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Internationaler Tourismus

0813
2014
978-3-8385-4202-7
978-3-8252-4202-2
UTB 
Albrecht Steinecke

Ungeachtet wirtschaftlicher Krisen verzeichnet der internationale Tourismus hohe Wachstumsraten. Neben positiven ökonomischen Effekten nimmt er allerdings auch Einfluss auf die Ökologie, Gesellschaft und Kultur vor Ort. Dieses Buch geht auf diese Herausforderungen im Detail ein und zeigt Managementstrategien für Destinationen auf.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich <?page no="2"?> Albrecht Steinecke Internationaler Tourismus UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Prof. Dr. Dr. h. c. (BSU) Albrecht Steinecke war Hochschullehrer an der Universität Paderborn. Seine Arbeitserfahrungen umfassen außerdem eine breite Forschungs- und Lehrtätigkeit an deutschen und ausländischen Universitäten sowie nationale und internationale Beratungsprojekte als langjähriger Geschäftsführer des Europäischen Tourismus Instituts GmbH (Trier). Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2014 Lektorat: Rainer Berger Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Schematische Darstellungen: Peter Blank, Bielefeld Einbandmotiv: © Katsiaryna, fotolia.com Druck und Bindung: fgb freiburger graphische betriebe, Freiburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstraße 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 4202 ISBN 978-3-8252-4202-2 <?page no="4"?> Vorwort „(...) wir haben einen Überschuss an Information, einen Überschuss an Kommunikation, es gibt die sogenannte ‚Zuvielisation’, es gibt von allem viel zu viel.“ David Bosshart Diese kritische Einschätzung des Schweizerischen Konsumforschers David Bosshart gilt auch für das Thema dieses Studienbuches: Die Google-Suche zum Schlagwort „Internationaler Tourismus“ ergibt ungefähr 26 Millionen Einträge, und die Fülle der Statistiken, Analysen sowie Studien ist beeindruckend und - speziell für Studienanfänger - wohl auch entmutigend. Gleichzeitig besteht aber in der akademischen Ausbildung ein großer Wissensbedarf, denn immer mehr deutschsprachige Hochschulen bieten inzwischen spezielle Studiengänge zum „Internationalen Tourismus-Management“ an. In dieser „Zuvielisation“ geht es also vor allem darum, die vorliegenden Informationen zu reduzieren und den gegenwärtigen Kenntnisstand klar zu strukturieren. Im Mittelpunkt sollten dabei die Perspektive der Leserinnen und Leser stehen: Was sind wichtige Informationen, die für sie über den Tag hinaus von Bedeutung sind? Wie lassen sich komplexe Zusammenhänge verständlich erklären? Anhand welcher Beispiele können allgemeine Überlegungen anschaulich erläutert werden? Diese Fragen haben mich auch bei der Arbeit an diesem Studienbuch geleitet: Der Text ist so klar formuliert, dass er auch von Studierenden in den ersten Semestern verstanden wird. Er enthält möglichst wenige, aber dafür aussagekräftige Daten. Fotos und Grafiken dienen nicht nur zur simplen Illustration, sondern zum besseren Verständnis. Zahlreiche Tipps regen zur eigenen Vertiefung des Themas an (Literaturhinweise, Websites, Info-Dienste etc.). Die Reduktion und Auswahl von Informationen führt zwangsläufig dazu, dass das Buch auch Lücken aufweist (einige Kolleginnen und Kollegen mögen mir verzeihen, dass sie nicht zitiert werden). Diese Tatsache habe ich bewusst in <?page no="5"?> 6 Vorwort Kauf genommen, um das Basiswissen strukturiert, übersichtlich und nachvollziehbar zu vermitteln. Bei dieser Publikation geht es mir also darum, neugierige Leserinnen und Leser auf eine abwechslungsreiche Tour durch die Welt des internationalen Tourismus mitzunehmen; dabei werden die folgenden grundsätzlichen Fragen beantwortet: Welche Bedeutung hat der internationale Tourismus als Wirtschaftsfaktor und gesellschaftliches Phänomen? Was waren wichtige ökonomische und soziale Triebkräfte bei der Entwicklung des internationalen Tourismus? Wie hat der internationale Tourismus das Leben der Menschen in vielen Teilen der Welt verändert? Wer sind die wichtigen Global Player, deren Dienstleistungen wir in Anspruch nehmen, wenn wir auf Reisen gehen? Auf welchen Schauplätzen spielt sich der internationale Tourismus ab und welche Interessen verfolgen die nationalen Akteure? Welche Dynamik vollzieht sich auf diesem Markt und wie werden die Menschen in Zukunft reisen? Wie alle größeren Projekte basiert auch diese Publikation nicht auf der Leistung eines Einzelnen, sondern auf der Zusammenarbeit mehrerer Partner: Zu danken habe ich vielen Unternehmen und Organisationen, die mir Abbildungen, Fotos, Logos etc. zur Verfügung gestellt und den Abdruck genehmigt haben. Mein Dank gilt auch Peter Blank (Bielefeld), der meine dilettantischen Entwürfe mit großer Kreativität, Kompetenz und Sorgfalt in professionelle Grafiken umgesetzt hat. Dipl.-Ökonom Rainer Berger (UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz/ UVK Lucius, München) möchte ich dafür danken, dass wir unsere langjährige und erfolgreiche Kooperation mit diesem Buch fortsetzen konnten. Ein spezieller Dank gilt meiner Frau Renate: Sie war nicht nur Leidtragende bei allen typischen Stimmungsschwankungen, die jeder Autor kennt; sie hatte wieder einmal das schöne Privileg, die erste Leserin zu sein - aber auch die unangenehme Pflicht, zu korrigieren und zu kritisieren. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine anregende, gewinnbringende Lektüre - und vor allem eine bessere Orientierung in dieser Zeit der „Zuvielisation“. Konz/ Überlingen, im Sommer 2014 Albrecht Steinecke <?page no="6"?> Inhalt Vorwort ...........................................................................................................................5 Abbildungsverzeichnis............................................................................................ 11 Tabellenverzeichnis ................................................................................................. 15 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts .............. 17 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus ......................... 19 1.1.1 Definitionen................................................................................................... 20 1.1.2 Methoden der Erfassung.............................................................................. 21 1.1.3 Wichtige Daten- und Informationsquellen................................................ 24 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus .................... 26 1.2.1 Großregionen im internationalen Tourismus ........................................... 26 1.2.2 Nachbarschaftsbeziehungen im internationalen Tourismus ................... 29 1.2.3 Internationaler Tourismus vs. Binnentourismus ...................................... 32 2 Die Motoren des touristischen Wachstums.............................................. 37 2.1 Push-Faktoren .................................................................................................. 38 2.1.1 Wachstum, Wohlstand und Freizeit ........................................................... 39 2.1.2 Transport und Kommunikation ................................................................. 43 2.1.3 Verpflichtungen, Wertewandel und religiöse Motive............................... 46 2.2 Pull-Faktoren .................................................................................................... 52 2.2.1 Aufhebung von Reisebeschränkungen....................................................... 53 2.2.2 Natürliche und kulturelle Attraktionen ...................................................... 55 2.2.3 Ökonomische Vorteile und moralische Freizügigkeit.............................. 60 2.2.4 Öffentliche Fördermaßnahmen und Verbraucherschutz ........................ 64 Exkurs: Die Hemmnisse des Wachstums ......................................................... 69 <?page no="7"?> 8 Inhalt 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus............................. 79 3.1 Luftverkehrsgesellschaften ............................................................................. 81 3.1.1 Codesharing und strategische Allianzen .................................................... 83 3.1.2 Computerreservierungssysteme und Yield Management......................... 85 3.1.3 Qualitätsmanagement ................................................................................... 86 3.2 Hotelketten ....................................................................................................... 88 3.2.1 Diffusion globaler Hotelketten ................................................................... 89 3.2.2 Wettbewerbsstrategien der Hotellerie ........................................................ 91 3.3 Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie ............. 95 3.3.1 Freizeit- und Unterhaltungskonzerne ........................................................ 96 3.3.2 Internationale Kultureinrichtungen ............................................................ 98 3.4 Globale Organisationen und Initiativen...................................................... 100 3.4.1 Touristische Organisationen und Verbände............................................ 101 3.4.2 Tourismuskritische Initiativen................................................................... 102 3.4.3 Kulturorganisationen mit touristischem Bezug ...................................... 104 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus .................................. 107 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren ...................................... 108 4.1.1 Der englische Adel als Trendsetter........................................................... 108 4.1.2 Die Demokratisierung des Reisens........................................................... 111 4.1.3 Aufstieg, Niedergang und Relaunch traditioneller Zielgebiete ............. 112 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer.................................. 117 4.2.1 Der Boom des Badetourismus .................................................................. 117 4.2.2 Die Folgen der touristischen Erschließung ............................................. 119 4.2.3 Wettbewerbsstrategien der Warmwasserziele ......................................... 122 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele ............................ 129 4.3.1 Wachstumschancen vs. Krisenanfälligkeit............................................... 130 4.3.2 Endogene Kultur: Potenziale und Probleme .......................................... 136 4.3.3 Aufklärungsarbeit und Partizipationsmöglichkeiten .............................. 140 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler ................ 145 4.4.1 Das Erholungswesen in den sozialistischen Staaten .............................. 146 <?page no="8"?> Inhalt 9 4.4.2 Hemmnisse im Transformationsprozess ................................................. 151 4.4.3 Touristischer Neuanfang nach politischem Umbruch........................... 154 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte ......................... 160 4.5.1 Vereinigte Arabische Emirate: Diversifizierung durch Tourismus ...... 161 4.5.2 China: der neue Reiseweltmeister ............................................................. 166 4.5.3 Indien: Imageprobleme und Nachfragepotenziale ................................. 171 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus ........................................... 181 5.1 Prognosen zur quantitativen Entwicklung ................................................. 182 5.1.1 Prognosen zum Umfang der Nachfrage .................................................. 182 5.1.2 Prognosen zu künftigen Reiseströmen .................................................... 183 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus ................................... 185 5.2.1 Wettbewerbsfähigkeit der Destinationen................................................. 185 5.2.2 Krisenprävention und Krisenmanagement ............................................. 188 5.2.3 Schutz des natürlichen und kulturellen Erbes......................................... 193 5.2.4 Wahrung und Stärkung der Menschenrechte .......................................... 202 Literaturverzeichnis............................................................................................... 209 Index .......................................................................................................................... 229 <?page no="10"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Vielsprachiges Angebot an Reiseführern an einem Souvenirstand in Venedig ....................................................................................... 18 Abb. 2: Sichtvermerke im Pass bei der Erfassung internationaler Touristen mit Hilfe der Grenzmethode................................................. 22 Abb. 3: Anteil der touristischen Großregionen an den internationalen Ankünften (2012)...................................................................................... 27 Abb. 4: Chinesische Touristen auf dem Tian’anmen-Platz in Peking ............. 33 Abb. 5: Entwicklung der Ankünfte im internationalen Tourismus (1960 - 2012) ............................................................................................... 38 Abb. 6: Plakat des DGB-Aktionsprogramms „Urlaubsgeld erschließt die Welt“ ......................................................................................................... 40 Abb. 7: Filiale der Kultmarke „Hollister“ im Sanlitun-Village in Peking ........ 42 Abb. 8: Route der Flugboote der „British Overseas Airways Corporation“ (BOAC) auf der Strecke von London nach Johannesburg............................................................................................. 44 Abb. 9: Einheimische am Strand von Dubai ...................................................... 49 Abb. 10: Devotionalien im Klosterladen des Klosters Andechs ........................ 51 Abb. 11: Qualitätskriterien bei der Wahl des Urlaubszieles ................................ 56 Abb. 12: Hochzeitspaar auf der „Chinesischen Mauer“...................................... 59 Abb. 13: Großtankstellen im luxemburgischen Grenzort Mertert..................... 62 Abb. 14: Motiv der internationalen Werbekampagne „Incredible ! ndia“.......... 65 Abb. 15: Touristische Fördermaßnahme der Europäischen Union in der slowakischen Bergbausiedlung Špania Dolina ...................................... 68 Abb. 16: „Panic Button“ in einem südafrikanischen Hotelzimmer ................... 72 Abb. 17: Entwicklung der Touristenankünfte in Ägypten (1952 - 1998) ........... 75 Abb. 18: „Hilton“-Hotel in Foshan (China) ......................................................... 80 Abb. 19: Aufnahme der taiwanesischen Fluggesellschaft „EVA Air“ in die „Star Alliance“ ................................................................................ 84 Abb. 20: First Class-Kabine der Fluggesellschaft „Emirates“ ............................ 87 Abb. 21: „Park Hyatt“ am Strand von Saadiyat Island in Abu Dhabi ............... 92 <?page no="11"?> 12 Abbildungsverzeichnis Abb. 22: Afrikanisches Themenhotel „Matamba“ im Themenpark „Phantasialand“ in Brühl ......................................................................... 94 Abb. 23: Riesenrad „EDF Energy London Eye“ ................................................. 97 Abb. 24: Baustelle des geplanten „Louvre Abu Dhabi“ ...................................... 99 Abb. 25: Logo der Kinderschutzorganisation „ECPAT“ ................................. 103 Abb. 26: Royal Crescent in Bath........................................................................... 110 Abb. 27: Pier in Hasting......................................................................................... 113 Abb. 28: Kunstmuseum „Turner Contemporary“ in Margate.......................... 116 Abb. 29: Entwicklung der internationalen Touristenankünfte in ausgewählten Mittelmeeranrainerländern (1995 - 2011) ..................... 119 Abb. 30: Touristenankünfte in Hotels auf den Balearen - differenziert nach Monaten (2012) ............................................................................. 123 Abb. 31: Hotel an der Playa de Palma auf Mallorca........................................... 126 Abb. 32: Pirschfahrt im „Chobe National Park“ (Botswana) ........................... 132 Abb. 33: Angestellte in einer afrikanischen Lodge ............................................. 134 Abb. 34: Entwicklung der internationalen Touristenankünfte in ausgewählten Entwicklungsländern (1995 - 2011)............................... 135 Abb. 35: Herstellung und Verkauf traditioneller kunsthandwerklicher Produkte in Südafrika............................................................................. 138 Abb. 36: Mabibi Combined School, KwaZulu-Natal (Südafrika) .................... 144 Abb. 37: Wachposten am Eingang des Späher-Lagers im russischen Ferienlager „Orlionok“ ......................................................................... 148 Abb. 38: Interhotel „Stadt Berlin“........................................................................ 150 Abb. 39: Stand des marktwirtschaftlichen Transformationsprozesses in der Tschechischen Republik, Serbien und Belarus............................. 152 Abb. 40: Ski-Resort Bukovel in den Karpaten (Ukraine) .................................. 153 Abb. 41: Swetizchoweli-Kathedrale in Mzcheta (Georgien) ............................. 156 Abb. 42: „Qasr Al Arab Desert Resort“ in Abu Dhabi..................................... 163 Abb. 43: Entwicklung des chinesischen Ingoing- und Outgoing- Tourismus (1995 - 2012) ......................................................................... 166 Abb. 44: Gütesiegel „China Friendly Hotel“ der Buchungsplattform „HRS“ ...................................................................................................... 169 <?page no="12"?> Abbildungsverzeichnis 13 Abb. 45: Indien-Stand auf der „Internationalen Tourismus-Börse“ (ITB) 2014 in Berlin .......................................................................................... 174 Abb. 46: Entwicklung der internationalen Touristenankünfte (1950 - 2030) .. 183 Abb. 47: Touristen an den Victoriafällen an der Grenze zwischen Sambia und Simbabwe ........................................................................... 184 Abb. 48: Sitzung des Krisenstabs in der „TUI Deutschland“-Zentrale in Hannover............................................................................................. 190 Abb. 49: Whale Watching in der südafrikanischen Walker Bay........................... 195 Abb. 50: Parkanlage von Stourhead ..................................................................... 200 Abb. 51: Asiatische Wanderarbeiter in Abu Dhabi............................................ 204 <?page no="14"?> Tabellenverzeichnis Tab. 1: Merkmale, Vorteile und Nachteile der Grenzmethode und der Standortmethode ...................................................................................... 23 Tab. 2: Top 10-Zielländer und Top 10-Ausreiseländer .................................... 28 Tab. 3: Top 10-Herkunftsländer in den USA .................................................... 30 Tab. 4: Buchungsstellen für Urlaubsreisen in Deutschland (2005 vs. 2013).. 46 Tab. 5: Ausgewählte Urlaubsreisemotive der Europäer ................................... 48 Tab. 6: Urlaubsformen europäischer Touristen (Sommerurlaub) und chinesischer Touristen (Europareise)..................................................... 57 Tab. 7: Top 10-Fluggesellschaften der Welt (nach Passagierzahlen) .............. 83 Tab. 8: Strategische Allianzen von Luftverkehrsgesellschaften ....................... 85 Tab. 9: Top-10-Hotelgruppen der Welt.............................................................. 90 Tab. 10: Ankünfte und Einnahmen aus dem internationalen Tourismus in ausgewählten Mittelmeerländern...................................................... 120 Tab. 11: Ankünfte und Einnahmen aus dem internationalen Tourismus in ausgewählten Entwicklungsländern ................................................. 133 Tab. 12: Endogene Kultur und Tourismus: Chancen und Risiken ................. 139 Tab. 13: Herausforderungen für die Tourismuswirtschaft in Deutschland und in den Empfängerländern .............................................................. 141 Tab. 14: Ankünfte und Einnahmen aus dem internationalen Tourismus in ausgewählten Transformationsländern............................................ 159 Tab. 15: Index des „World Economic Forum“ zur touristischen Wettbewerbsfähigkeit von Ländern ..................................................... 187 <?page no="16"?> 1 Tourismus - die globale Leitindustrie hunderts Lernziele In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet: Was versteht man unter internationalem Tourismus? Wie werden internationale Reiseverkehrsströme statistisch erfasst? Was sind die wichtigsten touristischen Quell- und Zielgebiete? Welche besonderen touristischen Beziehungen bestehen zwischen einzelnen Ländern bzw. Großregionen? Welche Bedeutung hat der internationale Tourismus im Vergleich zum Binnentourismus? Tourismus - dieser Begriff weckt vielfältige Assoziationen und vor allem auch Emotionen: Viele Bundesbürger verbinden damit die jährliche Urlaubsreise, die für sie (als Konsumenten) gleichbedeutend ist mit den „schönsten Wochen des Jahres“ oder einer „populären Form des Glücks“. Aus diesem Grund rangieren Reisen auch an erster Stelle der Konsumprioritäten - vor Wohnen, Essen und Trinken sowie Kleidung (vgl. R EINHARDT 2012). Auf der anderen Seite stehen die Anbieter dieses Urlaubsglücks, die vor allem ökonomische Interessen verfolgen: Für die Unternehmen der Tourismusbranche, aber auch für die Zielgebiete stellt der Tourismus einen lukrativen, wachstumsstarken Markt dar, der Umsatz erzeugt und Arbeitsplätze schafft. So sind in Deutschland sieben Prozent aller Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig tätig; knapp zehn Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der deutschen Volkswirtschaft werden im Tourismus erwirtschaftet (vgl. DRV 2014). Aufgrund dieser großer Bedeutung, aber auch ihrer positiven Perspektiven wird die Freizeit- und Tourismusbranche zu Recht als „Leitökonomie der Zukunft“ (O PASCHOWSKI / P RIES / R EINHARDT 2006) bezeichnet. Diese Einschätzung gilt nicht nur für den deutschen Markt, sondern vor allem auch auf internationaler Ebene (vgl. UNWTO 2013a, S. 2). Im Jahr 2013 wurden mehr als eine Milliarde internationale Touristenankünfte registriert - also von Reisenden, die aus ihrem Heimatland in ein anderes Land gereist sind. In den vergangenen sieben Jahrzehnten hat sich dabei eine boom- <?page no="17"?> 18 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts artige Entwicklung vollzogen: Im Jahr 1950 lag die Zahl der Ankünfte von Ausländern weltweit nur bei 25 Millionen. Dieser kosmopolitische Charakter wird an den Brennpunkten des Tourismus besonders deutlich - z. B. in Städten wie Paris, New York, London, Venedig etc.; angesichts der vielen Menschen aus unzähligen Ländern herrscht dort ein babylonisches Sprachengewirr. Die Welt ist längst nicht nur in Kommunikation, Mode und Konsum zu einem Global Village geworden, sondern speziell auch beim Reisen (vgl. Abb. 1). Abb. 1: An den Brennpunkten des internationalen Tourismus ist die ganze Welt zu Gast - wie ein Blick auf das vielsprachige Angebot an Reiseführern in Venedig deutlich macht. Mit mehr als 30 Millionen Besuchern/ Jahr gehört „La Serenissima“ zu den beliebtesten Städtereisezielen in Europa (Quelle: eigenes Foto). Diese gewaltigen Reiseströme, die sich über den Globus verteilen, lösen zum einen enorme wirtschaftliche Wirkungen aus: So trägt der Tourismus mit ca. neun Prozent zum weltweiten Arbeitsmarkt und Bruttosozialprodukt bei. Damit hat er eine größere ökonomische Bedeutung als die Automobilindustrie und eine etwas geringere als der Bankensektor. Zum anderen kommt es in zahlreichen <?page no="18"?> 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus 19 Zielgebieten aber auch zu erheblichen Belastungen von Natur und Gesellschaft (vgl. S UCHANEK 2001). Vielerorts steht der Tourismus deshalb in der öffentlichen Kritik - speziell von der betroffenen Bevölkerung, aber auch von Initiativen zum Erhalt der Umwelt, zur Bewahrung der Landschaft und Kultur bzw. zum Schutz von Kindern vor kommerzieller und sexueller Ausbeutung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der internationale Tourismus also ein globales Massenphänomen, das voller Widersprüche steckt - von individueller Freude über wirtschaftliche Interessen bis hin zur Zerstörung der eigenen Ressourcen. Doch auf welchen Daten beruhen unsere Kenntnisse über Umfang, Nutzen und Schaden? Was versteht man überhaupt unter internationalem Tourismus? Wie werden Touristen eigentlich statistisch erfasst? 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus Auf den ersten Blick scheint es sich beim Tourismus um ein Allerweltthema zu handeln, zu dem nahezu Jeder etwas sagen kann - denn schließlich machen drei von vier Bundesbürgern jedes Jahr eine Urlaubsreise und verfügen deshalb über eigene Erfahrungen. Aus wissenschaftlicher und statistischer Sicht erweist es sich aber als recht schwierig, den Tourismus gegenüber anderen Formen räumlicher Mobilität abzugrenzen - z. B. hinsichtlich folgender Aspekte: Reisemotiv: Grundsätzlich gibt es zahlreiche Gründe, eine Reise zu unternehmen. Neben der Urlaubsreise gibt es geschäftlich bzw. beruflich bedingte Reisen, Besuche bei Freunden bzw. Verwandten, Reisen aus gesundheitlichen Gründen (Kuren), Pilgerreisen sowie Reisen zu Weiterbildungszwecken. Reisedauer: Hier besteht die Herausforderung, eine zeitliche Unterbzw. Obergrenze festzulegen. Sollen z. B. Tagesausflüge (ohne Übernachtung) bereits als touristische Reise verstanden werden? Sind längere Studienaufenthalte im Ausland auch dem Tourismus zuzuordnen? Gängige Grenzwerte sind derzeit mindestens eine Übernachtung und ein Aufenthalt von maximal einem Jahr. Darüber hinaus wird häufig zwischen Kurzreisen von weniger als fünf Tagen und längeren Reisen mit mehr als vier Übernachtungen unterschieden. Reiseentfernung: Gibt es eine Mindestdistanz für touristische Reisen? Diese Frage ist speziell in Großstädten und Bevölkerungsagglomerationen von Bedeutung. Generell besteht ein Konsens darüber, dass touristische Reisen jeweils die Gemeindegrenze überschreiten müssen. Im internationalen Touris- <?page no="19"?> 20 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts mus taucht dieses Abgrenzungsproblem jedoch nicht auf, da das Verlassen des Heimatlandes und der Grenzübertritt in ein anderes Land als konstituierende Merkmale gelten. Diese Definitionsfragen sind nicht allein Gegenstand selbstverliebter Diskussionen im akademischen Elfenbeinturm. Sie haben auch weitreichende öffentliche und politische Konsequenzen, da statistische Daten als Basis für Aussagen zur Bedeutung des Tourismus als Wirtschaftsbranche und gesellschaftlichem Phänomen dienen (hinter denen häufig handfeste Interessen stehen). 1.1.1 Definitionen Grundsätzlich lässt sich sagen: Je weiter der Tourismus-Begriff gefasst ist (wenn z. B. auch Tagesausflüge, Geschäftsreisen, Studienaufenthalte, Pilgerreisen etc. als touristische Reisen definiert werden), desto höher sind die Zahlen zum Umfang der touristischen Nachfrage. Diese Tatsache muss bei der Bewertung aller Angaben zum internationalen Tourismus berücksichtigt werden, denn die Welttourismusorganisation (United Nations World Tourism Organization/ UNWTO) verwendet bei der statistischen Erfassung der globalen Reiseströme einen umfassenden Tourismus- Begriff: Darunter werden alle grenzüberschreitenden Reisen mit mindestens einer Übernachtung verstanden, die hauptsächlich zu folgenden Zwecken durchgeführt werden: Freizeit, Erholung und Urlaub, Besuch bei Freunden und Verwandten, Geschäft und Beruf, Gesundheit, Religion/ Pilgerreisen etc. Gleichzeitig gibt es auch Personen, die zwar räumlich mobil sind, aber dennoch nicht in der Tourismusstatistik erfasst werden; dazu zählen: Grenzgänger und vorübergehend Zugezogene, Einwanderer, Nomaden, Transitreisende, Flüchtlinge, Angehörige von Streitkräften, Konsulatsvertreter und Diplomaten. <?page no="20"?> 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus 21 Um die Erfassung des Tourismus weltweit zu vereinheitlichen, hat die UNWTO entsprechende Empfehlungen für die nationalen statistischen Ämter formuliert, die u. a. vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat), von der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) und vom Statistischen Bundesamt umgesetzt werden ( 1.1.3). Definitionen Tourismus: „alle Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu Freizeit-, Geschäfts- oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbrechung aufhalten“ (Eurostat 1998, S. 2). Hinsichtlich der Quell- und Zielgebiete lassen sich dabei drei Arten von Reiseverkehrsströmen unterscheiden: Binnenreiseverkehr/ Binnentourismus (Domestic Tourism): Reisen von Inländern im eigenen Land, Einreiseverkehr (Inbound/ Incoming Tourism): Reisen von Ausländern in ein anderes Land, Ausreiseverkehr (Outbound/ Outgoing Tourism): Reisen von Inländern in das Ausland. Durch Überlagerung dieser Reiseverkehrsströme kommt es zu drei Grundformen des Tourismus: Inlandstourismus (Internal Tourism): Binnenreiseverkehr von Inländern und Einreiseverkehr von Ausländern, Nationaler Tourismus (National Tourism): Binnenreiseverkehr und Ausreiseverkehr von Inländern, Internationaler Tourismus (International Tourism): Einreiseverkehr von Ausländern und Ausreiseverkehr von Inländern. 1.1.2 Methoden der Erfassung Trotz der Bemühungen zur globalen Harmonisierung der nationalen Tourismusstatistiken sind gegenwärtig hinsichtlich der Exaktheit, Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Daten durchaus Bedenken angebracht, da es zwei unterschiedliche Methoden der konkreten Zählung von Touristen gibt, die jeweils Vor- und Nachteile aufweisen (vgl. Tab. 1). <?page no="21"?> 22 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts Mit Hilfe der Grenzmethode werden die Besucher beim Grenzübertritt im Zielland erfasst. Sie wird z. B. in Ländern eingesetzt, in denen die Touristen über ein Visum verfügen müssen, das entweder vorab zu beantragen ist (China, USA, Belarus etc.) oder bei der Einreise erteilt wird (Südafrika, Oman etc.; vgl. Abb. 2). Auf diese Weise findet zwar eine Erfassung aller einreisenden Besucher statt, doch die Daten erlauben keine weitere Differenzierung hinsichtlich der Reiseströme innerhalb des Landes bzw. der Nutzung unterschiedlicher Arten von Unterkünften. Außerdem geben sie keine Auskünfte über die Kapazitätsauslastung der Beherbergungsbetriebe. Abb. 2: Zahlreiche Länder erfassen die internationalen Touristen mit Hilfe der Grenzmethode. Dabei wird der Zeitpunkt der Ein- und Ausreise registriert und jeweils mit einem Sichtvermerk im Reisepass bestätigt - wie z. B. in den Vereinigten Arabischen Emiraten (V. A. E.), Swasiland, den Seychellen oder dem Oman (Quelle: eigenes Foto). Bei der Standortmethode werden die Touristen in der Unterkunft am jeweiligen Aufenthaltsort mit Hilfe von Meldescheinen registriert - z. B. in Deutschland, Spanien und Belgien. Auf diese Weise können detaillierte Daten zum Anteil in- und ausländischer Besucher, zur Bedeutung touristischer Standorte, zur Beliebtheit unterschiedlicher Unterkunftsarten sowie zur Aufenthaltsdauer der Gäste und zur Kapazitätsauslastung der Betriebe erhoben werden. Als Nachteil erweist sich aber, dass nur die Nachfrage in gewerblichen Betrieben erfasst wird (mit einer Mindestzahl an Betten bzw. teilweise sogar nur in Hotels). Ankünfte und Übernachtungen bei Privatvermietern mit wenigen Zimmern sowie bei Freunden und Bekannten bleiben bei dieser Methode unberücksichtigt. Außerdem bestehen berechtigte Zweifel hinsichtlich der Meldegenauigkeit (speziell bei kleineren Betrieben), da die Anzahl der Meldescheine indirekt auch Rückschlüsse auf den zu versteuernden Umsatz ermöglicht. <?page no="22"?> 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus 23 Grenzmethode Standortmethode Merkmale Erfassung der Touristen beim Grenzübertritt in das Zielland Erfassung der Touristen am Ort ihres Aufenthaltes (z. B. durch Meldescheine in Beherbergungsbetrieben) Vorteile - Erfassung aller einreisenden Touristen (unabhängig von der Art der Beherbergung - z. B. in nicht-meldepflichtigen bzw. privaten Unterkünften) - Erfassung der Touristen in einem Land insgesamt Ermittlung statistischer Daten zu: - Besucherströmen, Aufenthaltsorten und -dauer - Übernachtungen von Inländern und Ausländern - Nutzung unterschiedlicher Unterkunftsarten - Kapazitätsauslastung der Beherbergungsbetriebe Nachteile keine Ermittlung differenzierter Daten zu Reiseströmen, Aufenthaltsorten/ -dauer, Nutzung unterschiedlicher Unterkunftsarten, Kapazitätsauslastung der Beherbergungsbetriebe etc. keine Unterscheidung zwischen Tagesbesuchern und Touristen keine Erfassung von Tagesbesuchern keine Erfassung von Übernachtungen in nicht-meldepflichtigen bzw. nichtkommerziellen Unterkünften (Privatzimmer, Übernachtung bei Freunden/ Verwandten) - Mehrfachzählungen von Touristen (z. B. bei Rundreisen) Tab. 1: Touristen können entweder bei der Einreise in das Zielland oder in den Beherbergungsbetrieben statistisch erfasst werden. Beide Methoden weisen Vor- und Nachteile auf: So liefert die Grenzmethode keine qualitativen Daten zu den Besucherströmen, während die Standortmethode keine Aussagen zum Gesamtvolumen der Nachfrage erlaubt (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in H ENSCHEL 2002, S. 35 - mit Ergänzungen). Beim wissenschaftlichen und praktischen Umgang mit Daten zum internationalen Tourismus müssen diese methodischen Besonderheiten und auch der umfassende Tourismus-Begriff berücksichtigt werden. Zum einen beziehen sich die Angaben der UNWTO auf vielfältige Arten des Reisens - nicht nur auf Urlaubsreisen, die in der Öffentlichkeit mit dem Begriff „Tourismus“ assoziiert werden, aber auch Gegenstand spezieller Großerhebungen in Deutschland sind (z. B. „Reiseanalyse“ der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen, „ADAC Reisemonitor“, „Deutsche Tourismusanalyse“ der Stiftung für Zukunftsfragen). Entsprechend hoch ist die Gesamtzahl der internationalen An- <?page no="23"?> 24 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts künfte. Ein wichtiges Argument für die Verwendung eines weiten Tourismus- Begriffs ist das vorrangige Interesse der Tourismusbranche (speziell der Beherbergungsbetriebe) und der Destinationen am Umfang der Nachfrage - und weniger an den Motiven sowie Verhaltensweisen der Besucher. Zum anderen werden aber in Ländern, in denen die Standortmethode zum Einsatz kommt, nicht alle Ankünfte registriert. Dort weist der Tourismus also ein deutlich höheres Nachfragevolumen auf - speziell in Großstädten: In Berlin fanden z. B. im Jahr 2011 26,2 Millionen Übernachtungen bei Freunden und Verwandten statt; die Zahl von Übernachtungen in gewerblichen Unterkunftsbetrieben lag hingegen nur bei 22,4 Millionen (vgl. Berlin Tourismus & Kongress GmbH 2012, S. 6). Für die Daten der UNWTO gilt letztlich das luxemburgische Sprichwort „Man kann immer nur mit den Mädchen/ Jungen tanzen, die gerade im Ballsaal sind“: Trotz gewisser methodischer Unzulänglichkeiten stellen sie die einzige Möglichkeit dar, das Volumen, die jüngere historische Entwicklung und auch die räumliche Verteilung des Tourismus auf globaler Ebene abzubilden. 1.1.3 Wichtige Daten- und Informationsquellen Angesichts der großen Dynamik des internationalen Tourismusmarktes ist es für Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Planung unerlässlich, über aktuelle, umfassende und differenzierte Daten zur Angebots- und Nachfrageseite verfügen zu können. Im Folgenden werden exemplarisch einige Organisationen und Unternehmen vorgestellt, die regelmäßig Marktdaten zum Tourismus veröffentlichen - auf globaler Ebene bzw. für einzelne Großregionen wie Europa oder Asien: United Nations World Tourism Organization (UNWTO): Die wichtigste Publikation der Welttourismusorganisation sind die „Tourism Highlights“. Diese jährlich erscheinende Dokumentation enthält aktuelle Informationen und Grafiken zur quantitativen Entwicklung und wirtschaftlichen Bedeutung des internationalen Tourismus. Eine PDF-Version kann kostenlos von der UN- WTO-Homepage heruntergeladen werden (vgl. UNWTO 2013a; www. mkt.unwto.org). Darüber hinaus veröffentlicht die UNWTO umfassende und detaillierte Statistiken für einzelne Großregionen und Länder - u. a. mit Angaben zum Umfang der Nachfrage und des Angebots sowie zur Zahl der Beschäftigten etc. („Yearbook of Tourism Statistics“ „Compendium of Tourism Statistics“). Außerdem gibt die UNWTO Studien zu aktuellen Themen des Tourismus heraus (Markenbildung, Produktentwicklung, Nachhaltigkeit, künftige Entwicklung etc.; 5.1). <?page no="24"?> 1.1 Definition und Erfassung des internationalen Tourismus 25 IPK International: Das kommerzielle Beratungsunternehmen hat sich u. a. auf die internationale Marktforschung im Tourismus spezialisiert; dabei arbeitet es mit Partnern in 50 Ländern zusammen. Zu seinen kostenpflichtigen Produkten zählen der „Deutsche Reisemonitor “ und der „European Travel Monitor “; diese beiden Studien sind zugleich Bestandteil des „World Travel Monitor “, mit dem das Auslandsreisevolumen und -verhalten der Europäer, Asiaten und Amerikaner erfasst wird. Ausgewählte Ergebnisse werden im Rahmen der jährlich stattfindenden „Internationalen Tourismus-Börse“ (ITB) in Berlin präsentiert (vgl. Messe Berlin 2014). Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat): Für die europäischen Länder stellt Eurostat monatlich bzw. jährlich differenzierte Daten zum Tourismus zusammen - u. a. zur Anzahl der Urlaubsreisen, zu Übernachtungen von Inländern und Nicht-Inländern sowie zur Kapazität und Auslastung von Beherbergungsbetrieben. Die Statistiken basieren auf einheitlichen Erhebungskriterien; sie können auf der Homepage des Amtes online abgerufen werden ( www.epp.eurostat.ec.europa.eu/ portal/ page/ portal/ tourism/ data/ main _tables). Europ Assistance: Das internationale Versicherungsunternehmen veröffentlicht seit 13 Jahren jährlich sein „Urlaubsbarometer“. Diese Repräsentativuntersuchung wird in mehreren europäischen Ländern durchgeführt (Frankreich, Spanien, Belgien, Österreich, Großbritannien, Deutschland, Italien). Dabei werden zahlreiche Merkmale des Urlaubsreiseverhaltens erfasst - u. a. die Reiseabsichten und -motive, das Entscheidungsverhalten und die Informationsquellen. Beruflich, geschäftlich oder religiös bedingte Reisen werden in dieser Studie nicht berücksichtigt (vgl. Europ Assistance 2013). Pacific Asia Travel Association (PATA): Ziel dieser gemeinnützigen Organisation ist die Förderung des Tourismus nach, in und aus der asiatisch-pazifischen Region. Die PATA publiziert regelmäßig (kostenpflichtige) Statistiken zum Umfang der Nachfrage („Quarterly/ Annual Tourism Monitor“) sowie Prognosen zur künftigen Entwicklung. Ausgewählte Daten und Ergebnisse werden kostenlos in Pressemitteilungen veröffentlicht ( www.pata.org/ Press). Diese zahlreichen Erhebungen liefern ein umfassendes und differenziertes Bild des internationalen Tourismus. Dabei werden zwei Sachverhalte deutlich: Zum einen verteilen sich die globalen Reiseströme sehr ungleichmäßig über die Erde - mit wenigen dominierenden Quellmärkten und Zielgebieten (vgl. G ÖSSLING / F REY - TAG 2012, S. 37 zu einer Karte der Reiseströme). Zum anderen weist der internationale Tourismusmarkt eine große Dynamik auf: Im zunehmenden Wettbewerb der Destinationen gibt es klare Gewinner und Verlierer. <?page no="25"?> 26 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen rismus „Neues Internetangebot für chinesische Fluggäste“ - unter dieser Schlagzeile kündigte der Flughafen Frankfurt/ Main im Frühjahr 2013 den Start einer speziellen Web-App und eines Einkaufsberaterservices für chinesische Fluggäste an ( cn.frankfurt-airport.com). Damit reagierte das Betreiberunternehmen Fraport AG auf die rasch steigende Zahl von Passagieren aus dem „Reich der Mitte“ am größten deutschen Luftverkehrsdrehkreuz. Die Meldung ist auch ein Beleg für die ständigen Veränderungen, die im internationalen Tourismusmarkt zu beobachten sind. Was sind gegenwärtig die wichtigsten Quellmärkte und Zielgebiete? Welche Länder können sich im globalen Wettbewerb behaupten und welche Zielgebiete müssen Marktanteile angeben? Zur Beantwortung dieser Fragen ist es notwendig, zunächst einen Blick auf die touristischen Großregionen zu werfen. 1.2.1 Großregionen im internationalen Tourismus Die Welttourismusorganisation gliedert die Welt in sechs Großregionen und mehrere Subregionen bzw. Länder (Tourism Destinations; vgl. UNWTO 2013a, S. 4): Europa - mit den Subregionen Nordeuropa, Westeuropa, Zentral- und Osteuropa und Süd-/ Mediterraneuropa; Asien und der Pazifik - mit den Subregionen Nordostasien (China, Hongkong, Japan u. a.), Südostasien (Malaysia, Thailand u. a.), Ozeanien (Australien, Neuseeland u. a.) und Südasien (Indien, Iran u. a.); Amerika - mit den Subregionen Nordamerika, Zentralamerika, Karibik und Südamerika; Afrika - mit den Subregionen Nordafrika (Marokko, Tunesien u. a.) und Subsahara-Afrika (Südafrika, Simbabwe, Mosambik u. a.); Mittlerer Osten - mit den Ländern Ägypten, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate u. a. Diese Großregionen sind in unterschiedlicher Weise als Quellbzw. Zielgebiete am internationalen Tourismus beteiligt. Im Mittelpunkt aller touristischen Aktivitäten steht dabei Europa: Hier finden mehr als 50 Prozent der Ankünfte von Ausländern statt; gleichzeitig kommt weltweit jeder zweite Tourist aus einem europäischen Land. An zweiter Stelle rangiert die Großregion Asien und der Pazifik, die am internationalen Ein- und Ausreiseverkehr jeweils einen Anteil von 22 Prozent erreicht (vgl. Abb. 3). Als Folge ihrer enormen wirtschaftlichen Dynamik haben sich die <?page no="26"?> 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus 27 asiatischen Länder in den letzten Jahren als touristische Wachstumsmotoren erwiesen: Sie verzeichneten jeweils überdurchschnittlich hohe Zuwachsraten. Abb. 3: Der internationale Tourismus ist vorrangig ein europäisches Phänomen: Der Kontinent verzeichnet mehr als 50 Prozent aller Ankünfte (und auch Ausreisen). Allerdings konnte die Großregion Asien und der Pazifik ihren Marktanteil in jüngerer Zeit deutlich steigern - von 16 Prozent im Jahr 1999 auf 22 Prozent im Jahr 2012 (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in H ENSCHEL 2002, S. 44; UNWTO 2013a, S. 3; Grafik: P. Blank). Jede sechste Ankunft bzw. Ausreise wird in Nord-, Mittel- und Südamerika registriert. Fünf Prozent der Ankünfte finden in afrikanischen Ländern statt. Einen vergleichbar hohen Marktanteil erreicht die Großregion Mittlerer Osten - obwohl einzelne Staaten in jüngerer Zeit einen Rückgang der Nachfrage verzeichnen mussten (z. B. Saudi-Arabien und der Libanon). Für diese ungleichmäßige Verteilung der Reiseströme auf dem Globus gibt es zahlreiche Gründe: Zu den wichtigen Push-Faktoren des Ausreiseverkehrs zählen wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Sicherheit, die einer breiten Mittelschicht der Bevölkerung zugute kommen ( 2.1). Diese Voraussetzungen waren in den europäischen Industrieländern bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert gegeben, so dass die jährliche Urlaubsreise für viele Menschen inzwischen zu einer habituellen Verhaltensweise und einem unverzichtbaren Konsumgut geworden ist. Im Jahr 2013 haben z. B. knapp 78 Prozent der erwachsenen Bundesbürger eine Urlaubsreise unternommen (vgl. F. U. R. 2014, S. 1). Als Pull-Faktoren des Einreiseverkehrs wirken vor allem klimatische Bedingungen sowie natürliche und kulturelle Attraktionen im Zielland (Küsten, Hochgebirge, historische Bauten etc.), aber auch Mega-Events wie Olympiaden und Fußball- Weltmeisterschaften sowie internationale Geschäftsbeziehungen ( 2.2). <?page no="27"?> 28 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts Zu kurzfristigen Veränderungen im Nachfrageverhalten kann es aufgrund besonderer Hemmnisse kommen - z. B. wirtschaftliche Rezessionen in der Quellgebieten, aber auch Naturkatastrophen bzw. Terroranschläge in den Zielgebieten ( Exkurs). Diese generellen Steuerungsfaktoren spiegeln sich indirekt auch im Ranking der wichtigsten Zielregionen wider: Unter den TOP 10-Zielen mit den meisten internationalen Ankünften finden sich mehrere hoch entwickelte westliche Staaten, ein Transformationsland (die Russische Föderation) sowie einige wirtschaftlich expandierende asiatische Staaten, in denen jeweils der Geschäftsreiseverkehr - neben dem Urlaubsreiseverkehr - eine große Bedeutung hat. Darüber hinaus zählen mediterrane Länder wie Spanien, Italien und die Türkei dazu, die sich aufgrund ihrer landschaftlichen Attraktivität und ihres historischen Kulturerbes erfolgreich als populäre Urlaubsreiseziele positionieren konnten (vgl. Tab. 2). Internationale Ankünfte Internationale Ausreisen Land in Mio. Land in Mio. Frankreich 83,0 Hongkong (China) 84,8 USA 67,0 Deutschland 72,3 China 57,7 China 70,3 Spanien 57,7 USA 58,5 Italien 46,4 Großbritannien 56,8 Türkei 35,7 Polen 43,3 Deutschland 30,4 Russische Föderation 39,3 Großbritannien 29,3 Malaysia 30,7 Russische Föderation 25,7 Kanada 30,2 Malaysia 25,0 Frankreich 26,2 Tab. 2: Zu den TOP 10-Ländern mit den meisten Ankünften gehören sowohl Staaten mit einer hoch entwickelten bzw. dynamischen Volkswirtschaft (und einem entsprechend umfangreichen Geschäftsreiseverkehr) als auch klassische mediterrane Urlaubsländer. Im Ausreiseverkehr sind westliche und asiatische Industriebzw. Schwellenländer sowie einige Transformationsstaaten die wichtigsten Quellgebiete (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in UNWTO 2013a, S. 6; www.fact-fish.com; die Daten beziehen sich überwiegend auf die Jahre 2011/ 12). Die Liste der TOP 10-Quellgebiete mit dem umfangreichsten Ausreiseverkehr wird von westlichen und asiatischen Industriebzw. Schwellenstaaten sowie Polen <?page no="28"?> 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus 29 und der Russischen Föderation als Transformationsländern dominiert; hingegen spielen die strukturschwachen Staaten des Mittelmeerraumes als Quellregionen nur eine untergeordnete Rolle. Tipp: Aktuelle Daten zum internationalen Tourismus Auf der Website „factfish“ können online aktuelle Daten und auch Zeitreihen zu unterschiedlichen Aspekten des internationalen Tourismus kostenlos abgerufen werden (inkl. Diagrammen) - z. B. zum Ein- und Ausreiseverkehr sowie zu touristischen Einnahmen und Ausgaben einzelner Länder ( www.factfish.com). Die Fachzeitschrift „Travel One“ gibt jedes Jahr einen informativen „Destinationsreport“ heraus - mit Zahlen, Analysen und Prognosen zu 90 Ländern. Er enthält u. a. Angaben zu den Besucherzahlen aus Deutschland und zu den internationalen Ankünften (vgl. Travel One 2013). 1.2.2 Nachbarschaftsbeziehungen im internationalen Tourismus Chinesische Touristen besichtigen das Geburtshaus von Karl Marx in Trier, USamerikanische Urlauber nehmen an Fotosafaris in südafrikanischen Nationalparks teil, deutsche Geschäftsreisende führen Verhandlungen in New York und indonesische Muslime pilgern nach Mekka - diese Beispiele scheinen deutliche Belege für den globalen Charakter des internationalen Tourismus zu sein. Tatsächlich haben inzwischen nahezu alle Staaten ihre Grenzen für die Einreise von Ausländern geöffnet, um an den Einnahmen aus diesem Wirtschaftszweig zu partizipieren. Dennoch kommt interkontinentalen Reisen eine weitaus geringere Bedeutung zu, als der Begriff „internationaler Tourismus“ suggeriert. Vielmehr bestehen innerhalb der Großregionen und zwischen den Ländern jeweils spezifische (teilweise sogar nachbarschaftliche) Beziehungen: Auf der Ebene der Großregionen findet der überwiegende Teil der touristischen Nachfrage intraregional - also innerhalb der Großregion - statt: Von den 1,035 Milliarden internationalen Ankünften im Jahr 2012 wurden durchschnittlich 77,3 Prozent jeweils aus einem Land innerhalb der Region registriert (vgl. UNWTO 2013a, S. 13). Am Beispiel der Großregion Asien und der Pazifik wird dieses intraregionale Reiseverhalten besonders deutlich. Dort hat eine zunehmende „Asiatisierung des Asientourismus“ (U THOFF 1998, S. 34; V ORLAUFER 2007) stattgefunden. So stieg der Anteil des intraregionalen Reiseverkehrs bereits in den 1980er und 1990er Jahren von 49,4 Prozent (1980) auf 79,2 Prozent (1996). <?page no="29"?> 30 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf der Ebene der Zielländer: In den USA stammt z. B. jeder zweite ausländische Besucher aus einem der beiden Nachbarländer Kanada bzw. Mexiko (vgl. Tab. 3). Auch in Deutschland kommen 45,8 Prozent der ausländischen Gäste aus den benachbarten Ländern Niederlande, Schweiz, Frankreich, Österreich, Belgien, Dänemark, Polen, Tschechische Republik und Luxemburg (vgl. Statistisches Bundesamt 2012, S. 30). Für diese relativ kleinteilige Raumstruktur gibt es mehrere Gründe: Trotz einer ständig wachsenden Bedeutung des Flugverkehrs und sinkender Transportkosten erweist sich der Tourismus weiterhin als distanzempfindlich. Knapp jeder zweite internationale Besucher nutzt ein landgebundenes Reiseverkehrsmittel (Pkw, Bahn, Bus). Da Reisen in weiter entfernte Zielgebiete in diesem Fall mit einem höheren Zeit-, Kosten- und Mühe-Aufwand verbunden sind, werden bevorzugt Nachbarländer besucht. Herkunftsland Besucherzahl (in Millionen) Anteil (in Prozent) Kanada 22,7 33,9 Mexiko 14,5 21,6 Großbritannien 3,8 5,7 Japan 3,7 5,5 Deutschland 1,9 2,8 Brasilien 1,8 2,7 China 1,5 2,2 Frankreich 1,5 2,2 Südkorea 1,1 1,6 Australien 1,1 1,6 Tab. 3: Am Beispiel der USA lassen sich die Nachbarschaftsbeziehungen im internationalen Tourismus verdeutlichen: Im Jahr 2012 kamen 37,2 Millionen Besucher - und damit mehr als 55 Prozent der ausländischen Gäste - aus den beiden Nachbarländern Kanada und Mexiko (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.tinet.ita.doc.gov). Darüber hinaus haben die ausländischen Partner der einheimischen Unternehmen häufig ihren Sitz oder ihre Filialen in den Nachbarländern bzw. den Staaten innerhalb der Großregion, so dass auch Geschäftsreisen vor allem auf intraregionaler Ebene stattfinden. Ein deutlicher Indikator für diesen Sachverhalt sind die jeweiligen Außenhandelsbeziehungen: Wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik <?page no="30"?> 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus 31 Deutschland waren z. B. im Jahr 2012 die europäischen Länder, in die 69 Prozent der Exporte gingen und aus denen 70 Prozent der Importe kamen (vgl. BMWi 2013). Schließlich werden Reisen zwischen Nachbarländern teilweise auch dadurch erleichtert, dass sich die Touristen problemlos in ihrer eigenen Sprache verständigen können - z. B. bei Reisen zwischen den USA und Kanada oder zwischen Deutschland und Österreich, Luxemburg sowie der Schweiz. So konnte speziell Österreich in den 1960er und 1970er Jahren von der rasch wachsenden touristischen Nachfrage aus dem benachbarten „Wirtschaftswunderland Deutschland“ profitieren: Die als „Piefkes“ verschrienen Nachbarn aus dem Norden sorgten für drei Viertel aller Ausländerübernachtungen. Der Urlaub in der Alpenrepublik bot den Deutschen, die damals noch über geringe Fremdsprachenkenntnisse und ebenso wenige Reiseerfahrungen verfügten, das prickelnde Gefühl, zum ersten Mal in das Ausland zu reisen - und zugleich die beruhigende Gewissheit, sich dort ohne sprachliche Schwierigkeiten zurechtfinden zu können (vgl. S PO- DE 2005, S. 150; S TEINECKE 2010a, S. 72). Nachbarschaftsbeziehungen im internationalen Tourismus: Der anglo-irische Ethnic Market Historische Ereignisse können in manchen Fällen dazu führen, dass auch in der Gegenwart besondere touristische Beziehungen zwischen zwei Ländern bestehen. Im ländlichen Irland haben z. B. Überbevölkerung und Hungersnöte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine Welle der Emigration ausgelöst - speziell in das benachbarte Industrieland Großbritannien. Diese Auswanderung hält bis in die jüngere Zeit an. Viele emigrierte Iren nutzen ihren Jahresurlaub, um Verwandte und Bekannte im Heimatland zu besuchen. Im Jahr 2011 waren die Briten mit knapp 45 Prozent die wichtigste ausländische Nachfragegruppe in der Republik Irland; jeder zweite Besucher nannte familiäre Gründe als Reisemotiv. Ein typisches Merkmal dieses Ethnic Market ist deshalb auch die bevorzugte Unterkunftsart: 63 Prozent der englischen Touristen übernachteten bei Familienangehörigen oder Freunden (vgl. Fáilte Ireland 2012). Die gemeinsame Sprache (und Geschichte) prägen jedoch nicht nur den Tourismus zwischen Nachbarländern, sondern teilweise auch den interkontinentalen Reiseverkehr. Als Folge der Kolonialgeschichte bestehen bis in die Gegenwart noch intensive politische, geschäftliche und organisatorische Beziehungen zwischen den früheren europäischen Kolonialmächten und ihren ehemaligen Überseegebieten - nicht zuletzt durch regelmäßige Flugverbindungen, die von den nationalen Fluggesellschaften (z. B. „Air France“, „KLM“, „British Airways“) <?page no="31"?> 32 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts durchgeführt werden. Die gute Verkehrsanbindung zwischen den Hauptstädten in Europa und den früheren Kolonialländern hat sich - neben der fehlenden Sprachbarriere - für den Tourismus als Gunstfaktor erwiesen. So stellen z. B. niederländische Touristen auf der Karibikinsel Curaçao die wichtigste Nachfragegruppe (mit 79 Prozent der Ankünfte aus Europa). Die Insel war im 17. Jahrhundert von den Niederländern erobert worden; auch nach der Autonomie als Landesteil im Königreich der Niederlande (2010) blieb Niederländisch eine der Amtssprachen. Eine ähnliche postkoloniale touristische Beziehung besteht zwischen Frankreich und der Insel La Réunion im Indischen Ozean. In diesem französischsprachigen Übersee-Département kommen 80 Prozent der internationalen Besucher aus Frankreich ( www.curacao.com/ Corporate/ Statistics; www.observatoire.reu-nion.fr). 1.2.3 Internationaler Tourismus vs. Binnentourismus Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der internationale Tourismus ein globales Phänomen, das nahezu alle Länder umfasst. Doch so beeindruckend die Zahlen zum Umfang und zur räumlichen Struktur auch sind, sie bilden nur einen kleinen Teil des gesamten touristischen Geschehens auf der Welt ab: Neben dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr gibt es den Binnenreiseverkehr/ -tourismus (Domestic Tourism) - also die Reisetätigkeit von Inländern im eigenen Land - , der noch ein weitaus größeres Volumen aufweist. Schätzungen gehen davon aus, dass sich das Verhältnis von Binnenreiseverkehr zu Ausreiseverkehr (Outbound/ Outgoing Tourismus) generell auf 10 : 1 beläuft. Während der Binnentourismus in den hoch entwickelten Industrieländern seine Wachstumsgrenzen mehr oder weniger erreicht hat, bestehen in den Schwellen- und Entwicklungsländern in Asien, Lateinamerika und dem Mittleren Osten noch erhebliche Potenziale (vgl. S TEINBACH 2003, S. 365). So betrachtet die Welttourismusorganisation die Reisebranche generell als „an industry truly still in its infancy“ (WTO 1998, S. 3). Am Beispiel der Volksrepublik China lässt sich die enorme Bedeutung des Binnentourismus eindrucksvoll aufzeigen: Im Jahr 2012 wurden dort 57,7 Millionen Ankünfte von Ausländern registriert; gleichzeitig haben die Chinesen aber ca. 1,6 Milliarden Reisen im eigenen Land unternommen (vgl. Abb. 3). Diese Binnennachfrage konzentriert sich auf wenige „Golden Weeks“ im Jahr - das sind jeweils die Tage vor bzw. nach dem Frühlingsfest, dem Internationalen Tag der Arbeit sowie dem Nationalfeiertag (1. Oktober). Die massenhaften Reiseströme führen zu einer völligen Überlastung der öffentlichen Verkehrsmittel und der beliebten Sehenswürdigkeiten: „Staff at the most popular attractions now consider the huge, seasonal influxes of tourists ‚emergency situations’, taking weeks to recover from the onslaught“ (D E A NGELIS 2013). <?page no="32"?> 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus 33 Abb. 4: Als Folge wachsenden Wohlstands und zunehmender Freizeit verzeichnet der Binnentourismus (also das Reisen im eigenen Land) in vielen Schwellenländern ein rasantes Wachstum - z. B. in der Volksrepublik China. Zu den populären Zielen chinesischer Reisegruppen zählen der Tian’anmen-Platz und das Tor des himmlischen Friedens in Peking (Quelle: eigenes Foto). Innerhalb der Geschichte des Tourismus stellt der Binnenreiseverkehr jeweils die erste historische Phase dar: Zunächst werden (speziell Urlaubs-)Reisen im eigenen Land unternommen. Erst mit wachsender Reiseerfahrung und besseren technischen sowie organisatorischen Möglichkeiten (Verkehrsverbindungen, Veranstalterreisen etc.) gewinnen ausländische Ziele an Bedeutung. In den 1950er Jahren haben z. B. 85 Prozent der deutschen Touristen eine Reise in ein heimatliches Zielgebiet unternommen; seit 1968 sind ausländische Destinationen beliebter als die deutschen Regionen. Inzwischen liegt die Auslandsreiseintensität (also der Anteil der Bundesbürger, die bei ihrer Urlaubsreise eine ausländische Destination besucht haben) bei 70 Prozent; bevorzugte Länder sind dabei Spanien, Italien, die Türkei und Österreich (vgl. F. U. R. 2014, S. 3). Darüber hinaus wird das Verhältnis von Binnen- und Ausreiseverkehr durch sozioökonomische Faktoren (Wohlstand, soziale Sicherheit) geprägt: Strukturschwache Länder weisen jeweils eine deutlich niedrigere Auslandsreiseintensität auf als hoch entwickelte Industrienationen. Als Beispiele sind Transformationsländer wie Ungarn (39 Prozent) oder Rumänien (32 Prozent) zu nennen, aber auch mediterrane Länder wie Griechenland (13 Prozent) oder Spanien (31 Prozent; vgl. J ELINEK 2010, S. 10). Einen Sonderfall stellt Frankreich dar: Mit den Stränden am Atlantik und am Mittelmeer sowie den Skigebieten in den Alpen verfügt <?page no="33"?> 34 1 Tourismus - die globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts es über eine so vielfältige naturräumliche Ausstattung, dass die Mehrzahl der Franzosen den Urlaub im eigenen Land verbringt (65 Prozent). Zusammenfassung Angesichts seines enormen Volumens (1,087 Milliarden Ankünfte im Jahr 2013) und seiner großen wirtschaftlichen Bedeutung gilt der internationale Tourismus als globale Leitindustrie des 21. Jahrhunderts, die allerdings auch negative Begleiterscheinungen mit sich bringt. Die Daten der Welttourismusorganisation basieren auf einem umfassenden Tourismus-Begriff, der neben Urlaubsreisen auch den Besuch bei Freunden und Verwandten, den Geschäftsreiseverkehr sowie Reisen zu gesundheitlichen oder religiösen Zwecken umfasst; dabei handelt es sich jeweils um grenzüberschreitende Reisen mit mindestens einer Übernachtung und einem Aufenthalt von maximal einem Jahr. Allerdings weisen die internationalen Statistiken einige Unzulänglichkeiten auf, da die Besucher mit Hilfe unterschiedlicher Methoden erfasst werden (Grenzmethode, Standortmethode). Die internationalen Reiseströme verteilen sich recht unterschiedlich auf dem Globus: Mehr als die Hälfte der Ankünfte findet in Europa statt. An zweiter Stelle rangiert die wachstumsstarke Großregion Asien und der Pazifik (22 Prozent). Zu den populären Zielländern gehören hoch entwickelte westliche Industrienationen, expandierende asiatische Staaten, die Russische Föderation (als Transformationsland) und mehrere mediterrane Urlaubsländer. Die wichtigsten Quellgebiete sind asiatische und westliche Industriebzw. Schwellenländer sowie zwei Transformationsstaaten. Die Mehrzahl der Reisen findet intraregional statt (also innerhalb der jeweiligen Großregion). Darüber hinaus bestehen spezielle Nachbarschaftsbeziehungen zwischen einzelnen Ländern - aufgrund geringer Reisedistanz, gleicher Sprache bzw. historischen Beziehungen. Neben dem grenzüberschreitenden internationalen Tourismus gibt es einen Binnentourismus (Reisen im eigenen Land), der zumeist ein weitaus größeres Volumen aufweist. In der Geschichte des Tourismus stellt er die erste Phase der Entwicklung dar. <?page no="34"?> 1.2 Quellmärkte und Zielgebiete des internationalen Tourismus 35 Weiterführende Lesetipps H ENSCHEL , K. (2002): Internationaler Tourismus, München/ Wien Das Lehrbuch gibt zunächst einen Überblick über wichtige Begriffe sowie die Geschichte des internationalen Tourismus und geht dann auf die Dynamik des Marktes und die Wirkungen ein. Außerdem wird die Stellung Europas und Deutschlands im internationalen Kontext dargestellt. Abschließend beschreibt die Autorin ausgewählte Tourismusorganisationen. L ANDGREBE , S. (Hrsg.; 2000): Internationaler Tourismus, München/ Wien Die Beiträge in diesem Sammelband beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten des internationalen Tourismus - von Strategien der Hotellerie und Luftverkehrsgesellschaften über das elektronische Tourismusmarketing und die Reiseleitung bis hin zur Vermarktung von Destinationen auf dem globalen Markt. <?page no="36"?> 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Lernziele In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet: Welche wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und technologischen Triebkräfte sind für das bisherige touristische Wachstum verantwortlich? Welche Push-Faktoren begünstigen den Outgoing-/ Outbound- Tourismus? Welche Pull-Faktoren sorgen in den Zielgebieten für eine Expansion des Incoming-/ Inbound-Tourismus? Der internationale Tourismus kann in den vergangenen sechs Jahrzehnten auf eine ungewöhnliche Erfolgsstory zurückblicken: Seit 1950 ist die Zahl der Ankünfte nahezu kontinuierlich um das 41-Fache gestiegen (vgl. Abb. 5). Diese Dynamik war wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht vorstellbar: Deutschland und seine Nachbarländer hatten damals noch unter den schweren Kriegszerstörungen zu leiden, in den europäischen Staaten bestand Visumspflicht, eine Flugreise von Frankfurt nach Mallorca dauerte - mit mehreren Zwischenlandungen - 44 Stunden und für die Bevölkerung der kommunistischen Volksrepublik China war eine Auslandsreise „like going to the moon“ (H AYS 2012). Was musste geschehen, damit sich der internationale Tourismus zu dem weltumspannenden Phänomen entwickeln konnte, das er gegenwärtig darstellt? Bei der Suche nach den Ursachen ist zu berücksichtigen, dass der Krieg zwar einen gravierenden Einbruch in der Entwicklung des Tourismus mit sich brachte. Dennoch markierte das Jahr 1945 nicht die „Stunde Null“: Es fand kein touristischer Urknall statt, der den späteren Boom auslöste. Vielmehr konnte der Tourismus - speziell in Europa - bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken, deren Wurzeln in der Grand Tour englischer Adeliger im 16. Jahrhundert lagen. Während der Industrialisierung expandierte im 19. Jahrhundert der internationale Geschäftsreiseverkehr; außerdem erlebten speziell die Städte, die Küsten von Nord- und Ostsee sowie die Alpen eine erste Blütezeit als Ziele des zunehmenden Urlaubsreiseverkehrs ( 4.1). <?page no="37"?> 38 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Abb. 5: In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat der internationale Tourismus einen enormen Boom erlebt. Diese Entwicklung wurde durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren begünstigt - z. B. durch die Globalisierung der Wirtschaft, einen wachsenden Wohlstand, bessere Verkehrsverbindungen und die Öffnung der Grenzen (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.unwto.org/ facts/ eng/ pdf/ historical/ ITA_1950_2005.pdf; UNWTO 2013a. S. 4; Grafik: P. Blank). Die Tourismusbranche konnte generell an diese Traditionen anknüpfen; allerdings waren (speziell Urlaubs-)Reisen bis dahin weitgehend ein Privileg der Oberschicht und des Mittelstandes gewesen. Für die Entwicklung von einem elitären Vergnügen zu einer massenhaften Freizeitaktivität bedurfte es gewaltiger ökonomischer, gesellschaftlicher und technologischer Schubkräfte. Es ist also nicht ein Faktor für den bisherigen touristischen Boom verantwortlich (so wie es auch nicht einen Schlüssel zum erfolgreichen Marktauftritt von Destinationen gibt), sondern eine Kombination mehrerer Steuerungsgrößen. Dazu gehören Push-Faktoren in den Quellgebieten ( 2.1) und Pull-Faktoren in den Zielgebieten ( 2.2); außerdem können Hemmnisse die Entwicklung von Großregionen und Ländern kurzfristig beeinflussen ( Exkurs). 2.1 Push-Faktoren Der Tourismus ist ein typisches Kind der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften, die in den vergangenen 200 Jahren entstanden sind (und immer noch entstehen). Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts lebte die Masse der europäischen Bevölkerung im ländlichen Raum und war in der Landwirtschaft tätig. Die Menschen <?page no="38"?> 2.1 Push-Faktoren 39 hatten keinen Anlass und auch keine Möglichkeit, ihr Dorf zu verlassen und eine Reise zu unternehmen. Obwohl es zahlreiche religiöse Feier- und Festtage gab, konnte diese Freizeit nicht individuell genutzt werden, da sie durch Verpflichtungen und Rituale bestimmt war. Auch in der Gegenwart bestehen derartige Strukturen noch in den traditionellen Gesellschaften in Afrika, Asien und Südamerika: Warum und wie sollen Hirsebauern in Äthiopien, Fischer im Mekong-Delta oder Sammler und Jäger am Amazonas auf Reisen gehen? Selbst in Deutschland nimmt die ländliche Bevölkerung in weitaus geringerem Maße am Tourismus teil als die großstädtische; eine besonders ortsgebundene Gruppe sind dabei die Landwirte, da sie sich täglich um ihr Vieh kümmern müssen (vgl. F REYER 2011, S. 479). Erst mit der Industrialisierung entstanden die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Entfaltung des Tourismus: eine rationalisierte Produktionsweise mit zunehmender Arbeitsteilung und Spezialisierung, eine Differenzierung der Gesellschaft (u. a. mit einer wachsenden Mittelschicht), eine Urbanisierung als Folge von Land-Stadt-Wanderungen sowie eine klare Trennung von Arbeitszeit und Freizeit. Der Tourismus gilt deshalb auch als „Gradmesser des Industrialisierungsprozesses“ (S CHLENKE / S TEWIG 1983). Aus diesem Grund fungierte Großbritannien - das Mutterland der Industrialisierung - im 19. Jahrhundert als Trendsetter der internationalen touristischen Entwicklung. Erst mit einem gewissen Time Lag folgten Deutschland und andere westeuropäische Staaten dem britischen Vorbild. 2.1.1 Wachstum, Wohlstand und Freizeit Seitdem erweisen sich wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand (an dem eine breite Bevölkerungsschicht partizipiert) sowie frei verfügbare Zeit als zentrale sozioökonomische Push-Faktoren des Tourismus - speziell des Urlaubsreiseverkehrs (vgl. S TEINECKE 2011, S. 42 - 43): Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben z. B. in der Bundesrepublik Deutschland (zumindest langfristig) erhebliche Einkommenssteigerungen stattgefunden. Für die meisten Menschen sind Grundbedürfnisse wie Ernährung, Wohnen, Kleidung etc. gedeckt; darüber hinaus besteht auch bei langfristigen Konsumgütern inzwischen ein hoher Ausstattungsgrad (Kühlschränke, Waschmaschinen, TV-Geräte etc.). Eine wachsende Zahl von Bundesbürgern kann deshalb über einen Teil ihres Einkommens frei verfügen - und ihn u. a. für Urlaubsreisen ausgeben: Seit 1950 stieg die Reiseintensität (also der Anteil der erwachsenen Bevölkerung, der mindestens eine Reise von fünf Tagen unternimmt) von 24 auf 78 Prozent. <?page no="39"?> 40 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Abb. 6: Wesentliche Push-Faktoren der touristischen Entwicklung sind generell die Zunahme der Freizeit (speziell des Jahresurlaubs) sowie ausreichende finanzielle Ressourcen. In Deutschland hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund in Tarifverhandlungen frühzeitig für diese Ziele eingesetzt - u. a. durch das Aktionsprogramm „Urlaubsgeld erschließt die Welt“ in den 1950er Jahren (Quelle: DGB). Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die Zunahme der Freizeit - speziell des tariflichen Jahresurlaubs, der von 12 Tagen (1950) auf gegenwärtig 30 Tage stieg (vgl. Abb. 6). Im europäischen Vergleich haben die deutschen Arbeitnehmer damit - nach den Schweden - die meisten Urlaubstage pro Jahr; außerdem können sie noch 10,5 Feiertage für Freizeitaktivitäten nutzen. Zwar gibt es weltweit Staaten wie Brasilien, Litauen, Russland oder Spanien, in denen die Beschäftigten über noch mehr Urlaubsbzw. Feiertage verfügen; angesichts geringerer Einkommen kann diese Jahresfreizeit aber nicht in gleichem Maße für Reisen genutzt werden wie in Deutschland oder anderen Industrie- und Dienstleistungsländern (vgl. Mercer 2009). Auch der Geschäftsreiseverkehr, der gegenwärtig 14 Prozent der internationalen Ankünfte ausmacht, ist in den vergangenen Jahrzehnten durch das generelle Wirtschaftswachstum positiv beeinflusst worden (das allerdings durch die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/ 09 unterbrochen wurde). Ein deutlicher Indikator für die zunehmende Globalisierung ist der grenzüberschreitende Warenhan- <?page no="40"?> 2.1 Push-Faktoren 41 del, der im Zeitraum 1960 - 2011 um 1.450 Prozent stieg. Neben dieser sog. oberflächlichen Integration kommt es immer mehr zu einer sog. tiefen Integration, bei der nicht nur der Handel, sondern auch die Herstellung von Gütern und Dienstleistungen internationalisiert wird (vgl. B ACKHAUS 2009, S. 115 - 127; BPB 2013). Trotz verbesserter Kommunikationsmöglichkeiten sind persönliche Gespräche und Verhandlungen zwischen den Mitarbeitern international agierender Unternehmen weiterhin unverzichtbar. Aus diesem Grund konnte nicht nur der klassische Geschäftsreiseverkehr hohe Zuwachsraten verzeichnen, sondern speziell auch das sog. MICE-Segment (Meetings, Incentive Travel, Conferences and Conventions, Exhibitions). So stieg z. B. die Zahl der internationalen Messen in Deutschland - dem wichtigsten europäischen Messestandort - im Zeitraum 1970 - 2012 von 43 auf 160, die Zahl der Aussteller bzw. Besucher von 46.196 auf 180.823 bzw. von 4,4 Millionen auf 10,1 Millionen ( www.auma.de). Bei der wachsenden Globalisierung der Weltwirtschaft handelt es sich nicht um einen abstrakten ökonomischen Prozess; ihre Folgen sind vielmehr für die Nachfrager (und Touristen) direkt wahrnehmbar. So werden die Innenstädte und Destinationen vielerorts durch Filialbetriebe der Global Player aus der Konsumgüterbranche, der Hotellerie und der Systemgastronomie geprägt (auf diese Weise kommt es auch zu einer internationalen Angleichung des Konsumverhaltens): Die Sandwichkette „Subway“ betreibt z. B. weltweit 33.749 Filialen - und damit mehr als die Schnellrestaurantkette „McDonald’s“ (32.737 Betriebe). Die „Intercontinental Hotels Group“ hat - als international führender Hotelkonzern - 4.602 Hotels mit 675.982 Zimmern in ihrem Portfolio. Das schwedische Textilunternehmen „Hennes & Mauritz“ (H & M) verfügt weltweit über 2.300 Filialen und die US-amerikanische Kultmarke „Hollister“ über 500 Flagship-Stores und Boutiquen (vgl. Abb. 7). Wirtschaftswachstum als Motor des Tourismus - die Volksrepublik China „China ist der größte Motor des globalen Wirtschaftswachstums. Infolge der zunehmenden Integration in den Weltmarkt, immer noch vergleichsweise niedrigen Lohnkosten sowie einer „demographischen Dividende“ erzielt China seit 2000 ein durchschnittliches jährliches BIP-Wachstum von über 8 % (im Jahr 2007 sogar von 13 %). Bereits 2025 könnte China die größte Volkswirtschaft der Erde sein. <?page no="41"?> 42 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Abb. 7: Ein Merkmal der Globalisierung ist der internationale Marktauftritt von Global Players - vor allem aus der Konsumgüterbranche. Die US-amerikanische Kultmarke „Hollister“ (ein Tochterunternehmen von „Abercrombie & Fitch“) betreibt z. B. weltweit 500 Boutiquen - u. a. im noblen Sanlitun-Village in Peking (Quelle: eigenes Foto). Die zunehmende Globalisierung und der wirtschaftliche Aufschwung verändern die chinesische Gesellschaft stark. Beide Faktoren sorgen für eine rasche Angleichung der Sozialstrukturen an westliche Verhältnisse und, weiteres Wachstum vorausgesetzt, besitzen eine stabilisierende Wirkung auf die Gesellschaft. Dabei wächst die Zahl der Chinesen, die sich einen gehobenen Lebensstil leisten können. Zu den Profiteuren zählen vor allem Beamte, Unternehmer und Büroangestellte. Aber selbst die traditionell benachteiligten Wanderarbeiter konnten bis 2010 eine Lohnsteigerung auf fast 80 % des Lohnniveaus der lokalen Arbeiter verzeichnen. Experten rechnen in den nächsten Jahren mit mehreren hunderten Millionen chinesischer Haushalte, die am wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren und zur globalen Mittelschicht zählen werden. Insbesondere in urbanen Regionen ist diese Entwicklung zu beobachten. In vielen Städten werden schon bald mehr als die Hälfte der Haushalte in China über ein Jahreseinkommen zwischen 7.500 und 30.000 Euro verfügen. <?page no="42"?> 2.1 Push-Faktoren 43 Mit den zunehmenden finanziellen Möglichkeiten wird auch die Zahl und Ausgabebereitschaft chinesischer Touristen weiter ansteigen“ (Quelle: TUI AG - TUI Think Tank 2012, S. 13). 2.1.2 Transport und Kommunikation Ein weiterer Push-Faktor des internationalen Tourismus war die Entwicklung im Transportwesen. Dabei lassen sich drei historische Phasen unterscheiden, die jeweils durch technologische Innovationen geprägt wurden. Im 19. Jahrhundert löste die Einführung von Eisenbahnen und Dampfschiffen in Europa (und später auch in Nordamerika) einen massenhaften Reiseverkehr aus. Nun standen erstmals schnelle und preiswerte Verkehrsmittel zur Verfügung, die es auch Mittelschichtangehörigen - und teilweise sogar Arbeitern - ermöglichten, trotz ihres knappen Freizeit- und Geldbudgets eine Reise zu unternehmen. In Großbritannien gab es spezielle Excursion Trains, mit denen Tagesausflügler aus London bzw. den Industriestädten an das Meer fahren konnten: Am Ostermontag des Jahres 1845 verließen z. B. mehr als 150.000 Menschen den Ballungsraum Manchester, um sich am Strand und auf den Piers von Blackpool und anderen Seebädern zu vergnügen (C OSGROVE / J ACKSON 1972, S. 38). Der britische Adel und das wohlhabende Bürgertum, die bis dahin die vornehme Atmosphäre der Seaside Resorts geprägt hatten, nutzten hingegen dieses Verkehrsmittel, um neue Destinationen auf dem Kontinent zu erschließen - u. a. die französische und italienische Mittelmeerküste. In den 1950er Jahren setzte in Europa und speziell in der Bundesrepublik Deutschland eine private Motorisierungswelle ein, die „das räumliche Muster der touristischen Nachfrage revolutioniert hat“ (T EUTEBERG 2002) und die bis heute anhält. Allein im Zeitraum 1950 - 1970 stieg die Zahl der Personenkraftwagen von 0,5 Millionen auf 13,9 Millionen - gegenwärtig liegt sie bei 43,4 Millionen. Sie hatte eine Ausdehnung der „Pleasure Periphery“ (T URNER / A SH 1975, S. 93) zur Folge: Nun wurden Urlaubsreisen in die österreichischen Alpen, an die italienische Adria oder an die spanische Costa Brava immer beliebter. Mit einem Anteil von 47 Prozent am Modal Split ist der private Pkw weiterhin das beliebteste Reiseverkehrsmittel der Deutschen. Auch im Incoming-Tourismus aus den europäischen Ländern - also bei Reisen nach Deutschland - rangiert der Pkw an erster Stelle: Jeder zweite Besucher nutzt dieses Verkehrsmittel, weitere 30 Prozent das Flugzeug (DZT 2012, S. 17). Neben den individuellen Freiheiten, die der motorisierte Individualverkehr (MIV) bietet, sind inzwischen aber auch die Belastungen deutlich geworden, die durch ihn ausgelöst werden - von <?page no="43"?> 44 2 Die Motoren des touristischen Wachstums den alljährlichen Staus an den Ferienwochenenden über die Lärmbelästigung bis hin zur Luftverschmutzung. Einen weiteren Entwicklungsschub erfuhr der internationale (speziell interkontinentale) Tourismus durch technologische Neuerungen im Luftverkehr. Die Anfänge reichen bis in die 1930er Jahre zurück: Zum einen wurden Zeppeline im Liniendienst von Deutschland nach Nord- und Südamerika eingesetzt (LZ 127 „Graf Zeppelin“, LZ 129 „Hindenburg“). Zum anderen kamen Flugboote zum Einsatz. So bediente die US-amerikanische Fluggesellschaft „Pan American World Airlines“ (Pan Am) z. B. die Route San Francisco - Honolulu - Manila - Hongkong. Die „British Airways Overseas Corporation“ (BOAC) führte u. a. Flüge von Southampton über Alexandria, Khartum und die Victoriafälle nach Johannesburg durch (vgl. Abb. 8). Abb. 8: Auf der Strecke von Southampton über Alexandria, Khartum und die Victoriafälle nach Johannesburg setzte die „British Overseas Airways Corporation“ (BOAC) in den 1940er Jahren „Short Solent“-Flugboote ein. Im luxuriösen „Victoria Falls Hotel“ in Simbabwe erinnert ein Wandgemälde an diese Pionierzeit des interkontinentalen Luftverkehrs (Quelle: eigenes Foto). Allerdings waren diese frühen Flugreisen mit so hohen Kosten verbunden, dass sie ein Privileg wohlhabender Passagiere blieben: An den 63 Fahrten der „Hindenburg“ nahmen in den 1930er Jahren z. B. insgesamt 3.000 Reisende teil und die BOAC-Flugboote hatten nur Platz für 24 bis 36 Passagiere (vgl. S TEINECKE 2010a, S. 62). <?page no="44"?> 2.1 Push-Faktoren 45 Zu einem Massentransportmittel wurden Flugzeuge erst durch die Einführung von Strahlflugzeugen (Jets wie die Boeing B 707 und Douglas DC 8 in den 1950er Jahren) und später von Großraumflugzeugen (Boeing B 747 im Jahr 1970 und Airbus A 380 im Jahr 2007). Nun waren z. B. im Transatlantikverkehr keine Zwischenlandungen in Shannon (Irland) bzw. Gander (Neufundland) mehr notwendig, im Vergleich zu Motorflugzeugen stieg die Reisegeschwindigkeit und mit einer zunehmenden Liberalisierung des Flugverkehrs sowie einem wachsenden Angebot sanken außerdem die Preise; diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren durch den Marktauftritt von Low-Cost-Carriern noch beschleunigt (vgl. G ROß / S CHRÖDER 2007; S CHRÖDER 2010). Seit den 1950er Jahren konnte der nationale und internationale Flugverkehr ein stetiges Wachstum verzeichnen, das nur von einigen kurzfristigen Rückgängen unterbrochen wurde. Allein auf den deutschen Verkehrsflughäfen stieg die Zahl der Fluggäste von 2,1 Millionen (1955) auf 200 Millionen im Jahr 2012 (vgl. P OMPL 2007, S. 7; DRV 2013, S. 11). Weltweit beläuft sich das jährliche Passagieraufkommen auf mehr als fünf Milliarden Fluggäste. Bis zum Jahr 2031 soll die Zahl der Passagiere - nach Einschätzung des Airport Council International (ACI) - auf zwölf Milliarden steigen ( www.aci.aero). Obwohl mit dieser Entwicklung auch steigende Umweltbelastungen verbunden sind, gilt der Luftverkehr zu Unrecht als „Klimakiller Nummer 1“: Gegenwärtig erreicht er nur einen Anteil von 2,2 Prozent an den von Menschen verursachten CO 2 -Emissionen. Selbst bei einem weiteren Wachstum wird er nicht die schädlichen Wirkungen haben wie der Straßenverkehr, der für ca. 75 Prozent der Verkehrsemissionen verantwortlich ist (vgl. ADV 2011, S. 2). Neben den Innovationen im Verkehrswesen haben sich auch neue Kommunikationsmöglichkeiten als Push-Faktoren des internationalen Tourismus erwiesen. Durch die globale Verbreitung und kostengünstige Nutzung von Telefon, Telefax und Internet wurden die Informationsmöglichkeiten verbessert und die Reservierungssowie Buchungsvorgänge beschleunigt. Noch in den 1970er Jahren waren internationale Telefongespräche mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden: Ein Telefonat musste bei einer Zentrale angemeldet werden („Fräulein vom Amt“); dort wurde dann die Verbindung hergestellt, sobald eine Auslandsleitung frei war. Bei der Nutzung öffentlicher Telefonzellen musste der Anrufer größere Mengen an Münzen bereithalten, die nach Aufforderung einzuwerfen waren. Erst in den 1980er Jahren wurde es möglich, Dokumente (Schriftstücke, Buchungsbestätigungen etc.) per Telefax weltweit zu versenden. Als revolutionäre Neuerung erwies sich auch die Einführung elektronischer Distributions- und Reservierungssysteme in den 1970er Jahren, die es den Reisebüros ermög- <?page no="45"?> 46 2 Die Motoren des touristischen Wachstums lichten, Flüge, Hotelzimmer, Mietwagen etc. zu buchen (vgl. P ETERMANN 1998, S. 103 - 118)). Durch die rasante Verbreitung des Internets ist es in den letzten Jahren zu gravierenden Umbrüchen im Informations- und Buchungsverhalten gekommen, da die Reisenden nun über eine weitaus größere Autonomie als Konsumenten verfügen und nicht mehr auf die Dienstleistungen der Reisemittler angewiesen sind (vgl. auch F REITAG 2011 zur Rolle des TV-Reiseshopping). Im europäischen „Urlaubsbarometer 2012“ gaben z. B. 56 Prozent der Befragten an, dass sie für die Planung ihres Sommerurlaubs das Internet nutzen; im Jahr 2005 lag dieser Anteil bei 28 Prozent (vgl. Europ Assistance 2013, S. 24). In Deutschland ist das Reisebüro zwar noch die wichtigste Buchungsstelle für Urlaubsreisen, doch sein Marktanteil ging im Zeitraum 2005 - 2013 deutlich zurück - von 44 auf 32 Prozent (vgl. Tab. 4). Buchungsstellen bei Urlaubsreisen mit Vorausbuchung 2005 2013 Reisebüro 44 % 32 % Reiseveranstalter direkt 8 % 7 % Internet-Portale 7 % 14 % Unterkunftsanbieter direkt 21 % 30 % Verkehrsträger direkt 13 % 16 % Tab. 4: Durch das Internet hat sich das Buchungsverhalten der Bundesbürger in den letzten Jahren grundlegend verändert. Das Reisebüro dominiert zwar noch als wichtigste Buchungsstelle für vorab gebuchte Reisen, die 85 Prozent aller Urlaubsreisen ausmachen - doch direkte Buchungen bei touristischen Anbietern bzw. über Internet-Portale gewinnen immer mehr an Bedeutung (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in F. U. R. 2014, S. 4). Verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten und bequeme, schnelle sowie preisgünstige Verkehrsmittel gehören - wie wachsender Wohlstand und zunehmende Freizeit - zu den positiven (externen) Rahmenbedingungen des internationalen Tourismus. Bei der Suche nach den Ursachen des bisherigen touristischen Booms sind aber auch die Motive der Reisenden (also interne Faktoren) zu berücksichtigen: Alle Welt reist - doch warum reist alle Welt? 2.1.3 Verpflichtungen, Wertewandel und religiöse Motive Angesichts des umfassenden Tourismus-Begriffs, den die Welttourismusorganisation verwendet, muss die Frage zur Bedeutung der Reisemotive für den Boom des internationalen Tourismus differenziert beantwortet werden. <?page no="46"?> 2.1 Push-Faktoren 47 Beim geschäftlich und beruflich bedingten Reiseverkehr handelt es sich um eine zweckgebundene und damit nicht freiwillige Form des Tourismus. Die Mitarbeiter von Unternehmen, Organisationen bzw. Behörden sind unterwegs, um internationale Kontakte herzustellen bzw. zu pflegen, Informationen auszutauschen, Verträge zu schließen etc. Ein Wachstum dieses Marktsegments ist also nicht eine Folge individueller Entscheidungen, sondern vor allem ökonomischer bzw. administrativer Überlegungen (z. B. auch hinsichtlich der Wahl des Reisezieles und des Reisezeitpunkts). Ähnlich verhält es sich beim Besuch von Freunden und Verwandten, für den es häufig besondere familiäre Anlässe gibt, die eine Reise erforderlich machen (Geburtstage, Hochzeiten, Todesfälle etc.). Die wachsende Bedeutung dieses Reiseverkehrs steht in Zusammenhang mit zunehmenden berufsbedingten Wanderungsbewegungen. Die Generationen einer Familie leben deshalb häufig nicht mehr in einem Ort, sondern in verschiedenen Städten (oder sogar Ländern). Familienbesuche sind deshalb zu einem wichtigen Segment des internationalen Tourismus geworden. Im Urlaubsreiseverkehr, der 52 Prozent der internationalen Ankünfte ausmacht, bestehen hingegen keine derartigen Verpflichtungen: Reisen zu Erholungszwecken basieren auf einem individuellen Entschluss. Die Ergebnisse touristischer Motivstudien zeigen, dass Reisemotive generell aus einem Bündel von Erwartungen bestehen. Dazu zählen allgemeine Bedürfnisse (z. B. nach gesellschaftlicher Anerkennung), spezielle Urlaubswünsche (z. B. etwas Neues kennenlernen) und konkrete Erwartungen an das Urlaubsangebot - z. B. an die Qualität der Unterkunft oder der Freizeiteinrichtungen (vgl. L OHMANN / D ANIELSSON 2003, S. 5). Unter den speziellen Urlaubserwartungen rangiert der Wunsch nach Entspannung und Erholung in Deutschland und den europäischen Ländern an erster Stelle: Für zwei von drei Befragten ist es das wichtigste Reisemotiv. Indirekt spiegeln sich in diesem Wunsch die hohen physischen und psychischen Belastungen im Beruf und Alltag wider, die einen temporären Ausgleich in der Freizeit notwendig machen. Neben diesem „Weg von“-Motiv gibt es allerdings auch ein „Hin zu“- Motiv: Jeder dritte Urlauber möchte neue Erfahrungen machen und zeigt Interesse an der Kultur seines Zielgebiets (vgl. Tab. 5; S TEINECKE 2010, S. 186 - 187). Obwohl sich die Struktur der Reisemotive in den letzten Jahren als recht stabil erwiesen hat, handelt es sich bei den Urlaubserwartungen und -aktivitäten nicht um anthropologische Konstanten. Vielmehr bedurfte es eines grundlegenden Wertewandels, bevor sich Urlaubsreisen zu einer habituellen Verhaltensweise entwickeln konnten. Speziell in den protestantisch geprägten westlichen Gesellschaften dominierten bis in die 1980er Jahre Pflicht- und Akzeptanzwerte (Leistung, Disziplin, Ordnung etc.); erst in jüngerer Zeit sind sie durch Selbstentfaltungs- und Engagementwerte ersetzt worden - z. B. Emanzipation, Hedonismus, Individualismus. <?page no="47"?> 48 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Für einen großen Teil der Bevölkerung findet die Selbstverwirklichung nun nicht mehr in der Arbeit, sondern in der Freizeit und speziell im Urlaub statt (vgl. H ENNINGS 2000, S. 55 - 58). Ausgewählte Urlaubsreisemotive der Europäer Ausruhen - Entspannen, frei sein - Zeit füreinander haben (Familie, Partner, Freunde) - Zeit zum Lesen und für sich selbst haben 62 % 26 % 24 % 4 % Entdecken/ Erleben neue Länder und Kulturen entdecken - Sport treiben - Leute treffen, neue Freunde bzw. Partner finden 36 % 25 % 5 % 4 % Tab. 5: Das wichtigste Reisemotiv der europäischen Bevölkerung ist der Wunsch, sich ausruhen zu können - ein deutlicher Beleg für die alltäglichen Belastungen in Beruf, Familie und Haushalt. Jeder dritte Europäer möchte neue Länder entdecken, sich sportlich betätigen bzw. andere Menschen kennenlernen (Quelle: eigene Darstellung nach Europ Assistance 2013, S. 43-44). Dieser Wertewandel ist für den bisherigen Boom und die künftige Entwicklung des internationalen Tourismus von entscheidender Bedeutung, da sich die zunehmende Freizeitorientierung und die damit verbundenen Urlaubsaktivitäten als Exportartikel der westlichen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften erwiesen haben, die von der Bevölkerung in den Transformations-, Schwellen- und Entwicklungsländern imitiert und übernommen werden. Am Beispiel des Badetourismus, der z. B. in islamisch geprägten Ländern keine Tradition aufweist, lässt sich dieser Prozess verdeutlichen (vgl. Abb. 9): In Ägypten wurde der Badetourismus bereits im 19. Jahrhundert von Europäern eingeführt, die im Land beruflich tätig waren (Expatriates) - speziell an der Mittelmeerküste bei Alexandria. Später hat zunächst die ägyptische Oberschicht diese Freizeitaktivität übernommen; in den 1960er und 1970er Jahren entwickelte sich der Badetourismus dann zu einem Massenphänomen (mit ca. zwei Millionen Feriengästen/ Jahr). Allerdings wird weiterhin das französische Wort „maillot“ für eine Badehose oder einen Badeanzug benutzt, da es bis heute in der arabischen Sprache kein entsprechendes Wort gibt. Bis in die Gegenwart ist Alexandria die populärste Badedestination im ägyptischen Binnentourismus, obwohl inzwischen zahlreiche Urlaubsorte am Roten Meer entstanden sind (vgl. I BRAHIM 1996, S. 149; M EYER 2004, S. 382). <?page no="48"?> 2.1 Push-Faktoren 49 Abb. 9: Beim Badetourismus handelt es sich um eine typische europäische Urlaubsart, die aber zunehmend auch in islamischen Ländern praktiziert wird (Ägypten, Türkei etc.). In den Vereinigten Arabischen Emiraten nutzt die einheimische Bevölkerung den Strand vor allem für Spaziergänge und Picknicks. Vereinzelt wird auch im Meer gebadet, doch nicht in einer Badehose oder einem Badeanzug, sondern in den traditionellen langen Gewändern - der weißen Dischdascha der Männer oder schwarzen Abaya der Frauen (Quelle: eigenes Foto). Auch in der Türkei handelte es sich beim Badetourismus an den Stränden des Mittelmeeres zunächst um eine westeuropäische Urlaubsaktivität. Zu den traditionellen Tourismusformen der Einheimischen gehörten Pilgerreisen, Aufenthalte in Kurorten sowie die Sommerfrische in den kühlen Bergregionen (Yayla). Inzwischen wird das Baden im Meer auch bei Türken immer beliebter: In einer Befragung von Binnentouristen nannten 56 Prozent die Mittelmeerküste als künftiges Wunschziel; nur jeder Dritte interessierte sich für einen Urlaub in den Yaylas (vgl. P INAR 1998, S. 134). Der Wertewandel in den westlichen Ländern ist jedoch nicht nur für den Export touristischer Verhaltensweisen in andere Kulturen verantwortlich, sondern er führt auch zur Renaissance einer traditionellen Reiseform, die ursprünglich religiöse Wurzeln hat - der Pilgerreise. Aufgrund des umfassenden Tourismus-Begriffs der Welttourismusorganisation (UNWTO) werden generell auch religiöse Reisen in den internationalen Tourismusstatistiken erfasst. In vielen Weltregionen gehören Pilgerreisen und Wallfahrten zur üblichen Praxis bzw. sogar zu den Pflichten der Gläubigen - im <?page no="49"?> 50 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Islam z. B. die Hadj nach Mekka, im Christentum die Pilgerfahrt nach Rom bzw. Jerusalem oder im Hinduismus die Jatra nach Varanasi. Aus diesem Grund spielen Pilgerreisen im internationalen Tourismus bereits seit langem eine wichtige Rolle. Ein deutlicher Beleg sind die hohen Besucherzahlen einiger Wallfahrtsorte - z. B. Lourdes (6 Millionen), Mekka (3,2 Millionen), Santiago de Compostela (3 Millionen) oder Kloster Andechs (1,5 Millionen; vgl. Abb. 10). In den vergangenen Jahrzehnten konnten Wallfahrtsorte eine wachsende Zahl von Pilgern und Besuchern verzeichnen; damit trugen sie zum Boom des internationalen Tourismus bei. So stieg z. B. die Zahl der ausländischen Pilger in Mekka, die vor allem aus Pakistan, Indonesien und Ägypten kommen, von 56.319 (1922) auf 1,8 Millionen (2012). Gründe waren u. a. die besseren und kostengünstigeren Transportmöglichkeiten für die Pilger - speziell Charterflüge - sowie ein breiteres Angebot an organisierten Fahrten, Pilgerführern und Reisebeschreibungen (vgl. S TEINBAUER 2011, S. 19 - 20; www.hajinformation.com). Während die Pilgerfahrt nach Mekka den Muslimen vorbehalten ist, finden sich in vielen Wallfahrtsorten anderer Religionen auch Besucher, die nicht aus religiösen Gründen kommen, sondern weil sie auf der Suche nach neuen, bereichernden Urlaubserfahrungen sind. Dieses Bedürfnis ist Ausdruck eines grundlegenden Wertewandels in den westlichen Gesellschaften - weg von der Spaßgesellschaft und hin zur Sinngesellschaft: In den 1990er Jahren hatte der zunehmende Individualismus und Hedonismus zur Folge, dass die Nachfrage nach konsum- und erlebnisorientierten Angeboten rasant stieg. Als typische Freizeiteinrichtungen dieser Spaßgesellschaft gelten Themenparks, Shopping Malls, Urban Entertainment Center, Multiplex-Kinos, Musical-Theater, Brand Lands etc., die vielerorts errichtet wurden und sofort Besucherrekorde verzeichnen konnten (vgl. S TEINECKE 2009; R OSSMANN 2012; S TEINKRÜGER 2013). Seit Beginn des 21. Jahrhunderts findet jedoch der „Abschied von der Spaßgesellschaft“ (R OMEIß -S TRACKE 2003) statt: Die Einstellungen der Konsumenten ändern sich. Statt eines hemmungslosen Vergnügens und Konsums spielen nun persönliches Engagement und neue Werthaltungen eine immer wichtigere Rolle - z. B. das Bedürfnis, ungewöhnliche Erfahrungen zu machen, der Wunsch nach Muße und Entschleunigung sowie nach einer Gemeinschaft mit anderen Menschen, die ähnliche Interessen haben. Die Herausbildung dieser neuen Sinngesellschaft hat auch touristische Konsequenzen: So ist ein Trend zu ruhigeren, körper- und naturbezogenen, aber auch sinngebenden Urlaubsformen zu beobachten - z. B. Wander- und Fahrradtouren, Gartenreisen, Klosteraufenthalte, Meditations- und Kreativkurse (vgl. L E- DER 2007). <?page no="50"?> 2.1 Push-Faktoren 51 Abb. 10: Römisch-katholische Wallfahrtsorte - z. B. das bayerische Kloster Andechs - konnten in den vergangenen Jahren eine wachsende Zahl von Besuchern verzeichnen. Dabei handelt es sich nicht nur um religiös motivierte Pilger, sondern auch um kulturinteressierte Touristen sowie um Gäste, die auf der Suche nach sinngebenden Urlaubserfahrungen sind (Quelle: eigenes Foto). Der Jakobsweg - ein Ziel von Pilgern, Sinnsuchern, Wanderern und Kulturtouristen Bei dem Jakobsweg („Camino de Santiago“) handelt es sich um einen Pilgerweg, der von Mitteleuropa - über mehrere Routen - zum Grab des Apostels Jakobus des Älteren im spanischen Santiago de Compostela führt; neben Rom und Jerusalem ist dieser Ort seit dem Mittelalter das wichtigste Ziel einer christlichen Pilgerreise. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Pilgerstrom auf dem Jakobsweg deutlich angeschwollen; so stieg die Zahl der Pilger, die sich im Pilgerbüro registrieren ließen, von 5.760 Pilgern im Jahr 1989 auf 192.488 im Jahr 2012. <?page no="51"?> 52 2 Die Motoren des touristischen Wachstums In Deutschland sorgte vor allem der Erfahrungsbericht des Entertainers Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg“ für die enorme Popularität des traditionellen Pilgerweges. Doch den sinnsuchenden Neo-Pilgern, die diesem Vorbild nacheifern, geht es weniger um religiöse Gründe wie die Befreiung von Sünden oder den Wunsch nach spiritueller Erleuchtung als vielmehr um andersartige Urlaubs- und Lebenserfahrungen. Während im Jahr 1989 noch 85,5 Prozent der Pilger angaben, aus religiösen Gründen nach Santiago gepilgert zu sein, waren es im Jahr 2012 nur noch 43,1 Prozent. Die Mehrzahl der Wanderer kam hingegen aus religiös-kulturellen bzw. ausschließlich aus kulturellen Gründen ( www.jakobus-info.de). Für den bisherigen Boom des internationalen Tourismus sind also zum einen mehrere Push-Faktoren in den Quellgebieten verantwortlich - von neuen Werthaltungen der Konsumenten über bequemere und preisgünstigere Transportbzw. Kommunikationsmittel bis hin zum wirtschaftlichen Wohlstand und der frei verfügbaren Zeit. Zum anderen gibt es aber auch zahlreiche Pull-Faktoren in den Zielgebieten, die Menschen veranlassen, eine (Urlaubs-)Reise dorthin zu unternehmen. 2.2 Pull-Faktoren Was macht ein Land aus Sicht ausländischer Touristen besonders begehrenswert? Welche organisatorischen und infrastrukturellen Bedingungen muss es erfüllen, damit es zu einem Zielgebiet der internationalen Reiseströme wird? Zur Beantwortung dieser Fragen hat die angelsächsische Tourismusforschung das pragmatische „AAA“-Konzept entwickelt; demzufolge müssen Destinationen drei Grundbedingungen erfüllen (vgl. F REYER 2011, S. 263): Access: Die Zielgebiete müssen für Touristen generell zugänglich und bequem erreichbar sein - z. B. durch eine gute Anbindung an internationale Flug-, Bahn- und Straßenverbindungen sowie vor allem durch unkomplizierte Einreisemöglichkeiten ( 2.2.1). Attractions: Darüber hinaus müssen die Destinationen über besondere (möglichst einzigartige) Attraktionen verfügen - z. B. spektakuläre Landschaften, ein angenehmes Klima, historische Bauwerke sowie zeitgemäße Freizeiteinrichtungen und publikumswirksame Events ( 2.2.2, 2.2.3). <?page no="52"?> 2.2 Pull-Faktoren 53 Amenities: Da es sich bei Touristen immer um Ortsfremde handelt, die auf Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten angewiesen sind, müssen Zielgebiete über eine entsprechende touristische Infrastruktur verfügen (Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen, Restaurants etc.). Für den Betrieb, den Ausbau und die Verbesserung dieser Amenities sind vorrangig Unternehmen der Tourismusbranche verantwortlich, deren Tätigkeit aber durch öffentliche Fördermaßnahmen unterstützt wird ( 2.2.4). Erst aus dem Zusammenwirken dieser Pull-Faktoren ergibt sich die Gesamtattraktivität einer Destination: Die Existenz eines beeindruckenden Naturdenkmals wie des Grand Canyon reicht allein nicht aus, um ihn zum Ziel internationaler Touristen zu machen. Sie müssen auch in die USA einreisen und nach Arizona gelangen, um ihn überhaupt besichtigen zu können. Außerdem muss es vor Ort ein vielfältiges Unterkunfts- und Verpflegungsangebot geben, um ihnen einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. 2.2.1 Aufhebung von Reisebeschränkungen Leerstehende Kontrollgebäude und ein blaues Schild mit einem Sternenkranz sowie dem Namen des EU-Staates - das sind gegenwärtig für die Bürger der Europäischen Union die einzigen Hinweise darauf, dass sie ihr Heimatland verlassen und in ein Nachbarland fahren. Im Jahr 1995 traten die Schengener Abkommen in Kraft (benannt nach einem luxemburgischen Grenzort), in denen die Abschaffung der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten vereinbart wurde. Inzwischen können die Europäer von Finnland bis Portugal und von Italien bis Dänemark reisen, ohne kontrolliert zu werden (mit Ausnahme von Stichproben). Derartige Reisefreiheiten sind sowohl in der Geschichte wie auch auf internationaler Ebene einmalig: Erst im Jahr 1951 erlangte z. B. Deutschland seine Passhoheit zurück und seit 1954 haben europäische Staaten auf eine Visumspflicht für deutsche Touristen verzichtet. Bis dahin mussten Auslandsreisende aufwändige administrative Verfahren in Kauf nehmen - mit Formularen, Stempeln und Gebühren (vgl. T EUTEBERG 2002). In den folgenden Jahren wurden bei den Grenzübertritten in Europa regelmäßig Personen- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt. Gegenwärtig besteht für Besucher aus afrikanischen, asiatischen und einigen südamerikanischen Ländern eine Visumspflicht für die Einreise in Staaten des Schengen-Raumes. Deutsche Besucher müssen z. B. bei Reisen nach China, Belarus oder die Demokratische Volksrepublik Nordkorea mehrere Wochen vor Antritt der Reise ein Visum beantragen (mit Angabe der Flugdaten, Hotels etc. und teilweise sogar mit Vorlage einer schriftlichen Einladung bzw. - <?page no="53"?> 54 2 Die Motoren des touristischen Wachstums bei touristischen Reisen - mit einer Bestätigung des Reisebüros). Ähnlich strikt sind z. B. die Ausreisebedingungen für chinesische Touristen: Im Rahmen von Gruppenreisen können sie nur in Länder reisen, die von der China National Tourism Association (CNTA) den Status als „zugelassene Reiseziele“ erhalten haben ( www.bmwi.de; 4.5.2). Generell hat in den vergangenen Jahrzehnten weltweit eine Lockerung bzw. Aufhebung der Reisebeschränkungen stattgefunden, die wesentlich zur Expansion des internationalen Tourismus beigetragen haben. Das einschneidendste historische Ereignis war sicherlich der Zerfall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989, der während des Kalten Krieges die marktwirtschaftlichen, zumeist demokratischen westlichen Länder und die planwirtschaftlichen, kommunistischen Ostblockstaaten voneinander trennte und einen freien Reiseverkehr erschwerte ( 4.4.1). Nach dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 durften z. B. Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die jünger als 65 Jahre waren, nur auf Antrag und zu bestimmten Anlässen in das sog. „nicht-sozialistische Ausland“ reisen - und zumeist nur, wenn eine Rückkehr in die DDR wahrscheinlich war (z. B. aufgrund von Familienangehörigen). Seit 1964 konnten Rentner jährlich eine Reise zu Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland machen. Mit der Öffnung der Grenze am 9. November 1989 erhielten auch die DDR- Bürger die Reisefreiheit und nutzten sie für Urlaubsreisen in den Westen - zunächst vor allem in bekannte Destinationen in den Alten Bundesländern (Bayern, Mosel, Bodensee etc.). In den folgenden Jahren fand rasch eine Angleichung an das Reiseverhalten der westdeutschen Bevölkerung statt: Bereits seit 1992 führte die Mehrzahl der Reisen aus den Neuen Bundesländern in ausländische Zielgebiete (vgl. M UNDT 2013, S. 98 - 99). Eine andere Welt - erste DDR-Bürger auf Mallorca „Vor 20 Jahren landete die erste DDR-Reisegruppe auf Mallorca. Fünf Monate nach dem Mauerfall genossen die Touristen aus Ostdeutschland die lang ersehnte Reisefreiheit. Auf der Balearen-Insel wurde die Landung als historisches Ereignis gefeiert. ... „Das war der Wahnsinn“, erinnert sich Hannelore Hauschild aus Dresden. Die heute 68-Jährige gehörte zur ersten Reisegruppe von DDR-Bürgern, die nach dem Fall der Mauer auf Mallorca landete. Der eigens zur Begrüßung auf den Flughafen von Palma de Mallorca geeilte Tourismusminister der Balearen sprach von einem „historischen Moment“. Vielen der 90 Frauen und Männer standen bei dem „kleinen Staatsempfang“ mit mallorquinischer Folklore Tränen der Rührung in den Augen. „Das war das <?page no="54"?> 2.2 Pull-Faktoren 55 Tollste, was wir jemals erlebt haben“, schwärmt Hannelore Hauschild noch heute. „Das war für uns eine andere Welt.“ ... Lange Zeit konnten die DDR-Bürger nur im Fernsehen verfolgen, wie Mallorca seit den 70er Jahren immer mehr zum Urlaubsparadies der Westdeutschen schlechthin wurde. Ein Traum von Sonne, Meer und Entspannung für die breite Masse, während sich die Ostdeutschen mit raren Auslandsreisen in die sozialistischen Länder und überfüllten Ferienheimen mit wenig Service im eigenen Land abfinden mussten“ (Die Welt, 27.09.2010). Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich auch in West-Ost-Richtung: Nach der Ratifizierung des Zwei-plus-Vier-Vertrages und der damit verbundenen Anerkennung der polnischen Westgrenze war es den Bundesbürgern möglich, die ehemaligen deutschen Ostgebiete in Polen zu besuchen (z. B. Schlesien, Ostpreußen). Nun setzte ein Heimwehtourismus (Roots Tourism) von deutschen Vertriebenen ein, die ihre früheren Wohnhäuser und Heimatorte noch einmal sehen bzw. ihren Kindern und Enkeln zeigen wollten (vgl. HAWK 2005, S. 145; P ELEIKIS 2009). Bei der Reisefreiheit handelt es sich um eine wesentliche Grundbedingung des internationalen Tourismus; sofern keine familiären Beziehungen bestehen (wie beim Heimwehtourismus), bedarf es aber zusätzlich besonderer Attraktionen, um grenzüberschreitende Reiseströme auszulösen. 2.2.2 Natürliche und kulturelle Attraktionen „Um das Rhinozeros zu sehen, beschloss ich auszugehen“ - der Satz des Dichters und Philosophen Christian Fürchtegott Gellert (1715 - 1769) gilt im übertragenen Sinne auch für den internationalen Tourismus: Das Fremde, das Andersartige, das Spektakuläre und die Ferne erweisen sich als zentrale Pull-Faktoren. Dabei ist der Reiz exotischer Tiere zwar weiterhin ungebrochen (speziell bei Fernreisen), doch die Mehrzahl der Urlauber hat bescheidenere Ansprüche: Sie wünschen sich generell einen „Tapetenwechsel“. Sie suchen eine Abwechslung vom Alltag, wollen sich erholen und möchten neue Erfahrungen machen. Der touristische Reiz von Zielgebieten besteht also vor allem darin, dass sie den Urlaubern eine angenehme, erlebnisreiche Gegenwelt zur stressigen bzw. durch Routine gekennzeichneten Lebenssituation in den Quellregionen bieten. Um diese Erwartungen erfüllen zu können, müssen die Destinationen generell über mehrere touristische Standortfaktoren verfügen (vgl. S TEINGRUBE 2007, S. 444 - 445; E ISENSTEIN 2010, S. 119 - 125): attraktive natur- und kulturräumliche Gegebenheiten (Lage, Klima, Landschaft, Vegetation, kulturelles Erbe etc.), <?page no="55"?> 56 2 Die Motoren des touristischen Wachstums eine gute infrastrukturelle Grundausstattung (Verkehrserschließung, Ver- und Entsorgung, Kommunikation etc.), eine zeitgemäße touristische Infrastruktur (Beherbergungs- und Verpflegungsbetriebe, Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen etc.), ein breites und leistungsstarkes Humanpotenzial (Tourismusbewusstsein der Bevölkerung, Brauchtum, Unternehmer, Arbeitskräfte etc.). Die touristische Anziehungskraft eines Zielgebietes basiert auf einer Kombination dieser Standortfaktoren. So zeigen Marktuntersuchungen, dass z. B. die deutschen Urlauber vielfältige Ansprüche an das Leistungsangebot ihres Zielgebietes stellen - von angemessenen Preisen über reizvolle Landschaften und eindrucksvolle Sehenswürdigkeiten bis hin zu einer angenehmen Atmosphäre und persönlicher Sicherheit (vgl. Abb. 11). Abb. 11: Bei den Bundesbürgern handelt es sich um kritische Konsumenten, die einerseits hohe Ansprüche an die Qualität ihres Zielgebietes stellen (Landschaft, Gastfreundschaft etc.), andererseits aber auch großen Wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis legen (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in O PASCHOWSKI / P RIES / R EINHARDT 2006, S. 177; Grafik: P. Blank). Bei dem Ranking dieser Standortfaktoren handelt es sich allerdings nicht um eine feste, allgemeingültige Größe. Vielmehr lassen sich hinsichtlich der Wahrnehmung, Bewertung und Nutzung des touristischen Angebots deutliche nationalbzw. kulturspezifische Unterschiede feststellen; außerdem wird das Interesse an Ländern und Attraktionen durch die Reisedistanz beeinflusst: Für die europäischen Touristen spielt zum einen das Klima eine herausragende Rolle bei der Reiseentscheidung (45 Prozent), zum anderen die Möglichkeit, <?page no="56"?> 2.2 Pull-Faktoren 57 Sehenswürdigkeiten besichtigen und Urlaubsaktivitäten ausüben zu können (32 Prozent). Aus diesem Grund zählen Sommeraufenthalte am Meer sowie Besichtigungs- und Rundreisen zu den beliebtesten Urlaubsformen (vgl. Tab. 6). Als besonders mobile und kulturinteressierte Urlauber erweisen sich dabei die Briten und Belgier, während Italiener eher einen Strandurlaub bevorzugen (vgl. Europ Assistance 2013, S. 35, 41). Urlaubsform Europäische Touristen (Sommerurlaub) Chinesische Touristen (Europareise) Badetourismus 62 % 4 % Rundreise 17 % 40 % Urlaub auf dem Lande 14 % 4 % Urlaub in den Bergen 13 % ./ . Städtereise 13 % 34 % Tab. 6: Der Vergleich zwischen den bevorzugten Urlaubsformen der Europäer und der chinesischen Touristen, die eine Europareise machen, zeigt, dass hinsichtlich des Interesses an Zielgebieten nationalbzw. kulturspezifische Unterschiede bestehen; außerdem ist es abhängig von der Reisedistanz (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in Europ Assistance 2013, S. 35; DZT 2012a, S. 27; Mehrfachnennungen bzw. ausgewählte Daten). Chinesische Touristen, die Deutschland im Rahmen einer Europareise besuchen, wollen hingegen interessante Städte besichtigen, Museen besuchen und mehr über den Lebensstil der Einheimischen erfahren. Sie unternehmen deshalb vor allem Rund- und Städtereisen, zeigen aber nur ein geringes Interesse an einem Badeurlaub bzw. an Aufenthalten in ländlichen Regionen oder in Berggebieten (vgl. DZT 2012a, S. 27). Eine unterschiedliche Bewertung und Nutzung des natur- und kulturräumlichen Angebots lässt sich auch auf der indonesischen Insel Bali beobachten, die aufgrund ihres reichen religiösen und kulturellen Erbes als „Insel der Götter und Dämonen“ gilt. Angesichts der großen Reisedistanz und der entsprechend hohen Kosten interessieren sich die europäischen Urlauber vor allem für die hinduistischen Tempel und die religiösen Rituale (Musik, Tanz, Leichenverbrennungen etc.). Auf dem nahegelegenen australischen Markt wurden hingegen bereits in den 1980er Jahren preisgünstige Flugpauschalreisen nach Bali angeboten - speziell für Surf- und Badeurlauber -, so dass sich die Insel zu einem „Mallorca der Australier“ entwickelt hat (vgl. S OBOCINSKA 2011). Die touristische Attraktivität eines Zielgebietes steht also in engem Zusammenhang mit der Wahrnehmung in unterschiedlichen Quellmärkten. Dabei gilt die Regel: Je <?page no="57"?> 58 2 Die Motoren des touristischen Wachstums weiter entfernt eine Destination ist, desto unpräziser sind die Vorstellungen und Kenntnisse der Urlauber (vgl. S TEINECKE 2013, S. 15). Um auf dem internationalen Tourismusmarkt überhaupt wahrgenommen zu werden und sich von den Konkurrenten zu unterscheiden, müssen die Zielgebiete über ein klares, unverwechselbares Image und Profil verfügen. Zu den zentralen Aufgaben der verantwortlichen Destination Management Companies gehört deshalb die Bildung attraktiver Regionalmarken (Branding; 2.2.4). Als erfolgreiches Instrument der Profil- und Markenbildung haben sich eindrucksvolle Bauwerke erwiesen, die auch auf Fernmärkten bekannt sind und als typische touristische Ikonen und Imageträger des jeweiligen Landes betrachtet werden. Im Jahr 2012 hat das US-amerikanische Reisemagazin Travel + Leisure z. B. in einem Leserwettbewerb ein Ranking solcher Top-Sehenswürdigkeiten der Welt ermittelt ( www. fr-online. de/ reise,1472792,11597526.html vom 14.09.2013): [1] Eiffelturm, Paris, [2] Freiheitsstatue, New York, [3] Machu Picchu, Peru, [4] Colosseum, Rom, [5] Golden Gate Bridge, San Francisco, [6] Pyramiden von Gizeh, [7] Taj Mahal, Agra, [8] Christusstatue, Rio de Janeiro, [9] Akropolis, Athen, [10] Chinesische Mauer (vgl. Abb. 12). Eine weitaus umfassendere Bestandsaufnahme herausragender Kultur- und Naturdenkmäler - und damit globaler touristischer Attraktionen - liefert die Welterbeliste (World Heritage List) der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO). Sie basiert auf dem „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“, das im Jahr 1972 verabschiedet wurde. Gegenwärtig umfasst sie mehr als 900 erhaltenswerte Bauwerke und Landschaften in 160 Ländern ( 3.4.3). <?page no="58"?> 2.2 Pull-Faktoren 59 Abb. 12: Die „Chinesische Mauer“ zählt zu den weltbekannten Bauwerken, die das touristische Image eines Landes prägen. Sie verzeichnet jährlich ca. zehn Millionen Besucher: Für internationale Touristen gehört sie zum Pflichtprogramm eines Besuches in China, für die einheimische Bevölkerung ist sie eine beliebte Location für Hochzeiten (Quelle: eigenes Foto). Obwohl bei der Welterbekonvention das Ziel des Denkmalschutzes im Vordergrund steht, hat der Welterbestatus auch touristische Implikationen: Er vermittelt den Touristen, dass es sich um eine authentische und wertvolle Attraktionen handelt. Für bekannte Kulturdenkmäler wie den Kölner Dom, die Chinesische Mauer oder die Pyramiden von Gizeh, bei denen es sich bereits um starke touristische Marken handelt, ist der Werbeeffekt relativ klein. Weniger bekannte Kultur- und Naturdenkmäler können aber durch die Aufnahme in die Welterbeliste deutlich mehr internationale Aufmerksamkeit erzielen - wenn sie ihren neuen Status professionell kommunizieren (vgl. L UGER / W ÖHLER 2008; Q UACK / W ACHOWIAK 2013). Spektakuläre Bauwerke, eindrucksvolle Landschaften und ein angenehmes Klima haben sich generell als wichtige Pull-Faktoren des internationalen Tourismus erwiesen. Die Anziehungskraft von Zielländern kann aber auch darin bestehen, dass sie den Besuchern neben typischen Besichtigungs- und Erholungsmöglichkeiten einen besonderen Zusatznutzen bieten - z. B. in Form von ökonomischen Vorteilen bzw. einer moralischen Freizügigkeit. <?page no="59"?> 60 2 Die Motoren des touristischen Wachstums 2.2.3 Ökonomische Vorteile und moralische Freizügigkeit „Urlaub in Polen ist dank Wechselkurs günstig. Für Urlauber kann es sich lohnen, in diesem Sommer nach Osteuropa zu fahren. In Polen erhält der Reisende für einen Euro Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,21 Euro, in Ungarn sind es immerhin noch 1,16 Euro“ - so lautete im Mai 2010 eine Meldung im Nachrichtenmagazin „Focus“. Sie macht deutlich, dass die internationalen Reiseströme nicht nur durch natürliche und kulturelle Attraktionen, sondern durch die Wechselkurse zwischen unterschiedlichen Währungen beeinflusst werden. Bei touristischen Dienstleistungen und Produkten handelt es sich (im internationalen Tourismus) um eine Form des Exports - mit der Besonderheit, dass die Konsumenten diese Güter nicht in ihrem Heimatland erwerben, sondern am Ort der Bereitstellung. Eine Aufwertung der Währung in einem Zielgebiet führt aber generell dazu, dass Exporte teurer werden, während sich Importe vergünstigen (diese Regel gilt auch für andere Wirtschaftsbranchen - z. B. die Metall-, Maschinen- und Automobilindustrie). Für ausländische Touristen (Incoming-Tourismus) verteuern sich also die touristischen Angebote, während die einheimische Bevölkerung kostengünstig in andere Länder reisen kann (Outgoing-Tourismus). Aufgrund von Substitutionsmöglichkeiten ist die Wechselkurselastizität in den Nachbarländern deutlich ausgeprägter als auf den Fernmärkten: Der hohe Wechselkurs des Schweizer Franken hat z. B. relativ geringe Folgen für die US-amerikanische Nachfrage, da die Amerikaner das Land zumeist im Rahmen einer längeren Europa-Reise besuchen. Hingegen können deutsche Urlauber problemlos in andere alpine Zielgebiete mit vergleichbaren Angebot reisen - z. B. nach Österreich oder Südtirol (vgl. A LTHOFF 2001, S. 62; A BRAHAMSEN / S IMMONS -S ÜER 2011, S. 14). Der Wechselkurs beeinflusst nicht nur den Tourismus (der qua Definition mit mindestens einer Übernachtung verbunden ist), sondern auch den Tagesausflugsverkehr - speziell den Shoppingtourismus. In den 1980er Jahren hat sich z. B. der schwankende Wechselkurs zwischen dem US-amerikanischen und dem kanadischen Dollar in anbzw. abschwellenden Reiseströmen zwischen den Nachbarländern widergespiegelt (vgl. T IMOTHY / B UTLER 1995; W IDMANN 2006, 52 - 53). Gegenwärtig führt der starke Schweizer Franken dazu, dass süddeutsche Städte in Grenznähe (Konstanz, Lörrach etc.) einen Besucheransturm von Shoppingtouristen erleben. Schweizer Shoppingtourismus in Konstanz - eine Folge des Währungsgefälles „Jeden Samstag überfallen die Schweizer unsere Stadt“, klagt ein Konstanzer. „Mit der Wochenendgemütlichkeit ist es aus und vorbei.“ Auch <?page no="60"?> 2.2 Pull-Faktoren 61 Flucht ist dann keine Option, denn Tausende Autos mit Schweizer Nummernschild verstopfen die Zu- und Ausfallstraßen. Die Ursache: Für die kaufkräftigen Eidgenossen ist das Hochlohnland Deutschland ein Schnäppchen-Schlaraffenland geworden. Ob Mantel oder Melone, T-Shirt oder Mountainbike - fast alles ist diesseits der Grenze deutlich günstiger. Der Trip lohnt sich sogar bei längerer Anfahrt, weil der Schweizer Franken gegenüber dem Euro stark zugelegt hat im Zeitraum 2008 - 2013 von 0,61 auf 0,81 CHF/ Euro . Besonders heimgesucht wird die Grenzstadt Konstanz am Bodensee. Samstagabends finde man kaum noch ein Plätzchen, um in Ruhe und ohne Grüezis ein Bier zu trinken, ärgern sich Einheimische. Am Wochenende sind besonders die Drogeriemärkte, in denen Körperpflegemittel um mindestens ein Drittel billiger sind als in der Schweiz, fest in der Hand der Eroberer - zum wachsenden Ärger vieler Einheimischer, aber durchaus zur Freude des Handels“ (S CHIESSL 2011). Neben dem Wechselkurs wird der grenzüberschreitende Reiseverkehr auch durch ein unterschiedliches Preisbzw. Steuerniveau in Nachbarländer beeinflusst: Im Kur- und Gesundheitstourismus profitieren einige mitteleuropäische Staaten (Tschechische Republik, Slowakei) vom niedrigen Niveau der Arzt-, Behandlungs- und Betreuungskosten: In Ungarn liegen z. B. die Tarife für Zahnbehandlungen um 70 Prozent unter denen in Deutschland (das Land wirbt mit dem Slogan „Ungarn lässt Ihre Zähne strahlen“). Bereits im Jahr 2001 hatte Ungarn einen Marktanteil von 7,7 Prozent am deutschen Markt für Gesundheitsurlaub, aber nur von 2,1 Prozent am Gesamtmarkt für Urlaubsreisen. Als Newcomer gilt Südafrika: Dort werden seit einigen Jahren sog. Schönheitssafaris angeboten, die aus einer Kombination von Urlaubsreise und Schönheitsoperation wie Brustvergrößerung, Absaugen von Fett etc. bestehen (vgl. D ANIELSSON / L OHMANN 2003, S. 16; www.ungarn-tourismus. ch; www. capesafari.de). An der Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg gibt es einen regen Tanktourismus. Auslöser ist der Treibstoffpreis im Großherzogtum, der infolge niedriger Steuern um ca. 0,25 Euro/ Liter unter dem deutschen liegt. An den Ausfahrtstraßen der kleinen, grenznahen Gemeinden finden sich zahlreiche Tankstellen (vgl. Abb. 13) - und das ehemalige Grenzkontroll- und Zollgebäude an der BAB 64 von Trier nach Luxemburg wurde sogar zu einer Großtankstelle umgebaut. Da auch Tabakwaren, Kaffee, Spirituosen etc. preisgünstiger sind, wird das Tanken häufig mit einem Einkauf verbunden. <?page no="61"?> 62 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Abb. 13: Als Folge der niedrigeren Preise für Kraftstoff, Alkohol, Kaffee etc. im Großherzogtum Luxemburg gibt es dort einen umfangreichen Tank- und Shoppingtourismus - speziell aus den benachbarten Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland. Das Ortsbild der kleinen Grenzorte (z. B. Mertert) wird durch zahlreiche Großtankstellen geprägt (Quelle: eigenes Foto). Niedrigere Preise und günstigere Wechselkurse wirken als Pull-Faktoren des internationalen Tourismus, da sie den ausländischen Besuchern direkte ökonomische Vorteile bieten. Der besondere Reiz einer Destination kann aber auch in einer liberalen Atmosphäre bestehen, in der die Touristen - im Vergleich zu ihrem Heimatland - über einen höheren Grad an Handlungsfreiheit und moralischer Freizügigkeit verfügen. Generell ist der „Tourist eine schlechte Nachricht für die Moral“ - so der polnische Soziologe Zygmunt Bauman: Als Ortsfremde können sich Urlauber weitgehend anonym in ihrem Zielgebiet bewegen, sie unterliegen kaum kulturellen Vorgaben und müssen sich nicht gesellschaftlichen Normen unterwerfen. Reisen werden deshalb auch mit volkstümlichen Festen verglichen, bei denen temporär soziale Regeln gebrochen werden und die Grenzen der Alltagsordnung exzessiv überschritten werden - ähnlich wie bei Jahrmärkten oder beim Karneval (vgl. B OSSHART 1996, S. 12; H ENNIG 1997, S. 74 - 77). In der Geschichte des internationalen Tourismus finden sich einige Beispiele für Zielgebiete, die ihren Besuchern eine derartige Entlastungsbzw. Ventilfunktion geboten haben: <?page no="62"?> 2.2 Pull-Faktoren 63 Bis in die Gegenwart lebt das kleine schottische Dorf Gretna Green von seinem Mythos als einstigem Hochzeitsort für „Runaways“. Die Gesetzgebung machte es lange Zeit möglich, dass minderjährige Paare ohne Erlaubnis ihrer Eltern heiraten konnten. Diese Freizügigkeit löste einen Strom von Heiratswilligen aus England und anderen europäischen Länder aus, wo strengere Regeln galten. Er hält bis heute an: Jährlich werden dort ca. 5.000 Paare getraut. Bereits in den 1960er Jahren hatte die libanesische Hauptstadt Beirut das Image eines „Paris des Nahen Ostens“. Im Bezirk Hamra entstanden Cafés, Restaurants und Clubs, in denen sich zunächst einheimische Intellektuelle und Künstler trafen. Diese liberale und freizügige „Atmosphäre der Demokratie“ (K INSNER 2012, S. 264) lockte dann auch wohlhabende Touristen aus islamischen Ländern an, in denen das alltägliche Leben durch rigide politische und religiöse Regeln geprägt war. Für deutsche Urlauber ist der „Ballermann“ (Balneario N 6 an der Playa de Palma auf Mallorca) zum Synonym für touristische Saufgelage und generell ein vulgäres Verhalten geworden. Angesichts der Auswüchse hat die Inselregierung zwar inzwischen das „Eimersaufen“ verboten, die Lautstärke der Musik begrenzt und Sperrstunden für die Strandlokale verhängt; dennoch steht der (inzwischen rechtlich geschützte) Begriff weiterhin für eine exzessive Feiermentalität - wie die zahlreichen „Ballermann“-Partys zeigen, die bundes- und europaweit veranstaltet werden ( www.ballermann-partys.de). Moralische Freizügigkeit als touristischer Gunstfaktor: Spring Break der US-amerikanischen Studierenden Beim Spring Break handelt es sich um ein traditionelles Ritual USamerikanischer Studierender: Sie nutzen die vorlesungsfreie Zeit, um in nahegelegenen Warmwasser-Zielen ausgiebig zu feiern - mit extremem Alkohol- und Drogenkonsum, öffentlicher Zurschaustellung nackter Körper, sexueller Freizügigkeit und promiskuitivem Verhalten. Inzwischen haben populäre Inlandsziele wie Fort Lauderdale und Daytona Beach in Florida rigide Regelungen erlassen, um die ausschweifenden Aktivitäten zu unterbinden. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich deshalb Spring Break-Orte außerhalb der USA - z. B. Cancún, Cabo San Lucas, Puerto Vallarta in Mexiko sowie Jamaika und die Bahamas. Jährlich reisen schätzungsweise 1.000.000 Studierende zum Spring Break in diese Orte (vgl. D ICKS 2009). <?page no="63"?> 64 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Bei diesem Partytourismus, aber auch dem grenzüberschreitenden Tank- und Shoppingtourismus handelt es sich zumeist um ungeplante Entwicklungen, deren mögliche Belastungen allerdings von den verantwortlichen Destination Management Companies durch den Einsatz geeigneter Steuerungsinstrumente minimiert werden können - z. B. durch Maßnahmen der Verkehrs- und Besucherlenkung, rechtliche Auflagen für das Gastgewerbe bzw. Lärmschutzverordnungen. Angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz stehen die Zielgebiete aber vor weitaus größeren Herausforderungen: Sie müssen auf dem globalen Markt mit seiner Vielzahl von Akteuren Aufmerksamkeit erzielen und über ein zeitgemäßes touristisches Angebot verfügen. Obwohl es sich dabei vorrangig um Aufgaben der privatwirtschaftlichen Unternehmen handelt, lässt sich weltweit ein starkes finanzielles Engagement der öffentlichen Hand beobachten. Auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene werden Förderprogramme aufgelegt, um die kleinteilig strukturierte, kapitalschwache Tourismusbranche mit ihrer Vielzahl an Familienbetrieben fit für den Wettbewerb zu machen - und damit zugleich das enorme volkswirtschaftliche Potenzial des Tourismus besser zu nutzen. 2.2.4 Öffentliche Fördermaßnahmen und Verbraucherschutz „Incredible ! ndia“ - mit diesem Slogan startete das indische Ministerium für Tourismus bereits im Jahr 2002 eine Kampagne, um das Land als High-End Destination auf dem internationalen Tourismusmarkt zu positionieren. Der Erfolg dieser Kommunikationsmaßnahme war direkt messbar: Innerhalb des ersten Jahres stieg die Zahl der Ankünfte um 16 Prozent und im Folgejahr um weitere 29 Prozent ( www.incredibleindiacampaign.com; vgl. Abb. 14). Das indische Beispiel steht für eine Strategie, die von zahlreichen nationalen Tourismusbehörden bzw. Marketinggesellschaften verfolgt wird: Sie versuchen, mit Hilfe einfacher, einprägsamer Slogans (und Logos) ein attraktives Image zu schaffen und den weltweiten Bekanntheitsgrad zu steigern - z. B.: „Costa Rica - no artificial ingredients“, „Egypt - where it all begins“, „Georgia - for the best moments of your life“, „Korea - be inspired“, „Marokko - travel for real“, „Maledives - the sunny side of life“, „Uganda - pearl of Africa“. <?page no="64"?> 2.2 Pull-Faktoren 65 Abb. 14: Im Jahr 2002 startete Indien die aufsehenerregende Werbekampagne „Incredible ! ndia“. Mit Hilfe spektakulärer Bilder und origineller Texte gelang es dem Land, sich seitdem mit großem Erfolg als attraktive Destination auf dem internationalen Tourismusmarkt zu positionieren (Quelle: Indiatourism, Frankfurt a. M.). Diese Form der Markenbildung (Branding) - wie auch andere öffentlich unterstützte Maßnahmen - verfolgen das übergeordnete Ziel, die touristische Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Landes zu steigern. Ein klares Profil ist dringend notwendig, da sich die Konkurrenzsituation auf dem Tourismusmarkt als Folge einer „stärkere n Dezentralisierung des touristischen Angebotes“ (K ELLER 2011, S. 5) zunehmend verschärft: So geht die UNWTO davon aus, dass der Marktanteil der Top 10-Destinationen von 51 Prozent (2000) auf 44 Prozent (2020) sinken wird. Einzelne Unternehmen der Tourismusbranche sowie regionale Zielgebiete verfügen nicht über die ökonomischen Ressourcen, aufwändige internationale Kommunikationskampagnen durchzuführen. Aus diesem Grund gibt es in zahlreichen Staaten Nationale Tourismusorganisationen (NTO), die vollständig bzw. teilweise aus öffentlichen Mitteln finanziert werden (vgl. M UNDT 2004, S. 155 - 165). Der Einfluss der öffentlichen Hand auf den Tourismus geht aber weit über die Finanzierung von NTOs, Werbekampagnen und Marktanalysen hinaus. Generell handelt es sich beim Tourismus um einen Querschnittsbereich, der in unterschiedliche Felder der Politik hineinreicht: Außenwirtschaft, Mittelstand, Umwelt, Verkehr, Arbeitsmarkt, Innen- und Außenpolitik sowie Steuer- und Verbraucherpolitik. Die Bundesregierung veröffentlicht z. B. regelmäßig einen „Tourismuspolitischen Bericht“, in dem die Aktivitäten der beteiligten Bundesministerien beschrieben werden (vgl. Deutscher Bundestag 2013, S. 31 - 53). <?page no="65"?> 66 2 Die Motoren des touristischen Wachstums Öffentliche Förderung nationaler Tourismusorganisationen: Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) Aufgaben, Arbeitsweise und Finanzierung eines solchen Tourist Board sollen am Beispiel der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) erläutert werden. Bei der DZT handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die u. a. touristische Strategien, Produkte etc. entwickelt und kommuniziert sowie Analysen wichtiger Quellmärkte durchführt. Auf diese Weise soll das Image Deutschlands und deutscher Zielgebiete im Ausland verbessert und der Incoming-Tourismus nach Deutschland gesteigert werden. Zu den Mitgliedern der DZT zählen regionale Destination Management Companies, Verbände und Unternehmen; außerdem kooperiert sie mit Partnern aus der Wirtschaft (Public-Private-Partnership). Ein Drittel des Gesamtbudgets erwirtschaftet die DZT durch Mitgliedsbeiträge und Dienstleistungen für Dritte. Darüber hinaus sorgt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) für eine Aufstockung der notwendigen Mittel: Im Jahr 2013 erhielt die DZT eine Bundeszuwendung in Höhe von 28,3 Millionen Euro (vgl. Deutscher Bundestag 2013, S. 26). Eine öffentliche Förderung des Tourismus findet jedoch nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene statt - speziell in Europa: Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 hat die Europäische Union (EU) auch eine explizite Zuständigkeit im Bereich des Tourismus (bis dahin handelte es sich nur um ein Tätigkeitsfeld ohne spezifische Handlungsermächtigungen). Zu den Zielen und Schwerpunkten der EU-Tourismuspolitik zählen (vgl. CEP 2010, S. 2): Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus in Europa: Diversifizierung des Angebots, Förderung von Innovationen, bessere berufliche Qualifikation etc.; Förderung der Bemühungen um einen nachhaltigen, verantwortungsvollen Qualitätstourismus: Nachhaltigkeitsindikatoren, Sensibilisierungskampagnen, Gütesiegel etc.; Konsolidierung des Images und der Außenwirkung Europas: Schaffung und Bewerbung einer „Marke Europa“, Bewerbung des Portals www.visiteurope.com etc.; Koordination der tourismusbezogenen Politik- und Finanzinstrumente der EU: bessere Abstimmung und Integration der unterschiedlichen Ressorts, die für touristische Belange zuständig sind. <?page no="66"?> 2.2 Pull-Faktoren 67 Die Tourismuspolitik der EU unterliegt dabei dem Subsidiaritätsprinzip: Die Europäische Kommission respektiert nationale Kompetenzen und Zuständigkeiten; sie übernimmt nur Aufgaben, die von den einzelnen Mitgliedsländern bzw. den Regionen nicht bzw. nur teilweise erfüllt werden können. Als Nachteil erweist sich dabei, dass der Europäischen Kommission kein spezifisches Tourismusbudget zur Verfügung steht. Alle tourismusbezogenen Maßnahmen und Projekte müssen deshalb aus anderen Budgets finanziert werden - z. B. Grundlagenstudien, Unterstützung von Netzwerken bzw. der Tourismuspreis European Destinations of Excellence (EDEN), der jährlich vergeben wird. Der größte Teil der Mittel für den Tourismus stammt bereits seit längerem aus anderen Bereichen der EU-Politik - speziell den Strukturfonds der Regionalpolitik. Im Rahmen der Regionalförderung hat die EU im Zeitraum 2000 - 2006 Tourismusprojekte mit Zuschüssen in Höhe von ca. sieben Milliarden Euro unterstützt (vgl. BMWFJ 2001, S. 17). Der Querschnittscharakter des Tourismus wird erneut an der Vielzahl von relevanten EU-Programmen ersichtlich; dazu zählen z. B. (vgl. Abb. 15): Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit den INTER- REGbzw. ETZ-Programmen speziell zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (vgl. W ACHOWIAK 2006), Europäischer Sozialfonds (ESF) - ein Förderinstrument des Arbeitsmarktes, Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) - speziell mit dem LEADER-Programm für innovative Aktionen, Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) - speziell für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), 7. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung (RP7), Bildungsprogramm für lebenslanges Lernen: Leonardo da Vinci (2007 - 2013), Mehrjahrprogramm Kultur (2007 - 2013), Life + zur Unterstützung von Projekten im Umwelt- und Naturschutz (2007 - 2013), TEMPUS-Programme zur Modernisierung der Hochschulbildung in EU- Partnerländern in Osteuropa, Zentralasien, dem westlichen Balkan und der Mittelmeerregion (vgl. N IKITSIN 2009; H ERNTREI / N IKITSIN 2013). Als Gunstfaktor der touristischen Entwicklung haben sich auch die Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich des Verbraucherschutzes erwiesen: Hier ist zum einen die Richtlinie über Pauschalreisen zu nennen, die bereits im Jahr 1990 erlassen wurde; sie garantiert, dass die Konsumenten alle zugesagten Leistungen erhalten. Zum anderen ist die Überbuchungsverordnung erlassen worden, die Fluggästen seit <?page no="67"?> 68 2 Die Motoren des touristischen Wachstums 2005 eine Entschädigung bei Überbuchungen sichert. Außerdem sorgt die EU- Kommission dafür, dass die Qualität von Badegewässern in den Mitgliedsländern regelmäßig überprüft wird ( www.eu-info.de; www.eea.europa. eu). Abb. 15: Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahrzehnten mehrere tourismusbezogene Förderprogramme auflegt, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsländer zu steigern. Schwerpunkte waren u. a. die grenzüberscheitende Zusammenarbeit, die Aus- und Weiterbildung sowie vor allem der Ausbau der Infrastruktur - wie z. B. bei dem Lehrpfad in der historischen Bergbausiedlung Špania Dolina (Slowakei) (Quelle: eigenes Foto). Verbraucherschutz, staatliche und internationale Fördermaßnahmen, ökonomische Vorteile und moralische Freizügigkeit, natürliche und kulturelle Attraktionen sowie die Aufhebung von Reisebeschränkungen zählen zu den Pull- Faktoren des internationalen Tourismus. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Reihe von Hemmnissen, die - zumindest kurzfristig bzw. auf regionaler Ebene - zu einem Rückgang der Nachfrage geführt haben. <?page no="68"?> Exkurs: Die Hemmnisse des Wachstums Die touristischen Push- und Pull-Faktoren fungieren wie Zahnräder, die ineinander greifen: In ihrer bisherigen Kombination und Dynamik haben sie bisher für ein generelles Wachstum des Marktes gesorgt. Allerdings kann dieses komplizierte System zeitweilig zum Stillstand kommen, wenn sich eine der Stellschrauben in die falsche Richtung bewegt - z. B. durch wirtschaftliche Rezessionen in den Quellgebieten bzw. Sicherheitsprobleme in den Zielgebieten. Wirtschaftliche Rezessionen „Wenn es der Wirtschaft schlecht geht und Kurzarbeit und Jobverlust drohen, können Arbeitnehmer nicht beruhigt in Urlaub fahren. Sie müssen einfach abwarten“: So beschrieb der Freizeitforscher Horst W. Opaschowski die Situation zu Beginn des Jahres 2009 - also während der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise (BAT 2009, S. 8). Generell führen wirtschaftliche Rezessionen zu einem Rückgang der touristischen Nachfrage. Als Folge einer negativen konjunkturellen Entwicklung und einer höheren Arbeitslosenquote sank z. B. die Reiseintensität in Deutschland in den Jahren 1966/ 67, 1980/ 81 und 1996. Gesellschaftliche Gruppen, die direkt von der Arbeitslosigkeit betroffen waren und auch kein frei verfügbares Vermögen hatten, konnten sich keine Urlaubsreise mehr leisten (vgl. M UNDT 2013, S. 44 - 46). Für internationale Zielgebiete kann eine schrumpfende Nachfrage gravierende Folgen haben: Auf Mallorca führte z. B. die Ölkrise in den 1970er Jahren dazu, dass die Zahl britischer und deutscher Urlauber - der beiden wichtigsten Zielgruppen - sank. Die rückläufige Entwicklung hatte nicht nur Einbußen in der Tourismusbranche zur Folge, sondern auch in anderen Wirtschaftszweigen: Zahlreiche Hotels und Zuliefererbetriebe mussten Konkurs anmelden (vgl. S CHMITT 2000, S. 54 - 55). Wirtschaftliche Rezessionen haben nicht nur negative Wirkungen auf den grenzüberschreitenden Erholungsreiseverkehr, sondern auch auf den Geschäftstourismus: Im Krisenjahr 2009 ging z. B. die Zahl der überregionalen Messen in Deutschland von 153 (2008) auf 135 zurück; die Zahl der Aussteller bzw. Besucher sank von 176.485 auf 154.155 bzw. von 10,3 Millionen auf 8,9 Millionen ( www.auma.de). Naturkatastrophen und Klimawandel „Thailand nach der Flut: Etwa ein Drittel des Landes ist direkt vom schwersten Hochwasser in Thailand seit mehr als einem halben Jahrhundert betroffen. Auch wenn zumindest die Innenstadt von Bangkok von den Fluten weitgehend <?page no="69"?> 70 verschont zu bleiben scheint, kann noch immer keine Entwarnung gegeben werden“ - diese Meldung in der Fachzeitschrift „Fremdenverkehrswirtschaft International“ vom November 2011 verweist exemplarisch auf eine weitere Bedrohung der touristischen Entwicklung: Naturkatastrophen in Form von Sturmfluten, Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen und Erdbzw. Seebeben. Generell handelt es sich bei Klima, Wetter und Natur um zentrale touristische Standortfaktoren - speziell für den Urlaubsreiseverkehr; sie bestimmen nicht nur das Image und die Gesamtattraktivität einer Destination, sondern auch das Spektrum der potenziellen Freizeitaktivitäten (vgl. P ETERMANN / R EVERMANN / S CHERZ 2006, S. 121). Durch Naturkatastrophen ist es in der jüngeren Vergangenheit zu erheblichen Beeinträchtigungen des Tourismus gekommen; zu nennen sind u. a.: die Smog-Katastrophe aufgrund von Waldbränden in Indonesien (1997/ 98), das Seebeben und der Tsunami im Indischen Ozean (2004), die Hurrikans „Katrina“ und „Sandy“ in den USA (2005), die Erdbeben in China (2008), auf Haiti (2010) und in Japan (2011), der Tropensturm an der mexikanischen Pazifikküste (2013). Bedrohung des Tourismus durch Naturkatastrophen: Tsunami im Indischen Ozean (2004) Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Folgen einer Naturkatastrophe waren das Seebeben und der nachfolgende Tsunami am 26. Dezember 2004. Die enorme Flugwelle führte auf der indonesischen Insel Sumatra, an der Südwestküste Thailands sowie an den Küsten Südindiens, Sri Lankas und der Malediven zu schweren Verwüstungen: Nahezu 300.000 Menschen fanden den Tod, Hunderttausende wurden verletzt und Millionen obdachlos. Da es sich zum Teil um touristisch genutzte Küstenregionen handelte, wurden bald auch die Konsequenzen für den internationalen Tourismus deutlich. Zum einen zählten viele ausländische Urlauber - speziell aus Deutschland und Skandinavien - zu den Opfern. Allein in Thailand belief sich ihre Zahl auf mehr als 2.600; zum anderen hatten die weltweit ausgestrahlten Bilder des Leids und der Zerstörungen zur Folge, dass die Nachfrage in den betroffenen Destinationen stark zurückging. Im thailändischen Badeort Phuket lag die Auslastungsrate der Hotels z. B. im Juli 2005 um 50 Prozent unter dem Wert des Vorjahres und auf Sri Lanka wurde nur ein Drittel der bisherigen Übernachtungszahlen erreicht (vgl. Deutscher Bundestag 2005; V ORLAUFER 2005, S. 16). <?page no="70"?> 71 Naturkatastrophen können nicht nur die touristische Entwicklung der betroffenen Zielgebiete beeinträchtigen, sondern auch den internationalen Flugverkehr: So führte z. B. der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 zu einer massiven Behinderung speziell des europäischen, aber auch des interkontinentalen Flugverkehrs. Innerhalb einer Woche mussten mehr als 100.000 Flüge abgesagt werden. Nach Schätzungen der International Air Transport Association (IATA) verzeichneten allein die Fluggesellschaften Verluste in Höhe von 1,3 Milliarden Euro; die gesamtwirtschaftlichen Folgen beliefen sich weltweit - nach Berechnungen des englischen Beratungsunternehmens „Oxford Economics“ auf 3,5 Milliarden Euro (vgl. eTurboNews, 08.06.2010). Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Klimawandels ist davon auszugehen, dass die Zahl extremer Witterungsverhältnisse und damit auch die Gefahr von Naturkatastrophen weltweit künftig steigen werden - sofern nicht rasch Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen getroffen werden (vgl. OECD 2012a, S. 5). Der Tourismus hat dabei sowohl eine Opferals auch eine Täter-Rolle, denn einerseits erleiden die Zielgebiete einen Rückschlag durch Stürme, Überschwemmungen etc., andererseits ist der internationale Straßen- und Flugverkehr ein Mitverursacher der Luftverschmutzung. Politische Unruhen, Kriminalität und Terror „Unruhen und Unsicherheit: Ägypten-Tourismus bricht massiv ein“ - so lautete eine Schlagzeile bei „Spiegel Online“ im Dezember 2012. Weiter hieß es: „Bilder der Gewalt, wachsende Armut: Ägyptens Reiseindustrie leidet unter der politischen Situation des Landes. Dabei ist man derzeit dringend auf die Devisen der Urlauber angewiesen - selbst Polizisten vermieten schon ihre Dienstkamele an Touristen“ (B ATRAWY / E L -D EEB 2012). Die Meldung verweist auf einen weiteren Störfaktor der touristischen Entwicklung - das Problem der persönlichen Sicherheit von Touristen, die z. B. während der innenpolitischen Auseinandersetzung in Ägypten nicht mehr gewährleistet war (so dass deutsche Reiseveranstalter ihre Reisen im Jahr 2013 an das Land am Nil zeitweilig einstellt haben). Das Spektrum möglicher Bedrohungen reicht dabei von politischen Unruhen und Kriegen über allgemeine Kriminalität (Diebstahl, Überfälle, Raub etc.) bis hin zu terroristischen Anschlägen. In den vergangenen Jahrzehnten gab es eine Vielzahl von Ereignissen, die jeweils auch zu einem Rückgang der touristischen Nachfrage geführt haben - z. B: <?page no="71"?> 72 Abb. 16: Als Folge der früheren Apartheid-Politik bestehen in Südafrika immer noch gravierende soziale Diskrepanzen und eine entsprechend hohe Kriminalität. Um den Gästen ein größeres Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, haben die Betreiber eines Hotels in Umhlanga die Zimmer mit einem „Panic Button“ ausgestattet, der im Notfall betätigt werden kann (Quelle: eigenes Foto). Golfkrieg (1991), Terroranschläge in Ägypten in den Jahren 1993 - 1997 (vgl. S TANDL 2007a), Tamilen-Konflikt in Sri Lanka (1996), Kosovo-Krieg (1999), Bombendrohungen in der Türkei (1994, 1999), Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 (vgl. H ISCHER 2002; P RIES 2002), Terroranschläge auf Bali und Djerba im Jahr 2002 (vgl. K ASSAH 2009), Irak-Krieg (2003), Raubüberfälle in Südafrika (vgl. Abb. 16), Bombenexplosionen in Madrid (2004) und London (2005), „Arabellion“ in Nordafrika (2011 - 2013). <?page no="72"?> 2.2 Pull-Faktoren 73 Negative Folgen der Kriminalität auf die touristische Nachfrage: Acapulco (Mexiko) Der mexikanische Badeort Acapulco galt einst als Treffpunkt der Reichen und der Schönen: Hier vergnügten sich Brigitte Bardot, Frank Sinatra, die Kennedy-Familie und der legendäre Tarzan-Darsteller Johnny Weissmüller. Die Stadt war Schauplatz von Hollywoodfilmen, und Musiker wie Elvis Presley und Santana besangen seine Schönheit. Die Bilder der berühmten Klippenspringer, die sich vom Felsen der Quebrada aus 38 Meter Höhe in den Pazifik stürzen, gingen um die Welt. Den Prominenten folgten später viele Urlauber: Aus dem malerisch gelegenen Pazifikstädtchen mit 50.000 Einwohnern (1950) wurde eine Millionenmetropole der Unterhaltung und des Vergnügens. Doch vom früheren Mythos ist wenig geblieben. Inzwischen ist die Stadt zum Schauplatz rivalisierender Drogenbanden geworden. Mit 1.170 Toten war Acapulco im Jahr 2012 eine der gefährlichsten Städte der Welt. Die Folgen für den Tourismus sind dramatisch: Einheimische schätzen, dass der Badeort in den vergangenen Jahren ca. 80 Prozent seiner Gäste verloren hat. Die Zahl der Kreuzfahrtschiffe, die den Hafen anlaufen, ging um 90 Prozent zurück. Ein deutlicher Beleg für den Niedergang sind auch die internationalen Direktflüge aus den USA und Kanada: Während es früher 20 Verbindungen pro Tag gab, ist es gegenwärtig nur noch eine (vgl. A NLIKER 2013; W EISS 2013). Epidemien und Gesundheitsrisiken „Maul- und Klauenseuche: Die ersten Urlauber stornieren. Großbritannien plant Aufklärungskampagne in Deutschland“ - mit dieser Überschrift informierte die Fachzeitschrift „Fremdenverkehrswirtschaft International“ im Februar 2001 in einem Artikel über die negativen touristischen Folgen dieser Epidemie. Vorsorglich wurden ländliche Regionen wegen der Foot and Mouth Disease gesperrt, auf den TV-Kanälen liefen Berichte über die massenhafte Verbrennung von Tierkadavern. Obwohl die Krankheit vor allem eine Bedrohung für die Landwirtschaft darstellte, wurden auch in der britischen Tourismusbranche Einbußen in Milliardenhöhe befürchtet (vgl. W EIß 2001). Generell haben Infektionskrankheiten in der jüngeren Vergangenheit zu einem Rückgang der touristischen Nachfrage geführt. Das Beispiel der atypischen Lungenentzündung SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) macht deutlich, wie sich eine Epidemie - aufgrund der globalen Vernetzung und Reiseströme - innerhalb <?page no="73"?> 74 kurzer Zeit ausbreiten kann und welche Folgen sie hat (vgl. M ÜLLER 2003; P ETERMANN / R EVERMANN / S CHERZ 2006, S. 134 - 135). Die Krankheit trat erstmals im Frühjahr 2003 in China auf (wo die Ausmaße zunächst verharmlost wurden), griff dann auf weitere asiatische Länder über und erreichte schließlich Kanada, USA, Großbritannien und Schweden; insgesamt fielen ihr weltweit mehr als 700 Menschen zum Opfer. Am stärksten waren China, Hongkong, Singapur und Taiwan von der Epidemie betroffen. Nach Einschätzung der Weltbank beliefen sich die Verluste der ostasiatischen Wirtschaft auf ca. 13,7 Milliarden Euro. Gäste aus SARS-Regionen wurden in Hotels auf speziellen Etagen untergebracht und ihre Zimmer täglich desinfiziert. Geplante Konzerte der Rockgruppe „Rolling Stones“ und der Sängerin Mariah Carey in China und Hongkong mussten abgesagt werden. Geschäftsleute verzichteten auf intraregionale und interkontinentale Reisen; stattdessen kommunizierten sie per Telekonferenzen mit ihren ausländischen Partnern. Der Umsatz der Tourismus- und Hotelbranche in Asien ging - je nach Destination - im Jahr 2003 um 20 bis 60 Prozent zurück. Das Beispiel von SARS zeigt allerdings auch, dass die negativen Wirkungen von Epidemien einen temporären Charakter haben: Nach dem Abklingen der Krankheit setzte sich der Boom des Tourismus in Asien weiter fort. Diese Tatsache gilt bislang auch für alle anderen Hemmnisse des Wachstums - für Rezessionen, Naturkatastrophen und Terroranschläge; die Beeinträchtigungen sind kurzfristig und in den meisten Fällen sogar regional begrenzt (vgl. K USCHEL / S CHRÖDER 2002, S. 32 - 35; H AMMER 2007, S. 117; A SCHAUER 2008, S. 430 - 445; B RADI 2010, S. 233 - 234; K RON / H EINKE 2010): In der akuten Krisensituation kommt es zu Umbuchungen bzw. Stornierungen von Reisen. Am Beispiel Ägyptens wird diese Reaktion der Urlauber besonders deutlich: Seit den 1950er Jahren haben innenpolitische Krisen, Terroranschläge und kriegerische Auseinandersetzungen mit Israel immer wieder zu einem kurzfristigen Rückgang der touristischen Nachfrage geführt; die grafische Darstellung der Ankunftszahlen ähnelt einer Fieberkurve (vgl. Abb. 17). Darüber hatten aber auch externe Ereignisse im Mittleren Osten einen negativen Einfluss - wie z. B. der Golfkrieg (1990/ 91), an dem das Land überhaupt nicht beteiligt war. Als Ursachen sind der unzureichende Kenntnisstand und die grobe Raumwahrnehmung der potenziellen Besucher zu nennen; mit zunehmender Distanz zu einem Zielgebiet tendieren die Nachfrager generell dazu, (über-) sensibel auf eine problematische Sicherheitslage zu reagieren. <?page no="74"?> 75 Abb. 17: Die Krisenanfälligkeit, aber auch die Widerstandsfähigkeit des Tourismus werden am Beispiel Ägyptens besonders deutlich. Seit den 1950er Jahren haben innenpolitische Ereignisse, Terroranschläge und kriegerische Auseinandersetzungen (auch im Mittleren Osten generell) immer wieder zu einem temporären Rückgang der touristischen Nachfrage geführt. Trotz dieser Einbrüche konnte das Land langfristig eine Steigerung der Ankunftszahlen verzeichnen (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in S TANDL 1997a, S. 643; Grafik: P. Blank). Bei lokalen Krisen findet eine Verlagerung der Reiseströme in Zielgebiete mit einem ähnlichen naturbzw. kulturräumlichen Angebot statt (Substitutionseffekt). So konnte Spanien z. B. im Sommer 2013 die Rekordzahl von 7,9 Millionen Gästen verzeichnen - nicht zuletzt als Folge der innenpolitischen Auseinandersetzungen in Ägypten, Tunesien und der Türkei (vgl. Berliner Zeitung, 22.08.2013). <?page no="75"?> 76 Mittelfristig führt die wachsende Unsicherheit dazu, dass Reisen in risikoärmere Länder unternommen werden bzw. Reiseentscheidungen immer kurzfristiger getroffen werden. In der 27. Deutschen Tourismusanalyse gaben z. B. 33 Prozent der Bundesbürger an, dass sie generell sichere Reiseziele bevorzugen; 48 Prozent änderten ihr Reiseziel, die Reisezeit bzw. das Verkehrsmittel oder stornierten die Reise, wenn es Terror- und Reisewarnungen gab (vgl. BAT 2011). Beim Bedürfnis nach Sicherheit bestehen deutliche nationalspezifische Unterschiede; als besonders sensibel erweisen sich die US-Amerikaner: So ergab eine Studie unter Managern, die internationale Kongresse in Europa planen oder bereits durchgeführt haben, dass die öffentliche Sicherheit bei den amerikanischen Entscheidern an erster Stelle steht, bei ihren europäischen Kollegen aber erst auf dem dritten Platz - nach der generellen Erreichbarkeit und speziell den Flugverbindungen (vgl. Europoll-Studie 2005). Allerdings denken auch die Bundesbürger immer mehr über mögliche Gefahren auf Reisen nach. So ermittelte z. B. das „Elvia Sicherheitsbarometer“ für den Zeitraum 2003 - 2008 einen Anstieg des Sicherheitsbewusstseins von 45 auf 63 Prozent. Dabei rangiert die Furcht vor Unruhen und Terror im Zielgebiet erst an vierter Stelle der Risiken, die als besonders schwerwiegend betrachtet werden - nach der Angst vor einer Erkrankung, vor einem Unfall bzw. vor Naturkatastrophen/ Unwettern (vgl. Elvia 2009). Generell hat sich der internationale Tourismus also als sehr widerstandsfähig gegenüber Hemmnissen und Störfaktoren erwiesen. Am Beispiel des Anschlags auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001, der die Welt erschütterte, lässt sich diese Tatsache abschließend noch einmal verdeutlichen: Die touristische Nachfrage ging in diesem Jahr weltweit nur um 0,5 Prozent zurück; betroffen war vor allem Nordamerika (minus 7,5 Prozent), während z. B. die Großregion Südostasien sogar einen Zuwachs der internationalen Ankünfte um 8,7 Prozent verzeichnete. Bereits im Jahr 2002 setzte sich das globale Wachstum des Tourismus fort; die Nachfrage stieg um 2,7 Prozent und übertraf damit den Wert des Jahres 2000 (vgl. UNWTO 2003, S. 2). Zusammenfassung Das bisherige Wachstum des internationalen Tourismus basiert auf dem Zusammenwirken ökonomischer, gesellschaftlicher und technologischer Faktoren, die zum einen in den Quellgebieten gewirkt haben (als Push-Faktoren), zum anderen in den Zielgebieten (als Pull-Faktoren). Darüber hinaus gibt es Hemmnisse, die eine negative Wirkung auf den Tourismus haben - zumindest temporär und auf regionaler Ebene. <?page no="76"?> 77 Wesentliche gesellschaftliche und ökonomische Triebkräfte des Tourismus sind wirtschaftliches Wachstum, an dem eine breite Mittelschicht partizipiert, sowie ein hinreichendes Maß an frei verfügbarer Zeit (speziell Jahresurlaub). Außerdem haben sich bequeme und kostengünstige Verkehrsmittel und Kommunikationsmöglichkeiten als technologische Motoren der touristischen Expansion erwiesen. Schließlich spielen der Wertewandel, aber auch religiöse Motive eine wichtige Rolle: Zum einen hat ein weltweiter Export westlicher Verhaltensweisen stattgefunden (z. B. der Badetourismus in islamisch geprägten Länder), zum anderen war in den vergangenen Jahren eine Renaissance einer traditionellen Reiseform zu beobachten - der säkularen Pilgerreise (als Ausdruck der neuen Sinngesellschaft). Unter den Pull-Faktoren rangiert die Aufhebung von Reisebeschränkungen an erster Stelle; durch sie wird der freie Reiseverkehr überhaupt erst ermöglicht (wie das Beispiel des Zerfalls des Eisernen Vorhangs seit 1989 zeigt). Weitere Gunstfaktoren sind natürliche und kulturelle Attraktionen, bei deren Wahrnehmung, Bewertung und Nutzung allerdings nationalbzw. kulturspezifische Unterschiede festzustellen sind; außerdem ist das Interesse an Ländern und Attraktionen abhängig von der Reisedistanz. Darüber hinaus können die Zielgebiete den Besuchern aber auch einen besonderen Zusatznutzen bieten - z. B. in Form ökonomischer Vorteile (Wechselkurs, Preisgefälle) bzw. einer moralischen Freizügigkeit (Entlastungs- und Ventilfunktion). Schließlich haben Maßnahmen der öffentlichen Hand und Verordnungen zum Schutz der Verbraucher die Entwicklung des internationalen Tourismus positiv beeinflusst - z. B. die Finanzierung von Werbekampagnen, nationalen Tourist Boards, Infrastruktureinrichtungen etc. Wesentliche Hemmnisse sind Rezessionen in den Quellgebieten, aber auch Sicherheitsprobleme wie Naturkatastrophen, politische Unruhen, Kriminalität und Terror sowie gesundheitliche Risiken durch Infektionskrankheiten. Allerdings hat sich der internationale Tourismus generell als sehr krisenfest erwiesen: Selbst die Anschläge auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001 haben nur kurzfristig einen geringen Rückgang der Nachfrage ausgelöst. <?page no="77"?> 78 Weiterführende Lesetipps F REYER , W. (2011): Tourismus. Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie, 10., überarb. und aktual. Auflage München, S. 20 - 35 Am Beispiel Deutschlands geht der Autor dieses Standardwerkes in Kapitel 1.3 ausführlich auf die Boom-Faktoren des Reisens ein: Wohlstand, Freizeit, Mobilität, Kommunikationswesen, Urbanisierung etc. P ETERMANN , T./ R EVERMANN , C./ S CHERZ , C. (2006): Zukunftstrends im Tourismus, Berlin, S. 117-177 (Studien des Büros für Technikfolgen- Abschätzung beim Deutschen Bundestag; 19) In Kap. V. dieser Publikation werden die Perspektiven des Tourismus angesichts von Risiken und Krisen umfassend dargestellt - mit zahlreichen Daten sowie Analysen zur Wahrnehmung und Kommunikation von Krisen sowie zum Krisenmanagement ( 5.2.2). <?page no="78"?> 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus Lernziele In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet: Aus welchen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft stammen die Unternehmen und Institutionen, die weltweit im Tourismus tätig sind? Wer sind die führenden internationalen Unternehmen im Luftverkehr, in der Hotellerie, in der Freizeit- und Unterhaltungsbranche sowie im Kulturbereich? Welche Strategien verfolgen diese touristischen Global Player und welche Managementsowie Marketing-Maßnahmen setzen sie ein? Welche Ziele und Aufgaben haben die touristischen Organisationen und Initiativen, die auf internationaler Ebene aktiv sind? „Be my guest“ - unter diesem Titel veröffentlichte Conrad N. Hilton, der Gründer der nach ihm benannten Hotelkette, im Jahr 1957 seine Autobiographie. Die Welt ist dieser Einladung gefolgt: Gegenwärtig betreibt der global operierende „Hilton“-Konzern nahezu ca. 4.000 Hotels. In der öffentlichen Wahrnehmung prägen solche bekannten Hotelmarken („InterContinental“, „Marriott“, „Hyatt“ etc.) das Bild des internationalen Tourismus. Mit ihren spektakulären Gebäuden sind sie zu Ikonen einer anscheinend globalisierten Branche geworden (vgl. Abb. 18). Doch dieser Eindruck täuscht: Bei den transnationalen Hotelkonzernen, aber auch anderen touristischen Global Player handelt es sich eher um untypische Tourismusbetriebe, denn in der Reisebranche und speziell in der Hotellerie dominieren kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Zumeist sind es Familienbetriebe, die aufgrund ihrer schwachen Kapitalausstattung und extremen Standortgebundenheit allenfalls auf nationalen Märkten tätig sind - also eher Local Player (vgl. P ETERS / F REHSE 2003 zu den Internationalisierungsbarrieren). Diese kleinteilige Struktur spiegelt sich u. a. in der niedrigen Zahl der Beschäftigten pro Betrieb wider: In schweizerischen Beherbergungsbetrieben beläuft sie sich z. B. auf 16,6 Mitarbeiter/ -innen, in deutschen Hotels, Gasthöfen und Pensionen sogar nur auf 9,6 (vgl. Bakbasel 2010, S. 1; www.dehogabundesverband.de). <?page no="79"?> 80 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus Abb. 18: Die spektakulären Gebäude global agierender Hotelkonzerne sind zu Symbolen des internationalen Tourismus geworden - wie z. B. das „Hilton“-Hotel in Foshan (einer Großstadt in der südchinesischen Provinz Guangdong). Dennoch wird die Tourismusbranche vor allem durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) geprägt, die auf regionalen bzw. nationalen Märkten tätig sind ( 2013 Hilton Hotels & Resorts 2013). An der Leistungserstellung im internationalen Tourismus sind also nicht nur große Konzerne in den Metropolen beteiligt, sondern auch zahlreiche kleine Betriebe in Provinzstädten und im ländlichen Raum. Die Zahl und die wirtschaftliche Bedeutung der global agierenden touristischen Unternehmen werden in der Öffentlichkeit häufig überschätzt. In welchen Bereichen des Tourismus sind derartige Global Player tätig? Zur Beantwortung dieser Frage ist es notwendig, sich eine Besonderheit des touristischen Produkts bewusst zu machen: Jede Reise besteht aus einer Leistungskette, an deren Bereitstellung zahlreiche Betriebe mitwirken - von Reisebüros und Reservierungsgesellschaften in den Quellgebieten über Transportunternehmen und Beherbergungssowie Verpflegungsbetriebe bis hin zu Incoming-Agenturen und Freizeitsowie Kultureinrichtungen in den Zielgebieten (vgl. S TEIN- ECKE 2011, S. 70). <?page no="80"?> 3.1 Luftverkehrsgesellschaften 81 Grundsätzlich finden sich auf nahezu allen Stufen dieser Leistungskette globale Akteure, doch der Internationalisierungsgrad hängt von der spezifischen Dienstleistung ab, die von den Unternehmen erbracht wird: Aufgrund ihrer weltweiten Aktivitäten zählen z. B. Fluggesellschaften zu den typischen Global Player, während sich der Tätigkeitsbereich von Reisebüros und gastgewerblichen Betrieben zumeist auf lokale, regionale und nationale Märkte beschränkt (selbst bei Reiseveranstaltern handelt es sich allenfalls um internationale, aber nicht um globale Akteure). Im Folgenden sollen führende touristische Unternehmen und Organisationen aus ausgewählten Bereichen hinsichtlich ihren globalen Strategien sowie Marketing- und Management-Maßnahmen erläutert werden: Luftverkehrsgesellschaften ( 3.1), Hotelketten ( 3.2), Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie ( 3.3), internationale Organisationen und Interessensgruppen ( 3.4). 3.1 Luftverkehrsgesellschaften Bis in die 1970er Jahre fand der internationale Luftverkehr in einem strikten ordnungspolitischen Rahmen statt: Der Linienverkehr wurde von nationalen Fluggesellschaften betrieben, bei denen es sich um staatseigene Unternehmen handelte - sog. Flag Carrier („Lufthansa“, „British Airways“, „Air France“ etc.). Das Streckennetz und auch die Flugtarife unterlagen staatlichen Genehmigungen. Vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach Flugverbindungen wurden diese wettbewerbshemmenden Bestimmungen zunächst in den USA abgeschafft - durch den Airline Deregulation Act aus dem Jahr 1978. Zehn Jahre später setzte auch in Europa mit der Open-Skies-Politik eine zunehmende Liberalisierung des Flugverkehrs ein (vgl. E WALD 2000, S. 82 - 85). Damit boten sich den Fluggesellschaften zum einen neue Möglichkeiten der Marktbearbeitung (Strecken- und Kapazitätsplanung, Preispolitik etc.); zum anderen entfielen nun die staatlichen Zuschüsse und der Schutz durch eine nationale Protektionspolitik. Seitdem besteht auf dem internationalen Luftverkehrsmarkt ein harter Wettbewerb, der auf der Angebots- und Nachfrageseite durch mehrere Faktoren beeinflusst wird (vgl. B LEILE 1995; E WALD 2000; F REYTAG 2009): Die Branche ist in extremer Weise von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig: So gingen die Passagierzahlen z. B. während der Finanz- und Wirt- <?page no="81"?> 82 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus schaftskrise 2008/ 09 um 3,5 Prozent zurück, das Frachtaufkommen sogar um 10,1 Prozent ( www.austrianwings.info). Mit dem generellen Wachstum der Nachfrage ist auch die Zahl der Fluggesellschaften gestiegen: Weltweit operieren gegenwärtig ca. 1.500 Unternehmen ( www.fly.hm). Durch den Auftritt kostengünstiger Low-Cost-Carrier hat sich die Konkurrenzsituation zusätzlich verschärft („Ryanair“ „Easyjet“, „Flydubai“, „Tigerair“ etc.). Da der Wettbewerb vor allem über den Preis geführt wird, kommt es bei den Konsumenten zu einer wachsenden Preissensibilität und einer sinkenden Markenloyalität. Der Herstellermarkt weist seit Jahrzehnten eine oligopolistische Struktur auf; er wird durch Produzenten in den USA („Boeing“) und Europa („Airbus“) dominiert. Unternehmen in Brasilien („Embraer“) und Kanada („Bombardier“) konnten sich bislang nur in einigen Segmenten erfolgreich positionieren. Für die Zukunft wird allerdings eine wachsende Bedeutung von Produzenten in Russland („Suchoi“) und China („Comac“) prognostiziert. Auf Kurz- und Mittelstrecken treten Hochgeschwindigkeitszüge, die ein Tempo von mehr als 300 km/ h erreichen, als neue Konkurrenten auf - z. B. der deutsche ICE, der französische TGV oder der chinesische CNR. In China ist ein Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes von derzeit 9.300 auf 50.000 Kilometer im Jahr 2020 geplant ( www.zeit.de, 26.12.2012). Darüber hinaus findet ein Wettbewerb um große Drehkreuze (Hubs) statt, über die interkontinentale Verbindungen abgewickelt werden. So ist es z. B. dem Emirat Dubai innerhalb weniger Jahre gelungen, mit seinem Carrier „Emirates“ einen neuen Hub im Flugverkehr von Europa bzw. den USA nach Asien, Australien und Afrika aufzubauen. Eine ähnliche Strategie verfolgen „Turkish Airlines“ mit Istanbul und „Ethiopian Airlines“ mit Addis Abeba als Drehkreuzen. Gegenwärtig beläuft sich das jährliche Passagieraufkommen weltweit auf mehr als fünf Milliarden Fluggäste. Die nationalen und internationalen Reiseströme spiegeln sich indirekt im Ranking der zehn größten Fluggesellschaften wider, in dem fünf US-amerikanische, drei europäische und zwei chinesische Carrier vertreten sind (vgl. Tab. 7). Angesichts dieser Entwicklungen stehen die Fluggesellschaften vor vielfältigen Herausforderungen. Um ihre Position zu sichern bzw. zu verbessern, verfolgen sie mehrere Strategien: Durch Codesharing und strategische Allianzen intensivieren sie die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern ( 3.1.1), durch den Einsatz von Computerreservierungssystemen und Yield Management sorgen sie für schnellere und bequemere Buchungsmöglichkeiten sowie eine bessere Auslas- <?page no="82"?> 3.1 Luftverkehrsgesellschaften 83 tung ihrer Kapazitäten ( 3.1.2) und durch ein Qualitätsmanagement versuchen sie, sich von Konkurrenten abzusetzen ( 3.1.3). Fluggesellschaft Land Passagierzahl (in Mio.) Delta Air Lines USA 116,7 Southwest Airlines USA 112,3 United Airlines USA 92,6 American Airlines USA 86,3 China Southern Airlines China 86,2 Ryanair Irland 79,6 China Eastern Airlines China 79,6 Lufthansa Deutschland 64,4 US Airways USA 54,2 Air France Frankreich 50,6 Tab. 7: Unter den Top 10 der größten Fluggesellschaften der Welt dominieren Carrier aus den USA; außerdem sind drei europäische und zwei chinesische Fluggesellschaften vertreten. Bei dem Ranking ist zu beachten, dass sich die Daten sowohl auf Inlandswie auch auf Auslandsstrecken beziehen. „Southwest Airlines“ bedient z. B. nur Routen innerhalb der USA (Stand 2012; Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.iata.org). 3.1.1 Codesharing und strategische Allianzen Ein erster Schritt der Zusammenarbeit mit anderen Partnern besteht im Codesharing, bei dem eine Flugstrecke nur von einer Gesellschaft bedient wird, aber von zwei Carriern vermarktet wird (jeweils unter seiner eigenen Flugnummer). Jedes Unternehmen verfügt am Ende der gemeinsamen Route über ein umfangreiches Netz an nationalen bzw. internationalen Zubringerflügen (Hub-and- Spoke-System). So betreibt z. B. „Air Berlin“ in Berlin und Düsseldorf solche Drehkreuze; auf der Route von Deutschland in die Vereinigten Arabischen Emirate führt sie Codesharing-Flüge mit „Etihad Airways“ durch, die von ihrem Drehkreuz Abu Dhabi aus zahlreiche Flugverbindungen anbietet. Vorteile dieser Kooperation sind die relativ risikoarme Aufnahme bzw. Einstellung von Routen sowie die Nutzung der Anschlussdienste der Partnergesellschaft (Markterweiterung). Durch das Codesharing können Fluggesellschaften außer- <?page no="83"?> 84 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus dem den Kundennutzen erhöhen (einmaliges Check-In, durchgehende Gepäckbeförderung etc.). Durch die Zusammenarbeit verringert sich schließlich der Wettbewerb zwischen den Partnern und die Kapazitätsauslastung steigt; als Maßstab dient dabei der Sitzladefaktor (Seat Load Factor) - das Verhältnis von zurückgelegten Passagierkilometern zu verfügbaren Sitzplatzkilometern (vgl. P OMPL 2007, S. 139 - 142; S TERZENBACH / C ONRADY / F ICHERT 2009, S. 9). Eine intensivere Form der Kooperation stellen strategische Allianzen dar, bei denen die Fluggesellschaften (über das Codesharing hinaus) in mehreren Bereichen zusammenarbeiten - z. B. bei der Koordination ihres Streckennetzes, beim Betrieb von Auslandsbüros, Reservierungs- und Vertriebssystemen etc. sowie bei der Wartung von Flugzeugen. Obwohl bestimmte Entscheidungsbefugnisse an das Allianzmanagement abgetreten werden, bleibt die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Partner bestehen. Abb. 19: Im Juni 2013 wurde die taiwanische Fluggesellschaft „EVA Air“ als neues Mitglied in die „Star Alliance“ aufgenommen. Zu diesem Anlass präsentierten sich Mitarbeiter/ -innen anderer „Star Alliance“-Carrier mit ihren neuen Kollegen/ -innen auf dem internationalen Flughafen Taiwan Taoyuan vor einer „EVA Air“-Boeing 777-300 ER ( www.staralliance.com/ de/ press/ media-library/ vom 29.07.2103). Gegenwärtig wird der internationale Luftverkehrsmarkt von drei strategischen Allianzen dominiert („Star Alliance“ „Skyteam“, „Oneworld“), die jeweils mit mindestens einem Partner in den touristischen Großregionen vertreten sind (vgl. Tab. 8). Auf diese Weise decken sie ca. zwei Drittel des weltweiten Passagieraufkommens ab. Bei den strategischen Allianzen handelt es sich um temporäre und deshalb dynamische Formen der Zusammenarbeit; immer wieder kommt es zum Austritt bzw. zur Neuaufnahme von Partnern (vgl. Abb. 19). <?page no="84"?> 3.1 Luftverkehrsgesellschaften 85 Mit der Bildung von Allianzen haben die Fluggesellschaften u. a. auf die sinkende Markenloyalität der Kunden reagiert: Durch die Zusammenarbeit bieten sie ihren Gästen zum einen ein weltweites Streckennetz mit bequemen Umsteigeverbindungen. Zum anderen soll die Kundenbindung intensiviert werden - u. a. durch Vielfliegerprogramme, die den Reisenden zahlreiche Vergünstigungen bieten (Prämien, Nutzung von Lounges etc.). So verzeichnet z. B. das „Miles & More“- Programm der „Lufthansa“ gegenwärtig 23 Millionen Mitglieder, die auch bei Flügen mit anderen Gesellschaften der „Star Alliance“ Bonuspunkte sammeln bzw. bestimmte Privilegien in Anspruch nehmen können. Star Alliance Skyteam Oneworld Gründungsjahr 1997 2000 1999 Mitglieder 28 (Lufthansa, ANA, United, Singapore Airlines u. a). 19 (Air France, KLM, Delta Airlines, China Eastern u. a.) 12 (British Airways, American Airlines, Cathay Pacific u. a.) Passagiere/ Jahr 727 Millionen 569 Millionen 480 Millionen Flüge/ Tag 21.000 über 15.000 13.000 Ziele 1.328 1.024 ca. 1.000 Länder 195 178 ca. 160 Flugzeuge 4.701 2.853 3.300 Beschäftigte 460.238 425.590 ca. 330.000 Tab. 8: Seit den 1990er Jahren haben sich zahlreiche Luftverkehrsgesellschaften zu strategischen Allianzen zusammengeschlossen; durch die Nutzung von Synergieeffekten bei Betrieb, Wartung etc. sollen die Kosten minimiert und die Effizienz gesteigert werden (Stand 2013; Quelle: eigene Zusammenstellung auf der Basis der Homepages). 3.1.2 Computerreservierungssysteme und Yield Management Aufgrund ihrer internationalen Aktivitäten waren die Fluggesellschaften Vorreiter bei der Schaffung von brancheninternen Computerreservierungssystemen (CRS) und globalen Distributionssystemen (GDS). Bereits seit den 1960er Jahren wurden entsprechende Infrastrukturen eingerichtet, um Buchungsvorgänge, die bis dahin manuell per Telefon erfolgten, für die Reisebüros zu erleichtern (B2B = Business-to-business). Die neuen Systeme boten folgende Informationen und Funktionen: aktuelle Flugpläne, Verfügbarkeiten, Buchungen und Umbuchungen sowie Ausstellung von Tickets und Abrechnungen. Inzwischen können - neben Flügen - auch andere touristische Leistungen gebucht werden (Unterkünfte, Mietwagen etc.). Zu den führenden GDS zählen gegenwärtig <?page no="85"?> 86 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus „Amadeus“, „Sabre“ und die Dachmarke „Travelport“ - mit den Systemen „Galileo“ und „Worldspan“; sie verzeichnen jeweils Marktanteile von ca. 30 Prozent (vgl. S TERZENBACH / C ONRADY / F ICHERT 2009, S. 472). Darüber hinaus waren die Fluggesellschaften in den letzten Jahren bestrebt, den Direktvertrieb ihrer Dienstleistungen auszubauen (B2C = Business-to-consumer) - zunächst über Call Center und inzwischen über direkte Buchungsmöglichkeiten auf den Homepages. Auf diese Weise sind sie in der Lage, die Provisionszahlungen an Zwischenhändler (Consolidators) und Einzelhändler (Reisemittler) zu minimieren. Schließlich setzen die Carrier das EDV-gestützte Yield Management ein - ein „System zur Nachfragesteuerung mittels Kapazitätenverfügbarkeiten und Preisen mit dem Ziel, den Umsatz im gesamten Streckennetz einer Airline zu maximieren“ (S TERZENBACH / C ONRADY / F ICHERT 2009, S. 360). Bei der Festlegung der Sitzplatzkontingente und der Preisgestaltung werden u. a. der Buchungszeitpunkt, die Reisezeit sowie der zeitliche Abstand zwischen Hin- und Rückreise berücksichtigt. 3.1.3 Qualitätsmanagement Während die Fluggesellschaften in der Economy Class vor allem über den Preis miteinander konkurrieren, findet in der Business Class und der First Class seit langem ein intensiver Qualitätswettbewerb statt. Die Maßnahmen beziehen sich zum einen auf die Ausstattung der Kabinen - z. B. durch (vgl. Abb. 20): Sitze, die sich bei Langstreckenflügen in Betten umwandeln lassen, und Wellness-Duschen (in der First Class an Bord des Airbus A 380), ein individuell steuerbares Entertainment-System, eine breite Auswahl an Speisen und Getränken, einen persönlichen Internet- und Mobilfunkzugang. Zum anderen wird der Service für Business- und First Class-Reisende ständig verbessert - z. B. durch: spezielle Terminals mit exklusiven Check-in-Schaltern, separate Sicherheits-, Pass- und Zollkontrollen, luxuriöse Lounges, eine bequeme Fast Lane bei der Ankunft, einen Chauffeurdienst bei der Anreise bzw. beim Transfer vom Terminal zum Flugzeug. <?page no="86"?> 3.1 Luftverkehrsgesellschaften 87 Abb. 20: Speziell in der First Class wetteifern die Carrier um die zahlungskräftigen Kunden. Die Fluggesellschaft „Emirates“ bietet ihren Gästen z. B. luxuriös ausgestattete private Suiten mit Sitzen, die sich nachts in Betten umwandeln lassen; außerdem stehen den Passagieren an Bord des Airbus A 380 zwei Wellness-Duschen zur Verfügung (Quelle: eigenes Foto). Weiterführende Lesetipps S TERZENBACH , R./ C ONRADY , R./ F ICHERT , F. (2009): Luftverkehr. Betriebswirtschaftliches Lehr- und Handbuch, 4., gründl. überarb. u. erw. Auflage, München Das Lehrbuch erläutert unterschiedliche Dimensionen des Luftverkehrs - von staatlichen und privaten Organisationen über Fragen des Umweltschutzes und der Sicherheit bis hin zu Strategien und Geschäftsmodellen sowie dem Marketing-Management. S CHULZ , A./ W EITHÖNER , U./ G OECKE , R. (Hrsg.; 2010): Informationsmanagement im Tourismus. E-Tourismus: Prozesse und Systeme, München Einige Beiträge dieses umfangreichen Readers gehen speziell auf das Informationsmanagement bei Fluggesellschaften und Flughäfen sowie auf Yield Management-Systeme ein. <?page no="87"?> 88 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus 3.2 Hotelketten Traditionell handelte es sich bei Hotels um typische Local Player - kleine und mittlere Unternehmen im Familienbesitz, die sich aufgrund ihrer Standortgebundenheit auf regionale bzw. nationale Quellmärkte konzentriert haben. Die Entstehung global agierender Hotelketten ist eng mit der generellen Expansion des Reiseverkehrs und des wachsenden Unterkunftsangebots verbunden. Mit einer zunehmenden Unübersichtlichkeit des Marktes stieg der Wunsch der Kunden nach Orientierung, Transparenz und Berechenbarkeit: Sie wollten sicher sein, eine angemessene Leistung zu einem fairen Preis zu erhalten. Die Globalisierung der Hotelbranche geht deshalb einher mit einer Markenbildung (Branding) und vor allem mit einer Standardisierung, bei der sämtliche Stufen der Leistungskette - von der Hotelbzw. Zimmerausstattung bis zum Gästeservice - vereinheitlicht und kontrolliert werden (so soll der berühmte Hotelier Conrad N. Hilton angeblich direkt vor seinem Tod gesagt haben: „Der Duschvorhang gehört in das Innere der Wanne“). Es gibt unterschiedlichen Arten von Hotelketten, die unter dem Oberbegriff „Markenhotellerie“ zusammengefasst werden. Zum einen handelt es sich um Konzerne, die im Besitz eines Unternehmens sind (z. B. „Accor“), zum anderen um Hotelkooperationen, bei denen mehrere inhabergeführte Betriebe unter einem Markennamen zusammenarbeiten (z. B. „Best Western“). Definition Markenhotellerie: Nach einer Abgrenzung des Hotelverbandes Deutschland (IHA) werden darunter Hotelgesellschaften und -gruppen verstanden, die über mindestens vier Hotels verfügen, von denen sich eines in Deutschland befindet und die mit einer eigenen Dachmarkenstrategie auf dem deutschen Hotelmarkt agieren, die u. a. im Hotelnamen zum Ausdruck kommt ( www.hotellerie.de/ go/ markenhotellerie). Die ersten Hotelketten entstanden bereits in den 1940er Jahren in den USA - teilweise in Kooperation mit Fluggesellschaften wie „Pan American World Airlines“ (Pan Am) bzw. „Trans World Airlines“ (TWA), die ihren Gästen ein komplettes Leistungsbündel bieten wollten. Seitdem hat eine weltweite Expansion der Markenhotellerie stattgefunden, die auch Standorte in den Schwellen-, Transformations- und Entwicklungsländern umfasst. In Europa gehören gegenwärtig <?page no="88"?> 3.2 Hotelketten 89 ca. 25 Prozent der Hotels einer Kette bzw. Kooperation an; in den USA beläuft sich der Marktanteil auf ca. 70 Prozent (vgl. G ARDINI 2011a, S. 17). Auch der internationale Hotelmarkt wird von US-amerikanischen Konzernen dominiert: Sieben der größten Hotelgruppen haben ihren Stammsitz in den USA, zwei in Europa und - seit 2013 - eine in China. Die einzelnen Hotelketten verfügen über Kapazitäten von 166.245 bis 675.982 Zimmer: So bieten die 4.602 Hotels der „InterContinental Hotels Group“ genügend Platz, um alle Einwohner der hessischen Großstadt Frankfurt am Main jeweils in einem Einzelzimmer zu beherbergen (vgl. Tab. 9). Die globale Ausbreitung der US-amerikanischen Hotelketten hat sich in einer räumlichen Diffusion der Standorte vollzogen, die im Folgenden erläutert werden soll. 3.2.1 Diffusion globaler Hotelketten „Hotelketten entdecken Polen: Nach der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr bleibt Polen für Hotelinvestoren und -betreiber aus dem Ausland interessant. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden 23 neue First-Class- und Luxushotels mit rund 5.200 Zimmern eröffnet“ - diese aktuelle Meldung in einer gastgewerblichen Fachzeitschrift verdeutlicht exemplarisch den anhaltenden internationalen Expansionsdrang der Markenhotellerie (vgl. AGHZ, 17.04.2013). Doch warum sind bestimmte Länder für Hotelketten von Interesse? Welche Regelhaftigkeiten lassen sich bei den Investitionsentscheidungen beobachten? Generell gibt es mehrere Steuerungsfaktoren, die von Einfluss auf die Standortwahl von Hotels sind; dazu gehören u. a. klimatische Bedingungen, natürliche und kulturelle Attraktionen, die infrastrukturelle Ausstattung einer Region sowie eine gute Erreichbarkeit aus den wichtigen Quellmärkten. Darüber hinaus spielen aber auch die wirtschaftliche Entwicklung im Zielgebiet (speziell die Wachstumsperspektiven), die politische Stabilität, der Arbeitsmarkt und das Lohnniveau sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle - z. B. die Arbeits-, Steuer- und Umweltgesetzgebung (vgl. H ÄNSSLER 1999, S. 16 - 17; S EITZ 2002, S. 213). Vor dem Hintergrund dieser generellen Steuerungsfaktoren lässt sich bei internationalen (speziell US-amerikanischen) Hotelketten idealtypisch eine Diffusion von Standorten beobachten, die in mehreren Phasen verlaufen ist (vgl. V OR- LAUFER 2000, S. 58 - 60). In der ersten Phase (bis ca. 1950/ 55) waren die Hotelketten nur in den USA vertreten - mit Standorten in den großen wirtschaftlichen Zentren, aber teilweise auch in Sekundärstädten. <?page no="89"?> 90 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus Hotelgruppe Land Hotels Zimmer InterContinental Hotels Group: InterContinental, Crowne Plaza, Holiday Inn, Staybridge Suites u. a. Großbritannien 4.602 675.982 Hilton Hotels: Hilton, Hampton Inn, Waldorf Astoria USA 3.992 652.378 Marriott International: Marriott, Renaissance, Ritz-Carlton USA 3.672 638.793 Wyndham Hotel Group: Super 8 Motels, Days Inn, Ramada, Wyndham, Travelodge u. a. USA 7.342 627.437 Choice International: Comfort, Clarion, Quality Inn USA 6.198 497.023 Accor: Formule F 1, Ibis, Mercure, Novotel, Sofitel, Pullman u. a. Frankreich 3.515 450.199 Starwood Hotels and Resorts: Four Points, LeMeridien, Sheraton, St. Regis, The Luxury Collection, Westin USA 1.121 328.055 Best Western: Best Western Hotels USA 4.024 311.611 Home Inns Group: Home Inn, Yitel, Motel 168 China 1.772 214.070 Carlson Rezidor Hotel Group: Country Inn, Park Inn, Park Plaza, Regent, Radisson Blu USA 1.077 166.245 Tab. 9: Der internationale Hotelmarkt wird generell von US-amerikanischen Konzernen dominiert. Seit 2013 zählt auch ein chinesisches Unternehmen - hinsichtlich der Zahl von Zimmern - zu den zehn größten Hotelgruppen der Welt (Stand 2013; Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in Tourismuswirtschaft Austria International, 04.04.2013). In der zweiten Phase (ca. 1955 - 1970) begann die Globalisierung: Die Ketten expandierten nach Südamerika und Europa, wobei sie wiederum Hauptstädte und Wirtschaftszentren als Standorte bevorzugten. Dabei nutzten sie nachbarschaft- <?page no="90"?> 3.2 Hotelketten 91 liche Kontakte, aber auch bereits bestehende politische, sprachliche und kulturelle Beziehungen: Das erste „Hilton“-Hotel außerhalb der USA wurde in dem amerikanischen Außengebiet Puerto Rico eröffnet; die französische „Accor“- Gruppe war zunächst in frankophonen Ländern tätig und der spanische Konzern „Sol Meliá“ vor allem in Lateinamerika. In der dritten Phase (ca. 1970 - 1985/ 90) kam es zur Entfaltung eines globalen Netzes an Standorten. Seitdem sind internationale Hotelketten nicht nur in den Hauptstädten der Länder vertreten, sondern auch in vielen Sekundärzentren. Gleichzeitig veränderte sich die Filialisierungsstrategie der Konzerne: Sie sind häufig nicht mehr Eigentümer der jeweiligen Hotelimmobilie, sondern nur noch Betreiber des Hotels (im Rahmen von Franchise- oder Management-Verträgen). In der vierten Phase (seit 1990) hat sich die Expansion der Hotelketten fortgesetzt. Es fand eine weitere Verdichtung des Netzes statt, in das zunehmend weitere Städte einbezogen wurden (speziell auch Messe- und Tagungsorte): So gibt es z. B. allein in Hannover inzwischen fünf „Mercure“-Hotels des „Accor“- Konzerns. Außerdem wurden Hotels an Standorten des Erholungstourismus eröffnet (vgl. Abb. 21). Einen weiteren Schub erlebte die Markenhotellerie durch den Zerfall des Eisernen Vorhangs: Nun entstanden sukzessive auch in Transformationsländern wie den baltischen Staaten, Russland, Polen, Ungarn etc. Filialbetriebe der internationalen Markenhotellerie. Die „Accor“-Gruppe verfügt z. B. in Budapest über 15 Hotels (vgl. S TANDL 2007, S. 599 - 600). Die zunehmende Bedeutung der Markenhotellerie, aber auch die ständige Ausweitung der Unterkunftskapazität (durch Hotelneubauten) hat zu einem wachsenden Wettbewerb um die Gäste geführt. Wie reagieren die Unternehmen auf diese Herausforderung? Welche Strategien und Maßnahmen nutzen sie, um ihre Position zu sichern und zu verbessern? 3.2.2 Wettbewerbsstrategien der Hotellerie Aufmerksamkeit kreieren, Alleinstellungsmerkmale schaffen und Kosten senken - das sind die generellen Ziele, die Unternehmen in gesättigten Märkten verfolgen. Um sie zu erreichen, werden in der Hotellerie vor allem folgende Strategien eingesetzt: Markenbildung: Wie in anderen Bereichen der Konsum- und Dienstleistungsbranche nutzt die Hotellerie das Branding, um den potenziellen Gästen eine Orientierungshilfe zu geben und ihnen ein bestimmtes Qualitätsniveau zu signalisieren. Darüber hinaus dienen Markennamen dazu, Vertrauen zu schaffen und - speziell bei Luxushotels - auch ein besonderes Prestige zu vermitteln. Innerhalb der Markenhotellerie lassen sich dabei mehrere Strategien unterscheiden (vgl. G ARDINI 2011a, S. 45 - 49). Bei der Einzelmarkenstrategie bie- <?page no="91"?> 92 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus tet ein Konzern unterschiedliche Produkte jeweils unter einem eigenen Namen an: So arbeitet z. B. die Hotelgruppe „Starwood Hotels & Resorts“ mit den Marken „Sheraton“, „Westin“, „St. Regis“ etc. Bei der Dachmarkenstrategie wird der Name der Hotelgruppe jeweils in Kombination mit dem Namen der Submarke verwendet - wie im Falle des französischen „Accor“-Konzerns und seiner Marken „Pullmann“, „Sofitel“, „Mercure“, „Ibis“, „Formule 1“, „Etap“ etc. Die Markenfamilienstrategie nutzt einen Markennamen, unter dem ein vielfältiges Angebot von Hotels unterschiedlichen Typs subsumiert wird - z. B. die „Hyatt“-Hotelgruppe mit den Marken „Park Hyatt“, „Grand Hyatt“ „Hyatt Regency“, „Hyatt Place“ etc. Lange Zeit hat sich das Branding auf Geschäftsreisehotels beschränkt; inzwischen findet aber auch im Bereich der Ferienhotellerie zunehmend eine Markenbildung statt (z. B. „Grecotel“, „Iberotel“, „RIU Hotels & Resorts“ der „TUI AG“). Abb. 21: Die globale Expansion der Markenhotellerie beschränkte sich zunächst auf Hotels für Geschäfts- und Tagungsreisende; bevorzugte Standorte waren deshalb Hauptstädte und Wirtschaftsmetropolen. Seit den 1990er Jahren haben die Konzerne zunehmend auch Strandhotels eröffnet - z. B. das „Park Hyatt“ am Strand von Saadiyat Island in Abu Dhabi (Quelle: eigenes Foto). Klassifizierung: Als Reaktion auf das Vordringen der Markenhotellerie sind in vielen Ländern eigene Hotelklassifizierungen entwickelt worden. Diese mehrstufigen Systeme dienen - wie das Branding - dazu, den Konsumenten eine größere Markttransparenz und Produktsicherheit zu bieten. In Deutschland hat z. B. der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) im Jahr <?page no="92"?> 3.2 Hotelketten 93 1996 die „Deutsche Hotelklassifizierung“ mit fünf Qualitätskategorien entwickelt ( www.hotelsterne.de). Auf europäischer Ebene wurde im Jahr 2010 die „Hotelstars Union“ gegründet, der inzwischen 15 Länder angehören. Ihr Ziel ist es, die bestehenden regionalen bzw. nationalen Bewertungssysteme hinsichtlich einheitlicher Kriterien zu überarbeiten und zu harmonisieren; auf diese Weise soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hotelbranche verbessert werden ( www.hotelstars.eu). Spezialisierung: Angesichts des breiten Angebots an (zumeist standardisierten) Unterkunftsbetrieben wird es für Hotels immer wichtiger, sich durch Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Propositions) von den Wettbewerbern zu unterscheiden. Eine Möglichkeit stellt dabei die Spezialisierung auf bestimmte demographische Zielgruppen dar (z. B. jüngere, kinderlose Paare bzw. Empy Nester, Familien, Jugendliche) bzw. auf Gäste mit spezifischen Interessen (z. B. Wanderer, Radfahrer, Golfer, Reiter, Nichtraucher). Vor diesem Hintergrund sind weltweit spezialisierte Hotels entstanden: So verfolgt z. B. die jamaikanische Hotelgruppe „Sandal Resorts“ eine „Couples only“-Politik (Alleinreisenden und Familien wird in den meisten Anlagen kein Zutritt gewährt). In Österreich wurde bereits im Jahr 1995 die Marketing-Initiative „Wanderhotels“ gegründet, der sich inzwischen auch deutsche und italienische Betriebe angeschlossen haben; das Angebotsspektrum umfasst u. a. geführte Touren sowie einen Ausrüstungs- und Wandertaxi-Service ( www.wanderhotels. com). Thematisierung: Eine Abgrenzung von den Konkurrenten kann außerdem durch die thematische Gestaltung eines Hotels erfolgen (vgl. Abb. 22). Als Vorbilder fungieren dabei die großen Themenhotels in Las Vegas („Luxor“, „Mandalay“, „Excalibur“, „New York, New York“ etc.), die das Image dieser Vergnügungsmetropole geprägt haben. Sie greifen auf ein überschaubares Repertoire an Themen zurück (Antike, exotische Ferne, Mittelalter, berühmte Städte etc.), die mit Hilfe diverser dramaturgischer Maßnahmen konsequent umgesetzt werden; dabei kommen Architektur, Interieur, Lichteffekte, Geräusche und Musik, Animation etc. zum Einsatz. Ein besonders beliebtes Thema ist dabei die Lagunenstadt Venedig, deren typische Gebäude in Themenhotels in Las Vegas, Macau und an der türkischen Mittelmeerküste zitiert werden (vgl. S TEINECKE 2009, S. 98 - 104). Resort-Anlagen: Mit zunehmender Reiseerfahrung sind auch die Ansprüche der Urlauber (speziell aus den Industrieländern) an die Hotellerie gestiegen: Sie erwarten ein vielfältiges, multifunktionales und erlebnisorientiertes Angebot - also eine Mischung aus Beherbergung, Verpflegung, Unterhaltung sowie Freizeit- und Konsummöglichkeiten. Als Reaktion auf diese Bedürfnisse sind weltweit große Resort-Anlagen eröffnet worden, die zumeist über mehrere Hotels und Restaurants, große Pools, Fitness- und Sportcenter, Animationsangebote etc. <?page no="93"?> 94 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus verfügen. Als ein Beispiel ist das Projekt Nusa Dua auf der indonesischen Insel Bali zu nennen; mit Unterstützung der Weltbank entstanden dort seit Ende der 1970er Jahre auf 425 Hektar Fläche zahlreiche Luxushotels, ein Tagungszentrum, ein Shopping Center, Golfplätze etc. (vgl. I NSKEEP / K AL - LENBERGER 1992, S. 4 - 25; S TEINBACH 2003, S. 36 - 37). Häufig sind diese Resorts zugleich auch Gated Communities - also umzäunte und ständig bewachte Anlagen. In Ländern mit einer hohen Kriminalität bzw. instabilen politischen Verhältnissen (Südafrika, Mexiko, Ägypten, Libanon) bieten sie der einheimischen Oberschicht und den ausländischen Touristen sichere Erholungsmöglichkeiten (vgl. M EYER 2004). Mit ihrem weitgehend standardisierten Angebot sind Resort-Anlagen austauschbare Produkte und zugleich autarke Einrichtungen, die nur auf wenige regionale Standortfaktoren angewiesen sind - z. B. Strände, günstige klimatische Bedingungen und eine gute Verkehrsinfrastruktur. Abb. 22: Nach amerikanischen Vorbildern sind auch in Deutschland seit den 1990er Jahren zahlreiche Themenhotels entstanden - speziell in Freizeitparks, die sich durch den Bau eigener Hotels zunehmend zu Kurzurlaubsreisezielen entwickelt haben. Im Themenhotel „Matamba“ des „Phantasialand“ wird afrikanische Kultur inszeniert (Quelle: Schmidt-Löffelhardt GmbH & Co. KG). Technologisierung: Das Gastgewerbe ist generell eine arbeitsintensive Servicebranche, in der Löhne und Sozialabgaben für die Beschäftigten einen hohen Anteil an den fixen Kosten ausmachen. Durch die Nutzung neuer Technologien versuchen Hotels und Restaurants auf vielfältige Weise, die Personalkos- <?page no="94"?> 3.3 Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie 95 ten zu senken. In den Betrieben ihrer Low-Budget-Hotels „Formule 1“ hat z. B. die französische Hotelgruppe „Accor“ bereits in den 1980er Jahren den traditionellen Empfangsbereich durch Check-in-/ Check-out-Terminals ersetzt. Zu den technologischen Innovationen in den (Hotel-)Restaurants zählen computer- und sensorgesteuerte Kombidämpfer, die nahezu selbstständig Speisen zubereiten können, Maschinen zum Reinigen und Polieren von Bestecken und Gläsern sowie elektronische Speisekarten und Serviettenfaltmaschinen (vgl. F UCHS 2013, S. 118 - 121). Weiterführender Lesetipp G ARDINI , M. A. (Hrsg.; 2011): Mit der Marke zum Erfolg. Markenmanagement in Hotellerie und Gastronomie, Stuttgart Die Beiträge in diesem Sammelband beschäftigen sich mit den Grundlagen der Markenführung in Hotellerie und Gastronomie sowie mit aktuellen Marktentwicklungen, die u. a. anhand von Fallbeispielen anschaulich erläutert werden. 3.3 Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie Neben den Fluggesellschaften und der Hotellerie gibt es mit der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie einen weiteren Bereich der Tourismusbranche, in dem - mit einem gewissen Time Lag - zunächst eine nationale Filialisierung und inzwischen auch ein globaler Marktauftritt stattgefunden haben. Die internationale Expansion erfolgt dabei jeweils nach dem gleichen Grundprinzip: Aufgrund ihres Erfolges werden die (zumeist aufwändigen) Unternehmenskonzepte an anderen Standorten im In- und Ausland reproduziert, die vergleichbare Bedingungen aufweisen - z. B. eine kostengünstige Ansiedlungsfläche, eine gute Verkehrsanbindung, ein großes Nachfragepotenzial sowie einen ungesättigten Arbeitsmarkt (mit einem niedrigen Lohnniveau). Die Vorreiter dieser Entwicklung finden sich wiederum in den USA; dabei handelte es sich zunächst nicht um typische touristische Betriebe, sondern um Unternehmen der Filmindustrie, die im Rahmen einer Diversifizierungsstrategie neue Freizeit- und Tourismusattraktionen schufen. Eine Pionierrolle hatte der Filmproduzent Walter E. „Walt“ Disney. <?page no="95"?> 96 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus 3.3.1 Freizeit- und Unterhaltungskonzerne „Disneyland is dedicated to the ideals, the dreams, and the hard facts that have created America, with the hope that it will be a source of joy and inspiration to all the world“ - mit diesen Worten hat Walt Disney im Jahr 1955 seinen ersten Themenpark „Disneyland“ in Anaheim (Kalifornien) eröffnet. Seine Idee, eine sichere, saubere und alkoholsowie sexfreie Vergnügungseinrichtung für Familien zu schaffen, hat sich in der Tat als eine „Quelle der Freude und Inspiration für die ganze Welt“ erwiesen. An seinem Vorbild haben sich seither zahlreiche Betreiber von Freizeitparks orientiert, indem sie ihre zuvor ungeordnete, kirmesartige Mischung an Attraktionen nun zu thematischen „Welten“ zusammenstellten, in denen das jeweilige Thema mit Hilfe von Kulisssenarchitektur, speziellen Attraktionen, Pflanzen, Musik, Geräuschen, Animateuren etc. inszeniert wird - wie im „Disneyland“ mit seinem „Adventureland“, „Frontierland“, „Fantasyland“ etc. Seine Hoffnungen haben sich aber vor allem für die eigene „Walt Disney Company“ erfüllt, denn das Themenkonzept des „Disneyland“ erwies sich als überaus erfolgreich: Seit der Eröffnung konnte der Park mehr als 650 Millionen Besucher verzeichnen. Aufgrund dieses enormen Erfolgs hat das Unternehmen weltweit mehrere Filialen eröffnet ( thewaltdisneycompany.com): „Walt Disney World“, Lake Buena Vista/ Florida (1971), „Tokyo Disney Resort“ (1983), „Disneyland Paris“ (1992), „Hong Kong Disneyland“ (2005), „Shanghai Disneyland“ (geplante Eröffnung 2015). Eine ähnliche Entwicklung hat bei den „Universal Studios“ stattgefunden. In diesen ältesten und größten US-amerikanischen Filmstudios sind zahlreiche Oskar-prämierte Filme entstanden - u. a. „Die durch die Hölle gehen“ (1978), „Out of Africa“ (1985) und „Schindlers Liste“ (1993). Bereits in den 1960er Jahren wurden in den Studios in Hollywood Rundfahrten für Touristen angeboten. Daraus entstand später der erste Filmpark des Unternehmens, der mit ca. sechs Millionen Besuchern/ Jahr zu den Top 10-Themenparks der USA gehört. Gegenwärtig betreibt das Unternehmen weltweit vier weitere Themenparks (vgl. TEA/ AECOM 2013, S. 28; themeparks.universalstudios.com): „Universal Studios Hollywood“ in Kalifornien (1964), „Universal Studios Florida“ in Orlando (1990), „Universal Studios Japan“ in Osaka (2001), „Universal Studios Singapore“ (2010/ 11). <?page no="96"?> 3.3 Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie 97 Abb. 23: Mit einer Höhe von 140 Metern ist das „EDF Energy London Eye“ das höchste Riesenrad Europas. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2000 hat es sich zu einem neuen Landmark der britischen Hauptstadt und zu einer populären Attraktion entwickelt (mit jährlich ca. 3,75 Millionen Besuchern). Gegenwärtig gehört das Riesenrad zur weltweit agierenden „Merlin Entertainments Group“ (Quelle: eigenes Foto). In Europa ist die britische „Merlin Entertainments Group“ in den letzten Jahren zu einem Global Player der Freizeit-und Unterhaltungsindustrie geworden. Sie betreibt 94 Attraktionen, sieben Hotels und zwei Feriendörfer in 21 Ländern und auf vier Kontinenten, die jährlich ca. 54 Millionen Besucher verzeichnen. Neben einzelnen Attraktionen wie dem „EDF Energy London Eye“ (vgl. Abb. 23) oder dem Themenpark „Heide-Park Resort“ umfasst das Portfolio des Konzerns auch mehrere filialisierte Marken ( www.merlinentertainments.biz): die Aquarien „Sealife Center“ (Brighton, Scarborough, Helsinki, Konstanz, Kansas City, Shanghai, Sydney u. a.), die Gruselerlebniswelten „The Dungeon“ (Blackpool, Edinburgh, London, Amsterdam, Hamburg, Wien u. a.), die Wachsfigurenkabinette „Madame Tussauds“ (London, Berlin, Bangkok, Las Vegas, Sydney u. a.), <?page no="97"?> 98 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus die Themenparks „Legoland“ (Windsor, Billund, Günzburg, Kalifornien, Malaysia u. a.), die Indoor-Attraktionen „Lego Discovery Centres“ (Manchester, Berlin, Tokio, Atlanta, Chicago, Dallas u. a.). In jüngerer Zeit gehören aber nicht nur kommerzielle Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen zu den globalen touristischen Akteuren, sondern zunehmend auch öffentliche Kultureinrichtungen. 3.3.2 Internationale Kultureinrichtungen Aufgrund ihrer Authentizität und Geschichte handelt es sich bei öffentlichen Kultureinrichtungen um einzigartige (und damit auch extrem standortgebundene) Besucherattraktionen, die sich jeder Form einer Reproduktion an anderen Standorten zu entziehen scheinen. Gleichzeitig gelten für sie aber die gleichen Marktgesetze wie für privatwirtschaftliche Unternehmen: Auch im Bereich der Kultur besteht ein deutliches Überangebot und damit eine Käufermarktsituation: Es gibt zu viele Museen, Burgen, Festspiele etc. Die Kunden müssen ständig die Entscheidung treffen, welche Attraktion sie besuchen sollen. In dieser unübersichtlichen Situation wächst der Wunsch nach Produkttransparenz und Leistungssicherheit, der generell zum Erfolg von Markenprodukten und Filialbetrieben beigetragen hat (vgl. S TEINECKE 2013a, S. 71). Ein konservatives Selbstverständnis und eine unzureichende Marktorientierung der Kultureinrichtungen, aber auch der hohe Finanzbedarf bei der Gründung von Filialen waren die Ursachen dafür, dass sich die Kulturakteure lange Zeit nicht mit einer Markenbildung (Branding) und Filialisierung auseinandergesetzt haben. Ein Umdenken fand erst in den 1990er Jahren statt, als die „Guggenheim Foundation“ (New York) begann, mehrere neue Museen zu gründen - zunächst in den USA und später auch in Europa (Las Vegas, Bilbao, Berlin). Diese internationale Filialisierungsstrategie stieß in der Kulturszene zunächst auf heftige Kritik: Für Traditionalisten galt sie als „McGuggenheim’s“-Politik, die zu einer zunehmenden Kommerzialisierung und Nivellierung der Kultur führen würde - auf Kosten der besonderen Aura von Kultureinrichtungen und Kunstwerken. Am Beispiel des „Guggenheim-Museums“ in Bilbao (Eröffnung: 1997) wurde aber bald deutlich, dass diese Filialisierung für beide Partner zu einer Win-Win- Situation führen kann (vgl. L ENFERS 1999): Für die Verwendung ihres weltbekannten Namens, die Bereitstellung ihres Know-hows und die Leihgabe von 300 Kunstwerken erhielt die „Guggenheim Foundation“ eine Franchise-Gebühr in Höhe von 20 Millionen US- Dollar. <?page no="98"?> 3.3 Unternehmen der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie 99 Gleichzeitig hatten die Stadt Bilbao und das Baskenland einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen von diesem Flagship-Projekt. In der strukturschwachen Region wurden im ersten Jahr nach der Eröffnung ca. 3.800 Arbeitsplätze geschaffen, die Übernachtungszahlen konnten deutlich gesteigert werden und die Destination (bis dahin eine unattraktive Industrieregion) verzeichnete einen deutlichen Imagegewinn. Angesichts dieser positiven Bilanz sind inzwischen mehrere große Museen dem Beispiel der „Guggenheim Foundation“ gefolgt und haben weltweit Filialen an anderen Standorten eröffnet: So betreibt die „Eremitage“ in St. Peterburg (Russland) ein weiteres Museum in Amsterdam und der „Louvre“ (Paris) kooperiert nicht nur mit dem „High Museum“ in Atlanta, sondern plant auch die Gründung eines „Louvre Abu Dhabi“ (vgl. Abb. 24). Globaler Marktauftritt von Kultureinrichtungen: „Louvre Abu Dhabi“ und „Guggenheim Abu Dhabi“ Abb. 24: „Birth of a Museum“ - unter diesem Slogan fand im Jahr 2013 eine Preview- Ausstellung von Kunstwerken statt, die zu den Exponaten des geplanten „Louvre Abu Dhabi“ gehören werden (Quelle: eigenes Foto). Im Rahmen seiner Diversifizierungsstrategie setzt das Emirat Abu Dhabi zunehmend auch auf den Tourismus ( 4.5.1). In den kommenden Jah- <?page no="99"?> 100 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus ren soll auf Saadiyat Island ein multifunktionales Stadtquartier mit Hotels, Resort-Anlagen, Restaurants, Villen etc. entstehen. Zu den Landmarks zählen fünf spektakuläre Museumsbauten, die von internationalen Stararchitekten entworfen wurden und teilweise in Kooperation mit bekannten Museen entstehen: Im Jahr 2006 unterzeichneten das Emirat und die „Guggenheim Foundation“ den Vertrag für den Bau des „Guggenheim Abu Dhabi“ (nach einem Entwurf von Frank O. Gehry, der auch das „Guggenheim-Museum“ in Bilbao konzipiert hat). Auf einer Fläche von 30.000 Quadratmeter sollen vor allem zeitgenössische islamische Kunstwerke präsentiert werden ( www.guggenheim.org/ abu-dhabi). Die französische Regierung und das Emirat haben im Jahr 2007 die Gründung eines „Louvre Abu Dhabi“ vereinbart. Für einen Zeitraum von zwanzig Jahren sollen in dieser Dependance des renommierten Pariser Museums auf 24.000 Quadratmeter Fläche wechselnde Leihgaben aus dem Bestand des „Louvre“, aber auch anderer französischer Häuser ausgestellt werden ( www.louvreabudhabi.ae). In der Globalisierung der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie, aber auch der Fluggesellschaften und der Hotellerie spiegeln sich indirekt die enormen ökonomischen Chancen wider, die der internationale Tourismus bietet. Als wichtiger Wirtschaftssektor ist er aber nicht nur ein Handlungsfeld von Unternehmen und Konzernen, sondern auch von tourismusbezogenen Organisationen und Initiativen, die unterschiedliche Interessen verfolgen - von einer statistischen Bestandsaufnahme und wissenschaftlichen Analyse über die Förderung des Tourismus bzw. einzelner Akteure und Marktsegmente bis hin zur kritischen Auseinandersetzung mit den ökologischen und gesellschaftlichen Belastungen, die er verursachen kann. 3.4 Globale Organisationen und Initiativen Generell handelt es sich beim Tourismus um ein vielschichtiges Phänomen, das Schnittstellen zu Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Umwelt und Kultur aufweist. Aus diesem Grund engagieren sich zahlreiche Institutionen, Organisationen und Initiativen in diesem Bereich; ein vollständiger Überblick über die Vielzahl der Akteure würde den Rahmen dieses Studienbuches sprengen (vgl. P ETERMANN 1999, S. 169 - 200 zu einer umfassenden Zusammenstellung). <?page no="100"?> 3.4 Globale Organisationen und Initiativen 101 Im Weiteren sollen deshalb exemplarisch einige wichtige Akteure vorgestellt werden; darüber hinaus finden sich weitere Hinweise auf folgende Wesbites: Zum Thema „Unternehmen und Industrie“ hat die Europäische Kommission (Brüssel) Links zu EU-Institutionen sowie europäischen und internationalen Verbänden zusammengestellt, die im Tourismus tätig sind ( www.ec. europa.eu/ enterprise/ sectors/ tourism/ index_en.htm). Der „Verein Ökologischer Tourismus in Europa“ (Ö. T. E.) informiert auf seiner Webseite über das Projekt „Zukunft Reisen“; dort sind auch Links zum nachhaltigen Tourismus zu finden ( www.zukunft-reisen.de/ internat _organisationen.html). 3.4.1 Touristische Organisationen und Verbände Auf internationaler Ebene engagieren sich mehrere zwischenstaatliche Organisationen (z. B. UNWTO, OECD), Wirtschaftsverbände (z. B. WTTC) und gemeinnützige Organisationen (z. B. WEF) im Tourismus; zu nennen sind u. a.: United Nations World Tourism Organization (UNWTO): Die historischen Wurzeln der Welttourismusorganisation reichen bis in die 1920er Jahre zurück; seit 2003 hat sie den Status einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Gegenwärtig zählen 155 Staaten und 450 touristische Organisationen zu ihren Mitgliedern. Sie verfolgt das Ziel, einen verantwortungsbewussten, nachhaltigen und generell zugänglichen Tourismus zu fördern; damit will sie einen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum, zum Abbau von Armut und zur Völkerverständigung leisten. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind u. a. die Vereinheitlichung der internationalen Tourismusstatistiken, die Publikation weltweiter statistischer Daten sowie die Durchführung von Studien und Tagungen; außerdem hat sie im Jahr 1999 den „Global Code of Ethics for Tourism“ formuliert, der ethisch-moralische Richtlinien für alle touristische Akteure enthält ( www2.unwto. org; UNWTO 2013, 2013b; 5.2.4). Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD): Unter dem Motto „Better Policies for better Lifes“ setzt sich diese zwischenstaatliche Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und generellen Wohlstand ein. Die OECD hat gegenwärtig 34 marktwirtschaftlich orientierte und demokratisch organisierte Mitgliedsländer - neben hochentwickelten Industriestaaten wie Deutschland, Japan und den USA auch Transformationsländer wie Russland, Ungarn und die Slowakei. Die Tätigkeit der OECD bezieht sich auf viele Politikbereiche - u. a. auch auf den Tourismus, denn 66 Prozent aller internationalen Ankünfte von Touristen finden in den Mitgliedsstaaten statt. Um die Zusammenarbeit zu verbessern, analysiert die Organisation statistische Daten, organisiert Tagungen zu aktuellen Themen und publiziert Unter- <?page no="101"?> 102 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus suchungen sowie Prognosen zur künftigen Entwicklung. So veröffentlicht sie die „OECD Tourism Papers Series“ und jährlich die Studie „OECD Tourism Trends and Policies“ ( www.oecd.org; OECD 2012). World Travel & Tourism Council (WTTC): In den 1980er Jahren haben sich führende Vertreter internationaler Tourismusunternehmen (Präsidenten, Aufsichtsratsbzw. Vorstandsvorsitzende) zum WTTC zusammengeschlossen, um die Öffentlichkeit und vor allem die Politik auf die große ökonomische Bedeutung und die Potenziale der Reisebranche aufmerksam zu machen. Zu diesem Zweck betreibt das WTTC eine breite Informations- und Lobbyarbeit; außerdem initiiert es regelmäßig Studien zu den wirtschaftlichen Effekten des Tourismus auf Großregionen und einzelne Länder („Economic Impact Research“). Zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus vergibt das WTTC jährlich die „Tourism for Tomorrow Awards“ ( www.wttc.org). World Economic Forum (WEF): Diese gemeinnützige Organisation wurde im Jahr 1971 gegründet. Einer breiten Öffentlichkeit ist sie vor allem durch die Jahrestreffen bekannt, die jeweils in Davos stattfinden; sie dienen als Plattform für Gespräche zwischen führenden Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit über aktuelle globale Fragen. Darüber hinaus gibt das WEF auch branchen- und länderspezifische Forschungsberichte heraus - u. a. den „Travel & Tourism Competitiveness Index“, mit dessen Hilfe die touristische Wettbewerbsfähigkeit von Ländern ermittelt wird ( www.weforum. org; 5.2.1). 3.4.2 Tourismuskritische Initiativen Mit dem anhaltenden Wachstum des internationalen Tourismus sind nicht nur die ökonomischen Vorteile, sondern auch die vielfältigen Belastungen für die Zielgebiete deutlich geworden. Im Zentrum der öffentlichen Diskussion steht vor allem die Tourismusentwicklung in Ländern der Dritten Welt, in denen es - angesichts der extremen Armut - zu einer neuen strukturellen Abhängigkeit von den Industrieländern (als Quellgebieten) kommen kann. Mögliche Folgen sind die Kommerzialisierung von Kultur und Brauchtum, aber auch die Auflösung traditioneller Moralvorstellungen und sozialer Strukturen. Als Grundproblem erweist sich dabei die Dominanz ausländischer Akteure und lokaler Eliten, während die einheimische Bevölkerung kaum in Planungsvorhaben eingebunden ist und auch nur in geringem Maße an den Einnahmen aus dem Tourismus partizipiert. Auf solche Missstände hinzuweisen und die Lage der Einheimischen zu verbessern - diese Ziele verfolgen zwei internationale tourismuskritische Netzwerke, die weltweit über nationale Partnerorganisationen verfügen: <?page no="102"?> 3.4 Globale Organisationen und Initiativen 103 Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT): Die öffentliche Auseinandersetzung mit den negativen Wirkungen des Tourismus für die Bevölkerung, Natur und Kultur - speziell in Entwicklungsländern - steht im Mittelpunkt der Arbeit dieser NGO (Non-Governmental Organization). Ihre Gründung im Jahr 1980 in Manila (Philippinen) geht auf eine Initiative der Asiatischen Kirchenkonferenz (CCA) und des katholischen Büros für menschliche Entwicklung zurück. Durch Öffentlichkeitsarbeit, Studien und Tagungen versucht sie, den Betroffenen („Bereiste“) eine Stimme zu geben und sie in die Lage zu versetzen, ihre Interessen zu formulieren und an Entscheidungsprozessen teilzuhaben. Über aktuelle ECOT-Projekte berichtet „Tourism Watch - Informationsdienst Tourismus und Entwicklung“ ( www.tourism-watch.de). Abb. 25: „ECPAT Deutschland e. V.“ gehört zu einem weltweiten Netzwerk von mehr als 80 Gruppen, die sich durch Öffentlichkeits- und Informationsarbeit für den Schutz von Kindern vor kommerzieller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch einsetzen (Quelle: ECPAT Deutschland, Freiburg). End Child Prostitution, Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes (ECPAT International): Diese internationale Kinderrechtsorganisation wurde im Jahr 1990 in Bangkok (Thailand) gegründet. Inzwischen besteht sie aus einem Netzwerk von mehr als 80 Gruppen in über 70 Ländern. Gemeinsames Ziel dieser Initiativen ist es, Kinder vor allen Arten kommerzieller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs zu schützen (rechtswidrige sexuelle Praktiken, pornographische Handlungen, Prostitution). Zu diesem Zweck engagieren sich die Gruppen vor allem in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. ECPAT Deutschland finanziert sich durch Förderer und Spenden sowie durch Mittel der Europäischen Kommission, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Organisation Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst ( www.ecpat.net; www.ecpat.de). <?page no="103"?> 104 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus 3.4.3 Kulturorganisationen mit touristischem Bezug Generell gehört das kulturelle Erbe zu den wichtigen autochthonen Potenzialen eines Zielgebietes: Weltweit sind Burgen und Schlösser, Kirchen, Klöster und Tempel, Gartenanlagen und Museen populäre Besucherattraktionen. Dennoch haben sich die Kulturakteure lange Zeit recht spröde gegenüber den Interessen von Tourismusverantwortlichen gezeigt; sie konzentrierten sich eher auf das Sammeln, Forschen und Bewahren als auf die Präsentation und Wissensvermittlung. Erst seit kurzem ist der Kulturtourismus in den Fokus des Kulturmanagements gerückt. Das liegt zum einen daran, dass es sich um ein wachstumsstarkes Marktsegment handelt, das mit großen positiven Effekten verbunden ist (Steigerung der Besucherzahl und des Umsatzes, Schaffung von Arbeitsplätzen), aber nur punktuelle und geringe Belastungen auslöst. Zum anderen stehen öffentliche Kultureinrichtungen zunehmend unter einem Legitimationsdruck; angesichts schrumpfender Budgets haben sie die Verpflichtung, in stärkerem Maße als bisher eigene Einnahmen zu erwirtschaften. Gegenwärtig gibt es mehrere internationale Kulturorganisationen bzw. -initiativen, die bei ihrer Tätigkeit auch touristische Belange berücksichtigen: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO): Im Jahr 1972 hat die UNESCO das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ - die sog. Welterbekonvention - verabschiedet. Mit der Unterzeichnung verpflichten sich die Staaten, das auf ihrem Territorium befindliche kulturelle und natürliche Erbe zu erfassen, zu erhalten und zu schützen. Inzwischen haben 190 Staaten das Übereinkommen ratifiziert; weltweit stehen mehr als 900 einzigartige und authentische Natur- und Kulturdenkmäler auf der Welterbeliste. Bei vielen handelt es sich um internationale Besucherattraktionen - z. B. der Kölner Dom, die Pyramiden von Gizeh, das indische Taj Mahal oder die peruanische Inkastadt Machu Picchu ( www.unesco.de/ welterbeliste.html). International Council on Monuments and Sites (ICOMOS): Diese NGO wurde im Jahr 1965 in Warschau gegründet; sie setzt sich weltweit für den Erhalt und die Pflege von Denkmälern sowie den Schutz des historischen Kulturerbes ein. Außerdem unterstützt ICOMOS die Arbeit des UNESCO-Welterbe- Komitees - z. B. durch Öffentlichkeitsarbeit, Informationen und Monitoring, internationale Tagungen zu Denkmalpflege und -schutz, Publikation von Grundsatzpapieren etc. In mehr als 120 Ländern bestehen Nationalkomitees; außerdem verfügt die Organisation über mehr als 25 Internationale Wissenschaftliche Komitees ( www.icomos.org). Kulturhauptstadt Europas: Diese Initiative der Europäischen Union verfolgt zum einen das Ziel, den kulturellen Zusammenhalt innerhalb Europas zu <?page no="104"?> 3.4 Globale Organisationen und Initiativen 105 verstärken; zum anderen soll weltweit ein vielfältiges Bild der europäischen Kultur vermittelt werden. Seit 1985 kann eine Stadt (bzw. seit 2004 zwei Städte) ihre kulturellen Besonderheiten präsentieren. Im Laufe der Zeit sind dabei die touristischen Bezüge immer deutlicher geworden: Zunächst handelte es sich um zeitlich begrenzte Sommerfestivals mit Veranstaltungen aus dem Bereich der Hochkultur; inzwischen finden ganzjährig Konzerte, Theateraufführungen und Events statt, die sich auch an ein breites Publikum richten. Darüber hinaus nutzen die Städte die Kampagne zunehmend zur Verbesserung ihres touristischen Images, zur Förderung der lokalen Wirtschaft und zu einem generellen Standortmarketing ( www. www.europa-foerdertkultur.info; B IERMANN 2013). Zusammenfassung Obwohl die Zahl globaler Akteure im Tourismus in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat, wird die Reisebranche durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) geprägt; zumeist handelt es sich um Familienbetriebe. Vorreiter der touristischen Globalisierung waren die international agierenden Fluggesellschaften. Angesichts eines wachsenden Wettbewerbs setzen sie unterschiedliche Maßnahmen des Marketings und Managements ein: Codesharing und Bildung strategischer Allianzen, globale Distributionssysteme und Yield Management sowie ein Qualitätsmanagement (speziell in der First Class und Business Class). Der internationale Hotelmarkt wird von US-amerikanischen Konzernen dominiert. Sie betreiben eine weltweite Expansionspolitik, die in unterschiedlichen Phasen verläuft - vom Heimatmarkt über die Hauptstädte und Wirtschaftszentren im Ausland bis hin zu Sekundärstädten und Standorten des Erholungstourismus. Zu den Marketing- Strategien gehören Markenbildung, Standardisierung bzw. Klassifizierung, Spezialisierung, Thematisierung, der Bau großer, multifunktionaler Resort-Anlagen sowie der Einsatz technischer Innovationen. Auch in der Freizeit-, Unterhaltungs- und Kulturindustrie ist ein Trend zur Globalisierung und Filialisierung zu beobachten, der zunächst von der Filmindustrie mit ihren Themenparks ausging („Disneyland“, „Universal Studios“). Diesem Vorbild folgten in jüngerer Zeit auch einige Kultureinrichtungen, die Dependancen an anderen Standorten eröffnen („Guggenheim“, „Louvre“). Zu den globalen Akteuren zählen schließlich touristische Organisationen und Initiativen, die unterschiedliche Ziele verfolgen: Erfassung <?page no="105"?> 106 3 Die globalen Akteure im internationalen Tourismus und Analyse des Tourismus (UNWTO, OECD, WEF), Lobbyarbeit (WTTC) bzw. kritische Auseinandersetzung mit den teilweise problematischen Folgen des Tourismus (ECOT, ECPAT). Außerdem gibt es internationale Kulturorganisationen, die bei ihrer Arbeit zunehmend auch touristische Interessen berücksichtigen (Welterbeliste der UNESCO, ICOMOS, Kulturhauptstadt Europas). Weiterführende Lesetipps B ACKHAUS , N. (2009): Globalisierung, Braunschweig (Das Geographische Seminar; o. Bd.) Dieses Lehrbuch beantwortet auf anschauliche Weise zentrale Fragen zu diesem Thema: Was ist Globalisierung, wie funktioniert sie und wie hat sie sich entwickelt? Wie kann man Globalisierung fassen und vor welche Herausforderungen stellt sie uns? F REYER , W. (2002): Globalisierung und Tourismus, 2. Aufl. Dresden Der Autor gibt zunächst einen Überblick über die Grundlagen der Globalisierung und erläutert dann die Globalisierungstendenzen in unterschiedlichen Bereichen der Tourismusbranche; außerdem entwirft er mehrere Szenarien zur künftigen Entwicklung des Tourismus. <?page no="106"?> 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Lernziele In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet: Wie ist die Welt für den Tourismus erschlossen worden? Welche Rolle haben die Industrieländer als touristische Innovatoren gespielt? Wie konnten die mediterranen Länder als Zielgebiete vom Tourismus profitieren und vor welchen Herausforderungen stehen sie? Welche Chancen und Risiken birgt der Tourismus für die Entwicklungsländer? Welche Probleme müssen die früheren sozialistischen Länder beim Wandel von der Planzur Marktwirtschaft lösen? Warum engagieren sich die wohlhabenden Rohstoffländer zunehmend auch im Tourismus? Welche Bedeutung werden die wachstumsstarken Schwellenländer künftig im internationalen Tourismus haben? Eine „Reise um die Erde in 80 Tagen“ - eine solche Idee war für unsere Urgroßväter und -mütter noch so außergewöhnlich und inspirierend, dass der Roman des französischen Schriftstellers Jules Verne im Jahr 1873 zu einem Bestseller wurde. Voller Begeisterung nahm das Lesepublikum an den Reiseabenteuern des exzentrischen Protagonisten Phileas Fogg teil. Beim Gewinn seiner Wette kamen ihm der damalige Ausbau der Infrastruktur zugute (der grundsätzlich eine wichtige Voraussetzung des Tourismus ist): Er konnte den Suezkanal und auch die transkontinentale Eisenbahnstrecke in den USA benutzen, die im Jahr 1869 fertiggestellt worden waren; zuvor hätte seine Weltreise erheblich länger gedauert. Innerhalb der vergangenen 150 Jahre haben sich die Reisezeiten deutlich verkürzt und die Welt ist vollständig für den Tourismus erschlossen worden: Viele Fluggesellschaften - speziell strategische Allianzen („Star Alliance“, „Oneworld“ etc.) - bieten preiswerte Round-the-world-Tickets (RTW-Tarife) an und nahezu jede Nation versucht, sich als touristische Destination auf dem Weltmarkt zu positionieren. Diese Ausweitung der Pleasure Periphery hat sukzessive stattgefunden und dabei unterschiedliche Typen von Ländern erfasst (die folgenden Überlegungen beziehen sich speziell auf den Erholungsreiseverkehr; für den Geschäftsreiseverkehr, den <?page no="107"?> 108 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Pilgertourismus oder Besuche bei Verwandten und Bekannten gelten jeweils andere Regelhaftigkeiten). Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fand der Tourismus nahezu ausschließlich in den europäischen Industrieländern statt ( 4.1); nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden dann mediterrane Zielgebiete (die zum damaligen Zeitpunkt noch Agrarländer waren) touristisch erschlossen ( 4.2). Seit Ende der 1960er Jahre stieg die Zahl der Besucher in einigen Entwicklungsländern ( 4.3) und nach dem Zerfall des Eisernen Vorhangs begann in den früheren sozialistischen Ländern ein umfassender Transformationsprozess, in dem der internationale Tourismus eine wichtige Rolle spielt ( 4.4). Seit den 1990er Jahren nutzen Rohstoffländer wie z. B. die Vereinigten Arabischen Emirate (V. A. E.) den Tourismus im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategie. Künftig werden Schwellenländer (China, Indien etc.) eine immer größere Bedeutung im internationalen Tourismus haben - nicht nur als Zielgebiete, sondern vor allem auch als Quellmärkte ( 4.5). 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren Wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und frei verfügbare Zeit zählen zu den zentralen Motoren der touristischen Entwicklung. Im Verlauf der Geschichte bestanden diese ökonomischen und sozialen Bedingungen zunächst in den Industrieländern - speziell in Großbritannien, das als Mutterland der Industrialisierung auch eine Vorreiterrolle im Tourismus übernahm. Gleichzeitig hatte der frühe Marktauftritt zur Folge, dass in den traditionellen Zielgebieten inzwischen ein hoher Modernisierungsbedarf besteht. Im Folgenden soll erläutert werden, welche gesellschaftlichen Gruppen als touristische Trendsetter fungierten, wie unterschiedliche Zielgebiete im In- und Ausland erschlossen wurden und vor welchen touristischen Herausforderungen diese Länder gegenwärtig stehen. 4.1.1 Der englische Adel als Trendsetter Nahezu zwei Jahrtausende lang hatten die Menschen breite Flüsse mit Fähren überquert oder Holzbzw. Steinbrücken errichtet, bis im Jahr 1779 die erste eiserne Brücke der Welt gebaut wurde. Diese Iron Bridge, die das Tal des Severn in der englischen Grafschaft Shropshire überspannt, ist zum Symbol der Industriellen Revolution geworden; diese begann Ende des 18. Jahrhunderts in Großbritannien und löste gewaltige Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft aus. <?page no="108"?> 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren 109 Der Industrialisierungsprozess beschränkte sich nicht nur auf technische Innovationen wie den Einsatz von Dampfmaschinen in Kohlegruben, Fabriken, Lokomotiven und Schiffen oder neue Verfahren in der Eisen- und Stahlherstellung. Mit ihm waren auch erhebliche soziale Veränderungen verbunden - von der Arbeitsteilung und Spezialisierung über die zeitliche und räumliche Trennung von Arbeit und Freizeit bis hin zur Entstehung einer besonderen Arbeiter- und Angestelltenkultur ( 2.1.1). Dieser Wandel begünstigte die rasante Entfaltung des Reiseverkehrs, dessen Wurzeln allerdings in die vorindustrielle Zeit zurückreichen. Bereits seit dem 16. Jahrhundert war es für junge englische Adelige üblich, eine Grand Tour (Kavalierstour) durch Europa zu unternehmen; sie diente der Vervollkommnung der Erziehung, dem Erwerb von Sprachen und dem Kennenlernen anderer Kulturen. Auf dem Programm standen Empfänge an europäischen Höfen, die Ausbildung in Tanzen und Fechten sowie die Besichtigung von antiken Kulturdenkmalen, Sehenswürdigkeiten, Manufakturen, Bergwerken etc. (vgl. M OSE / J ACOBS 2004, S. 24 - 25; H ACHTMANN 2007, S. 44). Auch in der Folgezeit erwies sich der englische Adel als Trendsetter beim Reisen generell und speziell bei der Erschließung neuer Destinationen - von den binnenländischen Kurorten und der englischen Küste über den Rhein und die Alpen bis hin zu Ägypten (dem ersten außereuropäischen Ziel). Im 17. Jahrhundert kamen Trink- und Badekuren, die sich bereits zu römischen Zeiten einer großen Popularität erfreut hatten, beim englischen Hof und Adel erneut in Mode. Kleine Landstädte, die über Thermalbzw. Heilquellen verfügten, entwickelten sich rasch zu mondänen Kurorten - mit Badehäusern, Trink- und Wandelhallen sowie eindrucksvollen Gebäuden im Georgian Style. So galt z. B. Bath in der Grafschaft Somerset im 18. Jahrhundert als „Hauptstadt des gesellschaftlichen Lebens, zumindest über den Winter“ (K NOLL 2006, S. 46; vgl. Abb. 26). Diese Mischung aus gesundheitlicher Motivation und sozialer Repräsentation löste Ende des 18. Jahrhunderts auch den Boom der Seaside Resorts an der englischen Südküste aus. Medizinische Studien der damaligen Zeit bescheinigten dem Baden im Meer (wie auch dem Trinken von Meerwasser) vielfältige therapeutische Wirkungen. Aus verschlafenen Fischerdörfern und Hafenstädten wie Brighton, Margate, Weymouth etc. wurden nun (nach dem Vorbild der binnenländischen Kurorte) beliebte Treffpunkte der Oberschicht - mit Strandpromenaden, Ballhäusern, Lesesälen und Musikpavillons als gesellschaftlichen Bühnen (vgl. K NOLL 2006, S. 66 - 67). <?page no="109"?> 110 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 26: Seit dem 17. Jahrhundert entwickelte sich der englische Kurort Bath, dessen Thermalquellen bereits von den Römern genutzt worden waren, zu einem mondänen gesellschaftlichen Treffpunkt. Es entstanden zahlreiche Bauten im „Georgian Style“ (z. B. der spektakuläre Royal Crescent), die auch noch heute das Stadtbild prägen (Quelle: eigenes Foto). Mit der touristischen Erschließung der Alpen erwies sich der englische Adel im 19. Jahrhundert erneut als touristischer Trendsetter. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts hatte die wissenschaftliche Erforschung des Hochgebirges eingesetzt, das zuvor als Furcht und Schrecken erregende Landschaft galt. Zu einer neuen Naturwahrnehmung trugen - neben Forschern - auch Literaten wie Jean- Jacques Rousseau oder Maler wie William Turner bei, die in ihren Kunstwerken die Alpen zu einer unberührten, eindrucksvollen und erhabenen Landschaft verklärten. Vor diesem Hintergrund entstand die neue, vor allem sportlich motivierte Bewegung des Alpinismus, in der Engländer eine Vorreiterrolle übernahmen: Im Jahr 1857 wurde in London der aristokratische „Alpine Club“ gegründet - fünf Jahre vor dem „Oesterreichischen Alpenverein“ und zwölf Jahre vor dem „Deutschen Alpenverein“ (vgl. H ACHTMANN 2007, S. 87 - 88). Englische Touristen waren es auch, die im 19. Jahrhundert den Rhein als neues Reiseziel entdeckten. Hier trugen Dichter wie Lord Byron oder Maler wie William Turner mit ihren Werken zu einer romantischen Wahrnehmung der Landschaft bei. Mit ihren Felsen und Burgruinen galt sie als besonders „picturesque, beautiful and sublime“ (K NOLL 2006, S. 72) - und damit als geschichtsträchtige, <?page no="110"?> 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren 111 scheinbar „heile“ Gegenwelt zur Lebenssituation in Großbritannien, wo die sozialen und ökologischen Folgen der fortgeschrittenen Industrialisierung immer deutlicher wurden. Zu den touristischen Pionierleistungen der Engländer gehörte schließlich auch die Erschließung des ersten außereuropäischen Zielgebietes: Ägypten. Das Interesse am Reich der Pharaonen wurde in Europa vor allem durch die Expedition Napoleons geweckt (1798 - 1801). Er war von zahlreichen Wissenschaftlern und Künstlern begleitet worden, die ihre Beobachtungen und Forschungsergebnisse in der umfangreichen Text- und Bildsammlung „Description de l’Égypte“ dokumentierten (vgl. I BRAHIM 1996, S. 131 - 132). Die erste touristische Reise fand im Jahr 1869 in Form einer dreiwöchigen Nilkreuzfahrt von Kairo nach Assuan statt (vgl. H ACHTMANN 2007, S. 69). 4.1.2 Die Demokratisierung des Reisens Durch den Bau von Eisenbahnlinien und den Einsatz von Dampfschiffen standen in Großbritannien bereits Mitte des 19. Jahrhunderts (relativ) preiswerte und schnelle Massenverkehrsmittel zur Verfügung. Es bedurfte nur noch einer organisatorischen Innovation, um die wachsende Reiselust zu befriedigen - der Pauschalreise, die aus einer Kombination unterschiedlicher Leistungen (Transport, Verpflegung, Unterkunft etc.) zu einem günstigen Preis besteht. Als ihr Geburtstag gilt der 5. Juli 1841, an dem der baptistische Wanderprediger Thomas Cook für 570 Passagiere eine Bahnreise (mit Verpflegung) von Leicester nach Loughborough organisierte. Die Teilnehmer nutzten das Angebot, um an einer Großveranstaltung gegen den Alkoholmissbrauch teilzunehmen. Aufgrund seines Erfolgs führte Cook in den folgenden Jahren zahlreiche solcher Reisen durch und gründete später ein eigenes Unternehmen - das inzwischen allerdings nichts mehr mit dem ursprünglichen Reiseveranstalter „Thomas Cook“ zu tun hat (vgl. M UNDT 2014, S. 177 - 178). Zur Demokratisierung des Reisens trugen speziell in Großbritannien die Excursion Trains bei - preisgünstige Ausflugszüge, die es sogar Angestellten und Arbeitern ermöglichten, ihren beengten und unhygienischen Wohnverhältnissen in Großstädten wie London oder Manchester zu entfliehen und einen erlebnisreichen Tag am Meer zu verbringen. Sie waren so populär, dass der Musiker Frank Musgrave sogar ein Lied über sie komponierte. Speziell an den Wochenenden wurden die Küstenorte nun zu Zielen einen massenhaften Ausflugspublikums: Im Jahr 1875 wurden z. B. auf der West Pier in Brighton 600.000 Besucher gezählt (vgl. W ALVIN 1978, S. 50). Diese Tagesbesucher wollten die knappe Zeit vor allem nutzen, um sich zu amüsieren. Als Folge <?page no="111"?> 112 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus entstand eine jahrmarktähnliche Infrastruktur mit Riesenrädern, Achterbahnen, Fun Arcades etc., die bis in der Gegenwart das Bild der Seaside Resorts prägen. Damit verloren die Badeorte aber endgültig den exklusiven Charakter, den sie zuvor gehabt hatten. Nun begann ein Prozess einer sozialräumlichen Segregation im Tourismus: Zunächst nutzte der englische Hof und Adel die neuen Verkehrsmittel, um andere Destinationen zu erschließen, in denen er wieder unter Seinesgleichen sein konnte. Nach kurzer Zeit folgte ihm immer wieder das Besitz- und Bildungsbürgertum, das sich in seinem gesamten Lebensstil (Wohnen, Clubs, Reisen etc.) am Vorbild der Adeligen orientierte (vgl. S TEINECKE 2011, S. 112). Eine vergleichbare Entwicklung hat auch in Deutschland stattgefunden (z. B. in den Seebädern an der Nordsee- und Ostseeküste) - allerdings mit einem deutlichen Time Lag, da die Industrielle Revolution und damit auch der Ausbau des Eisenbahnnetzes hier später begannen als in Großbritannien. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Prototypen der Urlaubsformen bereits bis zum Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt worden sind: der Städte- und Kulturtourismus, der Kururlaub, der Badetourismus, der Alpinismus, die Kreuzfahrten, die Fernreisen - und die Pauschalreise. Seitdem gibt es also keinen Neuschnee mehr im Tourismus: Die Urlauber des 20. und 21. Jahrhunderts sind letztlich immer nur Follower ihrer touristischen Vorfahren. Allerdings haben die vielfältigen Push- und Pull-Faktoren des internationalen Tourismus dazu geführt, dass diese typischen Urlaubsaktivitäten nun nicht mehr nur in Großbritannien, sondern europaweit bzw. später sogar weltweit ausgeübt werden konnten. Welche Folgen hatte diese Ausweitung der Pleasure Periphery auf die traditionellen Zielgebiete? Wie haben sie auf den Rückgang der Nachfrage reagiert? 4.1.3 Aufstieg, Niedergang und Relaunch traditioneller Zielgebiete „I have great desire. My desire is great“ - diese grafische Installation der Künstlerin Naoimh Looney in Form stählerner Buchstaben verschönert seit 2008 die Promenade im englischen Seebad Brighton. Als aktueller Kommentar findet sich darunter der Graffito: „My cheap thrills“. Besser lassen sich Aufstieg und Niedergang der Seaside Resorts (und vieler anderer traditioneller Destinationen) nicht zusammenfassen: Ihre Entwicklung hat sich im Spannungsfeld einer großen Sehnsucht und eines billigen Vergnügens vollzogen. Im 19. Jahrhundert waren die Seaside Resorts touristische Kultorte, die mit architektonischen und technischen Superlativen aufwarten konnten; dazu zählten gepflegte Promenaden, weitläufige Piers, auf denen die Besucher ein vielfältiges Unterhaltungsangebot erwartete, orientalische Paläste, Ballsäle für Tausende von Gästen sowie elektrische Straßenbeleuchtung und Straßenbahnen (vgl. Abb. 27). <?page no="112"?> 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren 113 Zur damaligen Zeit gehörten die Seebäder zu den am schnellsten wachsenden Städten in Großbritannien. Abb. 27: Nur noch wenige Piers erinnern an die Blütezeit der britischen Seaside Resorts, als sich dort ein massenhaftes Publikum von Akrobaten, Clowns und Wahrsagerinnen unterhalten ließ - z. B. in Hastings (Quelle: eigenes Foto). Diese Blütezeit der „großen Sehnsucht“ in den Seaside Resorts ist längst vorbei. Der Niedergang begann in der 1960er und 1970er Jahren, als sich die Pleasure Periphery in die mediterranen Länder ausdehnte. Mit der Einführung von Flugpauschalreisen kam es dort zu einem Boom des Badetourismus: Benidorm, Torremolinos oder Palma de Mallorca verfügten zwar im Prinzip über das gleiche Angebot (Strand und Meer) - doch es herrschten angenehmere Wasser- und Lufttemperaturen, die Hotels wiesen eine zeitgemäße Ausstattung auf (Bad, Balkon etc.) und die Preise waren deutlich niedriger. So stieg die Zahl der britischen Urlauber, die eine Auslandsreise unternahmen, in den 1980er Jahren von 12 auf 20 Millionen (vgl. Centre for Social Justice 2013, S. 12; 4.2). Gleichzeitig ging die Nachfrage nach dem traditionellen „Bucket and Spade“- Urlaub in den britischen Seaside Resorts rasch zurück und die Vergnügungseinrichtungen verfielen: Zu einem Symbol des Niedergangs wurde die einstmals berühmte West Pier in Brighton, von der gegenwärtig nur noch das Stahlskelett aus dem Meer ragt. <?page no="113"?> 114 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Da die Urlauber ausblieben, begann ein „complex and self-reinforcing cycle of decline“ (R ICKEY / H OUGHTON 2009, S. 47). Zunächst gingen die Umsätze im Gastgewerbe und Einzelhandel zurück, als Folge sanken auch die Immobilienpreise. Angesichts geringer Mieteinnahmen und fehlender Perspektiven nahmen die Hausbesitzer keine Renovierungen mehr vor. Das niedrige Preisniveau löste einen Zuzug von finanzschwachen Gruppen aus. Dadurch haben sich viele britische Seebäder zu sozialen Brennpunkten entwickelt - mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Rentnern, Arbeitslosen, Alleinerziehenden, minderjährigen Schwangeren, entlassenen Strafgefangenen, osteuropäischen Arbeitsmigranten und Asylbewerbern. Während die britischen Urlaubern nun die spanische Costa del Sol bevorzugten, entwickelte sich die englische Küste zu einer Costa del Dole (Dole = Arbeitslosenunterstützung). Der Niedergang der Seaside Resorts: Blackpool - das „verlassene Paradies“ „Blackpool ist wie eine alte Dame, der nach einer Hungerkur die Kleider am Leibe schlottern: Alles ist viel zu groß. Die Touristenzahlen sind in den vergangenen Jahren drastisch geschrumpft. Aber die vielen kleinen Pensionen sind noch da. Blackpool, eine Stadt mit 140.000 Einwohnern, hat rund 58.000 Gästebetten und damit etwa so viele wie die gesamte Insel Sylt. „Das sind dreibis viermal so viele Zimmer, wie benötigt werden“, schätzt David Cam Direktor des „Pleasure Beach“, des größten britischen Vergnügungsparks . Es gibt hier überwiegend einfache Pensionen, in die oft seit Jahrzehnten nicht investiert wurde. „Die schlechte Qualität der Hotelzimmer ist eines der Hauptprobleme“, sagt Cam. Das vergangene Jahr war für Blackpool wegen der Wirtschaftskrise besonders hart: Um mehr als ein Viertel brach die Zahl der Übernachtungsgäste ein, schlimmer hat es keine andere Stadt in Großbritannien erwischt. Jedes zweite Geschäft in Blackpool steht leer, auch damit zählt die Stadt zu den traurigen Spitzenreitern im Land“ (T HEURER 2009, S. 14). Der dramatische Niedergang der britischen Seaside Resorts ist nur ein Beispiel für die Tatsache, dass touristische Zielgebiete - wie Konsumgüter - einem Produktlebenszyklus unterliegen: Nach der erfolgreichen Markteinführung folgen Phasen des Wachstums, der Reife und der Sättigung; wenn zu diesem Zeitpunkt keine Anpassung an die veränderten Bedürfnisse der Kunden erfolgt (Relaunch), kommt es zu den geschilderten wirtschaftlichen, städtebaulichen und sozialen Problemen (vgl. E ISENSTEIN 2010, S. 61 - 71). <?page no="114"?> 4.1 Die Industrieländer als touristische Innovatoren 115 Vor der Herausforderung, rechtzeitig einen Relauch-Prozess einzuleiten, stehen generell alle Destinationen, die eine gewisse Zeit auf dem Tourismusmarkt agiert haben - z. B. deutsche Zielgebiete wie die Mosel, der Bodensee, der Harz etc., die bereits in den 1950er und 1960er Jahren eine große Nachfrage verzeichnen konnten, oder die spanische Costa Brava und Mallorca; dort stammen viele Hotels und Infrastruktureinrichtungen aus der Phase des rasanten Wachstums in den 1960er und 1970er Jahren (als sich diese Destinationen zu Konkurrenten der englischen Seaside Resorts, aber auch der deutschen Seebäder entwickelt haben). Was können traditionelle touristische Zielgebiete tun, um sich weiterhin auf dem Tourismusmarkt zu behaupten und der Konkurrenz neuer Zielgebiete zu begegnen? Grundsätzlich haben sie mehrere Handlungsoptionen: Zu den vorrangigen Aufgaben gehören die Modernisierung und der Ausbau der Infrastruktur (Piers, Promenaden, Parks, Thermen etc.). Die Finanzierung dieser aufwändigen Maßnahmen erfolgt häufig mit Hilfe öffentlicher Förderprogramme bzw. im Rahmen von Public-Privat-Partnerships (vgl. L AVERY 1993, S. 144 - 146; Communities and Local Government 2010). Speziell spektakuläre Kultureinrichtungen können dazu beitragen, das Image zu verbessern und neue Zielgruppen anzusprechen. Im englischen Seebad Margate ist z. B. im Jahr 2011 das Kunstmuseum „Turner Contemporary“ eröffnet worden (nach einem Entwurf des Architekten David Chipperfield); bis zum Sommer 2013 verzeichnete es bereits mehr als eine Million Besucher (vgl. Abb. 28). Angesichts der wachsenden Konkurrenz stehen traditionelle Zielgebiete außerdem vor der Herausforderung, ein professionelles Marketing zu betreiben - von der Formulierung eines Leitbildes über die Markenbildung bis hin zum Einsatz des Marketing-Mix aus Kommunikations-, Leistungs-, Distributions- und Preispolitik. Dabei spielt auch die horizontale Kooperation mit Partnern eine wichtige Rolle: Als Beispiel ist die Marketing-Initiative „3 Kaiserbäder“ zu nennen - ein Zusammenschluss der Badeorte Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin an der Ostseeküste. Im Zeitraum 1995 - 2012 stieg die Zahl der Gäste dort von 129.061 auf 495.986 ( www.drei-kaiserbaeder.de). Um den Niedergang einer Destination überhaupt zu verhindern, ist generell ein kontinuierliches Qualitätsmanagement notwendig (das in der Wachstumsphase allerdings häufig vernachlässig wird). In vielen Ländern sind inzwischen Qualitätssiegel, Gütezeichen etc. entwickelt worden, um ein zeitgemäßes Angebotsniveau zu gewährleisten - z. B. das „Visitor Attraction Quality Assurance Scheme“ (VAGAS) in England, das mehrstufige Qualitätsprogramm „Q“ in der Schweiz bzw. die diversen Qualitätsinitiativen des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) ( www.visitengland.org; www.swisstourfed.ch; www. deutschertourismusverband.de). Darüber hinaus bedarf es eines Innovations- <?page no="115"?> 116 ma gib sen ww mu im Abb. tempor die Str verbess Carlos Um bie Au sch bz tun he ww 4 Die Schau anagements, um bt es z. B. seit n Hilfe innov ww. scottish-e usverband (DTV m touristischen 28: Bereits zwei rary“ im englische rategie traditionel sern und neue Z s Dominguez). Tipp: Daten mfassende Inf etet die Websi uf den Home hen Tourist Boa zw. „Insight & ntersuchungen eit, wirtschaftl ww.visitbritain www.visitwal uplätze des inte m zukunftsorien t einigen Jahre vative Tourism enterprise.com V) seit 2005 jä Marketing. Jahre nach seiner en Seebad Marga ller Destinationen Zielgruppen anzus n zum Tourism formationen u te: www.se pages der brit ards finden sich Statistics“ aktu n (Incoming-T liche Bedeutu .com; www. es.com). ernationalen T ntierte Produk en den „Tourism musprojekte f m). In Deutsch ährlich den „I r Eröffnung verze ate mehr als eine n, durch Ansiedlu sprechen (Quelle: mus in Großb und Bilder zur easidehistory.co tischen, englis h unter den Ru uelle Daten so Tourismus, Bin ung der touri .visitengland.co Tourismus kte zu entwic m Innovation Fu finanziell unte hland verleiht Innovationspreis“ eichnete das Kuns Million Besucher ung von Kulturein : Turner Contem britannien r Geschichte d o.uk. chen, schottis ubriken „Resea owie PDF-Vers nnentourismus, istischen Nac om; www.v keln. In Scho und“ (TIF), mi erstützt werde der Deutsche T “ für kreative stmuseum „Turne r. Es ist ein Beisp richtungen das Im mporary, Margate der Seaside Res chen und wal arch & Statisti sionen von Ma , Gästezufried chfrage etc.): visitscotland. o ottland it desen ( Touris- Ideen er Conspiel für mage zu e; Foto: sorts lisiics“ arkdenorg; <?page no="116"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 117 Die traditionellen Zielgebiete in den Industrieländern müssen also große Anstrengungen unternehmen, um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Auf europäischer Ebene kam die Ausdehnung der Pleasure Periphery zunächst den Mittelmeerländern zugute; im Einzugsbereich der USA wurden vor allem Mexiko und die Karibik erschlossen. Der Quellmarkt Japan hat u. a. die australische Ostküste (Gold Coast) touristisch geprägt (vgl. H AJDU 1996). Inzwischen ist aber deutlich geworden, dass das touristische Wachstum auch seinen Preis hatte: große ökologische Belastungen und sozioökonomische Veränderungen. 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer Auf den ersten Blick scheint der Mittelmeerraum ein Gewinner der bisherigen Entwicklung zu sein: Bereits im Jahr 1995 verzeichnete er mehr als 166 Millionen Ankünfte ausländischer Besucher; damit konzentrierte sich dort ein Drittel der weltweiten Nachfrage. Auch die Aussichten sind positiv: Für das Jahr 2020 prognostiziert die Welttourismusorganisation einen Anstieg auf 346 Millionen Ankünfte. Entsprechend groß ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus: Die Einnahmen beliefen sich im Jahr 2012 auf 133,4 Milliarden Euro (WTO 2001, S. 55; UNWTO 2013, S. 5). Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass sich hinter diesen eindrucksvollen Zahlen drei grundsätzliche Probleme verbergen: Angesichts der weltweiten Konkurrenz wird der Marktanteil der mediterranen Zielgebiete künftig auf ca. 22 Prozent sinken; außerdem weisen die einzelnen Länder eine unterschiedliche touristische Dynamik auf und schließlich ist das Mittelmeer nicht nur die „Badewanne Europas“, sondern auch eine Mülldeponie, in der Hunderte Tonnen von Plastikabfällen schwimmen. Worauf basiert der bisherige Erfolg der Mittelmeerländer? Welche Effekte hatte der Tourismus? Welche Herausforderungen müssen die Destinationen beim Umweltschutz, in der Planung und im Marketing-Management bewältigen? 4.2.1 Der Boom des Badetourismus Sonne, Strand und Meer - für die Mehrzahl der Europäer ist diese „klassische Trilogie“ (K AGERMEIER / P OPP 2000, S. 70) längst zum Synonym für eine Urlaubsreise geworden: Der Badetourismus rangiert mit deutlichem Abstand auf Platz 1 der beliebtesten Urlaubsformen (vgl. Tab. 6). Der Mittelmeerraum bietet dafür die perfekten naturräumlichen Voraussetzungen: trocken-warme Sommer, angenehme Wassertemperaturen und weitläufige Strände. <?page no="117"?> 118 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Erstaunlicherweise spielten diese Gunstfaktoren zu Beginn der touristischen Erschließung im 19. Jahrhundert keine Rolle - wie u. a. das berühmte Buch „Ein Winter auf Mallorca“ zeigt, in dem die britische Schriftstellerin George Sand ihren gemeinsamen Aufenthalt mit Frédéric Chopin in Valldemossa im Jahr 1838 beschreibt. Zunächst wurden die Wintermonate als Reisezeit bevorzugt - nicht nur auf Mallorca, sondern auch an der französischen und italienischen Riviera. Nach dem Vorbild der englischen Seaside Resorts entstanden dort Luxusbäder wie Hyères, Nizza, Monte Carlo, Rapallo etc., in denen sich der britische und kontinentaleuropäische Adel traf. Als Bühnen der gesellschaftlichen Repräsentation dienten Promenaden, Parkanlagen und Spielcasinos, während das Baden im Meer nur geringe Bedeutung hatte (auch das Sonnenbaden war zur damaligen Zeit verpönt, da ein weißer Teint als Ausdruck von Schönheit und Eleganz galt). Erst Anfang der 1930er Jahre verzeichnete z. B. Cannes mehr Gäste in der Sommersaison als in den Wintermonaten (vgl. S CHOTT 1973, S. 303). Die boomartige Entwicklung des Badetourismus am Mittelmeer begann erst in den 1950er Jahren. Nach den schrecklichen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs wollten die Europäer reisen - und nun konnten sie auch reisen: Im Rahmen von Tarifverhandlungen wurde ihnen Urlaub gewährt, sie verfügten über ein gesichertes Einkommen und immer mehr Menschen besaßen einen eigenen Pkw. Da sich die Zielländer Einnahmen aus dem „Fremdenverkehr“ erhofften, schafften sie die bislang bestehenden Einreiseformalitäten ab, öffneten sich für ausländische Investoren und förderten den Ausbau der heimischen Tourismusbranche. In den Quellgebieten entstanden immer mehr Reiseveranstalter, die mit ihren preisgünstigen Pauschalreisen zu einer weiteren Demokratisierung des Tourismus beitrugen - wie bereits Thomas Cook im viktorianischen England (allerdings wurden die Reisen nun nicht mehr mit der Bahn, sondern zunehmend mit Charterflugzeugen durchgeführt). Innerhalb weniger Jahrzehnte dehnte sich die europäische Pleasure Periphery nach Süden aus (vgl. K ULINAT 1991, S. 432; S CHUMANN 1996): Zunächst erreichte der massenhafte Besucherstrom das nördliche Italien (Südtirol, Adria, Ligurien), das z. B. von Deutschland aus mit dem Pkw oder dem Motorrad erreicht werden konnte; dabei handelte es sich zunächst noch um individuell organisierte Reisen. Seit Anfang der 1960er Jahre wurden die Küsten in Spanien (speziell die nördliche gelegene Costa Brava), in Südfrankreich, Jugoslawien, Griechenland, Tunesien und Marokko erschlossen. In Spanien stieg z. B. die Zahl ausländischer Touristen im Zeitraum 1932 - 1971 von 202.000 auf 26,5 Millionen. Portugal und die Türkei haben sich erst in den 1980er Jahren für den internationalen Tourismus geöffnet; verantwortlich hierfür waren vor allem innen- <?page no="118"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 119 und wirtschaftspolitische Gründe. Speziell die Türkei hat seitdem einen enormen touristischen Aufschwung erlebt. Aufgrund seines späten Markteintritts verfügt das Land gegenwärtig über eine zeitgemäße touristische Infrastruktur. Die frühen Marktteilnehmer (z. B. Mallorca) mussten hingegen bereits einen Relaunch-Prozess einleiten, um nicht den gleichen Niedergang erleben zu müssen wie die britischen Seaside Resorts ( 4.1.3). Abb. 29: Die Mittelmeeranrainerländer partizipieren in unterschiedlichem Umfang am internationalen Tourismus. Marktführer ist Spanien; speziell die Türkei konnte ihr Tourismusaufkommen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich steigern (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.factfish.com; Grafik: P. Blank). Trotz der massenhaften Erschließung des Mittelmeerraumes bestehen gegenwärtig hinsichtlich des Umfangs der touristischen Nachfrage noch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Anrainerländern: Der Marktführer Spanien verzeichnete im Jahr 2011 56,7 Millionen Ankünfte, Tunesien hingegen nur 4,8 Millionen (vgl. Abb. 29). Der 200 Kilometer lange Küstenstreifen in Libyen wird bislang überhaupt nicht für den internationalen Tourismus genutzt - eine Folge der jahrzehntelangen Abschottungspolitik des Diktators Muammar al- Gaddafi und der innenpolitischen Wirren nach dessen Sturz im Jahr 2011 (vgl. T ELSER 2013). 4.2.2 Die Folgen der touristischen Erschließung „Arbeitslosigkeit in Spanien sinkt dank Urlaubern. Gute Nachrichten für das krisengeplagte Spanien: Das zweite Quartal in Folge können mehr Menschen der Arbeitslosigkeit entfliehen. Auch die Wirtschaftsleistung wächst“ - diese Meldung im „Handelsblatt“ vom Herbst 2013 ist ein Beleg für die großen ökonomischen Effekte, die der Tourismus generell und speziell auch in den mediterranen Ländern auslöst <?page no="119"?> 120 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus (die teilweise noch agrarwirtschaftlich geprägt sind). Dabei handelt es sich vorrangig um die Schaffung von Arbeitsplätzen - besonders in den peripheren Küstenregionen - und um die Erwirtschaftung von (Devisen-) Einnahmen (vgl. Tab. 10). Land Ankünfte (in Mio.; 2011) Einnahmen aus dem internationalen Tourismus In Mrd. US-Dollar (2011) Anteil am Bruttosozialprodukt Gesamtexport Frankreich 81,6 54,5 2,4 % 8,1 % Spanien 56,2 59,9 3,7 % 15,6 % Italien 46,1 43,0 2,1 % 7,5 % Türkei 34,7 25,1 3,1 % 15,6 % Griechenland 16,4 14,6 5,0 % 22,0 % Kroatien 9,9 9,2 15,4 % 36,6 % Ägypten 9,5 8,7 4,4 % 19,8 % Marokko 9,3 7,3 9,1 % 28,6 % Portugal 7,4 11,3 6,3 % 17,5 % Israel 2,8 5,3 2,3 % 6,2 % Zypern 2,4 2,5 11,0 % 25,8 % Tab. 10: In den Mittelmeerländern spielt der Tourismus generell eine wichtige Rolle als Wirtschaftsfaktor. Vor allem in agrarisch geprägten Staaten erreicht er einen hohen Anteil am Bruttosozialprodukt und Gesamtexport (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in UNWTO 2013, 2013a). Die Bedeutung des Tourismus hängt nicht nur vom Umfang der Nachfrage, sondern auch vom wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Staaten ab: Speziell in strukturschwachen Ländern wie Kroatien, Marokko, Zypern und Griechenland erreichen die touristischen Einnahmen jeweils einen hohen Anteil am Bruttosozialprodukt und am Gesamtexport. Darüber hinaus trägt der Tourismus in den Mittelmeerländern dazu bei, die bestehenden Handelsbilanzdefizite abzubauen - denn der Outgoing-Tourismus (der mit einem Abfluss von Devisen verbunden ist) spielt dort eine relativ geringe Rolle: So konnte Italien z. B. im Jahr 2012 einen positiven Saldo der Reise- <?page no="120"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 121 verkehrsbilanz in Höhe von 14,8 Milliarden US-Dollar verzeichnen; als Folge der hohen Auslandsreiseintensität der Bundesbürger wies Deutschland hingegen einen negativen Saldo auf (44,9 Milliarden US-Dollar). Für das touristische Wachstum mussten die Mittelmeerländer allerdings auch einen hohen Preis bezahlen. Aufgrund einer fehlenden Planung und eines kurzfristiger Gewinndenkens kam es vielerorts zu erheblichen ökologischen Belastungen, die bereits in den 1980er Jahren offenkundig wurden; dazu zählen die typischen touristischen Umweltsünden (vgl. u. a. S CHMITT / B LÀZQUEZ I S ALOM 2003 ) : Landschaftsverbrauch und Flächenversiegelung durch den Bau von Hotels, Ferienhaussiedlungen (Urbanizaciónes) etc., aber auch von Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Flughäfen etc.; Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch eine unangepasste Architektur (standardisierte „Bettenburgen“, Hochhausbauten in kleinen Buchten etc.); Lärmbelästigung und Luftverschmutzung als Folgen des hohen Verkehrsaufkommens; Tier- und Pflanzengefährdung durch Bautätigkeit in ökologisch sensiblen Gebieten, aber auch durch achtloses Verhalten von Aktivurlaubern; hoher Energiebedarf sowie großer Wasserverbrauch durch die saisonale Zusatzbevölkerung (Swimmingpools, Bewässerung der Gartenanlagen von Hotels, Golfplätzen etc.); hohes Müllaufkommen sowie zusätzliche Wasserverschmutzung durch unzureichende Klärung von Abwässern, Bau von Marinas und unkontrollierte Entsorgung durch Bootseigner (in diesem Bereich hat der Tourismus allerdings eine Täter-Opfer-Rolle, denn zu einem großen Teil handelt es sich um Abwässer und Abfälle aus den Hafenstädten bzw. aus Landwirtschaft und Industrie). Das Mittelmeer als Müllkippe und „Plastiksuppe“ „Es ist noch finster, als das Fischerboot der Familie Mas aus dem Hafen Palma de Mallorca ausläuft. Die Motoren dröhnen so laut, dass sich die Besatzung mit Handzeichen verständigt. Viel gibt es sowieso nicht zu reden, jeder weiß, was er zu tun hat. Der 30-jährige Kapitän, Manuel Mas, steuert die Port d’Andratx zum ersten Fischgrund. ... Stahlseile laufen über eine Rolle, bis das Netz in 400 Metern Tiefe Kontakt mit dem Meeresboden hat. Das Fischerboot fährt langsam weiter, schleift das Netz über den Grund und wühlt den Meeresboden auf. Meerbarben und Garnelen werden aufgescheucht und schwimmen in den trichterförmigen Fangsack. Zwischen den Fischen landen auch Plastikflaschen, Tüten, Getränkedosen und Benzinkanister im Netz. <?page no="121"?> 122 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus In der Tiefe der Ozeane häuft sich der Müll. Wind und Strömung treiben riesige Mengen an Verpackungen aus Plastik, Glas und Metall sogar bis in die abgelegensten Winkel der See, wo Teile des Unrats auf den Boden sinken und „jahrhundertelang bleiben, denn dort unten fehlen Licht und Sauerstoff, so dass beispielsweise Plastik nur sehr langsam abgebaut wird“, erklärt François Galgani vom französischen Meeresforschungsinstitut Ifremer. ... Das Wasser rund um Mallorca ist zwar sehr sauber. Schon längst leiten Fabriken und Hotels ihr Abwasser nicht mehr in die See, doch in keinem anderen Meer lagert so viel Müll wie auf dem Grund des Mittelmeers. Selbst Kühlschränke und Eimer mit Lacken und Farben haben sie schon an Deck gezogen, erzählt Rafael Mas. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn du den ganzen Tag gearbeitet hast und dann alles wegschmeißen musst, weil der Fisch voller Farbe ist“, schimpft der Fischer. „Und das, weil irgendein Herr nur die Hälfte seines Farbeimers gebraucht hat und dann nicht wusste, wohin mit dem Rest. Da schmeißt er ihn eben von seiner Yacht“ (E ICHLER 2010). Die negativen Wirkungen der touristischen Erschließung beschränken sich generell nicht nur auf Landschaft und Umwelt; auch die lokale Bevölkerung und die traditionelle Kultur sind davon betroffen (dieser Akkulturationsprozess soll am Beispiel der Entwicklungsländer erläutert werden, da die Effekte aufgrund der größeren sozialen und kulturellen Unterschiede zwischen Touristen und „Bereisten“ dort gravierender sind; 4.3). 4.2.3 Wettbewerbsstrategien der Warmwasserziele Saisonale und räumliche Konzentration der Nachfrage, Austauschbarkeit des Angebots, zunehmender Attraktionsverlust und Ressourcenschutz - diese grundsätzlichen Probleme müssen die Mittelmeerländer durch gezielte Management- und Marketing-Maßnahmen lösen. 4.2.3.1 Diversifizierung des Angebotes Innerhalb der touristischen Entwicklung haben sich die mediterranen Destinationen zunächst auf den Badetourismus konzentriert, da sie für dieses Marktsegment über besonders günstige naturräumliche Voraussetzungen verfügen. Außerdem entsprach ihr Sonne-Strand-Angebot den Bedürfnissen der Gäste aus Mittel-, West- und Nordeuropa. Zu den Nachteilen dieser monostrukturellen Ausrichtung zählt zum einen die extreme Saisonalität der Nachfrage: Auf den Balea- <?page no="122"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 123 ren finden z. B. zwei Drittel aller Ankünfte in den Monaten Juni bis September statt (vgl. Abb. 30). Die gesamte Infrastruktur (Wasserversorgung, Müllentsorgung etc.) muss für die Nachfragespitzen vorgehalten werden; einen Teil des Jahres wird sie jedoch nicht ausgelastet. Außerdem kommt es in den Wintermonaten zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote, da die Mehrzahl der Tourismusbetriebe in nachfrageschwachen Zeiten geschlossen wird (auf Mallorca sind z. B. nur 12 Prozent der Hotels geöffnet). Abb. 30: Ein Merkmal des Badetourismus am Mittelmeer (z. B. auf den Balearen) ist die extreme Saisonalität der Nachfrage. Sie hat u. a. negative Konsequenzen auf den regionalen Arbeitsmarkt, da Hotels, Restaurants, Freizeitbetriebe etc. in den Wintermonaten geschlossen werden (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.ine.es; Grafik: P. Blank). Zum anderen führt die Spezialisierung auf den Badetourismus zu einer erheblichen räumlichen Konzentration der Nachfrage: Für Hotels, Ferienhäuser, Campingplätze etc. erweist sich der Meerblick als entscheidender Standortfaktor (da er ein höheres Preisniveau rechtfertigt). Speziell in den Küstenbereichen mit langen, flachen Sandstränden ist es deshalb zu einer extremen Bebauung gekommen: An den Stränden südlich von Palma de Mallorca konzentrierten sich z. B. in den 1990er Jahren zwei Drittel aller Fremdenbetten und Benidorm gilt als Stadt mit der größten Hochhausdichte der Welt (bezogen auf die Einwohnerzahl); dort gibt es über dreihundert Gebäude mit mehr als zwölf Stockwerken. Als Reaktion auf die zeitliche und räumliche Konzentration der Nachfrage verfolgen viele Mittelmeerländer eine Diversifizierungsstrategie, um den Druck auf die Küstenregionen zu verringern und auch andere Landesteile stärker touristisch zu erschließen bzw. um in den Wintermonaten für eine bessere Kapazitätsauslastung zu sorgen. Zu diesem Zwecke fördern und propagieren sie z. B. den Kulturtourismus, den Wellness- und Gesundheitstourismus, den Aktivtourismus (Wandern, Radfahren) sowie den Tagungs- und Kongresstourismus - also Pro- <?page no="123"?> 124 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus dukte, die auch in der Nebensaison und an binnenländischen Standorten nachgefragt werden. Darüber hinaus versuchen die Länder, sich aus ihrer bisherigen Abhängigkeit von wenigen Märkten (Deutschland, Großbritannien) zu lösen, indem sie neue Quellgebiete bearbeiten - speziell in Osteuropa. Touristische Diversifizierung in der Türkei: Ausbau des Gesundheitstourismus „Die türkische Regierung verfolgt ehrgeizige Ziele zum Ausbau des Gesundheitstourismus. Dieser Bereich, der in den Anfängen steht, wird vom Staat mit finanziellen Vergünstigungen gefördert. Das Gesundheitsministerium erwartet, dass die Zahl ausländischer Patienten bis 2023 auf 2 Mio. und die Deviseneinnahmen auf 20 Mrd. US $ steigen werden. Mit umfangreichen Investitionen wird im Krankenhaussektor gerechnet. Vor allem private Betreiber bauen ihre Einrichtungen aus. ... Die Türkei will den Gesundheitstourismus in den kommenden Jahren stark ausbauen. Dafür bietet das Land, das 2012 von rund 32 Mio. Urlaubern besucht wurde, ideale Voraussetzungen. Während sich die Türkei mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten bei ausländischen Touristen nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, bietet der inzwischen gut entwickelte Gesundheitssektor am Bosporus Ausländern vielfältige medizinische Behandlungsmöglichkeiten. Insbesondere in Istanbul, aber auch anderen Touristikorten, wurden in den vergangenen Jahren neue Krankenhäuser und Kliniken eröffnet, die mit modernster Medizintechnik ausgestattet sind. Gleichzeitig wurden bestehende Einrichtungen modernisiert. Das medizinische Angebot - zumindest in den für ausländische Patienten in Frage kommenden Einrichtungen - befindet sich inzwischen auf dem Niveau westeuropäischer Länder. Vergleichsweise niedrige Behandlungskosten, hohe Qualität medizinischer Leistungen und die relativ geringe Entfernung lässt die Türkei für viele Patienten in Europa, dem Nahen Osten und in den GUS-Republiken als eine interessante Alternative für medizinische Behandlungen erscheinen“ ( www.gtai.de vom 30.01.2013). 4.2.3.2 Verbesserung des Images Als weiterer Problembereich der Mittelmeerländer erweist sich die Austauschbarkeit des Angebots, denn über Sonne, Strand und Meer - die Gunstfaktoren des Badetourismus - verfügen weltweit viele Zielgebiete: <?page no="124"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 125 Zum einen stehen die mediterranen Destinationen in direkter Konkurrenz miteinander: So haben z. B. deutsche Spanien-Urlauber vor ihrer Reiseentscheidung 3,5 andere Zielgebiete in Betracht gezogen, bei den Tunesien-Urlaubern waren es sogar 9,1 (vgl. F. U. R. 2011, S. 1). Der Wettbewerb wird dabei vor allem über den Preis geführt, aber auch zunehmend über die Qualität des Angebots. Zu einer Verlagerung der Reiseströme kommt es auch bei innenpolitischen Krisen; so konnte Spanien z. B. im Jahr 2013 von den unsicheren Verhältnissen in Ägypten und Tunesien profitieren („Arabellion“). Seit Ende der 1960er Jahre sind zum anderen tropische Entwicklungsländer wie Kenia, Sri Lanka, Thailand bzw. die Dominikanische Republik als neue Wettbewerber im Badetourismus aufgetreten. So konnte Kenia z. B. im Zeitraum 1972 - 2011 seine Besucherzahl von 400.000 auf 1,6 Millionen steigern. Diese weitere Ausdehnung der Pleasure Periphery wurde durch den dortigen Ausbau der touristischen Infrastruktur und die Einführung von Großraumflugzeugen begünstigt ( 4.3). Für die Mittelmeerländer geht es also darum, ihre jeweiligen Alleinstellungsmerkmale zu kommunizieren, um sich von den Konkurrenten zu unterscheiden - z. B. durch internationale Werbekampagnen, Mega-Events im Sport- und Kulturbereich etc. Globale Werbekampagne der Türkei „Das Ministerium für Kultur und Tourismus der Republik Türkei hat den Etat für eine globale Werbekampagne ausgeschrieben. Das Budget dafür beläuft sich auf 50 Millionen US-Dollar. Die Werbeoffensive ist für das Jahr 2014 geplant. Das Ministerium erwartet von der künftigen Agentur eine globale, integrierte Marketingstrategie. Geplant sind unter anderem TV-Werbung sowie „Kreativkonzepte für verschiedene Kommunikationskanäle“, wie die ausschreibende Behörde mitteilt. Inhaltlich will sich das Reiseland Türkei in der Kampagne stärker dem Individualtourismus zuwenden - und so verdeutlichen, dass die Türkei inzwischen keine rein massentouristische Destination mehr ist. So sollen unter anderem auch ganzjährige Angebote für den Outdoor- und Ökotourismus in den Vordergrund gerückt werden. In der Vergangenheit wurde der Touristik-Etat von der türkischen Agentur dBF betreut. Die Türkei war in diesem Jahr vor allem durch Massenproteste in der Metropole Istanbul international in die Negativ-Schlagzeilen geraten. Das Land am Bosporus hat sich mittlerweile zur sechstgrößten Volkswirtschaft Europas entwickelt. Gemessen an der Zahl der internationalen Touristen- <?page no="125"?> 126 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus ankünfte liegt die Türkei nach eigenen Angaben im weltweiten Vergleich auf Platz sechs unter den Reiseländern“ (W EBER 2013). 4.2.3.3 Relaunch-Maßnahmen Kleine, standardisierte Hotelzimmer, eine extrem dichte Hochhausbebauung, fehlende Frei- und Grünflächen - dieses Angebot vieler Tourismusorte am Mittelmeer entspricht längst nicht mehr den Anforderungen, die Touristen im 21. Jahrhundert an eine Destination stellen (vgl. Abb. 31). Abb. 31: Die standardisierten „Bettenburgen“ aus den 1960er und 1970er Jahren mit ihren kleinen Zimmern und Balkonen entsprechen nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen der Urlauber an eine abwechslungsreiche Destination (z. B. an der Playa de Palma auf Mallorca). Aus Sicht von Experten und Politikern ist es deshalb notwendig, ältere Gebäude abzureißen, um Platz für zeitgemäße, wettbewerbsfähige Hotels und vor allem auch für Frei- und Grünflächen zu schaffen (Quelle: eigenes Foto). Auch die mediterranen Destinationen unterliegen den Gesetzmäßigkeiten des Produktlebenszyklus: Aufgrund ihres frühen Markteintritts befinden sie sich in der Reifephase. Um einen Niedergang wie die englischen Seaside Resorts zu vermeiden, müssen sie einen Relauch-Prozess einleiten - durch Maßnahmen des Qualitätsmanagements, ein professionelles Marketing und vor allem durch eine Modernisierung der Infrastruktur. <?page no="126"?> 4.2 Die Mittelmeerländer als ökonomische Nutznießer 127 Relaunch-Maßnahmen auf Mallorca „Den Ballermann wird es in seiner jetzigen Form bald nicht mehr geben. Der Vize-Bürgermeister von Palma de Mallorca, Alvaro Gijon, kündigte in der „Bild“-Zeitung einen radikalen Umbau der durch Alkoholexzesse bekannt gewordenen spanischen Partymeile um die Kult-Kneipe an. „In den nächsten fünf bis sechs Jahren werden wir das Erscheinungsbild an der Playa de Palma um 180 Grad drehen.“ ... Laut Gijon sollen künftig vor allem wohlhabende Touristen angelockt werden: „Viele Hotels werden auf vier und fünf Sterne hochgerüstet, der Strand komplett neu gestaltet mit hochklassiger Gastronomie und Sportangeboten.“ So sollten mehr Touristen etwa aus China und Dubai angezogen werden. „Dieser Sauf-Tourismus ist nicht mehr zeitgemäß“, urteilte Gijon. Betrinken könne man sich auch in Lokalen oder Diskotheken. Das Saufen am Strand und in der Öffentlichkeit sollte tabu sein. Schon in diesem Jahr hatte die Regionalverwaltung an der Ballermann- Promenade ein Sauf-Verbot in der Öffentlichkeit zwischen 22.00 Uhr und 1.00 Uhr erlassen. Ab dem nächsten Jahr soll das Verbot ganztägig gelten und auf den gesamten Strand ausgeweitet werden. ... Jedes Jahr kommen etwa 600.000 Urlauber an die Playa de Palma, rund um den Strandabschnitt stehen 250 Hotels mit insgesamt etwa 50.000 Betten. Besonders bei deutschen Besuchern, die einmal so richtig feiern wollen, ist die Strandmeile mit Lokalen wie „Oberbayern“, „Bierkönig“ und „Mega-Park“ beliebt“ ( www.mobil.n-tv.de vom 22.07.2013). 4.2.3.4 Schutz der Ressourcen „Baugrube reiht sich an Baugrube, Luxusvillen wachsen neben eintönigen Bungalowreihen und monströs aufragenden Appartementblocks. Ein bis zu 500 m breiter Streifen verschlingt immer größere Stücke fruchtbarer Ackerböden, um sie einer neuen türkischen Gottheit zu opfern - dem modernen Bade- Tourismus. Die türkische Küste wird ausverkauft“ (H ÖHFELD 1989, S. 230): Am Marmarameer und der türkischen Riviera zwischen Antalya und dem Kap Anamur fanden damit in den 1980er Jahren die gleichen dramatischen Fehlentwicklungen statt wie Jahrzehnte zuvor an der Costa Brava und den mallorquinischen Stränden. Speziell in der Initialphase der touristischen Erschließung wurden Natur und Umwelt in vielen mediterranen Zielgebieten auf verantwortungslose Weise ausgebeutet; es herrschte eine „Goldgräberstimmung“ (O BERWEGER 2001, <?page no="127"?> 128 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus S. 28). Angesichts der planlosen, ungezügelten Bautätigkeit bestand die Gefahr, dass sich der Tourismus durch den extremen Flächenverbrauch mittelfristig seiner eigenen Grundlagen und seiner künftigen Entwicklungsmöglichkeiten berauben würde. Zu einem Umdenken bei Politikern, Planern und Vertretern der Tourismusbranche kam es allerdings erst aufgrund eines „Aufstand s der Bereisten“ (K RIPPENDORF 1986, S. 53) und neuer Qualitätsanforderungen der Gäste: Zum einen entstanden gesellschaftliche Pressure Groups, die gegen eine weitere Erschließung protestierten und die Ausweisung von Naturschutzgebieten forderten - wie z. B. die mallorquinische Umweltschutzinitiative Grup Balear d´Ornitologia i Defensa de la Naturalesa (GOB). Zum anderen stieg aber auch das Umweltbewusstsein der Urlauber: In einer bundesweiten Repräsentativuntersuchung meinten z. B. 78 Prozent der Befragten, die ihren Urlaub auf den Balearen verbracht hatten, dass eine intakte Umwelt sehr wichtig für ihre Urlaubszufriedenheit sei. 57 Prozent gaben an, dass sie Urlaubsorte mit verbauter Landschaft als abschreckend empfänden (vgl. K ÖSTERKE / L AßBERG 2005, S. A-20). Als Reaktion auf diese Entwicklungen wurden z. B. auf Mallorca seit Ende der 1980er Jahre zahlreiche Verordnungen und Gesetze erlassen, die dem Schutz der Ressourcen und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit dienen (vgl. S CHMITT 2000, S. 60). Darüber hinaus fordern Experten aber auch die Erstellung von Masterplänen für Länder und Zielgebiete, von Flächennutzungs- und Bauleitplänen für Gemeinden sowie von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für Großprojekte, um eine umweltgerechte Erschließung sicherzustellen (vgl. S EVINÇ 2010). Viele mediterrane Zielgebiete müssen also landschaftsplanerische und städtebauliche Reparaturarbeiten durchführen, um künftig die drei Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen zu können: Sie dürfen sich nicht darauf beschränken, die ökonomischen Interessen der Unternehmen und Investoren zu berücksichtigen, sondern müssen auch die einheimische Bevölkerung in Entscheidungsprozesse einbeziehen und die natürlichen Ressourcen für kommende Generationen erhalten - z. B. in Form von Modellprojekten, in denen wirtschaftlicher Nutzen, Partizipation und Umweltschutz miteinander verbunden werden. <?page no="128"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 129 Schildkröten-Schutzprojekt in der Türkei „Ein in Europa einzigartiges Naturschauspiel findet man am berühmten Schildkrötenstrand von Anamur an der türkischen Südküste. Zwar gibt es mehrere Strände in der Türkei, an den Schildkröten brüten, doch ist dies wohl der wichtigste. Jedes Jahr schlüpfen Zehntausende von Jungschildkröten dort aus ihren Eiern und bevölkern den Strand . ... Nun hat die zuständige Umweltbehörde die letzte Unterschrift unter ein viel versprechendes Projekt gesetzt. 2008 werden am Strand von Anamur erstmals Freiwillige aus Deutschland und der Türkei unter Anleitung von Biologen und Biologiestudenten zum Schutze der Carettas Caretta caretta = Fachbezeichnung für diese Schildkrötenart tätig sein. Flankiert wird diese Arbeit durch breite Informationskampagnen vor Ort, um eben auch die Bevölkerung für dieses Thema zu gewinnen. ... Erwähnenswert ist die Partnerschaft, welche hier zu Stande gekommen ist. Von staatlicher Seite ist es die nationale Parkverwaltung mit Projektbüro in Anamur, aus Deutschland die Aktionsgemeinschaft Artenschutz e. V. (AGA), in enger Zusammenarbeit mit dem örtlichen Naturschutz- und Tourismusverein Anamur (AÇED)“ (Y AMAN 2008, S. 36). Weiterführender Lesetipp B RAMWELL , B. (Hrsg.; 2004): Coastal Mass Tourism. Diversification and Sustainable Development in Southern Europa, Clevedon u. a. (Aspects of Tourism; 12) Nach zwei grundlegenden Beiträgen zum Tourismus im mediterranen Raum enthält der umfangreiche Sammelband zahlreiche Fallstudien, die sich mit den ökologischen Folgen der touristischen Erschließung beschäftigen bzw. Planungsmaßnahmen und Diversifizierungsansätze erläutern. 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele Einsame Strände, wogende Palmen und ein türkisblaues Meer, aber auch faszinierende Kulturdenkmäler und eine artenreiche exotische Tierwelt - das ist das touristische Bild der Entwicklungsländer, das in Urlaubsprospekten und Reisemagazinen gezeichnet wird: Sie werden zu „Traumreisezielen“ verklärt. Für die Mehrzahl der Bundesbürger sind diese Destinationen tatsächlich Sehnsuchtsräume, denn nur <?page no="129"?> 130 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus ca. jeder zwölfte Urlauber unternimmt eine Reise in ein Land der Dritten Welt. Gleichzeitig verfügen ferne Destinationen aber über eine spezielle Attraktivität: In einem Ranking der Traumreiseziele, das vom Online-Hotelreservierungsdienst „hotel.de“ erstellt wurde, rangieren die Malediven, die Karibik, die USA, Australien und die Südsee auf den oberen Plätzen (vgl. A DERHOLD u. a. 2013, S. 48; www.hotel.de). Ein völlig anderes Bild der Entwicklungsländer findet sich hingegen auf den Wirtschafts- und Politikseiten der Tageszeitungen - mit Berichten über eine bittere Armut, eine hohe Arbeitslosigkeit, eine rasant steigende Bevölkerungszahl, eine schlechte medizinische Versorgung und eine alarmierend hohe Analphabetenquote. Die Länder der Dritten Welt als Problemregionen und zugleich als Projektionsräume - in diesem Spannungsfeld hat die Entwicklung des Tourismus stattgefunden. Zunächst galt er als Hoffnungsträger, denn er bot den Entwicklungsländern die Chance, ihre natürlichen und kulturellen Ressourcen zu nutzen, um die Sehnsüchte westlicher Urlauber zu erfüllen und gleichzeitig die dringend benötigten Deviseneinnahmen zu erwirtschaften und Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings wurden bald auch die Schattenseiten deutlich - vor allem in Form sozialer und kultureller Belastungen. Welche Möglichkeiten einer nachhaltigen Tourismusentwicklung gibt es in den Entwicklungsländern? Wie können die Akkulturationsprobleme gelöst werden, die sich aus dem großen ökonomischen und kulturellen Kontrast zwischen Touristen und „Bereisten“ ergeben? Welche Bedeutung haben die Entwicklungsländer gegenwärtig im internationalen Tourismus und wie sehen die Perspektiven aus? 4.3.1 Wachstumschancen vs. Krisenanfälligkeit In wirtschaftlicher Hinsicht haben die Entwicklungsländer in den vergangenen Jahrzehnten eine touristische Erfolgsgeschichte geschrieben. Gemeinsam mit den Schwellenländern (Emerging Economies; 4.5) konnten sie ihren Anteil an den internationalen Einkünften seit 1978 von 11 auf 47 Prozent steigern. Auch die Perspektiven sind günstig: Die UNWTO geht davon aus, dass im Jahr 2030 mehr Touristen in Entwicklungs- und Schwellenländer reisen werden als in Industrieländer; dabei wird speziell mit wachsenden Reiseströmen zwischen den Emerging Economies gerechnet (zur Erinnerung: Die UNWTO-Daten beziehen sich nicht nur auf den Urlaubsreiseverkehr, sondern auch auf alle anderen Reisearten - z. B. den Geschäftsreiseverkehr). Die stärkere Integration der Entwicklungsländer in den internationalen Tourismus begann in den 1960er Jahren; wesentliche Voraussetzungen für diese erneute Ausdehnung der Pleasure Periphery waren: <?page no="130"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 131 Die Einführung von leistungsstarken Langstreckenjets (Boeing B 747, McDonnell Douglas DC 10), durch die interkontinentale Reisen schneller und preisgünstiger wurden. Der Bau bzw. Ausbau von Flughäfen: So waren z. B. die Seychellen bis zur Eröffnung des Flughafens im Jahr 1972 nur per Schiff zu erreichen, das einmal pro Woche vom kenianischen Mombasa aus verkehrte. Die indonesische Insel Bali verfügte erst nach der Erweiterung des Flughafens Denpasar (1959) über direkte Flugverbindungen in die internationalen Quellgebiete. Das Angebot preisgünstiger Pauschalreisen durch (Spezial-) Reiseveranstalter: In Kenia spielte z. B. der „African Safari Club“ (AFC) ein wichtige Rolle, der im Jahr 1967 gegründet wurde. Bis zu seinem Konkurs im Jahr 2009 betrieb er mehrere Hotelanlagen und mit „African Safari Airways“ sogar eine eigene Fluggesellschaft (vgl. V ORLAUFER 1996, S. 85). Eine bessere Information über die fernen Zielgebiete: Einen großen Einfluss hatten dabei Reiseführer und TV-Reisemagazine, aber auch prominente Tierschützer wie der Direktor des Frankfurter Zoos, Prof. Dr. Bernhard Grzimek. Mit seiner populären TV-Sendung „Ein Platz für Tiere“ und dem Oscar-prämierten Film „Serengeti darf nicht sterben“ erreichte er in den 1960er und 1970er Jahren ein Millionenpublikum; damit weckte er nicht nur das Interesse an der bedrohten Tierwelt, sondern auch an Afrika als Reiseziel (vgl. S TEINECKE 2010, S. 160 - 161; Abb. 32). Neue Trendsetter, die bis dahin unbekannte Regionen touristisch erschlossen: Eine Vorreiterrolle kam dabei nicht den englischen Adeligen als Usual Suspects zu, sondern amerikanischen, europäischen und australischen Jugendlichen, die als Backpacker und Alternativtouristen monatelang speziell in Asien unterwegs waren, um neue Lebenserfahrungen zu machen, andere Kulturen kennenzulernen - und Drogen zu konsumieren. Eine Drehscheibe dieses Traveller-Tourismus war die Khao San Road in Bangkok, die im Bestsellerroman „The Beach“ von Alex Garland und dem gleichnamigen Film mit Leonardo DiCaprio verewigt wurde (vgl. S PREITZHOFER 2009, S. 43 - 44). Der Tourismus bot den Entwicklungsländern den Vorteil, die vorhandene Natur und Kultur - also ihre endogenen Potenziale - nutzen zu können, ohne vergleichbar hohe Investitionen tätigen zu müssen wie im Falle einer industriellen Entwicklung. Tempelanlagen, Palmenstrände und Elefanten, Löwen, Zebras etc. hatte es dort schon immer gegeben, doch der Blick durch die „touristische Brille“ westlicher Urlauber machte sie nun zu exotischen Sehenswürdigkeiten: Sie konnten als Attraktionen erschlossen und damit ökonomisch genutzt werden (vgl. T URNER 2011; Abb. 32). <?page no="131"?> 132 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 32: Zu den touristischen Ressourcen der afrikanischen Entwicklungsländer gehört die heimische Tierwelt, die vor allem durch Fotosafaris erschlossen wird. Pirschfahrten im offenen Jeep bieten die Gelegenheit, die Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung aus direkter Nähe zu beobachten - z. B. im „Chobe National Park“ in Botswana (Quelle: eigenes Foto). Die enorme touristische Bedeutung spiegelt sich in den hohen Besucherzahlen einiger Kulturdenkmäler und Nationalparks wider: buddhistische Tempelanlage Borobudur (Indonesien): 2,5 Millionen/ Jahr, Grabmal Taj Mahal (Indien): 2,4 Millionen/ Jahr, Tempelanlage Angkor Wat (Kambodscha): 2,0 Millionen/ Jahr, Krüger-Nationalpark (Südafrika): 1,5 Millionen/ Jahr, Inka-Stadt Machu Picchu (Peru): 730.000/ Jahr, Serengeti-Nationalpark (Tansania): 637.000/ Jahr, Galápagos-Inseln (Ecuador): 180.000/ Jahr. Aufgrund des hohen Besucheraufkommens hat der Tourismus in vielen Entwicklungsländern eine große ökonomische Bedeutung: Speziell für kleine Inselstaaten, die aufgrund fehlender Rohstoffe keine wirtschaftlichen Alternativen haben, ist er ein wichtiger Devisenbringer; damit trägt er zumindest teilweise zu einem Ausgleich der negativen Handelsbilanz bei (vgl. Tab. 11). <?page no="132"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 133 Land Ankünfte (2011) Einnahmen aus dem internationalen Tourismus In Mrd. US-Dollar (2011) Anteil am Bruttosozialprodukt Gesamtexport Dominikanische Republik 4.306.000 4,4 7,9 % 31,4 % Costa Rica 2.192.000 2,2 5,8 % 20,5 % Jamaica 1.952.000 2,0 14,2 % 48,1 % Kenia 1.750.000 0,9 5,0 % 18,6 % Mauritius 965.000 1,5 16,1 % 30,5 % Sri Lanka 856.000 0,8 2,4 % 10,4 % Nepal 736.000 0,4 2,2 % 22,3 % Ruanda 619.000 0,3 3,9 % 35,9 % Barbados 568.000 1,2 25,2 % 51,9 % Belize 250.000 0,2 17,5 % 26,7 % Seychellen 194.000 0,3 44,3 % 34,6 % Tab. 11: In vielen Entwicklungsländern stellt der internationale Tourismus eine unverzichtbare (Devisen-) Einnahmequelle dar. Speziell für kleine Inselstaaten wie Barbados oder die Seychellen, die kaum über Rohstoffe verfügen und nur eine geringe Industrieproduktion aufweisen, gehören touristische Dienstleistungen zu den wichtigsten Exportartikeln (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in UNWTO 2013, 2013a). Die positiven ökonomischen Effekte des Tourismus beschränken sich nicht nur auf die Erwirtschaftung von Deviseneinnahmen, sondern sind auch auf dem Arbeitsmarkt, in anderen Wirtschaftssektoren (Landwirtschaft, Handwerk etc.) und beim Abbau regionaler Disparitäten zu beobachten (vgl. J OB / M ETZLER 2003). Bereits seit Mitte der 1970er Jahre haben Tourismuskritiker allerdings darauf verwiesen, dass dieser wirtschaftliche Erfolg auch seine Schattenseiten hatte: Um über ein zeitgemäßes Angebot verfügen zu können (Ausstattung der Hotels, Fahrzeuge für den Transfer etc.), muss ein Teil der touristischen Einnahmen für Importe ausgegeben werden; sie fließen also wieder zurück in die Industrieländer. Die Höhe dieser Sickerrate (Leakage) hängt vom volkswirtschaftlichen Entwicklungsstand der Staaten ab; in einigen afrikanischen Län- <?page no="133"?> 134 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus dern beläuft sie sich auf 85 Prozent der Einnahmen (vgl. A DERHOLD u. a. 2013, S. 26). Abb. 33: Neben der Erwirtschaftung von Einnahmen ist die Schaffung von Arbeitsplätzen sicherlich die wichtigste ökonomische Wirkung des internationalen Tourismus. Kritiker verweisen allerdings darauf, dass es sich häufig um einfache und schlecht bezahlte Tätigkeiten handelt; bemängelt werden auch lange Arbeitszeiten und rechtliche Unsicherheiten (Quelle: eigenes Foto). Auch die touristischen Beschäftigungseffekte haben einen ambivalenten Charakter, denn die einheimische Bevölkerung wird häufig für einfache und schlecht bezahlte Tätigkeiten eingesetzt (während das Management der Hotels und Lodges in Händen qualifizierter Ausländer liegt). Kritisiert werden auch die teilweise problematischen Arbeitsbedingungen - z. B. lange Arbeitszeiten, saisonale Arbeitsverträge, Leiharbeit etc. (vgl. Abb. 33). Obwohl die Entwicklungsländer ihre touristischen Ankünfte und Einnahmen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich steigern konnten, erweisen sie sich generell sehr krisenanfällig: Zum einen sind sie aufgrund ihrer geographischen Lage häufig Schauplätze verheerender Naturkatastrophen (Erdbeben, Wirbelstürme, Überschwemmungen etc.). Zum anderen bestehen in vielen Staaten der Dritten Welt <?page no="134"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 135 instabile politische Verhältnisse (nicht zuletzt als späte Folge der europäischen Kolonialpolitik); die daraus resultierenden Unruhen und Bürgerkriege führen immer wieder zu einem Rückgang der touristischen Nachfrage - z. B. (vgl. Abb. 34): der Tamilen-Konflikt in Sri Lanka (2007), der Aufstand der Mönche sowie der Zyklon „Nargis“ in Myanmar (2007/ 08), die Unruhen nach Präsidentschaftswahlen in Kenia (2008), das schwere Erdbeben in Costa Rica (2009), die innenpolitischen Auseinandersetzungen in Madagaskar (2002, 2009). Abb. 34: Trotz einer positiven Gesamtdynamik erweist sich der Tourismus in vielen Entwicklungsländern als krisenanfällig. Ursachen für einen zeitweiligen Rückgang der Nachfrage sind zum einen Naturkatastrophen (z. B. das schwere Erdbeben in Costa Rica im Jahr 2009), zum anderen innenpolitische Unruhen wie in Kenia, Sri Lanka, Myanmar und Madagaskar (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.factfish.com; Grafik: P. Blank). Allerdings wird an diesen Beispielen auch deutlich, dass es jeweils nur zu einem temporären Einbruch der Nachfrage gekommen ist: Sobald sich die politischen Verhältnisse stabilisiert hatten bzw. die Folgen der Naturkatastrophen behoben waren, konnten die Länder wieder steigende Ankunftszahlen verzeichnen. Es ist also weitgehend unbestritten, dass der Tourismus in den Entwicklungsländern eine große Bedeutung als Motor wirtschaftlicher Entwicklung hat; seine soziokulturellen Wirkungen werden hingegen kontrovers diskutiert (vgl. E RHARD 2003 mit einer Fallstudie zum soziökonomischen Wandel auf der kenianischen Insel Lamu). <?page no="135"?> 136 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus 4.3.2 Endogene Kultur: Potenziale und Probleme „Cultural heritage tourism is one of the fastest-growing segments of the tourism industry worldwide. [...] It has great potential for Africa due to the continent’s rich traditions in music, art, dance, literature, and culture“ - zu dieser positiven Einschätzung kommt die Weltbank in ihrer umfassenden „Africa Region Tourism Strategy“ (The World Bank 2011, S. 8). Aus Sicht von Experten stellt die endogene Kultur nicht nur in Afrika, sondern auch in asiatischen sowie mittel- und südamerikanischen Entwicklungsländern einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar - wie z. B. Fallstudien zum Kunsthandwerk belegen: Bereits in den 1980er Jahren zeigten Untersuchungen in Mexiko, dass die Nachfrage nach Souvenirs zu einer „Renaissance vieler traditioneller Kunstfertigkeiten“ (G ORMSEN 1981, S. 94) geführt hat. Selbst in abgelegenen Dörfern bieten sich mit der Herstellung von Keramik-, Textil- und Papierprodukten neue Einnahmemöglichkeiten (zumindest als Nebenverdienst); auf diese Weise kann die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Städte verringert werden. In der Dominikanischen Republik leben ca. 6.000 Familien vom Kunsthandwerk; mit ihren Produkten erwirtschaften sie einen Umsatz in Höhe von 312 Millionen US-Dollar. Um diesen Markt weiter auszubauen, hat die Regierung spezielle Hilfsprogramme zur Unterstützung der Kleinproduzenten aufgelegt ( www.hispaniola.eu vom 06.08.2013). Auf Bali bot das Kunsthandwerk Ende der 1990er Jahre ca. 35.000 Menschen einen Arbeitsplatz als Weber, Holzschnitzer, Silberschmied etc. Darüber hinaus arbeiteten Tausende von Balinesen (zumeist nebenberuflich) als Musiker und Tänzer, Hunderte als Maler. Durch ihre vielfältigen künstlerischen Tätigkeiten konnte die einzigartige Kultur der Insel „nicht nur gesichert, sondern sogar revitalisiert werden“ (V ORLAUFER 2003, S. 55). Kunsthandwerk-Projekt in Kapstadt (Südafrika) „Welcher Urlauber ist nicht schon einmal über die Kunstmärkte Kapstadts geschlendert, hat mit den Händlern gefeilscht und denkt gern daran zurück, wenn er in der Heimat die leuchtende Perlenkette im Spiegel bewundert. ... Aber wer weiß schon, wie das „Business“ funktioniert, wo die schönen Artikel produziert werden und wie die Kunsthandwerker von ihrem Geschäft leben. Verfolgt man die Spuren, führt der Weg häufig nach Khayelitsha, die Heimat der meisten Kunsthandwerker Kapstadts. Das nach Soweto zweitgrößte Township Südafrikas befindet sich 16 Kilometer außerhalb der Stadt. ... <?page no="136"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 137 Dort sind die Wurzeln des Geschäfts mit dem afrikanischen Kunsthandwerk im Engagement von NGOs (Non-Governmental Organizations) und der Kirche zu finden, was in einem Gespräch mit Reverend Gugulethu Ningi schnell deutlich wird. Der Reverend ist mit den Anliegen der anglikanischen Kirche St. Michaels in Khayelitsha betraut. ... „Wir möchten den Menschen hier nicht nur spirituelle Hoffnung geben, sondern mit ganz praktischen Projekten gegen die hohe Arbeitslosigkeit in unserem Township ankämpfen.“ Seit 1997 werden deshalb Arbeitslose in Schulungen in der Hauswirtschaftslehre oder im Kunsthandwerk ausgebildet. Zum Projektstart hatten die Radiosender und Tageszeitungen Kapstadts zur Bewerbung aufgerufen, heute gibt es mehr Interessierte als Teilnehmerplätze. Reverend G. Ningi ist es wichtig, dass den Menschen hier „Modern Life Skills“ nahe gebracht werden. Fähigkeiten, um sich in der modernen Geschäftswelt behaupten zu können. Die St. Michaels Kirche bildet die Kunsthandwerker nicht nur aus, sondern gibt ihnen auch im Anschluss weitere Hilfeleistungen. Jeder, der im Gebäude der Kirche einen Stand aufbauen möchte, zahlt nur eine geringe Miete von 30 Rand pro Monat. ... In der Hochsaison kommen etwa 300 Touristen pro Woche und ein Kunsthandwerker kann bis zu 3.000 Rand im Monat umsetzten ca. 220 Euro . Seine Kosten halten sich gering: das Rohmaterial ist günstig und produziert wird meist direkt am Stand, beim Warten auf die Kunden oder zu Hause von der ganzen Familie“ (C LAASSEN 2005). Neben diesen direkten monetären Wirkungen kann die touristische Inwertsetzung der Kultur weitere positive Effekte haben: Angesichts des Interesses der ausländischen Touristen steigt auch bei der einheimischen Bevölkerung die Wertschätzung traditioneller Kunstfertigkeiten, Bräuche etc. Darüber hinaus kann die Begegnung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen letztlich auch zu einer anderen Wahrnehmung des „Fremden“, einem besseren gegenseitigen Kennenlernen und einer Völkerverständigung beitragen - allerdings nur unter der Voraussetzung, dass beide Seiten offen sind für neue Erfahrungen und sich gegenseitig respektieren (vgl. H AIN 2005 mit einer Fallstudie zur touristischen Nutzung des australischen Uluru/ Ayers Rock, der in der Mythologie der lokalen Aborigines als Heiliger Berg gilt; Tab. 12). <?page no="137"?> 138 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 35: In Entwicklungsländern gehören traditionelle handwerkliche Produkte zu den beliebten Souvenirs. Herstellung und Verkauf bieten speziell einheimischen Frauen die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften und damit auch ihre soziale Position zu verbessern - wie z. B. in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal (Quelle: eigenes Foto). Diesen Chancen einer touristischen Nutzung des kulturellen Erbes stehen allerdings auch mehrere Risiken gegenüber: Die Anpassung an die klischeeartige Erwartungshaltung der ausländischen Touristen kann zu einer Kommerzialisierung und Trivialisierung der Kultur führen - bis hin zur Airport Art, die in den Duty Free-Shops internationaler Flughäfen vertrieben wird. Bei diesen kunsthandwerklichen Kitschprodukten werden die Motive und Materialien, das Design und die Größe so verändert, dass sie den ästhetischen Vorstellungen der Konsumenten entsprechen; teilweise handelt es sich bei solchen „typischen Souvenirs“ sogar um Importartikel aus anderen Ländern (vgl. V ORLAUFER 1996, S. 168 - 187). Durch den großen Andrang der Besucher und deren unangemessenes Verhalten kann es an religiösen Stätten und bei rituellen Zeremonien zu Belästigungen der einheimischen Bevölkerung kommen. Ein besonders abschreckendes Beispiel sind die öffentlichen Einäscherungen von Toten auf Bali: Seit den 1980er Jahren werden sie von lokalen Reiseagenturen im Rahmen von Cremation Tours als spektakuläre Events vermarktet - mit der Konsequenz, dass diese Familienfeiern ständig zu Zielen eines „motorisierten Heuschreckenschwarm s “ von Urlaubern werden (B YDEKARKEN 1989). <?page no="138"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 139 Endogene Kultur und Tourismus Chancen Risiken Erwirtschaftung von Einnahmen Kommerzialisierung des kulturellen Erbes neues Kultur- und Regionalbewusstsein Akkulturationsprozess Belebung traditioneller Handwerkstechniken Musealisierung historischer Zustände Vermittlung eines pannationalen Denkens oberflächliches und einseitiges Bild von Kultur Beitrag zur Völkerverständigung Zerstörung des authentischen Kulturerlebnisses Tab. 12: Die touristische Inwertsetzung der endogenen Kultur in den Entwicklungsländern bietet zahlreiche Chancen (nicht nur ökonomischer Art), umfasst aber auch eine Reihe von Risiken - speziell die markgerechte Anpassung an die Erwartungshaltung westlicher Urlauber, die zu einer fragwürdigen Kommerzialisierung kultureller Traditionen führen kann (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in S TEINECKE 2007, S. 22-23). Die Risiken einer touristischen Erschließung gehen aber weit über den Bereich des Kunsthandwerks und der Kultur hinaus: Es kommt zu vielfältigen Akkulturationsprozessen, die vor allem auf die enormen Wohlstandsunterschiede zurückzuführen sind, die zwischen den Urlaubern und den „Bereisten“ bestehen: Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IMF) belief sich z. B. das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland auf 43.952 und in Großbritannien auf 39.049 US-Dollar, in Indonesien hingegen nur auf 3.499 und in Madagaskar auf 458 US-Dollar ( www.imf.org). Aus Sicht der einheimischen Bevölkerung handelt es sich bei den Touristen grundsätzlich um sehr wohlhabende Besucher - die anscheinend nicht arbeiten müssen und ihren Reichtum außerdem noch deutlich sichtbar präsentieren (durch Markenkleidung, Uhren, Kameras, Schmuck etc.). Die negativen Effekte dieses Wohlstandsgefälles reichen von simplen Nachahmungsprozessen (beim Konsum und Verhalten) über Bettelei und (Klein-) Kriminalität bis hin zur Prostitution. Zu den widerwärtigsten und abstoßendsten Begleiterscheinungen des Tourismus zählt dabei sicherlich die Kinderprostitution. Nach Schätzungen von UNICEF (United Children’s Fund - einem entwicklungspolitischen Organ der Vereinten Nationen) sind weltweit ca. drei bis vier Millionen Kinder und Jugendliche davon betroffen - speziell in Asien, der Karibik sowie Ost- und Südafrika (vgl. M INNINGER 2004). <?page no="139"?> 140 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Der Tourismus hat in den Ländern der Dritten Welt also ein janusartiges Gesicht: Zwar konnte er die großen Hoffnungen auf ökonomisches Wachstum zumeist erfüllen, doch gleichzeitig ist er - aufgrund seiner wirtschaftlichen Potenz - zu einem unkalkulierbaren Faktor des kulturellen und gesellschaftlichen Wandels geworden. Was muss getan werden, um Fehlentwicklungen zu vermeiden und die drei Prinzipien der Nachhaltigkeit zu verwirklichen (volkswirtschaftlicher Nutzen, Schutz der Ressourcen, gesellschaftliche Partizipation)? In den Zielgebieten stellt sich vor allem die Frage der sozialen Gerechtigkeit: Die einheimische Bevölkerung ist in stärkerem Maße als bisher an den Einnahmen aus dem Tourismus zu beteiligen. In den Quellgebieten kann eine Informations- und Aufklärungsarbeit dazu beitragen, die Urlauber für entwicklungspolitische Fragen zu sensibilisieren und sie zu einem respektvollen Verhalten anzuregen. 4.3.3 Aufklärungsarbeit und Partizipationsmöglichkeiten „Mehr wissen. Mehr Durchblick“ - unter diesem Slogan gibt der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung (Seefeld) bereits seit den 1970er Jahren die SympathieMagazine heraus. Dabei handelt es sich um eine besondere Art von Reiseführern, die in kompakter Form und auf unterhaltsame Weise über Länder, Kulturen und Religionen informieren. Sie sollen vor allem dazu beitragen, globale Zusammenhänge besser zu verstehen und Vorurteile gegenüber anderen Ländern, Kulturen und Religionen abzubauen. Bislang sind mehr als 60 unterschiedliche Titel in einer Gesamtauflage von nahezu acht Millionen Exemplaren erschienen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), anderen staatlichen und kirchlichen Organisationen sowie der Privatwirtschaft unterstützt. Der Vertrieb findet vor allem über Reiseveranstalter statt, die ihren Kunden diese Magazine kostenlos als Giveaway zur Verfügung stellen. Außerdem kommen sie im Schulunterricht, in der Jugend- und Erwachsenenarbeit sowie der Mitarbeiterschulung von Unternehmen und Organisationen zum Einsatz ( www.sympathiemagazin.de). Die SympathieMagazine sind nur eine von zahlreichen Informations- und Aufklärungsmaßnahmen, die der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung durchführt; dazu gehören u. a. (vgl. L AßBERG 2013): Motivationsseminare für Tour Guides, in denen praxisbezogene Kenntnisse zur interkulturellen Kommunikation zwischen Urlaubern und „Bereisten“ vermittelt werden; <?page no="140"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 141 der internationale TO DO! -Wettbewerb, bei dem sozialverträgliche Tourismusprojekte in Ländern der Dritten Welt ausgezeichnet und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden; der internationale Filmwettbewerb Toura d’or, in dem Produktionen gewürdigt werden, die über eine nachhaltige Tourismusentwicklung berichten. Wichtigste Bereiche für Herausforderungen Herausforderungen für die Tourismuswirtschaft in Deutschland Empfängerländern Angebots-/ Produkt-/ Preisgestaltung 47 22 (faire) Kooperation mit Leistungspartnern/ Bevölkerung vor Ort 17 33 Information, Aufklärung (der Reisenden) 14 3 Nachhaltigkeit touristischer Entwicklung 8 17 Sicherheit, politische Situation 8 26 wirtschaftliche Situation allgemein 8 ./ . Natur-/ Umwelt-/ Denkmalschutz 4 8 Infrastruktur 3 14 Sonstiges 4 4 Nennungen insgesamt 113 127 Tab. 13: Aus Sicht deutscher Reiseveranstalter gehört die faire Kooperation mit den Leistungspartnern und der einheimischen Bevölkerung zu den größten Herausforderungen der Tourismuswirtschaft in den Entwicklungs- und Schwellenländern - das ergab eine Untersuchung des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung im Jahr 2012 (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in A DERHOLD u. a. 2013, S. 155). Die bessere Information und Aufklärung der Öffentlichkeit und speziell der Urlauber - diese Aufgabe gehört auch aus Sicht deutscher Reiseveranstalter künftig zu den drei größten Herausforderungen im Bereich des Tourismus in Entwicklungs- und Schwellenländern; nur auf diese Weise können unangemessene touristische Verhaltensweisen vermieden und Chancen der Begegnung genutzt werden (vgl. Tab. 13). Die Akteure in den unterentwickelten Empfängerländern stehen hingegen vor allem vor der Herausforderung, für eine faire Kooperation mit den Leistungsträgern <?page no="141"?> 142 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus und eine bessere Partizipation der Einheimischen zu sorgen. In dieser kritischen Einschätzung der Reiseveranstalter spiegelt sich die Tatsache wider, dass die Tourismusbranche in den Entwicklungsländern bislang von lokalen Eliten und international agierenden Konzernen dominiert wird - während die Bevölkerung nur einen geringen wirtschaftlichen Nutzen hat und kaum in touristische Planungen einbezogen wird: So liegt z. B. der Jagdtourismus in Simbabwe weitgehend in Händen von Weißen: Nur sieben Prozent der 72 Jagdveranstaltungsunternehmen, die in der Zimbabwe Professional Hunters and Guides Association zusammengeschlossen sind, werden von Schwarzen geführt. Auch die Zahl von Arbeitsplätzen für schwarze Beschäftige ist in der Hunting Industry sehr gering. Angesichts dieser Dominanz von Weißen steht die einheimische Bevölkerung dem Jagdtourismus eher skeptisch gegenüber, obwohl es sich um eine ökologisch sinnvolle und ökonomisch besonders ertragreiche Urlaubsform handelt (vgl. V OR- LAUFER 2002, S. 172). Der Murchison-Falls-Nationalpark ist das größte Naturschutzgebiet in Uganda - und zugleich eine populäre touristische Attraktion (56.000 Besucher/ Jahr), doch nur 20 Prozent der Einnahmen aus den Eintrittsgeldern kommen der einheimischen Bevölkerung zugute. Noch geringer ist dieser Anteil beim Gorilla-Trekking im Virunga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo bzw. im Vulkan-Nationalpark in Ruanda; dort erhalten die umliegenden Gemeinden nur fünf Prozent der Einnahmen (vgl. Z ADEMACH / R ODRI - AN 2012, S. 27; E NGELS 2013, S. 197). Speziell in direkter Nachbarschaft von öffentlichen und privaten Wildschutzgebieten (Nationalparks, Private Game Reserves etc.) muss die lokale Bevölkerung sogar Nachteile hinnehmen - von der Zerstörung der Felder über das Töten von Nutztieren bis hin zu lebensbedrohlichen Mensch-Tier-Zwischenfällen. So haben die Naturschutzmaßnahmen in Botswana z. B. zu einem deutlichen Anstieg der Elefantenpopulation geführt - mit der dramatischen Folge, dass nahezu jedes Jahr Menschen durch Elefantenattacken getötet werden. Existenzbedrohend sind auch die erheblichen Ernteeinbußen: Eine regionale Fallstudie kam zu dem Ergebnis, dass 63 Prozent der inspizierten Felder von Elefanten kahl gefressen worden waren. Die Bauern können zwar Substitutionszahlungen von der Regierung erhalten, doch ihnen wird nur ein Teil der entstandenen Schäden ersetzt - und das häufig auch nach einem langwierigen Antragsprozess (vgl. V ANDER- POST 2010, S. 29). Um die wirtschaftliche Lage der einheimischen Bevölkerung - speziell in ländlichen Regionen - grundsätzlich zu verbessern, sind bereits in den 1990er Jahren zahlreiche Projekte eines Community-Based-Tourismus entwickelt worden. <?page no="142"?> 4.3 Die Entwicklungsländer als exotische Traumreiseziele 143 Definition „Community tourism (sometimes called community-based tourism) is a form of tourism which aims to include and benefit local communities, particularly indigenous peoples and villagers in the rural South (i. e. „developing world“). For instance, villagers might host tourists in their village, managing the scheme communally and sharing the profits. There are many types of community tourism projects, including many in which the „community” works with a commercial tour operator, but all community tourism projects should give local people a fair share of the benefits/ profits and a say in deciding how incoming tourism is managed“ ( www.tourismconcern.org.uk). In den Community-Based-Projekten gibt es generell mehrere Formen der Partizipation an den Einnahmen aus dem Tourismus - z. B. (vgl. P ALM 2000, S. 51 - 60): die Vergabe von Konzessionen an Unternehmen (z. B. für Lodges bzw. Jagdrechte), die Beteiligung der Dorfgemeinschaft an den Einnahmen eines privaten Investors, Joint Ventures zwischen der Community und einem externen Investor, die Gründung von Unternehmen, die ausschließlich von der Community kontrolliert werden. Soziale Gerechtigkeit durch Partizipation der Bevölkerung: „Thonga Beach Lodge“, KwaZulu-Natal (Südafrika) Die „Thonga Beach Lodge“ liegt im „iSimangaliso Wetland Park“ in der südafrikanischen Provinz KwaZulua-Natal; aufgrund seines Artenreichtums wurde der Park im Jahr 1999 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Bei der Lodge, die aus 12 Bungalows besteht, handelt es sich um ein Joint Venture zwischen einem privaten Investor und der örtlichen Mabibi Community, die zu 65 Prozent an dem Unternehmen beteiligt ist. Auf diese Weise wird einerseits ein professioneller Marktauftritt gewährleistet, andererseits ist sichergestellt, dass ein großer Teil des Gewinns der Bevölkerung zugute kommt. <?page no="143"?> 144 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 36: Ein Teil des Unternehmensgewinns der „Thonga Beach Lodge“ wird dazu genutzt, die Schule in der Mabibi Community zu unterstützen - z. B. durch die Anschaffung von Computern und die Durchführung notwendiger Reparaturen (Quelle: eigenes Foto). Bei der Errichtung der Lodge wurden ausschließlich lokale Arbeitskräfte eingesetzt; auch die Baumaterialien stammen überwiegend aus der direkten Umgebung. Inzwischen arbeiten dort 30 Beschäftigte - als Köche, Kellner, Zimmermädchen und Guides. Mit den Einnahmen aus dem Betrieb werden außerdem mehrere kommunale Projekte unterstützt - z. B. durch den Kauf von Computern für die Grundschule, die Anschaffung eines Fahrzeugs für lokale Transporte sowie die Aufbereitung des Trink- und Abwassers. Darüber hinaus bietet die Lodge speziell Frauen die Möglichkeit eines Nebenerwerbs: Sie können kunsthandwerkliche Produkte, die sie in Heimarbeit hergestellt haben, an die Gäste verkaufen ( wwwm.isibindiafrica.co.za). Eine angemessene Beteiligung der Einheimischen am touristischen Erfolg - diese Leitidee prägt nicht nur die Community-Based-Projekte, sondern auch die schweizerische Initiative „Fair Trade Reisen“. Nach dem Vorbild des fairen Handels verpflichten sich die Akteure auf allen Stufen der Wertschöpfungskette (vom Reiseveranstalter im Quellgebiet bis zu den Hotels und Ausflugsveranstaltern im Zielgebiet), bestimmte soziale und ökologische Standards einzuhalten. Darüber hinaus erhalten die Communities in den Zielgebieten jeweils fünf Prozent <?page no="144"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 145 der gesamten Reisekosten, die sie zur Modernisierung der lokalen Infrastruktur verwenden können - z. B. den Bau von Wasserleitungen, Kindergärten, Schulgebäuden (vgl. P LÜSS 2013). Nur durch bessere Partizipationsmöglichkeiten in den Entwicklungsländern und eine touristische Informations- und Aufklärungsarbeit in den Industrieländern kann es künftig gelingen, die Chancen des internationalen Tourismus auf soziale Gerechtigkeit und Völkerverständigung besser als bisher zu nutzen und die gesellschaftlichen Risiken zu minimieren. Weiterführender Lesetipp A DERHOLD , P. u. a. (2013): Tourismus in Entwicklungs- und Schwellenländer. Eine Untersuchung über Dimensionen, Strukturen, Wirkungen und Qualifizierungsansätze im Entwicklungsländer-Tourismus - unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Urlaubsreisemarkts, Seefeld (Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung; o. Bd.) Im ersten Teil der umfassenden Studie werden Bedeutung und Wirkungen des internationalen Tourismus in Entwicklungs- und Schwellenländern erläutert. Auf der Grundlage empirischer Erhebungen folgt im zweiten Teil eine detaillierte Beschreibung des deutschen Fernreisemarktes (aus Sicht der Kunden und der Reiseveranstalter). Der dritte Teil enthält zahlreiche Fallstudien zu Modellen eines nachhaltigen Tourismus in Entwicklungs- und Schwellenländern. 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler „Wind of Change“: Der populäre Song der Rockgruppe „Skorpions“ wurde zu einer Hymne der historischen Wende, die Ende der 1980er Jahre mit der neuen sowjetischen Politik der Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) begann und schließlich zum Zerfall des Eisernen Vorhangs führte - mit weitreichenden Folgen auch für den Tourismus in den osteuropäischen Staaten. Bis dahin hatten sich die großen politischen Blöcke - auf der einen Seite die marktorientierten westlichen Länder und auf der anderen Seite die planwirtschaftlichen sozialistischen Staaten - feindselig und unversöhnlich gegenüber gestanden. Speziell die restriktive Ein- und Ausreisepolitik des Ostblocks führte dazu, dass vor allem der ost-westliche Outgoing-Tourismus, aber auch der westöstliche Incoming-Tourismus jeweils nur ein relativ geringes Volumen aufwiesen - obwohl diese Länder in geringer Entfernung zu den wichtigen touristischen Quell- und Zielgebieten in Mitteleuropa lagen bzw. sogar in direkter Nachbarschaft (z. B. die DDR, die Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien). <?page no="145"?> 146 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Gleichzeitig gab es hinter dem Eisernen Vorhang aber einen hoch entwickelten Tourismus: So waren z. B. die DDR-Bürger in den 1980er Jahren weitaus reisefreudiger als die Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Die Reiseintensität (also der Anteil der Bevölkerung, der jährlich eine Urlaubsreise unternimmt) erreichte in der DDR mit 70 - 80 Prozent einen deutlich höheren Wert als in der BRD (60 - 65 Prozent). Allerdings verbrachten die ostdeutschen Touristen ihren Urlaub überwiegend im eigenen Land bzw. in den sozialistischen „Bruderländern“ (vgl. DZT 2013a, S. 43). Mit der Öffnung der Grenzen begann in den Staaten des Ostblocks nicht nur ein gravierender politischer Wandel, sondern auch ein wirtschaftlicher und touristischer Transformationsprozess, der bis in die Gegenwart andauert. Was waren die Besonderheiten des Erholungswesens in den sozialistischen Staaten und welche Konsequenzen hatten sie für eine Ausrichtung auf die westlichen Nachfrager? Welche Hemmnisse mussten im Transformationsprozess von der Planzur Marktwirtschaft überwunden werden? Wie sehen die touristischen Perspektiven nach dem politischen Umbruch aus? 4.4.1 Das Erholungswesen in den sozialistischen Staaten Das Recht auf „jährlichen Urlaub gegen Entgelt“ - diese Sozialleistung wurde den Bürgern bereits in der ersten Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aus dem Jahr 1949 garantiert (das Bundesurlaubsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland wurde hingegen erst im Jahr 1963 erlassen). Nach den politisch-ideologischen Vorstellungen der DDR, aber auch anderer sozialistischer bzw. kommunistischer Staaten sollte diese Jahresfreizeit jedoch von den Bürgern nicht frei gestaltet und individuell organisiert werden. Vielmehr diente die sog. Rekreation dazu, die Arbeitskraft der „werktätigen Bevölkerung“ wiederherzustellen (Wohlfahrtsfunktion) und damit den „sozialistischen Aufbau“ sowie die Steigerung der Produktion zu gewährleisten (vgl. P AESLER 2007, S. 558 - 560). Freizeit und Reisen der einheimischen Bevölkerung galten also nicht - wie in den westlichen Ländern - als ein kommerziell nutzbarer Markt (mit einem freien Spiel von Angebot und Nachfrage), sondern als ein Aktionsfeld des Staates, der die entsprechenden Versorgungsleistungen auch in erheblichem Maße subventionierte. Entsprechende Formen eines Sozialtourismus gab es auch in Frankreich, Spanien und Deutschland - allerdings in wesentlich geringerem Umfang und nur für besonders benachteiligte gesellschaftliche Gruppen (kinderreiche Familien, Senioren, Einkommensschwache). <?page no="146"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 147 In der DDR lag die Organisation von Urlaubsreisen in Händen mehrerer staatlicher bzw. betrieblicher „Erholungsträger“ (vgl. D IEMER 1996; F UHRMANN 1996; S ELBACH 1996; S PODE 1996a; A LBRECHT / A LBRECHT 2009; G UNKEL 2011): Eine zentrale Rolle hatte zunächst der „Feriendienst“ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), der seinen Mitgliedern und deren Familienangehörigen einen preiswerten Aufenthalt in eigenen Ferien- und Erholungsheimen, Hotels sowie Pensionen ermöglichte (die Urlauber mussten maximal ein Drittel der Kosten selbst tragen). Die Kapazität der FDGB-Unterkünfte stieg im Zeitraum 1951 - 1985 von 46.000 auf 137.000 Betten (nicht zuletzt auch aufgrund der „Aktion Rose“, bei der im Jahr 1953 zahlreiche Inhaber privater Unterkunftsbetriebe unter fragwürdigen Umständen enteignet wurden). Nach dem Vorbild der nationalsozialistischen „Kraft-durch-Freude“-Organisation betrieb der FDGB auch eine „Friedensflotte“, die aus zwei Kreuzfahrtschiffen bestand (vgl. P ETERS 1996). Ein weiterer touristischer Akteur waren die großen Staatsbetriebe (Kombinate), die für ihre Beschäftigten eigene „Ferienobjekte“ errichteten - zumeist großflächige Bungalowsiedlungen und Ferienheime. Im Jahr 1989 haben 3,3 Millionen DDR-Bürger in solchen betrieblichen Einrichtungen Urlaub gemacht, in den FDGB-Unterkünften hingegen nur 1,8 Millionen. Auf der Grundlage des Jugendgesetzes (1974) fand eine intensive Betreuung von Kindern und Jugendlichen in den Ferien statt - zum einen in den betrieblichen „Ferienobjekten“, zum anderen durch die Vermittlungstätigkeit von Jugendtourist (dem Jugendreisebüro der Freien Deutschen Jugend/ FDJ). Ende der 1980er Jahre konnten mehr als 1,3 Millionen Kinder und 1,8 Millionen Jugendliche einen Aufenthalt in einem Ferienlager bzw. einem Jugenderholungszentrum verbringen. Auch in der Sowjetunion gab es derartige Einrichtungen - z. B. „Artek“ auf der Krim, „Subrjonok“ in Belarus und „Orlionok“ am Schwarzen Meer (vgl. Abb. 37). Das Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik organisierte für die DDR- Bürger nicht-sozialtouristische Pauschalreisen im Inland sowie in das sozialistische Ausland. Neben Tages- und Mehrtagesfahrten handelte es sich auch um längere Reisen, die z. B. an die Schwarzmeerküste sowie nach Polen, Ungarn, Kuba und in die Tschechoslowakei führten. Die Kosten für einen zweiwöchigen Auslandsurlaub entsprachen dabei ca. zwei bis drei monatlichen Nettoeinkommen eines Haushalts (vgl. G ROßMANN 1996, S. 77). Neben diesem „organisierten Kollektivismus“ (B ÜTOW 1996, S. 101) gab es in der DDR jedoch auch Möglichkeiten, die Freizeit und den Urlaub individuell zu gestalten: Speziell der Campingurlaub erfreute sich wachsender Popularität, da er größere persönliche Freiräume als der Aufenthalt in Ferienheimen bot - nicht zuletzt auch in politischer Hinsicht (vgl. K RUSE 1996). Ende der 1980er Jahre <?page no="147"?> 148 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus verfügte die DDR über 529 Campingplätze, die ca. 20 Millionen Übernachtungen verzeichneten (in den FDGB-Heimen waren es 23 Millionen und in den betrieblichen „Ferienobjekten“ 40 Millionen). Besonders beliebt waren dabei Zeltplätze, auf denen bzw. in deren Nähe die Freikörperkultur (FKK) möglich war; beim Nacktbaden prallten lange Zeit der „Ordnungsanspruch des Staates und der Eigen-Sinn der Bürger“ (G ÖRLICH 2012, S. 137) aufeinander, bevor es als normale Freizeitaktivität akzeptiert wurde. Jugendreisen im (Post-) Sozialismus - das Ferienlager „Orlionok“ an der russischen Schwarzmeerküste Abb. 37: Wachposten am Eingang des Späher-Lagers im russischen Ferienlager „Orlionok“ (Foto: Anita Back aus dem Bildband „Die Auserwählten. Ein Sommer im Ferienlager von Orlionok“, Berlin) In den Staaten des ehemaligen sozialistischen Ostblocks sind die meisten staatlichen und betrieblichen Ferienlager für Kinder und Jugendliche nach der politischen Wende geschlossen worden. Eine Ausnahme stellt das Ferienlager „Orlionok“ dar, das im Jahr 1960 an der russischen Schwarzmeerküste eröffnet wurde - es liegt ca. einhundert Kilometer nordwestlich von Sotchi ( www.center-orlyonok.ru). Zunächst konnten dort nur 520 Kinder und Jugendliche übernachten, inzwischen verfügt es in den Sommermonaten über eine Kapazität von 3.500 Betten. Seit der Gründung haben ca. 800.000 junge Gäste dort ihre Ferien verbracht. Das Lager umfasst 60 Gebäude, eine Schule, einen „Palast der Jungen Pioniere“ (mit Meerwasserschwimmbad und Kino), ein Luft- und Raumfahrtmuseum sowie diverse andere Freizeiteinrichtungen. <?page no="148"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 149 Intern ist es in sieben Camps gegliedert, die jeweils einen eigenen Programmschwerpunkt haben: Im Späher-Lager lernen die Teilnehmer z. B. die Sicherung von Grenzen, die Orientierung im Gelände und das Überleben in der Wildnis. In der Sowjetunion galt ein Ferienaufenthalt in Orlionok als Auszeichnung für die Besten - „die Gewinner regionaler Schulwettbewerbe, die Talente in Sport und Musik, die Aktivisten der Kinder- und Jugendorganisationen“ (P ETROWSKAJA 2012, S. 32). Inzwischen können auch Kinder wohlhabender Eltern aus Russland und anderen Ländern dort ihre Ferien verbringen; ein dreiwöchiger Aufenthalt kostet ca. 1.200 Euro. Den jungen Gästen wird ein umfangreiches Freizeit-, Sport-, Unterhaltungs- und Bildungsprogramm geboten; dabei herrscht in Orlionok gegenwärtig eine widersprüchliche postsozialistische Atmosphäre mit einem „Nebeneinander von Propaganda und Badeferien, von Waffenkunde und Jugendkultur“ (B ACK 2012). Neben dem Binnentourismus und dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr in die sozialistischen Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) gab es in der DDR auch einen Incoming-Tourismus aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen westlichen Staaten, der zunächst durch aufwändige Visa- und Devisenbestimmungen stark reglementiert war und zusätzlich durch langwierige Pass- und Zollkontrollen bei der Ein- und Ausreise erschwert wurde. Seit den 1970er Jahren fand allerdings eine stärkere Öffnung statt, da die Staaten des Ostblocks zunehmend das ökonomische Potenzial des Tourismus als Devisenbringer erkannten und aktiv nutzten: So vermarktete z. B. Bulgarien seine Bettenkontingente in den Seebädern an der Schwarzmeerküste (Sonnenstrand, Drushba, Goldstrand etc.), aber auch in den Höhenkurorten und Skizentren in den Rhodopen teilweise über westliche Reiseveranstalter. Im Jahr 1988 waren die Bundesbürger mit 2,1 Millionen Übernachtungen die fünftgrößte ausländische Nachfragegruppe in Bulgarien - nach den Gästen aus Russland, Polen, der Tschechoslowakei und der DDR (vgl. K ASATSCHKA / M ARINOV 2007, S. 606). Eine wachsende Freizügigkeit herrschte auch in Ungarn und der Tschechoslowakei. Viele Bundesdeutsche und DDR-Bürger fuhren deshalb in die Hauptstädte Budapest und Prag, um sich dort mit Verwandten und Freunden zu treffen, die im anderen Teil Deutschlands lebten (seit 1972 konnten die DDR-Bürger ohne Visum in die CSSR reisen; vgl. I RMSCHER 1996, S. 55). <?page no="149"?> 150 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus In der DDR war bereits im Jahr 1965 die Hotelkette „Interhotel“ gegründet worden, die später über zahlreiche Häuser in Berlin und den Bezirksstädten verfügte (vgl. Abb. 38). Dabei handelt es sich um Hotels gehobenen Standards, in denen vor allem westliche Geschäfts-, Tagungs- und Messereisende, aber auch hochrangige Delegationen aus den sozialistischen Ländern untergebracht wurden - wo sie unter der besonderen Beobachtung von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit standen. Abb. 38: Das Interhotel „Stadt Berlin“ gehörte zur staatlichen Hotelgruppe „Interhotels“, die im Jahr 1965 in der DDR gegründet wurde. Neben offiziellen Gästen aus den sozialistischen „Bruderländern“ wurden in den Hotels vor allem Besucher aus dem „nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet“ (NSW) untergebracht, die ihren Aufenthalt in Devisen bezahlen mussten (Quelle: Prospekt des „Reisebüros der Deutschen Demokratischen Republik“ aus dem Bestand des Historischen Archivs für Tourismus/ HAT, Berlin). Mit Ausnahme der „Interhotels“ wies das Unterkunfts- und Gastronomieangebot in der DDR - im Vergleich zu westlichen Destinationen - einen sehr niedrigen Standard auf: So verfügten z. B. die Zimmer in den staatlichen und betrieblichen „Ferienobjekten“ zumeist nicht über ein eigenes Bad und WC, sondern nur über sanitäre Gemeinschaftseinrichtungen; generell herrschte eine Situation des Mangels. Diese strukturellen Ausstattungsdefizite erwiesen sich nach dem Zerfall des Eisernen Vorhangs als eines der Hemmnisse im Transformationsprozess von der Planzur Marktwirtschaft. <?page no="150"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 151 4.4.2 Hemmnisse im Transformationsprozess Die Einführung von Perestroika und Glasnost in der Sowjetunion führte in den 1980er Jahren nicht nur zum völligen Zusammenbruch des politischen Systems der Ostblockstaaten, sondern auch zu einer tiefen ökonomischen und sozialen Krise. Die ehemals sozialistischen bzw. kommunistischen Staaten standen vor der Aufgabe, einen grundlegenden Transformationsprozess zu vollziehen, der drei Dimensionen aufwies (vgl. N IKITSIN 2009, S. 49 - 50): Zum einen musste ein politischer Wandel stattfinden - weg vom bisherigen Einparteiensystem und hin zu einem demokratischen Mehrparteiensystem mit größeren Partizipationsmöglichkeiten der Bevölkerung. Zum anderen galt es, die bislang zentral gesteuerte Wirtschaft in eine offene Marktwirtschaft umzugestalten; dazu musste ein neuer gesetzlicher Ordnungsrahmen geschaffen werden, der u. a. das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Gewerbefreiheit gewährleistete. Schließlich mussten die sozialen Bedingungen verändert werden: Zum einen erwartete die Bevölkerung nun größere individuelle Freiheitsrechte, zum anderen stand sie aber auch vor der Herausforderung, in stärkerem Maße eigenverantwortlich zu handeln (angesichts der jahrzehntelangen Tätigkeit in staatlichen Kombinaten, landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften bzw. Handelsorganisationen gab es z. B. kaum noch unternehmerische Traditionen). Dieser Wandel ist in den einzelnen Ländern jeweils mit einer unterschiedlichen Dynamik vonstattengegangen: Einige Staaten haben sich konsequent auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union hin ausgerichtet (Polen, Tschechien, Slowakei etc.), in anderen verläuft der demokratische und wirtschaftliche Reformationsprozess hingegen weiterhin schleppend (Russland, Belarus etc.). Der aktuelle Stand der Transformation kann u. a. mit Hilfe des „Bertelsmann Transformation Index“ (BTI) erfasst werden, der den politischen, wirtschaftlichen und sozioökonomischen Wandel weltweit anhand ausgewählter Indikatoren abbildet ( www.bti-project.de). Im Bereich der Marktwirtschaft werden dabei z. B. das generelle Entwicklungsniveau, die Markt- und Wettbewerbsordnung, die Währungs- und Preisstabilität, das Privateigentum, die Sozialordnung, die Leistungsstärke der Volkswirtschaft und die Nachhaltigkeit ermittelt. Der Vergleich ausgewählter sozialistischer Transformationsländer macht die großen Unterschiede deutlich, die gegenwärtig noch bestehen: So rangiert die Tschechische Republik hinsichtlich der Marktwirtschaft weltweit auf dem ersten Rang, Serbien auf Platz 31 und das noch weitgehend sozialistisch organisierte Belarus auf Platz 87 (vgl. Abb. 39). <?page no="151"?> 152 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 39: Der „Bertelsmann Transformations Index“ ermöglicht einen weltweiten Vergleich von politischen, ökonomischen und sozialen Reformprozessen. Im Bereich der Marktwirtschaft bestanden im Jahr 2012 noch deutliche Unterschiede zwischen stärker westlich orientierten Ländern wie Tschechien und Serbien sowie dem weiterhin sozialistisch geprägten Belarus (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.bti-project.de; Grafik: P. Blank). Innerhalb des Transformationsprozesses musste auch das gesamte Rekreationssystem umstrukturiert werden, das bis dahin auf den Prinzipien eines staatlichen Dirigismus und einer zentralistisch organisierten Grundversorgung der Bevölkerung basierte (dieses marktferne Denken spiegelte sich u. a. in typischen DDR-Begriffen wie „Erholungsplätzen“ und „Sättigungsbeilage“ wider; vgl. S PODE 1996a, S. 15). Die Ausgangsbedingungen für eine künftige Marktorientierung der traditionellen Erholungsgebiete waren denkbar schlecht (vgl. G RÜNEWÄLDER 1991, S. 29; P AESLER 2007, S. 565; S CHARR 2011, S. 60): Aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenbruchs wiesen die Staaten eine erhebliche Kapitalschwäche auf, so dass kaum finanzielle Mittel für die notwendigen Investitionen im Tourismus vorhanden waren. In den ersten Jahren nach der politischen Wende herrschte eine allgemeine Rechtsunsicherheit, die zum einen die Umwandlung von staatlichen und betrieblichen „Ferienobjekten“ in private Unternehmen erschwerte, zum anderen aber auch zu (Klein-) Kriminalität und Korruption in Wirtschaft und Verwaltung führte. Zahlreiche sehenswerte historische Stadtquartiere befanden sich in einem schlechten baulichen Zustand. Außerdem entsprach der niedrige Standard des Unterkunfts- und Gastronomieangebots nicht den hohen Ansprüchen westlicher Urlauber. <?page no="152"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 153 Der „sozialistische Ausbau“, der vor allem auf die Industrieproduktion und die Nutzung heimischer Ressourcen ausgerichtet war, hatte in vielen Regionen große ökologische Schäden ausgelöst. Zu Umwelt- und Landschaftsbelastungen war es auch durch eine konzeptionslose touristische Erschließung gekommen, die sich nach der Wende fortsetzte (vgl. Abb. 40). Abb. 40: Bislang fehlen in den Transformationsländern rechtliche Bestimmungen und raumplanerische Vorgaben für einen angemessenen Ausbau der touristischen Infrastruktur. Ein zügelloser Landschaftsverbrauch ist die Folge - wie z. B. im expandierenden Ski-Resort Bukovel in den Karpaten (Ukraine). Das Ortsbild wird durch zahlreiche Liftanlagen, Parkhäuser und Hotelbauten geprägt (Quelle: eigenes Foto). Zunächst gab es keine touristischen Organisationen (Fremdenverkehrsverbände/ -vereine/ -ämter, Destination Management Companies), die das notwendige Marketing im Ausland betreiben konnten. Darüber hinaus verfügten die Län- <?page no="153"?> 154 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus der nur über eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur (speziell Autobahnen, Nationalstraßen, Regionalflughäfen etc.), so dass sie schlecht an die wichtigen westlichen Quellmärkte angeschlossen waren. Die sozialistischen Staaten waren also touristisch schlecht aufgestellt, als Günter Schabowski, Mitglied des DDR-Politbüros, zum Abschluss einer Pressekonferenz am 9. November 1989 den inzwischen legendär gewordenen Satz sagte: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden.“ Damit erhielten die DDR-Bürger endlich die Reisefreiheit in den Westen, die sie mit dem Slogan „Visafrei nach Hawaii“ auf Plakaten während der Leipziger Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 öffentlich gefordert hatten. Gleichzeitig öffneten sich aber auch die Länder des ehemaligen Ostblocks für den westlichen Incoming-Tourismus. Welche touristischen Folgen hatte der Zerfall des Eisernen Vorhangs? Was haben die Transformationsländer unternommen, um sich auf dem internationalen Tourismusmarkt zu positionieren? 4.4.3 Touristischer Neuanfang nach politischem Umbruch Nach dem Fall der Berliner Mauer und der generellen Ost-West-Grenzöffnung herrschte in der Bevölkerung, aber auch in der Politik zunächst eine große Euphorie: Den Bürgern der bis dahin abgeschotteten Transformationsländer schien die ganze Welt offen zu stehen und die mittelsowie osteuropäischen Staaten verbanden mit dem Reiseverkehr westlicher Touristen die Hoffnung, ihre marode Wirtschaft wieder rasch ankurbeln zu können. Die Realität sah jedoch anders aus: Mit der politischen Wende brach auch das zentralistische Wirtschaftssystem zusammen, das Realeinkommen der Bevölkerung sank und die staatlichen bzw. betrieblichen Erholungseinrichtungen wurden geschlossen. In der Folge kam es in den Transformationsländern zu einem erheblichen Rückgang des Binnentourismus: So fiel z. B. in Polen die Zahl einheimischer Touristen von 13,4 Millionen (1989) auf 8,1 Millionen (1991); auch in den folgenden Jahren stieg sie nur langsam wieder an. Der Incoming-Tourismus aus dem Westen verzeichnete zwar ein starkes Wachstum (von 2,2 auf 4,1 Millionen im Zeitraum 1989 - 1996), doch er konnte den generellen Rückgang der Nachfrage nicht ausgleichen. Zahlreiche touristische Betriebe mussten schließen; die Gebäude wurden anderweitig genutzt (vgl. P AESLER 2007, S. 564 - 565; J E - DRZEJCZYK 2007, S. 569 - 570). Ähnliche Entwicklungen waren auch auf der Mittelmeerhalbinsel Istrien zu beobachten, die nach der Auflösung Jugoslawiens teilweise zu Slowenien und teilweise zu Kroatien gehört. Dort gingen die Übernachtungszahlen in den fünf Jahren nach der Erklärung der Unabhängigkeit (1991) um 28,6 Prozent bzw. <?page no="154"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 155 68,9 Prozent zurück. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hatten sie noch nicht wieder den Stand der 1980er Jahre erreicht (vgl. G OSAR 2007, S. 621 - 622). In Bosnien-Herzegowina wurde die Situation zusätzlich durch den Bosnienkrieg (1992 - 1996) verschärft: Die Zahl internationaler Ankünfte sank von 394.000 (1988) auf 1.000 im Jahr 1992; bis zum Jahr 2010 war sie erst wieder auf 365.000 gestiegen (vgl. B RADI 2012, S. 241). Auch in Georgien verschärften innenpolitische Auseinandersetzungen und die Kämpfe um die Regionen Abchasien und Südossetien Anfang der 1990er Jahre die strukturelle Krise der Tourismuswirtschaft; das Land verlor seine Spitzenposition, die es zu Zeiten der Sowjetunion innegehabt hatte (vgl. S TEINMETZER 2006). Um erfolgreich auf dem internationalen (westlichen) Tourismusmarkt auftreten zu können, mussten die Transformationsländer in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Aufgaben bewältigen - vom Ausbau der allgemeinen und touristischen Infrastruktur über eine Privatisierung und Modernisierung der Tourismusbranche bis hin zur Gründung schlagkräftiger Marketing- und Destinationsorganisationen. Obwohl sich die Staaten aus der direkten Organisation des Erholungswesens zurückzogen, blieb der Tourismus weiterhin ein politisches Handlungsfeld. Vorrangiges Ziel war, die internationale Nachfrage als ökonomischen Motor des Transformationsprozesses zu nutzen: Um den Incoming-Tourismus zu fördern, die Reisewünsche der eigenen Bürger zu erfüllen und den Übergang von der Planzur Marktwirtschaft zu organisieren, wurde z. B. im Herbst 1989 in der DDR ein Ministerium für Tourismus eingerichtet - dessen Zuständigkeiten allerdings nach der Wiedervereinigung am 3.10.1990 an die Wirtschaftsministerien des Bundes und der Länder übergingen (vgl. A LBRECHT / A LBRECHT 2009, S. 51). In anderen Transformationsländern gibt es bis in die Gegenwart entsprechende Ministerien, die häufig auch für den Sport zuständig sind. Zur Schaffung eines politischen Ordnungsrahmens wurden auf nationaler und regionaler Ebene mehrjährige touristische Entwicklungsprogramme geschaffen, in denen Ziele, Strategien und Aktivitäten festgelegt wurden. Im Gegensatz zur sozialistischen Planwirtschaft handelte es sich dabei allerdings nicht mehr um strikte Vorgaben, die von staatlichen Betrieben zu erfüllen waren, sondern um Leitlinien für Fördermaßnahmen sowie um Orientierungshilfen für in- und ausländische Investoren. Da das marktwirtschaftliche System auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage (und damit der Konkurrenz unterschiedlicher Destinationen) basiert, mussten sich die Transformationsländer auf ihre spezifischen touristischen <?page no="155"?> 156 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Stärken - im Sinne von Alleinstellungsmerkmalen - besinnen. Eine besondere Rolle spielen dabei einzigartige natürliche und kulturelle Attraktionen (vgl. Abb. 41). Abb. 41: Neben den natürlichen Attraktionen können die Transformationsländer vor allem ihr kulturelles Erbe nutzen, um über Alleinstellungsmerkmale auf dem internationalen Tourismusmarkt zu verfügen. Dabei spielen die Kulturdenkmale eine besondere Rolle, die in die UNESCO- Welterbeliste aufgenommen worden sind - z. B. die Swetizchoweli-Kathedrale im georgischen Mzcheta, die im 11. Jahrhundert errichtet wurde (Quelle: eigenes Foto). Darüber hinaus geht es bei einer erfolgreichen Positionierung als Destination darum, auf den einzelnen internationalen Quellmärkten mit spezifischen Produkten aufzutreten: Aufgrund seiner natur- und kulturräumlichen Ausstattung kann z. B. Georgien auf dem (nahe gelegenen) russischen Markt vor allem den Badetourismus an der Schwarzmeerküste vermarkten; für israelische Urlauber sind landschaftliche Vielfalt und unberührte Natur von besonderem Interesse. Auf dem (weiter entfernten) mitteleuropäischen Markt können Studienreisen angeboten werden, bei denen das Land als Wiege der abendländischen Kultur (Mythos vom Goldenen Vlies) im Mittelpunkt steht (vgl. S TEINMETZER 2006, S. 42). Eine Strategie der Schwerpunktsetzung und Marktsegmentierung verfolgt z. B. auch Slowenien; dort konzentrieren sich die Tourismusverantwortlichen auf fünf Produkt-Cluster: das mediterrane Slowenien („Küste und Karst“), die slowenischen Alpen („Berge und Seen“), die Heilbäder und Kurorte <?page no="156"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 157 („Durch Natur zur Gesundheit“), die Städte („Auf Brücken bewegter Erlebnisse“) und den Urlaub auf dem Lande („Touristische Bauernhöfe“; vgl. G OSAR 2007, S. 620). Mit der zunehmenden Öffnung der Transformationsländer war auch eine stärkere Investitionstätigkeit ausländischer Investoren verbunden (speziell der international agierenden Hotelkonzerne; 3.2). Darüber hinaus wurde die Tourismusentwicklung durch Fördermaßnahmen der Europäischen Union unterstützt - z. B. durch die Programme PHARE und TEMPUS ( 2.2.4). Dennoch weisen die Staaten weiterhin einen Entwicklungsrückstand gegenüber westlichen Ländern auf: Bis in die Gegenwart konnte sich dort „noch kein annähernd flächendeckender Tourismus entwickeln“ (P AESLER 2007, S. 564). Aufgrund der geringen Erfahrung mit der Marktwirtschaft ist es mancherorts auch zu Fehlentwicklungen gekommen - wie das Beispiel des britischen Party- und Sauftourismus zeigt. Touristische Fehlentwicklungen in den Transformationsländern: der britische Party- und Sauftourismus in Krakau „Sehr direkt lud vor drei Jahren ein Plakat auf den Straßen Großbritanniens ins südpolnische Krakau ein: Ein Bier für ein halbes britisches Pfund. Wenig zurückhaltend benehmen sich auch die vielen Briten, die aufgrund des Bierpreisgefälles in Krakaus Altstadt eintreffen. ... Wer nachts um drei durch die Altstadt flaniert, trifft viele der englischsprachigen Gäste in lauter Feierlaune, auf dem Boden liegt Zerbrochenes wie Erbrochenes. „Billigtouristen“ werden sie von den Krakauern genannt, obwohl sie kräftig konsumieren. „In Gruppen sind sie meist unerträglich“, beschwert sich Katarzyna Golan vom Café „Et cetera“, die sich wie viele andere Kellnerinnen über das vulgäre Benehmen der Gäste empört. „Der Engländer vergewaltigt Krakau“, titelt darum die ansonsten liberale Gazeta Wyborcza. Viele Medien haben sich in diesem Jahr auf die englischen Besucher eingeschossen, auch in Internetforen erregen sich die Einheimischen. Der Engländer, in dieser seiner ungeliebten Form, ist vor allem der „Stag“ (Hirsch) samt Gefolgschaft. So heißt der angehende Bräutigam, der mit seinen Kumpels beim Junggesellenabschied noch mal ordentlich zecht, oft mehrtägig. ... Dank der aufkommenden Billigflüge und des Preisunterschieds für Alkoholika wird diese altenglische Tradition seit einigen Jahren ins Ausland ausgelagert, vor allem nach Osteuropa, mittlerweile findet nur noch jede dritte Stag-Party in englischen Pubs statt“ (M ATTERN 2008). <?page no="157"?> 158 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Trotz solcher Fehlentwicklungen haben sich die Hoffnungen der Transformationsländer auf die wirtschaftliche Kraft des internationalen Tourismus erfüllt. Wie in den Entwicklungsländern tragen die Deviseneinnahmen dazu bei, die defizitäre Handelsbilanz zumindest teilweise auszugleichen. Besonders eindrucksvoll sind die ökonomischen Wirkungen wiederum in besonders rohstoffarmen und strukturschwachen Ländern wie Kirgistan und Bulgarien, in denen die touristische Nachfrage einen Anteil von 20,3 bzw. 12,7 Prozent am Gesamtexport erreicht (vgl. Tab. 14). Weiterführende Lesetipps G ÖRLICH , C. (2012): Urlaub vom Staat. Tourismus in der DDR, Köln/ Weimar/ Wien (Zeithistorische Studien; 50) In diesem faktenreichen Buch stellt der Autor zunächst die Entwicklung des Feriendienstes der staatlichen Gewerkschaft FDGB (Freier Deutscher Gewerkschafsbund) dar und geht dann auf die Urlauber sowie die Heimleiter und Mitarbeiter der Ferienheime ein. Im Schlusskapitel diskutiert er die Besonderheiten der DDR als Urlaubsland. N IKITSIN , V. (2009): Tourismuspolitik und Tourismusplanung in Transformationsländern - untersucht am Beispiel von Belarus und Litauen, Paderborn (Paderborner Geographische Studien zu Tourismusforschung und Destinationsmanagement; 22) Welche Rolle spielt Tourismus im Transformationsprozesses in Litauen und Belarus? Mit dieser Frage beschäftigt sich die vergleichende Studie, in der vor allem die Tourismuspolitik und die Tourismusplanung der beiden Länder hinsichtlich ihrer Ziele, Aufgaben, Instrumente und Ergebnisse analysiert werden. B ECKER , C./ H OPFINGER , H./ S TEINECKE , A. (Hrsg.; 2007): Geographie der Freizeit und des Tourismus: Bilanz und Ausblick, 3. Aufl. München/ Wien Der umfangreiche Sammelband enthält u. a. auch einen Überblicksartikel sowie fünf detailreiche Fallstudien zur touristischen Entwicklung in Transformationsländern (Polen, Ungarn, baltische Staaten, Bulgarien und Istrien). <?page no="158"?> 4.4 Die Transformationsländer als strukturschwache Nachzügler 159 Land Ankünfte (in Mio.; 2011) Einnahmen aus dem internationalen Tourismus In Mrd. US-Dollar (2011) Anteil am Bruttosozialprodukt Gesamtexport Russland 22,7 11,3 0,9 % 3,0 % Ukraine 21,4 4,3 3,3 % 6,5 % Polen 13,4 10,7 2,3 % 5,0 % Ungarn 10,3 5,6 5,0 % 5,7 % Tschechische Republik 9,0 7,6 3,9 % 5,5 % Bulgarien 6,3 3,9 8,5 % 12,7 % Kasachstan 4,1 1,2 0,8 % 1,6 % Kirgistan 3,1 0,6 11,6 % 20,3 % Estland 2,7 1,2 7,6 % 8,3 % Litauen 1,8 1,3 3,3 % 4,3 % Aserbeidschan 1,6 1,3 2,4 % 4,0 % Tab. 14: Trotz erheblicher struktureller Probleme hat sich der internationale Tourismus auch in den Transformationsländern als wichtiger wirtschaftlicher Faktor erwiesen. Seine Deviseneinnahmen tragen zumindest teilweise dazu bei, die zumeist defizitäre Handelsbilanz auszugleichen (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in UNWTO 2013, 2013a). Mit der Öffnung der ehemaligen Ostblockstaaten für den internationalen (auch westlichen) Reiseverkehr war die sukzessive Ausweitung der Pleasure Periphery in den 1990er Jahren abgeschlossen: Nun konnten Touristen grundsätzlich alle Länder der Welt besuchen - selbst wenn einige Staaten immer noch eine strikte Einreisepolitik praktizieren (z. B. Belarus, Demokratische Volksrepublik Korea) oder erhebliche Sicherheitsrisiken aufweisen (z. B. Somalia, Jemen). Seitdem wird die Dynamik des internationalen Tourismus durch einen zunehmenden Wettbewerb der Staaten bzw. Destinationen untereinander bestimmt (vgl. K ELLER / B IEGER 2001). Als Motoren dieser Entwicklung fungieren vor allem die Rohstoffsowie die Schwellenländer, die sich entweder als neue Destinationen positionieren (z. B. die Vereinigten Arabischen Emirate) oder eine wachsende Bedeutung als Quellmärkte haben (z. B. China und Indien). <?page no="159"?> 160 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte Mit einem Rekordfeuerwerk ist das Emirat Dubai in das Jahr 2014 gestartet: Innerhalb von sechs Minuten zündeten 200 Techniker an 400 Orten Raketen und Knallkörper im Wert von 4,4 Millionen Euro. Das Feuerwerk war nicht nur ein spektakuläres Event, das für einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde sorgte; es ist zugleich auch ein Symbol für die wachsende Bedeutung der Rohstoff- und Schwellenländer im internationalen Tourismus. Diese Emerging Economies haben allen Grund zum Feiern, denn ihr weltweiter Marktanteil an den Ankünften wird - nach Prognosen der Welttourismusorganisation (UNWTO) - im Zeitraum 2010 - 2030 von 47 auf 57 Prozent steigen. Gleichzeitig werden die westlichen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften (Advanced Economies), die den Markt bislang dominiert haben, an Bedeutung als Reiseziele verlieren (vgl. UNWTO 2013a, S. 15). Die Emerging Economies zählen jedoch nicht nur beim Incoming-Tourismus zu den Gewinnern, sondern auch im Outgoing-Tourismus. Im Jahr 2012 beliefen sich z. B. die Reiseausgaben der Chinesen im Ausland auf ca. 102 Milliarden Dollar; damit konnte China erstmals den Titel des „Reiseweltmeisters“ erringen - und Deutschland als langjährigen Rekordhalter auf den zweiten Platz verdrängen. Worauf basiert die touristische Erfolgsgeschichte der Rohstoff- und Schwellenländer, deren Anfang wir gegenwärtig erleben? Wie in der Initialphase des europäischen Tourismus im 19. Jahrhundert gibt es nicht nur einen Steuerungsfaktor, der für die enorme touristische Dynamik verantwortlich ist, sondern vielmehr eine spezifische Melange aus wirtschaftlicher Entwicklung, gesellschaftlichem Wandel und politischen Entscheidungen. Anhand von drei Beispielen sollen die unterschiedlichen touristischen Potenziale, die bisherige Entwicklung des Tourismus und die touristischen Perspektiven von Rohstoff- und Schwellenländern erläutert werden: Bei den Vereinigten Arabischen Emiraten (V. A. E.) handelt es sich - aufgrund ihrer Erdöl- und Erdgasressourcen - um wohlhabende Quereinsteiger; sie nutzen den Incoming-Tourismus im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategie als aussichtsreichen Non-Oil-Sector ( 4.5.1). In China - dem bevölkerungsreichsten Land der Welt - spielte bislang vor allem der Binnentourismus eine große Rolle. Nun beginnt aber die wachsende Mittelschicht, sich für Auslandsreisen zu interessieren; sie stellt damit auch für Deutschland eine wichtige Zielgruppe dar ( 4.5.2). Ein hohes Wachstumspotenzial wird auch Indien zugeschrieben - sowohl im Incomingals auch im Outgoing-Tourismus. Als Folge einer Serie von Ver- <?page no="160"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 161 gewaltigungen hat das Land allerdings in jüngerer Zeit erhebliche Imageprobleme; es musst einen Rückgang der Nachfrage hinnehmen ( 4.5.3). 4.5.1 Vereinigte Arabische Emirate: Diversifizierung durch Tourismus „Las Vegas des Ostens“, „Kingdom of Bling“, „Diamond in the Desert“ - mit solchen Schlagworten wird der Versuch unternommen, die besondere Attraktivität und die rasante touristische Entwicklung des Emirats Dubai zu charakterisieren. Nur wenige Städte der Welt haben innerhalb einiger Jahrzehnte eine derartige Expansion erlebt wie der Hafenort am Persischen Golf. Bis in die 1960er Jahre hatte er allenfalls eine regionale Bedeutung als Handelsplatz und Zentrum der Perlenfischerei. Wo heute zahllose Hochhäuser, Luxushotels und Shopping Center stehen, lebte die Bevölkerung unter einfachsten Bedingungen - in kleinen Palmenhütten und ohne zentrale Wasserbzw. Stromversorgung (vgl. O ESTREICH / S CHLIEPHAKE 2005, S. 41). Grundlage des wirtschaftlichen Booms waren die umfangreichen und förderungsgünstigen Erdölvorkommen, die zunächst von europäischen und US-amerikanischen Konzernen genutzt wurden; nach der Nationalisierung der Erdölfelder im Jahr 1973 konnten Dubai und die übrigen Emirate (speziell Abu Dhabi) in erheblichem Umfang an den Einnahmen aus den „Petrodollars“ partizipieren. Sie vollzogen einen „Sprung vom Mittelalter in die Moderne“ (S CHOLZ 2005, S. 12) - zum einen mit dem raschen Ausbau der technischen und sozialen Infrastruktur, der Aluminium-, Stahl- und petrochemischen Industrie sowie des Siedlungs- und Verkehrswesens, zum anderen mit üppigen Wohlfahrts- und Sozialleistungen für die Bevölkerung. In den 1980er und 1990er Jahren wurden die Risiken der einseitigen Wirtschaftsentwicklung deutlich, die ausschließlich von den Öleinnahmen abhing - als die sinkende Nachfrage zu einem Rückgang des Weltmarktpreises für Öl führte (vgl. R ICH- TER 2013). Darüber hinaus standen die Golfstaaten vor dem grundsätzlichen Problem, dass ihre Erdölreserven in absehbarer Zeit erschöpft sein werden. Um den ökonomischen Erfolg in der Nach-Öl-Zeit vorzubereiten und zu sichern, leitete z. B. die Herrscherfamilie Al Maktum in Dubai einen grundlegenden wirtschaftspolitischen Wandel ein, bei dem sie die Chancen der Globalisierung nutzte - durch eine Privatisierung der Wirtschaft, eine Liberalisierung des Waren- und Finanzverkehrs sowie des Immobilienmarktes und eine Öffnung für den internationalen Tourismus. Gleichzeitig verfolgt das Emirat im wirtschaftlichen Bereich eine Diversifizierungsstrategie - z. B. durch (vgl. M ÜLLER 2010, S. 50 - 81): die Ansiedlung von Unternehmen der IT- und Medienbranche („Dubai Internet City“, „Dubai Media City“, „Dubai Knowledge Village“), <?page no="161"?> 162 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus die Unterstützung des internationalen Handels durch den Bau von Tiefwasserhäfen (Mina Rashid, Mina Jebel Ali) und die Einrichtung von Freihandelszonen („Jebel Ali Free Zone“, „Dubai Airport Free Zone“), die Förderung des Banken- und Finanzsektor („Dubai International Financial Centre“), die Ausweitung des Immobiliensektors (u. a. durch die staatlichen Unternehmen „Emaar Properties“ und „Nakheel Properties“, die zahlreiche Bauprojekte realisiert haben), den Bau medizinischer Einrichtungen („Dubai Healthcare Centre“). Innerhalb dieser Diversifizierungsstrategie spielt der Tourismus eine zentrale Rolle. Da Dubai keine herausragenden natürlichen bzw. kulturellen Standortfaktoren aufweist (mit Ausnahme der Strände und des Klimas) und zunächst auch nicht über ein wettbewerbsfähiges Angebot verfügte, musste in diesem Sektor eine grundsätzliche Aufbauarbeit geleistet werden - von der Imagebildung über den Bau von Hotels bis hin zur Schaffung von Besucherattraktionen. Unter dem Leitbild „Übermorgenland“ wurde ein einzigartiges Angebot geschaffen, das in kurzer Zeit internationale Aufmerksamkeit erregte (die bis in die Gegenwart anhält). Wesentliche Instrumente zur Umsetzung waren dabei spektakuläre Bauten und ungewöhnliche Events: Zum Symbol des touristischen Aufbruchs wurde das im Jahr 1999 eröffnete Luxushotel „Burj Al Arab“, das mit seiner eindrucksvollen Architektur in Form eines gigantischen Schiffssegels sowohl Assoziationen an die lokale Seefahrertradition als auch an moderne Hightech-Yachtsegel auslöst (vgl. S CHMID 2009, S. 39). Aufgrund der hochwertigen Ausstattung wird dieses Hotel in den Medien häufig als Sieben-Sterne-Haus bezeichnet (gegenwärtig erhalten die Gäste z. B. ein 24-karätiges goldenes iPad zur kostenlosen Nutzung während ihres Aufenthalts). Vor der Küste des Emirats ist seit 2001 die künstliche Inselwelt „The Palm“ aufgeschüttet worden, auf der inzwischen mehreren Tausend private Villen und einige Hotels errichtet wurden (darunter das Luxushotel „Atlantis The Palm“, das u. a. über ein riesiges Aquarium und einen Wasserpark verfügt). Eine große Medienresonanz erfuhr Dubai auch durch den Bau des „Burj Khalifa“ in den Jahren 2004 bis 2010, der mit einer Höhe von 828 Metern gegenwärtig das höchste Bauwerk der Welt ist. <?page no="162"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 163 Abb. 42: Das Hotelangebot der Vereinigten Arabischen Emirate (V. A. E.) umfasst neben eindrucksvollen Hochhausbauten wie dem weltweit bekannten „Burj Al Arab“ zunehmend auch großflächige Resort-Anlagen, in denen das Thema „Wüste“ mit Hilfe von Architektur, Bepflanzung, Inneneinrichtung und Events inszeniert wird - wie das „Qasr Al Arab Desert Resort“ in Abu Dhabi (Quelle: eigenes Foto). Außerdem entstanden zahlreiche luxuriöse Shopping Center - u. a. die „Mall of the Emirates“ mit einer großen Indoor-Skihalle („Ski Dubai“), der „Souk Madinat/ Jumeirah“, die „Mercato Shopping Mall“ und die „Dubai Mall“. Darüber hinaus sorgen besondere Events dafür, dass regelmäßig Presseberichte über das Emirat erscheinen - z. B. das „Dubai Shopping Festival“, die „Dubai Summer Surprises“, Großfeuerwerke, internationale Sportgroßveranstaltungen und Kongresse etc. (im Jahr 2020 wird mit Dubai erstmals ein arabisches Land Gastgeber der Weltausstellung „Expo“ sein). Während der internationalen Finanz- und Bankenkrise in den Jahren 2008 und 2009 wurden die Risiken dieser „Ökonomie der Faszination“ (S CHMID 2009, S. 38) deutlich, die auf den Prinzipien der Superlative und der Erlebnismaximierung basiert: Die zunächst boomende touristische Entwicklung verlangsamte sich und einige geplante Großprojekte konnten zunächst nicht realisiert werden (z. B. das Urban Entertainment Center „DubaiLand“ und die künstliche Inselwelt „The World“). Vor kurzem wurden aber wieder neue Projekte vorgestellt - z. B. der Bau eines Opernhauses und der Wasserstraße „Dubai Water Canal“ quer durch das Emirat. <?page no="163"?> 164 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Die zahlreichen touristischen Maßnahmen, die durch das staatliche „Dubai Department of Tourism and Commerce Marketing“ (DTCM) gesteuert werden, haben langfristig zu einer enormen Steigerung der Nachfrage geführt - von 1,8 Millionen internationalen Ankünften (1995) auf 7,8 Millionen im Jahr 2012. Wichtige Quellmärkte sind dabei die arabischen Nachbarländer sowie Indien, USA, Russland, Iran und China. Durch den Tourismus erzielt das Emirat ca. ein Viertel seiner Staatseinnahmen, während der Erdölsektor nur noch einen Anteil von ca. zehn Prozent ausmacht ( www.dubaitourism.ae; UNWTO 2013a, S. 12). Für den touristischen Erfolg Dubais war - neben der staatlichen Tourismusförderung und dem professionellen Marketing-Management - auch die Luftverkehrspolitik des Landes verantwortlich: Bereits in den 1970er Jahren hat eine Öffnung des Luftraums und eine zunehmende Einbindung in die Flugverbindungen internationaler Carrier stattgefunden. Im Jahr 1985 wurde die Fluggesellschaft „Emirates“ gegründet, die sich im alleinigen Besitz der Herrscherfamilie Al Maktum befindet. Sie zählt weltweit zu den am schnellsten expandierenden Fluggesellschaften: Im Gründungsjahr flog sie nur nach Karachi, Delhi und Bombay/ Mumbai; inzwischen steuert sie ca. 100 Destinationen an, verfügt über eine Flotte von mehr als 200 Flugzeugen (darunter 44 Airbus A 380) und transportiert jährlich knapp 40 Millionen Passagiere ( www.theemiratesgroup.com). Eine ähnliche rasante Entwicklung erlebte auch der Dubai International Airport, der von internationalen Fluggesellschaften in den 1980er Jahren vor allem für Tankstopps auf der Asien-Route genutzt wurde. Mit 57,7 Millionen Passagieren (2012) rangiert er inzwischen weltweit auf dem zehnten Platz - noch vor dem Flughafen Frankfurt am Main. Nach dem Istanbul Atatürk Flughafen weist er die höchste Wachstumsrate der Passagierzahlen auf. Der Umsatz im „Dubai Duty Free“ belief sich im Jahr 2013 auf 1,8 Milliarden US-Dollar; damit zählt der zollfreie Shopping-Bereich zu den größten Einzelhandelsunternehmen auf einem internationalen Airport ( www.dubaiairport.com; www.dubaidutyfree.com). Mit seiner Strategie der erlebnisorientierten Inszenierung hat Dubai innerhalb der Vereinigten Arabischen Emirate (V. A. E.) eine Vorreiterrolle eingenommen. Inzwischen lassen sich auch in den anderen Emiraten (Abu Dhabi, Adschman, Fudschaira, Ra’s al-Chaima, Schardscha, Umm al-Qaiwain) ähnliche Entwicklungen beobachten. Auch sie nutzen Luxushotels, Sportgroßveranstaltungen, Kultureinrichtungen und Fluggesellschaften, um sich stärker auf dem internationalen Tourismusmarkt zu positionieren - z. B. Abu Dhabi mit dem „Yas Marina Circuit“ für Formel 1-Rennen, dem „Louvre Abu Dhabi“, dem „Guggenheim Abu Dhabi“ und dem Carrier „Etihad Airways“ ( 3.1.1, 3.3.2). <?page no="164"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 165 Der touristische Erfolg der Vereinigten Arabischen Emirate hatte jedoch auch seinen sozialen und ökologischen Preis: So verweisen Kritiker auf die unwürdigen Arbeitsbedingungen, die arbeitsrechtliche Unsicherheit und die schlechte Bezahlung der Bauarbeiter, die überwiegend aus Indien, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka stammen ( 5.2.2). Problematisch sind auch die gravierenden Umweltveränderungen, die durch den Bau der künstlichen Inselwelten vor der Küste des Emirates ausgelöst werden (Aushub, Aufschüttung, Veränderung der Strömungsverhältnisse). Schließlich sind die Länder bislang verschwenderisch mit den Energie- und Wasserressourcen umgegangen: Der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser, das zu 75 Prozent aus energieintensiven Meerwasseraufbereitungsanlagen stammt, beläuft sich dort auf mehr als 500 Liter, in Deutschland hingegen auf ca. 120 Liter. Weiterführende Lesetipps M ÜLLER , B. (2010): Glitzermetropole Dubai. Diversifizierung und Imagegestaltung einer auf Erdöl aufgebauten Wirtschaft, Marburg Die Autorin stellt zunächst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Emirats und die Diversifizierungsstrategie dar (Ausbau des Non-Oil-Sektor). Im Folgenden erläutert sie die Entwicklung des Tourismus - speziell die Rolle spektakulärer Gebäude und Mega-Events bei der Imagebildung. S CHMID , H. (2009): Economy of Fascination. Dubai and Las Vegas as Themed Urban Landscapes, Berlin/ Stuttgart (Urbanization of the Earth; 11) In dieser vergleichenden Studie analysiert der Autor anhand der Beispiele Dubai und Las Vegas zum einen die Erfolgsfaktoren thematisierter städtischer Quartiere (Corporate-Driven Governance, Attention-Binding Strategies and Media Staging). Zum anderen geht er auf die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Risiken der Thematisierungsstrategie ein. Auf dem internationalen Tourismusmarkt agieren die Vereinigten Arabischen Emirate vor allem als neue Zielgebiete (und in weitaus geringerem Umfang als Quellgebiete): So belief sich der Incoming-Tourismus im Jahr 2012 auf knapp 10 Millionen Touristen - der Outgoing-Tourismus erreichte nur einen Umfang von 3,2 Millionen Reisenden (vgl. DZT 2013, S. 6; UNWTO 2013a, S. 12). Das folgende Beispiel China macht hingegen deutlich, welche enormen Nachfragepotenziale die wirtschaftlich expandierenden Schwellenländer als Quellmärkte bieten: Die touristische Zukunft wird - nicht zuletzt auch in Deutschland - wesentlich durch Urlauber aus dem „Reich der Mitte“ bestimmt. <?page no="165"?> 166 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus 4.5.2 China: der neue Reiseweltmeister Roter Karl-Marx-Wein und Karl-Marx-Schokolade mit chinesischer Aufschrift sowie Kühlschrankmagnete mit Marx-Zitaten auf Chinesisch - diese Merchandising-Artikel gehören zu den beliebtesten Souvenirs des „Karl-Marx-Hauses“ in Trier. Das Geburtshaus des Philosophen und Gesellschaftskritikers hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Pilgerstätte chinesischer Touristen entwickelt; mit ca. 10.000 Besuchern pro Jahr stellen sie inzwischen die wichtigste ausländische Besuchergruppe und ein Viertel aller Gäste des Hauses ( www.ruhrnachrichten.de, 22.11.2013). An diesem lokalen Beispiel lässt sich die generell wachsende Bedeutung Chinas für den internationalen Tourismusmarkt verdeutlichen: Während im Jahr 1995 4,5 Millionen Chinesen eine Auslandsreise unternommen haben, waren es im Jahr 2012 83,2 Millionen (vgl. Abb. 43). Sie sind damit gegenwärtig „in ganz Asien und bald auch in aller Welt die neue touristische Supermacht mit monumentalem Selbstbewusstsein, gegen deren numerische Übermacht sich die europäischen Reisenden eines Tages wie eine versprengte Freischärlertruppe ausnehmen werden“ (S TROBEL Y S ERRA 2013, S. 25). Abb. 43: China konnte in den vergangenen Jahrzehnten ein nahezu kontinuierliches touristisches Wachstum verzeichnen. Seit 2010 hat der Outgoing-Tourismus aus dem „Reich der Mitte“ einen größeren Umfang als der Incoming-Tourismus (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in www.factfish.com; UNWTO 2013a, S. 6; Grafik: P. Blank). Noch vor wenigen Jahrzehnten war diese rasante Entwicklung nicht absehbar, denn in der maoistischen Volksrepublik, die im Jahr 1949 gegründet wurde, galten Freizeit- und Reiseaktivitäten als Ausdruck eines verschwenderischen bürgerlichen Lebensstils. Erst im Jahr 1979 begann eine vorsichtige Reform- und Öffnungspolitik: Nun wurde der internationale Incoming-Tourismus als Mittel zur <?page no="166"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 167 Erwirtschaftung von Devisen betrachtet und der Outgoing-Tourismus als Möglichkeit, den Kontakt zu den im Ausland lebenden Überseechinesen wieder zu intensivieren. Seitdem lassen sich beim Outgoing-Tourismus drei Phasen unterscheiden (vgl. A RLT 2008, S. 10 - 13): In der ersten Phase (1983 - 1997) konnten Chinesen mit spezieller Erlaubnis und in begrenzter Zahl zunächst nach Hongkong und Macao reisen, um Verwandte zu besuchen. Die Regierung verfolgte damit das Ziel, die Beziehungen zu dieser britischen bzw. portugiesischen Kolonie zu stärken, die im Jahr 1997 bzw. 1999 an China zurückgegeben wurden und seitdem den Status von marktwirtschaftlichen Sonderverwaltungszonen haben. Später gab es entsprechende Reiseregelungen auch für Gruppenreisen nach Thailand, Malaysia, Singapur und die Philippinen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Einbindung Chinas in die Weltwirtschaft setzten darüber hinaus Geschäfts-, Messe-, Delegations- und Studienreisen in einige Industrieländer ein (darunter auch nach Deutschland). In der zweiten Phase (1997 - 2004) sorgte das Approved Destination System (ADS) für ein rasches Wachstum des Outgoing-Tourismus. Im Rahmen dieses Abkommens, das China mit einer zunehmenden Zahl von Ländern geschlossen hat, wurden die Ausreisebzw. Einreisebestimmungen für chinesische Touristengruppen erheblich erleichtert (so entfiel z. B. der Zwang, die Visa individuell zu beantragen). Zunächst gab es ADS-Vereinbarungen mit Australien, Neuseeland und Südkorea, seit 2004 haben u. a. auch 22 EU-Staaten den Status eines „zugelassenen Reiseziels“. Aufgrund dieser Regelung verdreifachte sich die Zahl der Auslandsreisen im Zeitraum 1999 - 2004. In der dritten Phase (seit 2005) verzeichnete der Outgoing-Tourismus nicht mehr die hohen Wachstumsraten früherer Jahre. Als ein Grund dafür gilt die Verschärfung der Einreisebestimmungen, mit der einige Staaten auf den Missbrauch der ADS-Visa reagiert haben (die zur illegalen Immigration von Arbeitskräften genutzt wurden). Gleichzeitig kam es auch im Gastgewerbe der Zielländer zu Irritationen, da sich die Chinesen teilweise als schwierige Kunden erwiesen - mit ungewöhnlichen Forderungen an die Servicekräfte und einem (aus westlicher Sicht) ungebührlichen Verhalten. Als Reaktion auf die kritische Berichterstattung in den nationalen und internationalen Medien hat die chinesische Regierung ihre Bürger inzwischen sogar aufgefordert, sich bei Auslandsreisen „in a civilised matter“ zu verhalten ( www.scmp.com, 01.06.2013). Um solche interkulturellen Missverständnisse zu vermeiden, muss sich aber auch die Tourismusbranche in den Zielländern intensiv mit den Erwartungen, Ansprüchen und Verhaltensweisen der chinesischen Gäste auseinandersetzen. Hinsichtlich der typischen Merkmale dieser Zielgruppe kommen aktuelle Marktstudien zu <?page no="167"?> 168 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus folgenden Ergebnissen (vgl. A RLT 2008, 2012; F UGMANN 2009; F UGMANN / A RLT 2010; DZT 2012a; TUI AG - TUI Think Tank 2012): Generell konzentriert sich der chinesische Outgoing-Tourismus auf Zielgebiete in Asien: Im Jahr 2011 führten zwei von drei Auslandsreisen in die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau; weitere beliebte Destinationen waren Korea, Malaysia, Japan und Thailand (vgl. F UNCK 2013). In Deutschland wurden nur 334.000 der insgesamt 70,3 Millionen Ankünfte registriert. Die chinesischen Europa- und Deutschlandreisenden gehören generell zu den oberen zehn Prozent der Gesellschaft - sie sind relativ wohlhabend und hochgebildet. Während die Älteren noch die Restriktionen der maoistischen Zeit erlebt haben (u. a. die Kulturrevolution) und auf Auslandsreisen eher unsicher, misstrauisch und vorsichtig sind, ist die jüngere Generation aufgeschlossener, selbstbewusster und entdeckungsfreudiger („New Chinese Tourists“). Europa- und Deutschlandreisen werden nicht aus Erholungszwecken unternommen, sondern als Form des demonstrativen Konsums betrachtet; sie dienen dazu, persönliches Prestige zu erlangen, den eigenen sozialen Status zum Ausdruck zu bringen und sich von Anderen zu unterscheiden (Distinktionsmechanismus). Aus Sicht chinesischer Touristen wird der Kontinent Europa als eine Destination wahrgenommen, deren besonderer Reiz in der Vielzahl unterschiedlicher Kulturen besteht. Da es sich bei der Mehrzahl um Erstbesucher handelt, sind die Gäste vor allem daran interessiert, auf Rundreisen in kurzer Zeit möglichst viele Länder zu besuchen. Zu den bevorzugten Zielen gehören Paris, London, Wien, Florenz, Frankfurt am Main und München. Auf einer Europareise möchten die chinesischen Gäste Landschaft und Kultur kennenlernen, bekannte Sehenswürdigkeiten besichtigen, Museen besuchen und vor allem Einkaufen. Inzwischen haben sie die Russen als umsatzstärksten Quellmarkt überholt: Im Jahr 2012 gaben sie in Deutschland durchschnittlich 628 Euro pro Tax-Free-Einkauf aus; besonders beliebte Produkte waren Uhren, Schmuck, Kleidung und Lederwaren (vor allem bekannter Markenhersteller). Wie andere Nationen haben auch die Chinesen nationalspezifische Erwartungen an die Ausstattung und den Service in Hotels; dazu gehören z. B. Details wie ein Wasserkocher bzw. eine Thermoskanne mit heißem Wasser im Zimmer, die Überreichung der Visitenkarte mit beiden Händen, authentisches chinesisches Essen und die Vermeidung der Zahl „4“ (da sie in der Aussprache dem Wort „Tod“ ähnelt). <?page no="168"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 169 Angesichts der wachsenden Bedeutung des chinesischen Quellmarktes stellen sich immer mehr europäische und deutsche Anbieter auf die Bedürfnisse der fernöstlichen Gäste ein: In Trier hat z. B. die „City-Initiative“ bereits im Jahr 2005 spezielle Sprachkurse für Geschäftsinhaber angeboten, in denen chinesische Grundkenntnisse vermittelt wurden. Seit kurzem beschäftigt die „Fraport AG“ (Betreiber des Flughafens Frankfurt am Main) im Duty Free-Bereich mehrere „Personal Shopper“, die chinesischen Passagieren als Dolmetscher und Berater beim Einkaufen behilflich sind. Von der Hotelbuchungsplattform „HRS“ wurde das spezielle Gütesiegel „China Friendly Hotel“ entwickelt (vgl. Abb. 44). Reaktion auf die wachsende Bedeutung Chinas als Quellmarkt: „China Friendly Hotel“ der Hotelbuchungsplattform „HRS“ Abb. 44: Gütesiegel „China Friendly Hotel“ der Buchungsplattform „HRS“ (Quelle: Hotel Reservation Service Robert Ragge GmbH) Trotz der zunehmenden Zahl chinesischer Gäste ist das deutsche Hotelangebot für die Besucher aus Fernost noch recht unübersichtlich: Sie wünschen sich u. a. mehr Informationen in ihrer Landessprache und auch kulturspezifische Leistungen. Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen „HRS“ (Hotel Reservation Service Robert Ragge GmbH) - der Marktführer unter den deutschen Hotelbuchungsplattformen - im Jahr 2013 das Gütesiegel „China Friendly Hotel“ eingeführt. <?page no="169"?> 170 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus „Mit dem neuen Siegel zeichnet HRS Hotels aus, die sich auf die besonderen Bedürfnisse der chinesischen Reisenden einstellen. Um auf der chinesischen HRS-Website als „China Friendly Hotel“ gelistet zu werden, müssen europäische Hotels bestimmte Kriterien erfüllen ... . Dazu gehören beispielsweise ein Wasserkocher auf dem Zimmer und ein Adapter für chinesische Elektrogeräte. Zusätzliche Orientierungshilfen geben zudem Informationen vor Ort in Mandarin, der offiziellen chinesischen Landessprache, oder die Zahlungsmöglichkeit über China Union Pay, die einzige Kreditkartenorganisation in der Volksrepublik China. Auch das Angebot an Speisen und Getränken sollte auf die Vorlieben der Asiaten ausgerichtet sein“ (Tourism-Insider, KW 29/ 13). Auch künftig wird mit einem kräftigen Wachstum des chinesischen Outgoing- Tourismus gerechnet; gleichzeitig deuten sich erhebliche qualitative Veränderungen an; dazu zählen u. a. (vgl. T HRAENHART / C HANG / A RLT 2012, S. 18): eine zunehmende Bedeutung von Erholungsreisen, eine größere Reisedistanz (Zunahme von Fernreisen), ein höherer Anteil jüngerer Touristen, die individuelle Reisen bevorzugen, ein wachsendes Informationsbedürfnis (speziell Online-Informationen), eine Zunahme von Buchungen bei Online-Reiseveranstaltern, eine steigendes Budget für Auslandsreisen, eine intensivere Nutzung sozialer Medien, um persönliche Reiseerfahrungen mit anderen Touristen zu teilen, ein Wechsel von der bisher dominierenden Preiszur Erlebnisorientierung, ein höheres Anspruchsdenken (Service, Ausstattung). In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich China jedoch nicht nur als äußerst dynamischer Quellmarkt erwiesen, sondern auch als erfolgreiches Zielgebiet: So ist die Zahl der internationalen Ankünfte im Zeitraum 1995 - 2012 von 20,0 auf 57,7 Millionen gestiegen (vgl. Abb. 43). Angesichts seiner wirtschaftlichen Macht (große Devisenreserven, hohe Wachstumsraten etc.) ist das Land allerdings bisher nicht in gleicher Weise von den Einnahmen aus dem Tourismus abhängig wie die rückständigen Entwicklungsländer und die strukturschwachen Transformationsländer. So wies China im Jahr 2012 eine negative Reiseverkehrsbilanz auf: Die Einnahmen aus dem internationalen Tourismus betrugen 50 Milliarden US-Dollar, die Ausgaben im chinesischen Outgoing-Tourismus hingegen 102 Milliarden US-Dollar (vgl. UNWTO 2013a, S. 6, 13). <?page no="170"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 171 Weiterführende Lesetipps A RLT , W. G./ F REYER , W. (Hrsg.; 2008): Deutschland als Reiseziel chinesischer Touristen. Chancen für den deutschen Reisemarkt Die Beiträge dieses Sammelbandes beschäftigen sich mit der Bedeutung Deutschlands als Reiseziel der Chinesen, dem Angebot und Marketing im Deutschlandtourismus Chinas sowie den spezifischen Erwartungen und Verhaltensweisen chinesischer Touristen in Deutschland. T HRAENHART , J. (Hrsg.; 2012): Essential China Travel Trends 2012, Beijing Der Reader enthält aktuelle Texte zu unterschiedlichen Aspekten des chinesischen Tourismusmarktes - z. B. zum Outgoing-Tourismus und Internet/ Social Media, zu Luxusreisen und Reiseveranstaltern sowie zur Kundenzufriedenheit. Die Beiträge stehen auf der Homepage des „China Outbound Tourism Research Institute“ (COTRI) kostenlos zum Download zur Verfügung ( www.chinatraveltrendsbook.com). R YAN , C./ H UANG , S. (Hrsg.; 2013): Tourism in China. Destinations, Planning, Experiences, Bristol Anhand zahlreicher Fallstudien wird die Rolle des Tourismus innerhalb der chinesischen Wirtschaft und Gesellschaft untersucht. Inhaltliche Schwerpunkte sind dabei eine Bestandsaufnahme der bisherigen Entwicklung sowie Fragen der Tourismuspolitik, des Destinationsmanagements und der Tourismusplanung. China, das von Napoleon einst als „schlafender Riese“ bezeichnet wurde, hat sich also nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in touristischer Hinsicht längst erhoben. Während dieses Quellgebiet zunehmend in den Fokus von Wissenschaft und Praxis gerückt ist, gibt es einen anderen Zukunftsmarkt, der bislang eine vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit erfahren hat, obwohl Experten ihm ebenfalls ein enormes touristisches Potenzial bescheinigen. Allerdings hat Indien mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen - speziell im Incoming-Tourismus. 4.5.3 Indien: Imageprobleme und Nachfragepotenziale „Indiens Tourismus bricht ein. Eine Serie von Vergewaltigungen hat dem Ansehen Indiens in der Welt geschadet. Immer mehr Touristen, vorwiegend Frauen aus westlichen Ländern, wenden sich von Indien als Reiseziel ab“ - unter dieser Schlagzeile berichtete die „Deutsche Welle“ im April 2013 über die Krise des Tourismus in Indien, die durch eine zunehmende Zahl von sexuellen Gewalttaten gegen indische Frauen, aber auch ausländische Touristinnen ausgelöst wurde. Das Land, das sich in den vergangenen Jahrzehnten mit Hilfe seiner kreativen Werbekampagne „Incredible ! ndia“ erfolgreich auf dem internationalen Tourismusmarkt positioniert hatte, verzeichnete nicht nur einen Rückgang der Nachfrage, sondern auch einen Imageverlust ( 2.2.4). <?page no="171"?> 172 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Touristische Folgen sexueller Gewalttaten in Indien „Seit Anfang des Jahres 2013 ist die Zahl der ausländischen Touristen, die Indien besucht, um 25 Prozent gefallen. Unter Frauen fiel der Rückgang noch stärker aus: 35 Prozent weniger Frauen reisten in der Zeit von Januar bis März 2013 nach Indien. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer Umfrage der indischen Handelskammer, die jüngst die aktuelle Entwicklung in der heimischen Tourismusbranche unter die Lupe nahm und jetzt von indischen Medien veröffentlicht wurde. ... Der Grund für den Rückgang liegt in den Ereignissen der vergangenen Monate. Die Gruppenvergewaltigung einer jungen Inderin in einem Bus in Neu Delhi am 16. Dezember des Vorjahres schockierte die indische Öffentlichkeit und ging um die Welt. Die zögerliche Reaktion der Politik auf den Vorfall trieb tausende Inder wochenlang auf die Straße und machte Schlagzeilen rund um den Globus. ... Dass es auch für ausländische Frauen gefährlich ist, zeigen weitere Vergewaltigungsfälle der jüngsten Vergangenheit: Im März wurde eine Touristin aus der Schweiz, die sich mit ihrem Mann auf einer Fahrradtour in Zentralindien befand, von mehreren Männern angegriffen und vergewaltigt. Kurz darauf sprang eine Frau aus Großbritannien aus ihrem Hotelfenster in Agra, da der Hotelmanager versucht haben soll, sich Zugang zu ihrem Zimmer zu verschaffen. Sie befürchtete, vergewaltigt zu werden“ (L UCAS 2013). Durch die breite Berichterstattung in den internationalen Medien über diese Ereignisse wurden die bereits bestehenden Imageprobleme Indiens noch verschärft. Eine aktuelle Untersuchung in Deutschland hat folgende, durchaus widersprüchliche Faktoren ermittelt (vgl. F REYER / G EHRE / R ICHTER 2011, S. 197): Tradition und Kultur - z. B. landestypische Speisen, farbenfrohe Kleidung, beeindruckende Landschaften und Bauwerke, gastfreundliche Menschen; soziale und ökologische Rahmenbedingungen - z. B. starkes Arm-Reich-Gefälle, Umweltverschmutzung, hohes Verkehrsaufkommen in Städten; Sicherheitsprobleme - z. B. Terroranschläge, Naturkatastrophen. Neben diesen generellen Imageproblemen steht das Land bislang aber auch vor einer Reihe struktureller Schwierigkeiten bei der Entwicklung des Incoming-Tourismus; dazu zählen u. a. (vgl. C HOWDHARY / D EVRATH / Y ADAV 2011): politische Instabilität, Terrorgefahren und Kleinkriminalität, <?page no="172"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 173 eine überlastete Verkehrsinfrastruktur und schlechte öffentliche Verkehrsverbindungen, ein Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften in der Tourismusbranche, ein geringes kommunales Engagement im Tourismus und unzureichende unternehmerische Aktivitäten, eine fehlende staatliche Unterstützung der Tourismusbranche, ein relativ hohes Preisniveau der Hotelbranche, schlechte hygienische Verhältnisse und ein gering ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Angesichts dieser zahlreichen Strukturprobleme galt Indien noch Mitte der 1990er Jahre als „ein touristisches Entwicklungsland“ (B ENDER 1993), obwohl es über enorme touristische Potenziale verfügt - z. B. eindrucksvolle Landschaften in unterschiedlichen Klimazonen, eine große Vielfalt an Bevölkerungs- und Religionsgruppen sowie beeindruckende historische Bauwerke. Seit 1983 sind 30 Gebäude und Naturdenkmäler in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen worden - vom berühmten Taj Mahal über Forts und Tempelanlagen bis hin zu mehreren Nationalparks. Mit Hilfe umfangreicher Marketing-Maßnahmen - z. B. Werbekampagnen, Messeauftritte etc. (vgl. Abb. 45) - konnte Indien die Zahl internationaler Ankünfte im Zeitraum 1995 - 2012 zwar von 2,1 auf 6,6 Millionen steigern; im Vergleich zu Thailand (22,4 Millionen) und Malaysia (25,0 Millionen) ist das Tourismusaufkommen aber deutlich niedriger. Auch innerhalb der indischen Wirtschaft spielt die touristische Nachfrage mit einem Anteil von 4,0 Prozent an den gesamten Exporteinnahmen eine relativ geringe Rolle - in Malaysia bzw. Thailand beläuft sich dieser Wert auf 7,4 bzw. 11,9 Prozent (vgl. UNWTO 2013, S. 181, 240, 292; 2013a, S. 9). Um die touristischen Potenziale künftig besser zu nutzen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, verfolgt die indische Regierung seit einigen Jahren fünf sog. „C“-Strategien (vgl. H ASSEMER 2011, S. 175): Civil Aviation - eine Liberalisierung des Luftverkehrs (nach dem Vorbild der USA und Europas), eine bessere Anbindung an das internationale Luftverkehrsnetz sowie ein Ausbau der Flughafeninfrastruktur; <?page no="173"?> 174 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Abb. 45: Neben weltweiten Image- und Werbekampagnen nutzt Indien auch große touristische Fach- und Publikumsmessen, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und neue Gäste zu gewinnen - z. B. die „Internationale Tourismus-Börse“ (ITB) 2014 in Berlin (Quelle: eigenes Foto). Civil Governance - eine Verbesserung und Erweiterung der touristischen Infrastruktur (Klassifizierung von Hotels, Bau von Informationszentren etc.); Capacity Building of Service Providers - eine Qualitätssteigerung des touristischen Service durch Trainingsmaßnahmen für Mitarbeiter/ -innen; Communication Strategy - eine internationale Kommunikations- und PR- Initiative mit wechselnden inhaltlichen Schwerpunkten; Convergence of Tourism with other Sectors of the Indian Economy - eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Akteuren aus dem Tourismus und anderen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung. Neben dem noch recht bescheidenen internationalen Tourismus gibt es in Indien traditionell einen sehr viel umfangreicheren Binnentourismus: Schätzungsweise sind jedes Jahr mehr als 500 Millionen Inder unterwegs, um Verwandte wiederzusehen oder Pilgerstätten zu besuchen. Zum Tempel in Tirupati im Bundesstaat Andhra Pradesh reisen z. B. jährlich ca. 20 Millionen Pilger - die Besucherzahl des Petersdoms in Rom beläuft sich hingegen nur auf 8 Millionen (vgl. J AIN / J AIN 2011, S. 115). <?page no="174"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 175 Vor dem Hintergrund des raschen wirtschaftlichen Wachstums ist auch in Indien in den letzten Jahren eine neue Mittelschicht entstanden, die sich an westlichen Konsummustern orientiert und andere Formen der Erholung bevorzugt - z. B. den Badetourismus, der in Indien lange Zeit nur eine untergeordnete Bedeutung hatte (mit Ausnahme von Goa, dessen rasante touristische Erschließung allerdings von zahlreichen lokalen und internationalen Protesten begleitet wurde; vgl. H ÄUSLER 1993; B ENDER 1994; A LMEIDA 1997; H AMMELEHLE / P LÜSS 1997). Diese wachsende Mittelschicht, die inzwischen ca. ein Fünftel der indischen Bevölkerung ausmacht, ist auch für ausländische Destinationen von großem Interesse - nicht zuletzt für Deutschland. Generell hat der indische Outgoing-Tourismus bislang eine weitaus größere Bedeutung als der Incoming-Tourismus. Im Zeitraum 1995 - 2011 ist die Zahl der indischen Auslandsreisenden von 3,1 Millionen auf 13,9 Millionen gestiegen ( www.factfish.com). Aufgrund der kulturellen Nähe und der relativ geringen Kosten reist die Mehrzahl der Inder in asiatische Destinationen (72 Prozent); nur jede siebte Reise führt nach Europa. Wesentliche Reisearten sind dabei sowohl Geschäftsals auch Urlaubsreisen, während der Besuch von Verwandten und Bekannten eine relativ geringe Rolle spielt (vgl. L OMMATZSCH 2011; DZT 2012b). Innerhalb Europas ist die Schweiz das beliebteste Reiseziel - gefolgt von Frankreich, Deutschland und Italien. Für die ungewöhnlich hohe Popularität der Alpenrepublik gibt es mehrere Gründe. So hat die Schweiz in Indien ein sehr positives Image: Aus Sicht der indischen Gäste verfügt sie über eine einzigartige Landschaft (mit blumenreichen Wiesen und verschneiten Bergen); darüber hinaus gilt sie als sicher und sauber. Seit den 1990er Jahren wurde das Interesse für die Schweiz durch die Medien generell und speziell durch die indische Filmindustrie gestärkt, da die alpine Bergwelt eine beliebte Location für Bollywood-Produktionen ist. In diesen Filmen, die in Indien ein massenhaftes Publikum verzeichnen, fungiert sie als attraktive Kulisse für die obligatorischen romantischen „Song & Dance“-Szenen. Diese Bilder sind vielen Indern vertraut; sie verstärken das bereits bestehende Image und wecken darüber hinaus den Wunsch, das Land selbst einmal zu bereisen. Beim Besuch der Schweiz gehört dann allerdings nicht der Besuch der Filmschauplätze zu den bevorzugten Urlaubsaktivitäten, sondern das Naturbzw. Bergerlebnis und das Shopping. Dennoch ist es einigen Drehorten - z. B. der Gemeinde Engelberg im Kanton Obwalden mit dem Gebirgsmassiv des Titlis - gelungen, ihren hohen Bekanntheitsgrad als Bollywood-Location touristisch zu nutzen, indem sie ihr Angebot konsequent auf die indischen Filmtouristen ausgerichtet haben (vgl. K ELLER 2002, 2011; F RANK 2012). <?page no="175"?> 176 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Inder auf den Spuren ihrer Filmstars: Bollywood-Tourismus in der Schweiz „Wer auf den Titlis-Gletscher in Engelberg fährt, rechnet mit Vielem: Längste Hängeseilbrücke Europas, Freerider-Paradies und Pulverschnee bis Ende Mai - doch nicht mit Massen von Indern, die sich jauchzend in den Schnee werfen. ... Bei schneeerfahrenen Europäern, insbesondere bei Skifahrern, wecken diese Glücksszenen bei minus zehn Grad Celsius Erinnerungen an die frühe Kindheit und sind ein herzerwärmendes Schauspiel. In der Tat beruht die Anziehungskraft, die der Titlis-Gletscher auf viele Asiaten hat, insbesondere auf Inder, auf einem Schauspiel. ... Genauer gesagt auf einem Bollywood-Film. 1995 lud der Marketingmanager von Engelberg ein indisches Filmteam ein, auf dem Titlis einen Film zu drehen. Das kam der Bollywood-Industrie gerade recht, schließlich gehören exotische Landschaften mit schneebedeckten Bergen zu den festen Bestandteilen der Filmromanzen. Diese Szenen wurden früher oft im Himalayastaat Kashmir gedreht, doch angesichts des Kashmir-Konflikts wurde das immer schwieriger. So kam es, dass sich Indiens beliebtestes Filmpaar Sharukh Kahn und die schöne Kajol in dem Film „Dilwale Dulhania Le Jayenge“, praktisch abgekürzt „DDLJ“, zu deutsch „Wer zuerst kommt, kriegt die Braut“, auf dem Gletscher in den Schnee warfen. Sie kugelten verliebt die Hänge hinunter, tanzten, lachten und sangen. Und weil Titlis auf Hindi schwer auszusprechen ist, bekam der Gletscher den einfach zu merkenden Namen: Berg der Liebe. Wie sehr Engelberg von dem Werbeeffekt indischer Filme profitiert, zeigt auch die Übernachtungsstatistik: Nach der Premiere von „DDLJ“ pilgerten die ersten Inder zum Berg der Liebe, von anfangs 600 steigerte sich die Zahl im Jahr 2012 auf mehr als 60.000. Das Hotel „Terrace“ spezialisiert sich von Mai bis Oktober sogar ausschließlich auf indische Gäste - mit indischem Personal und indischen Köchen. „Damit sich die Inder wie zu Hause fühlen“, erklärt Janine Hess vom Tourismusbüro die Verwandlung des Hotels“ (S TRASSMAIR 2013). Generell gilt Indien als ein wachstumsstarker Zukunftsmarkt - sowohl als Quellgebiet für den indischen Outgoing-Tourismus wie auch als Zielgebiet für den internationalen Incoming-Tourismus. Um die vorhandenen Potenziale künftig <?page no="176"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 177 besser zu nutzen, bedarf es allerdings einer Reihe von Maßnahmen (vgl. T HIMM / F REYER 2011a): In Indien müssen die bestehenden Hemmnisse einer touristischen Entwicklung abgebaut werden; dazu gehören eine unzureichende Infrastruktur, eine ineffiziente Bürokratie, eine weitreichende Korruption sowie soziale Missstände und Sicherheitsprobleme. Außerdem besteht ein erheblicher Nachholbedarf hinsichtlich eines professionellen Qualitätsmanagements und nachhaltiger Tourismusformen (ökotouristische Produkte, Partizipation der lokalen Bevölkerung, Corporate Social Responsibility etc.). In Europa und Deutschland bestehen bislang noch erhebliche Informationsdefizite über den indischen Markt. Eine genaue Kenntnis der spezifischen Erwartungen und Ansprüche indischer Gäste ist aber notwendig, um zielgruppengerechte Angebote entwickeln und Imagekorrekturen durchführen zu können. So wird Deutschland bislang als erfolgreiche Industrienation sowie Messe- und Ausstellungsplatz wahrgenommen - und weniger als attraktives Urlaubsland. Umgekehrt bedarf auch das Image Indiens einer Anpassung an die Realität, denn es hat sich längst von einem Land der Maharadschas und Schlangenbeschwörer zu einer international agierenden IT- und High-Tech-Nation mit einer reisefreudigen Mittelschicht entwickelt. Weiterführende Lesetipps T HIMM , T./ F REYER , W. (Hrsg.; 2011): Indien-Tourismus: Märkte - Strukturen - Tendenzen, München Wie hat sich der Tourismus von und nach Indien entwickelt? Welche Besonderheiten weist die indische Tourismuswirtschaft auf (Infrastruktur, Angebotsseite, Kommunikation, Marketing und Management)? Was sind spezifische Erwartungen und Verhaltensweisen indischer Touristen in Europa? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der zahlreichen Beiträge des Sammelbandes. DZT (Deutsche Zentrale für Tourismus) (Hrsg.; 2012): Marktinformation Indien 2013. Incoming-Tourismus Deutschland, Frankfurt a. M. Die aktuelle Studie vermittelt einen umfassenden Überblick über den Quellmarkt Indien (Landesprofil, Auslandsreisen generell, Europa- und Deutschlandreisen, Image Deutschlands, Markt- und Potenzialbewertung); sie steht als kostenlose PDF-Version zum Download zur Verfügung ( www.germany.travel/ media/ pdf/ marktinformationen__lang_/ regionalmanagement_asien _australien/ Indien.pdf). <?page no="177"?> 178 4 Die Schauplätze des internationalen Tourismus Zusammenfassung Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hat sich die touristische Pleasure Periphery weltweit immer mehr ausgedehnt; nach und nach wurden unterschiedliche Typen von Ländern (und Landschaften) zu Zielen von Urlaubsreisenden. Gegenwärtig gibt es keine weißen Flecken mehr auf der touristischen Weltkarte. Lange Zeit beschränkte sich der Tourismus auf die europäischen Industrieländer. Dabei nahm Großbritannien eine Vorreiterrolle ein: Zunächst definierte der britische Adel die touristischen Trendziele (Kurorte, Seaside Resorts, alpine Dörfer, Ägypten), später sorgte Thomas Cook durch die ersten Pauschalurlaube für eine Demokratisierung des Reisens. Die englischen Seebäder sind ein Beispiel für Aufstieg, Niedergang und (möglichen) Relaunch traditioneller Destinationen aus der Frühphase der touristischen Entwicklung In den 1950er Jahren wurden die Mittelmeerländer, die damals noch stark agrarisch geprägt waren, für den internationalen Tourismus erschlossen. Als wesentliche Motoren erwiesen sich der wachsende Wohlstand und die zunehmende Freizeit in wichtigen Quellmärkten (Deutschland, Großbritannien, Skandinavien), aber auch die Einführung preisgünstiger Flugpauschalreisen. Allerdings kam es aufgrund einer fehlenden Planung, eines kurzfristigen Gewinndenkens und eines enormen Nachfragedrucks vielerorts zu erheblichen ökologischen und sozialen Belastungen. Die Einführung von Langstreckenjets löste in den 1960er Jahren eine weitere Ausdehnung der Pleasure Periphery auf die tropischen Entwicklungsländer aus. Während sich die Hoffnungen hinsichtlich der positiven wirtschaftlichen Wirkungen des Tourismus zumeist erfüllten, wurden bald auch dessen Schattenseiten deutlich: negative Akkulturationseffekte, unkontrollierbare soziale Umbrüche sowie Bettelei, Kriminalität und Prostitution. Künftig wird es notwendig sein, die lokale Bevölkerung stärker als bisher an den touristischen Einnahmen partizipieren zu lassen. Bis Ende der 1980er Jahre sorgte die restriktive Ein- und Ausreisepolitik der Staaten des kommunistischen Ostblocks dafür, dass diese Länder weitgehend von den internationalen (westlichen) Reiseströmen abgeschnitten waren. Nach dem Zerfall des Eisernen Vorhangs standen die Transformationsländer vor großen touristischen Herausforderungen, da sie das bislang staatlich gelenkte Erholungswesen rasch auf die Anforderungen der Marktwirtschaft umstellen mussten. We- <?page no="178"?> 4.5 Die Rohstoff- und Schwellenländer als Zukunftsmärkte 179 sentliche Hemmnisse waren dabei u. a. die Kapitalschwäche, die allgemeine Rechtsunsicherheit, der niedrige Standard der Unterkünfte sowie fehlende touristische Organisationen. Mit Hilfe staatlicher Förderprogramme versuchen die Transformationsländer, diese Defizite abzubauen und ihre Tourismusbranche konkurrenzfähig zu machen. Künftig werden die Rohstoff- und Schwellenländer (Emerging Economies) eine immer größere Bedeutung im internationalen Tourismus erlangen. So haben sich z. B. die Vereinigten Arabischen Emirate (V. A. E.) im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategie bereits erfolgreich als neue Destination auf dem Tourismusmarkt positioniert. Aufgrund des großen Wirtschaftswachstums und des damit verbundenen Entstehens einer breiten Mittelschicht gilt die Volksrepublik China als Quellmarkt der Zukunft. So waren die Chinesen im Jahr 2012 erstmals die „Reiseweltmeister“ - also die Nation mit den höchsten Reiseausgaben im Ausland. Ähnlich positive Perspektiven bestehen mittelfristig auch für Indien: Als leistungsstarker IT- und High-Tech-Standort weist es ein wachsendes Nachfragepotenzial auf (auch für Reisen nach Europa und Deutschland), hat aber als Zielgebiet noch eine Reihe von Image- und Strukturproblemen zu bewältigen. <?page no="180"?> 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Lernziele In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet: Wie wird sich die touristische Nachfrage in Zukunft entwickeln? Welche Destinationen werden zu den Gewinnern bzw. Verlierern gehören? Welche Herausforderungen müssen die touristischen Akteure künftig bewältigen? „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“ - dieses Zitat von Albert Einstein gilt auch für die Vertreter der Tourismusbranche: Um sich erfolgreich auf dem Markt zu behaupten, benötigen sie möglichst exakte Informationen zur Dynamik der Nachfrage, aber auch zu den künftigen Interessen und Aktivitäten ihrer Kunden. Auf internationaler und nationaler Ebene gibt es deshalb eine Reihe von Organisationen und Unternehmen, die regelmäßig touristische Trend- und Zukunftsstudien erarbeiten (vgl. www.ttr.tirol.at; 1.1.3): Die Welttourismusorganisation (UNWTO) hat bereits im Jahr 1998 die „Tourism 2020 Vision“ veröffentlicht, die seitdem ständig fortgeschrieben wird vgl. UNWTO 1998, 2001, 2013a). Außerdem veröffentlicht die UNWTO vierteljährlich das „World Tourism Barometer“, in dem eine kurzfristige Prognose für das kommende Jahr abgegeben wird. Auf der „Internationalen Tourismus-Börse“ (ITB) präsentiert das Beratungsunternehmen IPK International jährlich im März die Studie „World Travel Trends“. Im Rahmen des „World Travel Market“ (WTM), der jedes Jahr im Herbst in London stattfindet, stellt die Firma den „Global Trend Report“ vor. Auf europäischer Ebene veröffentlicht die European Travel Commission (ETC) vierteljährlich einen Trendreport über den Tourismus in Europa („European Tourism - Quarterly Reports“). Informationen zur künftigen Entwicklung des deutschen Urlaubsreisemarktes finden sich u. a. in der „Reiseanalyse“ der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen sowie in der „Deutschen Tourismusanalyse“ der Stiftung für Zukunftsfragen. <?page no="181"?> 182 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus In Österreich publiziert die Österreich Werbung zwei Mal im Jahr die Berichte „Trends on Tour“, die sich jeweils mit einem spezifischen Zukunftsaspekt des Tourismus beschäftigen (Konsumentenverhalten, digitale Medien etc.). 5.1 Prognosen zur quantitativen Entwicklung Generell erweist sich die Erarbeitung langfristiger und zugleich regional differenzierter Vorhersagen im internationalen Tourismus als recht schwierig, da dessen Entwicklung durch zahlreiche politische, wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Push- und Pull-Faktoren, aber auch Hemmnisse beeinflusst wird ( 2). Dennoch sind sich die Experten einig: Die bisherige Erfolgsgeschichte des Tourismus wird sich in Zukunft fortsetzen. Diese positive Einschätzung basiert u. a. auf der Tatsache, dass sich der internationale Tourismus in den vergangenen Jahrzehnten als sehr widerstandsfähig gegenüber unvorhersehbaren Ereignissen wie Naturkatastrophen, Terroranschlägen, Epidemien etc. erwiesen hat; in der Folge ist es zumeist nur zu einem kurzfristigen und räumlich begrenzten Rückgang der Nachfrage gekommen ( Exkurs: Hemmnisse des Wachstums). 5.1.1 Prognosen zum Umfang der Nachfrage „Trotz zwiespältiger weltwirtschaftlicher Entwicklung hat sich der internationale Tourismus ... als einer der Haupt-Wachstumstreiber der eher träge dahin dümpelnden Weltwirtschaft bestätigt“ - so charakterisierte das Onlinemagazin „Tourism-Insider“ im Frühjahr 2014 den großen ökonomischen Stellenwert des Reiseverkehrs (vgl. Weltweite Reisetrends 2013/ 14). Dessen enorme Bedeutung spiegelt sich auch in den aktuellen Daten der Welttourismusorganisation (UNWTO) wider; danach wurden im Jahr 2013 weltweit 1,087 Milliarden internationale Touristenankünfte erfasst. Diese Zahl markiert zum einen den vorläufigen Höhepunkt eines langfristigen Wachstums (das nur wenige Rückschläge zu verzeichnen hatte) - von 25 Millionen (1950) über 278 Millionen (1980) und 528 Millionen Ankünfte im Jahr 1995 (vgl. Abb. 46). Zum anderen ist die Zahl aber auch ein Beleg für das große Potenzial des internationalen Tourismus, denn gegenwärtig nehmen nur ca. 21 Prozent der Weltbevölkerung (15 Jahre und älter) am grenzüberschreitenden Reiseverkehr teil; in den westlichen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften liegt dieser Wert hingegen bei über 60 Prozent. <?page no="182"?> 5.1 Prognosen zur quantitativen Entwicklung 183 Abb. 46: Trotz einiger Rückschläge hat der internationale Tourismus seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Erfolgsgeschichte geschrieben. In ihrer Prognose sagt die UNWTO auch für die kommenden Jahrzehnte ein weiteres Wachstum voraus; vor allem in Asien und dem pazifischen Raum, dem Mittleren Osten und Afrika werden überdurchschnittlich hohe Zuwachsraten erwartet (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in UNWTO 2013a, S. 14; Grafik: P. Blank). Vor diesem Hintergrund prognostiziert die UNWTO für den Zeitraum 2010 - 2030 ein durchschnittliches jährliches Wachstum der Zahl internationaler Ankünfte von 3,3 Prozent; für das Jahr 2030 wird das Volumen auf 1,8 Milliarden Ankünfte geschätzt (vgl. UNWTO 2013a, S. 14). Der Kuchen des internationalen Tourismus wird künftig also noch größer sein als bisher - doch gleichzeitig gibt es immer mehr Länder, die ein Stück davon erhalten möchten: Mit weltweiten Werbekampagnen, einem Ausbau ihrer touristischen Infrastruktur und einer Förderung der nationalen Tourismusbranche versuchen sie, sich als attraktive und wettbewerbsfähige Destinationen auf dem Markt zu positionieren. 5.1.2 Prognosen zu künftigen Reiseströmen Diese zunehmende Konkurrenz wird eine weitere Dezentralisierung des touristischen Angebots zur Folge haben. Die UNWTO geht davon, dass sich die weltweiten Reiseströme künftig verlagern werden: Zu den (relativen) Gewinnern dieser Entwicklung zählen die Emerging Economies - speziell in Asien und im pazifischen Raum, im Mittleren Osten sowie in Afrika; für diese Großregionen werden überdurchschnittlich hohe jährliche Wachstumsraten prognostiziert (4,4 Prozent; vgl. Abb. 47; 4.5). <?page no="183"?> 184 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Abb. 47: Das südliche Afrika verfügt über einzigartige touristische Attraktionen - z. B. die spektakulären Victoriafälle an der Grenze zwischen Sambia und Simbabwe. In ihrer Prognose geht die Welttourismusorganisation (UNWTO) davon aus, dass die Länder in dieser Region in den kommenden Jahren ihren Marktanteil am internationalen Tourismus erheblich steigern können (Quelle: eigenes Foto). Die Advanced Economies gehören hingegen zu den (relativen) Verlierern: Für sie wird nur ein jährlicher Anstieg der Nachfrage um 2,2 Prozent vorhergesagt; damit müssen sowohl Europa als auch Nord- und Südamerika jeweils Marktanteile abgeben (minus 10 Prozent bzw. minus 2 Prozent). Trotz positiver Aussichten müssen sich die Akteure des internationalen Tourismus (Unternehmen, Organisationen, Politiker, Planer etc.) also künftig auf eine enorme Dynamik des Marktes einstellen. Die Veränderungen beschränken sich nicht nur auf den Umfang und die Richtung der Reiseströme sowie den Auftritt neuer Konkurrenten, sondern umfassen auch wachsende Ansprüche der Konsumenten sowie ein sich wandelndes politisches und gesellschaftliches Umfeld. Für die kommenden Jahrzehnte zeichnen sich mehrere Herausforderungen ab, die im Folgenden erläutert werden sollen. <?page no="184"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 185 Weiterführende Lesetipps Y EOMAN , I. (2013): 2050 - Tomorrow’s Tourism, Bristol Auf der Grundlage zahlreicher Studien zur künftigen Entwicklung von Wirtschaft, Technologie und Umwelt entwirft der Autor mit Hilfe der Szenario-Technik ein differenziertes und anschauliches Bild der Zukunft des Tourismus - eine inspirierende Lektüre. C ONRADY , R./ B UCK , M. (Hrsg.; 2012): Trends and Issues in Global Tourism 2012, Berlin/ Heidelberg In den jährlich erscheinenden Sammelbänden werden die Vorträge dokumentiert, die jeweils im Rahmen des Kongresses auf der „Internationalen Tourismus-Börse“ (ITB) in Berlin gehalten wurden. Die Texte bieten einen guten Einblick in aktuelle und zukunftsorientierte Fragen der Tourismusforschung und -praxis. 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus Fit sein für den Wettbewerb, Krisen erfolgreich meistern, das natürliche und kulturelle Erbe bewahren sowie die Einnahmen aus dem Tourismus angemessen verteilen - es ist ein breites Spektrum an unterschiedlichen Aufgaben, die von den Tourismusverantwortlichen künftig bewältigt werden müssen. Die einseitige Ausrichtung auf marktwirtschaftliche Ziele (z. B. die Steigerung der Zahl von Ankünften und Übernachtungen) reicht nicht aus, um langfristig erfolgreich zu sein: Am Beispiel der mediterranen Destinationen, aber auch vieler Entwicklungsländer sind längst die ökologischen, sozialen und kulturellen Belastungen deutlich geworden, die mit einer ausschließlich ökonomisch orientierten Strategie einhergehen ( 4.2, 4.3). In Zukunft wird es vielmehr darauf ankommen, die Partizipationsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung zu verbessern und die touristische Entwicklung im Sinne einer „Enkeltauglichkeit“ (BMWFJ 2012, S. 7) zu gestalten - d. h. die vorhandenen Ressourcen so zu nutzen, dass das Gestaltungsrecht künftiger Generationen nicht beeinträchtigt wird (Nachhaltigkeitsgedanke). 5.2.1 Wettbewerbsfähigkeit der Destinationen Angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz stehen die Zielgebiete aber zunächst vor der Herausforderung, sich gegenüber den Wettbewerbern zu behaupten. Die Welt ist längst touristisch erschlossen - und die gesunkenen Flugpreise haben dazu geführt, dass viele Destinationen mit einem geringen Zeit-Kosten-Mühe-Aufwand aus den wichtigen Quellmärkten zu erreichen sind. <?page no="185"?> 186 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Der Tourismusmarkt ist ein typischer Käufermarkt mit einem Überangebot an Hotels, Restaurants und Attraktionen, auf dem die Konsumenten die Regeln bestimmen. Welche Möglichkeiten haben die Zielgebiete, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Gäste zu gewinnen? Generell steht ihnen ein Handwerkskasten an Marketing- Instrumenten zur Verfügung, die sie einsetzen können: Von zentraler Bedeutung ist das Image der Destination; damit sind die (zumeist emotionsgeladenen) Einstellungen gemeint, die potenzielle Nachfrager zu einer Region haben. Für die Verantwortlichen kommt es darauf an, mit Hilfe einer umfassenden Kommunikationspolitik (Werbung, PR, Pressearbeit etc.) notwendige Imagekorrekturen vorzunehmen - speziell nach negativen Ereignissen wie Terroranschlägen, Gewalttaten, Naturkatastrophen etc. Nach Einschätzung der Welttourismusorganisation werden die Zielgebiete immer mehr zu einem „fashion accessory“ (WTO 2001, S. 27) - also zu einem wichtigen Element des gesamten Lebensstils bestimmter sozialer Gruppen. Als Reaktion auf dieses Bedürfnis der Gäste nach Prestige, Abgrenzung und Zugehörigkeit kommt der Markenbildung (Branding) von Destinationen eine immer größere Bedeutung zu. Vorreiter dieser Entwicklung waren z. B. der Schweizer Tourismusort St. Moritz und das österreichische Bundesland Tirol (vgl. auch die Effekte der Branding-Kampagne „Incredible ! ndia“; 2.2.4). In gesättigten Märkten kommt es außerdem darauf an, sich durch innovative Produkte von den Konkurrenten zu unterscheiden. Speziell in den westlichen Quellmärkten verfügen die Touristen über eine große internationale Reiseerfahrung. Aus diesem Grund stellen sie nicht nur höhere Ansprüche an das Angebot, sondern sind vor allem auf der Suche nach neuen, andersartigen Erfahrungen (auch im Wachstumsmarkt China deutet sich mit den „New Chinese Tourists“ eine entsprechende Entwicklung an; 4.5.2). Obwohl es sich beim Tourismus generell um einen Massenmarkt handelt, müssen die touristischen Produkte künftig stärker zielgruppengerecht sein - d. h. auf die spezifischen Erwartungen und Bedürfnisse der Gäste ausgerichtet werden. Die weltweite Verfügbarkeit neuer Medien (Internet, Social Media) hat bereits in den vergangenen Jahren zu einem gravierenden Umbruch im Informations-, Kommunikations- und Buchungsverhalten geführt (vgl. Tab. 4). Darüber hinaus kommen beim „Fast Track Travel“ (WTO 2001, S. 26) neue Techniken der Reiseorganisation und -abwicklung zum Einsatz (E- und Handy-Tickets, Check-In-Automaten etc.). Diese technologischen Neuerungen werden den Markt weiter revolutionieren; dabei bietet speziell das Internet auch Newcomern neue Geschäfts- und Vertriebschancen. <?page no="186"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 187 Die Wettbewerbsfähigkeit von Destinationen hängt jedoch nicht nur von einem professionellen Marktauftritt ab, sondern auch von den politischen, juristischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Diese Steuerungsfaktoren werden z. B. im „Travel & Tourism Competitiveness Index“ (TTCI) berücksichtigt, der jährlich vom World Economic Forum (Genf) erarbeitet wird. In die Bewertung fließen u. a. die Bereiche Sicherheit, Preisniveau, kulturelles Angebot, Umweltschutz, Gesundheit sowie Gesetzgebung ein. Auf dieser Grundlage wird ein internationales Ranking von 140 Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer touristischen Wettbewerbsfähigkeit ermittelt ( www.weforum.org/ issues/ travel-and-tourism-competitiveness; vgl. Tab. 15). Land Rang (2013) Rang (2011) Schweiz 1 1 Deutschland 2 2 Österreich 3 4 Spanien 4 8 Großbritannien 5 7 USA 6 6 Frankreich 7 3 Kanada 8 9 Schweden 9 5 Singapur 10 10 Tab. 15: Das „World Economic Forum“ erarbeitet jährlich einen Index der touristischen Wettbewerbsfähigkeit von Ländern. Mit Ausnahme von Singapur finden sich unter den TOP 10 ausschließlich hochentwickelte Staaten in Westeuropa und Nordamerika (Quelle: eigene Darstellung nach Angaben in B LANKE / C HIESA , S. XVIII). Weiterführender Lesetipp S TEINECKE , A. (2013): Destinationsmanagement, Konstanz/ München (UTB; 2972) Der Autor erklärt das Konzept des Destinationsmanagements, das Wettbewerbsumfeld von Destinationen sowie die Aufgabenbereiche und die Arbeitsweise von Destination Management Companies (u. a. anhand zahlreicher aktueller Praxisbeispiele). Das Studienbuch wurde im Jahr 2014 mit dem „ITB Book Award“ als bestes touristisches Fachbuch ausgezeichnet. <?page no="187"?> 188 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus 5.2.2 Krisenprävention und Krisenmanagement „Ägyptens Tourismus ist zerstört“ - so beschrieb der zuständige Minister Hisham Zaazou die Lage seines Landes im Frühjahr 2014. Als Folge der „Arabellion“ sowie der anhaltenden gewalttätigen Auseinandersetzungen verzeichnete das Land am Nil einen erheblichen Rückgang der Ankunfts- und Übernachtungszahlen (vgl. F ISCHER 2014). Die negativen Folgen der instabilen politischen Lage in Ägypten sind nur ein Beispiel für die generelle Krisenanfälligkeit des internationalen Tourismus. Generell gibt es mehrere Ursachen für Krisen; darunter versteht man generell „manifeste, erhebliche Bedrohungen - zumeist unter Bedingungen der Unsicherheit und des Zeitdrucks“ (P ETERMANN / R EVERMANN / S CHERZ 2006, S. 119; vgl. auch D RE - YER / D REYER / O BIEGLO 2001, S. 11): Zu den exogenen Ursachen gehören zum einen bedrohliche Ereignisse in den Zielgebieten; dabei wird unterschieden zwischen politischen Entwicklungen (Bürgerkriege, Terroranschläge etc.), Natur- und Umweltkatastrophen (Erdbeben, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche etc.), soziokulturell bedingten Gefährdungen (Gewalttaten, Raubüberfälle etc.), religiösen Konflikten (Heilige Kriege, Geiselnahmen etc.) sowie Krankheiten und Epidemien. Zum anderen zählen auch Gefährdungen vor und während der Reise dazu (Flugzeugentführungen, Verkehrsunfälle etc.). Als endogene Ursachen von Krisen gelten einerseits menschliche Unzulänglichkeiten (mangelnde Qualifikation, unzureichendes Sicherheitsbewusstsein, fehlende Qualifikation etc.), andererseits technische Fehler (mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen, technisches Versagen aufgrund von Konstruktionsbzw. Materialfehlern etc.). In der Regel handelt es sich bei Krisen im Tourismus um unvorhergesehene und plötzlich auftretende Prozesse, in deren Verlauf sich die Gefährdung der Touristen ändern kann. Aus diesem Grund ist eine rasche Reaktion der Verantwortlichen erforderlich - in Form eines professionellen Krisenmanagements. Definition Krisenmanagement: Darunter werden „die Aufgaben, Prozesse und Maßnahmen verstanden, die zur Prävention und Bewältigung von Krisen geplant und ergriffen werden“ (G LAEßER 2005, S. 40). Die Definition macht deutlich, dass sich das Krisenmanagement nicht auf reaktive, bewältigende Maßnahmen beschränken sollte (z. B. Information der Angehöri- <?page no="188"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 189 gen und der Öffentlichkeit nach einem Flugzeugabsturz), sondern auch eine aktive Krisenprävention umfasst (z. B. Wartung von Flugzeugen, Ausbildung des Personals, Aufstellen von Notfallplänen etc.). Ein erster Schritt der Krisenprävention ist die Frühaufklärung. Auf der Grundlage einer Analyse und Bewertung potenzieller Bedrohungen können frühzeitig Maßnahmen zur Krisenvermeidung bzw. -bewältigung konzipiert werden: Ein Beispiel für die Krisenprävention sind die reisespezifischen Informationen des Auswärtigen Amtes. Das Ministerium nimmt ständig eine Bewertung von Reiserisiken vor; dabei werden drei Kategorien unterschieden - die Reisehinweise (Einreisebestimmungen, straf- und zollrechtliche Besonderheiten etc.), die Sicherheitshinweise (Informationen über besondere Risiken für Touristen und für Deutsche, die im Ausland leben) sowie die Reisewarnungen; dabei handelt es sich um dringende Appelle, auf Reisen in bestimmte Länder bzw. Regionen zu verzichten, da dort eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht (in diesem Fall können Touristen eine bereits gebuchte Reise, deren Abflugtermin kurz bevorsteht, kostenlos stornieren; www.auswaertiges-amt.de). Als weiteres Beispiel der Risikobewertung ist die „Risk Map“ zu nennen, die regelmäßig von dem global agierenden Beratungsunternehmen Control Risks herausgegeben wird. Die Karte enthält länderbzw. regionsspezifische Informationen zu den bestehenden Sicherheitsrisiken - z. B. zur Gefahr von Diebstählen, Entführungen bzw. terroristischen Aktionen. Die Daten werden vor allem von Unternehmen genutzt, um das Risiko von Investitionen bzw. der Entsendung von Mitarbeitern in die jeweiligen Gebiete einschätzen zu können ( www.controlrisks.com). Um auf Krisen adäquat vorbereitet zu sein, verfügen die großen Reiseveranstalter jeweils über einen Krisenstab, der kurzfristig einberufen werden kann. Er besteht zumeist aus einem Mitglied der Unternehmensführung, dem Pressesprecher sowie weiteren Vertretern der Personal-, Produktions- und Vertriebsabteilungen (vgl. Abb. 48) Die Bewältigung der Krise erfolgt dann anhand von vorher ausgearbeiteten Checklisten und Notfallplänen. Krisenmanagement von Reiseveranstaltern: „Emergency Care Team“ der „TUI Deutschland“ Die „TUI Deutschland“ (Hannover) betreibt bereits seit den 1990er Jahren ein professionelles Krisenmanagement, das regelmäßig von der unabhängigen Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) überprüft und zertifiziert wird. Es umfasst u. a. die Identifikation, Analyse und Bewertung von Krisen, die Krisenkommunikation sowie die Organisation und Dokumentation des touristischen Krisenmanagements. Außerdem werden <?page no="189"?> 190 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Mitarbeiter der „TUI“ geschult, um z. B. in Notfällen im „Emergency Care Team“ Hilfe leisten zu können: „Das zentrale Ziel dieser Mitarbeiterinitiative ist das „Da-Sein“ für Betroffene, ihre Angehörigen und Mitarbeiter in akuten Belastungssituationen. Das Team kann dabei nicht die medizinische Erstversorgung oder die Arbeit von ausgebildeten Psychotherapeuten ersetzen. Abb. 48: Sitzung des Krisenstabs in der „TUI Deutschland“-Zentrale in Hannover (Quelle: TUI Deutschland/ Unternehmenskommunikation) Die Mitglieder des „Emergency Care Teams“ sind jedoch Ansprechpartner für die Betroffenen vor Ort und geben erste Orientierung. Das „Emergency Care Team“ besteht aus ca. 240 freiwilligen Mitgliedern, die bereit sind, anderen Menschen in Grenzsituationen zu helfen. Voraussetzungen für eine Mitarbeit in dem Team sind Eigenschaften wie Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungsfreudigkeit, Belastbarkeit, Flexibilität sowie „Zuhören können“. Darüber hinaus müssen die Team-Mitglieder ebenfalls eine dreitägige Basisschulung absolvieren und an weiteren jährlichen eintägigen Aufbauschulungen teilnehmen“ ( www.tui-deutschland. de/ td/ de/ sicherheit/ Zertifikat). Neben der Krisenprävention umfasst das touristische Krisenmanagement auch die Krisenbewältigung: Dabei geht es zunächst um die Bekämpfung der Krisenursachen und eine Schadensbegrenzung (z. B. eine rasche Hilfe für die Opfer und deren Angehörige); in einem weiteren Schritt muss ein Recovery-Prozess eingeleitet werden, um die Nachfrage zu stabilisieren bzw. wieder zu steigern und die aufgetretenen Imageprobleme zu beheben. <?page no="190"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 191 Bei der Krisenbewältigung können die Destinationen und Unternehmen das gesamte Instrumentarium des Marketing-Mix einsetzen (vgl. G LAEßER 2005, S. 247 - 329). Vorrangiges Ziel der Produktpolitik muss es sein, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, um die Erwartungen der Gäste zu erfüllen (z. B. Aufräumarbeiten nach einer Überflutung). Außerdem können Verbundeffekte genutzt werden, indem das ursprüngliche Produkt mit attraktiven Veranstaltungen kombiniert wird, die dann aus Sicht der Konsumenten im Vordergrund stehen (Events, Festivals etc.). Darüber hinaus lässt sich eine Strategie der Produktvariation verfolgen, bei der eine Zeit lang andere Produkte im Mittelpunkt des Marketings stehen - speziell auch auf dem Binnenmarkt bzw. auf Auslandsmärkten, die weniger sensibel auf die Krise reagieren (so gelten z. B. US-Amerikaner und Japaner als besonders risikoempfindliche Zielgruppen). Bei einer anhaltenden Beeinträchtigung besteht die Notwendigkeit, dauerhaft neue Produkte zu entwickeln: Als Reaktion auf die Verschmutzung der Adria wurden z. B. in Italien zahlreiche Wasser- und Themenparks sowie Erlebnisbäder in Strandnähe errichtet („Atlantica“, „Mirabilandia“, „Aquafan“ etc.). Schließlich können die temporären Leerstände, die in Folge einer Krise auftreten, auch zur Produktverbesserung genutzt werden - z. B. um die Infrastruktur zu modernisieren oder die Mitarbeiter zu schulen. Zumeist nutzen die Destinationen zunächst die Preispolitik, um den krisenbedingten Rückgang der Nachfrage aufzufangen - denn erfahrungsgemäß führt eine Senkung der Preise bei den potenziellen Gästen zu einer Verringerung des Risikobewusstseins. Da sich die Konsumenten an das niedrigere Preisniveau gewöhnen, besteht bei diesem Instrument allerdings die Gefahr, dass die Zielgebiete in eine negative Preisspirale geraten. Mittelfristig ist es dann schwierig, wieder kostengerechte Preise zu erzielen. Im Krisenfall bedarf es in der Distributionspolitik unterschiedlicher Reaktionen: Beim Direktvertrieb (Internet, Telefon etc.) müssen sich die Destinationen auf das gestiegene Informationsbedürfnis der Kunden einstellen - z. B. durch die Einrichtung von kostenlosen Telefonhotlines bzw. von speziellen Homepages im Internet, auf denen über die aktuelle Sicherheitslage informiert wird. Beim indirekten Vertrieb sind die Reisebüros wichtige Partner, um die Konsumenten zu informieren und für Buchungen zu gewinnen. Der größere Beratungsaufwand kann z. B. durch höhere Provisionen vergütet werden. Außerdem können Reisebüros durch spezielle Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen unterstützt werden. Innerhalb der Kommunikationspolitik muss generell hinsichtlich der Risiko- und der Krisenkommunikation unterschieden werden. Die Risikokommunikation hat präventiven Charakter - wie z. B. die Reisehinweise und -warnungen des <?page no="191"?> 192 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Auswärtigen Amtes, aber auch die Zielgebietsinformationen in den Katalogen von Reiseveranstaltern (z. B. zu den hygienischen Bedingungen bzw. zur generellen Sicherheitslage). Die Krisenkommunikation dient dazu, die Öffentlichkeit über das Ausmaß, den Verlauf und die Folgen der Krise zu informieren. Wesentliche inhaltliche Kriterien sind dabei die Verständlichkeit und Transparenz der Informationen. Außerdem bedarf es eines klaren Zeit- und Ablaufplans, in dem die notwendigen Maßnahmen festgelegt sind - z. B. Einberufung des Krisenstabes, Einrichtung einer Telefonhotline, Herausgabe von Pressemitteilungen, Durchführung von Pressekonferenzen. Als Beispiel einer misslungenen Krisenkommunikation gilt das Verhalten der Verantwortlichen von „Malaysia Airlines“, aber auch der malaysischen Regierung nach dem Verschwinden des Fluges MH 370 von Kuala Lumpur nach Beijing im Frühjahr 2014. Falsche Informationen sowie mangelnde Transparenz stießen weltweit auf Unverständnis und lösten bei den Angehörigen der vermissten Passagiere wütende Proteste aus - bis hin zur Drohung, in einen Hungerstreik zu treten. Misslungenes Krisenmanagement - der rätselhafte Flug MH 370 der „Malaysia Airlines“ im Frühjahr 2014 „Unter den Angehörigen der 239 Passagiere, die sich in der vor mehr als drei Wochen verschwundenen Boeing 777 der Malaysia Airlines befanden, macht sich Wut über die verworrene Informationspolitik der Regierung Malaysias breit. Dutzende Verwandte der 154 chinesischen Passagiere an Bord sind nach Kuala Lumpur geflogen, um die malaysischen Behörden zur Rede zu stellen und eine Entschuldigung für die widersprüchlichen Informationen der letzten Wochen zu fordern. „Wir wollen Beweise, wir wollen die Wahrheit und wir wollen unsere Angehörigen“, sagte der Sprecher der chinesischen Verwandten, Jiang Hui, bei einer Konferenz in Kuala Lumpur. Die malaysischen Behörden sollten sich dafür entschuldigen, vor einigen Tagen den Absturz der Maschine behauptet zu haben, ohne dass es „direkte Beweise“ gebe. Malaysia hatte am 24. März bekannt gegeben, die Boeing 777 sei abgestürzt, alle Passagiere an Bord seien tot. Beweise gibt es dafür jedoch nicht. Noch immer wurden keine Wrackteile oder Spuren eines Absturzes gefunden. ... Gestern nun gab Malaysias Transportminister Hishammuddin Hussein bekannt, er habe die Hoffnung auf Überlebende noch nicht aufgegeben. <?page no="192"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 193 „Die Geschichte wird uns als ein Land verurteilen, das große Verantwortung für diesen Fall trug“, sagte er. „Manchmal können Wunder geschehen“, sagte Hussein. Diese Hoffnung zu vermitteln, wünschten sich die Verwandten der Opfer von ihm“ ( www.zeit.de/ gesellschaft/ zeitgeschehen/ 2014-03/ mh370-malaysia-angehoerige vom 30.03.2014). Flugzeugabstürze, Terroranschläge und Vulkanausbrüche - solche zumeist spektakulären Ereignisse gehören zu den offensichtlichen Sicherheitsrisiken im internationalen Tourismus, die jeweils eine breite mediale Resonanz erzeugen. Im Rahmen ihres Krisenmanagements müssen sich die Tourismusverantwortlichen aber künftig zunehmend auf strukturelle Sicherheitsrisiken einstellen, die ein weitreichendes Gefährdungspotenzial aufweisen: Armut und religiöse Spannungen in den Zielgebieten, Naturkatastrophen als Folge des Klimawandels und die Zunahme epidemischer Krankheiten. Durch Krisenstäbe und Notfallpläne lassen sich diese Risiken allenfalls minimieren; um diese Probleme grundsätzlich zu lösen, bedarf es eines angemessenen politischen, sozialen und ökologischen Engagements - nicht nur der Staaten, sondern auch der Tourismusbranche (vgl. P ETER- MANN / R EVERMANN / S CHERZ 2006, S. 117; F REY / L ÜCHINGER 2009, S. 71 - 72). Weiterführende Lesetipps G LAEßER , D. (2005): Handbuch Krisenmanagement im Tourismus. Erfolgreiches Entscheiden in schwierigen Situationen, Berlin Der Autor behandelt zunächst die Grundlagen des Krisenmanagements, geht dann auf die notwendigen strategischen Entscheidungen sowie organisatorischen Maßnahmen ein und beschreibt schließlich die Instrumente des Krisenmanagements; die allgemeinen Überlegungen werden anhand zahlreicher Beispiele anschaulich erläutert. D REYER , A./ D REYER , D./ O BIEGLO , D. (2001): Krisenmanagement im Tourismus. Grundlagen, Vorbeugung und kommunikative Bewältigung, München/ Wien Das Studienbuch vermittelt einen umfassenden Überblick über unterschiedliche Aspekte des Krisenmanagements - z. B. die Ursachen und Auswirkungen von Krisen, die rechtlichen Fragen sowie die Antizipation, Prävention und Bewältigung von Krisen. 5.2.3 Schutz des natürlichen und kulturellen Erbes „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann“ - diese (angebliche) Weissagung eines indianischen Häuptlings wurde in den 1980er Jahren zu einem populären Slogan der US-amerikanischen und bundesdeutschen Ökologiebewegung, um gegen die zunehmende Zerstörung der Umwelt zu protestieren. <?page no="193"?> 194 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Weltweit gab es damals (und gibt es auch noch heute) zahlreiche Beispiele für den profitorientierten Raubbau an der Natur - z. B. die großflächige Abholzung artenreicher Regenwälder, die haltlose Überfischung der Ozeane, das unkontrollierte Einleiten von Chemikalien und Giften in die Flüsse und Meere, den enormen Verbrauch naturnaher Flächen für Gewerbegebiete, Siedlungen und Verkehrswege sowie die zunehmende Luftverschmutzung durch Industrie und Verkehr. Diese zahlreichen Umweltprobleme haben auch zur Folge, dass zahlreiche Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht sind. Zu ihnen gehören z. B. der Borneo-Orang-Utan, der Berggorilla, das Spitzmaulnashorn und der Große Panda; sie stehen auf der „Roten Liste“ gefährdeter Tiere, die jährlich von der Weltnaturschutzorganisation (International Union for Conservation of Nature/ IUCN) erstellt wird. Bei jeder vierten Säugetierart, jeder achten Vogelart und mehr als einem Drittel der Amphibien gehen die Bestände dramatisch zurück, so dass es mittelfristig zu einer erheblichen Verringerung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) kommen wird (vgl. R EIFFERT / S TEINLEIN 2009; www. iucnredlist.org). Darüber hinaus führt der Klimawandel, der vor allem durch die großen Emissionen von Treibhausgasen ausgelöst wird, weltweit zu einem Anstieg des Meeresspiegels und zugleich zu einer Zunahme von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Dürren etc. - mit dramatischen Konsequenzen für die betroffenen Menschen und mit enormen ökonomischen Verlusten. Generell ist der Tourismus ein Bestandteil des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, das diese Umweltbelastungen auslöst; dabei befindet er sich in einer Täter-Opfer-Rolle: Einerseits trägt er - wie andere Wirtschaftszweige - durch die Errichtung von Gebäuden (Hotels, Freizeiteinrichtungen etc.) und Infrastrukturanlagen (Flughäfen, Marinas etc.) wesentlich zum Verbrauch, zur Zersiedelung und zur Zerstörung der Landschaft bei. Weitere typische touristische Umweltsünden sind die Luft- und Wasserverschmutzung sowie die Tier- und Pflanzengefährdung ( 4.2.2). Andererseits ist der Tourismus aber auf eine intakte Natur als wichtige Ressource angewiesen: Bei der Mehrzahl der Tourismusarten spielen das passive Landschaftserlebnis (Meer- und Bergblick, Tierbeobachtung etc.; vgl. Abb. 49) bzw. aktive Formen der Erholung wie Baden, Wandern, Radfahren etc. eine zentrale Rolle (nur beim Städtetourismus und den Erlebnis- und Themenwelten haben naturräumliche Standortfaktoren eine untergeordnete Bedeutung). Aufgrund ihrer speziellen ästhetischen Qualitäten fungieren naturnahe Landschaften als zivilisationsferne Gegenwelten, die den Urlaubern besondere Er- <?page no="194"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 195 fahrungen ermöglichen (die ihnen in urbanisierten Alltagsräumen weitgehend verwehrt sind) - z. B. das Gefühl von Ruhe und Einsamkeit, die Wahrnehmung von Geräuschen und Gerüchen (Vogelzwitschern, Blütenduft) bzw. den Blick in den Sternenhimmel (ohne die in Städten übliche Light Pollution). Abb. 49: Die behutsame und verantwortungsvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen für Erholungszwecke - dieses Ziel verfolgen ökotouristische Projekte. Ein Beispiel ist das „Whale Watching“, das in vielen Regionen der Welt zu einem einträglichen Geschäft für die örtliche Tourismusbranche geworden ist - z. B. in der südafrikanischen Walker Bay (Quelle: eigenes Foto). Obwohl es also im ureigenen Interesse der Tourismusverantwortlichen ist, Natur und Landschaft als wertvolle Ressourcen zu erhalten und Belastungen zu minimieren, hat sich die Reisebranche weltweit recht spät und zumeist auch sehr zögerlich mit den von ihr verursachten Umweltschäden auseinandergesetzt. Ein Umdenken begann erst in den 1980er Jahren, als die ökologischen Belastungen speziell im Alpenraum, in den Mittelmeerländern und in einigen Entwicklungsländern offenkundig wurden. Auf der Basis zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen setzte zunächst innerhalb der Tourismusforschung ein breiter fachlicher Diskurs ein, der bald auch von gesellschaftlichen Pressure Groups (Umweltschutzverbände, tourismuskritische Initiativen etc.) aufgegriffen wurde. Angesichts der zunehmenden öffentlichen Diskussion stieg auch das Umweltbewusstsein der Urlauber - und die Nachfrage nach entsprechenden Produkten. Die Welttourismusorganisation betrachtete „consumer-led campaigns for sustainable tourism development“ (WTO 2001, S. 27) deshalb bereits Anfang des 21. Jahrhunderts als einen langfristigen Mega-Trend im internationalen Tourismus. Unter Begriffen wie „sanfter Tourismus“, „intelligenter Tourismus“ bzw. „umwelt- und sozialverträglicher Tourismus“ begann nun die Suche nach neuen Modellen einer angepassten Tourismusentwicklung, bei der wirtschaftliche, gesellschaftliche und <?page no="195"?> 196 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus ökologische Interessen in Einklang miteinander gebracht werden. Gegenwärtig wird generell der Begriff „nachhaltige bzw. dauerhafte Entwicklung“ (Sustainable Development) verwendet; er wurde im Jahr 1987 in der grundlegenden Studie „Our Common Future“ der „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung“ als generelle Zielvorstellung für internationales Handeln definiert. Damit wird eine Entwicklung angestrebt, die „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (H AUFF 1987, S. 46). Um das Gestaltungsrecht zukünftiger Generationen nicht einzuschränken, müssen speziell im Tourismus fünf Strategien der Nachhaltigkeit verfolgt werden (vgl. M ÜLLER 2001, S. 127): der Natur- und Ressourcenschutz, der Erhalt der Kulturgüter, die Optimierung des subjektiven Wohlbefindens der Einheimischen, die optimale Befriedigung der Gästewünsche, die Mehrung des wirtschaftlichen Wohlstands. Angesichts des Querschnittscharakters des Tourismus und der Vielzahl unterschiedlicher Akteure mit teilweise divergierenden Interessen stößt die Umsetzung dieser Strategien in der Praxis auf große Probleme. Dennoch hat es in den vergangenen Jahrzehnten viele erfolgreiche Projekte, Modellversuche und Maßnahmen einer nachhaltigen touristischen Entwicklung gegeben: Auf internationaler Ebene ist vor allem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Natur- und Landschaftsschutz zu nennen. So hat z. B. die Internationale Alpenschutzkommission (CIPRA) im Jahr 1986 die Idee einer „Alpenkonvention“ entwickelt, in der sich die sieben Alpenanrainerländer und die Europäische Union verpflichten, gemeinsame Aktionen im Umweltschutz durchzuführen ( www.alpconv.org). Im südlichen Afrika haben die Nachbarländer Südafrika und Botswana den „Kalahari-Gemsbok-Nationalpark“ und den „Gemsbok-Nationalpark“ zu einem gemeinsamen Park - dem „Kgalagadi Transfrontier National Park“ - zusammengelegt; auf diese Weise ist in der Kalahari-Wüste ein Naturschutzareal mit einer Fläche von rund 38.000 km² entstanden ( www.sanparks.org/ parks/ kgalagadi). Auf nationalstaatlicher Ebene gehört die Ausweisung von großflächigen Naturschutzgebieten bzw. Ruhezonen zu den wirksamen Maßnahmen des Umweltschutzes. In Costa Rica steht inzwischen z. B. ein Viertel der Landesfläche unter Naturschutz. Zur Finanzierung des Erhalts der tropischen Wälder wird eine spezielle Ökosteuer erhoben ( www.visitcostarica.com). Auf den Seychellen sind sogar 50 Prozent der Landfläche und große Teile des Meeresbodens unter <?page no="196"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 197 Schutz gestellt worden ( www.seychelles.travel). In beiden Staaten wurden vielfältige ökotouristische Angebote entwickelt, um die wertvollen natürlichen Ressourcen (als knappe Güter) behutsam zu nutzen - z. B. Naturführungen, Tauch- und Schnorcheltouren sowie Sesselliftfahrten durch die Baumwipfel des tropischen Regenwalds. Für die Unternehmen der Tourismusbranche gibt es jeweils ein ökologisch orientiertes Zertifizierungssystem; die nachhaltig arbeitenden Betriebe werden mit einem Gütesiegel ausgezeichnet. Auf regionaler und kommunaler Ebene haben sich die Verantwortlichen vielerorts mit den Umweltbelastungen auseinandergesetzt, die durch den motorisierten Individualverkehr entstehen (Landschaftsverbrauch, Luft- und Bodenverschmutzung etc.). Um den Verkehr zu reduzieren und zu lenken, wurden zahlreiche Problemlösungen entwickelt - von der Verkehrsvermeidung bei der Hin- und Rückreise der Urlauber über die zeitliche Entflechtung unterschiedlicher Verkehrsströme (touristischer Verkehr, Berufsbzw. Ausflugsverkehr) bis hin zur Verkehrsminimierung bzw. -vermeidung am Urlaubsort. In jüngerer Zeit haben innovative Verkehrskonzepte an Bedeutung gewonnen - z. B. Elektromietfahrzeuge, Carsharing etc. (vgl. Steinecke 2013, S. 147 - 149). Die nationalen Interessenverbände (Tourismusbzw. Hotelverbände) haben Leitfäden erarbeitet und Informationsveranstaltungen durchgeführt, um ihre Mitglieder zu einer umweltgerechten Betriebsführung anzuregen - mit praktischen Vorschlägen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen, zu Wasser- und Energiesparmaßnahmen sowie zum Umweltschutz bei Bau, Einrichtung und Außenanlagen. Darüber hinaus veranstalten die Interessenverbände, aber auch die zuständigen Ministerien regelmäßig Wettbewerbe, um die Umweltorientierung der Branche zu steigern und besonders aktive Unternehmen auszuzeichnen: In Deutschland gibt es z. B. die „EcoTrophea“ des Deutschen ReiseVerbandes (DRV) und den „Bundeswettbewerb Nachhaltige Tourismusregionen“ des Deutschen Tourismusverbandes (DTV). Auf internationaler Ebene vergibt z. B. die Europäische Kommission den „EMAS Award“ (Eco-Management and Audit Scheme) und das World Travel & Tourism Council (WTTC) die „Tourism for Tomorrow Awards“. Förderung einer nachhaltigen Entwicklung durch Wettbewerbe: „EcoTrophea“ des Deutschen ReiseVerbandes (DRV) Der Deutsche ReiseVerband (DRV) verleiht bereits seit 1987 die „Eco- Trophea“. Mit dieser internationalen Auszeichnung prämiert der Branchenverband modellartige Projekte im Tourismus, bei denen Umweltschutz und soziale Verantwortung im Mittelpunkt stehen. Der DRV will damit Unternehmen und Destinationen ermutigen, ökologische und soziale Projekte durchzuführen bzw. zu fördern. <?page no="197"?> 198 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Preisträger des Jahres 2013 war der international agierende Reiseveranstalter „Intrepid Travel“: Sein Ziel ist es, „die regionale Wirtschaft in den Gastgeberländern zu stärken und einen Beitrag zu einem ökologisch tragbaren, wirtschaftlich rentablen sowie ethisch und sozial gerechten Tourismus zu leisten. Dies erfolgt unter anderem durch die Nutzung landestypischer Transportmittel, die Einbeziehung lokaler Dienstleister und die Beschäftigung einheimischer Reiseleiter. Zudem spielen Werte wie Gleichberechtigung und die Einhaltung der Menschenrechte für das Unternehmen eine große Rolle. „Intrepid Travel“ ist nicht nur umwelt- und sozialverantwortlich unterwegs, sondern gestaltet auch den Alltag im eigenen Unternehmen auf Basis der Nachhaltigkeit. So wird sowohl der CO 2 -Ausstoß der Reisen als auch aller Bürostandorte so weit wie möglich reduziert. Verbleibende Emissionen werden kompensiert - der CO 2 -Ausgleich für die Kunden ist bereits im Reisepreis enthalten“ ( www.drv.de). Weiterführende Lesetipps B ENCKENDORFF , P./ L UND -D URLACHER , D. (Hrsg.; 2013): International Cases in Sustainable Travel & Tourism, Oxford Anhand von elf internationalen Fallstudien werden drei Dimensionen einer nachhaltigen Tourismusentwicklung anschaulich erläutert: „Destination Stewardship“, „Global Tourism Business“ und „Conservation & Community Benefit“. L IBURD , J. J./ C ARLSEN , J./ E DWARDS , D. (Hrsg.; 2013): Networks for Innovation in Sustainable Tourism, Prahran Warum engagieren sich Unternehmen und Destinationen im nachhaltigen Tourismus? Von wem gehen die Innovationen aus und welche Hemmnisse sind zu überwinden? Welche Rolle spielen Netzwerke für den Erfolg? Diese Fragen werden in dem Sammelband anhand von Fallstudien aus Industrie- und Entwicklungsländern beantwortet. Informationsdienste: „Tourism Watch - Informationsdienst Tourismus und Entwicklung“ und „respekt - Info-Mail“ Diese beiden tourismuskritischen Informationsdienste enthalten u. a. Meldungen und Berichte über nachhaltige Projekte, problematische Entwicklungen und lokale Konflikte sowie Buchbesprechungen und Hinweise auf Tagungen, Veranstaltungen etc.; sie können kostenlos abonniert werden ( www.tourism-watch.de; www.nfi.at). <?page no="198"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 199 Neben dem Natur- und Umweltschutz ist der Erhalt der Kultur ein zentraler Bestandteil der nachhaltigen Entwicklung: Zum einen besteht eine ethischmoralische Verpflichtung, das kulturelle Erbe (Heritage) für künftige Generationen zu bewahren. Auf internationaler Ebene setzt sich vor allem die UNESCO für den Schutz von Kulturdenkmälern ein - z. B. durch die Welterbekonvention und die Welterbeliste ( 3.4.3). Zum anderen sprechen aber auch marktwirtschaftliche Argumente dafür, dass sich Tourismusverantwortliche, Politiker und Planer für einen Schutz der Kultur engagieren. Sie bietet ihnen die Möglichkeit, im Wettbewerb mit anderen Anbietern über klare Alleinstellungsmerkmale zu verfügen (Unique Selling Propositions). Generell ist im Global Village eine zunehmende Standardisierung von Konsum- und Tourismusprodukten zu beobachten, die zwar dem Bedürfnis der Konsumenten nach Produktsicherheit und Markttransparenz entspricht, aber zugleich auch eine Austauschbarkeit der Zielgebiete zur Folge hat. Ein deutlicher Beleg für diese ambivalente Entwicklung ist die wachsende Zahl von Filialbetrieben der Hotelkonzerne, der Systemgastronomie und des Einzelhandels ( 2.1.1). Bei Kulturdenkmälern und -einrichtungen (Burgen, Kirchen, Museen etc.) handelt es sich aber um authentische Attraktionen, die in zahlreichen Fällen als touristische Leuchttürme fungieren und damit das Image der Destinationen prägen - wie z. B. der Eiffelturm in Paris, die Pyramiden in Gizeh oder die Akropolis in Athen. Selbst Replika an anderen Standorten sind ein Beleg für die große Attraktivität der Originale und erhöhen deren Bekanntheitsgrad - wie u. a. die Nachbauten berühmter venezianischer Gebäude in Las Vegas, Macau und an der türkischen Mittelmeerküste zeigen (vgl. S TEINECKE 2009, S. 119, 127 - 132). Darüber hinaus erweist sich der Kultur- und Besichtigungstourismus als wachstumsstarkes und lukratives Marktsegment, da die kulturell interessierten Urlauber überdurchschnittlich hohe Ausgaben tätigen. Angesichts dieser beiden Vorteile - des volkswirtschaftlichen Nutzens und der Imagefunktion - gibt es speziell in Europa zahlreiche Beispiele für die touristische Nutzung von Kulturdenkmälern: In Deutschland ist das Bundesland Sachsen-Anhalt zu nennen, das seine vielfältigen Ressourcen in mehreren rechtlich geschützten „Markensäulen“ gebündelt hat - z. B. „Straße der Romanik “, „Gartenträume “ und „Himmelswege “ (vgl. A NTZ 2011). Im Rahmen seiner Diversifizierungsstrategie hat Spanien bereits in den 1990er Jahren die internationale PR-Kampagne „Spain - Passion for Life“ gestartet, um die Kulturdenkmäler im Binnenland und speziell die spanischen Welterbestätten stärker in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit zu <?page no="199"?> 200 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus rücken und damit den Nachfragedruck auf die Küstenregionen zu verringern ( www.spain.info/ de_DE/ que-quieres/ arte). In Marokko wird die „Straße der Kasbahs“ seit langer Zeit erfolgreich als Destination für den Kultur- und Besichtigungstourismus vermarktet. Die Attraktionen dieser Route, die am Südrand des Hohen Atlas verläuft, sind historische Lehmbauten (Kasbahs, Tighremts) und befestigte Dörfer (Ksour; vgl. P OPP 2008). Öffentliches Engagement für den Erhalt und die touristische Nutzung von Kultureinrichtungen: Der britische National Trust Eine vorbildhafte öffentliche Institution, die sich sowohl für den Schutz als auch die touristische Nutzung von Kultureinrichtungen einsetzt, ist der britische National Trust. Die Organisation besitzt und verwaltet mehr als 300 historische Gebäude in England, Wales und Nordirland (in Schottland gibt es mit dem National Trust for Scotland eine ähnliche Organisation). Abb. 50: Das Landhaus und die Parkanlage von Stourhead im englischen Wiltshire gehören zu den einflussreichsten englischen Landschaftsgärten. Das Ensemble wird seit 1946 vom gemeinnützigen „National Trust“ betrieben (Quelle: eigenes Foto). Mit 3,7 Millionen Mitgliedern ist der National Trust die größte europäische Organisation für Kultur- und Naturschutz. Die Finanzierung der Arbeit erfolgt durch Mitgliedsbeiträge, Eintrittsgebühren, Einnahmen aus Verpachtung, Spenden und Erbschaften. <?page no="200"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 201 Neben dem Erhalt der historischen Ensembles steht die touristische Nutzung im Mittelpunkt der Arbeit des National Trust; dabei spielt die Kundenorientierung eine zentrale Rolle. In den Attraktionen erhalten die Besucher anschauliche, verständliche Informationen und werden zu eigenen Aktivitäten angeregt. Außerdem gibt es jeweils Tea Rooms und Shops, in denen regionale Speisen und Produkte angeboten werden. Speziell für ausländische Gäste wurde der „National Trust Touring Pass“ entwickelt, der den Besuch mehrerer Einrichtungen zu einem günstigen Pauschalpreis ermöglicht. Allerdings hat die große Popularität einiger Kulturdenkmäler vielerorts bereits zu einer deutlichen Überlastung und damit zu einer Verringerung des Kulturerlebnisses geführt: „Vor dem Van-Gogh-Museum in Amsterdam stehen tagein, tagaus Schlangen. Legendär sind die Menschenlindwürmer vor der Berliner Nationalgalerie oder dem Grand Palais, wenn wieder einmal eine spektakuläre Ausstellung gezeigt wird. Museale Großereignisse mit einer Million Besuchern sind keine Sensationen mehr, sondern Randnotizen. Und auch nur dreißig Sekunden lang Auge in Auge mit da Vincis „Mona Lisa“ Zwiesprache zu halten, ist vollkommen unmöglich, weil man sofort weitergeschubst wird“ (S TROBEL Y S ERRA 2013). In Zukunft stehen Kulturakteure und Tourismusverantwortliche deshalb vor der Herausforderung, das authentische kulturelle Erbe behutsam zu nutzen, um es für nachfolgende Generationen zu erhalten - z. B. durch Maßnahmen des Denkmalschutzes, eine besucherorientierte Museums- und Kulturpädagogik sowie ein professionelles Besuchermanagement (bis hin zur Begrenzung der Gästezahlen). Weiterführende Lesetipps L UGER , K./ W ÖHLER , K. (Hrsg.; 2008): Welterbe und Tourismus. Schützen und Nützen aus einer Perspektive der Nachhaltigkeit, Innsbruck/ Wien/ Bozen (Tourismus: transkulturell & transdisziplinär; 9) Die zahlreichen Beiträge in diesem Sammelband beschäftigen sich mit drei großen Themenkomplexen: Welterbe-Tourismus, Kultur und Identität, Welterbe in Konvention und Schutzpraxis sowie Welterbe und Tourismus im Entwicklungskontext. Q UACK , H.-D./ K LEMM , K. (Hrsg.; 2013): Kulturtourismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Festschrift für Albrecht Steinecke, München <?page no="201"?> 202 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Die zahlreichen Beiträge in dieser Festschrift liefern eine umfassende Bestandsaufnahme aktueller Konzepte und Methoden im Kulturtourismus. Anhand von Fallstudien werden außerdem unterschiedliche Techniken der (Erlebnis-)Inszenierung in Kultur- und Freizeiteinrichtungen dargestellt. 5.2.4 Wahrung und Stärkung der Menschenrechte „Touristische Aktivitäten sollten im Einklang mit den Eigenschaften und Traditionen der gastgebenden Regionen und Länder und mit Respekt für ihre Gesetze, Praktiken und Bräuche durchgeführt werden“: So lautet eines der Prinzipien, die von der Welttourismusorganisation (UNWTO) im Jahr 1999 in ihrem „Global Code of Ethics for Tourism“ festgelegt worden ist - einer ethisch-moralischen Leitlinie für die privaten und öffentlichen Akteure im Tourismus ( ethics. unwto.org). Allerdings sieht die touristische Realität in vielen Zielgebieten völlig anders aus. Tourismuskritische Initiativen weisen seit langem darauf hin, dass es aufgrund eines ungehemmten und kurzfristigen Profitdenkens vielerorts zu erheblichen Verstößen gegen diese Prinzipien und speziell gegen die Menschenrechte kommt (vgl. EED 2011 und Roundtable 2013 mit einer Vielzahl von Beispielen): Diese beziehen sich zum einen auf die sog. prozeduralen Rechte: Damit ist das Recht auf Information und auf Beteiligung an Entscheidungsprozessen gemeint. So liegt z. B. die Organisation des Tourismus zu den religiösen Stätten im „Heiligen Land“ überwiegend in Händen israelischer Reiseveranstalter, obwohl sich einige touristische Attraktionen in Palästina befinden (z. B. Bethlehem); die dortigen Anbieter partizipieren aber nur zu ca. fünf Prozent an den Einnahmen aus dem religiös motivierten Besichtigungstourismus (vgl. EED 2011, S. 25 - 26). Zu den prozeduralen Rechten gehört auch der Schutz vor Diskriminierung. Eine der diskriminierten Gruppen im internationalen Tourismus sind z. B. die HIV-Infizierten: Mehr als 60 Länder haben entsprechende Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen erlassen; in 29 Ländern können HIV-Infizierte deportiert bzw. ausgewiesen werden (vgl. Deutsche Aidshilfe 2012, S. 6). Zum anderen sind in vielen Ländern touristisch bedingte Verstöße gegen grundlegende zivile, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festzustellen - vom Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und auf Gesundheit über das Recht auf Bildung, menschenwürdige Arbeit und den Schutz der Privatsphäre bis hin zu den Rechten, sich gewerkschaftlich zu organisieren und vor Zwangsarbeit geschützt zu sein. So werden z. B. im Vorfeld internationaler Mega-Events (Fußballweltmeisterschaften, Olympische Spiele <?page no="202"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 203 etc.) häufig umfangreiche Stadterneuerungsmaßnahmen durchgeführt, die mit einem Abriss traditioneller Quartiere und einer Zwangsumsiedlung der Anwohner verbunden sind (vgl. EED 2011, S. 29). Verstoß gegen die Menschenrechte: Zwangsumsiedlungen im Rahmen der Vorbereitung der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro „Wie ein hässlicher Flickenteppich ziehen sich die Favelas durch den Stadtdschungel von Rio de Janeiro. Manchmal trennt in der Olympiastadt von 2016 die wohlhabenden Viertel gerade mal eine Straßenbreite von den Armensiedlungen. Genau das aber ist das Problem für das Internationale Olympische Komitee (IOC). IOC-Präsident Jacques Rogge sprach das Thema unlängst bei einem Mittagessen mit Rios Bürgermeister Eduardo Paes an. „Er hat uns gebeten, dass wir diese Viertel urbanisieren“, so Paes. „Rogge sagte mir, es wäre für die Olympische Bewegung ein außerordentlich positives Bild, wenn es gelänge, all diese Zonen in Viertel zu verwandeln, wo die Menschen mit Würde wohnen können.“ So weit der fromme Wunsch des IOC-Präsidenten. Die Wirklichkeit in Rio der Janeiro sieht anders aus. Etwa in Rios Stadtteil Barra da Tijuca, wo laut Plan ein riesiges Olympisches Dorf und zahlreiche Wettkampfstätten entstehen. Dafür müssen Favelas weichen. Die unwürdige Umsiedlungspolitik haben nun auch die Vereinten Nationen gerügt: Brasilien verstoße gegen Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte. Damit haben die UN eine Debatte in der Öffentlichkeit entfacht, die andere Ausrichterländer von sportlichen Großereignissen zuvor im Keim ersticken konnten. Sowohl in Peking für die Sommerspiele 2008 als auch in Sotschi für die Winterspiele 2014 hatten die chinesischen als auch russischen Behörden in der Vergangenheit ihre Bauarbeiten rücksichtslos durchgezogen. Zwangsumsiedlungen wurden auch wegen mangelnder Pressefreiheit in China und Russland nicht öffentlich diskutiert. Brasiliens linksgerichtete Regierung um Staatspräsidentin Dilma Rousseff aber wird mit ihrer Stammwählerschaft so einfach nicht umspringen können. Erst recht nicht nach der Rüge der Vereinten Nationen“ (K ÄUFER 2011). Schließlich wird häufig gegen die Menschenrechte besonders gefährdeter Gruppen verstoßen - dazu zählen Kinder und Frauen, Angehörige indigener Völker, Menschen mit Behinderungen sowie Arbeitsmigranten. So verweisen Kritiker z. B. auf die gefährlichen und unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Bauarbeiter in den Vereinigten Arabischen Emiraten und speziell in Ka- <?page no="203"?> 204 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus tar - dem Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2022 (auf den Baustellen ist es in jüngerer Zeit zu zahlreichen Todesfällen gekommen). Bei den Arbeitsmigranten handelt es sich zumeist um junge Männer aus Indien, Bangladesch und Nepal, die aus wirtschaftlicher Not und unter falschen Versprechungen in die Länder am Persischen Golf reisen. Die britische Zeitung „The Guardian“ vergleicht ihre Situation mit einer „modern-day slavery“: Sie erhalten nur zeitlich beschränkte Arbeitsverträge, verfügen über keine gewerkschaftlichen Rechte, haben lange Arbeitstage, ihr Lohn wird häufig nicht ausgezahlt und sie sind in ghettoartigen, teilweise überfüllten Containersiedlungen untergebracht ( www.theguardian.com vom 25.09.2013; vgl. Abb. 51). Abb. 51: Bei den Arbeitsmigranten in den Vereinigten Arabischen Emiraten - z. B. Abu Dhabi - handelt es sich um eine weitgehend rechtlose Gruppe von Beschäftigten, da die Emirate die „Wanderarbeiterkonvention“ der Vereinten Nationen (2003) bislang noch nicht unterzeichnet haben. Ziel dieser internationalen Übereinkunft ist es, den rechtlichen Status von Wanderarbeitern und deren Familienangehörigen zu verbessern (Quelle: eigenes Foto) . Es ist offensichtlich, dass solche Verstöße gegen die Menschenrechte nur durch eine gemeinsame Anstrengung aller Akteure verringert bzw. vermieden werden können (vgl. Roundtable 2013, S. 10 - 11): Die Staaten haben die Aufgabe, die Menschenrechte zu respektieren und zu fördern (Schutzpflicht). Die touristischen Unternehmen stehen in der Verantwortung, sich für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen (Achtungspflicht). Die Betroffenen müssen juristische bzw. nicht-juristische Möglichkeiten der Beschwerde und der Kompensation haben (Zugang zu Abhilfe). <?page no="204"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 205 Schließlich können auch die Touristen durch ein bewusstes und kritisches Konsumverhalten zu einer Verbesserung der Situation beitragen (z. B. durch gründliche Information vor der Reise, ein entsprechendes Buchungsverhalten etc.). So betrachtete die Welttourismusorganisation bereits Anfang des 21. Jahrhunderts das „increased socio-environmental consciousness“ und den Wunsch nach einer fairen Beteiligung der einheimischen Bevölkerung als Mega-Trend der Zukunft; gleichzeitig prognostizierte sie aber einen zunehmenden Konflikt aufgrund des steigenden „urge for travel consumption“ (WTO 2001, S. 27). Menschenrechte und Tourismus: Forderungen des Evangelischen Entwicklungsdienstes „Die Welttourismusorganisation (UNWTO) sollte verpflichtet werden, regelmäßig zur Lage der Menschenrechte im Tourismus an den UN- Menschenrechtsrat zu berichten. Die Europäische Union muss die Regelungslücke bezüglichen Menschenrechten und Unternehmensverantwortung unter Einbeziehung touristischer Unternehmen schließen, indem sie Haftungs- und Berichtspflichten einführt. Die deutsche Bundesregierung muss sich systematisch mit ihrer Verantwortung für die Umsetzung der Menschenrechte im Tourismus befassen. Regierungen in den Zielgebieten des Tourismus müssen die erforderlichen Gesetze, Bestimmungen und Planungsvorschriften erlassen und ihre Umsetzung überwachen, um sicherzustellen, dass es dort nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Es ist die Verantwortung von Reiseveranstaltern, die Menschenrechte zu achten und eine Unternehmenspolitik einzuführen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette Menschenrechtsverletzungen verhindert. Nationale und internationale Hotellerie- und Tourismusverbände sollen Anreize und Sanktionen schaffen, damit ihre Mitglieder menschenrechtliche Standards erfüllen und weiterentwickeln. Investoren sollen unabhängige Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsverträglichkeitsprüfungen durchführen, um negative Auswirkungen ihrer Vorhaben auf die Menschenrechte auszuschließen“ (EED 2011, S. 9). Die zentrale Herausforderung des internationalen Tourismus in der Zukunft besteht also in der grundsätzlichen Frage, „inwiefern er zum Vorteil der Menschen und im Einklang mit Natur und Umwelt gestaltet wird“ (EED 2011, S. 3). <?page no="205"?> 206 5 Die Zukunft des internationalen Tourismus Trotz zunehmender Anstrengungen ist diese Frage weltweit bislang nicht hinreichend beantwortet worden. Weiterführende Lesetipps EED (Evangelischer Entwicklungsdienst) (Hrsg.; 2011): Alles was Recht ist - Menschenrechte und Tourismus. Impulse für eine menschenrechtlich orientierte Tourismusentwicklung, Bonn Die Publikation vermittelt zunächst einen umfassenden Überblick über die fundamentalen Rechte der Menschen in den Zielgebieten. Anhand zahlreicher Beispiele werden dann tourismusbedingte Verstöße gegen die Menschenrechte erläutert. Schließlich geben die Autoren differenzierte Empfehlungen für eine menschenrechtlich orientierte Tourismusentwicklung (differenziert nach internationalen und staatlichen Organisationen, Unternehmen, NGOs und Konsumenten). Roundtable Menschenrechte im Tourismus (Hrsg.; 2013): Menschenrechte im Tourismus. Ein Umsetzungsleitfaden für Reiseveranstalter, Basel u. a. Der Leitfaden enthält zahlreiche praktische Vorschläge, wie touristische Unternehmen die Leitprinzipien für Menschenrechte beachten und in ihre Arbeit integrieren können. Die Broschüre steht als kostenlose PDF-Version auf der Homepage der Initiative zum Download zur Verfügung; dort finden interessierte Nutzer auch zwei Online-Kurse zu diesem Thema ( www.menschenrechte-im-tourismus.net). W OHLMUTHER , C./ W INTERSTEINER , W. (Hrsg.; 2014): International Handbook on Tourism and Peace, Klagenfurt Der umfangreiche Sammelband bietet Überblicksartikel sowie Berichte über internationale Fallstudien, in denen die Rolle des Tourismus bei der Friedenserziehung, bei der Bewältigung von Konflikten, beim Aufbau demokratischer Strukturen und beim Erhalt des kulturellen Erbes analysiert werden. Zusammenfassung Die Prognosen zur quantitativen Entwicklung des internationalen Tourismus sind positiv: Bis zum Jahr 2030 sagt die Welttourismusorganisation (UNWTO) ein weiteres Wachstum voraus - von derzeit 1,087 auf 1,8 Milliarden Ankünfte. Gleichzeitig werden sich die Reiseströme verlagern: Zu den (relativen) Gewinnern gehören vor allem die Emerging Economies in Asien und dem pazifischen Raum, im Mittleren Osten und in Afrika. Europa sowie Nord- und Südamerika müssen hingegen Marktanteile abgeben. <?page no="206"?> 5.2 Herausforderungen im internationalen Tourismus 207 Angesichts der zunehmenden Konkurrenz werden die Destinationen und Unternehmen künftig vor folgenden Herausforderungen stehen: Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, Krisenmanagement, Schutz des natürlichen und kulturellen Erbes sowie Wahrung und Stärkung der Menschenrechte. Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit müssen die Destinationen ein zeitgemäßes Marketing und Management betreiben. Das Spektrum der notwendigen Maßnahmen umfasst dabei u. a. die Image- und Markenbildung, eine innovative Produktpalette und den Einsatz neuer Medien (Internet, Social Media). In vielen Destinationen besteht eine hohe Krisenanfälligkeit des Tourismus; dabei ist zwischen exogen verursachten Krisen (Terroranschläge, Naturkatastrophen, Kriminalität etc.) und endogen verursachten Krisen zu unterscheiden (menschliche Unzulänglichkeiten, technische Fehler etc.). Zur Vorbereitung auf mögliche Krisen und zur Lösung plötzlich auftauchender Probleme bedarf es eines professionellen Krisenmanagements (Prävention, Bewältigung). Beim Erhalt des natürlichen und kulturellen Erbes handelt es sich für die Tourismusbranche nicht nur um eine ethisch-moralische Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen (im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung), sondern auch um eine marktwirtschaftliche Notwendigkeit: Immer mehr Nachfrager legen Wert auf eine intakte Umwelt und eine authentische Kultur. Zu den erfolgreichen Maßnahmen gehören u. a. die Ausweisung von (grenzüberschreitenden) Naturschutzgebieten, die Verkehrsreduzierung und -lenkung in stark belasteten Orten und Regionen, die umweltorientierte Führung von touristischen Unternehmen und die Besucherlenkung in populären Kulturattraktionen. Gegenwärtig sind weltweit zahlreiche tourismusbedingte Verstöße gegen die Menschenrechte zu beobachten. Die Zukunft des internationalen Tourismus wird aber nicht zuletzt davon abhängen, ob es gelingt, die Menschen in den Zielgebieten („Bereiste“) angemessen am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen des Tourismus teilhaben zu lassen. Aus diesem Grund sollten sich staatliche, aber auch private Akteure künftig stärker als bisher für die Wahrung und Stärkung der Menschenrechte einsetzen. <?page no="208"?> Literaturverzeichnis A BRAHAMSEN , Y./ S IMMONS -S ÜER , B. (2011): Die Wechselkursabhängigkeit der Schweizer Wirtschaft, Zürich (KOF Studien; 24) ( www.kof.ethz.ch/ de/ publikationen/ p/ kof-studien/ 2080/ vom 17.09.2013) A DERHOLD , P. u. a. (2013): Tourismus in Entwicklungs- und Schwellenländer. Eine Untersuchung über Dimensionen, Strukturen, Wirkungen und Qualifizierungsansätze im Entwicklungsländer-Tourismus - unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Urlaubsreisemarkts, Seefeld (Schriftenreihe für Tourismus und Entwicklung; o. Bd.) 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(AGA) 129 Akzeptanzwerte 47 al-Gaddafi, Muammar 119 Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Proposition) 93 Alpenkonvention 196 Alpenverein Deutscher 110 Oesterreichischer 110 Alpine Club 110 Alpinismus 110 Alte Bundesländer 54 Alternativtouristen 131 Amenities 53 American Airlines 83 Amerika 26 Amsterdam 99 Anaheim (Kalifornien) 96 Anamur 129 Andhra Pradesh 174 Angkor Wat 132 Antalya 127 Approved Destination System (ADS) 167 Arabellion 72, 125 Artek 147 Aserbeidschan 159 Asiatische Kirchenkonferenz (CCA) 103 Asien und der Pazifik 26 Assuan 111 Athen 199 Atlantis The Palm 162 Attractions 52 Auslandsreiseintensität 33 Ausreiseverkehr 28 Ausreiseverkehr (Outbound/ Outgoing Tourism) 21, 28 Außenhandelsbeziehungen 30 Austauschbarkeit 124 Auswärtiges Amt 189 B B2B (Business-to-business) 85 Backpacker 131 Badetourismus 118, 123 <?page no="229"?> 230 Index Badewanne Europas 117 Bahamas 63 Bali 57 Ballermann 63 Bangkok 131 Bansin 115 Barbados 133 Bardot, Brigitte 73 Bath 109 Baumann, Zygmunt 62 Bekanntheitsgrad 64 Belarus 53, 147, 151 Belize 133 Benidorm 113, 123 Bereiste 103, 122, 128, 130, 139, 140, 207 Berliner Mauer 54 Bertelsmann Transformation Index 151 Best Western 90 Bettelei 139 Bilbao 98 Binnenreiseverkehr 21 Binnentourismus 21 Biodiversität 194 Blackpool 114 Bodensee 115 Boeing 82 Boeing B 707 45 Bollywood-Tourismus 176 Bombardier 82 Borobudur 132 Bosnien-Herzegowina 155 Botswana 132, 142 Brand Lands 50 Branding 58, 65, 88, 98, 186 Brighton 109 British Airways 31 Overseas Corporation 44 Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst 103 Bucket and Spade-Urlaub 113 Bukovel 153 Bulgarien 149, 159 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 140 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 103 Bundeswettbewerb Nachhaltige Tourismusregion 197 Burj Al Arab 162 Burj Khalifa 162 Business Class 86 C Cabo San Lucas 63 Call Center 86 Cancún 63 Carey, Mariah 74 Carlson Rezidor Hotel Group 90 Carsharing 197 China 28, 32, 33, 41, 166 - 171 China Eastern Airlines 83 China Friendly Hotel 169 China National Tourism Association (CNTA) 54 China Outbound Tourism Research Institute (COTRI) 171 China Southern Airlines 83 Chinesische Mauer 58 Chinesische Touristen (Europareise) 57 Chipperfield, David 115 Chobe National Park 132 Choice International 90 Chopin, Frédéric 118 Christusstatue 58 CNR 82 CO 2 -Emissionen 45 Codesharing 82, 83 Colosseum 58 Comac 82 Community-Based-Tourismus 142 Computerreservierungssysteme (CRS) 82, 85 Control Risks 189 <?page no="230"?> Index 231 Cook, Thomas 111 Costa Brava 115, 118 Costa Rica 133, 135, 196 Cremation Tours 138 Curaçao 32 D Dachmarkenstrategie 92 Daytona Beach 63 Delta Air Lines 83 Demokratische Republik Kongo 142 Deutsche Hotelklassifizierung 93 Deutsche Demokratische Republik (DDR) 54, 146 Deutsche Tourismusanalyse 23 Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) 66 Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) 40 Deutscher Reisemonitor 25 Deutscher ReiseVerband (DRV) 197, 198 Deutschland 28, 101, 187 DiCaprio, Leonardo 131 Diffusion der Standorte 89 Direktvertrieb 86 Dischdascha 49 Disney, Walter E. (Walt) 95 Disneyland 96 Disneyland Paris 96 Diversifizierungsstrategie 95, 123 Djerba 72 Domestic Tourism 21 Dominikanische Republik 133, 136 Douglas DC 8 45 Drushba 149 Dubai 82 Dubai Duty Free 164 Dubai International Airport 164 Dubai Mall 163 Dubai Shopping Festival 163 Dubai Summer Surprises 163 Dubai Water Canal 163 DubaiLand 163 E Easyjet 82 Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) 197 Economy Class 86 Eco-Trophea 197 Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT) 103 EDF Energy London Eye 97 Eiffelturm 58, 199 Einreiseverkehr (Inbound/ Incoming Tourism) 21 Einzelmarkenstrategie 91 Eiserner Vorhang 54 Elektronischer Distributions- und Reservierungssysteme 45 Elvia Sicherheitsbarometer 76 EMAS Award 197 Embraer 82 Emergency Care Team 190 Emerging Economies 130, 160 Emirates 164 Empy Nester 93 End Child Prostitution, Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes (ECPAT International) 103 Energiebedarf 121 Engagementwerte 47 Engelberg 175 Enkeltauglichkeit 185 Entlastungsfunktion 62 Entschleunigung 50 Epidemien 73 Erdbzw. Seebeben 70 Eremitage 99 Estland 159 Ethiopian Airlines 82 Ethnic Market 31 Etihad Airways 83 Europ Assistance 25 Europa 26 Europäische Kommission 101, 103, 197 Europäische Union 66, 68 <?page no="231"?> 232 Index European Destinations of Excellence (EDEN) 67 European Travel Commission 181 European Travel Monitor 25 Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) 25 EVA Air 84 Evangelischer Entwicklungsdienst 205 Excursion Trains 43 Expatriates 48 Eyjafjallajökull 71 F Factfish 29 Fair Trade Reisen 144 Fantasyland 96 Fast Track Travel 186 Feriendienst 147 Feste 62 Filialisierung 98 Filialisierungsstrategie 98 Filmpark 96 First Class 86 Flächennutzungs- und Bauleitpläne 128 Flächenversiegelung 121 Flag Carrier 81 Flagship-Stores 41 Flagship-Projekt 99 Flugboote 44 Fluggesellschaften 83 Flughafen Frankfurt/ Main 26 Flydubai 82 Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen 23 Fort Lauderdale 63 Foshan 80 Fotosafaris 132 Frankreich 28, 33, 120, 187 Fraport AG 26, 169 Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB) 147 Freie Deutsche Jugend (FDJ) 147 Freiheitsstatue 58 Freikörperkultur (FKK) 148 Freizeitindustrie 95 Freizügigkeit 62, 63 Frontierland 96 Fudschaira 164 G Galápagos-Inseln 132 Gander (Neufundland) 45 Garland, Alex 131 Gated Communities 94 Gehry, Frank O. 100 Gellert, Christian Fürchtegott 55 Gemsbok-Nationalpark 196 Georgian Style 109 Georgien 155 Geschäftstourismus 69 Gesundheitsrisiken 73 Gesundheitstourismus 61, 124 Gizeh 199 Glasnost 145 Global Code of Ethics for Tourism 101, 202 Global Village 18 Globalisierung 40 Goa 175 Gold Coast 117 Golden Gate Bridge 58 Golden Weeks 32 Goldstrand 149 Golfkrieg 72 Gorilla-Trekking 142 Grand Canyon 53 Grand Tour 37, 109 Grenzmethode 22 Gretna Green 63 Griechenland 33, 120 Großbritannien 28, 39, 187 Großraumflugzeuge 45 Grup Balear d´Ornitologia i Defensa de la Naturalesa (GOB) 128 Grzimek, Bernhard 131 Guggenheim Abu Dhabi 99 <?page no="232"?> Index 233 Guggenheim Foundation 98 Gütesiegel 169, 197 H Handelsbilanzdefizite 120 Handlungsfreiheit 62 Harz 115 Heide-Park Resort 97 Heiliges Land 202 Heimwehtourismus 55 Hemmnisse 28, 38, 69 Hennes & Mauritz 41 Heringsdorf 115 Heritage 199 High Museum 99 Hilton Hotels 90 Hilton, Conrad N. 79 Hin-zu-Motiv 47 Hochgeschwindigkeitszüge 82 Hollister 41 Home Inns Group 90 Hong Kong Disneyland 96 Hongkong (China) 28 Hotel Reservation Service Robert Ragge GmbH (HRS) 169 hotel.de 130 Hotelstars Union 93 Hotelverbandes Deutschland (IHA) 88 Hub 82 Hub-and-Spoke- System 83 Hunting Industry 142 Hyères 118 I ICE 82 Image 64, 124 Inbound Tourism 21 Incoming Tourism 21 Incredible ! ndia 64 Indien 64, 160, 171 - 177 Industrialisierung 39 Industrielle Revolution 108 Inlandstourismus (Internal Tourism) 21 Innovationsmanagement 116 Innovationspreis 116 Integration oberflächliche 41 tiefe 41 Intelligenter Tourismus 195 InterContinental Hotels Group 41, 90 Interhotel 150 Internal Tourism 21 International Air Transport Association (IATA) 71 International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) 104 Internationale Alpenschutzkommission (CIPRA) 196 Internationale Tourismus-Börse (ITB) 181 Internationaler Währungsfonds (IMF) 139 Internet 46 Intrepid Travel 198 IPK International 25 Irak-Krieg 72 Irland 31 Iron Bridge 108 iSimangaliso Wetland Park 143 Israel 120 Italien 28, 33, 120 J Jagdtourismus 142 Jakobsweg 51 Jamaika 63, 133 Japan 101 Jatra 50 Jerusalem 50 Jugendtourist 147 <?page no="233"?> 234 Index K Kairo 111 Kaiserbäder 115 Kalahari-Gemsbok-Nationalpark 196 Kalter Krieg 54 Kanada 28, 187 Karl-Marx-Haus 166 Karpaten 153 Kasachstan 159 Käufermarkt 186 Käufermarktsituation 98 Kavalierstour 109 Kenia 133, 135 Kerkeling, Hape 52 Kgalagadi Transfrontier National Park 196 Khao San Road 131 Khayelitsha 136 Kinderprostitution 139 Kirgistan 159 Klassifizierung 92 Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) 79 Klima 56 Klimawandel 71, 194 KLM 31 Kloster Andechs 50 Kölner Dom 59, 104 Konkurrenzsituation 65 Konstanz 60, 61 Konsumgüterbranche 41 Kosovo-Krieg 72 Kraft-durch-Freude 147 Krakau 157 Krim 147 Kriminalität 71, 139 Krisenbewältigung 190 Krisenkommunikation 192 Krisenmanagement 188, 192 Krisenprävention 188, 190 Krisenstab 189 Kroatien 120 Krüger-Nationalpark 132 Kultureinrichtungen 98 Kulturhauptstadt Europas 104 Kulturindustrie 95 Kulturtourismus 104 Kundenorientierung 201 Kunsthandwerk 136 Kurorte 109 Kurtourismus 61 KwaZulua-Natal 143 L La Réunion 32 Lamu 135 Landschaftsverbrauch 121 Lärmbelästigung 121 Las Vegas 93 Leakage 133 Lego Discovery Centres 98 Legoland 98 Leistungskette 80 Leistungssicherheit 98 Light Pollution 195 Ligurien 118 Litauen 159 Lobbyarbeit 102 Local Player 88 Looney, Naoimh 112 Lord Byron 110 Lörrach 60 Lourdes 50 Louvre (Paris) 99 Louvre Abu Dhabi 99, 100 Low-Budget-Hotels 95 Low-Cost-Carrier 45, 82 Lufthansa 83 Luftverschmutzung 121 Luxemburg 61 M Machu Picchu 58, 104, 132 Madagaskar 135 Madame Tussauds 97 Malaysia 28, 167 Malaysia Airlines 192 Malediven 70 <?page no="234"?> Index 235 Mall of the Emirates 163 Mallorca 37, 63, 69, 115 Manila (Philippinen) 103 Margate 109, 115 Markenbildung (Branding) 88, 91, 98, 186 Markenfamilienstrategie 92 Markenhotellerie 88 Markenloyalität 82 Marmarameer 127 Marokko 120 Marriott International 90 Masterpläne 128 Maul- und Klauenseuche 73 Mauritius 133 McGuggenheim’s-Politik 98 Meerblick 123 Mekka 50 Meldeschein 22 Mercato Shopping Mall 163 Merlin Entertainments Group 97 Mexiko 136 MICE-Segment 41 Mittelmeerraum 29 Mittlerer Osten 26 Modal Split 43 Monte Carlo 118 Mosel 115 Motorisierungswelle 43 Müllaufkommen 121 Multiplex-Kinos 50 Musgrave, Frank 111 Musical-Theater 50 Muße 50 Myanmar 135 N Nachhaltigkeit 128, 196 Napoleon 111 National Tourism 21 National Trust 200 National Trust for Scotland 200 Nationale Tourismusorganisationen (NTO) 65 Nationaler Tourismus (National Tourism) 21 Naturkatastrophen 70, 134 Neo-Pilger 52 Nepal 133 Neue Bundesländer 54 Nizza 118 Non-Governmental Organization (NGO) 103 Non-Oil-Sector 160 Nordkorea 53 Nusa Dua 94 O Oman 22 Oneworld 85 Open-Skies-Politik 81 Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) 21, 101 Orlionok 149 Österreich 31, 33, 187 Österreich Werbung 182 Outbound Tourism 21 Outgoing Tourism 21 P Pacific Asia Travel Association (PATA) 25 Palma de Mallorca 113 Pan American World Airlines (Pan Am) 44 Panic Button 72 Paris 199 Party- und Sauftourismus 157 Pauschalreise 111 Perestroika 145 Pflichtwerte 47 Philippinen 167 Phuket 70 Pilgerreise 49 Pleasure Periphery 43, 107, 112, 113, 117, 118, 125, 130, 159, 178 <?page no="235"?> 236 Index Polen 28, 89, 154, 159 Portugal 118, 120 Preisbzw. Steuerniveau 61 Preissensibilität 82 Presley, Elvis 73 Pressure Groups 128, 195 Pricewaterhouse Coopers (PwC) 189 Private Game Reserves 142 Produktlebenszyklus 114 Produkttransparenz 98 Produktvariation 191 Prognosen 182, 183 Prostitution 139 Public-Private-Partnership 66, 115 Puerto Vallarta 63 Pull-Faktoren 27, 38 Push-Faktoren 38 Pyramiden von Gizeh 58, 104, 199 Q Qasr Al Arab Desert Resort 163 Qualitätsmanagement 115 Qualitätstourismus 66 Qualitätswettbewerb 86 Quellgebiete 28 R Ra’s al-Chaima 164 Rapallo 118 Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) 149 Regionalpolitik 67 Reiseanalyse 23 Reisedauer 19 Reiseentfernung 19 Reisefreiheit 154 Reisehinweise 189 Reiseintensität 39, 146 Reisemotive 19 Reiseströme 183 Reiseverkehrsbilanz 121 Reisewarnungen 189 Rekreation 146 Resort-Anlagen 93 respekt - Info-Mail 198 Rhein 110 Rio de Janeiro 203 Risikokommunikation 191 Risk Map 189 Rolling Stones 74 Rom 50 Roots Tourism 55 Round-the-world-Tickets 107 Rousseau, Jean-Jacques 110 RTW-Tarife 107 Ruanda 133 Rumänien 33 Russische Föderation 28 Russland 101, 159 Ryanair 82, 83 S Sachsen-Anhalt 199 Saisonalität 123 Sand, George 118 Sandal Resorts 93 Sanfter Tourismus 195 Santana 73 Santiago de Compostela 50, 51 Schabowski, Günter 154 Schardscha 164 Schengener Abkommen 53 Schönheitssafari 61 Schweden 187 Schweiz 60, 61, 175, 176, 187 Schwellenländer 130 Sealife Center 97 Seaside Resorts 43, 109, 114, 119 Seat Load Factor 84 Segregation 112 Seitengestaltung 37 Selbstentfaltungswerte 47 Serbien 151 Serengeti-Nationalpark 132 Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS) 73 <?page no="236"?> Index 237 Seychellen 22, 131, 133, 196 Shanghai Disneyland 96 Shannon (Irland) 45 Shopping Malls 50 Sicherheitshinweise 189 Sicherheitsprobleme 69 Sickerrate 133 Simbabwe 142 Sinatra, Frank 73 Singapur 167, 187 Sinngesellschaft 50 Sitzladefaktor 84 Ski Dubai 163 Ski-Resort 153 Skorpions 145 Skyteam 85 Slowakei 61, 68, 101 Slowenien 156 Sol Meliá 91 Sommerfrische 49 Sommerurlaub (Europäische Touristen) 57 Sonnenstrand 149 Sotchi 148 Souk Madinat (Jumeirah) 163 Southwest Airlines 83 Sozialtourismus 146 Spanien 28, 33, 118, 120, 187 Spaßgesellschaft 50 Spezialisierung 93 Spring Break 63 Sri Lanka 70, 72, 133, 135 St. Peterburg (Russland) 99 Standardisierung 88 Standortfaktoren, touristische 55 Standortmethode 22 Standortwahl von Hotels 89 Star Alliance 85 Starwood Hotels and Resorts 90 Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat) 21, 25 Stiftung für Zukunftsfragen 181 Stourhead 200 Strahlflugzeuge 45 Straße der Kasbahs 200 Strategische Allianzen 82, 83 Strukturfonds 67 Studienkreis für Tourismus und Entwicklung 141 Sturmfluten 70 Subrjonok 147 Subsidiaritätsprinzip 67 Substitutionseffekt 75 Subway 41 Suchoi 82 Südafrika 61, 72 Südossetien 155 Südtirol 118 Swasiland 22 SympathieMagazine 140 Systemgastronomie 41 T Taj Mahal 58, 104, 132 Tamilen-Konflikt 72 Tanktourismus 61 Tapetenwechsel 55 Täter-Opfer-Rolle 121 Technologisierung 94 TGV 82 Thailand 70, 167 The Dungeon 97 The Palm 162 Thematisierung 93 Themenparks 50 Thonga Beach Lodge 143 Tier- und Pflanzengefährdung 121 Tigerair 82 Tirupati 174 TO DO! -Wettbewerb 141 Tokyo Disney Resort 96 Torremolinos 113 Toura d’or 141 Tourism for Tomorrow Awards 102 Tourism Innovation Fund (TIF) 116 Tourism Watch - Informationsdienst Tourismus und Entwicklung 103, 198 Tourismuskritik 102 Tourismuspolitischer Bericht 65 <?page no="237"?> 238 Index Tourist Board 66 Trans World Airlines (TWA) 88 Transformationsland 28 Transformationsländer 33 Traumreiseziele 130 Travel & Tourism Competitiveness Index (TTCI) 102, 187 Travel One 29 Treibhausgasemissionen 71 Trendsetter 109 Trier 166 Tschechische Republik 61, 151, 159 Tschechoslowakei 149 Tsunami 70 TUI Deutschland 189 Türkei 28, 33, 49, 118, 120 Turkish Airlines 82 Turner Contemporary 115 Turner, William 110 U Überschwemmungen 70 Uganda 142 Ukraine 153, 159 Uluru (Ayers Rock) 137 Umm al-Qaiwain 164 Umwelt- und sozialverträglicher Tourismus 195 Umweltschutz 197 Umweltsünden 121 Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) 128 UNESCO-Welterbeliste 143, 156 Ungarn 33, 101, 149, 159 Unique Selling Proposition (USP) 199 United Airlines 83 United Children’s Fund (UNICEF) 139 United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) 58, 104 United Nations World Tourism Organization (UNWTO) 20, 24, 101 Universal Studios 96 Unterhaltungsindustrie 95 Urban Entertainment Center 50 Urbanizaciónes 121 Urlaubsbarometer 25 Urlaubsformen 112 US Airways 83 USA 28, 101, 187 V Varanasi 50 Venedig 18, 93 Ventilfunktion 62 Verbraucherschutz 67 Verbundeffekte 191 Verein Ökologischer Tourismus in Europa (Ö.T.E.) 101 Vereinigte Arabische Emirate 22, 49, 161 Verkehrsminimierung 197 Verkehrsvermeidung 197 Verne, Jules 107 Vielfliegerprogramme 85 Visumspflicht 53 Vulkanausbrüche 70 W Walt Disney Company 96 Walt Disney World 96 Wanderhotels 93 Wasserverbrauch 121 Wasserverschmutzung 121 Web-App 26 Wechselkurselastizität 60 Weg-von-Motiv 47 Weissmüller, Johnny 73 Weltbank 136 Welterbekonvention 59, 104 <?page no="238"?> Index 239 Welterbeliste (World Heritage List) 58, 143, 156 Weltnaturschutzorganisation 194 Welttourismusorganisation (United Nations World Tourism Organization/ UNWTO) 20, 24, 101 Wertewandel 47 Wettbewerbsstrategien der Hotellerie 91 Weymouth 109 Whale Watching 195 Win-Win-Situation 98 Wohlfahrtsfunktion 146 World Economic Forum 102, 187 World Trade Center 72, 76 World Travel & Tourism Council (WTTC) 102 World Travel Market 181 World Travel Monitor 25 Wyndham Hotel Group 90 Y Yayla 49 Yield Management 82, 85 Z Zeppeline 44 Zertifizierungssystem 197 Zimbabwe Professional Hunters and Guides Association 142 Zusatznutzen, besonderer 59 Zwei-plus-Vier-Vertrag 55 Zypern 120