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Fit für die Prüfung: Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler

Lernbuch

0814
2013
978-3-8385-3954-6
UTB 
Christian Vranckx
Alexander Hennig

Ob im Freibad, auf dem Sofa oder am Schreibtisch: Mit diesem Lernbuch ist es kein Problem, sich die prüfungsrelevanten Inhalte zum Öffentlichen Recht erfolgreich einzuprägen. Dank des kompakten Formats ist es stets griffbereit und lässt sich überall hin mitnehmen. Das Buch ist in Etappen eingeteilt: Zu Beginn werden die wichtigsten Schlagwörter genannt, die Anwendung des Stoffs beschrieben und Prüfungstipps gegeben. Durch Single-Choice-Fragen kann am Ende jeder Etappe das Wissen auf die Probe gestellt werden. Dieses Lernbuch hilft Bachelor-Studierenden der Wirtschaftswissenschaften an allen Hochschultypen.

<?page no="1"?> Fit für die Prüfung! Du hast dich für ein Studium entschlossen und stehst jedes Semesterende vor mehreren Prüfungen. Die UTB-Reihe »Fit für die Prüfung« hilft dir, dabei nicht unter die Räder zu kommen. Sie stellt Prüfungswissen besonders kompakt dar und legt Wert auf das schnelle Verständnis. Für jeden Lerntyp die richtige Methode: Die Lernkarten zeigen dir Schwierigkeitsgrade an und ziehen ganz unterschiedliche Fragetechniken heran, die von Single Choice über Begriffsdefinitionen bis hin zu Lückentexten und grafischen Fragen reichen. Die Lerntafeln stellen dir auf kompakteste Weise - auf nur 6 Seiten - neben dem wichtigsten Prüfungswissen auch Definitionen in einem Glossar dar. Geeignet für Studierende in extremer Zeitnot. Das Lernbuch hilft dir durch eine knackige Themenheranführung, überraschende Prüfungstipps, kompakte Wissensvermittlung und eine spielerische Lernstandskontrolle dabei, Wissenslücken schnell zu schließen. Weitere hilfreiche Materialien sowie wichtige Informationen rund um Prüfungen findest du unter fit-lernhilfen.de <?page no="2"?> Christian Vranckx Alexander Hennig Fit für die Prüfung: Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler Lernbuch UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Dr. Christian Vranckx ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Partner in der Kanzlei Rohwedder & Partner in Mainz. Er ist Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Mainz und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim. Prof. Dr. Alexander Hennig , Dipl.-Volkswirt und Dipl.-Betriebswirt, ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Handelsmanagement und leitet den Studiengang Handel an der Dualen Hochschule Baden- Württemberg in Mannheim. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: istockphoto.com, t_kimura Druck und Bindung: fgb. freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 3954 ISBN 978-3-8252-3954-1 <?page no="4"?> fit-lernhilfen.de Inhalt Über das Buch ......................................................................................... 9 Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben ..........11 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ............................ 12 Abgrenzung des öffentlichen Rechts zum Zivilrecht ...................... 13 Definition des öffentlichen Rechts..................................................... 14 Zwischenstand: Fragen und Antworten..................................... 17 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht .........................................19 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ............................. 20 Staatsorganisationsprinzipien .............................................................. 21 Staatsaufbau: Bund, Länder und Gemeinden ................................... 23 Bundestag ............................................................................................... 24 Bundesrat ............................................................................................... 31 Bundespräsident .................................................................................... 32 Bundesregierung und Bundeskanzler ................................................. 32 Zwischenstand: Fragen und Antworten..................................... 36 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung.......................41 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ............................ 42 Zuständigkeiten in der Gesetzgebung................................................ 43 Gesetzesbeschluss im Bundestag ........................................................ 48 Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung ......................... 49 Rechtsverordnungen............................................................................. 53 Bundesverfassungsgericht.................................................................... 54 Weitere Rechtsprechungsorgane......................................................... 57 Zwischenstand: Fragen und Antworten..................................... 61 <?page no="5"?> 6 Inhalt fit-lernhilfen.de Etappe 4: Einführung in die Grundrechte ................................65 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ............................ 66 Zwischenstand: Fragen und Antworten..................................... 78 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte........................................83 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps ............................ 84 Berufsfreiheit ......................................................................................... 85 Eigentumsfreiheit .................................................................................. 89 Allgemeine Handlungsfreiheit ............................................................. 91 Gleichheitssatz....................................................................................... 93 Meinungsfreiheit.................................................................................... 94 Verfassungsbeschwerde ....................................................................... 95 Zwischenstand: Fragen und Antworten..................................... 98 Etappe 6: Europarecht ............................................................. 103 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps .......................... 104 Europarecht im weiteren und im engeren Sinne ............................ 105 Organe .................................................................................................. 107 Zuständigkeiten ................................................................................... 110 Grundfreiheiten................................................................................... 111 Weitere Regelungen ............................................................................ 114 Sekundärrecht ...................................................................................... 114 Vorrang des Europarechts ................................................................. 116 Zwischenstand: Fragen und Antworten................................... 118 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht............................. 123 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps .......................... 124 Allgemeines Verwaltungsrecht .......................................................... 125 Verwaltungsakt .................................................................................... 128 Ermächtigungsgrundlage ................................................................... 130 <?page no="6"?> Inhalt 7 Unbestimmte Rechtsbegriffe............................................................. 131 Ermessen.............................................................................................. 132 Bestandskraft ....................................................................................... 135 Verwaltungsverfahrensrecht .............................................................. 137 Verwaltungsprozessrecht: Widerspruchs- und Klageverfahren ... 139 Vorläufiger Rechtsschutz ................................................................... 143 Zwischenstand: Fragen und Antworten................................... 145 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht.............................. 149 Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps .......................... 150 Öffentliches Baurecht......................................................................... 151 Gewerberecht ...................................................................................... 155 Polizeirecht .......................................................................................... 158 Zwischenstand: Fragen und Antworten................................... 161 Den Fitness-Stand errechnen .......................................... 165 Glossar.................................................................................................. 167 Abkürzungsverzeichnis ...................................................................... 185 Literatur ................................................................................................ 190 Stichwortverzeichnis........................................................................... 192 <?page no="8"?> fit-lernhilfen.de Über das Buch Unternehmen und Bürger haben heute an vielen Stellen mit staatlichen Behörden zu tun: Der Staat eröffnet und beschränkt Handlungsmöglichkeiten, erlaubt oder verbietet etwas, fördert Unternehmen und Bürger und belastet sie mit Steuern und Abgaben. Die Beschäftigung mit dem öffentlichen Recht hat in den letzten Jahren in vielen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen an Bedeutung gewonnen. Das Buch richtet sich an Studierende und Dozenten in wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor- und Master- Studiengängen und andere Jura-Studenten im Nebenfach. In diesem Lernbuch findest du alle wesentlichen Inhalte zum Thema öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler. Dabei unterscheidet sich das Lernbuch deutlich von einem herkömmlichen Lehrbuch. Du kannst mit dem Lernbuch aus der Reihe ‚Fit für die Prüfung‘ gezielt dein Wissen für die Prüfung aufarbeiten. Jede Lernetappe ist auf die Prüfung zugeschnitten. Neben den wichtigen Stichworten findest du wertvolle und themenbezogene Prüfungstipps zu Beginn. Nach jeder Etappe kannst du deinen Wissensstand überprüfen. Am Ende des Buches findest du ein umfangreiches Glossar mit den wichtigsten Begriffen. Der Autor und der Verlag möchte dir mit den Produkten aus der Reihe ‚Fit für die Prüfung‘ Lernbuch Lernkarten Lerntafel das für dich geeignetste Lernmittel zur Verfügung stellen. Eine Übersicht über die Produkte findest du unter fit-lernhilfen.de. Dort kannst du uns auch mitteilen, wie hilfreich ein Produkt für Deinen Prüfungserfolg war. Und nun viel Erfolg bei deiner Prüfungsvorbereitung. <?page no="10"?> Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben <?page no="11"?> 12 Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel geht es darum, das öffentliche Recht zu definieren und die Unterschiede zu den anderen Rechtsgebieten aufzuzeigen. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Öffentliches Recht Strafrecht Zivilrecht Verfassungsrecht Verwaltungsrecht Über- und Unterordnungsverhältnis Hoheitsträger Wofür benötige ich dieses Wissen? Die Abgrenzung des öffentlichen Rechts zu den anderen Rechtsgebieten ist wichtig, weil man bei der Beurteilung einer rechtlichen Fragestellung im Unternehmen zunächst einmal herausfinden muss, welches Rechtsgebiet denn betroffen ist. Je nach Rechtsgebiet ergeben sich unterschiedliche Beurteilungsmethoden und Verfahren. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, das öffentliche Recht zu definieren das öffentliche Recht vom Zivilrecht und vom Strafrecht abzugrenzen das Verwaltungsrecht vom Verfassungsrecht zu unterscheiden beispielhafte Rechtsfälle zu den Rechtsgebieten öffentliches Recht, Zivilrecht und Strafrecht zuzuordnen Los geht’s! <?page no="12"?> Abgrenzung des öffentlichen Rechts zum Zivilrecht 13 fit-lernhilfen.de Gewöhnlich unterscheidet man drei Bereiche des Rechts: das öffentliche Recht das Strafrecht das Zivilrecht, das auch bürgerliches Recht oder Privatrecht genannt wird Abb. 1: Rechtsbereiche Abgrenzung des öffentlichen Rechts zum Zivilrecht Der Rechtsbereich, mit dem Unternehmen und Bürger am häufigsten zu tun haben, ist das Zivilrecht: Zivilrecht Das Zivilrecht regelt die Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen oder Gesellschaften. Kennzeichen des Zivilrechts ist die Gleichrangigkeit der Beteiligten. Bei einem Kauf z. B. stehen Käufer und Verkäufer rechtlich gesehen auf einer Stufe. Keine Vertragspartei kann der anderen ihren Willen aufzwingen. Möchte der Verkäufer nach dem Vertragsschluss den Kaufpreis vom Käufer Rechtsbereiche Strafrecht Zivilrecht Öffentliches Recht Verwaltungsrecht Verfassungsrecht Besonderes Verwaltungsrecht Allgemeines Verwaltungsrecht <?page no="13"?> 14 Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben fit-lernhilfen.de haben, kann er ihm das Geld nicht wegnehmen, sondern muss sich - wegen der Gleichrangigkeit - der Hilfe staatlicher Gerichte bedienen. Beim öffentlichen Recht gibt es keine Gleichrangigkeit der Beteiligten: Wichtiges Merkmal des öffentlichen Rechts ist (im Gegensatz zum Zivilrecht) ein Über- und Unterordnungsverhältnis. Der Staat, sei es nun in Gestalt der Stadtverwaltung, der Polizei, der Bundeswehr usw., kann den Bürger auffordern, auf eine bestimmte Weise zu handeln. Notfalls kann der Staat diese Anordnung mit Zwang durchsetzen. Im Bereich des öffentlichen Rechts ist immer ein sogenannter Hoheitsträger beteiligt. In Deutschland sind dies z. B. die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesländer, die Landkreise und die Kommunen (Städte und Gemeinden). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Hoheitsträger bei allem, was sie tun, immer öffentlich-rechtlich handeln. Wenn eine Stadt z. B. Büromöbel einkauft oder ein Grundstück verkauft, übt sie hierbei keine Hoheitsgewalt aus, sondern handelt zivilrechtlich. Definition des öffentlichen Rechts Daraus ergibt sich die Definition des öffentlichen Rechts: Öffentliches Recht Öffentliches Recht liegt dann vor, wenn ein Hoheitsträger gerade in seiner Funktion als Hoheitsträger aufgrund solcher Normen handelt, die ein Über- oder Unterordnungsverhältnis widerspiegeln. Diese Definition wird auch als modifizierte Subjekttheorie bezeichnet. Also nur wenn die anzuwendende Rechtsnorm notwendigerweise einen Hoheitsträger als Berechtigten oder Verpflichteten benötigt, also nicht nur Privatpersonen beteiligt sein können, handelt es sich um öffentliches Recht. Wenn es um einen Vorgang <?page no="14"?> Definition des öffentlichen Rechts 15 fit-lernhilfen.de geht, den auch zwei Privatpersonen miteinander haben können, handelt es sich nicht um öffentliches Recht, sondern um Zivilrecht. Nach dieser Definition zählt das Strafrecht eigentlich zum öffentlichen Recht, weil bei einer Verurteilung immer der Staat als übergeordneter Akteur beteiligt ist. Strafrecht Das Strafrecht befasst sich mit der Frage, welche Handlungsweisen eines Menschen verboten und so tadelnswert sind, dass der Straftäter zu einer Geld- oder gar Freiheitsstrafe verurteilt wird. Sieht man einmal von dem Sonderbereich des Strafrechts ab, unterteilt sich das öffentliche Recht in zwei große Bereiche: das Verfassungsrecht das Verwaltungsrecht. Verfassungsrecht Zum Verfassungsrecht zählen alle Regelungen, die im Grundgesetz und in den Verfassungen der Bundesländer enthalten sind. So sind im Grundgesetz der Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland, die Funktion der einzelnen Staatsorgane und die Grundrechte beschrieben. Ähnliche Bestimmungen finden sich für die Bundesländer in deren Länderverfassungen. Verwaltungsrecht Das Verwaltungsrecht enthält die übrigen öffentlich-rechtlichen Normen, die entweder die Eingriffsbefugnisse des Staates gegen den Bürger (Eingriffsverwaltung) oder Ansprüche des Bürgers gegen den Staat (Leistungsverwaltung) regeln. Immer wenn der Staat dem Unternehmen ein bestimmtes Verhalten erlaubt oder verbietet, wenn er ein bestimmtes Verhalten befördern oder benachteiligen möchte, wenn der Staat das Unternehmen belastet oder begünstigt, ist also das öffentliche Recht betroffen. Dies gilt z. B. in folgenden Rechtsgebieten: Bau- und Planungsrecht (z. B. Neubau einer Produktionsanlage und eines Supermarkts) <?page no="15"?> 16 Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben Beihilfe- und Subventionsrecht (z. B. Investitionsförderung beim Bau einer umweltfreundlichen Anlage oder Unternehmensansiedlung in einem wirtschaftsschwachen Gebiet) Steuer- und Abgabenrecht (z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Unfallversicherung, Berufsgenossenschaft) Arzneimittelrecht (z. B. Zulassung und Patentierung eines neuen Medikamentenwirkstoffs) Gewerberecht (z. B. Ladenöffnungszeiten für Einzelhandelsunternehmen, Konzessionen für Gaststätten) Umweltrecht (z. B. Genehmigung einer neuen Produktionsanlage und Zwang zum Einbau neuer Filtersysteme) Öffentliches Bank- und Versicherungsrecht (z. B. Eigenkapitalanforderungen und Risikoregelungen bei Banken und Versicherungen) Vergaberecht (z. B. Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Unternehmen). <?page no="16"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 17 fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 1.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Das deutsche Verfassungsrecht umfasst nur die Regelungen des Grundgesetzes. richtig falsch Das Verwaltungsrecht enthält alle öffentlich-rechtlichen Normen, die nicht Verfassungsrecht sind. richtig falsch Im Bereich des öffentlichen Rechts ist immer ein Hoheitsträger beteiligt. richtig falsch Kennzeichen des öffentlichen Rechts ist die Gleichrangigkeit der Beteiligten. richtig falsch <?page no="17"?> 18 Etappe 1: Das öffentliche Recht im Wirtschaftsleben Staatliche Stellen handeln bei allem, was sie tun, immer öffentlich-rechtlich. richtig falsch Strafrecht gehört eigentlich zum öffentlichen Recht, weil immer der Staat als übergeordneter Akteur beteiligt ist. richtig falsch Wenn eine Hochschule Klausurpapier im Papiergroßhandel einkauft, gehört dieser Vertrag zum öffentlichen Recht. richtig falsch Wenn nur Privatpersonen an einem Rechtsgeschäft beteiligt sind, kann es nicht um öffentliches Recht handeln. richtig falsch Dein Punktestand Etappe 1 [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="18"?> Etappe 2: Staatsorganisationsrecht <?page no="19"?> 20 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel geht es darum, wie die Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland aussehen und welche Verfassungsorgane welche Zuständigkeiten haben Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Republikprinzip Demokratieprinzip Sozialstaatsprinzip Bundesstaatsprinzip Rechtsstaatsprinzip Gewaltenteilung Rechtsschutzgarantie Bestimmtheitsgebot Rückwirkungsverbot Verhältnismäßigkeitsprinzip Verfassungshomogenität Universalitätsprinzip Autonomieprinzip Volksabstimmung Wahlrechtsgrundsätze Parteien Parteienverbot Überhangmandat Indemnität Immunität Legislaturperiode Ressortprinzip Misstrauensvotum Vertrauensfrage Wofür benötige ich dieses Wissen? Unternehmen sollten die Aufgaben und das Zusammenspiel der Verfassungsorgane kennen, weil sie es sind, welche die wirtschaftsrelevanten Gesetze beschließen und durchführen. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, die Staatsorganisationsprinzipien zu erläutern die Aufgaben eines Verfassungsorgans zu erklären das Zusammenspiel von Legislative und Exekutive zu erläutern Los geht’s! <?page no="20"?> Staatsorganisationsprinzipien 21 fit-lernhilfen.de Staatsorganisationsprinzipien Die Wesensmerkmale der Bundesrepublik Deutschland als Staat sind in Art. 20 GG niedergelegt. Art. 20 GG (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. […] Dieser wichtige Artikel der deutschen Verfassung enthält fünf Staatsprinzipien: Republikprinzip Demokratieprinzip Sozialstaatsprinzip Bundesstaatsprinzip Rechtsstaatsprinzip. Im Detail: Art. 20 Abs. 1 GG spricht explizit von Deutschland als Bundesrepublik. Eine Republik zeichnet sich dadurch aus, dass sie - anders als eine Monarchie - kein gekröntes Staatsoberhaupt wie einen König oder Herzog hat. Aus dem Republikprinzip ergibt sich auch, dass das deutsche Staatsoberhaupt nur auf Zeit nicht auf Lebenszeit gewählt werden kann. <?page no="21"?> 22 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Das Demokratieprinzip bedeutet, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, wie Art. 20 Abs. 2 GG nochmals ausdrücklich festlegt. Die Volkssouveränität zeichnet sich dadurch aus, dass die Staatsorgane entweder unmittelbar vom Volk gewählt werden oder zumindest mittelbar über ein anderes gewähltes Organ legitimiert sind. Das Sozialstaatsprinzip sagt aus, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, seinen Bürgern Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen. Aus dem Bundesstaatsprinzip ergibt sich, dass die Bundesrepublik ein föderaler Staat mit Bundesländern und kein Zentralstaat - wie z. B. Frankreich - ist. In Art. 20 Abs. 3 GG ist geregelt, dass die Gesetzgebung (Legislative), die vollziehende Gewalt (Exekutive) und die Rechtsprechung (Judikative) an Gesetz und Recht gebunden sind. Hier ist also nicht nur die Gewaltenteilung festgelegt, sondern außerdem die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsstaat ausgewiesen. Jedes staatliche Handeln muss sich im Rahmen geltender Gesetze bewegen und ist überprüfbar. Besondere Bedeutung erlangt das Rechtsstaatsprinzip für Maßnahmen der Exekutive: Polizei, Gewerbeamt oder sonstige vollziehende Gewalt dürfen nur dann in Rechte des Bürgers eingreifen, wenn sie hierzu aufgrund eines Gesetzes ermächtigt sind (Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes). In Art. 19 Abs. 4 GG ist dazu ergänzend festgelegt, dass die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns immer gerichtlich überprüft werden kann (Rechtsschutzgarantie). Außerdem ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip das Bestimmtheitsgebot, wonach Gesetze möglichst klar und eindeutig formuliert sein müssen. Das Rechtsstaatsprinzip beinhaltet ein Rückwirkungsverbot von Gesetzen, das für das Strafrecht, aber auch für andere Rechtsbereiche, von enormer Bedeutung ist. Das be- <?page no="22"?> Staatsaufbau: Bund, Länder und Gemeinden 23 fit-lernhilfen.de deutet, dass belastende Gesetze niemals rückwirkend gelten können und so auch keine Bestrafung möglich ist, wenn ein Verhalten zum Zeitpunkt seiner Ausführung noch nicht durch Gesetz verboten war. Schließlich muss ein Rechtsstaat das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachten, wonach Eingriffe in die Freiheit des Bürgers angemessen sein müssen. Staatsaufbau: Bund, Länder und Gemeinden Die Bundesrepublik Deutschland wird häufig als der „Bund“ bezeichnet. Davon abzugrenzen sind die Bundesländer („Länder“) und als dritte wichtige Gebietskörperschaft die Gemeinden. Als Bundesstaat besitzt die Bundesrepublik Deutschland eine eigene Verfassung und Staatsgewalt und ist nicht bloß ein Zusammenschluss eigenständiger Staaten (Staatenbund). Die Bundesländer sind zwar Glieder der Bundesrepublik, haben aber eigene Hoheitsmacht. Allerdings sagt Art. 28 Abs. 1 GG, dass auch die Länder die Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes beachten müssen (Verfassungshomogenität). Mit den Gemeinden als dritte Gebietskörperschaft neben Bund und Ländern befasst sich das Grundgesetz auch. Deren Selbstverwaltungsrecht ist in Art. 28 Abs. 2 GG garantiert. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft können von den Gemeinden umfassend (Allzuständigkeit oder Universalitätsprinzip) und eigenständig (Autonomieprinzip) entschieden werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden umfasst fünf Befugnisbereiche: Personalhoheit als das Recht der Gemeinde, die Beamten und Angestellten selbst einzustellen Finanzhoheit als das Recht der Gemeinde, über Einnahmen und Ausgaben selbst zu entscheiden Planungshoheit als das Recht der Gemeinde, insbesondere die Bebauung des Gemeindegebiets selbst zu regeln <?page no="23"?> 24 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Organisationshoheit als das Recht der Gemeinde, die Gemeindeverwaltung im Rahmen der Gemeindeordnungen (Landesgesetze) selbst zu strukturieren Satzungshoheit: als das Recht der Gemeinde, Satzungen (also „Gesetze“ der Gemeinde) selbst zu erlassen. Als weitere Gebietskörperschaft nennt Art. 28 GG die Landkreise. Sie übernehmen solche Aufgaben, die eigentlich von den Ländern oder den Gemeinden zu erfüllen wären und die ihnen durch Gesetze übertragen wurden. Sie stehen zwischen den Gemeinden und den Ländern. Bundestag Auch wenn Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG davon spricht, dass das Volk die Staatsgewalt „durch Wahlen und Abstimmungen“ ausübt, gibt es im deutschen Bundesrecht nur Wahlen, aber keine Volksabstimmungen über konkrete Gesetzesvorhaben. Volksentscheide als Mittel direkter Demokratie sind im Grundgesetz nur vorgesehen bei einer Neugliederung des Bundesgebiets (Art. 29 GG), z. B. bei der Vereinigung von zwei Bundesländern wie Berlin und Brandenburg, oder bei der Verabschiedung einer neuen Verfassung (Art. 146 GG). Auf Landesebene sind dagegen gemäß der Landesverfassungen Volksabstimmungen möglich. Die Bundesrepublik Deutschland ist also eine repräsentative Demokratie (auch: mittelbare Demokratie). Das Volk wählt den Bundestag, der dann Gesetze verabschiedet und andere Staatsorgane wie z. B. den Bundeskanzler wählt, die dann wiederum mittelbar über den Bundestag legitimiert sind. Die Wahlrechtsgrundsätze zur Bundestagswahl sind in Art. 38 GG festgelegt: Art. 38 Abs. 1 GG Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. <?page no="24"?> Bundestag 25 fit-lernhilfen.de Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Folgende Wahlrechtsgrundsätze können erkannt werden: allgemeine Wahl unmittelbare Wahl freie Wahl gleiche Wahl geheime Wahl. Im Detail: Allgemeine Wahl bedeutet, dass an den Wahlen alle Deutschen teilnehmen können. Unmittelbare Wahl bedeutet, dass die Bundestagsabgeordneten direkt gewählt werden. Dies steht im Gegensatz zu einer mittelbaren Wahl, bei der - wie bei den Präsidentschaftswahlen in den USA - Wahlmänner gewählt werden. Freie Wahl zeichnet sich dadurch aus, dass niemand gezwungen ist, einen bestimmten Kandidaten oder eine bestimmte Partei zu wählen. Es besteht auch keine Wahlpflicht; es ist erlaubt, nicht zu wählen. Gleiche Wahl bedeutet, dass jede Stimme gleich viel zählt und denselben Einfluss auf das Wahlergebnis hat. Das wirft in der Realität Probleme auf: Eine Einschränkung der gleichen Wahl liegt darin, dass Parteien die Fünf-Prozent-Hürde überwinden müssen, um im Bundestag vertreten zu sein. Erzielt eine Partei ein niedrigeres Ergebnis, sind die für sie abgegebenen Stimmen „verloren“ und zählen gerade nicht gleich viel wie die Stimmen, die für eine etablierte Partei abgegeben wurden. Trotzdem hat das Bundesverfassungsgericht die Fünf-Prozent- Hürde akzeptiert, damit ein funktionsfähiger Bundestag mit <?page no="25"?> 26 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de starken Parteien und stabilen Mehrheiten zustande kommt und es kein „Splitter-Parlament“ gibt. Geheime Wahl bedeutet nicht nur, dass der Wähler seine Entscheidung geheim halten darf, sondern auch, dass er dies bei der Wahlhandlung selbst sogar tun muss. Parteien spielen bei den Wahlen zum Bundestag und den Landtagen eine wichtige Rolle. Art. 21 GG (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. (2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Nach Art. 21 GG ist die Aufgabe der Parteien die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes. Sie sind Mittler zwischen Gesellschaft und Staat. Aus diesem Grund bestimmt Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG, dass auch die Parteien selbst demokratisch organisiert sein müssen. Zum einen können sich Bürger in politischen Parteien engagieren. Zum anderen werden politische Staatsämter nach „Parteibuch“ vergeben, so dass den Parteien eine bedeutende Rolle in der Verfassung zukommt. Bundestagsabgeordnete sind keine Parteivertreter. Art. 38 S. 2 GG stellt klar, dass die Abgeordneten als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Diese Unabhängigkeit kennzeichnet im Gegenzug zum gebundenen (auch: imperativen Mandat) das freie Mandat. In der Praxis allerdings fühlen sich Bundestagsabgeordne- <?page no="26"?> Bundestag 27 fit-lernhilfen.de te meistens gezwungen, ausschließlich die Meinung ihrer Partei zu vertreten. Die Hürden für ein Parteienverbot, über welches das Bundesverfassungsgericht entscheidet, sind sehr hoch. Eine Partei kann gemäß Art. 21 Abs. 2 GG verboten werden, wenn sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Die Gesetze werden von den Bundestagsabgeordneten beschlossen. Gemäß § 1 BWG zählt der Bundestag im Regelfall 598 Abgeordnete, die nach einem personalisierten Verhältniswahlrecht gewählt werden. Bei einem reinen Verhältniswahlrecht gewinnt eine Partei so viele Mandate, wie ihr nach dem Prozentsatz der Stimmen zustehen. Würde eine Partei also z. B. 50 % der Stimmen erringen, könnte sie die Hälfte der Abgeordneten stellen. Nachteilig an diesem System ist die Tatsache, dass ein beliebter und engagierter Kandidat trotz eines überragenden Erfolgs in seinem Wahlkreis nur deshalb nicht ins Parlament einziehen würde, wenn seine Partei im gesamten Wahlgebiet zu wenige Stimmen erreicht hat. Das Mehrheitswahlrecht (auch: Personenwahlrecht) zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass der Kandidat in einem Wahlkreis ein Mandat gewinnt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt. In einem solchen System (z. B. in Großbritannien) kann es vorkommen, dass Kandidaten ins Parlament einziehen, die jeweils in ihren Wahlkreisen die meisten Stimmen erzielt haben, obwohl ihrer Partei nach dem Ergebnis im gesamten Land gar nicht so viele Parlamentssitze zukommen. Außerdem ist es für kleinere Parteien quasi unmöglich, Parlamentssitze zu erringen. <?page no="27"?> 28 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Mit dem personalisierten Verhältniswahlrecht versucht das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland, die Stärken beider Systeme zu kombinieren: Mit der Erststimme wählen die Bürger den Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis. Derzeit gibt es in Deutschland 299 Wahlkreise. Wer in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen erzielt, zieht in den Bundestag ein. Somit ist bereits die Hälfte aller Bundestagsmandate vergeben. Die Erststimme wählt also im Wege einer Direktwahl nach dem Mehrheitswahlrecht. Die Zweitstimme entscheidet darüber, wie das prozentuale Verhältnis der Parteien im Bundestag ist. Erzielt z. B. eine Partei 33 % der Zweitstimmen, erhält sie (vereinfacht) rund ein Drittel der Sitze im Bundestag. Zuerst wird geprüft, wie viele Mandate die Partei bereits über die Erststimme erlangt hat. Die dann noch freien Plätze werden entsprechend der Reihenfolge auf Listen, welche die Parteien vor der Wahl bestimmt haben, vergeben. Je besser der Listenplatz eines Kandidaten, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in den Bundestag einzieht. Die Stimmen für die Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erreichen, zählen nicht, so dass die rein rechnerisch auf diese kleinen Parteien entfallenden Sitze auf die großen verteilt werden. Ein Direktkandidat, der seinen Wahlkreis gewonnen hat, zieht auch dann in den Bundestag ein, wenn seine Partei unter der Fünf-Prozent-Hürde landet. Wenn eine Partei mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen drei oder mehr Direktmandate erzielt, fällt für sie die Fünf- Prozent-Hürde weg. Die PDS z. B. erzielte bei der Bundestagswahl 1994 einen Zweitstimmenanteil von 4,4 Prozent. Weil sie in vier Wahlkreisen das beste Erststimmenergebnis errang, fiel die Fünf-Prozent-Hürde für diese Partei, und es zogen insgesamt 30 PDS-Abgeordnete in den Bundestag ein. <?page no="28"?> Bundestag 29 fit-lernhilfen.de Problematisch am personalisierten Verhältniswahlrecht ist die Tatsache, dass das Ergebnis der Zweitstimme auch auf jene Mandate angewendet wird, die schon durch die Erststimme vergeben wurden. Stehen einer Partei nach der Zweitstimme weniger Sitze zu, als sie nach der Erststimme erzielt hat, vergrößert sich der Bundestag mit Abgeordneten anderer Parteien durch Überhangmandate, bis das Verhältnis nach der Zweitstimme erreicht ist. Beispiel (vereinfacht): In 302 Wahlkreisen haben Kandidaten einer Partei das beste Ergebnis erzielt. Sie sind als Abgeordnete gewählt und stellen schon mehr als die Hälfte der insgesamt 598 Abgeordneten. Wenn die Partei nun allerdings mit der Zweitstimme nur 50 % erlangt hat, stünden ihr eigentlich nur 299 Sitze zu (=598/ 2). Dies löst man dadurch, dass nicht etwa drei Direktkandidaten der Partei (Überhangmandate) aus dem Bundestag ausscheiden müssen, sondern indem der Bundestag soweit vergrößert wird, bis die 302 Abgeordneten 50 % darstellen. Der Bundestag wächst also auf 604 Abgeordnete an. Die zusätzlichen 6 Sitze sind also drei Überhangmandate und drei Ausgleichsmandate für die anderen Parteien. Die Abgeordneten und deren Unabhängigkeit werden auf zweierlei Weise geschützt: Art. 46 GG (1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen. (2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Be- <?page no="29"?> 30 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de gehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird. Die Indemnität des Abgeordneten (Art. 46 Abs. 1 GG) soll dessen Redefreiheit sichern. Die Immunität des Abgeordneten (Art. 46 Abs. 2 GG) bedeutet, dass er - außer wenn er „auf frischer Tat ertappt“ wird - nur mit Zustimmung des Bundestages (genauer: des Immunitätsausschusses) strafrechtlich verfolgt werden darf. Das Instrument der Immunität soll das Parlament davor schützen, dass seine Arbeit von der Exekutive (Regierung) torpediert wird, indem z. B. unliebsame Abgeordnete vor wichtigen Abstimmungen verhaftet werden. Letztlich handelt es sich um ein Mittel zur Sicherung der Gewaltenteilung und der Funktionsfähigkeit des Parlaments. Die Legislaturperiode des Bundestages beträgt vier Jahre. In seiner ersten Sitzung nach der Bundestagswahl wählt der Bundestag den Bundestagspräsidenten und die Vizepräsidenten. Alle Abgeordneten einer Partei im Bundestag bilden eine Fraktion. Die eigentliche Sacharbeit, der Entwurf und die Diskussion von Gesetzen findet in den Ausschüssen statt, die für bestimmte Bereiche zuständig sind (z. B. Verteidigungsausschuss, Haushaltsausschuss). Die Ausschüsse sind kleiner als der Bundestag, sollen ihn aber abbilden, was die Mehrheitsverhältnisse angeht. Der Bundestag hat verschiedene Aufgaben. Man unterscheidet: Gesetzgebungsfunktion Wahlfunktion Kontrollfunktion Repräsentationsfunktion. Am wichtigsten ist neben der Gesetzgebungsfunktion die Wahl des Bundeskanzlers durch den Bundestag. <?page no="30"?> Bundesrat 31 fit-lernhilfen.de Bundesrat Das zweite Gesetzgebungsorgan ist der Bundesrat. Art. 50 GG Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Der Bundesrat ist also die Länderkammer, in der Mitglieder der Landesregierungen vertreten sind. Die Anzahl der Stimmen eines Bundeslandes richtet sich nach seiner Größe. Die Stimmen eines Bundeslandes können nur einheitlich abgegeben werden. Einwohnerzahl Anzahl der Bundesratesstimmen Bundesländer Weniger als 2 Millionen 3 Bremen, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern, Saarland Mehr als 2 Millionen 4 Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen Mehr als 6 Millionen 5 Hessen Mehr als 7 Millionen 6 Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen Wichtigste Funktion des Bundesrates ist die Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Bei manchen Gesetzen kann der Bundesrat den Bundestag zu einer nochmaligen Entscheidung zwingen, bei anderen Gesetzen ist sogar die Zustimmung des Bundesrates nötig. <?page no="31"?> 32 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Daneben wählt der Bundesrat einen Ministerpräsidenten zum Bundesratspräsidenten, welcher der Vertreter des Bundespräsidenten ist. Bundespräsident Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Gemeinsam mit der Bundesregierung und dem Bundeskanzler zählt er zu den ausführenden Organen des Bundes. Der Bundespräsident wird gemäß Art. 54 Abs. 1 GG von der Bundesversammlung für fünf Jahre gewählt. Die Bundesversammlung tritt nur hierfür zusammen. Sie setzt sich aus den Bundestagsabgeordneten und gleich vielen Repräsentanten der Länderregierungen zusammen. Die Stellung des Bundespräsidenten in der Bundesrepublik Deutschland ist schwach. Das Grundgesetz hat sich für ein parlamentarisches System und gegen ein Präsidialsystem mit starker Stellung des Staatsoberhaupts (wie z. B. in den USA und in Frankreich) entschieden. Die Aufgaben des Bundespräsidenten beschränken sich deshalb weitgehend auf Repräsentation z. B. bei Staatsempfängen. Bundesregierung und Bundeskanzler Das weitaus wichtigere Exekutivorgan ist die Bundesregierung, die sich aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern zusammensetzt. Die Wahl des Bundeskanzlers regelt Art. 63 GG. Art. 63 GG (1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt. (2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen. <?page no="32"?> Bundesregierung und Bundeskanzler 33 fit-lernhilfen.de Die Bundestagsabgeordneten wählen also den Bundeskanzler, der - nach seiner Ernennung durch den Bundespräsidenten - wiederum die Bundesminister vorschlägt. Der Bundespräsident ernennt die Bundesminister und darf dies nur in gravierenden Ausnahmefällen ablehnen. Art. 65 GG Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung. Den Ministern werden bestimmte Ressorts zugeordnet, deren Zuschnitt vom Bundeskanzler bestimmt werden kann. Lediglich das Finanzministerium, Verteidigungsministerium und Justizministerium müssen zwingend bestehen. Nach dem Ressortprinzip leitet jeder Minister sein Ministerium selbstständig und eigenverantwortlich. Die Bundesminister können, müssen aber nicht Bundestagsabgeordnete sein. Weitere berufliche Tätigkeiten dürfen die Bundesminister während ihrer Amtszeit nicht ausüben. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Ministerien entscheidet die Bundesregierung als Kabinett (Kollegialprinzip oder Kabinettsprinzip). Trotz des Ressortprinzips liegt die größte politische Macht beim Bundeskanzler. Er bestimmt die Richtlinien der Politik, entscheidet also über die Grundsatzfragen. Nur innerhalb der Vorgaben des Bundeskanzlers sind die Minister selbstständig. Der Bundestag kann dem Bundeskanzler nach Art. 67 GG das Misstrauen aussprechen und ihn damit stürzen. <?page no="33"?> 34 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Art. 67 Abs. 1 GG Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muss dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen. Das Misstrauensvotum muss also damit verbunden sein, dass der Bundestag gleichzeitig einen neuen Bundeskanzler wählt. Dieses konstruktive Misstrauensvotum soll - anders als ein destruktives Misstrauensvotum, das in der Weimarer Republik möglich war - sicherstellen, dass es einen neuen Regierungschef gibt und kein Machtvakuum entsteht. Wenn sich der Bundeskanzler versichern will, dass die Mehrheit des Bundestages seine Politik noch unterstützt, kann er die Vertrauensfrage stellen. Art. 68 Abs. 1 GG Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt. Spricht der Bundestag dem Bundeskanzler das Vertrauen nicht aus, kann der Bundeskanzler die Auflösung des Bundestages verlangen und so Neuwahlen erzwingen. Die Vertrauensfrage, die mit einer Abstimmung über ein konkretes Gesetz verbunden werden kann, ist ein Mittel des Bundeskanzlers zur Disziplinierung aller Abgeordneten der Regierungsparteien. Als Exekutivorgan sorgt die Bundesregierung dafür, dass bestehende Gesetze angewendet werden. Wichtiger noch ist jedoch die politische Arbeit. So entwirft die Bundesregierung neue Gesetze, pflegt Beziehungen zu anderen Staaten und stößt politische Diskussionen an. <?page no="34"?> Bundesregierung und Bundeskanzler 35 Abb. 2: Verfassungsorgane in Deutschland Bundespräsident Bundesversammlung Bundestag Bundesregierung Bundeskanzler Bundesminister Bundesrat Landesregierungen Landesparlamente Bundesverfassungsgericht Kontrolle Wahl 50 % Wahl Kontrolle Kontrolle 50 % Kontrolle Entsendung Wahl Volk Gesetzgebung Wahl Wahl <?page no="35"?> 36 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 2.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Allgemeine Wahl bedeutet, dass an den Bundestagswahlen alle Deutschen teilnehmen können. richtig falsch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft können von den Gemeinden umfassend und eigenständig entschieden werden. richtig falsch Auf Bundesebene gibt es Volksabstimmungen über konkrete Gesetzesvorhaben. richtig falsch Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Ministerien entscheidet der Bundeskanzler. richtig falsch <?page no="36"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 37 fit-lernhilfen.de Beim Mehrheitswahlrecht gewinnt eine Partei so viele Mandate, wie ihr nach dem Prozentsatz der Stimmen zustehen. richtig falsch Belastende Gesetze können grundsätzlich niemals rückwirkend gelten. richtig falsch Die „Gesetze“ auf Gemeindeebene heißen Satzungen. richtig falsch Die Anzahl der Stimmen eines Bundeslandes im Bundesrat richtet sich nach seiner Fläche. richtig falsch Die Bundesländer sind zwar Glieder der Bundesrepublik, haben aber eigene Hoheitsmacht. richtig falsch Die Bundesrepublik Deutschland ist als Staatenbund ein Zusammenschluss eigenständiger Bundesländer. richtig falsch Die Exekutive darf nur dann in Rechte des Bürgers eingreifen, wenn sie hierzu aufgrund eines Gesetzes ermächtigt ist. richtig falsch <?page no="37"?> 38 Etappe 2: Staatsorganisationsrecht fit-lernhilfen.de Die Fünf-Prozent-Hürde betrifft das Prinzip der gleichen Wahl nicht. richtig falsch Die Indemnität des Abgeordneten soll dessen Redefreiheit sichern. richtig falsch Die Länder müssen die Grundsätze des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes beachten. richtig falsch Ein Misstrauensvotum gegen einen Bundeskanzler muss immer damit verbunden sein, dass der Bundestag gleichzeitig einen neuen Bundeskanzler wählt. richtig falsch Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass sie kein gekröntes Staatsoberhaupt wie einen König oder Herzog hat. richtig falsch Geheime Wahl bedeutet auch, dass der Wähler seine Entscheidung bei der Wahlhandlung selbst geheim halten muss. richtig falsch <?page no="38"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 39 Gemäß dem Grundgesetz könnte Deutschland auch ein Zentralstaat wie Frankreich sein. richtig falsch Mit der Erststimme wählen die Bürger den Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis. richtig falsch Nach dem Grundgesetz sollen Bundestagsabgeordnete die Vertreter ihrer Parteien im Bundestag sein. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="40"?> Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtchung <?page no="41"?> 42 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapital geht es zunächst um die Zuständigkeiten und Verfahren bei der Schaffung von Gesetzen. Außerdem wird erklärt, wie die Gerichte, welche die Gesetze anwenden, in Deutschland strukturiert sind. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Gesetz Gesetzgebungskompetenz Verwaltungskompetenz ausschließliche und konkurrierende Zuständigkeit Subsidiaritätsklausel Gesetzgebungsverfahren Zwei-Drittel-Mehrheit Einspruchsgesetz Zustimmungsgesetz verfassungsänderndes Gesetz Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde Normenkontrolle Organstreit ordentliche Gerichte Verwaltungsgerichte Fachgerichte Wofür benötige ich dieses Wissen? Die für Unternehmen wichtigen Gesetze werden in Deutschland nicht alleine vom Bund, sondern auch von den Ländern und von beiden gemeinsam beschlossen. Im Falle einer Klage ist wichtig zu wissen, an welches Gericht das Unternehmen sich wenden muss. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, den Gesetzgebungsprozess darzustellen ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu unterscheiden die Zuständigkeit von Gerichten für beispielhafte Fälle zu bestimmen. Los geht’s! <?page no="42"?> Zuständigkeiten in der Gesetzgebung 43 fit-lernhilfen.de Zuständigkeiten in der Gesetzgebung Der Bundestag ist neben dem Bundesrat das gesetzgebende Organ des Bundes. Gesetz Gesetz ist jede Vorschrift, die auf Dauer angelegt ist und in abstrakt-genereller Form für eine unbestimmte Anzahl von Fällen Anordnungen trifft. Zu den Gesetzen in diesem weiten Sinn zählen auch Rechtsverordnungen eines Ministeriums oder des Bundesrates sowie Gemeindesatzungen, die „Gesetze“ auf Gemeindeebene. Die „klassischen“ Gesetze, die der Bundestag erlässt, nennt man zur Klarstellung formelle Gesetze. Auf der Homepage „www.gesetze-im-internet.de“ stellt das Bundesjustizministerium den Bürgern fast das gesamte Bundesrecht in tagesaktueller Form zur Verfügung. Die Bundesländer haben für ihr Landesrecht vergleichbare Informationsangebote im Internet. Für Unternehmen des Einzelhandels sind z. B. die Ladenöffnungsgesetze wichtig, die von den Bundesländern beschlossen wurden und sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Anlass für viele Auseinandersetzungen in der politischen Praxis der Bundesrepublik ist die Abgrenzung von Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder. Dabei geht es also um die Frage, wer welche Gesetze erlassen darf. In Art. 30 GG ist festgelegt, dass der Bund gesetzgeberisch nur dort tätig werden darf, wo ihm dieses Recht zugewiesen ist. Art. 30 GG Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Die Gesetzgebungskompetenz („Ausübung der staatlichen Befugnisse“) und die Verwaltungskompetenz („Erfüllung der staatlichen Aufgaben“) liegen also grundsätzlich bei den Ländern. <?page no="43"?> 44 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Bei der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterscheidet man die ausschließliche Zuständigkeit und die konkurrierende Zuständigkeit. In Art. 73 GG und Art. 105 GG ist die ausschließliche Bundeszuständigkeit geregelt. Dabei sind bestimmte Rechtsbereiche aufgeführt, in denen ausschließlich der Bund Gesetze erlassen darf. Es handelt sich um Fragen, die sinnvollerweise einheitlich in einem Staat geregelt werden sollten, bei denen also Unterschiede zwischen den Bundesländern unerwünscht sind. Es leuchtet z. B. ein, dass der Bund Gesetze darüber erlässt, welche Maßeinheiten im gesamten Bundesgebiet gelten. Die wichtigsten Bereiche der ausschließlichen Bundeszuständigkeit sind Beziehungen zu anderen Staaten, Verteidigung, Staatsangehörigkeit, Währungswesen, Zoll- und Handelsverkehr, Gewerblicher Rechtsschutz (z. B. Markenrecht) und Urheberrecht. Bei der konkurrierenden Bundesgesetzgebung hat der Bund nicht die alleinige Gesetzgebungskompetenz. Während z. B. Gesetze über die Bundeswehr in die originären Zuständigkeiten des Bundes fallen, hat der Bund in anderen Bereichen die Möglichkeit (aber nicht die Pflicht), anstelle der Länder Gesetze zu erlassen und hierdurch erst die Kompetenz von den Ländern an sich zu ziehen. Das Besondere der konkurrierenden Gesetzgebung ist also, dass die Länder nur solange zuständig sind, bis der Bund selbst ein Gesetz erlassen hat. <?page no="44"?> Zuständigkeiten in der Gesetzgebung 45 fit-lernhilfen.de Art. 72 Abs. 1 GG Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Diese konkurrierende Bundesgesetzgebung besteht u. a. auf den Feldern Zivilrecht, Strafrecht, Recht der Wirtschaft, Arbeitsrecht, Kartellrecht, Gesundheitsrecht, Lebensmittelrecht, Straßenverkehrsrecht, Abfallrecht, Recht der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse. Hat der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, verdrängen die Bundesgesetze die Landesgesetze. Diese in Art. 31 GG festgelegte Regelung wird mit der Formulierung „Bundesrecht bricht Landesrecht“ beschrieben. Nur in einigen (weniger wichtigen) Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung (z. B. dem Hochschulzulassungsrecht) bestimmt Art. 73 Abs. 2 GG, dass die Länder ihrerseits wiederum von den Bundesgesetzen abweichen dürfen. Es gilt dann das Gesetz, das zuletzt erlassen wurde, unabhängig davon, ob es sich um ein Bundes- oder ein Landesgesetz handelt. Diese Abweichungsmöglichkeit vom Grundsatz, das Bundesrecht Landesrecht bricht, wurde im Rahmen der Föderalismusreform im Jahre 2009 geschaffen. <?page no="45"?> 46 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Beispiel Grundsätzlich sind die Länder für Zulassungsbeschränkungen bei Hochschulstudiengängen zuständig. Es gelten die Landeshochschulzulassungsgesetze. Würde der Bund nun ein eigenes Gesetz erlassen, hätte dieses Bundesgesetz Vorrang. Anschließend könnten beispielsweise einzelne Länder hiervon durch neue Landesgesetze wieder abweichen. Sie würden dann solange gelten, bis der Bund womöglich wieder ein einheitliches Bundesgesetz verabschiedet. Die für Unternehmen wichtigste konkurrierende Bundeskompetenz ist jene, das Recht der Wirtschaft zu regeln. Da nahezu alle Regelungen irgendeine wirtschaftliche Auswirkung haben, ist es schwierig, diese Gesetzgebungskompetenz genau zu definieren. In Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG heißt es deshalb erläuternd, dass folgende Bereiche zum Recht der Wirtschaft zählen: Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG …Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen, jeweils ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte. Regelungen zum Industrie-, Handels-, Gewerbe-, Bank- und Versicherungsrecht bilden den Kern dieser Gesetzgebungskompetenz. In diesen Bereichen kann der Bund jedoch nicht nach Belieben eigene Gesetze erlassen. Vielmehr hat der Bund beim Recht der Wirtschaft und einigen anderen Feldern der konkurrierenden Gesetzgebung nur unter der Bedingung des Art. 72 Abs. 2 GG ein Gesetzgebungsrecht. Dort heißt es: Art. 72 Abs. 2 GG … wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. <?page no="46"?> Zuständigkeiten in der Gesetzgebung 47 fit-lernhilfen.de Diese Subsidiaritätsklausel soll sicherstellen, dass der Bund nur dort gesetzgeberisch tätig wird, wo dies tatsächlich nötig ist. Den Ländern wird nur dann die Kompetenz genommen, wenn ein Bundesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich ist. Dabei muss der Bund triftige Gründe angeben, warum ohne eine solche einheitliche Regelung durch unterschiedliche Landesgesetze eine untragbare rechtliche Zersplitterung eintritt. Die Subsidiaritätsklausel wird vom Bundesverfassungsgericht eng interpretiert. Beispiel Der Bund hat im Jahr 2002 das Hochschulrahmengesetz geändert und bundesweit Studiengebühren verboten. Hiergegen hatten verschiedene Landesregierungen einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht gestellt. Das Gericht hat entschieden, dass es weder die einheitlichen Lebensverhältnisse noch eine einheitliche Rechts- und Wirtschaftseinheit nötig machen, dass an keiner Hochschule Studiengebühren erhoben werden. Es sei keine unzumutbare Situation, wenn manche Bundesländer Studiengebühren erheben und andere nicht, sondern führe sogar positiv zu einem Wettbewerb unter den Bundesländern. In der Praxis hat der Bund von seinen Gesetzgebungskompetenzen umfangreich Gebrauch gemacht, so dass die meisten wichtigen Gesetze Bundesgesetze sind. Ausnahmen sind die Polizeigesetze und Schulgesetze. Nur wenige Gesetze werden allerdings vom Bund selbst ausgeführt. Die Verwaltung liegt größtenteils in den Händen der Länder. <?page no="47"?> 48 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Gesetzesbeschluss im Bundestag Ist der Bund für den Erlass von Gesetzen zuständig, muss er darüber hinaus die Regeln über das Gesetzgebungsverfahren beachten, das in den Art. 76 bis 82 GG geregelt ist. Am Anfang steht die Frage, wer ein Gesetzgebungsverfahren überhaupt starten darf. Art. 76 Abs. 1 GG Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht. Die Gesetzesinitiative, also die Befugnis, Gesetze vorzuschlagen, steht also der Bundesregierung, dem Bundesrat und der „Mitte des Bundestages“ zu. Den unklaren Begriff der „Mitte des Bundestages“ hat der Bundestag in seiner Geschäftsordnung dahingehend präzisiert, dass eine Bundestagsfraktion oder 5 % der Bundestagsabgeordneten gemeinsam eine Gesetzesvorlage einbringen dürfen. Die Praxis: Die mit Abstand meisten Gesetzesvorschläge stammen von der Bundesregierung. Die Gesetze werden vorher in den Ministerien erarbeitet und dann im Kabinett von der Bundesregierung intern beschlossen. Danach kann der Bundesrat zum Vorschlag Stellung nehmen. Über die Gesetzesvorlage finden dann im Bundestag drei Lesungen statt. Das bedeutet, dass das Gesetz in drei Sitzungen im Plenum diskutiert wird und Änderungen vorgenommen werden. Dies geschieht in den Ausschüssen, wo die Gesetzesvorlage beraten wird. <?page no="48"?> Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung 49 fit-lernhilfen.de Nach der dritten Lesung entscheidet der Bundestag über den Gesetzesvorschlag und fasst den Gesetzesbeschluss. Das Gesetz ist gemäß Art. 42 Abs. 2 GG beschlossen, wenn es die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Soll durch ein verfassungsänderndes Gesetz das Grundgesetz verändert werden, ist nach Art. 79 Abs. 2 GG eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Bundestagsabgeordneten (nicht der abgegebenen Stimmen) erforderlich. Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung Mit dem Gesetzesbeschluss des Bundestages ist das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Anschließend muss das Gesetz vom Bundesrat als Vertretung der Länder gebilligt werden. Welche Mitspracherechte der Bundesrat hat, richtet sich danach, ob es sich um ein Einspruchsgesetz, Zustimmungsgesetz oder verfassungsänderndes Gesetz handelt. Die meisten Gesetze sind Einspruchsgesetze. Bei diesen Gesetzen kann der Bundesrat nur entweder zustimmen oder Einspruch einlegen. Stimmt er ausdrücklich oder durch Schweigen zu, ist das Bundesgesetz gemäß Art. 78 GG zustande gekommen. Ist der Bundesrat mit dem Gesetzesbeschluss des Bundestages nicht einverstanden, kann er den so genannten Vermittlungsausschuss anrufen. Der Vermittlungsausschuss besteht aus je 16 Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates und soll eine Kompromisslösung erarbeiten, der dann Bundestag und Bundesrat zustimmen können. Verständigt sich der Vermittlungsausschuss auf einen Änderungsvorschlag, stimmt der Bundestag hierüber ab. <?page no="49"?> 50 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Stimmt der Bundestag zu und nimmt anschließend auch der Bundesrat diesen Gesetzesbeschluss an, ist das Gesetz zustande gekommen. Andernfalls kann er weitere Vermittlungsverfahren einleiten. Bleibt der Bundestag bei seinem ursprünglichen Gesetzesbeschluss oder möchte der Bundesrat auch den Änderungsvorschlägen immer noch nicht zustimmen, steht ihm die Möglichkeit offen, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen. Hierdurch wird der Bundestag gezwungen, nochmals über dasselbe Gesetz abzustimmen. Hat der Bundesrat den Einspruch mit der einfachen Mehrheit seiner Stimmen beschlossen, muss auch der Bundestag sein ursprüngliches Gesetz noch einmal mehrheitlich bestätigen. Hat der Bundesrat den Einspruch mit einer Zwei-Drittel- Mehrheit beschlossen, muss der Bundestag nun auch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen reagieren, wobei diese zwei Drittel der Stimmen auch noch mehr als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten repräsentieren müssen. Beispiel Der Bundestag beschließt in dritter Lesung ein Gesetz, wobei 400 Abgeordnete anwesend sind und hiervon 250 dem Gesetz zustimmen. Der Bundesrat legt nach erfolglosem Vermittlungsverfahren mit 46 der insgesamt vorhandenen 69 Stimmen, als also mit Zwei-Drittel-Mehrheit, Einspruch ein. Der Bundestag muss nun erneut über das Gesetz beschließen. Nun sind 500 von 598 Bundestagsabgeordneten anwesend. 300 Abgeordnete, als mehr als die Hälfte, stimmen zu. Das Gesetz ist dennoch gescheitert, da zwar die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages für das Gesetz votiert hat, der Zwei-Drittel-Einspruch des Bundesrates aber nicht durch zwei Drittel der Stimmen des Bundestages zurückgewiesen wurde. Neben den Einspruchsgesetzen gibt es die Zustimmungsgesetze (auch: zustimmungsbedürftige Gesetze). Dies sind Gesetze, bei denen der Bundesrat zustimmen muss. Lehnt der Bundesrat einen <?page no="50"?> Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung 51 fit-lernhilfen.de Gesetzesbeschluss des Bundestages ab, kann der Bundestag den Bundesrat nicht wie bei den Einspruchsgesetzen überstimmen. Ob es sich um ein Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz handelt, regelt das Grundgesetz. Zustimmungsgesetze sind solche, die eine Auswirkung auf die Finanzen der Länder haben oder in deren Verwaltungs- und Organisationshoheit der Länder eingreifen. Ist der Bundesrat mit einem Gesetzesbeschluss des Bundestages nicht einverstanden, kann er den Vermittlungsausschuss anrufen. Stimmt der Bundesrat der Vermittlungslösung nicht zu oder erklärt er ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses sein Veto, ist das Gesetz gescheitert. Es genügt also, dass der Bundesrat einem Gesetz die Zustimmung verweigert. Es kann also festgehalten werden: Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundestag folglich eine Entscheidung des Bundesrates immer „überstimmen“, muss dabei aber die erforderlichen Mehrheiten erreichen. Bei Zustimmungsgesetzen führt die Ablehnung des Bundesrates endgültig zum Scheitern der Gesetzesvorlage. Da die Macht des Bundesrates bei Zustimmungsgesetzen sehr hoch ist und die Mitglieder des Bundesrates häufig weniger die Interessen der Bundesländer, sondern mehr die Interessen ihrer Parteien vertreten, kommt es bei unterschiedlicher Parteiendominanz in Bundestag und Bundesrat häufig zu einer Blockadepolitik des Bundesrates. Historie: Vor der Föderalismusreform des Jahres 2006 waren alle Gesetze zustimmungsbedürftig, sobald den Bundesländern in diesen Gesetzen Vorgaben zur Anwendung der Gesetze durch die Landesverwaltungen gemacht wurden. In der Reform wurden deshalb die Fälle zustimmungsbedürftiger Gesetze reduziert. Wäh- <?page no="51"?> 52 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de rend vorher mehr als die Hälfte aller Bundesgesetze zustimmungsbedürftig waren, sank die Zahl der Zustimmungsgesetze in der nächsten Legislaturperiode auf rund 40 %. Wichtigste Beispiele für heute zustimmungsbedürftige Gesetze sind folgende Rechtsgebiete: Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU Pflichten der Landes- und Kommunalbeamten Sozialleistungen der Länder Steuern, die auch den Ländern oder Gemeinden zugutekommen Wenn Bundesgesetze das Verwaltungsverfahren zur Anwendung der Gesetze auf Landesebene regeln, können die Bundesländer hiervon abweichende Vorschriften erlassen. Aus diesem Grund sind solche Bundesgesetze nur dann zustimmungsbedürftig, wenn sie die Abweichungsmöglichkeiten der Länder ausschließen. Verfassungsändernde Gesetze sind Gesetze, durch die das Grundgesetz verändert wird. Dieses Änderungsgesetz muss eine doppelte Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen, damit die Grundgesetzänderung beschlossen ist: Zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages müssen zustimmen und der Bundesrat muss das Gesetz mit zwei Dritteln seiner Stimmen billigen. Diese hohen Hürden für eine Veränderung des Grundgesetzes sollen die Stabilität der Verfassung sichern. Gänzlich ausgeschlossen sind Gesetze, die Art. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) und Art. 20 GG (Staatsorganisationsprinzipien) ändern. Dass die dort niedergelegten demokratischen Grundsätze nie modifiziert werden können, nennt man Ewigkeitsgarantie. Die Art. 2 bis 19 GG, in denen ebenfalls Grundrechte geregelt sind, können geändert werden. <?page no="52"?> Rechtsverordnungen 53 fit-lernhilfen.de Rechtsverordnungen Manchmal können Bundestag und Bundesrat im Rahmen der Bundesgesetzgebung nicht alle Details eines Gesetzes regeln. Es kann z. B. vorkommen, dass in einem Gesetz Grenzwerte gelten, die regelmäßig geändert werden müssen, oder das Gesetz noch nicht alle notwendigen Regelungen dazu enthält, wer es ausführt und welches Verfahren hierbei zu beachten ist. Ein Bundesgesetz kann daher vorsehen, dass eine Rechtsverordnung (oder kurz: Verordnung) erlassen werden kann, um diese Lücken zu schließen. Art. 80 Abs. 1 GG Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung. Eine Rechtsverordnung kann also erlassen werden von der Bundesregierung, einem Bundesministerium oder einer Landesregierung. Das Bundesgesetz muss genau bestimmen, dass eine Rechtsverordnung zugelassen wird und wer sie erlässt. Ohne gesetzliche Ermächtigung ist eine Rechtsverordnung also nicht zulässig. Das Gesetz muss zusätzlich den Zweck und den Umfang der Ermächtigung bestimmen und somit der Rechtsverordnung den Rahmen setzen. Während die Ermächtigung ein formelles Gesetz ist, nennt man die Rechtsverordnung auch materielles Gesetz. <?page no="53"?> 54 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Beispiel Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) z. B. enthält die grundlegenden Bestimmungen zum Straßenverkehr in Deutschland. Es ermächtigt in § 6 StVG das Bundesverkehrsministerium, mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung zu erlassen, welche alle Einzelheiten darüber regelt, welche Verkehrsregeln genau gelten. Zu diesem Zweck hat das Bundesverkehrsministerium die Straßenverkehrsordnung (StVO) erlassen. Vorsicht gilt bei den Bezeichnungen der Rechtsnormen, die mitunter irreführend sind. So ist die Zivilprozessordnung (ZPO) trotz ihres Namens keine Rechtsverordnung, sondern ein formelles Gesetz. Bundesverfassungsgericht Die dritte Gewalt, die Judikative oder rechtsprechende Gewalt, teilt sich auf verschiedene Gerichtszweige auf. An der Spitze steht das Bundesverfassungsgericht (BVG oder BVerfG) mit Sitz in Karlsruhe, das die Einhaltung spezifischen Verfassungsrechts überwacht. Das Bundesverfassungsgericht ist keine Superrevisionsinstanz, also nicht dafür zuständig, jede Rechtsfrage abschließend zu klären. Es ist nur dafür zuständig, zu untersuchen, ob das Grundgesetz durch Maßnahmen der Legislative, der Exekutive oder der Gerichte verletzt wurde und bei Verstößen gegen die Verfassung Gesetze, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen für nichtig zu erklären bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Verfassungsorganen (z. B. zwischen Bundestag und Bundesregierung) zu entscheiden zu beurteilen, ob Bundestagswahlen ordnungsgemäß abgelaufen sind <?page no="54"?> Bundesverfassungsgericht 55 fit-lernhilfen.de Parteienverbote für grundgesetzwidrige Parteien auszusprechen über Anklagen gegen den Bundespräsidenten und Bundesrichter wegen Dienstpflichtverletzungen zu entscheiden. Die wichtigsten Verfahrensarten vor dem Bundesverfassungsgericht sind die Verfassungsbeschwerde die Normenkontrolle der Organstreit. Die Verfassungsbeschwerde als mit großem Abstand häufigste Verfahrensart vor dem Bundesverfassungsgericht ist im Kapitel 4 zu den ausgewählten Grundrechten näher dargestellt. Bei der Normenkontrolle unterscheidet man die abstrakte Normenkontrolle und die konkrete Normenkontrolle: Mit der abstrakten Normenkontrolle können Verfassungsorgane die Überprüfung von Gesetzen auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz beantragen. So können die Bundesregierung, eine Landesregierung oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten verlangen, dass ein Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit hin untersucht wird. Wenn es tatsächlich nicht verfassungsgemäß ist, erklärt das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für nichtig, kann dem Gesetzgeber aber einen Übergangszeitraum gewähren, innerhalb dessen eine neue verfassungsgemäße Regelung gefunden werden muss. Daneben gibt es die konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG: „Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und (...) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.“ <?page no="55"?> 56 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Das Gericht, z. B. ein Amtsgericht oder Arbeitsgericht, darf also nicht von sich aus ein Gesetz für verfassungswidrig erklären, sondern muss die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, wenn hiervon seine Gerichtsentscheidung abhängt. Dies gilt allerdings nur bei Gesetzen, die nach Inkrafttreten des Grundgesetzes verabschiedet wurden. Die Möglichkeit, ein Gesetz für verfassungswidrig zu erklären (Normverwerfungskompetenz) liegt also alleine beim Bundesverfassungsgericht. Über einen Organstreit muss das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG entscheiden, wenn sich Verfassungsorgane (z. B. Bundespräsident, Bundestag, Bundesregierung) oder andere Beteiligte, die durch das Grundgesetz oder durch die Geschäftsordnung der Verfassungsorgane eigene Rechte haben(z. B. Bundesminister, einzelne Bundestagsabgeordnete), miteinander streiten. Beispiele: Das Rederecht gehört zu den wichtigen Rechten eines Bundestagsabgeordneten. Beschränkt nun der Bundestagspräsident die Redezeit und fühlt sich ein Abgeordneter dadurch in seinem Rederecht verletzt, kann dieser Abgeordnete ein Organstreitverfahren gegen den Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht einleiten. Bundeskanzler Schröder ließ im Jahr 2005 durch den Bundespräsidenten den Bundestag auflösen, nachdem er bei der Vertrauensfrage gescheitert war. Gegen den Bundespräsidenten Köhler, der die Auflösung angeordnet hatte, haben zwei Abgeordnete einen Organstreit angestrengt, weil der Bundeskanzler die Vertrauensfrage nur zum Schein gestellt hätte, um den Bundestag auflösen zu können. Über die Einhaltung der Landesverfassungen wachen die 16 Verfassungsgerichte der Bundesländer, die - je nach Bundesland - Verfassungsgericht, Landesverfassungsgericht, Verfassungsgerichtshof oder Staatsgerichtshof heißen. <?page no="56"?> Weitere Rechtsprechungsorgane 57 fit-lernhilfen.de Weitere Rechtsprechungsorgane Während das Bundesverfassungsgericht nur für die Interpretation des Grundgesetzes zuständig ist, werden die anderen „normalen“ Gesetze von den ordentlichen Gerichten, den Verwaltungsgerichten und den Fachgerichten angewendet. Welcher Gerichtszweig zuständig ist, bestimmt sich danach, welche Rechtsnormen im Zentrum des Gerichtsprozesses stehen. Es muss also zuerst immer geprüft werden, welcher Rechtsweg eröffnet ist. Beispiel Klagt ein Arbeitnehmer auf Lohn, ist das Arbeitsgericht zuständig. Möchte ein Bürger gegen seinen Steuerbescheid vorgehen, muss er nach einem Einspruch vor dem Finanzgericht klagen. Liefert ein Verkäufer trotz Vertrags das Auto nicht, kann sich der Käufer an die ordentlichen Gerichte wenden. Als ordentliche Gerichtsbarkeit bezeichnet man in Deutschland die 661 Amtsgerichte (AG) als unterste Instanz 116 Landgerichte (LG) 24 Oberlandesgerichte (OLG) als höchste Instanz in einem Bundesland und den Bundesgerichtshof (BGH) mit Sitz in Karlsruhe als höchste Instanz in Deutschland sowie das Bundespatentgericht (BPatG) mit Sitz in München als oberstes Bundesgericht speziell für Patentstreitigkeiten. Die ordentlichen Gerichte sind für Zivilsachen und Strafsachen zuständig, entscheiden also über privatrechtliche Streitigkeiten zwischen Bürgern oder Unternehmen und führen die Strafprozesse, wenn ein Mensch wegen einer Straftat angeklagt ist. <?page no="57"?> 58 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Die erste Instanz (außer im Strafrecht bei schweren Straftaten gegen den Staat wie z. B. Terrorismus) ist immer das Amts- oder Landgericht. Welches der beiden zuständig ist, hängt von der finanziellen Bedeutung der Zivilsache oder der Schwere der Straftat in Strafsachen ab. Legt ein Prozessbeteiligter gegen die Entscheidung Berufung ein, überprüft das nächsthöhere Gericht sowohl die Tatsachen (z. B. Beweise, Zeugenaussagen) als auch die rechtliche Entscheidung. Gegen dieses Urteil ist dann noch die Revision vor dem nächsthöheren Gericht möglich, wo nur noch geprüft wird, ob eine rechtlich richtige Entscheidung getroffen wurde. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit entscheidet bei allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten zwischen einem Bürger oder Unternehmen auf der einen Seite und einer staatlichen Behörde auf der anderen Seite. Ausnahmen sind verfassungsrechtliche Fragen, für welche die Landesverfassungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht zuständig sind steuer- und zollrechtliche Fragen, die durch die Finanzgerichtsbarkeit entschieden werden sozialrechtliche Fragen, die vor der Sozialgerichtsbarkeit verhandelt werden. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit umfasst in Deutschland 52 Verwaltungsgerichte (VG) als unterste Instanz 15 Oberverwaltungsgerichte (OVG oder OVerwG) als höchste Instanz in einem Bundesland (in manchen Bundesländern als Verwaltungsgerichtshof (VGH) bezeichnet) und das Bundesverwaltungsgericht (BVG oder BVerwG) mit Sitz in Leipzig als höchste Instanz in Deutschland. Die Fachgerichtsbarkeit besteht aus: Arbeitsgerichtsbarkeit Finanzgerichtsbarkeit Sozialgerichtsbarkeit <?page no="58"?> Weitere Rechtsprechungsorgane 59 fit-lernhilfen.de Die Arbeitsgerichtsbarkeit entscheidet bei allen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie bei Streitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien, also Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Die Arbeitsgerichtsbarkeit umfasst in Deutschland 119 Arbeitsgerichte (AG oder ArbG) als unterste Instanz 18 Landesarbeitsgerichte (LAG oder LArbG) als höchste Instanz in einem Bundesland und das Bundesarbeitsgericht (BAG oder BArbG) mit Sitz in Erfurt als höchste Instanz in Deutschland. Die Finanzgerichtsbarkeit entscheidet bei allen steuer- und zollrechtlichen Streitigkeiten zwischen Bürgern und Unternehmen auf der einen Seite und Finanzämtern oder Zollbehörden auf der anderen Seite. Die Finanzgerichtsbarkeit umfasst in Deutschland 18 Finanzgerichte (FG) als untere Instanz und zugleich höchste Instanz in einem Bundesland und den Bundesfinanzhof (BFH) mit Sitz in München als höchste Instanz in Deutschland. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet bei allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen einem Bürger und der staatlichen Verwaltung, wenn es das Sozialrecht betroffen ist. Dazu gehören z. B. Angelegenheiten der gesetzlichen Sozialversicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung) und der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II). Die Sozialgerichtsbarkeit umfasst in Deutschland 69 Sozialgerichte (SG oder SozG) als unterste Instanz 14 Landessozialgerichte (LSG oder LSozG) als höchste Instanz in einem Bundesland und das Bundessozialgericht (BSG oder BSozG) mit Sitz in Kassel als höchste Instanz in Deutschland. <?page no="59"?> 60 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung Abb.3: Gerichtsbarkeit in Deutschland Verwaltungsgericht Arbeitsgericht Amtsgericht Sozialgericht Finanzgericht Landgericht Oberverwaltungsgericht Landesarbeitsgericht Oberlandesgericht Landessozialgericht Bundesverwaltungsgericht Bundesarbeitsgericht Bundesgerichtshof Bundessozialgericht Bundesfinanzhof Bundesverfassungsgericht Erste Instanz Berufungsinstanz Revisionsinstanz Prüfung auf Verfassungsgemäßheit Verwaltungsgerichtsbarkeit Arbeitsgerichtsbarkeit Ordentliche Gerichtsbarkeit Sozialgerichtsbarkeit Finanzgerichtsbarkeit <?page no="60"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 61 fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 3.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Alleine der Bundespräsident hat die Kompetenz, ein Gesetz für verfassungswidrig zu erklären. richtig falsch Auch private Organisationen wie Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften können Gesetze im Bundestag vorschlagen. richtig falsch Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bundestag und der Bundesregierung entscheidet der Bundespräsident. richtig falsch Das Bundesverfassungsgericht ist eine Superrevisionsinstanz, die alle Rechtsfragen abschließend klärt. richtig falsch <?page no="61"?> 62 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung fit-lernhilfen.de Die erste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist immer das Landgericht. richtig falsch Die Klage gegen einen Steuerbescheid muss das Unternehmen beim Amtsgericht einreichen. richtig falsch Die meisten Gesetze sind Zustimmungsgesetze. richtig falsch Die Staatsangehörigkeit und die Landesverteidigung gehören zu den Feldern der ausschließlichen Bundeszuständigkeit. richtig falsch Ein nicht verfassungsänderndes Gesetz ist verabschiedet, wenn es im Bundestag die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. richtig falsch Ein verfassungsänderndes Gesetz ist verabschiedet, wenn es im Bundestag die Mehrheit von drei Vierteln der Bundestagsabgeordneten erhält. richtig falsch Es gibt auch Rechtsbereiche, in denen bei konkurrierendem Bundes- und Landesrecht immer jenes von beiden gilt, das zuletzt erlassen wurde. richtig falsch <?page no="62"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 63 fit-lernhilfen.de Grundsätzlich liegen die Gesetzgebungs- und die Verwaltungskompetenz bei den Ländern. richtig falsch Hat der Bundesrat bei Einspruchsgesetzen einen Einspruch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen, muss der Bundestag diesen Einspruch ebenfalls mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit abwehren, damit das Gesetz beschlossen wird. richtig falsch In Bereichen der konkurrierenden Bundesgesetzgebung hat der Bund die Pflicht, anstelle der Länder Gesetze zu erlassen. richtig falsch Landesrecht bricht Bundesrecht. richtig falsch Legt ein Prozessbeteiligter gegen eine Gerichtsentscheidung Revision ein, überprüft das nächsthöhere Gericht sowohl die Tatsachen als auch die rechtliche Entscheidung. richtig falsch Mit der abstrakten Normenkontrolle können Verfassungsorgane Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. richtig falsch <?page no="63"?> 64 Etappe 3: Gesetzgebung und Rechtsprechung Mit der Verabschiedung eines Gesetzes im Bundestag endet der Gesetzgebungsprozess. richtig falsch Über die Gesetzesvorlage finden im Bundestag fünf Lesungen statt. richtig falsch Über Parteienverbote entscheidet der Bundestag. richtig falsch Verfassungsändernde Gesetze, die Art. 1 GG abändern, sind immer unwirksam.. richtig falsch Verständigt sich bei Einspruchsgesetzen der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat auf einen Änderungsvorschlag, ist das Gesetz beschlossen. richtig falsch Wenn ein Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung wehren möchte, muss er vor dem Amtsgericht Klage erheben. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="64"?> Etappe 4: Einführung in die Grundrechte <?page no="65"?> 66 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel wird erklärt, was Grundrechte in der deutschen Verfassung sind, für wen sie gelten und wie sie zur Anwendung kommen. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Grundrechte grundrechtsgleiche Rechte Abwehrrechte Schutzpflichten Leistungsrechte Teilhaberechte Grundrechtekollision Grundrechtsschranken Wesensgehaltsgarantie Ewigkeitsklausel Verhältnismäßigkeit Drittwirkung von Grundrechten Wofür benötige ich dieses Wissen? Die Grundrechte sind Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Sie gelten aber teilweise auch gegenüber den Unternehmen oder können von Unternehmen gegenüber dem Staat geltend gemacht werden. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, zu erläutern, wann auch Unternehmen Anspruch auf Grundrechte geltend machen können Abwehr-, Leistungs- und Teilhaberechte sowie Schutzpflichten zu unterscheiden und Grundrechtsbeispiele zu nennen Beispiele für Grundrechtekollision zu finden die drei Typen von Grundrechtsschranken zu erläutern die Grundrechtsprüfung (Schranken-Schranken) zu erläutern das Prinzip der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten zu erklären Los geht’s! <?page no="66"?> 67 fit-lernhilfen.de Grundrechte Grundrechte sind grundlegende, individuelle Rechte, die in der Verfassung festgelegt und garantiert sind. Die in Deutschland geltenden Grundrechte sind im Grundgesetz abschließend aufgeführt. Es gibt die Grundrechte, die im Grundrechtekatalog Art. 1 bis 19 GG aufgeführt sind, sowie die grundrechtsgleichen Rechte, die ebenfalls im Grundgesetz vorkommen und in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG abschließend aufgezählt werden („in Art. 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte“). Grundrechte GG Schutz der Menschenwürde Art. 1 Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Allgemeine Handlungsfreiheit, Freiheit der Person, Recht auf Leben, Recht auf körperliche Unversehrtheit Art. 2 Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz), Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, Recht auf sexuelle Selbstbestimmung Art. 1 und 2 Gleichheitssatz, Gleichberechtigung Art. 3 Glaubens- und Gewissensfreiheit, Recht auf Kriegsdienstverweigerung Art. 4 Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit sowie die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft Art. 5 Schutz von Ehe und Familie Art. 6 Recht auf Schulwahl, auf Erteilung und Teilnahme am Religionsunterricht, zur Errichtung von Privatschulen Art. 7 <?page no="67"?> 68 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de Versammlungsfreiheit Art. 8 Vereinigungsfreiheit Art. 9 Brief- und Postgeheimnis Art. 10 Freizügigkeit im Bundesgebiet Art. 11 Freiheit der Berufswahl, Verbot der Zwangsarbeit Art. 12 Unverletzlichkeit der Wohnung Art. 13 Eigentumsrechte Art. 14 Vergesellschaftung, Gemeineigentum Art. 15 Verbot von Ausbürgerung und Auslieferung Art. 16 Asylrecht Art.16a Petitionsrecht Art. 17 Justizgewährleistung, Effektiver Rechtsschutz Art. 19 Widerstandsrecht Art. 20 Grundrechtsgleiche Rechte GG Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern Art. 33 Wahlrecht Art. 38 Verbot von Ausnahmegerichten, Recht auf einen gesetzlichen Richter Art. 101 Anspruch auf rechtliches Gehör, Gesetzlichkeitsprinzip, Bestimmtheitsgrundsatz, Rückwirkungsverbot, Verbot der Doppelbestrafung, Selbstbelastungsverbot Art. 103 Rechtsgarantien bei Freiheitsentzug Art. 104 <?page no="68"?> fit-lernhilfen.de 69 Grundrechtsträger, die sich auf Grundrechte berufen dürfen, sind natürliche Personen und inländische juristische Personen (z. B. Kapitalgesellschaften), wenn eine sinnvolle Anwendung möglich ist (Art. 19 Abs. 3 GG). Anwendbare Grundrechte sind z. B. der Gleichheitsgrundsatz und die Koalitionsfreiheit. Nicht anwendbar sind die Grundrechte, die sich ausschließlich auf menschliches Verhalten beziehen, da deren Anwendung bei juristischen Personen keinen Sinn ergibt, z. B. Recht auf Leben. Grundrechtsmündigkeit bezeichnet die Fähigkeit von Bürgern, ihre Grundrechte selbstständig geltend machen zu können. Grundrechtsmündig sind Volljährige und auch Minderjährige, wenn sie die geistige Reife und Einsichtsfähigkeit dazu besitzen. Altersstufen eingeschränkter Mündigkeit (wie im BGB) gibt es bei den Grundrechten nicht. Die Mündigkeit hinsichtlich der Religionsfreiheit ist spezialgesetzlich geregelt und tritt mit 14 Jahren ein. Ab diesem Alter kann das Kind also selbst entscheiden, welche Religion es ausüben möchte. Bedeutung der Grundrechte Die in Deutschland geltenden Grundrechte können danach unterschieden werden, was sie schützen sollen: Freiheitsrechte bestimmen, inwiefern die Menschen in Deutschland tun können, was sie möchten. Gleichheitsrechte regeln, dass der Staat wesentlich gleiche Sachverhalte gleich und wesentlich ungleiche Sachverhalte ungleich behandeln muss und somit niemand ohne triftigen Grund willkürlich benachteiligt wird. Institutionsgarantien schützen Institutionen wie z. B. Ehe, Familie und Presse Verfahrensgrundrechte legen den Ablauf staatlicher Verfahren verbindlich fest. <?page no="69"?> 70 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de Die in Deutschland geltenden Grundrechte können außerdem danach unterschieden werden, wie groß ihr Wirkungsbereich ist: Spezielle Grundrechte gelten für vergleichsweise eng begrenzte Fälle. Beispiele sind das Grundrecht der Berufsfreiheit oder das Grundrecht unehelicher Kinder auf Gleichbehandlung (Art. 6 Abs. 5 GG). Allgemeine Grundrechte sind so allgemein formuliert, dass sie für eine Vielzahl von Tatbeständen gelten. Allgemeine Grundrechte sind Freiheitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn ein spezielleres Grundrecht betroffen ist (z. B. Art. 6 Abs. 5 GG) Bei der Überprüfung, ob ein Grundrecht durch staatliches Handeln verletzt wird, werden zunächst immer die speziellen Grundrechte geprüft. Sollte es kein spezielles Grundrecht geben, das angewendet werden kann, werden die allgemeinen Grundrechte zur Prüfung herangezogen. Die allgemeinen Grundrechte werden daher auch als Auffanggrundrechte bezeichnet. Die in Deutschland geltenden Grundrechte können weiterhin danach unterschieden werden, welcher Personenkreis durch sie geschützt wird: Jedermann-Grundrechte gelten für alle Menschen und werden häufig mit der Formulierung „Jeder…“ eingeleitet. Deutschengrundrechte (auch Staatsbürgerrechte genannt) gelten nur für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit und werden häufig mit der Formulierung „Jeder Deutsche…“ eingeleitet. Zu den Deutschengrundrechten gehören z. B. die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, die Freizügigkeit und die Berufsfreiheit. Da das Europarecht ein Benachteiligung anderer EU-Staatsbürger aufgrund der Nationalität verbietet, gelten die Deutschengrundrechte auch für EU-Ausländer. <?page no="70"?> 71 fit-lernhilfen.de Die in Deutschland geltenden Grundrechte können schließlich danach unterschieden werden, welches Ziel das Grundrecht verfolgt: Abwehrrechte schützen die Bürger in Deutschland gegen Eingriffe des Staates. Diese Grundrechtsfunktion wird auch „Status negativus“ bezeichnet. Die meisten Grundrechte sind Abwehrrechte, die den Staat in seinem Handeln gegenüber dem Bürger begrenzen. Es ist für die Geltung der Grundrechte unwichtig, ob der Staat unmittelbar durch eine Gebietskörperschaft (Bund, Land, Landkreis, Gemeinde) oder mittelbar durch eine Selbstverwaltungskörperschaft (z. B. Abfallwirtschaftsverband) oder eine Kapitalgesellschaft (z. B. Staatstheater GmbH) tätig wird und ob er öffentlich-rechtlich (z. B. durch eine Verwaltungsentscheidung) oder privatwirtschaftlich (z. B. bei Kauf von Gütern) agiert. Die Grundrechte verpflichten den Staat in jedem Fall. Schutzpflichten verpflichten den Staat, den Bürger vor Rechtsverletzungen anderer Bürger zu schützen. Sie sind die Kehrseite der Abwehrrechte. Der Staat muss nicht nur eigene Eingriffe in die Freiheit seiner Bürger unterlassen, sondern muss auch vor fremden Eingriffen schützen. Leistungsrechte („Status positivus“) sprechen dem Bürger das Recht auf eine staatliche Leistung wie Sozialleistungen oder Hochschulzugang zu. Teilhaberechte sollen gesellschaftliche Teilhabe vermitteln z.B. durch Wahlen. Diese Rechtskategorie bezeichnet man als „Status activus“. Beschränkung der Grundrechte Eine unbeschränkte Geltung aller Grundrechte in einem Gemeinwesen ist nicht möglich. Denn viel zu oft kommt es zu einer Grundrechtekollision: Die Nutzung der Grundrechte durch den einen Menschen behindert den anderen Menschen in der Nutzung <?page no="71"?> 72 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de seiner Grundrechte. Es ist also notwendig zu entscheiden, welche Grundrechte andere Grundrechte dominieren, und aus dieser Abwägung heraus die Grundrechte zu beschränken. Beispiel Ein Künstler sprüht Graffiti auf eine Hauswand des Nachbarn. Hier muss zwischen Kunstfreiheit und Eigentumsfreiheit abgewogen werden. Wodurch und wie stark die Grundrechte beschränkt werden, ist in der Verfassung geregelt, damit eine zu starke Beschränkung das Grundrecht nicht de facto unwirksam macht. Im deutschen Verfassungsrecht gibt es nur drei Typen von Grundrechtsschranken, also Schranken, die Grundrechte beschränken dürfen. Verfassungsunmittelbare Schranken sind Beschränkungen, die direkt im Grundgesetz genannt werden und Grundrechte beschränken. Gesetzesvorbehaltsschranken sind Beschränkungen, die das Grundgesetz ermöglicht, indem es in seinem Text bei einem Grundrecht auf ein Gesetz verweist, in dem das Grundrecht näher bestimmt wird (Regelungsvorbehalt) oder Eingriffe in das Grundrecht geregelt sind (Eingriffsvorbehalt). Verfassungsimmanente Schranken sind Beschränkungen, die aus der Zusammenstellung an Grundrechten ergeben, wie sie im Grundgesetz vorgenommen wurde. Bei einer Grundrechtekollision muss entschieden werden, welches Grundrecht stärker wiegt. Verfassungsimmanente Schranken gelten für alle Grundrechte, mit Ausnahme der Unantastbarkeit der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, die nie eingeschränkt werden kann. Zum Schutz der Grundrechte muss jede Beschränkung eines Grundrechts durch ein Gesetz erfolgen, das formell und materiell rechtmäßig ist. <?page no="72"?> 73 fit-lernhilfen.de Formelle Rechtmäßigkeit bedeutet, dass das Gesetz in einem Gesetzgebungsprozess verabschiedet wurde, der den Regelungen des Grundgesetzes entsprach (Zuständigkeit, Verfahren und Form). Materielle Rechtmäßigkeit bedeutet, dass das Gesetz inhaltlich den Regelungen des Grundgesetzes entspricht. Außerdem sind die Grundrechte durch weitere Vorgaben des Grundgesetzes vor allzu weitreichender Beschränkung geschützt: (Schranken-Schranken): Die Wesensgehaltsgarantie bestimmt, dass die Kernaussage eines Grundrechts niemals eingeschränkt werden darf (Art. 19 Abs. 2 GG). Das Zitiergebot zwingt den Staat, bei einer Einschränkung eines Grundrechts das betroffene Grundrecht ausdrücklich zu benennen (Art. 19 Abs. 1 GG). Die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes macht rechtliche Veränderungen bei den Grundrechten des Art. 1 GG und des Art. 20 GG unmöglich (Art. 79 Abs. 3 GG). Das Verbot einschränkender Einzelfallgesetze bedeutet, dass grundrechtsbeschränkende Regelungen immer allgemein gelten müssen und nicht auf einen Einzelfall bezogen sein dürfen. Die Verhältnismäßigkeit der Beschränkung muss gegeben sein. Dies bedeutet: Das Gesetz muss ein legitimes Ziel verfolgen. Beispiel: Ein Gesetz, das die Pressefreiheit einschränkt, um regimekritische Berichterstattung zu verhindern, verfolgt ein illegitimes Ziel und ist deshalb rechtswidrig. Die Grundrechtseinschränkung muss geeignet sein, das legitime Ziel zu erreichen. Beispiel: Ein Gesetz, das Partnerschaften von Homosexuellen verbietet, damit mehr Kinder geboren werden, ist ungeeignet. <?page no="73"?> 74 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de Die Grundrechtseinschränkung muss erforderlich sein, es darf also kein milderes Mittel geben. Beispiel: Ein Haus, das in einem bayerischen Touristengebiet ohne Baugenehmigung mit einem modernen Glasbalkon gebaut wurde, muss nicht sofort abgerissen werden, wenn es für die Baugenehmigung schon ausreichen würde, den Glasbalkon durch einen traditionellen Holzbalkon zu ersetzen. Die Grundrechtseinschränkung muss angemessen (auch: verhältnismäßig im engeren Sinne) sein. Hierbei ist besonders wichtig, welche anderen Rechtsgüter durch die Grundrechtseinschränkung geschützt werden sollen. Beispiel: Das Verbot von Graffiti an Hauswänden ist deshalb verhältnismäßig, weil der Sprayer noch andere Möglichkeiten hat, sich künstlerisch zu entfalten, ohne in die Eigentumsfreiheit des anderen einzugreifen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist häufig jedoch eine schwierige Abwägungsfrage, wie die folgenden Beispiele zeigen: Was ist schützenswerter beim Thema des Kopftuchverbots für Beamte: Religionsausübung oder staatliche Neutralität? Was ist schützenswerter beim Thema des Schächtens von Tieren: Religionsfreiheit oder Tierschutz? Was ist schützenswerter beim Thema Abtreibung: Selbstbestimmung der Frau oder Lebensrecht des Kindes? <?page no="74"?> 75 fit-lernhilfen.de Abb. 4: Grundrechtsprüfung Es gilt der Rechtsschutz bei Grundrechtsverletzungen: Grundrechte sind unmittelbar geltendes Recht. Bürger können sich also auf das Grundgesetz berufen und sich auf dem üblichen Rechtsweg mit Widerspruch und Klage vor Gerichten gegen staatliches Han- Ist der Schutzbereich eines Grundrechts betroffen? Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich vor? Ist das Grundrecht einschränkbar (Schranken)? Ist Einschränkung rechtmäßig (Schranken-Schranken)? Gibt es ein Gesetz? Verfolgt das Gesetz ein legitimes Ziel? Ist der Eingriff geeignet, das Ziel zu erreichen? Gibt es kein milderes Mittel, das Ziel zu erreichen? Ist der Eingriff angemessen? Verhältnismäßigkeitsprüfung <?page no="75"?> 76 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de deln wehren, das ihre Grundrechte verletzt (Art. 1. Abs. 3 GG). Darüber hinaus bleibt ihnen die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Drittwirkung von Grundrechten Grundrechte beziehen sich auf das Verhältnis des Bürgers zum Staat, schützen den Bürger vor staatlichem Handeln und zwingen den Staat zu einem bestimmten Verhalten gegenüber dem Bürger. Drittwirkung von Grundrechten meint nun in Ergänzung dazu, dass Grundrechte nicht nur im Verhältnis von Staat zu Bürgern, sondern auch von einem Bürger zu einem anderen Bürger und Unternehmen wirken können. Dabei wird unterschieden zwischen: einer unmittelbaren Drittwirkung und einer mittelbaren Drittwirkung. Bei der unmittelbaren Drittwirkung (auch: direkte Drittwirkung) sagt das Grundgesetz selbst und explizit, dass ein Grundrecht auch im Verhältnis zwischen privaten Personen gilt. Dies ist nur bei einem Grundrecht der Fall: Beim Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG) bestimmt das Grundgesetz, dass Vereinbarungen zwischen Bürgern nichtig sind, wenn damit die Gründung von Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbänden verhindert werden soll. Von mittelbarer Drittwirkung spricht man dagegen, wenn ein Grundrecht im Zivilrecht Wirkungen entfaltet, ohne dass es explizit im Grundgesetz formuliert wurde. Den Zugang ins Zivilrecht finden die Grundrechte über die sehr offen und vage formulierten Generalklauseln wie die Regelungen zu „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) und zur Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) im Bürgerlichen Gesetzbuch. Bei der Interpretation und konkreten Anwendung dieser Generalklauseln sind auch von der Rechtsprechung die Grundrechte und die dahinter stehenden Werturteile zu beachten. <?page no="76"?> 77 Beispiele für die mittelbare Drittwirkung von Grundrechten sind: Verbot der Diskriminierung im Arbeitsrecht Fürsorgepflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer im Arbeitsrecht Verbot, einen heimlichen Vaterschaftstest bei der Anfechtung einer Vaterschaft als Beweis zu nehmen Recht des Patienten, Einsicht in die eigene Patientenakte nehmen zu dürfen Schutz der Presse und Medien gegenüber Eingriffen von Privaten <?page no="77"?> 78 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 4.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. „Status activus“ ist der Begriff für Schutzpflichten des Staates. richtig falsch Bürger haben keine Möglichkeit, sich gegen Grundrechtsverletzungen zu wehren. richtig falsch Der Bundestag kann Änderungen bei den Grundrechten der Art. 1 bis 20 GG mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. richtig falsch Die Berufsfreiheit ist ein spezielles Grundrecht. richtig falsch <?page no="78"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 79 fit-lernhilfen.de Die Deutschengrundrechte gelten nur für Personen, die sich auf deutschem Staatsgebiet befinden. richtig falsch Die Grundrechte sind grundlegende, individuelle Rechte, die im UNO-Vertrag festgelegt sind. richtig falsch Die Grundrechte des Bundes sind im Grundgesetz abschließend aufgeführt. richtig falsch Die Grundrechte, die Freiheitsrechte sind, bestimmen, inwiefern die Menschen in Deutschland tun können, was sie möchten. richtig falsch Die grundrechtsgleichen Rechte sind nicht im Grundgesetz aufgeführt. richtig falsch Die Wesensgehaltsgarantie bestimmt, dass die Kernaussage eines Grundrechts niemals eingeschränkt werden darf. richtig falsch Formelle Rechtmäßigkeit bedeutet, dass ein grundrechtsbeschränkendes Gesetz in einem Gesetzgebungsprozess verabschiedet wurde, der den Regelungen des Grundgesetzes entsprach. <?page no="79"?> 80 Etappe 4: Einführung in die Grundrechte fit-lernhilfen.de richtig falsch Grundrechte gelten nie im Verhältnis zweier Unternehmen. richtig falsch Grundrechtsmündigkeit bezeichnet die Fähigkeit von Bürgern, ihre Grundrechte selbstständig geltend machen zu können. richtig falsch Grundrechtsträger sind Bund, Länder und Gemeinden. richtig falsch Im deutschen Verfassungsrecht gibt es nur drei Typen von Grundrechtsschranken. richtig falsch Kapitalgesellschaften können niemals Grundrechtsträger sein. richtig falsch Formelle Rechtmäßigkeit bedeutet, dass das Gesetz inhaltlich den Verfahrens- und Zuständigkeitsregelungen des Grundgesetzes entspricht. richtig falsch Verfassungsunmittelbare Schranken sind Beschränkungen, die das Grundgesetz unmittelbar ermöglicht, in- <?page no="80"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 81 dem es in seinem Text bei einem Grundrecht auf ein Gesetz verweist. richtig falsch Wenn die Nutzung der Grundrechte durch den einen den anderen Menschen in der Nutzung seiner Grundrechte behindert, spricht man von Grundrechtekoalition. richtig falsch Wenn ein Grundrecht im Zivilrecht Wirkungen entfaltet, ohne dass es explizit im Grundgesetz formuliert wurde, spricht man von unmittelbarer Drittwirkung. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="82"?> Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte <?page no="83"?> 84 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel werden einige Grundrechte eingehend behandelt, die im wirtschaftlichen Kontext und für Unternehmen von großer Bedeutung sind. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Berufsfreiheit Dreistufentheorie Gewerbefreiheit Arbeitszwang Eigentumsfreiheit Enteignung allgemeine Handlungsfreiheit negative Handlungsfreiheit Schrankentrias Gleichheitssatz Meinungsfreiheit Verfassungsbeschwerde Wofür benötige ich dieses Wissen? Einige Grundrechte sind besonders wichtig für Unternehmen, weil sie die Gründung von Unternehmen und wirtschaftliche Transaktionen ermöglichen. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, Berufsfreiheit zu definieren und vom Recht auf Arbeit abzugrenzen die Dreistufentheorie zur Einschränkung der Berufsfreiheit anhand von Beispielen zu erläutern das Grundrecht auf Eigentum und die Sozialbindung des Eigentums zu erklären zu erläutern, wie die Allgemeine Handlungsfreiheit durch die Schrankentrias eingegrenzt wird welche zwei Bedeutungen der Gleichheitssatz hat zu erläutern, wann eine Verfassungsbeschwerde möglich ist Los geht’s! <?page no="84"?> Berufsfreiheit 85 fit-lernhilfen.de Berufsfreiheit Das Grundrecht auf Berufsfreiheit ist in Art. 12 GG geregelt. Art. 12 GG (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Die Berufsfreiheit schützt also: die Wahl des Berufs, die Wahl des Arbeitsplatzes, die Wahl des Ausbildungsplatzes, die Berufsausübung. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit bedeutet aber kein Recht auf Arbeit oder auf Arbeitsbeschaffung durch den Staat. Ein Beruf ist rechtlich eine Tätigkeit: die nicht verboten ist, die auf Dauer angelegt sein soll, die dazu dient, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Schaut man genau auf den Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG, kann nur die Berufsausübung beschränkt werden. Die Rechtsprechung hat diese Beschränkungsmöglichkeit aber auch auf die Berufswahl ausgedehnt. Zulassungsbeschränkungen für bestimmte Berufe sind deshalb nicht per se unzulässig (z. B. für Apotheker). Um zu prüfen, inwiefern das Grundrecht auf Berufsfreiheit eingeschränkt werden darf, wird die Dreistufentheorie angewendet. Auf der ersten Stufe geht es darum, dass Regelungen zur Berufsausübung die Berufsfreiheit einschränken. <?page no="85"?> 86 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Beispiele sind das Werbeverbot für Ärzte und Rechtsanwälte und das Verbot der Ladenöffnung für Handelsunternehmen an Sonntagen. Solche Einschränkungen der Berufsfreiheit durch Regelungen der Berufsausübung sind rechtlich leicht möglich, wenn sie dem Allgemeinwohl dienen. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit wehrt hier also nur zu stark belastende und nicht zumutbare Einschränkungen ab. Auf der zweiten Stufe liegen solche Regelungen, welche die freie Wahl eines Berufes durch subjektive Zulassungsvoraussetzungen einschränken. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen sind Bedingungen, die ein Bewerber erfüllen muss, damit er einen Beruf ausüben kann. Beispiele sind das Mindestalter von 22 Jahren für den Beruf als Fahrlehrer, der große Befähigungsnachweis für bestimmte Handwerksberufe (Meisterbrief) oder das Staatsexamen für Lehrer und Rechtsanwälte. Diese Beschränkungen sind dann möglich, wenn sie dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes, z. B. der Erhaltung und Pflege eines hohen Leistungsstandes im Handwerk dienen. Auf der dritten Stufe geht es darum, die freie Wahl eines Berufes durch objektive Zulassungsvoraussetzungen einzuschränken. Objektive Zulassungsvoraussetzungen sind Bedingungen, die nichts mit der persönlichen Qualifikation eines Bewerbers zu tun haben, die also jener Bewerber auch nicht beeinflussen kann. Beispiele sind Zulassungsbeschränkungen für Arztpraxen, Apotheken, Bordelle und Spielcasinos. Solche objektiven Zulassungsregelungen sind nur dann zulässig, wenn nur dadurch schwere Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut abgewehrt werden können. Solche überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter sind z. B. die Volksgesundheit, der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die Minderung der Arbeitslosigkeit, die Sicherung der Volksernährung, die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, die Verkehrssicherheit, die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs sowie die Funktionsfähigkeit des uni- <?page no="86"?> Berufsfreiheit 87 fit-lernhilfen.de versitären Ausbildungssystems. Nicht ausreichend für objektive Zulassungsvoraussetzungen sind hingegen die allgemeine Berufslenkung, der Schutz bestehender Unternehmen vor Konkurrenz, der Schutz mittelständischer Interessen, Gründe der wirtschafts- und verkehrspolitischen Planung und finanzpolitische Überlegungen. Die Dreistufentheorie sieht also von Stufe zu Stufe eine stärkere Einschränkung des Grundrechts vor; damit korrespondiert aber auch, dass die Voraussetzungen für die Einschränkung immer schwieriger zu erreichen sind. Wegen des Prinzips der Verhältnismäßigkeit muss der Gesetzgeber immer den geeigneten Eingriff wählen, der das Grundrecht am wenigsten einschränkt. Art. 12 Abs. 2 GG verbietet mit Ausnahmen einen Zwang zur Arbeit. Art. 12 GG (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. Ein Arbeitszwang ist nur gestattet, wenn eine Pflicht dazu für alle Bürger gleichermaßen gilt. Beispiel Dies ist die Verpflichtung für Anwohner, den Gehweg vor ihrer Wohnung vom Schnee zu befreien. Verpflichtungen, die durch Regelungen in bestimmten Berufen entstehen (wie z. B. die Verpflichtung zum Nachtdienst für Ärzte und Polizisten) fallen nicht unter den Begriff des Arbeitszwangs. Die Gewerbefreiheit ist kein eigenes Grundrecht, aber eine praktische Auswirkung der Berufsfreiheit. Gewerbefreiheit ist das Recht eines jeden Bürgers, Unternehmen zu gründen und sich gewerblich zu betätigen. Sie ist in § 1 Abs. 1 GewO festgelegt: „Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses <?page no="87"?> 88 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.“ Außerdem ist für die Gründung von Unternehmen das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit wichtig. In Art. 9 Abs. 1. GG heißt es: „Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“ Bürger dürfen sich also zu gemeinsamen Unternehmen (Gesellschaften) zusammenschließen, um gemeinsam den Beruf auszuüben und einem Gewerbe nachzugehen. Von dem Recht, ein Unternehmen zu gründen, gibt es drei wichtige Ausnahmen: Konzessionen: Es gibt unternehmerische Tätigkeiten, für die eine staatliche Genehmigung (Konzession) notwendig ist. Meist sind dies Gewerbe, bei denen der Staat eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sieht, wenn jeder ohne Genehmigung diese Unternehmen gründen könnte. So braucht es eine Konzession z. B. für Apotheken, private Krankenhäuser, Waffenhandel, Gaststätten, Bordelle und Spielsalons. Qualifikationserfordernis: In bestimmten Handwerksberufen dürfen nur dann Unternehmen gegründet werden, wenn der Inhaber seine Qualifikation durch einen sog. Großen Befähigungsnachweis (Meisterbrief) beweisen kann. Dies gilt z. B. bei Elektrotechnikern, Augenoptikern und Zahntechnikern. Freie Berufe: Auch die so genannten freien Berufe, zu denen Ärzte, Zahnärzte, Hebammen, Rechtsanwälte, Notare, Architekten, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Unternehmensberater, Journalisten und Künstler gehören, kann nicht jeder ausüben. Neben einem abgeschlossenen Universitätsstudium braucht es meist noch die Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen (z. B. Praktika, Referendariat) sowie den erfolgreichen Abschluss spezieller Prüfungen (z. B. Steuerberaterexamen), um den Beruf ausüben zu dürfen. Jeder, der in Deutschland in seinem eigenen Unternehmen ein Gewerbe aufnehmen möchte, muss dies anmelden. Dabei spielt keine Rolle, ob das Gewerbe haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird. Auch wenn ein Gewerbebetrieb von jemand anderem über- <?page no="88"?> Eigentumsfreiheit 89 fit-lernhilfen.de nommen wird oder das Unternehmen zusätzliche oder andere Geschäftszwecke verfolgt, muss das angemeldet werden. Ausnahme sind Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau, Fischerei, Bergbau, die Verwaltung des eigenen Vermögens bei Vermietung und Verpachtung sowie die Ausübung der freien Berufe. Eigentumsfreiheit Das Grundrecht auf Eigentum und Eigentumsfreiheit ist in Art. 14 GG geregelt. Art. 14 GG (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Das Grundgesetz garantiert also, dass die Bürger in Deutschland Eigentum haben dürfen. Dieses Grundrecht kann in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden, da Eigentum eine zentrale Voraussetzung für persönliche Handlungsfreiheit darstellt und Eigentumsbildung eine wesentliche Triebkraft wirtschaftlicher Betätigung ist. Unter Eigentum im Sinne des Art. 14 GG versteht man: Eigentum an Sachen Forderungen Zahlungsmittel (Geld) <?page no="89"?> 90 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Urheberrechte, Patentrechte, Marken- und Geschmacksmusterrechte Anwartschaften aus den gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherungen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (keine Zerschlagung der Betriebssubstanz). Art. 14 Abs. 1 GG stellt klar, dass die Freiheit, mit seinem Eigentum das zu tun, was man möchte, Einschränkungen unterliegen kann, die in Gesetzen geregelt sein müssen. Der Eigentümer eines Grundstücks kann dieses wegen des Nachbarschaftsrecht oder des Baurechts nicht völlig frei nutzen. Der Eigentümer eines Kunstwerks hat nicht automatisch auch das Urheberrecht, so dass er das Kunstwerk zwar verkaufen, aber nicht abändern darf. Hierbei handelt es sich nach der Systematik des Gesetzes nicht um Einschränkungen der Eigentumsfreiheit, sondern nur um Konkretisierungen oder um Inhaltsbestimmungen dessen, was Eigentum ist. Das Eigentum unterliegt außerdem einer Sozialbindung, da es gemäß Art. 14 Abs. 2 GG dem „Wohle der Allgemeinheit“ verpflichtet ist. Diese sehr allgemeine Formel ermöglicht gesetzliche Regelungen, in denen aus sozialen Gründen die Nutzungsrechte des Eigentümers eingeschränkt werden. Das Bundesverfassungsgericht sagt dazu, dass daher auch nicht jedes Eigentum der Sozialbindung unterliegt, sondern nur jenes, das überhaupt soziale Bedeutung habe. Beispiel Das gilt für Mietwohnungen, bei denen der Vermieter als Eigentümer wegen des Mietrechts und zugunsten des Mieters in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt ist. Eine Enteignung ist nach Art. 14 Abs. 3 GG nur möglich, wenn sie „dem Wohle der Allgemeinheit“ dient und der Enteignete eine <?page no="90"?> Allgemeine Handlungsfreiheit 91 fit-lernhilfen.de angemessene Entschädigung enthält. Die Höhe der Entschädigung muss entweder durch ein neues Gesetz (Legalenteignung) oder durch einen Verwaltungsakt gemäß einem bestehenden Gesetz (Administrativenteignung) festgelegt werden. Gegenstand von Enteignungen sind meistens Grundstücke. Die Gesetze zum Bau von Verkehrsinfrastruktur (Straßen, Bahnanlagen, Wasserstraßen, Flughäfen) und Energieinfrastruktur (Kraftwerke, Stromtrassen) sehen die Möglichkeit der Enteignung vor. Normalerweise kommen Enteignungen dabei aber erst in Betracht, wenn eine freiwillige Vereinbarung mit dem Eigentümer durch Kauf nicht zustande gekommen ist. Bewegliche Sachen können in Deutschland nicht durch Verwaltungsakt enteignet werden. Ausnahmen gelten bei Gegenständen, mit denen Straftaten begangen wurde sowie der Beschlagnahme zu militärischen Zwecken im Kriegsfall. Allgemeine Handlungsfreiheit Die allgemeine Handlungsfreiheit ist in Art. 2 Abs. 1 GG geregelt. Art. 2 GG (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Dieses allgemeine Freiheitsgrundrecht bedeutet - umgangssprachlich ausgedrückt - dass jeder in Deutschland grundsätzlich tun und lassen kann, was er möchte. Gemeinsam mit Art. 1 GG, der die Menschenwürde für unantastbar erklärt, schützt Art. 2 Abs. 1 GG die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Aus der allgemeinen Handlungsfreiheit ergeben sich beispielsweise die Vertragsfreiheit, die Wettbewerbsfreiheit, die Reisefreiheit und die Auswanderungsfreiheit. <?page no="91"?> 92 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Die allgemeine Handlungsfreiheit schützt alles menschliche Verhalten, ohne Rücksicht darauf, ob es unter sozialethischen Gesichtspunkten wertvoll ist oder ob es sich lediglich als Ausdruck personaler Willkür darstellt. Der Schutzbereich ist also sehr weit auszulegen. Auch die negative Handlungsfreiheit ist erfasst, also die Freiheit, irgendetwas gerade nicht zu tun. Die weite Auslegung der Handlungsfreiheit führt dazu, dass jede auch noch so banale Freiheitsbeschränkung des Staates erst einmal einen Grundrechtseingriff darstellt. Beispiel Das Verbot der Taubenfütterung, die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn und jede rote Ampel schränken das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ein. Allerdings ist die allgemeine Handlungsfreiheit nicht unbeschränkt. Damit trotz allgemeiner Handlungsfreiheit das friedliche Zusammenleben der Menschen gewährleistet werden kann, kann nur dann jeder tun und lassen, was er möchte, wenn nicht eine von drei Schranken dem entgegenstehen (Schrankentrias): Rechte anderer, das Sittengesetz, das kein vom Parlament verabschiedetes Gesetz ist, sondern nur ein abstrakter Oberbegriff für die aktuell gültigen Wertvorstellungen, die sich im Laufe der Zeit verändern, verfassungsgemäße Ordnung (verfassungsunmittelbare Schranke). Weil es so viele rechtliche Regelungen gibt, hat heute nur noch die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung Relevanz für die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Unter dem Begriff der verfassungsgemäßen Ordnung versteht man alle Gesetze, Verordnungen, Satzungen und sonstigen rechtlichen Regelungen von Bund, Ländern und Gemeinden, die formal richtig verabschie- <?page no="92"?> Gleichheitssatz 93 fit-lernhilfen.de det wurden und inhaltlich (materiell) dem Grundgesetz entsprechen. Rechtliche Regelungen, welche die Handlungsfreiheit der Bürger einschränken, müssen verhältnismäßig sein. Die praktische Bedeutung der allgemeinen Handlungsfreiheit für den Rechtsschutz des Bürgers kann nicht überschätzt werden. Jedes noch so kleine staatliche Verbot stellt einen Grundrechtseingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar. Rügt ein Bürger, dass er durch ein Gesetz in seiner Handlungsfreiheit verletzt wird, muss bei jedem noch so kleinen Eingriff eine Grundrechtsprüfung stattfinden. Das Gericht, an das sich der Bürger wendet, wird also immer prüfen, ob der Eingriff durch ein verfassungsgemäß zustande gekommenes Gesetz (Ermächtigungsgrundlage) gedeckt ist. Gleichheitssatz Das allgemeine Gleichheitsgrundrecht ist in Art. 3 GG festgelegt. Art. 3 Abs. 1 GG Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Dieser Gleichheitssatz bedeutet zweierlei: Sachverhalte, die im Wesentlichen gleich sind, müssen vom Staat rechtlich gleich behandelt werden. Sachverhalte, die im Wesentlichen ungleich sind, müssen vom Staat rechtlich ungleich behandelt werden. Ein willkürliches Handeln ist dem Staat damit verboten. Ein Eingriff ist nur dann statthaft, wenn sachliche Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung auch im Unrecht kann aus Art. 3 GG nicht abgeleitet werden. Wenn also ein Bürger durch eine rechtliche falsche Entscheidung des Staats einen Vorteil erhält, hat ein anderer Bürger keinen Anspruch darauf, ebenso rechtlich falsch behandelt zu werden. <?page no="93"?> 94 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Normalerweise kommt der allgemeine Gleichheitssatz nach allgemeiner Ansicht zwischen Privaten nicht zur Anwendung. Die allgemeine Handlungsfreiheit ermöglicht es Bürgern und Unternehmen, andere ungleich zu behandeln. Beispiel So darf z. B. der Vermieter zweier Wohnungen dem einen Mieter die Haltung einer Katze erlauben und dem anderen dasselbe untersagen, ohne dass sich Letzterer auf den Gleichheitsgrundsatz berufen könnte. Im Arbeitsrecht allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Drittwirkung des Gleichheitssatzes festgelegt, so dass der Arbeitgeber wegen Art. 3 Abs. 1 GG seine Arbeitnehmer gleich behandeln muss. Meinungsfreiheit Die Meinungsfreiheit ist ebenso wie die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit in Art. 5 GG geregelt: Art. 5 Abs. 1 GG (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Eine Meinung ist das Ergebnis eines Denkvorgangs, das ein Werturteil über den Meinungsgegenstand enthält. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine richtige oder falsche, eine emotional oder eine rational begründete Einschätzung handelt. Auch Werbebotschaften, Satire und Kabarett und Karikaturen sind durch die Meinungsfreiheit geschützt. <?page no="94"?> Verfassungsbeschwerde 95 fit-lernhilfen.de Tatsachenbehauptungen sind zwar keine Meinungen, aber auch durch die Meinungsfreiheit geschützt, wenn sie - wie fast immer - die Grundlage für Werturteile bilden können. Nur bewusst oder erwiesenermaßen falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Eine vorherige Zensur ist durch Art. 5 GG verboten; eine nachträgliche Einschränkung jedoch ist möglich. Dies gilt beispielsweise für den Jugendschutz. Durch Absatz 2 werden die Rechte aus Absatz 1 also eingeschränkt. Verfassungsbeschwerde Das grundrechtgleiche Recht auf Verfassungsbeschwerde ist in Art. 93 Abs. 1 GG geregelt: Art. 93 GG (1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet: … 4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Art. 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenen Rechte verletzt zu sein; Jeder, der behauptet, dass er durch Gesetze, sonstige rechtliche Regelungen, Verwaltungsakte, Gerichtsentscheidungen oder irgendeine staatliche Maßnahme in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt ist, hat die Möglichkeit, dies mittels einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe überprüfen zu lassen. Diese Möglichkeit, sich als Bürger selbst gegen die Verletzung eines Grundrechts zu wehren, existiert nicht in allen Staaten und ist in Deutschland als Reaktion auf die „rechtlose Stellung“ des Einzelnen im Dritten Reich eingeführt worden. Es gibt aber Voraussetzungen für die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde: <?page no="95"?> 96 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Die Verfassungsbeschwerde kann sich nur auf den Schutz der Grundrechte und grundrechtsgleicher Rechte beziehen, schützt aber nicht vor sonstigen Rechtsverletzungen. Mit der Verfassungsbeschwerde kann der Bürger also nicht einwenden, ein Gericht habe eine bestimmte Vorschrift falsch angewendet oder habe den Sachverhalt falsch ermittelt. Das Bundesverfassungsgericht ist keine Superrevisionsinstanz. Es muss eine konkrete Grundrechtsverletzung vorliegen. Der sich beschwerende Bürger muss sich selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten verletzt fühlen. Eine Popularklage, bei der ein Bürger auch ohne eigene Betroffenheit staatliches Handeln auf Übereinstimmung mit den Grundrechten prüfen kann, gibt es im bundesdeutschen Verfassungsrecht nicht. Einzig die Verfassung des Freistaates Bayern ermöglicht es all dessen Bürgern, jederzeit vor dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof Klage einzulegen, wenn sie ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt sehen. Der Beschwerdeführer muss zunächst den regulären Rechtsweg über ordentliche Gerichte beschreiten und kann erst dann Verfassungsbeschwerde einlegen, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft wurde. Daher kommen Verfassungsbeschwerden meist nur in Betracht, wenn schon letztinstanzliche Urteile (z. B. vom Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht oder Bundesfinanzhof) vorliegen. Praxis Rund 6.000 Verfassungsbeschwerden legen die Bürger jedes Jahr beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Dabei ist die Zahl der Verfassungsbeschwerden in den letzten Jahren stark gewachsen. Insgesamt hat sich das Bundesverfassungsgericht seit seiner Gründung im September 1951 mit knapp 200.000 Verfassungsbeschwerden beschäftigt. In 2,4 % der Fälle war die Verfassungsbeschwerde erfolgreich, so dass das Bundesverfassungsgericht eine rechtliche Regelung oder ein Gerichtsurteil für verfassungswidrig erklärt hat. Das Bundesverfassungsgericht arbeitet vergleichsweise schnell; die <?page no="96"?> Verfassungsbeschwerde 97 meisten Verfassungsbeschwerden werden innerhalb eines Jahres entschieden. Auf seiner Homepage (www.bundesverfassungsgericht.de) stellt das höchste deutsche Gericht nicht nur die oben genannten Statistiken dar, sondern sagt auch, welche Entscheidungen es getroffen hat und welche Verfassungsbeschwerden demnächst verhandelt und entschieden werden. <?page no="97"?> 98 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 5.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Art. 12 GG verbietet mit Ausnahmen einen Zwang zur Arbeit. richtig falsch Auch im Vertragsrecht gilt der allgemeine Gleichheitssatz. richtig falsch Auf der ersten Stufe der Dreistufentheorie geht es darum, dass Regelungen zur Berufsausübung die Berufsfreiheit einschränken. richtig falsch Das Grundgesetz garantiert, dass die Bürger in Deutschland Eigentum haben dürfen. richtig falsch <?page no="98"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 99 fit-lernhilfen.de Das Grundrecht auf Berufsfreiheit bedeutet kein Recht auf Arbeitsbeschaffung durch den Staat. richtig falsch Der allgemeinen Handlungsfreiheit stehen drei Schranken-Typen entgegen. richtig falsch Der Rechtsweg vor den Gerichten muss grundsätzlich ausgeschöpft sein, bevor man Verfassungsbeschwerde einlegen kann. richtig falsch Die allgemeine Handlungsfreiheit schützt nur soziales und rational begründbares Verhalten. richtig falsch Die dritte Stufe der Dreistufentheorie bei der Berufsfreiheit sind objektive Zulassungsvoraussetzungen. richtig falsch Die Gewerbefreiheit ist als eigenes Grundrecht im Grundgesetz geregelt. richtig falsch Ein Bürger kann auch Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen, selbst wenn er selbst nicht von der Grundrechtsverletzung betroffen ist. richtig falsch <?page no="99"?> 100 Etappe 5: Ausgewählte Grundrechte fit-lernhilfen.de Eine vorherige Zensur ist verboten, eine nachträgliche Einschränkung aber möglich. richtig falsch Enteignung ist in Deutschland verfassungsrechtlich ausgeschlossen. richtig falsch Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. richtig falsch Nach Art. 12 GG haben alle Deutschen ein Recht auf Arbeit. richtig falsch Negative Handlungsfreiheit bedeutet, dass der Bürger auch schädliche (negative) Dinge tun darf. richtig falsch Nur rational begründbare Meinungen sind durch die Meinungsfreiheit geschützt. richtig falsch Sachverhalte, die im Wesentlichen ungleich sind, können vom Staat rechtlich gleich behandelt werden. richtig falsch <?page no="100"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 101 Subjektive Zulassungsvoraussetzungen sind Bedingungen, die nichts mit der persönlichen Qualifikation eines Bewerbers zu tun haben. richtig falsch Tatsachenbehauptungen sind keine Meinungen und deswegen nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="102"?> Etappe 6: Europarecht <?page no="103"?> 104 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel geht es darum, was das Europarecht regelt, welche europäischen Institutionen es gibt, und wie das Europarecht auf die nationale Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten einwirkt. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Europarecht Primärrecht Sekundärrecht Europäischer Rechnungshof Grundfreiheit Warenverkehrsfreiheit Personenverkehrsfreiheiten Dienstleistungsfreiheit Kapitalverkehrsfreiheit Subsidiaritätsprinzip Unionsbürgerschaft EU-Verordnung EU-Richtlinie Wofür benötige ich dieses Wissen? Die Europäische Union hat seit ihrer Gründung immer mehr an Einfluss bei der rechtlichen Regelung übernommen. Weil dies vor allem wirtschaftlich relevante Rechtsgebiete betrifft, haben heute alle Unternehmen an vielen Stellen mit europarechtlichen Fragestellungen zu tun. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, das Europarecht im engeren und weiteren Sinne zu definieren den Unterschied zwischen Primär- und Sekundärrecht zu kennen die Aufgabenverteilung der EU-Organe zu erläutern die Grundfreiheiten der EU mit Beispielen zu erläutern EU-Verordnung und EU- Richtlinie voneinander abzugrenzen Los geht’s! <?page no="104"?> Europarecht im weiteren und im engeren Sinne 105 fit-lernhilfen.de Europarecht im weiteren und im engeren Sinne Unter Europarecht versteht man allgemein das in Europa staatenübergreifend geltende Recht. Man unterscheidet zwischen dem Europarecht im weiteren Sinne und dem Europarecht in engerem Sinne, dem EU-Recht. Europarecht im weiteren Sinne Das weite Verständnis von Europarecht umfasst die Regelungen aller europäischen überstaatlichen Organisationen, an denen auch Nicht-EU-Staaten beteiligt sein können, und die andere Aufgabenbereiche haben als die EU. Zum Europarecht im weiteren Sinne zählen u. a. folgende Institutionen: Der Europarat mit Sitz in Straßburg, dem sich nahezu alle europäischen Staaten einschließlich Russland und der Türkei angeschlossen haben, befasst sich hauptsächlich mit Menschenrechtsfragen. Sein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg entscheidet darüber, ob die Mitgliedsstaaten gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen haben. Die Urteile sind für die Staaten allerdings nicht bindend, werden aber in der Regel befolgt. Die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) ist ein Freihandelszone der Staaten Norwegen, Liechtenstein, Island und Schweiz. Ziel der Organisation ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitglieder. Dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören die EU-Staaten sowie die EFTA-Staaten Norwegen, Lichtenstein und Island an. Die Schweiz ist nicht Mitglied des EWR. Ziel der Organisation ist eine europaweite wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist eine europäische Institution, deren Ziel die Friedenssicherung in Europa ist. <?page no="105"?> 106 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich der Förderung von Demokratie und Marktwirtschaft verschrieben. Weitaus bedeutender ist das Europarecht im engeren Sinne. Europarecht im engeren Sinne (Unionsrecht) Das Europarecht im engeren Sinne regelt die Organisation und die Befugnisse der Europäischen Union. Die Europäische Union (EU) ist ein Staatenverbund, der aus derzeit 28 Staaten besteht. Im Jahr 1957 als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet, spiegelt die Umbenennung in Europäische Gemeinschaft (EG) und dann Europäische Union (EU) wider, dass zum einen die Aufgabenbereiche über eine Wirtschaftsgemeinschaft hinaus erweitert wurden und sich zum anderen das Bündnis zur Union innerlich vertieft hat. Im EU-Recht unterscheidet man das Primärrecht und das Sekundärrecht. Das Primärrecht bilden die zwischen den Mitgliedsstaaten geschlossenen Verträge, vor allem: der Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag, EUV) und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Der EU-Vertrag wurde von den Mitgliedsstaaten im Jahre 1992 als „Vertrag von Maastricht“ abgeschlossen und durch den „Vertrag von Amsterdam“ (1997), den „Vertrag von Nizza“ (2001) und den „Vertrag von Lissabon“ (2007) geändert. Als Sekundärrecht bezeichnet man die von der EU verabschiedeten Rechtsnormen. Der EUV, der AEUV und das übrige Primärrecht regeln die Grundstruktur der EU, ähnlich dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Besonders wichtig sind Bestimmungen zu den Organen der EU, den Grundfreiheiten und den Kompetenzen der EU. <?page no="106"?> Organe 107 fit-lernhilfen.de Organe Art. 13 EUV nennt sieben Organe der Europäischen Union: Abb. 5: EU-Organe Europäisches Parlament in Brüssel und Straßburg: Seine Mitglieder werden von den Bürgern der EU-Staaten für fünf Jahre gewählt. Das EU-Parlament ist somit das einzige unmittelbar gewählte EU-Organ und die eigentliche „Volksvertretung“. Ihm obliegen im Wesentlichen drei Aufgaben: Gesetzgebung: Zusammen mit dem Ministerrat ist das Europäische Parlament für die Gesetzgebung zuständig. Kontrolle Europäischer Rat (Staats- und Regierungschefs, Kommissionspräsident) Europäischer Gerichtshof Europäischer Rechnungshof Rat der Europäischen Union (Ministerrat) Europäisches Parlament Europäische Kommission Entscheidungen Änderungen und Vorschläge Änderungen und Vorschläge politische Führung Kontrolle <?page no="107"?> 108 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Die meisten EU-Rechtsvorschriften müssen von beiden Organen verabschiedet werden. Zwar hat das Parlament kein Gesetzesinitiativrecht, kann aber Gesetzesvorschläge ändern. In einigen wenigen Bereichen kann das Parlament nur zustimmen oder den Vorschlag ablehnen; bei bestimmten Materien genügt eine Konsultation des Parlaments. Kontrolle: Das EU-Parlament kontrolliert die Kommission, deren Mitglieder nur nach Zustimmung des Parlaments berufen werden. Weiter kann es die Kommission zum Rücktritt auffordern. Haushalt: Der Haushalt der Europäischen Union muss gemeinsam von Europäischem Rat und Parlament verabschiedet werden. Der Haushaltsausschuss des Parlaments überwacht die Verwendung der Mittel. Europäischer Rat in Brüssel: Er setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, dem Kommissionspräsident und dem gewählten Ratspräsidenten zusammen. Der Europäische Rat tagt mindestens zweimal pro Halbjahr („EU-Gipfel“), entscheidet in der Regel einstimmig und bestimmt die Leitlinien der EU-Politik, ohne in die Alltagsarbeit eingebunden zu sein. Rat der Europäischen Union (Ministerrat) in Brüssel: Er übt mit dem Parlament die Gesetzgebung aus und darf nicht mit dem Europäischen Rat verwechselt werden. Der Rat der Europäischen Union setzt sich aus den Ministern der Mitgliedsstaaten zusammen, die für den gerade betroffenen Arbeitsbereich zuständig sind, und wird deshalb auch Ministerrat genannt. Der Rat für Wirtschaft und Finanzen (auch ECOFIN oder EU- Finanzministerrat genannt) ist der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten und gilt als wichtigster Rat der Europäischen Union. Europäische Kommission in Brüssel: <?page no="108"?> Organe 109 fit-lernhilfen.de Sie ist das Exekutiv-Organ der EU, stellt also quasi die „Regierung“ dar. Jeder Mitgliedsstaat kann einen Kommissar benennen. Der Rat der Europäischen Union wählt den Kommissionspräsidenten, der die Ressorts der Kommissare bestimmt, und nimmt die Liste der Kommissare einheitlich an. Schließlich muss auch das Parlament die Kommission und deren Präsidenten billigen. Als „Hüterin der Verträge“ überwacht die Kommission, dass sich die Mitgliedsstaaten an das Europarecht halten. Andernfalls kann sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Sie kann als einziges Organ Gesetze vorschlagen, die sie ausgearbeitet hat. Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg: Er stellt die Judikative der EU dar und entscheidet darüber, wie EU-Recht (Primär- und Sekundärrecht) ausgelegt werden muss. Jeder Mitgliedsstaat entsendet einen Richter. Wenn ein nationales Gericht Zweifel hat, wie EU-Recht zu interpretieren ist, kann diese Frage dem EuGH vorgelegt werden. Außerdem verurteilt der EuGH Mitgliedsstaaten, die gegen EU-Recht verstoßen haben im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens. Bei Klagen von Bürgern oder Unternehmen entscheidet vorab das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg in der ersten Instanz. Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main: Die EZB ist die Notenbank für den Euro, dessen Kaufkraft sie sichern soll. Seit 1999 haben 17 Mitgliedsstaaten den Euro als gemeinsame Währung eingeführt. Die EZB hat zum Ziel, die Preisstabilität im Euroraum zu gewährleisten. Europäischer Rechnungshof (EuRH) in Luxemburg: Er überwacht die Finanzen der EU und kontrolliert die Verwendung öffentlicher Gelder. Er legt dem Rat einen jährlichen Bericht über das vorherige Haushaltsjahr vor. <?page no="109"?> 110 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Zuständigkeiten Im EUV und AEUV haben sich die Mitgliedsstaaten geeinigt, wann und in welchen Bereichen die EU überhaupt zuständig ist. Nur durch eine derartige Zuständigkeitsübertragung von den Mitgliedsstaaten darf die EU tätig werden. Es gilt das so genannte „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“. Die Mitgliedsstaaten sind „Herren der Verträge“. Der EU kommt keine „Kompetenz-Kompetenz“ zu, sie kann sich also nicht ihre Zuständigkeiten selbst schaffen. In bestimmten Bereichen ist die EU ausschließlich zuständig, in anderen Rechtsgebieten kann sie neben den Mitgliedsstaaten Regelungen treffen. Bei manchen Fragen kommt den Nationalstaaten die alleinige Kompetenz zu. Hier kann die EU nur unterstützend und ohne eigene Entscheidungsmacht agieren. Die ausschließliche Kompetenz der EU gilt z. B. in den folgenden Rechtsgebieten: Zollunion Wettbewerbsregeln Währungspolitik im Gebiet der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (Eurozone) gemeinsame Handelspolitik Eine gemeinsame Kompetenz von EU und Mitgliedsstaaten besteht z. B. in diesen Rechtsbereichen: Binnenmarkt Umwelt Landwirtschaft und Fischerei Verbraucherschutz Verkehr Energie Sicherheitspolitik. <?page no="110"?> Grundfreiheiten 111 fit-lernhilfen.de Die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedsstaaten ist z. B. für folgende Rechtsgebiete bestimmt: Wirtschaftspolitik Beschäftigungspolitik Gesundheitspolitik Kultur Zivilschutz Bildung. Häufig ist die Kompetenzabgrenzung unklar. Beispiel So können auch Fragen der Bildungspolitik für die Verwirklichung des Binnenmarkts wichtig sein, wenn es darum geht, ob ein deutscher Hochschulabschluss in Frankreich gleichwertig anerkannt wird. Bei Uneinigkeit in Zuständigkeitsfragen entscheidet der EuGH. Grundfreiheiten Die vier Grundfreiheiten sind zentrale Regelungen, die den Binnenmarkt sichern sollen und im AEUV festgeschrieben sind: Warenverkehrsfreiheit Waren, die in einem Mitgliedsstaat ordnungsgemäß hergestellt oder importiert wurden (Herkunftslandprinzip), können im gesamten EU-Gebiet gehandelt werden. Die Warenverkehrsfreiheit darf durch die Mitgliedsstaaten weder unmittelbar noch mittelbar (durch indirekte Regelungen, die ausländische Produkte benachteiligen) eingeschränkt werden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn - eng auszulegende - „zwingende Gründe des Gemeinwohls“ Beschränkungen rechtfertigen und die Eingriffe verhältnismäßig sind (sog. Cassis-Rechtsprechung). <?page no="111"?> 112 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Personenverkehrsfreiheit Darunter versteht man das Recht von EU-Bürgern, sich in allen Mitgliedsstaaten aufhalten, arbeiten und sich niederlassen zu dürfen. Die Freizügigkeit im EU-Gebiet wird durch den Wegfall der Grenzkontrollen (Schengener Übereinkommen) unterstützt. Daneben besteht für EU-Bürger die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Mitgliedsstaaten dürfen also ausländische EU- Bürger auf dem Arbeitsmarkt nicht diskriminieren und den Zugang zu Arbeitsplätzen für ihre Staatsangehörigen vorbehalten. Hierzu gehört, dass Arbeitnehmer in anderen Mitgliedsstaaten leben dürfen. Bei neu aufgenommenen EU-Staaten besteht in der Regel eine Übergangszeit, bis die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit hergestellt ist. Auch selbstständige EU-Bürger dürfen sich in anderen Mitgliedsstaaten niederlassen, das heißt, dort ihren Wohnsitz nehmen und ihre selbstständige Tätigkeit ausüben (Niederlassungsfreiheit). Besonders relevant ist dies für ausländische Gesellschaften, die ihren Sitz verlagern dürfen. Dienstleistungsfreiheit Ohne sich dauerhaft in einen anderen EU-Staat zu begeben, darf jeder EU-Bürger und jede in der EU gegründete Gesellschaft ihre Dienste im gesamten EU-Gebiet anbieten. Kapitalverkehrsfreiheit Die Kapitalverkehrsfreiheit erlaubt den Transfer von Geldern und Wertpapieren in beliebiger Höhe. Dies gilt für Ströme zwischen zwei Mitgliedsstaaten und - anders als bei den übrigen Grundfreiheiten - zwischen einem Mitgliedsstaat und einem Nicht-EU-Staat. Nachfolgend sind Beispiele aufgeführt, wie sich die Grundfreiheiten konkret auswirken: <?page no="112"?> Grundfreiheiten 113 fit-lernhilfen.de Zur Warenverkehrsfreiheit: Belgisches Bier darf in Deutschland verkauft werden, auch wenn es gegen das deutsche Reinheitsgebot verstößt. Zur Personenverkehrsfreiheit (Arbeitnehmerfreizügigkeit): Fußballvereine dürfen, wenn die Verträge der Spieler auslaufen, keine Ablösesumme verlangen, weil dies den Arbeitsplatzwechsel des Fußballers erschwert (Bosman-Urteil des EuGH). Zur Dienstleistungsfreiheit: Steuerberater in Deutschland benötigen anders als in Großbritannien zwingend eine Berufshaftpflichtversicherung. Eine englische Gesellschaft, die in Deutschland steuerlich berät, darf aus Gründen des Verbraucherschutzes zum Abschluss einer solchen Versicherung verpflichtet werden. Der Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit ist aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls (aus deutscher Sicht) gerechtfertigt. Zur Kapitalverkehrsfreiheit: Das belgische Recht hatte Erbschaften höher besteuert, wenn sie an ausländische gemeinnützige Organisationen und nicht an einheimische zugewendet wurden. Hierin hat der EuGH eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit gesehen, weil das Gesetz den Transfer des Vermögens ins Ausland erschwert. Die Grundfreiheiten verpflichten in erster Linie die Mitgliedsstaaten. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Verwaltung als auch die Gerichte müssen die Grundfreiheiten beachten. Weiterhin sind auch besondere mächtige private Organisationen (wie z. B. Gewerkschaften) direkt an die Grundfreiheiten gebunden. Außerdem gibt es - wie im nationalen deutschen Recht bei den Grundrechten - eine mittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten bei der Auslegung von unklaren Rechtsvorschriften. Schließlich kann ein Mitgliedsstaat im Rahmen seiner Schutzpflichten gezwungen sein einzuschreiten, wenn private Organisationen <?page no="113"?> 114 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de die Grundfreiheiten anderer Bürger besonders gravierend beeinträchtigen. Der EuGH hat z. B. Frankreich verurteilt, weil die Polizei nicht ausreichend gegen Plünderungen spanischer Lkws in Frankreich vorgegangen ist. Weitere Regelungen Neben den Regelungen über die Organe und Zuständigkeiten der EU und den Grundfreiheiten finden sich in den EU-Verträgen weitere wichtige Bestimmungen: Subsidiaritätsprinzip Die EU soll nur dann tätig werden, wenn eine einheitliche Regelung für alle Mitgliedsstaaten notwendig ist und sie die angestrebten Ziele besser erreichen kann als die Einzelstaaten. Unionsbürgerschaft Wer Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates ist, ist damit automatisch auch Unionsbürger und darf in einem anderen Mitgliedsstaat nicht wegen seiner Staatsangehörigkeit diskriminiert werden. Als Unionsbürger darf er insbesondere an Kommunalwahlen und Wahlen zum EU-Parlament teilnehmen und sich im gesamten EU-Gebiet frei bewegen. Grundrechte in der Europäischen Union In Art. 6 EUV haben die Mitgliedsstaaten die im Jahr 2000 proklamierte EU-Grundrechtecharta, die Grundrechte der EMRK und die Grundrechte „aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten“ als verbindlich anerkannt. Sekundärrecht In den EU-Verträgen, welche die Mitgliedsstaaten geschlossen haben, sind - vergleichbar dem Grundgesetz - nur die wichtigen Leitlinien des EU-Rechts niedergelegt. Neben diesem Primärrecht muss die EU „Gesetze“ erlassen, die das Primärrecht konkretisie- <?page no="114"?> Sekundärrecht 115 fit-lernhilfen.de ren und die der EU eingeräumten Kompetenzen ausfüllen. Die von der EU verabschiedeten Rechtsnormen nennt man Sekundärrecht. Um die Zuständigkeiten der Union auszuüben, stehen den Organen der EU nach Art. 288 AEUV Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen zur Verfügung: Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich. Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich. Verordnungen und Richtlinien ähneln im nationalen Recht den Gesetzen, wobei die Richtlinie durch nationale Gesetze erst ausgefüllt und präzisiert werden muss. Hierfür wird den Mitgliedsstaaten eine bestimmte Frist eingeräumt. Beschlüsse wenden die abstrakten und allgemeinen Regelungen der Richtlinien und Verordnungen dann auf den Einzelfall an und ähneln somit im nationalen Recht den Verwaltungsakten. Rechtsakt bindend? gilt? regelt? ähnelt im deutschen Recht? Verordnung ja unmittelbar Ziel und Mittel Gesetz Richtlinie ja unmittelbar nach Fristablauf, vorher nur Regelung des Ziels; wie das Ziel Gesetz, das durch ein anderes Gesetz <?page no="115"?> 116 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de nur mittelbar für die europarechtskonforme Auslegung nationalen Rechts; muss durch nationales Gesetz oder Verordnung umgesetzt werden erreicht wird, bestimmen die Mitgliedsstaaten individuell oder eine Verordnung konkretisiert wird Beschluss ja unmittelbar detaillierte Regelung für einen konkreten Einzelfall Verwaltungsakt Empfehlung und Stellungnahme nein Tipp Auf der Homepage „eur-lex.europa.eu“ sind alle geltenden Verträge, Richtlinien, Verordnungen und Beschlüsse tagesaktuell und kostenfrei aufgeführt. Insgesamt sind dort rund 3 Mio. Dokumente in den 24 Amtssprachen der Europäischen Union abrufbar. Vorrang des Europarechts Europarecht, sei es Primär- oder Sekundärrecht, geht dem nationalen Recht vor. Ein deutsches Gesetz, das gegen Europarecht verstößt, darf deshalb weder von deutschen Behörden noch von den Gerichten angewendet werden. Der Vorrang des Europarechts ist seit mehreren Jahrzehnten in vielen Entscheidungen sowohl <?page no="116"?> Vorrang des Europarechts 117 fit-lernhilfen.de vom Europäischen Gerichtshof als auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Ein Beispiel: Art. 12a Abs. 4 GG bestimmte früher, dass Frauen in der Bundeswehr auf keinen Fall Dienst an der Waffe leisten dürften. Hiergegen hatte eine Frau unter Berufung auf die EU-Richtlinie zur beruflichen Gleichstellung von Mann und Frau geklagt. Der EuGH hat ihr Recht gegeben und das Grundgesetz insofern für europarechtswidrig erklärt. Frauen mussten in allen Bereichen der Bundeswehr als Soldatinnen zugelassen werden. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht europäische Eingriffe in die deutsche „Verfassungsidentität“ und den „Kern der Verfassung“ untersagt. Europarecht, das beispielsweise die grundgesetzliche Garantie der Menschenwürde beeinträchtigt oder die demokratische Grundstruktur der Bundesrepublik Deutschland antastet, wäre demnach unwirksam; das nationale Recht würde weiter gelten. Hinsichtlich der Grundrechtsprüfung hat sich das Bundesverfassungsgericht Zurückhaltung verordnet. Solange in der EU ein vergleichbares Grundrechteniveau herrsche, dürfe Europarecht nicht vom Bundesverfassungsgericht anhand der deutschen Grundrechte überprüft werden. Kritischer ist das Bundesverfassungsgericht jedoch bezüglich der Übertragung von Hoheitsrechten. Es gebe Kernbereiche staatlicher Souveränität (wie z.B. Strafrecht, Steuerrecht und Kultur), die nur eine eingeschränkte Übertragung von Kompetenzen auf die EU zuließe. Hierüber müssten Bundestag und Bundesrat entscheiden, wobei die verfassungsrechtliche Grenze maximaler Kompetenzübertragung womöglich erreicht sei. Es muss abgewartet werden, wie sich das Spannungsverhältnis zwischen europäischer Integration und nationaler Souveränität, zwischen Europäischem Gerichtshof und deutschem Bundesverfassungsgericht in Zukunft entwickelt. <?page no="117"?> 118 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 6.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Als Sekundärrecht bezeichnet man die von der EU verabschiedeten Rechtsnormen. richtig falsch Bei unterschiedlichen Regelungen im Bundesrecht und Europarecht gilt das Bundesrecht. richtig falsch Das Europäische Parlament ist das einzige unmittelbar gewählte EU-Organ. richtig falsch Das Europarecht im weiteren Sinne regelt ausschließlich die Organisation und die Befugnisse der Europäischen Union. richtig falsch <?page no="118"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 119 fit-lernhilfen.de Das Exekutivorgan, also „die Regierung“ der EU, ist der Europäische Rat. richtig falsch Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschef der EU-Mitgliedsstaaten zusammen. richtig falsch Der Europarat ist das oberste Entscheidungsgremium der Europäischen Union. richtig falsch Der Gerichtshof der Europäischen Union kann auch Mitgliedsstaaten verurteilen, die gegen EU-Recht verstoßen haben. richtig falsch Die Europäische Union hat die ausschließliche Kompetenz in der Arbeitsmarktpolitik. richtig falsch Die Europäische Union kann sich ihre Zuständigkeiten nicht selbst schaffen. richtig falsch Die Kapitalverkehrsfreiheit erlaubt auch den Transfer von Kapital zwischen einem Mitgliedsstaat und einem Nicht-EU-Staat. richtig falsch <?page no="119"?> 120 Etappe 6: Europarecht fit-lernhilfen.de Die Warenverkehrsfreiheit kann durch die EU-Mitgliedstaaten eingeschränkt werden, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls dies erfordern. richtig falsch Dienstleistungsfreiheit bedeutet, dass jeder EU-Bürger und jede in der EU gegründete Gesellschaft ihre Dienste im gesamten EU-Gebiet anbieten darf, ohne sich dauerhaft in einen anderen EU-Staat zu begeben. richtig falsch Eine EU-Richtlinie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. richtig falsch EU-Bürger haben das Recht, sich in allen Mitgliedsstaaten aufzuhalten, zu arbeiten und sich niederzulassen. richtig falsch Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip soll die EU nur tätig werden, wenn eine einheitliche Regelung für alle Mitgliedsstaaten notwendig ist. richtig falsch Mitgliedsstaaten dürfen ausländische EU-Bürger auf dem Arbeitsmarkt nicht diskriminieren. richtig falsch <?page no="120"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 121 Niederlassungsfreiheit bedeutet, dass EU-Bürger dauerhaft in einem anderen EU-Land wohnen dürfen. richtig falsch Verordnungen und Richtlinien ähneln im nationalen Recht den Gesetzen. richtig falsch Wer Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates ist, hat damit automatisch auch die Unionsbürgerschaft. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="122"?> Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht <?page no="123"?> 124 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel wird gezeigt, wie die staatliche Verwaltung die Gesetze und Verordnungen gegenüber Bürgern und Unternehmen anwendet und durchsetzt. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Verwaltungsrecht Subsumption Tatbestands- und Rechtsfolgenebene Verwaltungsakt Behörde Verwaltungsträger Ermächtigungsgrundlage Unbestimmte Rechtsbegriffe Ermessen Bestandskraft Verwaltungsverfahrensrecht Offizialprinzip Opportunitätsprinzip Befangenheit Widerspruchsverfahren Klageverfahren Wofür benötige ich dieses Wissen? Es ist für Unternehmen wichtig zu wissen, wie der Staat zu seinen Verwaltungsentscheidungen kommt und welche Wege es für Unternehmen gibt, sich gegen ungünstige Entscheidungen zu wehren. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, die Tatbestands- und Rechtsfolgenebene zu unterscheiden einen Verwaltungsakt mit seinen Voraussetzungen zu definieren die möglichen Fehler der Verwaltung bei Ermessen zu erläutern das Widerspruchsverfahren zu erläutern das Klageverfahren zu erklären und dabei die Unterschiede zwischen begünstigenden und belastenden Verwaltungsakten zu beachten Los geht’s! <?page no="124"?> Allgemeines Verwaltungsrecht 125 fit-lernhilfen.de Gesetze und Rechtsverordnungen sind in aller Regel für eine Vielzahl von Fällen konzipiert. Der Gesetzgeber kann nicht jeden Einzelfall regeln, sondern nur allgemeine Vorgaben treffen, die dann später auf den konkreten Einzelfall angewendet werden müssen. Die staatliche Verwaltung als ausführende Gewalt (Exekutive) übernimmt diese Aufgabe. Verwaltungsrecht Das Verwaltungsrecht befasst sich mit dem Handeln der öffentlichen Verwaltung und seiner Überprüfbarkeit durch die Gerichte. Man unterscheidet meist folgende Teile des Verwaltungsrechts: Das allgemeine Verwaltungsrecht enthält die Rechtsvorschriften, die für das gesamte Verwaltungshandeln einheitlich gelten. Das Verwaltungsverfahrensrecht regelt, wie eine Entscheidung der Verwaltung zustande kommt und welche Prozesse hierbei eingehalten werden müssen. Das Verwaltungsprozessrecht befasst sich mit den Normen, welche die Überprüfung von Verwaltungshandeln durch die Verwaltungsgerichte zum Inhalt haben. Das besondere Verwaltungsrecht umfasst die speziellen Vorschriften aus bestimmten Rechtsbereiche wie z. B. das Polizeirecht, das Gewerberecht oder das Baurecht. Dabei kann man das Verwaltungsverfahrensrecht und das Verwaltungsprozessrecht auch als Teilgebiet des Allgemeinen Verwaltungsrechts auffassen. Allgemeines Verwaltungsrecht Hauptaufgabe der Verwaltung ist die Gesetzesanwendung im Einzelfall. Dies soll an einem Beispiel aus dem Gewerberecht, einem Bereich des besonderen Verwaltungsrechts, verdeutlicht werden. <?page no="125"?> 126 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Fallbeispiel Die Gewerbeaufsicht erfährt, dass der Betreiber einer Firma, die Parkett verlegt, womöglich hohe Steuerschulden hat. § 35 Abs. 1 S. 1 der Gewerbeordnung (GewO) lautet: „Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.“ Die Verwaltung hat nun folgende Aufgaben: Die Verwaltung muss in einem ersten Schritt die Tatsachen oder den Sachverhalt ermitteln. Dann muss geprüft werden, welche Rechtsnorm diesen Sachverhalt betrifft. Im Folgenden muss die gefundene Rechtsnorm (hier § 35 GewO) ausgelegt werden und die Behörde muss untersuchen, ob der Sachverhalt von der Norm erfasst ist (Subsumption). Hierzu müssen die einzelnen Tatbestandsmerkmale durchgegangen werden. Zuletzt muss die Behörde die vom Gesetz angeordnete Rechtsfolge durchsetzen, wobei sie manchmal mehrere Möglichkeiten hat, ihr also ein Ermessen eingeräumt wird. Der Entscheidungsprozess führt im Beispiel also dazu, dass dem Parkettleger die Gewerbeausübung verboten wird. Man kann also zwei Ebenen unterscheiden: Die Ermittlung des Sachverhalts und die Subsumption erfolgen auf der Tatbestandsebene. Es werden die Tatbestandsvoraussetzungen überprüft. <?page no="126"?> Allgemeines Verwaltungsrecht 127 fit-lernhilfen.de Steht dann fest, dass alle Tatbestandsmerkmale einer Norm verwirklicht sind, ist auf Rechtsfolgenebene zu schauen, welche Konsequenzen der Gesetzgeber angeordnet hat. Abb. 6 Tatbestand und Rechtsfolge Was ist passiert? Welche Norm regelt das? Liegen die Voraussetzungen der Norm vor? Tatbestandsebene Wie sind unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen? Welche Rechtsfolgen sieht das Gesetz vor? Hat die Verwaltung Ermessen? Muss die Verwaltung einschreiten (Entschließungsermessen)? Wie darf die Verwaltung einschreiten (Auswahlermessen? ) Ist nur eine einzige Handlung rechtmäßig (Ermessensreduzierung auf Null)? Rechtsfolgenebene Volle Überprüfbarkeit durch ein Gericht Überprüfbarkeit auf Ermessensfehler <?page no="127"?> 128 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Die einzelnen Begriffe dieser Abbildung werden in diesem Kapitel erläutert. Verwaltungsakt Hat die Verwaltung nun einen Sachverhalt geprüft, aus dem sich eine bestimmte Rechtsfolge ergibt, stellt sich die Frage, wie diese Rechtsfolge (z.B. eine Gewerbeuntersagung) gegenüber dem Adressaten (z.B. dem Gewerbetreibenden) bekanntgegeben wird. Die mit Abstand wichtigste Art von Verwaltungshandeln ist der Verwaltungsakt, der im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) definiert ist. Verwaltungsakt Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 S. 1 VwVfG „jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.“ Der Verwaltungsakt wird von einer Behörde erlassen. Behörde ist gemäß § 1 Abs. 4 VwVfG jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Hierzu zählen z. B. die Stadt- oder Kreisverwaltungen, Polizeipräsidien, Landes- und Bundesämter, staatliche Universitäten und Hochschulen. Vorsicht ist bei kommunalen „Ämtern“ (z. B. Ordnungsamt, Einwohnermeldeamt) geboten. Sie sind in aller Regel nur Teile der Gemeindeverwaltung. Behörde ist dann also die Stadt- oder Gemeindeverwaltung insgesamt. Von der Behörde zu unterscheiden ist der Verwaltungsträger. Dies ist die Körperschaft, die öffentliche Anstalt oder die Stiftung, deren Organ die Behörde ist. Träger der Stadtverwaltung z. B. ist die Stadt, Träger einer staatlichen Hochschule meistens das Bundesland. Der Verwaltungsakt ergeht auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Er ist also keine privatrechtliche Maßnahme der Verwaltung. Entscheidungen z. B. über den Kauf von Gütern für <?page no="128"?> Verwaltungsakt 129 fit-lernhilfen.de den Staat oder die Einstellung von Mitarbeitern im öffentlichen Dienst sind keine Verwaltungsakte. Der Verwaltungsakt enthält eine Regelung. Dies bedeutet, dass der Verwaltungsakt unmittelbar auf den Eintritt einer Rechtsfolge gerichtet ist. Er verändert die Rechtslage und stellt nicht nur (wie bei Empfehlungen oder Mitteilungen) unverbindliche Maßnahmen der Verwaltung dar. Der Verwaltungsakt regelt einen Einzelfall. Anders als eine Rechtsnorm (Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung) hat der Verwaltungsakt einen konkret-individuellen Charakter. Er richtet sich an einen bestimmten Personenkreis. Eine Ausnahme bildet die Allgemeinverfügung gemäß § 35 S. 2 VwVfG, die zwar auf eine konkrete Situation abstellt, aber für einen unbestimmten Personenkreis gilt. Beispiel: Wenn die Stadtverwaltung ein Parkverbotsschild aufstellt, ist dies ein Verwaltungsakt, mit dem das Parken an dieser konkreten Stelle untersagt wird. Gleichwohl richtet sich die Allgemeinverfügung an alle Verkehrsteilnehmer, die vorhaben, dort zu parken. Der Verwaltungsakt muss Außenwirkung haben. Bloß verwaltungsinterne Zwischenentscheidungen sind keine Verwaltungsakte. Beispiel: Eine Einzelnote in einer Prüfung an einer Hochschule ist - anders als die Endnote - kein Verwaltungsakt; es sei denn die Einzelnote hat unmittelbare Bedeutung. Verwaltungsakte werden häufig auch als Bescheide oder Verfügungen bezeichnet. Die Einstufung eines Verwaltungshandelns als Verwaltungsakt ist wichtig, weil bestimmte Anfechtungsmöglichkeiten nur bei Verwaltungsakten bestehen. Eine zweite seltenere Form von Verwaltungshandeln stellt der öffentlich-rechtliche Vertrag dar, der - wie ein privatrechtlicher Vertrag - einvernehmlich zwischen der Verwaltung und einem Privaten über bestimmte öffentlich-rechtliche Fragen geschlossen wird. Hierbei gelten zum Schutz des Privaten gegenüber dem BGB- Vertrag einige Sondervorschriften. <?page no="129"?> 130 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Ermächtigungsgrundlage Wenn durch einen Verwaltungsakt die Rechtslage für den Adressaten verschlechtert wird, spricht man von einem belastenden Verwaltungsakt. Belastender Verwaltungsakt Ein belastender Verwaltungsakt ist ein Verwaltungsakt, der erstmals eine Belastung beinhaltet oder eine bereits gewährte Begünstigung zurücknimmt. Beispiel Eine solche Belastung könnte die Gewerbeuntersagung sein. Die Rücknahme einer bereits gewährten Vergünstigung liegt z. B. vor, wenn eine Baugenehmigung wieder zurückgenommen wird. Belastende Verwaltungsakte beschränken immer die Rechtsposition des Adressaten (Bürger, Unternehmen) und greifen somit in die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 2 GG ein. Nach der Lehre vom „Vorbehalt des Gesetzes“ bedürfen belastende Verwaltungsakte deshalb immer einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Verwaltung kann sich ihre Eingriffsbefugnisse also nicht selbst schaffen, sondern muss vom Gesetzgeber hierzu legitimiert sein. Dabei gilt: Je gravierender der Eingriff durch den belastenden Verwaltungsakt ist, umso präziser muss die Ermächtigungsgrundlage formuliert sein. Wird dem Adressaten eines Verwaltungsakts ein Vorteil gewährt, spricht man von einem begünstigenden Verwaltungsakt. Beispiele sind Subventionsbescheide, Beamtenernennungen, Führerscheinerteilungen oder Bescheide über die Gewährung von Sozialleistungen. Auch wenn solche Verwaltungsakte die Rechtsposition verbessern und nicht in Grundrechte eingreifen, benötigen auch sie eine Er- <?page no="130"?> Unbestimmte Rechtsbegriffe 131 fit-lernhilfen.de mächtigungsgrundlage. Sie kann jedoch unpräziser sein als bei belastenden Verwaltungsakten. Beispielsweise genügt die Bereitstellung von Mitteln für Subventionen in einem Haushaltsgesetz. Unbestimmte Rechtsbegriffe Eine Schwierigkeit bei der Gesetzesanwendung stellt die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in Gesetzen dar. So muss die Behörde im obigen Beispiel zur Gewerbeuntersagung ermitteln, was alles zur „Unzuverlässigkeit“ führt. Häufig vorkommende unbestimmte Rechtsbegriffe sind „Allgemeinwohl“ „Gefahr“ „öffentliche Sicherheit“ „öffentliche Ordnung“ „wichtiger Grund“ Die Auslegungsbedürftigkeit solcher Begriffe führt aber nicht dazu, dass die Verwaltung frei ist, wie sie nun „Unzuverlässigkeit“ definiert. Die Interpretation des Gesetzesbegriffs durch die Verwaltung unterliegt der vollen Kontrolle durch die Gerichte, die in Urteilen Auslegungskriterien aufgestellt haben. Nicht selten jedoch ist die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs umstritten. Beispiel Steuerschulden in Bezug auf ein Gewerbe führen nach übereinstimmender Rechtsauffassung der Gerichte zur Unzuverlässigkeit. <?page no="131"?> 132 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Ermessen Ähnlich den unbestimmten Rechtsbegriffen auf Tatbestandsebene ist häufig auch die Rechtsfolge vom Gesetzgeber nicht genau vorgegeben. Im obigen Beispiel von § 35 GewO ist die Rechtsfolge noch eindeutig, wenn es heißt, die „Ausübung eines Gewerbes […] ist zu untersagen“. Wenn der Tatbestand der Norm erfüllt ist, muss die Verwaltung also zwingend eine Untersagung vollziehen. Es handelt sich um eine zwingende Rechtsfolge. Das Verwaltungshandeln ist eine gebundene Entscheidung. Im Unterschied dazu lassen manche Vorschriften den Verwaltungsbehörden einen Spielraum bei der Auswahl der Rechtsfolge. Das Ermessen der Verwaltung kann sich dann darauf beziehen, ob überhaupt eine Maßnahme ergriffen wird (Entschließungsermessen) und/ oder welche Maßnahme durchgeführt wird (Auswahlermessen). Beispiel für ein Entschließungsermessen („Ob“) ist Art. 75 Abs. 1 S. 1 der Bayrischen Bauordnung: „Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt, kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen.“ Die Behörde kann die Einstellung der Arbeiten anordnen, muss es aber nicht. Wenn sie sich zu einem Einschreiten entschließt, hat sie keine Wahl zwischen verschiedenen Rechtsfolgen. Demgegenüber räumt § 9 Abs. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland-Pfalz (POG) in einer Norm kombiniert sowohl Entschließungsals auch Auswahlermessen ein: „Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.“ Die Polizei muss selbst einschätzen, ob eine Maßnahme getroffen wird. Wie diese dann genau aussieht, kann ebenfalls von der Polizei selbst bestimmt werden. <?page no="132"?> Ermessen 133 fit-lernhilfen.de § 9 POG ist ein gutes Beispiel einer Kumulation von unbestimmtem Rechtsbegriff („Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“) und weitem Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen). Die Norm ist somit für die Ordnungsbehörden und die Polizei im konkreten Fall insoweit vorteilhaft, als sie eine flexible Handhabung ermöglicht. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass mit der größeren Flexibilität Rechtsunsicherheit einhergeht und es geschehen kann, dass identische Situationen von verschiedenen Polizeibehörden unterschiedlich bewertet werden. Immer dann, wenn in einer Norm davon die Rede ist, dass die Behörde etwas „kann“, „darf“, „berechtigt ist“ oder es in „ihr Ermessen gestellt ist“, muss die Behörde Überlegungen anstellen, wie sie ihr Ermessen gebraucht. § 40 VwVfG bestimmt: „Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.“ Hierdurch wird klargestellt, dass das Ermessen der Verwaltung nicht zu einer willkürlichen Entscheidung führen darf, sondern dass das Ermessen pflichtgemäß unter Abwägung sachlicher Gesichtspunkte erfolgen muss. Insbesondere muss die Verwaltung Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz) beachten. Sie darf also nicht unter Berufung auf ihr Ermessen zwei identische Fälle ungleich behandeln oder zwei völlig verschiedenartig gelagerte Konstellationen unter Missachtung dieser Unterschiede gleich entscheiden. Gibt es z. B. verwaltungsinterne Vorschriften oder auch nur eine gefestigte „Tradition“ in der Behörde, welche Rechtsfolgen in bestimmten Fällen angeordnet werden, hat sie die Behörde bereits selbst vorab festgelegt. Es besteht dann eine so genannte Selbstbindung der Verwaltung. <?page no="133"?> 134 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Es kann durch Gerichte voll überprüft werden, ob die Behörde ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat oder ob einer der folgenden Ermessensfehler vorliegt: Eine Ermessensüberschreitung liegt vor, wenn die Verwaltung eine Rechtsfolge wählt, die im Gesetz nicht angeordnet ist. Wenn eine Norm angibt, dass die Behörde die Rechtsfolge X oder die Rechtsfolge Y anordnen darf, muss sie sich zwischen diesen beiden Maßnahmen entscheiden. Wählt sie die Rechtsfolge Z, liegt eine Ermessensüberschreitung vor. Eine Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn die Verwaltung irrtümlich annimmt, sie sei zu einer ganz bestimmten Rechtsfolge gezwungen und gar nicht überlegt, warum eine von mehreren Möglichkeiten gewählt wird. Ein Ermessensmissbrauch (auch: Ermessensfehlgebrauch) stellt den häufigsten Fall von Ermessensfehlern dar. Die Verwaltung darf keine sachfremden Erwägungen in ihre Abwägung einstellen. Die zuständige Behörde kann z. B. einen Baustopp nicht darauf stützen, dass der Bauherr aus dem Ausland komme, wo baurechtliche Vorgaben stets zu wenig beachtet würden. Vielmehr darf die Verwaltung nur solche Gesichtspunkte berücksichtigen, die dem Schutz des öffentlichen Interesses dienen, wie es gerade durch die Norm gewährleistet werden soll. Beispiel: Wenn der Betreiber eines Gewerbes unzuverlässig ist, kann ihm die Behörde nach § 35 Abs. 2 GewO erlauben, dass der Betrieb durch einen zuverlässigen Stellvertreter fortgeführt wird. Auch wenn der Behörde Ermessen eingeräumt ist („kann“), darf sie einen zuverlässigen Stellvertreter nicht deswegen ablehnen, weil sie dem Gewerbetreibenden einen „Denkzettel“ verpassen möchte. Eine Bestrafung des Gewerbetreibenden ist nicht Ziel der Gewerbeordnung. Sie soll die Funktionsfähigkeit des Marktes sichern, aber hierfür keine individuellen Strafen aussprechen. Eine Entscheidung, in der es um die Bestrafung des Gewerbetreibenden geht (Denkzettel), ist ermessensfehlerhaft. <?page no="134"?> Bestandskraft 135 fit-lernhilfen.de Manchmal räumt eine Norm der Verwaltung zwar Ermessen ein, ohne dass im konkreten Einzelfall jedoch ein Spielraum besteht. Man spricht dann von einer Ermessensreduzierung auf Null. Beispiel Ein Polizist bemerkt im Hochsommer ein Auto in der prallen Sonne, auf dessen Rücksitz ein Kleinkind liegt. Das Kind reagiert, wie Passanten schildern, schon seit mehreren Minuten nicht auf Klopfen und Rufen. Der Halter des Fahrzeugs ist nicht auffindbar. Auch wenn nach dem Wortlaut von § 9 POG der Polizist „notwendige Maßnahmen“ treffen kann, kommt hier nur in Betracht, dass sofort die Scheiben eingeschlagen werden. Nur diese Maßnahme gewährleistet die höchsten Überlebenschancen für das Kind. Jede andere Entscheidung wäre ermessensfehlerhaft. Bestandskraft Hat die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen, wird er dem Adressaten gegenüber bekanntgegeben. Dies kann durch Übersendung per Post oder aber auch mündlich erfolgen (z. B. beim Platzverweis durch die Polizei bei einer Demonstration). Wichtig ist, dass der Verwaltungsakt in aller Regel erst einmal wirksam ist. Mit anderen Worten: Er gilt! Nichtigkeit eines Verwaltungsakts kommt nur selten in Betracht. Denn nichtig und damit unwirksam ist ein Verwaltungsakt nur dann, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet, weil die geforderte Handlung von niemandem durchgeführt werden kann, oder weil die erlassende Behörde eindeutig nicht zuständig ist. <?page no="135"?> 136 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Beispiel Letzteres ist der Fall, wenn ein Förster auf der Autobahn ein Schild zur Geschwindigkeitsbegrenzung aufstellt. In aller Regel stellt sich folglich nur die Frage, ob der wirksame Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ergangen ist. Fühlt sich ein Bürger durch einen belastenden Verwaltungsakt zu Unrecht benachteiligt, muss er aktiv hiergegen vorgehen, indem er hiergegen Widerspruch einlegt. Dies muss innerhalb der Widerspruchsfrist erfolgen, die einen Monat beträgt, wenn der Adressat über die Möglichkeiten eines Widerspruchs in der Rechtsmittelbelehrung aufklärt wurde. Dies ist fast immer der Fall. Ansonsten kann Widerspruch innerhalb eines Jahres eingelegt werden. Versäumt der Adressat eines Verwaltungsakts die Widerspruchsfrist, wird der Verwaltungsakt bestandskräftig. Er muss dann befolgt werden, selbst wenn er rechtswidrig sein sollte. Stellt sich also heraus, dass keine Ermächtigungsgrundlage bestanden hat, die Tatbestandsvoraussetzungen überhaupt nicht vorlagen oder die Behörde ihr Ermessen falsch ausgeübt hat, kann der Bürger trotzdem nicht mehr gegen den Bescheid vorgehen. Diese Regelung dient dem Schutz der Verwaltung, die nach Ablauf der Widerspruchsfrist auf ihre Regelung bauen darf. Man darf sich also nicht darauf verlassen, dass ein Verwaltungsakt „aus Versehen“ ergangen ist und die Behörde ihren Fehler bemerkt. Nach einem Monat kann der Bürger nichts mehr gegen den Verwaltungsakt unternehmen, selbst wenn er eindeutig rechtswidrig ist. Allerdings kann die Behörde einen Verwaltungsakt unabhängig von dessen Bestandskraft von sich aus rückgängig machen: Nach § 48 VwVfG kann die Behörde rechtswidrige Verwaltungsakte aufheben. Nach § 49 VwVfG kann die Behörde rechtmäßige Verwaltungsakte widerrufen. <?page no="136"?> Verwaltungsverfahrensrecht 137 fit-lernhilfen.de Hierbei gilt, dass belastende Verwaltungsakte leichter von der Behörde zurückgenommen werden können als begünstigende. Gleichermaßen können rechtswidrige Verwaltungsakte leichter als rechtmäßige zurückgenommen werden. Verwaltungsverfahrensrecht Das Verwaltungsverfahrensrecht bestimmt den Modus, wie eine Entscheidung gefunden wird. Die meisten Regelungen enthalten die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes (VwVfG) und der Länder. Sie sind anwendbar je nachdem, ob eine Bundes- oder eine Landesbehörde handelt. Bei kommunaler Tätigkeit gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundeslandes. Man unterscheidet: das förmliche Verwaltungsverfahren, das z. B. beim Planfeststellungsverfahren zum Bau einer Bundesstraße Anwendung findet und strengen Regeln unterliegt, und das nichtförmliche Verwaltungsverfahren. Folgende Aspekte müssen verfahrensrechtlich beachtet werden: Zuständigkeit: Es darf nur die Behörde handeln, die sachlich zuständig ist, die also gerade für diesen Lebensbereich bestimmt ist (z. B. für Gewerbeangelegenheiten das Gewerbeaufsichtsamt, für Bauangelegenheiten das Bauamt). Außerdem muss die Behörde örtlich zuständig sein. Offizialprinzip und Opportunitätsprinzip: Die Verwaltung entscheidet von Amts wegen („ex officio“) und unabhängig von einem Antrag des Bürgers, ob sie ein Verfahren einleitet. Eine Ausnahme vom Offizialprinzip ist der Fall, dass im Gesetz bei einer bestimmten Angelegenheit ein Antrag zwingend vorgeschrieben ist. Bei ihrer Entscheidung prüft die Behörde dann, ob sie ein Verfahren für sinnvoll („opportun“) hält. <?page no="137"?> 138 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens sind der Antragssteller und Antragsgegner, wenn es einen Antrag gibt, und der Adressat eines Verwaltungsakts. Andere Personen, für die der Ausgang des Verwaltungsverfahrens wichtig ist, können durch eine so genannte Beiladung hinzugezogen werden. Beispiel: Einem Energieversorgungsunternehmen wurde durch die zuständige Behörde die Genehmigung zum Betrieb einer Windenergieanlage erteilt. Ein Landwirt klagt nun gegen die Behörde, welche die Genehmigung erteilt hat. In diesem Fall muss der Energieversorger beigeladen werden. Die Behörde selbst ist nicht Beteiligte, sondern Trägerin des Verfahrens. Ein Amtsträger, der beispielsweise wegen familiärer Beziehungen nicht unparteiisch entscheiden kann, ist wegen Befangenheit ausgeschlossen. Für Befangenheit reicht es schon, dass es so aussieht, dass er nicht unparteiisch sein könnte („der böse Schein“). Jeder Beteiligte, gegen den eine belastende Entscheidung der Verwaltung ergehen soll, muss vorher durch eine Anhörung die Möglichkeit haben, sich zur Sache zu äußern und zu wehren. Dies gilt aber nur, wenn ein belastender Verwaltungsakt erlassen wird. Wird ein beantragter begünstigender Verwaltungsakt abgelehnt, braucht es keine Anhörung. Ausnahmen von der Anhörungspflicht bestehen bei Gefahr im Verzug oder einem besonderen Geheimhaltungsinteresse und sind sehr selten. Während eines laufenden Verwaltungsverfahrens haben alle Beteiligten das Recht auf Akteneinsicht. Betriebsgeheimnisse und Details des Privatlebens dürfen anderen Beteiligten gegenüber jedoch nicht von der Verwaltung offenbart werden. Die Behörde ist nicht darauf angewiesen, dass die Beteiligten ihr den Sachverhalt vortragen und Beweise beibringen. Vielmehr gilt der Untersuchungsgrundsatz, wonach die Behörde von sich aus ermittelt. Die Behörde muss das Verwaltungsverfahren entsprechend dem Beschleunigungsgrundsatz zügig betreiben. <?page no="138"?> Verwaltungsprozessrecht: Widerspruchs- und Klageverfahren139 fit-lernhilfen.de Verwaltungsprozessrecht: Widerspruchs- und Klageverfahren Ist ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens mit einer Entscheidung nicht einverstanden, kann er deren Überprüfung beantragen. Im häufigsten Fall möchte der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts hiergegen vorgehen. Es gibt das Widerspruchsverfahren und das Klageverfahren. Bevor ein Bürger gegen einen für ihn ungünstigen Verwaltungsakt klagen kann, muss er der Verwaltung in einem Widerspruchsverfahren die Möglichkeit geben, den Verwaltungsakt noch einmal selbst zu überprüfen. Das ergibt sich aus § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, wenn die Verwaltung bei ihrer Entscheidung auf die Möglichkeit des Widerspruchs (Rechtmittelbelehrung) hingewiesen hat. Sollte dies vergessen worden sein, hat der Bürger für den Widerspruch ein Jahr Zeit. Der Widerspruch muss schriftlich oder durch Vorsprache bei der Behörde eingelegt werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Diese Behörde wird Ausgangsbehörde genannt. Hält die Ausgangsbehörde ihren Verwaltungsakt nach nochmaliger Überprüfung für falsch, erlässt sie einen korrigierten Verwaltungsakt (Abhilfeentscheidung). Bleibt sie bei ihrer Entscheidung, leitet sie den Widerspruch mit einer Stellungnahme an die Widerspruchsbehörde weiter. Sie ist meist die nächsthöhere Behörde. Dass bei einem Widerspruch nunmehr die nächste Ebene zuständig ist, nennt man den Devolutiveffekt des Widerspruchs. Manchmal ist jedoch die Ausgangsbehörde auch Widerspruchsbehörde oder der Verwaltungsträger hat eigene Widerspruchsausschüsse für sich gebildet. <?page no="139"?> 140 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Wichtig ist, dass ein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat (Suspensiveffekt). Der Bürger muss also den belastenden Verwaltungsakt erst einmal nicht befolgen, bis die Widerspruchsbehörde entschieden hat. Ausnahmen gelten für bestimmte Arten von Verwaltungsakten (z.B. für Baugenehmigungen, die für einen Nachbarn belastend wirken, oder bei Gebührenbescheiden, die trotz Widerspruch erst einmal bezahlt werden müssen), bei Verwaltungsakten der Polizei oder sonstigen Fällen, in denen schnell gehandelt werden muss (Eilbedürftigkeit). In letzterem Fall muss die Behörde aber gleichzeitig mit dem Verwaltungsakt dessen sofortige Vollziehung anordnen und begründen. Gefährlich für den Bürger ist die Tatsache, dass im Widerspruchsverfahren auch eine Verschlechterung seiner Rechtsposition eintreten kann. Man nennt dies Verböserung (auch: reformatio in peius). Gerechtfertigt wird diese Möglichkeit damit, dass der Bürger selbst durch seinen Widerspruch den Eintritt der Bestandskraft verhindert hat und sich deswegen nicht mehr auf die Ausgangsentscheidung verlassen kann. Die Widerspruchsbehörde entscheidet durch den Widerspruchsbescheid, der dem Widerspruchsführer (also dem Bürger) zugestellt werden muss. Der Rechtsschutz des Bürgers gegen Verwaltungsakte wäre unzureichend, wenn nur die Verwaltung selbst die Überprüfung durchführen könnte. Deshalb steht dem Bürger mit dem Klageverfahren die Möglichkeit offen, gegen Verwaltungsakte vor den Verwaltungsgerichten zu klagen. Sowohl bei belastenden Verwaltungsakten als auch bei begünstigenden Verwaltungsakten, die vom Bürger beantragt und von der Verwaltung abgelehnt wurden, muss das obligatorische Widerspruchsverfahren durchgeführt werden. Ohne vorheriges Widerspruchsverfahren ist die Klage nicht zulässig. Gegen belastende Verwaltungsakte muss der Bürger mit der Anfechtungsklage vorgehen. <?page no="140"?> Verwaltungsprozessrecht: Widerspruchs- und Klageverfahren141 fit-lernhilfen.de Verlangt er, dass ein begünstigender Verwaltungsakt erlassen wird, handelt es sich um eine Verpflichtungsklage. Manchmal kann ein Verwaltungsakt noch vor oder während des Klageverfahrens seine Wirkung verlieren (Erledigung). Die Behörde z. B. verbietet eine Demonstration an einem bestimmten Tag. Der Veranstalter legt Widerspruch ein, der abgelehnt wird. Daraufhin klagt er. Bis zum geplanten Termin hat das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden. Damit hat sich der Verwaltungsakt erledigt. Das Gericht könnte den Verwaltungsakt gar nicht mehr aufheben, weil von ihm keine Wirkungen mehr ausgehen. Bei Erledigung eines Verwaltungsaktes kommt nur noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht, wenn der Kläger für die Zukunft erneut eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung befürchtet (Wiederholungsgefahr), ein Rehabilitationsinteresse hat, er also z. B. eine Gerichtsentscheidung zur Wiederherstellung seines guten Rufs benötigt, einen schweren Grundrechtseingriff erlitten hat oder gegen die Behörde später Schadensersatz einklagen möchte (so genanntes Präjudizinteresse). Anfechtungs- und Verpflichtungsklage müssen innerhalb eines Monats nach Erlass des Widerspruchbescheids erhoben werden. Ist diese Klagefrist überschritten, ist die Klage unzulässig. Genau wie auch das Widerspruchsverfahren hat auch das Klageverfahren eine aufschiebende Wirkung hinsichtlich des Verwaltungsakts (Suspensivwirkung). Ist eine Klage zulässig, überprüft das Verwaltungsgericht, ob die Klage inhaltlich begründet ist. Hierbei wird die komplette Entscheidung der Verwaltung überprüft: Gab es eine Ermächtigungsgrundlage? Lagen die Tatbestandsvoraussetzungen vor? Ist das Verfahren eingehalten worden? <?page no="141"?> 142 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de War der Behörde auf Rechtsfolgenseite Ermessen eingeräumt, überprüft das Gericht hinsichtlich der Ermessenausübung jedoch lediglich, ob ein Ermessensfehler vorliegt. Hält das Verwaltungsgericht einen belastenden Verwaltungsakt nach einer Anfechtungsklage für rechtswidrig, kommt es zu einer Aufhebung des Verwaltungsaktes. Entscheidet das Verwaltungsgericht nach einer Verpflichtungsklage, dass der begehrte begünstigende Verwaltungsakt zu Unrecht nicht gewährt wurde, gibt es mehrere Möglichkeiten: Hat die Behörde den Antrag abgelehnt, weil sie fälschlicherweise eine Voraussetzung verneint hat und hat sie die anderen Voraussetzungen danach überhaupt nicht mehr geprüft, muss der Sachverhalt noch ermittelt werden. In diesem Fall ist die Sache nicht spruchreif. Das Gericht verpflichtet die Behörde nur dazu, unter Beachtung der gerichtlichen Auffassung noch einmal neu zu entscheiden. Dies kann dazu führen, dass der beantragte Verwaltungsakt wieder abgelehnt wird. Gleiches gilt, wenn der Behörde Ermessen eingeräumt ist. Stellt das Gericht also fest, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm vorliegen, darf es den Verwaltungsakt selbst nicht erlassen, weil es damit den Entscheidungsspielraum der Verwaltung übergehen würde. Auch hier wird die Verwaltung nur zu einer nochmaligen Entscheidung verpflichtet. Nur wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen zweifelsfrei vorliegen und kein Ermessenspielraum besteht (entweder weil es sich um eine gebundene Entscheidung handelt oder weil eine Ermessensreduktion auf Null erfolgt), kann das Verwaltungsgericht der Behörde einen ganz konkreten Verwaltungsakt vorgeben, der den Bürger begünstigt. Praxis Jedes Jahr werden von Bürgern und Unternehmen rund 130.000 Klagen vor den Verwaltungsgerichten eingereicht. Ebenfalls <?page no="142"?> Vorläufiger Rechtsschutz 143 fit-lernhilfen.de rund 130.000 Verfahren werden von den Verwaltungsgerichten entschieden. Die durchschnittliche Dauer eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht beträgt 11 Monate. Vorläufiger Rechtsschutz Häufig würde ein Klageverfahren zu lange dauern, um Rechtssicherheit zu erlangen. Beispiel Beantragt ein Bürger, dass vor seinem Haus in vier Wochen Parkverbotsschilder aufgestellt werden, damit der Umzugswagen dort parken kann, bringt es nichts, wenn das Verwaltungsgericht erst Monate später entscheidet. Neben diesem Beispiel eines (für den Antragsteller) begünstigenden Verwaltungsakts ist eine schnelle gerichtliche Entscheidung nötig, wenn ein belastender Verwaltungsakt sofort vollzogen werden kann, der Widerspruch also keine aufschiebende Wirkung hat. Beispiele Wenn eine Behörde eine Gewerbeuntersagung verfügt, kann sie auch die sofortige Vollziehung anordnen. Dann hat der Widerspruch des Betroffenen keine aufschiebende Wirkung. Bis zu einer Klärung im Klageverfahren droht die Insolvenz. Die Baubehörde erteilt eine Baugenehmigung für eine große Lagerhalle. Baugenehmigungen sind immer sofort vollziehbar; der Widerspruch des Nachbarn, der durch die Bauarbeiten mit schwerem Gerät eine Beschädigung seines Hauses befürchtet, kann einen sofortigen Baustopp durch die langwierige Klage nicht erreichen. <?page no="143"?> 144 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht In diesen Fällen kann der Bürger vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht erlangen. Bei belastenden Verwaltungsakten kann der Bürger beantragen, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherstellt bzw. anordnet. Dann würde der Suspensiveffekt eintreten und es könnte in Ruhe das Widerspruchs- und das Klageverfahren abgewartet werden. Bei seiner Entscheidung muss das Gericht zwischen dem Interesse des Bürgers an einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und dem Interesse der Verwaltung an einer schnellen Vollziehung des Verwaltungsakts abwägen. Bei begünstigenden Verwaltungsakten geht der Antrag des Bürgers dahin, dass das Gericht eine für ihn günstige vorläufige Regelung trifft. Mit dieser Entscheidung darf das Klageverfahren aber nicht überflüssig werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist aber unzulässig. Im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes könnte z. B. das Verwaltungsgericht eine vorläufige Gaststättenerlaubnis erteilen, bis im Klageverfahren endgültig entschieden wird. Oder es wäre z. B. unzulässig, eine vorläufige Baugenehmigung zu erteilen. Mit dieser Genehmigung könnte dann gebaut werden. Wenn das Gebäude erst steht, würden Fakten geschaffen und die Hauptsache verbotenerweise vorweggenommen. Der große Vorteil des einstweiligen Rechtsschutzes liegt darin, dass das Gericht schnell, manchmal innerhalb weniger Stunden, entscheidet. Dafür ist die Prüfungsdichte notgedrungen niedriger. Es findet nur eine summarische Prüfung statt. <?page no="144"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 145 fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 7.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Andere Personen, für die der Ausgang eines Verwaltungsverfahrens wichtig ist, können durch eine so genannte Beiladung hinzugezogen werden. richtig falsch Bei Erledigung eines Verwaltungsaktes kommt nur noch eine Verpflichtungsklage in Betracht. richtig falsch Belastende Verwaltungsakte können leichter von der Behörde zurückgenommen werden können als begünstigende. richtig falsch Bevor ein Bürger gegen einen für ihn ungünstigen Verwaltungsakt widersprechen kann, muss er der Verwaltung in einem Klageverfahren die Möglichkeit geben, den Verwaltungsakt noch einmal selbst zu überprüfen. richtig falsch <?page no="145"?> 146 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Das Verwaltungsrecht befasst sich mit dem Handeln der öffentlichen Verwaltung und seiner Überprüfbarkeit durch die Gerichte. richtig falsch Das Verwaltungsverfahrensrecht befasst sich mit dem Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten. richtig falsch Der Entscheidungsprozess einer Behörde findet erst auf der Tatbestandsebene und dann auf der Rechtsfolgenebene statt. richtig falsch Die Anordnung eines Vorgesetzten an einen Mitarbeiter in einer Behörde, einen Verwaltungsakt zu erlassen, bezeichnet man als Ermächtigungsgrundlage. richtig falsch Die Behörde selbst ist nicht Beteiligte, sondern Trägerin des Verfahrens. richtig falsch Die Klage vor dem Verwaltungsgericht muss grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Erlass des Widerspruchbescheids erhoben werden. richtig falsch Die Mahnung eines privaten Unternehmens ist ein Verwaltungsakt. richtig falsch <?page no="146"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 147 fit-lernhilfen.de Ein belastender Verwaltungsakt ist ein Verwaltungsakt, der erstmals eine Belastung beinhaltet oder eine bereits gewährte Begünstigung zurücknimmt. richtig falsch Ein bestandskräftiger Verwaltungsakt muss befolgt werden, auch wenn er rechtswidrig ist. richtig falsch Ein Verwaltungsakt muss immer schriftlich bekanntgegeben werden. richtig falsch Ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt hat meist eine aufschiebende Wirkung. richtig falsch Eine Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn die Verwaltung eine Rechtsfolge wählt, die im Gesetz nicht angeordnet ist. richtig falsch Entschließungsermessen ist das Ermessen der Verwaltung, ob überhaupt eine Maßnahme ergriffen wird. richtig falsch Gegen belastende Verwaltungsakte muss der Bürger mit der Anfechtungsklage vorgehen. richtig falsch Im Widerspruchsverfahren kann für den Bürger nie eine Verschlechterung der Rechtsposition eintreten. richtig falsch <?page no="147"?> 148 Etappe 7: Allgemeines Verwaltungsrecht Je gravierender der Eingriff durch einen belastenden Verwaltungsakt ist, umso präziser muss die Ermächtigungsgrundlage formuliert sein. richtig falsch Ohne vorheriges Widerspruchsverfahren ist die Klage vor dem Verwaltungsgericht in der Regel nicht zulässig. richtig falsch Verwaltungsakte sind Gesetze und Verordnungen. richtig falsch Vorläufiger Rechtsschutz bedeutet, dass das Gericht eine schnelle und abschließende Entscheidung über den Verwaltungsakt trifft. richtig falsch Wenn der Adressat eines Verwaltungsakts über die Möglichkeiten eines Widerspruchs aufklärt wurde, muss der Widerspruch innerhalb von zwei Monaten erfolgen. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="148"?> Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht <?page no="149"?> 150 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Startschuss: Schlagwörter und Prüfungstipps Was erwartet mich in diesem Kapitel? In diesem Kapitel geht es um Rechtsgebiete des besonderen Verwaltungsrechts, die in der Praxis von Unternehmen besonders große Bedeutung haben. Das öffentliche Baurecht, das Gewerberecht und das Polizeirecht werden in ihren Grundzügen erläutert. Welche Schlagwörter lerne ich kennen? Öffentliches Baurecht Bauherr Baugenehmigung Bauplanungsrecht Bauordnungsrecht Bebauungsplan Flächennutzungsplan Unbeplantes Gebiet Bauvorbescheid Gewerberecht Zulassungsfreie Gewerbe Erlaubnispflichtige Gewerbe Öffentliche Sicherheit Öffentliche Ordnung Realakte Wofür benötige ich dieses Wissen? Mit dem Baurecht haben Unternehmen zu tun, wenn es um Standortfragen, Neubauten und Gebäudeerweiterungen geht. Das Gewerberecht bezieht sich speziell auf die Unternehmen und deren gewerbliche Tätigkeit, sodass dieser Bereich in Unternehmen oft von hoher praktischer Relevanz ist. Welchen Prüfungstipp kann ich aus diesem Abschnitt ziehen? In Prüfungen wird häufig gefordert, das öffentliche Baurecht vom privaten Baurecht abzugrenzen den Unterschied zwischen Bauordnungsrecht und Bauplanungsrecht darzustellen zulassungsfreie und erlaubnispflichtige Gewerbe zu benennen den Begriff der Standardmaßnahme im Polizeirecht zu erläutern Los geht’s! <?page no="150"?> Öffentliches Baurecht 151 fit-lernhilfen.de Öffentliches Baurecht Ein in der Unternehmenspraxis wichtiger Bereich des besonderen Verwaltungsrechts ist das öffentliche Baurecht. Der Zusatz „öffentlich“ ist wichtig und soll verdeutlichen, dass es dabei nicht um privatrechtliche Fragen des Bauvertragsrechts zwischen den unterschiedlichen am Bau Beteiligten geht. Solche privatrechtlichen Fragen könnten z. B. sein, welchen Werklohn der Bauunternehmer bekommt und welche Baumängel vorliegen, für die der Bauunternehmer haften muss. Im öffentlichen Baurecht geht es stattdessen um das Verhältnis desjenigen, der die Baumaßnahme in Auftrag gibt (Bauherr) zur öffentlichen Verwaltung, die den Bau genehmigen muss und die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Normen wie Abstandsflächen, Brandschutzbestimmungen u. ä. überwacht. Möchte ein Bürger oder ein Unternehmen auf einem Grundstück ein Gebäude errichten, muss geprüft werden, ob es sich um ein baugenehmigungsfreies Vorhaben handelt. Ist das geplante Bauwerk nicht nur ein ganz kleiner Anbau, handelt es sich in der Regel um ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben. Dann muss der Bauherr, der bauen möchte, eine Baugenehmigung beantragen und hierzu dem zuständigen Bauamt Pläne vorlegen, wie das Bauwerk später aussehen soll. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens prüft die Behörde dann, ob das Gebäude bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich zulässig ist. Das öffentliche Baurecht unterteilt man demnach in: Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht. <?page no="151"?> 152 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Das Bauplanungsrecht ist größtenteils im Baugesetzbuch (Bau- GB) geregelt. Es befasst sich mit den flächenbezogenen Anforderungen eines Bauvorhabens, also mit der Frage, ob ein bestimmtes Bauvorhaben an dieser bestimmten Stelle zulässig ist. Das Bauplanungsrecht dient der städtebaulichen Entwicklung, indem häufig auf noch unbebauten Grundstücken festgelegt wird, welcher Typ von Bebauung dort statthaft ist. Wichtigstes Instrument im Rahmen der Bauplanung ist der Bebauungsplan. Der Bebauungsplan ist eine Satzung der Gemeinde oder der Stadt, also kein Landes- oder Bundesgesetz. Jede Gemeinde entscheidet selbst, wie sie ihre Planungshoheit ausübt und dann eigenes Ortsrecht erlässt. Mit dem Bebauungsplan (B-Plan oder verbindlicher Bauleitplan) beschließt die Gemeinde, in welcher Art und Weise ein bestimmter Teil des Gemeindegebiets bebaut werden darf. Daneben gibt es auch den Flächennutzungsplan (F-Plan), der als vorbereitender Bauleitplan für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen ist. Der Flächennutzungsplan (kurz: F-Plan) ist weniger detailliert als der Bebauungsplan. Der Bebauungsplan soll aus dem Flächennutzungsplan „entwickelt“ werden, also seine Festsetzungen konkretisieren. Welche Festsetzungen in einem Bebauungsplan zulässig sind, ist in § 9 BauGB geregelt. Von hoher Bedeutung sind die Regelungen im Bebauungsplan zu Art und Maß der Nutzung. Die Art der Nutzung bedeutet, dass ein bestimmter Gebietstyp festgelegt wird. Dies können z. B. sein: Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete, besondere Wohngebiete, Dorfgebiete, Mischgebiete, <?page no="152"?> Öffentliches Baurecht 153 fit-lernhilfen.de Kerngebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete und Sondergebiete. Eine solche Festlegung des Gebietstyps soll verhindern, dass beispielsweise laute Gewerbebetriebe (z. B. Spielhallen und Stahlwerke) oder andere störende Gebäude (z. B. Schweinemastbetriebe und Müllsortieranlagen) in einem Gebiet errichtet werden, das für Wohnzwecke bestimmt ist. Das Maß der Nutzung wird dadurch geregelt, dass der Bebauungsplan insbesondere zwei Kennzahlen festlegt: die Grundflächenzahl (GRZ), die den Flächenanteil des Bauwerks am Grundstück festlegt (GRZ 0,3 bedeutet, dass das Gebäude höchstens 30 % der Gesamtfläche einnehmen darf), die Geschossflächenzahl (GFZ), die angibt, wie groß die Gesamtfläche der Geschosse im Verhältnis zur Grundstücksfläche sein darf. Wenn Bebauungspläne aufgestellt werden, müssen Bürgerbeteiligungen, z. B. durch Anhörungen, durchgeführt werden. Die Pläne müssen öffentlich im Rathaus ausgelegt werden. Außerdem müssen die Gemeinden die unterschiedlichen Interessen abwägen und Belange des Naturschutzes berücksichtigen. Gegen einen Bebauungsplan kann ein Bürger oder ein Unternehmen, das sich in eigenen Rechten verletzt sieht, einen Normenkontrollantrag vor dem Oberverwaltungsgericht stellen. Ist ein Bebauungsplan wirksam erlassen, müssen sich Bauherren gemäß § 30 BauGB an den Bebauungsplan halten, weil der Bebauungsplan nun sagt, was zulässig ist. Allerdings kann die Gemeinde nach § 31 BauGB Ausnahmen und Befreiungen zulassen, wenn die Grundzüge der Planung nicht beeinträchtigt werden und die Abweichungen vertretbar sind. <?page no="153"?> 154 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Manchmal kommt es auch vor, dass ein Bauherr einen Bauantrag auf eine Baugenehmigung stellt, ohne dass ein Bebauungsplan für dieses Grundstück vorliegt. Es handelt sich dann um so genanntes unbeplantes Gebiet. Befindet sich das Grundstück innerhalb bestehender Bebauung (z. B. in der Stadtmitte oder im Dorfkern), spricht man vom Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Das beabsichtigte Bauwerk muss sich dann in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Im Außenbereich, außerhalb einer geschlossenen Bebauung, ist ein Gebäude nur ausnahmsweise zulässig. Durch diese Regelung sollen Splittersiedlungen außerhalb von Dörfern und Städten verhindert werden. Die häufigste Ausnahme sind landwirtschaftlich genutzte Bauten wie Bauernhöfe. Das Bauordnungsrecht besteht in den Vorgaben der Landesbauordnungen, die Vorschriften zum Schutz vor Gefahren eines Gebäudes enthalten. So muss ein Gebäude standsicher sein, Brandschutzbestimmungen einhalten, Anforderungen an Wärmeschutz erfüllen und soziale Mindeststandards erfüllen. Möchte der Bauherr erst einmal vor Beginn seiner Planung einzelne Fragen vorab klären, ohne eine vollständige Baugenehmigung zu beantragen, kann er beim Bauamt einen Bauvorbescheid beantragen. Verschlechtern sich bei einem Gebäude die baulichen Zustände im Laufe der Zeit, kann die Behörde dem Bauherrn aufgeben, das Gebäude zu sichern oder andere Maßnahmen zu ergreifen, um einen ordnungsgemäßen Zustand herzustellen (bauaufsichtliches Einschreiten). <?page no="154"?> Gewerberecht 155 fit-lernhilfen.de Ein solches Einschreiten der Verwaltung kann auch ein Nachbar beantragen, wenn auf dem angrenzenden Grundstück ohne Baugenehmigung gebaut wird. Möchte sich ein Bürger gegen die dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung wenden, kann er hiergegen Widerspruch einlegen. Auch der Bauherr, der eine beantragte Baugenehmigung nicht bekommen hat, kann Widerspruch einlegen. Gewerberecht Ein weiterer für Unternehmen wichtiger Teilbereich des besonderen Verwaltungsrechts ist das Gewerberecht, das vor allem der Gefahrenabwehr beim Betrieb eines Gewerbes dient. Die maßgeblichen gewerberechtlichen Bestimmungen finden sich in folgenden Gesetzen: Gewerbeordnung (GewO), Handwerksordnung (HwO), Gaststättengesetz (GastG), Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und die Ladenöffnungsgesetze der Länder In der Gewerbeordnung ist vorgesehen, dass grundsätzlich das Betreiben eines Gewerbes zulässig ist und keiner vorherigen Genehmigung bedarf (§ 1 GewO). Bei den zulassungsfreien Gewerben darf deshalb das Gewerbeamt nur dann einschreiten, wenn der Gewerbetreibende sich als unzuverlässig erwiesen hat. § 35 GewO (1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Be- <?page no="155"?> 156 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de schäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird. (2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet. Eine Unzuverlässigkeit bei Gewerbetreibenden ist von den Gerichten bei folgenden Fallgruppen angenommen worden: bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Gewerbetreibenden, bei mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, bei Steuerschulden, bei Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen, bei mangelnder Sachkunde, bei sonstigen Umständen wie Geisteskrankheit, Geistesschwäche, körperlichen Mängel, Alkoholabhängigkeit, Drogenabhängigkeit, grober Unsauberkeit und Verwahrlosung Selbst wenn der Gewerbetreibende wegen einem der genannten Aspekte unzuverlässig ist, steht es im Ermessen der Behörde, ob sie den weiteren Betrieb des Gewerbes auf Antrag nicht deswegen gestattet, weil ein zuverlässiger Stellvertreter benannt wird. Die Gewerbeuntersagung stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, gegen den der Gewerbetreibende mit Widerspruch und Anfechtungsklage vorgehen kann. Einige Gewerbe erfordern wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit eine behördliche Zulassung. Diese erlaubnispflichtigen Gewerbe <?page no="156"?> Gewerberecht 157 fit-lernhilfen.de darf man nur mit Lizenz oder Konzession ausüben. Hierzu zählen beispielsweise: Altenpflege Kinderbetreuung Anlagenberatung- und Vermittlung Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) Auktionen Automatenaufstellung (Spielhallen) Beförderung von Personen mit Omnibussen, Mietwagen, Taxis Beherbergungsbetriebe (Hotels und Pensionen) Betrieb von Schank- und Speisewirtschaften (Gaststätten und Kneipen) Buchführungshelfer Detektei Finanzdienstleistungen Güterkraftverkehrsunternehmen Handel mit frei verkäuflichen Arzneimitteln Handel mit Tieren Handel mit Waffen, Munition, Sprengstoff und Giften Herstellung von Waffen und Arzneimitteln Inkassobüro Makler private Krankenanstalten und Krankenpflege Tätigkeiten im Bewachungsgewerbe Bei bestimmten Handwerksberufen sieht die Handwerksordnung vor, dass diese nur nach abgelegter Meisterprüfung ausgeübt werden dürfen. <?page no="157"?> 158 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Die erlaubnispflichtigen Gewerbe unterliegen einer strengeren Überwachung. Stellt sich heraus, dass die Voraussetzungen zum Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gewerbes weggefallen sind oder nie vorhanden waren, kann die Behörde die Genehmigung zurücknehmen und damit die Gewerbeausübung verbieten. Polizeirecht Ein in der Praxis bedeutsamer Teil des besonderen Verwaltungsrechts ist das Polizeirecht. Weil das Polizeirecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt, ist es vor allem in den Landespolizeigesetzen niedergelegt. Hinzu kommen die Vorschriften des Bundespolizeigesetzes (BPolG) und des Gesetzes über das Bundeskriminalamt (BKAG). Alle Landespolizeigesetze sehen vor, dass die Polizei zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einschreiten kann. Unter „öffentliche Sicherheit“ versteht man den Bestand des Staates und das geschriebene Recht. Wichtig ist das geschriebene Recht als Teil der Sicherheit, weil demnach die öffentliche Sicherheit immer schon dann berührt ist, wenn ein Gesetzesverstoß droht. Die „öffentliche Ordnung“ bezeichnet alle ungeschriebenen Regeln, die für ein angenehmes Zusammenleben nötig sind, also z. B. gesellschaftlich allgemein akzeptierte Wertvorstellungen und Verhaltensweisen. Weil dieser Begriff sehr unbestimmt ist und weil die Verhaltensweisen gegen die „öffentliche Ordnung“ mehr und mehr durch Gesetze eingeschränkt sind und so zur „öffentlichen Sicherheit“ wurden, spielt die „öffentliche Ordnung“ heute nur eine untergeordnete Rolle. Eine Gefahr ist dann gegeben, wenn bei weiterem Fortgang des Geschehens ohne Eingreifen in absehbarer Zeit mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen kann. Je wichtiger <?page no="158"?> Polizeirecht 159 fit-lernhilfen.de das Rechtsgut ist, das Schaden nehmen kann, umso niedriger muss das Schadensrisiko sein, damit eine Gefahr bejaht werden kann. Wichtig ist, dass für eine konkrete polizeiliche Maßnahme auch eine konkrete Gefahr bestehen muss. Bei bestimmten Gefahrensituationen räumen die Landespolizeigesetze der Polizei Eingriffsbefugnisse ein. Diese Ermächtigungen nennt man polizeiliche Standardmaßnahmen. So darf die Polizei Menschen durchsuchen, wenn sie nach Gegenständen sucht, die der zu Durchsuchende an sich trägt und von denen eine Gefahr ausgeht. Geht von einer Person eine Gefahr aus, darf die Person in Gewahrsam genommen werden. Wichtige Standardmaßnahmen zur Gefahrenabwehr sind: Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen, an gefährdeten Objekten oder in öffentlichen Verkehrseinrichtungen, Durchführung von Ermittlungen, Befragungen, Durchsuchung von Personen, Sachen oder Wohnungen, erkennungsdienstliche Behandlung, Identitätsfeststellung, Ingewahrsamnahme, Platzverweis (Entfernung von einem Ort), polizeiliche Beobachtung, Sicherstellung von Gegenständen, Vorladung in die Polizeibehörde. Daneben gibt es eine Generalklausel für die Polizei, die eine Gefahrenabwehr ermöglichen soll, wenn die Konstellation in den Standardmaßnahmen nicht erfasst ist. Ein typisches Beispiel für eine polizeiliche Generalklausel ist § 8 des Landespolizeigesetzes von Nordrhein-Westfalen: <?page no="159"?> 160 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht § 8 PolG NRW Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln. Die Generalklausel erlaubt der Polizei ein sehr flexibles Einschreiten, trägt aber durch ihre Unbestimmtheit zur Rechtsunsicherheit bei. Die aufgrund der unterschiedlichen Ermächtigungen durchgeführten Maßnahmen der Polizei können Verwaltungsakte sein. Häufig beschränkt sich die polizeiliche Maßnahme jedoch auf so genannte Realakte. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Polizei durch ihr Verhalten keine Regelung (vgl. Definition des Verwaltungsakts in Etappe 7) aussprechen will. Beispiel Ein Mann möchte einen wehrlosen Fußgänger schlagen. Als er gerade ausholt, schlägt ein Polizist mit dem Gummistock auf den Arm des Angreifers. Diese Maßnahme ist zur Gefahrenabwehr gerechtfertigt und ist ein Realakt. <?page no="160"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 161 fit-lernhilfen.de Zwischenstand: Fragen und Antworten Bist Du fit für die Prüfung? Begutachte die folgenden Aussagen und finde heraus, ob Du die Inhalte dieser Etappe verinnerlicht hast. Die Antworten stehen online für Dich bereit. Folge einfach dem QR-Code am Ende des Fragenkatalogs oder dem Link: fit-lernhilfen.de/ oer/ 8.htm Addiere für jede richtig begutachtete Aussage einen Fit-Punkt und notiere Deine Gesamtpunktzahl dieses Kapitels in der Auswertung am Ende des Buches, um Deinen Fitness-Stand zu errechnen. Das Bauordnungsrecht befasst sich mit den flächenbezogenen Anforderungen eines Bauvorhabens. richtig falsch Der Bauherr, der eine beantragte Baugenehmigung nicht bekommen hat, kann Widerspruch einlegen. richtig falsch Der Bebauungsplan ist ein Landesgesetz. richtig falsch Ein Einfamilienhaus in einem Wohngebiet ist ein baugenehmigungsfreies Vorhaben. richtig falsch <?page no="161"?> 162 Etappe 8: Besonderes Verwaltungsrecht fit-lernhilfen.de Eine polizeiliche Maßnahme, die keine Regelung enthält, ist häufig ein Realakt. richtig falsch Eine vertragliche Streitigkeit zwischen dem Bauherrn und der ausführenden Baufirma gehört nicht zum öffentlichen Baurecht. richtig falsch Gegen die Gewerbeuntersagung kann der Gewerbetreibende keinen Widerspruch einlegen. richtig falsch Grundsätzlich braucht jeder Gewerbebetrieb eine Genehmigung. richtig falsch Möchte der Bauherr vor Beginn seiner Planung einzelne Fragen vorab klären, ohne eine vollständige Baugenehmigung zu beantragen, kann er beim Bauamt einen Bauvorbescheid beantragen. richtig falsch Möchte sich ein Bürger gegen die dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung wenden, kann er hiergegen Widerspruch einlegen. richtig falsch <?page no="162"?> Zwischenstand: Fragen und Antworten 163 Die öffentliche Sicherheit ist immer schon dann berührt, wenn ein Gesetzesverstoß droht. richtig falsch Wenn die Voraussetzungen zum Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gewerbes weggefallen sind, kann die Behörde die Genehmigung nicht mehr zurücknehmen. richtig falsch Dein Punktestand Etappe [ Fit-Punkte] (jede korrekte Antwort erbringt 1 Fit-Punkt) <?page no="164"?> fit-lernhilfen.de Den Fitness-Stand errechnen Nun erfährst Du, wie fit du für die Prüfung bist. Notiere deine erreichten Punktzahlen aus den einzelnen Etappen in den entsprechenden Feldern und bilde die Summe. Im Anschluss daran kannst du deinen Fitnessgrad für die Prüfung bestimmen: Dein Punktestand Etappe 1 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 2 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 3 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 4 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 5 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 6 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 7 […………… Fit-Punkte] Dein Punktestand Etappe 8 […………… Fit-Punkte] Gesamtpunktestand […………… Fit-Punkte] * Dieses Buch beinhaltet die Grundlagen des öffentlichen Rechts für Wirtschaftswissenschaftler. Deine Dozentin oder Dein Dozent können gegebenenfalls andere Schwerpunkte setzen oder tiefer in den Stoff eintauchen. Reichere deswegen diese Inhalte aus dem Buch unbedingt mit Deinen Mitschriften aus den Vorlesungen an, um in vollem Umfang fit für die Prüfung zu sein. Sollte Deiner Meinung nach ein Thema in diesem Buch künftig stärker gewürdigt werden, dann schreibe uns eine E-Mail unter wirtschaft@uvk.de. <?page no="165"?> 166 Den Fitness-Stand errechnen fit-lernhilfen.de 0 bis 49 Punkte: Da hilft kein Drumherumreden: Du bist nicht fit. Lies das Buch erneut und konzentriere dich dabei ganz besonders auf die Etappen, in denen du nur wenige oder gar keine Punkte erzielen konntest. Denk daran, dass das Wissen aus den Etappen aufeinander aufbaut. Die Lücken bei den Grundlagen musst Du also unbedingt schließen, um dein Verständnis beim Lesen zu erhöhen. Nur so kannst Du das Wissen der folgenden Etappen erfolgreich vernetzen. Jetzt nur keine Panik - Du schaffst das! 50 bis 84 Punkte: Mit dieser Leistung könnte es in der Prüfung sehr brenzlig werden. Am besten steigst Du in die Etappen ein, in denen du die wenigsten Punkte erzielt hast. Solltest du bei den Grundlagen Schwächen gezeigt haben, nimm Dir diese unbedingt nochmals vor. Vielleicht hilft Dir auch das Glossar am Ende des Buches, um definitorische Lücken zu schließen. Nun heißt es: Ärmel hochkrempeln und erneut in den Stoff gezielt eintauchen. 85 bis 119 Punkte: Na also, das sieht doch gut aus. Wenn es Deine Zeit zulässt, kannst Du nochmals in die Etappen einsteigen, in denen Du die wenigsten Punkte erzielt hast. Dadurch kannst Du deine letzten Lücken schließen. Ein Blick in das Glossar hilft Dir dabei, die Definitionen zu wiederholen. Wenn Du noch etwas Zeit investierst, kannst Du mit einem guten Gefühl in die Prüfung gehen. 120 bis 150 Punkte: Prima, eine wirklich tolle Leistung. Du hast den Stoff der einzelnen Etappen bereits sehr gut verinnerlicht und bist fit für die Prüfung. Die Punktestände der einzelnen Etappen verraten Dir, in welchen Themenbereichen Du noch kleinere Schwächen hast. Wenn D dafür noch etwas Zeit investierst, könntest Du in der Prüfung glänzen. Wir drücken die Daumen! <?page no="166"?> fit-lernhilfen.de Glossar Abwehrrecht Typ von Grundrechten, welche die Bürger in Deutschland gegen Eingriffe des Staates schützen Allgemeine Handlungsfreiheit in Deutschland geltendes Grundrecht, dass jeder in Deutschland grundsätzlich tun und lassen kann, was er möchte Allgemeines Verwaltungsrecht Rechtsvorschriften, die für das gesamte Verwaltungshandeln einheitlich gelten Allgemeinheit der Wahl verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach alle Deutschen an den Wahlen teilnehmen können Arbeitnehmerfreizügigkeit im AEUV verankerter Grundsatz, dass die EU-Mitgliedsstaaten ausländische EU-Bürger auf dem Arbeitsmarkt nicht diskriminieren und den Zugang zu Arbeitsplätzen für ihre Staatsangehörigen nicht vorbehalten dürfen Arbeitsgerichtsbarkeit Gerichte in Deutschland, die in drei Instanzen bei allen zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Tarifvertragsparteien entscheiden (Arbeitsgerichte, Landesarbeitsgerichte, Bundesarbeitsgericht) Autonomieprinzip verfassungsrechtliche Bestimmung, dass Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden unabhängig geregelt werden <?page no="167"?> 168 Glossar fit-lernhilfen.de Bauherr Bürger oder Unternehmen, das eine Baumaßnahme in Auftrag gibt Begünstigender Verwaltungsakt Verwaltungsakt, der dem Adressaten einen Vorteil gewährt Behörde jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt Belastender Verwaltungsakt Verwaltungsakt, der erstmals eine Belastung beinhaltet oder eine bereits gewährte Begünstigung zurücknimmt Berufsfreiheit in Deutschland geltendes Grundrecht, das die Wahl des Berufs, des Arbeitsplatzes, des Ausbildungsplatzes und die Berufsausübung schützt Beschlüsse (EU) Entscheidungen der EU, die für die betroffenen Mitgliedsstaaten verbindlich sind Besonderes Verwaltungsrecht Rechtsvorschriften aus bestimmten Rechtsbereichen des Verwaltungsrechts (z. B. Polizeirecht, Gewerberecht, Baurecht) Bestimmtheitsgebot Auswirkung des Rechtsstaatsprinzips, wonach Gesetze möglichst klar und eindeutig formuliert sein müssen Bundeskanzler Leiter der Bundesregierung mit Richtlinienkompetenz Bundesminister Mitglieder der Bundesregierung mit bestimmtem Aufgabenbereich <?page no="168"?> Glossar 169 fit-lernhilfen.de Bundespräsident Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland als Exekutivorgan mit überwiegend Repräsentationsaufgaben Bundesrat zweites Gesetzgebungsorgan in Deutschland als Vertretung der Bundesländer (Länderkammer) Bundesrecht bricht Landesrecht verfassungsrechtliche Bestimmung, dass bei abweichenden gesetzlichen Regelungen von Bund und Ländern jene des Bundes gilt Bundesregierung wichtigstes Exekutivorgan in Deutschland als Gremium des Bundeskanzlers und der Bundesminister Bundesstaatsprinzip im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass die Bundesrepublik ein föderaler Staat mit Bundesländern und kein Zentralstaat ist Bundestag erstes Gesetzgebungsorgan in Deutschland als direkt gewähltes Parlament Bundesverfassungsgericht höchstes Gericht in Deutschland mit der Aufgabe, die Einhaltung der Verfassung zu überprüfen Bundesversammlung Zusammenkunft der Bundestagsabgeordneten und gleich vielen Repräsentanten der Länderregierungen zum Zwecke der Wahl des Bundespräsidenten Demokratieprinzip im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass in Deutschland alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, indem die Staatsorgane entweder <?page no="169"?> 170 Glossar fit-lernhilfen.de unmittelbar vom Volk gewählt werden oder zumindest mittelbar über ein anderes gewähltes Organ legitimiert sind Deutschengrundrecht Typ von Grundrechten, die für Personen mit deutscher oder EU- Staatsangehörigkeit gelten Dienstleistungsfreiheit im AEUV verankerter Grundsatz, dass jeder EU-Bürger und jede in der EU gegründete Gesellschaft ihre Dienste im gesamten EU- Gebiet anbieten darf, ohne sich dauerhaft in einem anderen EU- Staat niederlassen zu müssen Drittwirkung von Grundrechten Situation, dass Grundrechte nicht nur im Verhältnis vom Staat zu Bürgern, sondern auch von einem Bürger zu einem anderen Bürger und Unternehmen wirken können Eigentumsfreiheit in Deutschland geltendes Grundrecht auf privates Eigentum Einspruchsgesetz Typ von Gesetzen, bei denen der Bundesrat entweder zustimmen oder einen Einspruch einlegen kann, den der Bundestag anschließend abwehren kann Empfehlungen und Stellungnahmen (EU) Äußerungen der EU, die nicht verbindlich sind Ermessen Einräumung von Freiheiten bei der Entscheidung durch die Verwaltung dahingehend, ob überhaupt eine Maßnahme ergriffen wird (Entschließungsermessen) und/ oder welche Maßnahme durchgeführt wird (Auswahlermessen) <?page no="170"?> Glossar 171 fit-lernhilfen.de Europarecht im engeren Sinne (Unionsrecht) alle Regelungen über die Organisation und die Befugnisse der Europäischen Union (EU) Europarecht im weiteren Sinne alle Regelungen aller europäischen überstaatlichen Organisationen (mit Ausnahme der EU), an denen auch Nicht-EU-Staaten beteiligt sein können und die andere Aufgabenbereiche haben als die EU Ewigkeitsgarantie verfassungsrechtliche Bestimmung, die rechtliche Veränderungen bei den Grundrechten des Art. 1 GG und des Art. 20 GG unmöglich macht Exekutive vollziehende Gewalt (Regierung, Behörden) Finanzgerichtsbarkeit Gerichte in Deutschland, die in zwei Instanzen bei allen steuer- und zollrechtlichen Streitigkeiten entscheiden (Finanzgerichte, Bundesfinanzhof) Freiheit der Wahl verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach niemand gezwungen ist, einen bestimmten Kandidaten, eine bestimmte Partei oder überhaupt zu wählen Freiheitsrecht Typ von Grundrechten, die bestimmen, inwiefern die Menschen in Deutschland tun können, was sie möchten Fünf-Prozent-Hürde vom Bundesverfassungsgericht gebilligte Einschränkung der gleichen Wahl, wonach Parteien mindestens 5 % der Zweitstimmen erzielen müssen, um im Bundestag vertreten zu sein <?page no="171"?> 172 Glossar fit-lernhilfen.de Geheimnis der Wahl verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach der Wähler seine Entscheidung geheim halten darf und bei der Wahlhandlung selbst geheim halten muss Gesetz jede Vorschrift, die auf Dauer angelegt ist und in abstrakt-genereller Form für eine unbestimmte Anzahl von Fällen Anordnungen trifft Gesetzesinitiative im Grundgesetz festgelegte Befugnis, Gesetze vorzuschlagen Gesetzgebungskompetenz im Grundgesetz festgelegte Zuständigkeit für die Schaffung von Gesetzen Gewaltenteilung im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass in Deutschland Legislative, Exekutive und Judikative voneinander getrennt sind Gewerberecht Besonderes Verwaltungsrecht, das sich mit Gewerbetreibenden beschäftigt Gleichheit der Wahl verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach jede Stimme gleich viel zählt und denselben Einfluss auf das Wahlergebnis haben soll Gleichheitsgrundrecht in Deutschland geltendes Grundrecht, das bestimmt, dass der Staat wesentlich gleiche Sachverhalte gleich und wesentlich ungleiche Sachverhalte ungleich behandeln muss und somit niemand ohne triftigen Grund willkürlich benachteiligt wird <?page no="172"?> Glossar 173 fit-lernhilfen.de Grundfreiheiten zentrale Regelungen, die den Binnenmarkt sichern sollen und im AEUV festgeschrieben sind Grundgesetz (GG) Verfassung der Bundesrepublik Deutschland Grundrecht grundlegendes, individuelles Recht, das im Grundrechtekatalog der Verfassung in Art. 1 bis 20 GG festgelegt und garantiert ist Grundrechtekollision Situation, in der die Nutzung der Grundrechte durch den einen Menschen den anderen Menschen in der Nutzung seiner Grundrechte behindert Grundrechtsgleiches Recht grundlegendes, individuelles Recht, das in der Verfassung, aber nicht im Grundrechtekatalog der Art. 1 bis 20 GG festgelegt und garantiert ist Grundrechtsmündigkeit Fähigkeit von Bürgern, ihre Grundrechte selbstständig geltend machen zu können Grundrechtsschranke rechtliche Regelung (Schranke), die Grundrechte beschränken darf Grundrechtsträger natürliche oder juristische Person, die sich auf Grundrechte berufen darf Hoheitsträger mit Hoheitsrechten ausgestatteter Beteiligter im öffentlichen Recht; in Deutschland z. B. die Bundesrepublik Deutschland, die Bundes- <?page no="173"?> 174 Glossar fit-lernhilfen.de länder, die Landkreise und die Kommunen (Städte und Gemeinden) Immunität verfassungsrechtliche Bestimmung mit dem Zweck, die politisch motivierte strafrechtliche Verfolgung von Abgeordneten zu verhindern Indemnität verfassungsrechtliche Bestimmung mit dem Zweck, die Redefreiheit der Abgeordneten zu sichern Institutionsgarantie Typ von Grundrechten, die Institutionen wie Ehe, Familie und Presse schützen Jedermann-Grundrecht Typ von Grundrechten, die in Deutschland für alle Menschen gelten Judikative Rechtsprechung (Gerichte) Judikative rechtsprechende Gewalt, die sich auf verschiedene Gerichtszweige erstreckt Kapitalverkehrsfreiheit im AEUV verankerter Grundsatz, dass der Transfer von Geldern und Wertpapieren in beliebiger Höhe zwischen zwei Mitgliedsstaaten und zwischen einem Mitgliedsstaat und einem Nicht-EU-Staat erlaubt ist Klageverfahren Überprüfung eines Verwaltungsaktes durch Verwaltungsgerichte nach erfolglosem Widerspruchsverfahren <?page no="174"?> Glossar 175 fit-lernhilfen.de Kollegialprinzip verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach bei Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen entscheidet Konstruktives Misstrauensvotum verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach die Abwahl eines Bundeskanzlers mit der gleichzeitigen Neuwahl eines neuen Bundeskanzlers verbunden sein muss Legislative Gesetzgebung (Parlamente) Legislaturperiode Amtszeit eines Parlaments als Zeitraum zwischen zwei Wahlen (beim Bundestag vier Jahre) Leistungsrecht Typ von Grundrechten, die dem Bürger das Recht auf eine staatliche Leistung zusprechen Mehrheitswahlrecht Wahlrecht, bei dem eine Partei so viele Mandate im Parlament hat, wie viele Kandidaten ihre Wahlkreise gewonnen haben Meinungsfreiheit in Deutschland geltendes Grundrecht, dass jeder in Deutschland seine Meinung frei äußern darf Niederlassungsfreiheit im AEUV verankerter Grundsatz, dass EU-Bürger sich in anderen Mitgliedsstaaten ihren Wohnsitz nehmen und eine selbstständige Tätigkeit ausüben dürfen Normenkontrolle Überprüfung von Gesetzen durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz auf Initiative von <?page no="175"?> 176 Glossar fit-lernhilfen.de Verfassungsorganen (abstrakte Normenkontrolle) oder von Gerichten (konkrete Normenkontrolle) Öffentliches Baurecht Besonderes Verwaltungsrecht, das sich mit dem Verhältnis von Bauherr und öffentlicher Verwaltung beschäftigt Öffentliches Recht Rechtsgebiet, das gilt, wenn ein Hoheitsträger (staatliche Stelle) gerade in seiner Funktion als Hoheitsträger aufgrund solcher Normen handelt, die ein Über- oder Unterordnungsverhältnis widerspiegeln Ordentliche Gerichtsbarkeit Die Gerichte in Deutschland, die in mehreren Instanzen bei zivilrechtlichen Streitigkeiten und Strafverfahren entscheiden (Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Bundesgerichtshof, Bundespatentgericht) Organstreit Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bei Streitigkeiten von Verfassungsorganen Parteien verfassungsrechtlich abgesicherte Organisationen, die bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken Parteienverbot Verbot einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht, wenn sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden <?page no="176"?> Glossar 177 fit-lernhilfen.de Personalisiertes Verhältniswahlrecht in Deutschland geltendes Wahlrecht als Kombination von Verhältniswahlrecht und Mehrheitswahlrecht Personenverkehrsfreiheiten im AEUV verankerter Grundsatz, dass alle EU-Bürger das Recht haben, sich in allen Mitgliedsstaaten aufhalten, arbeiten und niederlassen zu dürfen Popularklage im Bundesrecht nicht mögliche und im Landesrecht nur in Bayern mögliche Verfassungsbeschwerde, bei der ein Bürger auch ohne eigene Betroffenheit staatliches Handeln auf Übereinstimmung mit den Grundrechten prüfen kann Primärrecht die zwischen den EU-Mitgliedsstaaten geschlossenen Verträge, vor allem der EU-Vertrag (EUV) und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Realakt polizeiliche Maßnahme, die keine Regelung enthält und daher kein Verwaltungsakt ist Rechtsschutzgarantie im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass in Deutschland die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns immer gerichtlich überprüft werden kann Rechtsstaatsprinzip im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass in Deutschland Legislative, Exekutive und Judikative an Gesetz und Recht gebunden sind <?page no="177"?> 178 Glossar fit-lernhilfen.de Rechtsverordnung Vorschrift, die zur Präzisierung eines Gesetzes erlassen wird und in diesem Gesetz in Zweck, Umfang und Zuständigkeit bestimmt sein muss Republikprinzip im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass Deutschland eine Bundesrepublik ist und - anders als eine Monarchie - kein gekröntes Staatsoberhaupt hat Ressortprinzip verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach jeder Minister sein Ministerium selbstständig und eigenverantwortlich leitet Richtlinie (EU) Rechtsnorm der EU, die für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, die Wahl der Form und der Mittel jedoch den innerstaatlichen Stellen überlässt Rückwirkungsverbot Auswirkung des Rechtsstaatsprinzips, wonach belastende Gesetze niemals rückwirkend gelten können Schengener Übereinkommen Vereinbarung der EU-Mitgliedsstaaten über den Wegfall der Grenzkontrollen im EU-Gebiet Schutzpflicht Typ von Grundrechten, die den Staat verpflichten, den Bürger vor Rechtsverletzungen anderer Bürger zu schützen Sekundärrecht alle von der EU verabschiedeten Rechtsnormen <?page no="178"?> Glossar 179 fit-lernhilfen.de Sozialgerichtsbarkeit Gerichte in Deutschland, die in drei Instanzen bei allen öffentlichrechtlichen Streitigkeiten auf dem Gebiet des Sozialrechts entscheiden (Sozialgerichte, Landessozialgericht, Bundessozialgericht) Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, seinen Bürgern Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen Staatsbürgerrecht Typ von Grundrechten, die in Deutschland für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit gelten Strafrecht Rechtsgebiet, das regelt, welche Handlungsweisen eines Menschen verboten und so tadelnswert sind, dass der Straftäter zu einer Geld- oder gar Freiheitsstrafe verurteilt wird Subsidiaritätsprinzip im EUV verankerter Grundsatz, dass die EU nur dann tätig werden soll, wenn eine einheitliche Regelung für alle Mitgliedsstaaten notwendig ist und sie die angestrebten Ziele besser erreichen kann als die Einzelstaaten Teilhaberecht Typ von Grundrechten, die gesellschaftliche Teilhabe vermitteln sollen Unbestimmte Rechtsbegriffe Rechtsbegriffe in Gesetzen und Verordnungen, die von der Verwaltung konkretisiert werden müssen (z. B. „Allgemeinwohl“, „Gefahr“, „öffentliche Sicherheit“, „öffentliche Ordnung“, „wichtiger Grund“) <?page no="179"?> 180 Glossar fit-lernhilfen.de Unionsbürgerschaft Status von Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedsstaates, die damit automatisch auch Unionsbürger sind Unionsrecht (Europarecht im engeren Sinne) alle Regelungen über die Organisation und die Befugnisse der Europäischen Union (EU) Universalitätsprinzip verfassungsrechtliche Bestimmung, dass Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden umfassend geregelt werden Unmittelbarkeit der Wahl verfassungsrechtliche Bestimmung, wonach die Abgeordneten der Parlamente direkt gewählt werden Verböserung Verschlechterung der Rechtsposition des Bürgers oder Unternehmens im Widerspruchsverfahren Verbot einschränkender Einzelfallgesetze verfassungsrechtliche Bestimmung, dass grundrechtsbeschränkende Regelungen immer allgemein gelten müssen und nicht auf einen Einzelfall bezogen sein dürfen Verfahrensgrundrecht Typ von Grundrechten, die den Ablauf staatlicher Verfahren verbindlich festlegen Verfassungsänderndes Gesetz Typ von Gesetzen, die das Grundgesetz ändern und von Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden müssen <?page no="180"?> Glossar 181 fit-lernhilfen.de Verfassungsbeschwerde in Deutschland geltendes grundrechtsgleiches Recht, das jeder die mögliche Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen kann Verfassungshomogenität verfassungsrechtliche Bestimmung dass auch die Verfassungen der Bundesländer den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen müssen Verfassungsrecht alle Regelungen, die im Grundgesetz und in den Verfassungen der Bundesländer enthalten sind Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtliche Bestimmung, dass die Einschränkung eines Grundrechts legitim, geeignet, erforderlich und angemessen sein muss Verhältniswahlrecht Wahlrecht, bei dem eine Partei so viele Mandate im Parlament hat, wie ihr nach dem Prozentsatz der Stimmen zustehen Vermittlungsausschuss Gremium aus je 16 Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates mit dem Zweck, bei Einspruch des Bundesrates gegen einen Gesetzesbeschluss des Bundestages eine Kompromisslösung zu erarbeiten Verordnung siehe Rechtsverordnung Verordnung (EU) Rechtsnorm der EU, die in allen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt <?page no="181"?> 182 Glossar fit-lernhilfen.de Vertrauensfrage verfassungsrechtliche Bestimmung, die es dem Bundeskanzler ermöglicht, sich der Mehrheit des Bundestages zu versichern Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist Verwaltungsgerichtsbarkeit Gerichte in Deutschland, die in drei Instanzen (mit Ausnahmen) bei öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten entscheiden (Verwaltungsgerichte, Oberverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht) Verwaltungskompetenz im Grundgesetz festgelegte Zuständigkeit für die öffentliche Verwaltung Verwaltungsprozessrecht Rechtsgebiet, das regelt, wie Verwaltungshandeln durch die Verwaltungsgerichte überprüft werden kann Verwaltungsrecht alle öffentlich-rechtlichen Normen außerhalb des Verfassungsrechts, die entweder die Eingriffsbefugnisse des Staates gegen den Bürger (Eingriffsverwaltung) oder Ansprüche des Bürgers gegen den Staat (Leistungsverwaltung) regeln Verwaltungsverfahrensrecht Rechtsgebiet, das regelt, wie eine Entscheidung der Verwaltung zustande kommt und welche Prozesse hierbei eingehalten werden müssen <?page no="182"?> Glossar 183 fit-lernhilfen.de Volksabstimmung im deutschen Bundesrecht nur in Ausnahmen mögliche Form der direkten Demokratie über konkrete Gesetzesvorhaben Vorbehalt und Vorrang des Gesetzes im Grundgesetz verankerter Grundsatz, dass in Deutschland die Exekutive nur dann in Rechte des Bürgers eingreifen darf, wenn sie hierzu aufgrund eines Gesetzes ermächtigt ist Warenverkehrsfreiheit im AEUV verankerter Grundsatz, dass Waren, die in einem EU- Mitgliedsstaat ordnungsgemäß hergestellt oder importiert wurden im gesamten EU-Gebiet gehandelt werden Wesensgehaltsgarantie verfassungsrechtliche Bestimmung, dass die Kernaussage eines Grundrechts niemals eingeschränkt werden darf Widerspruchsverfahren nochmalige Überprüfung eines Verwaltungsaktes durch die entscheidende Verwaltung nach Widerspruch des betroffenen Adressaten des Verwaltungsaktes Zitiergebot verfassungsrechtliche Bestimmung, die den Staat zwingt, bei einer Einschränkung eines Grundrechts das betroffene Grundrecht ausdrücklich zu benennen Zivilrecht Rechtsgebiet, das die Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen oder Gesellschaften regelt Zustimmungsgesetz Typ von Gesetzen, bei denen der Bundesrat zustimmen muss <?page no="184"?> Abkürzungsverzeichnis Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Amtsgericht oder Arbeitsgericht ArbG Arbeitsgericht Art. Artikel BAG Bundesarbeitsgericht BArbG Bundesarbeitsgericht BauGB Baugesetzbuch BayBO Bayerische Bauordnung BFH Bundesfinanzhof BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BKAG Bundeskriminalamtsgesetz BPatG Bundespatentgericht B-Plan Bebauungsplan BPolG Bundespolizeigesetz BSG Bundessozialgericht BSozG Bundessozialgericht BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVG Bundesverfassungsgericht oder Bundesverwaltungsgericht BWG Bundeswahlgesetz <?page no="185"?> 186 Ab ECOFIN Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union EFTA Europäische Freihandelsassoziation EG Europäische Gemeinschaft EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EU Europäische Union EuG Gericht der Europäischen Union EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EuRH Europäischer Rechnungshof EUV Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag) EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR Europäischen Wirtschaftsraum EZB Europäische Zentralbank FG Finanzgericht F-Plan Flächennutzungsplan GastG Gaststättengesetz GewO Gewerbeordnung GewO Gewerbeordnung GFZ Geschossflächenzahl GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GRZ Grundflächenzahl HwO Handwerksordnung <?page no="186"?> Ab 187 LAG Landesarbeitsgericht LArbG Landesarbeitsgericht LG Landgericht LSG Landessozialgericht LSozG Landessozialgericht Nr. Nummer OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OLG Oberlandesgericht OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OVG Oberverwaltungsgericht PBefG Personenbeförderungsgesetz POG Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz PolG NRW Polizeigesetz Nordrhein- Westfalen S. Satz SG Sozialgericht SozG Sozialgericht StVG Straßenverkehrsgesetz StVO Straßenverkehrsordnung VA Verwaltungsakt VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz <?page no="187"?> Literatur Hans-Wolfgang Arndt / Thomas Fetzer: Öffentliches Recht - Grundriss für das Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft, Vahlen Verlag 2013 Basistexte Öffentliches Recht, Deutscher Taschenbuch Verlag 2012 Steffen Detterbeck: Öffentliches Recht - Ein Basislehrbuch mit Übungsfällen für das Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht, Vahlen Verlag 2012 Steffen Detterbeck: Öffentliches Recht im Nebenfach: Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Europarecht mit Übungsfällen, Vahlen Verlag 2012 Friedhelm Hufen: Staatsrecht II - Grundrechte, Verlag C. H. Beck 2011 Hartmut Maurer: Staatsrecht I - Grundlagen, Verfassungsorgane, Staatsfunktionen, Verlag C. H. Beck 2010 Hartmut Maurer: Allgemeines Verwaltungsrecht, Verlag C. H. Beck 2010 Jörg-Dieter Oberrath: Öffentliches Recht - Lernbuch, Strukturen, Übersichten, Vahlen Verlag 2012 Rudolf Streinz: Europarecht, C. F. Müller, 2012 <?page no="188"?> Stichwortverzeichnis Abhilfeentscheidung ........... 139 Abwehrrechte ........................ 71 Allgemeine Grundrechte ...... 70 Allgemeine Handlungsfreiheit ............................................ 91 Allgemeines Verwaltungsrecht .......................................... 125 Anfechtungsklage ................ 140 Arbeitnehmerfreizügigkeit . 112 Arbeitsgerichtsbarkeit........... 59 Arbeitszwang ......................... 87 Auffanggrundrechte.............. 70 Auswahlermessen................ 132 Autonomieprinzip................. 23 Bauherr ................................. 151 Bauordnungsrecht ............... 154 Bauplanungsrecht................ 152 Bauvorbescheid ................... 154 Bebauungsplan .................... 152 Befangenheit ........................ 138 begünstigender Verwaltungsakt ..................................... 130 Behörde ................................ 128 Beiladung.............................. 138 belastender Verwaltungsakt130 Berufsfreiheit ......................... 85 Beschleunigungsgrundsatz. 138 Beschlüsse (EU) .................. 115 Besonderes Verwaltungsrecht .......................................... 125 Bestandskraft ....................... 135 Beteiligte ............................... 138 Bundeskanzler ....................... 32 Bundesländer ......................... 23 Bundespräsident.................... 32 Bundesrat ............................... 31 Bundesregierung.................... 32 Bundesrepublik...................... 21 Bundesstaat ............................ 23 Bundesstaatsprinzip .............. 22 Bundestag............................... 24 Bundesverfassungsgericht.... 54 Bundesversammlung ............ 32 Demokratieprinzip................ 22 Deutschengrundrechte ......... 70 Devolutiveffekt ................... 139 Dienstleistungsfreiheit........ 112 Dreistufentheorie .................. 85 Drittwirkung von Grundrechten ............................... 76 Eigentumsfreiheit.................. 89 Einspruchsgesetz .................. 49 <?page no="189"?> 190 Stichwortverzeichnis Empfehlungen und Stellungnahmen (EU) .................. 115 Enteignung............................. 90 Entschließungsermessen .... 132 erlaubnispflichtige Gewerbe .......................................... 156 Ermessen.............................. 132 Ermessensmissbrauch ........ 134 Ermessensreduzierung auf Null .................................. 135 Ermessensüberschreitung .. 134 Ermessensunterschreitung. 134 Erststimme ............................. 28 Europäische Kommission.. 108 Europäische Union ............. 106 Europäische Zentralbank... 109 Europäischer Rat................. 108 Europäischer Rechnungshof .......................................... 109 Europäisches Parlament..... 107 Europarecht ................ 105, 106 Ewigkeitsgarantie ............52, 73 Exekutive.............................. 125 Finanzgerichtsbarkeit............ 59 Flächennutzungsplan .......... 152 Fortsetzungsfeststellungsklage ................................. 141 Freiheitsrechte ....................... 69 Gemeinden............................. 23 Gerichtshof der Europäischen Union ............................... 109 Geschossflächenzahl .......... 153 Gesetz ..................................... 43 Gesetzesinitiative .................. 48 Gesetzgebungskompetenz ... 44 Gesetzgebungsverfahren...... 48 Gewaltenteilung .................... 22 Gewerbefreiheit..................... 87 Gewerberecht ...................... 155 Gleichheitsrechte .................. 69 Gleichheitssatz ...................... 93 Grundflächenzahl ............... 153 Grundfreiheiten................... 111 Grundrechte .......................... 67 Grundrechte (EU)............... 114 Grundrechtekollision............ 71 grundrechtsgleiche Rechte ... 67 Grundrechtsmündigkeit ....... 69 Grundrechtsschranken ......... 72 Grundrechtsträger................. 69 Handlungsfreiheit.................. 91 Hoheitsträger ......................... 14 Immunität .............................. 30 Indemnität.............................. 30 Institutionsgarantien ............. 69 Jedermann-Grundrechte ...... 70 Judikative................................ 54 Kapitalverkehrsfreiheit ....... 112 <?page no="190"?> Stichwortverzeichnis 191 Klageverfahren .................... 140 Kollegialprinzip ..................... 33 Kompetenz der EU ............ 110 Legislaturperiode ................... 30 Leistungsrechte...................... 71 Mehrheitswahlrecht .............. 27 Meinungsfreiheit.................... 94 Misstrauensvotum ................. 34 modifizierte Subjekttheorie.. 14 Niederlassungsfreiheit ........ 112 Normenkontrolle .................. 55 öffentliche Ordnung ........... 158 öffentliche Sicherheit.......... 158 öffentliches Baurecht.......... 151 öffentliches Recht ................. 14 Offizialprinzip ..................... 137 Opportunitätsprinzip.......... 137 Ordentliche Gerichtsbarkeit 57 Organstreit ............................. 56 Parteien ................................... 26 Parteienverbot ....................... 27 personalisiertes Verhältniswahlrecht ........................... 28 Personenverkehrsfreiheit ... 112 Personenwahlrecht................ 27 polizeiliche Standardmaßnahmen .................... 159 Primärrecht .......................... 106 Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ....... 110 Rat der Europäischen Union .......................................... 108 Realakt .................................. 160 Rechtmittelbelehrung ......... 139 Rechtsfolgenebene .............. 127 Rechtsschutzgarantie ............ 22 Rechtsstaatsprinzip ............... 22 Rechtsverordnung................. 53 Republikprinzip ..................... 21 Ressortprinzip ....................... 33 Richtlinie (EU) .................... 115 Schengener Übereinkommen .......................................... 112 Schrankentrias ....................... 92 Schutzpflichten...................... 71 Sekundärrecht..............106, 115 Sozialbindung des Eigentums ............................................ 90 Sozialgerichtsbarkeit ............. 59 Sozialstaatsprinzip................. 22 spezielle Grundrechte........... 70 Strafrecht................................ 15 Subsidiaritätsprinzip ........... 114 Subsumption........................ 126 Suspensiveffekt.................... 140 Tatbestandsebene................ 126 Teilhaberechte ....................... 71 Über- und Unterordnungsverhältnis ........................... 14 unbeplantes Gebiet ............. 154 <?page no="191"?> 192 Stichwortverzeichnis unbestimmte Rechtsbegriffe .......................................... 131 Unionsbürgerschaft ............ 114 Unionsrecht ......................... 106 Universalitätsprinzip ............. 23 Untersuchungsgrundsatz.... 138 Unzuverlässigkeit bei Gewerbetreibenden ....... 156 Verböserung......................... 140 Verbot einschränkender Einzelfallgesetze ............... 73 Verfahrensgrundrechte......... 69 verfassungsänderndes Gesetz ............................................ 52 Verfassungsbeschwerde ....... 95 Verfassungshomogenität...... 23 Verfassungsrecht ................... 15 Verhältnismäßigkeit .............. 73 Verhältniswahlrecht .............. 27 Vermittlungsausschuss ......... 49 Verordnung (EU) ................ 115 Verpflichtungsklage ............ 141 Vertrauensfrage ..................... 34 Verwaltungsakt .................... 128 Verwaltungsgerichtsbarkeit.. 58 Verwaltungsprozessrecht .. 125, 139 Verwaltungsrecht ................ 125 Verwaltungsträger ............... 128 Verwaltungsverfahrensrecht ..................................125, 137 Volksabstimmung ................. 24 vorläufiger Rechtsschutz.... 143 Vorrang des Europarechts. 116 Wahlrechtsgrundsätze .......... 24 Warenverkehrsfreiheit ........ 111 Wesensgehaltsgarantie .......... 73 Widerspruchsverfahren ...... 139 Zitiergebot ............................. 73 Zivilrecht ................................ 13 zulassungsfreie Gewerbe.... 155 Zustimmungsgesetz .............. 50 Zweitstimme .......................... 28