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Einführung in die Sportwissenschaft

0918
2013
978-3-8385-3974-4
978-3-8252-3974-9
UTB 
Verena Burk
Marcel Fahrner

Das Studium der Sportwissenschaft ist außerordentlich vielfältig und beliebt. Studienanfänger setzen sich darin bereits zu Beginn mit Bewegungs- und Trainingswissenschaft, Sportpädagogik, Sportpsychologie, Sportsoziologie und Sportgeschichte auseinander. In diesem Lehrbuch stellen ausgewiesene Sportwissenschaftler diese Teildisziplinen im Detail vor. Jedes Kapitel wird mit Lernzielen eingeleitet und durch ein Praxisbeispiel und Kontrollfragen abgeschlossen. Ein Glossar am Buchende hilft, Fachbegriffe der Sportwissenschaft schnell zu verstehen und zu verinnerlichen. Als Service bietet das Buch Wichtiges zum Wissenschaftlichen Arbeiten und skizziert Berufsfelder für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="2"?> Verena Burk, Marcel Fahrner Einführung in die Sportwissenschaft Mit Beiträgen von Prof. Dr. Stefan König (Pädagogische Hochschule Weingarten), Prof. Dr. Andreas Luh (Universität Bochum), Junior-Prof. Dr. Christian Maiwald (Universität Chemnitz), Prof. Dr. Tim Pawlowski (Universität Tübingen), Dr. Ines Pfeffer (Universität Leipzig), Prof. Dr. Mark Pfeiffer (Universität Mainz), Dr. Lars Riedl (Universität Paderborn), Prof. Dr. Petra Wagner (Universität Leipzig) und Prof. Dr. Manfred Wegner (Universität Kiel). UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="4"?> Dr. Verena Burk ist Akademische Oberrätin und Dr. Marcel Fahrner ist Akademischer Oberrat am Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen. Lob und Kritik Wir freuen uns darüber, dass Sie sich für ein UTB-Lehrbuch entschieden haben. Wir hoffen, dass Sie dieses Buch bei Ihrer Prüfungsvorbereitung sinnvoll unterstützt. Für Lob und Kritik haben wir stets ein offenes Ohr: Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an das Lektorat (wirtschaft@uvk.de). Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013 Lektorat: Rainer Berger Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: © Kamaga - Fotolia.com Druck und Bindung: fgb freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstraße 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 3974 ISBN 978-3-8252-3974-9 <?page no="5"?> Vorwort Das vorliegende Lehrbuch zielt darauf ab, Abiturienten und Studienanfängern sportwissenschaftlicher Studiengänge Einblick in die Sportwissenschaft zu ermöglichen, ihnen Orientierung für das Studium zu geben und sie auf potenzielle Berufsfelder aufmerksam zu machen. Ohne in die Tiefe der sportwissenschaftlichen Teildisziplinen einzutauchen, führt es in kompakter Form in grundlegende studien- und berufsrelevante Themen der Sportwissenschaft ein und regt diesbezüglich zur kritischen Reflexion an. Die Vielfalt der Sportwissenschaft und ihre Differenziertheit beispielsweise in geistes-, sozial- und naturwissenschaftliche Teildisziplinen wiederum erfordern in den Kapiteln 3.1 bis 3.7 die Einbindung mehrerer Sportwissenschaftler, deren fachliche Expertise eine angemessene inhaltliche Tiefe in den betreffenden Teilkapiteln ermöglicht. Um eine für das Lehrbuch angestrebte inhaltliche Stringenz aller Kapitel gewährleisten zu können, sind Lernziele und Kapitelstruktur aller Teilkapitel aufeinander abgestimmt. Unser herzlicher Dank geht an Prof. Dr. Stefan König (Pädagogische Hochschule Weingarten), Prof. Dr. Andreas Luh (Universität Bochum), Junior-Prof. Dr. Christian Maiwald (Universität Chemnitz), Prof. Dr. Tim Pawlowski (Universität Tübingen), Dr. Ines Pfeffer (Universität Leipzig), Prof. Dr. Mark Pfeiffer (Universität Mainz), Dr. Lars Riedl (Universität Paderborn), Prof. Dr. Petra Wagner (Universität Leipzig) und Prof. Dr. Manfred Wegner (Universität Kiel), die sich auf diese Vorgaben eingelassen und mit ihren Beiträgen zum Gelingen des vorliegenden Bands beigetragen haben. Allein aus Gründen der angestrebten sprachlichen Abstraktion und Prägnanz werden im Text ausschließlich männliche Personenbezeichnungen verwendet. Das Lehrbuch geht jedoch von der Selbstverständlichkeit aus, dass damit jeweils auch Frauen eingeschlossen sind. Bleibt zu wünschen, dass die hier zusammengestellten Inhalte möglichst vielen Lesern anregende Lektüre und Reflexionsgrundlage bieten. Tübingen, im August 2013 Dr. Verena Burk und Dr. Marcel Fahrner <?page no="6"?> Inhalt Vorwort ....................................................................................................................5 1 Einführung (Verena Burk, Marcel Fahrner).................................. 11 2 Sportwissenschaft als Fachdisziplin (Marcel Fahrner)............. 15 2.1 Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft ...................... 15 2.1.1 Sportwissenschaft in der BRD ............................................................ 16 2.1.2 Sportwissenschaft in der DDR ........................................................... 19 2.1.3 Sportwissenschaft in Deutschland seit 1990 ..................................... 21 2.2 Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft ........................ 24 2.2.1 Entstehung und Entwicklung des Sports .......................................... 25 2.2.2 Ansätze zur Definition des Sportbegriffs .......................................... 29 2.2.3 Modelle zur Beschreibung von Sport................................................. 34 2.2.4 Reflexion ausgewählter Sportbegriffe................................................. 38 2.3 Integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften ..... 42 3 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen ......................................... 49 3.1 Sportpädagogik (Stefan König) ........................................................... 49 3.1.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportpädagogik......... 51 3.1.2 Entstehung und Entwicklung der Sportpädagogik........................... 55 3.1.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportpädagogik ........ 63 3.1.4 Verhältnis der Sportpädagogik zur Sportpraxis ................................ 68 3.2 Sportgeschichte (Andreas Luh) ........................................................... 73 3.2.1 Einführung - Die Bedeutung (sport-)historischen Denkens .......... 74 3.2.2 Entstehung und Entwicklung der Sportgeschichte .......................... 79 3.2.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportgeschichte ........ 82 3.2.4 Verhältnis der Sportgeschichte zur Sportpraxis................................ 92 <?page no="7"?> 8 Inhalt 3.3 Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) ........................................................................................... 98 3.3.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportpsychologie ...... 99 3.3.2 Entstehung und Entwicklung der Sportpsychologie...................... 101 3.3.3 Themenfelder und Theorien der Sportpsychologie ....................... 102 3.3.4 Verhältnis der Sportpsychologie zur Sportpraxis ........................... 115 3.4 Sportsoziologie (Lars Riedl)............................................................... 118 3.4.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportsoziologie ....... 121 3.4.2 Entstehung und Entwicklung der Sportsoziologie......................... 123 3.4.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportsoziologie....... 125 3.4.4 Verhältnis der Sportsoziologie zur Sportpraxis .............................. 136 3.5 Sportökonomik (Tim Pawlowski) ..................................................... 141 3.5.1 Einführung - Charakterisierung der Sportökonomik .................... 142 3.5.2 Entstehung und Entwicklung der Sportökonomik ........................ 147 3.5.3 Themenfelder der Sportökonomik ................................................... 148 3.5.4 Verhältnis der Sportökonomik zur Sportpraxis .............................. 159 3.6 Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) .................................. 162 3.6.1 Einführung - Charakterisierung der Bewegungswissenschaft ...... 163 3.6.2 Entstehung und Entwicklung der Bewegungswissenschaft .......... 165 3.6.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Bewegungswissenschaft..................................................................... 168 3.6.4 Verhältnis der Bewegungswissenschaft zur Sportpraxis ................ 178 3.7 Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) ............................................. 182 3.7.1 Einführung - Phänomene und Themen der Trainingswissenschaft ........................................................................ 183 3.7.2 Entstehung und Entwicklung der Trainingswissenschaft ............. 191 3.7.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Trainingswissenschaft ........................................................................ 192 3.7.4 Verhältnis der Trainingswissenschaft zur Sportpraxis ................... 206 <?page no="8"?> Inhalt 9 4 Wissenschaftliches Arbeiten in der Sportwissenschaft (Marcel Fahrner, Verena Burk)...................................................... 211 4.1 Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess ......................... 211 4.1.1 Forschungsproblem und zentrale Fragestellungen......................... 212 4.1.2 Forschungsüberblick und theoriegeleitete Reflexion ..................... 214 4.1.3 Untersuchungsdesign/ Forschungsmethoden ................................. 216 4.1.4 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse .............................. 222 4.2 Informationsbeschaffung und Literaturrecherche.......................... 225 4.3 Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten ... 231 4.3.1 Gliederung wissenschaftlicher Arbeiten .......................................... 232 4.3.2 Sprachliche und formale Anforderungen ........................................ 234 4.3.3 Standards bei Quellenangaben und Literaturverzeichnis............... 237 5 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge (Verena Burk)..................................................................................... 245 5.1 Ausgewählte Aspekte zur Berufstätigkeit von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge .............................................. 246 5.1.1 Beschäftigungsverhältnisse von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge ............................................. 246 5.1.2 Anforderungen an sportwissenschaftliche Berufseinsteiger aus Arbeitgebersicht........................................................................... 250 5.2 Ausgewählte Berufsfelder und Profile von Sportwissenschaftlern......................................................................... 252 5.2.1 Schule.................................................................................................... 253 5.2.2 Hochschule und Wissenschaft .......................................................... 255 5.2.3 Sportverein........................................................................................... 258 5.2.4 Sportverband ....................................................................................... 261 5.2.5 Privatwirtschaftliche Sportanbieter................................................... 263 5.2.6 Öffentliche Sportverwaltung ............................................................. 265 5.2.7 Sport und Wirtschaft .......................................................................... 268 <?page no="9"?> 10 Inhalt 5.2.8 Sport und Massenmedien................................................................... 270 5.2.9 Sport und Gesundheit ........................................................................ 272 6 Zusammenfassung und Ausblick (Verena Burk, Marcel Fahrner)...................................................... 275 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 279 Index ............................................................................................................... 315 <?page no="10"?> 1 Einführung (Verena Burk, Marcel Fahrner) Sport ist eines der gesellschaftlichen Massenphänomene unserer Zeit, das eine Vielzahl von Aktivitäten in unterschiedlichen Varianten umfasst, z. B. Ballspiele auf dem Sportplatz oder in der Sporthalle, Jogging im Wald oder im Stadion, Schwimmen in Bädern oder in Seen. Entsprechende Angebote unterbreiten Sportvereine und gewerbliche Sportanbieter, oder werden etwa als Laufen oder Radfahren selbst organisiert. Neben Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sind heute gerade auch die älteren Generationen sportlich aktiv. Und auch zeitlich gibt es hierfür kaum Limitierungen. Als Folge dieser Versportlichung der Gesellschaft ist es heute nicht mehr begründungsbedürftig, Sport zu betreiben, sondern sich ihm zu verweigern (vgl. Bette, 2010, S. 5). Die gesellschaftliche Relevanz des Sports zeigt sich auch daran, dass Wettkampfereignisse, Sportler, Teams, Trainer und Funktionäre von Sportvereinen und -verbänden selbstverständlich Themen der Alltagskommunikation darstellen. Beispielsweise diskutiert man im Freundes- und Bekanntenkreis über Spielverläufe und -ergebnisse der großen Sportligen im Fußball, Handball oder Basketball, über Wettkämpfe der Olympischen Spiele ebenso wie über Welt- und Europameisterschaften, etwa im Biathlon. Auch weil „nahezu jeder über Primärerfahrungen im Sport verfügt, gibt es einen problemlosen Anschluss an das, was alle schon wissen oder zumindest ansatzweise am eigenen Leib in sportiven Situationen bereits erfahren haben. Selbst ein Laienpublikum kann verstehen, was in einem Stadion oder einer Sporthalle passiert, wenn es … durch den schulischen Sportunterricht … vorsozialisiert wurde“ (Bette, 2010, S. 7). Über das Pflichtfach „Sport“ kommen in Deutschland alle Kinder und Jugendlichen mit sportlichen Bewegungsmustern und Regeln in Berührung. Darüber hinaus sind rund 5,65 Mio. Kinder und Jugendliche unter 15 Jahre Mitglied in einem der 91.080 Sportvereine in Deutschland (vgl. Deutscher Olympischer Sportbund, 2012, S. 2-3). Gemeinsames Üben und Trainieren, das Eingehen von Bewährungssituationen in sportlichen Wettkämpfen und die Teilhabe an sozialen Sportanlässen wie Ausflügen oder Vereinsfesten sind für viele junge Menschen sinnvolle Freizeitbetätigung. Insofern überrascht es kaum, dass viele Jugendliche nach Abschluss ihrer Schulkarriere den Wunsch haben, ihr „Hobby zum Beruf“ zu machen, d. h., „irgendetwas“ mit Sport studieren und später „im Sport“ beruflich tätig sein zu <?page no="11"?> 12 Einführung (Verena Burk, Marcel Fahrner) wollen - sei es in der Schule (z. B. als Sportlehrer), im Sportverein (z. B. als Trainer) oder im Sportverband (z. B. als Manager). Nur selten ist ihnen jedoch bewusst, was ein sportwissenschaftliches Studium von ihnen verlangt - und inwiefern etwaige berufliche Tätigkeiten im Sport etwas mit ihrem bisherigen Hobby gemein haben können - außer dem im weitesten Sinne gemeinsamen Gegenstand „Sport“. Aktuell bieten in Deutschland rund 65 sportwissenschaftliche Hochschuleinrichtungen Möglichkeiten, das Fach Sport zu studieren. Infolge des Bologna-Prozesses kam es zu zahlreichen Profilierungen und Spezialisierungen, vom Lehramtsstudium über gesundheits- und trainingsorientierte Studiengänge bis hin zu Sportmanagement und Sportkommunikation/ -publizistik. Im Wintersemester 2011/ 12 waren 27.392 Studierende für das Fach Sport immatrikuliert (vgl. Statistisches Bundesamt, 2013, o. S.). Zu einem sportwissenschaftlichen Studium gehört dabei im Kern eine Auseinandersetzung mit Themen- und Fragestellungen verschiedener sportwissenschaftlicher Teildisziplinen, z. B. Sportpädagogik, Sportsoziologie, Sportpsychologie, Bewegungswissenschaft, Trainingswissenschaft, sowie eine aktive und reflektierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Sportarten/ -aktivitäten. Das vorliegende Lehrbuch zielt darauf ab, Abiturienten und Studienanfängern sportwissenschaftlicher Studiengänge Einblick in die Sportwissenschaft zu ermöglichen, ihnen Orientierung für das Studium zu geben und sie auf potenzielle Berufsfelder für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge aufmerksam zu machen. Das Lehrbuch führt deshalb in kompakter Form in grundlegende studien- und berufsrelevante Themen der Sportwissenschaft ein. Im Einzelnen geht es darum, sich mit der Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft als wissenschaftliche/ akademische Fachdisziplin auseinanderzusetzen; Teildisziplinen der Sportwissenschaft kennen und deren Erkenntnisinteressen und Forschungszugänge unterscheiden zu lernen; sich mit generellen Anforderungen (sport-)wissenschaftlichen Arbeitens vertraut zu machen; Berufsfelder sportwissenschaftlicher Absolventen mit ihren jeweils relevanten Kompetenzanforderungen und Beschäftigungspotenzialen kennenzulernen. Mit dem übergreifenden Ziel eines Einblicks in generelle Bedingungen, fachspezifische Zugänge, Problem-/ Fragestellungen und Methoden der Sportwissenschaft führt das Buch in zahlreiche studienrelevante Kernthe- <?page no="12"?> Einführung (Verena Burk, Marcel Fahrner) 13 men ein und regt diesbezüglich zur kritischen Reflexion an. Die Inhalte sind in sechs großen Kapiteln dargestellt: [1] Einführung, [2] Sportwissenschaft als Fachdisziplin, [3] Sportwissenschaftliche Teildisziplinen, [4] Wissenschaftliches Arbeiten in der Sportwissenschaft, [5] Berufsfelder von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge, [6] Zusammenfassung und Ausblick. Um die Leser in ihrer inhaltlichen Auseinandersetzung zu unterstützen und eine möglichst effektive Lektüre zu gewährleisten, sind die Themen im Folgenden didaktisiert aufgearbeitet. Zu diesem Zweck werden in den Kapiteln der zweiten Gliederungsebene zum Einstieg explizite thematische Zielsetzungen festgehalten, um den Lesern einen inhaltlichen Überblick zu geben und ihnen Orientierung zu ermöglichen; am Ende wesentliche Inhalte anhand eines Praxisbeispiels zusammengeführt, um den Lesern einen Nachvollzug der dargestellten thematischen Zusammenhänge zu erleichtern; am Ende Kontrollfragen formuliert, um die Leser bei einer abschließenden Wiederholung und Reflexion der dargestellten Inhalte zu unterstützen. <?page no="14"?> 2 Sportwissenschaft als Fachdisziplin (Marcel Fahrner) Als gesellschaftliches Phänomen ist Sport in seinen vielfältigen Ausprägungen heute gesellschaftlich hoch angesehen - er wird allerdings nur selten mit Wissenschaft in Verbindung gebracht. Entstehung, Entwicklung und Anerkennung der Sportwissenschaft als akademische Fachdisziplin sind folglich nicht selbstverständlich. Auch bleibt selbst im universitären Kontext häufig unklar, was Sportwissenschaft letztlich ist und was genau von ihr geleistet wird. Die gesellschaftliche Vielfalt des Sports, die sich u. a. vom gesundheitsorientierten Walking oder Aquajogging bis zum professionellen Fußball oder Handball erstreckt, macht außerdem erklärungsbedürftig, was „Sport“ als Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft eigentlich umfasst. Und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vielfalt des Sports ist auch die Singularbezeichnung des Fachs als „Sportwissenschaft“ keine Selbstverständlichkeit. 2.1 Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft Sport ist ein schillerndes Phänomen, dem heute enorme gesellschaftliche Relevanz zugesprochen wird, z. B. in erzieherischer, politischer, ökonomischer oder massenmedialer Hinsicht. Insofern liegt auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Sport nahe. Gleichwohl sind Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft als wissenschaftliche/ akademische Fachdisziplin nicht selbstverständlich - denn gerade im Wissenschaftssystem wurde und wird Sport mitunter als eine rein körperliche Betätigung gesehen, der scheinbar nichts Wissenschaftliches anhaftet. Lernziele Die Leser erkennen, unter welchen Bedingungen die Sportwissenschaft als wissenschaftliche und universitäre Fachdisziplin in Deutschland entstanden ist. Sie lernen Unterschiede der Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft in BRD und DDR kennen. <?page no="15"?> 16 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Eine Anerkennung als Wissenschaft setzt aus Sicht der Scientific Community typischerweise eigenständige Gegenstandsbereiche, spezifische Forschungsansätze, -fragestellungen und -konzeptionen, Fachsprachen und -organe sowie explizite organisatorische Verankerungen voraus (vgl. Willimczik, 1980, S. 347). Als sportwissenschaftliche Vorläufer im weitesten Sinn können u. a. die Philantropen verstanden werden, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert körperliche Aspekte einer ganzheitlichen Erziehung theoretisch reflektierten, systematisierten und in gymnastische Leibesübungen transferierten. Auch die Turnlehrerbildungsanstalten des 19. Jahrhunderts lassen sich als vorwissenschaftliche Einrichtungen verstehen, ebenso die 1920 in Berlin gegründete Deutsche Hochschule für Leibesübungen und die ab 1925 entstandenen universitären Institute für Leibesübungen. Gleichwohl kann hier „von der universitären Institutionalisierung der Sportwissenschaft [noch] nicht die Rede sein“ (Grupe, 1996, S. 362), zumal allein die Universität Leipzig 1925 eine Außerordentliche Professur für Pädagogik der Leibesübungen einrichtete und die Ausbildung an den Instituten insgesamt kaum über eine vorwissenschaftliche Stufe hinauskam. Erst ab 1930 wurde das Studium der Leibesübungen - zuerst in Bayern, Österreich und Preußen - akademisch aufgewertet und mit anderen Fächern gleichgestellt. Im Zuge der nationalsozialistischen Politik ab 1933 erhielt das Fach Leibesübungen dann eine Schlüsselposition im Erziehungssystem und war ab 1936 mit der Reichsakademie für Leibesübungen organisatorisch prominent vertreten. Doch wurden damit akademische Lehre und Forschung auch in weltanschaulich reglementierte Bahnen gezwungen und inhaltlich auf eine straff geführte, insbesondere körperliche Ausbildung fokussiert (vgl. Bernett, 1987, S. 226-235). Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg machen es die unterschiedlichen gesellschaftlichen und akademischen Bedingungen von BRD und DDR erforderlich, wesentliche Antriebskräfte, Meilensteine und Entwicklungsetappen der Sportwissenschaft zwischen 1949 und 1989 getrennt nachzuzeichnen, bevor die gemeinsame Entwicklung nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 skizziert wird. 2.1.1 Sportwissenschaft in der BRD Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der BRD zwar an einigen deutschen Hochschulen Ausbildungsgänge für Sportlehrer eingeführt, jedoch war damit - insbesondere unter dem Eindruck der politischen Korrumpierung des Sports im Nationalsozialismus - keine generelle akademische Anerkennung verbunden. „Noch 1947 hatte sich eine große und renom- <?page no="16"?> Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft 17 mierte rheinische Universität gegen eine ‚facultas für Bauchwelle‘ ausgesprochen … und … das Verhältnis der Universitäten zum Sport blieb in den Nachkriegsjahrzehnten [der BRD] ein ‚Unverhältnis’“ (Grupe, 1996, S. 362-363). Vor diesem Hintergrund wird „die Geburt der Sportwissenschaft als akademische Institution und damit als autonome Fachdisziplin … ab Mitte der 60er bis zum Beginn der 70er Jahre [des 20. Jahrhunderts] angesetzt … Der Weg dahin war nicht gerade mit Wohlwollen von seiten der etablierten, nicht selten leibfeindlichen Wissenschaften bedacht worden. Vor allem wurde die Wissenschaftswürdigkeit des Gegenstandes ‚Sport‘ in Zweifel gezogen“ (Drexel, 2002, S. 211). Zwar lieferte der Sport zahlreiche thematische Anknüpfungspunkte und Fragestellungen für wissenschaftliche Auseinandersetzungen und Analysen, jedoch schienen sie aus Sicht der etablierten Universitätsdisziplinen selten bearbeitungswürdig. Sport hielt man bestenfalls für eine praktische Disziplin. Die heutigen Institute für Sportwissenschaft hießen deshalb zunächst auch „Institute für Leibesübungen, was für die ihnen zugedachten Aufgaben in den beiden Nachkriegsjahrzehnten kennzeichnend war“ (Grupe, 1996, S. 363; Hervorhebungen im Original). Hinzu kam, dass sportspezifische Problem- und Fragestellungen wegen ihres komplexen Charakters häufig zwischen den tradierten wissenschaftlichen Fachperspektiven gelagert waren, so dass sich keines dieser Fächer hierfür wirklich zuständig fühlte (vgl. Grupe, 1995, S. 153). Die Entstehung der Sportwissenschaft war in der BRD somit ganz wesentlich auf wissenschaftsexterne Einflüsse angewiesen. Vor allem der gesellschaftliche Bedeutungsgewinn des Sports, seine verstärkte Abbildung in den Massenmedien sowie die ökonomisch und politisch zunehmend relevante Zuschauernachfrage machten eine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung immer dringlicher (vgl. Bette, 2010, S. 59). Auch und gerade der Sport selbst - insbesondere in Gestalt des Deutschen Sportbunds (DSB) - verlangte vermehrt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Ratschlägen. Nicht zuletzt die Überlegenheit der DDR, die bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt mehr Medaillen gewann als die BRD, fungierte dabei als wichtiger politischer Katalysator. Denn für die Olympischen Spiele in München 1972 drohte dem westdeutschen Sport die Gefahr, als unterlegener Gastgeber vorgeführt zu werden. „Diese neue Interessenlage, vor allem aber auch das Vorhandensein von Sportlehrerausbildungsstätten, die um ihre akademische Anerkennung bemüht waren, führten schließlich (seit 1966) zur Einrichtung zahlreicher sportwissenschaftlicher Lehrstühle“ (Digel, 1995a, S. 136). Nachdem 1965 an der Universität Frankfurt ein erster Außerordentlicher Lehrstuhl für „Theorie der <?page no="17"?> 18 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Leibeserziehung“ entstand, richtete die Universität Tübingen 1967 hierfür die erste Ordentliche Professur in der BRD ein. 1970 folgte dann die akademische Anerkennung der Deutschen Sporthochschule in Köln, an der ab 1971 auch sportwissenschaftliche Promotionen und Habilitationen möglich waren (vgl. Willimczik, 2001, S. 42-43). Die bis dahin in den Instituten für Leibesübungen vorrangig ausgeführten sportpraktischen Tätigkeiten galt es nun wissenschaftlich zu fundieren und zu entwickeln - wie dies in der DDR und in anderen sozialistischen Staaten insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich bereits mehrere Jahre erfolgte (vgl. Digel, 1995a, S. 137). Diese spezifischen Entwicklungsbedingungen hatten für das Fach Sportwissenschaft Vor- und Nachteile. „Vorteile lagen vor allem darin, daß die Entwicklung … vergleichsweise rasch vor sich ging und, jedenfalls in den Anfangsjahren, auch eine vergleichsweise zügige Personalvermehrung und Ausstattung mit Haushaltsmitteln erfolgte. Der Nachteil liegt darin, daß eine sorgsame Entwicklungsplanung, die gründliche Diskussion des Gegenstandes, der mit dem Allerweltswort ‚Sport‘ vergleichsweise ungenau beschrieben wird [,] … unterblieb“ (Grupe, 1996, S. 366). Im Zuge der gesellschaftlichen Aufwertung des Sports und des generell gestiegenen Bedarfs an wissenschaftlichen Erkenntnissen gründete 1970 auch der DSB einen „Wissenschaftlichen Beirat“ und einen „Bundesausschuss für Wissenschaft und Bildung“. Dem DSB-Bundesausschuss Leistungssport wurde außerdem ein sportmedizinisches und trainingswissenschaftliches Beratungsgremium zugeordnet, während auch in den Landessportbünden ähnliche Entwicklungen erfolgten (vgl. Grupe, 2007, S. 25). Ein weiterer Meilenstein der BRD-Sportwissenschaft war 1970 die Einrichtung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) als nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums des Innern (BMI). In seinem Errichtungserlass wird ihm vor allem zur Aufgabe gemacht, „Forschungsvorhaben, die zur Erfüllung der dem Bundesministerium des Innern auf dem Gebiet des Spitzensports obliegenden Aufgaben beitragen (Ressortforschung), zu initiieren, zu fördern und zu koordinieren [,] … den Forschungsbedarf in Zusammenarbeit mit dem Spitzensport zu ermitteln, Forschungsergebnisse zu bewerten und diese zu transferieren … [sowie] das BMI bei seiner Aufgabenerfüllung auf dem Gebiet des Sports fachlich zu beraten“ (§ 2 BISp-Errichtungserlass 1 ). 1 BISp-Errichtungserlass in der Fassung vom 18. November 2010. <?page no="18"?> Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft 19 Ebenfalls 1970 wurde mit der Zeitschrift „Sportwissenschaft“ ein eigenes Fachorgan ins Leben gerufen. Im Vorwort zur ersten Ausgabe heißt es zum angestrebten Spektrum der Veröffentlichungen: „Es soll neben sportpädagogischen, -psychologischen, -soziologischen, -historischen und -medizinischen Arbeiten im engeren Sinne, Arbeiten zur Biomechanik, Bewegungsforschung … und Sensomotorik auch Arbeiten zu sportrelevanten Themen aus den Gebieten der Anthroplogie und Philosophie, der Psychiatrie und Verhaltensforschung umfassen; angestrebt wird dabei ein ausgewogenes Verhältnis von theoretischen und empirischen Arbeiten“ (Grupe, 1971, S. 15). 1976 kam es dann zur Gründung der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) als Interessenvertretung der an den sportwissenschaftlichen Instituten beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter. 2.1.2 Sportwissenschaft in der DDR In der DDR wurde in enger Anlehnung an die sowjetische Sportwissenschaft und deren Zentren in Moskau und Leningrad bereits 1950 die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig gegründet. Der 1952 ebenfalls nach sowjetischem Vorbild geschaffene und dem Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport unterstellte Wissenschaftliche Rat sowie die Errichtung einer koordinierenden Forschungsstelle an der DHfK sind weitere Beispiele dafür, dass in der DDR „die politische Instrumentalisierung der Wissenschaft von Anfang an zum Ziel erklärt und auf den Weg gebracht“ (Hinsching, 1996, S. 15) wurde. Die Verleihung des Promotionsrechts 1955 und des Habilitationsrechts 1965 stärkte die wissenschaftliche Leitfunktion der DHfK enorm (vgl. Bernett, 1980, S. 376; Wonneberger, 2007, S. 15-19; Krüger & Kunath, 2001, S. 354-355). Neben der DHfK existierten in der DDR acht universitäre Institute für Körpererziehung und weitere sportwissenschaftliche Institute an Pädagogischen Hochschulen (vgl. Hinsching, 1996, S. 16; Krüger & Kunath, 2001, S. 351). Maßgebliche sportwissenschaftliche Publikationsorgane wurden ab 1952 die „Theorie und Praxis der Körperkultur“ und ab 1959 die „Wissenschaftliche Zeitschrift der DHfK“ (vgl. Willimczik, 2001, S. 51). Ohne die vielfältigen Konturen der DDR-Sportwissenschaft im Detail nachzeichnen zu können, ist wichtig zu erkennen, dass es „hinsichtlich der Themenzuweisung, der administrativen Unterstellung, in der Forschungsplanung wie in der Mittelbereitstellung … einen gravierenden Unterschied zu akzeptieren [gab] zwischen einer privilegierten, dafür umso stärker von Kommandostrukturen bestimmten und völlig abgeschirmten Leistungssportförderung und einer … Nicht- Leistungssportforschung“ (Hinsching, 1996, S. 16). <?page no="19"?> 20 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Breitensportliche Forschung und Schulsportforschung erfolgten vor allem an den universitären Instituten. Die DHfK hingegen fokussierte ausschließlich den Spitzensport und verlagerte folglich ihre wissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkte auf die Trainingswissenschaft. Ein deutlich sichtbares Zeichen für diese Schwerpunktsetzung war 1968 die Einrichtung des Leipziger Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport (FKS), das in enger Verflechtung zur DHfK stand. Insbesondere die Trainingswissenschaft/ -lehre als „das ‚Kernstück‘ der sozialistischen Sportwissenschaft … [war] auch ihr Paradestück: Ihre Erfolge haben der DDR zu dem Ruf einer führenden Sport-Nation verholfen“ (Bernett, 1980, S. 383). Die Sportwissenschaft der DDR war damit schon Ende der 1960er Jahre „eine elaborierte Fachwissenschaft …, ideologisch gefestigt, wissenschaftstheoretisch durchdacht, akademisch etabliert, nach Plan organisiert und praxiswirksam“ (Bernett, 1980, S. 377). Insbesondere die vielfältigen wissenschaftspolitischen Beschlüsse der Partei- und Staatsführung sicherten ihr eine ansehnliche materielle Basis und eine einheitliche Entwicklung - vor allem im Bereich der Spitzensportforschung in den schwerpunktmäßig geförderten olympischen Sommer- und Wintersportarten. In dieser Hinsicht stand 1965 auch die Gründung der Berliner Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (FES), deren Aufgabe in der Entwicklung und Fertigung von Sportgeräten bestand - in Sportarten, in denen die sportliche Leistung maßgeblich vom Sportgerät mit bestimmt wird, z. B. Kanu, Rudern, Bobfahren. Ein Entwicklungsproblem der DDR- Sportwissenschaft war hingegen die mit der Zeit sich verengende Rekrutierungs- und Diskussionsbasis. Dies resultierte etwa an der DHfK vor allem aus der strikten Geheimhaltung in der Spitzensportforschung sowie der bevorzugten Einstellung eigener Absolventen. Dadurch „wurde zwar der Anwendungsbezug auf einem sehr hohen Niveau gehalten, der Forschungsgewinn für die Grundlagen jedoch immer geringer“ (Krüger & Kunath, 2001, S. 360). Insgesamt betrachtet war die Sportwissenschaft in der DDR „eine zumindest staatsnahe, wenn nicht staatstragende Wissenschaft im Sozialismus“ (Hinsching, 1996, S. 19). Sozialistisch-kommunistische Staatsideologie und parteipolitische Vorgaben der SED spielten eine wesentliche Rolle, was letztlich auch zur Kennzeichnung als „marxistisch-leninistische“ Sportwissenschaft führte und z. B. ein gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium zum Bestandteil sportwissenschaftlicher Studiengänge machte. Darüber hinaus hatten politisch-ideologische Vorgaben auch Auswirkungen auf die Gegenstandsbestimmung der Sportwissenschaft, die sich zunächst kaum von der westdeutschen Perspektive unterschied und vor allem den sich <?page no="20"?> Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft 21 bewegenden Menschen fokussierte. Später wurde offiziell jedoch die körperliche Vervollkommnung des Menschen als Gegenstand der Sportwissenschaft aufgefasst. Die politische Relevanz und gesellschaftliche Rechtfertigung der Sportwissenschaft in der DDR zeigte sich außerdem darin, dass sie gegenüber dem ideologisch bedeutsamen Begriff „Körperkultur“ bestehen konnte (vgl. Bernett, 1980, S. 377-379, 395). 2.1.3 Sportwissenschaft in Deutschland seit 1990 Im Zuge der staatspolitischen Wende 1989 und der Vereinigung von BRD und DDR am 3. Oktober 1990 änderten sich auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Sportwissenschaft, insbesondere in den vormals zur DDR gehörenden östlichen Bundesländern. Die in vielen Fällen als problematisch eingeschätzte Enge der politischen Verflechtung von Organisationen und Personen der DDR-Sportwissenschaft überlagerten dabei in der Wendezeit und nach 1990 manchen Blick auf fachliche Kompetenzen und wissenschaftliche Leistungspotenziale. In Leipzig wurde schon Anfang 1991 die DHfK abgewickelt, d. h., aufgelöst, und ihr letzter Rektor beauftragt, eine sportwissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig zu etablieren. Ende 1993 wurde sie als kleinste Leipziger Fakultät gegründet und entsprach von ihrer Größe her nun den in der BRD etablierten sportwissenschaftlichen Instituten (vgl. Wonneberger, 2007, S. 25). Auch das Leipziger FKS mit seinen zum Ende der DDR mehr als 600 Mitarbeitern wurde 1991 abgewickelt. Als deutlich kleinere Nachfolgeorganisation fungiert seit 1992 das Leipziger Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT), dessen Aufgaben vor allem in der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung im Spitzensport liegen. Das Berliner FES wurde ebenfalls umstrukturiert und führt seit 1992 ihre Arbeit als Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten fort. FES und IAT werden beide von einem gemeinsamen Trägerverein betrieben, dem 24 Sportfachverbände, sechs Landessportbünde, die Trainerakademie Köln und der DOSB als Mitglieder angehören (vgl. Pfützner, 2002, S. 26-27; Bundesregierung, 2006, S. 55-57). Umfangreiche finanzielle Mittel in Höhe von jährlich insgesamt rund 12 Mio. Euro erhalten beide Einrichtungen vom Bundesministerium des Innern (vgl. Bundesministerium der Finanzen, 2012, S. 508). Für die gesamtdeutsche Sportwissenschaft spielt nach wie vor das BISp eine wichtige Rolle, da es im Auftrag des BMI Forschungsaufträge für den Spitzensport fördert, koordiniert und den Transfer der Forschungsergeb- <?page no="21"?> 22 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) nisse in die Sportpraxis begleitet. Hierfür stellt das BMI jährlich rund 3,5 Mio. Euro zur Verfügung (vgl. Bundesministerium der Finanzen, 2012, S. 590). Wesentliche Forschungsbereiche sind u. a. Talentsuche und Nachwuchsförderung im Spitzensport, Doping-Analytik und bundesweit relevante Fragestellungen zur Sportentwicklung. Zentrale Förderprogramme der jüngeren Zeit sind beispielsweise das „Programm zur Schwerpunktsetzung sportwissenschaftlicher Forschung des BISp“ und das „Langfristige strategische Forschungsprogramm für das Wissenschaftliche Verbundsystem im Leistungssport (WVL)“. Damit strebt das BISp eine Optimierung der wissenschaftlichen Unterstützung des Spitzensports an (vgl. Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2012, o. S.). Die eigentlichen Forschungstätigkeiten erfolgen jedoch an den sportwissenschaftlichen Instituten der Universitäten und orientieren sich folglich weitgehend an den jeweiligen Universitäts- und Institutsleitlinien sowie an den persönlichen Interessensgebieten der dort arbeitenden Professoren. Praxisbeispiel: Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) Die 1976 gegründete Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) ist seit 1990 die Interessenvereinigung der Sportwissenschaft in ganz Deutschland. Ihre Mitglieder sind rund 1.000 an sportwissenschaftlichen Einrichtungen in Lehre und/ oder Forschung tätige Personen, Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge, sowie Organisationen, deren Zielsetzungen mit den Aufgaben der dvs in Einklang stehen (vgl. Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, 2013, o. S.). Als Aufgaben verfolgt die dvs unter anderem die Förderung sportwissenschaftlicher Forschung, die Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen in Form von Tagungen, Kongressen und Publikationen, die Förderung sportwissenschaftlichen Nachwuchses sowie die nationale und internationale Vertretung der Sportwissenschaft. Die dvs-Hauptversammlung aller Mitglieder findet im zweijährigen Rhythmus statt. Nach innen und außen vertritt das Präsidium die dvs, unterstützt wird es in seiner Arbeit durch einen hauptberuflichen Geschäftsführer. Ihre wissenschaftlichen Kongresse, Tagungen und Symposien dokumentiert die dvs in den „Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft“. Seit 2006 ist die dvs außerdem gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) und dem Deut- <?page no="22"?> Entstehung und Entwicklung der Sportwissenschaft 23 schen Olympischen Sportbund (DOSB) Herausgeberin der Zeitschrift „Sportwissenschaft“, in der Originalbeiträge und Forschungsberichte aus der Sportwissenschaft sowie Kongressberichte und Rezensionen veröffentlicht werden. Die fachlichen Diskussionen im Rahmen von Tagungen und Symposien erfolgen in Sektionen und Kommissionen, denen sich die Mitglieder jeweils gemäß ihrer Interessen zuordnen können. Die Sektionen und Kommissionen spiegeln die Vielfalt der Sportwissenschaft beispielhaft wider. Gleichzeitig werden in ihren Bezeichnungen aber auch begrifflich-systematische Schwierigkeiten und Widersprüche der Sportwissenschaft deutlich: Die Sektionen der dvs gliedern sich nach sportwissenschaftlichen Disziplinen: Biomechanik, Sportgeschichte, Sportinformatik, Sportmedizin, Sportmotorik, Sportökonomie, Sportpädagogik, Sportphilosophie, Sportpsychologie, Sportsoziologie, Trainingswissenschaft. Die Kommissionen der dvs wiederum befassen sich mit Problem- und Fragestellungen einzelner Sportarten oder Sportbereiche: Bibliotheksfragen, Dokumentation, Information (BDI), Fußball, Gerätturnen, Geschlechterforschung, Gesundheit, Kampfsport und Kampfkunst, Leichtathletik, Schneesport, Schwimmen, Sport und Raum, Sportspiele, Wissenschaftlicher Nachwuchs. Darüber hinaus gibt es zwei Adhoc-Ausschüsse: Elementarbereich, Schulsport (vgl. Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, 2013, o. S.). Kontrollfragen [1] In der BRD etablierte sich die Sportwissenschaft in den 1960er und 1970er Jahren als wissenschaftliche Disziplin und universitäres Fach. Welche Barrieren mussten dabei überwunden werden? Welche gesellschaftlichen Einflüsse beförderten maßgeblich die Entwicklung der Sportwissenschaft? Welche Meilensteine der organisatorischen Verankerung der BRD- Sportwissenschaft wurden vor allem in den 1970er Jahren gesetzt? <?page no="23"?> 24 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) [2] In der DDR wurde die Sportwissenschaft bereits in den 1950er Jahren politisch und organisatorisch fest verankert. Welche Wegmarken sind diesbezüglich von Bedeutung? Welche grundlegenden, insbesondere forschungsrelevanten Trennlinien existierten zwischen der DHfK und anderen sportwissenschaftlichen Einrichtungen der DDR? [3] Im Zuge der Vereinigung von BRD und DDR kam es ab 1990 insbesondere in den östlichen Bundesländern zu einer massiven Reorganisation der Sportwissenschaft. Welche in der DDR maßgeblichen sportwissenschaftlichen Einrichtungen waren dabei in welcher Form betroffen? 2.2 Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft Für die Sportwissenschaft liegt es nahe, Sport als Gegenstandsbereich zu fokussieren. Allerdings ist eine Abgrenzung des Sportbegriffs voraussetzungsvoll, weshalb er den exklusiv sportwissenschaftlichen Zuständigkeitsraum nicht ohne Weiteres klärt. Sport stellt heute zwar einen gängigen Bestandteil der Umgangssprache dar - Suchanfragen bei Google liefern hierfür rund 700 Mio. Treffer - jedoch bleibt der Sportbegriff vage und unbestimmt. Häufig ist in Gesprächen oder Diskussionen unklar, ob alle Beteiligten damit das Gleiche bezeichnen - und wenn ja - was damit jeweils genau gemeint ist. Lernziele Die Leser lernen historische Entstehungshintergründe des Sports kennen und setzen sich mit ausgewählten Entwicklungsaspekten des modernen Sports auseinander. Sie erfahren, was mit Versportlichung der Gesellschaft und Entsportlichung des Sports gemeint ist. Sie lernen ausgewählte Definitionsansätze und Beschreibungsmodelle von Sport kennen und kritisch reflektieren. <?page no="24"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 25 2.2.1 Entstehung und Entwicklung des Sports Bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts ist in Deutschland 2 von „Sport“ keine Rede. Allerdings reflektieren Philantropen genannte Reformpädagogen unter dem Eindruck der europäischen Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts die Ideen einer ganzheitlichen Erziehung. Zur Entwicklung etwa von Tugendhaftigkeit, Ausdauer, Abhärtung und Gesundheit systematisieren die Philantropen - u. a. Basedow, Salzmann, GutsMuths, Vieth - zahlreiche gymnastische Leibesübungen, wie Laufen, Springen, Werfen, Schwimmen, Klettern, und konzipieren hierzu methodische Übungsreihen. Dies ist für die spätere Sportentwicklung von enormer Bedeutung (vgl. Bernett, 1965; Cachay, 1988b, S. 79-178). Die gymnastischen Übungen der Philantropen ergänzt dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts v. a. Jahn um Geräte wie Reck und Barren. 3 Vor allem aber lädt Jahn diese als Turnen bezeichneten Aktivitäten mit politischweltanschaulichen Ideen auf, insbesondere mit Blick auf vaterländische, national-patriotische Erziehungsziele für den Kampf gegen Napoleon und zur Überwindung der Kleinstaaterei. Turnen blieb bis zum Ersten Weltkrieg die beherrschende Form der Leibesübungen in Deutschland. Bereits 1816 wurde mit der Hamburger Turnerschaft der erste Turnverein gegründet, 1868 folgte mit der Deutschen Turnerschaft der erste Dachverband (vgl. Krüger, 2010a, S. 176- 177; Krüger, 2005a). Der Sport hingegen hat seine Ursprünge in England, das umgangssprachlich auch als „Mutterland des Sports“ bezeichnet wird. Hervorgegangen ist das englische Wort „Sport“ aus dem französischen (se) de(s)porter - (sich) zerstreuen, (sich) vergnügen (vgl. Röthig & Prohl, 2003, S. 493). Bereits im 18. Jahrhundert existieren auf den britischen Inseln als „sports“ bezeichnete Spielformen von Konkurrenz und Wettstreit. „Weitgehend unbehelligt von obrigkeitlichen Eingriffen und befreit von religiösen Zusammenhän- 2 Der Begriff „Deutschland“ wird hier verwendet, auch wenn es Ende des 18./ Anfang des 19. Jahrhunderts noch keinen deutschen Nationalstaat gibt. Die zur damaligen Zeit fragmentierte Staatenwelt wird ab 1815 weitgehend im Deutschen Bund zusammengefasst, ab 1871 existiert dann das Deutsche (Kaiser-)Reich. 3 Die inhaltliche Nähe zwischen Gymnastik und Turnen zeigt sich u. a. darin, dass GutsMuths Werk „Gymnastik für die Jugend“ von 1793 später (1817) als „Turnbuch für die Söhne des Vaterlandes“ neu aufgelegt wurde. Außerdem weist Jahns und Eiselens „Die Deutsche Turnkunst“ von 1816 inhaltlich große Überschneidungen zu GutsMuths „Gymnastik für die Jugend“ auf (vgl. Willimczik, 2001, S. 59). <?page no="25"?> 26 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) gen, konnten sich die ‚sports‘ im frühneuzeitlichen England zu einem festen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens entwickeln. Dabei wurden ihnen durch die frühe Kommerzialisierung der Wirtschaft wichtige Impulse gegeben“ (Eisenberg, 1999, S. 29). Während Athleten in zahlreichen Disziplinen - z. B. Pferderennen, Boxen, Laufen, später auch Schwimmen, Rudern, Rugby, Tennis - gegeneinander antraten, schließen die mitunter mehreren Tausend Zuschauer Wetten auf die Ergebnisse ab, zum Teil mit extrem hohen Einsätzen (vgl. Eisenberg, 2010, S. 181). Sportkonsum bedeutet folglich „nicht nur, den Wettkämpfen zuzusehen und die Unterhaltungsangebote in ihrem Umfeld … wahrzunehmen … [, sondern] auch und vor allem, Geld zu verwetten“ (Eisenberg, 1999, S. 29). Ursprünglich waren meist wilde, mitunter tödliche Spiele und Wettkämpfe an der Tagesordnung, die sich im Zeitverlauf zivilisierten, d. h., modernisierten. Insbesondere, „damit Wetten als ‚business‘ betrieben werden konnte, hatten die ‚sports‘ bestimmten Anforderungen zu genügen. Zunächst einmal mußten Sieg und Niederlage eindeutig feststellbar sein … Eine zweite Anforderung war die Ungewißheit des Ergebnisses … Das Wetten um beträchtliche Summen setzte schließlich voraus, daß man vor Kampfbeginn Regeln vereinbarte und ihre Einhaltung von einer unabhängigen Instanz überwachen ließ“ (Eisenberg, 1999, S. 33). Um vergleichbare Bedingungen für Wettspiele und Wettrennen zu schaffen, wurden deshalb im Verlauf des 18. Jahrhunderts einheitliche Regeln schriftlich verfasst. Dies war eine wesentliche Voraussetzung für Leistungsvergleiche und Rekorde über Zeit und Raum hinweg und macht den Sport bis heute erkennbar zu einem besonderen Gesellschaftsbereich. Eine umfassende Typologie von Sportregeln unterscheidet folgende Gruppen von Regeln (vgl. Digel, 2003, S. 533-534; Drexel, 1998, S. 430-435): Universelle ethisch-moralische Regeln des Sports beschreiben wünschenswerte Verhaltensweisen einer fairen sportlichen Praxis, z. B. faires Verhalten gegenüber dem Gegner, Akzeptanz von Niederlagen in sportlichen Wettkämpfen als „guter“ Verlierer. <?page no="26"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 27 Grundlegend sind außerdem die Regeln zur Sportidee, d. h., ungeschriebene Grundsätze der Sinnstiftung sportlicher Aktivitäten, z. B. möglichst viele Tore zu schießen oder schneller zu laufen und zu schwimmen als die Konkurrenz. Darüber hinaus existieren konstitutive Regeln als sportartspezifische Ausführungsbestimmungen, z. B. dass beim Fußball der Ball nicht mit der Hand gespielt werden darf, und strategische Regeln, die jeweils zulässige Alternativenräume sportlicher Handlungen definieren, z. B. Taktiken oder Spielsysteme/ -züge. Im England des 19. Jahrhunderts wurde Sport schließlich mit weiter ausgefeilten Regelwerken mehr und mehr zur Angelegenheit der bürgerlichen Mittelschicht und zu einem festen Bestandteil des englischen Erziehungssystems (vgl. Eisenberg, 2010a, S. 181). „Von den britischen Inseln aus begannen die sports [außerdem] ihren Siegeszug um die Welt. Überall wo Briten Kolonien gründeten, Handelsstützpunkte eröffneten oder … bei der Industrialisierung mitwirkten, ein Studium aufnahmen, … betrieben sie ihre sports, und nach kurzer Zeit machten die Einheimischen mit“ (Eisenberg, 2010a, S. 182; Hervorhebungen im Original). Aus diesem Grund hatte der Sport auch in Deutschland von Anfang an internationalen Charakter und entwickelte erst später nationale, regionale und lokale Besonderheiten (vgl. Eisenberg, 1999, S. 18; Luh, 2010, S. 188-189). Der Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland politisch maßgebliche Adel orientierte sich vor allem in den Großstädten und Regionen, in denen es soziale und wirtschaftliche Berührungspunkte gab, am Lebensstil der englischen Gentlemen. Man imitierte folglich auch deren Sportausübung, insbesondere Segeln, Golf und Tennis standen hoch im Kurs. Im Zuge der Gründung von Sportvereinen gegen Ende des 19. Jahrhunderts - 1878 wurde beispielsweise in Hannover der erste Fußballverein gegründet - eröffneten sich im Deutschen Reich nach und nach breiten Bevölkerungskreisen Möglichkeiten, Sport zu treiben (vgl. Grupe & Krüger, 1998, S. 478-479; Krüger, 2005b, S. 63). Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in Deutschland eine Parallelität von Turnen und Sport, die bis zum Ende der Weimarer Republik auf Organisations- und Personenebene durch z. T. enorme ideologische Spannun- <?page no="27"?> 28 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) gen und Konflikte geprägt war. 4 Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg büßten die Turner ihr bis dahin bestehendes Monopol auf Leibesübungen ein - beanspruchten von ihrem Selbstverständnis her jedoch weiterhin alle zur Stärkung des Volkes geeigneten Leibesübungen für sich, insbesondere auch Leichtathletik, Schwimmen, Handball. Während der NS-Zeit wurden diese Spannungen dann im Wesentlichen von der politisch enorm forcierten und gelenkten Leibeserziehung überdeckt (vgl. Luh, 2010, S. 190-193). Nach dem Zweiten Weltkrieg führte man in der DDR beide Begriffe Turnen und Sport weiter, u. a. dokumentiert in der Namensgebung des 1957 gegründeten Deutschen Turn- und Sportbunds (DTSB). In der BRD verfolgte man hingegen mit der Gründung des Deutschen Sportbunds (DSB) 1950 die Einheit des organisierten Sports. Vor diesem Hintergrund hat sich bis heute eine Universalität des Sportbegriffs entwickelt, der de facto als Sammelbezeichnung für alle - ursprünglich unterschiedlich bezeichneten - Formen von Leibesübungen steht. 5 Gleichwohl waren (und sind) alle als Gymnastik, Turnen und Sport bezeichneten Phänomene auch Gegenstand einer (vor-)wissenschaftlichen Auseinandersetzung ihrer jeweiligen Zeit. Versportlichung der Gesellschaft vs. Entsportlichung des Sports Sport ist heute in der Alltagskommunikation ein gängiger, fest etablierter Begriff. Im Zeichen des Sports finden riesige Events statt, werden rauschende Fanfeste gefeiert, widmen Massenmedien sportlichen Ereignissen viel Raum und Zeit. Auch entstehen immer neue Sportaktivitäten, etwa als Varianten bisheriger Sportarten, z. B. Nordic Walking, Kite Surfing, oder als etablierte Formen vormals subkultureller Bewegungsmuster, z. B. Snowboarding. Sportlichkeit ist außerdem zu einem gesellschaftlichen Leitbild geworden, das z. B. auch Kleidung und Ernährung beeinflusst, sowie in vielfältiger Weise von der Wirtschaft aufgegriffen und in stark nachgefragte Produkte und Dienstleistungen überführt wird. Bereits 1988 beschrieb Grupe, dass sich „‚Sportlichkeit‘, die lange kennzeichnend war sowohl für den in Vereinen und Verbänden organisierten 4 Am Sport kritisierten die Turner v. a. dessen (vermeintliche) Einseitigkeit, Spezialistentum, Wettkampf- und Leistungsstreben, Sensationsgier und Internationalität. Dieser Konflikt führte u. a. dazu, dass Turner nicht an Sportwettkämpfen teilnehmen durften und umgekehrt. 5 Schließlich entspricht auch das heute z. B. bei Welt-/ Europameisterschaften und Olympischen Spielen praktizierte Turnen dem, was Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts als „Sport“ bezeichnet wurde. <?page no="28"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 29 Sport als auch für diejenigen, die ihm als Sportler verbunden waren, … vom Sport sozusagen abgelöst [hat]: Sportlich kann man heute sein, ohne noch Sportler zu sein oder einem Verein anzugehören. ‚Sportlichkeit‘ prägt - unabhängig vom Sport - Verhalten, Interessen und Vorlieben vieler Menschen durch alle Schichten und Altersstufen hindurch. Sportlich wollen Manager, Politiker, Gewerkschaftsführer, Journalisten, Funktionäre, Autofahrer und sogar Raucher sein; auch Kleider-, Schuh- und Hutmoden, Urlaubsorte, Autos und Parfüms sind sportlich. Die Werbung bedient sich sportlicher Motive“ (Grupe, 1988, S. 49). Diese Versportlichung der Gesellschaft steht sinnbildlich für die hohe gesellschaftliche Attraktivität und Bedeutung des Sports. Allerdings geht sie einher mit einer „Art Entsportung des Sports, und dies heißt zugespitzt, daß das ihn bislang tragende Selbstverständnis unschärfer wird“ (Grupe, 1988, S. 50). Heute ist nicht mehr klar abgrenzbar, was als Sport gilt. Vielmehr ist seine ursprüngliche Eindeutigkeit mehr und mehr verschwommen. „Aus einer relativ eng begrenzten Zahl von menschlichen Handlungsmustern, die man mit dem Sammelnamen Sport meinte, ist … ein diffuses Gemisch an Mustern entstanden, dessen Zuordnung zum ‚Gesamtsortiment Sport‘ in hohem Maße von subjektiven Werturteilen abhängt. Atemgymnastik, Wandern, Baden, Yoga oder Jogging sind je nach Standort des Urteilenden ‚richtiger Sport‘ oder ‚auf keinen Fall Sport‘“ (Digel, 1990, S. 77). Die Unterscheidung von Versportlichung und Entsportlichung ist auf den ersten Blick sehr treffend. Auf den zweiten Blick fehlt ihr jedoch eine begriffliche Trennschärfe. Denn der Begriff der Versportlichung suggeriert, „daß man einen klar abgrenzbaren Breich ‚ver‘größert. Er gibt vor, daß man weiß, wo die Grenzen dessen sind, was man als Sport bezeichnet. In gewisser Weise steckt somit die vielfach gemachte Annahme im Gebrauch dieses Begriffes, es gebe das sogenannte ‚Authentische des Sports‘“ (Digel, 1990, S. 87). Dieser Einwand verdeutlicht: Die Abgrenzung des Sportbegriffs - und damit die Klärung der Authentizität des Sports - ist ungeachtet vermeintlich offensichtlicher Grenzlinien sehr voraussetzungsvoll. 2.2.2 Ansätze zur Definition des Sportbegriffs Die Unschärfe des Sportbegriffs führt dazu, dass man „sich nie ganz sicher sein [kann], was mit dem Begriff ‚Sport‘ gemeint ist“ (Digel, 1995a, S. 149). Wissenschaftstheoretische, aber insbesondere auch wissenschaftspolitische Überlegungen führten deshalb zu Bemühungen der Sportwissenschaft und der Sportorganisationen um eine möglichst trennscharfe Begriffsdefinition. <?page no="29"?> 30 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Auch deshalb, weil damit wesentliche Festlegungen über ihre jeweiligen Zuständigkeiten und Kompetenzen verbunden sind. Ein Ansatzpunkt für die Abgrenzung des Sportbegriffs besteht in der Fokussierung sporttypischer Charakteristika, insbesondere in Abgrenzung zu Gymnastik und Turnen, aus einer meist historischen Perspektive (vgl. Elias, 1975). Exemplarisch hierfür steht u. a. Diems Kennzeichnung: „Sport als Leibesübung ist im Lebensbereich zweckfreien Tuns ein von Wertgefühl und Festlichkeit erfülltes, natur- und kampffrohes, verfeinert und typisiert geregeltes Vervollkommnungsstreben. Der Gegner im Sport ist Freund als Träger der vergleichbaren Wettbewerbsleistung“ (Diem, 1960, S. 21-22). 6 Die sportwissenschaftliche Auseinandersetzung umfasst außerdem sprachphilosophische Analysen zum Sportbegriff (vgl. Drexel, 2002, S. 43-62; Haverkamp & Willimczik, 2005, S. 273-275). Diese Analysen des Sprachgebrauchs erfassen Sport als Familienbegriff, der für ganz vielfältige, aber untereinander ähnliche und teilweise fließend ineinander übergehende Phänomene verwendet wird. Gleichzeitig ändern sich Gebrauch und Verständnis des Sportbegriffs über die Zeit hinweg infolge soziokultureller Entwicklungen. Diesbezügliche empirische Befunde liegen u. a. von Mrazek (1982), Haverkamp und Willimczik (2005) und Stahl (2007) vor. 7 In Abhängigkeit der gewählten Perspektive und des verfolgten Erkenntnisinteresses existieren somit jeweils andere Begriffsverständnisse (vgl. u. a. Haverkamp & Willimczik, 2005, S. 271-275; Stahl, 2007, S. 162-166). Für die kritische Auseinandersetzung mit Begriffsbestimmungen von Sport kann folgende Unterscheidung Orientierung geben: Realdefinitionen gehen vom Gebrauch und der Bedeutung des zu definierenden Begriffs im alltäglichen Sprachgebrauch aus und zielen darauf ab, sein (alltagssprachliches) Wesen zu erfassen. Nominaldefinitionen hingegen basieren auf dem gemeinsamen Verständnis des zu definierenden Begriffs z. B. innerhalb einer (Scientific) Community, für die sie als Konventionen zur 6 Für den englischen Sprachraum ist u. a. die Abgrenzung von Sport, games und play als Ansatz zu nennen: „All sports are games, but not all games are sport, and all games are play, but not all forms of play are games“ (Loy, 1978, S. 73). 7 Weitere sportwissenschaftliche Arbeiten fokussieren weniger den Sportbegriff, als vielmehr das gesellschaftliche Phänomen Sport. Beispielsweise arbeitet Guttmann (1979) u. a. den Rekord als zentrales Sportmerkmal heraus. Schimank (1988) und Stichweh (1990) wiederum erfassen mit ihren systemtheoretisch angeleiteten Analysen Sport als gesellschaftliches Teilsystem. <?page no="30"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 31 Begriffsverwendung fungieren (vgl. Heinemann, 1983, S. 31-32; Willimczik, 2001, S. 88-90). Nominaldefinition von Heinemann In seiner „Einführung in die Sportsoziologie“ legt Heinemann 1980 eine Nominaldefinition des Sportbegriffs vor. Dabei unterscheidet er insgesamt vier Variablengruppen, wobei seiner Ansicht nach die konstituierende Variable allen Erscheinungsformen und Varianten des Sports gemeinsam ist (vgl. Heinemann, 1983, S. 32-38). Kernbestandteile seiner konstituierenden Variable sind: Körperbezogenheit/ körperliche Bewegung: Sport ist durch einen spezifischen Umgang mit dem Körper gekennzeichnet - Laufen, Springen, Schwimmen, Ball spielen - der jeweils spezifische koordinative und konditionelle Fähigkeiten und Fertigkeiten erfordert. Sie „sind das Thema des Sports“ (Heinemann, 1983, S. 33). Leistungsbezogenheit: Sportliche Aktivitäten sind immer auf körperliche Dimensionen hin leistungsbezogen: schnell laufen, hoch springen, weit werfen etc. Soziale Regelung/ Normen: Soziale Normen/ Regeln sind konstitutiv für Sport. Sie spielen „eine Rolle (a) in der Festlegung des Ziels …, (b) in der Bestimmung der legitimen Mittel, die eingesetzt werden dürfen, um das Ziel zu erreichen, (c) in der Definition der Regeln … und (d) in der Haltung, dem Sportethos“ (Heinemann, 1983, S. 34). Unproduktivität: Sportliche Aktivitäten sind nicht darauf ausgerichtet, Produkte zu erstellen oder Werke zu schaffen. Vielmehr erfährt Sport gerade dadurch „einen spezifischen Bedeutungsinhalt, daß er nicht unter … Nützlichkeitserwägungen und existenzielle Zwänge fällt; er ist weitgehend konsequenzenlos und verweist in seinen Ergebnissen ausschließlich auf sich zurück“ (Heinemann, 1983, S. 35). Weitere, den Sport prägende Bedingungen erfasst Heinemann in einer strukturprägenden Variable, der er sportspezifische Organisationskontexte, z. B. Schule oder Verein, mit deren jeweiligen Möglichkeiten des Sporttreibens zuordnet. Als einwirkende Variable nennt Heinemann u. a. öffentliches Publikumsinteresse, Berichterstattung der Massenmedien, sowie wirtschaftliche Unterstützung und politische Interessen. Als begleitende Variable versteht er z. B. kontextspezifische Karrierechancen und Führungsstile. Heinemanns Definition gibt wichtige Anhaltspunkte für eine Diskussion des Sportbegriffs. Allerdings fehlen hier z. B. Leitlinien für den Umgang <?page no="31"?> 32 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) mit Grenzfällen, d. h., mit Sportaktivitäten wie Reiten, Segeln, Angeln oder Schach spielen, für die motorische Aktivität gegenüber kognitiven Anforderungen eher nachrangig ist oder im Wesentlichen in der Beherrschung spezifischer Sportgeräte besteht. Auch ist der Leistungsbegriff jeweils personenbezogen interpretierbar und aufgrund der vielfältigen Leistungsdimensionen kaum abschließend zu erfassen. Der unbekannte Begriff Sport wird also mit vermeintlich Bekanntem wie Leistung oder Unproduktivität konkretisiert, als wüsste man über Sport nichts, über dessen Merkmal Unproduktivität hingegen mehr. Konsequenterweise sind folglich alle bei Nominaldefinitionen verwendeten weiteren Begriffe ebenfalls zu definieren, was streng genommen zu einem unendlichen (sprachlichen) Regress führt (vgl. Drexel, 2002, S. 157). „Nominaldefinitionen eignen sich deshalb nicht für eine Gegenstandsbestimmung, weil sie nach Maßgabe ihres Eigenanspruchs nur den Sprachgebrauch ökonomisieren, aber nichts über die ‚Realität‘, die Erscheinung des Sports aussagen, deshalb nichts erklären und deshalb auch nicht als ‚falsch‘ oder ‚richtig‘, sondern lediglich als ‚nützlich‘ oder ‚unnütz‘ beurteilt werden können“ (Drexel, 1995, S. 118). Realdefinition des DSB Ebenfalls 1980 legt der Wissenschaftliche Beirat des DSB einen im Auftrag des DSB-Präsidiums erarbeiteten Merkmalskatalog zur Beschreibung von Sport vor. Ziel ist eine Abgrenzung dessen, was (nicht) als Sport gilt. Insbesondere sollen damit Entscheidungen über die Aufnahme von Sportverbänden in den DSB nachvollziehbar gemacht, ein Sprachkonsens ermöglicht sowie eine Bewusstseins- und Identitätsbildung des organisierten Sports gefördert werden. Als Bezugspunkt für seine definitorische Eingrenzung dient dem Wissenschaftlichen Beirat die aus seiner Sicht existierende Realität des Sports, aus der heraus er sieben idealtypische, für Sport konstitutive Kriterien destilliert (vgl. Wissenschaftlicher Beirat des DSB, 1980, S. 437- 439): Motorische Aktivität ist fundamentales Kernelement sportlicher Aktivitäten, weshalb insbesondere koordinative Fähigkeiten und konditionelle Fertigkeiten erlernt und trainiert werden müssen. Demnach gelten Aktivitäten, für die Motorik nicht unmittelbar leistungsbestimmend ist, z. B. Hunderennen, nicht als Sport. Bedeutungsinhalt: Sportliche Aktivitäten zeichnen sich durch einen besonderen Bedeutungsinhalt aus. Denn sie sind als „geregelte Formen der Alltagsbewegungen … gegenüber manchen Alltags-/ Arbeitsbewegungen <?page no="32"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 33 … unproduktiv; sie fallen ihrem Sinn nach nicht unter kommerzielle Nützlichkeitserwägungen und unterliegen keinen existentiellen Zwängen“ (Wissenschaftlicher Beirat des DSB, 1980, S. 438). Leistung: Für sportliche Aktivitäten sind Leistung und Wettbewerb konstitutiv, weshalb Erwerb, Erhalt und Optimierung motorischer Fertigkeiten sowie damit verbundene Anstrengungen und Belastungen zentrale Kennzeichen von Sport sind. Sportorganisationen: Sport wird im Rahmen spezifischer Organisationskontexte betrieben, z. B. Mannschaften, Sportvereinen, Sportverbänden. Sportregeln: Sport wird durch verbindliche, sportartübergreifende und sportartspezifische Regeln bestimmt. Ethische Werte: Grundwerte und Leitideen wie Fairplay, Unversehrtheit des Konkurrenten, Chancengleichheit und Teamgeist sind konstitutive Kennzeichen von Sport. Körperliche Aktivitäten, „die ausschließlich auf Profitgewinn und Eigennutz … abzielen, lösen die für Sport unverzichtbaren Werte nicht ein“ (Wissenschaftlicher Beirat des DSB, 1980, S. 439). Erlebnisformen: Sportliche Aktivitäten eröffnen spezifische, die ganze Person des Sportlers berührende Erlebnisse und Erfahrungen, z. B. Leistungsfähigkeit, Selbstvertrauen und -beherrschung, Spannung, Unsicherheit. Der Kriterienkatalog des Wissenschaftlichen Beirats gibt wichtige Orientierungspunkte für eine Reflexion des Sportbegriffs. Realdefinitionen wie die des DSB eignen sich jedoch insbesondere deshalb kaum für eine generelle Gegenstandsbestimmung, weil hier zwangsläufig verbandspolitische Interessen und entsprechende Wertungen einfließen, z. B. hinsichtlich typischer Organisationsformen und ethischer Werthaltungen. Außerdem greift eine argumentative Engführung auf motorische Aktivität für die Kennzeichnung von Sport zu kurz, denn sportliche Aktivitäten sind stets auch durch kognitive Anforderungen, z. B. Konzentration oder Aufmerksamkeit, und nichtmotorische Größen, etwa Pferde, Boote oder Schlitten, charakterisiert. Auch ist der Verweis auf Alltagsbewegungen und deren Unproduktivität nur wenig tragfähig, da Sport beispielsweise mittelbare Funktion zugesprochen werden kann, z. B. hinsichtlich Persönlichkeitsentfaltung und Identitätsstabilisierung. Und schließlich muss Leistung immer personenbezogen interpretiert werden, weshalb sich dieses Kriterium kaum als Trennlinie zwischen Sport/ nicht-Sport eignet (vgl. Hägele, 1982, S. 195-197; Drexel, 2002, S. 161). <?page no="33"?> 34 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Ein durchgängiges Problem aller Ansätze einer generellen Begriffsbestimmung des Phänomens Sport liegt in der Auswahl und Konkretisierung von Hauptmerkmalen, deren Grenzen angesichts unterschiedlicher soziokultureller und sozioökonomischer Situationen - und damit jeweils verbundenen Wertsetzungen, Sinndeutungen und Funktionszuschreibungen - sowie immer neuer Aktivitätsformen infolge gesellschaftlichen Wandels eng gesetzt sind. „Prinzipiell muß es deshalb als sehr unwahrscheinlich gelten, daß sich eine wissenschaftliche Festlegung so behaupten könnte, daß alle Sportwissenschaftler mit dem Wort Sport auf denselben Gegenstand referieren“ (Digel, 1995b, S. 5). 2.2.3 Modelle zur Beschreibung von Sport Angesichts der Schwächen aller Definitionsansätze zum Sportbegriff wurden in der Sportwissenschaft weiter gehende Versuche unternommen, das gesellschaftliche Phänomen des Sports zu erfassen und mittels Modellen zu beschreiben. Modell von Hägele Hägele (1982) unterscheidet in seinem Modell einen inneren und äußeren Horizont des Sports, sowie einen nicht-sportlichen Grenzbereich (vgl. Abb. 1). Der innere Horizont des Sports steht dabei für „das Ideal des rein authentischen Sports“ (Hägele, 1982, S. 198; Hervorhebungen im Original) und dessen idealtypischen Bedeutungskern als kleinsten gemeinsamen Nenner: „Typisch sportliche motorische Aktivität …, typisch sportlicher Bedeutungsgehalt (Sich-Erleben vom Leibe her; Selbstverwirklichung), typisch sportliche Leistung (persongebunden; erlebnisorientiert) sowie typisch sportliche soziale Beziehung (Fairplay; Solidaritätsprinzip)“ (Hägele, 1982, S. 198). In diesem Sinne idealtypische Sportaktivitäten orientieren sich an einem allgemein gültigen Regelwerk und sind durch diszipliniertes Training sowie organisierten Wettkampfbetrieb gekennzeichnet. In der lebensweltlichen Realität des Sports sind jedoch individuelle Spielformen, selbst bestimmte Regeln, nicht-standardisierte Räume und sport-externe Motive, z. B. Gesundheit oder Fitness, beobachtbar. Denn die idealtypischen Formen des Sporttreibens stehen generell in einem wechselseitigen Austausch- und Spannungsverhältnis mit einer nichtsportlichen gesellschaftlichen Umwelt. Eine daraus praktisch zwangsläufig folgende Zersplitterung der idealtypisch konstitutiven Merkmale macht den Sport de facto zu einem heterogenen, sphinxhaften Phänomen (vgl. Hägele, 1982, S. 199-200). <?page no="34"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 35 Den äußeren Rand bildet in Hägeles Modell der nicht-sportliche Grenzbereich, in dem motorische Aktivität nur sehr entfernt den idealtypischen Kriterien des Kerns entspricht. Hier sind vor allem gesundheitliche, massenmediale, wirtschaftliche und politische Motive bedeutsam, sodass „sportliches Handeln auf dieser Ebene direkt auf äußere, nichtsportliche Ziele gerichtet“ (Hägele, 1982, S. 200; Hervorhebungen im Original) ist und dementsprechend für eine umfassende Instrumentalisierung und Funktionalisierung steht. Nicht-sportlicher Grenzbereich Äußerer Horizont Spannungsverhältnis sportlicher/ nicht-sportlicher Sinnelemente Innerer Horizont Idealtypischer; rein authentischer Sport Abb. 1: Hägeles Sportmodell (vgl. Hägele, 1982, S. 199) Hägeles Modell erweist sich als tragfähig, auch weil es der weitgehenden Unbestimmbarkeit der lebensweltlichen Sportrealität Rechnung trägt. Offen bleibt, inwiefern das Modell eine Überlappung verschiedener Sportkonzepte erfasst, also wie trennscharf die Grenzlinien zwischen innerem und äußerem Horizont sowie nicht-sportlichem Grenzbereich sind. Etwas irritieren können die wertenden Begrifflichkeiten „rein authentisch“ und „der völlig entfremdete Sport“ (Hägele, 1982, S. 200) im nicht-sportlichen Grenzbereich (vgl. Willimczik, 2001, S. 110-111). <?page no="35"?> 36 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Modelle von Digel und Heinemann Weitere Modelle zur Beschreibung des gesellschaftlichen Phänomens Sport haben Digel (1984) und Heinemann (1986) vorgelegt. 8 Die unterschiedlichen realen Formen des Sporttreibens, „die z. T. auch konkurrieren und zueinander in Beziehung treten“ (Digel, 1984, S. 61), erfasst Digel in fünf Sportmodellen (vgl. 1984, S. 61-62; Digel & Burk, 2001, S. 20). Im Einzelnen unterscheidet er: organisierten Wettkampfsport (Wettkampfsport als Freizeitsport), für den insbesondere Siege/ Niederlagen im Rahmen sportlicher Leistungsvergleiche kennzeichnend sind. Mit dem Ziel einer Teilnahme an Wettkämpfen, die gemäß international gültiger Regeln unter Sportverbandshoheit durchgeführt werden, sind sportliche Aktivitäten hier im Sinne eines meist langfristig ausgerichteten disziplinierten Trainings konzipiert. Typischerweise findet dieses in vereinsgebundenen Trainingsgruppen/ Mannschaften statt. Sport ohne organisierten Wettbewerb (Freizeitsport), der von Sportvereinen angeboten wird, aber auch in offenen Organisationsformen/ -kontexten erfolgt. Er bildet für breite Bevölkerungskreise eine attraktive Gegenwelt zum Alltag und erhält folglich einen expliziten Selbst- und Eigenwert. Dieser ergibt sich im Wesentlichen über besondere körperliche, personale, soziale und materiale Erfahrungen, die mit diesen Sportaktivitäten verbunden sind (vgl. auch Grupe, 2000, S. 60-66). instrumentellen Sport (instrumentellen Sport), der als soziale Dienstleistung wichtige gesellschaftliche Funktionen übernimmt. Einerseits geht es hier um die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen sowie die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund oder mit körperlichen/ geistigen Behinderungen. Andererseits wird hier vor allem auf Gesundheitswirkungen motorischer Aktivitäten Bezug genommen, also auf deren präventive und rehabilitative Funktionen verweisen. Neben Sportvereinen bieten u. a. auch spezifische (medizinische) Dienstleistungsunternehmen solche Angebote an. Alternativsport (alternative Körperkultur), der als spezifische Bewegungs- und Körperkultur für kreative, alternative Lebensstile/ -formen steht. Charakteristisch sind hier vor allem offene Organisationsformen, wie bei- 8 Beide Autoren sind über die Jahre ihren ursprünglichen Ansätzen im Grundsatz treu geblieben, haben sie aber im Zeitverlauf vor allem begrifflich weiterentwickelt (vgl. Digel & Burk, 2001, S. 20; Heinemann, 2007, S. 56-60). In den hier zusammengestellten Überblicken stehen die jüngeren Begriffsverwendungen jeweils am Zeilenanfang und die ursprünglichen Begriffe in Klammern direkt dahinter. <?page no="36"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 37 spielsweise Wakeboarding, Slacklining oder ursprüngliche Formen von Snowboarding und BMX zeigen. Berufssport (kommerzieller Zirkus-/ Mediensport), dessen Wettbewerbe insbesondere auf eine ökonomische und massenmediale Verwertung ausgerichtet sind - und für den folglich Erwartungen der Zuschauer hinsichtlich Spannung und Sensation Bedeutung haben. Gerade in den großen Teamsportarten werden deshalb Spieler, Trainer und weiteres Personal mittels Arbeitsverträgen auf einen gewerblichen, professionell geführten Betrieb verpflichtet. Eine ähnliche Modell-Systematik zur Abbildung der vielfältigen Formen der Sportrealität entwickelte Heinemann (vgl. Heinemann, 1986, S. 112- 125; 2007, S. 56-60). Im Einzelnen unterscheidet er: traditionellen Wettkampfsport (traditionelles Sportkonzept) und damit Sportaktivitäten, die durch eindeutig bestimmte Leistungsziele und sportartspezifische Regelwerke, einheitliche Wertestrukturen sowie einheitliche Sportlerrollen gekennzeichnet sind und deren typische Organisationsform die Freiwilligenvereinigung Sportverein ist. traditionelle Spielkulturen (--), die als ehemals vorindustrielle Spiel- und Bewegungsformen neu aufgegriffen werden, u. a. zur Rückbesinnung auf die eigene Kultur und zur Abgrenzung von kulturellen Globalisierungstendenzen. ein funktionalistisches Sportmodell (--), das motorische Aktivitäten als Instrumente spezifischer körperbezogener Funktionen in den Mittelpunkt rückt, u. a. hinsichtlich Entspannung, Gesundheit, Körpererleben. ein expressives Sportmodell (expressiver Freizeitsport), in dem Sportaktivitäten aufgrund vielfältiger Motive - insbesondere Spaß, Freude, Abenteuer, Erleben, Ausgleich zum Alltag - ausgeübt werden, meist in nicht standardisierten Räumen und nach situativ ausgehandelten Regeln. professionellen Showsport (kommerzialisierter Schausport), der sportliche Wettbewerbe als Unterhaltungsprogramm für Zuschauer versteht - vor Ort im Stadion und via Massenmedien. Dabei sind ökonomische Interessen der Beteiligten maßgeblich prägend, was u. a. auch zu einer Verberuflichung der Sportlerrolle führt. Die Modelle von Digel und Heinemann ermöglichen angesichts der faktischen Vielfalt des Sports und seiner unübersichtlichen Realität wichtige Orientierung. Beide Modelle zielen dabei auf eine Systematisierung der Sportrealität mittels (a) des Ausprägungsgrads typischer, den traditionellen Sportbegriff im Kern kennzeichnender Merkmale, z. B. Wettkampf, <?page no="37"?> 38 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Training, Regeln und (b) des Instrumentalisierungsgrads der jeweiligen Sportaktivität. Allerdings erweisen sich die Trennlinien zwischen den jeweiligen Teilmodellen als brüchig: Beispielsweise kann auch traditioneller Sport ohne organisierten Wettbewerb aus gesundheitlichen Motiven betrieben werden und vielfältige Erlebniswerte vermitteln; ebenso sind Übergänge vom organisierten Wettkampfsport zum Berufs- oder Showsport, sowie zwischen expressivem Alternativsport und instrumentellem Sport fließend, z. B. ist auch Berufssport/ professioneller Showsport in gewissem Sinn instrumenteller Sport (vgl. Willimczik, 2001, S. 83; 160; Heinemann, 2007, S. 60). Angesichts der Grenzen einer solchen definitorischen und modellhaften Abgrenzung von Sport wurde diese Auseinandersetzung - ungeachtet der wissenschaftstheoretischen und wissenschaftspolitischen Relevanz einer Konkretisierung ihres Gegenstandsbereichs - von der Sportwissenschaft in jüngerer Zeit kaum weitergeführt. 2.2.4 Reflexion ausgewählter Sportbegriffe Mit der umfassenden Verwendung des Sportbegriffs entstanden zahlreiche Bindestrich-Begriffe, die sich mitunter als nur wenig trennscharf erweisen und folglich für eine entsprechende Verständigung problematisch sein können. „Semantisch und logisch kaum haltbare Gegensatzpaare wie Freizeitcontra Wettkampfsport oder Leistungssport contra Breitensport, unscharfe Begriffe wie Körper- oder Bewegungskultur haben dabei fragwürdige Auswirkungen bis hinein in die meist ideologisch geprägten Antwortvorgaben, wenn es um die empirische Erfassung von Sportangeboten, Motiven und Interessen mittels Befragungsinstrumenten geht“ (Digel, 1995a, S. 143). Folgende ausgewählte Beispiele verdeutlichen dies exemplarisch: Der Begriff Freizeitsport erfasst praktisch alle sportlichen Aktivitäten, die nicht im Rahmen beruflicher Tätigkeiten - sondern eben in der Freizeit - ausgeübt werden. Damit sagt dieser Begriff aber z. B. nichts darüber aus, ob für den Einzelnen Wettkampf- oder Gesundheitsmotive maßgeblich sind. Für die Bezeichnung der von breiten Bevölkerungskreisen betriebenen Sportaktivitäten erscheint deshalb z. B. der Begriff Breitensport besser geeignet. Die Schwierigkeit des Begriffs Leistungssport liegt insbesondere darin, dass der Begriff Leistung immer personenbezogen definiert werden muss - unabhängig davon, ob es dabei um eine wettkampf- oder eine gesundheitsbezogene körperliche Leistung geht. Denn z. B. erbringen auch ge- <?page no="38"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 39 sundheitsorientierte Läufer eine Leistung, die nur eben nicht auf einen sportlichen Wettkampf hin ausgerichtet ist. Mit dem Begriff Leistungssport typischerweise erfasste Sportaktivitäten werden deshalb meist besser als Hochleistungs- oder Spitzensport bezeichnet. Diese Begriffe machen eher deutlich, dass es hier um nicht-alltägliche körperliche Spitzenleistungen (mit Wettkampfbezug) geht. Der Begriff Gesundheitssport ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Zunächst suggeriert er, dass ausschließlich die mit ihm bezeichneten Sportaktivitäten gesund oder gesundheitsförderlich - alle anderen hingegen ungesund - sind. Ferner ist neben dem Sportauch der Gesundheitsbegriff klärungsbedürftig - was u. a. angesichts vielfältiger körperlicher und geistiger Gesundheitsdimensionen sowie des ebenfalls diffusen Begriffs „Wohlbefinden“ nicht ohne Weiteres gelingt. Und schließlich bleiben vermeintliche Kausalitäten eines Gesundheitssports fraglich. Denn sportliche Aktivitäten sind nicht per se - sondern v. a. in Abhängigkeit ihrer Häufigkeit und Intensität - gesundheitsförderlich/ -schädlich, was eine pauschale Verwendung des Begriffs Gesundheitssport aber nicht berücksichtigt (vgl. u. a. Balz, 1993, S. 308-311; Beckers & Brux, 1993, S. 314). In der Scientific Community der Sportwissenschaft gibt es schließlich auch Stimmen, die für eine Abwendung vom Sportbegriff plädieren, oder zumindest eine explizite Ergänzung um den Bewegungsbegriff fordern (vgl. u. a. Zschorlich, 2000, S. 17-19). Einige universitäre Einrichtungen haben diesen Schritt mittlerweile vollzogen, z. B. das Fachgebiet für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Erfurt, der Fachbereich Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen sowie das Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart. Begriffe wie Bewegungsstatt Sportwissenschaft, Bewegungsstatt Sportaktivitäten, Bewegungserziehung statt Sportunterricht sind dabei auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar - denn körperliche Bewegung ist ein fundamentales Kennzeichen des Sports. Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass Bewegung allein nicht ausreicht, um eine körperliche Aktivität als Sport erkennbar zu machen. Eine sportliche Bewegung zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass sie „entsprechend den jeweiligen Zielen, Vorschriften und Regeln sowie innerhalb eines bestimmten sozialen und situativen Bezugsrahmens und unter Beachtung der Besonderheiten der einzelnen Sportarten“ (Grupe, 2000, S. 57) ausgeübt wird. Mit einer Abkehr vom Sportbegriff wird aber der ohnehin unscharfe Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft weiter verwässert und möglicherweise auch die <?page no="39"?> 40 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) - bislang durchaus wohlwollende und stabile - Unterstützung durch Sportverbände und Sportpolitik infrage gestellt. Praxisbeispiel: DOSB-Kriterien für Sportverbände Die Realdefinition von Sport, 1980 ausgearbeitet vom Wissenschaftlichen Beirat des DSB, hat noch heute sportpolitische Relevanz. Dies zeigt sich z. B. in den Voraussetzungen, die Sportverbände für die Aufnahme in den heutigen Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erfüllen müssen. In der DOSB-Aufnahmeordnung sind für hierfür neben organisatorischen Voraussetzungen folgende sportliche Voraussetzungen genannt, die weitgehend den Kernkriterien der Realdefinition entsprechen: „1. Die Ausübung der Sportart muss eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt. Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen, Bastel- und Modellbautätigkeit, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen und Bewältigung technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen. 2. Die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten muss Selbstzweck der Betätigung sein. Dieser Selbstzweck liegt insbesondere nicht vor bei Arbeits- und Alltagsverrichtungen und rein physiologischen Zustandsveränderungen des Menschen. 3. Die Sportart muss die Einhaltung ethischer Werte wie z. B. Fairplay, Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch Regeln und/ oder ein System von Wettkampf- und Klasseneinteilungen gewährleisten. Dies ist nicht gegeben insbesondere bei Konkurrenzhandlungen, die ausschließlich auf materiellen Gewinn abzielen oder die eine tatsächliche oder simulierte Körperverletzung bei Einhaltung der gesetzten Regeln beinhalten“ (§ 3 DOSB-Aufnahmeordnung 9 ). Nach über 20-jährigen Bemühungen wurde im Dezember 2010 der Deutsche Dart-Verband (DDV) als bislang letzter Sportverband Mitglied im DOSB (vgl. Fahrner, 2012, S. 67). 9 DOSB-Aufnahmeordnung in der Fassung vom 20. Mai 2006. <?page no="40"?> Sport - Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft 41 Kontrollfragen [1] Der moderne Sport entwickelte sich im England des 19. Jahrhunderts aus den ursprünglichen „sports“. Welche Entwicklungsaspekte sind dabei besonders relevant und wie erklärt sich die weltweite Ausbreitung des Sports? [2] Spezifische Regelwerke machen Sport zu einem besonderen Gesellschaftsbereich. Welche typischen Gruppen von Sportregeln sind grundsätzlich unterscheidbar? [3] Sport ist heute allgegenwärtig, weshalb man auch von einer Versportlichung der Gesellschaft spricht. Was ist damit gemeint und inwiefern geht damit zwangsläufig eine Entsportlichung des Sports einher? Welche Stärken/ Schwächen hat diese Kennzeichnung der Sportentwicklung? [4] Heinemann benennt mit seiner Nominaldefinition eine konstituierende Variable von Sport, die allen sportiven Erscheinungsformen und Varianten gemein ist. Welche Bestandteile umfasst diese Variable? Welche weiteren, den Sport prägenden Variablen unterscheidet Heinemann? Welche generellen Einwände lassen sich gegen Nominaldefinitionen anführen? [5] Die Realdefinition des Wissenschaftlichen Beirats des DSB basiert auf sieben für Sport konstitutiven Kriterien. Welche sind dies? Welche generellen Einwände lassen sich gegen Realdefinitionen anführen? [6] Zur Beschreibung der vielfältigen Realität des Sports liegen verschiedene Sportmodelle vor. Welche Unterscheidungen trifft Hägele in seinem Modell? Welche Sportmodelle benennen Digel und Heinemann? Welche Stärken/ Schwächen haben diese Modelle jeweils? [7] Gerade in der Alltagssprache werden viele, teilweise unscharfe Sportbegriffe verwendet. Welche Verständnisprobleme sind z. B. in den Begriffen Freizeit-, Leistungs- und Gesundheitssport angelegt? Welche Begriffsalternativen gibt es? [8] In der Sportwissenschaft wird vereinzelt eine Abkehr vom Sportbegriff oder zumindest eine Ergänzung um den Bewegungsbegriff befürwortet. Welche Argumente sprechen für/ gegen eine solche Ergänzung? <?page no="41"?> 42 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) 2.3 Integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften Die bisherigen Kapitel haben verdeutlicht, dass eine allgemein gültige Definition des gesellschaftlichen Phänomens Sport nicht gelingen kann. Vielmehr handelt es sich bei allen Ansätzen um perspektivenabhängige Konstruktionen des jeweiligen Beobachters. Dies hat weitreichende Konsequenzen für den Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft, der folglich nicht allgemein gültig festzulegen ist. Hinzu kommt, dass das vielfältige Phänomen Sport zahlreiche Anknüpfungspunkte für wissenschaftliche Beobachtungen aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven bietet. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass sich das Fach Sportwissenschaft als Singular-Sportwissenschaft und eben überwiegend nicht als Mehrzahl Sportwissenschaften etabliert hat. Lernziele Die Leser lernen relevante Begründungen und damit verbundene Zielsetzungen für die Konstituierung der Sportwissenschaft als integrativer Querschnittwissenschaft kennen. Sie erkennen den Status quo der Wissenschaftsdisziplin Sportwissenschaft, setzen sich kritisch mit ihren Binnendifferenzierungen auseinander und reflektieren Bedingungen disziplinübergreifender sportwissenschaftlicher Forschungsarbeit. Wie bereits hinlänglich deutlich wurde, eignen sich Begriffsbestimmungen von Sport kaum zur Konstituierung des sportwissenschaftlichen Gegenstandsbereichs. Alle definitorischen Ansätze werden von theoretischen, weltbildgeprägten Vorentscheidungen geleitet, die das inhaltliche Verständnis vorab bestimmen. Unterschwellige Interessen, Vorurteile oder Ideologien spielen für das Begriffsverständnis von Sport eine entscheidende Rolle (vgl. Drexel, 1995, S. 123). Sport bietet außerdem vielfältige thematische Anknüpfungspunkte für wissenschaftliche Beobachtungen, z. B. pädagogische Fragen nach den erzieherischen Qualitäten von Sporttreiben, psychologische Fragen nach der Motivation zu entbehrungsreichen Trainingsprozessen, soziale Fragen nach den Bedingungen gelingender Kommunikation in Sportmannschaften. Diese unterschiedlichen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen zum Sport erfordern im Forschungsalltag eine intensive Reflexion von Theorien, <?page no="42"?> Integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften 43 die typischerweise aus den Mutterwissenschaften wie Soziologie, Psychologie oder Ökonomie übernommen werden. Hinzu kommt jeweils eine entsprechend passende methodische Umsetzung. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Sportwissenschaft um ein beinahe undurchschaubares Nebeneinander spezialisierter Teildisziplinen, ein Geflecht geistes-, natur- und sozialwissenschaftlicher Zugänge - und eben nicht um eine einheitliche, in sich geschlossene Wissenschaftsdisziplin (vgl. Grupe, 1995, S. 158; Nitsch, 2001, S. 19; Drexel, 2002, S. 145). Hinzu kommt, dass selbst innerhalb der Teildisziplinen unterschiedliche Theorien, Terminologien und Modelle miteinander konkurrieren und entsprechende Spezialisierungen sogar intradisziplinäre Verständigungsprobleme mit sich bringen, z. B. zwischen System- und Akteurtheorie in der sportsoziologischen Organisationsforschung. Gleichwohl ist seit jeher von der Sportwissenschaft die Rede, die sich „unter der Leitidee der Integration [konstituierte]. Kein loser Verbund von Einzeldisziplinen wollte sie sein, sondern eine Sportwissenschaft, welche die Teildisziplinen in sich vereint“ (Hägele, 1995, S. 90; Hervorhebungen im Original). Deshalb auch die Bezeichnung Sportwissenschaft statt Sportwissenschaften (vgl. Grupe, 1995, S. 155). Eine die sportwissenschaftlichen Teildisziplinen übergreifende Integration ist jedoch auch heute allenfalls wissenschaftspolitisches Ideal. Denn (sport-) wissenschaftliche Erkenntnisgewinne erfordern gerade eigenständige, an spezifischen theoretischen Zugängen ausgerichtete Forschungsarbeiten. Oder wie Drexel (2002, S. 253) formuliert: „Die notwendigen Bedingungen der Möglichkeit einer Einheit der Wissenschaften existiert nicht: … es gibt nicht die eine Welt der Sportwissenschaft, nicht die eine Vernunft zu deren Erkenntnis, nicht die eine Wahrheit über sie.“ 10 Angesichts einer faktisch desintegrierten Forschungsrealität verliert die Vision einer integrativen Sportwissenschaft an Attraktivität und Überzeugungskraft. Sinnbild hierfür sind z. B. jene sportwissenschaftlichen Institute, die in ihrem Titel Sportwissenschaften in der Mehrzahl führen, z. B. das Institut für Sportwissenschaften der Universität Frankfurt am Main, das Institut für Sportwissenschaften der Universität Göttingen, das Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Kiel. 10 Drexel (2001, S. 10) verweist darauf, dass „die bisherigen Aussagen zu einer ‚integrativen’ oder ‚interdisziplinären’ Sportwissenschaft bestenfalls abstraktes Programm, im Normalfall aber bloße Unifikations-Rhetorik, zur gesellschaftlichen Durchsetzung der Institutionalisierung dieser Disziplin“ waren. <?page no="43"?> 44 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) Gleichwohl wird (auch) in der Sportwissenschaft immer wieder die Forderung nach Interdisziplinarität erhoben. Begründet wird dies mit der komplexen Sportrealität, die eine Verknüpfung differenzierter Einzelbefunde erforderlich macht (vgl. Nitsch, 2001, S. 19). Dem steht allerdings die prinzipielle Unübersetzbarkeit der jeweiligen disziplinspezifischen Modelle, Theorien und Begriffsverständnisse entgegen. 11 Beispielsweise hat der Begriff Bewegung in der Biomechanik eine andere Bedeutung als in der Anthropologie (vgl. Drexel, 2002, S. 171-173). Insofern können die in sich „abgeschlossenen Disziplinen … nicht einfach so ohne Weiteres eine gemeinsame Sprache mit gemeinsamen Theorien und Methoden entwickeln, die nicht nur gegenseitiges Verstehen sichert, sondern es gleichzeitig auch erlaubt, einen wirklichen Erkenntnisfortschritt zu garantieren“ (Willimczik, 2011, S. 148). Eine Möglichkeit, Interdisziplinarität herzustellen, wird aus wissenschaftstheoretischer Perspektive in einer integrativen Theorienbildung gesehen (vgl. Nitsch, 2001, S. 30; Drexel, 2001, S. 8-11; Höner, 2002, S. 32-47). Allerdings ist dies enorm voraussetzungsvoll, da entsprechende theoretische Perspektiven und Konzepte prinzipiell unvereinbar sind und nicht ohne Weiteres zueinander in Beziehung gesetzt werden können. Hierfür braucht es Schnittstellen, die selten offensichtlich sind und mitunter gar nicht existieren (vgl. Schürmann & Hossner, 2012, S. 51). In jedem Fall ist zu prüfen, ob es sich bei einem solchen Vorgehen wirklich um eine Theorien-Integration und nicht bereits um eine Theorien-Neukonstruktion handelt (vgl. Drexel, 2001, S. 9). Wissenschaftliche Forschung „zwischen“ Teildisziplinen birgt die große Gefahr einer unzulässigen Vermengung von Erkenntnissen unterschiedlicher Theorien. Interdisziplinarität ist deshalb typischerweise als Zusammenarbeit über teildisziplinäre Grenzen hinweg zu verstehen - und ist folglich immer multidisziplinär (vgl. Willimczik, 2011, S. 149). Gleichwohl bleibt eine Zusammenführung disziplinspezifischer Erkenntnisse auf einer übergeordneten Ebene möglich - und angesichts der komplexen Problemlagen im Sport auch erforderlich (vgl. Abb. 2). Vor diesem Hintergrund meint Thiel: „Wenn die gemeinsame Forschung von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen nicht nur etwas Additives sein soll, dann muss man … eigentlich von ‚Transdisziplinarität’ sprechen“ (Willimczik, 2011, S. 149). 11 Diese Verständnis-/ Verständigungsbarriere über Disziplingrenzen hinweg wird auch als Inkommensurabilität bezeichnet (vgl. Drexel, 2002, S. 245-253; Haverkamp, 2002, S. 19-23). <?page no="44"?> Integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften 45 Probleme und Fragen der Sportpraxis Sportwissenschaft vs. Sportwissenschaften inter-/ transdisziplinäre Zusammenarbeit N.N. Sportpsychologie Sportpädagogik Sportsoziologie Abb. 2: Spannungsfeld integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften Bedingung einer inter-/ transdisziplinären Zusammenarbeit ist dabei zunächst, dass sich die Vertreter beider „Disziplinen ihre jeweilige Blindheit für die Fragen vor Augen führen, die aufgrund der paradigmatischen Herangehensweise nicht in den Blick kommen“ (Willimczik, 2011, S. 151). Darüber hinaus bedarf es zwischen den Beteiligten vor allem einer Verständigung über das gemeinsam zu untersuchende Problem und die betreffenden Fragestellungen; Definition gemeinsamer Zielsetzungen der Forschungsarbeit, inklusive gemeinsamer Standards für die Zielerreichung; Klärung gemeinsamer Begriffsverständnisse; wechselseitigen Beschreibung der jeweiligen disziplinären Erkenntnispotenziale inklusive ihrer Relevanz für die gemeinsame Zielerreichung (vgl. Nitsch, 2001, S. 24; Willimczik, 2011, S. 150-151). Praxisbeispiel: Sportwissenschaftliche Dopingforschung Regelwidriger Gebrauch von Medikamenten zur Steigerung der Leistungsfähigkeit im Spitzensport wird als Doping bezeichnet. Athleten, Trainer oder Manager verfolgen damit typischerweise das Ziel, Siege wahrscheinlicher und Niederlagen unwahrscheinlicher zu machen - also die Offenheit des Ausgangs sportlicher Wettbewerbe zu eigenen Gunsten zu manipulieren. Solche Regelverstöße gefährden aber nicht <?page no="45"?> 46 Sportwissenschaft als Fachdiszplin (Marcel Fahrner) nur die Gesundheit der Athleten, sondern gelten auch als Betrug insbesondere an Gegnern und Zuschauern. Doping führt außerdem zu einem schleichenden Glaubwürdigkeitsverlust des Spitzensports, der die für ihn enorm bedeutsamen politischen, wirtschaftlichen und massenmedialen Unterstützungsleistungen unsicher werden lässt. Darüber hinaus leidet auch die Attraktivität des Spitzensports für Nachwuchsathleten, die für eine Spitzensportkarriere nicht wissentlich eine medikamentöse Manipulation ihrer Körper eingehen wollen. Relevanz und Komplexität des Dopingproblems sind beispielhaft und geradezu prädestiniert für sportwissenschaftliche Analysen. Die Bearbeitung damit verbundener ethischer, juristischer, organisatorischer, ökonomischer, pädagogischer, psychologischer und soziologischer Forschungsfragen setzt dabei immer eine Orientierung an disziplinspezifisch relevanten Theorien sowie eine Anwendung entsprechender Methoden voraus: Sportpädagogen interessieren sich z. B. für Möglichkeiten, wie mittels Information und Aufklärung Fairplay und bewusster Verzicht auf leistungssteigernde Medikamente erreicht und somit Dopingprävention angeregt werden kann. Nach gesellschaftlichen und insbesondere spitzensportspezifischen Rahmenbedingungen und Systemzwängen - die als sozialer Nährboden von Doping fungieren und Entscheidungsoptionen der Athleten limitieren - fragen hingegen Sportsoziologen. Inwiefern Doping auf bestimmte Persönlichkeitsdispositionen von Athleten oder Trainern zurückgeführt werden kann und welche Effekte Doping auf die Selbstwahrnehmung der Beteiligten sowie deren Identitätsbildung hat, beleuchten Sportpsychologen. Sportökonomen wiederum reflektieren wirtschaftliche Chancen/ Risiken des Dopings für Athleten, Trainer, Sportverbände oder Sponsoren und diskutieren ökonomische Sanktionspotenziale des Sportbetrugs. Sportrechtlich sind insbesondere juristische Sanktionsmöglichkeiten von Doping, Gültigkeitsbereiche von Sportverbandsrecht und staatlichem Recht sowie das Verhältnis nationaler und internationaler Rechtssysteme von Interesse. Eine Zusammenführung dieser disziplinären Erkenntnisse im Sinne eines sportwissenschaftlichen Zugangs erscheint angesichts der Komplexität des Dopingphänomens sehr erstrebenswert und ist beispielsweise im Rahmen gemeinsamer, disziplinübergreifender Forschungsverbünde denkbar. <?page no="46"?> Integrative Sportwissenschaft vs. additive Sportwissenschaften 47 Kontrollfragen [1] Trotz des weitgehend diffusen Gegenstandsbereichs Sport konstituierte sich die Sportwissenschaft als integrative Singular-Disziplin. Welche Begründungen und Zielsetzungen waren damit verbunden? [2] Dem Anspruch einer in sich geschlossenen Querschnittsdisziplin wird die Sportwissenschaft bis heute kaum gerecht. Welche Triebkräfte führten zur Binnendifferenzierung der Sportwissenschaft und inwiefern setzt wissenschaftliche Erkenntnis eine Orientierung an disziplinären Theorien und Methoden geradezu voraus? [3] Auch in der Sportwissenschaft wird disziplinübergreifende Zusammenarbeit immer wieder eingefordert. Welche Barrieren sind dabei typischerweise zu überwinden und welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Inter-/ Transdisziplinarität gelingen kann? <?page no="48"?> 3 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Das vielfältige Phänomen Sport eröffnet zahlreiche thematische Anknüpfungspunkte für wissenschaftliche Beobachtungen, z. B. pädagogische Fragen nach den erzieherischen Qualitäten von Sporttreiben, psychologische Fragen nach der Motivation zu entbehrungsreichen Trainingsprozessen, soziale Fragen nach den Bedingungen gelingender Kommunikation in Sportmannschaften. Diese unterschiedlichen Fragestellungen und Erkenntnisinteressen zum Sport erfordern im Forschungsalltag eine intensive Reflexion von Theorien, die typischerweise aus den Mutterwissenschaften wie Soziologie, Psychologie oder Ökonomie übernommen werden. Orientiert an jeweiligen geistes-, natur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Zugängen haben sich folglich zahlreiche spezialisierte sportwissenschaftliche Teildisziplinen entwickelt, sodass die Sportwissenschaft heute keine einheitliche, in sich geschlossene Wissenschaftsdisziplin darstellt. Historisch gesehen zählen dabei beispielsweise Sportpädagogik, Sportgeschichte, Sportmedizin, Bewegungswissenschaft, Trainingswissenschaft, Sportpsychologie, Sportsoziologie und Sportphilosophie zu den älteren, „klassischen“ sportwissenschaftlichen Teildisziplinen. Als Reaktion auf jüngere Entwicklungen der Sportpraxis, die neue - z. B. juristische oder wirtschaftliche - Problem- und Fragestellungen mit sich bringen, differenzierten sich die sportwissenschaftlichen Erkenntnisinteressen entsprechend aus. Infolgedessen etablierten sich weitere disziplinäre Perspektiven, etwa Sportethik, Sportrecht, Sportökonomie und Sportpublizistik. Die große Zahl sportwissenschaftlicher Teildisziplinen erfordert an dieser Stelle eine Auswahl. 3.1 Sportpädagogik (Stefan König) Historisch betrachtet stand die Sportpädagogik am Anfang der Sportwissenschaft, wenn man die Erzieher des ausgehenden 18. Jahrhunderts als Sportpädagogen ansieht (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 14; Prohl, 2010, S. 21). Ausgangspunkt dieser Entwicklung waren Erfahrungen und Vorstellungen einzelner Lehrer über den erzieherischen Wert von Gymnastik, Turnen oder Leibesübungen. Sie führten zunächst zu einer Aufwertung und einem pädagogischen Umgang mit Bewegung, später dann zu einer wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung und Politisierung (vgl. Prohl, 2010, S. 85-87). Erst <?page no="49"?> 50 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich mit der Theorie der Leibeserziehung ein erstes Theoriegebäude, das als bildungstheoretisch bezeichnet werden kann, weil es davon ausging, dass Leibeserziehung zur Gesamterziehung von Kindern und Jugendlichen gehören muss. Mit der zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung des Sports und seiner damit einhergehenden Verwissenschaftlichung wurde erstmals 1969 von der Sportpädagogik als Teilgebiet der sich ebenfalls entwickelnden Sportwissenschaft gesprochen. Heute ist die Sportpädagogik eine von vielen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen, in deren Fokus die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bildung und Erziehung in sportlichen Kontexten steht (vgl. Grupe, 1984, 1969; Grupe & Kurz, 2003). Allerdings ist sie zugleich als ein Teilgebiet der Erziehungswissenschaft anzusehen, auch wenn ihr dortiger Stellenwert als „ernüchternd gering“ (Beckers, 2001, S. 25) bezeichnet werden kann und die Sportpädagogik sich eher unabhängig von der Erziehungswissenschaft entwickelt hat (vgl. Grupe, 2001, S. 13). Eine Auseinandersetzung mit der Sportpädagogik und ihres „state of the art“ ist im Rahmen sämtlicher sportwissenschaftlicher Studiengänge, aber auch vieler anderer Ausbildungen im Bereich des Sports unabdingbar, wofür folgende Gründe, Entwicklungen und Überlegungen sprechen: Traditionell hat sich die Sportpädagogik auf den Schulsport konzentriert (vgl. Grupe & Kurz, 2003, S. 527) und tut dies mit Blick auf die erzieherische Funktion von Schulsport immer noch (vgl. u. a. Fessler, Hummel & Stibbe, 2010; Serwe, 2011), so dass sie für akademisch gebildete Sportlehrkräfte zur Berufs- und Beratungswissenschaft geworden ist (vgl. Haag & Hummel, 2001; Prohl & Gröben, 1997; Prohl, 1994; Hummel, 2012). Allerdings hat sich die Sportpädagogik auch anderen Altersgruppen und Settings geöffnet, so dass heute ebenso die Einflüsse von Training und Wettkampf, Gesundheit, Abenteuer, Freizeit etc. hinsichtlich ihrer Wirkungen auf Erziehung und Bildung untersucht werden (vgl. u. a. Grupe & Kurz, 2003; Haag & Hummel, 2001; Prohl & Lange, 2004). Damit wird sie zum Inhalt von Bachelor- und Master-Studiengängen unterschiedlichster Schwerpunkte und Profilierungen. Schließlich bezeichnet die Sportpädagogik sowohl pädagogisches Handeln und sportpädagogische Praxis als auch das Reflektieren über diese sportpädagogische Praxis in wissenschaftlichen Diskursen (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 17). Damit ist letztendlich die Absicht verbunden, sportpädagogische Praxis zu verbessern. Insofern sind die Sportpädagogik und ihre Erkenntnisse auch für alle praktischen Tätigkeiten, wie Unterrichten, Trainieren und Lehren, von Bedeutung. <?page no="50"?> Sportpädagogik (Stefan König) 51 Die Sportpädagogik ist folglich aus ihrem ursprünglichen Schatten einer reinen Schulsportorientierung herausgetreten und befasst sich in der Zwischenzeit mit nahezu allen Bereichen des Sports. Deshalb kann sie die Bearbeitung ihrer zentralen Fragestellungen nach Erziehung und Bildung in sportlichen Kontexten nicht allein aus sich heraus vornehmen, sondern muss auch Ergebnisse aus anderen sportwissenschaftlichen Disziplinen, z. B. der sportpsychologischen Lernforschung (vgl. Schmidt & Conzelmann, 2011; Tietjens, Ungerer-Röhrich & Strauß, 2007), der trainingswissenschaftlichen Belastungsforschung (vgl. Hohmann, 2007; König, 2011) oder der bewegungswissenschaftlichen Motorikforschung (vgl. Hirtz & Hummel, 2003; Schiebl, 2007), aufnehmen und diese mit Blick auf deren Auswirkungen auf Bildung und Erziehung diskutieren (vgl. Grupe & Kurz, 2003, S. 527). Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportpädagogik beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Sportpädagogik entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportpädagogik kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportpädagogik den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportpädagogik zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.1.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportpädagogik Blickt man aus heutiger Sicht auf die Sportpädagogik als Teildisziplin der Sportwissenschaft, können ihre Grundfragen und Aufgaben in Anlehnung an Prohl (2010, S. 13-15) in einem ersten Schritt folgendermaßen umrissen werden: <?page no="51"?> 52 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Die Sportpädagogik begründet ihr wissenschaftliches Tun in der philosophischen Lehre vom Menschen, der Anthropologie, deren Vorannahmen - etwa in Form von Menschenbildern - jegliche erzieherische Entscheidung beeinflussen. Sie orientiert sich einerseits an Theorien und Themen der Erziehungswissenschaft, arbeitet andererseits aber auch mit dem Methodeninventar der Sportwissenschaft. Sie versucht, die Sportdidaktik als Theorie des Lehrens und Lernens sowie des Sportunterrichts zu beraten. Vor diesem Hintergrund ist zum einen eine bildungstheoretische Perspektive der Sportpädagogik in den Blick zu nehmen. Diese wird in der Regel als normativ bezeichnet und befasst sich mit der Frage, welchen spezifischen Beitrag die Bewegungskultur zur Bildung des Menschen leisten kann. Diese Perspektive ist untrennbar mit der geisteswissenschaftlichen Pädagogik verbunden (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 26; Prohl, 2010, S. 17-18; Gudjons, 2008, S. 30-32). Dem ist eine erfahrungswissenschaftliche Perspektive gegenüberzustellen, die mittels sozialwissenschaftlicher Verfahren sportpädagogisch relevante Phänomene beschreiben, analysieren und möglichst auch erklären möchte. Ihr geht es um die Erhebung und Prüfung von Tatsachen der Erziehungswirklichkeit (vgl. Prohl, 2010, S. 18). Betrachtet man diese beiden generellen Perspektiven als grundlegende Positionen, lassen sich in einem weiteren Schritt und in Anlehnung an Meinberg (1981), Scherler (1992) sowie Grupe und Krüger (2007) folgende zentralen Subdisziplinen der Sportpädagogik benennen: Eine Historische Sportpädagogik befasst sich mit der Geschichte des Gegenstands von Sportpädagogik, also insbesondere mit der Frage ihrer Entstehung, aber auch mit den erzieherischen Absichten, die mit Gymnastik, Turnen, Leibesübungen und Sport in unterschiedlichen Epochen verfolgt wurden. Beispiel hierfür ist etwa eine problemgeschichtliche Betrachtung gesellschaftlicher Interessen und politischer Strömungen im 19. Jahrhundert, die letztendlich zur Institutionalisierung von Turnen als Schulfach geführt haben und somit im Kern sportdidaktische Konzeptionen der Neuzeit durchaus beeinflussen (vgl. Hummel & Balz, 1995). Im Detail wird auf diesen Bereich der Sportpädagogik in Kapitel 3.1.2 eingegangen. Die Systematische Sportpädagogik ist nach Scherler (1992) als Gegensatz zur historischen Perspektive zu sehen und bemisst den Erkenntnisgewinn folglich und ausschließlich an der Gegenwart. Demzufolge sind Themen wie die erkenntnis- oder handlungstheoretische Basis der Sportpädagogik, <?page no="52"?> Sportpädagogik (Stefan König) 53 ihre wissenschaftstheoretische Diskussion und Positionierung sowie ihre methodologische Konzeption von zentralem Interesse (vgl. Scherler, 1992, S. 164). Exponierte Beispiele hierfür sind zum einen die von Kurz (1992) und Scherler (1992) geführte Diskussion, ob die Sportpädagogik eine Teildisziplin der Sportwissenschaft oder aber integrativer Kern ist, sowie die von Krüger und Grupe (1998) formulierten Thesen zum Erhalt der Begriffs „Sportpädagogik“ und gegen die Einführung eines Terminus „Bewegungspädagogik“. Die Analyse der Sportpädagogik ist viele Jahre fast ausschließlich mit Blick auf ihre Entwicklung in Deutschland geführt worden (vgl. Grupe & Krüger, 2007; Prohl, 2010). Demgegenüber betrachtet die Vergleichende Sportpädagogik die Rolle von Bewegung, Spiel und Sport und deren Stellung in erzieherischen Kontexten in anderen Ländern oder Kulturen. Beispiele hierfür sind in jüngster Zeit verstärkt durchgeführte Analysen von Schulsportkonzepten in Europa (vgl. Onofre et al., 2012a, 2012b; Richter, 2007), die länderspezifische Leitideen schulischen Sportunterrichts heraus- und gegenüberstellen. Hierbei werden beispielsweise unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zwischen Bewegungs- (Niederlande), Gesundheits- (Finnland) und Sporterziehung (Deutschland) deutlich. Die Anthropologische Sportpädagogik ist organisch aus der Theorie der Leibeserziehung hervorgegangen (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 343). Meinberg (1981, S. 11-12) sieht in ihr eine Verknüpfung von anthropologischen Ansätzen mit fachdidaktischen Modellen, um Wesenszüge des Menschen für didaktische Entwürfe aufzuarbeiten. Ein Beispiel für solche Überlegungen sind spieltheoretische Ansätze, mit deren Hilfe etwa Sutton-Smith (1978) und Grupe (1982) versucht haben, Gründe, Ursachen und Erklärungsansätze menschlichen Spielens zu beschreiben. Hierbei steht der Mensch zwar im Mittelpunkt, allerdings wäre eine anthropologische Vorgehensweise einseitig, wenn sie nur den Menschen in seiner Individualität betrachten würde. Vielmehr müssen auch kulturelle, soziale und gesellschaftliche Einflüsse auf das menschliche Handeln berücksichtigt werden. Damit wird auch der Gefahr entgangen, den Menschen nur als eine Konstante zu sehen; gesellschaftliche und kulturelle Gegebenheiten verändern sich und ein solcher Wandel führt immer auch zu einer Veränderung des menschlichen Verhaltens. Die Schulsport-Pädagogik, die sich in Anlehnung an die Schulpädagogik mit Erziehung und Bildung im Schulsport befasst, steht in einem besonderen Spannungsfeld: Sie ist es, die einerseits der Fachdidaktik pädagogische Begründungen für Unterrichtsziele und -inhalte zu liefern hat (vgl. Prohl, 2010, S. 16), und andererseits hierbei besonders kritisch die Erkenntnisse <?page no="53"?> 54 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen anderer sportwissenschaftlicher Teildisziplinen berücksichtigen muss (vgl. hierzu Kurz, 1992). Eng mit ihr verbunden ist deshalb die Fachdidaktik Sport, die wiederum in engem Zusammenhang mit einer Didaktik und Methodik der Sportarten bzw. der Sportaktivitäten steht (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 85). Aktuelle Beispiele für schulsportpädagogische Forschungsfragen sind unter anderem, welche Rolle Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagesschule (vgl. Naul, 2011) oder im schulischen Innovationsprozess respektive einer Schulprogrammentwicklung spielen und inwiefern fachdidaktische Leitideen weiterentwickelt werden können (vgl. Balz, 2009; Serwe, 2011; Stibbe, 2004; Thiele & Schierz, 2011). Schließlich ist die Außerschulische Sportpädagogik zu nennen, deren Aufgabe darin besteht, Fragen von Erziehung und Bildung in sportlichen Kontexten außerhalb der Schule wissenschaftlich zu beleuchten. Spielte sie lange Zeit eine eher untergeordnete Rolle in der Sportpädagogik, ist sie heute mit ihren Themenfeldern der Freizeit-, Gesundheits- oder Leistungserziehung (vgl. Haag & Hummel, 2001, S. 287-334) nicht mehr wegzudenken, zumal sie in der Zwischenzeit nicht nur für Sportlehrkräfte, sondern auch für Trainer und Übungsleiter zur Berufswissenschaft wurde (vgl. Haag & Hummel, 2001, S. 8). Beispielhaft kann die außerschulische Sportpädagogik am Thema einer edukativen Sportgeragogik (vgl. Pache, 2001, S. 399-402) erläutert werden. Hierbei geht es um die Bildung älterer Menschen mittels Bewegung unter der Zielsetzung des lebenslangen Lernens - ein Thema, dessen zunehmende Bedeutung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels erst richtig deutlich wird. Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle sagen, dass die Sportpädagogik einerseits zwei grundlegende wissenschaftliche Positionen - eine bildungstheoretisch-normative und eine erfahrungswissenschaftlichempirische - verkörpert, auf die im Rahmen der methodologischen Überlegungen und Analysen in Kapitel 3.1.3 noch näher einzugehen ist. Andererseits besteht die Sportpädagogik aus mehreren Subdisziplinen, die unterschiedliche thematische Schwerpunkte bearbeiten. Sie verdeutlichen letztendlich auch die Möglichkeit von interdisziplinärer Forschung mit Disziplinen außerhalb der Sportpädagogik sowie der Sportwissenschaft; u. a. mit der Kulturanthropologie für die vergleichende Sportpädagogik und der Wissenschaftstheorie für die systematische Sportpädagogik (vgl. hierzu auch Scherler, 1992, S. 164 sowie Grupe & Krüger, 2007, S. 354). Entscheidend ist bei all diesen charakteristischen Merkmalen und Phänomenen allerdings auch die bereits zu Beginn angedeutete Überlegung, dass sportpädagogische Forschung und Lehre immer auch praktisches Unter- <?page no="54"?> Sportpädagogik (Stefan König) 55 richtshandeln im Fokus hat (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 17). Verbunden damit ist letztendlich eine Besinnung auf berufliche Anforderungs- und Anwendungsfelder, die im Zuge einer Zunahme zentrifugaler Kräfte in der Sportwissenschaft zunehmend verloren ging. Dieser Berufsfeldbezug, der den Zusammenhalt der sportwissenschaftlichen Teildisziplinen wesentlich beeinflusste, ist in den letzten Jahren in den Hintergrund getreten. Gerade in diesem Zusammenhang steht die Sportpädagogik in einer besonderen Verantwortung, war doch die Entstehung und Etablierung der modernen Sportwissenschaft ursächlich mit den Erfordernissen einer wissenschaftlichen Sportlehrerausbildung verknüpft (vgl. Hummel, 2012, S. 353). 3.1.2 Entstehung und Entwicklung der Sportpädagogik Mit der Entstehung und Entwicklung der Sportpädagogik wird nach Prohl (2010) eine problemgeschichtliche Perspektive eingenommen, deren Aufgabe es ist, Fragen der Erziehung und Bildung durch Bewegung in historischen Kontexten zu analysieren. Bei diesem Vorgehen ist man sich heute einig, dass das ausgehende 18. Jahrhundert bzw. das Zeitalter der Aufklärung als Phase des „take off“ (vgl. Cachay, 1988b, S. 61-117) zu sehen ist. Vor diesem Hintergrund sind folgende Etappen als Meilensteine der Entwicklung der Sportpädagogik zu betrachten: Der französische Pädagoge Rousseau (1712-1778) gilt als Wegbereiter der modernen Leibeserziehung und damit als Ahnherr der Sportpädagogik (vgl. Krüger, 2005a, S. 26). Seine große Leistung bestand darin, dass er - erfüllt von einer radikalen Kritik an der Gesellschaft und der Erziehungspraxis seiner Zeit (vgl. Dietrich & Landau, 1990, S. 17; Prohl, 2010, S. 25) - in seinem Roman „Émile“ (1762) eine Vielzahl grundlegender Gedanken über die Erziehung und die Rolle von Körper, körperlichen und sinnlichen Erfahrungen sowie von Spiel und Körpertraining für die Erziehung entwickelte (vgl. Krüger, 2005a, S. 28). Allerdings wird menschliche Bewegung bei Rousseau nicht für sich oder in ihrer mechanisch-körperlichen Entwicklung betrachtet, sondern als ein Medium, mit dem das Kind die Welt in Erfahrung bringt und dabei Urteilskraft entwickelt (vgl. Dietrich & Landau, 1990, S. 19). Somit kann gesagt werden, dass die Wirkung, die Rousseau auf die Entwicklung der Sportpädagogik hatte, in der Tatsache liegt, dass er erstmalig die Leiblichkeit des Menschen in den Mittelpunkt erzieherischer Überlegungen stellte (vgl. Cachay, 1988b, S. 112; Dietrich & Landau, 1990, S. 20; Krüger, 2005a, S. 28). Als Begründer einer Theorie der Leibeserziehung und damit letztendlich auch der Sportpädagogik gelten heute die Philanthropen, ein Kreis von Reformpädagogen in Deutschland, die sich Ende des 18. Jahrhunderts zu- <?page no="55"?> 56 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen sammenfanden, um unter anderem auch das Programm Rousseaus umzusetzen. Ihr von Bildungsoptimismus geprägtes Erziehungskonzept (vgl. Prohl, 2010, S. 30) zielte darauf ab, dass die Zöglinge vor allem vernünftig und natürlich erzogen wurden, um zu tüchtigen, praktischen und aufgeklärten Bürgern zu werden. In diesem Bestreben spielte auch die Gymnastik eine wesentliche Rolle, wobei die Philanthropen diese Form der Leibesübungen unter rein funktionalen Nützlichkeitsaspekten betrachteten (vgl. Krüger, 2005a, S. 29). Allerdings war das praktische Tun nur eine Seite der philanthropischen Bewegung; die andere war eine für die damalige Zeit stattliche Anzahl an Veröffentlichungen, die sich theoretisch mit dem Gegenstand der Leibesübungen auseinandersetzte (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 126). Insofern können die Philanthropen als Begründer und Wegbereiter einer ersten pädagogischen Theorie der Leibeserziehung bezeichnet werden, wobei GutsMuths (1759-1839) und sein Buch „Gymnastik für die Jugend“ (1793) besonders hervorzuheben sind. Jahn (1778-1852) prägte die erzieherischen Momente von Leibesübungen in einer völlig anderen Art und Weise. Aufgrund der politischen Situation Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland (u. a. französische Hegemonie, Kleinstaatentum) trat er an, Turnen unter der Leitidee einer Nationalerziehung zu realisieren. Zu diesem Zweck gründete er 1811 den ersten Turnverein in Berlin auf der Hasenheide. Damit wollte Jahn letztendlich durch Leibesübungen, die er Turnen nannte, zur politischen Erziehung seiner Zöglinge beitragen. Er tat dies, indem er sich mit seiner Turnbewegung an einer aus vielen Facetten bestehenden Nationalbewegung orientierte (vgl. Krüger, 2005a, S. 43). Im Vergleich zu den Philanthropen und hier vor allem zu GutsMuths ging es Jahn weniger um eine individuelle Erziehung, sondern vielmehr um das „Vaterland“, also um eine gesellschaftliche bzw. politische Zielsetzung. Unabhängig von diesen Unterschieden ist festzuhalten, dass auch das Jahnsche Turnen eine sportpädagogische Konzeption verkörpert, in deren Zentrum Leibesübungen als Instrument der Erziehung standen. Nach dem Schulturnerlass von 1842, der die gesetzliche Grundlage dafür schuf, dass Leibeserziehung in den Kreis der Volkserziehungsmittel aufgenommen wurde, sorgte Spieß (1810-1858) für die inhaltliche Gestaltung des Schulturnens. Mit seinen Frei-, Ordnungs- und Gerätübungen entwickelte er ein Konzept, das der formalen und autoritären Ordnung der Restauration entsprach (vgl. Cachay, 1988b, S. 182). Auf diese Weise gelang es ihm, Turnen unterrichtsfähig zu machen und als reguläres Fach zu etablieren. Damit leistete Spieß - trotz seiner reaktionären Ausrichtung - Bahnbrechendes für das Fach und die Sportpädagogik, zumal seine Vorstellungen <?page no="56"?> Sportpädagogik (Stefan König) 57 auch vorsahen, dass der Unterricht von wissenschaftlich gebildeten Lehrern erteilt wurde (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 136). Aus diesem Grund wurden Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Turnlehrerbildungsanstalten aufgebaut, in denen sportpädagogisches Wissen vermittelt wurde. Mit Blick auf die oben diskutierten Konzepte kann festgehalten werden, dass Spieß einerseits mit einer fast pedantischen Systematik zeigte, dass Turnen für einen geregelten Unterrichtsbetrieb geeignet war, und andererseits - durch die Einführung und den Bau von Turnlehrerbildungsanstalten forciert - dafür sorgte, dass pädagogisch qualifizierte Fachkräfte ausgebildet wurden, was letztendlich auch zu einer großen Anzahl von Lehrbüchern und Schriften über Turnen führte (vgl. Krüger, 2005a, S. 119; Grupe & Krüger, 2007, S. 140-141). Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sorgten verschiedene Ereignisse und Strömungen dafür, dass zunehmend eine Abkehr vom Spießschen Gliederpuppenturnen erfolgte. Hierbei sind insbesondere die Jugendbewegung sowie die Spielbewegung, die durch den Spielerlass von 1882 enormen Aufschwung erfuhr, zu nennen. Insbesondere letztere richtete sich gegen die verschulte Künstlichkeit des Spießschen Turnens (vgl. Dietrich & Landau, 1990, S. 25). Diese Gedanken wurden durch Gaulhofer und Streicher mit ihrem Konzept des Natürlichen Turnens in die sportpädagogische Diskussion eingeführt. Grundgedanken dieser Phase der sportpädagogischen Entwicklung waren zum einen ein Rückgriff auf Rousseau und zum anderen die Integration natürlicher Bewegungsformen. Natürliches Turnen bedeutet folglich Turnen und Leibeserziehung vom Kinde aus, d. h., Kinder sollen von sich aus Bewegungsformen entdecken und selbsttätig Aufgaben lösen (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 146). Kinderturnen an Schulen hatte deshalb vom Grundsatz auszugehen, die natürlichen Bewegungen der Kinder zu erhalten und zu entfalten (vgl. Prohl, 2010, S. 47). Fasst man diese Grundannahmen des Natürlichen Turnens zusammen, wird deutlich, dass es sich hierbei um eine sportpädagogische Konzeption handelt, in deren Mittelpunkt das Individuum steht, dessen Potenziale mit Bewegung zu fördern sind. Die bis zu diesem Punkt beschriebene Entwicklung erfährt 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten einen Bruch, da das Erziehungssystem ab diesem Zeitpunkt den ideologischen Zielen der Partei (NSDAP) gleichgeschaltet wurde. Damit gab ausschließlich der Staat pädagogische Zielsetzungen und Inhalte vor, was die Leibeserziehung in den Dienst der menschenverachtenden Rassenideologie stellte. Insofern wird dieser zeitliche Abschnitt auch als politische Leibeserziehung bezeichnet, eine Konzeption, die später in der DDR und der Sowjetunion (vgl. Grupe & Krüger, 2007, <?page no="57"?> 58 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen S. 160; Prohl, 2010, S. 60), aber auch in Ländern Lateinamerikas weiterverfolgt wurde. Dieses Konzept hat für die heutige Sportpädagogik praktisch keine Bedeutung mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Theorie der Leibeserziehung anknüpfend an den pädagogischen Vorstellungen der Weimarer Zeit und damit an den Zielen und Inhalten des Natürlichen Turnens. Konsequenterweise standen erzieherische Aspekte wieder im Mittelpunkt sportpädagogischen Denkens, wobei die grundlegende Annahme darin bestand, dass Leibeserziehung ein unverzichtbarer Bestandteil der Gesamterziehung zu sein habe. In der Folge wurden fachdidaktische Konzepte entwickelt, die aufzeigten, inwieweit allgemeine Bildungsgehalte (z. B. Spielen oder Wetteifern) anhand konkreter Bildungsinhalte (z. B. Handball) vermittelt werden konnten, welche letztendlich zu jener wünschenswerten Gesamtverfassung des Menschen - der Bildung - beitragen. Mit dieser Annahme ist eine eher distanzierte Position zu dem sich zunehmend entwickelnden und ausdifferenzierenden Sport verbunden, da die erzieherischen Momente von Leibesübungen eindeutig dominierten. Die besondere Leistung dieser Phase in der Entwicklung der Sportpädagogik war es, Leibesübungen nach dem politischen Missbrauch durch die Nationalsozialisten wieder als demokratischen Inhalt schulischer Bildung und Erziehung akzeptabel zu machen. Dies schlug sich unter anderem in einem Schulsportdokument, den Empfehlungen zur Förderung der Leibeserziehung (1956), und einer Fülle fachdidaktischer Entwürfe nieder, womit das Fach Leibeserziehung ab Mitte der 1950er Jahre wieder an Bedeutung gewann. Mit der zunehmenden Verbreitung des Sports in der Gesellschaft und im Vorfeld der Olympischen Spiele von München 1972 wurde eine Abkehr von der Theorie der Leibeserziehung immer deutlicher; zu theoretisch und zu abstrakt waren die dort vertretenen sportpädagogischen Überlegungen und zu weit von der Unterrichtspraxis und ihren methodischen Anforderungen entfernt. Darüber hinaus wurde im Kontext lern- und curriculumtheoretischer Überlegungen die Qualifizierung eine zunehmend wichtige Aufgabe von Schule. Diese Entwicklungen führten zur Theorie des Sportunterrichts. In ihrem Fokus stand eindeutig die Qualifizierung für den außerschulischen Sport, was für die Entwicklung der Sportdidaktik weitreichende Konsequenzen hatte. Es ging nicht mehr um die Vermittlung bildender Gehalte, sondern um die Vermittlung von Fertigkeiten, Fähigkeiten und auch Kenntnissen, womit eine sportmethodische Perspektive in den Fokus rückte. Eng mit diesen Überlegungen verbunden war eine Operationalisierung von Lernzielen (Überprüfbarkeit) im Dienste qualifizierender Maßnahmen. Dieser sportpädagogische Paradigmenwechsel, der im Übrigen zu <?page no="58"?> Sportpädagogik (Stefan König) 59 einem weiteren Schulsportprogramm, dem 1. Aktionsprogramm für den Schulsport von 1972, führte, hatte nachhaltige Folgen, da ab diesem Zeitpunkt schulischer Sportunterricht eine hohe Affinität zum außerschulischen Sport entwickelte. Systematisiert man die bis hierher dargestellten sportpädagogischen Konzeptionen, lassen sich in Anlehnung an Prohl (2010) zwei Argumentationsfiguren herausarbeiten, die erzieherisches Wirken im Setting Bewegung seit den Anfängen bis heute kennzeichnen: [1] Das erste Argument findet sich bei Rousseau, bei den Reformpädagogen, vor allem aber in der Theorie der Leibeserziehung. Es geht vom Subjekt aus, d. h. die Erziehung des Kindes oder des Jugendlichen und das, was für sie gut ist, stehen im Mittelpunkt. Wenn also heute argumentiert wird, dass Heranwachsende eine ganzheitliche Erziehung benötigen und diese auch eine körperliche Komponente zu umfassen habe, entspricht das einer aktuellen Konkretisierung dieser Denkweise. Die heute verwendete Formulierung diesbezüglich lautet Erziehung durch Sport; ihr Ziel ist letztendlich eine Persönlichkeitsbildung. Ein solcher Ansatz entspricht formalen Bildungskonzepten, die auf die Förderung der Kräfte, Fähigkeiten und Dispositionen des Individuums abzielen (vgl. Prohl, 2010, S. 71-75). [2] Das zweite Argument setzt an gesellschaftlichen Fragen, Problemen oder wünschenswerten Qualifikationen an und begründet Bewegung als Bestandteil von Erziehung aus diesen heraus. Nicht das Subjekt ist Ausgangspunkt erzieherischen Denkens, sondern gesellschaftliche Erwartungen. In einem solchen Fall wird von materialen Bildungskonzepten gesprochen (vgl. Prohl, 2010, S. 72-73). Blickt man aus dieser Perspektive auf das Thema der Gesundheitserziehung und begründet diese mit der enormen Zunahme von Bewegungsmangelkrankheiten bei Kindern und Jugendlichen und den damit einhergehenden dramatischen volkswirtschaftlichen Kosten, ist dies ein Beispiel für diese Argumentationsfigur. Allerdings, und das darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, ist auch das heute dominant gebrauchte Argument einer Erziehung zum Sport und der Qualifizierung für den Sport an dieser Stelle anzufügen. Bezugspunkt ist in diesem Fall der außerschulische Sport als Massenphänomen und folglich Ansatzpunkt vielfältiger sportpädagogischer Überlegungen, die den Sport einerseits abbilden und andererseits das Individuum und seine Motivation zu lebenslangem Sporttreiben in den Mittelpunkt rücken. <?page no="59"?> 60 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Prohl (2010, S. 83-87) hat diese beiden grundlegenden Argumente entlang der Entwicklung der Sportpädagogik aufgearbeitet und als Spannungsfeld von Individuum und Gesellschaft in der Leibeserziehung bezeichnet. Abbildung 3 stellt diese Entwicklung im Überblick dar. Zeitraum Konzeption Individuum Gesellschaft 1712-1778 Rousseau 1770-1890 Philanthropen/ preußisches Schulturnen 1890-1933 Reformpädagogische Leibeserziehung 1933-1945 NS- Leibeserziehung 1949-1989 DDR- Körpererziehung 1949-1970 Theorie der Leibeserziehung 1970-1975 Sportcurriculum 1975-2000 Pragmatische Fachdidaktik seit 2000 Erziehender Sportunterricht Abb. 3: Das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft in der Leibeserziehung (vgl. Prohl, 2010, S. 84) Deutlich wird in Abbildung 3, dass dieses Spannungsverhältnis heute zumindest mit Blick auf den Auftrag des Schulsports aufgelöst und unter der Leitidee eines Erziehenden Sportunterrichts vernetzt wurde. Dies bedeutet, dass Bewegung, Spiel und Sport, unter einer erzieherischen Perspektive betrieben, die Erziehungsziele der Qualifizierung für den Sport in der Gesellschaft und der Persönlichkeitsbildung realisieren sollten. <?page no="60"?> Sportpädagogik (Stefan König) 61 Bereits 1990 haben Dietrich und Landau eine ähnliche Sichtweise in Form einer Systematisierung sportpädagogischer Grundpositionen vorgelegt, in der die Natur des Menschen (Person) sowie die jeweilige gegenwärtige gesellschaftliche Lage (Gesellschaft) einen Gegensatz darstellen. Dieser wird durch eine zusätzliche Achse erweitert (vgl. Abb. 4), nämlich einer Orientierung an der Tradition sowie an möglichen zukünftigen Perspektiven. Hierbei geht man einerseits davon aus, dass Erziehung nicht unabhängig und außerhalb der geschichtlichen Entwicklung konzipiert werden kann, andererseits ist klar, dass Erziehung immer auch auf die Zukunft gerichtet ist (vgl. Dietrich & Landau, 1990, S. 46-49). Diese Grundpositionen hat Wolters (2012) in einer schulsportpädagogischen Analyse aufgegriffen und die Gegenwarts- und Zukunftsorientierung des Sportunterrichts gegenübergestellt. Sehr deutlich wird hierbei, dass auch das Fach Sport zur Zukunftsorientierung von Schule beitragen muss, wenn es seinen Platz als Pflichtunterricht nicht verlieren will (vgl. Schierz, 2009, S. 63). Tradition Person Gesellschaft Perspektive Erziehung und Bewegung Abb. 4: Grundpositionen der Sportpädagogik (vgl. Dietrich & Landau, 1990, S. 52) Betrachtet man abschließend die Entwicklung der Sportpädagogik mit Blick auf ihre Mutterwissenschaft, die Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft, stellt man fest, dass Sport in seinen vielfältigen Ausprägungen hier kaum anerkannt wird; sehr zögerlich nimmt ihn die Erziehungswissenschaft in ihren Diskurs auf. Stellen Grupe und Krüger (2007, S. 16) <?page no="61"?> 62 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen die Orientierung der Sportpädagogik zwischen Sportwissenschaft und Erziehungswissenschaft noch recht optimistisch dar, spricht die Analyse erziehungswissenschaftlicher Literatur eine andere Sprache (vgl. Beckers, 2001, S. 26-28): Überlegungen zum Nachweis einer pädagogischen Relevanz von Leibeserziehung und Sport finden dort kaum Resonanz. Unabhängig davon hat sich die Sportpädagogik auf institutioneller Ebene Zugang zur Erziehungswissenschaft verschafft; immerhin existiert unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) seit einigen Jahren eine Sektion Sportpädagogik, die regelmäßig Fragestellungen zum erzieherischen Wert von Bewegung, Spiel und Sport innerhalb der Scientific Community der Erziehungswissenschaft diskutiert. Somit kann abschließend im Hinblick auf die Entwicklung der Sportpädagogik festgehalten werden: Die Phase ihres „take offs“ ist im ausgehenden 18. Jahrhundert in der philanthropischen Bewegung angesiedelt, deren Mitglieder infolge der Aufklärung ein erstes „sportpädagogisches“ Konzept entwickelten. Die Entwicklung der Sportpädagogik ist zweifelsohne durch Konzeptionen geprägt worden, in denen viele Jahre und Jahrzehnte eine Erziehung durch Sport im Mittelpunkt stand, deren Bezugspunkte gesellschaftliche Themen oder aber das zu erziehende Individuum waren. Institutionell waren diese Konzeptionen zunächst in Einzelschulen, den Philanthropinen, und in den Vereinen der ersten Generation verankert, weshalb sie zunächst nur für Teile der Bevölkerung zugänglich waren. Erst mit der Öffnung der Turnplätze, der Einrichtung öffentlicher Schulen und der damit verbundenen Verbreitung des Schulturnens wurde Turnen breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich (vgl. Cachay, 1988b, S. 177). Mit dem Aufkommen des Sports entstand schließlich die heute stark verbreitete pädagogische Zielsetzung einer Erziehung zum Sport, die in Anlehnung an Prohl (2010, S. 84) und das von ihm beschriebene Spannungsverhältnis (vgl. Abb. 3) auf eine Teilnahme am Sport unserer Gesellschaft - und damit auf den Bezugspunkt einer gesellschaftlichen Orientierung - abzielt. <?page no="62"?> Sportpädagogik (Stefan König) 63 3.1.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportpädagogik Die Sportpädagogik hat sich in Form zweier unterschiedlicher wissenschaftlicher Ausrichtungen entwickelt: einer empirisch-analytischen und einer normativen (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 26). Sie lassen sich in einem ersten Schritt wie folgt beschreiben (vgl. auch Balz, 2009; Prohl, 1993): Die normative Sportpädagogik entspringt der Tradition der Geisteswissenschaften und der geisteswissenschaftlich-hermeneutischen Pädagogik. Ihr Fokus liegt auf der Formulierung von wünschenswertem Handeln in sportlichen Kontexten, weswegen sie mittels geisteswissenschaftlicher Methoden Soll-Sätze formuliert (vgl. u.a. Danner, 2006; Rittelmeyer & Parmentier, 2001; Grupe & Krüger, 2007). Sie charakterisiert das Paradigma der deutschen Sportpädagogik von ihren Anfängen bis heute. Die empirisch-analytische Sportpädagogik ist dagegen den Sozialwissenschaften nahe und arbeitet folglich bei der Beschreibung und Erklärung pädagogischer Sachverhalte mit qualitativen und quantitativen empirischen Verfahren. Sie zielt darauf ab, Ist-Sätze zu formulieren, also im Grunde genommen die Erziehungsrealität zu beschreiben. Zwar wurde diese Ausrichtung auch in Deutschland schon vor geraumer Zeit gefordert (vgl. Grupe, 1984; Widmer, 1978), dennoch hat sie sich letzten Endes erst mit der Rezeption anglo-amerikanischer Literatur, hierbei insbesondere aus der instructional theory, in Deutschland verbreiten können. In den letzten Jahren ist eine zunehmende Verbreitung empirischer Arbeiten zu beobachten (vgl. Balz, 2009, S. 7). Betrachtet man in einem zweiten Schritt die Forschungsmethodologie der Sportpädagogik genauer, lässt sich auch auf dieser Ebene eine Vielzahl an Perspektiven erkennen, die vereinzelt als defizitär (vgl. Kurz, 1987, S. 14) und unkonturiert (vgl. Prohl, 2010, S. 207) bezeichnet wurde. In der Zwischenzeit wurden allerdings einige Überblicksbeiträge publiziert (vgl. u. a. Friedrich, 2002; Scheid & Wegener, 2001), die folgende Systematisierung erlauben: Normative und sinnorientierte Sportpädagogik arbeitet mit hermeneutischen Methoden, die in erziehungswissenschaftlichen Disziplinen eine lange Tradition haben. Im Hinblick auf diese sportpädagogischen Forschungskonzepte hat insbesondere Meinberg (1993) die hermeneutische Methode thematisiert und hierbei drei Erscheinungsformen idealtypisch voneinander abgegrenzt (vgl. auch Scheid & Wegener, 2001, S. 110): <?page no="63"?> 64 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen eine traditionelle Texthermeneutik, die vorgegebene und schriftlich fixierte Texte bearbeitet und auslegt; eine Handlungshermeneutik, die sich auf soziale Situationen und Interaktionen in Lehr-Lern-Situationen bezieht und diese interpretiert; eine Institutionshermeneutik, die versucht, latente und subjektunabhängige Strukturen, die Institutionen innewohnen, zu erschließen. Allen diesen Typen ist ein Verstehensprozess inhärent, den Dilthey in Anlehnung an Schleiermacher entwickelte und der als hermeneutischer Zirkel bezeichnet wird (vgl. Abb. 5). … V 2 V 1 V T T 1 T 2 … Abb. 5: Der hermeneutische Zirkel (vgl. Danner, 2006, S. 62) Bei diesem Verfahren wird ausgehend von einem Vorverständnis (V) ein Text (T) erschlossen, welcher zu einem erweiterten Vorverständnis (V 1 ) führt; dieses erlaubt wiederum, den Text vertiefter und angemessener zu verstehen (T 2 ). Dieser Verstehensprozess setzt sich in der Folge spiralartig fort und führt so zu einem zunehmend höheren Verständnis des Textes bzw. des Gegenstandsbereichs (vgl. Danner, 2006, S. 61-67). Folgendes Beispiel aus dem Grundschulsport macht hermeneutische Forschung in der Sportpädagogik nachvollziehbar: Ausgangspunkt ist die Annahme, dass eine Sportlehrkraft der Überzeugung ist, dass Kinder bei der Ausübung von Bewegungsspielen eine hohe Zufriedenheit zeigen und z. B. Regeln lernen können. Dieser Sachverhalt entspricht dem oben beschriebenen Vorverständnis V 1 . Durch Lektüre spezifischer Quellen (vgl. u. a. Grupe, 1982; Sutton-Smith, 1978), in Abbildung 5 als T 1 bezeichnet, erweitert die Lehrkraft ihr Verständnis, da sie etwas über Offenheit, Zweckfreiheit, Spannung und Spannungslösung als psychologische und pädagogische Merkmale von Bewegungsspielen erfährt (vgl. König, 2013). Damit wird ihr Vorverständnis vertieft (V 2 ), ggf. auch korrigiert. Dieser zirkuläre Prozess könnte durch die Aufarbeitung weiterer theoretischer Aspekte (vgl. <?page no="64"?> Sportpädagogik (Stefan König) 65 Schmidt, 2003, S. 481-486) fortgesetzt werden. Auf diese Weise entsteht ein zunehmend höheres Verständnis des bearbeiteten Gegenstands. Die empirisch-analytische Sportpädagogik arbeitet mit dem methodischen Instrumentarium der Sozial- und Verhaltenswissenschaften, worunter die folgenden zwei Paradigmen sowie deren Kombination fallen: Der qualitative Forschungsansatz basiert auf der Grundannahme, dass Wissensgenerierung an Beobachtungen, Phänomenen oder Fakten ansetzt und durch Verallgemeinerung, Abstraktion oder Theoriebildung erfolgt. Insofern ist qualitative Forschung sehr häufig exploratorisch (vgl. Creswell, 2009, S. 175; Teddlie & Tashakkori, 2009, S. 25) und will die Perspektive der Handelnden möglichst authentisch und komplex erfassen (vgl. Mayring, 2002, S. 19-24; Scheid & Wegener, 2001, S. 113). Diese kurze Beschreibung qualitativer empirischer Forschung in der Sportpädagogik erläutert folgendes Beispiel aus der Unterrichtsforschung zu den Belastungsfaktoren für Sportlehrkräfte (vgl. König, 2004): Zwölf Sportlehrkräfte wurden gebeten, mit Hilfe von Tagebucheinträgen, die sie unmittelbar nach einer Sportstunde vornahmen, festzuhalten, was sie in dieser Stunde am meisten psychisch und physisch beansprucht und belastet hat. Aus diesen Texten konnten mittels spezifischer Auswertungsverfahren (Inhaltsanalyse) 14 Kategorien entwickelt werden, die Belastungsfaktoren, wie z. B. Motivierung der Schülerinnen und Schüler oder Disziplinprobleme, abbilden. Der quantitative Forschungsansatz möchte demgegenüber Hypothesen aus Theorien ableiten und diese überprüfen (vgl. Scheid & Wegener, 2001, S. 121; Teddlie & Tashakkori, 2009, S. 22). Quantitative Forschung ist deshalb in der Regel konfirmatorisch und arbeitet mit numerischen Daten sowie statistischen Analysen. Im Gegensatz zum qualitativen Paradigma ist quantitative Forschung nomothetisch, d. h. sie möchte möglichst allgemein gültige Aussagen treffen. Ein nahezu klassisches sportpädagogisches Themenfeld für quantitative Forschung sind Untersuchungen zu den Wirkungen und Effekten ausgewählter Lern- oder Trainingsprogramme. Dies wird an einem Beispiel aus der Vermittlung von Sportspielen verdeutlicht (vgl. Memmert & König, 2007): Ziel der Studie war es, die theoretische Annahme zu überprüfen, ob sportspielübergreifendes und unangeleitetes Spielen bei 6bis 10-jährigen Kindern zu messbaren Verbesserungen der spielerisch-taktischen Kompetenz führt. Hierfür wurden auf quasi-experimenteller Basis ein Trainings- und ein Kontrollprogramm in einem Prä-Posttest-Design verglichen. Mittels deskriptiver und inferenzstatistischer Verfahren konnte belegt werden, dass solche Lernprogramme tatsächlich zu messbaren Effekten führen. <?page no="65"?> 66 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Der Forschungsansatz der Mixed Methods (vgl. Teddlie & Tashakorri, 2009; Creswell & Plano Clark, 2007): Die beiden vorherigen Abschnitte haben unterschiedliche wissenschaftliche Denkweisen und Forschungsparadigmen gezeigt; damit sind immer Vor-, aber auch Nachteile verbunden. So ist beispielsweise qualitative Forschung wegen ihrer kleinen Fallzahlen selten repräsentativ, quantitative Forschung hingegen beachtet aufgrund ihres verallgemeinernden Anspruches den Einzelfall zu wenig. An diesem Punkt setzt nun ein Forschungsparadigma an, das als mixed methodology bezeichnet wird (vgl. Creswell, 2009). Herausragendes Merkmal ist die parallele oder sequentielle Verknüpfung qualitativer und quantitativer Untersuchungsstränge. Zwei Beispiele verdeutlichen die Grundideen dieses Ansatzes mit Blick auf sportpädagogische Forschung: Nimmt man die beschriebene Untersuchung zu den Belastungsfaktoren für Sportlehrkräfte (vgl. König, 2004) und möchte die dort getroffenen Aussagen verallgemeinern, dann ist dies im Rahmen einer zweiten quantitativen Studie möglich, die das Ziel verfolgt, die in Studie 1 qualitativ gewonnen Daten durch eine schriftliche Befragung einer größeren Stichprobe zu validieren. Dies entspräche einem QUAL QUAN Vorgehen und wird als sequential design bezeichnet. Erweitert man im Rahmen einer Evaluationsstudie das Beispiel der bereits beschriebenen Überprüfung von Wirkungen von Lernprogrammen um den Aspekt der Persönlichkeitsbildung der Adressaten, dann ist auch denkbar, neben der bereits erläuterten Studie von Memmert und König (2007) eine parallel angelegte zweite Studie durchzuführen, in der mittels Reflexion des eigenen Spielens erzieherische Momente der Sportspielvermittlung herausgearbeitet werden (vgl. Greve, 2013). In einem solchen Fall läge eine QUAN + QUAL-Studie vor, die als concurrent design (vgl. Creswell, 2009, S. 210) bezeichnet wird. Unabhängig von diesen grundlegenden Forschungsparadigmen der Sportpädagogik haben sich unterschiedliche Themenfelder und Forschungsschwerpunkte gebildet, in denen sowohl normativ als auch empirisch gearbeitet wird. Sie werden im Folgenden unter Bezug auf verschiedene Zielgruppen näher betrachtet (vgl. Haag & Hummel, 2001). Bezieht man sich zunächst auf den Schulsport, sind aus heutiger Sicht vor allem folgende Themenfelder sportpädagogischer Forschung zu nennen: Schulsportentwicklung, insbesondere mit Blick auf die zunehmende Ganztagesbeschulung von Kindern und Jugendlichen. Hier geht es vor allem um Überlegungen zur Rolle von Bewegung, Spiel und Sport in der Schule sowie zum Beitrag, den Schulsport im Rahmen des Gesamtauftrags von Schule leisten kann. Dies geht einher mit fachdidaktischen For- <?page no="66"?> Sportpädagogik (Stefan König) 67 schungsbemühungen, so wie dies etwa beim Erziehenden Sportunterricht der Fall ist. Zunehmend in den Fokus kommt die besondere Situation von Ganztagesschulen, die für Bewegungsangebote eine besondere Herausforderung darstellen (vgl. Fessler, 2004; Naul, 2011). Sportunterrichtsforschung. Ihr geht es in Anlehnung an die instructional theory (vgl. Schempp & de Marco, 1996; Silverman, 1991) vor allem darum, durch empirische Arbeiten Schulsportrealität zu beleuchten. Insofern haben sich auch in Deutschland mittlerweile tragfähige Vorschläge entwickelt (vgl. Balz et al., 2011; Balz, 1997; Brettschneider, 1994; Dortmunder Zentrum für Schulsportforschung, 2008; Gröben, 2007; Friedrich, 2000; Friedrich & Miethling, 2004; König, 2002), wenngleich Sportunterricht auch in Zukunft ein zentrales Forschungsfeld der Sportpädagogik sein wird (vgl. Hummel, 2012). Betrachtet man in einem zweiten Schritt den Breitensport, dann haben sich auch in diesem Setting zunehmend pädagogische Fragestellungen und Themen entwickelt (vgl. Kapustin, 2001, S. 415). Spezifische Forschungsaktivitäten werden exemplarisch am Beispiel der Gesundheitserziehung und der Gesundheitsbildung erläutert, da diese pädagogischen Prozesse insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine zunehmend wichtige Rolle spielen und die in Bewegung, Spiel und Sport angelegten erzieherischen Möglichkeiten der Gesundheitsförderung deutlich über ein enges medizinisches Verständnis hinausgehen (vgl. Kolb, 1995, S. 336). Im Zentrum der sportpädagogischen Überlegungen steht hier die Ausbildung einer gesundheitsfördernden persönlichen Lebensführung, die heute in eine Gesundheitserziehung, eine Gesundheitsaufklärung und eine Gesundheitsbildung differenziert wird. In der allgemeinen Erziehungswissenschaft wird diesbezüglich von Gesundheitsbildung und -kompetenz gesprochen (vgl. Lang-Wojtasik & Klemm, 2012, S. 76-79). Aus sportpädagogischer Sicht ist in diesem Zusammenhang die Beantwortung der Frage entscheidend, wie im Rahmen verhaltensorientierter Interventionsformen der Schritt zu einer Gesundheitsbildung, verstanden als „Initiierung der Reflexion eigenen Lebens und Entwicklung der Gestaltungsfähigkeit der eigenen Lebensführung in Bewegung“ (Kolb, 1995, S. 342), getan werden kann. In Anlehnung an Beckers (1991, S. 46) kann dies nur darin bestehen, durch Erfahrungen die Entstehung von Einstellungen und Haltungen zu fördern sowie die Bereitschaft wachzuhalten, sich weiterhin neuen Erfahrungen zu stellen. Dies bedeutet, dass ein solcher Breitensport eine eindeutig bildungstheoretische Komponente enthalten muss. Auch der Spitzensport beinhaltet pädagogische Fragestellungen, gleichwohl diese auf den ersten Blick nicht ersichtlich erscheinen. Doch das dem Spit- <?page no="67"?> 68 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen zensport innewohnende Handlungsmotiv des Wetteiferns geht auf bildungstheoretisches Gedankengut zurück (vgl. Hackfort & Schmidt, 2001, S. 418). Zentrale sportpädagogische Fragestellungen des Spitzensports sind u. a.: Die Frage, ob Trainer Pädagogik brauchen, wird seit Jahren intensiv diskutiert (vgl. u. a. Cachay & Gahai, 1989; Krüger, 1994, 1989). Krüger (1989, S. 32) plädiert für eine Erziehungsaufgabe des Trainers, Emrich (2004, S. 147-151) spricht von pädagogischen Kompetenzen als „Schmiermittel“ im Organisationsalltag des Spitzensports. Beispielhaft wird dies von Emrich, Altmeyer und Papathanasiou (1989) mit Blick auf die pädagogische-soziale Betreuung von jugendlichen Spitzenathleten an Olympiastützpunkten beschrieben. Somit kann die Frage nach der pädagogischen Kompetenz von Trainern und deren konkrete Gestalt, auch in der Trainerausbildung, als sportpädagogisches Forschungsthema betrachtet werden. Auch die Frage nach den Wirkungen struktureller (vgl. Treml, 1982) bzw. institutioneller Erziehung (vgl. Emrich, 2004, S. 133) ist mehr denn je aktuell, da anzunehmen ist, dass Strukturen und Institutionen des Spitzensports auch erzieherische Wirkungen haben. So konnte Lenk (1976) zeigen, dass der Spitzensport zu Eigenhandeln und Eigenleistung führt und Prohl (2004, S. 27-32) arbeitete formale Bildungspotenziale leistungssportlichen Handelns heraus. Insofern sind auch zukünftig die erzieherischen Wirkungen solcher Strukturen Thema sportpädagogischer Forschung. Zieht man an dieser Stelle ein weiteres Zwischenfazit, kann festgehalten werden, dass die Sportpädagogik sich einerseits als geisteswissenschaftlichnormative, andererseits als empirisch-analytische Teildisziplin der Sportwissenschaft zeigt. Dabei greift sie auf ein breites Methodeninstrumentarium zurück, verwendet dieses aber nach wie vor zu wenig konturiert (vgl. Prohl, 2010, S. 212-214). Analog zu einer methodologischen Ausdifferenzierung erfolgte auch eine thematische Erweiterung, so dass die Sportpädagogik neben ihrem jahrzehntelangen Fokus, dem Schulsport, sich heute mit nahezu allen Settings des Sports unserer Gesellschaft befasst. 3.1.4 Verhältnis der Sportpädagogik zur Sportpraxis Die Sportpädagogik befasst sich sowohl mit pädagogischem Handeln als auch mit dem Reflektieren über diese pädagogische Praxis aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel. Damit steht sie in einer Reihe mit der Sozial-, der Musik- und der Museumspädagogik, aber auch mit anderen Fächern wie der Medizin und der Psychologie, in denen stets Praxis und Theorie <?page no="68"?> Sportpädagogik (Stefan König) 69 betrachtet werden (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 17). Das Verhältnis von sportpädagogischer Praxis und Theorie wird zunächst an einem speziellen Beispiel aufgezeigt und anschließend verallgemeinernd dargestellt. Das Beispiel ist aus dem Bereich der Sportspieldidaktik gewählt und thematisiert die Frage nach der Gestaltung von Vermittlungsprozessen von Spielen vor dem Hintergrund der pädagogischen Zielsetzung eines lebenslangen Sporttreibens. Betrachtet man diese Frage zunächst aus einer theoretischen Perspektive, dann hilft ein Modell von Côté, Baker und Abernethy (2003), das in Abbildung 6 dargestellt ist. AGE Participation Performance Performance Reduced fun Reduced health Dropout Personal Development 17 15 12 7 6 Recreational Years High amount of deliberate play Low amount of deliberate practice Investment years High Amount of deliberate practice Low amount of deliberate play Focus on one sport Early specialization and investment High amount of deliberate practice Low amount of deliberate play Focus on one sport Specializing years Deliberate play and practice balanced Reduced involvement in several sports Sampling years High amount of deliberate play Low amount of deliberate practice Involvement in several sports Entry into sport Abb. 6: Developmental Model of Sport Participation (vgl. Côté, Baker & Abernethy, 2003) <?page no="69"?> 70 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Das Modell zeigt auf, dass eine frühe Fokussierung auf eine Sportart, sprich ein Sportspiel, verbunden mit einer frühen Spezialisierung und relativ hohem Trainingsaufwand in einem Alter von sieben bis 15 Jahren dazu führt, dass Spaß und Gesundheit, zwei zentrale Faktoren aktiven Sporttreibens, mehr oder weniger deutlich reduziert werden und eine erhöhte Drop-out- Rate, sprich ein Abbruch der sportlichen Aktivitäten, die Konsequenz ist. Demgegenüber führt eine breite sportliche Betätigung im Schulkindalter (sieben bis zwölf Jahre), also das Ausüben mehrerer Sportarten oder Sportspiele, das sich zusätzlich durch viel unangeleitetes Spielen und eher wenig Üben auszeichnet, im Erwachsenenalter zu einer höheren Leistungsfähigkeit, aber auch zu einer nachhaltigeren Sportteilnahme. Zieht man aus diesen Aussagen Konsequenzen für die Gestaltung didaktischmethodischer Maßnahmen (vgl. Kurz, 2003), können diese wie folgt zusammenfassend dargestellt werden: Sportspielvermittlung sollte im Anfängerbereich breit, d. h. sportspielübergreifend organisiert werden. Damit rücken auf einer inhaltlichen Ebene allgemeine Taktik-, Technik- und Koordinationsbausteine in den Mittelpunkt (vgl. Roth & Kröger, 2011). Methodisch sollte eine Orientierung an der Strategie des unangeleiteten Spielen und Übens erfolgen, um der theoretischen Vorgabe des „deliberate play and practice“ zu folgen (vgl. Memmert, 2012). An diesem Beispiel wird deutlich, dass sportpädagogische Theorie durchaus praktisches Handeln in sportlichen Kontexten beeinflusst, wenn sie von der Sportpraxis umgesetzt wird. Zweierlei Tendenzen können in diesem speziellen Fall berichtet werden: Einerseits gibt es in der Tat Programme, z. B. die Heidelberger Ballschule, die auf eine Umsetzung dieser Ideen in Schule und Verein ausgerichtet sind und damit sportpädagogischer Beratung nachkommen (vgl. Prohl, 2010, S. 16). Andererseits werden insbesondere von Sportverbänden und -vereinen grobe Verstöße gegenüber diesen sportpädagogischen Erkenntnissen begangen, indem der eigene Spielbetrieb mit immer jüngeren Kindern organisiert und diesbezüglich ausschließlich auf Erfahrungswissen der Trainingspraxis zurückgegriffen wird. Versucht man an dieser Stelle die Ausführungen zum Thema „Vermittlung von Spielen“ zu verallgemeinern, kann das Verhältnis von sportpädagogischer Theorie und sportlicher Praxis folgendermaßen charakterisiert werden: <?page no="70"?> Sportpädagogik (Stefan König) 71 Einerseits wird die von der Sportpädagogik geforderte Beratungsleistung für den Schulsport umgesetzt (vgl. Prohl, 2010, S. 15-16); allerdings bleiben solche Ideen noch zu oft auf der Ebene der Sportdidaktik hängen und werden nicht konsequent in die Sportpraxis umgesetzt. Andererseits verhält sich die Sportpraxis nach wie vor gegenüber pädagogischen Aussagen diametral entgegengesetzt und akzeptiert Empfehlungen nur dann, wenn sie für das Erringen von Siegen nützlich scheinen (vgl. Cachay & Gahai, 1989, S. 30). Dies gilt insbesondere für die spitzensportlich orientierte Praxis, in der die Sportpädagogik ihre Funktionalität noch unter Beweis stellen muss. Insgesamt ist deshalb von einem ambivalenten Verhältnis zwischen der Sportpädagogik als Wissenschaft und der Sportpraxis zu sprechen, auch wenn sportpädagogische Inhalte in der Zwischenzeit zunehmend Inhalte verschiedenster Übungsleiter- und Trainerausbildungen der Sportverbände geworden sind. Letzteres ist insofern zu begrüßen, als Erziehungs- und Bildungsprozesse in allen sportlichen Settings eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen und folglich die Sportpraxis nicht nur effektsteigernde Beratungsleistungen verarbeiten sollte. Praxisbeispiel: Kinder und Jugendliche im Spitzensport - sportpädagogisch betrachtet Die Sportpädagogik befasst sich heute auch mit Erziehungs- und Bildungsprozessen von Kindern und Jugendlichen im Spitzensport. Alleinstellungsmerkmal der Sportpädagogik ist im Kern, Bildungs- und Erziehungsprozesse zu beschreiben, zu erklären und vorherzusagen. Das bedeutet, ausgehend von den besonderen Bedingungen des Spitzensports, z. B. hohe Trainingsumfänge, Doppelbelastung Schule - Sport, Fremdbestimmung, zu fragen, inwieweit diese auf Kinder und Jugendliche erzieherisch einwirken. Beispielhaft sind folgende drei Studien skizziert: Kaminski, Mayer und Ruoff (1984) haben in einer vielbeachteten Studie gezeigt, dass sich Jungen und Mädchen im Spitzensport (z.B. Eiskunstlauf, Schwimmen, Kunstturnen) nicht wesentlich von normalen Kindern unterscheiden. Dies gilt vor allem für kognitive Leistungen in der Schule und für grundlegende motivationale Einstellungen oder Verhaltensweisen. Lediglich im Hinblick auf die Einschätzung der eigenen körperlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten zeigten sich gravierende Unterschiede; diesbezüglich zeichnen Kinder im <?page no="71"?> 72 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Spitzensport ein wesentlich positiveres Bild von sich (vgl. auch Grupe & Krüger, 2007, S. 29). In der Folge der Kaminski-Studie hat Rose (1991) eine andere Art der inneren, seelischen kindlichen Wirklichkeit im Spitzensport ermittelt (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 31). Sie konnte am Beispiel junger Kunstturnerinnen feststellen, dass diese Mädchen einen beträchtlichen persönlichen Gewinn aus ihrem leistungssportlichen Engagement ziehen, der sich vor allem in Anerkennung, Sicherheit und Akzeptanz äußert. Richartz, Hoffmann und Sallen (2009, S. 303-304) konnten dies in einer Vollerhebung bei spitzensportlich aktiven Kindern in Berlin und Sachsen bestätigen, wobei die Qualität der Beziehung zu den Eltern einen besonderen Stellenwert aufwies und folglich als wichtigste soziale Ressource einzuschätzen ist. Richartz und Brettschneider (1996) haben die Vereinbarkeit von Schule und Leistungssport untersucht, aber auch sie konnten - wie bereits Kaminski, Mayer und Ruoff (1984) - letztendlich keine Antwort auf die Frage geben, ob es wünschenswert ist, bereits im Kindesalter Spitzensport zu treiben; insofern können sich Kritiker wie Befürworter des Kinderleistungssports durch diese Studie bestätigt sehen (vgl. Richartz & Brettschneider, 1996, S. 312). Deutlich wird in der Zusammenschau der Erkenntnisse, dass aus den empirischen Ergebnissen keine normativen Folgerungen gezogen werden können. Diese müssen erst argumentativ durch die Sportpädagogik entwickelt werden. Erste Konzepte, die mit den Begriffen „kindgerechter“ und „humaner“ Spitzensport bezeichnet werden, sind hierzu entwickelt worden (vgl. Grupe & Krüger, 2007, S. 32). Prohl (2010, S. 335) weist diesbezüglich auf das Recht des Athleten zur Selbstbestimmung und Mündigkeit hin, womit eindeutig bildungstheoretische Kategorien im Sinne Klafkis (1996) auch zum Leitbild des Kinderhochleistungssports werden. Somit kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass eine empirisch ausgerichtete sportpädagogische Forschung einerseits zwar Zusammenhänge beschreiben, erklären und ggf. vorhersagen kann, daraus andererseits aber keine normativen Aussagen im Sinne wünschens- oder ablehnungswerter Praxis abgeleitet werden können. Dies bedarf vielmehr eines differenzierten sportpädagogischen Diskurses. <?page no="72"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 73 Kontrollfragen [1] Die Sportpädagogik wird als sportwissenschaftliche Teildisziplin beschrieben, die eine geisteswissenschaftliche und eine empirische Perspektive aufweist. Welche erzieherischen Grundpositionen verbergen sich hinter dieser Klassifizierung? [2] Während die historische Sportpädagogik eine problemgeschichtliche Perspektive thematisiert, orientiert sich die systematische Sportpädagogik ausschließlich an der Gegenwart. Worin besteht der generelle Unterschied dieser beiden Subdisziplinen? [3] Historisch betrachtet steht die Sportpädagogik am Anfang der Sportwissenschaft. Welche Argumentationsfiguren wurden in den letzten 200 Jahren verwendet, um den erzieherischen Wert von Gymnastik, Turnen, Leibesübungen und Sport zu begründen? [4] Die Sportpädagogik arbeitet mit einem breiten Instrumentarium an Forschungsmethoden. Welche empirischen Paradigmen kommen hierbei zum Einsatz? [5] Die Sportpädagogik befasst sich heute mit fast allen sportlichen Settings. Welche zentralen Themen werden jeweils bearbeitet? 3.2 Sportgeschichte (Andreas Luh) Die Sportgeschichte war neben der Sportmedizin und der Sportpädagogik lange Zeit eine der drei Hauptsäulen der jungen akademischen Disziplin Sportwissenschaft, wie sie - als Theorie der Leibesübungen - in den 1920er Jahren entstanden ist. Dennoch ist die Sportgeschichte als akademische Fachdisziplin an den sportwissenschaftlichen Hochschuleinrichtungen in Deutschland heute nahezu verschwunden. Obwohl oder gerade weil das so <?page no="73"?> 74 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen ist, werden an dieser Stelle die Sportgeschichte und ihre Bedeutung im Rahmen eines sportwissenschaftlichen Studiums vorgestellt und begründet. 12 Die Sportgeschichte kann als humanwissenschaftlich orientierte sportwissenschaftliche Teildisziplin wenig direkt verwertbares Wissen liefern, dafür allerdings ein breites, tief gestaffeltes Orientierungswissen (vgl. Gissel, 2000, S. 311, 318). Der sporthistorische Blick in andere Zeiten und Kulturen kann gegenwärtige sportliche Phänomene in ihrer Bedeutung einordnen, erklären und verstehen helfen. Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportgeschichte beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Sportgeschichte entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportgeschichte kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportgeschichte den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportgeschichte zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.2.1 Einführung - Die Bedeutung (sport-)historischen Denkens Geschichte liegt nicht einfach als gegebene Vergangenheit vor; Geschichte entsteht (ständig neu) im Kopf eines jeden Menschen. Jeder Studierende, jede Familie, jeder Sportverein, jede Schule, jede Sportfakultät, jede Stadt, jede Region und jeder Staat hat ihre/ seine Geschichte. Individuen wie 12 Die Passagen zur „Bedeutung (sport-)historischen Denkens“ in Kap. 3.2.1 und zur „Historischen Methode“ in Kap. 3.2.3 sind weitgehend übernommen aus Luh (2004, S. 440-449). <?page no="74"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 75 Gruppen bilden ihre Identität durch Aufarbeitung ihrer Vergangenheit. Sie verankern sich historisch, „indem sie sich in bestimmte Traditionen einordnen, denen sie wiederum ihre Identität entnehmen“ (Lorenz, 1997, S. 410). Die Identität von Menschen und menschlichen Gruppen ist dementsprechend ihre eigene, historische Konstruktion. Ausgehend von diesem Gedankengang liegt den weiteren Ausführungen die folgende Begriffsbestimmung von Geschichte zugrunde: (Sport-)Geschichte ist ein bedeutungsvoller Zusammenhang von Vergangenheit und Gegenwart, den Menschen erzählend herstellen, um Orientierung für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln zu gewinnen. Was den Menschen als Mensch ausmacht, ist die Fähigkeit zu denken, sich zu erinnern und Zukunftsvorstellungen zu entwickeln. In jedem gelebten Moment wird Zukunft zur Gegenwart und Gegenwart zur Vergangenheit. In diesem unaufhaltsam ablaufenden Prozess muss der Mensch seine Identität bewahren und entwickeln. Indem Menschen ebenso wie Gemeinschaften Geschichten erzählen, verarbeiten sie die auf sie einströmende Natur-Zeit in gedeutete humane Zeit, wie es der Geschichtsdidaktiker Rüsen formuliert (vgl. 1983, S. 49-72; 1986, S. 117-120). Unverarbeitete Natur-Zeit kann den Menschen bedrohen. Nur in erzählter, verarbeiteter und gedeuteter humaner Zeit kann der Mensch planend Zukunftsabsichten, Erwartungen und Hoffnungen entwickeln. Die Verdrängung momentan nicht bewältigbarer Erlebnisse ist ein häufig anzutreffender Umgang mit bedrohlicher Gegenwartserfahrung. Der Geschichtswissenschaftler Lorenz (1997, S. 411) verweist darauf, dass „ein gewisses Maß an Verdrängung (jedenfalls nach Freud) der Preis für jede Kultur“ sei und der Verdrängungsmechanismus die persönliche Identität unter traumatisierenden Umständen oft auch schützt. Aber ein Übermaß an Verdrängung führe zu einer Destabilisierung der Identität. Je mehr Aspekte seiner persönlichen Vergangenheit man verwerfe, desto weniger bleibe übrig, mit dem man sich identifizieren könne. „Daß viele Menschen mit Identitätsproblemen schließlich einen Therapeuten aufsuchen, beweist, daß man unter seiner Vergangenheit leiden kann und daß es nicht möglich ist, sie einfach, wie eine Schlange ihre Haut, abzustreifen. Jeder Mensch verkörpert seine Geschichte, in die er ‚verstrickt‘ ist. Vergleichbare Probleme treten in den Geschichten von Kollektiven auf, wenn die Beziehung zwischen Gegenwart und Vergangenheit durch einen abrupten Bruch gestört wird. Die deutsche Geschichte nach 1945 ist dafür ein treffendes Beispiel“ (Lorenz, 1997, S. 411). <?page no="75"?> 76 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Glücklicherweise hat der Mensch nicht nur mit Identität brechenden Zeiterfahrungen zu tun, sondern auch mit Identität bestätigender, Identität entwickelnder und Identität modifizierender Zeiterfahrung, die alltäglich in ganz unterschiedlicher Form erzählend in humane Zeit umgewandelt wird: Ein Student, der nach Hause kommt, erzählt stolz von einer guten Note oder verschweigt eine schlechte - und sieht sich hierdurch in seinem studentischen Lebens- und Arbeitsverhalten bestätigt oder infrage gestellt. Nach einem Besuch im Fußballstadion treffen sich viele Fans mit Gleichgesinnten in ihrer Stammkneipe zu einer Nachbesprechung der in der „Ostkurve“ oder auf der „Südtribüne“ erlebten Zeit, bestätigen ihre Identität als treue Vereinsanhänger und verabreden sich für ein zukünftiges Heimspiel. Platziert ein Sportler, der lange verletzt war, nach einem mühevollen Aufbautraining einen gewonnenen Pokal an herausragender Stelle, ist das zweifellos auch eine Form der erzählenden Verarbeitung von bedeutsam erlebter Zeit bei gleichzeitigem Gewinn einer auf die Zukunft ausgerichteten Trainings- und Lebensperspektive. Als denkender „Homo sapiens“ ist der Mensch auch ein geschichtliches Wesen, ein „Homo historicus“, der sich reflektiert oder unreflektiert seiner Geschichte stellen und in ihr leben muss. Der Mensch hat (seine) Geschichte; Geschichtlichkeit ist ein Kennzeichen des Mensch-Seins. neue Zeiterfahrung, Identität bestätigend, verändernd Orientierungsbedürfnis des Menschen deutende Verarbeitung vergangener und gegenwärtiger Zeiterfahrung als „Erzählung“ Daseinsorientierung, sinnerfüllte Zukunftsperspektive Homo historicus Abb. 7: Historisches Denken im Alltag des Menschen (Luh, 2004, S. 443) <?page no="76"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 77 Orientierungsleistungen und didaktische Potenziale der Sportgeschichte Seit den 1970er Jahren haben Sporthistoriker auf verschiedenartige Orientierungsleistungen sporthistorischen Denkens verwiesen. Einige zentrale „didaktische Potenziale“ der Sportgeschichte werden im Folgenden vorgestellt. Die gegenwartsgenetische sporthistorische Orientierungsleistung Historische Kenntnisse sind unverzichtbar für das Verständnis gegenwärtiger Institutionen und Verhaltensweisen, indem sie deren Ursachen, ihre Entstehungsbedingungen und ihre Entwicklung aufdecken (vgl. Ueberhorst, 1980, S. 16). Zum Beispiel ist die komplizierte, sich vielfältig überschneidende Organisationsstruktur des bundesdeutschen Vereins- und Verbandssports mit dem DOSB an der Spitze, mit den Landessportbünden, mit den Spitzenverbänden und deren Untergliederungen nicht organisationssoziologisch erklärbar, „sondern wird nur verständlich, wenn man das zähe Ringen unterschiedlicher sportlicher und politischer Interessengruppen um einen Neu- und Wiederaufbau in den Jahren 1945-1950 kennt“ (Gissel, 2000, S. 320). Die strukturgeschichtliche sporthistorische Orientierungsleistung Die strukturgeschichtliche Betrachtungsweise lenkt den Blick des Historikers auf „relativ dauerhafte, schwer veränderbare Phänomene, [auf strukturelle] Wirklichkeitsschichten mit langsamer Veränderungsgeschwindigkeit [und] auf die Erfassung übergreifender Zusammenhänge“ (Kocka, 1997, S. 192), die Spielräume und Bedingungen menschlichen Handelns aufdecken. Bewegungskultur und Sport waren in sogenannten vormodernen Gesellschaften eingebunden in andere gesellschaftliche Teilbereiche wie Religion, Standeskultur, Militär oder Erziehung. In sogenannten modernen Gesellschaften erbringt der Sport zwar weiterhin Leistungen für andere gesellschaftliche Teilbereiche, nimmt allerdings als institutionell ausgeformter, eigenständiger gesellschaftlicher Teilbereich eine eigene Gestalt an (vgl. Eisenberg, 2010b, S. 98-99; Luh, 2008, S. 8- 15; Strohmeyer, 1984a, S. 131-136; 1984b, S. 155-158). Die problemorientierte sporthistorische Orientierungsleistung Die problemorientierte sporthistorische Betrachtungsweise untersucht in diachronen Längsschnitten, wie menschliche Gemeinschaften mit bestimmten Problemstellungen umgegangen sind. Durch den historischen Blick auf begangene, unbegangene und ungangbare Wege, auf geschei- <?page no="77"?> 78 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen terte und erfolgreiche Lösungen vergangener gesellschaftlicher Konflikte und Lebenssituationen können Orientierungs- und Entscheidungshilfen bei aktuellen Problemstellungen im Sport gewonnen werden (vgl. Ueberhorst, 1980, S. 20; Bernett, 1981, S. 342; Uffelmann, 1997, S. 282- 283). In solcher Perspektive kann Sportgeschichte z. B. klären helfen, was Gewalt im körperlichen Umgang miteinander bedeutet, und welche (nicht) akzeptierten Ursachen, Formen und Intensitäten Gewalt zwischen Zuschauern und Gewalt zwischen sportlich Agierenden historisch und gegenwärtig haben kann. Dabei ist zu klären, was Gesellschaften historisch gesehen überhaupt als Gewalt definieren und wie sie mit Gewalt im Sport umgehen (vgl. Elias, 2003, S. 239-267). Die Erweiterung des Erfahrungshorizonts Der Blick auf Bewegungsformen, sportliche Sinnrichtungen und Normen sowie Organisationsformen zeitlich und räumlich sehr weit entfernter, fremder Kulturen liefert einen bedeutsamen sporthistorischen Erfahrungsschatz (vgl. Ueberhorst, 1980, S. 16; Gissel, 2000, S. 318-319). Sport, wie er heute betrieben, organisiert, verstanden und weiterentwickelt wird, ist nicht das vernünftige Endprodukt einer zielgerichteten historischen Entwicklung, sondern nur eine historische Möglichkeit von Sportkultur. Erst der historisch-anthropologische Blick auf indianische, polynesische, ostasiatische u. a. Bewegungskulturen ermöglicht eine konstruktiv-kritische Distanz zu den eigenen sportlichen Verhaltensweisen und ein Bewusstsein von Alternativen. Politische Bildung und ideologiekritische Orientierungsleistungen Analysen eines politisch instrumentalisierten Sports finden sich insbesondere beim Umgang mit der NS- und der DDR-Sportgeschichte (vgl. Bernett, 1983; Spitzer; Teichler & Reinartz, 1998), da es in diesen politischen Systemen zu einer besonders engen Verflechtung zwischen Sport und Politik gekommen ist. Aber auch den Organisationsformen des Breiten- und Spitzensports in einem freiheitlich-demokratischen System liegen politische Rahmenbedingungen und konkrete, andere sportpolitische Entscheidungen zugrunde, die es zu analysieren und nicht als unpolitisch zu verklären gilt (vgl. Güldenpfennig, 1992, S. 37-56; Niese, 1997, S. 206-217). Es gehört zur aufklärerisch-kritischen Funktion von Sportgeschichte, die verschiedenen Sinnrichtungen, Wertvorstellungen, Normen und ideologischen Momente aufzuzeigen, die in sportliches Handeln eingebettet sind (vgl. Bernett, 1981, S. 343). <?page no="78"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 79 Die Befriedigung sporthistorischer Neugier Sporthistorische Museen, Ausstellungen und populärwissenschaftliche Bildbände zu Sportlerpersönlichkeiten, Sportverbänden, Sportarten, Sportereignissen u. a. haben insbesondere bei anstehenden Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften Konjunktur. Und selbstverständlich hat die „zweckfreie Beschäftigung mit Historie als Vergnügen bereitende Freizeitbeschäftigung“ (Ueberhorst, 1980, S. 16-17) ihre Berechtigung, wenn solche sporthistorischen Aufarbeitungen nicht hinter den sporthistorischen Forschungsstand zurückfallen und zu einer unreflektierten Traditionsstiftung und Legendenbildung beitragen. 3.2.2 Entstehung und Entwicklung der Sportgeschichte Die neuere Sportgeschichtsschreibung ist aus den Grundgedanken der Aufklärung entstanden. Die enzyklopädische Wissensbereicherung auf dem Gebiet der Leibesübungen aller Völker der Vergangenheit und Gegenwart sollte als Anregung und auch als Vorbild für die Entwicklung der seit etwa 1800 entstehenden bürgerlichen Bewegungskultur dienen. In diesem Sinne sammelte Vieth (1767-1836), Philanthrop und Mitbegründer einer schulisch-erzieherisch ausgerichteten Leibeserziehung, Nachrichten und Zeugnisse von 41 Völkern aus allen historischen Epochen der ganzen Welt und veröffentlichte sie in einer dreibändigen Enzyklopädie (1794-1818) als ersten Versuch einer Universalgeschichte des Sports (vgl. Langenfeld, 2010, S. 20). Inhaltlich in dieser Tradition stehen die für ihre Zeit ebenso anspruchsvollen Sammelbände von Bogeng mit seiner „Geschichte des Sports aller Völker und Zeiten“ (1926) und die sechsbändige Universal- „Geschichte der Leibesübungen“ von Ueberhorst (1972-1989). Wesentliche inhaltliche und methodische Impulse hat die Sporthistoriographie zudem vom frühen 19. Jh. bis in die heutige Zeit hinein von Altertumswissenschaftlern erhalten, die sich in neuhumanistischem Geist mit dem weiten Feld der griechischen Athletik und Gymnastik beschäftigt haben. Zudem kamen gerade in jüngerer Zeit von Altertumswissenschaftlern wesentliche Impulse zur Erforschung der römischen Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe (vgl. z. B. Weeber, 1989), die einem engeren Sportbegriff nicht zuzuordnen sind und dementsprechend von Sporthistorikern lange Zeit gemieden wurden. Eine Vorform der heutigen Sportgeschichtsschreibung im Sinne einer systematischen Aufarbeitung der als relevant erachteten bewegungskulturellen Phänomene entstand in Deutschland seit den 1880er Jahren als sogenannte Turngeschichtsschreibung (vgl. Langenfeld, 2010, S. 21-26). <?page no="79"?> 80 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Das deutsche Turnen war die bestimmende Form der Bewegungskultur der Deutschen seit dem Kaiserreich. Für die Vorturnerausbildung in der Deutschen Turnerschaft und für die Ausbildung der Schulturnlehrer an den Landesturnanstalten erarbeiteten Turnphilologen historische Darstellungen über die deutschen Leibesübungen von den Germanen über das Mittelalter bis hin zu Friedrich L. Jahn und die weitere Entwicklung des deutschen Turnens. Die Darstellungen dienten als Prüfungsstoff für Turnlehrerprüfungen und als Grundlage für Turnfestreden. Sie besaßen bisweilen einen begrenzten wissenschaftlichen Wert und dienten vor allem der turnerischen Identitätsbildung und der Legitimation gegenüber dem in Deutschland an Bedeutung gewinnenden englischen Sport. Für diese leibeserzieherisch ausgerichtete Turngeschichtsschreibung stehen Namen wie Lion, Rühl, Cotta, Euler und Wassmansdorf im deutschen Kaiserreich. In der Weimarer Zeit fand diese sporthistoriographische Ausrichtung ihre Nachfolger in den Werken Reclas, Neuendorffs sowie Saurbiers und Stahrs, die das völkisch-antisemitisch und großdeutsch ausgerichtete deutsche Turnen als die umfassende Form der deutschen Leibesübungen darstellten. Saurbier und Stahr (1939) verherrlichten die Leibeserziehung in den NS-Formationen und den Wettlauf mit der Gasmaske als Krönung deutscher Leibesübung. Sporthistoriographisch mehr als bedenklich sind deshalb die acht (! ) Neuauflagen Saurbiers aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren, die, gekürzt um die NS-verherrlichenden Abschlusskapitel, bis in die 1970er Jahre hinein als sporthistorisches Standardwerk für die akademische Ausbildung westdeutscher Leibeserzieher und Sportlehrer dienten. Ein Grund für die mangelhafte wissenschaftliche und kritische Qualität der deutschen Turn- und Sportgeschichtsschreibung lag vor allem in der fehlenden Anbindung an die Standards der deutschen Geschichtswissenschaft, die den Sport als Untersuchungsgegenstand erst viel später zu entdecken begann. Im Gegensatz hierzu begann der dynamische Ausbau einer akademisch breit ausgestellten Sportgeschichte in der DDR bereits in den 1960er Jahren. Historisch qualifizierte Autorenkollektive wurden von der SED- Führung beauftragt, die Geschichte der Körperkultur in Deutschland in systematischer Form aufzuarbeiten. Auf der Grundlage des marxistischen Geschichtsverständnisses des sogenannten historischen Materialismus sollte der Nachweis erbracht werden, dass die sozialistische DDR im Gegensatz zur kapitalistisch-reaktionären BRD in der Tradition der fortschrittlichen Kräfte der abendländischen und deutschen Geschichte stehe. Abgesehen von der indoktrinären und einseitigen ideologischen Grundausrichtung der Arbeiten, entstanden anspruchsvolle Grundlagenwerke von der Antike bis zur jüngeren deutschen und olympischen Sportgeschichte (vgl. Eichel, 1964-1973). Im wiedervereinigten Deutschland wurden die in der <?page no="80"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 81 Regel mit dem DDR-System ideologisch eng verbundenen DDR- Sporthistoriker „abgewickelt“ und in den Ruhestand versetzt. In Westdeutschland führte die Entwicklung einer millionenstarken Breitensportbewegung in den 1970er und 1980er Jahren sowie der systematische Spitzensportausbau im Vorfeld und im Nachgang der Olympischen Spiele von München 1972 zur Konstituierung der Sportwissenschaft als anerkanntes akademisches Fach in Forschung und Lehre. Die bestehenden akademischen Ausbildungseinrichtungen für Leibeserzieher wurden zu fachlich breit aufgestellten sportwissenschaftlichen Instituten und Fakultäten ausgebaut. Ein Wesensmerkmal der Sportwissenschaft war ihr interdisziplinärer Charakter mit sportmedizinischer, biomechanischer, trainingswissenschaftlicher, sportpädagogischer, sportpsychologischer, sportsoziologischer und sporthistorischer Ausrichtung. Im Rahmen dieser Querschnittswissenschaft spielte die Sportgeschichte zunächst eine durchaus bedeutsame Rolle. An allen größeren Instituten und Fakultäten war Sportgeschichte ein akademisches Lehrfach; Sporthistoriker stellten an vielen Standorten die Institutsleitung. In der 1976 gegründeten Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft bildete sich 1982 die Sektion Sportgeschichte, die auf einer Vielzahl von gut besetzten Tagungen ein breites sporthistorisches Themenspektrum behandelte. Anspruchsvolle Zeitschriften mit unterschiedlicher thematischer Schwerpunktsetzung („Stadion“, „Nikephoros“, „Sozial- und Zeitgeschichte des Sports“, „SportZeiten“) dienten als Sprachrohr für aktuelle sporthistorische Forschungsbeiträge. Wissenschaftsorganisatorisch war die Sportgeschichte angebunden an die Sportwissenschaft, forschungsmethodisch orientierte sie sich zunehmend an den Standards der deutschen Geschichtswissenschaft, mit der sie allerdings personell und organisatorisch bis heute wenig vernetzt ist. Ausgehend von den Impulsen des Bonner Sporthistorikers Bernett und des Bochumer Sporthistorikers Ueberhorst, folgten die akademischen Sporthistoriker dem Paradigmenwechsel in der deutschen Geschichtswissenschaft infolge der Umbrüche der 1968er Revolution: weg von der geisteswissenschaftlich ausgerichteten Staaten-, Personen- und Ereignisgeschichte hin zu einer sozial- und kulturhistorisch ausgerichteten (Sport-)Geschichte. Beeinflusst von den ideologie- und gesellschaftskritischen Impulsen der 1968er Revolution nahm eine neue Generation von Sporthistorikern seit den 1970er Jahren insbesondere die kritische Aufarbeitung des Sports im Nationalsozialismus in den Blick. In dieser problemgeschichtlichen, ideologiekritischen und sportpolitisch orientierten Perspektive folgten in den 1980er Jahren die Aufarbeitung der Geschichte der deutschen Arbeitersportbewegung und seit den 1990er Jahren die Aufarbeitung der DDR-Sportgeschichte. <?page no="81"?> 82 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Waren die 1980er Jahre die Hochzeit der deutschen Sportgeschichte in Hinblick auf ihre akademische Verankerung als anerkannte sportwissenschaftliche Teildisziplin, so führt die Sportgeschichte heute „eher ein Schattendasein unter den mächtigeren anderen Disziplinen der Sportwissenschaft“ (Krüger, 2005a, S. 9). Die Sportgeschichte liefert eine humanwissenschaftlich orientierte, nicht direkt verwertbare Grundlagenforschung innerhalb einer in weiten Teilen anwendungsorientierten Sportwissenschaft mit vielfältigen sportpraktisch und sportorganisatorisch umsetzbaren Erkenntnissen und Dienstleistungsfunktionen. In den aktuellen Studienordnungen sportwissenschaftlicher Ausbildungseinrichtungen ist nur noch selten Platz für Sportgeschichte. An der Mehrzahl der sportwissenschaftlichen Ausbildungseinrichtungen ist Sportgeschichte inzwischen weder inhaltlich noch personell verankert (vgl. Luh, 2004, S. 439-440). Gegenwärtig besteht noch eine einzige sporthistorische Professur an deutschen Universitäten und die Sektion Sportgeschichte in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft hat sich 2012 aufgelöst. Dem Niedergang der akademischen Sportgeschichte steht ein zunehmendes Interesse der Öffentlichkeit an sporthistorischen Themen gegenüber, wie Fernsehdokumentationen, sporthistorische Ausstellungen und die vielfältig nachgefragte historische Aufarbeitung der olympischen Geschichte und der Geschichte des Fußballs zeigen. Auch die Geschichtswissenschaft zeigt inzwischen Interesse an sporthistorischen Themen, auch wenn sich eine systematische Bearbeitung sporthistorischer Phänomene innerhalb der Mutterwissenschaft der Sportgeschichte nicht abzeichnet. Obwohl der Sport zu einem globalen und den Lebensalltag bestimmenden Phänomen geworden ist, gibt es an deutschen geschichtswissenschaftlichen Fakultäten Lehrstühle für Umwelt-, Technik-, Militär-, Gendergeschichte u. a., aber noch keinen Lehrstuhl für Sportgeschichte. 3.2.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportgeschichte Untersuchungsgegenstände und Themen der Sportgeschichte Wenn man sich mit der Bewegungskultur verschiedener Völker in unterschiedlichen Zeiten beschäftigt, muss die Bestimmung des Begriffs Sport weit gefasst sein. Sport wird deshalb im Folgenden verstanden „als ein nach festen Regeln ablaufender Umgang mit dem Körper, der immer verbunden ist mit den in der jeweiligen Zeit bestehenden kulturellen Normen und <?page no="82"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 83 Werten, der also zeitabhängig, demnach wandelbar und veränderbar ist“ (Beckers, 1995, S. 19). Die Untersuchungsgegenstände und Themen sporthistorischer Forschung sind nicht kanonisier- und eingrenzbar. Bewegungskulturelle Phänomene zu allen Zeiten und in allen Kulturen können mit unterschiedlichen Fragestellungen in den Blick genommen werden, z. B. das Bogenschießen der Pharaonen, die Leibeserziehung in Sparta, die antiken Olympischen Spiele, die Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen der Römer, das Schneeschuhlaufen der Germanen, die mittelalterlichen Ritterturniere, das Armbrustschießen städtischer Schützengilden, die frühneuzeitlichen Fußball- und Tennisspiele, barocke Tänze an Fürstenhöfen, die Gymnastik der Philanthropen, das Jahnsche Turnen, die Turnvereinsbewegung in der Zeit der 1848er Revolution, die Deutsche Turnerschaft im Kaiserreich, die Entwicklung des Schulsports, Coubertin und die moderne olympische Bewegung, die Entwicklung des Fußballs zum Massenphänomen und die sozialistische Arbeitersportbewegung in der Weimarer Zeit, die Anpassung und Gleichschaltung des deutschen Sports im NS, die Sportstrukturen in der BRD und in der DDR, der Strukturwandel der modernen olympischen Bewegung seit den 1980er Jahren, aber auch die Inlineskater auf der Kölner Domplatte, die Ballspiele der Maya, das japanische Sumo, ebenso wie die Geschichte von Sportarten, Sportverbänden oder die staatliche Sportpolitik u. v. m. Epocheneinteilung In der deutschen Sporthistoriographie werden sportliche Phänomene in der Regel dem abendländisch-europäisch orientierten, chronologischen Grundmuster von Antike, Mittelalter und Neuzeit zugeordnet. In ausdifferenzierter Form ergibt sich in abendländisch-deutscher Betrachtungsperspektive folgende chronologische Einteilung: Ursprungstheorien des Sports - die frühen Hochkulturen (z. B. Ägypten) - das antike Griechenland und Rom - Mittelalter - Renaissance, frühe Neuzeit und Aufklärung - das bürgerlich-industrielle Zeitalter des 19. Jhs. bis zum Ersten Weltkrieg - die Weimarer Zeit - die NS-Zeit und die Zeitgeschichte des Sports in DDR und BRD. Das für deutsche Sportstudierende aktuell maßgebende, dreibändige sporthistorische Übersichtswerk ist dieser Epocheneinteilung verpflichtet (vgl. Krüger, 2004, 2005a, 2005b). Wie auch immer verschiedene Periodisierungsschemata zur orientierenden Einordnung bewegungskultureller Phänomene aussehen, eine allgemeingültige Lösung für marxistisch, geistesgeschichtlich oder sozialwissenschaftlich orientierte Sporthistoriker, japanische, europäische oder arabische Sporthistoriker kann es nicht geben. Denn Epocheneinteilungen ergeben sich nicht <?page no="83"?> 84 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen sachlogisch aus sich selbst heraus, sondern sind das Ergebnis deutender Erklärung vergangenen Geschehens. Epocheneinteilungen haben immer ihren spezifischen didaktischen Wert, der reflektiert zu begründen ist (vgl. Becher, 1997, S. 127-128). Erkenntnistheoretische Besonderheiten sporthistorischen Arbeitens Die lebensweltliche Bedeutung historischen Denkens für den einzelnen Menschen wie für menschliche Gemeinschaften wurde bereits erläutert (vgl. Kap. 3.2.1). Welchen besonderen Nutzen das systematische, methodisch reflektierte, wissenschaftlich ausgeformte historische Denken und seine Verankerung in sportwissenschaftlichen Studiengängen bringen, welche erkenntnistheoretischen Besonderheiten die (Sport-)Geschichtswissenschaft aufweist und was die methodischen Arbeitsschritte einer sporthistorischen Untersuchung sind, wird im Folgenden nachgezeichnet. Zunächst ist festzustellen, dass das wissenschaftlich geformte historische Denken ähnliche Denkoperationen umfasst wie das alltägliche historische Denken. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass bei der alltäglichen Form historischen Denkens Orientierungsbedürfnis, deutendes Erinnern und erzählende Sinnstiftung in der Regel eine unreflektierte, ineinander verwobene Einheit bilden (vgl. Abb. 7), etwa die lamentierende Aufarbeitung eines gerade erlebten Fußballspiels in der Stammkneipe des Lieblingsvereins. Orientierungsbedürfnis, deutendes Erinnern und erzählende Sinnstiftung spielen zwar auch bei einer wissenschaftlichen Untersuchung zur Aufarbeitung eines sporthistorischen Phänomens eine zentrale Rolle. Aber die Operationen sporthistorischer Forschung, die einer solchen Analyse zugrunde liegen, treten reflektiert und methodisch geregelt auseinander, um den Plausibilitätsgehalt und den Objektivitätsanspruch der zu gewinnenden Erkenntnisse zu steigern (vgl. Abb. 8). Hierbei erweisen sich der Objektivitätsanspruch historischer Erkenntnis und „das Verhältnis von Fakten und Interpretation [als das methodologische] Kernproblem der Geschichtstheorie“ (Lorenz, 1997, S. 18-19). Dieses Kernproblem wird anhand der Arbeitsweise eines Sporthistorikers offensichtlich, der anhand eines Augenzeugenberichts das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954 in Bern untersuchen möchte. Welche „Realität“ gibt die ausgewählte Primärquelle des Augenzeugenberichts („Realität der Quelle“) mit Blick auf das „tatsächliche Ereignis“ („Realität des Geschehens“) überhaupt wieder? Interpretiert der Historiker den vorliegenden Augenzeugenbericht korrekt („Realität der Interpretation“) bzw. würde ihn <?page no="84"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 85 ein anderer Historiker nicht ganz anders deuten? Der Historiker ordnet die interpretierten Aussagen des Augenzeugenberichts in Form einer sprachlichen Darstellung. Aber was hat die „Realität der sprachlichen Darstellung“, die zudem von jedem Leser unterschiedlich verstanden werden kann („Realität der rezipierten Darstellung“), mit der „Realität des Endspiels“ überhaupt noch zu tun? Und wie steht es dann mit der Aussage von Leopold v. Ranke (1795-1886), einem der Begründer der deutschen Geschichtswissenschaft, dass es die Aufgabe des Historikers sei, zu zeigen, wie es wirklich gewesen ist? Leopold v. Ranke war als Vertreter des sogenannten Historismus der Ansicht, dass man sich nur lange und tief genug in die historischen Quellen versenken müsse, um die „Realität“ vergangenen Geschehens verstehend zu ergründen (vgl. Krüger, 2005a, S. 14). In einer radikalen Auslegung des methodologischen Kernproblems historischer Erkenntnis verwerfen postmoderne Vertreter des sogenannten „linguistic“ oder „cultural turn“ jeden historischen Objektivitätsanspruch. Es gebe keine objektiven historischen Entwicklungen, die über erhaltene Quellen objektiv zu rekonstruieren sind. Geschichte ist demnach eine subjektive, gedanklich-narrative Konstruktion eines Historikers auf der Grundlage subjektiv gefärbter Hinterlassenschaften vergangenen Geschehens. Dementsprechend ist die Geschichtsschreibung genauso fiktiv wie z. B. die Poesie oder andere Formen der Literatur (vgl. Lorenz, 1997, S. 153-176; Luh, 2004, S. 444-445.). Im Angesicht dieser methodologischen Herausforderungen an den historischen Erkenntnisgewinn werden im Folgenden die spezifische Form der (möglichen) historischen Objektivität und die gesteigerten Vernunftchancen methodisch geregelten, wissenschaftlich verfassten historischen Denkens herausgearbeitet. Historische Methode Die Historische Methode konstituiert sich in der „Gesamtheit der Regeln des historischen Denkens. Sie bestimmen die Verfahren, nach denen die menschliche Vergangenheit als Geschichte vergegenwärtigt wird“ (Rüsen 1997, S. 140). Der Begriff Historische Methode ist hierbei sehr weit gefasst und meint die übergreifenden methodischen Operationen eines historischen Forschungsprozesses, der die „Vielfalt der methodischen Verfahren, mit denen überprüfbar Informationen über die Vergangenheit aus deren empirischer Bekundung gewonnen werden“ (Rüsen, 1986, S. 92), einschließt. In diesem Sinne sind dem sogenannten Dreischritt von Heuristik, Kritik und Interpretation (vgl. Abb. 8) nicht nur qualitative (hermeneutischquellenkritische und inhaltsanalytische) Verfahren, sondern auch quantita- <?page no="85"?> 86 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen tiv-statistische Vorgehensweisen zuzuordnen, abhängig von der Fragestellung des Forschenden und den relevanten Quellenbeständen. Die methodischen Operationen historischen Forschens sind wie folgt zu kennzeichnen: Gesellschaftliche Relevanz, Erweiterung des Forschungsstandes, Durchführbarkeit Systematische Sammlung und Klassifikation relevanter Quellen Datenerhebung Quellenkritische Erhebung von Informationen aus den verfügbaren Quellen Datenverarbeitung Sinnhafte Verknüpfung der Infos bzgl. der Fragestellung, narrative Erklärung historischer Veränderungen Datenauswertung Vermittlung einer sinnhaften Vorstellung historischer Veränderung, argumentativ reflektierend, offen für Erkenntnisfortschritt Fragestellung Heuristik Kritik Darstellung D r e i s c h r i t t Interpretation Abb. 8: Die methodischen Operationen historischen Forschens (Luh, 2004, S. 447) Thematisierung und Fragestellung: Am Anfang einer (sport-)historischen Untersuchung (vgl. Rohlfes, 1997, S. 79-88) steht das historisch-zeitliche Orientierungsbedürfnis des forschenden Historikers und seiner Rezipienten. Aus ihm erwachsen erkenntnisleitende Interessen, die in Form von Arbeitshypothesen oder Fragestellungen ausformuliert und offen gelegt werden. Die Qualität der Fragestellungen bzw. Arbeitshypothesen entscheidet maßgebend über die Qualität des Forschungsprozesses insgesamt (vgl. Rüsen, 1986, S. 102-105.). Kriterien für sinnvolle Fragestellungen sind <?page no="86"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 87 die gesellschaftliche Relevanz der Fragestellungen, d. h. ihre Bedeutung für das menschliche Orientierungsbedürfnis, die Orientierung der Fragestellungen am Stand der bereits geleisteten Forschung, so dass eine Wissens- und Erkenntniserweiterung möglich wird und die methodische Durchführbarkeit der geplanten Untersuchung vor dem Hintergrund der vorhandenen Ressourcen der/ des Forschenden. Beispielsweise ist der weitere Erkenntnisgewinn bezüglich des Dopingsystems und der Dopingpraxis im Leistungssport der DDR und in der BRD von erheblicher gesellschaftlicher Relevanz für die Vielzahl der heute in sehr unterschiedlicher Weise von diesem historischen Phänomen Betroffenen: für die Geschädigten und Gedopten selber, für die damit befassten Juristen und für ehemalige und heutige Verbandsverantwortliche und Sportmediziner bezüglich ihres Umgangs mit Doping. Von der sporthistorischen Forschung bereits aufgearbeitet sind insbesondere das System des Dopings in der DDR und seine zentralen sportpolitischen und institutionellen Steuerungsmechanismen (vgl. Spitzer, 1998a, S. 405-416). Weiterführende Erkenntnisse dagegen sind von personenbezogenen, lokalen Fallstudien mit Blick auf Opfer, Täter und Handlanger zu erwarten (vgl. Spitzer, 2007). Wünschenswerte flächendeckende Feldstudien über die Form der regionalen und lokalen Umsetzung der Dopingpraxis in den Sportclubs und Kinder- und Jugend-Sportschulen sind allerdings forschungspragmatisch nur mit erheblichen personellen und materiellen Ressourcen zu leisten. Die Besonderheiten und die Praxis des Dopings in der BRD im Vergleich zur DDR sind dagegen überhaupt erst ansatzweise erforscht (vgl. Blume, 2012). Heuristik Ausgehend von seinen Fragestellungen und Arbeitshypothesen, begibt sich der Historiker auf die Suche nach Informationsquellen aus der Vergangenheit. Als Quellen sind hierbei alle historischen Hinterlassenschaften anzusehen, die Informationen und Erkenntnisse zu der bearbeiteten Fragestellung liefern können (vgl. Brandt, 2007, S. 48-64). Möglichst alle relevanten Quellenbestände werden gesammelt, gesichtet, klassifiziert und hinsichtlich ihres Informationsgehalts eingeschätzt. Unterschiedliche Quellenarten sind bezüglich des methodischen Umgangs mit ihnen sorgfältig zu unterscheiden, wobei der Historiker - bis auf die systematische Befragung von Zeitzeugen in der Oral History - auf die Untersuchung von Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit angewiesen ist. In der Vergangenheit eigens zum Zwecke der Überlieferung geschaffene Hinterlassenschaften werden als Tradition klassifiziert (z. B. Siegerstatuen <?page no="87"?> 88 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen antiker Olympioniken im Heiligen Hain von Olympia, die Turngeschichtsschreibung des 19. Jh., Autobiographien von Sportfunktionären), im Gegensatz zu sogenannten Überresten, die nicht eigens zum Zwecke der Überlieferung hinterlassen wurden (z. B. altägyptische Kompositbögen, das römische Kolosseum, Sportbekleidung, Sitzungsprotokolle oder Briefwechsel aus dem Schriftgut des Nationalsozialistischen Reichsbunds für Leibesübungen). Gegenständliche Quellen (z. B. Sportstadien, Sportgeräte, mumifizierte Tote) sind von schriftlichen Quellen zu unterscheiden (z. B. die Sportberichterstattung in Zeitungen, Vereinsprotokolle, Festschriften, Vereinsregister, Mitgliederlisten, behördliches Schriftgut, Tagebücher, Verbandszeitschriften, Texte von Fangesängen in Fußballstadien, Gemälde und Fotos mit sportlichen Themen). Kritik „Mit der Quellenkritik betritt die historische Forschung den festen Boden der Tatsächlichkeit der historischen Erkenntnis … Die Quellenkritik ist das Nadelöhr zur historischen Objektivität“ (Rüsen, 1986, S. 107). Daten über vergangene menschliche Handlungen, Zustände und Entwicklungen werden intersubjektiv überprüfbar aus den empirischen Hinterlassenschaften der Vergangenheit erhoben und belegt, wodurch der Plausibilitätsgehalt der wissenschaftlich verfassten Geschichtsschreibung gesteigert wird. Bei hermeneutisch zu erschließendem, „klassischem“ Quellenmaterial (sport-)historischer Untersuchungen ist zunächst dessen Echtheit und Vollständigkeit zu überprüfen (äußere Quellenkritik). Abzuklären ist zudem: Wer ist der Urheber einer Quelle und was waren dessen Ziele? Wann, wo und in welchem zeitgeschichtlich-gesellschaftlichen Kontext ist die Quelle entstanden und wer waren die Adressaten? Vor diesem Hintergrund ist der Informationsgehalt der Quelle und seine innere Stimmigkeit zu erfassen (innere Quellenkritik). Fremdsprachige Quellen sind zu übersetzen, vorkommende Begriffe, Symbole, Personen u. a. sind abzuklären (vgl. Rohlfes, 1997, S. 82-87; Rüsen, 1986, S. 107-110). Interpretation Mit Bezug auf die forschungsleitenden Fragestellungen werden die quellenkritisch gewonnenen Informationen aus der Vergangenheit zu einer Vorstellung von der Veränderung gesellschaftlicher Zustände, Lebensbedingungen und menschlicher Handlungen in der Form einer historischen Erklärung verknüpft (vgl. Rohlfes, 1997, S. 83-85; Rüsen, 1986, S. 22-46, 111-115). Der Forschende muss sich hierzu in die vergangene Zeit hineinversetzen und gesellschaftliche Zustände und menschliche Vorstellungen nachvollziehend verstehen. Teil dieses hermeneutischen Prozesses sind <?page no="88"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 89 allerdings ebenso das Wiederauftauchen aus den vergangenen Zeiten und die Konfrontation des Vergangenen mit den Wertmaßstäben der eigenen Gegenwart bei der Interpretation und Verknüpfung der quellenkritisch gesammelten Informationen. Historische, aber auch sozial- oder sprachwissenschaftliche Theoriebildungen, Modelle und Kategorien unterschiedlicher Reichweite können hierbei hilfreich sein (vgl. Lorenz, 1997, S. 356-359; Rohlfes, 1997, S. 68-76; Rüsen, 1986, S. 65-79). Beispielsweise sind die Unterschiede zwischen dem frühneuzeitlichen Fußballspiel in England, dem „Hurling“, und unserem heutigen Fußballspiel genauer und gehaltvoller zu beschreiben und zu erklären, wenn man Modernisierungs- oder Zivilisationstheorien hinzuzieht, um die quellenkritisch erhobenen Informationen zu den überlieferten Spielpraktiken zu deuten (vgl. Dunning, 1973, S. 227-232; Elias & Dunning, 2003, S. 316-337). „Vormoderne“ und „moderne“ sportliche Verhaltensweisen von Zuschauern und Spielern können dann klar voneinander abgegrenzt, typisiert und analytisch erklärt werden. Und die theoriegeleitete Verwendung historischer Begriffe wie Anpassung und Widerstand (vgl. Rüsen, 1986, S. 80-86) ermöglicht eine differenziertere Deutung der quellenkritisch erhobenen Informationen zum Verhalten bürgerlicher, sozialdemokratischer und kommunistischer Sportfunktionäre im Zeitraum der nationalsozialistischen Machtergreifung und Herrschaftssicherung. Darstellung Die historische Darstellung vermittelt die im Forschungsprozess gewonnene Vorstellung von der menschlichen Vergangenheit in Form einer Geschichte, deren Darstellung adressatenorientiert dem historischen Orientierungsbedürfnis der betroffenen Menschen entsprechen sollte. Hierbei hat eine „wissenschaftliche Geschichte“ ihren Argumentationsgang zu reflektieren sowie offene Fragen aufzudecken, damit der Erkenntnisfortschritt historischer Forschung in Gang gehalten wird (vgl. Rüsen, 1997, S. 141-142). Die besonderen Leistungen eines wissenschaftlich ausgeformten, methodisch geregelten (sport-)historischen Denkens umfassen demnach: die Offenlegung der forschungsleitenden Fragestellungen, die begründete, möglichst umfassende, in einem hermeneutischen Zirkel zu erweiternde Suche und Bearbeitung relevanter Quellenbestände, die Offenlegung der Werte und Normen, auf deren Grundlage die aus den Quellen ermittelten Informationen interpretiert werden und das Mitdenken anderer, ergänzender und erweiternder, aber auch konkurrierender Argumentationen, so dass es zu einer Perspektivenerweiterung in der eigenen Bewertung vergangenen Geschehens kommen kann. <?page no="89"?> 90 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Die historische Methode führt nicht zu universalen, objektiv gültigen, einheitlichen Aussagen und Deutungen im Sinne einer Produktobjektivität. Die historische Objektivität, die durch wissenschaftlich verfasstes historisches Denken ermöglicht wird, ist eine als Begründungsobjektivität bezeichnete Form (vgl. Lorenz, 1997, S. 371-373, 393-395.). In diesem Sinne sind der zu leistende „Wahrheitsanspruch“ und „Objektivitätsanspruch“ historischen Denkens zu verstehen (vgl. Rüsen, 1983, S. 76-84), auch im Angesicht der Herausforderungen durch den postmodernen „linguistic turn“. Theoretische Konzepte und Forschungsrichtungen in der Sportgeschichte Ein Großteil der Sporthistoriographie orientiert sich an dem klassischhermeneutischen Verfahren einer geisteswissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft, bei dem es um die Rekonstruktion der Vergangenheit auf der Grundlage systematisch erfasster Quellenbestände geht, ausgehend von heute interessierenden Fragestellungen. Bei den stärker sozialwissenschaftlich orientierten Konzepten in der Sporthistoriographie geht es dagegen eher um die theoretisch begründete Um- und Neustrukturierung der quellenkritisch, inhaltsanalytisch und auch statistisch-quantitativ erhobenen Datenbestände (vgl. Rohlfes, 1997, S. 74-76). Folgende Konzepte der Gesellschaftsgeschichte, der Zivilisationsgeschichte und der Körpergeschichte werden in diesem Zusammenhang skizziert. Die sogenannte Gesellschaftsgeschichte des Sports beschäftigt sich vor allem mit dem leistungs-, rekord- und wettkampforientierten modernen Sport, wie er seit dem 19. Jahrhundert von England ausgehend Verbreitung fand. Der Gesellschaftsgeschichte des Sports geht es um die Analyse der Austauschbeziehungen und der Wechselwirkungen des Sports mit anderen gesellschaftlichen Teilbereichen, z. B. Wirtschaft, Medien, Politik, Erziehungs- und Gesundheitssystem. Neben hermeneutischquellenkritische Verfahren des Erkenntnisgewinns treten vor allem statistisch-quantitative und inhaltsanalytische Verfahren, mit denen Zuschauerzahlen, Verbandsmitgliedschaften, soziale Schichtungen im Sport, der Wandel von Sporteliten, Einkommensstrukturen, Mentalitätsverschiebungen u. a. erfasst werden (vgl. Eisenberg, 2010, S. 96-99). Der Sport wird hierbei als autonomes Handlungssystem mit eigener Identität verstanden, das aufgrund seines Eigenwelt- und Spielcharakters Alleinstellungsmerkmale besitzt und Leistungen erbringt, die von keinem anderen gesellschaftlichen Teilbereich erbracht werden (vgl. Schimank, 1995). Der Sport wird in dieser Perspektive als eine der zentralen „Liga- <?page no="90"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 91 turen“ gesehen, die Individuen und gesellschaftlichen Gruppen in großen Nationalstaaten und darüber hinaus global über Kontinente hinweg miteinander verbinden (vgl. Eisenberg, 2010, S. 100-101). Beispiele hierfür sind der mediale Konsum eines Championsleague-Spiels von Bayern München in Singapur, Kapstadt und Oman oder die globale Wahrnehmung des 100-m-Sieges von Usain Bolt bei den Olympischen Spielen in London 2012. Geht es bei der Gesellschaftsgeschichte des Sports eher um Strukturen und Funktionen des Sports in der modernen Gesellschaft, beschäftigt sich die Zivilisationsgeschichte des Sports stärker mit der Erklärung langfristiger bewegungskultureller Wandlungen (vgl. Krüger, 2010b). Die zivilisationsgeschichtliche Betrachtungsweise des Sports in ihren unterschiedlichen Varianten stammt ursprünglich von Vertretern der Kultursoziologie und der Kulturgeschichte (Elias; Eichberg) sowie der Kulturanthropologie (Nitschke) und hat von hier aus ihre Wirkung in der Sportgeschichte entfaltet. Nach Elias, einem der Hauptvertreter der Zivilisationstheorie, ist der Mensch ein von Trieben und Affekten bestimmtes Wesen. Der Prozess der Zivilisation, der verbunden ist mit Bevölkerungswachstum, der Zunahme arbeitsteiliger Arbeitsformen und immer dichterer Kommunikation, erfordert eine Zunahme von Trieb- und Affektkontrollen sowohl auf der Ebene des einzelnen Individuums (Psychogenese) als auch auf der Ebene der Gesellschaft (Soziogenese). Die Zunahme der Gewaltkontrolle beim englischen Fußballspiel vom ausgehenden Mittelalter bis in die Moderne (vgl. Elias & Dunning, 2003, S. 216-237) oder die Zunahme der Gewaltkontrolle vom antiken olympischen Boxen bis zum modernen Boxen im 19. Jh. sind für Elias Ausdruck eines solchen Zivilisationsprozesses. In der zivilisationstheoretischen Perspektive kommt es zu weitreichenden Vernetzungen der Sportgeschichte, der Sitten- und Verhaltensgeschichte und auch der politischen Geschichte. Für Elias sind beispielsweise die frühe Versportlichung der Bewegungskultur wie die frühe Staatenbildung und Parlamentarisierung in England die Kehrseiten der gleichen Medaille. Denn sowohl bei der sportlichen als auch bei der politischen Auseinandersetzung ging es um den reglementierten Kampf um Macht und Interessen, um die Akzeptanz von Schiedsrichterentscheidungen, um Sieg und Niederlage, um die faire Behandlung des Unterlegenen und dessen erneute Chance bei einer möglicherweise folgenden Auseinandersetzung. <?page no="91"?> 92 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Zivilisationstheoretische Ansätze finden in der Sportgeschichte zunehmend Verwendung etwa zur Aufarbeitung der Entwicklung von Gewalt im Zuschauersport (vgl. Dunning, Murphy & Williams, 1990), bei der Geschichte des Tanzes (vgl. Klein, 1992) oder bei der Entwicklung von Geschlechterbeziehungen im Sport (vgl. Malcolm & Waddington, 2008). Die Körpergeschichte hat als Forschungsrichtung ihren Platz in der Sportwissenschaft, aber auch in anderen Wissenschaftsdisziplinen wie der Soziologie, der Kunstgeschichte oder der Medizingeschichte (vgl. Wedemeyer- Kolwe, 2010). Der Körper ist nach dieser Forschungsrichtung nicht eine aus sich heraus bestehende biologisch-funktionelle Gegebenheit. Vielmehr drücken sich die verhaltensbestimmenden Werte und Normen einer Gesellschaft oder gesellschaftlicher Gruppen in der Konstruktion von Körperleitbildern aus, die über Medien und intentionale oder informelle Erziehungsprozesse wirksam werden. Die Körpergeschichte fragt nach den politischen Körperidentitäten der jeweils betrachteten Zeit, nach schichten- und geschlechtsspezifischen Körperidentitäten und nach ihrer sozialen Konstruktion. Beispielsweise fanden die Tendenzen zur Disziplinierung, Formalisierung und Nationalisierung im frühen deutschen Kaiserreich im deutschen Turnen ihren körpergeschichtlichen Ausdruck (vgl. Krüger, 1996; Pfister, 1997). Wurde der rationell gestaltete, spezialisierte Sportkörper von den Zeitgenossen in der Weimarer Republik als typisches Modell für den Menschen des modernen Industriezeitalters begriffen (vgl. Becker, 2000), verstärkte sich im Nationalsozialismus die Polarisierung in der geschlechtsspezifischen Körperkonstruktion von Frauen und Männern (vgl. Czech, 1994) und es kam zu einer ideologisch begründeten Inszenierung arischer Körperlichkeit (vgl. Wildmann, 1998). In der heutigen Zeit ist die Körperinszenierung der postmodernen Fitness- und Wellnesskultur ein zentrales Thema der Körpergeschichte. 3.2.4 Verhältnis der Sportgeschichte zur Sportpraxis Für das Verhältnis der Sportgeschichte zur Sportpraxis ist zunächst festzuhalten, dass Sportgeschichte keinen direkten „Nutzen“ etwa für die Konzeption schulischen Sportunterrichts, für die Gestaltung eines Trainingsprozesses, für die rehabilitative Behandlung von Sportverletzungen oder für die inhaltliche und organisatorische Neukonzeption eines Sportvereinsangebotes bietet. Anknüpfend an die Ausführungen zu anthropologischen Bestimmung des Menschen als „Homo historicus“ und anknüpfend an die Herausarbeitung unterschiedlicher Orientierungsleistungen (sport-)historischen Denkens (vgl. Kap. 3.1.1), wird das Verhältnis der Sportgeschichte zur Sportpraxis anhand des Praxisbeispiels Kinder und Jugendliche im DDR-Spitzensport konkretisiert. <?page no="92"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 93 Will ein Sporthistoriker ein komplexes gesellschaftliches Teilsystem wie den (Nachwuchs-)Leistungssport in der DDR untersuchen, muss er sich vorher selbst Klarheit über aktuelle Fragen und Bezüge seines Untersuchungsgegenstands verschaffen. Eine solche Klärung ist ein zentraler Bestandteil des historisch-hermeneutischen Erkenntnisprozesses. Denn vor allem „unsere Selbsterfahrung verschafft uns einen Zugang zur Fremderfahrung, und diese wiederum ermöglicht uns Selbsterfahrung“ (Rohlfes, 1997, S. 72), so ein erkenntnistheoretischer Grundsatz der Hermeneutik. In diesem Sinn erfordert und fördert der analysierende und bewertende Blick auf das medaillenträchtige Nachwuchs-Leistungssportsystem der DDR die selbstkritische Klärung der eigenen leistungssportlichen Wertmaßstäbe und die Klärung der eigenen leistungssportlichen Zielvorstellungen auf Seiten des forschenden Sporthistorikers: Wie wichtig ist einer Gesellschaft bzw. dem kritisch wertenden Sporthistoriker der Erfolg bei Olympischen Spielen und welche materiellen und personellen Mittel bzw. zentralen Steuerungsmaßnahmen möchte bzw. soll eine (freie) Gesellschaft hierfür einsetzen? Ist die Zielvorstellung von Goldmedaillen oder Endkampfteilnahmen in allen medaillenträchtigen Sportarten überhaupt sportethisch sinnvoll und erstrebenswert? Sind Spitzenerfolge in allen Sportarten wirklich erwünscht, auch in Sportarten, in denen hochleistungssportliche Trainingsmaßnahmen schon im frühen Kindesalter notwendig bzw. Dopingmaßnahmen weitverbreitet sind? Ist eine medial orientierte Gesellschaft bereit, auch fünfzehnte Plätze im Turnen der Frauen bzw. Kugelstoßen der Männer anzuerkennen? Die sporthistorische Aufarbeitung der Zwangsdelegierung von Kindern und Jugendlichen an Trainingszentren und Sportschulen bzw. deren Zwangs-Ausdelegierung ohne Beteiligung der Erziehungsberechtigten wie in der DDR sind in einer freien Gesellschaft im Sinne einer humanen Spitzensportförderung nicht denkbar, ebenso wenig die staatlich diktierte Beschränkung von olympisch (nicht) geförderten Sportarten oder gar das staatlich organisierte System eines flächendeckenden Zwangsdopings. Auf ganz andere Weise inhuman ist aber auch ein freiheitlich-demokratisches Leistungssportsystem, das junge, hochmotivierte Menschen, die bereit sind, die spitzensportlichen Strapazen und Unsicherheiten auf sich zu nehmen, organisatorisch, materiell und personell nicht optimal fördert (vgl. Gienger, 2008, S. 5-6). Inhuman ist deshalb auch ein teures, ineffizientes System des Nachwuchsleistungssports mit Mängeln in der organisatorischen Abstimmung von föderaler und zentraler Talentsichtung/ Talentförderung über Landes- und Bundeskader, mit Mängeln bei der Erstellung und Umsetzung von Rahmentrainingsplänen für Kaderstufen, mit strukturellen Mängeln bei der Arbeit und Zusammenarbeit von Olympiastützpunkten, Verbands- <?page no="93"?> 94 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen stützpunkten, schulischen Bildungsstätten und sportwissenschaftlicher Forschung (vgl. Emrich et al., 2008). Am Beispiel der sporthistorischen Untersuchung des Kinder- und Jugend-Spitzensports in der DDR wird eine fundamentale Bedeutung der historischen Perspektive deutlich: Indem der historisch-hermeneutisch denkende Mensch auf der einen Seite in die Strukturen und Entwicklungen des DDR-Nachwuchssports nachvollziehend eintauchen und auf der anderen Seite kritisch interpretierend und wertend wieder auftauchen muss, ist er gezwungen, seine eigenen Positionen zu zentralen Untersuchungsfragen zu klären und weiterzuentwickeln. Der historisch forschende Blick auf das zeitlich „Andere“ wird damit zu einem reflektierenden Blick auf die eigene Identität. Praxisbeispiel: Kinder und Jugendliche im DDR-Spitzensport aus sporthistorischer Perspektive Bundesdeutsche Sportwissenschaftler beschäftigen sich mit Blick auf das Themenfeld Kinder und Jugendliche im Spitzensport ausführlich mit sportmedizinischen, trainingswissenschaftlichen, biomechanischen, sportpsychologischen, sportsoziologischen und sportpädagogischen Aspekten. Aus sporthistorisch-entwicklungsgeschichtlicher Perspektive ist eine kritische Aufarbeitung des Themenbereichs Kinder und Jugendliche im Spitzensport der BRD bislang nicht erfolgt. Dagegen haben sich bundesdeutsche Sporthistoriker vergleichsweise umfassend mit dem Spitzensport von Kindern und Jugendlichen in der DDR beschäftigt. Das sportpolitisch-zeitgeschichtlich motivierte Erkenntnisinteresse der Sporthistoriker galt hier insbesondere der Frage, wie es möglich war, dass ein Land mit nur 17 Mio. Einwohnern neben den bevölkerungsreichen Großstaaten USA und UDSSR zu einer der drei führenden Welt-Sportnationen bei den Olympischen Spielen von 1972 bis 1988 aufsteigen konnte. Der Grund für die spitzensportliche Leistungsfähigkeit der DDR lag in einem weltweit einmaligen, zentral gesteuerten und flächendeckend umgesetzten Talentsichtungs- und Talentfördersystem, das lückenlos alle Kinder vom frühen Schulkindalter bis zum jungen Erwachsenen erfasste. Ziele waren die leistungssportliche Überflügelung des westdeutschen Konkurrenten und die internationale Anerkennung der DDR als sozialistisches deutsches Staatswesen. Die systematische Förderung jugendlicher Talente im Sport begann in der DDR auf Anregung von Walter Ulbricht und des SED- <?page no="94"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 95 Zentralkomitees Anfang der 1950er Jahre. Über den Weg des Leistungssports sollte in der Zeit des Kalten Kriegs die Überlegenheit des sozialistischen Gesellschaftsmodells demonstriert werden. Auf Beschluss des ZK der SED erfolgte seit 1952 die Eröffnung der ersten Kinder- und Jugendsportschulen (KJS) in Berlin, Leipzig, Brandenburg und Halberstadt. Bis Ende der 1950er Jahre waren die KJS frei zugängliche allgemeinbildende Schulen für sportbegabte Schüler mit erweitertem Turn- und Sportunterricht. Ihre leistungssportorientierte Ausrichtung und internatsmäßige Abschließung erfolgte erst in den 1960er Jahren nach der Gründung des Deutschen Turn- und Sportbunds der DDR (DTSB) und der endgültigen Teilung Deutschlands durch den Bau der Mauer (vgl. Hartmann, 1998, S. 121-122). Weitere Elemente des entstehenden leistungssportlichen Systems für Kinder und Jugendliche in der DDR waren seit 1965 die Spartakiadebewegung, die in der Folgezeit eingerichteten 1.700 Trainingszentren (TZ) für Schulkinder in allen größeren Städten und Gemeinden der DDR, das Programm der Einheitlichen Sichtung und Auswahl für die Trainingszentren und Trainingsstützpunkte des DTSB der DDR (ESA) seit Anfang der 1970er Jahre, die den sogenannten Sportclubs angeschlossenen 25 Kinder- und Jugendsportschul-internate, das Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport (FKS), der Sportmedizinische Dienst (SMD) und die Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (FES). In den 1970er Jahren wurden die einzelnen Elemente der Talentsuche und Talentförderung im Spitzensport der DDR auf Beschluss des ZK der SED unter der Ägide des DTSB-Vorsitzenden und ZK-Mitglieds Manfred Ewald zu einem effizienten, eng miteinander verzahnten und hocheffektiven System der Spitzensportförderung zusammengeschlossen (vgl. Hartmann, 1998; Teichler & Reinartz, 1999; Reichelt, 2006). Garanten des internationalen Erfolgs waren u. a. Tausende von akademisch qualifizierten, hauptamtlich bezahlten Trainern, politisch gesteuerte einheitliche Umsetzungskonzepte, die Konzentration des Leistungssports auf medaillenträchtige olympische Sportarten, aber auch ein systematisch durch den Staat organisiertes, flächendeckendes Zwangsdopingsystem, das bei Kindern und Jugendlichen in den KJS einsetzte (vgl. Seppelt & Schück, 1999), und die bereits in den Trainingszentren beginnende systematische Überwachung durch Spitzel (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (vgl. Spitzer, 1998b, S. 127-131). Mit Blick auf die in Kap. 3.2.3 vorgestellten sporthistorischen Konzepte sind Sporthistoriker bei der Erforschung des Kinder- und Jugend-Spitzensports der DDR unterschiedliche Wege gegangen. Die <?page no="95"?> 96 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen empirische Datengrundlage lieferte hierbei zweifellos die hermeneutisch orientierte Primärquellenanalyse. Fragestellungen der Sporthistoriker betreffen beispielsweise die organisatorische Struktur der KJS, deren Wandel vom offenen Schulbetrieb zum Internat, die Finanzierung der Sportclubs, die Auswahl der Schulkinder für die Delegierung in die Trainingszentren, den Umfang der politischen Kontrolle der KJS. Quellengrundlage hierzu sind z. B. zeitgeschichtliche Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften der DDR, Reden der Parteivorsitzenden, Protokolle von Sitzungen des ZK der SED, Briefwechsel zwischen Funktionsträgern des Systems, Haushaltsunterlagen der TZ/ KJS, Trainingspläne der Sportverbände, sogenannte Treffberichte von Stasi-Mitarbeitern (IM), Gutachten und Protokolle von Sportärzten des Sportmedizinischen Dienstes, Trainingstagebücher von jungen Sportlern, Zeitzeugeninterviews mit ehemaligen TZ/ KJS-Schülern und TZ/ KJS-Trainern. Bei der Analyse von Handlungsspielräumen von Trainern und jungen Athleten im Spitzensportsystem der DDR von 1952 bis 1989 war der theoretische Ansatz von „Herrschaft und Eigensinn“ (vgl. Teichler, 2001; Spitzer, 2007) zur interpretativen Bewertung des Primärquellenbefunds hilfreich. In diesem Zusammenhang kommen biographiegeschichtliche historische Forschungsansätze auf der Grundlage von Zeitzeugeninterviews mit ehemaligen TZ- und KJS-Schülern, mit ehemaligen Trainern und KJS-Schuldirektoren zum Tragen (vgl. Delow, 1999; Wiese, 2012). Eher entwicklungsgeschichtlich orientierte Untersuchungen stellen die Veränderungen in der Funktion, Organisation, Ausstattung und Arbeitsweise der KJS von 1952 bis 1990 im jeweiligen zeitgeschichtlichen Zusammenhang in den Vordergrund. Eher struktur- und gesellschaftsgeschichtlich orientierte Ansätze vernetzen das System des DDR-Nachwuchsleistungssports und dessen innen- und außenpolitische, ökonomische, erzieherische, mediale Implikationen mit den Bereichen von DDR-Innenpolitik, DDR-Außenpolitik, DDR- Ökonomie und DDR-Erziehungssystem (vgl. Niese, 1997; Teichler & Reinartz, 1999). Lokalgeschichtliche Einzelfallstudien zu einer bestimmten KJS oder einem TZ stellen den Alltag des Kinder- und Jugend-Leistungssports als ergänzendes Korrektiv zu strukturgeschichtlichen Ansätzen in den Vordergrund. Komplexe Untersuchungen zum Thema Kinder- und Jugendleistungssport in der DDR verbinden die unterschiedlichen entwicklungs-, struktur-, biographie-, alltags- und lokalgeschichtlichen Forschungsansätze gewinnbringend miteinander (vgl. Wiese, 2012). <?page no="96"?> Sportgeschichte (Andreas Luh) 97 Kontrollfragen [1] Der Mensch kann sich als denkendes Wesen an Vergangenes erinnern und Zukunftsvorstellungen entwickeln. Erläutern Sie die Bedeutung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für die Identitätsbildung des Menschen. [2] Sporthistoriker können auf verschiedenartige Orientierungsleistungen historischen Denkens verweisen. Nennen Sie vier dieser Orientierungsleistungen und erläutern Sie eine davon genauer. [3] Sportgeschichte war noch in den 1980er Jahren eine bedeutsame Teildisziplin der Sportwissenschaft. Skizzieren Sie die Stellung der Sportgeschichte dieser Zeit und erläutern Sie die Gründe für ihren akademischen Niedergang in Deutschland seit den 1990er Jahren. [4] Der Objektivitätsanspruch historischer Erkenntnis gilt als das methodologische Kernproblem der Geschichtstheorie. Erläutern Sie diese Aussage unter Bezugnahme auf die sich gegenüberstehenden Argumentationslinien des sogenannten Historismus und des sogenannten linguistic turn. [5] Geschichtswissenschaftliches Denken konstituiert sich durch die „historische Methode“. Erläutern Sie den Arbeitsgang einer (sport-)historischen Untersuchung und nennen Sie mögliche sporthistorische Untersuchungsgegenstände. [6] Die lebensweltlich-alltägliche Bedeutung historischen Denkens unterscheidet sich vom wissenschaftlich ausgeformten (sport-) historischen Denken. Inwiefern bestehen hier Unterschiede? [7] Bei den stärker sozialwissenschaftlich orientierten sporthistoriographischen Konzepten geht es um die theoretisch begründete Um- und Neustrukturierung der gewonnenen Informationen. Nennen Sie drei dieser theoretischen Konzepte und erläutern Sie eines davon genauer. [8] Nennen Sie die aufeinander aufbauenden Stufen des Kinder- und Jugend-Leistungssports in der DDR und wesentliche Charakteristika, die dieses System international so erfolgreich gemacht haben. <?page no="97"?> 98 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen 3.3 Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) Siegen und Verlieren, Erfolg und Misserfolg im Sport hängen von zahlreichen Faktoren ab, von individuellen Leistungsvoraussetzungen, vom Trainingszustand, von der aktuellen „Form“, aber auch von der „Mentalen Stärke“, d. h. von der absoluten Bereitschaft und vom Können, sein gesamtes Leistungspotential im Wettkampf nutzen zu können. Der Spitzensport ist eines unter mehreren Anwendungsfeldern der Sportpsychologie. Sportpsychologen arbeiten eng mit Spitzenathleten zusammen und vermitteln beispielsweise Strategien, um mit dem Wettkampfstress und den aktuellen Bedingungen des Wettkampfs effektiv umgehen zu können. Der Gesundheitssport ist ein weiteres Anwendungsfeld. Personen mit Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes, denen vom Arzt geraten wird, durch körperliche Aktivität etwas für ihre Gesundheit zu tun, steigen vielleicht in eine Kampagne ihrer Krankenkasse ein, halten aber die Verhaltensänderung zu einem aktiven Lebensstil nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht. Sie steigen aus, weil sie zu viele Beschwerden haben, alles zu aufwändig ist oder sie keine Lust haben. Aus der sportpsychologischen Gesundheitsforschung ist bekannt, dass soziale Unterstützung in diesem Stadium sehr wichtig ist. Wenn die Absicht, Sport zu treiben vorhanden ist, aber durch Schwierigkeiten und Barrieren behindert wird, sind sportpsychologische Prinzipien nutzbar: eine gezielte Planung des Sportengagements, das Vermitteln von Erfolgserlebnissen oder der Einsatz von sozialer Unterstützung durch Familie, Freunde oder Sportkollegen, um nachhaltig an der regelmäßigen sportlichen Aktivität festzuhalten. Auch im Schulsport greifen sportpsychologische Prinzipien, etwa können Schüler in zahlreichen Situationen an ihre Grenzen kommen. Das kann die geringe Bewegungserfahrung im Turnen sein, die Furcht beim Tauchen in tiefem Wasser, die Unerfahrenheit mit körperlicher Anstrengung bei einem Ausdauertraining oder die Angst vor Blamage in Leistungssituationen. Um entsprechend kompetent reagieren zu können, müssen Sportlehrer geschult sein, die Emotionen der Schüler zu deuten. Angst zeigt sich beispielsweise in körperlichen Reaktionen wie Blässe, übermäßigem Schwitzen oder in Zittern und Verkrampfungen. Andere Indikatoren können aus auffälligem Verhalten geschlossen werden, wie dem Rückzug oder dem sozial übertriebenen Verhalten, das besondere Aufmerksamkeit hervorrufen soll. Derartigen Situationen kann im Sportunterricht vom geschulten Beobachter mit entsprechenden Angst reduzierenden Maßnahmen (z. B. Ermutigung, Sicherheitsstellung) begegnet werden. <?page no="98"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 99 Anhand dieser exemplarischen Beispiele aus den Bereichen Spitzensport, Gesundheit und Schule kann der Phänomenbereich der Sportpsychologie weiter spezifiziert werden. Die Sportpsychologie ist eine Disziplin, die als Forschungsfeld, universitäres Lehrfach und auch als Anwendungsbereich mittlerweile in Wissenschaft und Sportpraxis tief verankert ist. Nimmt man die Gegenstandsbereiche Sport und Psychologie, lassen sich zwei Ausrichtungen (Sportpsychologie oder Sportpsychologie) entsprechend der speziellen Schwerpunktsetzungen differenzieren. Schlicht (2009) klärt diese Frage mit einem „sowohl als auch“ auf. Dabei betont er die besonderen Möglichkeiten und Zugänge, die sich aus der „Kreuzung“ der beiden Disziplinen ergeben. Die Psychologie ist in ihren Theorien und Methoden die ältere und stärker differenzierte Disziplin, während die Sportpsychologie zwar als interdisziplinär ausgerichtet, aber als noch relativ junge Disziplin wahrgenommen wird. Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportpsychologie beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Sportpsychologie entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportpsychologie kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportpsychologie den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportpsychologie zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.3.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportpsychologie Der Gegenstandsbereich der Psychologie und der Sportpsychologie wird gleichermaßen darin gesehen, das Verhalten und Erleben des Menschen und deren Ursachen und Wirkungen zu analysieren (vgl. Janssen, 1995). <?page no="99"?> 100 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Für den Kontext des Sports kann man sich an Brand (2010, S. 16) orientieren: „Definitorisch zusammengefasst beschäftigt sich die wissenschaftliche Sportpsychologie mit dem für körperliche Aktivität und besonders Sport relevanten Verhalten und Erleben. Sie widmet sich insbesondere der Beschreibung, der Erklärung, der Vorhersage oder der Veränderung solchen Verhaltens und Erlebens und fundiert damit die praktische Anwendung sportpsychologischer Erkenntnisse im Feld.“ In der psychologischen Betrachtung von Erleben und Verhalten wird die Perspektive „Innenwelt“ - z. B. Ich erlebe „Ärger“ aufgrund eines Misserfolgs - vom Verhalten, d. h. der Perspektive „Außenwelt“ - z. B. Ich vermeide einen weiteren Versuch - getrennt. Diese Person-Umwelt- Interaktion wird im Grundmodell der Verhaltensklärung nach Nolting und Paulus (1999) verdeutlicht (vgl. Abb. 9). Es sind vier Aspekte, mit denen Verhalten beschrieben und auch erklärt werden kann: (1) die aktuellen Prozesse im Individuum, (2) die Bedingungen der Situation, (3) die Merkmale (Eigenschaften) der Person und (4) Aussagen über den Hintergrund dieser Merkmale im Sinne der Entwicklungsbedingungen der Person. Reifen Lernen personale Disposition Weiterentwicklung bisherige Entwicklung Motivation, Einstellungen, Fähigkeiten, Gewohnheiten, Temperament usw. Emotionen Denken (erfassend) Wahrnehmung Motivation Denken (planend) Verhalten (andere Menschen, Informationen, Objekte, Räume usw.) Anreger Effekte Reifen Lernen einwirkend aufnehmend situative Barrieren aktuelle Prozesse Abb. 9: Grundmodell der Verhaltensklärung nach Nolting und Paulus (1999, S. 99) <?page no="100"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 101 Für das Beispiel aus dem Schulsport bedeutet dies: Ein Schüler ist motiviert, beispielsweise das Hindernis (Bock, Kasten, Pferd) zu überwinden, aber vielleicht nicht selbstsicher oder sogar gehemmt. Aktuelle Prozesse werden häufig von den situativen Bedingungen ausgelöst (Anreger) und spiegeln sich im inneren Erleben wider: Der Schüler will eigentlich am Sportunterricht aktiv teilnehmen, fühlt sich aber überfordert. Dieses innere Geschehen (innere Prozesse und Zustände) lässt sich weiter differenzieren. Die Situation wirkt auf das psychische System. Dazu gehören die „Wahrnehmung“, das „Denken“ (im Sinne von erfassen), die „Emotion“ (im Sinne von bewerten), die „Motivation“ (im Sinne von anregen) und das „Denken“ (im Sinne von planen). Diese inneren Bewertungs- und Entscheidungsprozesse werden im äußeren Verhalten (Effekt) sichtbar, z. B. als gehemmt ausgeführter Versuch, möglicherweise mit einem „hängen bleiben“ am Kasten. In diesen aktuellen Prozessen zeigt sich einerseits das kognitive Erfassen der Aufgabe, andererseits können emotionale Bewertungen und daraus folgende motivationale Tendenzen die kognitive Planung soweit beeinflussen, dass das beobachtbare Vermeidungsverhalten daraus folgt. In diese Beschreibung gehen noch weitere Aspekte ein: die Persönlichkeitsebene als personale Disposition und die individuellen Entwicklungsbedingungen als Reifung und Lernen. Möglicherweise ist der Schüler in seinem Persönlichkeitsprofil so ausgerichtet, dass er Situationen vermeidet, in denen die Gefahr besteht, Misserfolge zu erleben. Damit zeigt er eine Verhaltenstendenz, die in der Motivationspsychologie als „Furcht vor Misserfolg“ bezeichnet wird und die im Gegensatz zur Verhaltenstendenz „Hoffnung auf Erfolg“ steht. Bezieht man nun auch zusätzlich die Entwicklungsbedingungen ein, könnte man als Hintergrund für das Verhalten folgende Informationen nehmen: Der Schüler hat keine sehr aktive Sportsozialisation genossen und wurde von seinen Eltern nicht besonders ermutigt, Sport zu treiben. Das Grundmodell der Verhaltensklärung (vgl. Abb. 9) - skizziert anhand des Beispiels aus dem Schulsport - lässt sich nutzen, um den komplexen Bezug von Erleben und Verhalten abzubilden und stellt eine Grundlage zum Verständnis psychologischer Prozesse dar. 3.3.2 Entstehung und Entwicklung der Sportpsychologie Historisch hat sich die Sportpsychologie als Disziplin in Deutschland aus der experimentell ausgerichteten Psychologie der 1920er Jahre entwickelt. Einen entscheidenden Aufschwung nahm die Sportpsychologie ab Mitte der 1960er Jahre, wobei hier die sportwissenschaftliche Orientierung einen wesentlichen Einfluss hatte. Im Zusammenhang mit der Ausrichtung der <?page no="101"?> 102 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Olympischen Spiele 1972 in München und einer politisch ausgerichteten Konkurrenzsituation zur DDR flossen zusätzliche Mittel in den Ausbau der Sportwissenschaft. Davon hat auch die Sportpsychologie profitiert (vgl. Gabler, 2004; Janssen, 2009). Heutzutage ist die Sportpsychologie in Deutschland institutionell an die sportwissenschaftlichen Institute und Fakultäten der Universitäten sowie an die Sporthochschule Köln angegliedert. Sportpsychologie wird als Wissenschaft und auch als Anwendungsdisziplin betrieben, wobei Bezüge zu sehr unterschiedlichen Zielfeldern wie dem Spitzen- und Breitensport, der Prävention und Rehabilitation oder dem Schulsport gegeben sind. Die thematischen Bereiche sind ähnlich ausgerichtet wie in der Psychologie und umfassen z. B. Motivation, Volition, Emotion, Kognition oder sozialpsychologische Phänomene. Aktuelle Forschungsergebnisse werden in der Zeitschrift für Sportpsychologie präsentiert. Die Organisation und der Berufsverband für Sportpsychologen in Deutschland ist die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie e.V. (asp). 3.3.3 Themenfelder und Theorien der Sportpsychologie Zentrale Themen der Sportpsychologie sind insbesondere Motivation, Volition, Emotion, Kognition und soziale Interaktion. Diese werden im Folgenden aufgegriffen und unter Bezug auf prominente Theorien und Anwendungsbereiche kurz dargestellt. Motivation Was bewegt Sportler, über Jahre hinweg in einer Sportart zu trainieren, auf vieles zu verzichten und trotz Rückschlägen an ihrem sportlichen Erfolg weiter zu arbeiten? Warum finden manche in sportlichen Leistungssituationen ihre Erfüllung während andere dem Sport nichts abgewinnen können? Versucht man diese Fragen zu beantworten, beschäftigt man sich zwangsläufig mit Motiven zum Sporttreiben und dem sportpsychologisch relevanten Thema Motivation. Ein Motiv ist eine relativ stabile Persönlichkeitsdisposition (trait), die beschreibt, wie wichtig einer Person bestimmte, thematisch ähnliche Handlungsziele sind. Wenn Motive durch bestimmte situative Bedingungen (Anreize) angeregt werden, entsteht Motivation. Damit sind die inneren Prozesse im Sinne von Nolting und Paulus (1999) gemeint, die als Interaktion zwischen Person- und Situationsfaktoren zu verstehen sind. <?page no="102"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 103 Ein zentrales Motiv im Spitzensport, das seit Jahrzehnten Gegenstand vieler sportpsychologischer Forschungsarbeiten ist, stellt das Leistungsmotiv dar (vgl. Heckhausen, 1989; Gabler, 2002). Innerhalb des Leistungsmotivs wird zwischen den beiden relativ stabilen Tendenzen Hoffnung auf Erfolg (HE; aufsuchende Tendenz) und Furcht vor Misserfolg (FM; vermeidende Tendenz) unterschieden. Personen mit einer hohen Hoffnung auf Erfolg sind erfolgszuversichtlich, während Personen mit einer hohen Furcht vor Misserfolg misserfolgsängstlich sind. Leistungsmotivation als Zustand (state) lässt sich als Bestreben charakterisieren, eine Aufgabe zu meistern und dabei einen sozialen (z. B. einen Konkurrenten im Wettkampf besiegen) oder individuellen (z. B. weiter springen als beim letzten Wettkampf) Gütemaßstab zu erreichen oder zu übertreffen (vgl. Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Nach Atkinson (1974) entsteht Leistungsmotivation in der Tradition der Erwartungs-Wert-Theorien dann, wenn zum Leistungsmotiv situative Anreize treten. Das Risikowahlmodell (vgl. Atkinson, 1974) dient der Vorhersage von Leistungshandeln auf Basis individueller Leistungsmotivation, wobei die Situationsparameter durch den Personfaktor (Leistungsmotiv) determiniert werden (vgl. Beckmann & Keller, 2009). Als situative Variablen gelten die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit und der Anreiz des Erfolgs. Der Anreiz hängt dabei von der subjektiven Erfolgswahrscheinlichkeit ab, die Aufgabe lösen zu können, wobei eine inverslineare Beziehung zwischen den beiden Variablen besteht: ist die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit sehr hoch, ist der Anreiz des Erfolgs gering und umgekehrt. Neben dem Leistungsmotiv können im Spitzensport auch das Machtmotiv, das Anschlussmotiv und das Aggressionsmotiv eine Rolle spielen. Diese Motive sind im Kontext des Sports allerdings deutlich weniger untersucht (vgl. Beckmann & Keller, 2009). Um Menschen generell zu motivieren, scheint es wichtig zu sein, in erster Linie motivrelevante Anreize zu bieten und subjektive Erwartungen zu beeinflussen, da Motive im Sinne von Dispositionen schwer veränderbar sind. Mögliche Ansätze zur Förderung der Leistungsmotivation sind beispielsweise das Trainerverhalten, die generelle Zielsetzung oder die Bewertungsmuster. Als weiteres Motiv ist das Gesundheitsmotiv für viele Menschen ein Beweggrund, sich regelmäßig und dauerhaft sportlich zu betätigen. Insbesondere für die Aufnahme eines kontinuierlichen Sportengagements sind Gesundheit und Wohlbefinden bedeutende Ziele. Vorausgesetzt, Bewegung und Sport sind gesundheitsrelevant und körperliche Inaktivität stellt einen sekundären Risikofaktor dar, ist für möglichst viele Menschen ein gesundheitswirksames Minimum an Bewegung anzustreben. In Deutschland erreichen allerdings <?page no="103"?> 104 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen noch immer vier Fünftel der erwachsenen Bevölkerung nicht die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sich 2,5 Stunden pro Woche zu bewegen (vgl. Kurt, 2012). Vor dem Hintergrund eines immer spezifischeren Wissens um die Zusammenhänge regelmäßiger Bewegung und den verschiedenen Facetten von Gesundheit - physisch (z. B. Blutdruck), psychisch (z. B. Selbstbewusstsein), sozial (z. B. Einsamkeit), objektiv (z. B. Arzturteil), subjektiv (Wohlbefinden) - gewinnt damit ein Verständnis über die Mechanismen der Aufnahme und Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen und langfristigen Aktivitätsverhaltens an Relevanz. Eine mögliche und sportpsychologisch relevante Herangehensweise an das Problem der Änderung eines Gesundheitsverhaltens z. B. über regelmäßige sportliche Aktivität, kann über sogenannte Stadien- und Prozessmodelle beschrieben werden (vgl. Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Im Gegensatz zu reinen Motivations- oder Volitionstheorien wird davon ausgegangen, dass eine Verhaltensänderung nicht kontinuierlich stattfindet, sondern das Ergebnis eines stufenförmigen Verlaufs darstellt. Auch das Transtheoretische Modell (TTM) von Prochaska und DiClemente (1992) folgt der Annahme, dass sich Verhaltensänderung durch das Durchlaufen unterschiedlicher Stadien auszeichnet. Heute wird das Modell auf eine Vielzahl von Veränderungen von Verhaltensweisen angewendet, auch auf Bewegung und Sport als Gesundheitsverhalten (vgl. Marcus et al., 1992). Nach dem TTM nähert sich eine Person über fünf Stadien dem (stabilen) Zielverhalten. Die einzelnen Stadien unterscheiden sich nach dem Grad der Bereitschaft, ein Verhalten - z. B. eine regelmäßige Sportaktivität - aufzunehmen: Absichtslosigkeit (Präkontemplation): In diesem Stadium wird nicht nur kein Sport betrieben, sondern es besteht auch kein Interesse, dieses Verhalten für sich in Erwägung zu ziehen. Absichtsbildung (Kontemplation): Dieses Stadium ist bereits durch das ernsthafte Nachdenken über eine Änderung des bisherigen Verhaltens (körperliche Inaktivität) und das Abwägen möglicher Vor- und Nachteile einer Verhaltensänderung gekennzeichnet. Vorbereitung (Präparation): Der Entschluss zu regelmäßiger sportlicher Aktivität ist gefasst. Ein sportlich aktives Verhalten wird ausprobiert. Aktion: In diesem Stadium ist eine regelmäßige Ausübung sportlicher Aktivitäten aufgenommen. Ab jetzt wird die Verhaltensänderung von außen direkt beobachtbar. Aufrechterhaltung (Maintenance). Die körperlich-sportliche Aktivität wird über einen längeren Zeitraum hinweg ausgeübt. <?page no="104"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 105 Diese fünf Stadien („stages of change“) werden bei einer Verhaltensänderung nicht zwangsläufig als „Einbahnstraße“ durchlaufen (vgl. Keller et al., 1999). Personen können auch eine einmal begonnene Aktivität wieder beenden (Rückfall vom Handlungsin das Vorbereitungs- oder Absichtsbildungsstadium) oder lange Zeit keinen Handlungsbedarf sehen (Verharren im Stadium der Absichtslosigkeit). Als Erklärungstheorie beschäftigt sich das TTM mit der Frage, welche Faktoren den Übergang von einem zum nächsten Stadium steuern. Über die individuell wahrgenommenen Kosten und Nutzen des Verhaltens (Konsequenzerwartungen) sowie die Selbstwirksamkeitserwartungen hinsichtlich des Sporttreibens (vgl. Reed, 2001) können Techniken und Strategien genutzt werden, dass Personen von einem Stadium zum nächsten voranschreiten. Für Personen mit unterschiedlicher Bereitschaft zur Verhaltensänderung haben Prochaska und DiClemente (1992) fünf kognitivemotionale Strategien und fünf verhaltensorientierte Strategien benannt (vgl. ausführlich Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010): Die kognitiv-emotionalen Strategien umfassen (1) das Steigern des Problembewusstseins, (2) das emotionale Erleben, (3) die Neubewertung der persönlichen Umwelt, (4) die Selbstneubewertung, (5) das Wahrnehmen förderlicher Umweltbedingungen. Zu den verhaltensorientierten Strategien gehören (1) die Selbstverpflichtung, (2) die Kontrolle der Umwelt, (3) die Gegenkonditionierung, (4) das Nutzen hilfreicher Beziehungen und (5) die (Selbst-)Verstärkung. Es wird angenommen, dass die Änderungsstrategien an verschiedenen Übergängen wirksam sind. Trotz offener Fragen hat das TTM im Bereich der Interventionsforschung zur Förderung der Sportaktivität eine hohe Ausstrahlungskraft (vgl. Biddle & Mutrie, 2001; Lippke & Kalusche, 2007; Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Volition Mit der Motivation wird beschrieben, warum sich Menschen so und nicht anders verhalten (vgl. Gabler, 2002). Allerdings gibt es viele Situationen, in denen verschiedene Motivationstendenzen in Konkurrenz stehen oder ein erwartetes Verhalten gar nicht ausgeführt wird, obwohl die Person eigentlich dazu motiviert ist. Warum schaffen es einige Sportler im Leistungssport, sich immer wieder zu motivieren, regelmäßig mehrfach am Tag zu trainieren? Oder woran liegt es, dass beispielsweise Personen mit Übergewicht nicht sportlich aktiv werden, obwohl sie es eigentlich beabsichtigen <?page no="105"?> 106 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen zu tun? Hier bleibt es nur bei der Absicht, die aber nicht als Verhalten realisiert wird. Dieses „hätte“, „könnte“, „würde“ beschreibt den Fall, dass zwar eine Absicht besteht, das gewünschte Verhalten aber nicht ausgeführt wird. Das Konstrukt, das hilft die Lücke zwischen der Absichtsbildung und der Handlung zu schließen, ist die Volition (Wille). Auf der Basis motivationstheoretischer Erkenntnisse wird die Willensbildung als Prozess verstanden (vgl. Kuhl, 1983). Besonders deutlich wird dieser Prozesscharakter im Rubikon-Modell (vgl. Heckhausen, 1989). Hier werden vier Phasen beschrieben, die einen Handlungsprozess vorbereiten, begleiten und abschließen. In der (1) prädezisionalen Phase (motivational) werden unterschiedliche Motivationstendenzen beschrieben (z. B. zum Training gehen, Freunde treffen, Fernsehabend), bevor überhaupt die Entscheidung zu einer Handlung getroffen ist. (2) In der postdezisionalen Phase (volitional) wird sich für eine Motivationstendenz entschieden, d. h. die Absicht für ein bestimmtes Verhalten formuliert. Die Planungsphase für das Zielverhalten (zum Training gehen) wird durch gezielte Pläne unterstützt. Das sind zum einen Handlungspläne, die als „Wenn-dann-Beziehungen“ formuliert werden („Wenn ich am Dienstag von der Arbeit nach Hause komme, nehme ich meine Sporttasche und gehe zum Training.“). Je konkreter diese Handlungspläne aufgestellt sind, desto wahrscheinlicher ist das Verhalten. Zum anderen können Bewältigungspläne formuliert werden. Hierbei handelt es sich um „Notfallstrategien“, falls etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt („Bei schlechtem Wetter nehme ich nicht das Fahrrad, sondern es ist abgemacht, dass mich mein Trainingspartner mit dem Auto abholt.“). (3) Die aktionale Phase (volitional) beschreibt die Fortführung des Prozesses mit der Handlungsausführung. Faktoren der Handlungssteuerung wie die Anstrengungsbereitschaft helfen, die Handlung entsprechend durchzuführen. (4) Die abschließende postaktionale Phase (motivational) dient der Bewertung der Handlung (Ursachenzuschreibung). Als Kriterien für die Ursachenzuschreibung gelten in der Motivationstheorie (vgl. z. B. Weiner, 1974) zwei Bereiche mit vier Kernkriterien, (a) die Stabilität der Bewertung in den Bereichen stabil (Fähigkeit) oder variabel (Anstrengung) und (b) die Bezugsebenen internal (Aufgabenschwierigkeit) und external (Zufall, Glück, Pech). <?page no="106"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 107 Emotion Emotionen spielen im Sport eine bedeutende Rolle. Sehr häufig können in sportlichen Leistungssituationen sowohl positive als auch negative Emotionen erlebt und beobachtet werden. Emotionen haben die Funktion, den Organismus in Handlungsbereitschaft zu versetzen, denn sie lösen auf einer subjektiv-gefühlsmäßigen und einer physiologischen Ebene Reaktionstendenzen im Verhalten aus und regulieren somit Verhaltensweisen (vgl. Egloff, 2009). Eine mögliche Beziehung, die den Zusammenhang von Emotionen und sportlicher Leistung beschreibt, wird über die Yerkes-Dodson-Funktion (vgl. Yerkes & Dodson, 1908) dargestellt. Das Aktivierungsniveau - verstanden als eindimensionaler psychophysischer Erregungszustand - wird zur sportlichen Leistung in einer umgekehrten U-Funktion dargestellt. Die Leistung ist bei einem mittleren Aktivierungsniveau am größten, während sie bei zu hoher aber auch zu niedriger Aktivierung abfällt. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch zwischen der somatischen Angst (Erleben körperlicher Angstzeichen, z. B. feuchte Hände) und der sportlichen Leistung (vgl. Arent & Landers, 2003; Brand, 2010). Eine Erweiterung des einfachen Aktivierungs-Leistungs-Zusammenhangs wird im IZOF-Modell nach Hanin (2000; Individual Zone of Optimal Functioning) dargestellt. Es handelt sich um ein idiographisches Verfahren, das explizit für den Spitzensport entwickelt wurde. Das IZOF-Modell geht über die Betrachtung des Aktivierungsniveaus hinaus und postuliert, dass Athleten individuell unterschiedliche - positive wie negative - Emotionen erleben, die entweder leistungshemmend (dysfunktional) oder leistungsförderlich (funktional) wirken können. Dabei geht Hanin (2000) davon aus, dass negative Emotionen nicht per se hinderlich für eine sportliche Leistung sind und positive Emotionen nicht automatisch leistungsförderlich wirken. Vielmehr können auch negative Emotionen, wie Nervosität oder Ängstlichkeit, bis zu einer gewissen Intensität leistungsförderlich sein, demgegenüber positive Emotionen wie Gelassenheit oder Selbstsicherheit bei bestimmten Personen zu Leistungseinbußen führen. In einem Emotionsprofil werden - bezogen auf einen erlebten Wettkampf - bis zu fünf positive (P) und negative (N) Emotionen benannt, die eine leistungsförderliche (+) und -hemmende (-) Wirkung hatten (P+, P-, N+ und N-). Im nächsten Schritt werden die Intensitäten der Emotionen jeweils in Bezug zum besten und schlechtesten Wettkampf eingeschätzt. Die Emotionen mit den entsprechenden Intensitäten werden dann zusammengefasst und grafisch dargestellt (vgl. Hanin, 2000). Dieses Profil kann als Grundlage für eine <?page no="107"?> 108 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen gezielte Emotionsregulation dienen, um die Emotionen - die leistungssteigernd oder leistungshemmend wirken können - gezielt einzusetzen oder zu hemmen. Das Verständnis und der Umgang mit Stress ist ein zentraler Schwerpunkt sportpsychologischer Arbeit. Drei Ansätze zum Verständnis von Stress können generell unterschieden werden (vgl. z. B. Schlicht, 1989a; 1989b; Wegner, 2001): (1) reaktionsorientierte Konzepte, (2) situationsorientierte Konzepte und (3) relationale Konzepte. Im ersten Ansatz wird die Reaktion auf einen Stressor betont, womit eine Handlungsbereitschaft signalisiert wird, die sich dann in physiologischen oder psychischen Reaktionen zeigt (z. B. erhöhter Aktivierungszustand, störende und wiederkehrende Gedanken, Verspannungen der Muskulatur). Der situationsbezogene Ansatz betont die Qualität von Umweltreizen, die als Stressindikatoren dienen. Das können einerseits einschneidende Lebensereignisse (Verletzung, Tod eines Angehörigen oder Heirat, persönlicher Erfolg etc.) sein, die eine individuelle Umorientierung verlangen und somit das System „aus der Balance“ bringen. Andererseits werden auch alltägliche Ärgernisse und Freuden (hassles and uplifts) mit einbezogen, die in ihrer summierten Wirkung ebenfalls die Balance gefährden können. Der dritte Ansatz, das relationale Konzept, basiert auf den Überlegungen einer Wechselwirkung von Person und Umwelt (vgl. auch Nolting & Paulus, 1999), d. h. für das Verständnis von Stress ist immer die persönliche Einschätzung der Entstehung von Stressreaktionen wichtig. Das Stressmodell von Lazarus (vgl. Lazarus & Folkman, 1984) verdeutlicht dieses Verständnis im Verhältnis von Ressourcen, Wissen und Können zu Anforderungen, Erfordernissen und Problemen. Befinden sich Ressourcen und Fähigkeiten auf der einen Seite mit Anforderungen und Problemen auf der anderen Seite im Gleichgewicht (Passung), wird kein Stress erlebt. Überwiegen Anforderungen, Erfordernisse und Probleme, während Ressourcen, Wissen und Können als nicht ausreichend wahrgenommen werden, entsteht eine Überforderung. Anders herum kann eine Unterforderung entstehen. Wichtig in der Beurteilung von Stress sind die einzelnen Bewertungsschritte (vgl. Wegner, 2011) in Abwägung von persönlichen Ressourcen und der individuellen Einschätzung der Situation. Im ersten Schritt (1. Bewertung) wird geprüft, ob eine Situation überhaupt persönlich relevant oder irrelevant ist. Ist die Situation persönlich relevant, kommt die Bewertung hinzu, <?page no="108"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 109 inwieweit diese Situation in ihren Konsequenzen bedrohlich, schädigend oder als Herausforderung empfunden wird. Im zweiten Schritt (2. Bewertung) wird geprüft, ob Ressourcen, Wissen oder Können ausreichend vorhanden sind, um die Situation zu bewältigen. Erst wenn sich nach dieser Bewertung ergibt, dass nicht ausreichende Fähigkeiten und Mittel zur Verfügung stehen, entsteht Stress und damit auch Gefühle wie Ärger oder Angst. Den Bewertungen folgt die Stressbewältigung, d. h. mit Hilfe der vorhandenen Ressourcen mit der jeweiligen Situation umzugehen. Zwei Ansatzpunkte zeigen sich dabei vermehrt, (1) Veränderung der Problemlage („Ich gehe aktiv handelnd an das Problem heran.“) oder (2) Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit („Ich bin zwar ärgerlich, komme aber mit der Situation zurecht, da ich sie für mich einfach anders bewerte.“). Beide Strategien können in unterschiedlichen Situationen erfolgreich und angemessen sein. Häufig kann dies aber misslingen oder aber einen langen Zeitraum erfordern, der immer wieder von Stressphasen begleitet ist. Kognition Kognitionen im Sport beziehen sich auf Prozesse der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung, die u. a. beim Bewegungslernen oder bei taktischen Entscheidungen eine große Rolle spielen. Kognitionen sind eine wichtige Grundlage zielgerichteten Handelns. Da das Gehirn eine eingeschränkte Verarbeitungskapazität hat, müssen relevante Informationen ausgewählt und weniger relevante ausgeblendet werden. Hier spielen die Aufmerksamkeit und die Konzentration eine wesentliche Rolle. Unter Aufmerksamkeit wird die bewusste und gerichtete Verarbeitung von Informationen verstanden, d. h. „man ist bei der Sache“. Konzentration ist die willentlich fokussierte und gesteigerte Aufmerksamkeit (vgl. Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010). Nideffer und Sagal (2002) unterscheiden den Aufmerksamkeitsfokus auf Basis zweier Achsen: internal (z. B. auf den Körper) und external (auf die Umwelt) sowie eng und weit. Kombiniert ergeben sich daraus vier Formen der Aufmerksamkeit: internal eng (z. B. Analyse der Atemfrequenz beim 10 km Lauf), internal weit (z. B. Analyse des psychischen und physischen Wohlbefindens), external eng (z. B. Analyse des direkten Gegenspielers) und external weit (z. B. Analyse des gesamten Spielfelds). Je nach sportlicher Aufgabe, ist ein spezieller Aufmerksamkeitsfokus vorteilhaft. <?page no="109"?> 110 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Die Konzentration ist der besondere Fokus und die besondere Intensität der Aufmerksamkeit auf die zu bearbeitende Aufgabe. Für die Konzentration können drei besondere Funktionen herausgestellt werden (vgl. Wegner, 1994): Wahrnehmungsaspekt der Konzentration, d. h. besonders wichtige Details einer Situation im Sport werden schnell und richtig erfasst, um dies zu nutzen und entsprechend der Situationsbedingungen angemessen und effektiv zu handeln. Abschirmungsaspekt der Konzentration, d. h. Störreize werden ausgeblendet, damit diese nicht bewusst werden und die Handlung stören könnten. Regulationsaspekt der Konzentration, d. h. die Anpassung an eine Leistungssituation gelingt, in dem die körperliche Anspannung und die Nervosität so kontrolliert werden, dass angemessen und effektiv gehandelt werden kann. Um die Aufmerksamkeitslenkung, z. B. im Spielsport, zu verdeutlichen, hat sich das Beispiel des Lichtkegels einer Taschenlampe bewährt (vgl. auch Nideffer & Sagal, 2002). Die Anforderungen an den Sportler können dabei auf zwei Dimensionen (Weite und Richtung) eingestuft werden. In Übungen und im Training sind dann gezielt die Aufmerksamkeitsdauer und der Aufmerksamkeitswechsel zu erproben. Dies wäre die Lenkung zwischen einer engen („wo ist die Lücke“) und einer weiten Aufmerksamkeitsausrichtung („wie stehen die Mitspieler, wie werden sie verteidigt“) sowie das Wahrnehmen eines nach innen geleiteten Fokus im Sinne der Selbstaufmerksamkeit („was tue ich hier überhaupt“ bzw. „Ich bin hellwach“) oder den nach außen auf die Umwelt gerichteten Fokus („also so stehen die Abwehrspieler“). Mit dem Abschirmungsaspekt der Konzentration können Simulationsaufgaben von Drucksituationen in das Training aufgenommen werden. Dazu gehören Anforderungen an die Wahrnehmung (z. B. Beobachtungsaufgaben von Signalen, gekoppelt mit Entscheidungssituationen wie Torwurf/ Torschuss). Auch ins Training eingebaute Druckbedingungen (z. B. Training unter Lärmeinfluss) können als Abschirmungsaufgabe geübt werden. Neben äußeren Störbedingungen ist der Umgang mit „inneren“ Störreizen relevant. Beispielsweise wirkt die Selbstaufmerksamkeit häufig störend in den Handlungsablauf hinein. Gedanken wie „das schaffe ich nicht“, „ich verliere sowieso wieder“ oder „immer mir passiert so etwas“, lenken von der eigentlichen Handlung ab. Hier ist das Training von mentalen Strate- <?page no="110"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 111 gien hilfreich, um die volle Konzentration bei der Aufgabe zu behalten (vgl. Beckmann-Waldenmayer & Beckmann, 2012; Wegner, 2011). Kognitive Verfahren werden in der Sportpsychologie auch zur zielgerichteten Verbesserung und Stabilisierung einer Bewegung eingesetzt. Unter mentalem Training wird das planmäßige, wiederholte und bewusste sich Vorstellen eines Bewegungsablaufs verstanden, ohne äußerlich beobachtbare körperliche Aktivität. Hierzu wird eine interne Bewegungsrepräsentation aktiviert und in einem ausgewählten Kontext wiederholt mental durchgespielt (vgl. Eberspächer, 2007; Schack, 2006). Es gilt als wissenschaftlich belegt, dass mentales Training einen Leistungszuwachs in einer Bewegungsfertigkeit erzielen kann, besonders wenn es in Kombination mit physischem Training eingesetzt wird. Warum mentales Training wirkt, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Neben der psychoneuromuskulären Hypothese werden die Programmierungshypothese, die kognitive oder symbolische Hypothese und die kognitiv-perzeptuelle Hypothese diskutiert (vgl. Schack, 2006; Stoll, 2010). In den letzten Jahren wurde mentales Training auch zunehmend in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten oder nach Einsatz einer Knieendoprothese eingesetzt, um alltägliche Bewegungsabläufe, wie beispielsweise das Gangbild, zu verbessern (vgl. Mayer & Hermann, 2011). Soziale Interaktion zwischen Individuen Die soziale Dimension sportpsychologischer Arbeit zeigt sich in der Wechselwirkung von Personen. Dies können beispielsweise die Interaktion zwischen Trainer und Athlet sein, die soziale Unterstützung, um in einer Sportgruppe dazu zu gehören oder das Teambuilding einer Wettkampfmannschaft. Im Spitzensport wird die Beziehung zwischen Trainer und Athlet als leistungsbestimmender Faktor angesehen. Jowett, Paull und Pensgaard (2005) verstehen darunter allgemein eine Situation, in der Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen von Trainern und Athleten wechselseitig beeinflusst werden. Die Trainer-Athlet-Interaktion bezieht im multidimensionalen Modell des Trainerverhaltens von Chelladurai und Saleh (1978) drei Verhaltensaspekte ein: 1) das von den situativen Bedingungen erforderliche, 2) das von den Athleten bevorzugte und 3) das vom Trainer tatsächlich gezeigte (aktuelle) Verhalten. Die Zufriedenheit der Athleten und die sportliche Leistung hängen nach Chelladurai (1993) entscheidend von der Kongruenz, das heißt der Übereinstimmung der drei Dimensionen des Trainerverhaltens, ab (vgl. Riemer, 2007). Wenn das vom Trainer gezeigte Verhal- <?page no="111"?> 112 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen ten mit dem von den Athleten bevorzugten und dem von der Situation erforderten Verhalten übereinstimmt, werden die Zufriedenheit, die intrinsische Motivation der Athleten, der Gruppenzusammenhalt (Kohäsion) und die sportliche Leistung positiver ausfallen als wenn zwischen diesen eine Diskrepanz besteht (vgl. Abb. 10). situative Merkmale Trainermerkmale Merkmale der Geführten erforderliches Verhalten aktuelles Verhalten erwünschtes Verhalten Zufriedenheit Leistung Abb. 10: Das Multidimensionale Modell des Führungsverhaltens nach Chelladurai (1993, S. 648) Ein in der Gesundheitsforschung zentrales sozialpsychologisches Konzept bezieht sich auf den sozialen Rückhalt und die Sozialbeziehungen zwischen Personen. Aus psychologischer Sicht umfasst soziale Unterstützung zwei Aspekte, die wahrgenommene und die tatsächlich vorhandene Unterstützung. Baumann et al. (1998, S. 103) subsumieren unter sozialer Unterstützung „Personen, Handlungen und Interaktionen sowie Erfahrungen und Erlebnisse, die der Person das Gefühl geben, geliebt, geachtet, anerkannt und umsorgt zu sein“. Schwarzer (1996) klassifiziert die emotionale, die instrumentelle und die informationelle Unterstützung als die drei wichtigsten Formen. Emotionaler Rückhalt bezieht sich z. B. auf Formen der Hilfe wie Trost, Mitleid oder Wärme. Die instrumentelle Unterstützung umfasst konkrete Hilfestellungen, beispielsweise das Erledigen von Haushalt und Einkäufen, damit eine Person regelmäßig sportlich aktiv sein kann. Die informationelle Unterstützung meint den Austausch von Informationen oder Ratschlägen. Eine geleistete soziale Unterstützung muss vom Empfänger nicht immer als solche erkannt oder gewünscht werden. Doch lässt sich im Grundtenor bisheriger Studien (vgl. Wagner, 2011) festhalten, dass sich durch sozialkommunikative Prozesse und durch gemeinsames Gruppenerleben ein <?page no="112"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 113 dichteres soziales Netz ergeben kann als bei Inaktivität. Während soziale Unterstützung verschiedene Parameter physischer wie psychischer Gesundheit positiv beeinflusst und sportliche Aktivität mit höherer sozialer Unterstützung im Sport einhergeht, steht der Nachweis aus, welche der beiden Variablen, Sporttreiben oder soziale Unterstützung, der jeweils anderen vorausgeht und die andere beeinflusst. Schlicht und Strauß (2003, S. 92) charakterisieren diese reziproke Beziehung folgendermaßen: „Sportliche Betätigung begünstigt über soziale Kontakte die Bildung von sozialen Netzwerken; erfährt eine Person darin Unterstützung, so erhöht das wiederum die Motivation zur Sportteilnahme und festigt auf diesem Wege die Bindung an das Sporttreiben, was wiederum dem sozialen Rückhalt zugute kommt“. Im Kontext von Sportspielmannschaften erfüllt die soziale Interaktion eine weitere wesentliche Funktion. Eine Gruppe kann beschrieben werden durch die Anzahl ihrer Mitglieder (mindestens zwei Personen), die Interaktion (sie kommunizieren miteinander), den persönlichen Kontakt (Face-toface), durch gemeinsame Ziele und Normen und durch eine Gruppenidentität (Wir-Gefühl) (vgl. Janssen, 1995; Wegner, 2011). Im Sport ist häufig zu erleben, dass eine gute Zusammenarbeit in einem Team die Grundlage für besondere Leistungen ist. Beispielsweise schlägt eine unterklassige Mannschaft den vermeintlichen Favoriten in einem Pokalspiel oder eine Mannschaft steigert sich wider Erwarten im Verlauf einer Saison. Sportmannschaften werden besondere Merkmale zugeordnet: Sie haben eine eigenständige Qualität und Dynamik, die durch die Aussage „Eine Gruppe ist mehr als die Summe ihrer Teile“ gut zu charakterisieren ist. Der Entwicklungsprozess von Gruppen ist vom amerikanischen Sozialwissenschaftler Tuckman schon 1965 über die einprägsamen Begriffe „Forming, Storming, Norming, Performing“ beschrieben worden (vgl. Schlicht & Strauß, 2003; Tuckman, 1965). In der ersten Phase formiert sich das Team neu (Forming: die Mitglieder lernen sich kennen, die Beziehungen sind unklar; von der Teamleistung ist nicht viel zu erwarten, da die Spieler nicht aufeinander abgestimmt sind), dann werden Positionen und Rollen im Team „erstritten“ (Storming: häufige Konflikte, die Rollen im Team werden ausgehandelt, die Teamleistung ist unbeständig), schließlich werden Regeln ausgehandelt und es kehrt „Ruhe“ ins Team ein (Norming: Regeln und Beziehungen sind akzeptiert, man kann sich aufeinander verlassen, die Teamleistung wird stabil), <?page no="113"?> 114 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen um dann zur funktionierenden Gruppe zu werden (Performing: es macht Spaß, Teil der Gruppe zu sein; die Einzelleistungen ergänzen sich zu besonderen Teamleistungen). Später wurde von der Arbeitsgruppe um Tuckman eine fünfte Stufe hinzugefügt, die Übergangsphase „Reforming“ oder „Adjourning“ (die Gruppe weiß, dass sie sich verändern oder auflösen wird; dieser Übergang wird vorbereitet, die Teamleistung gerät etwas in den Hintergrund). Dieses Modell der Gruppenentwicklung hat einen hohen Erklärungswert für die Leistung und die Beziehungen in Gruppen. Dabei kann die zeitliche Länge der Phasen ebenso wie der Wechsel zwischen ihnen unterschiedlich ausgeprägt sein. Um in das Gefüge eines Teams einzuwirken, bieten sich Verfahren der Teambildung („Teambuilding“) an. Diese werden in einer Informations-, Aneignungs- und Festigungsphase (vgl. Wegner & Dawo, 2012) umgesetzt. In der Informationsphase geht es um das „Bewusst machen“ von Stärken und Schwächen. Die Ziele der Aneignungsphase liegen darin, den Weg vom „Ich zum Wir“ zu gestalten. Es geht darum, sich in verschiedenen Situationen kennenzulernen, Berührungsängste abzubauen und Respekt voreinander aufzubauen. Die Festigungsphase umfasst eine Planungs- und Reflektionsphase, in der Aktionen und Reaktionen dokumentiert, Absprachen über gemeinsame Ziele getroffen und Kriterien festgelegt werden, wie das Team zu gestalten ist. Hier können Rituale der Begrüßung und Verabschiedung entwickelt werden, Routinen des Helfens und der Interaktion erarbeitet, Übungen für den gemeinsamen Rhythmus und zur gemeinsamen Aufgabenlösung ausprobiert werden. Abschließend ist zu bewerten, inwieweit sich am Ende ein Team tatsächlich gebildet hat. Ein solches Programm zum „Teambuilding“ kann im Rahmen eines Schulprojekts genauso wie in einem Trainingslager einer Bundesligamannschaft umgesetzt werden. Im Spitzensport bietet es sich an, Teamentwicklung und Teambildung langfristig in den Saisonverlauf einzubinden. Lau (2005) hat in einem Teamentwicklungstraining die Möglichkeiten verschiedener Teambuilding- Maßnahmen im Saisonverlauf von Sportspielmannschaften beschrieben. Im Verlauf einer Saison sind Phasen der Mannschaftsbildung mit gemeinsamen Teamtreffs und auch mit Teamauszeiten abzuwechseln. Falls notwendig, können diese Maßnahmen durch gezielte sportpsychologische Interventionen ergänzt werden. Ziel dieses Konzepts ist die langfristige Stärkung eines Teams durch das systematische Einbinden von Teamentwicklungsprozessen, was auch in vielen Spitzenteams häufig nicht beachtet wird. Eine Übertragung dieses Ansatzes auf Gruppen mit weniger intensiven Leistungszielen ist durchaus möglich. <?page no="114"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 115 3.3.4 Verhältnis der Sportpsychologie zur Sportpraxis Die Theorien und empirischen Erkenntnisse zur Wirksamkeit sportpsychologischer Maßnahmen haben Beckmann und Elbe (2008) für die sportpsychologische Betreuung im Spitzensport zusammengefasst. Die Autoren unterscheiden zwischen drei Ebenen psychologischen Trainings: 1) Grundlagentraining, 2) Fertigkeitstraining und 3) Krisenintervention. Beim Grundlagentraining handelt es sich um grundlegende Techniken für jeden Sportler. Beckmann und Elbe (2008) ordnen zum Grundlagentraining Entspannungsansätze wie Atemübungen, Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training und auch Teambildungsmaßnahmen zu. Das Fertigkeitstraining wird darauf aufbauend individueller gestaltet und leitet sich aus einer individuellen Diagnostik ab, die die Stärken und Schwächen der Athleten aufdecken kann. Zu den Maßnahmen gehören das Zielsetzungstraining, Selbstgesprächsregulation, mentales Training oder Aufmerksamkeitsregulation. Darauf folgt das Segment der Kriseninterventionen, das bei schweren Verletzungen, Konflikten im Team, Burnout, Karriereende oder bei Essstörungen umsetzbar ist. Insgesamt zeigt sich in dieser Konzeption die Ausrichtung der Sportpsychologie, die Qualität psychologischer Methoden und Interventionen in den Vordergrund zu stellen. Zum Betreuungsprozess gehört neben dem Einsatz gezielter Intervention auch die Evaluation der Wirksamkeit dieser Maßnahmen mit Hilfe geeigneter diagnostischer Instrumente (vgl. Brand, 2010). Generell sind ausschließlich Maßnahmen einzusetzen, deren Nutzen wissenschaftlich nachgewiesen ist. Beispiele der Umsetzung psychologischer Diagnostik und psychologischer Trainingsmaßnahmen in zahlreichen Sportdisziplinen finden sich bei Beckmann-Waldenmayer und Beckmann (2012). Praxisbeispiel: Umgang mit Drucksituationen im Wettkampf Im Spitzensport von Nachwuchsathleten, aber auch im Hochleistungssport, erlebt man häufig das Phänomen, dass gute Sportler, die im Training auch gute Leistungen zeigen, unter dem Leistungsdruck des Wettkampfs versagen, was u. a. mit dem Begriff „choking under pressure“ beschrieben wird: In einem Handballspiel der A-Jugend-Bundesliga, das wichtig für die Qualifikation der Mannschaft im Jugendkonzept der Bundesli- <?page no="115"?> 116 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen gamannschaft dieses Vereins ist, beobachten wir den Rückraumspieler Christian. Er hat sich vorgenommen, eine besonders gute Leistung zu zeigen. Er weiß, dass heute der Landestrainer anwesend ist und ihn sowie zwei andere Spieler aus der Auswahlmannschaft besonders genau beobachten wird. Christian kommt nicht richtig ins Spiel. Es misslingen ihm Würfe, die sonst erfolgreich waren. Dann vergibt er eine klare Torchance. Er versucht es weiterhin, erzielt ein Tor und will es besonders gut machen, verwirft aber mehrfach aus z. T. ungünstigen Wurfpositionen. In der Abwehr agiert er unglücklich. Er wirkt übermotiviert, agiert hastig und bekommt sehr schnell eine Verwarnung und dann die erste Zeitstrafe für überhartes Einsteigen in der Abwehr. Christian wird immer nervöser im Spiel. Im Angriff geht er mehrfach ungestüm mit dem Ball in die Abwehr und es wird Offensivfoul gegen ihn gepfiffen. Abspielfehler führen mehrfach zum Ballgewinn des Gegners und zu schnellen Gegenstoßtoren. Christian lässt immer mehr den Kopf hängen und hadert mit sich, aber auch mit anderen Spielern der Mannschaft, die sich mittlerweile im Rückstand befindet. Auf ein „Meckern“ hin wird er für zwei Minuten des Feldes verwiesen. Der Trainer lässt ihn die Zweiminutenstrafe absitzen und wechselt einen anderen Rückraumspieler ein. Christian ist am Ende. Immer muss ihm das passieren! Dieses Beispiel lässt sich aus psychologischer Perspektive auf der Grundlage des Modells von Nolting und Paulus (1999) analysieren (vgl. Abb. 9). Die inneren Prozesse und Zustände deuten an, dass Christian heute besonders motiviert ist, eventuell sogar „übermotiviert“ und Emotionen zeigt („er ist nervös“). Er will sich anstrengen und besonders gut spielen. Aus dem inneren Geschehen (Übermotivation) folgt allerdings kein geplantes und der Drucksituation angemessenes Verhalten. Das Programm A mit erfolgreichem Angriffs- und Abwehrverhalten funktioniert nicht. Ein Alternativplan (Plan B) für besondere Drucksituationen ist mit Christian nicht erarbeitet worden. Die Folge ist ein relativ planloses, von Misserfolgen dominiertes Verhalten. Auch die situativen Bedingungen spiegeln sich im inneren Erleben („Christian will in diesem wichtigen Spiel besonders den Landestrainer beeindrucken“). Hinsichtlich dispositioneller Bedingungen zeigt sich im Profil von Christian, dass er schnell ängstlich wird, wenn er Misserfolge erlebt. Das passiert ihm nicht im Training, aber immer wieder in Wettkämpfen, wenn es um etwas geht. Dann grübelt er über Misserfolge nach und fühlt sich stark unter Druck. Hinsichtlich seiner Entwicklungsbedingungen gilt Christian als Talent <?page no="116"?> Sportpsychologie (Petra Wagner, Manfred Wegner, Ines Pfeffer) 117 und ist erfolgsverwöhnt. Die Eltern haben ihn immer unterstützt und auf „Händen getragen“. Er wurde von ihnen gelobt, auch wenn seine reale Leistung dem nicht immer entsprochen hat. In schwierigen Konkurrenzsituationen (z. B. in Sichtungen) konnte er sich nie durchsetzen. Das Beispiel zeigt außerdem, dass Emotionen und auch die Motivation im Sinne innerer Prozesse Verhalten lenken und bestimmen können und sie in enger Wechselwirkung stehen zu kognitiven Prozessen der Informationsaufnahme oder auch der Handlungsplanung. Kommt es zu Konfliktsituationen oder zu Misserfolgserlebnissen, verlieren die inneren Prozesse an Effektivität und es kann unter dem Druck des Wettkampfs zu nicht angemessenen Bewertungen und Planungen kommen, die sich dann in einem Versagen unter dem Leistungsdruck („Choking under pressure“) im Verhalten zeigen kann. Greift man nun den vorher genannten Plan B auf, wäre es für diesen Nachwuchsspieler wichtig, Strategien und Pläne kennen und Verhaltensweisen zu lernen, um mit Drucksituationen besser fertig zu werden. Hier kann an den Schritten des psychologischen Trainings von Beckmann und Elbe (2008) angesetzt werden, die wiederum auf die inneren Prozesse im Modell von Nolting und Paulus (1999) zu beziehen sind. Über das Grundlagen- und Fertigkeitstraining kann sowohl an emotionalen als auch an kognitiven und motivationalen Prozessen angesetzt werden. In der sportpsychologischen Arbeit - auch im Gesundheits- und Schulsport - sind Interventionen immer von einer guten Diagnostik zu begleiten. Außerdem sollte nicht „naiv“ interveniert werden, sondern psychologische Interventionen bedürfen der besonderen Qualifikation von ausgebildeten Sportpsychologen. Hier bietet die asp (Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie e.V.) ein qualitätsgesichertes Fortbildungssystem, über das Psychologen und Sportwissenschaftler nach Abschluss des Studiums (Diplom, Master) die notwendigen Handlungskompetenzen erwerben können. Über dieses System hinaus ist es aber Aufgabe der Disziplin „Sportpsychologie“, ihre Forschungs- und Anwendungsansätze transparent und nachvollziehbar zu machen. Denn auch der ambitionierte Lehrer, Trainer oder Gesundheitsexperte benötigt ein gutes Grundwissen über die Möglichkeiten und Grenzen sportpsychologischer Arbeitsmethoden. <?page no="117"?> 118 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Kontrollfragen [1] Das Transtheoretische Modell von Prochaska und DiClemente beschreibt den Prozess einer Verhaltensänderung. Welche Stadien und Prozesse der Verhaltensänderung unterscheidet das Modell und wie sind diese miteinander verknüpft? [2] Den Prozess zwischen Absichtsbildung und Handlung erfasst Heckhausens Rubikon-Modell. Welche Phasen unterscheidet das Modell und was kennzeichnet diese jeweils? [3] Das IZOF-Modell beschreibt das individuelle Erleben und die Auswirkungen von Emotionen in sportlichen Leistungssituationen. In welche Kategorien können Emotionen nach diesem Modell unterschieden werden und welchen Zusammenhang gibt es zur sportlichen Leistung? [4] Das transaktionale Stressmodell von Lazarus beschreibt, unter welchen Bedingungen Stress entsteht. Welche beiden Formen der Bewertung werden dabei unterschieden und wie stehen sie mit der Stressentstehung in Zusammenhang? [5] Die Aufmerksamkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. Wie lässt sich Aufmerksamkeit definieren und welche vier Formen der Aufmerksamkeit können nach Nideffer unterschieden werden? [6] Tuckman beschreibt die Entwicklung von Teams über verschiedene Stadien hinweg. Welche Stadien sind das und was beinhalten diese? 3.4 Sportsoziologie (Lars Riedl) Vermutlich sind die wenigsten Leser dieses Kapitels bereits vor ihrem sportwissenschaftlichen Studium mit der Sportsoziologie in Kontakt gekommen. So manch einer mag sich daher fragen, was sich dahinter verbirgt und warum man sich damit überhaupt befassen soll. Sport ist doch in erster Linie eine körperliche Angelegenheit. Beim Laufen, Fußballspielen oder Skifahren erproben sich vor allem menschliche Körper. Meistens geht es dabei um die Steigerung der Leistung, des Wohlbefindens oder der Ge- <?page no="118"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 119 sundheit eben dieser Körper. Und für viele Studierende der Sportwissenschaft scheinen gerade diese Aspekte eine latente, wenn nicht gar manifeste Motivation zur Aufnahme ihres Studiums zu sein. Insofern interessieren sie sich vor allem für die körper- und individuumsbezogenen Teildisziplinen, z. B. Sportpädagogik, Bewegungswissenschaft, Trainingswissenschaft oder auch Sportpsychologie, versprechen diese doch nützliches Wissen für das eigene Sporttreiben. Weit weniger offensichtlich ist, welchen Beitrag die Sportsoziologie leisten kann. Die soziale Dimension des Sports wird oftmals unhinterfragt vorausgesetzt bzw. nur selten explizit wahrgenommen. Dabei lassen sich im Sport mannigfaltige soziale Phänomene entdecken. Dies beginnt bereits mit den Fragen, was denn Sport überhaupt sei und wie man ihn von anderen körperlichen Bewegungspraktiken unterscheiden könnte: Was macht beispielsweise den Unterschied zwischen der Leichtathletikdisziplin Gehen, dem Nordic Walking und einem sonntäglichem Spaziergang im Park aus? Wie verhält es sich mit Wrestling und Ballet? Handelt es sich dabei um Sport oder sind es vielmehr körperlich höchst anspruchsvolle Darbietungen aus den Bereichen Show und Kunst? Um auf diese Fragen eine Antwort geben zu können, bedarf es einer Definition von Sport. Und damit ist man bereits bei den sozialen Aspekten des Sports, denn Definitionen sind immer sozial ausgehandelte Festlegungen. Es lässt sich nämlich gar nicht „objektiv“ das Wesen des Sports ergründen, sondern es handelt sich immer um soziale Beschreibungen und Verständigungen darüber, was als Sport gelten soll. Dies wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass sich das Sportverständnis in der Gesellschaft immer wieder verändert. An der Grundkonstellation des sportlichen Wettkampfs wird die basale Sozialität des Sports deutlich: Mindestens zwei Sportler treten gegeneinander an und konkurrieren um das knappe soziale Gut sportlichen Erfolgs. Dabei werden sachliche Leistungsunterschiede in die soziale Differenz von Siegern und Verlieren transformiert. Die Wettkämpfe folgen dabei bestimmten, sportartenspezifischen Regeln. Neben der Rolle des Sportlers lassen sich weitere soziale Rollen bzw. Sozialfiguren identifizieren, z. B. Schiedsrichter, Trainer, Manager und Zuschauer. Und es gibt mit dem Fairplay sogar eine dem Sport eigene Moral (vgl. Schimank, 1988, S. 189). Der Sport verfügt auch über eigene Organisationsformen. Zu nennen sind hier vor allem die derzeit über 91.000 Sportvereine, die sportartenübergreifenden Sportverbände, z. B. der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), Landessportverbände/ -bünde, Stadtsportbünde, und die sportartenspezifi- <?page no="119"?> 120 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen schen Fachverbände, wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) oder der Deutsche Eishockey-Bund (DEB). Darüber hinaus existiert eine enorme Anzahl kommerzieller Sportanbieter, z. B. Fitnessstudios, Soccer Domes, Tennishallen. Und selbstverständlich wird Sport oftmals auch in informellen Arrangements, beispielsweise in Laufgruppen oder in gerade für Trendsportarten typischen „Szenen“, betrieben. Die enorme gesellschaftliche Bedeutung des Sports wird schon an der großen Zahl an aktiven Sportlern wie auch an Zuschauern und Fans deutlich. Allein der DOSB verzeichnet über 27 Mio. Mitgliedschaften 13 , Länderspiele der deutschen Fußballnationalmannschaft erreichen oftmals ein ähnlich großes Publikum. Es gibt offensichtlich eine große gesellschaftliche Nachfrage nach Sport. Beispielsweise interessieren sich Wirtschaft und Massenmedien vor allem für den Spitzensport, weil sie das Sportpublikum für sich als Kunden oder als TV-Zuschauer und Zeitungsleser gewinnen wollen. Die Politik fördert Spitzenwie auch Breitensport mit enormen Beträgen, beispielsweise zum Zweck des Aufbaus einer kollektiven Identität, der Repräsentation in der internationalen Gemeinschaft oder der Integration von Menschen, die sonst aus der Gesellschaft weitgehend exkludiert sind. Und im Erziehungssystem wird Sport als geeignetes Erziehungsmittel gesehen, auch wenn um Form und Umfang des Sportunterrichts gern gestritten wird. Und schließlich unterliegt der Sport selbst dem sozialen Wandel. Es entstehen neue Sportarten und Bewegungspraktiken, immer größere Bevölkerungsgruppen werden einbezogen und neue Sporträume erschlossen - unberührte Landschaften (z. B. Klettern, Canyoning) ebenso wie innerstädtische Räume (z. B. beim Stadtmarathon, Parcours). All diese Beispiele deuten an, wie vielschichtig sich die soziale Dimension des Sports beobachten lässt. Aufgabe der Sportsoziologie ist es, auf der Grundlage von soziologischen Theorien und Methoden diese Phänomene in den Blick zu bekommen und zu analysieren. Es gilt also die klassische Frage der Soziologie - „Was ist der Fall und was steckt dahinter? “ (Luhmann, 1993) - mit Blick auf den Sport zu beantworten. 13 Zum Vergleich: In Deutschland sind rund 1,34 Mio. Menschen in politischen Parteien organisiert (eigene Berechnungen auf Grundlage der auf den Websites der Parteien angegebenen Mitgliederzahlen) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zählt 2013 ca. 6,16 Mio. Mitglieder (vgl. DGB, 2010, o. S.). <?page no="120"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 121 Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportsoziologie beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Sportsoziologie entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportsoziologie kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportsoziologie den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportsoziologie zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.4.1 Einführung - Phänomene und Themen der Sportsoziologie Die Sportsoziologie ist in Deutschland institutionell vor allem in der Sportwissenschaft verankert. Sie gewinnt jedoch ihre theoretischen und methodischen Vorgaben weitgehend aus ihrer Mutterdisziplin, der Soziologie. Insofern gilt es, sich zunächst mit der Soziologie als Wissenschaftsdisziplin zu befassen, wenn man wissen will, was unter Sportsoziologie zu verstehen ist. Der Begriff Soziologie wurde vom französischen Wissenschaftler Comte zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen. Er besteht aus dem lateinischen Teil „socius“ (gemeinsam, verbunden, verbündet) und dem griechischen Teil „logos“ (Lehre, Sinn, Prinzipien) und diente zur Begründung einer neuen, sich am Vorbild der Naturwissenschaften orientierenden Disziplin. Es handelt sich demnach um die Wissenschaft, die nicht den einzelnen Menschen, sondern das Soziale, also das Zusammenleben von Menschen, in den Mittelpunkt stellt. Die Soziologie untersucht, wie Menschen miteinander interagieren und gemeinsam bzw. in Bezug aufeinander handeln und welche sozialen Prozesse und Strukturen dem zugrunde <?page no="121"?> 122 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen liegen. Ihre grundlegenden Fragen lauten: Wie ist soziale Ordnung möglich? Und: Auf welchen Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten basiert das Soziale? Dabei lässt sich zwischen der allgemeinen Soziologie einerseits und den speziellen Soziologien - den sogenannten Bindestrichsoziologien, z. B. Arbeits-, Wissenschafts-, Familiensoziologie, politische Soziologie oder eben Sportsoziologie - andererseits unterscheiden. Einem generellen Gültigkeitsanspruch folgend befasst sich die allgemeine Soziologie vor allem mit basalen Theorien und den Grundbegriffen des Sozialen, z. B. soziales Handeln, Interaktion, Kommunikation, Normen, Rollen, Macht, Herrschaft, sozialer Wandel, soziale Ungleichheit, Sozialisation, Organisation, Gruppe, Gesellschaft. Die speziellen Soziologien hingegen sind auf die Erforschung bestimmter gesellschaftlicher Teilbereiche und spezifischer Problemstellungen ausgerichtet. Entsprechend erforscht die Sportsoziologie den Sport aus soziologischer Perspektive, indem sie die dort vorzufindenden sozialen Prozesse und Strukturen untersucht. Mit den eingangs genannten Beispielen deutete sich bereits an, dass sich das Soziale im Kontext des Sports auf ganz unterschiedlichen Ebenen entdecken lässt. In der Soziologie ist es üblich, zwischen der Mikro-, Meso- und Makroebene zu unterscheiden und damit soziale Strukturen unterschiedlichen Komplexitätsgrads zu bezeichnen. Beispielsweise rücken auf der Mikroebene kleinere soziale Gebilde wie Face-to-face-Interaktionen in den Fokus der sportsoziologischen Analyse. Gerade im Sport gibt es eine Vielzahl solch kleinerer und häufig auch relativ flüchtiger - deswegen aber nicht weniger bedeutsamer - sozialer Zusammenhänge. Man denke nur an die im Wettkampf aufeinandertreffenden Athleten, aber auch an das Gespräch zweier Fußballfans auf der Tribüne, an die Selbstinszenierungen von Bodybuildern in Fitnessstudios, das gesellige Beisammensein im Vereinsheim, die Interaktion zwischen Trainer und Athlet während einer Auszeit oder die Kommunikation innerhalb einer Trainingsgruppe. Dem gegenüber lassen sich auf der Mesoebene stabilere und komplexere soziale Ordnungsmuster identifizieren. Dabei handelt es sich vor allem um formale Organisationen und Institutionen, die sich wiederum in unterschiedliche Organisationsformen, z. B. Sportvereine, Sportverbände oder kommerzielle Sportanbieter, unterscheiden und hinsichtlich ihrer spezifischen Strukturbesonderheiten untersuchen lassen. An dieser Stelle begegnet man beispielsweise Analysen zum Autonomiegrad, respektive zur Umweltabhängigkeit von Sportorganisationen. Ebenso wird danach gefragt, welche Ziele diese Organisationen verfolgen, wie sie ihre Mitglieder gewinnen und binden, über welche Abteilungen und Stellen sie verfügen, <?page no="122"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 123 welche Formen der Machtverteilung und Entscheidungsverfahren (z. B. Hierarchie oder Demokratie) sie entwickeln und welche spezifischen Werthaltungen und Organisationskulturen sie hervorbringen. Und schließlich lässt sich auf der Makroebene, also der umfassenden Ebene von Gesellschaft und ihren Teilsystemen, die Entwicklung des Sportsystems in Abhängigkeit von unterschiedlichen Gesellschaftsformen untersuchen, die Auswirkungen gesellschaftlichen Wandels, z. B. von Globalisierungs- und Individualisierungsprozessen, auf den Sport analysieren oder auch die Austauschbeziehungen zwischen dem Sportsystem und seinen Umweltsystemen - vor allem Wirtschaft, Massenmedien, Politik und Erziehungssystem - in den Blick nehmen. Bereits mit der Differenzierung in diese drei Ebenen deuten sich die Komplexität des Gegenstandsbereichs der Sportsoziologie und damit auch die Vielzahl möglicher Forschungsfragen an. Prinzipiell unbeantwortet bleibt hierbei allerdings - und darauf hinzuweisen ist wichtig - die Frage, wie das Soziale sein soll? Mit anderen Worten: Die (Sport-)Soziologie analysiert zwar die soziale Ordnung und kann somit aufzeigen, was der Fall ist und was dahinter steckt. Sie kann und will aber keine Aussagen darüber machen, ob diese soziale Ordnung „gut“ oder „schlecht“ ist. Es handelt sich vielmehr um ein weitverbreitetes Missverständnis, dass die Soziologie immer auch eine Vorstellung von „besserer“ Gesellschaft haben müsse. Die Soziologie versteht sich jedoch als eine Wissenschaftsdisziplin, welche die soziale Wirklichkeit wertfrei erforscht. Schon Weber, der als einer der Gründungsväter der Soziologie gilt, hatte darauf verwiesen, dass es in der Wissenschaft keine Möglichkeit gibt, Seins- Aussagen in Sollens-Aussagen zu transformieren (vgl. Weber, 1968, S. 229- 230). Die Produktion wissenschaftlichen Wissens orientiert sich an der Unterscheidung „wahr/ unwahr“, nicht aber an der Unterscheidung „moralisch gut/ moralisch schlecht“ oder „wünschenswert/ nicht wünschenswert“. Deshalb kann die (Sport-)Soziologie als Wissenschaftsdisziplin auch nicht sagen, in welche Richtung sich Gesellschaft im Allgemeinen und der Sport im Speziellen entwickeln sollen. Sie kann nur analysieren, welche Konsequenzen und nicht-intendierte Nebenfolgen möglicherweise aus einer (un-)gewünschten Veränderung resultieren. 3.4.2 Entstehung und Entwicklung der Sportsoziologie Wissenschaftliche Disziplinen entstehen nicht durch einen offiziellen Gründungsakt, sondern entwickeln sich vielmehr aus der Verdichtung <?page no="123"?> 124 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen vereinzelter Forschungen und Publikationen hin zu einem homogenen und selbstbezüglichen Kommunikationszusammenhang. 14 Befragt man dazu die Geschichtsschreibung der Sportsoziologie, fällt auf, dass derartige Arbeiten bislang weitgehend fehlen. Das derzeit wohl avancierteste Werk hat Bette (2010, S. 15-64) vorgelegt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil er die Kärrnerarbeit auf sich genommen hat, die ersten beiläufigen und unorganisierten Thematisierungen von Sport und Spiel sowie die ersten expliziten Spezialisierungsversuche zusammenzutragen. Diese Vorläufer der Sportsoziologie waren eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung des disziplinären Kommunikationszusammenhangs. Um die Disziplin „Sportsoziologie“ jedoch zu stabilisieren und auf Dauer zu stellen, bedurfte es aber einer entsprechenden Institutionalisierung. Dies meint erstens die Herausbildung einer Scientific Community, was sich u. a. an der Gründung wissenschaftlicher Vereinigungen sowie der Entstehung von Fachzeitschriften ablesen lässt. Das International Commitee for the Sociology of Sport (ICSS), welches auch die Zeitschrift International Review for the Sociology of Sport herausgibt, wurde 1964 gegründet (vgl. Bette, 2010, S. 51). Mit Blick auf Deutschland zeigt sich, dass mittlerweile sogar zwei Vereinigungen existieren: zum einen die Ende der 1970er Jahre gegründete Sektion Sportsoziologie in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), zum anderen gibt es seit 1984 die Sektion Soziologie des Sports und des Körpers in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) (vgl. Winkler, 1995, S. 10). Mit der Zeitschrift Sport und Gesellschaft verfügt die Sportsoziologie allerdings erst seit 2004 über ein eigenständiges deutschsprachiges Publikationsorgan. Zweitens stellt die Etablierung des Fachs an den Universitäten einen weiteren wichtigen Aspekt der Institutionalisierung einer Disziplin dar. Der erste Lehrstuhl entstand 1975 am Institut für Sportwissenschaft der Universität Oldenburg. 1978 folgte der Lehrstuhl für Philosophie und Sport an der FU Berlin und 1979 wurde die Professur für Sportsoziologie an der Deutschen Sporthochschule besetzt (vgl. Bette, 2010, S. 53). Auffällig ist, dass Lehrstühle für Sportsoziologie durchweg im Bereich 14 Folgt man Stichweh (1979, S. 83), sind typische Merkmale wissenschaftlicher Disziplinen erstens ein hinreichend homogener Kommunikationszusammenhang, der von einer Scientific Community mit eigenen Fachzeitschriften getragen wird, zweitens disziplinenspezifische Karrierestrukturen, drittens eine Mehrzahl aktueller Problem- und Fragestellungen, viertens ein Set an Forschungsmethoden und paradigmatischen Lösungen, und fünftens ein durch Lehrbücher stabilisierter Korpus wissenschaftlichen Wissens. <?page no="124"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 125 der Sportwissenschaft angesiedelt sind, nicht aber an soziologischen Instituten oder Fakultäten. Das heißt, die Institutionalisierung der Sportsoziologie resultiert vor allem aus der Etablierung der Sportwissenschaft an den Universitäten, nicht aber aus Ausdifferenzierungsprozessen ihrer Mutterdisziplin. Die Zahl der ausschließlich sportsoziologisch ausgerichteten Lehrstühle ist relativ gering. Bedingt durch die enge institutionelle Anbindung an die Sportwissenschaft, stehen sie in Konkurrenz insbesondere zu anderen sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen, z. B. Sportpädagogik, Sportökonomie, Sportpsychologie, Sportgeschichte, was u. a. auch dazu geführt hat, dass viele sportsoziologische Lehrstühle Bindestrich- Professuren sind, also mehrere Teildisziplinen gleichzeitig vertreten. Unter diesen Bedingungen ist die Sportsoziologie zwar regelmäßig, jedoch nur in sehr mäßigem Umfang in sportwissenschaftlichen Studiengängen vertreten. In der soziologischen Lehre hingegen taucht sie nur sehr sporadisch auf (vgl. Winkler, 1995, S. 14-15). 3.4.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportsoziologie Themen der Sportsoziologie Angesichts der im Sport vorzufindenden vielfältigen sozialen Phänomene ist es nicht verwunderlich, dass das sportsoziologische Themenspektrum sehr breit gefächert ist. Es ist daher nicht möglich, in diesem Abschnitt einen umfassenden Überblick zu geben. 15 Zielführender scheint es daher, im Folgenden nur wenige ausgewählte Forschungsschwerpunkte darzustellen, an denen sich die soziologische Denkweise und die damit verbundenen Einsichten besonders gut verdeutlichen lassen. Ein zentrales Forschungsfeld der Sportsoziologie bildet die Sportentwicklung. Dabei geht es darum, über historische Beschreibungen hinausgehend zu erklären, wie es zur Entstehung und Etablierung des Sports in der Gesellschaft gekommen ist, in welchem Zusammenhang Sportentwicklung und 15 Mit Blick auf die Etablierung der Sportsoziologie als sportwissenschaftliche Teildisziplin und das damit verbundene Merkmal der Wissensstabilisierung durch Lehrbücher wird z. B. auf Grieswelle (1978); Lüschen (1981); Rigauer (1982); Heinemann (1983); Winkler und Weis (1995); Cachay und Thiel (2000) verwiesen. Als neuere Einführungs- und Übersichtsliteratur bieten sich u. a. Riedl und Cachay (2007); Weis und Gugutzer (2008); Bette (2010); Thiel, Seiberth und Mayer (2013) an. <?page no="125"?> 126 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen gesellschaftlicher Wandel stehen und worauf die gesellschaftliche Bedeutung und Verankerung des Sports basiert. Aus dieser Perspektive heraus lässt sich zeigen, dass es den Sport, so wie wir ihn heute kennen, nicht schon immer gab, sondern er vielmehr ein Produkt der sich durchsetzenden modernen, funktional differenzierten Gesellschaft ist (vgl. Cachay, 1988b; Schimank, 1988; Bette, 1989; Stichweh, 1990). Selbstverständlich gab es schon früher Handlungsbereiche, in denen Bewegung, körperliche Leistungsfähigkeit oder Wettkampf eine Rolle spielten, wie z. B. bei den in kultische und rituelle Handlungen eingebunden Wettkämpfe im antiken Griechenland, im Bereich der (Leibes-)Erziehung, bei Formen des Spiels, wie z. B. den englischen Folk Games oder bei den höfischer Turnieren im Mittelalter und den vor allem dem Adel vorbehaltenen Varianten des Amüsements und Zeitvertreibs. Doch von dem Sport - hier bewusst im Singular formuliert - lässt sich erst mit Blick auf die moderne Gesellschaft sprechen (vgl. Stichweh, 2012). Denn ein wesentliches Kennzeichen vormoderner Gesellschaften war, dass viele Handlungsbereiche, z. B. Arbeiten, Erziehen, Herrschen, Rechtsprechen, Glauben, Heilen sowie auch Bewegen und Spielen, miteinander vermischt waren. Erst im Übergang zur funktional differenzierten Gesellschaft haben sich diese Bereiche zunehmend voneinander getrennt und zu jeweils eigenständigen gesellschaftlichen Teilsystemen ausdifferenziert, z. B. dem Wirtschaftssystem, dem Erziehungssystem, dem politischen System, dem Rechtssystem, dem Religionssystem und dem Gesundheitssystem. So auch der Sport: Mit dem Herauslösen aus unterschiedlichen Sinnkontexten, wie Religion, Erziehung oder politisch gesteuerter Gesunderhaltung der Bevölkerung, entstand erstmalig ein eigenständiges gesellschaftliches Teilsystem Sport mit einer eigener Handlungslogik und darauf abgestimmten Strukturen. In diesem Sportsystem geht es nunmehr um die Erbringung körperlicher Leistungen, welche um des Leistens Willen, also als Selbstzweck, erbracht und permanent miteinander verglichen werden (vgl. Stichweh, 1990). Folgt man dem amerikanischen Historiker Guttmann (1979), dann ist der moderne Sport dadurch gekennzeichnet, dass er erstens weltlich ist, also keine religiösen Bezüge mehr aufweist. Zweitens setzen die sportlichen Leistungsvergleiche das Prinzip der Chancengleichheit voraus. Drittens ist es zu einer Spezialisierung bzw. Differenzierung von Rollen gekommen, z. B. der strikten Trennung von Zuschauern und Sportlern, sowie weiterer sekundärer Funktionsrollen, wie Trainer, Betreuer, Funktionäre (vgl. Cachay & Thiel, 2000, S. 145). Viertens lässt sich eine Bürokatisierung des Sports feststellen. Damit sind zum einen Festlegung, Formalisierung und Überwa- <?page no="126"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 127 chung der sportartenspezifischen Regeln, zum anderen diese Aufgaben übernehmende Organisationen, z. B. Sportverbände, gemeint. Und schließlich wird durch die Merkmale Rationalisierung, Quantifizierung sowie Streben nach Rekorden das für den modernen Sport so bedeutsame Leistungsprinzip hervorgebracht und geprägt. All dies charakterisiert ein eigendynamisches gesellschaftliches Teilsystem, in dem sich alle Handlungen an der spezifischen Systemlogik ausrichten. Wer im Sportsystem agiert, der will eine körperliche Leistung erbringen und steigern, will seine Gegner besiegen und die eigene Niederlage vermeiden. Dabei ist das Sportsystem in seiner Logik autonom und strikt selbstbezüglich, d. h., in die Bewertung sportlicher Leistungen gehen keine außersportlichen Kriterien ein. Den 100-Meterlauf gewinnt der Schnellste, das Gewichtheben der Stärkste, das Speerwerfen derjenige, der am weitesten wirft. Und das Fußballspiel gewinnt die Mannschaft, die die meisten Tore schießt. Es zählt aber nicht, ob ein Sprinter schön oder ein Gewichtheber reich ist, ob ein Speerwerfer über ein politisches Amt verfügt oder ob in einer Mannschaft besonders viele Spieler Abitur haben. Seine gesellschaftliche Bedeutung verdankt der Sport zum einen den spezifischen Leistungen, die er für andere Teilsysteme erbringt, insbesondere für die Wirtschaft, die Massenmedien, die Politik, das Erziehungssystem sowie das Gesundheitssystem (vgl. Schimank, 1988, S. 215-225; Riedl, 2006, S. 63-72). Zum anderen resultiert sie daraus, dass die moderne Gesellschaft durch ein eigentümliches Verhältnis von Körperverdrängung und Körperaufwertung gekennzeichnet ist (vgl. Bette, 1989). Viele Handlungsbezüge sind so abstrakt, dass der Körper für die Teilhabe an ihnen nahezu bedeutungslos geworden ist. Beispielsweise zählen für die Übernahme der Rolle z. B. des Wählers/ Bürgers in der Politik, des Schülers im Erziehungssystem, des Zuschauers/ Lesers im Mediensystem und die Berufsrollen im Wirtschaftssystem ganz andere Kriterien und Qualifikationen als ein leistungsfähiger Körper. Gerade Letzteres markiert einen deutlichen Unterschied zu vormodernen Gesellschaften, wo Arbeit meist körperliche Arbeit war. Als Kehrseite des körperverdrängenden Prinzips der funktionalen Differenzierung kommt es zur Körperaufwertung, denn Sport und körperbezogene Praktiken ermöglichen durch ihren hohen Grad an Konkretheit und Präsenz dem Einzelnen attraktive Möglichkeiten der Sinnsuche, Identitätsbildung und Selbstvergewisserung - und dies in einer Gesellschaft, in der Kontingenz und Ungewissheiten zentrale Eigenwerte bilden (vgl. Luhmann, 1992). <?page no="127"?> 128 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Damit wird nachvollziehbar, dass es im Sport zu einem Größenwachstum gekommen ist. Das noch in den 1950er Jahren dominierende Sportverständnis, welches durch Begriffe wie Wettkampf, Disziplin, Durchhaltevermögen und Askese gekennzeichnet war und vor allem Jungen und junge Männer ansprach, wurde zunehmend aufgeweicht. Ab den 1960er Jahren steigerte der Deutsche Sportbund (DSB) seine Inklusionsbemühungen, indem er sich mit verschiedenen Kampagnen an weitere Bevölkerungskreise - insbesondere an Mädchen, Frauen, Senioren und Behinderte - wandte (vgl. Cachay, 1988a). Es kam nicht nur zu einem spürbaren Anstieg der Mitgliederzahlen, sondern auch neue, heterogene Motive des Sporttreibens hielten nunmehr Einzug in das Breitensportangebot der Vereine, z. B. „körperliche Fitness“, „Bewegungserfahrung“, „Körperausdruck“, „Spannung“ oder „Wohlbefinden“. 16 Darüber hinaus entstanden vor allem ab den 1980er Jahren - zumeist explizit als Gegenkultur zum Vereinssport - so genannte Trendsportarten wie Surfen, Skate- und Snowboarding, die das Erbringen körperlicher Leistungen eng mit Aspekten des Lifestyles, subkultureller Szenezugehörigkeit, Selbstinszenierung und -ästhetisierung verknüpften (vgl. Gugutzer, 2004). Allerdings zeigt sich dabei der typische paradoxe Effekt subkultureller Phänomene: Je erfolgreicher sie als Gegenkultur sind, desto eher werden sie selbst zum Mainstream. Als populäres Massenphänomen nehmen sich ihnen nicht nur die Massenmedien und die Wirtschaft an, sondern letztlich versuchen auch die Sportverbände und -vereine, diese Aktivitäten in ihre Strukturen einzubinden. Letztlich kann dies sogar dazu führen, dass ehemals subkulturelle Trendsportarten ins olympische Programm aufgenommen werden und somit die „höchsten Weihen“ des formal organisierten Sports erhalten (vgl. Lamprecht & Stamm, 1998). Ein zweites wichtiges Forschungsfeld der Sportsoziologie befasst sich mit Fragen nach der Sportbeteiligung und damit, wovon es abhängt, dass Menschen Sport treiben. Dies wird oftmals aus einer Perspektive auf soziale Ungleichheit verfolgt, denn trotz des angesprochenen Größenwachstums des Sports sind immer noch verschiedene Bevölkerungsgruppen unterrepräsentiert, wie z. B. Personen aus bildungsfernen Schichten (vgl. Haut & Emrich, 2011, S. 320). Um dies zu erklären, wird zum einen der Einfluss sozialstruktureller Variablen, z. B. Schichtzugehörigkeit (oftmals gemessen aus einer Kombination der Variablen Beruf, Bildung und Einkommen), untersucht. Zum anderen werden zur Schichtung quer liegende Ungleichheitsphänomene wie horizontale Disparitäten, z. B. Alter, Geschlecht und Ethnie, sowie 16 Im Zuge dieser Entwicklung entstand sogar der Begriff des „nicht-sportlichen Sports“ (vgl. Dietrich & Heinemann, 1989). <?page no="128"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 129 so genannte „neue“ soziale Ungleichheiten, bedingt u. a. durch ungleiche Arbeits-, Freizeit-, Wohn-, Umwelt- oder Infrastrukturbedingungen, in den Blick genommen und analysiert, inwieweit dadurch Sportaktivitäten befördert oder verhindert werden (vgl. Cachay & Thiel, 2008, S. 189-192). Paradigmatisch für die frühen sportsoziologischen Studien zur sozialen Ungleichheit im Sport war die Annahme eines engen und unmittelbaren Zusammenhangs von Schichtzugehörigkeit und Sportbeteiligung, wie z. B. in der großen Vereinsstudie von Schlagenhauf (1977). Ab den 1990er Jahren kamen differenzierte Annahmen zum Tragen und es wurde deutlich, dass die betreffenden Sozialstrukturvariablen (z. B. Einkommen, Beruf, Bildung) weder zu einer formalen noch zu einer durchgängigen und systematischen Exklusion bestimmter Bevölkerungskreise führen (vgl. Lamprecht & Stamm, 1995). Vielmehr bleibt der Sachverhalt, ob jemand Sport treibt oder nicht, letztlich immer auch Resultat einer Selbstexklusion, also eine Entscheidung des Einzelnen. Insofern handelt es sich um ein komplexes Feld, und zwischen den beiden Polen „freier, individueller Entscheidung“ und „sozialer Determination“ des Sportengagements schieben sich vermittelnde Variablen, wie Lebensstil und Milieuzugehörigkeit oder auch soziale Hierarchien der Sportarten, die maßgeblichen Einfluss auf das Sportengagement nehmen und ggf. entsprechende Inklusionsbarrieren aufbauen können. 17 Die Erforschung des Spitzensports und seiner Probleme ist ein drittes Forschungsfeld der Sportsoziologie. Dessen wohl markantestes Merkmal ist, dass hier, wie in keinem anderen Bereich der Gesellschaft, das Leistungsprinzip in dominanter Weise als zentrale Handlungsorientierung zum Tragen kommt. Im sportlichen Wettkampf gilt es, seine Gegner zu besiegen und eigene Niederlagen zu vermeiden. Ein Spitzensportler ist zur permanenten körperlichen Leistungsüberbietung angehalten, um möglichst als Bester der Besten aus der Konkurrenz hervorgehen und Rekorde brechen zu können. Schneller, höher, weiter - dieses Motto verdeutlicht nur zu gut die Logik des Spitzensports, wonach immer nur einer gewinnen kann und letztlich nur der sportliche Erfolg zählt. Konsequenterweise sind daher die im Spitzensport aktiven Athleten gezwungen, enorme Trainingsumfänge von oftmals 20-30 Stunden pro Woche zu absolvieren, eine Vielzahl sport- 17 Ein guter Überblick über die unterschiedlichen Perspektiven und theoretischen Annahmen der Forschungen zur sozialen Ungleichheit im Sport findet sich in Thiel, Seiberth und Mayer (2013, S. 309-329). <?page no="129"?> 130 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen licher Wettkämpfe zu bestreiten und nahezu ihre ganze Lebensführung auf den Sport auszurichten. Nicht von ungefähr resultierten aus dieser „Hyperinklusion“ (Göbel & Schmidt, 1998, S. 111) in den Spitzensport oftmals nicht nur eine spezifische biographische Fixierung auf die sportliche Laufbahn (vgl. Bette & Schimank, 1995, S. 109-126), sondern häufig auch Probleme hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Schulkarriere (vgl. Richartz & Brettschneider, 1996; Teubert, Borggrefe, Cachay & Thiel, 2006), der Berufsausbildung (vgl. Borggrefe, 2012), dem Studium (vgl. Riedl, Borggrefe & Cachay, 2007) oder dem späteren Einstieg in das Berufsleben (vgl. Nagel, 2000). Die Eigenlogik des Spitzensports bringt noch ein weiteres, sportsoziologisch relevantes Problem mit sich: Doping. In der öffentlichen Wahrnehmung dieses Problems wird zumeist davon ausgegangen, dass Doping auf das Fehlverhalten einzelner Personen bzw. Personengruppen zurückgeführt werden kann. Athleten, Trainern, Betreuern, Ärzten, Managern oder Sportfunktionären werden im Rahmen einer öffentlichen Doping-Diskussion gerne übertriebene Erfolgsorientierung, Ruhmsucht, ökonomische Interessen oder andere moralische Defizite vorgeworfen. Im Gegensatz zu dieser weitverbreiteten Auffassung, die Dopingvergehen personalisiert, auf individuelles Fehlverhalten reduziert und entsprechend auch moralisiert, machen sportsoziologische Forschungen allerdings deutlich, dass es sich beim Doping zuallererst um ein überindividuelles, also ein soziales Phänomen handelt, das dem Spitzensportsystem immanent ist (vgl. Bette & Schimank, 1995, S. 15). Denn in einem System, in dem weitestgehend nur die im sportlichen Wettkampf erbrachte körperliche Leistung zählt, werden zwangsläufig nicht nur alle legitimen, sondern ebenso alle illegitimen Möglichkeiten der Leistungssteigerung ausgeschöpft. Und dies betrifft ja nicht nur die Sportler selbst, sondern auch Trainer, Manager, Vereine, Verbände und Veranstalter. Teilnahmen an Wettkämpfen, Qualifikationen für Kaderplätze, staatliche Sportförderung für den einzelnen Athleten wie auch für die jeweiligen Fachverbände, Arbeitsverträge für Spieler, Trainer und Manager, das Einwerben von Sponsoren- und Fernsehgeldern - all dies hängt im höchsten Maße von sportlichen Erfolgen ab. Insofern erhöht sich einerseits die Wahrscheinlichkeit des Dopings durch die Systemlogik des Sports selbst, andererseits sinkt bei den Akteuren des Spitzensports das Interesse an der Entdeckung und Kontrolle von Doping. Eine derart soziologisch orientierte Perspektive führt dann auch zu völlig anderen Überlegungen hinsichtlich der Lösungsmöglichkeiten der Doping-Problematik, wie sie beispielweise von den Verbänden oder in der Öffentlichkeit diskutiert und gefordert werden (vgl. Bette & Schimank, 2006). Denn als ein direkt aus der Systemlogik resultierender Effekt wird man Doping nie vollständig beseiti- <?page no="130"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 131 gen, sondern immer nur eindämmen können. Entsprechend scheinen personenbezogene Maßnahmen, wie Kontrollen und Strafen sowie pädagogische Intervention, nur bedingt geeignet. Sportvereine und Sportverbände stellen nach wie vor die zentralen Organisationen des Sports da, auch wenn sie mittlerweile durch kommerzielle Sportanbieter und informelle Arrangements starke Konkurrenz bekommen haben. Entsprechend wird ein viertes sportsoziologisches Forschungsfeld durch vielfältige Studien zu diesem Organisationstypus gebildet. 18 Vergleicht man Sportvereine mit anderen Organisationen wie Wirtschaftsunternehmen, Krankenhäusern, Museen oder Schulen, erkennt man, dass es sich hier um eine ganz spezifische Organisationsform handelt, nämlich um freiwillige Vereinigungen. Diese lassen sich anhand von fünf idealtypischen Merkmalen charakterisieren (vgl. Heinemann & Horch, 1988): (1) Die Mitgliedschaft ist freiwillig, niemand kann dazu gezwungen werden. (2) Entsprechend orientieren sich die Organisationsziele an den Mitgliederinteressen, und sie müssen dies auch tun, denn nur wenn die Interessen der Mitglieder zumindest ansatzweise befriedigt werden, werden diese ihre freiwillige Mitgliedschaft aufrechterhalten. (3) Es bestehen demokratische Entscheidungsstrukturen, da sie eine zentrale Voraussetzung für die Artikulation der Mitgliederinteressen darstellen. Die Mitgliederversammlung bildet (formal) das oberste Entscheidungsgremium. (4) Die Mitgliederinteressen werden auf Basis freiwilligen Engagements und in Form von Ehrenamtlichkeit realisiert. (5) Die Vereine sind durch Mitgliederbeiträge und freiwilliges Engagement autonom und unabhängig vom Staat. Empirische Studien der Vereinsrealität zeigen jedoch, dass diese Merkmale in idealtypischer Form oftmals nicht gegeben sind. Mit Blick auf die gern beschworene Autonomie der Vereine lassen sich z. B. Korporatisierungsprozesse identifizieren, indem die Politik über Förderprogramme und Steuererleichterungen den organisierten Sport mitfinanziert und ihrerseits - mit dem Verweis auf die Gemeinwohlorientierung - versucht, politische Anliegen, z. B. Gesundheitsförderung, Integration von Ausländern, an die Sportvereine heranzutragen. Auch demokratische Entscheidungsstrukturen werden in der Praxis häufig unterlaufen, denn interne Koordinationszwänge und Notwendigkeiten, den Verein nach außen durch feste Ansprechpartner zu vertreten, führen oftmals zur Ausbildung informeller Hierar- 18 Einen guten Überblick über die vielen organisationssoziologischen Arbeiten zum Sportverein liefert beispielsweise Anders (2005). Die Zahl grundlegender Arbeiten zu Sportverbänden (z. B. Winkler, Karhausen & Meier, 1985; Meier & Winkler, 1995; Fahrner, 2008; 2009) ist demgegenüber vergleichsweise niedrig ist. <?page no="131"?> 132 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen chien und Informationsoligarchien, so dass Entscheidungen häufig nicht mehr von „unten“ durch die Mitgliederversammlung, sondern vorab von „oben“ durch den Vorstand getroffen werden. Auch wenn öffentliche und sportpolitische Diskurse immer wieder den Eindruck vermittelten, das Ehrenamt befände sich in der Krise, können die meisten Vereine ihre Ämter zumindest besetzen. Bedeutsamer sind hier vielmehr Fragen nach Leistungsfähigkeiten und Qualifikationen der Amtsinhaber sowie nach deren möglicher Überforderung durch ihr freiwilliges Engagement. Es zeigt sich, dass wachsende Anforderungen im Sportbetrieb, erhöhte Qualitätsansprüche der Mitglieder sowie zunehmende Verrechtlichungs- und Bürokratisierungsprozesse die Komplexität der Vereinsführung und -verwaltung enorm gesteigert haben. Inwieweit es daher in den Vereinen zu einer ernst zu nehmenden Verberuflichung im Sinne von Hauptberuflichkeit kommt, hängt u. a. von der Mitgliederzahl, der Höhe des Vereinsetats, der Größe des Vereinsvorstands sowie der Organisationskultur bzw. -ideologie ab (vgl. Thiel, Meier, & Cachay, 2006). Weitere Forschungsfelder und Themen der Sportsoziologie können an dieser Stelle nur aufgezählt werden: Sport und Gender, Sport und Sozialisation, Sport und Massenmedien, soziale Konflikte im Sport, Trainer-Athlet- Interaktion, Publikum und Fans, Gewalt im Sport, Migration, Integration, sozialer Wandel und Sportentwicklung, Nachwuchsförderung, Extremsport, Behindertensport, Körperkult. 19 Theorien der Sportsoziologie Die hier aufgezeigte thematische Vielfalt bedingt, dass in der Sportsoziologie ganz unterschiedliche Theorien zum Einsatz kommen. Die allgemeine Soziologie ist durch einen enormen Theorienpluralismus und konkurrierende Paradigmen gekennzeichnet, was sich auch in der Sportsoziologie widerspiegelt. Dies bedeutet erstens, dass es nicht die eine soziologische Theorie gibt, mit der sich alle sozialen Phänomene gleichermaßen gut erklären ließen. Und zweitens lässt sich daraus folgern, dass soziologische Theorien nicht als Glaubensüberzeugungen oder dogmatische Weltanschauungen aufzufassen sind, sondern vielmehr Denkwerkzeuge darstellen, die, zusammen mit den Forschungsmethoden, die Erforschung der sozialen Realität anleiten. Soziologische Theorien sind komplexitätsreduzierende 19 Hier ist man vor allem auf die Körpersoziologie verwiesen, die ein eigenständiges Forschungsfeld darstellt, das jedoch große Überschneidungsbereiche mit der Sportsoziologie hat. <?page no="132"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 133 Annahmen und Beschreibungen des Sozialen. Sie bringen immer nur ganz spezifische Aspekte in den Blick. Wie in der Fotografie bestimmen z. B. Art des Objektivs, Brennweite, Belichtungszeit, Bildausschnitt, Standort und der Einsatz von Filtern, welche Objekte, Strukturen, Farben und Kontraste überhaupt auf das Bild gelangen und damit für einen Beobachter sichtbar werden. Das heißt, Theorien ermöglichen es, die Welt anders zu sehen, indem sie bestimmte Aspekte fokussieren und alles andere ausblenden. Wie soziologische Theorien unterschiedliche Perspektiven ermöglichen, lässt sich beispielsweise an der bereits eingeführten Unterscheidung von Mikro- und Makroebene aufzeigen. Eine Reihe von Theoretikern richtet den Fokus auf das Handeln individueller Akteure, auf deren Intentionen und Weltsichten, deren Abhängigkeiten von anderen Akteuren sowie deren Zusammenwirken und Koordination mit diesen - um daraus schließlich die Entstehung sozialer Prozesse und Strukturen zu erklären. Aus dieser Perspektive erwachsen das Soziale und die Gesellschaft, also die Makroebene, gewissermaßen von unten aus der Mikroebene heraus. Dies gilt sowohl für das interpretative Paradigma mit seinen Vertretern, wie Schütz, Goffman, Berger und Luckmann, wonach Gesellschaft vor allem aus den interaktiv und interpretativ vollzogenen kulturellen Konstruktionen der Menschen im Alltag entsteht, als auch für utilitaristische Theorien, welche die Entstehung sozialer Ordnung durch die individuelle Interessenverfolgung von Akteuren zu erklären versuchen. Deren prominenteste Variante ist wohl die Rational-Choice-Theorie, wie sie z. B. Colemann und Esser vertreten. In der Sportsoziologie lässt sie sich u. a. in Forschungen zu Sportvereinen, Mitgliederbindung und freiwilliger Mitarbeit finden (vgl. Nagel, 2006; Flatau, 2009; Schlesinger & Nagel, 2011). Zudem gibt es Theorien, welche die Makroebene fokussieren, also die Gesellschaft als Ganzes sowie ihre Teilsysteme in den Blick nehmen, z. B. die Theorie funktionaler Differenzierung (z. B. Parsons, Luhmann) oder auch der Marxismus (Marx). Der solchen Überlegungen zugrunde liegende Gedanke lässt sich mit dem Begriff der Emergenz beschreiben. Damit ist gemeint, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Das heißt, es wird davon ausgegangen, die Gesellschaft bzw. das Soziale seien durch Eigengesetzlichkeiten und -dynamiken gekennzeichnet, die unabhängig von Weltsichten, Intentionen und Handlungen individueller Akteure existieren. Gesellschaftliche Teilsysteme, wie Wirtschaft oder eben auch Sport, folgen ganz bestimmten Logiken (Gewinnorientierung, Leistungsorientierung), an die sich der einzelne Akteur (selbst im Kollektiv mit anderen) nur anpassen, sie aber nicht grundlegend verändern o- <?page no="133"?> 134 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen der gar außer Kraft setzen kann. In der Sportsoziologie kommt dabei insbesondere die maßgeblich von Luhmann entwickelte Systemtheorie zum Einsatz (vgl. Bette, 1984; Cachay, 1988b; Schimank, 1988; Stichweh, 1990; Thiel, 1997; 2002). Zwischen diese beiden grundlegenden Perspektiven von Akteur und System schieben sich eine Reihe an Theorien, die stärker zwischen Mikro- und Makroebene zu vermitteln suchen oder aber als so genannte Theorien mittlerer Reichweite ohne Anspruch auf universelle Gültigkeit spezifische Aspekte des Sozialen beleuchten: Größere Resonanz in der Sportsoziologie erzeugten z. B. die Arbeiten von Bourdieu. Seine Theorie sozialer Felder bildet wichtige Ansatzpunkte zur Erklärung sozialer Ungleichheit und Distinktion. Mit dem Konzept des Habitus hat er einen theoretischen Zugriff auf das Verhältnis von Gesellschaft und Körper geschaffen (vgl. Alkemeyer & Schmidt, 2003). Darüber hinaus ist er einer der wenigen allgemeinen Soziologen, der sich selbst mit dem Sport befasst hat (vgl. Bourdieu, 1986). Ein weiterer für die Sportsoziologie einflussreicher Soziologie war Elias, dessen Arbeiten vor allem im anglo-amerikanischen Raum stark rezipiert wurden (vgl. Giulianotti, 2004, S. 7). In seinem Werk über den Zivilisationsprozess zeigt er auf, wie es in der Gesellschaft über mehrere Jahrhunderte aufgrund steigender gesellschaftlicher Komplexität und verlängerter Interdependenzketten zur zunehmenden Affektkontrolle, gesteigerten Fähigkeit zum Bedürfnissaufschub, Erhöhung der Scham- und Peinlichkeitsschwellen sowie einer Gewaltrücknahme auf Seiten der Individuen gekommen ist (vgl. Elias, 1980). Zusammen mit seinem Schüler Dunning hat er eine Reihe an Arbeiten zu verschiedenen Aspekten des Sports verfasst. Im modernen Sport sehen sie vor allem eine Antwort auf „the quest for excitement in unexciting societies“ (Elias & Dunning, 1986). Mit seinen Studien zu Machtprozessen, zu Formen der Körperdisziplinierung und zur Diskursanalyse hat außerdem Foucault wichtige Einsichten zur Untersuchung körperlicher, machtbasierter sowie diskursiver Praktiken im Sport geschaffen, die u.a. in der neueren Genderforschung im Sport (vgl. Kleindienst-Cachay & Heckemeyer, 2008) sowie auch bei der Analyse der Trainer-Athlet-Beziehung zum Tragen kommen (vgl. Denison, 2011). Methoden der Sportsoziologie Die in der Sportsoziologie genutzten Forschungsmethoden unterscheiden sich nicht von denen ihrer Mutterdisziplin. Oder anders formuliert: Es gibt <?page no="134"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 135 keine originären sportsoziologischen Methoden. 20 Forschungsmethoden sind analog zu Theorien als Werkzeuge zu verstehen. Das meint vor allem, dass es nicht per se die beste Methode gibt, sondern die Angemessenheit ihres Einsatzes ist immer mit Blick auf das zugrunde liegende Forschungsproblem zu reflektieren. Soziologische Methoden lassen sich dabei nach ihrem zugrunde liegenden Forschungsansatz und nach ihrem Datenerhebungsverfahren unterscheiden. In der Soziologie gibt es zwei grundlegende Forschungsansätze: zum einen der qualitative Ansatz, zum anderen der quantitative Ansatz. Beide Richtungen unterscheiden sich vor allem in der Art der Daten, die sie generieren. Qualitative Forschung zielt darauf ab, ihre empirischen Beobachtungen direkt zu verbalisieren und auf der Ebene von Sprache zu verarbeiten. Qualitativ ist an dieser Stelle also nicht im Sinne von „besser“ zu verstehen, sondern dieser Forschungsansatz versucht mit Qualitäten, z. B. Begriffen, Kategorien oder „dichten“ Beschreibungen (vgl. Geertz, 1987), soziale Realität zu erfassen. Quantitative Forschung hingegen nimmt sich die Naturwissenschaften zum Vorbild und versucht soziale Realität zu messen, also in Zahlen abzubilden und diese mit statistischen Verfahren auszuwerten. Ihre Erhebungsverfahren sind notwendigerweise standardisiert, was zu Informationsverlusten führt, aber die Vorteile der besseren Vergleichbarkeit und Aggregierbarkeit von Daten mit sich bringt. Quantitative Forschung eignet sich daher besonders für große Untersuchungspopulationen, z. B. Zuschauer im Stadion. Sie ist oftmals konfirmatorisch, also auf die Überprüfung von Zusammenhängen und Hypothesen ausgelegt. Im Gegensatz dazu eignet sich qualitative Forschung durch ihre geringe Standardisierung und den höheren Informationsgehalt ihres Datenmaterials für Fallstudien, also für die Analyse weniger, aber komplexer Untersuchungseinheiten (z. B. Entscheidungsstrukturen eines Sportverbands). Sie ist in vielen Fällen explorativ ausgerichtet, kommt also in Bereichen zum Einsatz, über die man noch wenig weiß, und dient häufig der Theorieentwicklung und Hypothesengenerierung. Quer zu der Unterscheidung von qualitativer und quantitativer Forschung liegen die drei grundlegenden Datenerhebungsverfahren: Befragung, Beobachtung und Inhaltsanalyse. Befragungen erfassen vor allem Wissen, Erfahrungen, Einstellungen und Meinungen. Im Bereich der quantitativen Forschung kommen hier vor 20 Grundlegende soziologische Einführungsbücher sind Diekmann (2007), Schnell, Hill und Esser (2011) sowie Lamnek (2010), für die Sportwissenschaft sind Bös, Hänsel und Schott (2000) sowie Singer und Willimczik (2002) zu nennen. <?page no="135"?> 136 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen allem Fragebögen bzw. fragebogengestützte, standardisierte Interviews zum Einsatz. In der qualitativen Forschung greift man oftmals auf narrative Interviews, problemzentrierte Interviews oder Experteninterviews zurück, die zumeist lediglich durch einen so genannten Interviewleitfaden grob vorstrukturiert werden. Mit Beobachtungsverfahren wird hingegen das tatsächliche Verhalten der Probanden untersucht. Auch hier kann das Verfahren standardisiert oder unstandardisiert sein, die Beobachtung kann offen oder verdeckt erfolgen und der Forscher kann an dem Geschehen selber teilnehmen oder dies nur von außen beobachten. Inhaltsanalysen befassen sich mit Texten aller Art, d. h. neben schriftlichen Dokumenten - Reden, Protokolle, Programme etc. - können dies auch Bilder, Filme, Kunstwerke oder Gebäude sein. Ihr Vorteil ist darin zu sehen, dass es sich hierbei durchweg um nicht-reaktive Verfahren handelt. Denn bei Befragungen und Beobachtungen läuft man stets Gefahr, dass man nicht die „wahren“ Daten erhält, weil die Probanden sich im Wissen um ihre Beforschung anders verhalten bzw. antworten, als sie es normalerweise tun würden (Stichwort: soziale Erwünschtheit). Bei Texten stellt sich jedoch dieses Reaktanzproblem nicht. 3.4.4 Verhältnis der Sportsoziologie zur Sportpraxis In ihrer Entstehungs- und frühen Etablierungsphase hatte die Sportsoziologie nur geringe Berührungspunkte mit der Sportpraxis. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass die allgemeine Soziologie in Deutschland in den 1960er/ 1970er Jahren um ihre gesellschaftliche Anerkennung und Legitimation kämpfen musste. Denn in der öffentlichen Wahrnehmung dominierten insbesondere die Soziologen, die sich dem Programm der kritischen Theorie der Frankfurter Schule und ihren prominenten Vertretern, z. B. Adorno und Habermas, verpflichtet sahen und Soziologie vor allem als Kritik an bestehenden Gesellschafts-, Macht- und Ausbeutungsverhältnissen verstanden. Eine solche Soziologie konnte für das sich radikal dem Leistungsprinzip verschreibenden Sportsystem kein anschlussfähiges Wissen produzieren. Denn damit wären Sinnhaftigkeit und Legitimation des Spitzensports und seiner dominierenden Organisationen fundamental infrage gestellt, jedoch keine produktiven Lösungen für die Probleme des Sports erbracht worden. <?page no="136"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 137 Auch wenn die (Sport-)Soziologie in den letzten Jahrzehnten weitaus systemaffirmativer geworden ist, 21 erschwert die unterstellte fehlende direkte Verwertbarkeit sportsoziologischer Erkenntnisse weiterhin ein enges Verhältnis zur Sportpraxis. Denn im Vergleich zu anderen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen, z. B. Trainingswissenschaft oder Sportpsychologie, gelingt es der Sportsoziologie nicht, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse als Technologien bzw. als Technik in die Sportpraxis einzubringen. Technik, verstanden als funktionierende Simplifikation (vgl. Luhmann, 1997, S. 524), suggeriert Kausalität und damit leichte Interventionsmöglichkeiten. Scheinbar bedarf es nur eines spezifischen Inputs - z. B. ein Medikament, ein Trainingsplan, ein psychologisches Treatment - und man erhält als Output eine gesteigerte sportliche Leistung. Aber soziale Verhältnisse lassen sich eben nicht auf Technik reduzieren, ihre Eigendynamik basiert nicht auf Kausalität, sondern vielmehr auf Selektivität. Insofern kann die Sportsoziologie der Praxis nur Orientierungswissen liefern, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und zur Reflexion anregen. Die daraus ableitbaren Veränderungs- und Lernprozesse müssen dann allerdings von der Sportpraxis selbst erbracht werden. Jedoch weiß man aus der (sport-)soziologischen Organisationsforschung, dass Organisationen im Allgemeinen, Sportvereine und -verbände im Speziellen das Lernen durchaus schwer fällt, da eine Vielzahl struktureller Mechanismen und Barrieren Veränderungen und Innovationen scheitern lassen können (vgl. Bette, 1999a; Thiel & Meier, 2004; Knudsen, 2006). Daher bleibt die soziologische Beratung von Sportorganisationen oftmals ein recht enttäuschendes und wirkungsloses Unterfangen, da das wissenschaftliche Wissen - wenn nicht komplett ignoriert - oftmals nur zur Legitimation bereits vorgefertigter Entscheidungen oder für Akte symbolischer (Sport-) Politik genutzt wird. 21 Für diesen Wandel sind auch die Fördermöglichkeiten für Forschungsprojekte maßgeblich gewesen. Hier ist vor allem das 1970 gegründete Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) zu nennen, das entsprechende Auftragsforschungen insbesondere hinsichtlich der Problemlagen des Spitzensports vergibt. Darüber hinaus sind mittlerweile verschiedene Ministerien, Sportverbände und Krankenkassen wichtige Geldgeber, die entsprechend anwendungsbezogenes sportsoziologisches Wissen erwarten. <?page no="137"?> 138 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Praxisbeispiel: Spitzensport und Schule „Weltmeister werden und die Schule schaffen“ lautet der Titel einer Studie von Richartz und Brettschneider (1996) und er lässt erahnen, welche Anforderungen an jugendliche Spitzensportler heutzutage gestellt werden. Zum einen gilt: Nur wer bereits im Kindes- und Jugendalter ein enormes Trainings- und Wettkampfpensum leistet, hat überhaupt die Chance, im Erwachsenenalter international konkurrenzfähig sein zu können. Zum anderen muss aber auch eine Schul- und Berufsausbildung absolviert werden. Denn entgegen dem vor allem durch die Massenmedien verbreiteten Bild der „millionenschweren“ Sportstars gilt für die allermeisten Athleten, dass sie ihren zukünftigen Lebensunterhalt nicht allein auf Basis ihrer spitzensportlichen Karriere werden sichern können. Deshalb sind ein Schulabschluss und eine daran anschließende Berufsausbildung oder ein Studium nicht hintergehbare Notwendigkeiten für „die Zeit danach“. Dies wird auch von der überwiegenden Mehrheit der Nachwuchssportler so gesehen. Die wenigsten von ihnen sind bereit, aufgrund ihres sportlichen Engagements größere Nachteile hinsichtlich ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung in Kauf zu nehmen. Im Konfliktfall würden sie sich daher eher gegen den Sport entscheiden (vgl. Riedl & Cachay, 2002, S. 229-234). Damit läuft der Spitzensport aber Gefahr, seine Talente entweder zu spät, auf einem zu niedrigen Leistungsniveau auszubilden - oder aber sie vorzeitig ganz zu verlieren. Beiträge der Sportsoziologie hinsichtlich des Problems der (Un-) Vereinbarkeit von sportlicher Karriere und schulischer Laufbahn werden deutlich, wenn man danach fragt, wie die Inklusion in die beiden gesellschaftlichen Teilsysteme Spitzensport und Erziehung erfolgt, welche generellen Anforderungen an die Rolle „Sportler“ und die Rolle „Schüler“ gestellt werden. Dann wird u. a. erkennbar, dass erstens beide Rollen in dieselbe Lebensspanne fallen und sich nicht beliebig nach hinten verschieben lassen. Zweitens erfordern sie beide einen hohen Ressourcenaufwand, insbesondere in zeitlicher Hinsicht. Und drittens ist festzustellen, dass das Sportsystem und das Erziehungssystem jeweils nur nach Maßgabe ihrer eigenen Funktionslogik inkludieren und die Funktionserfordernisse des anderen Systems gänzlich unberücksichtigt lassen (müssen). Man bekommt in Mathematik keine bessere Note, nur weil man ein erfolgreicher Speerwerfer ist. Und man bekommt auch beim Schwimmwettkampf keinen Vorsprung, weil man in der letzten Deutscharbeit gut abgeschnitten hat. Das zentrale <?page no="138"?> Sportsoziologie (Lars Riedl) 139 Problem der (Un-)Vereinbarkeit von Spitzensport und Schule ist demnach in der Simultaneität und Desintegration der beiden Inklusionsverhältnisse „Sportler“ und „Schüler“ zu sehen (vgl. Riedl, Borggrefe & Cachay, 2007, S. 164). Fragt man nach Lösungsmöglichkeiten, wird schnell deutlich, dass diese nicht in der Sachdimension zu finden sind. Im Erziehungssystem können keine besseren Noten für Spitzensportler gegeben werden, denn dies würde entsprechende Schulabschlüsse entwerten. Und der Spitzensport kann keine Vergünstigungen aufgrund schulischer Leistungen gewähren, würde damit doch die sportliche Konkurrenzlogik unterlaufen werden. Möglichkeiten zur Abfederung der Problematiken sind nur in der Zeitdimension, z. B. durch die Flexibilisierung oder Streckung der Schulzeit, sowie in der Sozialdimension, z. B. durch die Rekrutierung qualifizierten Personals zur Betreuung und Unterstützung der jugendlichen Athleten, gegeben. Derartige strukturelle Arrangements lassen sich allerdings nicht direkt in den gesellschaftlichen Funktionssystemen (Makroebene) etablieren. Will man die Problemlösung jenseits von heroischen Einzelleistungen der Nachwuchssportler und ihrer Eltern (Mikroebene) institutionell verankern, gilt es auf der Mesoebene Organisationen zu schaffen bzw. Kooperationen zwischen Sportorganisationen und Schulen zu initiieren, die ihre Strukturen - Zielsetzungen, Entscheidungsprozesse, Kommunikationswege, Stellen, Personal, Organisationskultur - so ausrichten, dass sie den Erfordernissen des Spitzensports und des Erziehungssystems gerecht werden bzw. die damit verbundenen Konflikte zumindest abfedern, um so dem Nachwuchssportler eine bessere Vereinbarkeit von schulischer Laufbahn und sportlicher Karriere zu ermöglichen. Unter Bezeichnungen, wie Partnerschule des Spitzensports, Sportbetonte Schule und Eliteschule des Sports, gibt es in Deutschland bereits verschiedene institutionalisierte Lösungsansätze. Inwieweit sie aber das Problem der (Un-)Vereinbarkeit tatsächlich lösen können, ist eine weitere zentrale Frage sportsoziologischer Analysen (vgl. Teubert et al. 2006; Teubert, 2009; Flatau & Emrich, 2011). <?page no="139"?> 140 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Kontrollfragen [1] Im Sport lassen sich mannigfaltige soziale Phänomene auf unterschiedlichen Ebenen finden. Wie können diese Ebenen bezeichnet werden und worin unterscheiden sie sich? Benennen Sie jeweils drei Beispiele. [2] Die Sportsoziologie steht einerseits in Beziehung zur Soziologie, andererseits zur Sportwissenschaft. Wodurch sind diese beiden Verhältnisse jeweils gekennzeichnet? Worin unterscheiden sie sich? [3] Sportsoziologen gehen davon aus, dass der Sport erst im Zuge der Entstehung und Durchsetzung der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft entstanden ist. Wie wird diese These begründet? [4] Die moderne Gesellschaft ist durch die Gleichzeitigkeit von Körperverdrängung und Körperaufwertung gekennzeichnet. Wie lässt sich dieses paradoxe Verhältnis erklären? [5] Doping ist ein zentrales Problem des Spitzensports. Welche Ursachen machen sportsoziologische Forschungen deutlich und wieso kann der Sport dieses Problem nicht vollends lösen? [6] Sportvereine sind freiwillige Vereinigungen. Durch welche idealtypischen Merkmale ist dieser spezifische Organisationstyp gekennzeichnet? Inwiefern weicht die soziale Realität der Sportvereine hiervon häufig ab? [7] In der Sportsoziologie kommen quantitative und qualitative Forschungsansätze zum Einsatz. Worin liegen deren wesentliche Unterschiede, Vor- und Nachteile? [8] Typische Forschungsmethoden der Sportsoziologie sind Befragungen, Beobachtungen und Inhaltsanalysen. Wie unterscheiden sich diese drei hinsichtlich ihrer Datenerhebung? [9] Ein zentrales Problem für den Nachwuchs im Spitzensport ist die Simultanität und Desintegration der Rollen „Sportler“ und „Schüler“. Wie lassen sich soziologisch fundiert Möglichkeiten und Grenzen der Problemlösung aufzeigen? <?page no="140"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 141 3.5 Sportökonomik (Tim Pawlowski) Die wirtschaftliche Entwicklung und Bedeutung des Spitzensports erfordert in zunehmendem Maße auch eine wirtschaftswissenschaftliche (ökonomische) Betrachtung. Darüber hinaus eignet sich das wirtschaftswissenschaftliche Instrumentarium (in modifizierter Form) hervorragend, um einige zentrale Fragen im Bereich des nichtkommerziellen Freizeit- und Breitensports ebenfalls wissenschaftlich zu ergründen. Dies sind die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, unter denen sich in den letzten Jahren die Sportökonomik als relevanter Wissenschaftszweig herausgebildet und entwickelt hat. Aber ist die Sportökonomik ein eigenständiger Wissenschaftszweig? Ist sie Teil der Sportwissenschaft oder Teil der Wirtschaftswissenschaften? Womit beschäftigt sich die Sportökonomik? Was machen Sportökonomen? Welche empirischen Studien gibt es? Und warum wird das Kapitel Sportökonomik und nicht Sportökonomie oder Sportmanagement genannt? Unter anderem diesen Fragen geht das vorliegende Kapitel nach. 22 Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportökonomik beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Sportökonomik entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportökonomik kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportökonomik den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. 22 Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Prof. Dr. h.c. Georg Anders für seine kritische Durchsicht dieses Kapitels und seine sehr hilfreichen Anmerkungen bedanken. <?page no="141"?> 142 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportökonomik zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.5.1 Einführung - Charakterisierung der Sportökonomik Bis heute besteht kein Konsens darüber, was Sportökonomik ist. Um die Perspektive dieses Kapitels zu verstehen, wird daher zunächst eine Begriffseingrenzung vorgenommen und die anhaltende Debatte zur Einordnung dieser noch sehr jungen wissenschaftlichen Disziplin kurz skizziert. Wenn Aspekte des Sports aus ökonomischer Perspektive beleuchtet werden, sind im deutschen Sprachgebrauch die Begriffe Sportökonomie, Sportökonomik und Sportmanagement gebräuchlich. Daumann (2011) und Trosien (2009) definieren die Sportökonomie als Oberbegriff einer Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Volkswirtschaftslehre (VWL) des Sports. Die Auseinandersetzung mit ausschließlich volkswirtschaftlichen Aspekten des Sports wird hingegen häufig als Sportökonomik bezeichnet (vgl. Dietl, 2011). Da die volkswirtschaftlichen Aspekten des Sports im Fokus des vorliegenden Kapitels stehen, wurde es mit dem Begriff Sportökonomik entsprechend spezifiziert. Unklar ist allerdings bis heute, in welchem Verhältnis Sportökonomie und Sportökonomik zu dem geläufigeren Begriff Sportmanagement stehen. Während Thieme (2011) Sportmanagement als spezielle Betriebswirtschaftslehre des Sports sieht, gehören nach Parkhouse (2005) auch die volkswirtschaftlichen Aspekte des Sports zum Sportmanagement. Nach Daumann (2011) werden unter Sportmanagement ebenfalls sowohl betriebsals auch volkswirtschaftliche Aspekte des Sports subsummiert. Er versteht unter Sportmanagement allerdings nur die „technologische Nutzung der Theorien der BWL/ VWL des Sports“ (Daumann, 2011, S. 10). Breuer und Thiel (2005) fassen Sportmanagement noch weiter, indem sie den Begriff der Sportmanagementwissenschaft als Oberbegriff von Sportökonomik, Sportpsychologie, Sportrecht und Sportsoziologie einführen. Unklar ist darüber hinaus, ob die Sportökonomik Teil der Wirtschaftswissenschaften oder Teil der Sportwissenschaft ist. Einerseits argumentiert beispielsweise Dietl (2011), dass die Sportökonomik eine Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften darstellt, weil sie auf dem grundlegenden wirtschaftswissenschaftlichen Fundament aufbaut. Andererseits ist die institutionelle Anbindung der Sportökonomik in den Universitäten sportwissen- <?page no="142"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 143 schaftlich geprägt: Es gibt z. B in Deutschland entsprechende Professuren nur in sportwissenschaftlichen, nicht aber in wirtschaftswissenschaftlichen Instituten. Gleichwohl forschen jedoch zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler an wirtschaftswissenschaftlichen Instituten (u. a.) im Bereich der Sportökonomik. Ausgehend von der zuvor skizzierten Debatte ist Abbildung 11 der Versuch einer eigenen Einordnung der Sportökonomik im Schnittfeld von Sportwissenschaft und VWL sowie angrenzenden Disziplinen. Neben der Sportwissenschaft, der VWL und der BWL wurde in der Abbildung zudem die Perspektive der Medienwissenschaften eingeführt, da einige medienökonomische Aspekte Relevanz für die Sportökonomik haben. Wie die Abbildung andeutet, existieren keine klaren Abgrenzungen zwischen den einzelnen Disziplinen. Häufig sind die Übergänge fließend. Volkswirtschaftslehre Betriebswirtschaftslehre Medienwissenschaften Sportwissenschaft Sportwissenschaft Sportökonomik Sportbetriebslehre Sportpublizistik Abb. 11: Die Sportökonomik im Schnittfeld von Sportwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und angrenzenden Disziplinen Dieser einführenden Einordnung folgend, beschäftigt sich die Sportökonomik mit den mikro- und makroökonomischen Aspekten des Sports. Allgemein werden im Rahmen der Mikroökonomik einzelne Elemente der Wirtschaft (Anbieter und Nachfrager) sowie deren Zusammenwirken auf Märkten betrachtet. Mikroökonomische Themen des Sports beziehen sich beispielsweise auf das Zuschauerverhalten im Spitzensport, das Verhalten von Profisportvereinen und -unternehmen sowie deren Zusammenwirken beispielsweise in Stadien. Im Rahmen der Makroökonomik werden gesamtwirtschaftliche Phänomene betrachtet. Makroökonomische Themen des <?page no="143"?> 144 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Sports beziehen sich entsprechend u. a. auf die wirtschaftliche Bedeutung des Sports oder die wirtschaftliche Bedeutung von Sportgroßevents (vgl. Mankiw & Taylor, 2008). Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung der Sportökonomik auf den Gegenstandsbereich des Spitzensports zu kurz greift. Die volkswirtschaftlichen Aspekte des Freizeit- und Breitensports sind von großer (sportpolitischer) Bedeutung und erfahren daher insbesondere in der jüngeren Vergangenheit eine zunehmende (wissenschaftliche) Beachtung. Bevor jedoch einzelne Themen der Sportökonomik näher spezifiziert und erläutert werden, ist zunächst die grundlegende Frage zu klären, warum die Sportökonomik als eigenständige wissenschaftliche Disziplin zu verstehen ist. Nach Heinemann (1984; 1998) kann dies mit den zahlreichen Besonderheiten des Sports begründet werden, die ein einfaches Anwenden allgemeiner mikro- oder makroökonomischer Theorien und Methoden im Gegenstandsbereich des Sports erschweren oder unmöglich machen (vgl. hierzu auch Daumann, 2011; Dietl, 2011; Hickel, 2002; Horch, 1999). Zugleich liefert ein Teil dieser Besonderheiten die Begründung für die zahlreichen (staatlichen) Interventionen im Sport. Nicht zuletzt aufgrund der Aktualität des Themas bietet es sich an, mit den Zielen von Profisportvereinen zu beginnen. In jedem Einführungsbuch zur VWL wird angenommen, dass Unternehmen ihren Gewinn maximieren. Sloane (1969; 1971) argumentierte als Erster, dass europäische Fußballclubs dagegen eher ihren sportlichen Erfolg maximieren. Diese Ausgangsüberlegung findet sich folglich in vielen theoretischen Modellen wieder, in denen Ligen mit sieg- und gewinnmaximierenden Teams verglichen werden (vgl. z. B. Késenne, 1996; 2004; Fort & Quirk, 1995). Klassischer Weise wird dabei in sportökonomischen Überlegungen angenommen, dass Teams in den nordamerikanischen Profiligen (MLB, NBA, NFL, NHL) eher gewinnorientiert agieren, während Teams in den europäischen Profiligen eher ihren sportlichen Erfolg - unter der Nebenbedingung eines (Null-)Gewinns - maximieren. Allerdings ist durchaus kritisch zu hinterfragen, inwiefern Teams in den nordamerikanischen Profiligen tatsächlich gewinnorientiert agieren. Beispielsweise verzeichnete die NBA im Jahr 2010 einen Verlust von rund 215 Mio. Euro (vgl. Sportinformationsdienst, 2010). Auch die (Null-) Gewinn-Bedingung ist in Anbetracht der enormen Verbindlichkeiten, die insbesondere im europäischen Profifußball angehäuft wurden, fraglich. 2012 waren beispielsweise die Clubs der spanischen La Liga und der engli- <?page no="144"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 145 schen Premier League jeweils mit mehr als 3 Mrd. Euro (pro Liga) verschuldet. Auch in anderen europäischen Profifußballligen haben sich mittlerweile Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe angehäuft - nicht zuletzt ein Grund für die Einführung des Finanziellen Fairplay (FFP)-Reglements durch die UEFA (vgl. hierzu Fahrner, 2012). Neben den Zielen von Profisportvereinen weist auch das Produkt des professionellen Sports einige Besonderheiten auf. So gilt die Unsicherheit über den Ausgang eines Spiels oder einer Saison als ein wesentlicher nutzenstiftender Parameter für die Stadion- und Fernsehzuschauer. Es waren Rottenberg (1956) und Neale (1964), die vor diesem Hintergrund die sogenannte Unsicherheitshypothese begründeten. Obgleich bisher nur unzureichend empirisch validiert, dient die Unsicherheitshypothese als Rechtfertigungsgrund für zahlreiche Regulierungsmaßnahmen im Profisport. Beispielsweise existieren in den nordamerikanischen Ligen Gehaltsobergrenzen (Salary Caps), Nachwuchsrekrutierungs-Regeln (Entry Draft) und Einnahmenumverteilungs-Regeln (Revenue Sharing). Letztgenannte Regulierung findet sich auch in den meisten europäischen Profisportligen, wenn etwa die Medienrechte in Deutschland zentral durch die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) vermarket und dabei erzielte Einnahmen jährlich nach bestimmten Verteilungsschlüsseln an die 36 Profivereine der Fußball Bundesliga und 2. Bundesliga ausgeschüttet werden. All diese Regulierungsmaßnahmen dienen der Aufrechterhaltung einer gewissen Wettbewerbsintensität zwischen den teilnehmenden Teams und somit der Gewährleistung der Unsicherheit über den Ausgang eines Spiels oder einer Saison. Die „besonderen“ Ziele der Profisportvereine und die Bedeutung der Unsicherheit über den sportlichen Ausgang gehen mit einem scheinbar widersprüchlichen Verhalten der handelnden Akteure im professionellen Sport einher. Einerseits konkurrieren die Vereine um knappe Ressourcen wie Spieler, Trainer oder finanzielle Mittel. Zum anderen kooperieren sie beispielsweise bei der gemeinsamen Vermarktung der Medienrechte, um durch die Einnahmenumverteilung eine größtmögliche Unsicherheit aufrechtzuerhalten. Dieses Phänomen wird Kooperenz genannt und wurde von Neale (1964, S. 2) mit der Maxime umschrieben: „Oh Lord, make us good, but not that good“. 23 23 Da das Phänomen der Kooperenz häufig als Ausnahmeerscheinung im Sportbereich gilt, sei darauf hingewiesen, dass Kooperenz auch in anderen Bereichen vorzufinden ist. So kooperieren beispielsweise einzelne Länder im Handel, stehen aber zugleich in Konkurrenz zueinander. So kommt es auch dort teilweise zu widersprüchlichen Verhaltensweisen. <?page no="145"?> 146 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Während die Bedeutung der Unsicherheit über den sportlichen Ausgang als Rechtfertigung für die zahlreichen Regulierungsmaßnahmen im Spitzensport dienen, sind es so genannte externe Effekte und öffentliche Guts- Eigenschaften, die zur Rechtfertigung der staatlichen Spitzensportförderung herangezogen werden. Unter einem externen Effekt wird im Allgemeinen die Auswirkung einer Handlung auf unbeteiligte Dritte verstanden (vgl. Mankiw & Taylor, 2008). Die dem Spitzensport zugeschriebenen (positiven) externen Effekte können in Anlehnung an Langer (2006) als Prestigewert und Wachstumsexternalitäten umschrieben werden. Beispielsweise können sportliche Erfolge von Sportlern ebenso wie die Austragung von Sportevents das Zusammengehörigkeitsgefühl auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene fördern. Ebenfalls ist denkbar, dass die Ausrichtung von Sportgroßevents zu positiven Wachstumsimpulsen innerhalb der jeweiligen Volkswirtschaft führen. Aufgrund der Identitätsstiftung und Repräsentationswirkung wird Spitzensport häufig auch als öffentliches Gut charakterisiert, da niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann und der Konsumnutzen eines jeden zusätzlichen Nachfragers nicht kleiner wird. Übersetzt bedeutet das: Jeder hat beispielsweise die Möglichkeit, sich über Sportereignisse zu informieren und Stolz für die sportlichen Erfolge der Athleten, z. B. bei Olympischen Spielen, zu empfinden. Zugleich ist das Ausmaß des persönlichen Empfindens von Stolz unabhängig von der Anzahl an Mitkonsumenten. Generell werden öffentliche Güter aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht oder nur in unzureichendem Umfang am Markt angeboten. Dieses Angebotsversagen erklärt, warum der Staat im Allgemeinen die Bereitstellung von öffentlichen Gütern fördert. Externe Effekte werden ebenfalls zur Rechtfertigung der staatlichen Förderung im Breiten- und Freizeitsport herangezogen. Beispielsweise wird argumentiert, dass körperliche Aktivität gesundheitsfördernde Effekte hat und eine sportlich aktive Bevölkerung maßgeblich zur Reduzierung der Gesundheitskosten beitragen kann. Darüber hinaus beschreibt Langer (2006) zahlreiche sozio-edukatorische Werte des (in Sportvereinen) organisierten Sports, wie Sozialisation, Entfaltung der Persönlichkeit, Aufbau von sozialen Beziehungen und Sozialkapital oder Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen und -schichten. All diese Effekte hätten in aggregierter Form positive Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Volkswirtschaft. Dieser (externe) Nutzen wird allerdings nicht im Entscheidungskalkül der Einzelnen berücksichtigt. Insofern ist zu erwarten, dass nicht alle Individuen im (gesellschaftlich) wünschenswerten Umfang körperlich aktiv sind oder sich in Sportvereinen engagieren. Derartiges Nachfrageversagen ist die Eigenschaft sogenannter meritorischer Güter und entsprechend eine Rechtfertigung dafür, dass der Staat beispielsweise Sportvereine subventio- <?page no="146"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 147 niert, um die Nachfrage nach körperlicher Aktivität und Engagement in Sportvereinen mit einem niedrigen Preis „anzukurbeln“. Wie die Unsicherheitshypothese sind jedoch auch die (externen) Effekte des Spitzensports und des Breiten- und Freizeitsports bisher nicht ausreichend empirisch validiert. Daher argumentiert Daumann (2011), dass sich die staatliche Förderung des Sports nur schlecht mit den externen Effekten und den öffentlichen oder meritorischen Guts-Eigenschaften rechtfertigen lässt. Neben den zuvor diskutierten Besonderheiten werden von Heinemann (1998) und Daumann (2011) noch weitere Aspekte erläutert. Viele dieser Besonderheiten treffen jedoch auch auf andere Dienstleistungen zu, sodass auf eine weitere Erläuterung an dieser Stelle verzichtet wird. Nicht nur aufgrund der hier skizzierten einzelnen Besonderheiten, sondern insbesondere aufgrund des komplexen Zusammenwirkens zahlreicher Besonderheiten ist eine gesonderte und modifizierte ökonomische Analyse des Sports erforderlich. 3.5.2 Entstehung und Entwicklung der Sportökonomik Die Anfänge der Sportökonomik lassen sich mit den beiden Beiträgen von Rottenberg (1956) und Neale (1964) im amerikanischen Raum recht genau datieren. 24 Sloane (1969; 1971) war der erste, der diese sportökonomischen Analysen in England aufgriff. Er führte die Idee ein, dass europäische Fußballvereine ihren Nutzen maximieren, was nicht zwangsläufig mit der Maximierung des Gewinns einhergehen muss. Es folgten Arbeiten von Hart et al. (1995), Bird (1982) und Jennett (1984) in England. Die Anfänge sportökonomischer Analysen in Frankreich gehen (z. T. soziologisch geprägt) auf Volpicelli (1966), Bourdieu (1979), Pociello (1981) und Andreff (1980) zurück. Erste Arbeiten im deutschsprachigen Raum legten Melzer und Stäglin (1965) zur „Ökonomie des Fußballs“, Gärtner und Pommerehne (1978) zum Thema „Der Fußballzuschauer - ein homo economicus? “, Büch und Schellhaaß (1978) zu „Ökonomischen Aspekten der Transferentschädigung im bezahlten Mannschaftssport“ sowie Heinemann (1984) mit seinen „Texten zur Ökonomie des Sports“ vor (vgl. Daumann, 2011). 24 Eine hervorragende Übersicht zu den Anfängen und der Entwicklung sportökonomischer Forschungsarbeiten findet sich bei Andreff und Szymanski (2009). Teile der folgenden Ausführungen sind ihrem Kapitel entnommen. <?page no="147"?> 148 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Entsprechend bildeten sowohl im nordamerikanischen als auch im europäischen Raum ökonomische Analysen im Spitzensport den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Sportökonomik als eigenständige Disziplin. Darüber hinaus waren es Heinemann und Horch (1981) mit einer eher soziologisch geprägten Analyse der Sportorganisationen, Andreff und Nys (1984) zur Bedeutung des Ehrenamts im Sport sowie Horch (1994) mit seinem Artikel zu den „Besonderheiten einer Sport-Ökonomie - ein neuer bedeutender Zweig der Freizeitökonomie“, die den Weg für eine ökonomische Analyse im Freizeit- und Breitensport bereiteten. Heutzutage arbeiten Wissenschaftler weltweit an diversen ökonomischen Analysen sowohl im Bereich des Spitzensports als auch im Bereich des Breiten- und Freizeitsports. In Anbetracht der zuvor skizzierten historischen Entwicklung kann jedoch gesagt werden, dass ökonomische Analysen des Spitzensports ihren Ursprung in Nordamerika hatten und ökonomische Analysen des Breiten- und Freizeitsports in Europa entstanden. Wie bereits eingangs erwähnt, sind Sportökonomik und Sportbetriebslehre nicht klar zu trennen. Vielmehr existieren fließende Übergänge, weshalb betriebswirtschaftliche Analysen parallel zur ökonomischen Betrachtung zum Sport durchgeführt wurden. Erste Arbeiten gehen auf Dreyer (1986) zur „Werbung im Sport“, Drees (1989) zum „Sportsponsoring“ und Freyer (1990) zum „Sportmarketing“ zurück. Mit der wissenschaftlichen Disziplin der Sportökonomik haben sich eigenständige Journals (z. B. Journal of Sports Economics, International Journal of Sport Finance) und wissenschaftliche Vereinigungen (z. B. Arbeitskreis (AK) Sportökonomie e.V., North American Association of Sports Economists (NAASE), European Sport Economics Association (ESEA)) entwickelt. 3.5.3 Themenfelder der Sportökonomik Einen ersten Eindruck zu den Themenfeldern der Sportökonomik liefern einschlägige Lehrbücher. Für den nordamerikanischen Raum ist beispielsweise das Buch von Leeds und von Allmen (2005) zu nennen. Im europäischen Raum ist das Lehrbuch von Downward, Dawson und Dejonghe (2009) maßgeblich. Während die meisten deutschsprachigen Lehrbücher in erster Linie die betriebswirtschaftliche Analyse des Sports betonen, fokussiert das Lehrbuch von Daumann (2011) hauptsächlich die volkswirtschaftlichen Aspekte des Sports. Wie sich zeigt, unterscheiden sich die Lehrbuchinhalte zwar in den einzelnen Ländern, der Spitzensport wird aber in allen Lehrbüchern in sehr ähnlicher Form thematisiert. Im Fokus stehen dabei die Messung der Wettbewerbsintensität (Competitive Balance: CB) <?page no="148"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 149 und deren Bedeutung für die Zuschauer (Uncertainty of Outcome Hypothesis: UOH) sowie der Arbeitsmarkt 25 und die öffentliche Sportförderung. Darüber hinaus thematisieren die nordamerikanischen Lehrbücher den College Sport, während die europäischen Lehrbücher eher ihren Fokus auf den Freizeit- und Breitensport richten. Leeds und von Allmen (2005): Dieses Lehrbuch gliedert sich in fünf Teile und beinhaltet neben einer Einführung in das allgemeine ökonomische Instrumentarium die Bereiche Industrieökonomik, Finanzwissenschaften und Arbeitsmarktökonomik im Sport. Darüber hinaus geht ein Kapitel auf den College Sport ein. Downward, Dawson und Dejonghe (2009): Dieses Lehrbuch beginnt ebenfalls mit einer Wiederholung des allgemeinen ökonomischen Instrumentariums. In den folgenden Kapiteln werden auch die Besonderheiten des Sports in Europa explizit berücksichtigt. Im Gegensatz zu den nordamerikanischen Lehrbüchern liegt ein Schwerpunkt des Buchs (insgesamt vier Kapitel) auf den ökonomischen Aspekten des Freizeit- und Breitensports. Daumann (2011): Nach kurzer Einführung zur wirtschaftlichen Bedeutung des Sports wird in diesem Lehrbuch erläutert, was Sportökonomie ist. Die übrigen Kapitel thematisieren verschiedene ökonomische Aspekte des Spitzensports, beispielsweise die Besonderheiten der Zuschauernachfrage bei sportlichen Wettkämpfen, die ökonomischen Charakteristika sportlicher Wettkämpfe und deren Design bei Individualsportarten, die Produktion sportlicher Leistung bei Teamsportarten, die ökonomische Besonderheiten einer Liga und den Arbeitsmarkt im Ligensport. Dem Freizeit- und Breitensport wird hingegen kaum Beachtung geschenkt. Im Folgenden werden einige Themenfelder der Sportökonomik weiter vertieft. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Es geht vielmehr um den exemplarischen Einblick in aktuelle und relevante Forschungsarbeiten im Bereich der empirischen Sportmakro- und Sportmikroökonomik. 25 Wie Andreff und Szymanski (2009) anmerken, hatte die Sportökonomik von Beginn an eine sehr enge Verbindung zur Arbeitsmarktökonomik (labour economics). Einen strukturierten Einblick zum Arbeitsmarkt Sport in Deutschland bietet der Aufsatz von Anders (1995). <?page no="149"?> 150 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Sportmakroökonomik Auf makroökonomischer Ebene gibt es einerseits Studien, die sich mit (I) der Quantifizierung des sportbezogenen Anteils innerhalb der Volkswirtschaft beschäftigen. Der zweite Teilbereich makroökonomisch orientierter Studien fokussiert (II) die wirtschaftlichen Effekte von Sportgroßevents. Studien zum Bereich (I) haben eine hohe sportpolitische Relevanz und wurden von der Europäischen Kommission explizit im White Paper on Sport von den Mitgliedsstaaten gefordert. Zu unterscheiden sind dabei Studien zur wirtschaftlichen Bedeutung sowie zur finanzpolitischen Bedeutung des Sports. Studien zur wirtschaftlichen Bedeutung in mehreren europäischen Ländern wurden von Jones (1989) und Andreff et al. (1995) publiziert. Weber et al. (1995), Meyer und Ahlert (2000) sowie Preuß, Alfs und Ahlert (2012) quantifizierten die wirtschaftliche Bedeutung des Sports in Deutschland. Den Berechnungen von Preuß et al. (2012) zufolge entfielen im Jahr 2010 rund 7,2% des Gesamtkonsums der Privathaushalte auf den Sportbereich. Dies entspricht umgerechnet 83,4 Mrd. Euro an Umsatz durch die aktive Sportausübung sowie 19,8 Mrd. Euro an Umsatz durch „Sportinteresse“. Zur letztgenannten Kategorie gehören beispielsweise die Eintrittsgelder für den Besuch von Sportveranstaltungen (7,9 Mrd. Euro) oder die Verpflegung, Unterkunft (bei Sportveranstaltungen) und Barbesuche wegen Pay TV (zusammen rund 4 Mrd. Euro). In einer weiteren Studie wird darüber hinaus das Gesamtvolumen für Werbung, Sponsoring und Medienrechte in 2010 auf rund 5,5 Mrd. Euro abgeschätzt. Interessant ist dabei, dass das Sponsoring-Volumen (inklusive Aktivierung) im Breitensportbereich mit rund 2,1 Mrd. Euro im Vergleich zum Spitzensport mit rund 1,1 Mrd. Euro fast doppelt so hoch ausfällt (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2012). Pawlowski und Breuer (2012a) quantifizieren erstmals die finanzpolitische Bedeutung des Sports in Deutschland, die durch die sportrelevanten Nutzen- und Kostenkategorien der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Gemeinden/ Kommunen) sowie die Sozialversicherungsträger operationalisiert wird. Hierzu gehören (1) direkte sportbezogene Einnahmen wie beispielsweise Steuereinnahmen, (2) gesellschaftliche Nutzeneffekte des Sports wie beispielsweise Integrationsleistungen, (3) direkte sportbezogene Ausgaben wie beispielsweise Sportfördermittel sowie (4) der Verzicht auf Einnahmen zur Förderung des Sports wie bespielsweise Steuererleichterungen für Sportvereine. In Abhängigkeit des zugrunde gelegten Sportbegriffs stehen (in 2010) den direkten sportbezogenen Einnahmen in Höhe von bis zu 22,2 Mrd. Euro direkte sportbezogene Aus- <?page no="150"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 151 gaben und Steuermindereinnahmen in Höhe von bis zu 9,9 Mrd. Euro gegenüber. Zahlreiche makroökonomisch orientierte Studien beschäftigen sich zudem mit (II) der Messung wirtschaftlicher Effekte von Sportgroßevents. Neben Studien, die hierbei makroökonomische Verfahren anwenden (z. B. Baade & Matheson, 2004; Brenke & Wagner, 2007; Maennig, 2007), existieren zahlreiche Studien, die ausgehend von Individualdaten mögliche wirtschaftliche Effekte hochrechnen (z. B. Preuß et al., 2009). Obgleich letztgenannte Ansätze mikroökonomisch geprägt sind, werden die Studien an dieser Stelle genannt, da ihr vordergründiges Erkenntnisinteresse in der Bereitstellung von aggregierten Zahlen liegt. Diese sogenannten Economic Impact Studien haben eine lange Tradition in der empirischen Sportökonomik. Dies liegt darin begründet, dass Sportgroßevents häufig mit der Vorstellung in eine Stadt oder ein Land „geholt“ werden, dass die Austragung einen wahren Geldsegen mit sich bringt. Wie Daumann (2011) zusammenfasst, scheinen von Sportgroßevents durchaus positive ökonomische Gesamteffekte auszugehen. Die genaue Quantifizierung ist jedoch höchst komplex und fehleranfällig, sodass Studien zu ein und demselben Event durchaus unterschiedliche Ergebnisse erbringen können. 26 Neben der Quantifizierung makroökonomischer Gesamteffekte von Sportgroßevents schlagen Pawlowski und Breuer (2012a) Ansätze zur Quantifizierung der finanzpolitischen Bedeutung von Sportgroßevents vor. Dabei unterscheiden sie zwischen nachfrage- und angebotsorientierten Ansätzen: „Nachfrageorientierte Methoden beziehen sich auf die Wirtschaftssubjekte, die im Rahmen eines Events Leistungen nachfragen (z. B. Zuschauer) und dafür das vereinbarte Entgelt (welches die Umsatzsteuer enthält) zahlen. Angebotsorientierte Methoden beziehen sich auf Betriebe, die im Rahmen eines Events Leistungen anbieten (z. B. Hotelbetreiber), hierfür das vereinbarte Entgelt erhalten und die Umsatzsteuer an den Staat abführen müssen“ (Pawlowski & Breuer, 2012a, S. 293). 26 Eine umfassende Studie mit Ergebnissen zu verschiedenen Sportarten liefern Gans, Horn und Zemann (2003). Simulationsrechnungen zur ökonomischen Bedeutung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 fasst Kurscheidt (2009) zusammen. Im Rahmen aktueller Studien wird auch versucht, intangible Effekte von Sportgroßevents zu erfassen (vgl. Kavetsos & Szymanski, 2009). Eine Übersicht hierzu ist in Downward et al. (2009, S. 366) zu finden. <?page no="151"?> 152 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Sportmikroökonomik Auf mikroökonomischer Ebene gibt es zahlreiche Forschungsarbeiten im Bereich der theoretischen Sportökonomik. Aktuelle Beiträge wurden beispielsweise von Dietl, Lang und Rathke (2011), Garcia-del-Barrio und Szymanski (2009), Gürtler (2007) oder Peeters (2012) verfasst. Ein umfassendes Buch zu „The Economic Theory of Professional Team Sports“ liefert Késenne (2007). Eine Betrachtung dieser theoretischen Modelle würde hier allerdings den Rahmen sprengen und den Anspruch eines Einführungskapitels übersteigen. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich daher (wie bei der Sportmakroökonomik) auf die empirischen Arbeiten in diesem Bereich. Dabei können relevante Studien im (I) Spitzensport und (II) Freizeit- und Breitensport unterschieden werden. Die Forschungsarbeiten im Bereich des Spitzensports thematisieren sowohl Aspekte des (I-1) Angebots als auch der (I-2) Nachfrage. Auf (I-1) der Angebotsseite werden beispielsweise Determinanten der sportlichen Leistung analysiert. Dabei kommen Gaede, Kleist und Schlaecke (2002, zusammengefasst von Daumann, 2011) bei einer Analyse von Spielern der Fußball-Bundesliga zu der Erkenntnis, dass zwischen dem Alter und der sportlichen Leistung der Spieler ein u-förmiger Zusammenhang besteht. Zudem stellen sie fest, dass die Leistung mit zunehmender Erfahrung steigt und zwischen der Leistung und dem Marktwert eines Spielers ebenfalls ein signifikant positiver Zusammenhang besteht. Der Spielermarkt und seine zahlreichen Regulierungen (insbesondere in den nordamerikanischen Profiligen) stehen ebenfalls im Fokus bisheriger Forschungsarbeiten. Im europäischen Raum konzentrieren sich die Arbeiten dabei insbesondere auf das Bosman-Urteil, seit dem Transferentschädigungen (Ablösesummen) nach Ablauf eines Spielervertrags nur noch in Ausnahmefällen verlangt werden dürfen und die Beschränkung auf drei ausländische Spieler in den Mannschaften aufgelöst wurde (vgl. Daumann, 2011). Wie Frick (2007) verdeutlicht, fiel der Anteil der in Deutschland geborenen Spieler in der Fußball-Bundesliga nach dem Urteil 1995 von rund 80% auf rund 45% massiv ab. Darüber hinaus zeigen Flores, Forrest und Tena (2010) für elf europäische Profifußball-Ligen, dass die durch das Bosman- Urteil ausgelöste Spielermobilität einen positiven Einfluss auf die Wettbewerbsintensität innerhalb der Ligen hatte. Die Bestimmung von Trends in der Wettbewerbsintensität von Sport-Ligen bildet ein weiteres zentrales Forschungsfeld der Sportökonomik. Es ist eng verbunden mit der empirischen Überprüfung der Unsicherheitshypothese sportlicher Wettbewerbe. Genau genommen handelt es sich dabei um zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Wettbewerbsintensität oder Compe- <?page no="152"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 153 titive Balance (CB) wird in Anlehnung an Cairns, Jennett und Sloane (1986) in drei verschiedenen Dimensionen gemessen. Die kurzfristige Dimension thematisiert die Unsicherheit des Spielausgangs und wird häufig mit Indikatoren, die die Wettquoten oder Tabellenplatzierungen verwenden, gemessen. Die mittelfristige Dimension thematisiert die Unsicherheit des Meisterschaftskampfs und im europäischen Raum zusätzlich die Unsicherheit des Kampfs um die Qualifikationsplätze für die UEFA Champions und Europa Leagues ebenso wie die Unsicherheit des Abstiegskampfs. Die langfristige Dimension besteht aus der Team- und der Saison-Komponente. Bei der Team-Komponente geht es um die Leistung einzelner Teams im Zeitverlauf. Hier stellt sich die Frage, ob immer wieder dieselben Teams um die Meisterschaft, die Qualifikation für die Europapokalplätze und gegen den Abstieg kämpfen, oder ob Abwechslung im Zeitverlauf gegeben ist. Bei der Saison-Komponente fällt der Blick auf die Abschlusstabellen aufeinander folgender Spielzeiten. Hier stellt sich die Frage, wie sich die Leistungsunterschiede der Teams im Endtableau im Zeitverlauf entwickelt haben. Ein umfassendes Maß zu Erfassung der langfristigen Spannungsdimension, welches sowohl die Teamals auch die Saison-Komponente abbildet, ist das von Humphreys (2002) entwickelte Competitive Balance Ratio (CBR). Das CBR nimmt Werte zwischen Null und Eins an und ist umso größer, je ausgeglichener der Wettbewerb ist. Durch einen Vergleich der CBR-Werte vor und nach der Jahrtausendwende zeigen Pawlowski, Breuer und Hovemann (2010), dass die Spannung in den europäischen Top-5-Profifußball- Ligen von Deutschland, England, Frankreich, Italien und Spanien nach der Jahrtausendwende signifikant abgenommen hat, da sich die Topteams entweder immer weiter von den anderen Teams absetzen konnten und/ oder ihre Leistungen konstanter wurden (vgl. Abb. 12). <?page no="153"?> 154 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen 0,631 0,600 0,515 0,463 0,453 0,573 0,463 0,459 0,455 0,329 0,000 0,100 0,200 0,300 0,400 0,500 0,600 0,700 Frankreich Deutschland Italien Spanien England 1992/ 1993-1999/ 2000 2000/ 2001-2007/ 2008 Abb. 12: Das CBR der Top-5-Teams in den Top-5-Ligen Europas vor und nach der Jahrtausendwende (vgl. Pawlowski, Breuer & Hovemann, 2010, S. 198) Diese Entwicklung kann (u. a.) mit der massiven Einnahmensteigerung der an der UEFA Champions League teilnehmenden Vereine seit der Jahrtausendwende erklärt werden (vgl. Abb. 13). 8,5 10,3 9,3 6,9 5,2 5,5 0,0 11,5 0,0 0,0 26,0 26,2 23,1 24,8 23,1 22,3 22,1 21,0 30,6 23,9 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 vor 1999/ 2000 nach 1999/ 2000 In Mio. Euro Abb. 13: Die durchschnittlichen UEFA Champions League Einnahmen ausgewählter Teams vor und nach der Jahrtausendwende (vgl. Pawlowski, Breuer & Hovemann, 2010, S. 198) <?page no="154"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 155 Auf (I-2) der Nachfrageseite werden beispielsweise Determinanten der Zuschauernachfrage analysiert. Zentrale Ergebnisse bisheriger empirischer Studien wurden von Breuer, Wicker und Pawlowski (2012, S. 68) zusammengetragen. Sie unterscheiden ökonomische Faktoren (Ticketpreis (-), Einkommen (+), Anzahl verfügbarer Substitute (-), Qualität verfügbarer Substitute (+)), soziodemographische Faktoren (Anteil ethnischer Minderheiten an der Gesamtbevölkerung (-)), produktbezogene Faktoren (Alter des Stadions (+), Qualität des Stadions (-), Größe des Stadions (+), Spieltermin am Wochenende (+), Spannung (+)), nachfragebezogene Faktoren (Treue der Fans (+)) sowie exogene Faktoren (gutes Wetter (+)). 27 Neben der Einflussrichtung des Ticketpreises auf die Nachfrage interessiert zudem die Sensibilität der Nachfragereaktion. Zur Messung der Reagibilität der Nachfragemenge eines Guts auf Änderung seines Preises wird das Konzept der Preiselastizität der Nachfrage verwendet (vgl. Mankiw & Taylor, 2008). Die Preiselastizität der Nachfrage ( ) entspricht dem Verhältnis aus prozentualer Mengenänderung und prozentualer Preisänderung. Eine Preiselastizität von Eins ( =1) bedeutet, dass beispielsweise eine 10-prozentige Preiserhöhung mit einem 10-prozentigen Nachfragerückgang einhergeht. Hat die Preiselastizität einen Wert kleiner Eins ( <1), würde eine 10-prozentige Preiserhöhung mit einem Nachfragerückgang von unter 10 Prozent einhergehen. Entsprechend wird eine Nachfragereaktion bei <1 unelastisch genannt. Hat die Preiselastizität einen Wert größer Eins ( >1), würde eine 10-prozentige Preiserhöhung mit einem Nachfragerückgang von über 10 Prozent einher. Entsprechend wird eine Nachfragereaktion bei >1 elastisch genannt. Die Kenntnis der Preiselastizität der Nachfrage ist für Ökonomen von besonderem Interesse. Bei unelastischen Nachfragereaktionen könnte der Umsatz durch eine Erhöhung des Preises gesteigert werden. Eine Preissenkung wäre hingegen bei elastischen Nachfragereaktionen umsatzsteigernd. Die Mehrheit der empirischen Studien im Profisport kommt zu dem Ergebnis, dass die Ticketpreiselastizität zwar kleiner (aber dennoch nahe) Eins ist (vgl. Késenne, 2009). Dies interpretieren einige Wissenschaftler als Indiz dafür, dass die Verantwortlichen in Profisportvereinen durchaus gewinnorientiert agieren (z. B. Noll, 1974). Késenne (2009, S. 607) weist 27 In den Klammern ist dabei die jeweilige Einflussrichtung angedeutet [(+) positiver Einfluss; (-) negativer Einfluss]. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung bei gleichzeitig kontroversen Studienergebnissen werden die Faktoren Ticketpreis und Spannung im Folgenden näher betrachtet. <?page no="155"?> 156 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen allerdings darauf hin, dass das Konzept der Elastizität eher ungeeignet ist, um die Gewinnorientierung von Profisportvereinen zu belegen und nennt dafür vier Gründe: [1] Die Ticketeinnahmen machen heutzutage teilweise weniger als 30% der Einnahmen eines Profisportvereins aus. Da andere Einnahmearten wie beispielsweise Sponsoring positiv mit der Zuschauerzahl korrelieren, kann es durchaus auch gewinnmaximierend sein, wenn der Ticketpreis in einem Bereich <1 gesetzt wird, um das Stadion zu füllen. [2] Wenn die Grenzkosten eines zusätzlichen Besuchers nicht Null sind, kann die gewinnmaximierende Preiselastizität auch größer Eins sein. [3] Vereine, die sehr beliebt sind, haben eine Überhangnachfrage nach Tickets. Sie können ihre Ticketpreise auch über das optimale Preisniveau anheben. [4] Schließlich ist zu bedenken, dass mit dem Besuch eines Spiels mehr Ausgaben als nur für ein Ticket verbunden sind. Einige dieser Ausgaben (z. B. für Getränke, Essen und Merchandising-Produkte) stellen weitere Einnahmequellen für den Verein dar. Insofern kann es auch aus diesem Grund gewinnmaximierend sein, wenn der Ticketpreis in einem Bereich <1 gesetzt wird. Neben dem Ticketpreis ist die Bedeutung von Spannung und knappen Spielausgängen die bisher sportökonomisch am häufigsten untersuchte Einflussgröße auf die Stadion- und Live-TV-Nachfrage. Die eingangs in diesem Kapitel erläuterte Unsicherheitshypothese wurde bereits in zahlreichen Studien empirisch überprüft. Obgleich die Unsicherheitshypothese häufig als Rechtfertigung für zahlreiche Regulierungsmaßnahmen im Profisport dient (vgl. Kapitel 3.5.1), sind bisherige empirische Befunde nicht eindeutig. Zwar hat die mittelfristige Spannungsdimension - also die Relevanz des Spiels für einzelne Wettbewerbe - tendenziell einen signifikanten (positiven) Einfluss auf die Zuschauernachfrage (vgl. z. B. Pawlowski & Anders, 2012). Hinsichtlich der kurz- und langfristigen Spannungsdimensionen widersprechen die meisten empirischen Befunde allerdings der Unsicherheitshypothese: Häufig werden negative Korrelationen zwischen der kurzfristigen Spannung und der Anzahl an Stadionbesuchen gefunden. Zudem geht die abnehmende langfristige Wettbewerbsintensität beispielsweise in der Fußball Bundesliga mit einer stetig steigenden Zuschauerzahl einher - ebenfalls ein Befund, der der Unsicherheitshypothese konträr gegenüber steht. Aktuelle Forschungsarbeiten versuchen diesen zunächst kontra-intuitiven Befunden näher auf den Grund zu gehen. So finden Pawlowski und Anders (2012) heraus, dass <?page no="156"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 157 sich hinter dem scheinbar negativen Einfluss der kurzfristigen Spannung auf die Anzahl an Stadionbesuchern ein überlagerter Effekt verbirgt: Die Anzahl an Stadionzuschauern steigt, wenn attraktive Teams (mit einer starken Marke) zu Gast sind. Teams mit einer starken Marke sind in der Regel auch sportlich überlegen, sodass die Wettquoten (a priori) ein unausgeglichenes Spiel (mit Vorteilen und höheren Siegchancen für die Gastmannschaft) erwarten lassen. Auch Coates, Humphreys und Zhou (2012) argumentieren mit einem überlagerten Effekt. Ihr Hauptargument bezieht sich allerdings nicht auf die anziehende Wirkung von starken Marken, sondern darauf, dass Fans einen größeren Nutzen aus Überraschungserfolgen ziehen. Folglich wäre ein favorisiertes Auswärtsteam besonders attraktiv, da damit die Möglichkeit eines überraschenden Heimsiegs einhergeht. Obgleich beide Forschungsansätze neue und plausible Denkrichtungen anstoßen, ist die Frage bislang unbeantwortet, was Stadionzuschauer tatsächlich und subjektiv unter dem Konstrukt „Spannung“ verstehen. In diesem Zusammenhang geht Pawlowski (2013) der Frage nach, ob ein aus Zuschauersicht problematisches Ausmaß an Unausgeglichenheit des Wettbewerbs eventuell noch nicht erreicht wurde. Dies wäre eine mögliche Erklärung für die fehlenden empirischen Beweise zur Bedeutung der UOH. Entsprechend zeigt seine Erfassung bedingter Konsumabsichten mit Hilfe einer potentialbezogenen (stated preferences) Analyse, dass Fans ab einem bestimmten (bisher noch nicht erreichten) Grad sensibel auf Veränderungen der Wettbewerbsintensität in einer Liga reagieren würden. „Dabei reagiert die Nachfrage im Bereich der hohen und niedrigen Spannungsgrade sehr unelastisch auf Veränderungen der Wettbewerbsintensität. Darüber hinaus hat die Spannung für rund 25-30% der Befragten überhaupt keinen Einfluss auf die Konsumentscheidung oder das Interesse an der Liga“ (Pawlowski, 2013, S. 6). Aufbauende Analysen wurden von Pawlowski und Budzinski (2013) durchgeführt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Fans zur Aufrechterhaltung der Spannung sogar grundsätzlich bereit sind, mehr Geld für ihr Stadionticket zu zahlen. Die Studien zeigen allerdings, dass diesbezüglich signifikante Unterschiede zwischen den untersuchten Ligen in Deutschland, Dänemark und den Niederlanden existieren. Ein Großteil der sportökonomischen Forschungsarbeiten zum Spitzensport in Europa ist bisher auf den Profifußball fokussiert. Sogar ganze sportökonomische Lehrbücher thematisieren die Ökonomik des Profifußballs (ein hervorragendes Buch wurde von Dobson und Goddard (2011) erarbeitet). Darin spiegelt sich die übermächtige wirtschaftliche <?page no="157"?> 158 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen (und auch gesellschaftliche) Relevanz des Fußballs in Europa im Vergleich zu anderen Sportarten wider. Hier wäre zukünftig eine diversifizierte Analyse auch in anderen Sportarten erkenntnisfördernd. Die mikroökonomischen Studien im Bereich (II) Freizeit- und Breitensport thematisieren ebenfalls sowohl Aspekte des Angebots als auch der Nachfrage. Studien zum Sportangebot umfassen jedoch vordergründig betriebswirtschaftliche Analysen, weshalb sich die folgenden Ausführungen ausschließlich auf bisherige Studien zur Sportnachfrage konzentrieren. Diese fokussieren sowohl Einflussfaktoren als auch Effekte von Freizeit- und Breitensport. Im Fokus der meisten mikroökonomischen Forschungsarbeiten stand bisher die Analyse von Einflussfaktoren auf das individuelle Sporttreiben. Übersichten zu bisherigen Studienergebnissen, die z. T. auch auf soziologische oder psychologische Theorien zurückgreifen, sind in Downward et al. (2009) sowie Breuer, Hallmann und Wicker (2011) zu finden. Beispielsweise wurde herausgefunden, dass ältere Menschen weniger Sport treiben als jüngere Menschen (z. B. Breuer et al., 2010), Männer im Vergleich zu Frauen sportlich aktiver sind (z. B. Humphreys & Ruseski, 2007), höhere Bildung (z.B. Scheerder et al., 2006) sowie höheres Einkommen (z. B. Farrell & Shields, 2002) zu vermehrtem Sporttreiben führen und die verfügbare Infrastruktur (z. B. Wicker, Breuer & Pawlowski, 2009) sowie deren Erreichbarkeit (z. B. Pawlowski et al., 2009) einen Einfluss auf das individuelle Sporttreiben haben. Hinsichtlich Bildung und Einkommen existieren allerdings mittlerweile Zweifel, ob dies tatsächlich „Determinanten“ des Sporttreibens sind. Eine positive Korrelation zwischen Bildung und Sporttreiben oder Einkommen und Sporttreiben ist zwar unbestritten. Studien jüngeren Datums, die den Fokus auf die Identifikation der Effektrichtung legen, liefern allerdings empirische Evidenz dafür, dass Sporttreiben zu Bildungs- und Arbeitsmarkterfolgen führen kann. Folglich kann individuelles Sporttreiben u. a. zu einem höheren persönlichen Einkommen führen (vgl. Lechner, 2009). Ein ähnliches Problem betrifft die Identifikation möglicher Gesundheits- und Zufriedenheitseffekte durch Sporttreiben (vgl. Pawlowski, Downward & Rasciute, 2011). Wenngleich weitaus weniger häufig, wurde neben dem Sporttreiben zudem das Ausgabenverhalten im Sportbereich analysiert. Eine Übersicht zu bisherigen Studien, die entweder die Höhe der individuellen Sportausgaben oder deren Einflussfaktoren analysiert haben, findet sich in Pawlowski und Breuer (2012c) (vgl. auch Pawlowski & Breuer, 2011; 2012b). Da die Ausgabenkategorien in den bisherigen Studien jedoch unterschied- <?page no="158"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 159 lich stark aggregiert wurden und sowohl personenals auch haushaltsbezogene Ausgaben untersucht wurden, sind die bisherigen Forschungsergebnisse kaum vergleichbar. Ein spezielles Erkenntnisinteresse im Rahmen der Analysen zum Ausgabenverhalten liegt in der Abschätzung der Sensibilität der Nachfragereaktionen auf Einkommensänderungen. In Analogie zum Konzept der Preiselastizitäten der Sportnachfrage kann entsprechend die Einkommenselastizität der Nachfrage gemessen werden. Wenn beispielsweise ein 10-prozentiger Einkommensanstieg mit einer mehr als 10-prozentigen Ausgabensteigerung für ein bestimmtes Gut einhergeht (Einkommenselastizität >1), handelt es sich um ein Luxusgut. Branchen, in denen derartige Güter produziert werden, gelten (bei steigenden Reallöhnen) entsprechend als Wachstumsbranchen. Bei einem (nur) unterproportionalen Anstieg der Ausgaben (0< <1) wird hingegen von Grundgütern gesprochen. In Abhängigkeit von der verwendeten Methodik können Sport- und Freizeitdienstleistungen als Grundgüter (0< <1) oder Luxusgüter ( >1) klassifiziert werden (vgl. Pawlowski & Breuer, 2012b). 3.5.4 Verhältnis der Sportökonomik zur Sportpraxis Wie bei allen wissenschaftlichen Disziplinen gibt es auch im Bereich der Sportökonomik ein in Abhängigkeit vom Forschungsthema unterschiedlich ausgeprägtes Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Sportpraxis. Einerseits gibt es Grundlagenforschungsarbeiten, deren Ergebnisse zwar nicht unmittelbar in der Praxis Anwendung finden, deren Erkenntnisse aber grundlegend für hierauf aufbauende, konkretere Forschungsvorhaben in Kooperation mit verschiedenen Interessenten aus der Sportpraxis sein können. Ein Beispiel für derartige Grundlagenforschungsarbeiten liefert das zuvor beschriebene Forschungsprojekt zur Bedeutung von Spannung in Sportwettbewerben, welches im Rahmen des UEFA Research Grant Programme gefördert wurde (vgl. Pawlowski, 2013). Allein die Tatsache, dass Institutionen wie die UEFA eigene Stipendienprogramme ausloben, zeigt, dass das Interesse seitens der Sportpraxis nicht nur an einer wissenschaftsbasierten Beratung, sondern auch an einer Förderung sportökonomischer Grundlagenforschung gegeben ist. Neben Grundlagenforschungsstudien gibt es andererseits immer wieder sportökonomische Studien, die von der Sportpraxis - z. B. Sportverbänden und -vereinen - oder der Sportpolitik (z. B. dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft) mit einer bestimmten Fragestellung gezielt in Auftrag gegeben werden. Hierzu gehören beispielsweise auch die zuvor erwähnten For- <?page no="159"?> 160 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen schungsarbeiten im Rahmen des europaweiten Projekts „Satellitenkonto Sport“ (vgl. z. B. Preuß et al., 2012). Insgesamt hat sich in den vergangenen Jahren zwischen Sportökonomik sowie Sportpraxis und Sportpolitik ein immer dichteres Netzwerk entwickelt, welches den Austausch von Informationen und die Möglichkeit der Kooperation begünstigt. Dies wird sich zukünftig voraussichtlich sowohl durch den zunehmenden Austausch auf Fachkonferenzen als auch durch die zunehmende Anzahl an gut ausgebildeten Absolventen der einschlägigen sportökonomischen Studiengänge in relevanten Sportmanagementpositionen weiter verbessern. Im Folgenden wird beispielhaft erläutert, welche Relevanz die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Bereich der Sportökonomik für die Praxis haben. Das Beispiel bezieht sich auf die Planung von Sportstätten für den Freizeit- und Breitensportbereich, da diesem als Basis des Spitzensports (im Rahmen der pyramidalen Struktur des deutschen Sportsystems 28 ) eine große Bedeutung zukommt. Praxisbeispiel: Sportstättenplanung In Anbetracht der zunehmenden Knappheit öffentlicher Mittel stellt sich grundsätzlich die Frage, wie diese möglichst effektiv und effizient investiert werden können. Mit 3,7 Mrd. Euro (in 2010) fließt mehr als ein Drittel der sportbezogenen öffentlichen Ausgaben in den Bereich Sportstätten (vgl. Pawlowski & Breuer, 2012). Eine grundlegende Entscheidung bei der Verteilung der Gelder betrifft dabei die Standortwahl der Sportstätten: Sollen eher wenige große Sportstätten oder viele kleine Sportstätten gebaut werden? Aus Kostengesichtspunkten hätten wenige große Sportstätten insbesondere beim Betrieb Effizienzvorteile gegenüber vielen kleinen Sportstätten. Allerdings gehen wenige große Sportstätten mit einem vergleichsweise längeren Anreiseweg für die Freizeit- und Breitensportler einher. Dies wäre aus sportpolitischer Sicht dann problematisch, wenn längere Anreisezeiten zu einem reduzierten Sporttreiben führen würden. Pawlowski et al. (2009) untersuchen in diesem Zusammenhang erstmals die Reisebereitschaft (Zeiteinsatz) von Sporttreibenden zur 28 In der Soziologie wird als Folge der funktionellen Ausdifferenzierung des Sportsystems auch von einem durchlässigen Säulenmodel des Sports gesprochen (vgl. u. a. Digel & Burk, 2001). <?page no="160"?> Sportökonomik (Tim Pawlowski) 161 nächstgelegenen Sportstätte. Sie finden heraus, dass das individuelle Sporttreiben von der Anreisezeit (negativ) beeinflusst wird. Steinmayr, Felfe und Lechner (2011) analysieren die Bedeutung der Entfernung zur Sportstätte für das individuelle Sporttreiben der Kinder. Sie finden heraus, dass die Entfernung zu Sportstätten in Kleinstätten und auf dem Land einen negativen Einfluss auf das Sporttreiben von insbesondere Kindergartenkindern hat. Insofern wurde empirisch belegt, dass die Bereitstellung von wenigen großen (aus Sicht der Sporttreibenden) weiter entfernten Sportstätten mit einem geringeren Sporttreiben einhergeht. Dies gilt es (neben den Kostenüberlegungen) im Rahmen der Entscheidungsfindung zu beachten. Kontrollfragen [1] In der ökonomischen Auseinandersetzung mit Phänomenen des Sports ist häufig von Sportökonomie, Sportökonomik und Sportmanagement die Rede. Inwiefern können diese Begriffe voneinander abgegrenzt werden? [2] Die Sportökonomik hat sich mittlerweile als eigenständige Wissenschaftsdisziplin etabliert. Welche Besonderheiten des Sports rechtfertigen eine eigenständige Sportökonomik? [3] Sportökonomik fokussiert makro- und mikroökonomische Phänomene des Sports. Welche Themen werden im Rahmen der Sportmakroökonomik und der Sportmikroökonomik bearbeitet? [4] Preiselastizitäten spielen u. a. für die Ticketpreisgestaltung im Profisport eine Rolle. Was misst die Preiselastizität der Nachfrage? Welche empirischen Befunde zur Ticketpreiselastizität liegen vor? Warum kann die Gewinnorientierung von Sportvereinen nicht mit den empirischen Befunden zur Ticketpreiselastizität belegt werden? [5] Mit Hinweis auf die Unsicherheitshypothese werden zahlreiche Regulierungsmaßnahmen im Profisport begründet. Was besagt die Unsicherheitshypothese? Welche empirischen Befunde zur Unsicherheitshypothese liegen vor? <?page no="161"?> 162 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen [6] Mikroökonomische Studien setzen sich u. a. mit Fragen zu Angebot und Nachfrage im Freizeit- und Breitensport auseinander. Welche Einflussfaktoren auf das individuelle Sporttreiben kennen Sie? Sind „Bildungsniveau“ und „Einkommen“ Einflussfaktoren auf oder Effekte von individuellem Sporttreiben? 3.6 Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) Da Bewegung als konstituierendes Merkmal des Sports aufgefasst wird, stellt die Bewegungswissenschaft des Sports eine der zentralen und genuinen Teildisziplinen der Sportwissenschaft dar (vgl. Mechling et al., 2003, S. 20; Olivier & Rockmann, 2003, S. 11; Roth & Willimczik, 1999, S. 11; Göhner, 1992, S. 9-10). Die Bewegungswissenschaft vereint unterschiedliche wissenschaftliche Perspektiven, Grundpositionen und Zugangsweisen zum Gegenstand der menschlichen und sportbezogenen Bewegung. Diese thematische Vielfalt und inhaltliche Breite der Bewegungswissenschaft des Sports zeigen beispielhafte, exemplarische Fragestellungen, z. B.: Wie lässt sich die Bewegungsausführung eines Turmspringers oder Turners beschreiben und analysieren? Welche Teilbewegungen sind für das Erlernen des Kippaufschwungs am Reck notwendige Voraussetzung? Haben professionelle Radsportler einen runderen Tritt als Amateure? Welche Methoden sind geeignet, derartige Bewegungen und die dabei auftretenden Belastungen und Beanspruchungen des menschlichen Körpers zu analysieren? Wie verändert sich die Belastung des Bewegungsapparats durch eine Modifikation der ausgeführten Bewegung? Führen bestimmte Bewegungsausführungen kurz- oder langfristig zu einem erhöhten Verletzungsrisiko? Welche Rolle spielen dabei die Wahrnehmung und die koordinativen und sensorischen Fähigkeiten des Athleten? Wie läuft die Regulation sportlicher Bewegungen überhaupt ab, wie kann eine Bewegungsausführung beeinflusst werden? Der vorliegende Beitrag bezeichnet die verschiedenen Perspektiven, Grundpositionen und Zugangsweisen als unterschiedliche Ansätze der Bewegungswissenschaft. Insofern ist die Bewegungswissenschaft ein heterogenes und vielseitiges Gebilde, ein „Sammelbecken für alle wissenschaftlichen Aussagen über den Problemkomplex der sportlichen Bewegung und des Bewegens im Sport“ (Roth & Willimczik, 1999, S. 11). Und deshalb existie- <?page no="162"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 163 ren zahlreiche wissenschaftliche Publikationen, die Bewegungswissenschaft, Bewegungslehre, Sportmotorik oder Verwandtes zum Thema haben und umfassende Darstellungen des Forschungsgebiets auf Basis unterschiedlicher Ansätze, Grundpositionen und Paradigmen vornehmen. Wie unterschiedlich die wissenschaftlichen Zugangsweisen zu diesem Problemkomplex ausfallen können, welche Fragestellungen im jeweiligen Kontext relevant werden und mit welchen Methoden diese Fragestellungen analysiert werden, ist in diesem Kapitel in kompakter Form dargestellt. Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Bewegungswissenschaft beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Bewegungswissenschaft entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Bewegungswissenschaft kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Bewegungswissenschaft den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Bewegungswissenschaft zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. 3.6.1 Einführung - Charakterisierung der Bewegungswissenschaft Die Bewegungswissenschaft ist eine gemessen an traditionellen, etablierten Wissenschaften wie etwa der Physik, noch relativ junge Wissenschaftsdisziplin. Als integrative Disziplin vereint sie Erkenntnisse und Methoden aus anderen Disziplinen und ist für ihre Arbeit auch auf diese angewiesen. Die Beschreibung der Bewegungswissenschaft geschieht üblicherweise durch die Definition ihres Gegenstandsbereichs, ihrer Forschungsfragen, ihrer theoretischen Grundpositionen und ihrer Methoden. Als integrative Wissenschaftsdisziplin besteht für die Bewegungswissenschaft sowohl auf der Ebene der Theorien als auch der Methoden eine große Schnittfläche zu <?page no="163"?> 164 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen anderen Wissenschaftsdisziplinen, z. B. Psychologie, Biologie, Medizin oder auch Physik. Die Bewegungswissenschaft wird insofern als Teilgebiet der Sportwissenschaft aufgefasst, als die menschliche Bewegung mit all ihren Facetten einen Kernbereich des Sports darstellt (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 11). Innerhalb der deutschen Sportwissenschaft ist die Bewegungswissenschaft historisch eng verbunden mit der (pädagogisch inspirierten) Bewegungslehre des Sports. Der Begriff Bewegungswissenschaft verweist heute - vor allem im internationalen Kontext - weniger auf eine aus sportpädagogischer Tradition heraus entwickelte Wissenschaftsdisziplin, sondern schließt grundlegende Themen des Verstehens und Erklärens menschlicher Bewegung auch abseits des Sports, z. B. in der Physiotherapie oder Ergonomie, mit ein (vgl. Mechling et al., 2003, S. 13-14). Im angelsächsischen Sprachraum wird Bewegungswissenschaft oftmals mit den Begriffen human kinetics, kinesiology, motor control and learning oder allgemeiner als human movement science bezeichnet. Sowohl Bewegungswissenschaft als auch die englischen Pendants fassen den Gegenstand menschlicher Bewegung etwas weiter als dies in einer streng sportwissenschaftlich orientierten Bewegungswissenschaft oder aber der pädagogisch inspirierten Bewegungslehre des Sports geschieht. Allerdings ergibt sich aus dem erweiterten Verständnis auf das Phänomen der Bewegung nicht notwendigerweise eine andersartige Wissenschaftsdisziplin, denn diese ist nicht allein durch den Gegenstandsbereich, sondern auch durch ihre Theorien und Methoden gekennzeichnet. Beispielsweise sind Fragen nach den neurophysiologischen Grundlagen von Bewegung und Bewegungslernen, nach der motorischen Entwicklung des Menschen, nach den Wahrnehmungsprozessen im Kontext von Bewegung oder aber auch nach der Pathomechanik des Bewegungsapparats sowohl Bestandteil einer allgemeinen als auch einer speziell im sportwissenschaftlichen Kontext betriebenen Bewegungswissenschaft (vgl. Mechling et al., 2003, S. 13-15). Göhner (1992, S. 23) schlägt vor, dass die Bewegungslehre des Sports „als ein Lehr- und Forschungsgebiet zu sehen ist, das einerseits die sportliche Bewegungsvielfalt (bzw. früher die Bewegungen der Leibesübungen), andererseits aber (und inzwischen in fast ausschließlicher Weise) die Funktionsweise der sich bewegenden Person zum Gegenstand hat“. Loosch (1999, S. 23) fasst seine Definition etwas weiter: „Die Gegenstände einer allgemeinen Bewegungslehre sind die Erscheinungsformen der menschlichen Motorik im Sport und angrenzenden Tätigkeitsfeldern, wie der sportorientierten Rehabilitation oder der bewegungstherapeutischen Ausbildungsrichtung. Der Kernbereich der Darstellungen bezieht sich auf den Sport“. <?page no="164"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 165 Den Gegenstandsbereich der Bewegungswissenschaft beschreiben Roth und Willimczik (1999, S. 11) wie folgt: „Sie beschäftigt sich einerseits mit den beobachtbaren Produkten (Bewegungen und Haltungen) sowie andererseits mit dem Gesamtsystem jener körperinternen Prozesse (Motorik, Emotionen, Motive, Sensorik, Kognitionen), die den Vollzügen zugrunde liegen. In Abhängigkeit von dem wissenschaftstheoretischen Standort werden dabei vielfältige Zielsetzungen und Analyseinteressen verfolgt“. Aus diesen Definitionen des Gegenstandsbereichs wird erkennbar, dass abseits aller kontroversen Diskussionen um Verortung, Einordnung und Bezeichnung der Wissenschaftsdisziplin ein gemeinsamer Nenner erkennbar ist. Dieser besteht darin, dass Bewegungswissenschaft und Bewegungslehre des Sports danach streben, die menschliche Bewegung (im Sport) sowie alle Prozesse, die Bewegung auslösen, steuern, regeln und beeinflussen, zu verstehen - das heißt, beschreiben, erklären und wenn möglich auch vorhersagen zu können. Als Bewegungswissenschaft des Sports wird eine mehr grundlagenorientierte, zunehmend an internationalen Forschungstendenzen ausgerichtete Herangehensweise an den Gegenstandsbereich bezeichnet, wohingegen die Bewegungslehre des Sports eine eher anwendungsorientierte Perspektive - insbesondere vor dem Hintergrund der im deutschen Sprachraum pädagogisch inspirierten Tradition der Sportwissenschaft - beschreibt. In beiden Begrifflichkeiten finden sich unterschiedliche Zielsetzungen und Zugangsweisen zur Analyse sportlicher Bewegungen wieder. Diese erstrecken sich von einem auf sportpädagogisches Handeln orientierten, morphologischen Ansatz, über eine biomechanisch-physikalische Sichtweise, hin zu neurophysiologisch oder auch psychologisch geprägten Perspektiven auf den Bewegungsapparat, das Nerv-Muskelsystem und die zentralnervösen Prozesse der Bewegungssteuerung (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 9- 19; Wollny, 2007, S. 27-33). 3.6.2 Entstehung und Entwicklung der Bewegungswissenschaft Im historischen Kontext ist die Bewegungswissenschaft eine vergleichsweise junge Disziplin. Ihre ersten Vertreter, die sich explizit mit dem Phänomen der menschlichen Bewegung auseinandersetzten, waren zum Ende des 19. Jahrhunderts aktiv. Allerdings geht die bewegungswissenschaftliche Idee, die Bewegung des Menschen zu erklären, bis in die griechische Antike zurück. Eine umfassende Übersicht zur historischen Entwicklung von <?page no="165"?> 166 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Bewegungslehre und Bewegungswissenschaft liefern beispielsweise Göhner (1992, S. 13-23) und Mechling et al. (2003, S. 19-53). An dieser Stelle wird daher nicht die komplette historische Entwicklung der Bewegungswissenschaft nachvollzogen, sondern für die heutige Situation der Bewegungswissenschaft entscheidende Aspekte herausgegriffen (vgl. Mechling et al., 2003, S. 26-42). Ein erster Meilenstein für die Entstehung einer Bewegungswissenschaft ist die Entwicklung der präzisen Zeitmessung, maßgeblich beeinflusst durch den niederländischen Physiker und Mathematiker Huygens (1629-1695). Bewegung zu erfassen und zu verstehen, erfordert die Einbeziehung von Zeit als Bezugsgröße und die Messung der Zeit ermöglichte vielen Wissenschaftsdisziplinen, insbesondere auch der Astronomie, einen großen Entwicklungssprung. Der Zeitbezug bzw. die zeitliche Komponente ist bis in die heutige Epoche ein fundamentaler Eckpfeiler jeder Art von Bewegungsanalyse. Ein weiterer Meilenstein wurde mit der Formulierung der Gesetze der klassischen Mechanik erreicht. Newton (1642-1726) leistete damit einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis für die Triebfeder der Bewegung von Körpern und den Antrieb unbelebter Materie in einem zunehmend mechanistischen Weltbild. Seine Erkenntnisse können als Basis für die Naturwissenschaft der Neuzeit angesehen werden. Eine solche Sichtweise wird bis heute im biomechanischen Ansatz der Bewegungswissenschaft gewählt. Zur Zeit Newtons war jedoch weder im Bereich der Biologie noch der Medizin die Basis für die heutige Sichtweise menschlicher Bewegung gelegt. Beispielsweise wurde der Antrieb für belebte Organismen immer noch in metaphysischen Erklärungen, z. B. der Seele als Antrieb des Lebens und der Bewegung, gesucht. Physiologische Erklärungen ließen jedoch noch bis Ende des 18. Jahrhunderts auf sich warten. Tierexperimentelle Untersuchungen in dieser Zeit legten nahe, dass es eine grundsätzliche Erregbarkeit und Eigenaktivität von Geweben gibt und damit keine zentrale Antriebsinstanz für Bewegungen erforderlich sein müsse. Die im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts rasch voranschreitenden Erkenntnisse in der Physiologie und Neurophysiologie lassen erahnen, wieso die Bewegungswissenschaft insbesondere auch im internationalen Kontext bis heute eine starke physiologische Schwerpunktsetzung bekommen hat. Die Erkenntnisse zur Funktion des Gehirns, zur Innervation der Muskulatur oder aber auch zur messmethodischen Erfassung dieser elektrischen Potentiale stammen aus jener Zeit und eröffneten der Analyse menschlicher Bewegung völlig neue Wege. <?page no="166"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 167 Parallel dazu wurde mit der Perfektionierung der Fotografie ein geradezu ideales Werkzeug zur Bewegungsanalyse geschaffen. Die insbesondere auch für den deutschsprachigen Raum charakteristische Hinwendung zur Bewegungslehre der Leibesübungen war maßgeblich von bildlichen Darstellungen der Bewegungen inspiriert und getragen. Die Visualisierung von Bewegungsidealen, Technikleitbildern und Übungsreihen ist bis heute ein essentieller Bestandteil einer pädagogisch orientierten Bewegungslehre des Sports. Die bildgebenden Verfahren haben jedoch in ebensolcher Weise eine biomechanische und mechanistische Sichtweise menschlicher Bewegung vorangetrieben. Die biomechanische Bewegungsanalyse profitiert heute wohl am meisten vom technischen Fortschritt der bildgebenden Verfahren, der sich mittlerweile in digitalen Bilderfassungssystemen mit atemberaubender Bildfrequenz von mehreren Tausend Bildern pro Sekunde manifestiert hat. Eine der für die Entwicklung der Bewegungswissenschaft im 20. Jahrhundert bedeutendsten Persönlichkeiten ist der russische Biomechaniker und Physiologe Bernstein (1896-1966). Er integrierte die anatomischphysiologischen, biomechanisch-physikalischen und psychologischen Erkenntnisse seiner Zeit in eine bewegungswissenschaftliche Betrachtung der Koordination menschlicher Bewegung. Dies wird umso deutlicher, als dass er als Pionier der Anwendung des systemdynamischen Ansatzes auf menschliche Bewegungen gesehen werden kann. Seine Erkenntnis, dass Variabilität und Schwankung biologischer Systeme keine Fehler oder unerwünschte Erscheinungen sind, sondern elementare Eigenschaften der Anpassungsfähigkeit von Organismen an ihrer Umwelt darstellen, ist heute womöglich aktueller als je zuvor. Bei aller Begeisterung über den erreichten Fortschritt existieren auch Schattenseiten dieser Entwicklung. Wenn man sich die methodologische Genese der Bewegungswissenschaft vor Augen führt, erkennt man - wie in anderen Humanwissenschaften auch - eine über den Verlauf des 20. Jahrhunderts hinweg beschleunigte Entwicklung hin zur experimentellen Forschung und der Generierung immer größerer Datenmengen in kurzer Zeit, nicht zuletzt getrieben durch eine Vielzahl neuartiger und finanziell erschwinglicher Datenerhebungs- und Verarbeitungsmethoden, insbesondere auch durch die Methode der Computersimulation (vgl. Gramelsberger, 2010, S. 39- 102). Trotz der Faszination für die rasanten Fortschritte im messmethodischen und datenverarbeitenden Bereich sind diese nicht unbedingt Indiz für einen ebensolchen Wissenszugewinn. Die durch Mess- und Computertechnologie heute schnell und kostengünstig zu generierende Datenflut hat keinesfalls zu einem gleichsam beschleunigten Erkenntnisgewinn geführt. <?page no="167"?> 168 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Sie schürt vielmehr die Gefahr, sich auf der Suche nach ursächlichen Erklärungen für die bewegungswissenschaftlichen Phänomene des Sports im Nebel statistischer Signifikanz und falsch interpretierter Daten zu verlieren. Diese Gefahr besteht nicht nur in der Bewegungswissenschaft, sondern in vielen anderen, empirisch geprägten Wissenschaftsdisziplinen gleichermaßen (vgl. Ziliak & McCloskey, 2012, S. 62-164). Das Gebot der Stunde scheint deshalb auch in der Bewegungswissenschaft eine Rückbesinnung auf elementare theoretische Grundpositionen und deren systematische Weiterentwicklung zu sein. Nicht allein die Menge der durchgeführten Untersuchungen und erhobenen Daten ist entscheidend für den Erkenntnisgewinn, sondern deren wohl durchdachtes theoretisches Fundament. Erkenntnisgewinn lässt sich wohl am ehesten durch Methodenpluralismus, systematische Wiederholung und einen im Sinne Mertons praktizierten, gesunden organisierten Skeptizismus über die ermittelten Resultate erreichen (vgl. Merton, 1985, S. 94). 3.6.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Bewegungswissenschaft Wie bereits erwähnt, existieren innerhalb der Bewegungswissenschaft zahlreiche unterschiedliche Themenfelder und Forschungsinteressen. Diese sind zum Teil historisch gewachsen, andere hingegen erst in jüngerer Zeit entstanden. Zu den eher traditionellen Themen gehört das funktionale Beschreiben und Kategorisieren sportlicher Bewegungen. Themen wie beispielsweise die Bewegungsoptimierung im Spitzensport, die neurowissenschaftliche Analyse der Koordination von Teilbewegungen, das motorische Lernen im Sport, die Beanspruchung und Pathomechanik des Bewegungsapparats oder die Optimierung von Sportgeräten kamen erst in den vergangenen Jahrzehnten hinzu - als die Erkenntnisse der Mutterdisziplinen und die fortschreitende Entwicklung der Untersuchungsmethoden deren sinnvolle Bearbeitung ermöglichten. Diese über die Jahre entstandene Themen- und Methodenvielfalt kann einerseits als Voraussetzung, andererseits aber auch als Konsequenz einer programmatischen Vielfalt gesehen werden, die innerhalb der Sportwissenschaft ihresgleichen sucht. Abb. 14 gibt einen groben Überblick über die unterschiedlichen Ansätze der Bewegungswissenschaft, die jeweils mit unterschiedlichen theoretischen Vorannahmen und Grundpositionen einhergehen. In Anlehnung an Roth und Willimczik (1999, S. 12) werden biomechanische, fähigkeitsorientierte, funktionale und ganzheitlich orientierte Ansätze differenziert. Eine ähnliche Unterteilung findet sich bei Olivier und Rockmann (2003), Loosch (1999) und in Grundzügen auch bei Göhner (1992). <?page no="168"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 169 Biomechanischer Ansatz Bewegungswissenschaft Ganzheitliche Ansätze Funktionale Ansätze Fähigkeitsorientierter Ansatz Morphologie Systemdynamischer Ansatz Informationsverarbeitung Funktionsanalyse Außenaspekt von Bewegung Innenaspekt von Bewegung Abb. 14: Unterschiedliche Ansätze und theoretische Grundpositionen innerhalb der Bewegungswissenschaft (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 13) Theoretische Ansätze und Grundpositionen der Bewegungswissenschaft Der biomechanische Ansatz Die Newton’sche Mechanik stellt die theoretische Grundlage des biomechanischen Ansatzes dar. Sie beschreibt Bewegung als durch Kräfte verursachte Ortsveränderung von Körpern im Raum. Die dafür entscheidenden Größen sind die Länge, die Masse und die Zeit. Daraus abgeleitet werden Größen wie beispielsweise Geschwindigkeit, Beschleunigung und Kraft. Die besondere Rolle der Kinematik (Lehre von der Körperbewegung im Raum) und der Dynamik (Lehre von den die Bewegung verursachenden Kräften) spiegelt sich sehr deutlich im Methodenspektrum dieses Ansatzes wider. Im Gegensatz zur klassischen Mechanik, die von unbelebten Körpern ausgeht, hat es die Biomechanik mit belebten Körpern zu tun. Diese sind von Natur aus variabel und weisen keine konstanten mechanischen Eigenschaften auf. Die biologischen Systemen innewohnende Variabilität steht damit einer deterministischen, d. h. eindeutig vorhersagbaren Betrachtung von Bewegung entgegen. Die Anwendung der Naturgesetze auf den sich bewegenden Menschen erfordert daher, dass man gewisse Abweichungen und Ungenauigkeiten bei Bewegungsausführungen erwarten und tolerieren muss - und damit in Konsequenz auch weniger präzise Vorhersagen über das Bewegungsergebnis entstehen. Daher wurden für die Analyse mensch- <?page no="169"?> 170 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen licher Bewegungen im Sport biomechanische Prinzipien formuliert, die auf einer sehr allgemeinen Ebene Allgemeingültigkeit besitzen. Sie gestatten jedoch nur stochastische, d. h. auf Wahrscheinlichkeiten beruhende Aussagen für einzelne Individuen (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 55-56). Funktionale Ansätze Unter dem Begriff der Funktionalen Ansätze werden einige sehr unterschiedliche Konzepte subsummiert (vgl. insbesondere Roth & Willimczik, 1999, S. 127-226), deren gemeinsamer Kern in der einer Bewegung zugrunde gelegten sinnhaften Prozessstruktur besteht. Allen funktionalen Ansätzen gemein ist die Ansicht, dass Bewegung im Sport stets als Lösung einer Bewegungsaufgabe verstanden werden muss. Sportliche Bewegungen sind damit ziel- und zweckbezogen, die Frage nach dem wozu erhält Vorrang vor den Fragen nach dem anatomischen wodurch und dem biomechanischen wie (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 127). Ein Beispiel eines funktionalen Ansatzes ist das Konzept der Funktionsanalysen (vgl. Göhner, 1992, S. 124-134). Bei Göhner bezieht sich diese vorwiegend auf den Außenaspekt und die optisch wahrnehmbaren Bestandteile einer sportlichen Bewegung. Hier wird der Frage nachgegangen, welche Funktionen im Bewegungsgeschehen zur Erreichung der Bewegungsziele zu erfüllen sind. Dabei werden Hauptfunktionsphasen (z. B. die Absprungbewegung beim Hochsprung) von Hilfsfunktionsphasen (z. B. dem Anlauf zum Absprung) unterschieden (vgl. Göhner, 1992, S. 131-134; Roth & Willimczik, 1999, S. 158- 176). Andere funktionale Ansätze thematisieren vorwiegend die Innenperspektive der Bewegungssteuerung aus psychologischer oder neurowissenschaftlicher Sicht. Sie beantworten eher die Frage, wie diese Funktionen erreicht werden (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 131-158.). Der individuellen Wahrnehmungsleistung des Menschen kommt hierbei entscheidende Bedeutung zu. Diese kann unbewusst oder bewusst erfolgen, und liefert oftmals wichtige Input-Daten zur Erklärung des Bewegungs-Outputs. Die verwendeten Begriffe input und output deuten bereits darauf hin, dass der sich bewegende Mensch und insbesondere dessen Informationsverarbeitung bisweilen mit Hilfe der Metapher eines (zumeist seriell arbeitenden) Computers beschrieben werden. Das bedeutet, dass die Steuerung von Bewegung letztendlich auf einen sequentiell ablaufenden Prozess von Wahrnehmung und Informationsverarbeitung, z. B. Entscheidungsregeln, Regelkreisgeschehen, oder auch Abruf gespeicherter motorischer Programme, zurückgeführt wird (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 127-131). <?page no="170"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 171 Der fähigkeitsorientierte Ansatz Grundlage des fähigkeitsorientierten Ansatzes ist die empirisch-analytische Motorikforschung. 29 Diese ist bestrebt, individuell unterschiedliche motorische Leistungsfähigkeiten zu erklären. Dazu müssen der motorischen Leistungsfähigkeit zugrunde liegende individuelle Merkmale einer Person gefunden und wenn möglich trennscharf unterschieden werden. Dieser Ansatz lehnt sich in seinen Grundzügen an die psychologische Persönlichkeitsforschung an (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 227-229). Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist das Vorliegen individueller motorischer Merkmale, die einerseits eine gewisse Streubreite zwischen Individuen aufweisen, andererseits aber über hinreichend lange Zeiträume intraindividuell stabil bleiben können. Als Beispiel ist hier die Kraftfähigkeit einer Person zu nennen, welche sich im Vergleich mit anderen Personen sehr gut differenzieren lässt, aber auf individueller Ebene auch über längere Zeiträume hinweg stabil bleibt und damit einer wiederholten Erhebung unter nahezu gleichen Rahmenbedingungen zugänglich ist. Eine solche Erhebung kann beispielsweise mittels sportmotorischen Tests erfolgen, die den Kernbestandteil einer fähigkeitsbezogenen Methodik der Bewegungswissenschaft darstellen (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 228). Dabei können sowohl motorische Fertigkeiten als auch motorische Fähigkeiten erhoben werden. Der Unterschied zwischen beiden Begrifflichkeiten ergibt sich durch eine Zuordnung zu eher spezifischen Bewegungsformen und Ausführungen (motorische Fertigkeiten, z. B. das einhändige Fangen eines Balls) oder aber den eher grundlegenderen motorischen Voraussetzungen für unterschiedliche Bewegungsformen (universelle motorische Fähigkeiten, z. B. konditionelle Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit) (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 231-257). Ganzheitliche Ansätze Unter der Bezeichnung Ganzheitliche Ansätze finden sich ähnlich wie bei den funktionalen Ansätzen einige, zum Teil sehr unterschiedliche Zugangsweisen zur Bewegungswissenschaft, die als gemeinsame Basis eine aus der Gestalttheorie entlehnte Grundposition vertreten. Diese besagt, dass das Ganze einer sportlichen Bewegung mehr ist als die Summe ihrer Teilbewegungen. Auf sportliche Bewegungen übertragen bezeichnet dies eine Sichtweise, in der eine analytische Zerlegung sportlicher Bewegungen, beispielsweise durch Analyse isolierter Teilbewegungen oder Bewegungsabschnitte, 29 Einen umfassenden Überblick zur Motorikforschung liefern die Werke von Mechling und Munzert (2001) sowie Birklbauer (2006). <?page no="171"?> 172 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen nicht als sinnvoll angesehen wird, da eine zeitliche Aneinanderreihung von Einzelbewegungen die sportliche Bewegung unzureichend repräsentiert. Es ist stets ein subjektorientierter Handlungs- und Wahrnehmungsbezug erforderlich. Diese theoretische Position findet ihren Niederschlag in einer Reihe ganz unterschiedlicher Herangehensweisen an die Analyse menschlicher Bewegungen. So verfolgt die Morphologie ein explizit sportpädagogisches Interesse, die systemdynamischen Ansätze hingegen haben eine sportmotorische Basis und postulieren menschliche Bewegung als dynamisches Systemgeschehen (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 75-78). Ein einfaches Beispiel einer systemdynamischen Perspektive auf das Laufen verdeutlicht die Intention einer ganzheitlichen Betrachtung sportlicher Bewegung. Ein Kennzeichen dynamischer Systeme ist, dass kleine Veränderungen einzelner Einflussgrößen mitunter sprunghafte Veränderungen des Gesamtsystems erzeugen können. Die Charakteristik einer sportlichen Laufbewegung (z. B. der „Laufstil“ oder der „Schrittrhythmus“) kann sich dabei während des Laufs, z. B. bei kleinen Geschwindigkeitssteigerungen oder aber dem Wechsel zu einem geringfügig anderen Laufuntergrund, schlagartig verändern, um den Lauf als Ganzes zu stabilisieren und aufrechtzuerhalten. Diese Übergänge von einem Zustand in einen anderen sind bei analytischer Zerlegung des Laufs in seine Einzelschritte und der Betrachtung einzelner Abrollvorgänge nicht wahrnehmbar. Sie sind jedoch besonders interessant, da sich an diesen Stellen möglicherweise entscheidende Variablen des Bewegungsablaufs und der Bewegungssteuerung der Laufbewegung verändern und einen Einblick in die Organisation des Systems erlauben (vgl. Roth & Willimczik, 1999, S. 92-107). Methodenspektrum der Bewegungswissenschaft Die unterschiedlichen Ansätze der Bewegungswissenschaft unterscheiden sich nicht nur in den theoretischen Grundpositionen, aus welchen heraus das Phänomen der sportlichen Bewegung untersucht wird, sondern mitunter auch in der Art und Weise, wie solche Erkenntnisse gewonnen werden und mit welcher Art von Daten dies geschieht. Ein erheblicher Teil der heutigen bewegungswissenschaftlichen Forschung basiert auf quantitativer Empirie. Das bedeutet, dass mit Hilfe von durch Beobachtungen und Messungen erhobenen Daten Erkenntnisse über Bewegungsphänomene im Sport gewonnen werden. Die Bewegungswissenschaft wird insbesondere auch durch ihre Methoden der Datenerhebung charakterisiert, die zum Großteil mehr oder weniger direkt zum Gebiet der Bewegungsanalyse zugeordnet werden können. In den folgenden Abschnitten sind diese überblicksartig zusammengefasst. Weitaus umfangreichere Darstellungen bewegungswis- <?page no="172"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 173 senschaftlicher Datenerhebungsmethoden finden sich beispielsweise bei Hamilton und Luttgens (2002), Roth und Willimczik (1999) oder auch Payton und Bartlett (2008). Methoden zur Analyse des Außenaspekts sportlicher Bewegungen Die Kinemetrie stellt eine direkte Methode der Erfassung äußerer Bewegungsmerkmale dar. Mit ihr werden Grundgrößen der Kinematik erfasst, also Ortsveränderungen von Körpern über die Zeit. Ein Großteil der kinemetrischen Verfahren basiert auf optischen, bildgebenden Verfahren, bei denen die Bewegung des zu analysierenden Objekts (z. B. Sportler, Sportgerät) durch eine Kamera erfasst und aufgezeichnet wird. Das Ziel ist, den Außenaspekt der Bewegung zunächst in Form einer Abbildung zu fixieren und damit einer zeitunabhängigen, detaillierten Analyse zugänglich zu machen. Insbesondere Bewegungsanalysen mit hohen Bewegungsgeschwindigkeiten der Objekte (z. B. Schlagtechniken im Golfsport, Körperpositionen beim Skispringen, Technikanalysen in der Leichtathletik) erfordern Bildmaterial, welches deutlich über das zeitliche Auflösungsvermögen des menschlichen Auges hinausgeht. Die Bildaufzeichnungsraten aktueller Systeme liegen daher oftmals deutlich jenseits von 1000 Bildern pro Sekunde. Mit dem Wandel von analogen zu digitalen Aufzeichnungstechniken ging auch der Wandel von zweizu dreidimensionalen kinemetrischen Systemen einher. Eine ausführliche und sehr anschauliche Beschreibung der Funktionsweise derartiger Systeme liefern beispielsweise Payton (2007) und Milner (2007). Allen bildgebenden Verfahren gemein ist die grundsätzliche Vorgehensweise, bei der das abgebildete Original der Bewegung in Form eines maßstäblich verkleinerten Modells analysiert wird. Sämtliche am Modell erhobenen Messgrößen (z. B. Körperschwerpunktspositionen) können in realweltliche Daten umgerechnet und damit für die Praxis (z. B. eine Rückmeldung an den Athleten über die korrekte Position in einer bestimmten Bewegungsphase) nutzbar gemacht werden. Abseits der bildgebenden Verfahren werden in der Kinemetrie auch akustische und elektromechanische Verfahren genutzt. Anstelle von optischer Information zur Positionsveränderung von Körpern im Raum kommen hierbei andere technische Prinzipien zum Einsatz. Die akustischen Verfahren beruhen auf Laufzeitdifferenzen von Ultraschallsignalen (Time-offlight-Prinzip), wohingegen die elektromechanischen Verfahren die Bewegung auf direkte mechanische Weise in ein elektrisch messbares Signal übertragen, beispielsweise in Form eines Elektrogoniometers (vgl. Wollny, 2007, S. 287-291). <?page no="173"?> 174 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Eine weitere kinemetrische Methode stellt die Akzelerometrie (Beschleunigungsmessung) dar. Aktuelle Beschleunigungssensoren arbeiten auf Basis der Massenträgheit, welche eine Verformung der mikromechanischen Bauteile des Sensors bei Beschleunigung desselben auslöst und dadurch (ähnlich der dynamometrischen Messungen) die Beschleunigung des Sensors messbar macht. Beschleunigungssensoren sind mittlerweile auf die Größe eines Stecknadelkopfes miniaturisierbar, dabei zugleich kostengünstig und extrem robust. Kombinationen aus Akzelerometern (Beschleunigungssensoren) und Gyrometern (Drehratensensoren) ergeben einen Inertialsensor. Dadurch ist es möglich, durch Kombination der ausgegebenen Signale die Orientierung des Sensors im Raum über die Zeit nachzuvollziehen. Wird ein solcher Sensor an einer definierten Position eines Probanden befestigt, z. B. am Schuh eines Läufers, können dadurch einige kinemetrische Informationen wie Schrittfrequenzen und Rotationsgeschwindigkeiten des Schuhs beim Lauf ermittelt werden. Die Dynamometrie umfasst all jene Verfahren, die im Gegensatz zur Kinemetrie nicht die Bewegung, sondern die der Bewegung zugrunde liegenden oder daraus resultierenden Kräfte erfassen. Sie bezieht sich dabei zunächst nur auf die extern am menschlichen Körper wirkenden und messbaren Kräfte. Eine direkte Erfassung interner Kräfte, z. B. Muskelkräfte, ist derzeit nicht möglich, deren Schätzung erfolgt durch die Methode der inversen Dynamik. Die klassische Dynamometie nutzt sowohl Kraftals auch Druckaufnehmer zur Erfassung der externen Kräfte. Es existieren zahlreiche unterschiedliche Messprinzipien dieser Sensoren. Den meisten Messprinzipien ist gemein, dass eine durch die Krafteinwirkung hervorgerufene Verformung des Messelements ein elektrisch messbares Signal hervorruft. Kraftaufnehmer kommen in vielen Bau- und Anwendungsformen zum Einsatz. Weitverbreitet sind die sogenannten Kraftmessplattformen 30 , welche zur Analyse von Lauf-, Sprung- und Gangbewegungen genutzt werden. Es existieren zahlreiche weitere Arten der Kraftmessung im Sport, unter anderem durch auf Sportgeräte aufgebrachte Dehnungsmessstreifen. 31 Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Messung der Pedalkraft im Radsport durch eine derart instrumentierte Kurbelgarnitur. 30 Kraftmessplattformen sind in aller Regel ortsfest installierte Messvorrichtungen für Bodenreaktionskräfte. Eine anschauliche Beschreibung der Funktionsweise findet sich bei Lees und Lake (2007) und auch bei Wollny (2007, S. 299-300). 31 Ein Dehnungsmessstreifen ist ein Kraftaufnehmer, welcher in vielen Bauformen und Größen existiert. Er reagiert schon auf kleinste Verformungen mit einer messbaren Änderung des elektrischen Widerstands und eignet sich daher sehr gut für <?page no="174"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 175 Bei Druckmessungen sind im Gegensatz zu reinen Kraftmessungen oftmals zahlreiche kleine, in Form einer Matrix ausgerichtete Sensoren im Einsatz. Dies hat den Vorteil, dass die in der Realität oftmals über Kontaktflächen in den Körper eingeleiteten Kräfte in ihrer örtlichen Verteilung im Detail dargestellt und analysiert werden können (vgl. Lees & Lake, 2007, S. 69-73; Wollny, 2007, S. 301). Methoden zur Analyse des Innenaspekts sportlicher Bewegungen Die Elektromyografie stellt eine indirekte Methode der Bewegungsanalyse dar, denn sie erfasst weder Kräfte noch Ortsveränderung von Körpern, sondern die elektrische Aktivität des sich kontrahierenden Muskels. Dadurch wird es möglich, den motorischen (Innen-)Aspekt menschlicher Bewegung zu quantifizieren. Das Ziel der Elektromyografie ist, Informationen zur zeitlichen Koordination der an der Bewegung beteiligten Muskeln oder aber auch zu Ermüdungs- und Beanspruchungsreaktionen der Muskeln zu gewinnen (vgl. Wollny, 2007, S. 310-316). Die Elektromyografie wird entweder durch auf der Hautoberfläche angebrachte Elektroden oder aber per in den Muskel eingebrachten Nadel- oder Drahtelektroden durchgeführt. Erstere Variante stellt die im Sport einzig praktikable und häufig eingesetzte nicht-invasive Methode dar, deren Signalqualität aber durch die zwischen Muskel und Hautoberfläche liegenden Gewebeschichten beeinträchtigt wird. Bei invasiver Messung direkt am Muskel tritt dieses Problem zwar nicht auf, allerdings sind Nadel- oder Drahtelektroden weitaus schwieriger zu anzubringen und aufwändiger in der Handhabung. Ihr Einsatzgebiet liegt in der klinisch-neurologischen Bewertung der Muskelfunktion, nicht in der sportbezogenen Muskelaktivitätsmessung. Die Elektromyografie misst das bei Muskelkontraktion entlang der Muskelfaser entstehende elektrische Aktionspotential oder die überlagerten Summen mehrerer Aktionspotentiale der an einem Muskel aktiven motorischen Einheiten. Für eine aussagekräftige Anwendung der Elektromyografie (EMG) sind daher detaillierte Kenntnisse der Muskelanatomie und -physiologie des Menschen erforderlich. Die gemessenen elektrischen Signale bewegen sich dabei im Bereich von wenigen V und müssen vor der Analyse erheblich verstärkt werden. Signalrauschen und Abschwächung der Signale kann daher rasch zur Unbrauchbarkeit der EMG-Messung führen. Aus diesem Grund können mit der Oberflächenelektromyografie auch Anwendungen, bei denen die eingeleiteten Kräfte nur geringe Verformungen bewirken (vgl. Wollny, 2007, S. 299). <?page no="175"?> 176 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen lediglich Messungen an den nahe an der Körperoberfläche liegenden Muskeln vorgenommen werden, da die Signale der tiefer liegenden Muskelgruppen nicht bis zur Hautoberfläche durchdringen oder aber durch die Aktionspotentiale darüberliegender Muskelschichten überlagert werden. Viele der für sportliche Bewegungen interessanten Muskelgruppen sind aber für die Oberflächenelektromyografie gut zugänglich, beispielsweise die Beinstrecker und -beuger, die Bauch-, Schulter-, Arm- und Brustsowie bestimmte Anteile der Rückenmuskulatur. Motorische Testverfahren dienen zur Bestimmung der motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche für das direkt beobachtbare motorische Lösungsresultat einer Bewegungsaufgabe zur Verfügung stehen. Diese stellen sich als Kraft-, Schnelligkeits-, Ausdauer-, Koordinationsund/ oder Beweglichkeitsfähigkeiten dar. Motorische Tests dienen damit der Leistungsbestimmung oder auch der Verlaufs- und Erfolgskontrolle von Trainings- und Vermittlungsmethoden sportlicher Bewegungsformen (vgl. Wollny, 2007, S. 51-55). Im Gegensatz zu den oben dargestellten bewegungsanalytischen Messverfahren wird bei motorischen Tests meist nicht der Bewegungsverlauf an sich betrachtet, sondern das Resultat einer Bewegung erfasst. Dabei ist meist deutlich weniger instrumenteller Aufwand notwendig, da mit simplen Messverfahren wie Zeitmessung, Längenmessung oder aber Abzählen der Anzahl an absolvierten Wiederholungen pro Zeiteinheit gearbeitet werden kann. Ihr Einsatz ist daher zumeist vergleichsweise einfach und kostengünstig, die Ergebnisse liegen meist unmittelbar nach Durchführung des Tests vor. Die Intention besteht auch gezielt darin, sportliche Bewegungsformen nicht analytisch in kleinste Bestandteile zu zergliedern, sondern die Lösungsqualität der Bewegungsaufgabe für einzelne Individuen zu beurteilen. Ein bekanntes Beispiel eines motorischen Tests ist der Cooper-Test: Hierbei wird die innerhalb von zwölf Minuten zurückgelegte Laufdistanz zur Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit herangezogen. Einen umfassenden Überblick zu motorischen Testverfahren liefert Bös (2001). Theoretische Modellierung sportlicher Bewegungen Die bewegungswissenschaftliche Modellbildung hat zum Ziel, die in der Realität sportlicher Bewegung oftmals durch die Eigenschaften biologischer Systeme bedingten Störgrößen in einem Experiment zu eliminieren und dabei prinzipielle Zusammenhänge der erhobenen Variablen zu untersuchen. Wird ein Experiment unter Einbeziehung menschlicher Probanden durchgeführt, ist das Ziel, die unabhängige, beeinflussende Variable gezielt zu <?page no="176"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 177 manipulieren und die dadurch verursachten Auswirkungen auf die abhängige, beeinflusste Variable zu erfassen. Wenn also beispielsweise der vibrationsdämpfende und damit muskelentlastende Effekt von Faserverbundwerkstoffen im Sportgerätebau untersucht werden soll, kann dies in experimenteller Form nur durch wiederholte Versuchsreihen mit unterschiedlichen Bauformen der Sportgeräte und der simultanen Erfassung der Zielgröße, z. B. der muskulären Beanspruchung und Ermüdung des Probanden, geschehen. Dadurch, dass unterschiedliche Versuchsreihen nacheinander absolviert werden müssen, womöglich mit zwischenzeitlichen Erholungspausen von mehreren Tagen, können Störgrößen (z. B. eine zwischenzeitliche Adaptation des Sportlers an das Gerät, eine durch Trainingseffekte eingetretene veränderte Leistungsfähigkeit) nicht vollständig eliminiert werden. Eine kausale Aussage, inwiefern die Bauform des Sportgeräts die Zielvariable Ermüdung verändert, ist daher stets mit statistischen Unsicherheiten und möglichen Interpretationsfehlern behaftet. Einen Ausweg aus der Omnipräsenz von Störgrößen in experimentellen Untersuchungen stellt die theoretische Modellierung des untersuchten Sachverhalts dar. Hierbei wird eine Modellumgebung definiert, in welcher die interessierenden Variablen unter absoluter Konstanthaltung aller weiteren Größen isoliert verändert werden können und eine direkte kausale Auswirkung auf die Zielvariable ersichtlich wird. Die Durchführung eines solchen theoretischen, auf Modellrechnungen basierenden Experiments nennt sich Modellsimulation. Im biomechanischen Ansatz der Bewegungswissenschaft sind derartige Modellsimulationen weitverbreitet, es wird dabei zwischen einer invers-dynamischen und einer vorwärts-dynamischen Modellrechnung unterschieden (vgl. Yeadon & King, 2007, S. 176-197). Der invers-dynamischen Modellrechnung liegt eine Bewegungscharakteristik aus kinemetrischen und dynamometrischen Messungen am Menschen zugrunde. Als Zielgrößen können die auf den Bewegungsapparat wirksamen internen Kräfte berechnet werden. Somit sind Aussagen über dessen innere Belastungen möglich. Der vorwärts-dynamische Modelltypus gibt demgegenüber die internen Muskelkräfte vor und berechnet aus diesen die daraus resultierende Bewegung. Beide Vorgehensweisen erfordern zunächst eine geeignete Modellbildung, bei der die Eigenschaften des menschlichen Bewegungsapparats (z. B. Länge und Masseverteilung der Extremitäten, Lage und mechanische Charakteristik der Muskeln, Sehnen, Knochen) in geeigneter Weise vereinfacht werden. Der Erfolg beider Methoden hängt sehr stark vom Grad der Vereinfachung ab, mit der das Modell arbeitet. Je simpler die Modelleigenschaften und je größer der Vereinfachungsgrad, je weiter die Modelleigen- <?page no="177"?> 178 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen schaften vom Original abweichen und je weniger relevante Einflussgrößen im Modell berücksichtigt werden können, desto schlechter lässt sich das Ergebnis der Simulation auf die Realität übertragen. Je komplexer das Modell und je mehr relevante Einflussgrößen abgebildet werden können, desto besser wird die Übertragbarkeit der Resultate auf reale Sachverhalte. Ausführliche Darstellungen der bewegungswissenschaftlichen Modellbildung finden sich beispielsweise bei Yeadon und King (2007, S. 177-188) und Wollny (2007, S. 335-343). 3.6.4 Verhältnis der Bewegungswissenschaft zur Sportpraxis Der unmittelbar in die Praxis überführbare Erkenntniswert der Bewegungswissenschaft ist äußerst vielfältig. Zumeist besteht der primäre Nutzen bewegungswissenschaftlicher Forschungsarbeiten darin, eine Beschreibung, Erklärung oder Bewertung der analysierten Bewegungen vor dem Hintergrund der Leistungsverbesserung, der Technikoptimierung, der Prävention und Rehabilitation von (Sport-)Verletzungen oder auch der Auswirkung von Sportgerätetechnologien auf den Sportler vorzunehmen. Eine Vielzahl sportpraktischer Anwendungsfelder profitiert damit von Ergebnissen bewegungswissenschaftlicher Forschung: Trainer und Athleten nutzen sie zur Leistungsoptimierung und Trainingsgestaltung, Ingenieure zur Entwicklung funktioneller Sportgeräte, Ärzte und Therapeuten zur adäquaten Gestaltung von Therapien sowie zur Prävention und Rehabilitation von Verletzungen oder auch Sportlehrer und Übungsleiter zur geeigneten Technikvermittlung und Visualisierung im Sportunterricht. Bewegungswissenschaft spielt heute nicht nur im direkten Umfeld des Sports eine wichtige Rolle, sondern auch im gesamten Komplex des Gesundheitswesens. Bewegungsanalysen werden in vielen Bereichen des klinischen Alltags eingesetzt, insbesondere in der Beurteilung krankheitsbedingter Einschränkungen der körperlichen Mobilität, bei neurologischen Erkrankungen, in der prä- und post-operativen Diagnostik bei Gelenkersatz oder in der Diabetologie. Auch im industriellen Umfeld des Gesundheitswesens werden bewegungswissenschaftliche Erkenntnisse genutzt, um beispielsweise die Beurteilung der durch Lastenhandhabung verursachten Gefahren an Arbeitsplätzen vorzunehmen. Bewegungswissenschaftliche Methoden sind mittlerweile fester Bestandteil in der Förderung des Spitzensports. Zahlreiche Olympiastützpunkte arbeiten - wenngleich meist sportmedizinisch dominiert - mit bewegungswissenschaftlichen und bewegungsanalytischen Methoden. Gleichzeitig muss konstatiert werden, dass sich die Bewegungswissenschaft auf institutioneller <?page no="178"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 179 Ebene im Gesundheitswesen bislang keinesfalls fest etabliert hat. Die Kosten bewegungswissenschaftlicher Analysen werden nur selten durch die Kostenträger im Gesundheitssystem abgedeckt, so dass deren Anwendung wohl auf absehbare Zeit optional bleibt. Praxisbeispiel: Verletzungsprävention im Kinder- und Jugendhandball Im Thema Kinder und Jugendliche im Spitzensport finden sich zahlreiche bewegungswissenschaftliche Forschungsbeispiele für die Anwendung motorischer Tests. Die grundlegende Forschungsfrage ist zumeist talentprognostischer Natur, d. h. man fragt danach, wie man die für die anvisierte sportliche Laufbahn entscheidenden physischen Leistungsfaktoren schon im möglichst frühen Alter ermitteln kann, um Fördermaßnahmen wirksam und ökonomisch sinnvoll zu kanalisieren. Dieses sehr instrumentelle Verständnis einer bewegungswissenschaftlichen Forschung steht an dieser Stelle jedoch nicht im Vordergrund. Stattdessen wird auf ein Praxisbeispiel zurückgegriffen, in dem ein verletzungspräventiver Aspekt bei jungen Spitzenhandballerinnen untersucht wurde (vgl. Bencke et al., 2012). Ziel der Studie war, die Belastung des Kniegelenks bei schnellen Richtungswechseln zu ermitteln. Dadurch sollte sowohl ein theoretisches Verständnis für den Verletzungsmechanismus des vorderen Kreuzbandrisses (VKBR) als auch eine Erkenntnis über mögliche Präventions- und Therapiestrategien gewonnen werden. Da das Verletzungsbild VKBR vermehrt bei Frauen auftritt, wurden hierfür junge Spitzenhandballerinnen untersucht. Das Untersuchungsdesign beinhaltete die Durchführung von je fünf maximal schnellkräftig ausgeführten Richtungswechseln, mit dem dominanten und nicht dominanten Bein. Während der Bewegungsausführung wurden sowohl eine Kinemetrie der Probanden als auch die Dynamometrie der Bodenreaktionskräfte durchgeführt. In Kombination beider Methoden und unter Zuhilfenahme eines biomechanischen Körpermodells wurden durch inverse Dynamik die in den jeweiligen Gelenken wirkenden Kräfte und Momente geschätzt. Die Ergebnisse deuten an, dass offenbar keine systematische Seitendifferenz zwischen dominantem und nicht dominantem Bein vorliegt. Sie zeigen darüber hinaus, welche Muskelgruppen der unteren Extremität dafür verantwortlich sind, die unmittelbar nach dem Fußaufsatz auftretenden Spitzenwerte der wirkenden Gelenkmomente abzufangen Insbesondere die Hüftadduktoren können den auftreten- <?page no="179"?> 180 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen den Valgus 32 -Momenten im Kniegelenk entgegenwirken. Für die Prävention des VKBR im Handball ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, diese Muskelgruppen besonders zu trainieren. Diese Untersuchung kann als ein klassisches Beispiel eines biomechanisch orientierten Forschungsansatzes gelten, in dem in empirisch-analytischer Weise und unter Zuhilfenahme aufwändiger Messmethoden, biomechanischer Modellierung und statistischer Verfahren eine Belastung des menschlichen Körpers berechnet - oder besser: abgeschätzt - wurde. Allerdings bleiben auch nach derart aufwändigen Studien viele Fragen offen. Ungeachtet einiger grundlegender Schwächen der eingesetzten Messmethodik kann man die berechtigte Frage stellen, inwiefern die in einer solchen Laborstudie untersuchte Bewegung das tatsächliche Verletzungsgeschehen im Spitzensport überhaupt abbilden kann. Ganz im Sinne einer ganzheitlichen Forschungsperspektive müsste man Kritik dahingehend äußern, dass die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Handballpraxis aus folgenden Gründen fragwürdig erscheint: (a) der Laufweg der Athletinnen war vorgegeben, die Bewegung konnte also antizipiert werden, (b) es war keine Gegenspielerin vorhanden und es fand auch keine Ablenkung durch andere Akteurinnen auf dem Spielfeld statt. Womöglich wurde auch (c) ein vollkommen anderer Untergrund mit gänzlich anderen mechanischen Eigenschaften (Dämpfung, Reibung) verwendet. Darüber hinaus (d) verletzte sich keine der Athletinnen bei den Tests. Dieser zunächst natürlich glückliche Umstand kehrt sich hinsichtlich der Aussagekraft der Ergebnisse ins Gegenteil um. Es wird schnell ersichtlich, dass der Rückschluss auf einen realen Verletzungsmechanismus aus solchen Labordaten notwendigerweise hypothetisch bleiben muss und die wirkenden Momente im Kniegelenk keinesfalls ursächlich für ein Verletzungsgeschehen sein müssen. Die Ergebnisse stellen insofern lediglich eine plausible Theorie dar, deren Bewährung jedoch noch aussteht. Ohne einen Methodenpluralismus - d. h. zum Beispiel eine zusätzliche bewegungsanalytische Aufarbeitung von tatsächlich stattgefunde- 32 Eine Valgus-Stellung im Kniegelenk ergibt sich aus einer frontalen Betrachtungsperspektive, wenn das Zentrum des Kniegelenks außerhalb (lateral) der gedachten Verbindungslinie zwischen Hüft- und Sprunggelenk liegt (O-Bein Stellung). <?page no="180"?> Bewegungswissenschaft (Christian Maiwald) 181 nen VKBR-Verletzungen im Handballsport - können die abgeleiteten theoretischen Aussagen der Studie jedoch kaum auf Plausibilität geprüft werden. Die Herausforderung der Bewegungswissenschaft besteht genau darin, die methodologischen Schwächen der einzelnen Ansätze durch Hinzunahme anderer Methoden und Ansätze zu kompensieren und damit zu einem möglichst umfassenden Erklärungsmodell für sportliche Bewegungsphänomene zu gelangen. Kontrollfragen [1] Die Bewegungswissenschaft kann als integrative Wissenschaftsdisziplin charakterisiert werden. Was ist unter einer solchen Charakterisierung zu verstehen? [2] Innerhalb der Bewegungswissenschaft existieren unterschiedliche Zugangsperspektiven und Grundpositionen. Welche vier Ansätze werden in Anlehnung an Roth und Willimczik unterschieden und wie sind diese voneinander abzugrenzen? [3] Die Bewegungsanalyse gilt als eine sehr allgemeine, zentrale Methode der Bewegungswissenschaft, die sich dabei sowohl auf den Außenals auch den Innenaspekt von Bewegung beziehen kann. Erläutern Sie die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenaspekt sportlicher Bewegung. Welche Konsequenz hat diese Differenzierung auf die Anwendung bewegungsanalytischer Techniken? [4] Zwei zentrale Datenerhebungsmethoden der Bewegungswissenschaft sind die Kinemetrie und die Dynamometrie. Charakterisieren Sie typische Fragestellungen, welche mit diesen Methoden bearbeitet werden können. Wie lassen sich Kinemetrie und Dynamometrie gewinnbringend im schulischen Sportunterricht einsetzen? <?page no="181"?> 182 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen 3.7 Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) Der Begriff Training findet im Kontext des Sports vielfältige Verwendung. Beispielsweise sind sportliche Höchstleistungen, wie sie bei internationalen Großereignissen präsentiert werden, das Ergebnis eines langjährigen Trainings. Auch bei Breitensportlern, die regelmäßig ein Fitnessstudio besuchen, um ihr Körpergewicht zu reduzieren, spricht man von Training. Manch anderer hat ein Training aufgenommen und hierdurch die alltagsbegleitenden Rückenschmerzen verringert oder der altersbedingten Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit entgegengewirkt. Aus den genannten Phänomenen lassen sich aus wissenschaftlicher Sicht zwei übergeordnete Fragen ableiten: 1. Welches sind die konkreten Ziele, die durch die Aufnahme eines Trainings verfolgt werden sollen? und 2. Wie ist das Training zu gestalten, um die gesetzten Ziele zu erreichen? Während die erste Frage auf den Anwendungsbereich von Training orientiert ist, ist die zweite Frage auf die Planung, Durchführung und Auswertung des Trainings ausgerichtet. Beide Fragen sind untrennbar miteinander verknüpft und bilden den übergeordneten Rahmen dessen, womit sich die Trainingswissenschaft beschäftigt. Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Trainingswissenschaft beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind. Sie erkennen, wie die Trainingswissenschaft entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen. Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Trainingswissenschaft kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Trainingswissenschaft den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/ Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen. Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Trainingswissenschaft zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst. <?page no="182"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 183 3.7.1 Einführung - Phänomene und Themen der Trainingswissenschaft Zum Gegenstand „Training“ Die Trainingswissenschaft trägt den zentralen Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Bemühungen bereits im Namen: Training. Allerdings erfordert die vielfältige Verwendung des Begriffs eine inhaltliche Abgrenzung. Wie bereits die eingangs geschilderten Phänomene verdeutlichen, ist Training für die Trainingswissenschaft ausschließlich im Sportkontext von Interesse, so dass andere Verwendungszusammenhänge, beispielsweise beim Gedächtnis-, Manager- oder Anti-Gewalt-Training hier unberücksichtigt bleiben. Dabei wird der Sportbezug in erster Linie über die Ziele hergestellt, die mit Training erreicht werden sollen. Während von der Trainingslehre zunächst das Training und damit auch die Ziele ausschließlich im Spitzensport verortet wurden, wird aktuell in der Trainingswissenschaft durchgängig ein weiteres Begriffsverständnis proklamiert (vgl. Hohmann, Lames & Letzelter, 2010; Hottenrott & Neumann, 2010; Olivier, Marschall & Büsch, 2008; Schnabel, Harre & Krug, 2008; Martin, Carl & Lehnertz, 1991). Bereits Ballreich und Kuhlow (1975) führten verschiedene Lernzielkategorien ein, unterschieden zwischen verschiedenen Könnens- und Interessensstufen und begründeten damit den „offenen“ Trainingsbegriff. „Training ist offen für alle, vom Anfänger über den Fortgeschrittenen bis zum Spitzensportler, vom Schüler über den Jugendlichen, den Aktiven bis zum Alterssportler, für den, der seine Leistung steigern, für den, der seine Fitness erhalten aber auch für den, der sie wiederherstellen will“ (Hohmann et al., 2010, S. 13). Aus Perspektive einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand „Training“ lässt sich für die Zielebene eine weitere Begriffsdifferenzierung vornehmen. Training kann im Kontext von Sport sowohl auf Ziele im Sport ausgerichtet sein, z. B. die Verbesserung der Wettkampfleistung, als auch auf solche Ziele, die durch Sport erreicht werden, z. B. die Reduktion des Körpergewichts. Aus der Öffnung der Trainingswissenschaft für Anwendungsfelder außerhalb des Spitzensports leitet sich gleichzeitig eine Öffnung gegenüber außersportlichen Zielen ab (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 14), wie sie beispielsweise im Integrations-, Schul- oder Abenteuersport verfolgt werden. Die besondere trainingswissenschaftliche Perspektive besteht in einer ganzheitlichen Betrachtung des Trainings, wodurch „Sichtweisen, die von biologischen Anpassungsprozessen bis hin zu Interventionen in soziokulturellen <?page no="183"?> 184 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Kontexten reichen“ (Hohmann et al., 2010, S. 14), integriert sind. Mit dem ganzheitlichen und umfassenden Trainingsbegriff grenzt sich die Trainingswissenschaft deutlich gegenüber anderen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen wie der Sportmedizin oder der Sportpsychologie ab. Aus der Erweiterung der Begriffsbedeutung von Training ergeben sich weitreichende Konsequenzen für den Zuständigkeitsbereich der Trainingswissenschaft, die jedoch nicht von allen Vertretern in dieser weitreichenden Form mitgetragen wird. Während Hottenrott und Neumann (2010) einen vergleichbar offenen Trainingsbegriff zugrunde legen, distanzieren sich andere Autoren hiervon und sehen die Ziele von Training ausschließlich in der Einwirkung auf die sportliche Leistung, die sportliche Leistungsfähigkeit, den Leistungszustand oder das sportmotorische Können (vgl. Martin et al., 1991; Schnabel et al., 2008; Olivier et al., 2008). Mit dieser Eingrenzung wird jedoch ignoriert, dass dem Training als komplexem Handlungsprozess in den wenigsten Szenarien eine eindimensionale Zielperspektive zugrunde liegt. Insbesondere in den Anwendungsfeldern außerhalb des Spitzensports, z. B. dem Schulsport oder dem Breitensport, besteht zumeist ein Geflecht aus unterschiedlichen Zielen, deren Prioritäten sich unter Umständen im Trainingsverlauf auch verschieben können. Ferner können innerhalb eines Anwendungsfelds zwischen den Individuen Unterschiede in der Zielhierarchie bestehen (vgl. Schnabel, 2008b). Im Hinblick auf die forschungsstrategische Ausrichtung und damit das Selbstverständnis der Trainingswissenschaft ist dies von richtungsweisender Bedeutung, nicht zuletzt deshalb, weil mit der Öffnung für sportexterne Ziele stärker Fragen der Prozessgestaltung in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden. „Training ist die planmäßige und systematische Realisation von Maßnahmen (Trainingsinhalte und Trainingsmethoden) zur nachhaltigen Erreichung von Zielen (Trainingszielen) im und durch Sport“ (Hohmann et al., 2010, S. 14-15). Planmäßig bezieht sich hierbei auf die Angabe von Maßnahmen zur Zielerreichung, denen längerfristige Vorüberlegungen zugrunde liegen und die wissenschaftlich begründet oder zumindest erfahrungsgestützt sind. Ferner sind Kontrollverfahren in die Planung einzubeziehen, um zu überprüfen, inwieweit bereits realisierte Maßnahmen im Hinblick auf das formulierte Ziel erfolgreich gewesen sind. Eine systematische Durchführung der Maßnahmen ist gegeben, wenn Trainingsziele aus einer detaillierten Analyse des Anwendungsfelds abgeleitet werden (Zielkataloge) und zwar in einer ganzheitlichen und umfassenden Form. Trainingsinhalte und -methoden sind Merkmale zur Gestaltung des Trainings und müssen im Hinblick auf die Ziele bzw. Teilziele spezifiziert werden. Während mit den Inhalten die Art der <?page no="184"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 185 Tätigkeit beschrieben wird, über deren Vollzug bestimmte Trainingsziele angesteuert werden, kennzeichnen die Methoden, wie die Trainingsinhalte zielgerichtet gestaltet werden. Nach Martin et al. (1991, S. 34) betreffen Inhaltsentscheidungen das „Was? “, Methodenentscheidungen das „Wie? “ von Training. Über Trainingsziele wird der Anwendungsbereich definiert. Legt man konsequent einen offenen Trainingsbegriff zugrunde, bestehen hier keinerlei Einschränkungen, lediglich die Nachhaltigkeit der Ziele muss gegeben sein, d. h., sie müssen über das durchgeführte Training hinausgehen (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 15). Trainingsziele im Sport sind auf Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit oder der Wettkampfleistung ausgerichtet und dokumentieren eine spitzensportliche Orientierung. Das Leistungsniveau spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Durch Sport verfolgte Trainingsziele sind primär aus dem jeweiligen Anwendungsfeld entlehnt. Insgesamt ist jedoch zu konstatieren, dass mit Training selten nur eine Zielstellung verfolgt wird, sondern sportinterne und -externe Ziele sich vor allem in Anwendungsfeldern außerhalb des Spitzensports gegenseitig bedingen (vgl. Schnabel, 2008b, S. 17-18). Besteht beispielsweise das Ziel darin, gesundheitsfördernde Ressourcen zu stärken, das körperliche Wohlbefinden zu erhöhen oder Aggressionen abzubauen, um die soziale Integration zu befördern, erfolgt dies im Allgemeinen über eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit bzw. ist diese eine unabdingbare „Begleiterscheinung“. 33 Ausgehend von der dargestellten Begriffsverortung ist das Erkenntnisinteresse der Trainingswissenschaft zum einen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung des Trainingsprozesses ausgerichtet, was sowohl die einzelne Trainingseinheit als auch den längerfristigen Trainingsaufbau betrifft. Zum anderen werden die Zielgrößen des Trainings, beispielsweise die sportliche Leistungsfähigkeit oder die Wettkampfleistung, zum trainingswissenschaftlichen Gegenstand erhoben. Selbstverständnis und Forschungsstrategien Für die Trainingswissenschaft im Sinne einer Wissenschaftsdisziplin mit eigenem Gegenstand gibt es in der angloamerikanisch geprägten internationalen Wissenschaftslandschaft keine Entsprechung. Die thematische Breite des Gegenstands „Training“ wird international durch verschiedene Gebiete wie „Exercise Physiology“, „Performance Analysis“, „Notational Analysis“, „Motor Control“, „Training and Testing“, „Sports Biomechanics“ usw. 33 Zur kritischen Diskussion des offenen Trainingsbegriffs vgl. Hohmann et al. (2010, S. 16-17). <?page no="185"?> 186 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen abgedeckt, deren wissenschaftliche Bearbeitung zum Teil völlig getrennt voneinander erfolgt. Dies ist vermutlich ein wesentlicher Grund dafür, dass bisher für die Trainingswissenschaft keine internationale Wissenschaftsorganisation existiert. In Westdeutschland wurde mit dem 1982 erschienen Band „Trainingswissenschaft“ (vgl. Ballreich, Baumann, Haase, Ulmer & Wasmund-Bodenstedt, 1982) eine Debatte zum Wissenschaftsverständnis der Trainingswissenschaft begonnen, die bis heute anhält (vgl. Lames, Pfeiffer, Hohmann & Horn, 2013). Anlass war die Feststellung, dass die Erforschung von Trainingsprozessen bis dato von verschiedenen Disziplinen mit ihrer je spezifischen Perspektive übernommen wurde, was im Ergebnis zu einer gewissen „Autonomie wissenschaftlicher Erklärungsmodelle“ (Martin, 1993, S. 10) führte. Die weitgehend unabhängig voneinander generierten Erkenntnisse trugen durch additive Anordnung kaum zum Verständnis der komplexen Phänomene von Training bei. Folglich ist die interdisziplinäre Integration von Teilaspekten anderer Wissenschaften seither ein zentrales Merkmal des Selbstverständnisses der Trainingswissenschaft. Sie impliziert eine umfassende, d. h. ganzheitliche Betrachtung des Trainings. Ungeachtet verschiedener Auffassungen in wissenschaftstheoretischen Detailfragen besteht heute weitgehend Konsens über die Einordnung der Trainingswissenschaft als integrative, empirische und angewandte Wissenschaft. Die integrative Funktion der Trainingswissenschaft lässt sich nach Hohmann (1999, S. 37) über eine Einordnung ihrer Aussagen auf einem Kontinuum „zunehmend komplexer Konstrukte“ mit den Polen molekularer Strukturen (Biologie, Chemie, Physik) und molarer praktischer Handlungskategorien (Sportpraxis) veranschaulichen (vgl. Abb. 15). Die vertikale Anordnung verweist auf die Mittlerfunktion der Trainingswissenschaft zwischen Basiswissenschaften und Trainingspraxis. Gleichzeitig werden trainingswissenschaftliche Erkenntnisse auf einem mittleren Abstraktionsniveau verortet. Die horizontale Verknüpfung zu anderen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen, die Aussagen zum sportlichen Training mit geringerem Abstraktionsniveau bereitstellen, dokumentiert den integrativen Anspruch der Trainingswissenschaft als „Querschnittswissenschaft“ (Hohmann, 1999, S. 38). <?page no="186"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 187 Trainingspraxis Trainingslehre Trainingswissenschaft Sportbiomechanik Sportpsychologie Sportmedizin Sportsoziologie Sportmotorik Biomechanik - Psychologie - Medizin - Soziologie - Kinesiologie Biologie - Chemie - Physik Abb. 15: Die Trainingswissenschaft als integrative Wissenschaft zwischen Trainingspraxis und ausgewählten Basiswissenschaften (Hohmann, 1999, S. 38) Mit der Charakterisierung als empirische Wissenschaft wird eine wissenschaftstheoretische Position vertreten, wonach die Prüfung der zunächst hypothetischen Aussagen und Theorien an der Erfahrung, d. h. der Realität vorgenommen wird (vgl. Westermann, 2000, S. 203-210; Willimczik, 2002). Diese Prüfung erfolgt in der Regel durch den Einsatz wissenschaftlicher Verfahren und Methoden, deren Anerkennung eine Konvention der jeweiligen Scientific Community darstellt. Mit diesem Kriterium grenzt sich die Trainingswissenschaft, vor allem historisch betrachtet, von der Trainingslehre ab. Das Alleinstellungsmerkmal der Trainingswissenschaft gegenüber anderen sportwissenschaftlichen Disziplinen ist die Beanspruchung einer dominanten Anwendungsorientierung. Sie kann nach Lames (1999, S. 49) als „Wissenschaft der Interventionen im/ durch Sport“ bezeichnet werden. Den wichtigsten Ausgangspunkt trainingswissenschaftlicher Fragestellungen stellt der Handlungsprozess sportlichen Trainings dar. Damit nimmt die Umsetzbarkeit in der Trainingspraxis bei der Zielperspektive trainingswissenschaftlicher Forschung eine führende Stellung ein (vgl. Lames et al., 2013). <?page no="187"?> 188 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Die Ausrichtung von Forschungsstrategien in der Trainingswissenschaft, um das notwendige Wissen zur Fundierung von Training und Wettkampf zu generieren, ist eng verbunden mit ihrem Selbstverständnis. Hieraus abgeleitet wurden zunächst Methoden der Grundlagen- und Anwendungsforschung als zentrale Zugangsweisen zum Gegenstand Training herausgestellt. Basierend auf einer differenzierten Kennzeichnung der Besonderheiten von Trainingsprozessen hat Lames (1999) die Evaluationsforschung als zu den beiden anderen Typen komplementäre Forschungsstrategie in die Trainingswissenschaft eingebracht. „Die Aufgabe der wissenschaftlichen Fundierung praktischen Handelns im Sport kann nur durch den Einsatz eines Spektrums an Forschungsstrategien bewältigt werden. Die einzelnen Strategien generieren verschiedene Formen von Wissen, haben eigene Methoden und jeweils eigene Qualitätsmaßstäbe. Es werden die Forschungsstrategien der Grundlagenforschung, Anwendungsforschung und Evaluationsforschung unterschieden“ (Hohmann et al., 2010, S. 30; Hervorhebungen im Original). Grundlagenforschung ist im allgemeinen Verständnis der Wissenschaft rein erkenntnisorientierte Forschung mit dem Ziel, Hintergrundwissen zu fundamentalen Fragen und Problemstellungen einer Disziplin zu generieren. Sie fragt nicht nach dem Nutzen oder den Anwendungsmöglichkeiten ihrer Ergebnisse. In der Trainingswissenschaft ist hierfür ein breites Spektrum an gesichertem Hintergrundwissen sowohl zur Struktur der Trainingsziele als auch zu den grundlegenden Anpassungsmechanismen bei körperlicher Beanspruchung notwendige Voraussetzung. Während auf dem Gebiet der basalen Mechanismen der Trainingswirkung zentrale Forschungsarbeiten in den Basiswissenschaften geleistet werden (vgl. Abb. 15), liegen die Felder der trainingswissenschaftlichen Grundlagenforschung vornehmlich in der Strukturierung von Zielgrößen sowie der Analyse von Trainingswirkungen. Theoretische Ansätze (Modellvorstellungen) werden u. a. zu folgenden Themen entwickelt: Talentforschung: Determinanten des sportlichen Talents einschließlich ihrer Wechselwirkungen (Talentkriterien); Strukturierung sportlicher Leistungen (Leistungsdiagnostik): Komponenten/ Leistungsvoraussetzungen sportlicher Leistungen einschließlich deren Wechselwirkungen und ihrer Leistungsrelevanz; Trainingswirkungsanalyse: Modelle zur prozessualen Abbildung der Relation von Training und Leistung. <?page no="188"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 189 Anwendungsforschung ist hingegen am praktischen Nutzen der Ergebnisse orientiert und leitet ihr Forschungs- und Erkenntnisinteresse aus alltäglichen gesellschaftlichen Problemen ab (vgl. Martin, 1993, S. 17-18). Hierfür ist sowohl Veränderungswissen als auch Optimierungswissen zu generieren (vgl. Auhagen & Bierhoff, 2003, S. 2). Beim Veränderungswissen geht es um die Frage, wie das Training zu gestalten ist, damit der erwünschte Effekt im Sinne des formulierten Trainingsziels eintritt. „Welche Form des Krafttrainings muss angewandt werden, um die Maximalkraft zu steigern? “ Demgegenüber soll Optimierungswissen dazu beitragen, den Trainingsprozess derart zu gestalten, dass das Ziel entweder durch einen geringeren Ressourceneinsatz, oder zeitlich früher als mit bisher überprüften Trainingsmaßnahmen erreicht wird: „Wie ist bei einem achtwöchigen Maximalkrafttraining die Pausenlänge zwischen den Serien zu gestalten, um einen möglichst großen Kraftzuwachs zu erreichen? “ Es gilt also, die Phänomene von Training zu beobachten, sie adäquat zu erfassen, zu erklären, vorherzusagen und daraus Handlungsempfehlungen für das Training abzuleiten. „Die Forschungsstrategie Anwendungsforschung versteht sich als operativ-technologische Strategie mit dem Ziel, konkrete Handlungsanweisungen (technologische Regeln) wissenschaftliche zu begründen. Man kann sie als ‚Kerngeschäft‘ der Trainingswissenschaft betrachten“ (Hohmann et al., 2010, S. 32; Hervorhebungen im Original). Evaluationsforschung kennzeichnet die systematische Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur Bewertung einer Intervention in Bezug auf das Konzept (Sind die Maßnahmen aus nachvollziehbaren Annahmen abgeleitet? ), die Implementation (Ist es gelungen, dieses Konzept in der Anwendungssituation umzusetzen? ), die Wirksamkeit (Sind die erwünschten Wirkungen eingetreten und unerwünschte Nebenwirkungen ausgeblieben? ) und die Effektivität (Wurden die erwünschten Effekte mit einem vertretbaren Aufwand erzielt? ) (vgl. Rossi & Freeman, 1993). Aus trainingswissenschaftlicher Sicht besteht das Ziel der Evaluationsforschung in der wissenschaftlichen Dokumentation und Bewertung von Trainingsmaßnahmen und zwar aus ganzheitlicher Perspektive. Evaluative Forschungsansätze haben den Vorteil, dass mit ihnen inhaltliche, strukturelle und organisatorische Ebenen integrativ betrachtet werden können. Nach Lames (1999, S. 60) ist die Vielfalt der Ursachen, die Scheitern oder Gelingen einer Trainingsintervention beeinflussen, unter dem Paradigma der Evaluationsforschung besonders adäquat abzubilden. <?page no="189"?> 190 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Abschließend ist das Verhältnis von Trainingswissenschaft und Trainingslehre zu klären, weil 1. beide Begriffe sowohl im trainingspraktischen Handlungsfeld als auch in den sportwissenschaftlichen Studiengängen (einschl. der Lehrbücher zum Fach) Verwendung finden und 2. bisweilen der Unterschied zwischen beiden nicht deutlich genug herausgestellt wird (vgl. Abb. 16). Trainingswissenschaft Trainingslehre nicht unmittelbar handlungsrelevantes Wissen der Trainingswissenschaft wissenschaftlich bewährtes Wissen der Trainingslehre nicht wissenschaftlich bewährtes Wissen Praxiswissen außerhalb der Trainingslehre Sportpraxis Abb. 16: Wissensbestände von Trainingswissenschaft, Trainingslehre und Sportpraxis (Hohmann et al., 2010, S. 25) Trainingswissenschaft umfasst die Menge wissenschaftlich geprüfter Aussagen und Theorien zu den Gegenstandsbereichen Training, Leistung(-sfähigkeit) und Wettkampf. Demgegenüber sammelt die Trainingslehre systematisch allgemeine handlungsrelevante Aussagen zum Training, sowohl aus wissenschaftlichen Beiträgen als auch aus Erfahrungswissen der am Trainingsprozess beteiligten Personen. Die Sportpraxis greift auf sämtliche handlungsrelevanten Aussagen zurück, wissenschaftlich bewährt oder nicht, allgemeingültig oder einzelfallbezogen, soweit hierin eine Optimierung des eigenen Tuns gesehen wird (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 25). Abweichend von dieser Auffassung ist nach Hottenrott und Neumann (2010, S. 13) die Trainingslehre ein Teil der Trainingswissenschaft, die „eine systematische Aufbereitung aller handlungsrelevanten Aussagen für die Sportpraxis“ umfasst. <?page no="190"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 191 3.7.2 Entstehung und Entwicklung der Trainingswissenschaft Die Entstehung einer Wissenschaft kann nicht an einem konkreten Ereignis festgemacht werden, vielmehr handelt es sich um einen Prozess, einen Weg, der anhand markanter Einflüsse und ausgewählter Meilensteine beschrieben werden kann. Das Verhältnis von Trainingswissenschaft und Trainingslehre besteht nicht nur in einer gemeinsamen Schnittmenge an Wissensbeständen, historisch gesehen ist die Trainingswissenschaft aus der Trainingslehre hervorgegangen. Die Trainingslehre hat ihren Ursprung in den sportartspezifischen Trainingskonzepten erfolgreicher Trainer und Athleten, den so genannten „Meisterlehren“ (Schnabel et al., 2008, S. 13). Nach Harre und Schnabel (1993, S. 25) waren es die in den 1930er Jahren entwickelten Ansätze der Leichtathletik, auf deren Grundlage Anfang der 1950er Jahre die Allgemeine Trainingslehre erarbeitet wurde. Diese frühen Arbeiten bestanden zunächst darin, die Aussagen der Meisterlehren zu systematisieren und die Erkenntnisse angrenzender Wissenschaften wie Biologie oder Medizin hinsichtlich ihrer Beitragsfähigkeit zum sportlichen Training zu prüfen. An der Trainerfakultät der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig wurde erstmals eine Lehrveranstaltung zur Allgemeinen Trainingslehre abgehalten, was eine leistungssportliche Ausrichtung implizierte. Mit der Aufnahme des Lehrgebiets in die Diplomsportlehrerausbildung an der DHfK 1955/ 56 und der Einrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeine Theorie und Methodik des Trainings 1956 rückten neben dem Leistungssport auch erstmals weitere Anwendungsfelder, z. B. Schulsport, in den Blickpunkt des Fachs. Die zeitgleiche Entwicklung der Sportmedizin, mit Beiträgen zur strukturellen und funktionellen Anpassung bei körperlicher Beanspruchung, trug ebenfalls zur weiteren Ausarbeitung einer Trainingslehre bei. Sie wurde neben den naturwissenschaftlichen Disziplinen weiterhin von pädagogisch-didaktischen Positionen der Körper-/ Leibeserziehung geprägt. Erste Ansätze einer eigenständigen Wissenschaftsdisziplin Trainingslehre bildeten sich Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre zunächst in der DDR, später auch in der BRD heraus. In der Zeit zwischen 1960 und 1980 erschienen im deutschsprachigen Raum zahlreiche Fachbücher zu Themen der Trainings. Die Orientierung an wissenschaftstheoretischen Positionen und der Ausbau der empirischen Forschung führten Anfang der 1970er Jahre zum Gebrauch des Begriffs Trainingswissenschaft (vgl. Ballreich & Kuhlow, 1975). Nicht zuletzt aufgrund der Trennung von wissenschaftlich geprüften und nichtgeprüften Aussagen zum sportlichen Training wurde bis in die 1990er Jahre im akademischen Bereich (Fachbücher, Lehrveran- <?page no="191"?> 192 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen staltungen) - und wird manchen Orts noch heute - der Terminus „Trainingslehre“ verwendet. Mit der Gründung einer eigenständigen Sektion „Trainingswissenschaft“ in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) erfolgte 1992 die institutionelle Verankerung in der Wissenschaftsorganisation. Nach Lames et al. (2013) hat sich die Trainingswissenschaft „neben der Sportpädagogik/ Sportdidaktik und der Sportmedizin als ein Kernstück der Sportwissenschaft und somit als Eckpfeiler der Grundausstattung eines universitären Sportinstituts etabliert.“ Der Trainingswissenschaft ist es nach der Sportmedizin wohl am ehesten gelungen, auch außerhalb der Universitäten akademisch geprägte Einrichtungen einzurichten. Neben den 22 Olympiastützpunkten zeigt sich dies am deutlichsten am Leipziger Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT), das seine trainingswissenschaftliche Ausrichtung durch die prägnante Namensgebung dokumentiert. 3.7.3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Trainingswissenschaft Mit der definitorischen Abgrenzung des Trainingsbegriffs wurde zunächst der übergeordnete Rahmen dessen, womit sich die Trainingswissenschaft beschäftigt, abgesteckt. Dabei wurde mit der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Trainings die Prozessebene angesprochen, die Trainingsziele kennzeichnen die Produktebene. Auf der Produktebene haben solche Ziele, die auf eine Beeinflussung der sportlichen Leistungsfähigkeit zum Zweck der Präsentation in einem sportlichen Wettkampf abzielen, eine besondere Bedeutung. Solche Bewährungssituationen existieren ausschließlich im spitzensportlichen Anwendungsfeld, in dem sich Training und Wettkampf einander bedingen (vgl. Thieß, 1994, S. 6). Hiervon zu unterscheiden sind Ziele - zumeist im außersportlichen Anwendungsfeld -, die durch eine überdauernde Veränderung einzelner Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden sollen. Akzeptiert man diese zweigeteilte Differenzierung der Ziele, lassen sich drei Gegenstandsbereiche der Trainingswissenschaft ableiten: das sportliche Training, die sportliche Leistung 34 und der sportliche Wettkampf. 34 Hohmann et al. (2010) verwenden hier die Bezeichnung „Leistungsfähigkeit“ und begründen dies in Anlehnung an das Fähigkeitskonzept mit der Behandlung relativ überdauernder sportlich relevanter Persönlichkeitsmerkmale sowie der Vermeidung von Überschneidungen mit dem Wettkampf. Sportliche Leistungen, definiert als „Einheit von Vollzug und Ergebnis einer sportlichen Handlung bzw. einer komplexen Handlungsfolge, gemessen bzw. bewertet an bestimmten sozial determinierten <?page no="192"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 193 Nachfolgend werden typische Themenfelder und Forschungsmethoden der drei Gegenstandsbereiche beschrieben, wobei das Training als zentraler Gegenstand der Trainingswissenschaft umfassender behandelt wird. Training 35 In der Trainingswissenschaft wurde das Belastungs-Beanspruchungs- Paradigma der Arbeitswissenschaft aufgegriffen, um Modellansätze zum sportlichen Training zu entwickeln (u. a. Schlicht, 1992; Olivier, 2001). Mit der Übernahme dieses Konzepts lassen sich in Anlehnung an Hohmann et al. (2010, S. 161-162) Theorien und Modelle zum sportlichen Training danach unterscheiden, ob sie die Belastung (Außenperspektive) oder die Beanspruchung (Innenperspektive) betreffen. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt der Trainingswissenschaft besteht in der Untersuchung von Trainingsmethoden zu verschiedenen Leistungsvoraussetzungen. Außenperspektive der Trainingssteuerung Hier stehen die operativen Interventionsstrategien, d. h. sämtliche Fragen der Gestaltung des Trainingsprozesses im Vordergrund. Dieser Bereich wird in der Trainingswissenschaft als Trainingssteuerung bezeichnet. Sie umfasst alle kurz-, mittel- und langfristigen Planungs-, Trainings-, Kontroll- und Lenkungsmaßnahmen zur Erreichung der Trainingsziele (vgl. Martin et al., 1991, S. 29; Berger, 2008, S. 399; Hottenrott & Neumann, 2010, S. 244; Hohmann et al., 2007, S. 172; Olivier et al., 2008, S. 56). Modelle zur Trainingssteuerung sind überwiegend einem kybernetischen Ansatz verpflichtet, wonach der Ablauf des Trainingsprozesses mit Hilfe eines Regelkreises beschrieben wird. In Anlehnung an technische Regelkreise (z. B. ein Thermostat) wird davon ausgegangen, dass sich die sportliche Leistung durch die Stellgröße „Training“ exakt „regeln“ lässt, auch wenn im Vergleich zum technischen Vorbild im Training erheblich mehr unvorhersehbare Einflüsse (Störgrößen) wirken. Normen“ (Schnabel, 2008b, S. 39), können jedoch auch im Trainingsprozess oder im Sportunterricht, also außerhalb eines sportlichen Wettkampfs, erbracht werden. Im vorliegenden Beitrag wird deshalb der Begriff „sportliche Leistung“ verwendet und damit ist immer auch - falls nicht explizit darauf hingewiesen wird - die sportliche Leistungsfähigkeit mitgedacht. Die in einem Wettkampf erbrachte sportliche Leistung wird entsprechend begrifflich als Wettkampfleistung abgegrenzt. 35 Hier werden ausschließlich grundlegende Theorien und Modelle des Trainings erörtert. Die inhaltliche und methodische Spezifizierung im Hinblick auf eine Zielgröße ist dem Gegenstandsbereich „sportliche Leistung“ zugeordnet. <?page no="193"?> 194 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Der Regelkreis der Trainingssteuerung beginnt mit der Trainingsplanung, die u. a. den Sollwert vorgibt. Anschließend erfolgt die Trainingsdurchführung mit dem Ziel, auf die Leistung/ Leistungsfähigkeit einzuwirken. Über die nachgeschaltete Trainingskontrolle werden relevanten Informationen des realisierten Trainings erfasst und für die Trainingsauswertung (Soll-Ist-Vergleich) aufbereitet (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 172). Die Ergebnisse der Trainingsauswertung wirken auf die Trainingsplanung in der Art, dass im Fall der Deckung von Soll- und Istwert die Vorabplanungen bestätigt und bei Abweichungen diese korrigiert werden. Darüber hinaus können aus der Trainingsauswertung konkrete Empfehlungen für die zukünftige Planung des Trainings abgeleitet werden (vgl. Abb. 17). Trainingsplanung Trainingsauswertung Trainingsdurchführung Trainingskontrolle Zielplanung Strukturplanung Ablaufplanung Trainingsverlaufsanalyse Trainingswirkungsanalyse Trainingsprotokollierung Leistungskontrolle Instruktion Feedback Korrekturplanung Trainingsplan Abb. 17: Modell der Trainingssteuerung (nach Hohmann et al., 2010, S. 179) Allerdings zeigen die Erfahrungen, dass eine präzise Steuerung von Leistungskenngrößen - wenn überhaupt - nur bei entsprechender Reduktion auf einzelne Teilprozesse und gleichzeitigem Ausschluss trainingstypischer Störgrößen gelingt. Die kybernetische Betrachtungsweise beschränkt sich wohl auch deshalb weitgehend auf die Übernahme metatheoretischer Grundgedanken, im Wesentlichen wird auf der Ebene von Strukturmodellen argumentiert. Dafür gibt es mehrere Gründe: Anpassungsprozesse infolge körperlicher Belastungen sind dynamisch, d. h. Anpassungen erfolgen zeitlich verzögert und identische Reizrepli- <?page no="194"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 195 kationen induzieren beim Trainierenden aufgrund des veränderten Leistungszustands kaum identische Beanspruchungen. Anpassungsprozesse weisen sowohl hinsichtlich der Ausprägungsqualität und -quantität als auch hinsichtlich der zeitlichen Dimension eine hohe interindividuelle Variabilität auf. Auch bei einem systematischen Trainingsaufbau werden die physiologischen Anpassungsmechanismen nur selten isoliert ausgelöst, d. h. Trainingsinterventionen wirken auf das „Gesamtsystem“ des Trainierenden und damit zeitgleich auf unterschiedliche motorische und psychische Dimensionen. Aus den genannten Gründen besteht zwischen dem Training - in Form der Trainingsbelastung oder -beanspruchung - und der sportlichen Leistung oder deren Komponenten eine nichtlineare Beziehung. Damit ist der kybernetische Ansatz mit den vorgelegten linearen und deterministischen Modellen für das Verstehen und Erklären so komplexer menschlicher Verhaltensweisen unzureichend (vgl. Tschacher & Brunner, 1997; Kriz, 1999). Allein die große Zahl verschiedener Anpassungssysteme bis auf die Zellebene hinab verdeutlicht die Begrenzung linear-deterministischer Ansätze zur Beschreibung und Erklärung menschlicher Anpassungsprozesse (vgl. Mester & Perl, 2000; Gerok, 1989). Die aufgrund dessen in vielen Natur- und Sozialwissenschaften eingekehrte Betrachtungsweise der beforschten Phänomene als komplexe dynamische Systeme und der damit verbundene Paradigmenwechsel von linearen zu nichtlinearen mathematischen Modellen wurde jüngst von Lames (1996) und Hohmann et al. (2010) als „ganzheitliche Perspektive“ in die Trainingswissenschaft eingebracht. Seither wurden systemdynamische Ansätze auch von anderen Autoren aufgenommen (vgl. Hottenrott & Neumann, 2010, S. 257; Hoffmann, 2008, S. 436-437). Insgesamt muss jedoch konstatiert werden, dass die systemdynamische Betrachtungsweise sachlogisch zur Analyse von Trainingsprozessen geeignet scheint, die verschiedenen Ansätze bislang jedoch ebenfalls nicht über die metaphorische Übernahme grundlegender Gedanken und Begrifflichkeiten der zugrundgelegten Theorie hinausgehen. Die Übertragung auf den gesamten Komplex der Trainingssteuerung einschließlich der empirischen Überprüfung steht bislang noch aus. Innenperspektive des Trainings Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen hier funktionelle und strukturelle Anpassungsvorgänge im Trainierenden, die für die Leistungsveränderungen <?page no="195"?> 196 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen verantwortlich sind. In Anlehnung an Schnabel (2008b, S. 60-62) sind hierbei zwei zentrale Mechanismen der Anpassung zu unterscheiden. Leistungsveränderungen durch Informationsorganisation beziehen sich auf die durch Training hervorgerufene funktionelle Höherorganisation bewegungskontrollierender Funktionssysteme. Demgegenüber werden Leistungsveränderungen durch Adaptation 36 abgegrenzt. Sie basieren auf einer morphologisch-funktionellen Anpassung energieliefernder und energieübertragender Funktionssysteme. Leistungsveränderung durch Informationsorganisation: Erfahrungsabhängige und überdauernde Veränderungen organismischer Teilsysteme und -prozesse der Bewegungsinitiierung und -kontrolle werden als Informationsorganisation bezeichnet (vgl. Schnabel, 2008a, S. 61). Diese - auf die Leistungskomponenten „Technik“ und „Taktik“ bezogenen - Veränderungsprozesse sind bei der trainingswissenschaftlichen Betrachtung zum sportlichen Training gesondert zu behandeln, da sie entgegen der energetisch-organischen Adaptation keine reaktiven Prozesse darstellen, sondern aktive Züge tragen. Die theoretischen Grundlagen zur Beschreibung und Erklärung dieser Phänomene stammen mehrheitlich aus Bewegungswissenschaft, Psychologie, Physiologie und Biomechanik. Im Einzelnen sind hier Modelle zur motorischen Kontrolle, zum motorischen Lernen (z. B. Programmtheorien, Informationsverarbeitungsansätze) und zum Entscheidungsverhalten (z. B. Motivationsmodelle, Erwartungs-Wert-Theorien) zu nennen. Hohmann et al. (2010, S. 169-170) schlagen als gemeinsame Konvergenzbasis zur Erklärung von Veränderungen im Bereich der Informationsorganisation das Modell der antizipativen Verhaltenskontrolle von Hoffmann (1993) vor. Leistungsveränderung durch Adaptation: Zur Erklärung grundlegender physiologischer Adaptationsmechanismen entwickelte die Trainingswissenschaft verschiedene Theoriepositionen, von denen das Modell der Superkompensation den größten Bekanntheitsgrad erworben hat. Es gründet im Wesentlichen auf dem biologisch-medizinischen Ansatz, wonach körperliche Belastung zu einer Funktionsminderung (Ermüdung) und zu einer Restitution (Wiederherstellung) führt, die in verschiedenen biologischen Systemen unterschiedliche Zeitverläufe aufweisen können (vgl. Dickhuth & Gollhofer, 2007, S. 30). Um sich durch Training auf ein geändertes Homöostaseniveau, d. h. in Richtung einer geänderten Leistungsfähigkeit zu bewegen, 36 Hier wird von der ursprünglichen Bezeichnung „Superkompensation“ abgewichen, da Anpassungen auf energetischer Ebene vielfältig und nicht in ihrer Gesamtheit mit diesem biologischen Modell erklärt werden können. Mit „Adaptation“ wird sich der Terminologie von Hohmann et al. (2010, S. 162) angeschlossen. <?page no="196"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 197 erfolgt im Anschluss an die Restitution bei manchen physiologischen Teilsystemen eine positive Adaptation. Ausgehend vom Phänomen der gegenüber Abbauprozessen potentiell intensiveren Erholungsprozesse wurde von Jakowlew (1977) das Modell der Superkompensation begründet, das die überschießende Adaptationsreaktion des Organismus nach Belastung beschreibt. Die Modellannahme der Superkompensation konnte anhand verschiedener physiologischer Parameter nachgewiesen werden (vgl. Costill et al., 1988; Schmidt, 1999; Goto, Ishii, Kizuka & Takamatsu, 2005). Auch für Kenngrößen der sportlichen Leistungsfähigkeit konnte gezeigt werden, dass sich infolge isolierter, intensiver Trainingsbelastungen entsprechend der Modellvorstellung im Anschluss an die beanspruchungsbedingte Leistungsminderung kurzfristig eine Leistungserhöhung über das Ausgangsniveau einstellt (vgl. Clijsen, van de Linden, Welbergen & Boer, 1988). Nachdem das Phänomen der Superkompensation auch bei mittelfristig verzögerten Trainingseffekten (z. B. dem Effekt summierter Wirksamkeit) auftritt (vgl. Costill et al., 1991; Costill, 1999; Weineck, 1997), wurde der Gegenstandsbereich des Modells in der Vergangenheit bisweilen deutlich überstrapaziert und das organisch-biochemische Phänomen zu einem Grundprinzip des Trainings erhoben. Mit zunehmender Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Trainingswirkungsanalyse kam es zu größerer Kritik am Superkompensationsmodell und kontroversen Diskussionen (vgl. Martin, Carl & Lehnertz, 1991; Friedrich & Moeller, 1999; Mester & Perl, 2000). 37 Insbesondere verstellt die in den Superkompensationsmodellen dominierende kurzfristige Betrachtung der Leistungsentwicklung den Blick für die langfristigen Trainingswirkungen, die eher durch Verlaufskurven mit Stagnationsphasen und Deckeneffekten oder plötzlichen Leistungseinbrüchen und Leistungssprüngen zu beschreiben sind. Ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Superkompensationsmodell stellen Martin et al. (1991, S. 95) mit dem Modell der individuellen Funktionskapazität einen trainingswissenschaftlichen Ansatz zur Diskussion. Belastungen werden modellseitig als optimal angesehen, „wenn die aktuellen Funktionsreserven bis in die Nähe der aktuellen Funktionskapazität beansprucht werden“ (Martin et al., 1991, S. 95). Integrative Ansätze zu Adaptation und Informationsorganisation: Im Mittelpunkt des Vier-Stufen-Modells der Anpassung von Neumann, Pfützner und Berbalk 37 Eine kritische Diskussion führt Tschiene (2006). <?page no="197"?> 198 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen (2005, S. 37-44) stehen überwiegend energetisch-organische Adaptationsprozesse beim Ausdauertraining, allerdings werden auch Aspekte der Bewegungssteuerung modellseitig abgebildet. In der ersten Anpassungsstufe (7.-10. Tag) werden die Bewegungsprogramme verändert, worauf in der nächsten Stufe die Vergrößerung der Energiespeicher folgt (10.-20. Tag). Die umgebauten und neu gebildeten Strukturen werden nun in der dritten Anpassungsstufe (20.-30. Tag) im Hinblick auf die sportartspezifischen Anforderungen optimiert, bevor in der letzten Stufe (30.-40. Tag) die Koordinierung aller leistungsbeeinflussenden Systeme verbessert wird. In der Beanspruchungstheorie sportlichen Trainings (vgl. Olivier et al., 2008, S. 27) werden mit Bezug zu einem ressourcentheoretischen Ansatz beide Anpassungsmechanismen vollständig integriert (vgl. Abb. 18). Belastung Anspruchsniveau Leistung Ressourcen Beispiel: Radsport Beanspruchung Belastungsbewältigung innere konsumptive Ressourcen muskulärer Glykogen, KPbzw. ATP-Speicher Zentralnervöse Aktivierung äußere strukturelle Ressourcen Rennrad „Wasserträger“ (Mannschaftshelfer) äußere konsumptive Ressourcen Wasser in Flasche Banane (Ernährung) a b innere strukturelle Ressourcen interne Repräsentation technischer und taktischer Fertigkeiten Muskeln (Anzahl von Muskelfasern, Faserzusammensetzung, Myofibrillengehalt…) Abb. 18: Die wichtigsten Elemente und Beziehungen für ein Beanspruchungsmodell sportlichen Trainings und Wettkampfs; a) Ressourcenauswahl und -einsatz, b) Ressourcenveränderungen (vgl. Olivier et al., 2008, S. 28, 33) <?page no="198"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 199 Zwar wurde bislang der wissenschaftliche Erklärungsgehalt des ressourcentheoretisch begründeten Beanspruchungsmodells sportlichen Trainings im Rahmen trainingswissenschaftlicher Forschung noch nicht umfassend überprüft, mit der Integration der beiden Mechanismen der Leistungsveränderung „Adaptation“ und „Informationsorganisation“ scheint dies aber ein lohnender Ansatz zu sein. Untersuchung von Trainingsmethoden Neben den Modellvorstellungen zur Außenperspektive der Trainingssteuerung und zur Innenperspektive des Trainings besteht eine weitere zentrale Aufgabe der Trainingswissenschaft in der Entwicklung, Evaluation und Optimierung von Trainingsmethoden zur nachhaltigen Veränderung von Komponenten sportlicher Leistungsfähigkeit (vgl. Tab. 1). Es existiert eine Vielzahl an Publikationen, die sich ausschließlich mit dem Training einzelner Leistungskomponenten oder -voraussetzungen beschäftigen (Ausdauertraining, Krafttraining, Techniktraining, Schnelligkeitstraining usw.) und zum Teil ihrerseits das Thema mit einer zielgruppenspezifischen Ausrichtung einschränken. Aktuelle Themen der trainingswissenschaftlichen Forschung sind z. B. im Ausdauertraining das High-Intensity-Training (HIT) (vgl. Wahl, Hägele, Zinner, Bloch & Mester, 2010; Gibala, Little, Macdonald & Hawley, 2012), im Krafttraining die Nicht-Lineare Periodisierung (vgl. Kraemer & Fleck, 2007), die Elektromyostimulation (EMS), das Vibrationstraining (vgl. Friedmann, 2007), Einsatzvs. Mehrsatz-Training (vgl. Fröhlich, Emrich & Schmidtbleicher, 2010) oder im Techniktraining das Differenzielle Lernen (vgl. Schöllhorn, Mayer-Kress, Newell & Michelbrink, 2009; Frank, Michelbrink, Beckmann & Schöllhorn, 2008; Hossner & Künzell, 2012). Die zur Erfassung von Trainingsdaten eingesetzten Forschungsmethoden lassen sich in Anlehnung an das Belastungs-Beanspruchungskonzept wie folgt unterscheiden. Die Trainingsbelastungen können zum einen über quantitative Angaben zu vorher festgelegten Kategorien (Trainingsbelastungen, Trainingsbeanspruchungen, Trainingsinhalten, Trainingsmethoden usw.), d. h. anhand von Befragungen, erfasst werden. Zum anderen besteht für bestimmte Trainingsinhalte und -formen die Möglichkeit, anhand biomechanischer Messmethoden (Dynamometrie, Kinemetrie) physikalische Belastungskenngrößen wie Geschwindigkeiten, Newton-Sekunden (Ns) oder Watt-Sekunden (Ws) zu erheben (z. B. das SRM-Trainingssystem im Radsport). Zur Beschreibung der trainingsinduzierten Beanspruchung können zum einen leistungsphysiologische Parameter wie die Herzfrequenz oder Herzfrequenzvariabilität erfasst werden. Zum anderen hat sich in <?page no="199"?> 200 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen vielen Studien gezeigt, dass psychologische Fragebogeninventare zum subjektiven Belastungsempfinden eine ökonomische und valide Methode zur Abbildung des individuellen Beanspruchungsniveaus darstellen. Die fortwährende Weiterentwicklung der Methodologie, nicht nur im Bereich des Trainings, ist eine zentrale Aufgabe trainingswissenschaftlicher Forschung (vgl. Schnabel, 2008b, S. 22). Leistung und Leistungsfähigkeit Die wissenschaftliche Fundierung von Training und Wettkampf als zentrale Aufgabe der Trainingswissenschaft impliziert, dass auch die Trainingsziele im jeweiligen Anwendungsfeld in den Blickpunkt des Interesses genommen werden müssen. Weil die Ziele im Allgemeinen mit einer Veränderung der sportlichen Leistung oder der Leistungsfähigkeit erreicht werden, sind für die Ableitung wissenschaftlich fundierter Handlungsempfehlungen detaillierte Kenntnisse über deren Struktur unerlässlich. Die sportliche Leistung ist die „Einheit von Vollzug und Ergebnis einer sportlichen Handlung bzw. einer komplexen Handlungsfolge, gemessen bzw. bewertet an bestimmten sozial determinierten Normen“ (Schnabel, 2008b, S. 36). Sie wird maßgeblich durch die sportliche Leistungsfähigkeit bestimmt, mit der die Gesamtheit der personalen Leistungsvoraussetzungen gekennzeichnet wird. Nach Martin, Nicolaus, Ostrowski und Rost (1999, S. 69) ist die Leistungsfähigkeit das analysierbare äußere Erscheinungsbild (Außensicht) der sportlichen Leistung, während die individuellen Leistungsvoraussetzungen die Potentiale der funktionell und strukturell beanspruchten Systeme und genetischen Dispositionen abbilden (Binnensicht). Mit Verweis auf die hauptsächlich beanspruchten physiologischen Strukturen werden die vier Voraussetzungskomplexe (Faktoren) Konstitution, Kondition, Koordination/ Technik und Handlungskompetenz (einschl. Taktik) voneinander abgegrenzt (vgl. Hohmann et al., 2007, S. 48; Schnabel, 2008b, S. 40-42). Die Modellbildung zur Leistungsstruktur gehört zu den originär trainingswissenschaftlichen Aufgaben und besteht in der Kennzeichnung des inneren Aufbaus der sportlichen Leistung (vgl. Schnabel, 2008b, S. 45; Hohmann et al., 2007, S. 41). Für Trainingsziele im Sport besteht die Aufgabe in der Identifikation wesentlicher Komponenten der sportlichen (Wettkampf-)Leistung, inklusive deren Wechselbeziehungen. Weiterhin sind der jeweiligen Leistung zugrunde liegende Leistungsvoraussetzungen zu integrieren. Die beson- <?page no="200"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 201 dere wissenschaftliche Herausforderung besteht dabei darin, die verschiedenen horizontalen (zwischen Leistungskomponenten bzw. -voraussetzungen) und vertikalen (zwischen Leistungskomponenten und Wettkampfleistung bzw. Leistungsvoraussetzungen und Leistungskomponenten/ Wettkampfleistung) Wechselbeziehungen genauer zu quantifizieren. Leistungsstrukturmodelle können somit dazu beitragen, Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Sportlern oder zwischen Sportlergruppen zu erklären. Warum ist es dem einen Sportler möglich, 10.000m in einer Zeit von 30 min. zurückzulegen, während andere für diese Strecke mehr als 45 min. benötigen? Worin unterscheiden sich Bundesligahandballer von solchen der Regionalligateams? Zur Beantwortung derartiger Fragen werden Modelle mit Kriteriumsleistung benötigt, die den Einfluss der Leistungskomponenten und der Leistungsvoraussetzungen auf die Wettkampfleistung (Zielgröße, Kriterium) im Blick haben (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 45). Auf der Grundlage dieser leistungsstrukturellen Befunde lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen für das sportliche Training ableiten. Die Strukturierung sportlicher Leistungen in der hier beschriebenen Vorgehensweise, ist nach Letzelter und Letzelter (1982) dem Bereich der trainingswissenschaftlichen Leistungsdiagnostik zuzuordnen. Modelle ohne Kriteriumsleistung bilden die verallgemeinerte Struktur sportlicher Leistungen ab, indem die leistungsbeeinflussenden Faktoren benannt und deren Verknüpfungen mit Beziehungspfeilen gekennzeichnet werden. Auf eine Quantifizierung sowohl des Einflusses der Leistungskomponenten und -voraussetzungen auf die Leistung bzw. Wettkampfleistung als auch deren Wechselwirkungen wird modellseitig verzichtet. An der als „boxology“ bezeichnete Modellbildung wird kritisiert, dass der Auswahl der Komponenten (Elemente) eine gewisse Beliebigkeit zugrunde liegt und die Beziehungen zwischen den Elementen unklar sind (Ursache/ Wirkung, Wechselbeziehung, Voraussetzung) (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 41-43). Gegenüber den bisherigen Darstellungen erfordern Trainingsziele, die weniger auf eine Veränderung der sportlichen Wettkampfleistung abzielen, sondern Anpassungen im Bereich der sportlichen Leistungsfähigkeit beinhalten, vornehmlich detaillierte Erkenntnisse auf der Ebene der Leistungsvoraussetzungen. Beispielsweise kann im Bereich des Breitensports die Verbesserung körperlichen Wohlbefindens durch Ausdauertraining erreicht werden. Dies setzt jedoch spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Ausdauerleistungsfähigkeit voraus. Gleiches gilt, wenn z. B. die Reduzierung des Körpergewichts als Trainingsziel formuliert wird (vgl. Tab. 1). <?page no="201"?> 202 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Tab. 1: Komponenten der Leistungsfähigkeit mit Leistungsvoraussetzungen und typischen trainingswissenschaftlichen Themen Komponenten der Leistungsfähigkeit (Voraussetzungskomplexe, Faktoren) Leistungsvoraussetzungen und spezielle Themen Kondition Leistungsvoraussetzungen: Ausdauer Kraft Schnelligkeit Beweglichkeit Koordination und Technik koordinative Fähigkeiten koordinatives Anforderungsprofil (u. a. Koordinations-Anforderungs-Regler nach Neumaier, 2006) sportliche Technik/ sporttechnische Fertigkeiten Handlungskompetenz (Taktik und psychische Eigenschaften) Strategie und Taktik Modelle/ Struktur taktischer Handlungen und Entscheidungen Abschließend ist der Einschätzung von Hohmann et al. (2010, S. 28) zu zustimmen, wonach die „Analyse der Leistungsfähigkeit mit ihren Komponenten … in der Vergangenheit einen so großen Raum eingenommen [hat], dass vor einer Degenerierung der Trainingswissenschaft zu einer ‚Lehre der Leistungsvoraussetzungen‘“ gewarnt werden muss. Begründen lässt sich dieser Trend mit einem zunehmenden Legitimationsdruck der Trainingswissenschaft, dem mit der Anwendung etablierter diagnostischer Verfahren und Methoden versucht wird, zu begegnen (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 28). Damit werden keineswegs Entwicklung und Evaluation leistungsdiagnostischer Inventare als zentrale trainingswissenschaftliche Tätigkeitsfelder infrage gestellt. Die Trainingswissenschaft deckt unter Berufung auf den eingangs hergeleiteten offenen Trainingsbegriff jedoch einen weitaus größeren Aufgabenbereich ab und hat folglich zukünftig die anderen Themengebiete in ähnlicher Weise in den Blickpunkt der Betrachtungen zu rücken. Die leistungsdiagnostischen Forschungsmethoden sind im Wesentlichen den Basiswissenschaften entnommen. Bei den biomechanischen Messmethoden reicht das Spektrum von technisch einfachen Verfahren wie der Zeitmessung bis hin zu apparativ sehr aufwendigen Methoden der Dynamometrie, Kinemetrie (z. B. 3D-Bewegungsanalysen) oder Elektromyographie. Aus der Sportmedizin stammen Methoden wie die Laktatdiagnostik, die Ergospirometrie oder die in jüngster Zeit häufiger in trainingswissenschaftlichen Untersuchungen eingesetzte Elektroenzephalographie (EEG). Methoden wie die Verhaltensbeobachtung (z. B. in den Sportspielen oder den technisch- <?page no="202"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 203 kompositorischen Sportarten), aber auch Befragungstechniken wie Ratingverfahren oder der Dominanzpaarvergleich sind der Sportpsychologie entlehnt. Eine Ausnahme stellen sportmotorische Tests dar, deren Entwicklung maßgeblich von Vertretern der Trainings- und Bewegungswissenschaft (Sportmotorik) vorangetrieben wurde. Sie können im weiteren Sinne als eigene Forschungsmethode angesehen werden, auch wenn das grundsätzliche Herangehen auf die Persönlichkeitsdiagnostik der differenziellen Psychologie zurückgeht. Wettkampf Die mit der Öffnung des Trainingsbegriffs verbundene Erweiterung des trainingswissenschaftlichen Anwendungsbereichs auf Ziele außerhalb des Spitzensports hat zur Folge, dass mit dem Wettkampf einerseits ein Gegenstandsbereich aufgenommen wurde, der eine klare Zielgruppenspezifik aufweist. Dem Generalitätsanspruch der beiden anderen Bereiche „Training“ und „Leistung“ kann damit nicht gefolgt werden. Andererseits soll mit der Integration des Wettkampfs der zunehmenden Ausdifferenzierung innerhalb der Trainingswissenschaft Rechnung getragen werden (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 28). In den neueren Lehrbüchern zur Trainingswissenschaft wird der „Wettkampf“ als eigenständiger Gegenstandsbereich geführt, allerdings bestehen unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der zu bearbeitenden Themen (vgl. Tab. 2). Tab. 2: Themengebiete zum sportlichen Wettkampf Autoren Themen zum Gegenstandsbereich „Wettkampf“ Martin, Carl & Lehnertz (1991) Gestaltung der Wettkampfperiode und -saison Wettkampfvorbereitung Thieß (1994; 1995) geistig-wissenschaftliche Grundlagen System sportlicher Wettkämpfe Vorbereitung von Sportlern auf Wettkämpfe weitere Aspekte: Wettkampfauswertung, Wettkampfregeln und -bestimmungen, Wettkampfgeräte, Wettkampfgestaltung Hohmann, Lames & Letzelter (2010) Modellvorstellungen zum Wettkampf Wettkampfsteuerung Wettkampfdiagnostik Schnabel, Harre & Krug (2008) Wesen und Funktion sportlicher Wettkämpfe Wettkämpfe im Nachwuchsbereich Steuerung sportlicher Wettkämpfe Organisation und Analyse der Wettkampfleistung Prognose der Wettkampfleistung Hottenrott & Neumann (2010) Struktur der Wettkampf- und Prognoseleistung Ausdauer: Training und Wettkampf unter veränderten Umweltbedingungen <?page no="203"?> 204 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Basierend auf dem Selbstverständnis der Trainingswissenschaft lassen sich in Anlehnung an die aktuelle Literatur drei trainingswissenschaftliche Kernthemen im Bereich „Wettkampf“ abgrenzen: Theorien und Modelle zum sportlichen Wettkampf, Wettkampfsteuerung sowie Analyse der Wettkampfleistung (Wettkampfdiagnostik). 38 Theorien und Modelle zum sportlichen Wettkampf: Die definitorische Abgrenzung zentraler Begriffe wie sportlicher Wettkampf, sportlicher Erfolg, Wettkampfsystem usw. steht hier im Mittelpunkt. Der sportliche Wettkampf ist ein Vergleich sportlicher Leistungen zwischen einzelnen Sportlern oder Mannschaften nach festgelegten Regeln der jeweiligen Sportart mit dem Ziel, einen Sieger oder eine Rangfolge zu ermitteln (vgl. Krug, 2008b, S. 515; Hohmann et al., 2010, S. 198). Weitere Themen sind die Funktion sportlicher Wettkämpfe, das Wettkampfsystem, Analyse und Klassifikation der Wettkampfanforderungen, Modelle des Wettkampfs (Nicht-Linearität des sportlichen Erfolgs), Kopplung von Training und Wettkampf. Wettkampfsteuerung: Mit der aus der Kybernetik übernommenen Bezeichnung „Steuerung“ wird analog der Trainingssteuerung der zeitlich strukturierte Regelkreis von Wettkampfplanung/ -vorbereitung, Wettkampfdurchführung/ -lenkung und der Wettkampfauswertung/ -nachbereitung in den Blick genommen (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 207). Die Wettkampfvorbereitung beginnt mit der Entwicklung einer erfolgversprechenden Strategie, in die sowohl die wesentlichen antizipierten Rahmenbedingungen des bevorstehenden Wettkampfs als auch diagnostische Erkenntnisse zum eigenen und gegnerischen Wettkampfverhalten einfließen. Die ausgearbeitete Wettkampfstrategie wird anschließend im Training vermittelt. Im Wettkampf besteht das Ziel der Wettkampflenkung darin, durch gezielte Coachingmaßnahmen ein optimales Wettkampfverhalten im Sinne der Zielerreichung zu bewirken. Anschließend erfolgt in der Wettkampfnachbereitung eine Analyse des im Wettkampf erzielten Leistungsresultats, wobei die Ergebnisse der Wettkampfdiagnostik einen wesentlichen Beitrag leisten. Der Trainingswissenschaft kommt hier die Aufgabe zu, unterschiedliche Maßnahmen zu beschreiben und mögliche Wirkungszusammenhänge einer wissenschaftli- 38 Als weiteren Bestandteil führt Krug (2008a, S. 568) die Prognose von Wettkampfleistungen an. Soweit diese mittels wissenschaftlicher Methoden erstellt werden, in erster Linie mittels mathematischer oder informatischer Modelle, und weniger auf der Einschätzung von Experten beruhen, kann diese Auffassung geteilt werden. <?page no="204"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 205 chen Prüfung zu unterziehen. Dies betrifft sowohl den gesamten Prozess als auch die Maßnahmen innerhalb der drei Instanzen. Wettkampfanalyse/ -diagnostik: Hiermit wird das methodische Vorgehen zur Erfassung und Beurteilung wesentlicher Faktoren der Wettkampfleistung auf Basis verschiedener Untersuchungsmethoden gekennzeichnet. Voraussetzung ist, dass die eingesetzten Methoden rückwirkungsfrei sind. Im Einzelnen sind hier das Expertenurteil, die Videoanalyse, die Wettkampfbeobachtung (z. B. Systematische Spielbeobachtung) und rückwirkungsfreie leistungs- oder biosignalerfassende Kontrollverfahren (z. B. Herzfrequenzmessungen) zu nennen (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 217). Die Ergebnisse der Wettkampfdiagnostik dienen zum einen der Ableitung trainingspraktischer Handlungsempfehlungen und zum anderen der Generierung detaillierter Erkenntnisse zur Struktur der Wettkampfleistung (vgl. Stark, 2008, S. 559). Mit der Prüfung und Weiterentwicklung wettkampfdiagnostischer Verfahren und Methoden leistet die trainingswissenschaftliche Forschung einen wichtigen Beitrag. Wechselwirkungen zwischen Training, Leistung/ Leistungsfähigkeit und Wettkampf In den bisherigen Ausführungen wurde mehrfach hervorgehoben, dass Training immer auf die Erreichung eines bestimmten Ziels - der Leistungsfähigkeit oder der Wettkampfleistung - ausgerichtet ist. Betrachtet man den Trainingsprozess etwas genauer, zeigt sich, dass zwischen den drei Gegenstandsbereichen verschiedene Wechselwirkungen bestehen (vgl. Abb. 19). Training kann entweder im Hinblick auf die sportliche Bewährungssituation Wettkampf oder die zeitlich überdauernde Veränderung der sportlichen Leistungsfähigkeit durchgeführt werden (vgl. Hohmann et al., 2010, S. 29). Aus den im Wettkampf zu bewältigenden Aufgaben leiten sich die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit ab, die somit Voraussetzungen für die Erbringung der Wettkampfleistung definieren. <?page no="205"?> 206 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Training Leistungsfähigkeit Wettkampf Steuerinstrument Trainingsziele Abb. 19: Wechselwirkungen zwischen den Gegenstandsbereichen der Trainingswissenschaft (nach Hohmann et al., 2010, S. 30) Neben ihrer sportpraktischen Bedeutung stellen diese Wechselwirkungen aus Sicht der Trainingswissenschaft eine besondere Herausforderung dar, weil bei deren Erforschung „in der Regel multivariat, nicht univariat, und prozessanalytisch, nicht statusdiagnostisch, vorgegangen werden muss“ (Hohmann et al., 2010, S. 30). Ein Blick in die Publikationslandschaft zeigt, dass diese Herausforderung vor allem bei der Prozessanalyse nur von einem verschwindend geringen Teil der Trainingswissenschaftler angenommen wird. Dabei sind für eine ganzheitliche Betrachtung von Training gerade die Prozesse zwischen den Gegenstandsbereichen besonders von Interesse. So wie bei der Trainingswirkungsanalyse, wo zur Untersuchung der Relation von Trainingsverlaufs- und Leistungsverlaufsdaten zeitorientierte Prozessmodelle erfolgreich in verschiedenen Sportarten eingesetzt wurden (vgl. Banister, 1982; Mester & Perl, 2000; Taha & Thomas, 2003; Pfeiffer, 2008; Thomas, Mujika & Busso, 2009; Perl & Pfeiffer, 2011). Um das komplexe Wirkungsgefüge von Training, Leistung (einschließlich Leistungsfähigkeit) und Wettkampf zu analysieren, ist die Evaluationsforschung eine lohnende Forschungsstrategie. 3.7.4 Verhältnis der Trainingswissenschaft zur Sportpraxis Zunächst ist zu klären, wer oder was die Sportpraxis überhaupt repräsentiert, zu der die Trainingswissenschaft in einem nachfolgend näher zu erörternden Verhältnis stehen könnte. Wie bereits einleitend dargelegt, findet Trai- <?page no="206"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 207 ning auf sehr unterschiedlichen Handlungsfeldern statt, die sich im Allgemeinen durch die Spezifik der verfolgten Trainingsziele voneinander abgrenzen lassen. In nur zwei aktuellen Lehrbüchern werden neben dem „Spitzensport“ weitere Anwendungsfelder der Trainingswissenschaft behandelt, was wohl in der späten und nicht von allen Disziplinvertretern geteilten Öffnung des Trainingsbegriffs begründet liegt. Während Hohmann et al. (2010, S. 229-282) näher auf den Spitzensport, den Fitnesssport, den Gesundheits- und Altensport sowie den Schulsport eingehen, nehmen Hottenrott und Neumann (2010, S. 15-25) eine weitere Ausdifferenzierung in die Bereiche Abenteuersport, Alltagssport, Alterssport, Behindertensport, Breiten- und Freizeitsport, Erlebnissport, Extremsport, Fitnesssport, Gesundheitssport, Integrationssport, Kinder- und Jugendsport, Leistungssport, Rehabilitationssport und Schulsport vor. Sowohl die Zusammenarbeit mit Personen und Organisationen als auch die wissenschaftliche Fundierung von Training sind in den genannten Anwendungsfeldern sehr unterschiedlich entwickelt. Die enge Verbindung zur Sportpraxis hat ihren Ursprung in der Entstehungsgeschichte der Trainingswissenschaft, die aus einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit sportartspezifischen „Meisterlehren“ hervorgegangen ist (vgl. Kap. 3.7.2). Im Gegensatz zu anderen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen ist die Trainingswissenschaft gewissermaßen aus der Sportpraxis hervorgegangen. Dies hat nachhaltigen Einfluss auf das Selbstverständnis der Disziplin. Mit der wissenschaftlichen Fundierung von Training und Wettkampf wird die Ausrichtung auf das praktische Handeln, d. h. die Anwendungssituation von Training zum konstituierenden Merkmal der Trainingswissenschaft erhoben. Die enge Beziehung zur Sportpraxis ist demzufolge ein genuiner Bestandteil des Selbstverständnisses der Trainingswissenschaft. Bedingt durch ihre dominante Anwendungsorientierung und ihre ganzheitliche Ausrichtung auf die Systemkomplexität von Training, Leistungsfähigkeit und Wettkampf übt die Trainingswissenschaft eine Integrationsfunktion zwischen Wissenschaft und Sport aus (vgl. Lames et al., 2013). Ihre besondere Stellung beim Erkenntnistransfer in die Sportpraxis ist im Spitzensport am deutlichsten ausgeprägt und tritt u. a. anhand der Dominanz trainingswissenschaftlicher Inhalte im Rahmen der Traineraus- und -weiterbildung der Sportfachverbände oder im Aus- und Fortbildungsprogramm der Trainerakademie Köln des DOSB (z. B. Diplom-Trainer- Studium) zuage. Hier trägt die Trainingswissenschaft durch ihren Theorien- und Methoden-Vorlauf (Innovationsfunktion) wesentlich zur Sicherung eines potenziellen Leistungsvorsprungs im Spitzensport bei. Die Ergebnisse der <?page no="207"?> 208 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen trainingswissenschaftlichen Spitzensportforschung kommen dabei kurzfristig zunächst dem Spitzensport, mittel- und langfristig jedoch auch allen anderen Anwendungsfeldern des Sports zugute. Neben der universitären Trainingswissenschaft sichert das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig in ganz besonderer Art und Weise die Verbindung zur Spitzensportpraxis und stellt sicher, dass zum einen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in die Sportpraxis transferiert werden, zum anderen Fragestellungen von trainingspraktischer Relevanz in die wissenschaftliche Forschung gelangen. Praxisbeispiel: Talentdiagnostik und Nachwuchsleistungssport In den Rahmenrichtlinien zur Förderung des Nachwuchsleistungssports heißt es: „Der deutsche Leistungssport wird nur erfolgreich bleiben, wenn die Förderung von Talenten vom Nachwuchs bis zur Spitze durchgängig sichergestellt wird“ (Deutscher Olympischer Sportbund, 2010, S. 19). Aus Sicht der Trainingswissenschaft gilt es zu klären, was überhaupt ein sportliches Talent ausmacht (Talentdiagnostik) und wie der langfristige Leistungsaufbau im Nachwuchstraining zu gestalten ist, um zukünftig international konkurrenzfähige Spitzenleistungen zu erreichen. Auf dem Gebiet der Talentdiagnostik konnte recht früh gezeigt werden, dass im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsbereichen wie der Musik, der Kunst oder der Mathematik, dem Kriterium der Leistungsauffälligkeit im Kindes- und Jugendalter ohne die Einbeziehung weiterer Merkmale nur ein begrenzter Aussagewert zukommt (vgl. Hohmann, 2009a). Von der Trainingswissenschaft wurde daher ein dynamischer und weiter Talentbegriff geprägt und die Suche nach weiteren leistungsdiagnostischen Kriterien sportlicher Talente zum Gegenstand der Talentforschung gemacht. Nicht zuletzt aus ökonomischen Überlegungen besteht das Ziel darin, möglichst frühzeitig Talente für die unterschiedlichen Sportarten zu finden, um sie anschließend gezielt und intensiv fördern zu können. Nach aktuellem Erkenntnisstand sind im Rahmen der Talentdiagnostik neben der Wettkampfleistung und den Leistungsvoraussetzungen (Leistungsauffälligkeit) die Zuwachsraten in der Leistungsentwicklung (Entwicklungstempo), der Ausnutzungsgrad individueller Leistungsvoraussetzungen bei der Leistungserbringung (Utilisation) sowie die psychophysische Belast- <?page no="208"?> Trainingswissenschaft (Mark Pfeiffer) 209 barkeit zu berücksichtigen (vgl. Hohmann, 2001; Hohmann & Seidel, 2003). Das Nachwuchstraining hat perspektivischen Charakter, indem für die weitere sportliche Entwicklung sowie die Erhöhung der Trainingsanforderungen und der Belastbarkeit akzentuiert Leistungsvoraussetzungen geschaffen werden. Die konzeptionellen Lösungsansätze zur systematischen Entwicklung sportlicher Spitzenleistungen werden als Zeit- und Etappenstruktur des langfristigen Leistungsaufbaus (LLA) bezeichnet. Allerdings bedingen die mit der Entwicklung ablaufenden biologischen Prozesse beim Heranwachsenden, dass sich Kinder und Jugendliche hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, Leistungsentwicklung, Trainierbarkeit und Belastbarkeit zum Teil deutlich von Erwachsenen unterscheiden (vgl. Martin et al., 1999, S. 181). Inhalte, Methoden und Systematiken aus dem leistungsorientierten Erwachsenentraining können somit nicht ungeprüft in das Nachwuchstraining übertragen werden. Vielmehr bedarf es hier einer Betrachtung spezifischer Phänomene. Die Trainingswissenschaft übernimmt hierbei u. a. folgende Aufgaben: Erstellung von alters-, leistungs- und geschlechtsspezifischen Leistungsstrukturmodellen sowie Belastungs- und Anforderungsprofilen (vgl. Hohmann, 2009b, S. 26; Pfeiffer, 2003, S. 98-102), Untersuchungen zur Trainierbarkeit von Leistungsvoraussetzungen in den unterschiedlichen Etappen des LLA (Konzept der sensitiven/ sensiblen Phasen) sowie zur Nachhaltigkeit der Trainingseffekte, Analyse individueller Leistungsentwicklungen im Kindes- und Jugendalter. Neben der Bereitstellung eigener Erkenntnisse übt die Trainingswissenschaft auch im Nachwuchstraining eine Integrationsfunktion aus, indem sie die Wissensbestände angrenzender Disziplinen wie der Sportmedizin (genetische Anlagen der Trainierbarkeit, körperliche Belastbarkeit), der Sportpsychologie (psychische Belastbarkeit), der Sportpädagogik (Gestaltung von Vermittlungsprozessen) und der Sportsoziologie (Vereinbarkeit von Schule und Spitzensport) sichtet, deren Beitragsfähigkeit zur Fundierung des praktischen Handelns im Nachwuchstraining prüft und falls erforderlich weitere Forschung initiiert. <?page no="209"?> 210 Sportwissenschaftliche Teildisziplinen Kontrollfragen [1] Der Trainingsbegriff hat sich von einem „leistungssportlichen“ zu einem „offenen“ entwickelt. Was bedeutet in diesem Zusammenhang „offen“? [2] Nach ihrem Selbstverständnis übt die Trainingswissenschaft eine Integrationsfunktion aus. Was ist hiermit gemeint? [3] Bei trainingswissenschaftlichen Forschungsstrategien wird zwischen Grundlagen-, Anwendungs- und Evaluationsforschung unterschieden. Welche der drei Forschungstypen wird als „Kerngeschäft“ der Trainingswissenschaft bezeichnet und warum? [4] In der aktuellen Fachliteratur wird zwischen Trainingswissenschaft und Trainingslehre unterschieden. Womit wird dies begründet? [5] Aus dem Gegenstand „Training“ werden drei Gegenstandsbereiche der Trainingswissenschaft hergeleitet. Welche sind dies und was sind ihre jeweils typischen Themen? [6] Der Wettkampf wurde erst in den 1990er Jahren zum Gegenstandsbereich der Trainingswissenschaft erhoben. Welche Kernthemen werden im Bereich „Wettkampf“ behandelt? [7] Zwischen den drei Gegenstandsbereichen der Trainingswissenschaft bestehen unterschiedliche Wechselwirkungen. Welche Bedeutung haben diese für die Trainingspraxis und die wissenschaftliche Arbeit? [8] Die Trainingswissenschaft ist aus sportartspezifischen „Meisterlehren“ der Sportpraxis hervorgegangen. Welches Verhältnis besteht heute zwischen Trainingswissenschaft und Sportpraxis? <?page no="210"?> 4 Wissenschaftliches Arbeiten in der Sportwissenschaft (Marcel Fahrner, Verena Burk) Während Alltagshandeln vor allem von Erfahrung und Routine geprägt ist und situative Zusammenhänge meist diffus bleiben, interessiert sich der Wissenschaftler genau für die Ursachen realer Ereignisse und daraus abzuleitende allgemeingültige Zusammenhänge. Wissenschaft fragt nicht nur was ist, sondern insbesondere was dahinter steckt. Wissenschaftliches Arbeiten ist also vor allem eine Suche nach Ursachen, Zusammenhängen und Begründungen für beobachtbare (Alltags-)Phänomene, die möglichst gegen Täuschung und Irrtum abgesichert ist. Deshalb zeichnet sich wissenschaftliches Arbeiten durch besondere Sachlichkeit und Seriosität im Einsatz von Theorien und Methoden aus - unabhängig davon, um welche Art wissenschaftlicher Arbeit es sich handelt. Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens werden dabei typischerweise in Form wissenschaftlicher Publikationen, d. h., Forschungsberichten, Doktorarbeiten, wissenschaftlichen Zeitschriftenbeiträgen kommuniziert, die wiederum bestimmten formalen Kriterien/ Standards entsprechen müssen. 4.1 Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess Wissenschaftliches Arbeiten zeichnet sich durch spezifische Kriterien und eigene Logiken aus. Diese sind jedoch nicht ohne Weiteres offensichtlich und somit ist für Außenstehende mitunter fraglich, was „wissenschaftlich arbeiten“ heißt. Eine erste Annäherung an diese Frage gelingt z. B., wenn man sich vergegenwärtigt, wie stark Erfahrung und Routine im Alltag „von einer permanent mitlaufenden Selbst- und Fremdbeobachtung [entlasten]. Fragen, warum man das eine tut, das andere läßt, beantwortet das Alltagsbewußtsein in der Regel mit einfachen Erklärungen … Der einzelne schützt sich so vor Unsicherheit und Überforderung“ (Bette, 1994, S. 215). Je nach Lebenserfahrung und persönlichem Lebensstil ist man beispielsweise Mitglied in einem Sportverein, treibt in seiner Freizeit Sport, isst und trinkt, auf was man Lust hat. Dabei hinterfragt man im Alltag seine Vereinsmitgliedschaft, sein Sporttreiben oder seine Ernährungsgewohnheiten nur selten. Vielmehr sind „Reflexionsverzicht, Verdrängung und Komplexitätsabwehr <?page no="211"?> 212 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) … wichtige Bestandteile der individuellen Überlebenskunst“ (Bette, 1994, S. 215). Wissenschaft hingegen interessiert sich gerade für Hintergründe und Problemursachen und fragt nicht nur, was ist, sondern sucht v. a. nach Zusammenhängen und Erklärungsmustern. Für den Alltag typische Täuschungen und Irrtümer, die sich aus der Verallgemeinerung situativer Erlebnisse ergeben, sind im wissenschaftlichen Arbeitsprozess möglichst auszuschließen (vgl. Willimczik, 2002, S. 13). Die Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse erfordert deshalb insbesondere einen kontrollierten Einsatz von Theorien und Methoden. Lernziele des Kapitels Die Leser setzen sich mit der Bedeutung von Problem- und Fragestellungen für wissenschaftliche Arbeiten auseinander und reflektieren typische Schwierigkeiten, die bei der Formulierung von Problem-/ Fragestellungen bewältigt werden müssen. Sie setzen sich mit der Funktion von Forschungsüberblicken und theoretischen Reflexionen für wissenschaftliche Arbeiten auseinander und erkennen, was hierbei typischerweise zu beachten ist. Sie setzen sich mit Bedeutung und Funktion empirischer Forschungsdesigns für wissenschaftliche Arbeiten auseinander und reflektieren typische Schwierigkeiten, die bei Methoden- Entscheidungen bewältigt werden müssen. Sie lernen Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens kennen und Untersuchungs-/ Forschungsdesigns diesbezüglich kritisch zu reflektieren. Sie setzen sich mit der Darstellung empirischer Ergebnisse auseinander und erkennen, welche Bedeutung hierbei eine interpretative Rückbindung der Erkenntnisse auf die jeweils in Anschlag gebrachte Theorie hat. 4.1.1 Forschungsproblem und zentrale Fragestellungen Jeder wissenschaftliche Arbeits-/ Forschungsprozess beginnt mit der Identifikation eines Forschungsproblems und der Formulierung darauf bezogener Forschungsfragen. <?page no="212"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 213 Die Entwicklung zentraler Forschungsfragen setzt zunächst voraus, aus der Fülle der realen Alltagsphänomene (mit Bezug zum Sport) eines herauszugreifen, das in besonderer Weise interessant erscheint. Beispielsweise lässt sich beobachten, dass das Unterrichtsfach Sport in manchen Bundesländern mittlerweile seinen Abiturstatus eingebüßt hat und dass Sportlehrer gerade in Konzepten zur Ganztagsschule verstärkt von Vereinsübungsleitern ersetzt werden (sollen). Die Beobachtung realer Alltagsphänomene rechtfertigt allein noch keine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Vielmehr gilt es in einem nächsten Schritt, das ins Auge gefasste Phänomen als Forschungsproblem zu konkretisieren, d. h., dem Phänomen immanente Problempotenziale, die eine wissenschaftliche Auseinandersetzung gerechtfertigt erscheinen lassen, zu kennzeichnen. Beispielsweise können ein negatives Image von Sportunterricht und eine geringe Wertschätzung der Sportlehrerrolle den Sportlehrerberuf insgesamt infrage stellen (vgl. Kastrup, 2009, S. 11-16). Bezogen auf die mit dem Phänomen verbundenen Problempotenziale sind dann übergreifende/ zentrale Forschungsfragen zu formulieren, die inhaltlich das Untersuchungs-/ Forschungsinteresse der wissenschaftlichen Arbeit konkretisieren. Im Sportlehrerbeispiel sind dies u. a.: Wie ist die Wertschätzung der Sportlehrerrolle im Vergleich zu anderen Fachlehrern? Welche Ursachen gibt es hierfür? Welche Folgen hat dies für den Sportlehrerberuf insgesamt? Mit der Formulierung der zentralen Forschungsfragen erfolgt eine wesentliche Eingrenzung des zunächst meist breiten Phänomenbereichs. Die Kernbestandteile dieser Fragestellungen geben außerdem bereits erste Anhaltspunkte für einen thematischen „roten Faden“ der wissenschaftlichen Arbeit und die weiteren Entscheidungen hinsichtlich Theorie und Methode. Typische Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Problem- und Fragestellungen sind insbesondere: die Auswahl eines konkreten, potenziell interessanten - irritierenden, faszinierenden, besorgt machenden - Alltagsphänomens aus der Vielzahl der situativ in den Blick geratenden Themen; die sprachlich angemessene Formulierung des ausgewählten Problemspektrums, d. h., die gewählte Perspektive angemessen „auf den Punkt“ zu bringen; die logisch konsistente Verbindung zwischen Phänomen, Problem- und Fragestellung, insbesondere das Vermeiden von Perspektivenwechseln. <?page no="213"?> 214 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) 4.1.2 Forschungsüberblick und theoriegeleitete Reflexion Sind Forschungsproblem und zentrale Fragestellungen festgelegt, ist in einem nächsten Schritt der hierzu bereits vorliegende Erkenntnisstand zu erkunden - insbesondere durch Lektüre wissenschaftlicher Publikationen und Gespräche mit Fachkollegen. Ausgehend von diesem Forschungsüberblick erfolgt dann eine tiefer gehende, theoriegeleitete Auseinandersetzung. Forschungsüberblick In einem Forschungsüberblick ist der bis dahin bereits existierende Stand der Forschung möglichst vollständig und systematisch zu erfassen und mit seinen wesentlichen Charakteristika darzustellen. Dabei gilt es, wissenschaftliche Analysen zum Thema selbst - aber auch zu ähnlichen Problem- und Fragestellungen, die potenziell einen erhellenden Transfer von Erkenntnissen erlauben - aufzuarbeiten. Insbesondere geht es darum zu zeigen, inwiefern das ausgewählte Problem bereits von anderen - aus welchen Blickwinkeln heraus - untersucht wurde und welche zentralen Erkenntnisse damit verbunden sind; welche (Forschungs-)Lücken die bislang vorliegenden Analysen aufweisen - inwiefern also weiterer Forschungsbedarf zu den Problem-/ Fragestellungen besteht; welche Blickwinkel angesichts der identifizierten Forschungslücken potenziell für eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung lohnenswert erscheinen. Theoriegeleitete Reflexion Vor dem Hintergrund der identifizierten Forschungsdefizite sind in einem nächsten Arbeitsschritt geeignete Theorien zur differenzierten Bearbeitung der zentralen Forschungsfragen auszuwählen. Mit dem Theoriebegriff sind typischerweise unterschiedliche Verständnisse verbunden (vgl. Willimczik, 2003, S. 22-29, 191). Dabei geht es in diesem Zusammenhang weniger um die umgangssprachliche Abgrenzung von Theorie als kognitive Auseinandersetzung gegenüber körperlich-aktiver (Sport-)Praxis. Vielmehr bezeichnet Theorie hier ein mehr oder weniger stark formalisiertes, empirisch überprüftes (bewährtes) und allgemein gültiges Beziehungsgeflecht von Begriffen, Annahmen oder Aussagen zur Beschreibung und Erklärung von Zusammenhängen realer Sacherhalte/ Phänomene. Beispiele sind u. a.: <?page no="214"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 215 Rahmentheorien (Paradigmen) mit sehr weitgehenden Gültigkeitsbereichen, z. B. System- oder Handlungstheorie; Sachproblem-Theorien mit enger gefassten konkreten Annahmegefügen, z. B. Modellen der Risikowahl und Leistungsmotivation im Sport. Theorien ermöglichen die Reduktion von Komplexität realer Phänomene, was im Forschungsprozess überhaupt erst einen spezifischen (Detail-)Blick ermöglicht. Generell dienen Theorien somit „als Suchscheinwerfer, mit denen die Durchdringung der Wirklichkeit besorgt wird. Sie unterscheiden sich untereinander dadurch, daß sie die Realität - bildlich gesprochen - mit unterschiedlichen Objektiven, Blenden und Lichtstärken beobachten und bearbeiten. Sie ordnen die Welt nach eigenen Präferenzen und definieren, was als Problem zu verstehen oder zu vernachlässigen ist. Aufgrund ihrer reduktiven und selektiven Perspektiven bekommen sie folgerichtig nur das zu sehen, was ihre Voraussetzungen und Sichtweisen zulassen. Jede wissenschaftliche Theorie hat insofern ihre spezifischen Möglichkeiten und Grenzen. Die Kunst … besteht darin, für die jeweilige Problemstellung die passenden ‚Objektive‘ zu finden und einzusetzen“ (Bette, 1994, S. 218). Die theoriegeleitete Auseinandersetzung macht hintergründige Zusammenhänge erschließbar und legt potenzielle Erklärungsansätze für die Beantwortung der zentralen Fragestellungen offen; ermöglicht die Ableitung spezifischer, differenzierter (Teil-)Fragen, deren Bearbeitung zur Beantwortung der zentralen Fragestellungen beiträgt. Zum oben genannten Beispiel der Sportlehrerrolle liefern etwa Professions- oder Schultheorien Ansatzpunkte für Fragen (a) inwiefern der Sportlehrer die Komplementärrollenkarriere seiner Schüler steuert oder (b) inwiefern zwischen Sportlehrern und Schülern eine ausgeprägte Experten-Laien- Differenz besteht (vgl. Kastrup, 2009, S. 23-111). Werden im wissenschaftlichen Arbeitsprozess an bestehenden Theorien entlang spezifische Teilfragen zum Forschungsproblem abgeleitet, spricht man von deduktivem Vorgehen. Dieses ermöglicht auch eine Prüfung und ggf. Weiterentwicklung der in Anschlag gebrachten Theorien. Liegen zu einem Problemgegenstand allerdings nur wenige oder kaum bewährte theoretische Erkenntnisse vor, ist eine entsprechende Bezugnahme im Forschungsprozess auch weniger differenziert möglich. Man spricht dann von induktivem <?page no="215"?> 216 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Vorgehen, das im Wesentlichen auf Theoriebildung abzielt (vgl. Willimczik, 2002, S. 22-23). Generell können wissenschaftliche Auseinandersetzungen allein auf einer Verknüpfung der in Form von wissenschaftlicher Literatur publizierten Erkenntnisse basieren. Ein solches hermeneutisch-interpretatives Vorgehen gilt gerade in den Geisteswissenschaften als wichtigster nicht empirischer Forschungsansatz (vgl. Singer & Willimczik, 2002, S. 31). Eine theoriegeleitete Reflexion schafft aber gleichwohl die Basis, empirische Forschungskonzeptionen zu entwickeln. „Methoden laufen nämlich leer, wenn keine Theoriearbeit im Vorfeld investiert wird“ (Bette, 1999b, S. 88). Typische Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung von Forschungsüberblicken und theoriegeleiteten Analysen sind insbesondere: die angemessen vollständige Berücksichtigung und systematische Darstellung der zum Problemgegenstand bereits vorliegenden wissenschaftlichen Publikationen sowie ähnlichen, für einen Erkenntnistransfer potenziell dienlichen Arbeiten; die Einschätzung von Rahmentheorien/ Paradigmen hinsichtlich ihrer Angemessenheit für die Auseinandersetzung mit den Problem-/ Fragestellungen; die Auswahl der innerhalb eines Paradigmas anwendbaren spezifischen Sach-theorien/ theoretischen Modelle und die analytische Überführung des Forschungsproblems in die entsprechende theoretische Systematik und Sprache. 4.1.3 Untersuchungsdesign/ Forschungsmethoden Auf Basis der theoriegeleiteten Reflexion ergeben sich typischerweise spezifische, differenzierte Teilfragen, die beim ursprünglichen Blick auf das Forschungsproblem nicht erkennbar waren. Diese Teilfragen können auch als Hypothesen formuliert werden, d. h., in Form von Vermutungen über Zusammenhänge. Hypothesen sind typischerweise als Wenn-dann- oder Jedesto-Beziehungen konstruiert und explizit auf eine empirische Überprüfung angelegt (vgl. Bös, Hänsel & Schott, 2000, S. 26-28). Im Einzelnen unterscheidet man: Zusammenhangshypothesen, z. B. dass zwischen Schrittlänge und Laufgeschwindigkeit ein Zusammenhang besteht; Unterschiedshypothesen, z. B. dass Personen mit unterschiedlicher Schrittlänge unterschiedliche Laufgeschwindigkeiten aufweisen; <?page no="216"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 217 Veränderungshypothesen, z. B. dass eine Änderung der Schrittlänge die Laufgeschwindigkeit beeinflusst. Basieren wissenschaftliche Arbeiten nicht allein auf einer hermeneutischinterpretativen Verknüpfung bereits vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse, ist im weiteren Fortgang eine empirische Analyse zu konzipieren. Vor dem Hintergrund der spezifischen Teilfragen oder Hypothesen gilt es dabei zunächst, die generelle Richtung der empirischen Analyse und damit das Untersuchungsdesign festzulegen. Hierbei sind insbesondere geeignete: Forschungsmethoden zu wählen. Bei der Auswahl von Methoden der Datenerhebung/ -auswertung geht es zunächst um eine Richtungsentscheidung zwischen einem quantitativen Vorgehen - das auf die Erhebung und Auswertung numerischer Daten abzielt - und einem qualitativen Vorgehen - das auf die Erhebung und Auswertung verbaler Daten abzielt. Untersuchungsobjekte auszuwählen. Ob z. B. eine Einzelfall- oder Feldstudie durchgeführt wird, und ob die Stichprobengröße und -zusammensetzung theoriegeleitet oder mittels Zufallsauswahl erfolgt, richtet sich meist nach den sachlichen Anforderungen der Untersuchung und den faktischen Möglichkeiten der Untersuchungsdurchführung. Dabei ist insbesondere auf einen vom Untersuchungsfeld unabhängigen Blick zu achten. Denn „Distanz und Handlungsentlastung [sind] wichtige Bedingungen der Möglichkeit für eine anschließende analytische Nähe. Wer zu stark involviert ist und sich … mit Emphase engagiert, steht in der Gefahr, durch die unmittelbaren Handlungsnotwendigkeiten des Feldes absorbiert und blockiert zu werden“ (Bette, 1994, S. 217). Untersuchungszeiträume zu definieren. Diese richten sich ebenfalls nach den sachlichen Anforderungen der Untersuchung und den faktischen Möglichkeiten der Untersuchungsdurchführung. Quantitative Forschungsmethoden Quantitative Forschungsmethoden zeichnen sich durch hohe Standardisierungsgrade bei der Datenerhebung und -auswertung aus. Mit ihrer auf mathematischen Kalkulationen basierenden, zahlenorientierten Vorgehensweise stehen sie für eine Form von Objektivität und Verlässlichkeit, die gerade auch im organisierten Sport hohes Ansehen genießt. Typische Methoden der Datenerhebung sind vor allem: <?page no="217"?> 218 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) (sport-)motorische Tests, die Merkmale motorischer Leistungsfähigkeit erfassen, z. B. Lauf-, Wurf- oder Sprungtests unter spezifischen Umgebungs- und Testbedingungen; schriftliche (Fragebogen) und mündliche (Interview) Befragungen, die mit geschlossenen Fragen und Antwortvorgaben operieren, z. B. bei Zuschauerbefragungen vor Ort im Stadion; teilnehmende und nicht teilnehmende Beobachtungen, die mit geschlossenen Beobachtungsrastern und Antwortvorgaben operieren, z. B. zur Häufigkeitsbestimmung von Ballkontakten oder Spielzügen im Sportspiel; Quantitative Inhaltsanalysen, die zur Analyse von Texten/ Dokumenten numerische Kategoriensysteme einsetzen, z. B. bei der Häufigkeitsbestimmung von Signalwörtern in der Sportberichterstattung. Typische Methoden der Datenauswertung sind dabei insbesondere: Deskriptive Statistik, die empirische Daten durch Tabellen, Kennzahlen (z. B. Mittelwert, Median, Varianz, Standardabweichung) und Grafiken (z. B. Balken-/ Kreisdiagramme) übersichtlich darstellt und beschreibt; Inferenzstatistik, die von Daten einer Stichprobe Rückschlüsse auf Werte in der Grundgesamtheit/ Population ermöglicht, z. B. mittels Signifikanztests, etwa t-Test oder Chi-Quadrat-Test (je nach Skalenniveau) zum Vergleich zweier Erwartungswerte (Mittelwerte, Varianzen), z. B. inwiefern Schüler, die Mitglied im Sportverein sind, körperlich leistungsfähiger sind als Schüler, die nicht Sportvereinsmitglied sind (unabhängige Stichproben); inwiefern sich die Leistungsfähigkeit einer Trainingsgruppe nach Abschluss einer achtwöchigen Trainingsphase verbessert hat (abhängige Stichproben), Korrelationsanalysen zur Analyse der Beziehung zwischen mehreren Variablen, z. B. inwiefern bestimmte Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeiten miteinander zusammenhängen, Regressionsanalysen zur Analyse der Beziehung zwischen einer abhängigen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen, z. B. inwiefern auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen Vorhersagen über die Leistungspotenziale von Spitzensportlern möglich sind, oder inwiefern Sprintleistungen Aussagen über die Leistungsfähigkeit im Weitsprung ermöglichen; Multivariate Statistik, die Zusammenhänge mehrerer Variablen parallel untersucht, etwa wenn mehr als zwei Stichproben miteinander verglichen werden, z. B. mittels <?page no="218"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 219 Varianzanalysen zur Erklärung der Varianz einer oder mehrerer (abhängiger) Zielvariablen durch den Einfluss einer oder mehrerer (unabhängiger) Einflussvariablen, z. B. inwiefern sich verschiedene Trainingsprogramme auf die Leistungsfähigkeit von Sportlern einer Trainingsgruppe auswirken, Faktorenanalysen zur Reduktion einer Vielzahl von Variablen auf wenige, voneinander unabhängige (Hintergrund-)Faktoren, z. B. inwiefern Einzelgründe, die zu einem Wettkampfverzicht von Spitzensportlern führen, für übergreifende Faktoren des Wettkampfverzichts im Spitzensport stehen, Clusteranalysen zur Einteilung großer Datenbestände in voneinander abgegrenzte, jeweils in sich aber möglichst ähnliche Gruppen (Cluster), z. B. inwiefern Trainer hinsichtlich ihrer beruflichen (Un-) Zufriedenheit bestimmten Typen zugeordnet werden können, Diskriminanzanalysen zur Identifikation von Unterschieden zwischen zwei oder mehr Gruppen, z. B. inwiefern persönliche Stimmungsparameter Hinweise auf den Trainingszustand von Mitgliedern einer Trainingsgruppe geben (Normalzustand vs. Übertraining); (Quantitative) Inhaltsanalyse, die zur Analyse von Texten/ Dokumenten numerische Kategoriensysteme einsetzt, z. B. wie häufig in bestimmten Medienprodukten über einen Sportverein berichtet wird. Das hohe Maß an Sachlichkeit und Seriosität wissenschaftlichen Arbeitens resultiert neben der von Theorie - und nicht von Intuition - geleiteten Reflexion auch aus der systematischen Anwendung der genannten Forschungsmethoden. Dabei sind insbesondere folgende wissenschaftliche Gütekriterien bedeutsam: Objektivität steht für den Grad der Unabhängigkeit von Messergebnissen von der konkreten Person desjenigen, der das Verfahren durchführt und die gewonnenen Daten auswertet und interpretiert (vgl. Höner & Roth, 2002, S. 72). Reliabilität bezeichnet die Zuverlässigkeit eines Verfahrens, d. h., den „Grad der Genauigkeit, mit dem ein Messverfahren ein bestimmtes Merkmal misst“ (Höner & Roth, 2002, S. 73). Validität steht für die Gültigkeit eines Verfahrens, d. h., für den „Grad der Genauigkeit, mit dem ein Messverfahren tatsächlich jenes Merkmal erfasst, für dessen Messung es konstruiert worden ist“ (Höner & Roth, 2002, S. 76). <?page no="219"?> 220 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Quantitative Forschungsmethoden operieren also mit exakt messbaren Zahlenwerten. Dies führt latent dazu, „Eigenheiten, latente Sinnstrukturen, symbolische Bedeutungszuschreibungen und die impliziten Erfahrungsregeln des Sports auszublenden … Zahlen abstrahieren von den besonderen Beschaffenheiten der Personen oder Dinge, um die es geht, und erzeugen auf der Basis formaler Kalküle eine eigene Wirklichkeit. Nur diejenigen Erfahrungsdaten erhalten die Weihe der quantitativen Relevanz, die sich dem Zugriff einer mathematischen Standardisierung fügen und eine intersubjektive Überprüfung auf der Ebene des Nachrechnens zulassen“ (Bette, 1999b, S. 87). Qualitative Forschungsmethoden Im Unterschied zu den quantitativen arbeiten qualitative Forschungsmethoden mit verbalen Daten - also Schrift und Sprache - die insbesondere für viele sozialwissenschaftliche Problem-/ Fragestellungen angemessen sind. Im Gegensatz zum quantitativen Forschungsdesign zeichnen sich qualitative Methoden dabei durch eine besondere „Offenheit für Erfahrungswelten, ihre innere Verfasstheit und ihre Konstruktionsprinzipien“ (Flick, von Kardorff & Steinke, 2004, S. 17) aus. Folglich reflektieren sie die jeweiligen Entstehungsbedingungen ihrer Daten jeweils explizit (vgl. Bette, 1999b, S. 92-93; Flick, von Kardorff & Steinke, 2004, S. 23). Typische Methoden der Datenerhebung sind dabei vor allem: schriftliche (Fragebogen) und mündliche (Interview) Befragungen, die mit offenen und halb-geschlossenen Fragen operieren, z. B. Tiefeninterviews mit ausgewählten Experten eines Sportvereins; teilnehmende und nicht teilnehmende Beobachtungen, die mit offenen und halb-geschlossenen Beobachtungsrastern operieren, z. B. im Rahmen der Teilnahme an Mannschaftsbesprechungen zur Analyse sozialer Teamstrukturen; qualitative Inhaltsanalysen (Dokumentenanalyse), die zur Analyse von Texten verbale Kategoriensysteme einsetzen, z. B. bei der Analyse von Karriereverläufen jugendlicher Spitzensportler. Qualitative Forschung kann außerdem Dokumente als Ganzes zum Forschungsgegenstand haben. Dann bleibt die Authentizität der Daten in besonderer Weise erhalten, da die Dokumente bereits vorliegen und Daten nicht künstlich hergestellt werden (vgl. Ballstaedt, 1982, S. 165-167). Als Methoden der Datenauswertung werden dabei typischerweise eingesetzt: <?page no="220"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 221 Sozialwissenschaftliche Hermeneutik, die ein methodisch kontrolliertes Deuten und Verstehen des Zustandekommens sozialer Realität ermöglicht - wobei mögliche Vor-Urteile des Forschers und die sozialen Entstehungskontexte der untersuchten Realität explizit reflektiert werden (vgl. Soeffner, 2004, S. 171-172). Sozialwissenschaftliches Verstehen unterscheidet sich dabei „vom alltäglichen Verstehen … dadurch, dass die Interpretationsleistungen hier nicht unter Rückgriff auf den Alltagsverstand geschehen, sondern auf dem Rückgriff auf extensiv aktiviertes Wissen und auch auf einem Vorrat an professionellem Sonderwissen beruhen“ (Soeffner, 2004, S. 168). Qualitative Inhaltsanalyse, die zur Analyse von Texten verbale Kategoriensysteme einsetzt und sich von hermeneutisch-interpretativen Zugängen vor allem durch eine explizite Systematik in der Vorgehensweise unterscheidet (vgl. Mayring, 1996; 2003), z. B. Vorurteile und Stereotypen in der Sportberichterstattung. Während für standardisierte Forschungsarbeiten Objektivität, Reliabilität und Validität gängige Qualitätsmaßstäbe sind, misst man qualitative Forschung üblicherweise an anderen Gütekriterien (vgl. Steinke, 2004, S. 323- 328; Bette, 1999b, S. 100-103): Indikation des Forschungsprozesses bezeichnet die Angemessenheit qualitativen Vorgehens, d. h., seine Begründung mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand und die Fragestellungen. Theoriegeleitete Deutungen sind dabei idealtypisch an empirischem Datenmaterial zu prüfen. Intersubjektive Nachvollziehbarkeit erfordert, im Rahmen des Forschungsprozesses angewandte Methoden der Datenerhebung und -auswertung transparent zu machen. Im Einzelnen heißt dies, gängige, regelgeleitete Verfahren zu wählen und systematisch anzuwenden; Datenerhebung und -auswertung detailliert und nachvollziehbar zu dokumentieren; empirisches Vorgehen und dessen Rückbindung an theoriegeleitete Reflexionen mit Fachkollegen und ggf. den Untersuchten selbst zu diskutieren, d. h., kommunikativ zu validieren. Reflektierte Subjektivität erfordert, dass der Forscher auf seine konstituierende Rolle im Forschungsprozess hinweist, d. h., sich selbst als Teil der erforschten sozialen Realität beobachtet und kritisch hinterfragt. Zu große Nähe zum Forschungsgegenstand gilt es zu vermeiden. <?page no="221"?> 222 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) In qualitativen Forschungsprozessen werden Forschungsmethoden häufig parallel eingesetzt (Methodentriangulation), um eine möglichst ganzheitliche Perspektive auf den Forschungsgegenstand zu ermöglichen und Schwachstellen einzelner Methoden auszugleichen (vgl. Kraimer, 1995, S. 475). Ferner ist mitunter auch ein Nebeneinander qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden gewinnbringend, wenn dies vom theoretischen Zugang her gerechtfertigt werden kann. Typische Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Untersuchungsdesigns und beim Umgang mit Forschungsmethoden sind insbesondere: die Auswahl eines mit Blick auf die Forschungsfragen und die theoriegeleiteten Analysen angemessenen Untersuchungsdesigns; die angemessene Planung und Durchführung von Datenerhebung und Datenauswertung (Strategie, Umfang etc.), vor allem die regelgerechte Anwendung der jeweiligen Forschungsmethoden; souveräner Umgang mit typischerweise großen Datenmengen. 4.1.4 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse Nach Abschluss der empirischen Untersuchung geht es um eine angemessene - systematische, übersichtliche und möglichst nachvollziehbare - Darstellung der Untersuchungsergebnisse. Die sprachliche und grafische Darstellung der Ergebnisse gewinnt dabei an Erklärungswert, wenn sie explizit auf die theoriegeleitete Reflexion bezogen wird. Eine solche Interpretation der eigenen empirischen Ergebnisse durch Rückbindung auf die in Anschlag gebrachte Theorie ist auch Bedingung für mögliche Weiterentwicklungen der entsprechenden theoretischen Zugänge. Unter Bezugnahme auf die zu Beginn des Forschungsprozesses identifizierten Forschungslücken gilt es ferner, den Erkenntnisgewinn der eigenen Arbeit kritisch zu reflektieren. Dabei ist unter Verweis auf nach wie vor offene Forschungsfragen auch ein Ausblick auf zukünftig wünschenswerte Analysen zum bearbeiteten Thema zu geben. Und schließlich ist eine mögliche Nutzbarkeit der Forschungsergebnisse seitens der „nichtwissenschaftlichen Praxis“ zu diskutieren. Typische Schwierigkeiten bei der Ergebnisdarstellung sind insbesondere: die angemessen detaillierte und gleichwohl übersichtliche Darstellung der Ergebnisse in einer sprachlich nachvollziehbaren Form; die explizite Rückbindung und Reflexion der eigenen Erkenntnisse vor dem Hintergrund der gewählten Theorie, insbesondere die Einschätzung po- <?page no="222"?> Der (sport-)wissenschaftliche Forschungsprozess 223 tenzieller Beiträge zur Bestätigung oder Weiterentwicklung des entsprechenden theoretischen Zugangs. Praxisbeispiel: Empirische Analysen zur Gesundheit im Spitzensport Verletzungen sind im Spitzensport ein fast alltägliches Phänomen. Häufig liest man von verletzungsbedingten Wettkampfabsagen, von Comebacks nach langwierigen Verletzungspausen oder von Leistungsdefiziten als Folge von Verletzungen. Athleten, Trainer, Ärzte und Manager des Spitzensports entwickeln dabei in ihrem Trainings- und Wettkampfalltag verletzungsspezifische Umgangsformen. Gleichwohl sind Verletzungen ein massives Problem im Spitzensport: Sie wirken sich nachteilig auf die Leistungsentwicklung der Athleten aus, führen mitunter zu einem vorzeitigen Ende sportlicher Karrieren und verursachen teilweise gesundheitliche Langzeitschäden - insbesondere wenn Spitzensportler längerfristig mit Verletzungen trainieren oder an Wettkämpfen teilnehmen (vgl. Mayer, 2010). Theoretische und empirische Erkenntnisse wissenschaftlicher Analysen können Ansatzpunkte für ein Gesundheitsmanagement im Spitzensport aufzeigen. Dabei sind mit Blick auf den Umgang mit Verletzungen im Spitzensport grundsätzlich quantitative und qualitative Untersuchungsdesigns denkbar, wie dies Thiel, Mayer und Digel (2010) in ihrer Studie zur Gesundheit im Spitzensport beispielhaft umgesetzt haben: Im Rahmen einer quantitativen Fragebogenstudie befragten sie 723 Spitzensportler im Handball und in der Leichtathletik, überwiegend mittels geschlossener Fragen, zu deren Gesundheitsverhalten und subjektiver Gesundheit. Eine exemplarische Fragestellung lautete z. B., wie häufig Spitzenathleten einen Wettkampf in der vorangegangenen Saison aufgrund von gesundheitlichen Problemen abgesagt haben. Dabei zeigte sich u. a., dass von den Handballern nur 35,7% und von den Leichtathleten nur 41,0% ihre Saison ohne Wettkampfpause infolge von Verletzungen oder Krankheiten bestreiten konnten (vgl. Thiel, Mayer & Digel, 2010, S. 144, 156). In den qualitativen Fallstudien wurden 30 problemzentrierte Interviews mit Athleten, Trainern, Ärzten und Sportdirektoren durchge- <?page no="223"?> 224 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) führt, die jeweils durchschnittlich 69 min in Anspruch nahmen. Exemplarische Fragestellungen richteten sich u. a. darauf, welche Ereignisse oder Symptome die Beteiligten überhaupt als Verletzung wahrnehmen, wie sie deren Schwere einschätzen, welche Toleranzschwellen existieren und inwiefern Beschwerdegrad, mögliche sportliche Karrierefolgen oder potenzielle gesundheitliche Risiken dabei eine Rolle spielen. Auf diesem Weg wurden spitzensportspezifische Rahmenbedingungen identifiziert, die Athleten zu einer Teilnahme an Trainingsmaßnahmen oder Wettkämpfen motivieren, auch wenn sie (eigentlich) verletzt sind. Die Ergebnisse deuten u. a. auf eine Verdrängung von Schmerzen/ Verletzungen aufgrund von Leistungsdruck und Umfelderwartungen hin. Auch ist im Handball und disziplinspezifisch in der Leichtathletik eine quasi kulturell verankerte Bagatellisierung von Verletzungen beobachtbar, die auch zu einer Ausblendung möglicher langfristiger körperlicher Schädigungen führt (vgl. Thiel, Mayer & Digel, 2010, S. 65, 72-73, 141-182). Kontrollfragen [1] Wissenschaftliche Forschungsprozesse beginnen mit der Identifikation eines Forschungsproblems und der Formulierung darauf bezogener zentraler Forschungsfragen. Was müssen Problem- und Fragestellung jeweils leisten und welche typischen Schwierigkeiten treten bei deren Formulierung auf? [2] Vor einer theoriegeleiteten Auseinandersetzung ist ein Forschungsüberblick über den bereits bestehenden Kenntnisstand zu erstellen. Welche Funktion hat dieser Überblick und mit welchen typischen Schwierigkeiten ist man bei dessen Ausarbeitung konfrontiert? [3] Theorien unterbreiten spezifische Perspektiven und Interpretationsansätze. Was hat eine theoriegeleitete Reflexion im wissenschaftlichen Forschungsprozess zu leisten und welche typischen Schwierigkeiten sind dabei zu bewältigen? [4] Die generelle Richtung empirischer Analysen wird vom Untersuchungsdesign festgelegt. Welche Entscheidungen sind dabei insbesondere zu treffen? [5] Quantitative Forschungsmethoden zielen auf die Erhebung und Auswertung numerischer Daten. Was kennzeichnet ein <?page no="224"?> Informationsbeschaffung und Literaturrecherche 225 quantitatives Vorgehen darüber hinaus und welche typischen Methoden der Datenerhebung und -auswertung stehen dabei zur Verfügung? [6] Qualitative Forschungsmethoden zielen auf die Erhebung und Auswertung verbaler Daten. Was kennzeichnet ein qualitatives Vorgehen darüber hinaus und welche typischen Methoden der Datenerhebung und -auswertung stehen dabei zur Verfügung? [7] Nach Abschluss empirischer Untersuchungen sind die Ergebnisse angemessen darzustellen und zu interpretieren. Was ist dabei insbesondere zu beachten und welche Bedeutung hat gerade eine Rückbindung der Erkenntnisse auf die jeweils in Anschlag gebrachte Theorie? 4.2 Informationsbeschaffung und Literaturrecherche Die Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit setzt zunächst Informationsbeschaffung und Literaturrecherche voraus. Quantität und Qualität der recherchierten Literatur beeinflussen dabei die Güte der eigenen wissenschaftlichen Arbeit. Neben entsprechender Fachliteratur inklusive Fachzeitschriften können auch wissenschaftliche Abschlussarbeiten, die in Fakultäts- und Institutsbibliotheken archiviert sind, eine wichtige Literaturgrundlage sein. Für eine umfangreiche Literaturrecherche ist die am Ort zugängliche Literatur allerdings häufig nicht ausreichend. Eine weiterführende Suche in Bibliothekskatalogen anderer Universitäten (inkl. anschließender Fernleihe) und in einschlägigen Datenbanken ist daher zu empfehlen. 39 Lernziele des Kapitels Die Leser lernen unterschiedliche Wege der Informationsbeschaffung und Literaturrecherche im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens kennen. 39 Eine ausführliche Darstellung unterschiedlicher Recherchemöglichkeiten in der Sportwissenschaft kann Amendt und Schiffer (2006, S. 51-75) entnommen werden. <?page no="225"?> 226 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Sie setzen sich mit ausgewählten Möglichkeiten der Literaturrecherche in der Sportwissenschaft auseinander und erkennen, welche Vor- und Nachteile diese Recherchemöglichkeiten haben. Bibliothekskataloge der Universitäts-, Fachbereichs- und Institutsbibliotheken bieten umfangreiche Recherchemöglichkeiten, die in der Regel als frei zugängliche Online-Kataloge vorhanden sind - sogenannte OPAC (Online Public Access Catalogue“). Suchanfragen können beispielsweise nach dem Titel der Publikation, nach dem Namen des Autors oder nach der Signatur eines Buchs vorgenommen werden. Es bietet sich auch die Möglichkeit, nach Schlagwörtern und/ oder nach Stichwörtern zu suchen. Schlagwörter werden für den Inhalt einer Publikation aus einer Schlagwort-Normdatei gewählt und müssen nicht im Titel eines Buchs vorkommen (z. B. „Sportberichterstattung“, „Duales Rundfunksystem“). Stichwörter sind hingegen charakteristische Wörter im Titel der Publikation (z. B. „Sport im Fernsehen: Öffentlich-rechtliche und private Programme im Vergleich“). Die OPAC-Kataloge der einzelnen Bibliotheken sind wiederum in sogenannten Verbundkatalogen zusammengefasst, die den Medienbestand einer Region verzeichnen. Beispiele hierfür sind Gateway Bayern (Bayerischer Verbund) oder HeBis (Verbund der Bibliotheken Hessens und der Region Rheinhessen des Landes Rheinland-Pfalz). Meta-Kataloge wiederum bieten die Möglichkeit, parallel in mehreren Verbundkatalogen zu suchen. Der bekannteste Meta-Katalog ist der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK). „Der KVK ist eine Meta-Suchmaschine zum Nachweis von mehr als 500 Millionen Büchern, Zeitschriften und anderen Medien in Bibliotheks- und Buchhandelskatalogen weltweit. Die eingegebenen Suchanfragen werden an mehrere Bibliothekskataloge gleichzeitig weitergereicht und die jeweiligen Trefferlisten angezeigt. Der KVK verfügt selbst über keine eigene Datenbank“ (KIT-Bibliothek, 2013, o. S.). Die Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB) ist ein zusätzlicher Service an rund 600 Bibliotheken und Forschungseinrichtungen und ermöglicht schnellen Zugang zu wissenschaftlichen Volltextzeitschriften. Sie umfasst „69922 Titel, davon 11605 reine Online-Zeitschriften, zu allen Fachgebieten. 40157 Fachzeitschriften sind im Volltext frei zugänglich. Die an der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek beteiligten Einrichtungen bieten ihren Benutzern zusätzlich den Zugriff auf die Volltexte der von ihnen abonnierten E-Journals“ (Universitätsbibliothek Regensburg, 2013, o. S.). Die Fülle unterschiedlicher sportwissenschaftlicher Zeitschriften kann grob in übergreifende sportwissenschaftliche Zeitschriften (z. B. „Sportwissen- <?page no="226"?> Informationsbeschaffung und Literaturrecherche 227 schaft“) und disziplinspezifische Zeitschriften (z. B. „Sportpädagogik“) sowie sportartübergreifende (z. B. „Leistungssport“) und sportartspezifische Fachzeitschriften (z. B. „Handballtraining“) unterschieden werden. Einige sportwissenschaftliche Zeitschriften fungieren auch als Organe spezifischer Vereinigungen (z. B. „Sport und Gesellschaft“ als Organ der Sektion Sportsoziologie der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft). Ferner steht für die Literaturrecherche eine große Anzahl an Datenbanken zur Verfügung. Diese lassen sich in sportwissenschaftliche Datenbanken und Datenbanken der Mutterwissenschaften sowie in deutsche Datenbanken und Datenbanken aus dem Ausland/ internationale Datenbanken differenzieren. Bei den sportwissenschaftlichen Datenbanken ist in Deutschland das Angebot des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) besonders bedeutsam, das unter www.bisp-datenbanken.de frei zugänglich ist (vgl. Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2013a, o. S.): [1] SPOLIT (Sportwissenschaftliche Literatur): Seit 1970 wird in der größten europäischen Literaturdatenbank der Sportwissenschaft aktuelle Literatur des In- und Auslands aufgenommen und dokumentiert. „Die SPOLIT informiert über Monografien, Beiträge in Sammelwerken, Aufsätze in Zeitschriften und andere Publikationen aus aller Welt, insbesondere jedoch aus dem deutsch- und englischsprachigen Raum“ (Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2013a, o.S.). Dabei werden alle sportwissenschaftlichen Teildisziplinen und Sportarten sowie verschiedene Sportbereiche (z. B. Behindertensport, Schulsport) und Sondergebiete (z. B. Olympische Spiele, Sport und Umwelt) berücksichtigt. Jede recherchierte Literaturstelle weist ausführliche Angaben auf, „bestehend unter anderem aus Autor(en), Titel, Quelle, Erscheinungsort und -jahr, Verlag, ISBN, ISSN, Serientitel, Seitenzahl, Dokumentenart, Dokumentsprache sowie einem Abstract (informatives Kurzreferat)“ (Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2013a, o. S.). [2] SPOFOR (Sportwissenschaftliche Forschungsprojekte): Diese BISp- Datenbank enthält Beschreibungen über laufende und abgeschlossene theoretische und empirische Forschungsarbeiten aller sportwissenschaftlichen Disziplinen seit 1990 aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Somit kann sich der Nutzer über aktuelle Forschungstätigkeiten in der Sportwissenschaft informieren. [3] SPOMEDIA (Audiovisuelle Medien): In dieser Datenbank sind ab 1983 produzierte Medien (u. a. wissenschaftliche Lehrfilme, Technik- und Taktikfilme) recherchierbar. Die Dokumentation umfasst dabei <?page no="227"?> 228 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) verschiedene Angaben, u. a. Lernziele, Adressatengruppen, technische Details. [4] Fachinformationsführer Sport (Sportwissenschaftliche Internetquellen): Dieser BISp-Service ermöglicht einen direkten Zugriff auf elektronisch verfügbare wissenschaftliche Texte und auf Internetseiten ausgewählter nationaler und internationaler Sportorganisationen (z. B. Olympiastützpunkte, World Anti Doping Agency). Dadurch nimmt das BISp eine Vorauswahl sportwissenschaftlich und sportpolitisch relevanter Informationsquellen im Internet vor. Exemplarisch für fachspezifische Datenbanken steht das Angebot des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) mit seiner vorwiegend trainingswissenschaftlichen Literatur (vgl. Institut für Angewandte Trainingswissenschaft, 2013a, o. S.). Dazu zählen u. a.: Leistungssport-Archiv: die gemeinsame Datenbank von IAT, DOSB und dem philippka-Verlag umfasst rund 2.500 Beiträge der Zeitschrift „Leistungssport“, ca. 500 davon als Volltext; SPOWIS: ca. 120.000 Literatureinträge zur angewandten Trainingswissenschaft bis 1995 mit einem Schwerpunkt auf den sportwissenschaftlichen Forschungsergebnissen der DDR; SPORTBOX: rund 2.500 Buchtitel aus dem deutschsprachigen Raum zu unterschiedlichen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen; TULP: über 3.500 Volltext-Beiträge der Zeitschrift „Theorie und Praxis des Leistungssports“ und deren Nachfolgerzeitschrift „Training und Wettkampf“. In der internationalen Sportwissenschaft ist SPORTDiscus, eine kostenpflichtige Datenbank des Sport Information Resource Centres in Ottawa/ Kanada hervorzuheben. Sie umfasst ca. 1,3 Mio. Datensätze zu vorwiegend angloamerikanischen Zeitschriften und Monographien aus Sport (-wissenschaft), Fitness und verwandten Disziplinen (z. B. Sportrecht, Ernährung). Außerdem sind Nachweise von über 22.000 Dissertationen einsehbar. In den Mutterwissenschaften der sportwissenschaftlichen Teildisziplinen existiert eine nicht zu beziffernde Anzahl an Datenbanken. Beispielhaft werden an dieser Stelle zwei Datenbanken hervorgehoben: SOLIS (Sozialwissenschaftliches Literaturinformationssystem): stellt aus elf Fachgebieten (u.a. Soziologie, Kommunikationswissenschaften) 433.000 sozialwissenschaftliche Veröffentlichungen mit Inhaltsangabe vor (u. a. Artikel in Online-Zeitschriften, Forschungsberichte und Dissertationen). <?page no="228"?> Informationsbeschaffung und Literaturrecherche 229 WISO-Net: umfasst die WISO Wirtschaftswissenschaft (Literaturdatenbank zur Betriebs- und Volkswirtschaft) und die WISO Sozialwissenschaften (Literaturdatenbank zu Sozialwissenschaften). Von ca. 350 der Zeitschriften sind Volltexte vorhanden. Eine Sonderstellung nimmt die sich im Aufbau befindende ViFa: Sport (Virtuelle Fachbibliothek Sportwissenschaft) ein. Sie enthält insgesamt rund 2,1 Mio. Datensätze. Die ViFa Sport ist ein Portal für die sportwissenschaftliche Fachinformation im Internet. Hier werden sowohl gedruckte Medien als auch elektronische Informationen mit sportwissenschaftlicher Relevanz nachgewiesen (vgl. Zentralbibliothek für Sportwissenschaften der Deutschen Sporthochschule Köln, 2013, o. S.). Weitere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und Literaturrecherche bieten: Bibliographien, z. B. erstellt das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in unregelmäßiger Folge Bibliografien zu bestimmten Themen, etwa Kinder- und Jugendleistungssport, Dopingprävention; wissenschaftliche Abschlussarbeiten, z. B. Staatsexamens-, Master- und Bachelorarbeiten, die zwar im Bestand einer Bibliothek vorhanden sind, jedoch nicht in den OPAC-Katalog aufgenommen wurden; Handbücher und Lexika, z. B. „Sportwissenschaftliches Lexikon“ von Röthig u. a., 2003; „Schneeballsysteme“, ausgehend von einer Publikation zu einem gewählten Thema können in deren Literaturverzeichnis Hinweise auf relevante Literatur gefunden werden (vgl. Haag & Mess, 2010, S. 416). Auch über Internetsuchmaschinen (z. B. Google) können Informationen gefunden werden. Diese Art der Informationsbeschaffung birgt jedoch Gefahren: „Im Internet finden sich viele Informationen, deren Quellen unklar sind und deren Zustandekommen weder nachvollziehbar noch überprüfbar ist und somit wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält“ (Haag & Mess, 2010, S. 418). Praxisbeispiel: Literaturrecherche zum Thema „Doping“ Möchte man eine wissenschaftliche Hausarbeit zum Thema „Doping“ anfertigen, können unterschiedliche Recherchemöglichkeiten genutzt werden. Sehr unspezifisch ist zunächst eine Recherche über eine Internetsuchmaschine. Bei Eingabe des Suchbegriffs „Doping“ erhält man z. B. bei Google ca. 38.700.000 Suchergebnisse. <?page no="229"?> 230 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Zielführender ist hingegen eine Literaturrecherche in der sportwissenschaftlichen Datenbank SPOLIT des Bundesinstituts für Sportwissenschaft. Über verschiedene Suchoptionen (Schlagwort, Stichwort, Inhalt/ Abstract) und die Eingrenzung auf bestimmte Sprachen und Zeiträume lassen sich die Suchergebnisse beschränken. Beim Beispiel „Doping“ erzielt man über die Schlagwortsuche (d. h. charakteristisches Wort für den Inhalt der Publikation) insgesamt 4.754 Suchergebnisse, bei der Suche über ein Stichwort (charakteristisches Wort im Titel der Publikation) 1.610 Treffer. Grenzt man die Suche nach dem Schlagwort „Doping“ auf den Zeitraum 2005 bis 2013 ein, werden 2.081 Suchergebnisse angezeigt. Bei einer weiteren Auswahl von lediglich Publikationen in deutscher Sprache verringert sich das Suchergebnis auf 1.113 Treffer. Sinnvoll ist ferner, eine Eingrenzung beim Thema der Recherche vorzunehmen. Dies kann geschehen, indem man neben dem Schlagwort „Doping“ ein weiteres Schlagwort in die Suchanfrage integriert. Möchte man sich mit ethischen Fragen des Dopings auseinandersetzen und gibt die Schlagwörter „Doping“ und „Ethik“ in die Suchanfrage ein, erhält man insgesamt 66 Suchergebnisse. Bei einer Beschränkung auf den bereits genannten Zeitraum 2005 bis 2013 und die Sprache Deutsch verringert sich das Suchergebnis auf insgesamt 16 Treffer. Diese eingeschränkten Suchergebnisse können dann einzeln aufgesucht und anhand des Kurzreferats (Abstract) in ihrer Relevanz für die eigene wissenschaftliche Arbeit bewertet werden. Nicht alle in SPOLIT aufgenommenen Publikationen (Bücher und Zeitschriftenaufsätze) sind an den Hochschulstandorten in Deutschland erhältlich. Daher müssen die SPOLIT-Suchergebnisse mit dem OPAC-Bestand der entsprechenden Universitäts-, Fakultäts- oder Institutsbibliothek verglichen werden. Vorhandene Literatur kann ausgeliehen, nicht vorhandene über Fernleihe bestellt werden. Darüber hinaus ist eine Schlagwortsuche noch einmal am eigenen Hochschulstandort durchzuführen, da ggf. wissenschaftliche Abschlussarbeiten wie Bachelor- und Masterarbeiten nur im Bestand der Universitäts-, Fakultäts- oder Institutsbibliothek enthalten, nicht aber bei SPOLIT aufgeführt sind. <?page no="230"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 231 Kontrollfragen [1] Für Informationsbeschaffung und Literaturrecherche im Rahmen wissenschaftlichen Arbeitens gibt es unterschiedliche Wege. Benennen Sie diese und beschreiben Sie deren Vor- und Nachteile. [2] Bibliothekskataloge bieten umfangreiche Recherchemöglichkeiten. Welche Möglichkeiten der Suchanfragen bestehen? Welche Vor- und Nachteile bieten diese? [3] Für die Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten kann in sportwissenschaftlichen Datenbanken recherchiert werden. Wie lassen sich diese Datenbanken differenzieren und welche sportwissenschaftlichen Datenbanken gelten als die bedeutsamsten? 4.3 Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten Die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgt typischerweise in Form von Publikationen - d. h. Forschungsberichten, Beiträgen in wissenschaftlichen Zeitschriften, Bachelor-, Master- oder Doktorarbeiten. Dabei unterliegen diese Publikationen bestimmten Regeln und Standards. Ziele der Ausarbeitung sind dabei „Übersichtlichkeit, Lesbarkeit und formale Einheitlichkeit sowie inhaltliche Stringenz (‚roter Faden‘)“ (Amendt & Schiffer, 2006, S. 13). Ferner dienen Standards bei den Quellennachweisen dazu, eigene Gedanken von fremden Gedanken zu unterschieden und eine Nachprüfbarkeit verwendeter Literatur zu ermöglichen. Dabei müssen Quellen so angegeben werden, dass sie vom Leser mit einem Minimum an Arbeitsaufwand gefunden und überprüft werden können. Grundlage der in diesem Buch aufgeführten Zitierrichtlinien und Literaturangaben sind die Richtlinien für die Sportwissenschaft der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), die auf den Standards der American Psychological Association (APA) basieren (vgl. Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, 2002). 40 40 Dabei ist zu beachten, dass sich in den sportwissenschaftlichen Teildisziplinen teilweise eigene Standards etabliert haben, die sich von den dvs-Richtlinien unter- <?page no="231"?> 232 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Lernziele des Kapitels Die Leser erfahren, welche Standardkapitel wissenschaftliche Publikationen typischerweise umfassen und lernen „Strategien“ zur Erstellung wissenschaftlicher Texte kennen. Sie setzen sich mit sprachlichen und formalen Anforderungen auseinander, die an wissenschaftliche Arbeiten und Publikationen gestellt werden. Sie lernen Standards für Quellenangaben in sportwissenschaftlichen Arbeiten kennen. 4.3.1 Gliederung wissenschaftlicher Arbeiten Der formale Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten umfasst grundsätzlich folgende Elemente in der hier dargestellten Reihenfolge: [1] Titelblatt: Auf dem Titelblatt müssen typischerweise folgende Angaben enthalten sein: Titel und Untertitel der Arbeit, Art der Arbeit (z. B. Seminararbeit, Bachelorarbeit), Hochschule und Fakultät/ Fachbereich/ Institut, an der die Arbeit eingereicht wird, ggf. Name, Semester und Dozent der Lehrveranstaltung, Vor- und Familienname sowie Anschrift und Studiengang des Verfassers, Ort und Datum der Abgabe. Grundsätzlich werden diese Angaben zentriert auf dem Titelblatt ausgerichtet. [2] Vorwort (bei Bedarf): Im Vorwort werden Widmungen und Danksagungen ausgesprochen, die Motivation zur Anfertigung der Arbeit erläutert oder Angaben zur Vertraulichkeit von Daten gemacht. Vorworte werden in der Regel nur bei größeren wissenschaftlichen Arbeiten formuliert, in der ersten Person Singular geschrieben und nicht in das Inhaltsverzeichnis der Arbeit aufgenommen. [3] Inhaltsverzeichnis: Alle Kapitelüberschriften im Text müssen wortgetreu in das Inhaltsverzeichnis übernommen werden. Die Anfangsseitenzahl der jeweiligen Kapitel wird im Inhaltsverzeichnis am rechten Rand rechtsbündig gesetzt. Dabei ist zu beachten, dass jede Gliederungsstufe aus mindestens zwei Positionen bestehen muss. Kapitel mit nur einem scheiden. Auch folgen sportwissenschaftliche Publikationen Vorgaben der Verlage, die partiell nicht den dvs-Standards entsprechen. <?page no="232"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 233 Abschnitt und Abschnitte mit nur einem Unterabschnitt sind unlogisch und daher nicht zulässig. [4] Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen (bei Bedarf): In ein Abkürzungsverzeichnis werden nur Abkürzungen aufgenommen, die weder im Duden verzeichnet sind und noch allgemein bekannt sind (wie z. B., u. a.). Das Abkürzungsverzeichnis ist alphabetisch anzuordnen und dann anzulegen, wenn viele Abkürzungen im Text vorhanden sind. [5] Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen (bei Bedarf): Wird ein Abbildungsund/ oder Tabellenverzeichnis angefertigt, müssen alle Abbildungsunterschriften und/ oder Tabellenüberschriften im Text mit Quellenangabe und Seitenzahl aufgenommen werden. Auch hier werden die Seitenzahlen, auf denen sich die Abbildungen und/ oder Tabellen befinden, am rechten Rand rechtsbündig angeordnet. [6] Text der Arbeit: Der Text einer wissenschaftlichen Arbeit besteht in der Regel aus einem einleitenden Kapitel („Einleitung und Problemstellung“ mit Einführung in die Thematik/ Phänomendarstellung, Problem- und zentrale Fragestellung, Bedeutung und Einordnung der Arbeit für die Forschung sowie Aufbau der Arbeit), einem Hauptteil (u. a. Kapitel zum Forschungsüberblick und theoretische Reflexion, empirische Untersuchung mit Untersuchungsdesign und -durchführung sowie Darstellung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse) sowie einem Schlussteil (u. a. Zusammenfassung zentraler Aspekte und Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit, Forschungsperspektiven für nachfolgende Arbeiten). [7] Literaturverzeichnis: Jede in der Arbeit verwendete Quelle ist in das Literaturverzeichnis aufzunehmen. Wichtig für die Lesbarkeit des Literaturverzeichnisses ist eine gute Unterscheidung der Referenzen (z. B. durch Einfügen von Leerzeilen oder hängenden Absätzen - jedoch ohne Aufzählungszeichen) (vgl. ausführlich Kapitel 4.3.3). [8] Anhang (bei Bedarf): Im Anhang werden ergänzende Materialien wie vollständig transkribierte Interviews, Statistiken, Tabellen, Zeichnungen, Bild- und Übersichtstafeln, die wesentlich zur Sicherung oder Veranschaulichung der im Haupttext dargestellten Inhalte beitragen, aufgenommen. Dies ist u. a. dann ratsam, wenn sie einen solchen Umfang annehmen, dass ihre Einarbeitung im Fließtext den eigentlichen Textzusammenhang sprengen würde. [9] Erklärung: Sie ist vom Verfasser zu unterschreiben, mit Datum und Ort zu versehen und beinhaltet typischerweise folgenden Wortlaut: „Ich erkläre, dass ich die Arbeit vollständig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe und dass alle Stellen, die dem Wortlaut <?page no="233"?> 234 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen wurden, durch Angabe der Quellen als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind.“ Von besonderer Bedeutung ist die Verbindung der einzelnen Teile der Arbeit. Das Einleitungskapitel muss ausgehend vom beobachtbaren Phänomen die Problem- und Fragestellungen fokussieren. Es ist darzulegen, wie sich der Aufbau der Arbeit aus der Problem- und Fragestellung ergibt und welchen Beitrag die einzelnen Teile und Kapitel zur Beantwortung der zentralen Fragestellungen leisten. Der Theorieteil muss sich wiederum eng an den in der Einleitung aufgeworfenen Problem- und Fragestellungen orientieren. Folgt ein empirischer Teil, dient dieser der Überprüfung der am Ende des Theorieteils aufgestellten Hypothesen und in der abschließenden Diskussion werden die Ergebnisse der Hypothesenprüfung im Hinblick auf die Modifikation der theoretischen Vorstellungen über den Gegenstandsbereich beleuchtet. Der Gefahr, den „roten Faden“ zu verlieren, kann man dadurch begegnen, indem zu Anfang jedes Kapitels die Vorgehensweise und das Ziel des Kapitels dargestellt und bezogen auf die zentralen Fragestellungen begründet werden. Am Ende jedes Kapitels kann außerdem ein kurzes Resümee zum nächsten Kapitel überleiten. 4.3.2 Sprachliche und formale Anforderungen „Wissenschaftliche Texte beruhen auf Wissenschaft, d. h. sie verarbeiten wissenschaftliche Erkenntnisse anderer, indem sie diese wiedergeben, zueinander in Beziehung setzen, kommentieren und zur Grundlage eigener Erkenntnisse machen. Sie sind damit zugleich Teil der Wissenschaft, können ihrerseits zitiert und kommentiert werden“ (Bünting, Bitterlich & Pospiech, 2000, S. 13). Die Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten verlangt jedoch nicht nur das Zusammentragen von Daten aus unterschiedlichen Quellen, das Zusammenfassen und Einschätzen von Theorien, die Darstellung von Fakten und Ergebnissen, sondern auch die Verwendung einer für den wissenschaftlichen Diskurs angemessenen Sprache. Nach Amendt und Schiffer (2006, S. 22-23) erfordert ein wissenschaftlicher Schreibstil die geordnete Präsentation der Ideen (z. B. Kontinuität bei Wortwahl, Konzept und thematischer Entwicklung), Einfachheit und Ökonomie im Ausdruck (z. B. Vermeidung von langatmigen Darstellungen und Redundanzen) sowie Präzision und Klarheit (z. B. Wörter mit umgangssprachlicher Bedeutung sind zu vermeiden). Auch die Darstellung schwieriger Sachverhalte hat sich an dem Prinzip der Klarheit und Verständlichkeit zu orientieren (vgl. Frank, Haacke & Lahm, 2007, S. 63). Kruses (1995, S. 67-69) Regeln der Wissenschaftssprache können ebenfalls Anregungen geben: <?page no="234"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 235 Belegen: Behauptungen, vor allem Meinungen anderer Personen sind durch Zitieren und/ oder Paraphrasieren zu belegen. Paraphrasieren: Ideen und Meinungen aus anderen wissenschaftlichen Texten sind in eigenen Worten wiederzugegeben. Zitieren: Wörtlich wiedergegebene Textstellen müssen zitiert werden (durch Anführungszeichen gekennzeichnet). Begründen: Alle Aussagen sind zu begründen, ebenso das Vorgehen/ die angewandten Methoden. Bezüge herstellen: Aussagen sind auf vorhandene Literatur zu beziehen. Begriffe definieren und präzisieren: Erklärungen, wie Wörter/ Konzepte verwendet werden, sind unerlässlich. Meist ist dies mit der Zuordnung zu einer theoretischen Perspektive/ einem Paradigma verbunden. Differenzieren: Gegenmeinungen sind zu diskutieren. Widersprüche eliminieren und logisch schließen: Idealerweise sind wissenschaftliche Texte widerspruchsfrei und Schlussfolgerungen logisch folgerichtig. Werte explizieren: Wertfrei zu schreiben, ist fast unmöglich. Deshalb ist es aber wichtig, sie nicht als gegeben vorauszusetzen, sondern zu explizieren. Weiterführende Hinweise zu wissenschaftlichen Sprachstilen geben Bünting, Bitterlich und Pospiech (2000, S. 89-112) sowie Frank, Haacke und Lahm (2007, S. 63). Dabei ist zu beachten, dass Unterschiede in den Wissenschaftskulturen und somit auch in den sportwissenschaftlichen Teildisziplinen hinsichtlich der Verwendung von Sprache und Stil existieren. Einigkeit herrscht darüber, dass die „Subjektivität suggerierende ‚Ich- Form‘ in jedem Fall wegzulassen [ist]. Stattdessen sollten Objektivität ausdrückende Formulieren gewählt werden (z. B. anstatt ‚ich untersuchte 20 Personen‘ die Wendung ‚es wurden 20 Personen untersucht‘ oder - bei interpretierenden Aussagen - nicht ‚ich glaube, dass…‘, sondern ‚Verfasser dieser Arbeit ist der Meinung, dass…‘)“ (Amendt & Schiffer, 2006, S. 23). Ferner ist bei einer wissenschaftlichen Arbeit auf fehlerfreie Orthographie, Interpunktion und Grammatik zu achten. Bei der formalen Gestaltung wissenschaftlicher Texte ist außerdem auf Schriftbild und Seitengestaltung zu achten. <?page no="235"?> 236 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Als Format ist DIN A4 zu verwenden, alle Seiten sind einseitig zu beschreiben. Der Rand auf jeder Seite beträgt typischerweise mindestens 2,5 cm auf jeder Seite sowie oben und unten. Bei der Schrift sind Schriftarten wie Times New Roman (Serifenschrift) oder Arial (Groteskschrift) zu verwenden. Der Schriftgrad beträgt 12 Pt, der Zeilenanstand ist 1,5-fach zu wählen. Der Blocksatz (rechts- und linksbündige Ausrichtung) ist dem Flattersatz (linksbündige Ausrichtung) vorzuziehen. Bei beiden Ausrichtungsarten muss eine Silbentrennung im Text vorgenommen werden. Bei den Seitenzahlen der wissenschaftlichen Arbeit ist zu beachten, dass bei Vorwort, Inhaltsverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis und den Verzeichnissen der Tabellen und Abbildungen römische Ziffern verwendet werden. Alle anderen Bestandteile der Arbeit werden mit arabischen Seitenzahlen fortlaufend von der ersten Seite des Fließtexts (einleitendes Kapitel) paginiert. Fußnoten werden gesetzt, wenn Ergänzungen zum Text (z. B. Übersetzungen fremdsprachiger Zitate) oder den Lesefluss störende Erläuterungen (z. B. Hinweise auf weiterführende Literatur) notwendig sind. Fußnoten werden vom Text durch einen durchgängigen Strich getrennt und einzeilig geschrieben. Sie sind fortlaufend zu nummerieren und werden durch hochgestellte arabische Ziffern ohne Klammern gekennzeichnet. Es ist zu beachten, dass die Fußnote auf der Textseite erscheint, auf die sie sich bezieht. Tabellen und Abbildungen müssen für sich sprechen und verständlich sein. Die Platzierung einer Abbildung oder Tabelle erfolgt in unmittelbarer Nähe zu ihrer ersten Erwähnung. Im Text wird dabei nur auf die Nummer der Tabelle oder Abbildung und nicht auf deren Titel verwiesen. Die Kennzeichnung jeder Tabelle erfolgt in einer Überschrift und die einer Abbildung in einer Unterschrift. Dabei wird zwischen selbst erstellten und fremden Tabellen bzw. Abbildungen unterschieden. Fremde Tabellen oder Abbildungen, die vom Autor übernommen werden, werden am Ende der Tabellenüberschrift bzw. Abbildungsunterschrift mit der betreffenden Quellenangabe (in Klammern) gekennzeichnet. Nimmt der Verfasser bei Tabellen von anderen Autoren Änderungen vor, ist der Quellenangabe innerhalb der Klammern der Zusatz „modifiziert nach“ voranzustellen. Sowohl Tabellen als auch Abbildungen werden (je für sich getrennt) fortlaufend nummeriert. Werden im Text Abkürzungen verwendet, für die kein Abkürzungsverzeichnis erstellt ist, müssen diese bei ihrer ersten Verwendung eingeführt werden (d. h. beim ersten Auftreten den Begriff ausschreiben und die <?page no="236"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 237 Abkürzung in Klammern hinzufügen). Abkürzungen sind über die gesamte wissenschaftliche Arbeit beizubehalten. 4.3.3 Standards bei Quellenangaben und Literaturverzeichnis Bei Quellenangaben in wissenschaftlichen Arbeiten unterscheidet man zwei Fälle: (1) die Angabe im Fließtext, die als Verweis auf das Literaturverzeichnis dient, und (2) die Angabe im Literaturverzeichnis selbst. Die folgenden Erläuterungen führen nur auszugsweise das Vorgehen beim Erstellen der Quellenangaben und des Literaturverzeichnisses aus. Weitere Angaben sind den Richtlinien für die Sportwissenschaft der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) zu entnehmen (vgl. Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft, 2002). Grundsätze der Quellenangaben im Fließtext Sämtliche Aussagen einer Arbeit, die nicht vom Verfasser selbst stammen oder nicht allgemein bekannte Tatsachen beinhalten, müssen gekennzeichnet werden. Ihre Herkunft ist so genau anzugeben, dass sie vom Leser jederzeit mit einem minimalen Arbeitsaufwand überprüft werden können. Alle im Text angegebenen Literaturstellen müssen ins Literaturverzeichnis aufgenommen werden. Grundsätzlich werden Zitate in doppelte Anführungszeichen gesetzt. Zitate, die weniger als vier Zeilen umfassen, erscheinen im fortlaufenden Text. Zitate, die mehr als vier Zeilen umfassen, werden eingerückt und bilden unter Beibehaltung der Schriftgröße und des vorgeschriebenen Zeilenabstandes einen Block für sich. Die zitierte Stelle wird mit einem Quellenkurzbeleg versehen, der auf das Literaturverzeichnis verweist und dort eine eindeutige Identifikation ermöglicht. Er umfasst den Familiennamen des Autors, das Erscheinungsjahr der Publikation und die Angabe der Seite, auf der das Zitat zu finden ist. Hat ein Text zwei Autoren, werden diese durch ein „&“ verbunden (z. B. Digel & Fahrner, 2003, S. 107). Bei drei bis fünf Autoren wird diese Autorengruppe bei der Erstnennung vollständig, im weiteren Text nur noch der erstaufgeführte Autor mit dem Zusatz „et al.“ genannt (z. B. Digel et al., 2006, S. 144). Bei sechs und mehr Autoren wird bereits bei der ersten Nennung nur der erstaufgeführte Autor mit dem Zusatz „et al.“ erwähnt. Im Literaturverzeichnis müssen jedoch bis zu sechs Autoren aufgeführt werden. Werden Werke von Autoren mit gleichem Nachnamen (z. B. Adolf Weber und Max Weber) zitiert, so ist jeweils der Anfangsbuchstabe des Vornamens hinzuzufügen, auch wenn das Jahr der Veröffentlichung unterschiedlich ist. <?page no="237"?> 238 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Zitate sind wörtliche Übernahmen fremder Aussagen in den eigenen Text. Sie sollten nur verwendet werden, wenn es sich um prägnante Sätze handelt, deren Wortlaut entscheidend ist. Die Übernahme längerer Zitate ist zu vermeiden. Die Übernahme von Zitaten muss buchstaben- und zeichengetreu erfolgen. Dabei ist auch die Übernahme der alten Rechtschreibweise zu beachten. Auch wenn Rechtschreib-, Zeichen- oder Grammatikfehler in der Originalquelle vorhanden sind, werden diese übernommen. Um Missverständnissen vorzubeugen, wird direkt nach dem Fehler ein „[sic]“ (in eckigen Klammer und kursiv) eingefügt. Bei einem Zitat gelten folgende Vorgaben: Das Zitat steht im Text zwischen doppelten Anführungszeichen; die ein Zitat abschließenden Anführungszeichen stehen stets vor einem etwaigen Satzzeichen. Folgt nach dem Ende des Zitats sofort die Quellenangabe, ist das Satzzeichen immer erst nach dieser zu setzen. Ist in der zitierten Stelle ein Wort oder Abschnitt zwischen doppelten Anführungszeichen, ist die entsprechende Stelle innerhalb des Zitats in einfache Anführungszeichen zu setzen. Die Fundstelle des Zitats ist durch Angabe der Seitenzahl zu präzisieren. Dabei ist bei der Angabe der Seitenzahl darauf zu achten, ob das Zitat nur auf einer Seite steht (z. B. S. 20), ob die übernommene Stelle auch noch die folgende Seite des Werkes berührt (z. B. S. 20-21) oder ob die Aussagen sich über mehrere Seiten erstrecken (z. B. S. 20-25). Ist die Seitenzahl nicht bekannt, wird an deren Stelle „o. S.“ angegeben. Beispiel: „Betrachtet man die Sportvereinlandschaft in Deutschland, wird eine enorme Bandbreite von Mitgliederzahlen, Sportangeboten, ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeitern deutlich“ (Fahrner, 2012, S. 45). Beispiel: Nach Burk (2003, S. 241) „beschränkt sich auch SAT.1 in seinem Sportprogramm auf wenige sogenannte Fernsehsportarten“. Änderungen an Zitaten sind grundsätzlich erlaubt. Hervorhebungen, Hinzufügungen und weitere Änderungen sind jedoch kenntlich zu machen. Hinzufügungen werden dabei in eckige Klammern gesetzt. Änderungen am Originaltext, z. B. Hervorhebungen durch Fett- oder Kursivdruck, müssen direkt nach der vorgenommenen Änderung gekennzeichnet werden. Werden in einem Zitat ein Wort oder mehrere Wörter ausgelassen, wird dies durch drei Punkte „...“ angezeigt. Bei Auslassungen zu Beginn oder am Ende eines Zitats stehen keine Auslassungspunkte. Dies gilt auch, soweit ein Zitat unmittelbar in den eigenen Text eingebaut und dabei Anfang und Ende des zitierten Satzes weggelassen werden. <?page no="238"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 239 Beispiel: „Einerseits ist von Sponsorenseite zu prüfen, inwieweit die eigenen Markenwerte inhaltliche Bezüge zu den Werten bzw. dem Image des … [potentiellen Sponsoringobjekts] aufweisen. Andererseits ist von … [diesen] zu reflektieren, inwieweit bestimmte Sponsorships mit der eigenen (distinktiven) Identität vereinbar sind“ (Schlesinger, 2010, S. 21). Die Übernahme eines Zitats, das bei anderen Autoren gefunden wurde (Sekundärzitat), ist zu vermeiden. Kann die Originalquelle jedoch nicht eingesehen werden, muss die Quellenangabe den Zusatz „zitiert nach...“ erhalten. Beispiel: „Diese sind leicht zu ermitteln und können für alle Vereinsmitglieder verständlich kommuniziert werden. Doch so gut sich diese Kriterien messen lassen, so folgenlos bleibt es in der Regel, wenn sie nicht erreicht werden“ (Thiel & Mayer, 2008, S. 138 zitiert nach Fahrner, 2012, S. 87). Unter Zitat im Zitat ist eine Textstelle zu verstehen, die bereits im Original in Anführungszeichen steht und im Zitat in einfache Anführungszeichen gesetzt wird. Beispiel: „Die Parteienlandschaft der USA wird von zwei großen politischen Parteien geprägt, den ‚Demokraten‘ und den ‚Republikanern‘“ (Digel, Burk & Fahrner, 2006, S. 109). Bei einer Paraphrase wird ein fremder Text nicht wortgetreu, sondern sinngemäß wiedergegeben. Hat man dem Werk eines Autors einen Gedanken entnommen oder behandelt man einen Sachverhalt mit anderen Worten als der Autor, ist dies kenntlich zu machen. Dabei entfallen die Anführungszeichen. Der Beleg ist am Ende der betreffenden Passage mit einem „vgl.“ zu kennzeichnen. Beispiel: Öffentlich-rechtliche TV-Programme legen einen Fokus auf die Ausstrahlung von Live-Berichterstattung, während private Sender eher redaktionell bearbeitete Sportsendungen bevorzugen (vgl. Burk, 2003, S. 209). Grundsätze der Quellenangaben im Literaturverzeichnis In das Literaturverzeichnis müssen alle in der Arbeit verwendeten Quellen aufgenommen werden. Wichtig für die Lesbarkeit des Literaturverzeichnisses ist eine gute Unterscheidung der Referenzen, z. B. durch Einfügen einer Leerzeile oder hängende Absätze. Die Anordnung des Literaturverzeichnisses erfolgt alphabetisch nach den Familiennamen der Autoren. Werden <?page no="239"?> 240 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) mehrere Veröffentlichungen eines Verfassers in das Literaturverzeichnis aufgenommen, sind die Veröffentlichungen chronologisch mit dem ältesten Titel beginnend zu ordnen. Titel mit Koautoren kommen erst nach der Auflistung aller Titel des erstgenannten Autors. Dabei gilt als erstes Kriterium die alphabetische Reihenfolge der Koautoren, als zweites Ordnungskriterium das Erscheinungsjahr. Mehrere Titel eines Verfassers/ einer Autorengruppe aus demselben Jahr sind mit a, b, c zu kennzeichnen, dies gilt auch für die Angaben im Text selbst. Beispiel: Burk, V. (2003). Sportberichterstattung im dualen Fernsehsystem. Öffentlichrechtliche und private Programme im Vergleich. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Burk, V. (2006a). Fußball auf europäischen Bildschirmen. In E. Müller & J. Schwier (Hrsg.), Medienfußball im europäischen Vergleich (S. 29-46). Köln: Herbert von Halem Verlag. Burk, V. (2006b). Russland - ein Land und sein Spitzensport im Umbruch. Olympisches Feuer, o.J. (4), 38-40. Burk, V. & Digel, H. (2002). Zur Entwicklung des Fernsehsports in Deutschland. In J. Schwier (Hrsg.), Mediensport. Ein einführendes Handbuch (S. 101-124). Baltmannsweiler: Schneider Verlag. Burk, V. & Schauerte, T. (2007). Das Angebot von Sport in den Medien international. In T. Schierl (Hrsg.), Handbuch Medien, Kommunikation und Sport (S. 69-80). Schorndorf: Hofmann. Bei mehreren Autoren sind bis zu sechs Namen aufzuführen; das Vorhandensein weiterer Autoren ist durch den Zusatz „et al.“ zu kennzeichnen. In Literaturverzeichnissen werden akademische Titel der Autoren nicht erwähnt. Ist ein Werk nicht von einer Person, sondern von einer Körperschaft, Gesellschaft oder dergleichen herausgegeben, wird diese an der Stelle des Verfassers angegeben. Wenn Veröffentlichungen keine Verfasser oder Herausgeber haben, rückt der Titel an die Position des Autors/ Herausgebers, wobei die alphabetische Einordnung nach dem ersten inhaltsbedeutsamen Begriff erfolgt. Das Erscheinungsjahr folgt dem Autorennamen und ist in Klammern zu setzen. Fehlt das Jahr der Veröffentlichung, wird an Stelle der Jahreszahl die Kennzeichnung „o. D.“ (ohne Datum) angegeben. Bei mehreren Verlagsorten werden bis zu sechs genannt, weitere werden durch „et al.“ festgehalten. Fehlender Verlagsort oder Verlag werden mit „o. O.“ (ohne Ort) bzw. „o. V.“ (ohne Verlag) angegeben. <?page no="240"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 241 Eine Erstauflage wird nicht explizit gekennzeichnet. Alle weiteren Auflagen sind als solche zu kennzeichnen, gegebenenfalls mit den Zusätzen „erweitert“, „revidiert“, „überarbeitet“ etc. Beispiel: Fahrner, M. & Moritz, N. (2009). Doppelstunde Schwimmen. Unterrichtseinheiten und Stundenbeispiele für Schule und Verein. Schorndorf: Hofmann. Fahrner, M. & Moritz, N. (2011). Doppelstunde Schwimmen. Unterrichtseinheiten und Stundenbeispiele für Schule und Verein (2. Auflage). Schorndorf: Hofmann. Im Folgenden werden beispielhaft Quellenangaben in einem Literaturverzeichnis vorgestellt. Dabei wird zunächst auf Printmedien eingegangen, bei denen man Bücher/ Sammelwerke, Beiträge in Sammelbänden, Beiträge in Zeitschriften (mit unterschiedlicher Paginierung) und Beiträge in Zeitungen unterscheiden kann: Bücher und Sammelwerke Nachname, Vorname-Initial. (ggf. „Hrsg.“) (Erscheinungsjahr). Titel. Untertitel (ggf. Auflage). Verlagsort: Verlag. Fahrner, M. (2012). Grundlagen des Sportmanagements. München: Oldenbourg. Beiträge in Sammelbänden Nachname, Vorname-Initial. (Erscheinungsjahr). Titel. Untertitel. In Vorname-Initial, Nachname des Herausgebers (Hrsg.), Titel des Sammelbandes (Seitenzahlen). Verlagsort: Verlag. Burk, V. & Schauerte, T. (2007). Das Angebot von Sport in den Medien international. In T. Schierl (Hrsg.), Handbuch Medien, Kommunikation und Sport (S. 69-80). Schorndorf: Hofmann. Beiträge in Zeitschriften mit Jahrgangsbzw. Bandpaginierung Nachname, Vorname-Initial. (Erscheinungsjahr). Titel. Name der Zeitschrift, Jahrgang, Seitenangaben. Digel, H. & Burk, V. (1999). Die Entwicklung des Fernsehsports in Deutschland. Sportwissenschaft, 29, 22-41. Beiträge in Zeitschriften mit heftweiser Paginierung <?page no="241"?> 242 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Nachname. Vorname-Initial. (Erscheinungsjahr). Titel. Name der Zeitschrift, Jahrgang(Heft), Seitenangaben. Fahrner, M. (2011). Steuerung und Kontrolle von Schwimmbewegungen. Überlegungen zur Formulierung von Bewegungsaufgaben und Feedback in einem technikorientierten Unterricht. Sportunterricht, 60 (5), 130-134. Beiträge in Zeitungen Nachname, Vorname-Initial. (Erscheinungsdatum). Titel. Name der Zeitung, Ausgabennummer, Seitenangaben. Kistner, T. (2002, 23./ 24. Februar). Bergab in die Armut. Eine Studie belegt, dass viele Olympioniken nach ihrer Zeit als Sportler am wahren Leben scheitern. Süddeutsche Zeitung, 46, 50. Bei elektronischen Medien wird nur auf Quellen aus dem Internet eingegangen; weitere Quellenangaben bei elektronischen Medien (z. B. CD-ROM, DVD) sind den Richtlinien der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (2002) zu entnehmen. Die wichtigste Angabe ist der URL (Uniform Resource Locator), der eindeutig sein muss. Es wird empfohlen, nur Quellen zu verwenden, deren Beständigkeit zuverlässig eingeschätzt werden kann. Zudem ist darauf zu achten, dass die zu zitierenden Textstellen eingegrenzt werden können (z. B. durch Seitenzahlen bei pdf-Dateien und durch Textanker (#Textstelle) oder Absatznummerierungen bei html-Dateien). Bei der Angabe von Internetseiten aus dem World Wide Web ist auf die genaue Angabe des Datums zu achten. Neben dem Datum des Zugriffs ist das Datum der Erstellung oder der Revision (der letzten Aktualisierung) der Seite anzugeben. Internet Nachname, Vorname-Initial. (Jahr, Tag (als Zahl), Punkt und Monat (ausgeschrieben).). Titel. Untertitel. Zugriff am Tag (als Zahl), Monat (ausgeschrieben), Jahr unter URL (vollständige Angabe) Burk, V. (2012, 8. Juni). Der Traum vom großen Geld. Zugriff am 14. Juni 2013 unter http: / / www.vocer.org/ de/ artikel/ do/ detail/ id/ 193/ der-traum-vom-grossen-geld.html <?page no="242"?> Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten 243 Praxisbeispiel: Titelblatt e einer Seminararbeit Eberhard Karls Universität Tübingen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakutät Institut für Sportwissenschaft Seminar „Sportmedien und ihre Inhalte“ WS 2012/ 2013 Dozentin: Dr. Verena Burk Seminararbeit Sportberichterstattung im Magazin „Der Spiegel“ - eine inhaltsanalytische Untersuchung der Jahre 2011 und 2012 Max Mustermann Bachelor-Studiengang Sportwissenschaft mit dem Profil „Sportpublizistik“ Schillerstraße 24 72074 Tübingen Tübingen, 15. März 2013 <?page no="243"?> 244 Wissenschaftliches Arbeiten (Marcel Fahrner, Verena Burk) Kontrollfragen [1] Der formale Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten wird typischerweise über Standardkapitel vorgenommen. Welche Standardkapitel lassen sich unterscheiden und in welcher Reihenfolge werden diese angeordnet? Was ist bei der Verbindung der einzelnen Kapitel zu beachten? [2] Bei wissenschaftlichen Texten muss eine dem wissenschaftlichen Diskurs angemessene Sprache verwendet werden. Was sind wichtige Kennzeichen eines wissenschaftlichen Schreibstils? [3] Wissenschaftliche Texte folgen in der formalen Gestaltung bestimmten Richtlinien und Regeln. Nennen Sie exemplarisch drei dieser Regeln. [4] Wissenschaftliche Arbeiten unterliegen Standards bei den Quellenangaben. Hierbei unterscheidet man u. a. zwischen Zitat und Paraphrase. Kennzeichnen Sie beide Möglichkeiten der Quellenangabe und führen Sie jeweils ein Beispiel an. [5] Bei der Gestaltung eines Literaturverzeichnisses sind verschiedene Grundsätze zu beachten. Nennen Sie zwei dieser Grundsätze. [6] Quellenangaben im Literaturverzeichnis erfolgen in Abhängigkeit der Art der Quelle (z. B. Monographie, Zeitschriftenbeitrag). Wie werden im Literaturverzeichnis Quellenangaben für einen Beitrag in einem Sammelband und für eine Internetquelle angegeben? <?page no="244"?> 5 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge (Verena Burk) In Bezug auf potentielle Berufsfelder von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge ist es zu weitreichenden Veränderungen durch den sozialen Wandel, die zunehmende Relevanz von Sport in unserer Gesellschaft, die stetige Ausdifferenzierung des Sportsystems und die unterschiedlichen Vorstellungen darüber, was man unter Sport verstehen kann und was zum Sport gehört, gekommen. Daneben ist in den letzten Jahren auch eine Differenzierung sportwissenschaftlicher Studiengänge und -profile zu beobachten - ausgelöst und beschleunigt durch die Bologna- Reformen Anfang der 2000er Jahre. Während in den 1980er und 1990er Jahren an den sportwissenschaftlichen Instituten der deutschen Hochschulen Studierende fast ausschließlich in Lehramtsstudiengängen „Sport“ ausgebildet und diese später durch Diplomstudiengänge verschiedener Profilierungen ergänzt wurden, sind heute flächendeckend Bachelor- und Masterstudiengänge in der sportwissenschaftlichen Ausbildung anzutreffen. Insgesamt kann man derzeitig von ca. 110 verschiedenen sportwissenschaftlichen Bachelor- und 95 Masterstudiengängen ausgehen (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2013, o. S.), die an den rund 65 sportwissenschaftlichen Instituten, privaten Hochschulen und anderen Instituten angeboten werden. Auswirkungen auf Berufsfelder, Beschäftigungsverhältnisse und Tätigkeitsfelder haben die Verkürzung der Ausbildungsdauer, die Verschulung des Studienablaufs, die von der Politik geforderte berufsqualifizierende Ausrichtung der Studieninhalte und somit die Entwicklung vom Generalisten „Sportwissenschaftler“ zum Spezialisten in unterschiedlichen Sport-Teilbereichen. Eine besondere Herausforderung stellt sich auch für Absolventen von Lehramtsstudiengängen, da es aufgrund demographischer Entwicklungen und bildungspolitischer Weichenstellungen zukünftig wahrscheinlich weniger Lehrerstellen als ausgebildete Sportlehrer geben wird. Nicht im Schuldienst tätige Sportlehrer sehen sich zudem in den außerschulischen Berufs- <?page no="245"?> 246 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) feldern in starker Konkurrenz zu den Absolventen sportwissenschaftlicher BA- und MA-Studiengänge, die eine Spezialisierung für besondere Berufsfelder aufweisen. 5.1 Ausgewählte Aspekte zur Berufstätigkeit von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge Setzt man sich mit Berufsfeldern von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge auseinander, ist es nahe liegend, sich Studien zuzuwenden, die ehemalige Studierende der Sportwissenschaft zu ihrem Berufs- und Tätigkeitsfeld befragen und somit Einblicke in Beschäftigungsverhältnisse geben. Eine weitere Orientierung bieten Arbeitgeberbefragungen, die vor allem notwendige Qualifikationen und Kompetenzen für ausgewählte Berufsfelder in den Mittelpunkt stellen. Lernziele Die Leser erkennen, welche unterschiedlichen Berufsfelder und Arbeitsmöglichkeiten für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge existieren. Sie erfahren, wie und in welchen Berufsfeldern Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge in den vergangenen Jahren anschlussfähig waren und in welcher Art von Beschäftigungsverhältnis sie arbeiten. Die Leser setzen sich mit Anforderungsprofilen ausgewählter sportwissenschaftlicher Berufsfelder auseinander und erfahren aus Arbeitgebersicht, welche Kenntnisse, Kompetenzen und Qualifikationen jeweils als wichtig erachtet werden. 5.1.1 Beschäftigungsverhältnisse von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge Zahlreiche sportwissenschaftliche Institute in Deutschland führten und führen regelmäßig Befragungen durch, um den beruflichen Verbleib von Absolventen ihrer Studiengänge zu ermitteln (u. a. Emrich, 1988; Heinemann, Dietrich & Schubert, 1990; Hartmann-Tews & Mrazek, 1994; 2002; 2007; Thiele & Timmermann, 1997; Cachay & Thiel, 1999; Cachay, Thiel & <?page no="246"?> Ausgewählte Aspekte zur Berufstätigkeit 247 Meier, 1999; Emrich & Pitsch, 1994; 2003; Mrazek & Hartmann-Tews, 2010). Gegenstand der Untersuchungen sind in der Regel die gewünschten Tätigkeitsfelder der Absolventen, erworbene (Zusatz-)Qualifikationen im und neben dem Studium, Stellensuche und Zugang zur Berufstätigkeit sowie gegenwärtige Beschäftigungsverhältnisse, Tätigkeitsfelder und Einkommensverhältnisse. Absolventenstudien der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) erheben seit über 20 Jahren Daten zur Beschäftigungssituation ihrer Absolventen. Die fünf Diplom-Studienschwerpunkte der DSHS (Training und Leistung, Freizeit und Kreativität, Prävention und Rehabilitation, Ökonomie und Management, Medien und Kommunikation) weisen außerdem eine sportwissenschaftliche Profilierung und Spezialisierung ähnlich den aktuell gängigen sportwissenschaftlichen Bachelor- und Masterstudiengängen auf. Deshalb werden im Folgenden exemplarisch die Absolventenstudien der DSHS herangezogen. Studien zu Berufskarrieren sportwissenschaftlicher Bachelor- und Masterabsolventen liegen derzeit in Deutschland nicht vor. Ergebnisse von Absolventenstudien der DSHS der Jahrgänge 2003-2005 (n = 525) und 2006-2008 (n = 417) wurden jüngst in einer vergleichenden Gegenüberstellung von Mrazek und Hartmann-Tews (2010) veröffentlicht. Ziel der vergleichenden Untersuchung war zum einen die Analyse, „welche Beschäftigungschancen bzw. Arbeitsmöglichkeiten sich gegenwärtig bieten, zum anderen kann ein Vergleich mit den vorherigen Daten wichtige Hinweise auf Veränderungen der Berufswege und Trends im Berufsfeld ‚Sport‘ geben“ (Mrazek & Hartmann-Tews, 2010, o. S.). Bei der Frage nach dem momentanen Beschäftigungsverhältnis (Mehrfachnennungen waren möglich) der Absolventen des Diplomstudiengangs „Sportwissenschaft“ gaben die meisten Befragten an, in einer hauptberuflichen Anstellung zu sein. Für die Absolventenjahrgänge 2006 bis 2008 waren dies nahezu 65%. Freiberuflich tätig oder selbständig waren rund ein Viertel der Absolventen, von Arbeitslosigkeit betroffen waren hingegen nur 3,1% (Jahrgänge 2003-2005) bzw. 2,6% (Jahrgänge 2006-2008) (vgl. Abb. 20). Im Vergleich der beiden Jahrgänge sprechen Mrazek und Hartmann-Tews von einem Trend hin zu sportnahen Ganztagsstellen - jedoch in der Regel mit einer zeitlichen Befristung (vgl. Mrazek & Hartmann-Tews, 2010, o. S.). <?page no="247"?> 248 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) 2,6 2,2 4,3 12,5 14,4 24,2 64,5 3,1 5,8 6,6 12,7 18,7 26,7 52,8 0 10 20 30 40 50 60 70 Arbeitslos Haushalt/ Kindererziehung Referendariat Weiter-/ Berufsausbildung/ Studium Neben-/ Teilzeit-/ Honorartätigkeit freiberuflich/ selbständig Hauptberufliche Anstellung 2003-2005 2006-2008 Abb. 20: Erwerbs- und Beschäftigungssituation von Diplom-Sportwissenschaftlern der DSHS Köln (Angaben in %) (Mrazek & Hartmann- Tews, 2010, o. S.) Die Berufsfelder, in denen die Diplom-Sportwissenschaftler der DSHS Köln nun arbeiten, unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Jahrgängen kaum (vgl. Abb. 21). Der Bereich „Organisation/ Management“ liegt mit rund 30% an der Spitze, gefolgt von „Prävention“ und „Rehabilitation“, die zusammengefasst ebenso auf 30% kommen. Alle weiteren Berufs- und Arbeitsfelder spielen eine geringere Rolle (vgl. Mrazek & Hartmann-Tews, 2010, o. S.). <?page no="248"?> Ausgewählte Aspekte zur Berufstätigkeit 249 29,7 2,1 13,5 17,4 17,1 21,7 24,8 32,1 27,3 4,2 7,9 17,3 17,3 18,9 22,8 29,1 0 5 10 15 20 25 30 35 Anderes Berufsfeld Spiel/ Musik/ Tanz Leistungssport Publizistik Freizeit-/ Breitensport Rehabilitation Prävention Organisation/ Management 2003-2005 2006-2008 Abb. 21: Berufsfelder von Diplom-Sportwissenschaftlern der DSHS Köln (Angaben in %) (Mrazek & Hartmann-Tews, 2010, o. S.) Fragt man die DSHS-Absolventen nach den Gründen, warum sie eine berufliche Anstellung gefunden haben, gibt die Mehrzahl (73,4% und 74,0%) Berufsfelderfahrungen wie Praktika an. Auch persönliche Kontakte und Beziehungen, das Diplom im Fach Sportwissenschaft und die Wahl des Studienschwerpunkts spielen eine Rolle (vgl. Abb. 22). Von geringerer Bedeutung sind nach Mrazek und Hartmann-Tews (2010, o. S.) Auslandserfahrungen, Zusatzqualifikationen im Sport, die Bereitschaft, eine unterbezahlte Stelle anzunehmen sowie die Examensnote. Als Fazit ihrer Studien sehen Mrazek und Hartmann-Tews (2010) die Berufsperspektiven für Sportwissenschaftler trotz des schwierigen Arbeitsmarkts als gut an - obwohl der Einstieg ins Berufsleben oftmals nicht unmittelbar gefunden wird und alleine ein abgeschlossenes Studium ohne praktische Erfahrungen und persönliche Kontakte offensichtlich keine ausreichende Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt darstellt. Die Betonung berufspraktischer Erfahrungen wurde mit der Einführung sportwissenschaftlicher Bachelor-Studiengänge Programm, da diese neben einer berufsqualifizierenden Ausbildung oftmals explizit Berufsfelderfahrungen in Form von Praktika vorsehen. <?page no="249"?> 250 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) 21,9 43,9 31,6 43,1 54,3 74 18,5 43,2 46,1 46,1 52,8 73,4 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Diplom an der DSHS Diplom im Bereich Sportwissenschaft Vorherige Tätigkeit in dieser Einrichtung Schwerpunkt im Studium Kontakte/ Beziehungen Praktische Erfahrungen 2003-2005 2006-2008 Abb. 22: Wichtige Einstellungsgründe für hauptberuflich angestellte Diplom- Sportwissenschaftler der DSHS Köln (Angaben in %) (Mrazek & Hartmann-Tews, 2010, o. S.) Zusammenfassend lässt sich somit konstatieren, dass die Mehrzahl der sportwissenschaftlichen Absolventen eine hauptberufliche Anstellung findet - wenn auch zunächst mit einer zeitlichen Befristung -, der Organisations-/ Managementbereich und gesundheitsorientierte Tätigkeitsfelder (Prävention und Rehabilitation) zu den am häufigen ausgeübten Berufsfeldern zählen. Vor allem praktische Erfahrungen (z. B. Praktika), persönliche Beziehungen und Kontakte erhöhen aus Sicht der Absolventen die Chancen auf eine berufliche Anstellung. 5.1.2 Anforderungen an sportwissenschaftliche Berufseinsteiger aus Arbeitgebersicht Empirisch fundierte Aussagen darüber, welche Qualifikationen, Kenntnisse und Fähigkeiten Arbeitgeber in sportwissenschaftlichen Berufsfeldern von Absolventen erwarten, sind selten. Vorliegende Studien beschäftigen sich typischerweise mit den Beschäftigungschancen von Sportwissenschaftlern und Anforderungen des Arbeitsmarkts aus der Perspektive eines spezifi- <?page no="250"?> Ausgewählte Aspekte zur Berufstätigkeit 251 schen Berufsfelds (z. B. Gesundheitssektor, vgl. hierzu beispielhaft Cachay & Thiel, 1999). Exemplarisch wird im Folgenden auf die im Mai 2005 vom Career Service der Sporthochschule Köln veröffentlichte Studie zum Anforderungsprofil des Arbeitsmarkts an Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge Bezug genommen. In dieser Studie beantworteten 99 von 305 befragten Arbeitgebern - vorwiegend aus den Bereichen „Freizeit- und Breitensport“, „Rehabilitation und Behindertensport“, „Gesundheitssport und Prävention“ sowie „Fitness und Wellness“ - Untersuchungsfragen wie „Wodurch ist die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt charakterisiert? “ und „Was müssen Sportwissenschaftler künftig mitbringen, um erfolgreich den Berufseinstieg zu schaffen? “ (vgl. Kortmann, Holtermann & Lohmar, 2005, S. 2-3). In Bezug auf Berufsfelder und Arbeitsmöglichkeiten von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge sind vor allem die Aussagen zu Tätigkeitsfeldern und Rekrutierungskanälen von Interesse. Vollzeitmitarbeiter sind vor allem in Administration und Verwaltung (u. a. Management oder Abteilungsleitung) tätig, während Teilzeit- und Honorarkräfte im Trainings- und Kursleitungsbereich beschäftigt sind. Um geeignete Mitarbeiter zu finden, werden Bewerbungen über Jobbörsen und Anzeigen, Kontakte zu Schulen und Hochschulen, Initiativbewerbungen, eigene Bewerberkarteien sowie persönliche Kontakte und Empfehlungen aus dem beruflichen und universitären Umfeld herangezogen (vgl. Kortmann, Holtermann & Lohmar, 2005, S. 5-6). Beim Anforderungsprofil der Mitarbeiter schätzen Arbeitgeber insbesondere Organisations-/ Verwaltungs-/ Managementkenntnisse als bedeutsam ein. Ferner spielen das Fachwissen in Sportdidaktik/ -methodik, Trainings-/ Bewegungslehre sowie sportpraktische Fertigkeiten eine wichtige Rolle. Persönliche Eigenschaften wie Belastbarkeit, Verantwortungsbewusstsein, selbständiges Arbeiten und gute Auffassungsgabe werden von den befragten Arbeitsgebern ebenso wichtig eingeschätzt wie soziale Kompetenzen. Von besonderer Bedeutung sind für die Arbeitgeberseite Zuverlässigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Freundlichkeit, Teamfähigkeit, Kontaktfreude und Motivationsfähigkeit. Bei den Zusatzqualifikationen werden vor allem Lizenzen im Trainer- und Übungsleiterbereich benannt. Defizite bei den Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge sehen die Arbeitsgeber vor allem in fehlender Berufspraxis und in mangelnden kaufmännischen Kenntnissen (vgl. Kortmann, Holtermann & Lohmar, 2005, S. 7-10). <?page no="251"?> 252 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Kontrollfragen [1] Welche unterschiedlichen Berufsfelder, Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsmöglichkeiten existieren für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge in Deutschland? [2] Welche Kenntnisse, Kompetenzen und Qualifikationen erachten potentielle Arbeitgeber von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge als wichtig? 5.2 Ausgewählte Berufsfelder und Profile von Sportwissenschaftlern Für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge kommen je nach Studienschwerpunkt und Studienabschluss unterschiedliche Berufsfelder infrage. Folgt man beispielsweise der Systematik von Haag und Mess (2010) oder Lange (1995), arbeiten die Absolventen der Lehramtstudiengänge „Sport“ überwiegend im öffentlichen und privaten Schulwesen als Schulsportlehrer. Sportwissenschaftler der Diplom-, Bachelor- und Masterstudiengänge arbeiten nach ihrem Studium vorwiegend im außerschulischen Bereich. Tätigkeitsfelder sind in Sportvereinen und -verbänden, bei Sportveranstaltern, im Behindertensport, im Betriebssport, in Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen, bei kommerziellen Sportanbietern (z. B. Fitnessbereich; Sporttourismusbranche), bei Medienunternehmen, in der Sportartikelindustrie, in Vermarktungsagenturen und in der öffentlichen Sportverwaltung vorhanden. Auch Hochschulen und Forschungsinstitute bieten Sportwissenschaftlern Beschäftigungsmöglichkeiten. Lernziele Die Leser lernen spezifische Kennzeichen ausgewählter Berufsfelder für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge kennen. Sie erfahren aus beispielhaften Absolventenprofilen, welche Kenntnisse, Kompetenzen und Qualifikationen in den Berufsfeldern jeweils als wichtig erachtet werden. <?page no="252"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 253 Durch die Einführung sportwissenschaftlicher Bachelor- und Masterstudiengänge fand eine zunehmende Spezialisierung hinsichtlich der Studieninhalte und somit der Vorbereitung auf spezifische Berufsfelder statt. Im Folgenden werden neun Berufsfelder exemplarisch vorgestellt und von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge der Universität Tübingen beispielhaft charakterisiert, v. a. in Bezug auf den Zugang zu ihrer momentanen Arbeitsstelle, notwendige fachliche Qualifikationen, soziale Kompetenzen und die Bedeutung von Berufsfelderfahrungen. Darüber hinaus geben sie Tipps für Studienanfänger zur Studiumsgestaltung. 5.2.1 Schule Der Beruf des Sportlehrers ist eines der bekanntesten Berufsfelder für Sportstudierende. Je nach Studienabschluss und Bundesland kann man als Sportlehrer an unterschiedlichen Schularten (Grund-, Werksreal-, Gesamt-, Förder-, Berufsschulen, Gymnasium) in verschiedenen Schulstufen (Primarstufe, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II) unterrichten. Der Hauptbestandteil des Sportlehrerberufs stellt das Unterrichten dar. Einen Großteil nimmt dabei die Sportpraxis ein, aber auch die Vermittlung sportwissenschaftlicher Grundlagen spielt eine Rolle, vor allem in der gymnasialen Sekundarstufe II. Lehr- und Bildungspläne der Bundesländer sind dabei jeweils als Richtlinien zu verstehen, woran sich Sportlehrer beim Konzipieren und Durchführen des Sportunterrichts orientieren. Neben dem verpflichtenden Sportunterricht können Sportlehrer auch im außerunterrichtlichen Schulsport aktiv sein. Hierzu zählen Sportfeste/ -tage, der Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“, Kooperationen Schule - Verein, Arbeitsgemeinschaften (AGs) und Exkursionen (z. B. Skilandschulheim). Weitere Tätigkeitsfelder sind ein Engagement im Deutschen Sportlehrerverband (DSLV) oder die Mitarbeit in der Schulverwaltung (z. B. Beantragung von Schulsportetats oder Mitarbeit bei der Schulentwicklung). Auch eine Tätigkeit in Kultusministerien oder an staatlichen Seminaren im Rahmen der Referendarsausbildung ist denkbar. Das Anforderungsprofil eines Sportlehrers setzt sich aus dem typischen Anforderungsprofil eines Lehrers und den speziellen Anforderungen des Sportunterrichts zusammen. Neben der fachdidaktischen Kompetenz (u. a. Unterrichten in verschiedenen Sportarten) und der erzieherischen Kompetenz (u. a. Vorbildfunktion, Führungskompetenz) müssen Sportlehrer Organisationskompetenz (u. a. Planung und Durchführung von Veranstaltungen), Selbstkompetenz (u. a. Belastbarkeit, Selbstbewusstsein), Gesprächs- <?page no="253"?> 254 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) kompetenz (u. a. Argumentationsfähigkeit, Vermittlungsfähigkeit), Beziehungskompetenz (u. a. Empathie, Konfliktfähigkeit) sowie Fach- und Sachkompetenz (u. a. Medienkompetenz, Fach- und Gesetzeswissen) täglich unter Beweis stellen. Die spezifischen Bedingungen des Sportunterrichts (u. a. Umgang mit diversen Stressfaktoren, z. B. durch den erhöhten Lärmpegel in der Sporthalle) komplementieren das Anforderungsprofil des Sportlehrerberufs. Fallbeispiel: Berufsfeld Schule Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Ich habe ein Lehramtsstudium für das Gymnasiallehramt in den Fächern Sport und Französisch absolviert. Als Zusatzqualifikationen im Sport konnte ich die C-Trainerlizenzen im Tennis und in der Leichtathletik nachweisen, die sich als nützlich bei den Stellenausschreibungen für Sportlehrer erwiesen, da diese häufig eine Spezialisierung in einzelnen Sportarten fordern. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Mein Zugang erfolgte über das zentrale Listenauswahlverfahren des Regierungspräsidiums. Entscheidend sind hier der regionale Bedarf (z. B. an Fächerkombinationen) und die Leistungszahl (gewichtete Gesamtnote aus der Ersten und Zweiten Lehramtsprüfung). Bei Bewerbungen an Privatschulen, die ihre Lehrer selbst aussuchen, wird neben der Abschlussnote auch Wert auf schulisches und außerschulisches Engagement gelegt (z. B. im Sportverein). Tätigkeitsfeld: Mein Tätigkeitsfeld umfasst das Unterrichten in allen Klassenstufen, Aufgaben von Klassenlehrern und in der Schulentwicklung, Elterngespräche, die konzeptionelle Ausarbeitung und Umsetzung der „Bewegten Schule“ und der Kooperation Schule - Verein, die Schulhofgestaltung, die Planung und Durchführung von Veranstaltungen (z. B. Klassenfahrten, Sporttagen, Skilandschulheime) sowie die Teilnahme an fachlichen, methodischen und pädagogischen Fortbildungen. Berufsfelderfahrungen: Ich habe bereits während meiner Schulzeit erste Erfahrungen als Trainer im Kinder- und Jugendtraining (Tennis, Leichtathletik) gesammelt. Dies hat mir dabei geholfen, souverän vor Gruppen zu stehen und Übungsstunden zu strukturieren. Mein Zivildienst in einer Jugendeinrichtung war eine nützliche Erfahrung, da der Umgang mit problematischen Jugendlichen aus bildungsfernen <?page no="254"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 255 Schichten erprobt wurde. Während meines Studiums half mir das Engagement in der Fachschaft „Sport“, wichtige Erfahrungen in der Organisation von Veranstaltungen zu sammeln. Besondere Bedeutung hatte für mich auch das Schulpraktikum am Gymnasium, da ich mich hier als Lehrerpersönlichkeit mit ausgearbeiteten Schulstunden in der Praxis beweisen musste. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Ein Lehrer sollte meiner Meinung nach psychische Stabilität besitzen (d. h. Fähigkeit zur Misserfolgsverarbeitung, Frustrationstoleranz, Erholungs- und Entspannungsfähigkeit, Stabilität bei emotionalen Belastungen, Stressresistenz). Ferner spielen die Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen, Verantwortungsbewusstsein, Begeisterungsfähigkeit und beruflicher Idealismus eine wichtige Rolle. Bei den sozialen Kompetenzen sind Durchsetzungsvermögen in kommunikativen Situationen, Sensibilität, Freundlichkeit und sicheres Auftreten hervorzuheben. Einstiegsgehalt: Im öffentlichen Dienst ist als Einstieg die Entgeltgruppe A13 (entspricht an privaten Schulen E 13) üblich. Das Gehalt beträgt bei einer vollen Stelle ca. 3.300 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Man sollte sich bereits während des Studiums in einem Sportverein oder in der Jugendarbeit engagieren, um zu erfahren, ob die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Freude bereitet und den eigenen Fähigkeiten entspricht. Es ist sinnvoll, sich vor Beginn des Referendariats nach dem Bedarf der Schulen in den jeweiligen Fächern zu erkundigen. Auch haben Schulleiter bei der Vergabe der Stellen einen Einfluss. Sollte die Schule Bedarf haben, ist es empfehlenswert, sein Referendariat an dieser Schule zu absolvieren. Eine Garantie für eine spätere Anstellung ist dies jedoch nicht. Es kann auch sinnvoll sein, das Schulpraktikum und das Referendariat an der gleichen Schule abzuleisten. Voraussetzung ist jedoch, dass man einen sehr guten Eindruck hinterlassen hat. P. M. (28 Jahre, Gymnasiallehrer in den Fächern Sport und Französisch, Studienrat) 5.2.2 Hochschule und Wissenschaft Das Berufsfeld Hochschule und Wissenschaft ist zahlenmäßig einem kleinen Personenkreis vorbehalten. Arbeitgeber sind die rund 65 sportwissenschaftlichen Hochschuleinrichtungen in Deutschland, Forschungsinstitute <?page no="255"?> 256 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) wie das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig und das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in Köln. Voraussetzung für die Tätigkeitsfelder an den Hochschulen sind (sport-) wissenschaftliche Qualifikationen (MA-Studienabschluss, Promotion, Habilitation) und pädagogische Qualifikationen, das Interesse an sportwissenschaftlicher Forschung, der Nachweis von Verbandslizenzen sowie von Lehrtätigkeit und berufsspezifischen hochschul-/ sportpolitischen Aktivitäten (u. a. Übernahme von Funktionen in der Hochschulselbstverwaltung) (vgl. Lange, 1995, S. 113-114; Haag & Mess, 2010, S. 36). Bei der Stellenstruktur wird zwischen Hochschullehrern/ Professoren (W1bis W3- Professuren, Junior-Professuren), Akademischen (Ober-)Räten und wissenschaftlichen Mitarbeitern (auf Dauer/ Zeit) unterschieden. Das Tätigkeitsfeld an Hochschulen umfasst Forschung inklusive Einwerbung von Drittmitteln und Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, Durchführung von Lehrveranstaltungen, Betreuung von Abschlussarbeiten und Prüfungen, Mitarbeit in der Scientific Community (u. a. Besuch/ Ausrichtung von wissenschaftlichen Veranstaltungen, Mitarbeit in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft oder weiteren Berufsverbänden) sowie Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung der Institute, Fakultäten und Hochschulen. Ferner kann der allgemeine Hochschulsport, der sich an Universitäten und Fachhochschulen an alle Studierenden und Hochschulangehörigen mit einem teilweise breit gefächerten Angebot (kostenlos/ kostenpflichtig) wendet, Berufsfeld sein. Dabei kann zwischen Leitungsstellen und Stellen für Sportlehrer, wissenschaftliche Mitarbeiter und Verwaltungspersonal unterschieden werden. Das Tätigkeitsfeld erstreckt sich über die Konzeption, Organisation und Durchführung des Kurs- und Exkursionsangebots, die Betreuung und Weiterqualifizierung von Übungsleitern, die Ausrichtung von Deutschen Hochschulmeisterschaften und anderen wettkampf- oder breitensportlich orientierten Veranstaltungen sowie die Kooperation mit anderen Sportorganisationen (u. a. lokale Sportvereine, Sportämter). Als ein führendes Forschungsinstitut im Bereich des Sports ist das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig zu nennen, an dem über 100 Personen beschäftigt sind. Deren Aufgabe ist die Trainings- und Wettkampfforschung im deutschen Spitzensport, die wissenschaftlich fundierte Trainerberatung und die Trainingssteuerung im Rahmen von Trainer- Beratersystemen. Darüber hinaus entwickelt das IAT Mess- und Informationssysteme und gewährleistet den Informations- und Wissenstransfer zur Spitzensportpraxis (vgl. Institut für Angewandte Trainingswissenschaft, 2013b, o. S.). <?page no="256"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 257 Die rund 30 Mitarbeiter des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) haben die Aufgabe, den sportwissenschaftlichen Forschungsbedarf in Deutschland zu ermitteln und Forschungsvorhaben auf dem Gebiet des Sports zu initiieren, zu fördern und zu koordinieren, die Forschungsergebnisse auszuwerten und den Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis vorzunehmen. Dies gilt u. a. für die Bereiche Spitzensport, Sportgeräte, Dopinganalytik und Sportentwicklung. Ferner hat das Bundesinstitut für Sportwissenschaft die Aufgabe, das Bundesministerium des Innern in Fragen des Sports fachlich zu beraten (vgl. Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 2013b, o. S.). Fallbeispiel: Berufsfeld Hochschule und Wissenschaft Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Nach meinem Abschluss des Bachelorstudiums „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ schloss ich ein Masterstudium „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ an. Anschließend erfolgte die Promotion. Zusatzqualifikationen habe ich in Form von C- und B-Trainerlizenzen im Fußball erworben. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Der Zugang zur meiner ersten (Forschungsstelle, befristet) und zweiten (Qualifikationsstelle, befristet) hauptberuflichen Stelle erfolgte durch die persönliche Ansprache des Arbeitsbereichleiters. Die jetzige Lehrstelle (unbefristet) wurde öffentlich ausgeschrieben. Allerdings hatte ich bereits durch meine bisherigen Stellen persönlichen Kontakt zum Lehrstuhl, an dem die Stelle ausgeschrieben war. Tätigkeitsfeld: Mein Tätigkeitsfeld erstreckt sich über Lehrveranstaltungen (wissenschaftliche Seminare und Lehrveranstaltung in der Theorie und Praxis der Sportarten), Forschungsaktivitäten (Mitarbeit in Forschungsprojekten, theoretische und empirische Studien), wissenschaftliche Publikationen sowie akademische Selbstverwaltung (u. a. Organisation des Studientags für Studieninteressierte, Fachkoordination Fußball). Berufsfelderfahrungen: Während meines Sportmanagement- Studiums habe ich ein sechsmonatiges Praktikum in einer Eventagentur absolviert. Für die spätere hauptberufliche universitäre Tätigkeit spielte diese Berufsfelderfahrung jedoch keine Rolle. Viel bedeutsamer für meine jetzige Arbeit an der Universität war hingegen meine <?page no="257"?> 258 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) 11-monatige Tätigkeit als studentische Hilfskraft an einem sportwissenschaftlichen Lehrstuhl. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Für das Berufsfeld „Hochschule und Wissenschaft“ ist es meiner Meinung nach wichtig, leistungsmotiviert, flexibel, belastbar und gewissenhaft zu sein. Es ist von Vorteil, wenn soziale Kompetenzen wie Eigenverantwortung, Kritikfähigkeit, Team- und Kommunikationsfähigkeit vorliegen. Einstiegsgehalt: Meine erste hauptberufliche Stelle (0,5-Stelle) wurde nach dem Bundes-Angestelltentarif in der Gehaltsgruppe IIa vergütet. Dies entspricht der Gehaltsgruppe 13 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst und beträgt ca. 1.700 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Man sollte sich bereits während des Studiums intensiv mit zentralen theoretischen Perspektiven und wissenschaftlichen Forschungsmethoden in verschiedenen sportwissenschaftlichen Teildisziplinien auseinandersetzen. Ferner empfehle ich den Besuch von Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben (z. B. über Career-Service an Hochschulen) und die Mitarbeit als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl. R. S. (32 Jahre, Akademischer Mitarbeiter an einem Institut für Sportwissenschaft einer staatlichen Universität) 5.2.3 Sportverein In Deutschland sind rund 27 Mio. Sporttreibende in 91.080 Sportvereinen organisiert. Diese bieten eine große Bandbreite an Sportangeboten, aber auch an ehrenamtlichen und hauptberuflichen Tätigkeiten. Neben kleineren Sportvereinen, die hauptsächlich auf ehrenamtliche Mitarbeiter setzen, gibt es Sportvereine mit mehr als 10.000 Mitgliedern, die hauptberuflich Mitarbeiter einstellen. Seit der Gründung des Deutschen Sportbunds (DSB) weist die zahlenmäßige Entwicklung der Sportvereine und ihrer Mitglieder enorme Zuwachsraten auf (vgl. Fahrner, 2012, S. 45). Mit diesem Wachstum geht ein erhöhter Bedarf an Mitarbeitern in Sportvereinen einher. Generell unterscheidet man zwischen drei hauptberuflichen Zuständigkeitsbereichen in Sportvereinen: Personal für den Übungs- und Wettkampfbetrieb, für die Organisation und Verwaltung sowie für die Instandhaltung der Sportanlagen und -geräte (vgl. Lange, 1997, S. 55). <?page no="258"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 259 Ob Übungsleiter und Trainer für ihre Tätigkeit vergütet werden, hängt oftmals von der Sportart ab. Während im Fußball die Vereine ihren Teilzeittrainern in niedrigen Ligen dreistellige Monatsgehälter bezahlen, werden in weniger populären Sportarten ehrenamtliche Trainer und Übungsleiter gewöhnlich mit Aufwandsentschädigungen oder mit Sachgegenständen entlohnt. Durch Professionalisierung und Bürokratisierung im Sport ergab sich auch für Sportvereine die Möglichkeit, hauptberufliche Mitarbeiter in den Bereichen Organisation, Verwaltung und Management einzustellen. In der Regel arbeiten diese hauptberuflichen Mitarbeiter in den Geschäftsstellen der Sportvereine. „Typische Aufgabenbereiche, die in Sportvereinen von Mitarbeitern der Geschäftsstelle abgedeckt werden, sind z. B. Finanzbuchhaltung, Mitgliedsbeiträge, Spenden Personal. Trainings- und Übungsleiterbetrieb, Übungsleiter, Kindersportschule. Sportstätten, Vereinsanlagen. PR/ Öffentlichkeitsarbeit, Medien. Veranstaltungen/ Events“ (Fahrner, 2012, S. 40-41). Ferner werden in Sportvereinen mittlerer Größe und in Sportgroßvereinen die Vorbereitung von Sitzungen und Versammlungen (z. B. Vorstandssitzung, Mitgliederversammlung) sowie der Wettkampfbetrieb der Mannschaften (Ligenbetrieb) über bezahlte Mitarbeiter der Geschäftsstelle geregelt. Dennoch ist zu konstatieren, dass bis heute nur wenige Vereine in Management und Verwaltung bezahlte Mitarbeit aufweisen, wobei eher große als kleine Vereine ihre Mitarbeiter bezahlen. Zumeist handelt es sich hierbei um Teilzeitstellen (vgl. Fahrner, 2012, S. 50). Sportvereine sind daher tendenziell noch durch eine „starke Zurückhaltung bei der Bereitstellung von Erwerbsarbeitsplätzen“ (Cachay, Thiel & Meier, 2001, S. 213) gekennzeichnet. Mitarbeiter, die sich um die Instandhaltung von Sportanlagen und -geräten kümmern, sind in der Regel keine Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge. Daher wird auf dieses Tätigkeitsfeld an dieser Stelle nicht näher eingegangen. <?page no="259"?> 260 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Fallbeispiel: Berufsfeld Sportverein Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Ich habe zunächst ein Studium der Betriebswirtschaftslehre begonnen und dieses nach dem erfolgreichen Vordiplom beendet. Ich wechselte dann in das Studium „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ und schloss dies mit dem Bachelor of Arts ab. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Die Stelle als Geschäftsführer war auf Internet-Plattformen ausgeschrieben (u. a. DOSB- Homepage, LSV Schleswig-Holstein-Homepage, XING). Ein erster Kontakt wurde telefonisch hergestellt. Nach der Einreichung meiner Bewerbung erfolgten zwei Bewerbungsrunden mit persönlichen Gesprächen. Anschließend wurde ich aus 80 Bewerbern aus dem gesamten Bundesgebiet für die Stelle als Geschäftsführer ausgewählt. Tätigkeitsfeld: Das Tätigkeitsfeld eines Vereinsgeschäftsführers ist abwechslungsreich: Es erstreckt sich über Mitgliederverwaltung, Führung der Geschäftsstelle inklusive der Personalverantwortung für die hauptberuflichen Mitarbeiter (u. a. Verwaltungspersonal, Sportlehrer, Hausmeister), Vorbereitung von Vorstandssitzungen und -beschlüssen, Aufstellung und Überwachung des Vereinhaushalts, Neuaufbau und Betreuung von Kooperationen mit Partnern (z. B. Schulen, Stadt, Landessportverband), Organisation von Sportveranstaltungen, Planung für die Erweiterung und den Neubau von vereinseigenen Sportstätten sowie den Verkauf von vereinseigenem Gelände. Berufsfelderfahrungen: Im Rahmen meines Bachelorstudiums absolvierte ich ein Praktikum bei einem Markt- und Sozialforschungsinstitut. Die dort gewonnenen Berufsfelderfahrungen spielten für mein jetziges Tätigkeitsfeld im Sportverein jedoch keine Rolle. Auch die Tätigkeiten meiner ersten Arbeitsstelle nach dem Studium (Firma für E-Payment-Systeme in Fußballstadien) waren kaum relevant, da ich IT-spezifische Themen bearbeitete. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Übt man eine Leitungsfunktion in einem Sportverein mit rund 5.000 Mitgliedern aus, sind mehrere Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen erforderlich. Besonders wichtig sind aus meiner Erfahrung heraus Offenheit, Kommunikationsbereitschaft und Verbindlichkeit. <?page no="260"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 261 Einstiegsgehalt: Meine Einstiegsgehalt betrug ca. 3.250 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Ich kann raten, schon während des Studiums Aufgaben in einem Sportverein zu übernehmen. Somit kann vor allem das Spannungsverhältnis zwischen ehrenamtlichen Funktionsträgern und hauptberuflichen Vereinsmitarbeitern sehr gut eingeschätzt werden. Auch Interesse und Begeisterung für verschiedene Sportarten ist gerade in einem Mehrspartenverein ein absolutes Gebot. M. M. (31 Jahre, Geschäftsführer eines Mehrsparten-Sportvereins mit ca. 5.000 Mitgliedern) 5.2.4 Sportverband Beschäftigungsmöglichkeiten für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge bieten auch Sportverbände, die als Interessenvereinigungen von Sportvereinen und teilweise auch anderen Sportverbänden fungieren. Sie lassen sich in sportartspezifische und sportartübergreifende Sportverbände differenzieren. Sportartspezifische Sportverbände erfüllen ihre Aufgaben bezogen auf eine spezifische Sportart (z. B. Leichtathletik) auf kommunaler/ regionaler Ebene (z. B. Württembergischer Leichtathletik-Verband - Landesfachverband), auf überregionaler Ebene und Bundesebene (z. B. Deutscher Leichtathletik-Verband - Bundesfachverband) sowie auf internationaler Ebene (z. B. Internationaler Leichtathletik-Verband). In Deutschland existieren über 1.000 sportartspezifische Verbände. All diese Verbände unterhalten Geschäftsstellen, deren hauptberufliche Mitarbeiter neben den Ehrenamtlichen zahlreiche strategische und operative Aufgaben erfüllen. Hierzu gehören u. a. Planung, Steuerung und Umsetzung des Wettkampf- und Spitzensports, des Kinder-, Jugend- und Seniorensports, des Breitensports, des Lehrwesens (z. B. Aus- und Fortbildungen von Trainern und Schiedsrichtern), die Veranstaltung von Meisterschaften, die Talentsuche und Förderung von Nachwuchs- und Spitzenathleten, die Verwaltung des Verbands inklusive der Finanzen und des Personals sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Sportartübergreifende Verbände sind ebenfalls auf der Ebene der Städte/ Kreise/ Bezirke, der Bundesländer und des Bundes vorhanden. Auch hier sind neben ehrenamtlich Tätigen hauptberufliche Mitarbeiter in den Geschäftsstellen mit der Erfüllung spezifischer Aufgabenbereiche betraut. Diese ähneln den Aufgabenbereichen der sportartspezifischen Verbände, hinzu kommen jedoch auch noch die finanzielle Förderung des Sportstät- <?page no="261"?> 262 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) tenbaus sowie weitere sportverbandsspezifische Aufgaben (vgl. Fahrner, 2012, S. 51-59). Der sportartübergreifende Dachverband auf Bundesebene ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). „Der DOSB fungiert national und international als Lobbyist von Breiten- und Spitzensport insbesondere gegenüber Politik, Wirtschaft und Massenmedien, er vertritt den Sport in allen überverbandlichen und überfachlichen Angelegenheiten“ (Fahrner, 2012, S. 61). Die DOSB-Geschäftsstelle im Haus des Sports in Frankfurt am Main weist fünf Geschäftsbereiche mit verschiedenen Ressorts auf, die Beschäftigungschancen für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge bieten: (1) Geschäftsbereich Generaldirektor (u. a. Öffentlichkeitsarbeit, Marketing, Internationales), (2) Geschäftsbereich Leistungssport (u. a. Nachwuchsleistungssport, Wissensmanagement), (3) Sportentwicklung (u. a. Breitensport, Olympische Erziehung, Gesundheitsmanagement), (4) Jugendsport (u. a. Internationale Jugendarbeit) und (5) Finanzen (u. a. Finanzen/ Controlling, Personal) (vgl. Fahrner, 2012, S. 64). Darüber hinaus finden Sportwissenschaftler hauptberufliche Anstellungen bei weiteren Sportverbänden, wie den Verbänden mit besonderen Aufgaben (z. B. Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband, Deutsche Olympische Gesellschaft) und den internationalen Sportverbänden (z. B. Internationales Olympische Komitee, Internationaler Universitätssportverband). Fallbeispiel: Berufsfeld Sportverband Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Nachdem ich mein Bachelorstudium „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ erfolgreich abgeschlossen hatte, absolvierte ich im gleichen Studienprofil noch ein Masterstudium. Ich habe zusätzlich die Judo B-Trainerlizenz erworben und war jahrelang in dieser Sportart Spitzensportlerin in der 1. Bundesliga. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Die Stelle (75%) war öffentlich ausgeschrieben und ich habe mich darauf beworben. Ich war den Verbandsfunktionären jedoch bereits als Spitzensportlerin bekannt. Dies hat sicherlich geholfen. Tätigkeitsfeld: Mein Tätigkeitsfeld umfasst das Eventmanagement (u. a. internationale Sportgroßveranstaltungen, Breitensportevents zur Mitgliederbindung), die Öffentlichkeitsarbeit (u. a. Pressearbeit, Pfle- <?page no="262"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 263 ge der Verbandshomepage), das Verbandslehrwesen (u. a. Organisation und Durchführung von Maßnahmen), das Marketing und Sponsoring (u. a. Corporate Identity, Vermarktung von Sportlern), das Sportvereins- und -verbandsmanagement (u. a. Entwicklung und Durchführung von Projekten zur Mitgliedergewinnung, -bindung und -zufriedenheit), das Qualitätsmanagement (u. a. Evaluation des Projekts „Judo in der Schule“), Verwaltungsaufgaben (u. a. Meldewesen, Erstellung von Ausschreibungen) sowie Repräsentationsaufgaben bei Veranstaltungen. Berufsfelderfahrungen: Ich habe während meines Bachelor- und Masterstudiums Praktika in einer großen Betriebssportgemeinschaft, bei einem Landesfachverband in der Sportart Golf und in einem Golfverein absolviert. Studienbegleitend war ich als Kursleiterin in einer Kindersportschule, als Fitnesstrainerin und als Kursleiterin im Fitnessbereich tätig. Alle Berufsfelderfahrungen waren wertvoll für mich, da ich mich bei den Tätigkeiten weiterentwickelt und ein Netzwerk aufgebaut habe sowie flexibel in der Berufswahl geblieben bin. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Für mich sind Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein, Eigenorganisation, Selbständigkeit und Präsentationsfähigkeit die bedeutsamsten Persönlichkeitsmerkmale und sozialen Kompetenzen, die man in meinem Berufsfeld braucht. Einstiegsgehalt: Meine Einstiegsgehalt (75%-Stelle) betrug ca. 2.300 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Kontakte in das Berufsfeld „Sportverband“ zu hauptberuflichen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Funktionären sollten bereits während des Studiums geknüpft und anschließend gepflegt werden. Wichtig sind auch Weiterqualifikationen. Daher sollten alle zusätzlichen Qualifikationsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden. E. D. (25 Jahre, Sportmanagerin in einem Landesfachverband) 5.2.5 Privatwirtschaftliche Sportanbieter Zum Berufsfeld der privatwirtschaftlichen Sportanbieter zählen Fitness- und Body-Building-Studios, Ballettschulen, Segel-, Surf- und Tauchschulen, Reitschulen, große Freizeitanlagen, Tanzstudios, Sportschulen für asiatische Kampfsportarten, kommerzielle Tennis-, Squash- und Badmintonhallen, <?page no="263"?> 264 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Spaßbäder, Bowling- und Kegelbahnen sowie Kindersportschulen und Reiseveranstalter mit sportbezogenen Dienstleistungen (z. B. Segelkurse, Golfkurse). In Deutschland sind zahlreiche Sportwissenschaftler bei privatwirtschaftlichen Anbietern angestellt. Häufig sind die Beschäftigungsverhältnisse befristet, auf Stunden beschränkt oder erfolgen auf Honorarbasis. Bereits während ihres Studiums arbeiten viele Studierende der Sportwissenschaft nebenberuflich oder als Honorarkräfte in Fitnessstudios oder bei anderen privatwirtschaftlichen Sporteinrichtungen. In der Regel sind sportpraktische Fertigkeiten, sportwissenschaftliche Kenntnisse (z. B. Trainingswissenschaft), Lizenzen in speziellen Sportarten bzw. im fitness- und gesundheitsorientierten Sport bei der Konzipierung und Anleitung von Sportprogrammen bedeutsam. Ferner können betriebswirtschaftliche Kenntnisse wie Finanzplanung, Buchhaltung, Mitarbeiterführung sowie juristische Grundkenntnisse und Managementerfahrungen hilfreich sein - insbesondere, wenn eine Selbständigkeit angestrebt wird. Fallbeispiel: Berufsfeld Privatwirtschaftlicher Sportanbieter Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Nach dem Bachelor-Studium der „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ absolvierte ich auch ein Masterstudium mit dem Schwerpunkt Sportmanagement erfolgreich. Ich habe während meines Studiums die C-Lizenz „Vereinsmanager“ erworben und darüber hinaus meine EDV-Kenntnisse durch mehrere Kurse an der Universität erweitert. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Der Kindersportverein und die Kindersportschule wurden von mir gegründet. Daher war keine Bewerbung auf eine Stelle notwendig. Tätigkeitsfeld: In erster Linie plane und organisiere ich den gesamten Sportbetrieb. Dazu gehören die Lehrplangestaltung, das Hallenmanagement und das eigene Unterrichten von 2 bis 8 Unterrichtseinheiten pro Woche. Zusätzlich kommt die Personalführung der 15 angestellten Sportfachkräfte und des Verwaltungspersonals, die Buchhaltung, die Beantragung von Fördergeldern und die Kooperationen mit der Stadt und den regionalen Sportverbänden hinzu. Berufsfelderfahrungen: Während meines Studiums habe ich Praktika bei einem Sportverein und im vereinseigenen Fitnessstudio eines <?page no="264"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 265 Sportgroßvereins absolviert. Zusätzlich war ich noch ein sechs Monate bei einer Event- und Sportsponsoring-Agentur als Praktikantin beschäftigt. Nach meinem Studium arbeitete ich zunächst als freie Mitarbeiterin für diese Agentur, um dann in den Bereich Sportveranstaltungen und Sponsoring einer anderen Agentur zu wechseln. Die Berufsfelderfahrungen waren für mich sehr wichtig - ich habe gelernt, strukturiert zu arbeiten und mit Vorgesetzten und Mitarbeitern umzugehen. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: In meinem jetzigen Beruf sind alle organisatorischen Fähigkeiten von Vorteil. Darüber hinaus sind hohe Belastbarkeit, Empathie für Angestellte und Kunden sowie eine freundliche, aber klare und vor allem ehrliche Mitarbeiterführung besonders wichtig. Einstiegsgehalt: Meine Einstiegsgehalt betrug ca. 2.000 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Hilfreich ist es, Erfahrungen in vielen Berufsfeldern zu sammeln. Jedes Praktikum hilft, ein späteres Berufsfeld zu finden und eigene Projekte umzusetzen. Hat man ein Berufsziel gefunden, gilt es, dran zu bleiben und nicht aufzugeben. C. S. (32 Jahre, Geschäftsführerin eines Kindersportvereins und einer Kindersportschule) 5.2.6 Öffentliche Sportverwaltung Die öffentliche Sportverwaltung, die zweite Säule neben der Selbstverwaltung des Sports in Deutschland, lässt sich in drei Ebenen unterteilen: die Ebene des Bundes, die Ebene der Länder und die Ebene der Gemeinden und Kommunen. Auf der Ebene des Bundes existieren verschiedene Ministerien mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten im Sport. Darunter fallen z. B. das Bundesministerium des Innern, das in Deutschland für den Spitzensport zuständig ist. Im Bundesministerium für Verteidigung steht der Sport der Bundeswehr im Vordergrund. Auf der Ebene des Bundes ist ebenfalls das Auswärtige Amt angesiedelt. Seine Tätigkeiten im Sport zielen vor allem auf die Zusammenarbeit und Förderung des Sports in Ländern der Dritten Welt. Im Speziellen bedeutet dies u.a. die Ausbildung von Sportlehrkräften oder den Aufbau von Sportstrukturen in den entsprechenden Ländern. <?page no="265"?> 266 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Als ein Schwerpunkt in der öffentlichen Sportverwaltung auf der Ebene der Länder gilt der Schulsport. Tätigkeitsfelder sind hier die Organisation und Durchführung von Bundesjugendspielen, die Fort- und Weiterbildung von Sportlehrkräften oder die Zusammenarbeit mit Sportorganisationen außerhalb der Schule. Neben dem Schulsport sind der Sportstättenbau, die Talentsichtung und -förderung sowie die Verwaltung der Sportbehörden wichtige Tätigkeitsfelder. Auf lokaler Ebene ist der Sport in den Kommunen und Gemeinden zu organisieren und zu fördern. Die Zusammenarbeit mit freien Trägern und der Sportstättenbau gehören ebenfalls zu diesem Berufsbild. Ein konkretes Tätigkeitsfeld ist die Arbeit im kommunalen Sportamt (z. B. Sportamtsleiter). Neben Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge werden in der öffentlichen Sportverwaltung auch Absolventen eines Studiums des allgemeinen Verwaltungswesens eingestellt. Da in vielen Bereichen der Anteil an sportfachlichen Aufgaben steigt, bestehen jedoch nach wie vor Chancen für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge, im Bereich der öffentlichen Sportverwaltung hauptberuflich tätig zu werden. Fallbeispiel: Berufsfeld Öffentliche Sportverwaltung Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Zunächst habe ich BA Sportwissenschaft mit dem Nebenfach Gesundheits- und Fitnessmanagement studiert. Daran anschließend habe ich mich für das Masterstudium „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ entschieden. Studienbegleitend erwarb ich die Vereinsmanager C-Lizenz des DOSB sowie berufsorientierte Zusatzqualifikationen im Bereich Projektmanagement und Organisation. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Ich wurde direkt vom Oberbürgermeister der Stadt angesprochen. Er kannte mich von meiner früheren Arbeitsstelle. Formal musste meine jetzige Stelle zwar ausgeschrieben werden, jedoch war die Ausschreibung auf meine Person zugeschnitten. Tätigkeitsfeld: Meine Aufgaben liegen insbesondere in der Sportentwicklungsplanung, der Entwicklung eines kommunalen Sportkonzepts, im Aufbau eines lokalen Netzwerks zur Bewegungs- und Sportförderung sowie in der Entwicklung eines lokalen Sportinformationsdiensts. Projektbezogen arbeite ich an der Weiterentwicklung der Sportinfrastruktur mit. Zudem unterstütze ich die Verwaltungsberei- <?page no="266"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 267 che Sportförderung, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Veranstaltungsmanagement. Berufsfelderfahrungen: Während meiner Studienzeit habe ich verschiedene Praktika absolviert: beim Organisationskomitee der Turn- WM in Stuttgart, bei der Marketing und Event GmbH eines Landesfachverbands und im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit eines Bundesfachverbands. Wichtig war für mich die Berufsfelderfahrung bei einem Verein, der die Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Sportfachverbänden, Sportkreisen und einem Olympiastützpunkt verbessern will. Dieser Verein beschäftigte mich als projektbezogener Mitarbeiter der Geschäftsführung. Einen wichtigen Erkenntnisgewinn konnte ich auch durch mein vielfältiges ehrenamtliches Engagement in Sportorganisationen auf Landes- und Bundesebene erfahren, u. a. durch die Erprobung von Führungskompetenzen und internationale Kontakte. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Für mich sind bei meinen beruflichen Tätigkeiten strategisches Denken und Handeln, Kreativität, Engagement und Leistungsbereitschaft sehr wichtig. Auch die Fähigkeit, sich schnell in Strukturen einarbeiten zu können, wird gefordert. Sicheres Auftreten, Verhandlungsgeschick, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und Loyalität sollte man ebenfalls mitbringen. Einstiegsgehalt: Der Bachelorabschluss führt i.d.R. zur Eingruppierung in die Gehaltsgruppen E 9 bis E 12. Für Absolventen von Masterabschlüssen sind E 13 bis E 15 möglich. Verbeamtungen sind nicht auszuschließen, jedoch für Berufsanfänger eher unüblich. Es ergibt sich beim Einstiegsgehalt somit eine Spanne zwischen 2.500 und 4.000 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Grundsätzlich kann ich jedem Studenten der Sportwissenschaft eine intensive studienbegleitende Erprobung potentieller Berufsfelder empfehlen. Sei es im Praktikum, im Nebenjob oder im ehrenamtlichen Engagement - es lohnt sich und vermittelt profunde Kenntnisse von Sportstrukturen und Arbeitsweisen. Besonders hervorzuheben ist der Aufbau eines persönlichen Netzwerks. C. K. (28 Jahre, Sportwissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem städtischen Sportamt) <?page no="267"?> 268 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) 5.2.7 Sport und Wirtschaft Wirtschaftsunternehmen der Sportartikelindustrie, aber auch Unternehmen, die sportbezogene Kommunikationsmaßnahmen (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Sportsponsoring, Sportwerbung) nutzen, können als potentielle Arbeitgeber von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge identifiziert werden. Ferner bieten Agenturen, die als Vermittler zwischen Sport und Wirtschaft fungieren (z. B. Agenturen zur Vermarktung medialer und werblicher Rechte), Arbeitsplätze. Das Tätigkeitsfeld erstreckt sich von der Planung, Durchführung und Evaluation von Konzeptionen zur ökonomischen Verwertung des Sports (u. a. Öffentlichkeitsarbeit und Werbung), über die Ausgestaltung von Sponsoringpartnerschaften (u. a. Konzeption und Durchführung von Sponsoringevents) bis hin zur Anbahnung von Kooperationen und Verhandlungen zur Vertragsgestaltung. Die Managementaufgaben, die von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge bewältigen werden müssen, lassen sich in Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Sitzungen, Planung und Kontrolle des finanziellen Ressourceneinsatzes (Budgetierung), Personalauswahl, Personalentwicklung und -führung, Strategieentwicklung zur Erreichung kurz-, mittel- und langfristiger Ziele sowie operative Umsetzung der strategischen Konzeptionen zusammenfassen. Fallbeispiel: Berufsfeld Sport und Wirtschaft Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Ich habe ein Bachelor-Studium der „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ abgeschlossen. Bereits während meines Studiums habe ich Zusatzqualifikationen erworben, u. a. in Englisch, EDV, Lern- und Arbeitstechniken, Verhandlungs- und Gesprächsführung. Nach dem Studium habe ich mich im Veranstaltungsmanagement und in Kreativitätstechniken weitergebildet. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Ich habe mich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben. Kontakte zum Unternehmen bestanden jedoch schon vor der Bewerbung durch meine Praktikantentätigkeit. Tätigkeitsfeld: Zu meinen Aufgaben gehört die Steuerung und Begleitung der lokalen, regionalen und nationalen Sponsoringengagements und Veranstaltungen sowie die Mitarbeit bei der Konzeption, Organisation, Umsetzung und Kontrolle von Sponsoringmaßnah- <?page no="268"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 269 men. Auch die Mitarbeit bei der Organisation, Abwicklung und Nachbearbeitung von internen Veranstaltungen und Kundenincentives gehört zu meinem Tätigkeitsfeld. Zusätzlich bearbeite und evaluiere ich Veranstaltungs- und Sponsoringkonzepte bis zur entscheidungsreifen Vorlage. Berufsfelderfahrungen: Ich habe während meines Studiums Praktika bei Marketingagenturen absolviert. Auch war ich ehrenamtlich bei nationalen Veranstaltungen tätig. Praktika und freiberufliche Tätigkeiten sind essentiell für Berufseinsteiger in meiner Branche. Oftmals werden solche Berufsfelderfahrungen auch bei einer Einstellung vorausgesetzt. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Für mich sind Teamfähigkeit, hohe Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität (zeitlich/ örtlich), Umsetzungsstärke, Offenheit für neue Projekte und neue Kontakte, selbständiges und strukturiertes Arbeiten, Ehrgeiz und Leidenschaft für den zu verantwortenden Tätigkeitsbereich die bedeutsamsten Persönlichkeitsmerkmale und sozialen Kompetenzen, die man in meinem Berufsfeld braucht. Natürlich sollte man sportliche Affinität besitzen - insbesondere zu den aktuellen Sponsoring- Engagements. Einstiegsgehalt: Das Einstiegsgehalt ist abhängig von der persönlichen Qualifikation und dem Standort des Unternehmens. Es beträgt 2.900-3.750 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Berufsfelderfahrungen in unterschiedlichen Branchen und Organisationen (z. B. Agenturen, Wirtschaftsunternehmen, Vereinen) bilden eine gute Basis, um verschiedene Akteure und die damit verbundenen Arbeitsweisen kennenzulernen. Praktika sollten daher nicht als Pflicht, sondern als Chance zur Vorbereitung für den angestrebten Beruf gesehen werden. Durch Praktika und ehrenamtliche Arbeit können sich Kontakte ergeben, die einen Berufseinstieg erleichtern. Die sogenannten Soft Skills gewinnen auch an Bedeutung im Bewerbungsprozess und sollten daher im Hinblick auf den angestrebten Beruf entsprechend gewählt werden. L. A. (27 Jahre, Projektmanager Sponsoring/ Events in der Konsumgüterindustrie/ FMCG) <?page no="269"?> 270 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) 5.2.8 Sport und Massenmedien Sport ist mit seinen vielen Facetten zu einer zentralen Erscheinung des heutigen gesellschaftlichen Lebens geworden und steht dadurch im Zentrum des Interesses der Massenmedien. Die mit den Massenmedien verbundene Berufsbezeichnung „Journalist“ ist kein geschützter Begriff, die Tätigkeit daher kein anerkanntes Berufsbild. Aus diesem Grund gibt es auch keine zwingend vorgeschriebene und einheitliche Berufsausbildung. Vom Deutschen Journalistenverband wird als Journalist bezeichnet, wer hauptberuflich an der Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Massenmedien beteiligt ist. Das Berufsfeld „Sport und Massenmedien“ lässt sich in die Bereiche Print, Hörfunk, Fernsehen und Internet sowie Public Relations/ Öffentlichkeitsarbeit unterteilen. Die Zeitungsbranche kämpft seit Ende des 20. Jahrhunderts mit rückläufigen Auflagen und Einbrüchen am Anzeigenmarkt. Es werden immer weniger Redakteure fest eingestellt - der Trend geht zum freien Mitarbeiter, auch im Sportjournalismus der Tageszeitungen. Viele Zeitschriften suchen inzwischen den Erfolg im Internet, indem sie ihr Onlineangebot deutlich ausbauen, da auch der Zeitschriftenmarkt von der Krise nicht verschont bleibt. Doch ständige Neugründungen sorgen für einen gesättigten Markt. Unterschieden wird zwischen Sportfachzeitschriften und populären Sportmagazinen sowie zwischen Verlagspublikationen und Verbandszeitschriften. Frei, also ohne festes Arbeitsverhältnis, arbeiten auch viele Journalisten im Hörfunk, gerade bei lokalen Anbietern. Arbeitsplätze bieten öffentlich-rechtliche und private Radiostationen. Selbiges gilt für das Berufsfeld Sportfernsehen. Öffentlich-rechtliche und private Fernsehsender expandieren im Bereich Sport, vor allem aufgrund hoher Einschaltquoten telegener Sportarten. Mögliche Tätigkeiten sind hier Moderator, Redakteur und Kommentator. Das Internet ist das jüngste Berufsfeld im Sport und bietet das wohl breiteste Tätigkeitsspektrum, da es multimedial gestaltet ist. Weil die meisten Internetinhalte kostenlos angeboten werden, ist die Einkommenssituation im World Wide Web nicht stabil und der Beruf des Internetjournalisten kaum angesehen. Dennoch wächst dieser Bereich, da sich immer mehr Menschen über Internetportale und Social-Media- Plattformen informieren. Medienunternehmen bieten Tätigkeiten als Onlineredakteure und im Bereich Social Media an. Public Relations/ Öffentlichkeitsarbeit stellt ein weiteres Tätigkeitsfeld dar. Bei Medien- und PR-Agenturen, PR-Abteilungen von Vereinen und Verbänden, in Medienabteilungen der Sportartikelindustrie oder bei Sportgroßveranstaltungen finden Absolventen sportpublizistischer Studiengänge Arbeitsmöglichkeiten, sie müssen jedoch inhaltlich breit aufgestellt sein, <?page no="270"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 271 um ihre Arbeit möglichst über mehrere Medienkanäle hinweg ausüben zu können. Fallbeispiel: Berufsfeld Sport und Massenmedien Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Ich habe den Bachelorstudiengang „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportpublizistik“ absolviert. Während meines Studiums habe ich meine Kenntnisse in den Sprachen Englisch und Italienisch in Kursen an der Universität und an der Volkshochschule verbessert. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Nach Abschluss des Bachelorstudiums bewarb ich mich auf eine Stelle als crossmedialer Volontär. Die dreijährige Volontärstelle war ausgeschrieben, allerdings hatte ich bereits zuvor Kontakt zum Medienunternehmen über mehrere Praktika vor und während meines Studiums in der Lokal- und Sportredaktion (Printausgabe). Zudem habe ich über meine gesamte Studiendauer hinweg als freier Mitarbeiter für diese Zeitung geschrieben. Tätigkeitsfeld: In meiner Volontärszeit war ich in drei verschiedenen Lokalredaktionen der Printausgabe eingesetzt. Während der Ausbildung standen zudem Ausbildungszeiten bei einem Hörfunksender und einem regionalen TV-Sender auf dem Programm. Zum Abschluss meines Volontariats durchlief ich die verschiedenen Ressorts der Print-Matelredaktion (Sport, Wirtschaft, Politik, Kultur, Online und Ipad). Nun arbeite ich als Redakteur in der Lokalredaktion. Berufsfelderfahrungen: Nach dem Abitur absolvierte ich zunächst ein Praktikum in der Sportredaktion einer lokalen Zeitung. Während des Studiums folgten ein Praktikum in einer Lokalredaktion sowie die freie Mitarbeit in diversen Sportredaktionen lokaler und regionaler Zeitungen. Rückblickend waren diese Erfahrungen hilfreich, um den Alltag und die Arbeitsabläufe einer Zeitungsredaktion kennenzulernen. Der wichtigste Aspekt war jedoch der kontinuierliche Kontakt zu Personen aus der Medienbrache, die bei der Jobsuche nach dem Studium hilfreich waren. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Wichtige Merkmale und Kompetenzen in meinem derzeitigen Arbeitsumfeld sind Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein, Kritikfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Flexibilität. <?page no="271"?> 272 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Einstiegsgehalt: Als Volontär habe ich 1.400 Euro (brutto/ Monat) verdient. Ein Jungredakteur in meinem Medienunternehmen erhält ein Gehalt von ca. 3.000 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Rückblickend waren die praktischen Arbeitserfahrungen als Praktikant und freier Mitarbeiter sehr wichtig. Die Mitarbeit an (sport-)journalistischen Projekten an der Universität ist ebenfalls zu empfehlen, da potentielle Arbeitgeber auf Texte aufmerksam werden und die Beiträge als Arbeitsproben bei der Bewerbung geeignet sind. J. G. (28 Jahre, Redakteur in einem regionalen Medienhaus (Print/ Hörfunk/ TV) 5.2.9 Sport und Gesundheit Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bedeutung von körperlicher Aktivität bei Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation, rücken diese Themenfelder verstärkt in den Fokus von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge. Zahlreiche Bachelor- und Masterstudiengänge weisen den Studienschwerpunkt Sport und Gesundheit auf. „Prävention und Rehabilitation durch Sport“, „Bewegungsbezogene Gesundheitsförderung“, „Fitness- und Gesundheitsmanagement“ sowie „Sport, Gesundheit, Prävention“ sind nur einige ausgewählte Titel (vgl. DVS Kommission Gesundheit, 2011, S. 3). Arbeitgeber im Berufsfeld Sport und Gesundheit sind z. B. Kliniken und Krankenhäuser, Krankenkassen und -versicherungen, private Gesundheitsvorsorger, Rehabilitationseinrichtungen, Sportvereine und -verbände sowie Ausbildungsstätten des Gesundheitswesens. Es existieren sowohl befristete als auch unbefristete Angestelltenverhältnisse, auch Honorartätigkeiten und projektbezogene Mitarbeit sind möglich. Die Tätigkeiten im Berufsfeld Sport und Gesundheit erstrecken sich über die Arbeitsfelder Prävention und Gesundheitsförderung/ -erziehung (Aufklärung und vorbeugende Maßnahmen zur Gesunderhaltung des Körpers), Therapie und Sport (Behandlungsmaßnahmen zur Heilung von Krankheiten) sowie ambulante und stationäre Rehabilitation und Rehabilitationssport (Wiederherstellung des vormals existierenden körperlichen Zustands). <?page no="272"?> Ausgewählte Berufsfelder und Profile 273 In der Regel werden zielgruppenspezifische Gesundheits-, Bewegungs-, Freizeit- und therapeutische Maßnahmen entwickelt, geplant und durchgeführt. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die kontinuierliche Beratung und das Coaching der Maßnahmenteilnehmer. Ferner werden Fitness- und Wellnessangebote konzipiert und organisiert. Organisations- und Verwaltungstätigkeiten ergänzen - je nach Arbeitsfeld - die aufgeführten Tätigkeiten. Fallbeispiel: Berufsfeld Sport und Gesundheit Studium, weitere berufsqualifizierende Qualifikationen: Ich habe die Bachelorstudiengänge Sportwissenschaft mit den Profilen Sportmanagement und Gesundheitsförderung abgeschlossen. Anschließend habe ich den Masterstudiengang „Sportwissenschaft mit dem Profil Sportmanagement“ absolviert. Zusatzqualifikationen habe ich in Gesprächsführung und Rhetorik, im Team- und Konfliktmanagement, in Kommunikations- und Präsentationskompetenzen erworben. Zusätzlich habe ich Trainerlizenzen in Sport nach Krebs und Orthopädischer Hüftschule erworben. Zugang zur hauptberuflichen Stelle: Während meines Masterstudiums habe ich ein Praktikum im Gesundheitsmanagement absolviert und danach freiberuflich diese Tätigkeit weiter geführt. Über diesen Kontakt wurde ich auf eine befristete Referentenstelle im Bereich Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen bei einer Krankenkasse aufmerksam, auf die ich mich beworben habe. Nach sieben Monaten lief die Stelle aus und ich habe mich über freiberufliche Tätigkeiten (u. a. Kurse in Vereinen und an der Universität) über Wasser gehalten. Nach zahlreichen Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen habe ich eine Führungsposition im medizinischen Bereich einer Stiftung angenommen. Nach acht Monaten Tätigkeit erhielt ich ein Angebot als Referentin Gesundheitsförderung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) bei der Krankenkasse, bei der ich meine erste Anstellung hatte. Tätigkeitsfeld: Mein Tätigkeitsfeld umfasst die konzeptionelle Ausarbeitung und Erweiterung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements für die Krankenkasse als fachliche Vorgesetzte. Berufsfelderfahrungen: Meine Berufsfelderfahrungen waren vielfältig. Ich absolvierte ein sechsmonatiges Praktikum bei einer städtischen Veranstaltungsgesellschaft in Bereich Eigenveranstaltungen. <?page no="273"?> 274 Berufsfelder und Beschäftigungsverhältnisse (Verena Burk) Darüber hinaus war ich acht Wochen im der Sport- und Ernährungstherapie einer Klinik sowie im Gesundheitsmanagement eines BGM- Dienstleisters tätig. Parallel zu meinen Studien habe ich Kurse im Hochschulsport, in Sportvereinen und an der Volkshochschule gegeben und als wissenschaftliche Hilfskraft an einem sportwissenschaftlichen Lehrstuhl gearbeitet. Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen: Für mich sind besonders sicheres Auftreten, Verhandlungssicherheit, rhetorische Fähigkeiten, motivierende Gesprächsführung, Team- und Konfliktmanagement besonders wichtig. Auch Durchsetzungsvermögen sowie Selbst- und Zeitmanagement sind von Bedeutung. Einstiegsgehalt: Mein Einstiegsgehalt betrug 2.500 Euro (brutto/ Monat). Tipps: Als besonders wichtig erachte ich neben dem Engagement im Studium Kontakte im Gesundheitsbereich zu knüpfen und zu pflegen und somit ein Netzwerk aufzubauen. Ebenso relevant sind meines Erachtens Praktika in allen interessanten Bereichen des angestrebten Berufsfelds. Geduld bei der Jobsuche, ehrliches Auftreten bei den Bewerbungsgesprächen und die Äußerung konkreter Vorstellungen zum Tätigkeitsfeld kann ich allen ans Herz legen. G. B.-L. (30 Jahre, Referentin Betriebliches Gesundheitsmanagement bei einer Krankenkasse) Kontrollfragen [1] Die Berufsfelder für Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge weisen spezifische Kennzeichen auf. Charakterisieren Sie drei ausgewählte Berufsfelder mit ihren spezifischen Kennzeichen. <?page no="274"?> 6 Zusammenfassung und Ausblick (Verena Burk, Marcel Fahrner) In diesem Lehrbuch wurden ausgewählte Themen der Sportwissenschaft aufgearbeitet, die aus Autorensicht für eine umfassende Orientierung von Studieninteressierten und Studienanfängern der Sportwissenschaft von Bedeutung sind. Ausgangspunkt waren zunächst relevante Entwicklungsschritte der Sportwissenschaft als Fachdisziplin. Daran anschließend wurde u. a. mit Blick auf ausgewählte Definitionsansätze und Beschreibungsmodelle „Sport“ als Gegenstandsbereich der Sportwissenschaft fokussiert und Schwierigkeiten in der Abgrenzung des Sportbegriffs in ihren Auswirkungen auf den exklusiv sportwissenschaftlichen Zuständigkeitsraum reflektiert. Eine Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Anspruch einer integrativen Querschnittwissenschaft und den tatsächlichen Binnendifferenzierungen in der Sportwissenschaft schloss den ersten Teil ab. Vor diesem Hintergrund wurden ausgewählte sportwissenschaftliche Teildisziplinen beschrieben - Sportpädagogik, Sportgeschichte, Sportpsychologie, Sportsoziologie, Sportökonomik, Bewegungswissenschaft und Trainingswissenschaft - und mit ihren jeweiligen Erkenntnisinteressen, Fragestellungen, Theorien und Forschungszugängen gekennzeichnet. Über die teildisziplinären Kennzeichen hinaus wurde dabei deutlich, dass die Sportwissenschaft heute keine einheitliche, in sich geschlossene Wissenschaftsdisziplin darstellt. In einem weiteren Schritt wurden zentrale Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens skizziert. Neben typischen Schrittfolgen wissenschaftlicher Arbeitsprozesse - Forschungsproblem, zentrale Fragestellungen, Forschungsüberblick, theoriegeleitete Reflexion, Forschungsdesign, Ergebnisdarstellung - umfasste dies typische Wege und Formen der Informationsbeschaffung und Literaturrecherche sowie Anforderungen an die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten. Abschließend erfolgte eine Beschreibung relevanter Berufsfelder von Absolventen sportwissenschaftlicher Studiengänge - Schule, Hochschule und Wissenschaft, Sportvereine, Sportverbände, privatwirtschaftliche Sportanbieter, öffentliche Sportverwaltung, Sport und Wirtschaft, Sport und Massenmedien, Sport und Gesundheit. Dabei wurde auch deutlich, <?page no="275"?> 276 Zusammenfassung und Ausblick (Verena Burk, Marcel Fahrner) welche Kenntnisse, Kompetenzen und Qualifikationen in diesen Berufsfeldern jeweils als wichtig erachtet werden. Richtet man den Blick über dieses ausgewählte Themenspektrum hinaus, zeigt sich gleichwohl eine Reihe hier nicht ausgeleuchteter Perspektiven. Beispielsweise haben sich weitere sportwissenschaftliche Disziplinen ausdifferenziert, die auch über Sektionen in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft organisiert sind: Sportmedizin: Die Sportmedizin beschäftigt sich mit medizinisch relevanten Wechselwirkungen des menschlichen Organismus und untersucht insbesondere den Einfluss von Bewegung(smangel), Training und Sport auf den gesunden und kranken Menschen. Die Befunde ihrer Analysen dienen u. a. als Basis von Prävention und Rehabilitation, also der Sicherung und Wiederherstellung körperlicher Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Sportphilosophie: Kennzeichnend für die Sportphilosophie ist ihr distanziertes, reflexives Verhältnis zum Gegenstandsbereich Sport. Dies ist Voraussetzung für die Bearbeitung ihrer zentralen Fragestellungen, z. B. nach dem Wesen des Sports, den anthropologischen Aspekten von Leiblichkeit und Körperlichkeit im Sport, der Ästhetik und Inszenierung sowie den ethisch-moralischen Kennzeichen von Sport. Sportinformatik: Datenaufnahme und -analyse, Modellbildung und Simulation sowie Datenbanken und Informationssysteme sind zentrale Bereiche der Sportinformatik. Damit unterstützt sie andere sportwissenschaftliche Disziplinen v. a. in der Ausgestaltung forschungsrelevanter Schnittstellen zur Informatik, etwa die Bewegungs- und Trainingswissenschaft. Als Reaktion auf jüngere gesellschaftliche und technische Entwicklungen, die neue - z. B. juristische oder wirtschaftliche - Problem- und Fragestellungen mit sich bringen, sind noch weitere spezialisierte Gebiete innerhalb der Sportwissenschaft entstanden. Sportrecht: Aus juristischer Perspektive ist der Sport einerseits durch ein von Sportvereinen und Sportverbänden autonom gesetztes Recht gekennzeichnet. Andererseits existieren in der Sportpraxis zahlreiche Berührungspunkte zum staatlichen Recht, was vielfältige juristische Probleme mit teilweise sportspezifischen Rechtsnormen nach sich zieht, z. B. hinsichtlich gesellschaftsrechtlicher, arbeitsrechtlicher, wettbewerbs- und kartellrechtlicher Fragen sowie hinsichtlich des Schutzes und der Vewertung medialer und werblicher Rechte im Sport. <?page no="276"?> Zusammenfassung und Ausblicl (Verena Burk, Marcel Fahrner) 277 Sportpublizistik: Forschungsfragen, die sich auf Sportberichterstattung in Massenmedien beziehen oder Öffentlichkeitsarbeit im Sport in den Blickpunkt nehmen, wurden lange Zeit innerhalb der Sportsoziologie aufgegriffen. Mit zunehmender Bedeutung des Sports in der Gesellschaft und dessen massenmedialer Vermittlung rückten entsprechende Themenfelder verstärkt in den Fokus wissenschaftlicher Analyse. Dies machte es erforderlich, neben soziologischen Aspekten hinausgehende Expertise z. B. in den Bereichen Publizistik, Journalistik und Medienwissenschaft anzuwenden. Neben dem an sportwissenschaftlichen Teildisziplinen orientierten Zugang können alternativ auch sportspezifische Themen und Problemfelder zur Orientierung herangezogen werden: Sport und Gesellschaft: Zusammenhänge von Sport und Gesellschaft, die sich z. B. in der Entwicklung des Sports selbst, in seinen Beziehungen zu anderen gesellschaftlichen Teilsystemen sowie in den Abstimmungs- und Steuerungsproblemen von Sportorganisationen zeigen, können mittels soziologischer, ökonomischer, philosophischer und historischer Zugänge in den Blick genommen werden. Sport und Gesundheit: Unter Nutzung biologischer, medizinischer, bewegungs- und trainingswissenschaftlicher sowie sozial-psychologischer Erkenntnisse können Fragen der gesundheitlichen Prävention und Rehabilitation durch Sport analysiert werden. Sport und Erziehung: Sportspezifische Erziehungspotenziale in pädagogischen Kontexten, z. B in Schule oder Sportverein, können unter Bezug insbesondere auf erziehungswissenschaftliche, psychologische, soziologische und historische Zugänge analysiert werden. Sport und Wirtschaft: Beschäftigungswirkungen und ökonomische Wertschöpfungen von Sport werden typischerweise aus volkswirtschaftlicher Perspektive analysiert. Ökonomische Bedingungen und Wirkungsweisen in organisierten Zusammenhängen („Betrieben“) stehen hingegen im Fokus betriebswirtschaftlicher Perspektiven und werden - als Sportmanagement bezeichnet - unter Zugriff auch auf politische, soziologische und psychologische Erklärungsmuster bearbeitet. Sport und Massenmedien: Die Beziehungen zwischen Sport und Massenmedien werden in der Regel aus soziologischer (z. B. Sport und Massenmedien als gesellschaftliche Subsysteme), psychologischer (z. B. Nutzung und Wirkung von Sportberichterstattung bei Rezipienten), pädagogischer (z. B. Vermittlung von Medienkompetenz bei der Nutzung massenmedialer Sportberichterstattung) und ökonomischer (z. B. ökonomische Verwertung medialer Rechte im Sport) Perspektive beleuchtet. <?page no="277"?> 278 Zusammenfassung und Ausblick (Verena Burk, Marcel Fahrner) Die aufmerksame Lektüre und kritische Auseinandersetzung mit den in diesem Lehrbuch dargestellten Themen ermöglicht eine umfassende „Einführung in die Sportwissenschaft“. Bleibt den Lesern zu wünschen, dass sie in ihrem Studium die Möglichkeit erhalten, diese Inhalte im Rahmen ansprechender Lehrveranstaltungen kennenzulernen, mittels aktueller Forschungsergebnisse zu vertiefen und mit Blick auf zukünftige berufliche Tätigkeiten anwenden zu können. <?page no="278"?> Literaturverzeichnis Alkemeyer, T. & Schmidt, R. (2003). Habitus und Selbst. Zur Irritation der körperlichen Hexis in der populären Kultur. In T. Alkemeyer, B. Broschert, R. Schmidt & G. Gebauer (Hrsg.), Der aufs Spiel gesetzte Körper. 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