geschlechterforschung kann in der kritischen Analyse von Medientexten und Mediendiskursen weitere Muster der Codierung von Differenz - nach Ethnizität, nach sozialer Herkunft, nach Alter oder Religion - sichtbar machen. Mit dem Konzept Cultural Citizenship wird dabei deutlich, in welcher Weise mit und durch Medien(diskurse) gesellschaftliche Ausschlussprozesse entlang sozialer und kultureller Differenzmerkmale vorgenommen werden. Das Konzept bietet zugleich eine Möglichkeit, kritisch zu prüfen, welche Leistungen zur gesellschaftlichen Inklusion von Medienangeboten erbracht werden. Besondere Relevanz erhält dieser Ansatz damit im Kontext intersektionaler Ungleichheitsforschung. Das Zusammenwirken von Differenzachsen wie Geschlecht, sozialer Herkunft und Ethnizität (gender, class, and race) kann damit analytisch gefasst und einer empirischen Untersuchung zugänglich gemacht werden. <?page no="70"?> Privatheit - Öffentlichkeit - Gesellschaft 71  Literaturempfehlungen »Frauengeschichte - Geschlechtergeschichte« herausgegeben von Karin Hausen und Heide Wunder (1992) vermittelt einen Überblick über historische Geschlechterforschung, in dem ein Beitrag dem Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit gewidmet ist. Ulla Wischermann (2003) bietet mit »Frauenbewegungen und Öffentlichkeiten um 1900« eine historische Vertiefung, die das Spannungsverhältnis von Medien, Öffentlichkeit und sozialer Bewegung bearbeitet. »Cultural Citizenship« haben Elisabeth Klaus und Margreth Lünenborg (2004) in einem Aufsatz als kommunikationswissenschaftliches Konzept zur Bestimmung kultureller Teilhabe in der Mediengesellschaft entwickelt. <?page no="72"?> 73 Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation Der zweite Teil des Lehrbuchs ist entlang der zentralen Arbeitsfelder der Gender Media Studies gegliedert: Medienproduktion (Kapitel 4), Medientexte (Kapitel 5) sowie das Medienhandeln des Publikums (bzw. vielfältiger Teilpublika, Kapitel 6). Die im ersten Kapitel entwickelte Systematik theoretischer Ansätze der Geschlechterforschung dient dabei jeweils als Strukturierung. Dargestellt und diskutiert werden hier Studien und Befunde aus der deutschsprachigen Forschung. Im Kapitel 4 rücken Journalismus und PR für das Arbeitsfeld der Medienproduktion in den Mittelpunkt. Was wissen wir über historische und aktuelle Geschlechterverhältnisse in diesen Professionen? In welchem Verhältnis steht der Wandel von Journalismus zu sich wandelnden Geschlechterstrukturen? Zu welchen Befunden führt jene Forschung, die nach der ›Andersartigkeit‹ von Frauen im Schreiben oder Kommunizieren fragt? Das Kapitel 5 behandelt Arbeiten der Gender Media Studies, die sich mit der Analyse von Medientexten (z. B. in Zeitungen, Filmen, Bildern oder Fernsehangeboten) befassen. Da hier eine große Vielzahl an Studien vorliegt und die bloße Nennung zahlreicher Einzelbefunde ermüdend wäre, ist die hier getroffene Auswahl anhand methodischer Vielfalt und erkenntnistheoretischer Varianz erfolgt. Quantitative und qualitative Inhaltsanalysen zu Geschlechterbildern in der Berichterstattung sowie zu Geschlechterstereotypen werden ergänzt um semiotische und diskursanalytische Arbeiten. Die unterschiedlichen methodologischen Herangehensweisen werden jeweils kritisch reflektiert. Das konkrete Medienhandeln von Menschen wird im Kapitel 6 behandelt. Gender Media Studies untersuchen empirisch die Formen und sozialen Praxen, in denen sich Menschen den Medien zuwenden. Hier ist das Feld der (angewandten) Medienforschung, die Männer und Frauen als Zielgruppen unterscheiden, ebenso angesiedelt wie jene Studien zur Medienaneignung, die von einem komplexen Wechselverhältnis zwischen Geschlechteridentitäten des Publikums und seinem kontextgebundenen Medienhandeln ausgehen. <?page no="74"?> 75 4 Medienproduktion: Journalismus und PR 4.1 Geschlechtertheorien in der Kommunikatorforschung An den Feldern Journalismus und Public Relations wird hier beispielhaft die geschlechtertheoretische Forschung zur Medienproduktion dargestellt und diskutiert. Zweifellos existieren daneben andere Felder (z. B. Filmproduktion, Spieleindustrie, Werbeagenturen), doch die intensivste Forschung liegt in den Gender Media Studies zu Journalismus und PR sowie ihrem Verhältnis zueinander vor. Dies lässt sich in kommunikationswissenschaftlicher Perspektive begründen mit der gesellschaftlichen Relevanz, die diesen Feldern zugewiesen wird. Zugleich erweisen sich diese Bereiche als ertragreich für die Geschlechterforschung, denn die je immanenten Geschlechterverhältnisse sind in Bewegung geraten und scheinen legitimierungsbedürftig. Journalismus und PR lassen sich als Professionen, als soziale Systeme oder als kulturelle Deutungsmuster begreifen (für weitere Perspektiven vgl. Zelizer 2004, Löffelholz 2004: 62-ff.). Je nachdem, welche Perspektive eingenommen wird, gibt es in der Geschlechterforschung unterschiedliche Ansätze: In professionstheoretischer Perspektive lässt sich danach fragen, welche Anteile und Rollen Frauen und Männer in der Profession einnehmen. Berufliche Biografien lassen sich dann ebenso untersuchen wie die inhaltliche und hierarchische Ausdifferenzierung innerhalb des Feldes. Zugespitzt hieße das, ob Journalismus oder PR eine ›männliche‹ oder ›weibliche‹ Profession sind. Zu betrachten sind die Selbst- und Fremdbilder der KommunikatorInnen, die Kompetenz- und Rollenzuschreibungen, die innerhalb der Profession vorgenommen wurden und werden. Diese Entwicklung lässt sich historisch ebenso analysieren wie aktuell oder prognostisch mit Blick auf künftige Entwicklungen. Eine zentrale Frage dabei ist, in welcher Weise die Entwicklung als Profession mit spezifischen Geschlechterkonstruktionen einhergeht. Wie ist das Verständnis von Journalismus mit der Idee eines männlichen Subjekts (als Autor, Reporter, räsonierendem Kritiker) verbunden? Zur Beantwortung dieser theoretischen und konzeptionellen Probleme können die Gender Media Studies auf berufssoziologische Arbeiten zu anderen Professionen zurückgreifen (vgl. Wetterer 2002). Für konkrete Daten aus den Berufsfeldern Journalismus und PR lassen sich einschlägige Kommunikatorstudien auswerten, die das Geschlecht als demografische Variable berücksichtigt haben. Daten und Befunde dazu werden im zweiten Teil dieses Kapitels dargestellt und diskutiert. <?page no="75"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 76 Mit der Betrachtung von Journalismus oder PR als sozialem System (für den Journalismus vgl. z. B. Blöbaum 1994, Marcinkowski 1993; für die PR als kritisch bilanzierende Diskussion Röttger 2002) artikulieren sich in der Kommunikationswissenschaft systemtheoretische Perspektiven. In enger Anlehnung an den Soziologen Niklas Luhmann wird moderne Gesellschaft als funktional ausdifferenziert verstanden. Dabei übernimmt das System ›Medien‹ (je nach Autor variiert dabei die Systembezeichnung, sie wird auch ›Öffentlichkeit‹ oder ›Journalismus‹ benannt) die Funktion der Beobachtung und Synchronisation der gesellschaftlichen Teilsysteme. Damit Gesellschaft als Ganzes funktionsfähig ist, so der zugrunde liegende Gedanke, bedarf es der Beobachtung von autopoietischen Teilsystemen wie Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft. Informationen aus diesen Teilsystemen müssen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden - diese Leistung übernimmt Journalismus. Geschlecht hat in dieser systemtheoretischen Modellierung seinen Platz als Form der stratifikatorischen Differenzierung - der Unterscheidung von männlich/ weiblich auf der Ebene der Akteure als psychischen Systemen. Sie ist der funktionalen Ausdifferenzierung vorgeschaltet und - grosso modo - für diese nicht weiter von spezifischer Relevanz. Kein Wunder also, dass in der systemtheoretisch modellierten Journalismus- und PR-Forschung geschlechtertheoretische Perspektiven in der Systemtheorie keine nennenswerte Relevanz haben (als Ausnahme Scholl 2008). Unvereinbarkeit zeigt sich insbesondere dort, wo systemtheoretische Modellierungen dezidiert normative Perspektiven ablehnen, demgegenüber jedoch geschlechtertheoretische Forschung explizit als kritische Forschung angelegt ist. 1 Theoretisches Potenzial für die Geschlechterforschung entwickeln die konstruktivistischen Prämissen systemtheoretischer Modellierungen. Medien konstruieren Wirklichkeiten, indem sie nach den ihnen eigenen Regeln und Selektionsmustern Bilder von sozialer Welt herstellen. Diese konstruktivistische Grundannahme ist für die Geschlechterforschung basal und anschlussfähig. Wird Geschlecht als soziales und kulturelles Konstrukt begriffen (vgl. auch Kapitel-1), so lässt sich Journalismus speziell oder öffentliche Kommunikation allgemein als Motor und Agent kultureller Deutungsprozesse beschreiben. Journalismus schafft Wirklichkeit(en) und gestaltet diese Wirklichkeitsentwürfe, die im Unterschied zur Literatur oder filmischen Erzählung den Anspruch auf Faktizität erheben, unter Rückgriff auf das System der Zweigeschlechtlichkeit, das mit den journalistischen Wirklichkeitsentwürfen zugleich beständig re-etabliert wird. 1 Innerhalb der soziologischen Geschlechterforschung wird ein systemtheoretischer Ansatz diskutiert, um das Verhältnis der asymmetrischen Unterscheidung von Männern und Frauen sowie der funktionalen Ausdifferenzierung von Gesellschaft genauer zu bestimmen (vgl. als Übersicht Pasero 2008: 245-ff.). <?page no="76"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 77 Mit dem Verständnis von Journalismus als kulturellem Deutungsmuster rücken diese konstruktivistischen Perspektiven in den Mittelpunkt. Journalismus wird hier nicht verstanden als ein ›Transportsystem‹, das Informationen an ein breites Publikum neutral übermittelt, sondern als spezifisches Narrationssystem, das fortlaufend deutende Rahmungen gesellschaftlicher Wirklichkeit zur Verfügung stellt (vgl. Klaus 2004). Dem Cultural Studies Approach folgend, werden journalistische Angebote als populäre Texte verstanden, die zur diskursiven Aushandlung hegemonialer Machtverhältnisse beitragen. Die sozialen Praktiken des redaktionellen Handelns werden zum Analysefeld der Produktionsforschung. Welche Muster des Handelns lassen sich in Prozessen der Informationsbeschaffung, -selektion und -bearbeitung identifizieren? Wie gerinnt professionelles Handeln in der Interaktion von sozialer Kommunikation und technisch basierten Entscheidungsprozessen? Wie etablieren sich neue Handlungsfelder als professionelle Muster? In welcher Weise stehen diese Prozesse in Relation zu Geschlechterstrukturen, greifen auf diese zurück oder verändern diese? Welche Eigensinnigkeit und Widerständigkeit lässt sich dabei erkennen? Für die Gender Media Studies stellen sich damit in der Analyse der Medienproduktion Fragen nach den geschlechtsgebundenen Mustern bei der Arbeitsorganisation sowie bei der Entwicklung von professionellem Selbstverständnis. Eine solche Analyse der Binnenstrukturen erscheint ergiebig, um davon ausgehend zu fragen: Wie entwerfen Journalismus und PR Bilder von Männern und Frauen? Wie reproduzieren sie fortlaufend das System der Zweigeschlechtlichkeit? In welcher Weise wird der Geschlechterdualismus zur Schreibfolie für die dichotome Unterscheidung weiterer Dualismen und Antagonismen - relevant/ irrelevant, seriös/ populär, legitim/ illegitim? Bei genauer Betrachtung erweisen sich zahlreiche dieser Unterscheidungen als implizit geschlechtlich konnotiert. Besonders deutlich wird dies im Spannungsverhältnis von Information und Unterhaltung. Aktuelle Wandlungsprozesse des Journalismus, die auf verstärkte Unterhaltungsorientierung und Boulevardisierung zurückgehen, lassen sich damit aus geschlechtertheoretischer Perspektive ertragreich analysieren. Im ersten Kapitel wurden vier theoretische Ansätze der Geschlechterforschung unterschieden: Gleichheitsforschung, Differenzforschung, interaktionistischer Konstruktivismus sowie diskurstheoretische Dekonstruktion. Diese theoretischen Konzeptionierungen lassen sich produktiv auf die Forschungsfelder Journalismus- und PR-Forschung übertragen. Damit können für die Analyse von Journalismus und PR folgende systematischen Forschungsfelder unterschieden werden: • In der Tradition der Gleichheitsforschung steht die Analyse der Teilhabe von Männern und Frauen im Berufsfeld im Mittelpunkt. Der Anteil von Frauen in unterschiedlichen journalistischen Ressorts und Hierarchien, in diversen PR-Rollen wird als horizontale und vertikale Segregation erfasst. Die Kommunikatorforschung fragt darüber hinaus nach Unterschieden bei der Bezahlung, Berufs- <?page no="77"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 78 zufriedenheit, Aufstiegsmöglichkeiten sowie Qualifikationen. Geschlecht wird dabei als demografische Variable bzw. als Merkmal von Personen erfasst und als essenzielles Differenzmerkmal begriffen. • In der Tradition der Differenzforschung rückt die Suche nach spezifischen Kommunikationspraktiken von Journalistinnen und PR-Praktikerinnen in den Mittelpunkt. »Schreiben Journalistinnen anders? «, lautet die Frage, die in den 1980er- Jahren - ähnlich wie in der Literaturwissenschaft - formuliert wurde. Mit Blick auf geschlechtsgebundene Management- und Kommunikationskonzepte richtet sich die Aufmerksamkeit später auf spezifisch weibliche Führungsstile, Interviewtechniken oder Berufsrollen-Ausprägungen. Welches Risiko mit solch geschlechtsgebundenen Zuweisungen verbunden ist, wurde in der US-amerikanischen PR-Forschung unter dem Stichwort »velvet ghetto« (Cline et al. 1986) bereits frühzeitig diskutiert. Eine vergleichbare Diskussion bahnt sich aktuell im deutschen Journalismus an. Dabei wird deutlich, dass die Diskussion um Differenz zwischen den Geschlechtern verbunden ist mit einer strukturorientierten Gesellschaftskritik: Differenz wird als Hierarchie wirksam. Mit der ›Feminisierung‹ einer Profession geht ihre Abwertung einher. • Im Konzept des interaktionistischen Konstruktivismus rückt die Analyse des Doing Gender, der Vergeschlechtlichung in Journalismus und PR in den Mittelpunkt. Wie, so gilt es zu fragen, wird Geschlecht im und durch Journalismus sowie PR hergestellt? Dies kann sich auf drei Ebenen des Kommunikationsprozesses (Medienproduktion, Medientext sowie Medienhandeln des Publikums) beziehen. An dieser Stelle werden der journalistische Produktionsprozess sowie die (re)produzierten Geschlechterstrukturen erforscht. Damit stellt sich hinsichtlich der KommunikatorInnen die Frage: Wie ist das professionelle Handeln von JournalistInnen sowie PR-PraktikerInnen mit Geschlecht verbunden? Wie verwebt sich also professionelles Handeln mit symbolischen Praxen der Zweigeschlechtlichkeit (Doing gender while doing journalism)? • Diskurstheoretische Dekonstruktion schließlich spielt bislang in der deutschen kommunikationswissenschaftlichen Forschung zu Journalismus und PR kaum eine Rolle. Fragen in dieser theoretischen Rahmung konzentrieren sich weniger auf konkretes journalistisches Handeln, sondern fokussieren grundsätzlich auf die geschlechtsgebundenen Narrative, die mit und durch Journalismus und PR diskursiv zur Verfügung gestellt werden. Hier ließe sich z. B. erforschen, wie - historisch und aktuell - dem Verständnis als Profession bereits Geschlechterbilder eingeschrieben sind. In welcher Weise greifen Artikulationen des Selbstverständnisses von AkteurInnen auf geschlechtsbezogene Attribuierungen zurück? Wie hat sich seit den 1920er-Jahren - in Lehrbüchern, Romanen oder Kinofilmen - Journalismus als prototypisch ›männliche‹ Profession etabliert? Mit wel- <?page no="78"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 79 chen Bildern, Erzählungen und Diskursen wird heute ein verändertes Berufsbild kommuniziert? Diese vier Theorierahmungen, die im ersten Kapitel entwickelt wurden, begleiten die weitere Darstellung und Diskussion der Problemstellungen, Befunde und Problemlagen in der Journalistik und PR-Forschung. Immer wieder wird auf diese Konzepte zurückgegriffen, um die erkenntnistheoretischen Grundlagen oder die gesellschaftspolitische Rahmung der Herangehensweise deutlich zu machen. Strukturiert wird das Kapitel anhand konkreter Problemlagen. Dabei werden die Bereiche Journalismus und PR nicht durchgängig gleichgewichtig aufscheinen. In der Berufsfeldforschung liegen zu beiden Teilbereichen detaillierte, wenngleich unterschiedlich strukturierte Daten vor. Deshalb folgen im nächsten Abschnitt empirische Befunde zur Geschlechterstruktur der Berufsfelder Journalismus und PR. Anschließend werden Schlussfolgerungen aus den aktuellen Daten der Kommunikatorforschung diskutiert. Einerseits steht dabei der Wandel von Professionen im Mittelpunkt. Andererseits geht es um inhaltliche Veränderungen. Diese Dimension wurde bislang vorrangig in der Journalistik und weniger in der PR-Forschung bearbeitet, weshalb das Augenmerk hier auf den Journalismus gerichtet ist. Es geht um das Verhältnis von Information und Unterhaltung. Analysiert wird, in welcher Weise die verstärkte Boulevardisierung, die im Journalismus zu beobachten ist, mit einem Wandel der Geschlechterverhältnisse verknüpft ist oder diesen zum Ausdruck bringt. 4.2 Berufsfeldforschung: Journalismus und PR »Der Journalismus wird weiblich«, so titelte die »Message. Internationale Zeitschrift für Journalismus« im Herbst 2007. Und in der Unterzeile fragte die Redaktion ein wenig ängstlich: »Wenn Frauen sich durchsetzen: Ändert sich der Inhalt? « (Message, o. A. 2007: 1). Illustriert ist das Cover mit einer Zeichnung, die eine energische, blonde Frau am Kopf des Konferenztisches sitzend zeigt. Einigen Männern ihres Alters macht sie entschiedene Ansagen: Sie analysiert die vor ihr liegende Zeitung und entwirft offenkundig Konzepte für die Zukunft. Die Angst, die in der Fachzeitschrift zur Sprache kommt, beruht auf ersten Auswertungen einer Delphi-Befragung der Universität Leipzig zur Zukunft des Journalismus (Haller 2007). Die Prognose eines gender switch im Journalismus lässt Fragen der Geschlechterforschung für die Berufsfeldforschung relevant werden. In der PR-Forschung hat diese Diskussion bereits lange Tradition. Als »velvet ghetto« (Cline et-al. 1986) bezeichneten Forscherinnen jene Entwicklung, in der ein beständig wachsender Frauenanteil in der PR das Berufsfeld prägt. Die Feminisierung der PR, so die Befürchtung, bedrohe <?page no="79"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 80 die Reputation der Profession und lasse auf längere Sicht einen Verlust an Einkommen erwarten (vgl. Lüdke 2001). Zweifellos haben sich die Geschlechterverhältnisse in Kommunikationsberufen in den letzten 20 Jahren in Deutschland nachhaltig gewandelt. Irene Neverla und Gerda Kanzleiter (1984) sprachen Anfang der 1980er-Jahre von Journalismus als einem Männerberuf. Mit einem Frauenanteil von 17 Prozent unter den festangestellten JournalistInnen zeigte sich die randständige Positionierung eindeutig. Die neueste repräsentative Journalistenbefragung aus dem Jahr 2005 erhebt einen Frauenanteil in der Profession von 37 Prozent (vgl. Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006: 45). Die Verdopplung des Frauenanteils im Journalismus binnen 20 Jahren hat nachhaltige Veränderungen in der horizontalen Struktur, der Verteilung innerhalb der Ressorts, und (weniger) in der vertikalen Struktur, also der Hierarchie vom Volontär über Redakteurinnen hin zur Ressortleitung und Chefredaktion, mit sich gebracht. Der Anteil von 37 Prozent Journalistinnen im Jahr 2005 verweist zwar auf einen ansteigenden Trend, aber von einer »Machtübernahme«, wie sie der »FAZ«-Mitherausgeber Frank Schirrmacher (2003) befürchtet hat, sind die Frauen weit entfernt (vgl. Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006: 45). Bereits Anfang der 1990er-Jahre hat Margreth Lünenborg (1997) im europäischen Vergleich einen Frauenanteil in den Redaktionen von circa einem Drittel ermittelt. Trotz beachtlicher Unterschiede im Sozial- und Arbeitsmarktsystem der Staaten zwischen Dänemark und Spanien erwies sich die Geschlechterstruktur im Journalismus als erstaunlich homogen. Spezifische Regeln, Ein- und Aufstiegsrituale der Profession erwiesen sich als dominant gegenüber ›weicheren‹ Faktoren des Sozialsystems wie Betreuungsangeboten für Kleinkinder, Regelungen zur Elternzeit, aber auch flexiblen Arbeitszeitmodellen im Journalismus. Zu diesem Zeitpunkt bewegten sich Journalistinnen in den USA bereits auf merklich höherem Niveau. Mit einem Anteil von gut einem Drittel in der Profession sind sie früher und zahlreicher in die Redaktionen eingestiegen und dort verblieben (vgl. Robinson 2005, Klaus/ Lünenborg 2007). Doch der Anteil von Journalistinnen in den USA stagniert bereits seit etwa 10 Jahren auf diesem Niveau (vgl. auch in globaler Perspektive Obijiofor/ Hanusch 2011: 91-ff.). Ein tatsächlicher Geschlechterwechsel von einer männlichen zu einer weiblichen Profession ist (anders als in der PR) bislang nicht in Sicht. Die Hierarchien sind - in den USA genauso wie in Deutschland - weiterhin fest in Männerhand. An der Spitze deutscher Redaktionen bewegt sich nahezu nichts: In Chefredaktionen hat der Frauenanteil innerhalb von 13 Jahren um ganze 3 Prozent zugenommen, von 19 Prozent im Jahr 1992 auf 22 Prozent im Jahr 2005. In der mittleren Führungsebene der Ressortleitung machen Frauen heute immerhin 29 Prozent aus, 1992 waren es noch 20 Prozent (vgl. Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006: 46). Johanna Dorer (2002a: 145-ff.) stellt für die österreichische Medienlandschaft fest, dass die Leitung von Tageszei- <?page no="80"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 81 tungen bis heute ausschließlich durch Männer wahrgenommen wird. Bei Unschärfen in der Grundgesamtheit geht sie von einem 30-Prozent-Anteil von Frauen im österreichischen Journalismus insgesamt aus. Demgegenüber verweist die aktuellste Erhebung im Jahr 2007 mit einem Frauenanteil von 42 Prozent (vgl. Kaltenbrunner/ Karmasin/ Kraus/ Zimmermann 2007: 115) auf eine deutliche Steigerung. Für die Schweiz dokumentieren Vinzenz Wyss und Guido Keel (2010: 251) einen Journalistinnenanteil von 35 Prozent (vgl. dazu auch Leonarz 2010). In Deutschland stellen Volontärinnen bereits seit Jahren die Mehrzahl, auf Redaktionsebene liegt der Anteil der Journalistinnen bei 39 Prozent. Entscheidend für die Entwicklung der Geschlechterdynamik in der Profession sind also zum einen der Verbleib von Frauen im Journalismus sowie zum anderen ihre Chancen (und der eigene Entschluss), innerhalb der Hierarchie aufzusteigen und damit publizistische wie gestalterische Entscheidungsmöglichkeiten zu haben. Bislang erweist sich genau das als zentrales Problem, und es ist mittlerweile eine durchaus weit verbreitete Erkenntnis, dass dafür strukturelle Veränderungen der Arbeitsbedingungen erforderlich sind: »Die Anpassungsleistung kann nicht von den auf die Doppelrolle eingestimmten Frauen, sie muss von den männlichen Redaktionsmanagern geleistet werden […] Zum Beispiel die Flexibilisierung der Arbeitsabläufe, der Aufbau der Infrastruktur, Job-Sharing« (Haller 2007: 14). Forderungen, die in der Frauenforschung und von Journalistinnen bereits in den 1980er-Jahren formuliert wurden, haben im 21.- Jahrhundert damit Eingang in die ›Mainstream‹- Kommunikatorforschung gefunden. Bemerkenswert an den aktuellen Wandlungsprozessen im Journalismus erscheint, dass sich die geschlechtsgebundene Verteilung nach Ressorts und damit inhaltlichen Zuständigkeiten deutlich nivelliert hat. So sind Frauen in den Politikressorts annähernd gemäß ihrem Anteil in der Profession insgesamt vertreten. Im Jahr 2010 ermittelte eine Onlinebefragung von PolitikjournalistInnen in Deutschland einen Frauenanteil von 32 Prozent, wobei der Anteil in der jüngeren Kohorte deutlich höher war (vgl. Lünenborg/ Berghofer 2010). Noch in den 1980er-Jahren, das zeigen die ersten Studien in Deutschland, waren die Politikredaktionen quasi frauenfrei (vgl. Neverla/ Kanzleiter 1984). Daran hat sich Grundlegendes geändert. Die Arbeit im Politikressort gehört genauso zum Repertoire von Journalistinnen wie die in der Kultur, dem Lokalen oder dem Ratgeber. Dennoch hält sich die These von ›Frauenressorts‹ und ›Männerressorts‹ bis heute hartnäckig. Die Behauptung einer merklichen Unterrepräsentanz der Frauen im Politikressort im Vergleich zu anderen Arbeitsbereichen durchzieht die Forschung bis heute. So konstatierte das Team der ersten nationalen Studie »Journalismus in Deutschland«, »dass es nach wie vor ›typisch männliche‹ und ›typisch weibliche‹ Ressorts gibt […] Eine Reihe von Ressorts erweist sich deutlich als ›männlicher‹ Arbeitsbereich. Dazu gehören vor allem das Politik- und das Wirtschaftsressort« (Weischenberg et-al. 1994: 19-f.). In der Nach- <?page no="81"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 82 folgestudie von 2006 werden die Daten über den Anteil von Männern und Frauen in den Ressorts nicht nach Geschlecht differenziert dargestellt. Aufgrund immer zahlreicher werdender, nicht ressortgebunden arbeitender JournalistInnen verringert sich die Validität der verbleibenden Daten zur Ressortbindung. Dennoch erscheint hier ein detaillierter Blick gewinnbringend. Vergleicht man die Reihung der Fachressorts, in denen Journalistinnen am häufigsten arbeiten, gegenüber denen ihrer (männlichen) Kollegen, so verliert sich die (früher festgestellte) Differenz zwischen den Geschlechtern in wesentlichen Bereichen. In den Ressorts Politik/ Aktuelles, Wirtschaft oder Lokales sind keine signifikanten Unterschiede festzustellen. Das heißt, innerhalb der Gruppe der Journalistinnen ist ein Arbeitsplatz in diesen Ressorts proportional genauso häufig anzutreffen wie unter ihren männlichen Kollegen. Hochgradig signifikante Unterschiede gibt es in den Ressorts Sport, Feuilleton sowie Ratgeber/ Service. Damit ließ sich für den Journalismus in Deutschland bereits Anfang der 1990er-Jahre feststellen: »Die horizontale Struktur des Systems Journalismus ist keineswegs (mehr) in dem Maße geschlechtsspezifisch strukturiert[,] wie es die Forschung uns bislang annehmen ließ. Frauen weichen nicht in die Nischenressorts aus« (Lünenborg 1997: 115). Mit diesem Argument nämlich versuchen einige JournalismusforscherInnen die extremen Differenzen im Karriereverlauf von Männern und Frauen zu erklären. So begründen Siegfried Weischenberg, Susanne Keuneke, Martin Löffelholz und Armin Scholl (1994: 22) die unterschiedlichen Ressortzugehörigkeiten von Frauen und Männern für differierende Karrierewege. »In ›männlichen‹ Ressorts wie Politik und Wirtschaft kann sich ein(e) JournalistIn wohl eher ›einen Namen machen‹ als in weiblichen ›Bastionen‹ wie Mode, Ratgeber oder Familie.« In der aktuellen Bestandsaufnahme der Profession wird auch auf die PR als ›frauenaffiner Bereich‹ verwiesen (vgl. Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006: 47). Tatsächlich ist dieses Arbeitsfeld deutlich stärker von Frauen geprägt, dazu später mehr. Die Konstruktion des Politikressorts als männliches Feld in Abgrenzung zum ›frauenaffinen Bereich‹ der PR oder zu ›weiblichen‹ Ressorts macht deutlich, in welchem Maße professionsintern Grenzziehungen via Geschlecht vorgenommen werden. Hier lässt sich detailliert nachzeichnen, wie Segmente und Tätigkeitsfelder einer Profession vergeschlechtlicht und hierarchische Differenzierungen als geschlechtliche markiert werden. Historische Perspektiven Identifiziert man aktuelle Bemühungen zur Re-Definition des Berufsfeldes Journalismus, so erscheint es aus geschlechtertheoretischer Sicht zugleich lohnend, historisch die Konstituierung der Profession nachzuzeichnen. Susanne Kinnebrock (2008, 2009) kann anhand von Personenverzeichnissen im Lexikon »Frauen der <?page no="82"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 83 Feder« 2 nachweisen, dass die Konstituierung von Journalismus als ›männlicher Profession‹ maßgeblich durch die Definition von Festanstellung als Zugangsvoraussetzung allein von Redakteuren als Journalisten realisiert wurde. In weit größerem Umfang als bis dahin bekannt spielen Journalistinnen als freiberuflich tätige Autorinnen bereits im 19.-Jahrhundert eine Rolle. Elisabeth Klaus (2000) zeigt für den Beginn des 20.-Jahrhunderts, dass mit einem Rückgriff auf die Daten des »Reichsverbands der Deutschen Presse« der Frauenanteil in der Profession systematisch unterschätzt wurde. Einerseits war nur ein kleiner Teil der journalistisch Tätigen dort organisiert, andererseits hatte die Berufsorganisation lange Zeit keine Frauen als Mitglieder zugelassen. Ein Anteil von 2,5-Prozent im Jahr 1925 zeigt diesen Status als »bestaunte Exotinnen« (Matzen, zit.-n. Klaus 2000: 4). Selbst wenn die Teilhabe an der Profession weit gefasst wird, ist jedoch erkennbar, dass Frauen nur in sehr eingeschränktem Umfang die Konstituierung von Journalismus als Profession gestalteten. Neben der zahlenmäßigen Randstellung ist auch eine explizite Vergeschlechtlichung der Berufsfelder bekannt. Als soziale Struktur ist diese Geschlechterhierarchie in Einzelfällen sogar rechtlich legitimiert. So sieht der Breslauer Tarifvertrag einen 20-prozentigen Abschlag für »weibliche Redakteure« (ebd.: 5) vor. Darüber hinaus wird die Struktur des Journalismus vergeschlechtlicht und damit Frauen nur beschränkt Zugang zur Profession ermöglicht. Otto Groth (1930: 73) liefert in seinem Grundlagenwerk zum »System der Zeitungskunde« eine Situationsbeschreibung, die zugleich als normatives Regulativ wirksam wird: »Frauen gibt es nur wenige am rein politischen und Handelsteil, einige betätigen sich in der lokalen Berichterstattung […] Aber die Frauen sind sogar trotz der großen Zahl der Schriftstellerinnen auch im Feuilleton, wo sie hauptsächlich als Kunst-, Theater- und Musikrezensentinnen verwendet werden, nicht häufig. Und man könnte doch meinen, daß ihnen diese Tätigkeit bei ihrem Subjektivismus und ihrer Fähigkeit zu plaudern naheliege.« Ein vermeintliches ›Wesen der Frau‹ wird hier differenztheoretisch konstitutiv für Prozesse systematischer Ausgrenzung einerseits, andererseits bildet es die Basis für erfolgreiche Biografien von Kulturredakteurinnen wie Autorinnen der weit verbreiteten Frauenbeilagen. Josef Seethaler und Christian Oggolder (2011) zeichnen für den österreichischen Journalismus in der Ersten Republik auf Basis von Daten der »Organisation Wiener Presse« bei Festangestellten bei Tageszeitungen einen Frauenanteil von 4,1-Prozent (1918) bis 9,2-Prozent (1933) sowie bei freiberuflich Tätigen von 6,3-Prozent bis 23,1-Prozent nach. Erkennbar wird daran gleichzeitig die soziale Ungleichgewich- 2 »Lexikon deutscher Frauen der Feder. Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienenen Werke weiblicher Autoren nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme«. Hrsg. von Sophie Pataky, Pforzheim 1898, Nachdruck 1987. <?page no="83"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 84 tigkeit, mit der Frauen in der Profession ihren Platz fanden, sowie die Dynamik des Journalismus in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, in dem Frauen sich zunehmend ihren Platz erkämpften. In ihrer machttheoretisch inspirierten Analyse, anknüpfend an Foucault, identifizieren Seethaler und Oggolder einen eindeutigen Zusammenhang zwischen linker oder linksliberaler politischer Ausrichtung der Zeitung und ansteigender Teilhabe von Journalistinnen. Insbesondere wenn neue, politisch links orientierte Titel auf den Markt kamen oder Zeitungen sich nach einem Relaunch neu politisch links positionierten, stieg der Anteil von Journalistinnen beträchtlich. Die Autoren bewerten dies als treibende Kräfte einer gesellschaftlichen Sichtbarkeit von Frauen, die durch den Nationalsozialismus nachhaltig zurückgedrängt wurde und sich erst Jahrzehnte später wieder auf vergleichbarem Niveau etablieren konnte. Berufsfeld PR Die Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse im Bereich der PR lässt sich noch deutlicher als Form der Vergeschlechtlichung einer Profession lesen. Bereits 1986 analysieren US-amerikanische Forscherinnen das »velvet ghetto« (Cline et-al. 1986). Insbesondere mit Blick auf die Ausbildung an amerikanischen Universitäten befürchten sie eine Ghettoisierung weiblicher PR-Professionals und dadurch mittelbar eine Bedrohung der Profession durch Feminisierung (vgl. Lüdke 2001, Fröhlich 1994). Die US-amerikanische Forschung zeichnet die massiv wachsende Präsenz von Frauen im Berufsfeld PR systematisch nach (vgl. als Übersicht Fröhlich/ Peters/ Simmelbauer 2005: 18-ff.). Stellten PR-Praktikerinnen in den 1960er-Jahren mit 10-Prozent eine randständige Minderheit, so vollzog sich der Wechsel zu einer von Frauen dominierten Profession in den 1980er-Jahren. Mittlerweile machen Frauen etwa zwei Drittel der Beschäftigten im Berufsfeld aus. Intensiv hat sich die Forschung damit auseinandergesetzt, dass mit der zunehmenden Präsenz von Frauen im PR-Berufsfeld eine Rollendifferenzierung einsetzte, die zwischen einer Technikerrolle und einer Managementrolle unterscheidet. Dabei werden Frauen in der Profession überwiegend die weniger qualifizierte Technikerrolle zugeschrieben (und sie schreiben sich diese auch selbst zu), während Männer die strategische Managementfunktion übernehmen. Die von manchen vorgebrachte Sorge um eine Dequalifizierung der Profession durch einen wachsenden Frauenanteil knüpft an diese Rollenunterscheidung an: Nur oder insbesondere in der Managementfunktion lässt sich PR als autonome, strategisch relevante Organisationsressource begreifen. In der mehr administrativen Technikerrolle dagegen reduziert sich Öffentlichkeitsarbeit auf eine umsetzende und dienstleistende Funktion. In der Verhandlung der Geschlechterordnung innerhalb der PR verbirgt sich also eine Verhandlung der Autonomie und <?page no="84"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 85 Gestaltungsmacht der Profession. Deutlicher können die Achsen Macht und Geschlecht kaum miteinander verbunden sein. Die deutschsprachige PR-Forschung kann nicht über denselben Umfang an systematischen, repräsentativen und Langzeitdaten zurückgreifen, die in den USA zur Verfügung stehen. Dennoch lässt sich auch hier eine ähnliche Struktur nachzeichnen. Ulrike Röttger ermittelte 2000 einen Frauenanteil in Leitungsfunktionen des PR-Berufsfeldes von 31-Prozent. Romy Fröhlich, Sonja Peters und Eva-Maria Simmelbauer (2005) konstatieren einen Frauenanteil in der Fachgesellschaft DPRG (Deutsche Public Relations Gesellschaft e.-V.) von 45-Prozent, gehen jedoch davon aus, dass wegen hoher Mitgliedsbeiträge dies nicht den tatsächlichen Anteil im Berufsfeld widerspiegelt (ebd. 25). Insbesondere in den Ausbildungswegen für die PR verdeutlicht ein Frauenanteil von 50 bis 80-Prozent eine nachhaltige Veränderung des Berufsfeldes (vgl. Fröhlich 2002). Auch die deutschsprachige PR-Forschung greift bei der Analyse von Rollenbildern auf die Unterscheidung von Management- und Technikerrolle zurück. So konstatieren Fröhlich, Peters und Simmelbauer (2005: 37-ff.) in einem Forschungsüberblick, dass mit der ungleichen Verteilung der Geschlechter in die typisierten Berufsrollen deutliche Gehaltsunterschiede begründet werden. Zugleich wird die Frage aufgeworfen, ob eine solche auf subjektiven Zuschreibungen beruhende Unterscheidung tatsächlich angemessen die Berufswirklichkeit der Profession beschreibe. Zugespitzt gefragt: Konstruiert Berufsrollenforschung möglicherweise eine Dichotomie, die anschließend entlang der Geschlechterdichotomie verifiziert wird? Dieser Vorhalt ist nicht von der Hand zu weisen, denn schon die Bewertung von Tätigkeitselementen und deren hierarchische Strukturierung beinhaltet vorgelagerte Vorstellungen von Relevanz und Qualität, die oftmals implizit geschlechtlich aufgeladen sind. Schreiben Frauen anders? Ähnlich wie die Literaturwissenschaft beschäftigte auch die Journalismusforschung das Problem eines »weiblichen Journalismus« (vgl. Keil 1992). Schreiben Frauen anders? Verändert sich der Blick auf die Welt, wenn zu einem höheren Anteil Frauen sie beschreiben und sie auch entscheiden, welchen Charakter die Beschreibung hat? Schon die Fragestellung erscheint aus heutiger Sicht problematisch. Greift sie doch auf ein essenzialistisches Geschlechterverständnis zurück, das davon ausgeht, ›Frausein‹ und ›Mannsein‹ sei unterscheidbar. Differenztheoretisch basiert wird also nach den Folgen von Geschlechterdifferenz in der journalistischen Arbeit und der Kommunikationspraxis gesucht. Zurückgegriffen wird dabei in aller Regel nicht auf biologische, sondern auf sozial-kulturelle Differenz qua Geschlecht. Unterschiedliche <?page no="85"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 86 Lebenserfahrungen, unterschiedliche Sichtweisen oder Interpretationsmuster bringen, so die zugrunde liegende Annahme, unterschiedliche Kommunikationspraxen mit sich. Wird in der Managementforschung auf weibliche Teamfähigkeit oder spezifisch weibliches Kommunikationsvermögen als Potenzial zurückgegriffen, so lässt sich ähnliches in der PR-Forschung identifizieren. Kooperationsfähigkeit, Fürsorge, Gerechtigkeitssinn - mit solchen psychologischen Fähigkeiten charakterisieren US-amerikanische ForscherInnen Frauen im Berufsfeld PR (vgl. Grunig/ Toth/ Hon, zit.-n. Fröhlich/ Peters/ Simmelbauer 2005: 144). Fröhlich (2002) spricht von der »Freundlichkeitsfalle«, in die Frauen in PR-Berufen tappen, wenn auf ihr spezifisches Kommunikationsvermögen rekurriert werde. Empirisch zeigt sich, dass die Haupttätigkeitsfelder von PR-Praktikerinnen gerade nicht in jenen Bereichen liegen, in denen ihnen spezifische Kompetenz zugebilligt wird. »Es sind vor allem die ›freundlichen‹ Argumentationen über die besondere Eignung von Frauen für PR, die uns im wahrsten Sinne des Wortes ›fesseln‹, denn die weit verbreitete These von der besonderen kommunikativen weiblichen Begabung erscheint im Berufsfeld PR als ein neues Korsett, das zwar im positiven Gewande daherkommt, Flexibilität im Handeln und situationsbedingtes Verhalten aber genauso erschwert wie ältere, weniger freundliche Stereotype« (Fröhlich/ Peters/ Simmelbauer 2005: 156). Schauen wir uns die Situation und Diskussion im Berufsfeld Journalismus genauer an. Die Suche nach einem ›weiblichen Schreiben‹ beruhte gleichfalls auf der Annahme, dass sozial-kulturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der journalistischen Praxis ihren Ausdruck in differenten Formen der Themensuche oder der Themenbearbeitung finden müssten. Elisabeth Klaus (2005: 187- ff.) hat die ambivalenten Antworten zu dieser Annahme als »Nein, aber-…« zusammengefasst. Nein, weder in den Selbstbeschreibungen, noch in den vorliegenden empirischen Befunden lassen sich systematische Differenzen qua Geschlecht identifizieren. Aber - so artikulieren es zumindest befragte Journalistinnen - unterschiedliche Lebenswelten schon, differente Alltagserfahrungen erzeugen durchaus einen Unterschied in der journalistischen Praxis. Auf dieser Grundlage wurde eine verstärkte Orientierung an alltagsnahen Themen, eine Ausrichtung auf ein breites und vielfältiges Publikum sowie ein stärker an Personen und ihren Biografien angelehntes journalistisches Arbeiten als besondere Qualität von (manchen) Journalistinnen konstatiert. Doch eine empirische Validierung gelingt schwerlich: Durchgängig verweisen standardisierte Befragungen von Journalistinnen und Journalisten zu ihrem beruflichen Selbstverständnis nicht erkennbar auf geschlechtsspezifische Unterschiede. Das Selbstbild als neutrale Berichterstatterin oder anwaltschaftlicher Fürsprecher variiert nicht signifikant qua Geschlecht (vgl. Keuneke/ Kriener/ Meckel 1997, Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006). Dies lässt erkennbar werden, dass das professionelle Selbstverständnis als ideale Norm geschlechtsunabhängig wirksam ist. Die berufliche Sozialisation durch Studium, Volontariat und redaktionellen Alltag lässt Män- <?page no="86"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 87 ner wie Frauen ein berufliches Ideal anstreben (und in Befragungen reproduzieren), das unabhängig von Dimensionen des Geschlechts zu sein scheint. Dies macht einerseits auf Lern- und Anpassungsprozesse innerhalb des professionellen Gefüges aufmerksam. Zugleich muss an dieser Stelle kritisch gefragt werden, ob und in welcher Weise diesen professionellen Rollenkonzepten bereits geschlechtsgebundene Merkmale innewohnen. Wie stark ist z. B. das Ideal des investigativen Reporters, der leidenschaftlich und ohne Rücksicht auf Konventionen oder eigene Arbeitszeit eine Geschichte aufdeckt, mit Geschlechtervorstellungen verknüpft? Im Konzept der dekonstruktiven Geschlechterforschung erscheint es deshalb erforderlich, die Frage zu reformulieren. Hier gilt es nicht länger nach einem ›männlichen‹ und einem ›weiblichen‹ Journalismus zu suchen. Stattdessen werden Praktiken des ›doing gender while doing journalism‹ identifiziert. Im Zentrum steht dabei das Problem nach der Verbindung geschlechtsgebundener und professioneller sozialer Praktiken. Das Geschlecht wird nicht abgelegt oder gänzlich überlagert bei der Übernahme einer professionellen Rolle; es ist aber auch nicht determinierend für das professionelle Handeln. Vielmehr findet ein beständiges Aushandeln von Normen und Praktiken statt. Besonders stark erkennbar sind diese Aushandlungsprozesse bei der Etablierung neuer beruflicher Muster, Normen und Strukturen erkennen. Welche neuen professionellen Handlungsmuster entstehen im Journalismus unter Bedingungen der Digitalisierung? Wie etablieren sich darin Geschlechterverhältnisse? Sind sie neu? Wenn ja, wie verändern sie im Journalismus das Verständnis und den Einsatz von Technik? Trotz der genannten Fragen nach der De-Konstruktion von Geschlecht, wird in der Journalismusforschung zugleich immer wieder die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz von Geschlechterdifferenz aufgeworfen. Hat das Geschlecht Relevanz für journalistisches Handeln und damit letztlich für das journalistische Produkt? Diese Frage hat zahlreiche Forscherinnen und Forscher beschäftigt. Angetrieben werden diese Forschungsimpulse von zwei gegensätzlichen Motiven: einerseits von der kritisch-feministischen Sehnsucht, dass es lohnt, für mehr Frauen in den Redaktionen zu streiten, weil es am Ende einen Unterschied macht, was Männer und Frauen schreiben. Hier sind insbesondere politisch motivierte Forschungsansätze zu verorten wie das Global Media Monitoring Project (GMMP), das alle fünf Jahre weltweit die Präsenz von Frauen in Nachrichten und die Autorschaft der Nachrichten analysiert. Gender matters, so lässt sich knapp gefasst die Position charakterisieren. Demgegenüber erscheinen andererseits Analysen der Kommunikatorforschung primär davon geprägt, die Subjektunabhängigkeit der Nachrichtenproduktion aufzuzeigen - gender doesn’t matter. Der Nachweis einer Geschlechterindifferenz in der journalistischen Produktion - ob Mann oder Frau Nachrichten auswählen und produzieren macht keinen Unterschied - erscheint als bedeutsame Legitimation journalistischer Qualitätskriterien. Objektivität und Neutralität von Journalismus können dann (und nur dann) als universelle Gütekriterien gehandelt werden. <?page no="87"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 88 Zwischen diesen antagonistischen Positionen argumentieren die israelischen Kommunikationsforscherinnen Aliza Lavie und Sam Lehman-Wilzig (2005). Sie diskutieren die weit gesteckte Frage, ob das Geschlecht Einfluss auf journalistische Produktion hat, aus methodologischer Sicht. Sowohl Befragungen als auch Inhaltsanalysen, so konstatieren sie, weisen Schwächen auf, da sie die komplexe Interaktion zwischen dem Geschlecht der Handelnden und dem journalistischen Produkt nur begrenzt erfassen können. Sie plädieren deshalb für eine Kombination quantitativer und qualitativer Verfahren sowie die Verbindung von Befragung und Textanalyse. Die vermeintlich simple Frage »Hat es einen Einfluss, ob Männer oder Frauen Nachrichten machen? « lässt sich also keineswegs einfach beantworten. Als Motor für einen Wandel der Berichterstattung identifizieren Lavie und Lehman-Wilzig (2003: 24) weniger den Anteil von Journalistinnen als vielmehr die Anforderungen des Publikums: »Thus, the growing empowerment of women may indeed change the news, but more from the bottom up (women as audience) than from the top down (women as editors).« Gender matters - so lässt sich das Ergebnis zusammenfassen. Aber Geschlecht wird hier nicht allein als strukturierende Dimension eines Berufsfeldes begriffen, sondern weiter gefasst als eine die Gesellschaft strukturierende Kraft. 4.3 Boulevardisierung im Journalismus In der journalistischen Profession vollzieht sich aktuell ein grundlegender Wandel auf unterschiedlichen Ebenen, der vielfältig mit einer Veränderung von Geschlechterstrukturen und einer Verschiebung der Geschlechterverhältnisse verbunden ist. Journalismus wandelt sich inhaltlich durch die Ausdifferenzierung vielfältiger Formate und Angebote. Das Berufsfeld wandelt sich sozial-strukturell durch eine fortschreitende Lösung von Festanstellungen und Ausweitung freiberuflicher, oftmals prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Journalismus wandelt sich funktional durch Unschärfe gegenüber anderen Formen öffentlicher Kommunikation (z. B. PR oder Unterhaltungskommunikation) und büßt damit verbunden die exklusive Deutungsmacht in aktuellen gesellschaftlichen Diskursen ein. Auf der inhaltlichen Ebene erscheinen neben der historisch als ›Kern des Journalismus‹ bezeichneten Politikberichterstattung durch Nachrichtenagenturen, Tageszeitungen und Magazine vielfältige andere Formen der journalistischen Berichterstattung. Nach wie vor sind die traditionellen Medien - Tageszeitungen und Nachrichtenagenturen vorn weg - diejenigen mit dem geringsten Frauenanteil (vgl. Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006). Die höchsten Anteile gibt es in den elektronischen Medien, insbesondere bei den kommerziellen Anbietern. Diese Entwicklung ist nicht <?page no="88"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 89 allein in Deutschland zu beobachten, auch im europäischen und nordamerikanischen Kontext zeigt sich, dass neue journalistische Arbeitsmärkte durch die Öffnung für private Anbieter und durch die Regionalisierung öffentlicher Angebote insbesondere Frauen den Zutritt in die Profession ermöglichen (vgl. Lünenborg 1997, Robinson 2005). Diese Öffnung der Profession und die ansteigende Zahl von JournalistInnen seit den 1990er-Jahren hat erhebliche Unruhe mit sich gebracht. Für das Feld der politischen Berichterstattung lässt sich dabei beobachten, dass Strukturen, die in Jahrzehnten gewachsen sind, abrupte Veränderungen erfahren haben. Eine langjährig geschlossene Elite politischer (ganz überwiegend männlicher) Journalisten hat sich zu einer »Meute« (so die Fotografin Herlinde Koelbl 2001) gewandelt. Dieser Image- und Statuswandel einer Profession verbindet sich mit einem Geschlechterwandel. Mit dem analytischen Instrumentarium der Geschlechterforschung lässt sich die geschlechtsgebundene Bewertung journalistischen Handelns kritisch revidieren. Betrachten wir Geschlecht als soziale und kulturelle Konstruktion, so machen Journalistinnen keineswegs qua Geschlecht einen ›anderen‹ Journalismus - weder per se einen emanzipatorischen, noch per se einen trivialisierenden. Sozialkonstruktivistisch lässt sich mit Angelika Wetterer (2002) vielmehr »Geschlecht als sozialer Platzanweiser« begreifen. Insbesondere in Phasen des Wandels einer Profession ist zu erkennen, wie eine Neustrukturierung des beruflichen Feldes mit einer hierarchischen Organisation der Geschlechterarrangements einhergeht. Aber es ist nicht allein diese Ausdifferenzierung von Rollen und Funktionen in der Politikberichterstattung, es ist auch die strukturelle Ausdifferenzierung und gleichzeitige Entgrenzung journalistischer Produktion, die mit der Verschiebung der Geschlechterstrukturen im Journalismus einhergeht und diese zugleich ermöglicht. Knapp soll deshalb hier diskutiert werden, wie eine Veränderung der Geschlechterverhältnisse im Journalismus in Verbindung steht mit veränderten Strukturen und Formationen journalistischer Produkte (also der Ebene der Medienrepräsentationen). Versucht man, Journalismus in seinen vielfältigen Ausdrucksformen zu erkennen und seine Relevanz für die Gesellschaft zu beschreiben, so reicht eine Konzentration auf den politischen Journalismus und hier insbesondere den Nachrichtenjournalismus längst nicht mehr aus. Das Repertoire journalistischer Themen, Formen und Formate hat sich beträchtlich erweitert. Charakteristisch dafür ist eine verstärkte Publikumsorientierung, die vielfältige Ausdrucksformen findet (vgl. dazu ausführlich Lünenborg 2005, 2009). Exemplarisch seien an dieser Stelle einige Phänomene genannt und deren Folgen für öffentliche Kommunikation beleuchtet. Die Entwicklung neuer Erzählformen und Präsentationsweisen hat eine verstärkte Alltagsorientierung in den Journalismus einziehen lassen. Unübersehbar wird diese in verschiedenen Formaten des Reality-TV, die dokumentarisches Erzählen in <?page no="89"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 90 veränderter Form repräsentieren. Ohne an dieser Stelle ethische und professionelle Konflikte von medialer Inszenierung und voyeuristischer Zurschaustellung ignorieren zu wollen, beinhalten diese Formate auch das Potenzial, zu einer Öffnung und damit Demokratisierung von MedienakteurInnen, ihren Lebenspraktiken und Ausdrucksweisen beizutragen. Das Eintreten ›normaler Menschen‹ mit ihrer Sprache und ihren Lebenswelten in die massenmediale Öffentlichkeit erweitert das Repertoire - auch und insbesondere hinsichtlich der Geschlechterstrukturen. Mit der Alltagsorientierung rücken Frauen und Männer zunehmend gleichgewichtig in den Vordergrund journalistischer Aufmerksamkeit. Serviceorientierung gilt im Journalismus nicht länger als lästiges Accessoire, sondern ist zu einem integralen Bestandteil journalistischer Aufgaben und Leistungen geworden, mit der sich zudem erfolgreich Geld verdienen lässt. Was bis in die 1990er-Jahre ein Schattendasein im ›Ratgeberressort‹ fristete und in der Kommunikatorforschung als klassisches ›Frauenressort‹ identifiziert wurde, hat unter dem Namen news to use neuen Glanz erhalten und feiert als »Nutzwert-Journalismus« (Fasel 2004, Eickelkamp 2011) Erfolge. Ob Wirtschaftsberichterstattung, Reise- oder Technikjournalismus - zentrale Orientierungsgröße in der journalistischen Arbeit ist der Anspruch, der Leserin oder dem Nutzer hilfreiche, entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen: Nachrichten, die für die eigene Alltagsgestaltung des Publikums Relevanz haben, sind damit ein fundamentaler Unterschied zum traditionellen politischen Nachrichtenjournalismus. Dieser Funktionswandel in Teilen des Journalismus ist dabei keineswegs unproblematisch. Insbesondere in diesem Bereich des Nutzwertjournalismus ist die Grenze zwischen PR und journalistischer Leistung oftmals nicht klar zu ziehen. Im Bereich der Very-Special-Interest-Angebote beruht die Expertise der JournalistInnen auf besonders intensiven Verbindungen zu den Herstellern oder Anbietern spezifischer Produkte oder Dienstleistungen. Das Ideal journalistischer Unabhängigkeit ist unter diesen Bedingungen nur durch sehr strenge redaktionelle Verhaltensregeln und Sanktionen zu gewährleisten (vgl. Dernbach/ Quandt 2009). In diesem Bereich der unscharfen Grenze zwischen PR und Journalismus lassen sich besonders deutlich Formen der funktionalen Entdifferenzierung von Journalismus nachzeichnen. Schließlich ist aktueller Journalismus durch eine zunehmende Unterhaltungsorientierung gekennzeichnet. Ob in der News-Show, der Talk-Runde, der dokumentarischen Erzählung oder großen ›Seite Drei‹-Geschichte in überregionalen Tageszeitungen, Kriterien der Unterhaltsamkeit in der Themenauswahl und Präsentationsweise haben immens an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklungen sind einerseits einer verstärkten Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Medien zuzuschreiben, andererseits - und dieser Gedanke wird später weiter verfolgt - verweisen sie auf eine systematische Berücksichtigung des Publikums, seinen Rezeptionsgewohnheiten und -interessen. Die Frage, welche Bedeutung und gegebenenfalls <?page no="90"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 91 Bedrohung die Unterhaltung für den Journalismus darstellt, wird in der Kommunikationswissenschaft leidenschaftlich und kontrovers diskutiert (vgl. dazu die unterschiedlichen Positionen in Scholl/ Renger/ Blöbaum 2007). Unabweislich ist aus historischer Perspektive, dass erst durch und mittels Unterhaltung vielfältige journalistische Angebote für ein Massenpublikum attraktiv wurden und damit eine Öffnung in die Gesellschaft stattfand (vgl. dazu Klaus/ Lünenborg 2000, Lünenborg 2007). Aktuell lässt sich konstatieren, dass Unterhaltung und Unterhaltsamkeit ein integraler Bestandteil journalistischer Kommunikation sind. Zusammengefasst bedeutet das: Eine massive Ausweitung des journalistischen Angebots hat den Markt für Journalistinnen geöffnet. Mit dieser Öffnung einher ging und geht ein struktureller, inhaltlicher und gestalterischer Wandel. Als strukturelles Problem tritt dabei unter anderem eine fortschreitende Entdifferenzierung zu Formen der medialen Unterhaltung und zur PR auf. Diese Wandlungsprozesse gehen mit einem Geschlechterwandel einher. Die quantitativ stärkere Präsenz von Frauen im Journalismus - besonders stark in sozial wenig abgesicherten, schlechter bezahlten Bereichen und Beschäftigungsformen - wird als Bedrohung der Profession bewertet. Auf diese Weise dient einmal mehr Geschlecht im Journalismus als sozialer Platzanweiser. Boulevardisierung Frauensache? Zur geschlechtsgebundenen Unterscheidung von Information und Unterhaltung Eine zunehmende Unterhaltungsorientierung im Journalismus veranlasst manche Forscher zu kritischen Prognosen. Dem normativen Ideal des Aufklärungsjournalismus wird die Bedrohung durch eine Orientierung am breiten Publikumsgeschmack gegenübergestellt. Erkennbar wird dabei das Gegensatzpaar »Aufklärung versus Unterhaltung« in seiner geschlechtsgebundenen Konstruktion. Dabei lässt sich präzis nachzeichnen, was in der Geschlechterforschung als »Vergeschlechtlichung von Arbeit« (Aulenbacher/ Meuser/ Riegraf 2010: 150) bezeichnet wird. Regine Gildemeister und Angelika Wetterer (1992: 222) haben herausgearbeitet, wie eine »Umschrift der Differenz« erfolgen kann, wenn Berufe einen Geschlechterwechsel erleben. Historisch nachweisbar ist, dass die Umwertung vormals ›männlicher‹ Arbeit in nunmehr ›weibliche‹ Arbeit in der Regel mit einer Abwertung korreliert. Eben dies lässt sich aktuell im Journalismus rekonstruieren. Dies gelingt, indem das dualistische Geschlechtersystem mit einem anderen, für Journalismus konstitutiven Dualismus in Verbindung gebracht wird. Information und Unterhaltung werden als Gegensatzpaar gesehen, die im Diskurs der Postmoderne ebenso herausgefordert sind wie andere dichotome Unterscheidungen - Natur/ Kultur, Körper/ Geist -, die gleichermaßen auf Geschlechterbezüge referieren (vgl. Aulenbacher/ Meuser/ Riefgraf 2010: 126-f.). <?page no="91"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 92 Elisabeth Klaus (1996) hat detailliert dargelegt, wie implizit geschlechtsgebunden der Gegensatz von Information und Unterhaltung in der Kommunikationswissenschaft als wissenschaftliches Artefakt (also als ein durch die empirische Erhebungsmethode hergestelltes Phänomen) geschaffen wurde. In der Journalismusforschung dient die Abgrenzung von der Unterhaltung als Mechanismus zur Festigung eines Informationsmonopols (kritisch dazu Klaus/ Lünenborg 2000). Handlungstheoretische Modelle, die sich auf das Rezeptionshandeln des Publikums beziehen, verdeutlichen dabei schon lange die Verbindung von Informations- und Unterhaltungshandeln bei Nachrichten ebenso wie bei Soap Operas (vgl. Dehm 1984). In der Kommunikatorforschung jedoch wird die Beobachtung des Einzugs von immer mehr Frauen in die Redaktionen mit der Sorge in Verbindung gebracht, künftig gewinne die Unterhaltungsdimension an Gewicht. Siegfried Weischenberg hat bereits 1997 mit dem Begriff der »Schreinemakerisierung« eine weibliche Attribuierung des »Gefühls- und Tränenjournalismus« als Synonym für Qualitätsverlust gefunden (Weischenberg 1997). Die überproportionale Präsenz von Frauen in Unterhaltungs- und Ratgebersendungen steht damit als Pars pro Toto für die Feminisierung des Journalismus, die zugleich einen ›Abstieg auf den Boulevard‹ bedeutet. Mit dieser Zuweisung werden Geschlechterdichotomien vitalisiert, die entlang der Achse männlich versus weiblich Gegensatzpaare wie Information versus Unterhaltung, Ratio versus Emotion, relevant versus irrelevant und öffentlich versus privat konstruieren (vgl. dazu kritisch Klaus 1996, Klaus/ Lünenborg 2000). Auch in den aktuellen Erhebungen zur Situation der JournalistInnen in Deutschland werden geradezu genüsslich Beispiele aufgeführt, »wie gut es heutzutage haben kann, wer eine junge, hübsche Frau ist, deshalb ins Fernsehen kommt und populär wird« (Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006: 20). »Knackige Fotos und spritzige Interviews« (ebd.: 16) mit Bärbel Schäfer, Frauke Ludowig, Birgit Schrowange und Verona Feldbusch bilden die besorgniserregende Folie, vor der mit erhobenem Zeigefinger gefragt wird: »Wie sehr kann man Weihwasser verdünnen, ohne dass es seine Wirkung verliert? Wie und wann geht dem Journalismus durch die Prozesse der Boulevardisierung so viel Substanz verloren, dass er als Instrument der gesellschaftlichen Selbstbeobachtung untauglich wird? « (ebd.). Die Tätigkeit von Journalistinnen steht hier symptomatisch für Qualitätsverlust durch Unterhaltungsorientierung: Weibliche Attraktivität ersetzt in diesem Denken männliche Seriosität und Expertise. In diesen Interpretationen der Journalismusforschung übernehmen also Frauen nicht die Meinungsmacht, wie es der FAZ-Mitherausgeber Schirrmacher 2003 befürchtet hat. Hier tragen Journalistinnen vielmehr maßgeblich dazu bei, dass Meinung, Positionsbestimmung, Analyse und Reflexion verloren gehen. Es sind in besonderer Weise die Frauen, so suggeriert der »Report über die Journalisten in Deutschland« (Weischenberg/ Malik/ Scholl 2006), die verantwortlich für Infotain- <?page no="92"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 93 ment, Boulevardisierung und Trivialisierung sind und damit Schuld an einem substanziellen Qualitätsverlust tragen. Ähnliche Befürchtungen klingen an anderer Stelle an: »Die Mehrheit [der knapp 4.000 online befragten JournalistInnen, Anm.-d.-Verf.] ist überzeugt, dass die zu erwartende Frauendominanz sich auf das Medienangebot nachhaltig auswirken wird - primär auf die Themenauswahl, aber auch auf die Art der Themenpräsentation« (Haller 2007: 15). So das Ergebnis einer Expertinnen-Befragung, die als Delphi- Studie Prognosen über künftigen Journalismus ermöglichen sollen. Details über die zu erwartenden Veränderungen werden (noch) nicht geliefert, aber die spezifischen Potenziale von Frauen im Journalismus werden mit Begriffen wie ›emphatisch‹ und ›unterhaltsam‹ beschrieben. Gleichwohl: Eine Revolution ist durch die Frauen nicht zu erwarten, konzedieren doch insbesondere die befragten Männer den Kolleginnen »sehr hohe Anpassungsbereitschaft« (ebd.: 13). In einer dichotomen Struktur lassen sich so zwei Typen von Journalismus mit zwei differenten Zielgruppen unterscheiden: hier der Aufklärung versprechende, politische Journalismus, adressiert an die mündigen, aktiven Bürger und Bürgerinnen (citizen) - er verfolgt das Ziel, Öffentlichkeit in der Demokratie herzustellen; dort der primär der Unterhaltung gewidmete Journalismus, der ein als passiv gedachtes Publikum adressiert. Dieses Publikum tritt weniger als politisch handelnde Gruppe denn als Konsumenten und Konsumentinnen (consumer) in Erscheinung, dessen Interesse nicht der öffentlichen Sphäre, sondern dem Privaten zuzurechnen ist. Diese dichotome Strukturierung ist unmittelbar an eine Geschlechterdichotomie gebunden, in der Politik als männlich, Unterhaltung aber in der privaten Sphäre angesiedelt als weiblich attribuiert wird (vgl. Klaus 1996). Doch genau in der Konstruktion der unterschiedlichen Felder als Gegensätze liegt das grundlegende Problem. Die oben beschriebenen strukturellen Veränderungen im Journalismus verweisen auf die wechselseitige Beeinflussung der Bereiche ebenso wie auf fließende Übergänge, die sich eher als ein Kontinuum zwischen zwei Idealpositionen denn als Gegensätze beschreiben lassen. Liesbet van Zoonen (2005) bezeichnet diesen Prozess treffend als Konvergenz von Politik und Populärkultur, in dem Journalismus eine Transmitterfunktion übernimmt. Citizen und consumer erscheinen dann nicht länger als konkurrierende AkteurInnen, sondern als zwei Seiten einer Medaille, die im Prozess öffentlicher Verständigung beide ihre Relevanz haben. Geht man jedoch von einer dichotomen Unterscheidung zwischen an die BürgerInnen gerichteten Informationsjournalismus versus an KonsumentInnen adressierte Unterhaltungskommunikation aus, so konzentriert sich ein großer Teil der nationalen wie internationalen Kommunikatorforschung explizit auf die Anlage oder faktisch auf die Auswahl der Befragten im Feld des politischen Nachrichtenjournalismus (vgl. zur kritischen Diskussion dazu vgl. Klaus/ Lünenborg 2000: 192-ff., Lünenborg 2005: 20-ff.). Diese Konzentration auf einen Teilbereich des Journalismus <?page no="93"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 94 als dessen normativen Kern ist stets mit einem gender bias verbunden. So gilt das Politikressort ähnlich wie Wirtschaft und Sport als ›männlich‹, während Soziales, Ratgeber oder Kultur als ›weiblich‹ charakterisiert werden. Relevanz und gesellschaftliche Bedeutung werden in einem binären System hergestellt. Dabei geht es nicht um die empirisch vorfindbare, geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im Journalismus, sondern um geschlechtsgebundene Konstruktionen gesellschaftlicher Sphären. In diesem Sinne wird Geschlecht als eine spezifische kulturelle Konstruktion erkennbar, die innerhalb eines gegebenen Kontextes geschaffen wird. »Gender is consequently ›constructed‹ in relation to a particular place and time and most importantly in relation to the existing power relations of the culture in question, as well as the gendered experiences one has over one’s lifetime« (Robinson 2005: 9). Wenn wir diese Form der Konstruktion erkennen, ist damit das Primat des politischen Nachrichtenjournalismus als Herz- und Kernstück von Journalismus infrage gestellt. Journalismus wird somit nicht länger als Informationsvermittlungskanal mit dem Zweck, kompetente weibliche und männliche Staatsbürger zu erzeugen, betrachtet. Journalismus lässt sich vielmehr beschreiben als »kultureller Diskurs zur Selbstverständigung der Gesellschaft« (Lünenborg 2005: 101). Zu einer solchen gesellschaftlichen Selbstverständigung tragen Diskurse in Boulevardmedien, Frauenzeitschriften oder Formaten wie der »Super Nanny« gleichermaßen wie die Titelseiten der Tageszeitungen, Nachrichtensendungen der Rundfunkanstalten oder Agenturmeldungen bei. Diskurse werden nur dann gesellschaftlich relevant, wenn sie vom Publikum mit Bedeutung versehen werden. Diese Formen der Bedeutungsproduktion finden nicht linear und nicht hierarchisch statt. Politische Nachrichten aus Qualitätsmedien erlangen dabei für das Publikum keineswegs automatisch höhere Bedeutsamkeit als alltagsnahe, unterhaltsam erzählte Storys. Für die gesellschaftliche Verständigung werden sie relevant, indem Einzelinformationen im Kontext eigener Erfahrungen und eigenen Weltwissens sowie im intertextuellen Zusammenhang mit anderen Medienangeboten diskursiv angeeignet werden. So wird das Unpolitische politisch, tragen populäre Medienangebote gleichermaßen wie politische Nachrichten dazu bei, Bilder von Gesellschaft zu entwerfen (vgl. Renger 2000). So ist es möglich, aktuelle Umbruchprozesse im Journalismus zu beschreiben und dabei die Analyse von Geschlechterverhältnissen zu nutzen, um veränderte Zuschreibungen zu identifizieren. Doing Gender while doing journalism - unter dieser Perspektive wird die Reorganisationen redaktioneller Strukturen wie die inhaltliche Neubestimmung von Journalismus als Form gesellschaftlicher Selbstverständigung erkennbar. Dabei sind die Geschlechterstrukturen der Profession - die Teilhabe von Männern und Frauen in unterschiedlichen inhaltlichen Feldern und hierarchischen Ebenen - wie auch das professionelle Handeln der JournalistInnen als Reprodukti- <?page no="94"?> Medienproduktion: Journalismus und PR 95 on von Geschlechterpraktiken bedeutsam, um Wandel und Kontinuität von sozialen Geschlechterpraxen zu verstehen.  Literaturempfehlungen Elisabeth Klaus bietet mit ihrem Aufsatz »Von Subjekt und System zur Kultur. Theorien zur Analyse der Geschlechterverhältnisse im Journalismus« in dem von Martin Löffelholz herausgegebenen Band »Theorien des Journalismus« eine gelungene theoretische Einführung. Die zentrale Kommunikatorstudie von »Siegfried Weischenberg, Maja Malik und Armin Scholl (2006): Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland« muss geschlechtertheoretisch ›gegen den Strich‹ gelesen werden. Gleichwohl sind die Daten und Analysen für die deutsche Journalismusforschung zentral. Einen internationalen Überblick über Geschlechterverhältnisse im Journalismus bietet Gertrude J. Robinsons »Gender, journalism, and equity. Canadian, U.S., and European experiences« (2005). Der Titel verrät es schon: Die Analyseperspektive ist im Konzept des Gleichheitsansatzes verortet. Romy Fröhlich, Sonja Peters und Eva-Maria Simmelbauer (2005) liefern mit »Public Relations. Daten und Fakten der geschlechtsspezifischen Berufsfeldforschung« einen weit gesteckten Überblick einer primär differenztheoretisch angelegten Analyse des Berufsfeldes PR. <?page no="96"?> 97 5 Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 5.1 Geschlechtertheorien in der Medientextanalyse Welche Bilder von Männern und Frauen zeigen aktuelle Medien? Wen machen sie sichtbar? Wer bleibt ungesehen? Wie erschaffen oder konstruieren Medienbilder und -diskurse Vorstellungen von Weiblichkeiten und Männlichkeiten? Sind Medien stets Agenten der Reproduktion von Zweigeschlechtlichkeit? In welcher Weise werden Geschlecht und Medien in wechselseitiger Formung hergestellt? Diese Fragen werden im Feld der Medientextanalysen in den Gender Media Studies bearbeitet. Die unterschiedlichen Fragestellungen verweisen dabei auf differierende Perspektiven und theoretische Verortungen. • Im Ansatz der Gleichheitsforschung wird im ersten Schritt nach der Häufigkeit der Darstellung von Männern und Frauen, seltener auch Schwulen oder Lesben (vgl. Amberg 2011) gefragt. Im zweiten Schritt rückt das ›Wie‹ der Darstellung in den Mittelpunkt. Die Analyse richtet sich dabei auf Ungleichbehandlungen in Form von Trivialisierung, Sexualisierung oder Abwertung. Diese Studien sind oftmals politisch initiiert, wenn danach gefragt wird, ob Medienangebote dem grundgesetzlichen Auftrag der Gleichstellung von Frauen und Männern nachkommen. Ihnen liegt zumeist das Verständnis zugrunde, dass sich in Medientexten manifeste Inhalte identifizieren lassen. Insbesondere im Hinblick auf nonfiktionale Medienangebote - zuvörderst den Journalismus - rückt das Verhältnis von Medientext und außermedialer, sozialer Wirklichkeit in den Mittelpunkt. Eine zentrale Fragestellung richtet sich deshalb auf die Angemessenheit der medialen Darstellung von Frauen im Verhältnis zur jeweiligen gesellschaftlichen ›Realität‹. • Mit einem differenztheoretischen Ansatz tauchen Fragen nach ›weiblichen‹ oder ›männlichen‹ Medientexten bzw. Genres auf. Relevant wird diese Perspektive in den Gender Media Studies einerseits in der Auseinandersetzung um einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht der Autorschaft und der Struktur des Textes. So wird in der Journalismusforschung zuweilen danach gefragt, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den Geschlechterverhältnissen in einer Redaktion und den dort bearbeiteten Themen, Genres und Formaten. Die differenztheoretisch inspirierte Frage »Schreiben Frauen anders? « (vgl. Kapitel 4) lässt sich in Textanalysen fortschreiben. Daneben wird in den Gender Media Studies über das Verhältnis von Genre und Geschlecht gearbeitet. Hier lässt sich unter- <?page no="97"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 98 suchen, ob es ›männliche‹ und ›weibliche‹ Genres gibt? Und nicht zuletzt lässt sich differenztheoretisch die Strukturierung von Mediengattungen analysieren. Insbesondere der Zeitschriftenmarkt ist offenkundig anhand einer dualistischen Geschlechterstruktur organisiert: Frauenzeitschriften und Männerzeitschriften adressieren und thematisieren geschlechtsgebundene Lebenswelten. • Im interaktionistischen Konstruktivismus lassen sich Medientexte analytisch danach befragen, wie sie Geschlechter herstellen. Wird Geschlecht nicht als essenzialistischer Kern begriffen, so lassen sich kommunikative Prozesse daraufhin betrachten, wie sie Formen der Vergeschlechtlichung artikulieren. Im Mittelpunkt stehen dann nicht ›männliche‹ oder ›weibliche‹ Genres, sondern die Analyse eines Genrewandels im Zusammenhang mit einem Wandel von Geschlechterverhältnissen. Dies lässt sich z. B. an einer verstärkten Boulevardisierung und sich wandelnden Geschlechterverhältnissen im Journalismus analysieren. • Eine diskurstheoretische Dekonstruktion als Analyseperspektive für Medientexte erfordert und ermöglicht ein Heraustreten aus der Zweigeschlechtlichkeit. So werden insbesondere in der Queer Film Theory Figuren, Erzählungen und Bilder analysiert, die Geschlechterarrangements jenseits der heterosexuellen Matrix erkennbar werden lassen. Die Struktur dieses Kapitels folgt methodischen Herangehensweisen und damit verbunden erkenntnistheoretischen Prämissen. Besondere Aufmerksamkeit erhalten dabei Arbeiten aus jüngster Zeit. Im ersten Teil werden Studien diskutiert, die sich auf der Basis von Inhaltsanalysen mit der quantitativen und qualitativen Darstellung von Frauen und Männern in Medieninhalten beschäftigen. Daran anschließend stehen Untersuchungen im Mittelpunkt, die sich mit der diskursiven und performativen Konzeption von Geschlecht in Medien beschäftigen. Dabei rücken auch Fragen nach einer antiessenzialistischen Konzeption des Verhältnisses von Genre und Geschlecht sowie queere Diskurse in den Blick. 5.2 Inhaltsanalysen: Darstellungen und Stereotype Ein Teil der kommunikationswissenschaftlichen Geschlechterforschung ist daran interessiert, das Spektrum medialer Präsentationen von Geschlecht in quantitativer Hinsicht systematisch zu erfassen. Sie bedient sich dafür standardisierter Inhaltsanalysen, um die Präsenz und die Darstellung von Frauen und Männern in verschiedenen Medien (insbesondere Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Werbung, Onlinemedien) zu untersuchen. Erfasst wird dabei die Sichtbarkeit in Printmedien, Fernsehen, <?page no="98"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 99 Hörfunk und seltener auch in Onlinemedien. Als Medienangebote werden überwiegend Informationsangebote betrachtet, berücksichtigt werden aber auch unterhaltende Inhalte (Illustrierte, Frauen- und Männerzeitschriften, Fernsehserien etc.). Die Studien untersuchen den manifesten Gehalt der Medieninhalte in einem großen Sample. Da sie an Häufigkeitsverteilungen interessiert sind, erfolgt die Auswertung der erhobenen Daten mittels statistischer Verfahren. Die Vorteile solcher quantitativen Inhaltsanalysen liegen auf der Hand: Man kann systematisch und regelgeleitet größere Mengen an Medieninhalten analysieren, um zu generalisierenden und allgemeingültigen Aussagen zu kommen. So kann man dann zählen, wie häufig Frauen und Männer in bestimmten Medien oder Medienangeboten vertreten sind, um dies in Beziehung zum Geschlechterverhältnis in der ›sozialen Wirklichkeit‹ zu setzen. Abweichungen von der ›sozialen Wirklichkeit‹ werden als Ungleichheit oder Frauendiskriminierung gedeutet. Die Studien lassen sich im engeren oder weiteren Sinne dem Gleichheitsansatz zuordnen, der das Anliegen verfolgt, die Annullierung und Trivialisierung von Frauen in den Medien zu thematisieren (vgl. Klaus 2001b: 23-ff.). Wie häufig kommen nun Frauen in bestimmten Medien bzw. Medienangeboten vor? Wie oft werden bestimmte Gruppen von Frauen - etwa Politikerinnen oder Migrantinnen - in den Medien präsentiert? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Forschung seit fast 40 Jahren (vgl. für einen Überblick Klaus 2005: 215-ff.). Wie bereits frühere Studien belegen, zeigen auch aktuelle Untersuchungen, dass Frauen nach wie vor in den meisten Medien unterrepräsentiert sind. Eine weltweite Stichtagsuntersuchung für Hörfunk-, Fernseh-, Printnachrichten sowie ausgewählte Onlineangebote führt das Global Media Monitoring Project seit 1995 alle fünf Jahre durch (vgl. GMMP 2010b). Für Deutschland, Österreich und die Schweiz kommt die Studie für den Stichtag im Jahr 2009 zu folgenden Ergebnissen: Frauen machen in Deutschland 26-Prozent der erwähnten Personen aus, in Österreich 19-Prozent und in Deutschschweizer Medien sind Frauen mit 20-Prozent vertreten. Eine andere Studie, die ausschließlich Nachrichtenangebote in Tageszeitungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz berücksichtigt, kommt zu einem noch schlechteren Bild: 17-Prozent aller erwähnten Personen sind Frauen (vgl. Magin/ Stark 2010: 392-f.). Solche Ergebnisse sind auch mit der Vorstellung einer vorgängigen ›sozialen Wirklichkeit‹ verbunden, auf die sich die Befunde beziehen. In dieser Perspektive existieren die Untersuchungsgegenstände ›Medien‹ und ›Geschlecht‹ in ›der sozialen Realität‹, wo sie empirisch erforscht werden können. Die so verstandene Sicht auf die soziale Realität ist folglich im erkenntnistheoretischen Sinne als realistisch zu bezeichnen. Diesem Verhältnis von Medium und Geschlecht ist ein numerisches und repräsentatives Verständnis inhärent, welches verlangt, dass ›die soziale Realität‹ in ihrer ›wahren Geschlechterverteilung‹ medial abgebildet werden soll. Einige Studien setzen diesbezüglich einen anderen theoretischen Bezugspunkt, indem sie erklären, dass Medien gar nicht die sozialen Geschlechterverhältnisse ab- <?page no="99"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 100 bilden können, sondern eine eigene vergeschlechtlichte Medienrealität konstruieren (vgl. Lünenborg 1996, Röser 2006). Diese Konstruktionsleistung von Medien zeigt sich etwa daran, dass Geschlechterverhältnisse je nach Medium, Mediengattung oder Themenkontext variieren (vgl. Röser/ Müller 2012: 39). So hat Röser (2006) in einer 12-Wochen-Stichprobe die Hauptnachrichtenseiten von elf deutschen Tageszeitungen untersucht. Die Studie kommt zu dem Befund, dass die »Bild-Zeitung« mit 35-Prozent am häufigsten über Frauen berichtet, Schlusslichter mit 12 bis 15-Prozent sind die überregionalen Qualitätszeitungen »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, »die tageszeitung« und das »Handelsblatt«. Themenselektion und -aufbereitung von Boulevardmedien kann also mit einer verstärkten Sichtbarkeit von Frauen auf den Ebenen von Sprache, Bildern und Themen einhergehen. Befunde zur quantitativen Präsenz von Frauen und Männern müssen als Ergebnis von medialen Selektionsprozessen und Berichterstattungsmustern gefasst werden (vgl. Prenner 1994, Schmerl 2002). Entsprechend gilt es auch zu untersuchen, wie häufig Frauen und Männer in unterschiedlichen Medientypen (Nachrichten, Unterhaltungsangebote etc.) vorkommen, in welchem Umfang und in welchen Ressorts über sie berichtet wird etc. Zu bedenken ist dabei auch: Der hohe Frauenanteil in der »Bild-Zeitung« in der Studie von Röser (2006: 29) kommt auch durch die Nacktmodelle auf der Titelseite zustande, weshalb die Autorin darin eine »zwiespältige Geschlechtergerechtigkeit« sieht. Jenseits von normativen Fragen nach der Sichtbarkeit von nackten Frauen auf der Titelseite einer Tageszeitung verdeutlicht das Beispiel jedenfalls, dass mit Fragen nach der Präsenz von Frauen in den Medien noch lange nichts über ihre Darstellung ausgesagt wird. Zu berücksichtigen ist somit nicht nur das ›Ob‹, sondern auch das ›Wie‹ der Darstellung. Werden Frauen und Männer in den Medien stereotyp dargestellt? Neben der Erfassung der quantitativen Geschlechterverhältnisse in Medien stellt die Forschung auch Fragen nach dem ›Wie‹ der Darstellung. Mit diesem Problem beschäftigte sich erstmals 1975 die sogenannte Küchenhoff-Studie zur »Darstellung der Frau und die Behandlung von Frauenfragen in der medienspezifischen Wirklichkeit des Deutschen Fernsehens«. Zusammengefasst kann man die Ergebnisse getrost mit Gitta Mühlen-Achs (1995: 16) als »audiovisuellen grassierenden Sexismus« beschreiben. Der Studie lag eine Programmbeobachtung aller innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen ausgestrahlten Sendungen von ARD und ZDF zugrunde, gegliedert in vier Untersuchungsbereiche: Fiktion, Quiz und Show, Nonfiction und Nachrichten. Etwa 15 Jahre später legte Monika Weiderer 1993 eine vergleichbare Untersuchung des Frauen- und Männerbildes der Programme von ARD, ZDF und RTL-plus vor. Wir befinden uns etwa 15 Jahre nach der Studie von Küchen- <?page no="100"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 101 hoff im dualen Fernsehzeitalter, wenngleich noch mit sehr eingeschränkter Sendervielfalt. Über alle Bereiche hinweg ließ sich eine gewisse thematische Erweiterung der weiblichen Themen feststellen, die sich seinerzeit noch auf Kinder, Küche, Familie und Emotionalität beschränkt hatten. Doch bezüglich der bereits 1975 von Küchenhoff u. a. bemängelten fehlenden Berücksichtigung frauenspezifischer Belange konnte in keinem der untersuchten Bereiche eine grundsätzliche Veränderung festgestellt werden. »Die Verweisung der Frau auf den zweiten Platz, welche sich in der Zuteilung von nachrangigen Positionen und Aufgaben äußert, ist in den letzten zwanzig Jahren in weiten Bereichen unverändert geblieben« (Weiderer 1993: 311). Für den Hörfunk wurden noch Ende der 1990er-Jahre medienpolitisch initiierte Studien durchgeführt, die ebenfalls eine klischeegebundene Berichterstattung über Frauen feststellen (vgl. Werner/ Rinsdorf 1998, Cornelißen/ Gebel 1999). Seither wurden zum Rundfunk in Deutschland keine vergleichbar umfassenden Untersuchungen mehr durchgeführt. Eine Übersicht über Analysen des österreichischen Fernsehens bieten Elisabeth Klaus und Susanne Kassel (2007). Einerseits erscheint diese Art deskriptive Datenerhebung wenig inspirierend, zumal nur geringfügige Veränderungen auf frustrierend langsame Wandlungsprozesse verweisen. Zugleich kann aber, und das ist die andere Seite der Medaille, in gesellschafts- und medienpolitischen Auseinandersetzungen am ehesten über den Nachweis quantitativer Ungleichheit der Geschlechter Innovation und Veränderung eingefordert werden. Doch was wissen wir darüber, wie aktuell über Frauen und Männer im Journalismus berichtet wird? Wie werden Frauen und Männer in Filmen, Fernsehserien und der Presse dargestellt? Wie wird ihnen Relevanz und Bedeutung zugeschrieben? Über Fragen nach der Thematisierungsfunktion von Medien hinaus werden aktuell vor allem Fragen nach Framing und Stereotypen thematisiert. Im Hinblick auf Media Frames untersucht die Forschung die Rahmung der Berichterstattung. »Ein Frame ist ein Bezugsrahmen, der ein Thema auf bestimmte Weise strukturiert und damit die Informationsverarbeitung und Meinungsbildung steuert. Die Rahmung von Abtreibung als ›Tötung ungeborenen Lebens‹ legt z. B. eine andere Haltung zur Abtreibung nahe als der Bezugsrahmen ›Freie Entscheidung der Frau‹« (Scheufele 2006: 75). Dabei geht es z. B. um den Tenor der Berichterstattung (wird über Frauen positiv/ negativ/ neutral berichtet? ) oder die Relevanz von Frauen für den Beitrag (etwa: sind Frauen häufiger Haupt- oder Nebenakteure? ). Erhoben werden aber auch bestimmte Zuschreibungen (wird etwa über das Äußere von Frauen häufiger berichtet als über Männer? ) und die Themenfelder, in deren Zusammenhang Frauen und Männer präsentiert werden (wird über Männer häufiger im Zusammenhang mit politischen Themen berichtet als über Frauen? ). Die Stereotypenforschung hat viele Definitionen für ihren Gegenstand formuliert. Martina Thiele hat vorgeschlagen, zur Analyse von medial vermittelten Stereotypen - auch Geschlechterstereotypen - an eine Definition der Sprachwissenschaftlerin <?page no="101"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 102 Uta Quasthoff (zit.-n. Thiele 2010: 63) anzuschließen: »Ein Stereotyp ist der verbale Ausdruck einer auf soziale Gruppen oder einzelne Personen als deren Mitglieder gerichteten Überzeugung. Es hat die logische Form eines Urteils, das in ungerechtfertigt vereinfachender und generalisierender Weise, mit emotional-wertender Tendenz, einer Klasse von Personen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zu- oder abspricht.« Dabei sei es nicht relevant, so Thiele, ob es sich bei einem so verstandenen Stereotyp um ein verbales oder visuelles Bild handle. Bezüglich des Geschlechts geht es dann um die Frage, ob Frauen und Männer in den Medien stereotyp dargestellt werden. Das Problem an medialen Stereotypen ist, dass sie Vielfalt und Differenz (z. B. innerhalb der Gruppe der Frauen) reduzieren und auch naturalisieren (vgl. Hall 1997: 257). Das Erkenntnisinteresse der geschlechterorientierten Stereotypenforschung richtet sich vor allem darauf, ob Frauen und Männer bzw. bestimmte weibliche und männliche Personengruppen standardisiert und vereinfacht dargestellt werden oder ob Geschlechterstereotypen nicht sogar in Auflösung begriffen sind (vgl. Thiele 2010: 64-ff.). Neben standardisierten Verfahren bedient sich die Forschung zur Analyse von Media Frames und Stereotypen auch qualitativer Inhaltsanalysen. In einer qualitativen Perspektive geht es dann nicht um generalisierende Aussagen und Häufigkeitsverteilungen, sondern vor allem um Typen- und Kategorienbildung sowie das Herausarbeiten von Mustern. Im Sinne des Gleichheitsansatzes ist die inhaltsanalytische Forschung seit den 1970er-Jahren darum bemüht, die trivialisierende, sexualisierende, sexistische oder geschlechterstereotype Darstellung von Frauen in den Medien zu untersuchen. Hier liegen zahlreiche Befunde vor, welche Sexismus, Frauendiskriminierung und Stereotypen in Fernsehen, Printmedien und seltener auch Hörfunk belegen (für einen Überblick: Klaus 2005: 215-ff.). Die Darstellung von Frauen wird hinsichtlich der Diskriminierung und Stereotypisierung untersucht, auch im Vergleich zu Männern. Mitunter wird auch die stereotype Berichterstattung über bestimmte Themenangebote erforscht: etwa Sexualität und sexuelle Gewalt, die Sportberichterstattung oder frauenpolitische Themen (ebd.: 247-ff.). In solchen Studien wird dann das einseitige und verkürzte Frauenbild bzw. die unzutreffende Darstellung von frauenpolitischen Themen kritisiert. Den Studien liegt somit explizit oder implizit ein Repräsentationsbegriff zugrunde, der davon ausgeht, dass Medieninhalte die Komplexität ›der Realität‹ wiedergeben und in Relation zu einer außermedialen Realität als ›adäquat‹ oder ›verzerrt‹ bewertet werden können. In einer konstruktivistischen Perspektive wird ein solches Verhältnis von Realität und Medientext verworfen. »Die Begriffe und Formen, mittels derer wir ein Verständnis der Welt und von uns selbst erreichen, sind soziale Artefakte, Produkte historisch und kulturell situierter Austauschprozesse zwischen Menschen« (Gergen, zit.-n. Flick 2005: 22). Nun lassen sich sexistische, klischeehafte bzw. stereotype Darstellungen von Frauen bzw. von frauen- und geschlechterpolitischen Themen offensichtlich auch heute <?page no="102"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 103 noch in den Medien finden. Wie sieht es mit der Hoffnung aus, dass Geschlechterstereotype in medialen Repräsentationen vielleicht durchbrochen werden können? Schließlich ist es offensichtlich erkennbar, dass in der Medienkultur ein breites Rollenrepertoire und verschiedene Themenangebote für Frauen zur Verfügung gestellt werden - nicht zuletzt, weil sie als Mediennutzerinnen ein auch ökonomisch relevantes Publikum darstellen. So wirbt die »Berliner Morgenpost« in einer Plakataktion mit einem lesbischen Pärchen mit Kind unter dem Motto »Berlin ist, wenn eine Familie nicht aussehen muss wie eine Familie« (vgl. Abbildung 5.1). Eine Werbekampagne von Schweiz-Tourismus möchte Touristinnen mittels braungebrannter und durchtrainierter Skilehrer für eine Reise in die Schweizer Berge begeistern (vgl. Abbildung 5.2). Das letztgenannte Beispiel zeigt, dass heute nicht mehr nur Frauen zu Blickobjekten in der Medienkultur werden. Abb. 5.1 Plakataktion Berliner Morgenpost http: / / www.morgenpost.de/ berlin-aktuell/ article1380613/ Berliner-Morgenpost-startet-Imagekampagne.html Abb. 5.2 Werbekampagne Schweiz-Tourismus http: / / reklame.moblog.ch/ 200711 Abb. 5.3 Merkel und Stoltenberg Abb. 5.4 Merkel Abb. 5.5 Merkel freigestellt BamS 13.4.2008 Superillu 17.4.2008 Bild 18.4.2008 Abb. 5.1: Plakataktion Berliner Morgenpost <?page no="103"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 104 Abb. 5.1 Plakataktion Berliner Morgenpost http: / / www.morgenpost.de/ berlin-aktuell/ article1380613/ Berliner-Morgenpost-startet-Imagekampagne.html Abb. 5.2 Werbekampagne Schweiz-Tourismus http: / / reklame.moblog.ch/ 200711 Abb. 5.3 Merkel und Stoltenberg Abb. 5.4 Merkel Abb. 5.5 Merkel freigestellt BamS 13.4.2008 Superillu 17.4.2008 Bild 18.4.2008 Vor dem Hintergrund solcher Beobachtungen gehen neuere Studien der Frage nach, wie die Medienberichterstattung auf gesellschaftliche Wandlungsprozesse reagiert (vgl. Klaus 2005: 257-ff.). Hierfür wird die Darstellung von Frauen und Männern in bestimmten Medienangeboten (Zeitungen, Zeitschriften etc.) untersucht oder bestimmte Personengruppen bzw. Personen innerhalb spezifischer Politikfelder in den Mittelpunkt gerückt, zum Beispiel Politikerinnen, Soldatinnen oder einzelne Moderatorinnen von politischen Talkshows. So hat Susanne Kirchhoff (2010) vor dem Hintergrund der Öffnung der Bundeswehr für Frauen die Darstellung von Soldatinnen in einer Publikation der Bundeswehr untersucht. Dafür hat sie eine Vollerhebung von »Y - Das Magazin der Bundeswehr« im Zeitraum von 2001 bis 2008 durchgeführt. Sie kann Befunde der 1990er-Jahre widerlegen, dass Frauen in Publikationen der Bundeswehr vor allem auf stereotype Geschlechterrollen wie die ›potenzielle Ehefrau‹ festgelegt seien. So werden z. B. die gleichen Motive der Soldatinnen bei der Berufswahl thematisiert wie bei den Soldaten. Jedoch sind »stereotype weibliche Zuschreibungen nicht verschwunden« (ebd.: 212). Margreth Lünenborg, Katharina Fritsche und Annika Bach (2011) haben die Darstellung von Migrantinnen in fünf deutschen Tageszeitungen im Zeitraum von 2005 bis 2008 untersucht. Auf inhaltsanalytischer Grundlage entwickeln die Au- Abb. 5.2: Werbekampagne Schweiz-Tourismus <?page no="104"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 105 torinnen eine Typologie der Darstellung von Migrantinnen. Sie unterscheiden das Opfer, die Prominente, die Nachbarin, die Integrationsbedürftige, die Erfolgreiche und die Unerwünschte (ebd.: 81-ff.). Die Studie macht also deutlich, dass Bilder von Migrantinnen in Tageszeitungen »vielfältig sind und sich keineswegs nur auf eine Opferrolle beschränken - auch wenn diese in mehr als einem Viertel der Artikel die dominante Repräsentation von Frauen mit Migrationshintergrund ist« (ebd.: 104). In der Kommunikationswissenschaft nimmt die Beschäftigung mit dem Politikjournalismus ob seiner besonderen gesellschaftlichen Relevanz eine Sonderstellung ein. Entsprechend liegen für politische Persönlichkeiten mehrere Inhaltsanalysen vor, die sich mit der Frage beschäftigen, wie Politikerinnen bzw. Politiker in Printmedien und dem Nachrichtenprogramm des Fernsehens erscheinen (für einen Überblick: Lünenborg/ Röser 2012). Die Gestaltung sozialer Wirklichkeit durch die journalistische Berichterstattung wird im Bezug auf Spitzenkräfte in diesem sozialen Feld besonders offensichtlich, da nur die wenigsten Menschen über eigene persönliche Kontakte zu Personen wie z. B. Angela Merkel verfügen. Dennoch haben die meisten Menschen ein Bild über die politischen Spitzenkräfte ihres Landes im Kopf. Insbesondere mit dem Amtsantritt Angela Merkels, die seit 2005 als erste Kanzlerin Deutschland regiert, interessierten sich inhaltsanalytische Studien für Formen der medialen Repräsentationen von Politikern und Politikerinnen. Sie untersuchen den Tenor der Berichterstattung, der Thematisierung des Privatlebens und der äußeren Erscheinung. Mit Blick auf politische Persönlichkeiten in Spitzenpositionen können die Studien keine offene Trivialisierung und geschlechterstereotype Darstellung belegen (vgl. insb. Holtz-Bacha/ König-Reiling 2007, Holtz-Bacha 2008). Susanne Kinnebrock und Thomas Knieper (2008) haben nicht bestimmte Personen, sondern die Bildberichterstattung von zwei politischen Nachrichtenmagazinen (»Spiegel« und »Focus«) aus dem Jahr 2005 untersucht. Berücksichtigt wurden alle visuellen Personendarstellungen auf dem Titelblatt, wobei sie im Sinne des quantitativen Paradigmas die Zubzw. Abnahme von Geschlechterstereotypen in den beiden politischen Nachrichtenmagazinen interessiert. Basierend auf der Stereotypenforschung gehen sie davon aus, dass es kulturell verankerte, feststehende Gesichtsausdrücke, Gesten und Körperhaltungen gibt, die innerhalb der Alltagskommunikation eindeutige Zuschreibungen signalisieren (so stehe etwa ein seitlich geneigter Kopf für eine Unterwerfungsgeste). Insgesamt ziehen Kinnebrock und Knieper die Bilanz, dass Geschlechterstereotype nach wie vor existent sind, aber im Vergleich zu Ergebnissen aus Vorgängerstudien deutlich abgenommen haben. Sie schlussfolgern, dass »die Geschlechtsstereotypen an Rigidität, nicht aber grundsätzlich an Gültigkeit verloren haben« (ebd.: 101). <?page no="105"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 106 Geschlechterkritische Reflexionen Mit Blick auf quantitative Geschlechterverhältnisse und Stereotypen wird, das ist bis hierhin deutlich geworden, oftmals mit einem essenzialistischen Geschlechterbegriff operiert. Um in einer quantitativen Inhaltsanalyse die Häufigkeit der Berichterstattung über Männer und über Frauen erfassen zu können, muss von einer eindeutigen, manifest erfassbaren Existenz von ›Frau‹ und ›Mann‹ in Medientexten ausgegangen werden. Aus konstruktivistischer Perspektive, die das Ziel einer Dekonstruktion von Geschlecht verfolgt, ist damit zu kritisieren: Die Forschung stellt zuerst das selbst her, was sie kritisch analysieren will. Der Dualismus ›Mann-Frau‹ ist Voraussetzung und zugleich Ergebnis einer solchen Geschlechterforschung. Im Effekt führt eine solche Forschungsanlage zu einer Überbetonung von Geschlechterdifferenz, weil nach Unterschieden gesucht wird. Diesen Prozess bezeichnet man als Reifizierung der Zweigeschlechtlichkeit (vgl. Gildemeister/ Wetterer 1992, siehe auch Kapitel 1). Über das Problem der Reifizierung wird in den Gender Media Studies wie insgesamt in der Geschlechterforschung seit einiger Zeit diskutiert und reflektiert. Das Problem der Reifizierung betrifft im Forschungsprozess nicht nur die Erhebungsphase, sondern auch die Präsentation der Daten, wenn die Befunde von Frauen und Männern tabellarisch gegenübergestellt werden. Das Problem, dass am Anfang von standardisierten Untersuchungen Kategorisierungen entlang des Geschlechts vorgenommen werden (müssen), wird seit einiger Zeit in den Gender Media Studies auch in methodologischer Hinsicht diskutiert. So problematisieren Susanne Kinnebrock, Eva Dickmeis und Sarah Stommel (2012: 88), wie »sich auch die Erhebungs- und Analysemethoden der standardisiert vorgehenden empirischen Sozialforschung in den Dienst einer avancierten Geschlechterforschung stellen lassen«. Bezogen auf die Datenerhebung stellen sie Verfahren vor, die es ermöglichen, auf binäre Kategorien zu verzichten und mehrdimensionale bzw. graduelle Geschlechterpositionierungen zu berücksichtigen. Zugleich machen sie deutlich, dass auch im Zuge der Datenanalyse auf binäre Codierungen verzichtet werden kann. Anhand einer Beispielstudie zu Tageszeitungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen die Autorinnen, dass auch standardisierte Verfahren nicht zwangsläufig mit dem ›biologischen Geschlecht‹ operieren und den Geschlechterdualismus reproduzieren müssen. Margreth Lünenborg et-al. (2012) diskutieren anhand einer eigenen Studie zu Migrantinnen in den Medien die Schwächen und Stärken der quantitativen Inhaltsanalyse als einer zentralen Methode der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Als Form einer intersektionalen Analyse begreifen sie die Identifikation von Geschlecht und Ethnizität in Medientexten. Mit Blick auf die Ethnizität wird im Codierprozess schnell erkennbar, dass eine Identifikation von ›MigrantInnen‹ im Medientext ein hochkomplexer Vorgang ist, bei dem angenommene Erwartungen, subjektive Normalitätsmuster sowie diskursives Wissen miteinander konkur- <?page no="106"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 107 rieren. Um sich vertretbaren Größen der Intercoderreliabilität anzunähern, sind intensive Schulungen und gemeinsame Verständigungen erforderlich. Demgegenüber erscheint die binäre Codierung ›männlich/ weiblich‹ konfliktfrei und eindeutig. Erkennbar wird hier eine Naturalisierung von Differenzen, mit der auf alltagsweltlich verfügbare Vereindeutigungen zurückgegriffen wird. Dieser Konflikt kann im Kontext quantifizierender Erhebungslogiken nicht aufgelöst werden. Multimethodische Forschungsdesigns können hier Abhilfe schaffen, indem eine deskriptive Darstellung ergänzt und vertieft wird durch nicht standardisierte Datenerhebungs- und Datenauswertungsverfahren, die jeweils gegenstandsabhängig angepasst werden müssen. 5.3 Diskursanalysen: Bedeutungen, Repräsentationen und Genres Mit diskurs- und performativitätstheoretischen Ansätzen findet ein Perspektivwechsel statt, der von der erkenntnistheoretischen Prämisse einer Konstruktion von Wirklichkeit und Geschlecht ausgeht. Medien geraten als Akteure und Institutionen sowie als Technologien in den Blick, die Geschlecht nicht nur darstellen, sondern Wissen über Geschlecht produzieren. Daher wird nicht danach gefragt, welche Botschaften ein Medientext über Geschlecht vermittelt oder welche Vorstellungen von Geschlecht er transportiert. Würde das doch bedeuten, dass sich gesellschaftliche Geschlechtervorstellungen in Texten und Bildern manifestieren, der Medientext nur der Träger ist, der sie den Rezipierenden zur Verfügung stellt. Dagegen wird in einer konstruktivistischen bzw. dekonstruktiven Perspektive argumentiert, dass mediale Repräsentationen und Diskurse daran mitwirken, was in Gesellschaften und in bestimmten kulturellen Kontexten überhaupt unter Geschlecht und Sexualität verstanden wird bzw. was denkbar ist. Medien liefern in Kommunikationsprozessen zugleich die »Bausteine« (Dorer 2002b: 74) bzw. sind »Andockstellen« (Hipfl 2004: 14) für die Herstellung von Identitäten. Dabei kann die Diskurstheorie sowohl als theoretischer als auch als methodischer Ausgangspunkt betrachtet werden (siehe auch Kapitel-2). »Während Diskurstheorien allgemeine theoretische Grundlagenperspektiven auf die sprachförmige Konstituiertheit der Sinnhaftigkeit von Welt entwickeln, konzentrieren sich Diskursanalysen auf die empirische Untersuchung von Diskursen« (vgl. Keller 2007: 8). Die Verfahren sind nicht auf Breite und Repräsentativität angelegt, sondern auf das vertiefende Verstehen der diskursiven Hervorbringung von Geschlecht bzw. dem Herstellen eines heteronormativen Systems der Zweigeschlechtlichkeit. Entsprechend werden nicht standardisierte Verfahren angewandt. Die Diskursanalyse ist, anders als die qualitative und quantitative Inhaltsanalyse, »keine spezifische Methode, sondern eher eine Forschungsperspektive auf besondere, eben als Diskurse begriffene <?page no="107"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 108 Forschungsgegenstände« (ebd.). Ein solcher Diskurs kann das Alltagswissen von der Zweigeschlechtlichkeit oder Heteronormativität sein, es kann aber auch z. B. der Diskurs über Einwanderung sein, der in seiner Verknüpfung mit Geschlechterdiskursen untersucht wird. Anzumerken ist, dass in einigen der Studien auch semiotische Verfahren zum Einsatz kommen. Ein semiotischer Ansatz beschäftigt sich mit dem ›Wie‹ der Repräsentation, er untersucht, wie mediale Repräsentationen Bedeutungen produzieren und lenkt den Blick auf die Darstellungsformen (die Ästhetik oder Poetik) und das, was sie reproduzieren (vgl. Hall 1997: 6). Ein diskursiver Ansatz analysiert die Politik der Repräsentation (vgl. ebd.). Semiotische Analysen und Diskursanalysen werden in der Forschungspraxis auch miteinander verbunden. Im Sinne einer semiotischen Vorgehensweise wird berücksichtigt, wie diese formalen bzw. ästhetischen Mittel an der Bedeutungsproduktion beteiligt sind. Bezogen auf Film und Fernsehen sind dies etwa Musik, Kamera, Ausstattung, Bildraum, Licht, Montage und Schnitt. Bei Printmedien betrifft dies z. B. die spezifischen sprachlichen Strategien (Metapher, Typografie, Aufmachung, spezifische Präsentationstechnik im Rahmen des Layouts etc.) sowie die Präsentationslogik von Bildern (Anordnung verschiedener Bilder zueinander, der Einsatz von Text etc.). ›Neue‹ Frauen- und Männerbilder? Viel Forschung liegt in den Gender Media Studies zu medialen Repräsentationen von ›neuen‹ Frauenbildern vor. Mittels Diskursanalysen wird auf bestimmte fiktive Figuren (etwa »Lara Croft«), Personen (wie Angela Merkel) oder Gruppen (wie Politikerinnen) Bezug genommen. Gemeinsam ist vielen Untersuchungen, dass sie die ›neuen Frauenbilder‹ bezogen auf Körperfragen analysieren. Einige Studien bewerten die ›neuen‹ Geschlechterrepräsentationen der Medienkultur sehr positiv. So beschäftigt sich z. B. die Kultur- und Medienwissenschaftlerin Karen Lenzhofer (2006) mit den ›neuen Heldinnen‹ aus zahlreichen Fernsehserien wie »Ally McBeal«, »Sex and the City«, »Xena«, »Lara Croft«, »Buffy« oder »Gilmore Girls«. Sie sieht in den ›schönen neuen Heldinnen‹ positive Rollenmodelle für Mädchen und Frauen, wobei es gerade die Subversivität und Unkonventionalität der Heldinnen sei, die zur Identifikation einlade. Nach Meinung von Lenzhofer verkörpern »Buffy« und Co im Sinne Butlers »Gender Trouble«, weil sie herkömmliche Vorstellungen von Weiblichkeit durchbrechen und in subversiven Wiederholungen verändern. Einige Studien heben hervor, dass Repräsentationen neuer, vermeintlich starker und erfolgreicher Frauen nur auf den ersten Blick neue Bilder von Weiblichkeit produzieren. Drei Beispiele sollen dies verdeutlichen: Hinsichtlich der neuen Frauenbilder der Werbewelt haben z. B. Karin Knop und Tanja Petsch (2010) die Kör- <?page no="108"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 109 perkonstruktionen der Dove-Kampagne »Keine Models, aber straffe Kurven« untersucht. Die Kampagne verspricht, mit Normalkörpern für ›wahre Schönheit‹ zu werben. Die Autorinnen kommen zu dem Schluss, dass die Kampagne traditionelle wie auch neue Körperbilder vermittelt. So müssen die Models zwar nicht hyperschlank und jugendlich sein, sie bleiben aber dennoch dem Ideal der Wohlproportioniertheit sowie des Authentischen und Charismatischen verbunden. Die neuen Weiblichkeitsbilder setzen die Autorinnen in Bezug zu ökonomischen Logiken der Werbung: Mittels des Neuen will die Kampagne Aufmerksamkeit generieren. Um ein möglichst breites Publikum zu adressieren, bleibt sie gleichzeitig an das Alltagswissen von Geschlecht gebunden. Mit den Repräsentationen der laut Forbes-Liste ›mächtigsten Frau der Welt‹ haben sich Margreth Lünenborg et-al. beschäftigt (vgl. Lünenborg et al. 2009, Lünenborg et-al. 2011). In einer Fallanalyse wird untersucht, wie und warum Angela Merkels Besuch der Osloer Oper am 12.-April 2008 zu einem Medienereignis wurde. Grund für die hohe mediale Aufmerksamkeit war, dass Merkel, die allgemein eher hochgeschlossen bekleidet ist, ein tief dekolletiertes Abendkleid trug. In Deutschland wurde mehr als eine Woche lang intensiv über das Ereignis berichtet und über Merkels Gründe für den ›ungewöhnlichen Auftritt‹ spekuliert. In der Fotografie, die über die Presseagenturen lief, ist Merkel gemeinsam mit Stoltenberg im Gespräch zu sehen (vgl. Abbildung 5.3). Zahlreiche Abdrucke in Tageszeitungen zeigen nur Merkel auf der Fotografie, das Bild wurde also zugeschnitten (vgl. Abbildung 5.4), mitunter wird Merkel ganz freigestellt (vgl. Abbildung 5.5). Die Inhalte der Fotografie werden somit im journalistischen Bearbeitungsprozess dekontextualisiert, durch den Zuschnitt des Bildes werden neue Bedeutungen produziert. Unsichtbar wird der politische Kontext des Bildes (Kanzlerin Merkel im Gespräch mit Ministerpräsident Stoltenberg), sichtbar allein das Dekolleté von Angela Merkel. Das heißt, die visuelle Berichterstattung stellt den geschlechtlichen und sexualisierten Körper der Kanzlerin her, den das Bild angeblich sichtbar macht. So wird Merkels Dekolleté zum diskursiven Medienereignis. Abb. 5.3: Merkel und Stoltenberg Abb. 5.4: Merkel Abb. 5.5: Merkel (v.l.n.r: Bild am Sonntag, 13.4.2008; Superillu, 17.4.2008; Bild, 18.4.2008) Ausschnitt <?page no="109"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 110 Uta Scheer (2001) hat die Repräsentation der Figur Captain Kathryn Janeway untersucht, die der erste und einzige weibliche Captain der »Star-Trek«-Serie ist. Die Repräsentation einer Frau als Captain eines hochtechnologischen Raumschiffes, die zudem Naturwissenschaftlerin ist, birgt durchaus das Versprechen für neue Bilder von Weiblichkeit. Wie die Fernsehserie dennoch machtvolle Bilder eines weiblichen Captains unterläuft, macht Scheer (ebd.: 129) deutlich: »Sie wird mit Unterlegenheit sowie Misserfolg assoziiert. Durch Pathologisierung ihres weiblichen Körpers wird sie als Risikofaktor definiert und ihre aktive Sexualität gefährdet die Sicherheit der Crew.« In aktuellen Textanalysen wird, wenn auch nicht in gleichem Maße, das Spektrum von Männlichkeitskonstruktionen analysiert. Einen wichtigen theoretischen Bezugspunkt - wenn auch ganz sicher nicht den einzigen - stellt in diesem Zusammenhang das Konzept der »hegemonialen Männlichkeit« von Robert W. Connell (2006) dar. Connell bezieht sich mit seinem Hegemoniebegriff auf den marxistischen Philosophen Antonio Gramsci und stellt damit heraus, dass Macht und Herrschaft immer auch unter Mitarbeit der Beherrschten stattfindet. Connell betrachtet Männlichkeit als relationale Kategorie, die nicht nur im Verhältnis zu Weiblichkeit ihre Gestalt annimmt, sondern auch im Verhältnis zu anderen Männlichkeiten. Dafür unterscheidet er zwischen der hegemonialen Männlichkeit sowie den untergeordneten Männlichkeiten. Letztere differenziert Connell nochmals in marginalisierte, unterdrückte und komplizenhafte Männlichkeiten. Hegemoniale Männlichkeiten wie der wirtschaftliche Global Player oder Spitzenpolitiker stellen nicht die gesellschaftliche Mehrheit dar, sie sind aber die Norm, an der sich Menschen messen und orientieren sollen (vgl. Connell/ Messerschmidt 2005: 832). An solche Überlegungen anknüpfend, analysieren die Gender Media Studies die (De)Konstruktion der hegemonialen Männlichkeit und die Repräsentation der untergeordneten Männlichkeiten in der Medienkultur. Christina Ruppert (2011) setzt sich anknüpfend an Connell und Butlers Konzept der Performativität von Geschlecht mit der Brüchigkeit der hegemonialen Männlichkeit in der TV-Gangster- Serie »The Sopranos« auseinander. Am Beispiel eines TV-Werbespots zeigt Edgar J. Forster (1995) auf, wie Bilder dominanter Männlichkeit der Produktionsweise und Narration von Werbefilmen eingeschrieben sind. Die Kulturwissenschaftlerin Gabriele Dietze (2009) verbindet in ihrer Analyse »okzidentalistischer Bilderpolitik« die Achsen Geschlecht und Religion/ Herkunft. Am Beispiel visueller Repräsentationen von Barack Obama, die ihn als Muslim markieren sollen, spricht sie von »Blickachsen der Hegemonieproduktion« (ebd.: 178). Die Politikwissenschaftlerin Andrea Nachtigall (2009) analysiert Männlichkeitskonstruktionen im Mediendiskurs zum 11.- September 2001. An den Medienbildern von Osama bin Laden, George W. Bush, Gerhard Schröder und Joschka Fischer verdeutlich sie, dass in der Berichterstattung über Terror und Krieg »Geschlecht zu einer zentralen Ressource im <?page no="110"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 111 Kampf um politische Entscheidungsprozesse [wird] […] Über Männlichkeitsbilder werden politische Akteure auf- und abgewertet, sie sind das diskursive Material, mit dem Werthierarchien konstruiert und politische Handlungsoptionen wie zum Beispiel die Entscheidung für eine militärische Intervention öffentlich verhandelt und (de)legitimiert werden« (ebd.: 220-f.). Mit ›neuen Männlichkeiten‹ hat sich die kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung bisher eher wenig beschäftigt (vgl. als Überblick Klaus/ Forster/ Neissl 2005). In der Geschlechterforschung und im weiteren Kontext der feministischen Filmtheorie wird aber bereits seit längerem darüber diskutiert, dass eine schlichte Vervielfachung von Männlichkeiten die hegemoniale Männlichkeit nicht grundlegend infrage stellt. Vielmehr können ›die neuen Männerbilder‹ funktional für das System der Zweigeschlechtlichkeit wirken, sie dienen nicht der Anfechtung, sondern lediglich dem Umbau von Unterdrückungs- und Ungleichheitsverhältnissen (vgl. Kaltenecker 2002, Engel 2002: 80). Hegemoniale Männlichkeit »Hegemoniale Männlichkeit kann man als jene Konfiguration geschlechtsbezogener Praxis definieren, welche die momentan akzeptierte Antwort auf das Legitimitätsproblem des Patriarchats verkörpert und die Dominanz der Männer sowie die Unterordnung der Frauen gewährleistet (oder gewährleisten soll)« (Connell 2006: 98). Anhaltend sind also die Diskussionen darüber, wie ›neue Männer- und Frauenbilder‹ in der Medienkultur zu bewerten sind. Handelt es sich um ein Aufbrechen von Stereotypen? Um eine Reproduktion des Systems der Zweigeschlechtlichkeit? Eine Modernisierung der Geschlechterverhältnisse? Oder ein Aufbrechen des heteronormativen Systems der Zweigeschlechtlichkeit? Dass es hierbei nicht immer um ein Entweder-oder gehen kann, haben die vorgestellten Studien deutlich gemacht. So stellt Johanna Dorer (2002b: 55) mit Blick auf den vorliegenden Forschungsstand fest: »Trotz einer gewissen Differenzierung von medial vermittelten Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern kommt es zu keinem Aufbrechen des Diskurses der Zweigeschlechtlichkeit. Die ›heterosexuelle Matrix‹ liegt der Medienproduktion quasi als normative Vorgabe zugrunde. Obwohl Medien selektieren, werten und bewerten, stützen sie primär gesellschaftliche Diskurse ab und sind nur eingeschränkt an der Konstruktion von Gegendiskursen beteiligt. Dennoch gibt es in den Medien sehr wohl auch Diskurse, die die Vielfalt von Geschlecht und Queerness einfangen, die- <?page no="111"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 112 se bleiben aber minoritär oder werden als das Andere der Norm verworfen, so dass Medien primär die gesellschaftlich dominanten Geschlechterrepräsentationen zur Verfügung stellen. Medien erzeugen damit Sichtweisen von Geschlecht, die vor allem disziplinierend und kontrollierend und in weitaus geringerem Umfang widerständig oder subversiv sind.« Es wird eine zentrale Herausforderung der Gender Media Studies bleiben, das Spannungsfeld bzw. die Widersprüchlichkeit aus Beharrungskräften und Verschiebungen des heteronormativen Systems der Zweigeschlechtlichkeit auszuloten. Es geht darum, die anhaltende gesellschaftliche Wirkmacht von sozialen Kategorien wie Geschlecht und Sexualität ernst zu nehmen und gleichzeitig den Bruchstellen und Verunsicherungen in den medialen Konstruktionen dieser Kategorien nachzugehen (vgl. Thomas/ Stehling 2011). Aus einer Sicht, die Geschlechtertheorien mit hegemonietheoretischen Überlegungen verknüpft, gilt es dabei, auch neoliberale Logiken zu problematisieren. So greifen etwa Castingshows und andere Reality- TV-Sendungen wie »Taxi Orange«, »Germany’s next Topmodel« oder »Das Model und der Freak« offensichtlich auf neoliberale Aussagemuster zurück (vgl. z.-B. Hipfl 2004, Thomas 2007, Stehling 2011). In diesen Formaten ist der öffentliche Wettstreit um die optimale Performance im Fernsehen längst zum Massenphänomen geworden. Wettbewerbs- und konkurrenzorientierte Selektionsprozesse werden hier medienöffentlich in Szene gesetzt. Dazu schreibt Tanja Thomas (2007: 227): »Die häufig formulierten Aufforderungen zur Arbeit an der ›Persönlichkeit‹ und zur Aufführung individueller Einzigartigkeit sind […] häufig verbunden mit einer Aufforderung zur Normalisierung und Reproduktion vergeschlechtlichter, heteronormativer und rassialisierter Stereotype, die soziale Ungleichheiten verfestigen (können).« Zur Vergeschlechtlichung gesellschaftlicher Diskurse Mittels diskurstheoretischer Verfahren lassen sich auch bestimmte gesellschaftliche Diskurse im Zusammenhang mit Geschlechterfragen analysieren. Hierunter fällt z. B. die Berichterstattung über Einwanderung, Migration, Konflikte und Kriege. Analysiert werden also politische und gesellschaftliche Kommunikationsprozesse und deren Vergeschlechtlichung. Grundlegend ist die Annahme, dass in solchen politisch und gesellschaftlich umkämpften Feldern auch Geschlechtervorstellungen wirksam sind bzw. werden können. Ein Themenfeld, zu dem in den Gender Media Studies in den letzten Jahren aus einer diskurstheoretischen Perspektive einige Studien entstanden sind, ist das Thema Migration und Einwanderung. So hat Daniela Gronold (2008) die mediale Repräsentation von zwei Streitfällen über jugendliche ›Asylbewerber‹ in Österreich untersucht, die in eine Schlägerei verwickelt waren. Herangezogen hat die Autorin hierfür <?page no="112"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 113 die Berichterstattung in zwei regionalen österreichischen Tageszeitungen, nämlich die »Kleine Zeitung« und die »Neue Kärntner Tageszeitung«. Sie untersucht, welche Funktion Männlichkeit und Weiblichkeit in diesen Diskursen und in nationalen Identitätsbildungsprozessen zukommt. Die Migranten werden zu Repräsentanten für das ›bedrohliche Fremde‹, über das sich die Gemeinschaft abgrenzt. Den Migrantinnen wird in der Berichterstattung »Integrationswille« (ebd.: 37) unterstellt, womit ihnen eine stabilisierende Funktion in nationalen Identitätsbildungsprozessen zukomme. Elisabeth Klaus und Ricarda Drüeke (2011) machen in einer Textanalyse österreichischer Zeitungsberichte deutlich, in welcher Weise durch Mediendiskurse »mediatisierte Identitätsräume« geschaffen werden. Rechtliche Fragen (Staatsangehörigkeit) werden hier mit normativen Konzepten von Geschlecht und Politik verwoben. Einige Studien liegen zum Zusammenhang von Krieg, Konflikt und Geschlecht vor. So haben Tanja Thomas und Fabian Virchow (2010) die Presseberichterstattung über Selbstmordattentäterinnen untersucht. Sie zeigen, dass der mediale Diskurs über Selbstmordattentate von Frauen in deutschsprachigen, überregionalen Tageszeitungen vergeschlechtlicht abläuft und den Selbstmordattentäterinnen weitestgehend ein Subjektstatus abgesprochen wird. Exemplarisch sei auch auf eine Diskursanalyse von Elisabeth Klaus und Susanne Kassel (2008) verwiesen. Die Autorinnen gehen der Frage nach, auf welche Weise die Medienberichterstattung in Kriegszeiten Vorstellungen von Männlichkeiten und Weiblichkeiten entwerfen und welche Deutungsangebote solche journalistischen Diskurse für die politische Arena bereitstellen. Sie diskutieren kritisch, wie in der Medienberichterstattung der Geschlechterdiskurs strategisch eingepasst wird. So analysieren sie die Kriegsberichterstattung aus Afghanistan und identifizieren dabei, wie das Ziel der Entschleierung von Frauen zum kriegslegitimierenden Argument wird. Die Entfernung des Schleiers wird zur Metapher westlicher Freiheit und konstruiert den Dualismus von Orient und Okzident, Tradition und Moderne, Unterdrückung und Aufklärung (vgl. auch Maier/ Stegmann 2003). Feminismus und Geschlechtertheorie als mediales Diskursphänomen Mit dem Blick auf Frauenrechte deutet sich bereits ein weiteres Forschungsgebiet an, nämlich die Auseinandersetzung um Feminismus, Frauenpolitiken und Geschlechterfragen als medialem Diskursphänomen. Feminismus und Geschlechtertheorien werden in dieser Perspektive nicht nur als theoretische und politische Perspektive relevant, sondern auch als kulturelles Phänomen, dessen diskursive Verhandlung in verschiedenen Medien untersucht wird (vgl. als Überblick Geiger 2002). Fragen können hier sein: Wie werden feministische Diskurse in medialen Diskursen <?page no="113"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 114 repräsentiert? Wie werden Geschlechtertheorien in der journalistischen Berichterstattung popularisiert? Damit sind immer auch Fragen danach verbunden, wie Öffentlichkeiten für geschlechtertheoretische und feministische Themen, Debatten und Theorien hergestellt werden können. Brigitte Geiger (2008) gibt einen historischen Überblick über die Entwicklung des Themas »Gewalt an Frauen« in den Medien und feministischen Öffentlichkeiten. In der medienöffentlichen Enttabuisierung des Themas sieht sie eine »frauenpolitische Erfolgsstory« (ebd.: 204). Zugleich weist Geiger darauf hin, dass durch eine starke Personalisierung und Konzentration auf besonders dramatische Ereignisse eine Individualisierung des Themas stattfinde, was dazu führe, dass Gewalt an Frauen nicht mehr als gesellschaftliches Problem wahrgenommen werde. Beispielsweise hat Tanja Maier (2007) untersucht, wie wissenschaftliches Wissen über Geschlecht in der Wissenschaftsberichterstattung popularisiert wird. Hierfür hat sie die Berichterstattung in den Wissensmagazinen »Psychologie heute«, »Bild der Wissenschaft«, »Gehirn & Geist« und »SZ Wissen« untersucht. Die von den Arbeiten Michel Foucaults angeregte Diskursanalyse geht davon aus, dass Wissen nie in einer objektiven Beziehung zum Realen existieren kann. Folglich geht es nicht darum, ob die öffentlichen Mediendiskurse den wissenschaftlichen Spezialdiskurs ›angemessen‹ vermitteln. Wissensmagazine konkurrieren so gesehen mit wissenschaftlichen und außeruniversitären Diskursen um die Herstellung von Wahrheit, Wissen und Wirklichkeit. Die Studie zeigt, dass die Wissensmagazine vornehmlich ein differenztheoretisches Geschlechterwissen popularisieren. Dabei werden verschiedene Strategien wirksam, mittels derer das differenztheoretische Wissen bewahrheitet und beglaubigt wird: Strategien der Naturalisierung, Biologisierung und Normalisierung sowie damit zusammenhängende Objektivitätsansprüche und Wahrheitskonstruktionen. Ein anderes Problem, dem sich die Gender Media Studies aktuell ausführlich stellen, ist die Frage danach, wie Feminismus in der Medienkultur aktuell repräsentiert wird. Die Debatten, die unter dem Begriff ›Postfeminismus‹ geführt werden, weisen auf die anhaltende Bedeutung des Feminismus in der aktuellen Forschung hin. Nun meint Postfeminismus in wissenschaftlichen Diskursen recht unterschiedliches (vgl. für einen Überblick Gill 2006). Zwei zentrale Diskussionsstränge seien hier erwähnt. So steht Postfeminismus in der deutschsprachigen Debatte zum Beispiel für eine Radikalisierung des Feminismus durch poststrukturalistisches Denken, wie er mit den Arbeiten von Judith Butler verbunden wird. In dieser Perspektive lassen sich auch die Auseinandersetzungen zum ›Pop-Feminismus‹ verorten. Solche Arbeiten verfolgen das Ziel, eine Debatte über die subversiven und widerständigen Potenziale von populärkulturellen Texten zu eröffnen. Zentral ist die Diskussion der Möglichkeiten, das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit mittels popfeministischer Interventionen ins Wanken zu bringen (vgl. dazu Tho- <?page no="114"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 115 mas 2012). Aus einer solchen Perspektive haben z. B. Martina Schuegraf und Sandra Smykalla (2010) die Körperinszenierungen von Musikerinnen in Musikvideos daraufhin untersucht, welche feministischen Freiräume diese eröffnen. Hierfür analysieren sie zwei Musikclips: einerseits von Madonna »What it feels like for a girl« und andererseits von Peaches »Kick it«. Schuegraf und Smykalla kommen zu dem Schluss (ebd.: 180), dass »Madonna eher Strategien verwendet, die mit Dualismen spielen und sie umkehren […], die allerdings durch die Umkehrung dem zweigeschlechtlichen System immanent bleiben. Peaches verwendet hingegen Strategien, die Geschlechtlichkeit anscheinend grundlegender in Frage stellen«. Unter dem Begriff »Cyberfeminismus« werden Möglichkeiten diskutiert, die mediale Technologien und Räume wie Internet, Cyberspace oder virtuelle Charaktere in Videospielen für die feministische Neuverhandlung von Geschlecht und Sexualität ermöglichen (vgl. als theoretischer Ausgangspunkt Haraway 1995, zur feministischen Techniksoziologie Carstensen 2008). Einen weiteren relevanten Bezugspunkt in den Diskussionen um Postfeminismus stellt eine Arbeit von Angela McRobbie (2010) dar. Die Autorin problematisiert darin die neoliberale Vereinnahmung des Feminismus und kritisiert den in aktuellen Mediendiskursen thematisierten Postfeminismus als ›Pseudofeminismus‹. In den letzten Jahren entstanden in einer ähnlichen Perspektive in den deutschsprachigen Gender Media Studies mehrere Untersuchungen, die sich mit der Frage beschäftigen, wie feministische Ideen und Politiken in der medialen Berichterstattung, in Fernsehserien oder im Reality-TV aufgegriffen werden. Zu nennen ist hier z. B. eine Untersuchung von Brigitte Hipfl zum »Postfeminismus« (Hipfl 2006) in »Desperate Housewives«. Die Autorin interessiert sich für den Stellenwert des Feminismus in der Serie über das Leben von fünf ›verzweifelten Hausfrauen‹ in einer idyllischen US-amerikanischen Vorstadt. Hipfl geht davon aus, dass es in der Serie durchaus um Fragen der Ermächtigung von Frauen geht. Das Aufbegehren der Protagonistinnen gegen patriarchale Strukturen wird allerdings nicht unter dem Begriff ›Feminismus‹ thematisiert, niemals werden feministische Formen kollektiven Handels problematisiert. Im Sinne neoliberaler Logiken behauptet sich jede der fünf Hauptfiguren in der Serie ganz für sich allein, es »sind individuelle Aktionen gefragt und nicht gemeinschaftliche feministische Projekte« (ebd.: 116). Hierdurch kann laut Hipfl - und hier folgt sie McRobbie - der Eindruck entstehen, der Feminismus sei heute nicht mehr nötig. In einer ähnlichen Perspektive interpretiert Miriam Stehling (2011) die TV-Show »Germany’s next Topmodel« mit McRobbie als Inszenierung eines neoliberalen ›Pseudo-Feminismus‹. Elisabeth Klaus (2008) hat untersucht, wie Feminismus in aktuellen Sachbüchern thematisiert wird, die sich um den demografischen Wandel und damit auch um Familien- und Frauenpolitik drehen. Hierfür hat sie 13 Bücher analysiert, etwa Thea Dorns »Die F-Klasse«, Eva Hermans »Das Eva-Prinzip« oder Désirée Nicks »Eva Go Home«. Sie sieht in die- <?page no="115"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 116 sen Sachbüchern einen »Antifeminismus und Elitefeminismus« (ebd.) am Werke, der neoliberalen Logiken unterliegt und einem konservativ geprägten Feminismus das Wort redet. Klaus identifiziert vier Diskursstränge, die den Sachbüchern unterliegen: »1. die Abgrenzung vom ›alten‹ überholten Feminismus, 2. eine selbstzufriedene, neoliberale Nabelschau, 3. die Abwesenheit einer kritischen Gesellschaftsanalyse und schließlich 4. eine heterosexistische Orientierung« (ebd.: 180). Mit Fragen des Antifeminismus hat sich auch Laura Gruber (2012) beschäftigt, wenn auch in einer anderen Richtung. Sie geht dem Maskulinismus als Gegenbewegung des Feminismus im Internet nach. Die Autorin zeigt, dass das Internet nicht nur emanzipatorischen Bewegungen als Kommunikationsmedium dient, sondern auch seinen Gegnern. Dafür hat sie die Plattform »Wieviel ›Gleichberechtigung‹ verträgt das Land? « (www.wgvdl.com) einer Diskursanalyse unterzogen. Die Autorin kann anhand von sechs Diskurssträngen aufzeigen, wie die dort geführten Auseinandersetzungen mit antifeministischen und völkischen Rhetoriken gegen Frauen und feministische Politiken vorgehen. Genre und Geschlecht Zum Verständnis des Zusammenhangs von Geschlecht und Medien lassen sich auch Genrekonzepte produktiv machen, die in der Film- und auch der Kommunikationswissenschaft ausgearbeitet wurden. Genres stellen dabei keine feststehenden Klassifikationen dar, sondern offene, bewegliche Rahmen, die über keine festen Grenzen verfügen (vgl. Bordwell 1989: 147-f.). Das heißt, Genres verändern sich kulturell und historisch spezifisch. Sie strukturieren aber innerhalb dieser spezifischen Rahmen die Rezeptionserfahrungen und -erwartungen der Zuschauenden, wobei vor allem die Erzählmuster, Themen und Motive relevant werden (vgl. Hickethier 1996: 199- ff.). Eine klassifikatorische Bestimmung des Genres hinsichtlich bestimmter Merkmale ist problematisch, da sie zu essenzialistischen Beschreibungen neigt und den historischen Veränderungen nicht gerecht wird (vgl. Schneider 2001a: 93-f.). Bezogen auf den Zusammenhang von Geschlecht und Genre ist die Forschung vor besondere Herausforderungen gestellt. Irmela Schneider (2004) weist auf das Problem der gegenseitigen Essenzialisierung von Genre und Geschlecht hin. Sie bezieht sich damit auf Studien, die so genannte Frauen- und Männergenres bzw. geschlechtsspezifische Kommunikationsstile untersuchen (z.-B. Röser/ Kroll 1995: 23 ff., Klaus/ Röser 1996). In diesen Arbeiten werden z. B. Sportsendungen, Actionserien und Nachrichtensendungen als männliche Textsorten betrachtet, Fernsehserien, Liebesfilme oder Frauenzeitschriften als weibliche Textsorten. Unterschiede zwischen Frauen und Männern werden als gegebene Tatsache vorausgesetzt, um diese dann mit spezifischen Erzählstrukturen eines Medientextes zu verbinden. Kritisch <?page no="116"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 117 ist dabei, wie Schneider (2004: 22) feststellt: »Der Rekurs auf Gender-Konzepte erlaubt noch einmal diskursiv die Genre-Klassifikation. Und über die Genre-Klassifikation lässt sich auch wieder eine Antwort auf die Frage finden, was denn männlich und weiblich sei.« Zentral ist für die feministische Filmtheorie die Frage, wie die Wahrnehmung von Geschlecht über Genrestrukturen abläuft bzw. wie sich Genre und Geschlecht aneinander konstituieren. Doch wie lassen sich solche theoretischen Überlegungen in konkrete Textanalysen überführen? Wie lässt sich das Verhältnis der beiden Kategorien in Textanalysen umsetzen, ohne wiederum in essenzialistische Setzungen zu verfallen und entweder Genre oder Geschlecht als gegebene Kategorien vorauszusetzen? Einen instruktiven Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen hat Andrea Seier vorgelegt. Sie knüpft dabei ebenfalls an Butlers Thesen zur Performativität von Geschlecht an. Die Autorin entwickelt ihre Überlegungen aus einer Kritik an solchen neueren Filmanalysen, die anhand von Filmen die Performativität von Geschlecht und die Brüchigkeit der Geschlechteridentitäten zu belegen suchen, ohne dabei die filmischen und genrespezifischen (performativen) Eigenheiten des Films zu berücksichtigen. Daher schlägt sie vor, in Filmanalysen zwischen drei Ebenen des Performativen zu unterscheiden: die mediale Performativität, die Genre-Performativität und die Geschlechter-Performativität (vgl. Seier 2004, Seier 2006). Auf diese Weise könne ein Film in seiner spezifischen Medialität, das jeweilige Genre einschließlich seiner Regelhaftigkeit und die dargestellten Geschlechterinszenierungen als kulturelle Praktiken angesehen werden, die in je spezifischer Weise durch die Wiederholung von Normen zugleich hervorgebracht und reglementiert werden. So lässt sich nicht nur analysieren, wie Geschlechterinszenierungen performativ hergestellt werden, sondern es lässt sich zeigen, wie verschiedene performative Prozesse (die Genderperformativität, die mediale Performativität und die genrespezifische Performativität) ineinandergreifen und sich gegenseitig hervorbringen. Seier analysiert eine Sequenz aus Quentin Tarantinos Film »Jackie Brown«. Durch die Überlagerung der Figur Jackie Brown mit der Darstellerin Pam Grier im Vorspann wird ein Genre (Blaxploitation-Genre 3 ) aufgerufen. Und zugleich wird durch die Genrezitation und die Musik eine bestimmte Performativität der Geschlechter in Szene gesetzt: »Die Inszenierung von Weiblichkeit, die an der Figur Jackie Brown vollzogen wird, ruft unmittelbar das zitierte Genre hervor, so wie dieses umgekehrt die zitathafte Performativität des Geschlechts in Szene setzt. Die Darstellerin Pam Grier verweist auf das Genre des Blaxploitation-Films, das sie in ihrer Inszenierung 3 Blaxploitation ist ein populäres Filmgenre, dass sich vor allem an ein ›schwarzes‹ Publikum richtet. Der Name setzt sich zusammen aus den Begriffen Black und Exploitation (Bezeichnung für ein Genre mit Billigproduktionen und reißerischen Darstellungen). <?page no="117"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 118 zugleich verschiebt. Die mediale Performativität (Bewegung und Stillstand) wird wiederum anhand einer Gender-Inszenierung vollzogen, die bereits die von Laura Mulvey analysierten kinematografischen Strategien der Inszenierung von Weiblichkeit aufgenommen hat. Pam Grier ist eingefroren als flächiges Bild, wie Mulvey es für das Hollywood-Kino beschrieben hat, allerdings unterbricht diese Einfrierung nicht die bewegten Bilder, sondern sie existiert parallel zur Bewegung, als Bild im Bild« (Seier 2004: 54-f.). Mit einer journalistischen Genretheorie hat sich Margreth Lünenborg (2005: 106- ff.) beschäftigt. Die Auseinandersetzung bezieht sich hier auf unterschiedliche journalistische Textsorten, wie Reportage, Kommentar oder Nachricht. Auf der Ebene der medialen Produktion sieht sie aber als zentrale Entwicklung die Hybridisierung von Genres, also Prozesse der Entdifferenzierung und die Ausbildung neuer journalistischer Formen und Kommunikationsweisen. Deutlich wird dies an der Bildung neuer Hybridgenres, wie Infotainment, Reality-TV und Factual Entertainment. Damit sind journalistische Genres gar nicht mehr so eindeutig von anderen unterhaltenden Genres (wie etwa Fernsehserien) abgrenzbar. Deutlich wird dies z. B. im Hinblick auf das Doku-Drama, die Doku-Soap oder Gerichtsshows. Aus Geschlechterperspektive ist dies insofern relevant, weil insbesondere journalistische Genres - zuvörderst die Nachricht - vollständig naturalisiert daherkommen und ihre mediale ›Gemachtheit‹ mit dem Apodiktum der Objektivität gänzlich verleugnen. Heteronormativität und queere Repräsentationen Durch schwule, lesbische und queere Politiken und Theorien inspiriert, werden zunehmend auch nicht heterosexuelle Figuren und Geschichten in der Medienkultur untersucht bzw. der Blick auf die Repräsentation sexueller Identitäten in der Medienkultur gelegt. Ein Forschungsstrang der Queer Media Studies beschäftigt sich mit der expliziten Sichtbarkeit von Homosexualität in medialen Repräsentationen und Diskursen. Mehrere Studien zeigen eine zunehmende Sichtbarkeit von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Themen, Identitäten und Körpern in der Populärkultur. Beispiele hierfür liefern Serien wie »The L Word« (vgl. Maier 2007, Hohenberger 2011, Strube 2012), »Queer as Folk« (vgl. dazu Kapitel-8) oder die »Lindenstraße« (vgl. Maier 2006). Die Forschung spitzt sich auf die Frage zu, ob lesbische, schwule oder queere Themen, Diskurse und Figuren in der Medienkultur das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit dekonstruieren oder als Prozesse der Normalisierung von Homosexualität und der Stabilisierung der heterosexuellen Matrix anzusehen sind. Beispielsweise hat Uta Scheer (2004) aus einer queeren Perspektive die Repräsentationen homosexueller Sexualitäten und Identitäten in der TV-Serie »Star Trek« untersucht. Wie Scheer (ebd.: 324) anlehnend an <?page no="118"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 119 Lauren Berlant feststellt, gelingt es der Serie nicht, sich der »medialen Stigmatisierungen, Enthumanisierung und Dämonisierung nicht-heterosexueller Menschen zu entziehen.« Jan Pinseler (2011) geht dieser Frage exemplarisch anhand der Fernsehserie »Rote Rosen« und der Reality-TV-Sendung »Frauentausch« nach. Als simpelste Form der Konstruktion von Heteronormativität beschreibt er die »Ausschließlichkeit« von Heterosexualität (ebd.: 129), womit gemeint ist, dass in einem Film oder einer Fernsehserie nur heterosexuelle Figuren gezeigt werden. Hier ist die Heterosexualität die selbstverständliche Norm, die nicht weiter thematisiert werden muss. Eine weitere Form sieht Pinseler in der »Abwesenheit von Heteronormalität« (ebd.: 129). In einer von ihm untersuchten Sendung werde die Vorstellung der glücklichen heterosexuellen Familie derart unterlaufen bzw. explizit ausgeschlossen, dass die Repräsentation der Abweichung die Zuschauenden in ihrer eigenen Normalität bestätigen solle. Andreas Heilmann (2011) betrachtet die »Outing Kaskade« homosexueller Politiker und konstatiert eine »Normalität auf Bewährung«. Er identifiziert dabei einen Prozess der Öffnung, bei dem zugleich Normen des gesellschaftlich Tolerierbaren definiert und umgearbeitet werden. In der queer-feministischen Filmtheorie werden unter einer ähnlichen Perspektive Filme untersucht, in denen Transgender-Figuren auftauchen, wie etwa »The Crying Game« und »Lola und Bilidikid« (vgl. Haschemi Yekani 2007) oder »Girl King« (vgl. Seipel 2006). Erwähnenswert sind auch Studien, die sich mit künstlerischen Bildproduktionen beschäftigen. Beispielsweise hat Josch Hoenes (2007) Körperbilder von Transmännern untersucht. Am Bilderzyklus »God’s Will« von Loren Cameron zeigt er, wie dieser bisherige, pathologisierende Inszenierungen von Transsexualität hin zu positiven Subjektpositionen verschiebt. So wird deutlich, wie diese Bilder, unter Rückgriff auf Vorstellungen von Männlichkeit und spezifische Darstellungsparameter, zu einer Entnaturalisierung der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit beitragen, um so nicht hegemoniale Artikulationen von Subjektivität und gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit zuzulassen. Er zeigt aber auch, dass die Bilder durchaus widersprüchlich bleiben, weil sie auch der Aufrechterhaltung hegemonialer Männlichkeiten dienen können. Vor allem in der angloamerikanischen Forschung werden sogenannte ›Queer Readings‹ durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine dekonstruktive Lektürepraxis, die u.-a. Eve Kosofsky Sedgwick (1990: 48-ff.) bezogen auf den klassischen literarischen Kanon ausgearbeitet hat. In dieser Forschungsperspektive werden solche populärkulturellen Medienprodukte, die zumindest auf den ersten Blick nichts mit queeren Politiken zu tun haben, auf ihre queeren Subtexte hin untersucht. ›Queerness‹ in der Populärkultur ist in dieser Perspektive also nicht an die explizite Sichtbarkeit von schwulen, lesbischen oder transsexuellen Charakteren oder Themen gebunden (vgl. Kooijman 2009: 161-ff.). Inwiefern es sich bei einigen der ›Queer Readings‹ um einen mitunter überzogenen Enthusiasmus hinsichtlich der ermächtigenden und subversiven Potenziale der Populärkultur handelt, ist Teil der anhalten- <?page no="119"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 120 den Debatte. In den deutschsprachigen Gender Media Studies werden solche Diskussionen bisher allerdings nur am Rande geführt. Geschlechterkritische Reflexionen Mit Blick auf Geschlecht wird in den besprochenen Arbeiten von einem konstruktivistischen bzw. dekonstruktiven Geschlechterbegriff ausgegangen. Medien und Öffentlichkeit(en) werden so in Beziehung zu einem prozessualen Geschlechterverständnis aufgefasst, das Geschlecht als Herstellungsprozess begreift und dabei immer auch auf seine Veränderbarkeit und Unabgeschlossenheit insistiert. Diskurstheorie und Diskursanalyse dienen diesen Arbeiten als theoretischer und methodischer Hintergrund, daneben werden semiotische Verfahren verwandt. Eine solche Vorgehensweise erlaubt es, Geschlecht nicht als stabilen Ausgangspunkt der Forschung anzusehen, sondern die medialen Prozesse aufzuzeigen, die Geschlecht herausbilden, bestätigen, irritieren oder auch verschieben. In methodischer Hinsicht stellen Diskursanalyse und semiotische Analyse Werkzeuge dar, mittels derer den Konstruktionen und Dekonstruktionen von Geschlecht auf diskursiver Ebene nachgegangen werden kann. Die methodischen Verfahren sind dabei nicht in sozialwissenschaftlichem Sinne als streng regelgeleitete Arbeitsschritte zu begreifen. Da Prozesse des Verstehens und Deutens als subjektgebunden begriffen werden, lassen sich die so erzielten Ergebnisse nicht beliebig reproduzieren. Diskursorientierte Verfahren haben ihre Referenz stärker in der Theoriebildung und nicht in einer als ›belastbar‹ verstandenen empirischen Untersuchung. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht führt dies wiederum zu Kritik. Wenn Geschlecht nur als Diskurs gefasst wird, dann lassen sich Geschlechterverhältnisse nicht mehr als sozial wirkmächtige Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse erfassen. Das emanzipatorische Potenzial einer kritischen Geschlechterforschung droht damit aus dem Sichtfeld zu geraten. In methodischer Hinsicht tauchen Probleme auf unterschiedlichen Ebenen auf: Mit der Fokussierung auf einzelne Medientexte bleibt die Frage der Generalisierbarkeit von Ergebnissen offen. Die Beschränkung auf reine Textanalysen verhindert eine Kontextualisierung, bei der gesellschaftliche Rahmenbedingungen von Medienproduktion und Medienhandeln untersucht würden. Kritisiert wird, dass die Vorgehensweise nicht präzis nachvollziehbar ist. Die Materialsichtung, die Auswahl des empirischen Materials und die konkrete Vorgehensweise erfolgt zumeist nicht systematisch, sondern eher eklektisch. Es wird also weiterhin eine wichtige Frage der Gender Media Studies bleiben, wie sich (de)konstruktive ›Formen des Theoretisierens‹ mit ›Formen des Erhebens‹ verbinden lassen. <?page no="120"?> Medientexte: Inhalte, Repräsentationen und Diskurse 121  Literaturempfehlungen Ein Einblick in das umfangreiche Arbeitsgebiet der Medientextanalyse lässt sich am Besten über vorliegende Sammelbände gewinnen. Empfohlen seien besonders »Wie der Film den Körper schuf« von Annette Geiger et-al. (2006) sowie »Feministische Kommunikations- und Medienwissenschaft« herausgegeben von Johanna Dorer und Brigitte Geiger (2002). <?page no="122"?> 123 6 Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 6.1 Geschlechtertheorien in der Publikumsforschung Das Forschungsfeld, welches sich mit dem Medienhandeln des Publikums beschäftigt, wird in der Kommunikationswissenschaft und in den Gender Media Studies mit vielfältigen Bezeichnungen umschrieben: Aneignungsforschung, Medienethnografie, Nutzungsforschung, Publikumsforschung, Rezeptionsforschung oder Wirkungsforschung. Um die Verwendung der Begriffe wird viel diskutiert und es kann stark voneinander abweichen, was einzelne Studien darunter verstehen. Einer gängigen kommunikationswissenschaftlichen Systematisierung folgend, ist es üblich, die Mediennutzung (im weitesten Sinne verstanden als der Kontakt von Menschen mit Medien) in drei Phasen einzuteilen: die präkommunikative Phase der Medienauswahl, die kommunikative Phase der Medienrezeption und die postkommunikative Phase der Medienaneignung (vgl. Scherer 2006). Nun ist es so, dass die einzelnen Ebenen letztlich in der Mediennutzung eng aufeinander bezogen sind. Die Trennung hat aber einen analytischen Wert, weil sie es ermöglicht zu verstehen, welcher Aspekt von ›menschlichem Handeln‹ und ›Medium‹ genau analysiert wird. Aus einer Geschlechterperspektive eröffnen sich dann auch unterschiedliche Erkenntnisinteressen und Fragestellungen: • Auf die präkommunikative Phase der Mediennutzung bezieht sich die Forschung zur Auswahl von Medien. Hier geht es um das Verstehen der Hintergründe, warum sich Menschen für oder gegen ein Medium oder einen konkreten Medientext entscheiden. Den Einfluss der Kategorie Geschlecht auf die Medienauswahl zu verdeutlichen, ist zentrales Anliegen der Nutzungsforschung in den Gender Media Studies. Fragen nach den Selektionsentscheidungen von Frauen und Männern können sich sowohl auf die Medientechnologien selbst (etwa ob Frauen und Männer die Wii-Spielkonsole nutzen) als auch auf die Medienangebote (z.-B. welche Spiele für die Wii nutzen Männer und Frauen? ) beziehen. Zentrale Fragen der Forschung sind: Welche Medientechnologien, Genres und Inhalte wählen Frauen und Männer aus? Warum nutzen Frauen und Männer bestimmte Medien bzw. Medienangebote (etwa Männerzeitschriften, Soap Operas)? Welche Bedeutung kommt Geschlecht bei der Medienauswahl zu? <?page no="123"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 124 • Bei der Analyse der kommunikativen Phase der Rezeption richtet sich das Interesse auf die Prozesse der Interpretation, der Wahrnehmung und des Verstehens von Medien, die nach dem Kontakt zustande kommen. Hier rücken kognitive und emotionale Prozesse in den Blick (Wissensbestände, Sinn- und Bedeutungskonstruktionen, emotionale Reaktionen). Die Bedeutungs- und Sinnkonstruktionen lassen sich auf der Ebene der Decodierung von Medientexten, aber auch hinsichtlich der Bedeutungen von Medientechnologien untersuchen (etwa welche Bedeutung ein Computer für die Ausgestaltung von Kontakten zwischen Jugendlichen hat). Aus einer Geschlechterperspektive geht es vor allem darum, die Prozesse der Interpretation und Bewertung von Medientexten und die ihnen innewohnenden Geschlechterkonstruktionen verstehbar zu machen. Einige Forschungsfragen sind: Wie nehmen Frauen und Männer einen bestimmten Medientext wahr und wie verarbeiten sie ihn? Wie interpretieren und bewerten Frauen und Männer mediale Geschlechterrepräsentationen? Wie werden in der Auseinandersetzung mit Medientexten Geschlechternormen thematisiert, reproduziert oder verschoben? Welche widerständigen Lesarten medialer Texte entwickeln die Rezipierenden? • Mit Aneignung ist in einem engeren Verständnis, wie es die kommunikationswissenschaftliche Mediennutzungsforschung vertritt, der Gebrauch von Medien in der postkommunikativen Phase gemeint (etwa ein Gespräch über ein Computerspiel, das man gespielt hat). In einem weiten Begriffsverständnis der Cultural Studies bezeichnet Aneignung den Prozess des Sich-zu-eigen-Machens von Medien im Alltag, unabhängig von der zeitlichen Phase (vgl. Hepp 1999: 164). Aus dieser Perspektive rückt das Medienhandeln in seiner Verknüpfung mit dem nicht medialen Alltagshandeln (das Musikhören während des Kochens etc.) oder sozialen Interaktionen (etwa Gespräche über ein Computerspiel, bevor es auf den Markt kommt) in den Mittelpunkt. Einige Fragen sind: Wie werden bestimmte Medienangebote in spezifischen Kontexten angeeignet und in das Leben von Frauen und Männern integriert? Wie wird in der und durch die Mediennutzung Geschlecht hergestellt? Wie laufen bei der gemeinsamen Mediennutzung (etwa von Computerspielen) Konfrontationen entlang von Geschlechterverhältnissen ab? Wie sprechen Menschen vor, während und nach der Rezeption über bestimmte Medienangebote und wie werden dabei Geschlechternormen reproduziert? Charakteristisch für viele Studien der Gender Media Studies ist, dass sie »integrative Perspektiven« (Klaus/ Röser/ Wischermann 2001: 10) verfolgen, welche die verschiedenen Ebenen zu verbinden und aufeinander zu beziehen suchen. Mit dem Begriff Medienhandeln lassen sich die Praxen der Mediennutzung, Medienrezeption und Medienaneignung erfassen. Der Begriff knüpft an einen prozesshaften Kulturbegriff an, der die aktiven Prozesse der Auseinandersetzung mit Medien - eben die <?page no="124"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 125 Medienhandlungen des Publikums - betont (vgl. auch Kapitel-2). Das Forschungsfeld, das sich mit dem Medienhandeln beschäftigt, kann entsprechend als Publikumsforschung bezeichnet werden. Für die Gender Media Studies geht es mit der Erforschung des Medienhandelns nicht nur darum zu erklären, was Frauen, Männer, Transgenders etc. mit Medientechnologien, Medienangeboten oder Medieninhalten machen. Das Erkenntnisinteresse richtet sich auch in umgekehrter Fragerichtung darauf, wie Medienhandlungen Geschlechter machen. Gefragt wird dann nach den Wirkungen oder Effekten von Medien, die sich im und durch das Medienhandeln der Menschen realisieren. Eine zentrale Frage der daran anschließenden Gender Media Studies ist, wie das Medienhandeln der Publika Geschlechtsidentität und Geschlechterkörper herstellt. Einen theoretischen Rahmen eröffnet z. B. die strukturanalytische Rezeptionsforschung von Michael Charlton und Klaus Neumann-Braun (1992), die alltagsorientierte Rezeptionsforschung nach Ben Bachmair (1984) und die Medienstudien der Cultural Studies. In der Auseinandersetzung mit der Nutzung, Rezeption, Aneignung und Wirkung von Medien entwickeln die im ersten Kapitel vorgestellten theoretischen Ansätze der Geschlechterforschung unterschiedliche Relevanz: • In der Tradition der Gleichheitsforschung wird Frauen im Kommunikationsprozess eine passive Rolle zugeschrieben (als den Medientexten und Medientechnologien mehr oder weniger ›ausgelieferte Subjekte‹). Es wird von einem kausalen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Medientext und Publikum ausgegangen. Medien enthalten in diesem Denken eindeutige sexistische oder patriarchale Botschaften, die von Frauen und Männern auch in dieser Weise wahrgenommen und verstanden werden. So gesehen, ist es dann auch nicht nötig, die konkreten Medienhandlungen von Frauen empirisch zu erforschen (vgl. Klaus 2002: 15). • Mit der Differenzforschung rücken die aktiv handelnden Subjekte in ihrer geschlechtlichen Gebundenheit in den Vordergrund. Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Forschungstraditionen ausmachen (vgl. ähnlich auch ebd.: 21). In einer ersten Perspektive wird das Medienhandeln als geschlechtsspezifisch angesehen und nach Unterschieden im Medienhandeln von Frauen und Männern gesucht. In dieser Forschungstradition stehen Arbeiten, die nach geschlechtsspezifischen Nutzungsweisen fragen, weibliche und männliche Lesarten erforschen oder ein spezifisches Vergnügen von Frauen an Serien untersuchen. In einer zweiten Forschungstradition werden keine spezifisch weiblichen Eigenschaften postuliert, welche sich grundlegend von männlichen unterscheiden. Das Medienhandeln wird als geschlechtsbasiert angesehen, wobei nicht von universalen Kategorien ›der Frauen‹ und ›der Männer‹ ausgegangen wird. Die Differenzforschung fasst Geschlecht als Strukturkategorie und führt Unterschiede im Medienhandeln auf <?page no="125"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 126 unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen und Männern zurück. Damit wird von einer soziokulturellen Geschlechterdifferenz ausgegangen. • Mit dem Konzept des Doing Gender werden die Interaktionen untersucht, die Geschlecht im alltäglichen Medienhandeln herstellen. Es wird dann nicht beim vermeintlich gegebenen Geschlecht des handelnden Publikums angesetzt, sondern untersucht, wie Menschen Geschlecht durch ihre Medienhandlungen ausdrücken, sich selbst ihrer eigenen Geschlechteridentitäten versichern und diese anderen präsentieren. Dies geschieht, indem bspw. geschlechtstypische Mediennutzungsstile betont oder geschlechtsuntypische Nutzungsvorlieben unterdrückt oder verheimlicht werden. In der Perspektive des Doing Gender werden dann etwa unterschiedliche Genrepräferenzen nicht als geschlechtsspezifisch gelesen, sondern als eine Praxis, die Geschlecht konstituiert. Hier kommen Medienhandlungen als konkrete soziale Interaktionen zum Vorschein, die Geschlechteridentitäten - auch jenseits eines zweigeschlechtlichen, heteronormativen Modus - herstellen. • Die diskurstheoretische (De)Konstruktion ist nicht primär empirisch angelegt, sondern analysiert theoriebasiert die grundlegenden Mechanismen gesellschaftlicher Strukturen und Machtverhältnisse, die sich in Sprache artikulieren. In der Rezeptionsforschung der Gender Media Studies finden sich Versuche, dekonstruktive Theorien für die Analyse des Medienhandelns zu nutzen. Hier kann nicht trennscharf zwischen dem Konzept des Doing Gender und der diskurstheoretischen Dekonstruktion unterschieden werden. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob und wie sich poststrukturalistische Geschlechtertheorien in der empirischen Erforschung des Medienhandelns anwenden lassen, steht noch aus. In jedem Fall sind vermeintlich ›simple‹ Setzungen standardisierter Forschung obsolet und müssen diskursiv im Forschungsprozess neu bestimmt werden. Im Folgenden geht es nicht um eine Zuordnung einzelner Studien zu einer dieser Perspektiven. Das ist auch insofern nicht möglich, weil in den Publikumsstudien der Gender Media Studies oftmals perspektivenübergreifende Standpunkte eingenommen werden. Strukturiert wird das Kapitel anhand konkreter Forschungsfelder und Forschungsfragen, wobei der Vielfalt der Theoriedebatten Rechnung getragen wird. 6.2 Mediennutzung: Zeitbudgets und Medienmenüs Fragen nach der quantitativen Mediennutzung werden einerseits von der anwendungsorientierten Mediaforschung und andererseits von der Kommunikationswissenschaft bearbeitet. Den beiden Traditionen liegen unterschiedliche Motivationen <?page no="126"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 127 zugrunde. Die anwendungsorientierte Mediaforschung wird von Rundfunkanstalten, Presseverlagen und Marktforschungsinstituten zur Bestimmung von Reichweiten (Zahl der Personen, die erreicht werden), der Zielgruppen (wer erreicht wird) sowie der Nutzungsdauer (Länge des Medienkontakts) durchgeführt. Sie wird aus ökonomischen Gründen im Auftrag von Medienunternehmen und der Werbeindustrie durchgeführt, um die Kontaktwahrscheinlichkeit der KonsumentInnen mit der Werbebotschaft zu quantifizieren bzw. um Feedback über die Nutzung und Bewertung des eigenen Angebots zu erhalten (vgl. Beck 2007: 181-ff.). Hierzu gehören neben telemetrischen Messungen (wie die Fernsehnutzungsdaten der GfK) vor allem auch standardisierte und repräsentative Befragungen, wie etwa die »Langzeitstudie Massenkommunikation«, die seit 1964 etwa alle fünf Jahre durchgeführt wird (für 2010 vgl. Reitze/ Ridder 2011). In den Befragungen werden mittels standardisierter Fragebögen die konsumierten Sendungen, die Anzahl der Fernsehgeräte im Haushalt, die Bekanntheit und Nutzung von Publikumszeitschriften, Tageszeitungen oder Lesezirkeln abgefragt. Zudem werden Aspekte zum Freizeitverhalten, zur Haushaltsausstattung sowie soziodemografische Merkmale, wie zum Beispiel Alter, Bildung, Einkommen oder Geschlecht, erhoben. So lassen sich die individuellen Medienmenüs erfassen und entlang sozio-demographischer Daten systematisieren. Die kommerzielle Nutzungsforschung erhebt Geschlecht - soweit überhaupt analysiert - als eine soziodemografische Variable, um eine zielgruppengerechte Ansprache zu erreichen. Mittels telemetrischer Messungen und repräsentativer Befragungen wird die Geschlechterzugehörigkeit - hier verstanden als manifeste, biologische Kategorie - abgefragt und als gegebene Grundlage der Mediennutzung vorausgesetzt. Solche Studien kommen zu deskriptiven Ergebnissen wie: »Frauen verbringen weniger Zeit im Netz als Männer« (van Eimeren/ Frees 2011: 336). Die Zielgruppe der Frauen und die Zielgruppe der Männer werden in solchen Studien als eine mehr oder weniger homogene Gruppe gedacht. Geschlechterdifferenziert lassen sich so Zeitbudgets erfassen. Weiblichkeit und Männlichkeit werden als natürliche Klassifizierungskriterien in die Forschung eingeführt, was dann zu essenzialistischen Beschreibungen von der Mediennutzung der Frauen und der Mediennutzung der Männer führt (vgl. Böck/ Weish 2002: 237). Die akademische Nutzungsforschung beschäftigt sich ebenfalls mit der Medienauswahl und der Medienrezeption. Sie will den Mediengebrauch der Rezipierenden aber nicht nur deskriptiv beschreiben, sondern auch die Gründe und Motive der Mediennutzung erklären. Mittels standardisierter Verfahren wird die Mediennutzung von Frauen und Männern gemessen und nach Häufigkeitsverteilungen gefragt: etwa bezogen auf die Mediennutzung von speziellen Gruppen (Frauen, Männer, arbeitslose Frauen und Männer etc.) oder spezifischen Angeboten (wie Frauen- und Männerzeitschriften). Erklärt werden soll dann z. B. die Zusammensetzung von bestimmten Nutzungsgruppen. So zeigt etwa Melanie Krause (2010), dass es viele computer- <?page no="127"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 128 spielende Frauen gibt, die nicht einfach nur Gelegenheitsspielerinnen sind, sondern Vielspielerinnen mit einem ausdifferenzierten Spielverhalten. Die Befunde aus solchen Studien werden aber nicht vor dem Hintergrund der Geschlechterforschung weitergehend interpretiert. Die kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung beschäftigt sich ebenfalls mit dem Nutzungsverhalten von Frauen und Männern. Festgestellt werden partielle Nutzungsunterschiede zwischen Männern und Frauen bezogen auf die Nutzungsdauer und die Nutzungsintensität (z.-B. Frielingsdorf 1996, Cornelißen 1998: 84). Zugleich findet eine intensive Auseinandersetzung um spezifische Medienvorlieben von Frauen statt. Diese Diskussion geht auf die feministische Beschäftigung mit den sogenannten Frauen- und Männergenres bzw. geschlechtsspezifischen Kommunikationsstilen zurück (vgl. Röser/ Kroll 1995: 23-ff., Klaus/ Röser 1996). Untersucht wird in dieser Tradition, ob sich an Männlichkeit und Weiblichkeit spezifische Medien- und Genrepräferenzen beschreiben lassen. So gehen Elisabeth Klaus und Jutta Röser davon aus, dass »geschlechtsgebundene Kommunikationsstile in die Konstruktionsmuster von Medienprodukten eingeschrieben sind« (Klaus/ Röser 1996: 49). Mit Bezug auf das Fernsehen stellen sie fest, dass Frauen vor allem Spielfilme und Serien mögen, in denen Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen thematisiert werden, Männer präferieren hingegen actionorientierte Spielfilme und Serien. Die Autorinnen argumentieren, dass Frauen Angebote verstärkt nach der Trias von Interaktion/ Beziehung/ Gemeinschaft auswählten, Männer demgegenüber Medienangebote präferierten, die sich an Aktion/ Besonderung/ Sieg orientieren (vgl. ebd.: 50). Alle bisher genannten Studien greifen eindeutig auf ein Verständnis von Geschlecht zurück, das ›Frausein‹ vom ›Mannsein‹ unterscheidet. Eher selten werden dabei biologische Ursachenerklärungen bemüht, um die geschlechtsspezifischen Nutzungsweisen zu begründen. Wie aber lassen sich die vorgefundenen Differenzen dann erklären? Auf diese Frage liefern die Gender Media Studies unterschiedliche Antworten, einige seien hier genannt (weitere Erklärungen finden sich auch in den folgenden Kapiteln): Einige Studien führen die geschlechtsspezifischen Nutzungsweisen auf die geschlechtsspezifische Sozialisation zurück. Frauen und Männer werden in diesem Denken unterschiedlich sozialisiert und dadurch in der Jugend und Kindheit auf relativ stabile Geschlechterrollen festgelegt (vgl. für eine differenziertere Diskussion von Sozialisationstheorien Nestvogel 2004). Sie messen der Kindheit und Jugend eine wichtige Rolle bei der Entwicklung geschlechtsspezifischer Identitäten zu. Im Bereich der kommunikationswissenschaftlichen Nutzungsforschung führt dies zu der Vorstellung, dass aufgrund relativ stabiler personaler Merkmale, die Frauen und Männern eigen sind, Medien auch auf unterschiedliche Weise genutzt werden. Solche Erklärungen neigen zu deterministischen Konzeptionen des <?page no="128"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 129 Zusammenhangs von Mediennutzung und Geschlecht, weil die Geschlechterrollen als zeitlich relativ stabil aufgefasst werden. In einer zweiten Argumentation wird vor dem Hintergrund differenzbasierter Geschlechtertheorien auf die unterschiedlichen Lebenswelten und gesellschaftlichen Erfahrungen von Frauen und Männern hingewiesen. Die differenten Nutzungsweisen von Männern und Frauen werden dann nicht auf differente Rollenvorgaben zurückgeführt, sondern auf soziale Verhältnisse (vgl. Klaus 2001b: 24). Frauen machen andere Erfahrungen als Männer, sie haben unterschiedliche Alltagswelten, so die Annahme, daher kann dies zu unterschiedlichen Nutzungsstilen und Programminteressen führen. So gehen etwa Klaus und Röser (1996: 49-ff.) davon aus, dass Frauen und Männer unterschiedliche Genrepräferenzen haben: beziehungsorientierte Spielfilme und Serien einerseits und Actionfilme und -serien andererseits. Diese lassen sich, den Autorinnen folgend, damit begründen, dass diese Medienangebote jeweils inhaltliche Bezüge zum weiblichen und männlichen Lebenszusammenhang bzw. zu weiblichen und männlichen Sprachstilen aufweisen. Fraglos können gegen solche Befunde mit gutem Recht einige Einwände formuliert werden. Neuere Nutzungsstudien lassen monokausale Zusammenhänge zwischen der Art der Mediennutzung und dem Geschlecht fragwürdig erscheinen. Das Geschlecht determiniert kein spezifisches Medienhandeln (vgl. Cornelißen 2002, Böck/ Weish 2002). Unter Einbezug weiterer Differenzierungskategorien zeigt sich vielmehr, dass sich die Mediennutzung nicht qua Geschlecht signifikant unterscheidet. Homogen »männliche« und »weibliche Medienmenüs« lassen sich nicht identifizieren. Nicht die geschlechtsspezifische Sozialisation oder geschlechtsspezifische Lebenszusammenhänge erweisen sich dann als Dimension der Differenz, sondern andere soziale Faktoren wie Bildungsgrad, Alter oder Berufstätigkeit, gegebenenfalls im Zusammenwirken mit dem Geschlecht. Menschen handeln nicht nur auf der Basis ihrer Geschlechtsidentität, worauf auch die vielfältigen Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern bei der Mediennutzung hinweisen (vgl. Klaus 2005: 292). Geschlechterkritische Reflexionen Eine weitere Erklärung, wie sich die gefundenen Geschlechterdifferenzen in der Mediennutzung begründen lassen, bezieht sich auf die Forschungspraxis selbst. Können nicht auch die zugrunde liegenden Theorien und die angewandten Methoden dazu führen, dass Differenzen im Medienhandeln der Rezipierenden gefunden werden? Klaus (1996: 625-ff.) hat gezeigt, wie in der auch im akademischen Kontext vielbeachteten »Langzeitstudie Massenkommunikation« die Geschlechterdifferenzen in der Mediennutzung als wissenschaftliches Artefakt erschaffen wurden: Die 1995 durchgeführte siebte Befragungswelle der Studie kommt zu dem Schluss, dass <?page no="129"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 130 Frauen mehr an unterhaltungsorientierten Medienangeboten interessiert sind und Männer mehr an informationsorientierten Angeboten. In der Studie werden in diesem Zusammenhang aber nicht nur die Nutzung und Bewertung von Informationsangeboten und Unterhaltungsangeboten abgefragt, sondern auch eine dritte Angebotskategorie berücksichtigt: der Sport. Nun ist Sport, so Klaus, als spielerischer Wettkampf aber offensichtlich keine eigenständige Kategorie, sondern dem Bereich Unterhaltung zuzuordnen. Fasst man die Kategorien Unterhaltung und Sport zu einer Kategorie zusammen und betrachtet diese zusammengefasste Unterhaltungskategorie im Vergleich zu den Informationsangeboten, dann zeigt sich ein ganz anderes Bild: Die geschlechterdifferenten Nutzungsweisen verringern sich bezogen auf die verschiedenen abgefragten Medien. Weil der Sport nun zur Unterhaltung zählt, zeigen sich die Nutzungsinteressen der Männer bei einigen Medien sogar unterhaltungsorientierter als die der Frauen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei der Beantwortung der Fragen Effekte sozialer Erwünschtheit einfließen können (vgl. Klaus 2005: 292-f.). In Befragungsstudien werden oft vorgegebene Antworten präsentiert, in die bereits Geschlechterkonstruktionen eingeschrieben sein können. Es verwundert dann kaum, wenn die befragten Personen die sozial erwünschten Antworten auswählen. Die Fragen können zu Antworten einladen, die den kulturellen Definitionen von Männlichkeit und Weiblichkeit entsprechen (ebd.). Wie in der Nutzungsforschung die Zweigeschlechtlichkeit als wissenschaftliches Artefakt zugeschrieben wird, lässt sich an dem Fragebogen der Langzeitstudie Massenkommunikation 2005 aufzeigen, mittels dessen die standardisierte Untersuchung in etwa 6000 bundesdeutschen Haushalten durchgeführt wird (vgl. Reitze/ Ridder 2006: 270). Laut Intervieweranweisung soll bei der Abfrage der soziodemografischen Merkmale nicht nur festgestellt werden, ob es sich um eine männliche oder eine weibliche Person handelt (eine Alternative gibt es nicht), sondern die Interviewenden werden dazu auch aufgefordert, bei den interviewten Personen nachzuhaken, falls sie das Geschlecht der Zielperson nicht eindeutig über das Äußere bestimmen können. Hier wird offensichtlich ein Alltagswissen von Geschlecht reproduziert, dass zwei (und nur zwei) Geschlechter existieren, die sich eindeutig über den Körper identifizieren lassen 4 (vgl. Abbildung 6.1). Die Geschlechterforschung fordert also dazu heraus, die Methoden und erkenntnistheoretischen Prämissen daraufhin zu befragen, ob sie von zweigeschlechtlichen 4 Anhand des Beispiels lässt sich aber nicht nur die Zuschreibung von Geschlecht im Forschungsprozess verdeutlichen (durch die Konstruktion des Fragebogens bzw. die Frage durch den Interviewer), sondern auch die Annahme von Geschlecht als Teil der Subjektkonstitution auf Seiten der Befragten. Wenn auf die Nachfrage (sind Sie männlich oder weiblich? ) ein Mann sich für die Antwortalternative männlich entscheidet, und eben nicht für weiblich, ist dies ein Beispiel für die alltägliche Annahme von Geschlecht (vgl. de Lauretis 1996: 71). <?page no="130"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 131 Mustern geprägt sind. Denn theoretische Modelle, methodische Herangehensweisen und erkenntnistheoretische Prämissen greifen in ihrer historischen Genese auch auf zweigeschlechtliche Strukturen zurück - zumeist ohne dies zu intendieren oder zu reflektieren. Zugleich muss darüber nachgedacht werden, welche methodologischen Konsequenzen daraus gezogen werden sollten. Hinsichtlich der Operationalisierung von Geschlecht bei standardisierten Untersuchungen werden Verfahren diskutiert, um mehrdimensionale Geschlechterpositionierungen bei Befragungen zu ermöglichen (vgl. Kinnebrock/ Dickmeis/ Stommel 2012, Trepte 2004). So hat etwa Waltraud Ernst (2002: 44) vorgeschlagen, bei der Konzeption von Untersuchungsinstrumenten von standardisierten Untersuchungen keine binären Antwortalternativen anzubieten. Es könnten entweder vielfältigere Kategorien (männlich, weiblich, transgender, queer, intersexuell, transsexuell, kein Geschlecht, wechselnd o.-Ä.) oder Geschlecht als offene Frage formuliert werden. Ein solches Forschungsvorgehen kann dann dazu beitragen, die »geschlechtliche Vielfältigkeit« (ebd.: 49) darzustellen. 6.3 Medienrezeption und -aneignung: Kontexte, Lesarten und Identitäten Da Häufigkeitsverteilungen wenig über das tatsächliche Medienhandeln sagen, sind qualitativ ausgerichtete Rezeptions- und Aneignungsstudien weniger an generalisierenden und quantifizierbaren Aussagen über die Medienhandlungen des Publikums interessiert, sie wollen stattdessen anhand von Einzelfällen eine möglichst dichte Beschreibung eines Phänomens liefern. Dass ergänzend auch standardisierte Verfahren im Forschungsprozess zum Einsatz kommen oder im Rahmen der Interpretation der Befunde ein Abgleich mit Strukturdaten erfolgt, ist dabei keineswegs ausgeschlos- Abb. 6.1: Ausschnitt aus Fragebogen (vgl. Reitze/ Ridder 2006: 270) <?page no="131"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 132 sen. Die Rezeptions- und Aneignungsforschung der Gender Media Studies - anknüpfend an Publikumstheorien der Cultural Studies - fragt nicht vorrangig nach Zeitbudgets und Medienmenüs. Im Mittelpunkt stehen Bedeutungszuschreibungen und Identitätskonstruktionen des Publikums. Grundlegend für diese Forschung ist die Annahme eines aktiven Publikums. Im Unterschied zum Uses-and-Gratifications-Ansatz wird in der Geschlechterforschung und den Cultural Studies die Aktivität der Rezipierenden nicht nur als eine Aktivität des Auswählens und Selektierens verstanden, sondern als eine Hervorbringung und Konstruktion von (Medien)Wirklichkeit und Bedeutung (vgl. auch Krotz 2001: 74). An diesem Punkt zeigt sich die Produktivität für die Geschlechterforschung besonders deutlich: Das Medienhandeln der Rezipierenden lässt sich als eine Aktivität verstehen, die Wissen über Geschlechter hervorbringt, verhandelt und zuweilen auch infrage stellt. Medienhandlungen können dann in einer diskurstheoretischen Perspektive als Praktiken verstanden werden, die systematisch jene Gegenstände hervorbringen, von denen sie sprechen (vgl. Foucault 1981: 74). Wenn Menschen sich mediale Geschlechterrepräsentationen zu eigen machen, dann beziehen sie sich nicht nur auf bereits bestehende Geschlechterdiskurse, sie stellen diese auch her. Solche Medienhandlungen können als performative Akte verstanden werden. Mit der Betonung der Aktivität und Produktivität des Publikums wird also deutlich, dass es gerade die eigenen Aktivitäten der Menschen sind, mit denen sie sich selbsttätig in gesellschaftliche Machtverhältnisse - und damit eben auch Geschlechterverhältnisse - einarbeiten (vgl. Haug/ Hipfl 1995). Medienaneignung in Kontexten Begreift man Medienhandeln als alltagsgebundene Praxis, so wird deutlich, dass die Publikumsforschung stets innerhalb alltäglicher Kontexte angelegt sein sollte. So wird erforscht, wie sich das Medienhandeln in konkreten sozialen und gesellschaftlichen Kontexten ausdrückt: zum Beispiel in der häuslichen Umgebung, innerhalb der familiären Situation oder in mobilen Nutzungsweisen. Entsprechend werden die Publikumsaktivitäten, ausgehend von spezifischen Rezeptionsorten, Situationen und sozialen Konstellationen analysiert (vgl. Röser 2007a: 19). Medienhandlungen erscheinen nicht als Praktiken eines isolierten Individuums und nicht als isolierte Praktiken, sie werden vielmehr in den alltäglichen Handlungskontext eingebettet. Um diese kontextuierten Praktiken entdecken und verstehen zu können, werden insbesondere qualitative Methoden und ethnografische Verfahren eingesetzt werden (siehe auch Kapitel 2). Ein besonderes Interesse haben die Gender Media Studies an der Medienaneignung im häuslichen Kontext. Zwar muss die Vorstellung, dass die Mediennutzung <?page no="132"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 133 verstärkt im häuslichen Kontext geschieht (vgl. Morley 2001: 20-ff.), differenzierter betrachtet werden: Fußballübertragungen werden in der Kneipe oder beim Public Viewing gesehen, Zeitungen und Zeitschriften in der U-Bahn gelesen, Computerspiele auf dem Tablet-PC im Park gespielt, mit dem Mobiltelefon auf der Straße telefoniert etc. Es ist aber sicherlich nicht zu bestreiten, dass der häusliche Kontext (auch) ein wichtiger Ort der Mediennutzung ist. Für die geschlechterorientierte Forschung liegt die Relevanz dieses Kontextes auch darin begründet, dass das Private traditionell als ›weibliche Sphäre‹ galt und in der aktuellen Forschung die Vorstellungen von Privatheit und Öffentlichkeit neu gedacht werden (siehe auch Kapitel 3). Die feministische Forschung hat sich bereits früh damit beschäftigt, welche Bedeutung dem Fernsehen im Alltag von ›Hausfrauen‹ zukommt (vgl. z.- B. Warth 1987, Seiter 1987, Raumer-Mandel 1990: 70-ff.). Trotz einiger berechtigter Kritik an der sogenannten feministischen Soap Opera-Forschung, vor allem was die Generalisierung von Frauen als Hausfrauen und die fehlende historische Kontextualisierung betrifft (vgl. Cornelißen 1998: 94-ff., Klaus 2005: 303-ff.), liefern die Untersuchungen wichtige Befunde zum häuslichen Fernsehkonsum. So konnte gezeigt werden, wie diese spezifische Gruppe den häuslichen Alltag an die tägliche Rezeption der Dauerserien anpasst, anfallende häusliche Tätigkeiten wurden entlang der alltäglichen Fernsehgewohnheiten strukturiert. Ein wichtiger Befund dieser Studien ist, dass mediale Angebote vor allem dann eine Bedeutung im Leben der Rezipientinnen entwickeln, wenn sie an die alltägliche Lebenswelt angeschlossen werden können. Weil es hier um eine Aufwertung von weiblichen Nutzungsvorlieben und Rezeptionsstilen geht, werden vor allem solche Medienangebote untersucht, die explizit die Zielgruppe Frauen adressieren (wie Soap Operas, Frauenzeitschriften, Liebesfilme etc.). Wenn die Medienaneignung grundlegend in das alltägliche, soziale Leben eingebettet ist und erst dort Relevanz entfaltet, dann können nicht einfach nur isolierte Medienhandlungen der Individuen untersucht werden. Der Fokus richtet sich auf die sozialen und kommunikativen Interaktionen und Beziehungen in ihrer Verknüpfung mit Geschlechterverhältnissen und -hierarchien. Eine relevante theoretische Perspektive ist in diesem Zusammenhang der Domestizierungsansatz. Hierbei handelt es sich um einen »Entwurf im Rahmen der Cultural Studies […], der darauf abzielt, zu beschreiben und zu rekonstruieren, wie sich Menschen Medien in ihren Haushalten, Lebensformen und Alltagen zu Eigen [sic] machen« (Krotz/ Thomas 2007: 31). Untersucht wird vor allem der Wandel von historisch spezifischen ›neuen Medientechnologien‹. Ein Beispiel ist das Internet, welches sich von einer militärischen Technologie über ein berufsbezogenes Elitemedium hin zu einem alltäglichen Kommunikationsmedium entwickelt hat. Ein Potenzial des Ansatzes ist darin zu sehen, dass er nicht nur Inhalte von Medien untersucht (also die symbo- <?page no="133"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 134 lische Ebene), sondern auch die materielle Ebene der Medientechnologien berücksichtigt (vgl. Röser 2007b: 157). Der Domestizierungsansatz eröffnet für die Geschlechterforschung zwei grundlegende Analyseperspektiven (vgl. dazu Röser 2007a: 15, 24- f., Röser/ Peil 2010: 483): die Integration von Medienhandeln in den häuslichen Kontext und die Beschreibung von Diffusionsprozessen, also der Verbreitung und Veralltäglichung von Medientechnologien. Auf der ersten Analyseebene (Integration in den häuslichen Kontext) kann unter einer Geschlechterperspektive untersucht werden, wie die geschlechtsgebundene Nutzung von Medientechnologien und Medienrepräsentationen im Zusammenhang mit der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung oder den geschlechtsspezifischen Arbeitsteilungen und der Reproduktion von Geschlechterdiskursen im häuslichen Alltag steht. So ist festzustellen, dass berufstätige Frauen auch nach der Erwerbsarbeit zu Hause mehr Zeit den Haushaltspflichten widmen als Männer, weshalb sie solche Medienangebote präferieren, die sich in den häuslichen Arbeitsalltag einfügen lassen (vgl. Röser 2007b). Unter der zweiten Analyseperspektive (Diffusionsprozesse) wird erkenntlich, wie die Integration von neuen Medientechnologien in die häusliche Sphäre dazu führt, dass diese für größere Teile der Bevölkerung attraktiv und nutzbar werden und das Medium für größere Teile der Bevölkerung öffnet. Während der Digital-Divide-Ansatz vor allem die Exklusion von bestimmten Gruppen untersucht (etwa den Ausschluss von älteren Frauen aus der Internetnutzung), werden im Domestizierungsansatz eher die Bedingungen der Möglichkeit von Teilhabe diskutiert. Untersucht wird dann z. B., wie gesellschaftliche Teilhabe von Frauen mit und durch mediale Kommunikation geprägt oder ermöglicht wird. Jutta Röser und Corinna Peil (2010) haben anhand von quantitativen Nutzungsdaten und einer qualitativen Haushaltsstudie gezeigt, wie die Integration des Internets in den häuslichen Alltag zu einer verstärkten Teilhabe von Frauen an neuen Technologien führt. Zugleich zeigen die Autorinnen aber auch, dass trotz einer zunehmenden Teilhabe weiterhin Geschlechterdifferenzen und Geschlechterhierarchisierungen im täglichen Umgang mit dem Medium bestehen bleiben. Es liegt auf der Hand, dass sich die beiden Analyseperspektiven produktiv verbinden lassen. Julia Ahrens (2009) hat beispielsweise mittels quantitativer Nutzungsdaten, problemzentrierter Interviews und einer Haushaltsbegehung die Integrations- und Diffusionsprozesse des Internets in deutschen und australischen Haushalten heterosexueller Paare untersucht. Die Autorin beschreibt verschiedene zeitliche, räumliche, inhaltliche und soziale Formen der Alltagsintegration des Internets mit geschlechts- und länderspezifischen Differenzen. Die Studie zeigt, wie auf den verschiedenen Ebenen Geschlechterverhältnisse reproduziert und auch neu gestaltet werden. Die Unterschiede im Medienhandeln von Frauen und Männern erklärt die Autorin u.-a. mit der Doppelbelastung von Frauen. Auf der Ebene der Diffusionsprozesse rücken »Gender-Demokratisierungsprozesse« (ebd.: 283) in den Blick. Der Autorin zufolge <?page no="134"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 135 reduziert die Domestizierung des Internets die technische Rahmung und die männliche Codierung des Mediums, was eine Öffnung zu verstärkt alltäglicher Nutzung bewirkt. Im Zusammenhang mit der Behebung von technischen Problemen rund um das Internet (Reparaturen etc.) identifiziert die Autorin aber ein Fortbestehen der männlichen Dominanz im häuslichen Medienhandeln. Die vorgestellten Studien haben bereits gezeigt, dass nicht nur der kulturelle Kontext als zentraler Erklärungsfaktor für das Verständnis von geschlechterdifferenten Nutzungs- und Aneignungsweisen heranzuziehen ist. Entscheidend ist auch, dass die unterschiedlichen Bedeutungen von Medieninhalten und Medientechnologien hinsichtlich gesellschaftlicher Bedingungen untersucht werden. Mit Bezug auf gesellschaftliche Verhältnisse und soziale Ungleichheiten kann umfassender erklärt werden, warum sich das Medienhandeln von Frauen und Männern unterscheidet. So verdeutlicht etwa Kathrin Müller (2010b), dass die Nutzung der Frauenzeitschrift »Brigitte« durch Frauen nur im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, den biografischen Erfahrungen, dem häuslichen Alltag und den darin anfallenden Haushaltspflichten der Leserinnen zu verstehen ist. Grundlegend ist dabei die Annahme, dass die biografischen Erfahrungen und der Alltag von Frauen anders geprägt seien als der von Männern. Die Studie hinterfragt auf der Basis von qualitativen Tiefeninterviews die unterschiedlichen Lebensweisen von Frauen und Männern und berücksichtigt dabei unterschiedliche Erfahrungen von Frauen. Die Autorin zeigt unter anderem, wie geschlechtsgebundene Erfahrungen bei der Rezeption von Frauenzeitschriften relevant werden, etwa indem die Leserinnen ihren eigenen Standpunkt ›als Frau‹ mit den vergeschlechtlichten Medienrepräsentationen abgleichen. Außerdem geht die Autorin der Frage nach, wie die Nutzung der Frauenzeitschrift mit geschlechtsgebundenen Lebensbedingungen in Beziehung steht. Hier geht sie davon aus, dass der private Alltag von Frauen, auch wenn sie berufstätig sind, stärker von häuslichen Aufgaben geprägt ist als bei Männern. Die befragten Frauen nutzen die »Brigitte« zum Beispiel, um sich von den anderen Familienmitgliedern und deren Bedürfnissen abzugrenzen. Der Autorin folgend, prägen individuelle, soziale und gesellschaftliche Ungleichheiten das Medienhandeln von Frauen. Damit greifen solche Studien zu kurz, welche die Bedeutung von Frauenzeitschriften im Leben ihrer Leserinnen nur mit individuellen Nutzungsmotiven erklären (etwa das Bedürfnis nach Trost, Entspannung oder Eskapismus). Wie geschlechtsgebundenes Medienhandeln im gesellschaftlichen Kontext verstehbar wird, lässt sich auch gut anhand von Studien zur Mediengewaltforschung zeigen. Kommt doch Geschlecht als Strukturkategorie im Zusammenhang mit Gewalt eine besonders offensichtliche Bedeutung zu (vgl. Luca 1993, Röser 2000). Eine Untersuchung von Röser (ebd.) zeigt eindrucksvoll, wie Medientexte im Hinblick auf alltägliche Erfahrungen und gesellschaftliche Positionierungen von Frauen und Männern gelesen werden. Warum nehmen Frauen gewalthaltige Medienan- <?page no="135"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 136 gebote anders wahr als Männer? Warum kommt es zu unterschiedlichen Lesarten von männlichen und weiblichen Rezipierenden? Antworten auf diese Fragen sucht die Studie mittels Gruppendiskussionen mit Männern und Frauen (sechs Frauengruppen, sechs Männergruppen und vier gemischtgeschlechtliche Gruppen). Unterschiedliche Interpretationen und Bewertungen durch Männer und Frauen - so die Annahme - basieren auf gesellschaftlichen Geschlechterdiskursen und der geschlechtsspezifisch gebundenen Positionierung der Rezipierenden innerhalb gesellschaftlicher Geschlechterverhältnisse. Röser kann unter anderem zeigen, dass die Rezeption von gewalthaltigen Medientexten dann geschlechterdifferent verläuft, wenn es um die Bewertung der Szenen, die Positionierung zu den Figuren und die soziale Relevanz des Geschehens geht (ebd.: 312). Auf der Ebene der gesellschaftlichen Kontextualisierung von Gewaltdarstellungen interpretieren das die weiblichen Befragten anders als die männlichen. Aufgrund ihrer eigenen erlebten Bedrohung durch männliche Gewalt identifizieren sich die weiblichen Befragten mit der Opferrolle. In einer Krimiszene, in der ein Mann eine Prostituierte verfolgt und erwürgt, identifizieren sich die befragten Frauen einhellig mit der Opferrolle und reagieren auf die Szene mit Angst, Ohnmacht und Abwehr. Die männlichen Befragten identifizieren sich nicht zwangsläufig mit der Täterrolle, sondern sie lehnen diese zumeist ab. Dies führt allerdings auch nicht dazu, dass sie mit dem Opfer mitfühlen oder sich mit diesem identifizieren, sondern sie distanzieren sich von der Täterrolle und/ oder langweilen sich einfach bei dieser Krimiszene (ebd.: 339-f.). Eine anders gelagerte Gewaltszene, in der eine Frau einen männlichen Angreifer mittels Kampfkunst besiegt, löst bei den befragten Frauen Vergnügen, Ermutigung und Genugtuung aus. Bei den Männern entstanden beim körperlichen Übergriff einer Protagonistin auf eine männlichen Figur jedoch keine Angst- und Ohnmachtsgefühle. Dies begründet Röser mit der gesellschaftlichen Positionierung der Rezipienten bzw. vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Diskurse, die davon ausgehen, dass Männer Frauen grundsätzlich körperlich überlegen sind - eine Annahme, welche die befragten Personen teilen. Die bisher genannten Studien entwickeln eine explizit gesellschaftskritische Perspektive auf das Medienhandeln von Frauen. Geschlecht wird als Strukturkategorie gefasst, die den Menschen in gesellschaftlichen Strukturen wie auch in der Medienrezeption eine bestimmte Position zuweist. Auf diese Weise sollen individualistische Konzepte wie der Uses-and-Gratifications-Ansatz überwunden werden, denen die Annahme zugrunde liegt, dass Medienhandeln intentional und zielgerichtet erfolgt und der Befriedigung von individuellen Bedürfnissen dient. Es wird kein duales weibliches und männliches Medienhandeln postuliert, sondern vielmehr gezeigt, dass das Medienhandeln der Frauen und Männer nicht einfach dichotom angeordnet ist: etwa in der Gewaltrezeption von ›Angst‹ bei Frauen auf der einen Seite und von ›Vergnügen‹ bei Männern auf der anderen Seite. Es wird auch nicht von du- <?page no="136"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 137 alen männlichen und weiblichen Eigenschaften ausgegangen, die dann zu spezifischen Rezeptionsweisen führen (die passive, fürsorgliche, emotionale Frau nutzt Liebesfilme während der aktive, unbesorgte, rationale Mann Actionfilme bevorzugt). Vielmehr geht die Forschung davon aus, dass unterschiedliche gesellschaftliche Erfahrungen von Frauen und Männern in Auseinandersetzung mit spezifischen Medientexten dazu führen (können), dass diese unterschiedlich genutzt, gebraucht, interpretiert und wahrgenommen werden. Auf der Ebene der gesellschaftlichen Strukturen und Ungleichheiten bleibt der duale Geschlechterbegriff also erhalten. Er erscheint jedoch nicht als determinierend für individuelles Erleben und Verhalten. Reflektiert wird, dass es keine einheitlichen Erfahrungen und Positionen von ›den Frauen‹ gibt, womit die Vorstellung eines einheitlichen und geschlossenen weiblichen und männlichen Publikums obsolet erscheint. Doch ist der Alltag von Frauen und Männern wirklich so verschieden, wie es einige Studien nahelegen? Finden sich bezogen auf die Erfahrungen von Männern und Frauen hier nicht auch zahlreiche Gemeinsamkeiten? Eine Perspektiverweiterung kann vor dem Hintergrund kritischer Männlichkeitsforschung entstehen, wenn auch die unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensbedingungen innerhalb der Gruppe der Männer stärker berücksichtigt werden. Wenn z. B. davon ausgegangen wird, dass Zuschauer auf die Vergewaltigung eines Mannes in einem Medientext keine Ängste artikulieren, weil für sie die Angst vor sexualisierter Gewalt nicht sozial relevant ist, dann werden gesellschaftliche Erfahrungen von Männern homogenisiert. Es gälte zu überprüfen, ob zum Beispiel schwule Männer, die im gesellschaftlichen Kontext durchaus (sexualisierter) Gewalt ausgesetzt sind, aufgrund ihrer gesellschaftlichen Erfahrungen eine solche Szene durchaus involviert erleben und vielleicht mit Angst- und Ohnmachtsgefühlen verbinden. Aus der Perspektive des interaktionistischen Konstruktivismus und der dekonstruktiven Geschlechtertheorie wird den Studien ferner entgegengehalten (z.- B. Ayaß 2006), dass sie zwar Männlichkeit und Weiblichkeit als kulturelle Konstruktionen verstehen, dabei aber an der binären Struktur von Geschlecht festhalten (es gibt zwei und nur zwei Geschlechter, es werden nur weibliche und männliche Geschlechterrollen und Geschlechteridentitäten herausgebildet etc.). Auf dieser Grundlage, so die Kritik, kann auch die Mediennutzung und Medienrezeption nur in einer binären Grundstruktur beschrieben und verstanden werden. Wird das System der Zweigeschlechtlichkeit grundlegend infrage gestellt, so richtet sich der analytische Blick insbesondere auf Formen des Medienhandelns, das nicht in heteronormativen Strukturen eines Geschlechterdualismus aufgeht. Damit verbunden ist die Möglichkeit, in der Auseinandersetzung mit Geschlecht nicht nur auf Frauen und Männer zu konzentrieren, sondern auch Publika einzubeziehen, die sich nicht eindeutig einem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen (können oder wollen): etwa queere, transsexuelle oder intersexuelle Menschen, um nur einige zu nennen. Aus dieser Perspektive wird dann nicht das Medienhandeln von Frauen und Männern untersucht, sondern die Vergeschlechtlichung durch <?page no="137"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 138 Medien. Neben einer queeren Perspektive geht es auch um die Artikulation von widersprüchlichen, widerspenstigen Geschlechterordnungen und -praktiken. Menschen handeln niemals ›nur‹ als ›Frau‹ oder als ›Mann‹, sondern gehen auf Geschlechterarrangements ein, die beständig Grenzen verändern, ignorieren oder brechen. Lesarten des Publikums: zur Aushandlung von Geschlechterdiskursen Bis hierhin wurde deutlich, wie die Gender Media Studies das Publikum als aktiv handelnd verstehen. Mediennutzung und -aneignung erscheint so als eigenständig betriebener Prozess der Bedeutungsaushandlung. Medientexte können unterschiedlich gelesen, interpretiert und verstanden werden (siehe auch Kapitel 2). So hat etwa Brigitte Hipfl (1995) untersucht, wie Frauen den Film »Pretty Women« verarbeiten und interpretieren. Sie findet heraus, dass die Zuschauenden sehr kreative Bedeutungszuschreibungen vornehmen, welche sich aber nicht widerständig und subversiv gegenüber dem Wissen von der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit verhalten. Damit rückt die Frage in den Blick, wie die Menschen im Medienhandeln das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit reproduzieren. Zugleich wird aber auch berücksichtigt, wie sich Medienkulturen »als Orte der Hervorbringung von Widerständigkeit etwa gegenüber etablierten Geschlechterverhältnissen« (Thomas 2012: 222) verstehen lassen. In diesem Zusammenhang wird auch nach solchen Lesarten der Rezipierenden gesucht, die das Wissen von der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit infrage stellen. ›Geschlecht‹ wird also mit solchen Lesarten untersucht, die das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit reproduzieren, und solchen, die es dekonstruieren. Somit wird davon ausgegangen, dass die Medienrezeption immer auch Widerstandspotenziale gegen die hegemoniale Ordnung beinhalten kann. Die vorliegende Forschung zu den Lesarten des Publikums bezieht sich auf unterhaltungsorientierte Angebote, wie etwa Musikvideos (vgl. Bechdolf 1999). Kathrin Müller (2012) hat die Rezeption von informationsorientierten und nachrichtlichen Angeboten analysiert. Anhand von Gruppendiskussionen mit jungen Frauen und Männern hat sie untersucht, wie Medientexte über Spitzenpersonal aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft von diesen wahrgenommen und interpretiert werden. Die Autorin kann zeigen, dass für die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen und Männern in Spitzenpositionen die Medientexte besonders zentral sind, weil nur die wenigsten Personen über alltägliche Erfahrungen in diesen Bereichen verfügen. Die Befunde der Studie legen nahe, dass die jungen Menschen der Berichterstattung hinsichtlich ihrer Geschlechterbilder durchaus kritisch gegenüberstehen: So nehmen sie z. B. Trivialisierungen und Sexualisierungen von weiblichen Spitzenkräften durch die Berichterstattung wahr und benennen Geschlechterungerechtigkeiten. Zugleich (re)produzieren sie auch immer wieder <?page no="138"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 139 Geschlechterstereotype. Beispielsweise werden geschlechtsspezifische Vorstellungen von der überforderten und schwachen Frau aufgegriffen und reproduziert, insbesondere dann, wenn die Medientexte diese als Mutter und Frau in einer beruflichen Spitzenposition repräsentieren. Zu bedenken ist bei solchen Befunden, dass nicht jede vom medialen Text abweichende Lesart eine ›Dekonstruktion von Geschlecht‹ bedeutet. Hier gilt es, zwischen »einer diskursimmanenten und einer an den Grenzen des Diskurses lokalisierten Bedeutungsproduktion« (Dorer 2002b: 64) zu unterscheiden. Im Hinblick auf die Lesarten der Rezipierenden würde dies bedeuten, dass eine Dekonstruktion von Geschlecht z. B. dann gegeben wäre, wenn die Rezipierenden in der Rezeption eine nicht binäre Vorstellung von Geschlecht thematisieren und Körper und Identitäten nicht »an eine rigide Zwei-Geschlechter-Ordnung und die Norm der Heterosexualität rückgebunden werden« (Engel 2009: 19). Tanja Thomas und Miriam Stehling (2011) haben die Relevanz der Castingshow »Germany’s next Topmodel« für den Alltag von jungen Frauen untersucht und danach gefragt, welche Lesarten die Zuschauerinnen entwerfen. Den Autorinnen geht es vor allem darum zu erforschen, wie die jungen Frauen in der Auseinandersetzung mit dem Medientext ermächtigende und entmächtigende Lesarten artikulieren. Sie zeigen unter anderem, dass die Zuschauerinnen in der Auseinandersetzung mit »Germany’s next Topmodel« zwar durchaus die Macht- und Herrschaftsstrukturen des Formats benennen können (etwa die sexistischen oder neoliberalen Logiken der Sendung), nicht aber diese Logiken selbst grundlegend infrage stellen. Wie solche Lesarten der Rezipierenden analysiert werden können, die nicht einer zweigeschlechtlichen Logik verhaftet bleiben, zeigt exemplarisch die Studie von Ute Bechdolf über Musikvideos und deren Aneignung durch Jugendliche »Puzzling Gender« (Bechdolf 1999). Die Autorin hat zunächst auf der Textebene untersucht, wie Geschlecht in Musikvideos durch Bild, Musik und Sprache konstruiert wird. Sie findet sehr traditionelle, hegemoniale Inszenierungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, aber auch oppositionelle Strategien sowie solche, die das Konstruktionsprinzip der Zweigeschlechtlichkeit selbst demontieren und durchbrechen. Diese Form bezeichnet sie als »Gender-B(l)ending« (ebd.: 122-ff.). In einer daran anschließenden Publikumsstudie zeigt die Autorin, wie diese drei verschiedenen Repräsentationsstrategien (Affirmation, Opposition und Gender-B(l)ending) in den Musikvideos von Jugendlichen interpretiert und bewertet werden. Dazu führt sie mehrfach Einzelinterviews mit Jugendlichen durch, beobachtet und befragt sie bei der Rezeption von Musikvideos. Geschlecht wird danach bei der Aneignung auf drei Ebenen für die Jugendlichen bedeutsam: »1. […] durch das, was sie hören und sehen […] 2. […] dadurch, wie sie sehen und hören […] 3. […] dadurch, wie sie interpretieren, was sie hören und sehen« (ebd.: 218). Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen: Die befragten jungen Frauen und Männer haben auf klare Geschlechterdifferenzen <?page no="139"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 140 positiver reagiert als auf die unterschiedlichen Verschiebungen und Verwischungen. Bezogen auf die ›Gender-B(l)ending‹-Repräsentationen identifiziert die Autorin drei Rezeptionsstrategien: Ignoranz und Desinteresse, Abwehr und Kritik sowie Faszination und Utopie. Die meisten männlichen und weiblichen Jugendlichen reagierten mit Ignoranz und Desinteresse auf die nicht normativen Geschlechterdiskurse (ebd.: 204-ff.). Sie nehmen diese z. B. gar nicht wahr oder interessierten sich einfach für etwas anderes, was in den Videos zu sehen und zu hören war. Andere reagierten eher mit Abwehr und Kritik auf die ›Geschlechterverwirrungen‹. Bechdolf fasst als Ergebnisse ihrer Studie zusammen, dass die jungen Frauen weitaus offener für Geschlechterverschiebungen und -umdeutungen seien als die jungen Männer. Zwar akzeptierten auch die jungen Frauen immer wieder das System der Zweigeschlechtlichkeit, sie stünden ihm aber zugleich kritisch gegenüber und suchten Auswege aus binären Konstruktionen. Deutlich würde dabei, wie die Rezipierenden die medial und gesellschaftlich nahegelegten Denkformen aufgriffen und umarbeiteten. Die Studie zeigt exemplarisch, wie die Konstruktion von Geschlechtern und Geschlechterverhältnissen als interaktiver Prozess zwischen Medientext (mit den ihm inhärenten Geschlechterdiskursen) und Aneignungsprozess erfolgt. Dabei kommen Aushandlungsprozesse zum Tragen, die in Teilen Grenzen bestätigen, in anderen Teilen Grenzen neu ziehen. Die Aneignung von Geschlecht: Identitätskonstruktionen Mit der Mediennutzung und den Interpretationen des Publikums sind zugleich Prozesse der Identitätskonstruktion verbunden. Beim Verhältnis von Medienhandeln und Identitätskonstruktionen lässt sich einerseits danach fragen, wie Geschlechteridentitäten das Medienhandeln beeinflussen (z.-B. Trepte 2004). Dieser Perspektive liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen ein Geschlecht haben, das ihre Nutzung prägt und sie dies im Medienhandeln zum Ausdruck bringen. In dieser Perspektive ist die Geschlechtsidentität ein Motiv für Mediennutzung. Doch die Perspektive lässt sich auch wenden: So fragen Gender Media Studies danach, wie das Medienhandeln Geschlechteridentitäten und Geschlechterkörper hervorbringt, wie also Menschen durch das Medienhandeln zu Frauen und Männern gemacht werden. In dieser Perspektive sind die Zuschaueraktivitäten ein Doing Gender, es geht - kurz gesagt - darum, die Geschlechteridentitäten der Subjekte als Effekt des Medienhandelns zu verstehen. So gesehen ist Geschlecht ein Effekt des Medienhandelns. Wenn Menschen Medien gebrauchen, interpretieren oder bewerten, dann wird dabei auch die eigene Identität hergestellt, abgesichert bzw. verändert. So zeigt die Forschung, dass die Rezipierenden auf solche Medientechnologien und -angebote zurückgreifen, die für sie selbst von persönlicher Relevanz sind und anhand derer <?page no="140"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 141 sie Geschlechteridentitäten erörtern (z.-B. Dorer 2008, Müller 2010b). Dabei ist in der geschlechterorientierten Publikumsforschung auch das Zusammenwirken verschiedener Kategorien der Ungleichheit Thema. Um die Relevanz von medial hergestellten Bildern über Migrantinnen zu verstehen, haben Margreth Lünenborg, Annika Bach und Katharina Fritsche (2011: 107-ff.) Gruppendiskussionen mit jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund durchgeführt. Für die Autorinnen bemerkenswert ist, dass sich vor allem die migrantischen Frauen ohne höhere Bildung in den Medienbildern von Migrantinnen nicht wiederfinden können. Sie nehmen kaum Bezüge zu ihrer eigenen Lebenswelt wahr. Zugleich entwerfen die Migrantinnen Vorstellungen des ›Eigenen‹ und des ›Anderen‹, womit sie konstitutive Ein- und Ausschlüsse (re)produzieren. Hier zeigt sich, wie die befragten Migrantinnen in Abgrenzung zu den normativen Medieninhalten kulturelle und ethnische Identitäten konstruieren. Wie die Identitätskonstruktionen nicht nur durch Identifikation, sondern eben auch durch Abgrenzung erfolgen, lässt sich auch anhand der Studie von Ute Bechdolf (1999) zum Musikfernsehen verdeutlichen, auch wenn die Autorin diese gar nicht systematisch analysiert. Ein Beispiel soll hier genügen (ebd.: 203-f.): Ein männlicher Jugendlicher hat eine Lehrerin in einem Musikvideo als attraktiv und sexuell anziehend beschrieben, später will er nicht wahrhaben, dass es sich dabei um dieselbe Figur handelt, die er am Ende des Clips als ›eklig‹ verkleideten Mann bezeichnet hat. Da sich sein Begehren auf ein ›männliches Objekt‹ gerichtet hatte, bestreitet er im Nachhinein vehement, dass es sich dabei um dieselbe Figur handle. Das Beispiel lässt sich auf der Ebene der diskursiven Bedeutungsproduktion als eine homophobe Lesart deuten. Es zeigt zugleich, wie der Jugendliche Abwehrmechanismen einsetzt, die seine Textwahrnehmung steuern, um handlungsfähig zu bleiben. In diesem Prozess entwickelt er auch seine männliche und heteronormative Identität. Wie Einzelne geschlechtliche Identitäten in der Medienrezeption herstellen und welche Rolle dabei auch unbewussten Prozessen zukommt, hat Brigitte Hipfl (1995) untersucht. Sie nutzt hierfür die Methode der Erinnerungsarbeit, welche Frigga Haug im Rahmen von soziologischen Studien entwickelt hat, um die Konstituierung von Identitäten zu analysieren. Erinnerungsarbeit versucht in der Rekonstruktion individueller Erfahrungen und Erlebnisse den innewohnenden, gesellschaftlichen Deutungsmustern nachzuspüren. Dieses Verfahren wird in der einschlägigen Methodenliteratur selten erwähnt und deshalb an dieser Stelle näher ausgeführt (siehe Kasten »Erinnerungsarbeit«). Mit den theoretischen Mitteln der Cultural Studies und der psychoanalytischen Filmtheorie verdeutlicht Hipfl anhand der Aneignung des Films »Pretty Woman«, welche Rolle die (auch unbewussten) Fantasien der romantischen, heteronormativen Liebe in den Filmerfahrungen der von ihr untersuchten Frauen einnehmen. In den Erinnerungsszenarien zeigt sich, wie sich bestimmte, vom Film nahegelegte Bedeutungen in den einzelnen Konstruktionen der <?page no="141"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 142 Rezipierenden wiederfinden und die befragten Frauen in der Rezeption heteronormative Vorstellungen von Geschlecht artikulieren. Mit Blick auf »Pretty Woman« aktualisieren die Frauen für sich selbst genau die im Film erzählten Vorstellungen und Wünsche: von der Frau als schwachem Geschlecht, die auf einen Mann wartet, der ihr Held ist und von dem sie gerettet wird. Nun ist den befragten Frauen zweifellos bewusst, dass diese im Film inszenierte ›romantische heterosexuelle Liebe‹ nicht ihrer Lebenswirklichkeit entspricht. Dennoch handeln sie emotional auf der Grundlage dieser Fantasie (vgl. Hipfl 1997: 56-f.), z. B. wenn sie beim Happy End angerührt sind und weinen. Hipfl spricht daher von einem Widerspruch, einem Spannungsverhältnis zwischen Gefühl und Vernunft (ebd.). Hierin bestehe die ideologische Funktion der Fantasien: Die Menschen wissen, dass sie mit diesem Handeln einer Illusion folgen, sie tun es aber dennoch. Da Prozesse der Identitätskonstruktion nicht primär rational reguliert sind, können diese ideologisch aufgeladenen Fantasien Wirkmacht entfalten. Ebenfalls mit der Methode der Erinnerungsarbeit hat Johanna Dorer geschlechtliche Identitätskonstruktionen beim alltäglichen Umgang mit dem Internet (2001) und der politischen Berichterstattung (2008) erforscht. Sie versteht Geschlecht als einen Konstruktionsprozess, welcher sowohl im Medium aufzuspüren ist als auch auf der Seite der Rezipierenden im Austausch mit dem Medium hergestellt wird. Dieser Prozess der Geschlechterkonstruktion ist zwar offen gestaltet, muss jedoch immer im Kontext einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft gedacht werden. In Anlehnung an Joke Hermes und Ien Ang (1994) ist das Verhältnis von Medium und Geschlecht einerseits eingebettet in einen gesellschaftlichen Rahmen, andererseits entscheiden die Rezipierenden in einem individuellen Aushandlungsprozess, welche Geschlechterkonstruktionen virulent werden. Zugleich gilt es dabei zu bedenken, »dass Geschlecht im Prozess des Doing Gender individuell und strukturell immer wieder aufs neue [sic] hergestellt wird und in diesem Herstellungsprozess Affirmationen, Verschiebungen und Veränderungen erzeugt werden« (Dorer 2008: 175). Medien stellen in dieser Perspektive, so Dorer, auf einer technischen und inhaltlichen Ebene die Mittel für die Herstellung von Identitäten bereit. Hier wird also ein Modell der diskursiven Verschränkung vorgestellt, um das Verhältnis von Medien und Geschlecht zu fassen, welches gleichzeitig individuell und überindividuell ist. Es geht ihr um die politische Berichterstattung, wenn Dorer (2008) diesen Herstellungsmechanismen von Geschlecht anhand verschiedener Medienhandlungen nachgeht: dem Interesse an der politischen Berichterstattung, dem Informationssuchverhalten, der Betonung eigener Erwartungen an die Medientexte und der Artikulation von Genrepräferenzen. Die Autorin arbeitet auf diesen Ebenen mittels der Erinnerungsarbeit vielfältige Prozesse der Geschlechterdifferenzierung heraus, mit denen Menschen ihre Geschlechteridentitäten herstellen. Hier seien nur einige dieser Strategien benannt. Mit Bezug auf das Interesse an politischer Berichterstattung <?page no="142"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 143 identifiziert die Autorin bei den männlichen Rezipierenden eine »Strategie der Aufzählung« (ebd.: 177), also die Nennung von vielfältigen politischen Medienangeboten, mittels welcher die befragten Männer ihr Politikinteresse demonstrieren und sich so als männlich herstellen. Mit der »Strategie der Auslassung weiblich codierter Genres« (ebd.: 183) wird die politisch interessierte, männliche Persönlichkeit noch mehr unterstrichen. Bei den Rezipientinnen findet die Autorin vielfältigere und auch widersprüchlichere Strategien. Etwa die eigene Zuschreibung der »unpolitischen Frau« (ebd.: 178), wobei in den Gesprächen deutlich wird, dass die Frauen auf der inhaltlichen Ebene sehr wohl über politisches Wissen verfügen. Schließlich ist Dorer an den Genrepräferenzen interessiert und beschreibt daran Strategien der Betonung weiblich codierter Genres, mit den sich die befragten Frauen als ›weiblich‹ konstruieren. Aus der Perspektive des Doing Gender wird die Betonung eines Interesses an weiblich codierten Genres durch Frauen sowie die Abgrenzung von ›weiblichen Genres‹ durch Männer als Strategien verstehbar, um sich innerhalb eines heteronormativen Systems der Zweigeschlechtlichkeit als Frau und als Mann zu positionieren. Erinnerungsarbeit Die Methode der Erinnerungsarbeit, die von einer Forscherinnengruppe um die Psychologin Frigga Haug konzipiert wurde, versucht mithilfe der Erinnerung an eigene Erfahrungen Identitätskonstruktionen nachzuvollziehen. Durch die Rekonstruktion individueller Erfahrungen und Erlebnisse soll nicht ein objektives Vergangenheitsbild rekonstruiert werden, sondern den Selbstkonstruktionen und gesellschaftlichen Deutungsmustern nachgespürt werden. Ausgangspunkt der methodischen Vorgehensweise ist die detaillierte Niederschrift von Erinnerungen an Erfahrungen zu einem bestimmten Medium bzw. Medienangebot, die in der dritten Person verfasst werden sollen (vgl. Haug/ Hipfl 1995, Hipfl 1997). Folgender Auszug aus der Schilderung im Kontext eines Projektes zum Film »Pretty Woman« soll dies verdeutlichen: »[…] So ging das den ganzen Film. Jedesmal [sic] war sie erleichtert, wenn die Hauptdarstellerin wieder einen Schritt weitergekommen war. Und als die zwei zum Schluß auch noch glücklich vereint waren, ging sie mit Tränen in den Augen aus dem Kino. Doch dann ärgerte sie sich. Eigentlich waren die Gestalten extrem dämlich dargestellt […] Doch nun ärgerte sie sich über den Film und ihre Reaktion. Im Grunde war sie der Meinung, daß ein solches Märchen sowieso keiner ernst nehmen würde. Aber dann schoß ihr durch den Kopf, daß es auch sie emotional sehr stark berührt hatte[,] und sie sah in dem Film eine Gefahr. Der Film konnte bewirken, daß Frauen auch glauben könnten, so wie Vivian im Film alles tun zu müssen, <?page no="143"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 144 um die vom Partner entworfene ›weibliche Rolle‹ perfekt zu spielen, die in dem Film nur ein Puzzleteil in dem Puzzlespiel ›Mann‹ war […]« (ebd.: 53). Diese Texte, sogenannte Erinnerungsszenarien, werden »mit einer Kombination aus Ideologiekritik, Diskursanalyse und Sprachanalyse bearbeitet« (Hipfl 1997: 50). Das Vorgehen bei der Textanalyse teilt sich im Wesentlichen in zwei Schritte. Im ersten Schritt wird für die Rezipierenden »untersucht, in welcher Weise Aktivitäten, Gefühle sowie Interessen und Wünsche vorkommen« (ebd.: 51). Im zweiten Schritt wird nachvollzogen, welche Deutungen und Wertungen in den Erinnerungsszenarien vorgenommen werden. Die Bearbeitung der Erinnerungsszenarien erfolgt nicht durch eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler allein, sondern in Kleingruppen, an denen die Rezipierenden beteiligt sind. Bedenken, dass die Bearbeitung zu persönlich werden könnte, kann mit dem Hinweis begegnet werden, »daß es hier eben gerade nicht um die Interpretation der Person geht, die den Text verfaßt hat, sondern um die jeweiligen Konstruktionen« (ebd.). Letztlich erfolgt dabei die Rückbindung der analysierten Konstruktionen an gesellschaftliche Diskurse und Normen. So verbindet diese Methode den subjektbezogenen Zugang zu Medienerlebnissen analytisch mit der Ebene medialer und öffentlicher Diskurse. Geschlechterkritische Reflexionen Den vorliegenden Publikumsstudien, die das Doing Gender im Prozess des Medienhandelns erforschen, liegen, vereinfachend dargestellt, zwei unterschiedliche Subjektkonzeptionen zugrunde (siehe auch Kapitel-2). Ein Teil geht im Sinne eines soziologischen Subjektverständnisses davon aus, dass die Rezipierenden Männer und Frauen sind, die im Medienhandeln ihre Identitäten verändern und modifizieren. Da die Studien damit im Grunde an existierenden Geschlechteridentitäten ansetzen und davon ausgehen, dass die Menschen diese Identitäten in der Auseinandersetzung mit Medien ›lediglich‹ alltäglich ausformen und gestalten, bleiben hier essenzialistische Annahmen bestehen. Im Sinne einer poststrukturalistischen Subjektkonzeption wird argumentiert, dass Menschen nicht ›Mann‹ oder ›Frau‹ sind, sondern es wird davon ausgegangen, dass Geschlechteridentitäten im Zusammenhang mit medialen Repräsentationen und Diskursen überhaupt erst hervorgebracht werden. In dieser Konzeption wird thematisiert, wie Geschlechteridentitäten und Geschlechterkörper in der Medienaneignung konstruiert und angenommen werden. An diesem Punkt stellen sich aber spezifische methodologische Herausforderungen. Es zeigt sich das Paradoxon, dass die Geschlechterforschung voraussetzt, was sie eigentlich dekonstruieren <?page no="144"?> Medienhandeln: Nutzung, Rezeption und Aneignung 145 will: das Geschlecht der Personen, die sie untersucht. Denn selbstverständlich kommen Frauen und Männer in Publikumsstudien vor, sind diese doch aus einer empirischen Perspektive eine gesellschaftliche Tatsache. Angesprochen ist damit das Problem der Reifizierung (vgl. Gildemeister/ Wetterer 1992, siehe auch Kapitel 1). Die »vor der theoretischen und empirischen Forschung stattfindende Sortierung zweier Geschlechter bestätigt und verfestigt die Verschiedenheit von Frauen und Männern immer wieder aufs Neue, statt sie zu hinterfragen« (Degele 2008: 133). Wie schwierig es ist, dem Reifizierungsproblem zu entgehen, zeigt sich auch daran, dass in den Gender Media Studies oftmals theoretisch ein antiessenzialistischer Identitätsbegriff beschrieben wird, in der empirischen Umsetzung Geschlecht dann aber als ein Merkmal behandelt wird, anhand dessen sich zwei (und nur zwei) Geschlechter beschreiben lassen. Doch wie lässt sich das Publikumshandeln untersuchen, ohne dass von bereits existierenden (und binären) Geschlechteridentitäten ausgegangen wird? Ein methodischer Zugang kann der bereits weiter oben thematisierte Vorschlag von Waltraud Ernst (2002: 44) sein, Geschlecht als variable und nicht konstante Größe zu untersuchen. Eine weitere Möglichkeit, die in der Forschungsliteratur diskutierte wird, ist vom Vergleich von ›den Frauen‹ und ›den Männern‹ Abstand zu nehmen und sich Prozessen der Herstellung von Geschlecht zuzuwenden. Das würde bedeuten, nicht bei tatsächlichen Männern und Frauen anzusetzen, sondern ausschließlich bei den diskursiven Strategien, mittels derer Geschlecht konstruiert wird. Um das Problem der Reifizierung zu umgehen, hat Ruth Ayaß (2006: 416) aus methodologischen Gesichtspunkten heraus dafür plädiert, »auf jegliche Formen von Binärcodierungen zu verzichten, die in Gestalt von tabellarischen Gegenüberstellungen des Typs ›feminine/ masculine‹ in der Literatur[,] speziell der Medienforschung[,] allenthalben verbreitet sind.« Damit eröffne sich der Blick für geschlechterkonstituierende Handlungen und Identitäten, die nicht im Modus der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit aufgehen. Dem haben Klaus und Lünenborg (2011: 105) entgegengehalten, dass damit die gesellschaftsstrukturierende Kraft der Geschlechterverhältnisse nicht angemessen berücksichtigt werden können: »Mit einem gänzlichen Verzicht auf den Rückbezug zu lebensweltlich strukturierten Kategorien gerät jedoch der Gegenstand der Analyse der Geschlechterforschung wie auch ihre gesellschaftliche Gestaltungs- und Veränderungskraft aus dem Blickfeld. Anstelle eines vollständigen Verzichts auf einen dualen Geschlechterbegriff ist deshalb die Dynamik von Konstanz und Veränderung in den Blick zu nehmen.« Auf diese Weise lässt sich betrachten, dass Identitäten und Geschlechterverhältnisse nicht nur ein diskursives Machtverhältnis sind, sondern zugleich ein gesellschaftliches, das sich allerdings beständig im Wandel befindet. Aus diesen Problemen wird es in der Geschlechterforschung so leicht keinen Ausweg geben, sie können in empirischen Studien aber benannt und damit im Forschungsprozess sichtbar und diskutierbar gemacht werden. <?page no="145"?> Teil II: Geschlecht in der Medienkommunikation 146  Literaturempfehlungen Einen guten Überblick über die theoretischen Entwicklungen der geschlechterorientierten Publikumsforschung bietet der Aufsatz »Cultural Studies und feministische Filmwissenschaft. Neue Paradigmen in der Rezeptionsforschung« von Brigitte Hipfl (2002). Mit methodischen Problemen der Publikumsforschung der Gender Media Studies beschäftigt sich Ruth Ayaß (2006) in dem Aufsatz »Gender Studies«. Ein theoretischer Grundlagentext der geschlechterorientierten Publikumsforschung ist »Gender and / in Media Consumption« von Ien Ang und Joke Hermes (1994). Der Aufsatz liegt bisher nicht in einer deutschsprachigen Fassung vor. <?page no="146"?> 147 Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele In diesem Teil wird anhand konkreter Beispiele gezeigt, wie man Gender Media Studies praktisch in eigener Forschung umsetzen kann. Das Kapitel 7 behandelt die Frage, in welcher Weise in der Berichterstattung von Tageszeitungen geschlechtsgebundene Repräsentationen von politischem Spitzenpersonal hergestellt werden. In einer Verbindung aus qualitativer Inhaltsanalyse und Diskursanalyse wird die personengebundene Berichterstattung über ausgewählte BundespolitikerInnen untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei die Verbindung von Macht und Geschlecht. Entlang konkret hergeleiteter Analysedimensionen wird nachvollziehbar, wie eine solche Analyse anzulegen ist. Die widersprüchlichen Befunde zeigen Konstanz in der Reproduktion hegemonialer Männlichkeit, aber zugleich auch ein deutliches Maß an Dynamik machtvoller Weiblichkeiten. Kapitel 8 beschäftigt sich mit der Sichtbarkeit bzw. Sichtbarmachung von schwulen Figuren in »Queer as Folk«. Anhand einiger Analysedimensionen der Film- und Fernsehanalyse wird aufgezeigt, wie die TV-Serie geschlechtliche und sexualisierte Körper visualisiert und herstellt. Es handelt sich um eine exemplarische Fernsehanalyse, in deren Mittelpunkt die Frage steht, mittels welcher textueller und formalästhetischer Verfahren Bedeutungen über Geschlecht und Sexualität produziert werden. Ziel ist es, einen möglichen Analyserahmen und methodisches Handwerkszeug für die Bewegtbildanalyse aus der Perspektive der Gender Media Studies vorzustellen. Im 9. Kapitel kommen Aspekte einer qualitativen Rezeptionsstudie der Gender Media Studies zur Sprache. Mit dem Themenfeld ›Medien und Migration‹ wird die intersektionale Verbindung von Geschlecht und Ethnizität relevant. Im Mittelpunkt von Fokusgruppen-Diskussionen steht die Frage, wie Bilder und Texte über migrantisches Leben wahrgenommen werden. Im Anschluss an die einzelnen Kapitel werden weiterführende Analyse- und Übungsaufgaben formuliert. <?page no="148"?> 149 7 »Machtschattengewächse«: Textanalyse der Politikberichterstattung »Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien« (Luhmann 2004: 9). Diese bekannte Aussage des Soziologen Niklas Luhmann verweist auf die bedeutende Rolle von Medien und damit auch von Journalismus bei der Vermittlung und Gestaltung der sozialen Wirklichkeit. Die Konstruktionsleistung von Journalismus wird in besonderer Weise offensichtlich, wenn es um die öffentliche Wahrnehmung von Spitzenpolitik geht. Da nur die wenigsten Menschen einen eigenen persönlichen Zugang zu diesem Bereich haben, werden politische Diskurse vornehmlich auf der Grundlage von medialen Repräsentationen vermittelt. Die journalistische Politikberichterstattung liefert Bilder und Geschichten, die Deutungs- und Orientierungsmuster anbieten. Sie bildet dabei nicht einfach politische Sachverhalte ab, sondern schafft ein eigenes mediales Konstrukt. Das gilt in besonderem Maße für die in der Politik agierenden Personen. Die personalisierte Berichterstattung, die das berufliche und private Individuum thematisiert, wirft auch Fragen danach auf, wie die Medienbilder von politischen Persönlichkeiten geschlechtsgebunden konstruiert sind. Mit der Kandidatur und Kanzlerschaft von Angela Merkel lässt sich im deutschsprachigen Raum ein zunehmendes Forschungsinteresse für die mediale Präsenz und Repräsentation von Politikerinnen beobachten. Seither sind verschiedene einschlägige Publikationen erschienen, welche aus medien-, kommunikations- und politikwissenschaftlichen Blickwinkeln den Zusammenhang von Medien, Politik und Geschlecht untersuchen (für einen Überblick: Lünenborg/ Röser 2012: 11-ff.). Konzeptualisiert man Journalismus als »kulturellen Prozess« (Lünenborg 2005) der Bedeutungsproduktion, dann stehen nicht nur die journalistischen Produkte (Bilder und Texte) selbst im Mittelpunkt, sondern auch die Entstehungsbedingungen (Produktion) und die Wahrnehmung und Interpretation durch das Publikum (Rezeption). Die Bedeutung journalistischer Diskurse für gesellschaftliche Selbstverständigung erschließt sich nicht allein durch die Medientexte selbst, sondern durch eine Rekonstruktion ihrer Entstehung (Produktion) sowie der Aneignung durch das Publikum (Rezeption). Für den deutschsprachigen Raum hat jüngst ein Forschungsprojekt ein solches integratives Forschungsdesign entworfen und umgesetzt (vgl. Lünenborg/ Röser 2012). In diesem Rahmen wurde untersucht, wie mediale Konstruktionen von Geschlecht in der Berichterstattung über Spitzenkräfte auf der Ebene der Produktion, der medialen Repräsentation und der Aneignung durch das <?page no="149"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 150 Publikum relevant werden. In dem Projekt wurde auch die Berichterstattung über die Bereiche Wirtschaft und Wissenschaft untersucht, im Folgenden wird nur der Bereich Politik berücksichtigt. In diesem Kontext werden verschiedene Problem- und Fragestellungen sowie methodische Zugänge relevant: Mit quantitativen Inhaltsanalysen lässt sich herausfinden, wie oft Männer und Frauen in Spitzenpositionen der Politik erwähnt und gezeigt werden (vgl. Röser/ Müller 2012, Grittmann 2012). Qualitative Text- und Bildanalysen ermöglichen es zu untersuchen, wie mediale Repräsentationen von politischem Spitzenpersonal geschlechtlich konstruiert werden (vgl. Maier/ Lünenborg 2012, Grittmann 2012). Experteninterviews mit JournalistInnen können Aufschluss darüber geben, wie es dazu kommt, dass in der politischen Berichterstattung immer wieder auf Geschlechterskripte zurückgegriffen wird (vgl. Lünenborg/ Maier 2012). Auf der Basis von Gruppendiskussionen mit Rezipierenden lässt sich analysieren, wie das Publikum die vergeschlechtlichten Medienbilder und -texte wahrnimmt und interpretiert (vgl. Müller 2012). Im Folgenden soll gezeigt werden, wie im Rahmen einer qualitativen Textanalyse die Geschlechterrepräsentationen von politischem Spitzenpersonal erfasst, systematisiert und bezogen auf ihre geschlechtsgebundenen Skripte analysiert werden. Vor dem Hintergrund des oben skizzierten Erkenntnisinteresses ist die zentrale Frage forschungsleitend: Wie wird das Verhältnis von Macht und Geschlecht in der Berichterstattung über politisches Spitzenpersonal strukturiert und gestaltet? Methodische Kontextualisierung der qualitativen Textanalyse Für die Textanalyse wird eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt, die sich an dem von Mayring (2008) vorgeschlagenen Vorgehen orientiert. Erweitert wird die Inhaltsanalyse durch die sozialwissenschaftliche Diskursanalyse (vgl. Keller 2007), um diskursive Muster und übergeordnete Deutungsstrukturen der Berichterstattung identifizieren zu können. Die qualitative Forschung verfolgt keinen quantifizierenden und generalisierenden Anspruch (Häufigkeit von Spitzenpolitikerinnen in den Medien) und will auch nicht zuvor aufgestellte Hypothesen bestätigen oder widerlegen (etwa: Äußerlichkeiten von Spitzenpolitikerinnen werden in den Medien häufiger thematisiert als das Aussehen von Politikern). Sie ist vielmehr an einzelnen Fällen orientiert, versucht Sachverhalte in ihrer kontextuellen Einbettung zu beschreiben und ist an der Theoriebildung beteiligt, indem sie »auf der Grundlage empirischer Beobachtungen neue konzeptionelle Vorschläge macht, eingespielte theoretische Konstruktionen umstellt und theoretisches Wissen reformuliert« (Bergmann 2006: 20). <?page no="150"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 151 Die sozialwissenschaftliche Diskursanalyse untersucht Diskurse hinsichtlich ihrer geteilten Strukturen, Regeln, Praktiken und Ressourcen der Bedeutungsproduktion (vgl. Keller 2007: 62-f.). Aussagen sind in diesem Denken nicht mit Sätzen oder Wörtern gleichzusetzen. Eine Aussage ist »der typisierbare und typische Gehalt einer konkreten Äußerung bzw. einzelner darin enthaltener Sprachsequenzen, der sich in zahlreichen verstreuten Äußerungen rekonstruieren lässt« (ebd.: 64). Mediendiskurse sind als spezifische Anordnungen solcher Aussagen zu verstehen. Eine mediale Aussage kann ein einzelnes Wort, einen Satzteil, einen ganzen Satz oder einen Abschnitt eines Medientextes umfassen. Bei der Analyse ist zentral, dass es dabei nicht um die Botschaft einzelner Äußerungen oder die Intention der JournalistInnen geht, sondern um medial zirkulierende Wissensvorräte und mediale Prozesse der Konstruktion und Kommunikation der Geschlechterordnung. Mediale Aussagen und Diskurse werden hinsichtlich ihrer Geschlechterkonstruktionen relevant, wobei wir danach fragen, was gesagt werden kann und wie etwas gesagt wird. Mittels der diskursanalytischen Herangehensweise wird untersucht, welche Aussagen in welchen Kontexten vorgenommen werden. Durch die mediale Wiederholung von Diskursen werden öffentliche Wissensbestände über Geschlecht herausgebildet. Materialbasis und Untersuchungszeitraum Wie wurde nun der Materialkorpus für die Untersuchung gebildet? Da die Berichterstattung über politisches Personal nicht nur auf den klassischen politischen Nachrichtenjournalismus beschränkt ist, sollen auch ›triviale‹ und ›boulevardeske‹ Formen des Journalismus berücksichtigt werden. Die Zeitungen und Zeitschriften wurden anhand der Kriterien Leserschaft und Auflage ausgewählt. Als Tageszeitungen decken »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, »Süddeutsche Zeitung« und »die tageszeitung« die überregionale Qualitätspresse ab. »Die Zeit« ist ergänzend als politische Wochenzeitung, »Bild« als Boulevardzeitung berücksichtigt. Der Zeitschriftenmarkt mit seiner speziellen Zielgruppenorientierung ist einbezogen durch die Nachrichtenmagazine »Der Spiegel« und »Focus«, die Wirtschaftsmagazine »Capital« und »Manager Magazin«, die Illustrierten »Stern«, »Bunte« und »Superillu« sowie die Frauenzeitschrift »Brigitte«. Das Untersuchungsmaterial umfasst die gesamte Berichterstattung in den genannten Zeitungen und Zeitschriften, es fand keine Einschränkung auf bestimmte Ressorts statt. Analysiert wurden Beiträge, die personenorientierte Aussagen über Personen in Spitzenpositionen der Politik enthalten. Als personenorientiert gelten hier Aussagen, welche die Persönlichkeit, den Charakter, die berufliche Tätigkeit, den Berufsweg, berufliche Leistungen oder Erfolge in mindestens einem Paragraf <?page no="151"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 152 problematisieren. Es ist dabei entscheidend, dass die politische Persönlichkeit hinter dem Ereignis hervortritt. Der Analysezeitraum berücksichtigt sechs Monate des Jahres 2008 (1.-April bis 30.-September 2008). Der Umfang des Materialkorpus richtet sich nach den Personen, den analysierten Medien (13- Titel) und dem verfügbaren Material (vgl. Tabelle 7.1 im Überblick). PERSONEN POSITION ANZAHL ARTIKEL SIT* SUT** Kurt Beck Ministerpräsident Rheinland-Pfalz, Parteivorsitzender SPD 13 8 5 Horst Köhler Bundespräsident 13 8 5 Frank-Walter Steinmeier Außenminister, Kanzlerkandidat SPD 13 8 5 Angela Merkel Bundeskanzlerin 13 8 5 Gesine Schwan Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin 13 9 4 Ursula von der Leyen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 13 9 4 Gesamt 78 50 28 * Stärker informationsorientierte Titel: die tageszeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Der Spiegel, Focus, Capital, Manager Magazin ** Stärker unterhaltungsorientierte Titel: Bild, Bunte, stern, SUPERillu, Brigitte. Als Spitzenkräfte gelten in der Politik die Mitglieder der Bundesregierung (Bundeskabinett), Fraktionsvorsitzende, Vorsitzende von Parteien, die im Bundestag vertreten sind, sowie der Bundespräsident und die Kandidatin für das Bundespräsidentenamt. Davon ausgehend wurde eine personenbezogene Auswahl getroffen. Relevant ist dabei, dass die berücksichtigten Spitzenkräfte bezogen auf ihre berufliche Position vergleichbar sind. Im Sinne einer theoriegeleiteten Auswahl wurde dabei auf eine Vielfalt und Unterschiedlichkeit der AkteurInnen geachtet (vgl. Krotz 2005: 32-ff.). Auf diese Weise kann ein möglichst breites Spektrum an Geschlechterkonstruktionen in die Analyse Eingang finden. Tab. 7.1: AkteurInnen nach Position und Anzahl der analysierten Beiträge <?page no="152"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 153 Der Analyseleitfaden Für die Aufbereitung des empirischen Materials wurde ein Analyseleitfaden entwickelt, der ein systematisches und nachvollziehbares Vorgehen ermöglicht. Dabei wird im Sinne eines qualitativen Vorgehens darauf verzichtet, schon vorab Kategorien festzulegen, nach denen dann in den Medientexten gesucht wird. Stattdessen sollen die Beschreibungen aus der Beobachtung der medialen Geschlechterrepräsentationen heraus gewonnen und bearbeitet werden. Gegenüber quantitativer Forschung »ist jede qualitative und jede theoriegenerierende Forschung in dem Sinne offen und vorläufig angelegt, dass sich die endgültigen Kategorien und Begriffe erst im Laufe der Forschung herausstellen und nicht von außen an die Sachverhalte herangebracht werden« (Krotz 2005: 62). Da in der vorliegenden Studie ein größerer Materialkorpus bearbeitet werden soll, wurden vorab aus der Forschungsliteratur heraus bestimmte Analysedimensionen entwickelt, auf die sich das Erkenntnisinteresse richtet (vgl. Tabelle-7.2 im Überblick). (1) Medienform (2) Personen (3) Inhaltliche Dimensionen Medium Seiten Darstellungsform SiT* / SuT** Name der Person Geschlechtszuschreibung Berufliche Position Handlungsrahmen Körperkonstruktionen Personenbezeichnungen Metaphern in Überschriften Charakterisierungen Leistungen, Erfolge, Beziehungen * Stärker informationsorientierte Titel: die tageszeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Der Spiegel, Focus, Capital, Manager Magazin ** Stärker unterhaltungsorientierte Titel: Bild, Bunte, stern, SUPERillu, Brigitte. Die Analysedimensionen werden im Folgenden dargestellt: (1) Medienform: Diese Analysedimension gibt Auskunft darüber, in welcher Form die analysierten Texte selbst vorliegen. Hierfür werden das Medium, die journalistische Darstellungsform und die Seitenzahlen erfasst. Außerdem fand eine Einteilung hinsichtlich des Kommunikationsmodus statt: Zu den stärker informationsorientierten Titeln zählen »die tageszeitung«, »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, »Süddeutsche Zeitung«, »Die Zeit«, »Der Spiegel«, »Focus«, »Capital« und »Manager Magazin«. Zu den stärker unterhaltungsorientierten Titeln gehören »Bild«, »Bunte«, Tab. 7.2: Analyseinstrument <?page no="153"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 154 »Stern«, »Superillu« und »Brigitte«. Die Darstellung dient dazu, die Medienform zu beschreiben, in der sich die analysierten Texte präsentieren. (2) Personen: Unter der Analysedimension werden grundlegende Informationen zu den Personen erfasst: Name, Geschlechtszuschreibung, berufliche Position und Anlass sowie Hauptthema der Berichterstattung. Entsprechend der Frage nach der medialen Konstruktion von Männern und Frauen wird die Unterdimension Geschlecht nicht als gegeben vorausgesetzt, sondern aus den im Medientext verwendeten Zuschreibungen abgeleitet. Die Personen werden also nicht vorab in männliche und weibliche Gruppen eingeteilt, sondern in der Berichterstattung werden diejenigen Geschlechtsbezeichnungen identifiziert, die verwendet werden. Die Frage nach dem Anlass der Berichterstattung und dem Hauptthema dient dazu, den Handlungsrahmen aufzudecken, in dem die politische Spitzenkraft thematisiert wird. Die Analysedimension liefert eine Übersicht sowie grundlegende Informationen zu den beschriebenen Personen und soll Hintergrundinformationen über die Personen liefern, über die unter anderem im Untersuchungszeitraum berichtet wurde. (3) Inhaltliche Dimensionen: Entlang der inhaltlichen Dimensionen erfolgt die analytisch-interpretative Erschließung des Materials hinsichtlich der Geschlechterkonstruktionen. Die medialen Aussagen über die politischen Spitzenkräfte in der Presseberichterstattung interessieren bezogen auf folgende Unterdimensionen und Fragen: Körperkonstruktionen: Wie wird der Körper beschrieben und wie werden mediale Körperkonstruktionen mit Status und Geschlecht verknüpft? Die Dimension fokussiert, wie der Geschlechterkörper sichtbar gemacht wird und was die Akteure jeweils verkörpern. Zentral ist die Frage, in welcher Form der »menschliche Körper selbst zum Zeichenträger, zur Verkörperung von Zeichen und Botschaften wird« (Nöth/ Hertling 2005: 10). Die Beschreibung der äußeren Erscheinung umfasst Aussagen zu Körper, Bekleidung, Frisur, Accessoires sowie zur Körpersprache. Personenbezeichnungen: Wie drücken sich Macht und Geschlecht in den verwendeten Personenbezeichnungen aus? Hier werden nur Substantivierungen erfasst, welche die Personen bezeichnen. Die Personenbezeichnungen beschreiben die AkteurInnen in verdichteter Form, weshalb ihnen eine wichtige Rolle in der Berichterstattung zukommt. Entscheidend ist nicht, wie die Autorin oder der Autor einen Begriff meint oder damit eine positive oder abqualifizierende Bewertung verbunden ist. Vielmehr geht es um die Einschreibung von Macht und Geschlecht in die Aussagen. Metaphern: Welche Metaphern finden sich in den Überschriften und Unterzeilen? Auf welche Konzepte bezieht sich der verwendete metaphorische Sprachgebrauch? <?page no="154"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 155 Wie werden die Aussagen aufeinander bezogen und wie wird dabei Macht und Geschlecht wirksam? Erfasst werden nicht die Konzeptualisierungen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft (im Sinne von: ›Politik ist Kampf‹), sondern die jeweiligen metaphorischen Charakterisierungen der Personen und ihrer Macht (im Sinne von: ›Merkel ist eine Kämpferin‹). Charakterisierungen: Wie soll laut Berichterstattung eine Spitzenkraft ›sein‹, um in dem jeweiligen Feld bestehen zu können? Wie bewertet die journalistische Berichterstattung die unterschiedlichen Charakterzuschreibungen? Inwiefern werden hierbei Geschlechterzuschreibungen wirksam? Die Charakterisierung beinhaltet neben medialen Aussagen zur Persönlichkeit auch solche zum Führungsstil einer Person. Hier wird nicht in ontologisierender Weise nach vermeintlich ›typisch männlichen‹ oder ›typisch weiblichen‹ Eigenschaften gesucht oder werden reine Unterschiede zwischen Männern und Frauen festgestellt, sondern die medialen Prozesse der Geschlechterdifferenzierung analysiert. Zum Beispiel macht die Feststellung, dass männliche Akteure in Zeitungen häufiger gemeinschaftsorientiert dargestellt werden als weibliche (vgl. Magin/ Stark 2010: 398), allein einen Unterschied in der medialen Darstellung aus. Die vorliegende Studie würde eine entsprechende Attribuierung kontextualisieren und analysieren, ob die Gemeinschaftsorientierung der Männer als emotionale Fürsorge für die Familie oder als kumpelhafte Männerfreundschaft in Szene gesetzt ist. Letzteres wäre dann als konstitutiver Teil der Herstellung von Männlichkeit zu problematisieren. Gemeinschaftsorientierung bei Männern kann demnach nicht einfach per se als ein Durchbrechen von Geschlechterstereotypen gedeutet werden, wie Magin und Stark (ebd.) dies nahelegen. Erfolge und Leistungen: Welche wiederkehrenden Aussagen finden sich bezogen auf die Darstellung von Leistung und Erfolg? Wie werden Geschlechterkonstruktionen in Bezug auf die Thematisierung von Erfolg und Misserfolg wirksam? Wie werden die Personen in Beziehung zu anderen AkteurInnen thematisiert? Während die Dimension ›Charakterisierung‹ die Persönlichkeitseigenschaften betont, sind hier die erreichten Erfolge bzw. Misserfolge, erbrachte Leistungen und der berufliche Status zentral. Im Folgenden werden exemplarisch die Befunde für drei ausgewählte Analysedimensionen dargestellt. <?page no="155"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 156 Befunde: Körperkonstruktionen In der bisherigen Forschung wird immer wieder festgestellt, dass über das Äußere von Politikerinnen häufiger berichtet wird als über das ihrer männlichen Kollegen (z.- B. Pantti 2007). Jenseits einer quantifizierenden Logik ist interessant, wie die Berichterstattung die Körper darstellt und bedeutsam macht. Ästhetische Maßstäbe legt die analysierte Berichterstattung bezogen auf weibliche und männliche Körper an, auf den ersten Blick fällt aber eine größere sprachliche Differenziertheit und Vielfalt auf, wenn über den Körper und die Einkleidungen von Politikerinnen berichtet wird. In einem Artikel der »Süddeutschen Zeitung« heißt es: »Da steht sie nun, die neue SPD-Doppelspitze. Der schwere Mann mit Bart und Mecki-Frisur im hellen Sommeranzug […] Neben ihm die schlanke, hochgewachsene Dame mit dem Lockenkopf, im blutroten Kostüm, schwarzen, hochhackigen Pumps und filigranen Perlenbällchen an den Ohren« (SZ vom 27.5.2008). Dem (unattraktiven) »Mann« im dennoch professionell wirkenden männlichen Anzug steht die (attraktive) »Dame« gegenüber, deren Bekleidungsinventar auf klassische Versatzstücke weiblicher Kleidung der Moderne hinweist. Die Kleidungsstücke in ihrer medialen Darstellung sind nicht nur weiblich und männlich konnotiert, sondern auch daran beteiligt, Geschlecht herzustellen und zu naturalisieren, also den Geschlechterkörper kulturell evident und bedeutsam zu machen (vgl. Ellwanger 1999: 9, 15-f.). Interessant ist dabei, dass die Beschreibung des Aussehens von Politikern in der Berichterstattung als politische Performance relevant wird: Der Körper wird nicht nur geschlechtlich sichtbar gemacht, sondern häufig auch mit dem politischen Handeln der Akteure verknüpft. So beginnt die »Süddeutsche Zeitung« einen Beitrag über Horst Köhler, indem die Zeitung anhand von Körperkonstruktionen die Frage aufwirft, wie sich der damalige Bundespräsident auf dem politischen Parkett bewege: »Der Mann betritt den Saal, und nichts ist zu hören. Er muss leise Sohlen tragen. Mittelgroß ist er, mittelschwarz ist sein Anzug, mittelgrau ist sein Haar geworden. In wenigen Schritten eilt er nach vorn, er will Platz nehmen und kein Aufhebens machen […] Köhler schreitet nicht, er stolziert nicht, er gibt nicht den eitlen Storch, wie das mancher seiner Vorgänger durchaus genussvoll zelebrierte. Horst Köhler zelebriert gar nichts. Würde sich das Publikum nicht vor seinem Auftritt erheben - es würde ihn vielleicht gar nicht bemerken« (SZ vom 21.5.2008). Über Körperkonstruktionen (ein Leisetreter von durchschnittlicher Statur und gewöhnlichem Aussehen) beschreibt die Zeitung seine berufliche Persönlichkeit; er trete dezent auf, zeige seine Macht nicht. Zwar wird im nachfolgenden Beispiel eine andere Politikermännlichkeit dargestellt, aber auch hier wird politisches Handeln über den Körper beschrieben. »Der Spiegel« thematisiert den Wandel Steinmeiers vom »Bürokrat im Kanzleramt« zum »Kanzlerkandidaten« über seine Körperspra- <?page no="156"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 157 che. »Steinmeier probierte sich an den ganz großen Gesten. Er bohrte Zeigefinger in die Luft, ballte Fäuste, wie sie bislang nur Gerhard Schröder ballen konnte, er röhrte sogar fast so inbrünstig wie Schröder einst röhrte« (Spiegel vom 8.9.2008). In diesem Zusammenhang kommt auch den Einkleidungen der Politikermännlichkeit eine wichtige Rolle zu: »Sakko weg, Krawatte locker, Ärmel hoch. Und dann geht’s los. Frank-Walter Steinmeier brüllt fast vom ersten Wort an in den Saal« (SZ vom 30.6.2008). Jenseits der Frage danach, ob die Medien die Performance als authentisch oder als eine Imitation Schröders bewerten, wird hier deutlich, wie der männliche Körper in der Berichterstattung zum Austragungsort von Status und Macht wird. Bei den Politikerinnen bleibt der professionelle Status bezogen auf die medialen Körperkonstruktionen hingegen nachgeordnet oder unsichtbar. Dies trifft auf Angela Merkel und Gesine Schwan zu, bezogen auf Ursula von der Leyen fanden sich jenseits von Altersangaben keine sprachlichen Körperkonstruktionen in unserem Material. Eine Umkehrung der geschlechtsgebundenen medialen Körperkonstruktionen scheint (bisher) unmöglich zu sein. Eine Politikerin, die machtvoll auf den Tisch haut oder lautstark in den Saal brüllt, ist in der analysierten Berichterstattung nicht zu finden. Befunde: Personenbezeichnungen Bezogen auf die Personenbezeichnungen wird Status und Macht deutlich thematisiert. Insgesamt dominieren bei den Politikerinnen wie den Politikern Berufs- und Funktionsbezeichnungen (›Außenminister‹, ›Regierungschefin‹ etc.) sowie Berufsbezeichnungen, welche die politische Linie der Person zum Ausdruck bringen (›Reformkanzlerin‹ usw.). Es finden sich zahlreiche allgemeine Personenbezeichnungen sowie Verwandtschafts- und Herkunftsbezeichnungen, welche auf die jeweilige Stellung in der Gesellschaft hinweisen. Auf der einen Seite die »Dame«, »Frau«, »Mutter« oder »Tochter«, auf der anderen Seite der »Mann«, »Herr«, »Kerl«, »Tischlersohn« oder »Vater«. Solche Titulierungen finden sich am häufigsten in den unterhaltungsorientierten Titeln, insofern diese stärker private Themen aufgreifen. Hier werden auch einige trivialisierende Begriffe für Frauen wie für Männer verwendet, etwa »Schwänin« oder »Prickel«. Trotz häufig formulierter Kritik an politischen Positionen oder den Führungsqualitäten der AkteurInnen ist deren beruflicher Status meist nicht nur benannt, er wird auch immer wieder durch Hochwertworte 5 anerkannt: »Ressortchefin«, 5 Ein Hochwertwort meint hier eine Personenbezeichnung, die ohne ein entsprechendes Attribut die Person aufwertet, weil der Begriff einen sehr positiven Bedeutungsgehalt hat (vgl. Janich 1999: 120). <?page no="157"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 158 »Chef«, »Chefin« oder auch Begriffe wie »Star« oder »Führungsfigur«, zwei der wenigen geschlechtsneutral verwendeten Personenbezeichnungen. Zudem finden sich viele Umschreibungen der Person, mittels derer sich die Akteure und Akteurinnen knapp und anschaulich charakterisieren lassen (vgl. Tabelle-7.3). Merkel, Schwan, von der Leyen erscheinen als … Beck, Köhler, Steinmeier erscheinen als … »Mutti« »Mutter der Nation« »Alma Mater« »Herbergsmutter« »Merkels Trumpf« »Hoffnungsträgerin« »Machtpolitikerin« »Führungsfrau« »Vorfrau« »Vorderfrau« »Powerfrau« »Schönwetterkanzlerin« […] »Anwalt der Bürger« »Messias mit Aktentasche« »Lichtgestalt« »Hoffnungsträger« »Löwe« »Alphatier« »Denker« »Vollprofi« »Schröders Schatten« »Hausherr im Schloss Bellevue« »Kämpfer« »Parteisoldat« »Ritter« »Landesvater« »Diplomat« »Bürokrat« »Beamter« »Technokrat« »Machtschattengewächs« […] Verweise auf Mütterlichkeit scheinen bei der Beschreibung der beruflichen Persönlichkeit von Politikerinnen fast unverzichtbar - selbst bei Angela Merkel, die mit privat-emotionalisierenden Äußerungen äußerst sparsam umgeht. Die Berichterstattung ruft hier stereotype Rollen auf, in denen ›weibliche‹ Macht und Autorität denkbar sind: Zuschreibungen wie »Mutter« oder »Mutter der Nation« fungieren bei Angela Merkel nicht als Verwandtschaftsbezeichnung, sie sollen vielmehr ihren Führungsstil apostrophieren. Auffällig sind auch Wortschöpfungen wie »Vorfrau«, »Vorderfrau«, Führungsfrau« oder altbekannte Stereotype wie die »Powerfrau aus der Bundesregierung«. Diese drücken zwar die Macht von Politikerinnen aus, machen aber auch den Geschlechterstatus explizit sichtbar. Bezeichnungen wie ›Vormann‹, ›Vordermann‹ oder ›Führungsmann‹ finden sich in unserem Material nicht, dafür Tab. 7.3: Personenbezeichnungen in der Politik <?page no="158"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 159 zahlreiche Bezeichnungen, bei denen Macht und Dominanz deutlicher zutage treten. Bei den Politikern werden tradierte Bilder von Männlichkeit aufgegriffen: wie etwa Kampf und Heldentum. Bei Personenbezeichnungen, wie »Löwe« oder »Alphatier«, werden Eigenschaften und Verhaltensweisen der Menschen mit tierischen Merkmalen verglichen; Eigenschaften, die wiederum mit Kraft und Stärke assoziiert werden. Es findet eine Gleichsetzung von Politikern mit männlich konnotierten Eigenschaften wie Kraft, Stärke, Macht, Genialität, Kampf und Konkurrenz statt. Befunde: Metaphern In der journalistischen Berichterstattung spielen Metaphern eine wichtige Rolle. Sie werden häufig benutzt, um komplexe Sachverhalte vereinfacht und eindrücklich darzustellen (vgl. Skirl/ Schwarz-Friesel 2007: 72). Ihnen kommt zudem eine emotionalisierende, wertende und die Aufmerksamkeit steuernde Funktion zu. Bei der Verwendung metaphorischer Ausdrücke greift die Berichterstattung häufig auf bekannte Konzeptualisierungen zurück, welche dem Publikum vertraut sind. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass in der Berichterstattung Politik als Kampf, Spiel und Theater konzeptualisiert wird (vgl. Holtz-Bacha 1999, Skirl/ Schwarz- Friesel 2007: 72-ff.). Metaphern haben dabei nicht nur eine erklärende und informierende Funktion, sondern ihnen kommt auch eine narrative Bedeutung zu. Beispielsweise ruft die Inszenierung von ›Politik als Kampf‹ bekannte Erzählungen auf und produziert zugleich eine emotionale Vorstellung von dem Geschehen. Bezogen auf die Politikberichterstattung vermitteln sie komplexes Wissen über Welten, die dem Publikum wenig vertraut sind. Konzeptualisierungen liefern dadurch nicht nur neue Einsichten, sondern setzen diese mit bekanntem, anschlussfähigem Wissen in Verbindung. In den Überschriften der analysierten Beiträge finden sich neben den bekannten Konzeptualisierungen von ›Politik als Kampf‹, ›Politik als Spiel‹ und ›Politik als Theater‹ weitere Konzepte wie ›Politik als Liebe‹, ›Politik als eine Reise‹, ›Politik als Natur‹. Zentral ist für uns jedoch die Frage, welche Sichtweise auf die Person und ihre Macht sich in der Berichterstattung ausdrückt. Zur Charakterisierung der politischen Persönlichkeit verwendet die Berichterstattung verschiedene metaphorische Ausdrücke, welche die Personen in unterschiedlicher Art und Weise ins Bild setzen. Die Auflistung der mit den metaphorischen Ausdrücken verbundenen Konzeptualisierungen zeigt, dass die medial verfügbaren Sprachbilder über politische Spitzenkräfte nicht einfach geschlechtscodiert und dualistisch angeordnet sind (vgl. Tabelle-7.4). <?page no="159"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 160 Merkel, Schwan, von der Leyen erscheinen als … Beck, Köhler, Steinmeier erscheinen als … … Kämpferin (Zeit 29.5.08). … Soldatin (Bunte 22.5.08) … Schauspielerin (Bunte 1.5.08) … Entdeckerin (stern 21.5.08) … Vogel (Zeit 17.4.08) … Spielobjekt (SUPERillu 12.6.08) … Duellantin (Focus 26.5.08) … Kapitänin (mm 1.7.08; Spiegel 10.5.08) […] … gestürzter Herrscher (Zeit 11.9.08; Bunte 11.9.08) … Soldat (SUPERillu 4.9.08) … Schauspieler (taz 10.9.08; Spiegel 19.5.08) … Fußballer (FAZ 9.9.08; SUPERillu 4.9.08) … Jäger, Krieger,Tier (stern 11.9.08) … kämpfender Ritter (SZ 15.4.08) […] Vielmehr verwendet die Berichterstattung in den Überschriften zum größten Teil ähnliche metaphorische Konzepte für Politikerinnen wie für Politiker. In der Konzeptualisierung von ›Politik als Kampf‹ ist etwa Horst Köhler als »Präsident Parzival« beschrieben, also als kämpfender Ritter aus dem Mittelalter (SZ vom 15.4.2008). Im »Duell ums Bellevue« (Focus vom 26.5.2008), wird Gesine Schwan zur Duellantin im »Kampf« (ebd.) mit dem statushöheren Gegner, nämlich Köhler. Frank-Walter Steinmeier ist »gefesselt« (taz vom 22.8.2008), erscheint also als handlungsunfähig. In der Konzeptualisierung von ›Politik als Theater‹ erscheint Beck als Schauspieler, der allerdings von der Bühne abgegangen ist. »Der Mann aus Mainz. Selbstschutz und Intrige waren die Gründe für Kurt Becks Abgang, sagt Beck und bleibt dabei Parteisoldat« (taz vom 10.9.2008). Horst Köhler ist ebenfalls aktiver Schauspieler, der »seine Rolle« selbst, wenn auch »eher unglücklich« definiert (Spiegel vom 19.5.2008). In der Konzeptualisierung von ›Politik als Spiel‹ wird Angela Merkel als passives Spielobjekt in einem aussichtslosen Kampf beschrieben: »Mieses Spiel mit Angela. Schlammschlacht - mit Unwahrheiten versucht Lafontaine ein Zerrbild Merkels als ›überzeugte Jungkommunistin‹ zu zeichnen« (Superillu vom 12.6.2008). Steinmeier erscheint als Fußballer und ist dabei der »erste Sturm« im Kontext Spiel (FAZ vom 9.9.2008). Die Konzeptualisierung von ›Politik als Natur‹ lässt Angela Merkel als ›zahmen Vogel‹ erscheinen, der davongeflogen ist: »Entflogen. Wo ist bloß die Reform-Kanzlerin hin? « (Zeit vom 17.4.2008). Frank-Walter Steinmeier ist hingegen das ›wilde Tier‹, das Zähne zeigt: »Ja ich will. Auf einmal sagt er ›ICH‹. Auf einmal zeigt er Zähne. Frank-Walter Steinmeier, eigentlich ein bedächtiger Bürokrat, hat SPD- Chef Kurt Beck aus dem Amt geputscht und nimmt nun die Kanzlerin ins Visier« (Stern vom 11.9.2008). Er ist zudem als Kämpfer inszeniert (›nimmt die Kanzlerin ins Visier‹, ›hat Beck aus dem Amt geputscht‹). Beck erscheint als Opfer, das Tab. 7.4: Metaphern in Überschriften <?page no="160"?> Textanalyse der Politikberichterstattung 161 »allein mit der Meute« ist (Stern vom 26.6.2008). Bei den Politikerinnen findet sich ferner eine Konzeptualisierung von ›Politik als Liebe‹. »Sarkozy wirbt um Merkel und für Europa« (SZ vom 2.5.2008). Merkel ist in dieser heteronormativen Konzeption die passive Figur, die umworben wird. Politik wird in der Berichterstattung auch als Reise dargestellt, Merkel erscheint darin als Kapitänin, die den Kurs vorgibt: »Die Abkanzlerin. Das Klima zwischen Angela Merkel und der Wirtschaftselite ist frostig. Immer mehr Unternehmer und Manager sind tief enttäuscht vom Kurs der Kanzlerin und gehen auf Distanz« (Manager Magazin vom 1.7.2008). Die Berichterstattung benutzt hier auch eine Temperaturmetapher (›frostiges Klima‹), um die Beziehung zwischen Merkel und den Spitzenkräften der Wirtschaft zu beschreiben. Ursula von der Leyen ist ebenfalls als Kapitänin in Szene gesetzt, die das Schiff steuert und aktiv einen »Kursschwenk« vornimmt (SZ vom 2.5.2008). Steinmeier ist als »Rettungsanker der SPD« beschrieben, der somit Halt im Sturm verspricht (Capital vom 1.8.2008). Die Beispiele zeigen, dass die Berichterstattung die politischen Persönlichkeiten nicht einfach geschlechterdualistisch anordnet. Die Medienberichterstattung greift vor allem auf bekannte konventionelle Metaphern und Konzepte zurück. Bezogen auf die Repräsentationen von Macht und Geschlecht lassen die gewählten Bilder in einigen Fällen die Politikerinnen weniger machtvoll erscheinen, in anderen erscheinen die Politiker machtloser. Für die Politikerinnen werden nicht vornehmlich neue und ungewohnte Konzeptualisierungen verwendet, vielmehr werden sie in weiten Teilen alten Mustern von ›Politik als Kampf‹, ›Politik als Spiel‹ oder ›Politik als öffentliche Bühne‹ zugeordnet. Fazit Für den Bereich der Politik lässt sich festhalten, dass die journalistische Berichterstattung eher selten auf altbekannte grobe Klischees zurückgreift, wenn sie Politikerinnen beschreibt. Es lässt sich kein einfacher Defizitdiskurs ausmachen, der Politikerinnen im Gegensatz zu Politikern per se als mangelhaft in Szene setzt. Schlichte Konstruktionen von abgewerteter Weiblichkeit und aufgewerteter Männlichkeit stellen im Material kein Aussagemuster dar. Dennoch greift die Berichterstattung immer wieder auf Geschlechterskripte zurück. Zuschreibungen von mütterlicher, fürsorglicher Weiblichkeit und heroischer, kämpferischer Männlichkeit stellen hier die Eckpunkte eines Kontinuums dar. Die Aneignung von Macht durch Politikerinnen wird in der Berichterstattung durchaus akzeptiert. Das Erobern einer machtvollen Position durch eine Frau bewertet die Berichterstattung dabei positiver als die Einbuße von Macht bei einem Mann. Wie das Beispiel Kurt Beck eindringlich zeigt, <?page no="161"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 162 wird Macht- und Kontrollverlust bei einem Politiker nicht nur abgewertet, sondern auch mit einem Absprechen von Männlichkeit verbunden. Es zeigt sich insgesamt, dass Geschlechterbilder in Mediendiskursen im Wandel sind. Explizite Diskriminierungen und Abwertungen aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit stellen in weiten Teilen der Berichterstattung über politisches Spitzenpersonal kein relevantes Aussagemuster dar. Jenseits von einfachen Defizitdiskursen und weiblichen Geschlechterstereotypen spielen mediale Prozesse der Geschlechterdifferenzierung dennoch nach wie vor eine Rolle. Beobachtbar sind Formen einer Modernisierung öffentlicher Frauenbilder - jedoch keine Verabschiedung von Geschlechterzuschreibungen. Wenig Wandel findet sich zugleich in der medialen Herstellung von Männlichkeit. Übungsaufgaben • Recherchieren Sie jeweils einen aktuellen personenorientierten Beitrag zu den genannten Politikern und Politikerinnen in den genannten Medien. Analysieren Sie diese anhand des oben vorgestellten Vorgehens mittels des Analyseinstruments. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den vorliegenden Befunden finden Sie? Sie können auch die lokale und die nationale Berichterstattung oder die nationale und die internationale Berichterstattung vergleichen. • Erarbeiten Sie anhand von Beispielmaterial, welche weiteren Analysedimensionen für die vorliegende Studie relevant sein könnten. • Untersuchen Sie anhand der genannten Analysedimensionen, wie männliche und weibliche Spitzenkräfte in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie Wirtschaft oder Wissenschaft repräsentiert werden. Recherchieren Sie hierfür Beispielmaterial. Vergleichen Sie die Befunde mit den hier vorliegenden Ergebnissen. <?page no="162"?> 163 8 »Es dreht sich alles um Sex«: Fernsehanalyse von »Queer as Folk« Die Gender Media Studies verfügen über keine eigene, spezifische Methode zur Analyse von bewegten Bildern. Um aufzuzeigen, wie eine Fernsehserie Bedeutungen über Geschlecht und Sexualität produziert, bietet es sich deshalb an, auf die methodischen Erfahrungen der Film- und Fernsehanalyse zurückzugreifen. Mikos (2008) z. B. geht es darum, die Mittel zu untersuchen, die eine Fernsehsendung einsetzt, um mit den Zuschauenden zu kommunizieren. Im Rahmen einer Textanalyse der Fernsehsendungen sollen die textuellen und formalästhetischen Strukturen herausgearbeitet werden, welche die Aktivitäten der Zuschauenden in der Rezeption vorstrukturieren und anregen. Der Autor geht davon aus, dass »Fernsehsendungen als Kommunikationsmedien zu begreifen sind: Sie kommunizieren mit dem Publikum, wobei ihre Gestaltungsmittel und Techniken die kognitiven und emotionalen Aktivitäten der Zuschauer vorstrukturieren« (ebd.: 15). Dabei spielen inhaltliche, darstellerische, dramaturgische, erzählerische und formalästhetische Mittel ebenso eine Rolle wie die Kontexte, in die filmische Strukturen und Zuschauer eingebunden sind (ebd.: 13). Entsprechend kann sich das Erkenntnisinteresse einer Film- und Fernsehanalyse auf fünf Ebenen richten (vgl. ebd.: 41-ff.): • Inhalt und Repräsentation: Der Inhalt eines Films oder einer TV-Sendung ist das, was in Wort und Bild gezeigt wird. Die Repräsentation ist die Art und Weise, in der diese Inhalte benutzt werden, um Bedeutungen zu produzieren. • Narration und Dramaturgie: Narration bezeichnet die sich in Raum und Zeit entfaltende Geschichte eines Films oder einer TV-Sendung. Die Dramaturgie ist die Art und Weise, in der die Geschichte aufgebaut ist, um bestimmte kognitive und emotionale Prozesse beim Publikum auszulösen. • Figuren und Akteure: Figuren bzw. Charaktere erscheinen in fiktionalen Filmen und Fernsehsendungen. Als Akteure gelten etwa Moderatorinnen, Showmaster oder spezifische Personen in Dokumentarfilmen. • Ästhetik und Gestaltung: Hierzu zählen verschiedene formalästhetische Mittel eines Films bzw. einer Fernsehsendung: die Kameraarbeit, das Licht, die Ausstattung, der Ton, das Schauspiel, die Musik, die Spezialeffekte sowie die Montage und der Schnitt. <?page no="163"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 164 • Kontexte: Bezogen auf filmische und televisuelle Bedeutungsproduktionen sind vier Kontexte besonders relevant: Gattungs- und Genrebezüge, Intertextualität, Diskurse und Lebenswelten. Aus einer geschlechtertheoretischen Perspektive lässt sich hieran anknüpfend festhalten, dass nicht nur der Film oder eine TV-Sendung selbst, sondern auch Bilder und Narrationen von Geschlecht und Sexualität im Kopf des Publikums auf der Grundlage dessen entstehen, was in Medien zu sehen und zu hören ist. Im Sinne einer diskursanalytischen Vorgehensweise wird davon ausgegangen, dass es nicht ›die objektive Bedeutung‹ einer Fernsehsendung gibt, sondern deren Interpretation immer von gesellschaftlich und kulturell zirkulierenden Diskursen abhängt (vgl. Mikos 2003: 138). Bei der Analyse von Geschlechterkonstruktionen sollten demnach die verschiedenen Beobachtungskategorien beachtet werden, die an der Konstruktion von Bedeutungen beteiligt sind: Dauer und Größe der Einstellung, Lichtführung, die Erzählweise, die Bildkomposition. All dies sind Mittel zur diskursiven Konstruktion von Bedeutungen über Geschlecht und Sexualität. Nun geht es bei einer Film- und Fernsehanalyse nicht darum, die einzelnen Elemente der Serie trennscharf den fünf Ebenen zuzuordnen oder diese nacheinander ›abzuarbeiten‹. Mittels der Einteilung lassen sich vielmehr unterschiedliche Erkenntnisinteressen verfolgen, sie sind als Beobachtungskategorien zu verstehen. Was konkret in einer Film- und Fernsehanalyse berücksichtigt wird, hängt immer davon ab, was herausgefunden werden soll. Hierfür ist es notwendig, das Erkenntnisinteresse zu benennen und eine konkrete Fragestellung zu formulieren. Erkenntnisinteresse und theoretischer Hintergrund Im Januar 2006 strahlte der Sender ProSieben erstmals die amerikanisch-kanadische Version der TV-Serie »Queer as Folk« aus. Diese erzählt die Geschichten von Brian, Michael, Emmett, Ted und Justin sowie deren Freundinnen Lindsay und Melanie. Thematisch geht es entsprechend des klassischen Erzählmusters von Dramaserien unter anderem um Familie, Freundschaft, Liebe und Sexualität. Wenig Neues also. Trotzdem hat die Serie in öffentlichen Diskursen für viel Aufsehen gesorgt (vgl. Mentz 2008: 21, 178-ff.). Denn in »Queer as Folk« wird eine homosexuelle Welt kreiert, in der die heterosexuellen Figuren den homosexuellen Figuren nachgeordnet sind. Schwule Männer stellen nicht nur eine ›Ausnahme‹ von der Regel dar, wie dies in anderen Dramaserien der Fall ist (vgl. Porfido 2007), sondern es sind vor allem die homosexuellen Figuren, welche die Erzählung vorantreiben. Zudem wird in »Queer as Folk« Homosexualität offen thematisiert und auch visualisiert. Die Serie schreckt dabei auch nicht vor Tabuthemen zurück wie Pornografie, Sex an öffentli- <?page no="164"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 165 chen Orten oder BDSM (Bondage, Discipline, Domination, Submission, Sadomasochism). Entsprechend strahlte ProSieben die Serie im deutschsprachigen Fernsehen auf einem späten Sendeplatz um Mitternacht aus. »Queer as Folk« scheint also durchaus Themen, Figuren, Geschichten und Bilder zu enthalten, die heteronormative Sehgewohnheiten herausfordern. Vor diesem Hintergrund sind für die nachfolgende Fernsehanalyse folgende Fragen forschungsleitend: • Wie wird in »Queer as Folk« Männlichkeit, Körper und Sexualität visualisiert? • Werden dominante Vorstellungen der Zweigeschlechtlichkeit und der Heteronormativität reproduziert, verschoben und/ oder durchbrochen? Das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit wird (auch) durch Medien und ihre Erzählungen konstruiert. Für eine Analyse wird damit das theoretische Verständnis von Geschlecht und Sexualität sowie deren Verhältnis zu Medien relevant. Die Analyse einer Fernsehsendung erfolgt also immer vor dem Hintergrund einer theoretischen Perspektive (vgl. Mikos 2003: 37-ff.). Im Folgenden wird auf die dekonstruktive Geschlechtertheorie sowie die Queer Theory zurückgegriffen (siehe auch Kapitel-1). Geschlecht und Sexualität sind demnach nichts Natürliches und Unveränderliches, sondern eine (medien)kulturelle und soziale Konstruktion. Geschlecht und Sexualität werden in kulturellen und sozialen Prozessen ausgehandelt, Männlichkeit und Weiblichkeit sowie Homosexualität und Heterosexualität in Differenz bzw. in ein hierarchisches Verhältnis zueinander gesetzt. Als Männlichkeit lässt sich mit Robert W. Connell (2006: 91) »eine Position im Geschlechterverhältnis [bezeichnen]; Praktiken, durch die Männer und Frauen diese Position einnehmen, und die Auswirkungen dieser Praktiken auf die körperliche Erfahrung, auf Persönlichkeit und Kultur.« Ein Verschieben oder Durchbrechen des heteronormativen Systems der Zweigeschlechtlichkeit, nach dem in dieser Analyse gefragt wird, zielt sowohl auf eine Denaturalisierung und Entselbstverständlichung der Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit wie auf »die Entkoppelung der Kategorien des Geschlechts und der Sexualität, die Destabilisierung des Binarismus von Hetero- und Homosexualität […]« (Kraß 2003: 18). Den nun folgenden Ausführungen liegt eine Analyse der ersten Staffel der amerikanisch-kanadischen Serie »Queer as Folk« (2000) mit insgesamt 22 Folgen zugrunde. Bei dieser Version von »Queer as Folk« handelt es sich um eine Adaption der gleichnamigen britischen Serie von Russel T. Davies, die auf Channel- 4 erstmals 1999 ausgestrahlt wurde. Die amerikanisch-kanadische Version wurde von Ron Cowen und Daniel Lipman für den Pay-TV-Sender Showtime zwischen 2000 und 2005 produziert. Die Erstausstrahlung fand auf Showtime ab Dezember 2000 statt. Die Serie besteht aus 5 Staffeln mit 83 Folgen, welche im deutschsprachigen Raum 2006 erstmals von ProSieben gezeigt wurde. <?page no="165"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 166 Da sich die Untersuchung für Visualisierungen von geschlechtlichen und sexuellen Körpern interessiert, werden vor allem die Beobachtungskategorien Figuren sowie Ästhetik und Gestaltung berücksichtigt. Nur am Rande wird auf Inhalte, narrative und dramaturgische Aspekte sowie auf die Kontexte (Genre etc.) eingegangen. Damit ist nicht gemeint, dass diese Aspekte keinen Einfluss auf die Körperkonstruktionen haben. Sie werden hier aus forschungsökonomischen Gründen nachgeordnet. Im Folgenden geht es nicht darum, ›das‹ Geschlechterbild der Serie »Queer as Folk« darzustellen. Genauso wenig wird eine geschlossene Analyse der Serie vorgelegt, um eine kohärente ›Botschaft‹ auszumachen. Vielmehr wird anhand einiger Beispiele aufgezeigt, wie im Fernsehen bzw. in einer Fernsehserie Bilder von geschlechtlichen und sexualisierten Körpern konstruiert und inszeniert werden. Bewegte Bilder von geschlechtlichen und sexualisierten Körpern Im ersten Schritt wird der Blick darauf gewendet, wie die männlichen Figuren und ihre Körper in der Serie in Szene gesetzt werden. In »Queer as Folk« kommen unterschiedliche Charaktere vor, die mit einer Vielzahl personaler Eigenschaften ausgestattet sind. Sie werden hier lediglich verkürzt dargestellt. Brian Kinney, ein erfolgreicher Werbefachmann, wird als attraktiver Playboy und Macho eingeführt. Michael Novotny ist der nette Schwule von nebenan, ein leidenschaftlicher Comic- Fan, der in einem Supermarkt arbeitet und eigentlich nicht erwachsen werden will. Emmett Honeycutt gibt die ›Tunte‹ der Serie, ein schriller, extrovertierter und zugleich freundschaftlicher Typ, der in einer Modeboutique arbeitet. Ted Schmidt ist Buchhalter und an Kunst und Kultur interessiert, er erscheint als etwas langweiliger Durchschnittstyp. Die Figuren leben im zeitgenössischen Pittsburgh und sind alle um die 30 Jahre alt. Hinzu kommt der hübsche Highschool-Schüler Justin Taylor, der erst 17 Jahre alt ist und sich in Brian verliebt. An der Figur wird das Thema ›Coming-out‹ thematisiert. Lindsay Peterson ist eine alte Freundin von Brian. Sie lebt mit ihrer Freundin Melanie Marcus, einer Rechtsanwältin, in einer monogamen Zweierbeziehung. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn, dessen Vater Brian ist. Bei den schwulen Hauptfiguren, die im Zentrum der Analyse stehen, handelt es sich um attraktive, der gängigen Schönheitsnorm entsprechende Männer. Sie haben weiße, junge, schlanke und gesunde Körper, die weitestgehend makellos erscheinen und insgesamt stark, machtvoll und dynamisch ins Bild gesetzt sind. Dass den Körpern in der Serie eine wichtige Rolle zukommt, zeigt sich auch daran, dass einer der zentralen Handlungsorte ein Fitnessstudio ist, in dem die männlichen Haupt- und Nebenfiguren ihre sonnengebräunten und glatt rasierten Körper trainieren. Training und Durchhaltevermögen machen die Körper zu geeigneten Repräsentanten <?page no="166"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 167 von Männlichkeit. Bezogen auf die Körperkonstruktionen findet eine starke Normierung im Jugend- und Schönheitskult der schwulen Serien-Community statt. Besonders Brian ist in seinem äußeren Erscheinungsbild und seiner Art des Fühlens und Handelns konventionell männlich. Er erscheint stark, unabhängig und handlungsfähig und verkörpert wie kein anderer in der Serie traditionelle Männlichkeitsideale. Brian ist zu Beginn der Serie 29 Jahre alt und ein gut verdienender Werbeprofi. Seinen beruflichen Erfolg stellt er über Leistung und Konkurrenz her. Beruflich wie privat gibt er sich immer kämpferisch. Gemeinsam mit Lindsay hat er einen Sohn (also auch hier wieder ein Verweis auf seine Potenz und Männlichkeit). Seine Sexpartner findet Brian überall: in den Clubs, im Berufs- oder Alltagsleben. Die Verbindung von Männlichkeit und sexueller Potenz mündet bei ihm in einer Art Hypervirilität: Er ist nicht nur machtvoll, wohlhabend, attraktiv, jung und zudem finanziell und sozial privilegiert; er hat vor allem viel Sex mit verschiedenen, häufig wechselnden Partnern. Er betont fortdauernd, nur an Sex und nicht an einer Beziehung interessiert zu sein. Brian weist Liebe, Intimität und enge Zweierbeziehungen zurück, hat öffentlichen und anonymen Sex: sei es in der Schwulensauna, im Darkroom oder in seinem Büro. Seine sexuellen Beziehungen, Praxen und Vorlieben sind hierarchisch, nicht gegenseitig organisiert. Dagegen entspricht z. B. Emmett auf der Ebene der äußerlichen Erscheinung und seines Verhaltens nicht voll der Heteromännlichkeit. Zwar ist sein Körper durchaus männlich inszeniert: Er ist sehr groß, hat einen muskulösen und trainierten Körper, für den er sich im Fitnessstudio quält. Aber sein Auftreten und seine Verhaltensweisen lassen sich in einigen Einstellungen und Sequenzen als ›feminisiert‹ charakterisieren. Er trägt schrille und extravagante Kleidung, arbeitet in einer Modeboutique und interessiert sich insgesamt stark für Styling (also primär weiblich konnotierte Themen). Emmett wird in »Queer as Folk« als effeminierter Mann inszeniert, er ist die komische Tunte in einer sonst männlichen Welt. Durchweg männlich treten wiederum die Nebenfiguren auf, auf deren Körper sich das sexuelle Begehren der Hauptfiguren richtet. Bereits in der Eingangssequenz sehen wir eine Kamerafahrt durch den Schwulenclub Babylon, einen weiteren Handlungsort der Serie. Dabei werden gut aussehende junge Männer gezeigt, die auf der Tanzfläche oder auf Go-go-Plattformen tanzen. Sie präsentieren ihre trainierten, glatt rasierten, jungen und muskulösen Körper fast nackt oder in eng anliegende T-Shirts, Netzhemden oder Westen. Es sind diese muskulösen, durchtrainierten und jungen Männerkörper, auf die sich das (sexuelle) Begehren der männlichen Hauptfiguren richtet. Die so ins Bild gesetzten Männerkörper werden in »Queer as Folk« offensichtlich zur Schau gestellt und beim Tanzen, beim Sex oder beim Striptease erotisiert und sexualisiert. Die männlichen Neben- und Hauptfiguren treten als erotische Objekte für die Charaktere im Film und als Blickobjekte für die Zuschauenden auf. Hier <?page no="167"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 168 lässt sich argumentieren, dass die Serie damit auf den ersten Blick den konventionellen medialen Strategien der Inszenierung von Männerkörpern zuwiderläuft. Wie die feministische Filmtheorie herausgestellt hat, ist dieses exzessive Zurschaustellen und Angesehenwerden eine klassische feminisierte Position (siehe auch Kapitel-2). Es stellt sich die Frage, wie die Serie mit der potenziellen Verweiblichung der Figuren umgeht, die durch diese Positionierung als Blickobjekt entsteht. Ein erster Anhaltspunkt lässt sich einer frühen Studie von Richard Dyer (1986) entnehmen. Bezogen auf Visualisierungen männlicher Pin-ups in Printmagazinen hat er festgestellt, dass in Bildern, in denen Männer zu Blickobjekten werden, jeder Anteil an Passivität verleugnet wird. In einer heteronormativen Logik ist ein Mann, der passiv ruht, ein Widerspruch in sich. Dyer nennt verschiedene Strategien, mittels derer Aktivität in die Bilder gebracht wird: zum Beispiel durch Arbeits- und Sporthaltungen, aber auch durch die Betonung von Muskeln, die seiner Ansicht nach auf vorausgegangene Aktivitäten verweisen. Dyers Ausführungen beziehen sich auf Printerzeugnisse und damit auf statische Bilder. Bezogen auf Fernsehserien gilt es auch die spezifischen filmischen Codes zu beachten: etwa Kameraarbeit, Schnitt und Montage. Bereits der Trailer von »Queer as Folk« macht deutlich: Wenn die Körper der Figuren in den Vordergrund rücken, dann sind nicht nur die Männerkörper in Bewegung, sondern auch die stilistischen Mittel (vgl. Abbildung-8.1, drei Filmstills). <?page no="168"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 169 Abb. 8.1: Filmstills aus dem Trailer von »Queer as Folk« (Staffel 1) <?page no="169"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 170 Die Bilder der Männerkörper sind durch eine nahezu exzessive Dynamik gekennzeichnet und nicht als flächiges Bild eingefroren, wie dies die feministische Filmtheorie im Anschluss an Laura Mulvey (1980) für weibliche Körper beschrieben hat. Der Akt des Betrachtens wird bei den vielen Tanzszenen in den Clubs kaum durch längere Großaufnahmen unterstützt (eine passive Position). Ganz im Gegenteil: Wenn die männlichen Körper beim Tanzen ausgestellt werden, dann verbindet sich stroboskopisches Licht, pulsierende Musik, schnelle Schnitte zu einer Form, die einem intensiven Betrachten, einer besonderen Konzentration auf den männlichen Körper entgegenarbeitet (vgl. Abbildung-8.2). Sexuelle Praxen ins Bild gesetzt Betrachtet man die Männerkörper im Zusammenhang mit sexuellen Praktiken, dann fällt auf, dass in »Queer as Folk« die Heterosexualität nicht die unhinterfragte Norm ist, sondern heterosexuelle Orientierungen und Praxen die Ausnahme im visuellen und narrativen Geschehen der Serie darstellen (vgl. Creeber 2004: 132). In diesem Sinne gelingt es der Serie durchaus, heteronormative Erzählstrukturen von TV-Serien, in denen Homosexualität immer nur die Ausnahme von der Regel darstellt, zu verkehren. In der Eingangssequenz der ersten Folge »Alle neun Sekunden« ist die Stimme von Michael als Voice-over, also als Sprecher aus dem Off, zu hören. Er bereitet das Publikum in der Exposition auf auditiver Ebene auf das vor, um was es in der Serie gehen wird: »Eins müsst ihr wissen: Es dreht sich alles um Sex. Das ist wahr. Es heißt, Männer denken alle 28 Sekunden an Sex. Jedenfalls Heteros. Schwule Männer alle 9 Sekunden. Egal, ob du im Supermarkt bist oder im Waschsalon oder ob du dir gerade ein scharfes Hemd kaufst. Plötzlich läuft dir ein supergeiler Typ vor die Flinte. Geiler als der, den du letzte Woche gesehen hast oder der, den du letzte Nacht abgeschleppt hast. Und deshalb sind wir alle morgens um 1 Uhr im Babylon und nicht zu Hause im Bett. Aber wer möchte schon zu Hause im Bett sein? Und dann auch noch allein? Wenn du hier sein kannst, wo dir jede Sekunde vielleicht er über den Weg läuft. Der schönste Mann, der je auf Erden gewandelt ist. Das heißt, bis morgen Abend.« In »Queer as Folk« wird aber nicht nur offen über Homosexualität gesprochen, sondern diese auch visuell in Szene gesetzt. Bereits in der Pilotfolge werden sexuelle Praxen zwischen Männern gezeigt, welche die heteronormative Ordnung irritieren: etwa Oral- und Analsex, Gruppensex oder Sex an öffentlichen Orten zwischen Männern. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass lange Zeit in TV-Serien ein <?page no="170"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 171 Abb. 8.2: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 1: Alle neun Sekunden <?page no="171"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 172 Visualisierungsverbot bezogen auf schwule und lesbische Sexpraktiken bestand oder allenfalls Minimaldarstellungen - wie etwa Küsse - zu sehen waren. Bei diesen für eine Dramaserie ›ungewöhnlichen‹ Sexszenen fällt auf, dass das Publikum aufgrund der Ausleuchtung bzw. der Lichtgestaltung, der Kameraführung und der abrupten Schnitte mehr darauf angewiesen ist zu erahnen, was dort während der Sexszenen passiert, als dass dies auf dem Bildschirm zu sehen ist. Wie David Bordwell (2001: 173-f.) anlehnend an den Hollywood-Kino-Kameramann Vilmos Zsigmond ausführt, muss bei schnellen Schnitten die Beleuchtung und die Komposition des Bildes sehr gut sein, damit die Zuschauenden überhaupt etwas sehen können. Zerstückelnde Schnitte, Neonlicht und Lasereffekte werden in »Queer as Folk« bewusst störend eingesetzt. Im Zusammenspiel mit der beschränkten Bildschirmgröße des Fernsehers erlauben die formalästhetischen Verfahren nur ein flüchtiges Zuschauen, das einem konzentrierten Anschauen der männlichen Körper beim Sex entgegenarbeitet. Egal ob das Publikum Michael in einer Liebesbeziehung mit Ben beim Sex beobachtet oder Brian bei einem seiner sexuellen Abenteuer: Es fällt auf, dass sich bei den Sexszenen das Tempo der filmischen Erzählung massiv erhöht: rasant geschnittene Bilder, viele Schwenks, unmotivierte Zooms, viele Kamerabewegungen und -fahrten, rasche Bildveränderungen oder auffällige Bildsprünge sind hier einige Beispiele. Da in der Serie nicht nur schwule Charaktere, sondern auch zwei lesbische Hauptfiguren vorkommen, bietet es sich an, nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der formalästhetischen Gestaltung der Sexszenen zu fragen. Jenseits einer quantifizierenden Logik zeigen sich hierbei Unterschiede in der Art und Weise, in der männliche und weibliche Körper beim Sex zu sehen sind. Im Sinne einer maximalen Kontrastierung soll im Folgenden anhand von zwei Beispielen das beschriebene ›Mehr‹ an Bewegung der männlichen Körper bezogen auf die Bildgestaltung und die formalästhetischen Verfahren beschrieben werden. In der ersten Sequenz von Folge-22 »Der letzte Tanz« ist Brian beim Sex mit zwei weiteren Männern zu sehen. Die Szene ist in blaues Licht getaucht, was eine kalte und harte Stimmung erzeugt und zugleich Brians Einstellung zu Sexualität charakterisiert (vgl. Abbildung-8.3). <?page no="172"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 173 Abb. 8.3: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 22: Der letzte Tanz <?page no="173"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 174 Der Low-Key-Stil der Lichtgestaltung, in dem dunkle Farbtöne vorherrschen, betont in der Bildkomposition die Schatten und lässt vieles unbeleuchtet. Es finden sich exzessive, unmotivierte Bewegungen der Kamera. Die Szene ist sehr schnell geschnitten, zugleich wird das Bild immer wieder für einen ganz kurzen Moment abrupt angehalten. Während der Sexszene telefonieren sechs Freunde von Brian in einer Konferenzschaltung miteinander. Hierbei wird keine klassische Parallelmontage verwendet, bei der wiederholt zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin- und hergeschnitten wird, um die Handlungsstränge miteinander zu verbinden. Vielmehr werden Split-Screens eingesetzt, die über die Sexszene gelegt werden (vgl. Abbildung-8.3). Die Zuschauenden sehen sozusagen eine Art Hintergrundbild mit Brian und seinen Sexpartnern, über die verschiedene, bunt gestaltete Screens bzw. Bilder mit den Gesichtern der telefonierenden Freunde gelegt sind. Solche formalästhetischen Verfahren, die zum Beispiel aus Actionserien oder Videoclips bekannt sind, bringen nicht nur Beschleunigung in die Bilder bzw. ihre Handlungen. Hier wird auch die Präsenz der Körper beziehungsweise der sexuellen Praktiken durch die Bilder überlagert. Sie lenken den Blick stärker auf die Medialität als auf die dargestellten Männerkörper. Oder anders gesagt: Die ausgestellten männlichen Körper beim Sex werden durch die Ausstellung der Spur des Mediums durchkreuzt. Bezogen auf die formalästhetische Gestaltung finden sich deutliche Unterschiede zu den Bildern der beiden lesbischen Figuren. Melanie und Lindsay sind zwei attraktive, erotische und ästhetisierte lesbische Frauen, die in der Serie durchaus als sexuell handlungsfähig erscheinen. In Folge-9 »Sonny Boy« haben Melanie und Lindsay in ihrem häuslichen Schlafzimmer miteinander Sex. Die Szene ist rot ausgeleuchtet und vermittelt ein romantisches Ambiente (vgl. Abbildung-8.4). Die Bildgestaltung ist im Vergleich zu den männlichen Körperinszenierungen insgesamt ruhiger. Die Sequenz ist langsamer geschnitten, die Kamera ruht häufiger und länger auf den nackten Körpern, es finden sich weniger Schwenks und Schnitte. Zudem lenken die längeren Nahaufnahmen und Halbtotalen die Aufmerksamkeit der Zuschauenden auf bestimmte Körperzonen. In der Sequenz wird die Feminität der Figuren hervorgehoben: Das warme Licht, das glänzende Material des Pyjamas und der Bettwäsche bewirken einen besonders weichgezeichneten Eindruck. Solche Bilder knüpfen an die ikonografische Tradition hochkultureller Erotikdarstellungen an, hochgradig heteronormative Bilder von üppig mit Textil ausgestatteten Räumen, in denen Frauen auf Polstermöbeln liegen (vgl. Nierhaus 1999: 121-f.). Sie Sexszene folgt somit einer bekannten heteronormativen erotischen Dramaturgie. Die Sexszenen zwischen den Frauen sind zudem mit anderer Musik unterlegt: langsamer und ruhiger als bei den männlichen Sexszenen, bei denen sich meist elektronische Beats, harte Rhythmen und treibende Musik finden. Den lesbischen Frauen wird in »Queer as Folk« also wie den schwulen Männern ein Recht auf ein aktives sexuelles Begehren zugestanden. Eine dualistische Anord- <?page no="174"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 175 nung in passive weibliche Figuren und aktive männliche Figuren ist in der Serie aufgebrochen. Die Begehrensrepräsentationen sind nicht entlang von binären Oppositionen einer aktiven männlichen Sexualität und einer passiven weiblichen Sexualität inszeniert. Hier findet dennoch eine Differenzproduktion statt, und zwar in einer Form, die eine Seite der Differenz (hier die schwulen Männer) mit mehr Macht und Souveränität auflädt (vgl. Schaffer 2008: 70-f., 92-ff.). So ist die männliche Sexualität aktiver, dynamischer und machtvoller in Szene gesetzt. Die Sexualität der männlichen Figuren ist handlungsfähiger und selbstbestimmter, sie verfü- Abb. 8.4: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 9: Sonny Boy <?page no="175"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 176 gen über ein viel breiteres sexuelles Verhaltensrepertoire als die weiblichen Figuren. Bei den lesbischen Frauen stehen soziale und zwischenmenschliche Angelegenheiten im Mittelpunkt der Sexgeschichten, sie handeln vor allem in Bezug auf romantische Liebesvorstellungen und auf Familienbildung. Während bei den männlichen Figuren der Blick der Zuschauenden auf den Körper möglichst verstellt und verunmöglicht wird, werden die weiblichen Körper durch die Kameraarbeit und die ästhetische Gestaltung als begehrliche Objekte ausgestellt. Damit dienen die ›weiblichen‹ Sexrepräsentationen gleichzeitig als eine Art Kontrastfolie für die potenten und machtvollen schwulen Sexinszenierungen. Deutlich wird, dass die Repräsentationen das System der Zweigeschlechtlichkeit nicht unterlaufen, sondern reproduzieren. Hier zeigt sich also, wie in medialen Diskursen Männlichkeiten in Abgrenzung zu Weiblichkeiten hergestellt werden. Abschließende Thesen zu »Queer as Folk« Eine Serie wie »Queer as Folk« zeigt, dass sexuelle und geschlechtliche Normen Veränderungen und Kämpfen unterworfen sind. In der Analyse geht es nicht allein darum, was dargestellt wird, sondern wie etwas dargestellt wird. Um Geschlechterbilder im Fernsehen - oder allgemeiner bewegte Bilder - analysieren zu können, gilt es, auch die formalästhetischen Mittel wie Kamera, Licht etc. in die Analyse einzubeziehen. Vor dem Hintergrund der vorgestellten Analyse sollen abschließend einige Thesen zu den Bildern von Männlichkeit und Sexualität in »Queer as Folk« formuliert werden: • Die männlichen Haupt- und Nebenfiguren in »Queer as Folk« werden sehr männlich visualisiert. Das heißt, während schwule Männer in medialen und kulturellen Diskursen lange Zeit und auch heute noch effeminiert und dadurch abgewertet werden, findet in »Queer as Folk« eine stärkere Hinwendung zu einer ›schwulen Vermännlichung‹ statt. Die Betonung männlicher Attribute bewegt sich im Spannungsfeld einer Umdeutung des homophoben Stereotyps des verweiblichten Schwulen und einer Komplizenschaft mit patriarchalen Geschlechterverhältnissen (vgl. Woltersdorff 2007: 114-f.). Die schwulen Figuren werden hinsichtlich ihres Körpers, ihres Verhaltens, ihrer Sexualität maskulinisiert. Um den Preis, damit traditionelle Männlichkeitsbilder zu idealisieren und Weiblichkeiten abzuwerten. • Emmett stellt hinsichtlich der Maskulinisierung eine Ausnahme dar. Er wird als effeminierter Mann repräsentiert (durch sein Verhalten, sein ›tuntiges Geplauder‹, sein Interesse an Mode und schrillen Outfits etc.). Dadurch erfüllt er in der Serie die Funktion eines komischen Spektakels. <?page no="176"?> Fernsehanalyse von »Queer as Folk« 177 • In »Queer as Folk« wird die sexuelle Orientierung bzw. das Begehren ausschließlich durch den möglichst eindeutigen männlichen Geschlechterkörper des begehrten Objekts bestimmt. Auf sexueller Ebene begehren die schwulen Figuren ausschließlich männliche Körper, die weiblichen Figuren ausschließlich verweiblichte Frauen. Dadurch wird die Annahme von zwei sauber voneinander getrennten Geschlechtern (re)produziert. Nichteindeutige Körper und Lebensweisen - wie Transgender, Transsexualität, Intersexualität - werden ausgeschlossen. • Die männlichen Körper wie auch die formalästhetischen Verfahren sind in »Queer as Folk« durch Qualitäten wie Aktivität, Ruhe- und Rastlosigkeit sowie Beschleunigung gekennzeichnet. Wenn Männerkörper zum Blickobjekt werden, findet sich ein schneller Schnittrhythmus, treibende und harte Musik, ostentative Schnitte, abrupte Reißschwenks, Zooms und ziellos wirkende Kamerabewegungen. Einem intensiven Betrachten, einer besonderen Konzentration auf den Körper wird entgegenarbeitet. So verhindert die filmische Erzählung eine Feminisierung des Mannes als Blickobjekt. • Männliche Sexualität wird in Differenz und Hierarchie zu weiblicher Sexualität thematisiert und ins Bild gesetzt. Die weiblichen Figuren handeln und agieren durchaus als sexuelle Subjekte, sie werden aber durch formalästhetische Verfahren als begehrliche Objekte ausgestellt. • Die Serie macht erkennbar, dass akzeptierte oder zumindest akzeptable Möglichkeiten der Sichtbarmachung von Sexualität mit Vorstellungen von Heteronormativität und Geschlecht zusammenhängen. • Die Serie bietet bezogen auf Sexualität und männliche Körperinszenierungen durchaus Tabubrüche und gewisse Irritationen an. Genannt sei insbesondere: die explizite Visualisierung von nicht normativen sexuellen Praxen, promiskuitive und kurzfristige Beziehungen zwischen Männern und die Inszenierung von männlichen Figuren als erotische Blickobjekte. Durch die spezifische Art und Weise der ästhetischen Gestaltung liefert die Serie aber keine dekonstruktive Perspektive auf das heteronormative System der Zweigeschlechtlichkeit. Körper, Geschlecht und Sexualität werden an die Zweigeschlechtlichkeit zurückgebunden. Trotz Kritik an heterosexuellen Normen (etwa Paarbildungszwang, traditionelle Familienverhältnisse und dem Liebesmythos) wird zugleich immer wieder die Hetero/ Homo-Dichotomie reproduziert. Die Serie beruht auf der Logik der Verwerfung und Zurückweisung eines heterosexuellen Anderen. Die verschwimmenden Grenzen zwischen Homosexualität und Heterosexualität werden verleugnet und verdecken, dass sexuelles Begehren und Identitäten mehrdimensional und veränderlich sind. <?page no="177"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 178 Übungsaufgaben • Analysieren Sie anhand weiterer Sequenzen aus »Queer as Folk« die oben aufgeworfenen Thesen. • Untersuchen Sie anhand weiterer Beobachtungskategorien der Film- und Fernsehanalyse, wie Männlichkeit und/ oder Sexualität in »Queer as Folk« dargestellt wird. • Welche weiteren Filme und Fernsehserien thematisieren das Thema Homosexualität? Wie werden darin geschlechtliche und sexuelle Männerkörper und/ oder Frauenkörper visualisiert? <?page no="178"?> 179 9 »Du bist ja doch irgendwie Ausländer«: Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen In diesem Kapitel steht die Rezeption von Medientexten im Mittelpunkt. In den Gender Media Studies wird wie in den Cultural Studies davon ausgegangen, dass Medientexte keine manifeste, unveränderliche Bedeutung haben, die dann auf das Publikum einwirkt. Vielmehr wird der aktive Prozess der Rezeption als eine Form der Bedeutungsproduktion verstanden, bei dem Lesende je nach eigenem sozialen und kulturellen Kontext unterschiedliche Lesarten und Interpretationen entwickeln. Diese vielfältigen Prozesse des Lesens und die ihnen innewohnenden Geschlechterkonstruktionen sichtbar zu machen, ist ein wesentliches Anliegen der Rezeptionsforschung in den Gender Media Studies. Dabei erscheint im Sinne intersektionaler Forschung das Geschlecht relevant in Verbindung mit anderen Formen der sozialen Differenzierung. Am Beispiel der Rezeption von Medienbildern ›der Anderen‹ wird der Ertrag von Rezeptionsanalysen offenbar. Wie werden Bilder und Texte über das Leben von Migrantinnen wahrgenommen? In welcher Weise werden sie relevant für Prozesse der Identitätskonstruktion? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt. Dargestellt und analysiert wird, wie sich mittels Gruppendiskussionen unterschiedliche Lesarten von Medientexten über Migrantinnen identifizieren lassen. Deutlich werden dabei methodische Herausforderungen hinsichtlich der Verzahnung von Geschlecht und Ethnizität als Differenzkategorien im Medienhandeln. Das Forschungsfeld ›Medien und Migration‹ wird einführend knapp dargestellt. Methodische, praktische und theoretisch-konzeptionelle Erörterungen zur Rezeptionsanalyse bilden den Kern. Zum Schluss regen Übungsaufgaben zum eigenständigen Arbeiten an. Medienbilder ›der Anderen‹ In der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft hat das Themenfeld Medien und Migration seit den 1990er-Jahren immens an Bedeutung gewonnen. Die Berichterstattung über Migrantinnen und Migranten, ihr Medienhandeln sowie die Frage ihrer Teilhabe an Medienprofessionen (insbesondere dem Journalismus) ist verstärkt bearbeitet worden (vgl. als bibliografischen Überblick: Müller 2005a). Der normative Kontext des Forschungsfeldes wird bereits oftmals in den Titeln der Publikationen erkennbar: Die Ermöglichung der »interkulturelle(n) mediale(n) In- <?page no="179"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 180 tegration« (Geißler/ Pöttker 2006) wird als Ziel angestrebt. Medien übernehmen danach eine gesellschaftliche Funktion zur Integration von Migrantinnen und Migranten. In den Mediennutzungsstudien schwingt diese normative Perspektive mit, wenn die Formen des Mediengebrauchs der migrantischen Bevölkerung als Ausdruck gelungener oder weniger gelungener Integration betrachtet werden. Neben dieser Forschungsperspektive sind aktuell Arbeiten entstanden, die das mediale Handeln von MigrantInnen als originäre kulturelle Artikulation betrachten und nach deren Identitäten, die mit und durch Medien ausgedrückt werden, fragen (vgl. Hepp/ Bozdag/ Suna 2011). Diverse Analysen konstatieren bei Medienangeboten eine übermäßig negative Berichterstattung (als Forschungsüberblick Müller 2005b). In Diskursanalysen konnte ermittelt werden, in welchem Maße der Zusammenhang von ›Kriminalität und Ausländern‹ durch die deutsche Presse diskursiv hergestellt wird (vgl. Jäger et-al. 1998, Jäger 2000). Neben dem Zusammenhang mit Straftaten wird verstärkt die finanzielle Belastung für den deutschen Staat durch Einwanderung thematisiert. Im Vergleich zur Analyse von Printmedien liegen nur wenige Forschungsergebnisse zur Fernsehberichterstattung vor. Dabei liegt der Fokus ganz auf informationsorientierten Angeboten wie Nachrichten und Magazinbeiträgen. In der Regionalberichterstattung des WDR können Krüger und Simon (2005) dabei in nennenswertem Umfang Migranten als »Normalbürger« identifizieren. Normabweichung spiele dort nur eine untergeordnete Rolle. Aus der Perspektive der Gender Media Studies bleiben diese Befunde unbefriedigend. Geschlecht als strukturierende Dimension der Berichterstattung findet darin keine Berücksichtigung. ›Der kriminelle Ausländer‹ als negatives Stereotyp der Berichterstattung ist implizit eine männliche Figur, ohne dass dies in den Medienanalysen expliziert würde. Daneben existieren nur wenige geschlechtsdifferenzierend angelegte Studien (zum Überblick Lünenborg/ Fritsche/ Bach 2011: 28- ff.). Deshalb wurden zwei Projekte realisiert, in denen die Berichterstattung über Migrantinnen und damit die intersektionale Verzahnung von Geschlecht und Ethnizität im Mittelpunkt stand (vgl. Lünenborg/ Fritsche/ Bach 2011, Lünenborg/ Konrad/ Linke 2013 i.-V.). Die Befunde zeigen, dass dem implizit männlichen Stereotyp des ›kriminellen Ausländers‹ das weibliche Stereotyp des ›Opfers‹ entgegensteht. In der Zeitungsberichterstattung tritt diese Rolle am häufigsten auf, bei der Frauen als Zwangsprostituierte, Bedrohte von ›Ehrenmord‹ oder Opfer sexuellen Missbrauchs dargestellt werden. Eine alltagsbezogene Darstellung von Migrantinnen findet sich am häufigsten in der Lokalberichterstattung. Demgegenüber greift die Politikberichterstattung am intensivsten auf stereotype Opferdarstellungen zurück, in denen Frauen nicht als handelnde Subjekte erkennbar sind. Hier lassen sich besonders deutlich jene Mechanismen nachzeichnen, die Elfriede Fürsich (2010) als Prozesse des »Othering« beschrieben hat. Die Markierung von Differenz in der Bericht- <?page no="180"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 181 erstattung über ›die Anderen‹ diene insbesondere zur Konstituierung der ›eigenen‹ Identität, so ihr kritisches Fazit. Wird in der Berichterstattung der Tageszeitungen insbesondere ein Mangel an alltagsweltlichen Darstellungen von Migrantinnen beklagt, so zeigt die Analyse von Fernsehangeboten ein anderes Bild. Durch die Einbeziehung von fiktionalen und unterhaltenden Fernsehformaten tauchen Migrantinnen häufiger auf und sind insbesondere jenseits konflikthafter Thematisierungen zu ›Ausländerproblemen‹ oder ›Integrationshindernissen‹ präsent. In einer Fernsehstichprobe aus dem Monat März 2010 erweist sich das Format »Germany’s next Topmodel« neben »Cosmo TV«, dem expliziten Migranten-Format des WDR, als Fernsehangebot mit den meisten Migrantinnen (vgl. Lünenborg/ Konrad/ Linke 2013 i.-V.). In einer qualitativen Fernsehanalyse (ebd.: 53-ff.) wurden die Formen der medialen Repräsentation von Geschlecht und Ethnizität in diesem Format intensiver untersucht. Ausgehend von der Annahme, dass Formen der medialen Repräsentation von MigrantInnen bedeutsam sind für Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe, erscheint die Art und Weise bedeutsam, in der sich das zeigt. Im Kapitel 3 wurde mit dem Konzept von Cultural Citizenship genau diese Dimension der Teilhabe an den symbolischen Ressourcen der Gesellschaft eingeführt. Die Kulturwissenschaftlerin Gabriele Dietze (2008, 2011) hat an anderer Stelle Überlegungen zur Repräsentation migrantischer Lebenswelten im deutschen Fernsehen formuliert. Sie identifiziert die Castingshow »Deutschland sucht den Superstar«, bei der ebenfalls zahlreiche migrantische Kandidaten erfolgreich teilnehmen, als Angebot zur »emotionalen Beheimatung« und spricht dabei von »emotional citizenship« (Dietze 2011: 171). Ob eine kulturelle oder emotionale Teilhabe besteht, lässt sich nicht allein auf der Grundlage der Medientexte beantworten. Sie umfasst Prozesse der Interpretation und Aneignung von Medientexten, die empirisch in den Bereich der Publikumsforschung fallen. Im Folgenden steht deshalb im Mittelpunkt, wie die Nutzung und Rezeption von Medientexten im Kontext der Gender Media Studies bearbeitet werden können. 6 Besondere Berücksichtigung findet hier die Verbindung von Geschlecht mit anderen Dimensionen sozialer und kultureller Ungleichheit. So steht das Verhältnis von Geschlecht und Ethnizität im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. 6 Dabei wird zurückgegriffen auf die Rezeptionsstudien in den zwei genannten Forschungsprojekten (Lünenborg/ Fritsche/ Bach 2011 zur Rezeption von Tageszeitungen, Lünenborg/ Konrad/ Linke 2013 i.-V. zur Rezeption von Fernsehangeboten). Durchgeführt wurden die Gruppendiskussionen von Katharina Fritsche (Tageszeitungen) sowie Christine Linke (Fernsehen). <?page no="181"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 182 Lesarten ›der Anderen‹ erforschen Spielt für junge Migrantinnen das Auftreten nicht deutscher Kandidatinnen in der Castingshow »Germany’s next Topmodel« eine Rolle? Bieten diese Protagonistinnen den Zuschauerinnen mit Migrationshintergrund Potenziale zur positiven Identifikation? Welche Bedeutung messen sie selbst Medienbildern und Mediendiskursen bei? Solche Fragen werden im alltäglichen Rezeptionshandeln als innere Diskurse verhandelt. Jede und jeder fällt während der Lektüre eines Artikels, während des Betrachtens eines Films vielfältige Urteile: Urteile über die inhaltliche und ästhetische Qualität des Medientextes und solche über die Referenz des Medientextes zur sozialen Realität. Indem man eine Szene als authentisch, stimmig, unglaubwürdig oder unrealistisch bewertet, positioniert man den rezipierten Text zu den eigenen Konstruktionen sozialer Realität. Um sich diesen inneren Diskursen annähern zu können, bedarf es reaktiver Formen der Rezeptionsforschung. Je nach Erkenntnisinteresse können dies auf das Individuum zentrierte Formen sein (Tiefeninterview, Medientagebuch) oder solche, die auf die diskursiven Artikulationen innerhalb einer Gruppe abzielen. Gruppendiskussion als Erhebungsinstrument Bei Fokusgruppengesprächen steht die Verständigung innerhalb einer Gruppe im Mittelpunkt (vgl. Schäfer 2005, Lamnek 2005). Dies hat den Vorteil, dass in Gesprächsrunden innere Bewertungs- und Entscheidungsprozesse artikuliert werden, die oftmals den Befragten selbstverständlich erscheinen und von ihnen kaum als bewusste Entscheidungen wahrgenommen werden. Sozial verankerte Aneignungsmuster werden somit im sozialen Kontext der Gruppe artikuliert. Dabei prägt die Zusammensetzung und Gesprächsführung der Gruppe stark die artikulierten (und auch die nicht gesagten) Eindrücke, Empfindungen und Bewertungen. Die Aussagen sind also stets im Kontext der Gruppeninteraktion zu interpretieren und dürfen nicht als Sammlung von Individuen betrachtet werden. Eine Gruppendiskussion mit sieben Teilnehmerinnen entspricht keineswegs sieben Einzelinterviews; sie bringt zugleich Artikulationen, Positionierungen und Argumentationen zutage, die unter Umständen in einer entsprechenden Anzahl von Einzelinterviews nicht expliziert worden wären. Qualitative Forschung zielt grundsätzlich nicht auf Repräsentativität in einem statistischen Sinne ab. Entsprechend werden Anzahl und Zusammensetzung der Gruppen nicht mathematisch hergeleitet, gleichwohl sind die für das Erkenntnisinteresse relevanten Dimensionen und Differenzen zu berücksichtigen: Geschlecht, Ethnizität/ Herkunft und Bildungshintergrund werden hier als bedeutsam gesetzt <?page no="182"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 183 und sind bei der Zusammensetzung der Gruppen zu berücksichtigen. Grundsätzlich lässt sich dabei unterscheiden zwischen Diskussionen in natürlichen oder künstlichen Gruppen. Die Wahl natürlicher Gruppen hat den Vorteil, in der Regel schnell in lebendige Diskussionsprozesse einsteigen zu können, da die Teilnehmenden miteinander vertraut sind. Als Nachteil lässt sich konstatieren, dass in der Diskussion unter Umständen die soziale Binnendynamik der Gruppe reproduziert wird. Dem lässt sich in gewissem Maße durch die Moderation gegensteuern. Daneben lässt sich unterscheiden zwischen homogen und heterogen strukturierten Gruppen - stets mit Blick auf den thematischen Kontext der Untersuchung. Bei diesem Thema lassen sich reine Migrantengruppen und rein herkunftsdeutsche Gruppen bilden; gleichermaßen lassen sich reine Frauen-, reine Männer-, gemischt- oder mehrgeschlechtliche Gesprächsrunden zusammenstellen. Im Regelfall bietet sich die Kombination unterschiedlicher Settings an, um die Vielfalt von Gesprächsdynamiken zu stimulieren. Begreift man Doing Gender ebenso wie Doing Ethnicity nicht als essenzielle Bestandteile von Identitäten, sondern als Prozesse der Selbst- und Fremdzuschreibung, so bedeutet dies für die Gruppenbildung, dass auf der Grundlage von Selbstzuschreibungen geschlechtliche und ethnische Positionierungen vorgenommen werden sollten. Forschungspraktisch wird an dieser Stelle deutlich, wie schwierig ein Heraustreten aus dem System der Zweigeschlechtlichkeit ist, wenn Geschlechterdifferenz als relevantes Strukturierungsmerkmal angenommen wird (siehe auch Kapitel 1). Rückt die Frage nach differentem Verhalten von Männern und Frauen in Kommunikationsprozessen in den Mittelpunkt, so erfolgt die Rekrutierung und Auswahl von GesprächsteilnehmerInnen zumeist entlang der Unterscheidung männlich/ weiblich, also dem dualistischen Prinzip der Zweigeschlechtlichkeit. Im Gesprächsverlauf kann jedoch genau diese dualistische Unterscheidung reflexiv bearbeitet werden. Jedem und jeder Teilnehmenden wird Gelegenheit gegeben, sich selbst in den für den Forschungszusammenhang relevanten Dimensionen zu positionieren. Die alltagsweltlich tief verankerte, eindeutige Unterscheidung zwischen männlich und weiblich lässt zumeist nur in den Fällen, in denen trans- oder intersexuell orientierte Menschen teilnehmen, diese Dichotomie des biologischen Geschlechts (sex) und der Geschlechteridentitäten brüchig werden. Ganz anders verhält es sich bei der Unterscheidung zwischen herkunftsdeutscher und Migranten-Zuordnung, die ebenfalls konstitutiv für die Gruppenbildung ist. Einer dualistischen Fremdzuschreibung, die sich an amtlichen Definitionen zum Migrationshintergrund 7 orientiert, stehen Formen der Selbstzuschreibung gegen- 7 Die Definition des Statistischen Bundesamtes fasst als Menschen mit Migrationshintergrund »alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil« (Statistisches Bundesamt 2010: 6). <?page no="183"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 184 über, die keineswegs eindeutig und binär strukturiert sind. Schon die binäre Unterscheidung ›deutsch/ nicht deutsch‹ erweist sich nur aus der Perspektive der Fremdzuschreibung als aussagekräftig. Die Zuschreibung als ›Migrantin‹ bezeichnet in dieser binären Logik allein ex negativo die Abgrenzung zu Herkunftsdeutschen. Als identitätsstiftend erweisen sich dagegen soziale und kulturelle Zugehörigkeiten, die durch familiäre Herkunft (›in Russland geboren‹) genauso wie durch aktuelle alltagsweltliche Einbettung (›Kreuzbergerin‹) oder durch die hybride Verbindung von beidem (›Deutsch-Türkin‹) geprägt sein können. Nicht eindeutige Zuordnungen - für die Erfassungslogik des Statistischen Bundesamtes undenkbar, in subjektiver Selbstzuschreibung oftmals präferiert - treten dann hervor. Forschungspragmatisch kann damit bei der Auswahl von Gesprächsteilnehmenden und der Konstituierung von Gruppen entlang eindeutiger, dualistisch strukturierter Variablen unterschieden werden. Oftmals werden damit Menschen ausgewählt, die als Männer und Frauen, als Herkunftsdeutsche und migrantische Teilnehmende, als Abiturientinnen und Menschen mit Haupt- oder Realschulabschluss bestimmten Gruppen zugeordnet werden. Ihre Selbstverortung nach Geschlecht, Herkunft und Ethnizität muss mit dieser Fremdzuweisung nicht übereinstimmen. Dies diskursiv zu thematisieren, ist bereits ein wesentlicher Teil der Diskussion und damit konstitutiver Gegenstand der Gesprächsrunden (weitergehend dazu später am konkreten Beispiel). Organisation und Durchführung von Gruppendiskussionen Mit der Wahl des Ortes, der Moderation und dem Stimulusmaterial werden wichtige Vorentscheidungen getroffen, die die Qualität des Gesprächsmaterials bereits vorab nachhaltig bestimmen können. Grundsätzlich sollte die Rahmung des Gesprächs eine möglichst große Offenheit signalisieren. Der gewählte Ort sollte für alle Beteiligten räumlich, aber auch sozial vertraut sein. Bei nicht akademisch geprägten TeilnehmerInnen kann die Wahl eines universitären Seminarraums eine distanzverstärkende Wirkung haben. Je näher der Ort am lebensweltlichen Kontext ist, desto offener kann das Gespräch beginnen. Empfehlenswert ist eine Paarmoderation, bei der eine Person sich auf die inhaltliche Strukturierung, eine zweite auf technische Fragen konzentriert. Wenn möglich, sollte ein solches Moderationspaar vielfältig - nach Geschlechtern und/ oder Herkunft - zusammengesetzt sein. Mit dem Gesprächsleitfaden und dem Einsatz von Stimulusmaterial wird der inhaltliche Rahmen für die Gesprächsrunde gesteckt. Die Auswahl und Gestaltung orientiert sich selbstverständlich am Erkenntnisinteresse der Studie und den daraus abgeleiteten Forschungsfragen. Gleichwohl ist darauf zu achten, dass mit grundsätzlicher Offenheit ins Feld gegangen wird. Qualitative Forschung dient nicht dazu, Vorannahmen <?page no="184"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 185 zu validieren, sondern offen Erkenntniszusammenhänge zu identifizieren und Kommunikationsprozesse zu verstehen. Als Diskussionsanstoß lassen sich in Gruppendiskussionen Auszüge aus den analysierten Medientexten zeigen. Dies erleichtert den Einstieg in eine gemeinsame Diskussion und regt unmittelbare Äußerungen oder Bewertungen an. Für die Auswahl des zu zeigenden Medienmaterials ist bedeutsam, dass möglichst vielfältige Beispieltexte gewählt werden sollten. Nach dem Prinzip der maximalen Kontrastierung wurden für die Gruppendiskussionen zur Rezeption von Fernsehbildern über Migrantinnen Szenen aus der Castingshow »Germany’s next Topmodel« (ProSieben), eine Sequenz aus dem Reality-Format »Die Mädchengang« (RTL) sowie ein Magazinbeitrag aus »COSMO TV« (WDR) ausgewählt. Dieses Material entstammt dem Analysekorpus und wurde zuvor im Rahmen einer qualitativen Textanalyse untersucht. In »Germany’s next Topmodel« treten zahlreiche Migrantinnen als Kandidatinnen auf - ihre Darstellung changiert zwischen Besonderung und gleichwertiger Partizipation. In der »Mädchengang« werden deutlich stigmatisierende Repräsentationen sichtbar: Gewaltbereitschaft und konfliktschürendes Sozialverhalten erscheinen hier als kennzeichnend. Das Migrationsmagazin »COSMO TV« zeigt demgegenüber sympathische Protagonistinnen, die positive Identifikationspotenziale anbieten (vgl. Lünenborg/ Konrad/ Linke 2013 i.-V.). Dieses ausgewählte Material dient als Gesprächsstimulus. Mediennutzung ist in aller Regel in hohem Maße alltagsgebundenes Handeln (vgl. Röser 2007a). Eine Explikation des eigenen Medienhandelns erweist sich dabei oftmals als schwierig, da es nur bedingt als bewusster Selektions- und Entscheidungsprozess wahrgenommen wird. Eine Einstiegsfrage »Wie nehmen Sie die Darstellung von Migrantinnen im deutschen Fernsehen wahr? « ließe deshalb vermutlich zahlreiche Gesprächsteilnehmende stutzen und grübeln. Mit dem Zeigen von Stimulusmaterial wird im ersten Schritt eine Diskussion zum konkret gezeigten Ausschnitt provoziert. In einem zweiten Schritt sollte jedoch über das konkrete Material hinausgehend gefragt werden, z. B. welche Bilder ansonsten erinnert werden, welche Sendungen als gelungen oder misslungen bewertet werden und warum. Stimulusmaterial soll also die Diskussion anregen, es sollte diese aber nicht vorrangig strukturieren. Die Qualität der Gruppendiskussion besteht darin, dass die Teilnehmenden selbstständig im Kontext des Forschungsanliegens ihre Schwerpunkte setzen und Positionen thematisieren. Aufgabe der Moderation ist es insbesondere, für eine gleichwertige Artikulation aller Beteiligten zu sorgen - gegebenenfalls durch gezielte Einbeziehung und Aufforderung der wenig Sprechenden. Die Gesprächsrunden lassen sich als Audio- oder Videodokument aufzeichnen und anschließend transkribieren. Die Form der Transkription sollte dabei in Relation zur Tiefe der Analyse stattfinden. In linguistischen Analysen sind akribische Transkripte, die Stimmhebungen und -senkungen ebenso umfassen wie Pausendau- <?page no="185"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 186 er, Parallelsprechen oder nicht akustische Äußerungen, erforderlich. Auch die Entscheidung, akzent- oder dialektgebundene Artikulationen präzis zu verschriftlichen, hängt ab vom Erkenntnisinteresse und der Form der beabsichtigten Analyse. Die Analyse von Gruppendiskussionen zur Mediennutzung konzentriert sich in aller Regel auf die Ebene des inhaltlichen Gehalts. Die Transkription sollte deshalb die Aussagen aller wortgetreu dokumentieren, Details sprachwissenschaftlicher Transkription sind jedoch nicht erforderlich. Um die Lesbarkeit von Zitatpassagen zu verbessern, ist eine moderate Anpassung der gesprochenen Sprache zulässig (Verzicht auf ›äh‹ und ›hm‹), dabei muss sensibel mit gegebenenfalls vorhandenen Unterschieden im sprachlichen Artikulationsvermögen umgegangen werden. Grundsätzlich gilt für die Methode der Gruppendiskussion, dass sie Bereitschaft und Vermögen zur sprachlichen Artikulation von inneren Entscheidungsprozessen voraussetzt. Mit dieser Bereitschaft der Teilnehmenden ist im Umgang mit Zitatpassagen entsprechend verantwortungsvoll umzugehen. Auf der Basis der Transkripte findet eine Auswertung der Gespräche als Form einer qualitativen Inhaltsanalyse statt (vgl. Mayring 2008). Durch Paraphrase, Zusammenfassung, offene Codierung und Interpretation wird eine Analyse ermöglicht. Dabei lassen sich mehrere Auswertungsformen (oder nacheinander folgende Schritte) unterscheiden: Entlang zentraler Fragestellungen, die im Leitfaden thematisiert werden oder in den Gesprächen ergänzend auftauchen, lassen sich wesentliche Themen und Aspekte in den einzelnen Diskussionsrunden zusammenfassen und analysieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die spezifischen Artikulationen z. B. in einer ›reinen Frauengruppe‹ gegenüber einer ›reinen Männergruppe‹ (analog: migrantisch/ herkunftsdeutsch). Eine solche Analyse konzentriert sich (im ersten Schritt) auf die Identifikation von Differenzen - und muss dabei stets kritisch berücksichtigen, dass Differenz nicht durch die analytische Suche danach konstruiert wird. In einem zweiten Schritt wird gruppenübergreifend nach gemeinsamen Themen, Begründungszusammenhängen oder Bewertungen gesucht. Nicht die Konstituierung der Gruppe, sondern die inhaltlichen Verbindungen (ähnlich gewählte Beispiele, ähnliche Positionierungen) werden dann zum ›roten Faden‹, mittels dessen das Material systematisiert wird. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass die Kontextgebundenheit der Einzelaussage im jeweiligen Gruppenzusammenhang nicht vernachlässigt wird. Eine Identifikation von Typen, die bei der Auswertung von qualitativen Einzelinterviews idealiter am Ende steht, lässt sich bei der Auswertung von Gruppendiskussionen nur selten sinnvoll entwickeln. Denkbar ist das Herausarbeiten argumentativer Muster, mit denen innerhalb von Gruppen Legitimität oder Illegitimität von gesellschaftlichem und medialem Handeln angesprochen werden. Noch einmal betont sei, dass die Aussagen der Einzelnen stets im Kontext des Gruppendiskurses zu verstehen sind und von diesem nicht vollständig abgekoppelt werden sollten. <?page no="186"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 187 Um die Möglichkeiten der Interpretation anschaulich zu machen, sollen nun zwei Ausschnitte aus Gruppendiskussionen dargestellt und diskutiert werden. Das Interpretations- und Verstehenspotenzial von Medienhandeln im Kontext von Geschlecht und Ethnizität kann daran verdeutlicht werden. Im ersten Teil geht es um die Selbstdefinition der Gesprächsteilnehmerinnen als Grundlage für ihre Positionierung zum Medientext. In den Gruppendiskussionen, die sich mit der medialen Repräsentation von Migrantinnen in Tageszeitungen beschäftigten, wurden die Gespräche mit einer offenen Verständigung über den Begriff der ›Migrantin‹ eingeleitet und die eigene Positionierung dazu (vgl. Lünenborg/ Fritsche/ Bach 2011: 111-ff.). Im zweiten Teil wird die diskursive Verhandlung des Formats »Germany’s next Topmodel« durch die Diskutantinnen nachgezeichnet. Seine Bedeutung erschließt sich nicht nur über die zahlreiche Präsenz von Migrantinnen in diesem Format. Auf die Frage nach bekannten Migrantinnen im deutschen Fernsehen nennen mehrere DiskussionsteilnehmerInnen - zuweilen nach längerem, grübelndem Schweigen - Sara Nuru, die Gewinnerin der vierten Staffel (vgl. Lünenborg/ Konrad/ Linke 2013 i. V.). Identität als Selbst- und Fremdzuschreibung: »Migrantin passt überhaupt nicht« Ist der Begriff der Migrantin eine Bezeichnung, die die diskutierenden Frauen mit Migrationshintergrund für sich selbst wählen? Was bedeutet er für das eigene Erleben und die Bildung von Identitäten? Diese Frage bezieht sich (noch) nicht unmittelbar auf die eigene Mediennutzung, stellt aber eine relevante Folie dar, vor der Medienangebote gelesen und bewertet werden. »Ich meine, ich würde mich auch nicht als Migrantin bezeichnen, weil ich es mir auch nicht ausgesucht habe […] Also, es war jetzt nicht meine freie Wahl. Meine Eltern haben mich irgendwann hierher gebracht, ich bin hier aufgewachsen« (Amelle 8 ). So antwortet eine junge Frau und macht damit die eigene Entscheidung für die Migration zu einem relevanten Kriterium. Subjektiv also konstituiert die willentliche Entscheidung zur Veränderung den Status als ›Gewanderte‹. Sakina weist darauf hin, dass sie einen »anderen Hintergrund [hat], einfach andere Erfahrungen als Leute, die keine ausländischen Eltern haben. Aber Migrantin passt überhaupt nicht«. Damit betont sie die Andersartigkeit eines kulturell diversen Elternhauses als Potenzial, wehrt sich zugleich gegen die implizite Abwertung der Zuordnung als Migrantin. 8 Die hier gewählten Vornamen sind Pseudonyme, bei denen Charakteristika der Namensgebung, zum Beispiel die sprachliche Herkunft, erhalten blieben. <?page no="187"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 188 Welche stratifikatorische Kraft in diesem Begriff liegt, in welchem Maße er also als sozialer Platzanweiser dient (ähnlich wie das mit Bezug zum Geschlecht bereits vielfach erörtert wurde), machen Aussagen junger Skandinavierinnen deutlich, die ebenfalls als Migrantinnen an der Diskussionsrunde teilnahmen. Es ist »einfach, Norwegerin in Deutschland zu sein« (Liv). Rebecca ergänzt: Wenn die Eltern aus einem europäischen Land kommen, »fällt es quasi nicht auf«. So machen die Diskutantinnen miteinander im Gespräch deutlich, welche sozialen Implikationen dem Begriff der Migrantin eingeschrieben sind. Er markiert sozial-kulturelle Differenz, die als problemhaft expliziert wird. Entsprechend verweigern sich insbesondere Gesprächsteilnehmerinnen mit hoher formaler Bildung einer solchen Selbstbezeichnung sowie jene, die aus kulturell ähnlichen Staaten kommen. In den Versuchen, den Begriff der ›Migrantin‹ zu klären und ihn zu sich selbst ins Verhältnis zu setzen, werden rechtliche, soziale, sprachliche und politische Dimensionen berührt. Doch als Selbstbeschreibung taugt der Begriff kaum. Vielmehr gilt der Verweis auf die Verbindung verschiedener kultureller Kontexte als Selbstbeschreibung. »Deutsch-Türkin hätte ich jetzt erst einmal ganz grob gesagt, auf jeden Fall. Weil man ja auch zwischen zwei Kulturen lebt. Man wächst in zwei Kulturen auf, also mit zwei Kulturen. Und da steht man eigentlich so in der Mitte. Es ist nicht ganz deutsch, es ist nicht ganz türkisch, es ist halt so etwas Gemischtes« (Selin). Diese hybride Identität wird von dem Großteil der Befragten als originäres Potenzial betrachtet, eine selbstbewusste Auseinandersetzung, hinter der zuweilen harte Arbeit steckt. »Als Teenager war ich, glaube ich, total bemüht, deutsch zu sein. Und dann habe ich irgendwann mit Anfang 20 gedacht, im Grunde genommen muss ich mich nicht entscheiden. Ich bin das Kind meiner Eltern, ich bin hier aufgewachsen, ich habe von beiden Welten etwas […] Ich gehöre zu diesem neuen Schlag dann, dem neuen Deutsch - mit Migrationshintergrund« (Amelle). Im Kontrast zu diesen Prozessen der Subjektivierung in der hybriden Identität werden die Fremdzuschreibungen als hochgradig stereotyp und oftmals abwertend wahrgenommen. Während die Konstruktion von Ethnizität durch Selbst- und Fremdzuschreibungen in den Gesprächsrunden vielfältig thematisiert wird, spielt die Referenz zum Geschlecht kaum eine Rolle. Allein Yeliz, eine junge Türkin, thematisiert explizit: »Was ich aber sehr, sehr schade finde, dass die Frauen, ob jetzt türkisch, arabisch, rumänisch, deutsch, dass die Frauen untereinander sich fertigmachen. Dass zum Beispiel eine deutsche Frau zu dir sagt: ›Du trägst Kopftuch, du bist dumm.‹ Oder du sagst: ›Du hast blonde Haare, du bist dumm.‹ Das ist schrecklich […] Wir sind eigentlich alle Frauen, ich meine, auch die deutschen Frauen wurden unterdrückt […] Wir werden ja nicht nur unterdrückt von den Männern, mittlerweile unterdrücken wir uns ja untereinander.« Den vielfältigen, kulturell ausdifferenzierten Identitäten wird hier kontrastiv eine kollektive Identität als Frau entgegengesetzt. Basierend auf gemeinsamen Un- <?page no="188"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 189 terdrückungserfahrungen konstituiert Yeliz eine kollektive Geschlechtsidentität als Grundlage solidarischen Handelns. Die mit diesem Ideal kontrastierte Form von hierarchischer Ungleichheit wird narrativ anhand etablierter Stereotype entwickelt (Kopftuchträgerin, Blondine). Diese Sehnsucht, das Geschlecht als gemeinsame identitätsstiftende Essenz zu begreifen und zur Grundlage solidarischen Handelns zu machen, nimmt in den Gesprächsrunden eine Ausnahmeposition ein und wird von den anderen Gesprächsteilnehmerinnen nicht weiter aufgegriffen. Die Äußerung macht zugleich deutlich, dass Identitätskonstruktionen entlang von Differenzierungsmechanismen stets zeitlich und kulturell gebunden sind. Auch wenn in dieser Auseinandersetzung mit Selbst- und Fremdzuschreibungen Medien und ihre Diskurse noch nicht explizit thematisiert wurden, bildet sich damit doch die Grundlage und das begriffliche und symbolische Konzept, vor dem Medienbilder und Mediendiskurse verstanden und eingeordnet werden. Germany’s next Topmodel: »Klappe halten und hübsch auf den Fotos aussehen« Castingshows werden in der Geschlechterwie in der Migrationsforschung intensiv und kontrovers diskutiert. Das Spannungsfeld reicht vom Vorwurf sexualisierter und normierter Weiblichkeit im Medientext bis zur Einschätzung einer selbstermächtigenden Teilhabe durch Sichtbarkeit von Migrantinnen als Kandidatinnen. In den Gruppendiskussionen wird dieses Spannungsfeld diskutiert. Die als Gesprächsstimulus gezeigte Sequenz aus der dritten Folge der fünften Staffel behandelt die Konkurrenz zwischen »den gleichen ethnischen Typen« (O-Ton Kandidatin Svea Glawe). Die Kandidatinnen Svea Glawe und Pauline Afaja werden als Konkurrentinnen eingeführt. In Kleidung, Sprechweise und Habitus unterscheiden sich die beiden Frauen nicht erkennbar, das Setting - die Kamera zeigt nur die beiden - sowie die dramaturgische Logik des Formats macht jedoch der Jury wie dem Fernsehpublikum klar: Nur eine von ihnen kann erfolgreich sein. Als Pauline Afaja mit großen, unsicheren Augen in die Kamera spricht und ihre Hoffnung ausdrückt, »dass es die Leistung ist, die sie [die Jury, Anm.-d.-Verf.] bewerten«, widerspricht ihr Svea Glawe und stellt fest: »Bis jetzt war es aber immer so, dass nach Typen das bestimmt wurde.« Das Fernsehpublikum weiß zu diesem Zeitpunkt nicht viel über die beiden Kandidatinnen: Svea Glawe erschien in den ersten Folgen sehr selbstbewusst und zielstrebig. Pauline Afaja trat durch ein Extracasting verspätet in den Wettbewerb ein und zeigte sich eher ruhig und schüchtern. Die inszenierte Konkurrenz verdeutlicht, wie in »Germany’s next Topmodel« eine Typisierung junger Frauen mit Blick auf ihre Ethnizität, ihr Anderssein erfolgt. Vor der Jury wird das Auswahlverfahren <?page no="189"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 190 auf den Höhepunkt getrieben. Es endet mit dem tränenreichen Ausscheiden von Svea Glawe: »Ist klar, die wollen nur einen Typ davon« (GNTM 2010, Folge 3). Diese Szene wurde ausgewählt, weil sie komprimiert eine Form der Markierung von Differenz, ein »Othering« (Fürsich 2010) zeigt. Dabei kann im Kontext des Formats durchaus eine ›Andere‹ erfolgreich sein. Jedoch muss sie sich den Normen des Formats, vermittelt durch die Gastgeberin und Jurychefin Heidi Klum, die Deutschlands Topmodel auswählt, bedingungslos unterwerfen. Die in der Szene zum Ausdruck kommende Markierung von Differenz steht im Gegensatz zum Narrativ des global agierenden Models, das durch Foto-Shootings an international attraktiven Orten hergestellt wird (vgl. Knüttel 2011). In den Gruppendiskussionen löst die gezeigte Szene intensive Diskussionen aus. Einerseits erweist sich das Format bei nahezu allen Teilnehmenden als bekannt, zum zweiten provoziert es grundsätzliche Positionierungen als Fan oder als bewusster Verweigerer und/ oder Kritikerin. Die Verhandlung der ›Typisierung‹ wird in den Diskussionen vielfach aufgegriffen. So beschreibt Ricarda: »Also, ich hab das auch damals geguckt, als das lief. Ja, die beiden Mädchen waren ja jetzt auch einfach vom Typ total unterschiedlich. Also die, die da jetzt diesen Aufstand gemacht hat, weil sie rausgeflogen ist, war ja so ein bisschen unangenehm, sehr extrovertiert. Und die andere sehr introvertiert […]« Ricarda decodiert hier den Begriff ›Typ‹ als Unterscheidung von Personen nach spezifischen Charaktermerkmalen, die im Rahmen der Performanz sichtbar werden. Dies greift auf Kenntnisse zur dramaturgischen Struktur der Castingsendung zurück, bei der immer wieder Gegensatzpaare geschaffen werden, zwischen denen eine Entscheidung zu fällen ist. Lassen sich die Kandidatinnen Svea Glawe und Pauline Afaja in diesem Sinne als differente Typen charakterisieren, so werden sie zu ›gleichen Typen‹ nur mit Blick auf ihre Herkunft und Hautfarbe. Dazu äußert Marek: »Das, finde ich, ist eben so ne Kategorisierung, ja? […] Ich glaube nicht, dass es rassistisch ist. Ich denke eher, das ist so ein Wertesystem, was in unserer kapitalistischen Demokratie eben auch funktioniert, ja? Dass man Menschen nach ihrem Äußeren kategorisiert oder nach ihren Leistungen kategorisiert und nicht nach dem, was ich für ne Persönlichkeit bin.« Im Unterschied zur Argumentation der Kandidatin Pauline Afaja, die auf Auswahl nach Leistung hofft und damit der Logik des Formats folgt, wendet Marek sich grundsätzlich gegen diese »Kategorisierung«, die er als Bestandteil der »kapitalistischen Demokratie« identifiziert. Er artikuliert damit recht präzis jene Kritik, die auch in der Medienforschung an der neoliberalen Logik von Castingshows formuliert wird (vgl. Thomas 2007, Thomas/ Stehling 2011). Kritisiert wird hier insbesondere die Ideologie des Erfolgs, die durch maximale Arbeit am Selbst und am eigenen Körper erreicht werden kann, die durch Castingshows popularisiert werde. Marek qualifiziert dabei diese Form der Auswahl nach ethnischer Differenz nicht als <?page no="190"?> Analyse des Medienhandelns von MigrantInnen 191 »rassistisch«. In seiner Sicht unterscheidet sich die Logik der Auswahl nach Leistung und der nach äußeren Merkmalen (hier Hautfarbe) nicht grundsätzlich. Theresa, die sich als regelmäßige Zuschauerin und Fan des Formats bezeichnet, hakt an dieser Stelle nach: »Ja, aber das ist ja immer generell so bei ›Germany’s next Topmodell‹, dass immer spezielle Typen, also zum Beispiel jetzt auch mit den beiden dunkelhäutigen Mädchen, dass immer meistens ein Typ nur weiterkommt. Also, war ja auch damals die Staffel davor mit Sara Nuru, die war ja auch die einzige Dunkelhäutige […] Aber die suchen halt, ist mir nur aufgefallen […], dass sie immer so viele blonde Mädels weiterlassen, das stört mich. Da denk ich immer, warum bei den dunklen Typen nicht auch? « Theresa agiert hier einerseits als gut vertraut mit Struktur und Dramaturgie des Formats (»das ist immer so«). Diese Vertrautheit wird auch deutlich in der Übernahme der Bezeichnungen der Kandidatinnen als »Mädchen« und »Mädels«. Mit diesen Worten benennt die Präsentatorin und Juryvorsitzende Heidi Klum ›ihre‹ Kandidatinnen und betont damit die Aufgabe des Formens und ›Erziehens‹, die sie als Frau und Profi gegenüber den jungen Teilnehmerinnen übernimmt. Theresas Vertrautheit mit dem Format kontrastiert mit einem Ungerechtigkeitsempfinden: Nur bei Dunkelhäutigen werde konsequent aussortiert, blonde Kandidatinnen könnten durchaus zahlreicher bis zum Finale vertreten bleiben. Ihre kritische Lesart dieser Ungleichheit hindert sie nicht daran, mit Vergnügen dem Fortgang der Staffel zu folgen. Diese Gleichzeitigkeit von kritischer Distanz und vergnüglicher Aneignung wird in den Gesprächen mehrfach artikuliert. In den Diskussionen überwiegen kritische Reflexionen der inszenierten Markierung und Erzeugung von Differenz in der Narration der Sendung. In teilweise sehr differenzierter Form sind ökonomische und strukturelle Rahmenbedingungen der Fernsehproduktion präsent. Problematisiert wird dabei das in diesem Format vermittelte Frauenbild. Ein kurzer Wortwechsel zeigt dies anschaulich: Anastasia: »Große Titten […] (lacht ein bisschen). Und, ja, blond […]« Karolina: »Klappe halten und hübsch auf den Fotos aussehen.« Anastasia: »Genau! (lacht)« Marek: »Ja, wie gesagt, nur über äußere Werte […] Dass man gut läuft, sich gut präsentiert. So wie diese Szene das eben möchte.« Die beiden Frauen benennen in der Gruppendiskussion im Stil der Sendung knapp und resolut die körperlich und charakterlich erforderlichen Eigenschaften, mit dem Lachen wird einerseits eine gewisse Unsicherheit überspielt, andererseits das Vergnügen an der gemeinsamen verbalen Reproduktion der sexistischen Stereotype sichtbar. Demgegenüber bemüht sich der junge Mann in der Gesprächsrunde um eine abstraktere Analyse und lässt dabei mehr Distanz erkennen. Dies lässt sich zugleich <?page no="191"?> Teil III: Doing Gender Media Studies - Fallbeispiele 192 auch als Beispiel für die Konstruktion von Geschlechterdifferenz in der diskursiven Form der Gruppendiskussion lesen. Übungsaufgaben • Wählen Sie ein aktuelles Format des Reality-TV und entwickeln Sie eine Konzeption für die Durchführung von Gruppendiskussionen. Begründen Sie Ihre Auswahl von Impulsmaterial, die Zusammensetzung der Gruppen und entwickeln Sie zentrale Fragen für einen Gesprächsleitfaden. • Entwerfen Sie ein Mehrmethoden-Design, um mehr über die Nutzung und Aneignung von Castingshows durch Mädchen und Jungen im Alter zwischen 11 und 14 Jahren zu erfahren. Versuchen Sie dabei, methodeninnovativ zu sein. Wie lassen sich soziale Medien in die Forschung einbinden? <?page no="192"?> 193 Literatur Ahrens, Julia (2009): Going Online, Doing Gender. Alltagspraktiken rund um das Internet in Deutschland und Australien. Bielefeld. Amberg, Elke (2011): Schön! Stark! Frei! 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Staffel 5 (RTL, BRD 2010) <?page no="220"?> Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 221 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Abbildungen Abb. 1.1: Die heterosexuelle Matrix, Graphik nach Gauntlett . . . . . . . . . . . 23 Abb. 3.1: Cultural Citizenship als Kontext im Prozess medialer Bedeutungsproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Abb. 5.1: Plakataktion Berliner Morgenpost. Unter: http: / / www.dasistberlin.de/ #! / artikel/ das-sind-unserekampagnenmotive/ media/ i/ 3 (12.12.2012). . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Abb. 5.2: Werbekampagne Schweiz-Tourismus. Unter: http: / / www.persoenlich.com (12.12.2012) . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abb. 5.3: Merkel und Stoltenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abb. 6.1: Ausschnitt aus Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Abb. 8.1: Filmstills aus dem Trailer von »Queer as Folk« (Staffel 1) . . . 168/ 169 Abb. 8.2: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 1: Alle neun Sekunden . . . . . 171 Abb. 8.3: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 22: Der letzte Tanz . . . . . . . 173 Abb. 8.4: Filmstills aus »Queer as Folk«, Folge 9: Sonny Boy . . . . . . . . . . . 175 Tabellen Tab. 7.1: AkteurInnen nach Position und Anzahl der analysierten Beiträge 152 Tab. 7.2: Analyseinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Tab. 7.3: Personenbezeichnungen in der Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Tab. 7.4: Metaphern in Überschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 <?page no="221"?> 222 Index Bberufliche Sozialisation 86 Berufsfeldforschung 79 Boulevardisierung 77, 79, 88, 91-93, 98 CCastingshow 66, 112, 139, 181 f., 185, 189 f., 192 Cultural Citizenship 67 Cultural Studies 33 Cyberfeminismus 53, 115 Cyborg 53 f., 57 DDekonstruktion 20, 22-24, 31, 43, 46, 77 f., 98, 106, 126, 139 Differenzansatz 19, 28, 85, 97, 125 Differenzforschung 24, 77, 78 digital citizenship 70 Digital-Divide-Ansatz 134 Digitalisierung 87 Diskursanalyse 107, 151 Diskurstheorie 43, 107 Doing Ethnicity 183 Doing Gender 21, 126, 183 Domestizierungsansatz 133 f. Dualismus von Information und Unterhaltung 77, 92 EElitefeminismus 66, 116 encoding/ decoding-Modell 36 f. Erinnerungsarbeit 141-143 Essenzialismus 19 Ethnografie 50 FFeminisierung 84 Feminismus 15, 25, 48, 51, 53, 66, 113-115 feministische Filmtheorie 51 feministische Medien 67 feministische Öffentlichkeit 65 Film- und Fernsehanalyse 163 Fokusgruppengespräch 182 Framing 101 Frauenbewegung 15 Frauenforschung 15, 18, 24, 81 GGegenöffentlichkeit 65, 67 Gendered Technologies 53 gender switch 21 Genre 116 Geschlechterdefinition 49 Geschlechteridentifikation 50 Geschlechteridentitäten 14, 35, 37, 39, 45 f., 48, 53 f., 56, 73, 117, 126, 137, 140-142, 144 Geschlechterkörper 14 Geschlechterordnung 19, 30, 56, 84, 151 Geschlechterperformativität 44 Geschlechterpositionierung 50 Geschlechterstereotype 103, 105, 139 Gleichheitsansatz 18, 24, 27 f., 77, 95, 97, 102, 125 Gleichstellung 18 Gruppendiskussion siehe-Fokusgruppengespräch Hhegemoniale Männlichkeit 111 Heteronormativität 22 f., 25, 53, 108, 118 f., 165, 177 Heterosexualität 15 heterosexuelle Matrix 22f., 25, 98, 111, 118 <?page no="222"?> Index 223 IIdentität 45, 187 Identitätskonstruktionen 46, 49, 132, 140-143, 189 Inhaltsanalyse 98, 150 interaktionistischer Konstruktivismus 21 f., 30, 78, 98, 137 Intersektionalität 20, 70, 179 Intertextualität 41, 164 JJournalismus 75 KKommunikatorforschung 75 Konstruktivismus 76 Kreislauf der Kultur 37 Kultur 34 MManagementrolle 84 Medienaneignung 132 Mediengewaltforschung 135 Medienhandeln 37, 123 Medienkommunikation 36 Medienmenü 126 Mediennutzung 123 Medienproduktion 37 Migrationsforschung 189 NNachrichtenjournalismus 89 f., 93, 94, 151 Neoliberalismus 66 Netzidentitäten 54 Nutzungsforschung 127 OÖffentlichkeit(en) 59, 61, 63 Othering 180, 190 PPatriarchat 18 Performativität 22, 110, 117 siehe-Geschlechterperformativität Politikjournalismus 81, 105 Postcolonial Studies 49 Poststrukturalismus 22 PR 75, 84 Privatheit 59, 64 Profession 75, 80, 82, 89 Publikumsforschung siehe-Medienhandeln QQueer 16 queere Repräsentationen siehe-Queer Theory Queer Film Theory 53, 98 Queer Reading 119 Queer Studies 15, 16 Queer Theory 16, 23, 165 RReality-TV 31, 59, 64, 70, 89, 112, 115, 118 f., 192 Regulierung 38 Reifizierung 25 f., 106, 145, 199 Repräsentation 37, 40, 46 Rezeption 124 SSemiotik 42, 108 sex/ gender 16 Stereotypenforschung 101 Subjekt 45 System der Zweigeschlechtlichkeit 17, 20, 37 f., 76, 77, 111, 114, 118, 137 f., 140, 165, 176 f., 183 Systemtheorie 76 <?page no="223"?> Index 224 TTechnikerrolle 84 Technologie des Geschlechts 49, 57 UUses-and-Gratifications-Ansatz 37, 47, 132, 136 Wweiblicher Lebenszusammenhang 19, 28 f. Wissenschaftskritik 17 ZZeitbudget 126 Zweigeschlechtlichkeit 16