Social-Media-Content
Unter Mitarbeit von Florian Alte, Sarah Kovac. und Norbert Matausch
1028
2015
978-3-8385-4439-7
978-3-8252-4439-2
UTB
Gabriele Goderbauer-Marchner
Thilo Büsching
Social-Media-Content professionell zu managen, ist für Journalisten, PR-, Medien- und Marketingspezialisten eine neue Schlüsselqualifikation. Dieses Buch zeigt, wie Content zielgruppengerecht generiert und eingesetzt wird. Es erklärt, wie Sie Social-Media-Content-Kampagnen planen und umsetzen können und dass die Qualität des Contents letztlich über den Erfolg entscheidet. Fallanalysen, über 50 Unternehmensbeispiele sowie 100 Farb- und S/W-Abbildungen machen das Buch zu einem nützlichen Begleiter für Studierende, Berufseinsteiger und alle, die beruflich Social-Media-Content erstellen.
<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage <?page no="2"?> Gabriele Goderbauer-Marchner Thilo Büsching Social-Media-Content Unter Mitarbeit von Florian Alte, Sarah Kovac und Norbert Matausch UVK Verlagsgesellschaft GmbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner lehrt Print- und Onlinejournalismus an-der Universität der Bundeswehr in München. Prof. Dr. Thilo Büsching lehrt digitale Medienwirtschaft an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Online-Angebote, elektronische Ausgaben sowie zusätzliche Materialien zum Buch sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2015 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Titelfoto: Oleksiy Mark/ Shutterstock.com Korektorat: Monika Paff, Langenfeld Satz: Claudia Wild, Konstanz Druck: CPI-- Ebner &-Spiegel, Ulm UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz · Deutschland Tel.: 07531-9053-0 · Fax: 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Band-Nr. 4439 ISBN 978-3-8252-4439-2 <?page no="4"?> 5 Inhalt Vorwort 9 1 Von der Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 11 1.1 Entwicklung des Internets vom Web 1.0 zum sozialen Netz 11 1.2 Definition Social Media und Social-Media-Content 13 1.3 Gesellschaftliche, politische und ökonomische Bedeutung der-sozialen Medien 15 1.4 Dark Social 16 1.5 Zukunft der sozialen Medien 18 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 23 2.1 Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung 23 2.2 Klassifikation der Plattformen nach Art und Reichweite 27 2.3 Multimedia, Crossmedia, Transmedia-- wie Content den Alltag durchdringt 29 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content aus Sicht der-verschiedenen Akteure und Zielgruppen 37 3.1 Typologie und Motivation von Social-Media-Nutzern 37 3.2 Bedeutung der sozialen Medien und Auswirkung auf-den-Journalismus 41 3.3 Risiken der sozialen Medien und die Wichtigkeit von-Medienkompetenz 45 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 49 4.1 Texten für das Web-- publizistische Basiskompetenzen 49 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen - Content-differenziert aufbereiten und veröffentlichen 54 4.3 Vom Shitstorm zum Candystorm durch Massenmobilisierung 62 4.4 Der Social-Media-Journalist zwischen redaktionellem und-kommerziellem Content 63 <?page no="5"?> 6 Inhalt 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 71 5.1 Weblogs 71 5.2 Microblogs: Twitter.com/ lufthansa_DE 75 5.3 Social Networks 77 6 Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Distribution von Content 81 6.1 Social-Media-Guidelines 81 6.2 Redaktionsplan 84 6.3 Organisation und Bündelung des Contents 85 6.4 Social-Media-Monitoring 87 6.5 Die Macht der Meinungsmacher nutzen 90 7 Rechtliche Voraussetzungen für das Publizieren auf Social-Media-Plattformen 95 7.1 Vor dem ersten Beitrag 96 7.2 Bereitstellen eines Impressums 99 7.3 Beiträge verfassen (Posten-- Tweeten-- Bloggen) 102 7.4 Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 102 7.5 Recht am eigenen Bild 103 7.6 Urheberrecht 104 7.7 Haftung 105 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 109 8.1 Definitionen 109 8.2 Social-Media-Business-Content im google-Format 121 8.3 Manipulation von Social-Media-Business-Content 123 8.4 Fazit 126 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 131 9.1 Warum Modelle? -- um schneller komplexe Zusammenhänge zu-verstehen 131 9.2 Die Sicht von Li und Bernhoff (2008) in der Weiterentwicklung von Michelis (2012) 132 9.3 Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz (2013) 139 9.4 Das Social-Media-Management-Modell von Pein (2014) 142 9.5 Der Werkzeugsatz der Content-Strategien von Leibtag (2014) 146 9.6 Der Einsatz von sozialen Medien im Verkaufsprozess bei Andzulis (2012) 150 <?page no="6"?> 7 Inhalt 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell (8x4-Modell) - Anforderungen, Kategorien und Funktionsweise 155 10.1 Das Grundmodell 155 10.2 Das Social-Media-Business-Content-Potenzial 160 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) 163 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells (8x4-Modells) in der Praxis 171 11.1 Die Grenzen der Wissenschaft, die-Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen 171 11.2 Zielgruppen 187 11.3 Ziele 193 11.4 Redaktionsplan und Content 201 11.5 Bildkommunikation: 210 11.6 Medienkanäle 217 11.7 Dialogmanagement 222 11.8 Key Performance Indicators (KPI) 231 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 243 12.1 Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« von amazon am 20. Januar 2015-- wie Sie mit Social-Media-Business-Content Kunden gewinnen 243 12.2 Fallbeispiel »Michael-Kors-Handtaschen« mit bis zu 351.976 facebook-Likes« 251 12.3 Fallbeispiel »Schadensersatzklage über 70.000 € wegen eines falsch montierten Fliegengitters« 256 12.4 Fallbeispiel »Westwing« 257 13 Aus- und Weiterbildung zum Social-Media-Contenter, Social-Media-Publizist oder Social-Media-Journalist 261 13.1 Warum nicht Social-Media-Manager für Content? 261 13.2 Ein neues Berufsbild 262 13.3 Zivilgesellschaftliche Aufgabe der Demokratie 266 14 Perspektiven 269 Bildnachweis 273 Index 277 <?page no="8"?> 9 Vorwort Vorneweg-- das Wort Content mögen wir nicht. Eigentlich. Aber: Es setzt sich durch. Daher ist in diesem Werk der Frage nachzugehen, was Content ist, wofür dieser Terminus steht, wofür er vor allem im Publizistischen steht-- und daher sei er eingegrenzt verstanden als Begriff für Inhalt, der bei Social Media zum Tragen kommt. Der Terminus wird hier im Publizistischen wie in seiner ökonomischen Wirkung reflektiert. Unter Content verstehen wir Wörter, Bilder, Grafiken, Videos, Animationen und Links in allen Medienkanälen, auch in den sozialen Medien. Im Zentrum unserer Analysen steht Social-Media-Content aus journalistischer wie aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Content sei hier nicht verstanden als Gegenpol zu Print, nicht verstanden als Terminus, der nur für Online gelte. Die Zeiten der diametralen Diskussion sind beendet. Print und Online wurden in den Anfängen des Internets künstlich und fern jeglicher Realität in der Wissenschaft separiert. Diese kurze Phase hat sich überlebt (vgl. Washietl (2013): Und bitte nicht mehr »Content« sagen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., Heft 3-4, 317-323). Alle Welt befasst sich mit Social-Media-Content aus Marketing-Sicht. Wir auch. Im Gegensatz zu vielen anderen Publikationen stellen wir die Content-Qualität in den Mittelpunkt-- publizistisch und wirtschaftlich. Denn: Social Media ist nicht nur ein Like-, Share-, Comment-Kanal, ideal für Social Commerce, sondern auch ein weiteres publizistisches Medium. Mit klugem, gut recherchiertem, bestens formuliertem und zielgruppenorientiertem journalistischen Inhalt ergänzt Social Media klassische Medienplattformen wie Print, Radio, Fernsehen. Neue Online-Medien wie Corporate Websites, Blogs und soziale Plattformen können sogar noch mehr publizistische, wirtschaftliche und politische Reichweite und Wirkung erzeugen. Der User ist spätestens seit der Reduktion von facebook auf eine E-Publishing-, Werbungs- und Social-Commerce-Plattform Anfang 2015-- mehr als zu Zeiten der unreflektierten und unkritischen, ja euphorischen Einführung von Online-Kommunikation-- nun qualitätsbewusster. Er verlangt wahrhaften, gut recherchierten Content von den publizistischen Medien, aber auch von den Unternehmen. Der User sucht sich Marken. Journalistische Marken. Produktmarken und Content-Marken. Diese Marken bedienen nicht mehr nur Mainstream. Die Marken können in Nischen blühen, gedeihen, informieren und wirtschaftlich erfolgreich vermarkten. Mit Social- Media-(Business-)Content. Sind die Ziele in den Premium-Medien (wahrhaftig informieren, gesellschaftlich wirken und bilden, Leser mit wahrhaften Informationen binden) und in den Unternehmen (Vertrauen aufbauen, werben, verkaufen, Kunden mit wahrhaften Informationen binden) doch unterschiedlich, nähern sich diese Welten immer mehr an. Denn in Zeiten von Paid Content und Micropayment und vollständiger Erfassung der Reader- und User-Journey muss sich jeder Autor fragen lassen, <?page no="9"?> 10 Vorwort ob und inwieweit sein Format für die Leser- oder Kundenzufriedenheit beiträgt. Denn der Leser ist genauso Kunde bei einem »Autor/ Herausgeber/ Verlag« wie der Jeanskäufer bei einem Textilunternehmen. Und beide sind angewiesen auf die Mechanismen und Wirkungen von Social-Media-Content. Der User tummelt sich trotz aller Kritik und allen Scheltens mehr denn je in Social Media. Viele Stunden des Tages und der Nacht gehen hier sprichwörtlich verloren. Blabla-Thesen, Nonsens-Fragen, Szene-Geschwafel, manipulative Geschichten, gefälschte Bilder, manipulierte Produktpromotions, gefakte Likes und Accounts sind nur die Spitze des schlechten Content-Berges. Ziel des Buches »Social-Media-Content« ist es, die Sinne für guten Content zu schärfen und Sie in die Lage zu versetzen, diesen strategisch und operativ zu produzieren. Für publizistischen und/ oder wirtschaftlichen Erfolg. Zahlreiche anschauliche Fallanalysen und 130 Farbabbildungen sollen Sie zum Schmökern, Studieren, Arbeiten und produktiven Selbermachen motivieren. Es entsteht ein neues Berufsbild, das Social Media Profil und Wertigkeit gibt. Vorschläge für die Aus- und Weiterbildung in der Social-Media-Welt der digital affinen, mobilen und eiligen User, die gleichwohl auf der Suche nach bestem Content sind und ihre Aufmerksamkeit nicht (mehr) jedem im Netz schenken. Social-Media-Content professionell zu managen, ist für Journalisten, PR- und Marketingspezialisten eine neue Schlüsselqualifikation. Dieses Buch zeigt, wie Content zielgruppengerecht generiert und eingesetzt wird. Es erklärt, wie Social-Media-Content-Kampagnen geplant und wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt werden können. Und dass die Qualität des Contents letztlich über den Erfolg entscheidet. Die Zeiten, in denen Social Media als »Linkschleuder« genutzt oder missbraucht wurden, gehören immer mehr der Vergangenheit an, denn: Der User wendet sich von der unreflektierten und qualitativ minderwertigen Content-Verbreitung ab. In diesem Sinne klärt das Buch »Social-Media-Content« auf und versetzt Sie in die Lage, in den sozialen Medien publizistisch und wirtschaftlich zu reüssieren: mit Qualitäts-Content. München und Würzburg, Gabriele Goderbauer-Marchner im September 2015 und Thilo Büsching Literatur Washietl, Engelbert (2013): Und bitte nicht mehr »Content« sagen. Die Zeit ist reif, von der gedanklichen Trennung von Print und Online abzugehen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., 2013, Heft 3-4, 317-323. <?page no="10"?> 11 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation Gabriele Goderbauer-Marchner, Sarah Kovac und Norbert Matausch 1.1 Entwicklung des Internets vom Web 1.0 zum sozialen Netz Über die Geschichte des Internets ist viel publiziert worden. Dabei ist zu beachten, dass das oft fälschlich als Synonym gebrauchte Wort des Internets nicht identisch ist mit dem WWW, dem World Wide Web (http: / / dvdh.de/ internet/ entwicklung-desinternet.html). Alle haben sie recht, wenn sie zunächst die technikgetriebene Entwicklung in den Vordergrund schieben (Faulstich, 2004: Medienwissenschaften). Ohne Technik gäbe es diese in der Tat revolutionäre Evolution oder evolutionäre Revolution nicht, die mehr denn je die komplette Menschheit in all ihren Belangen, in all ihren Verhaltensweisen und -mustern sowie in all ihren Organisationsstrukturen, privat wie volks- und betriebswirtschaftlich, politisch wie soziologisch, tangiert. Das mag man für gut oder schlecht halten, Fakt ist, es ist so. Die militärische Seite war Ausgangspunkt, die Universitäten Motor der Entwicklung, nicht allein national, sondern international sich verbreitend. Im Zentrum stand-- bereits bei Arpanet, dem militärischen Internet-- der Informationsaustausch. Das ist bis heute der Motor und das Tun im Internet. Begriffe wie Freiheit oder Teilhabe und »Mitmachen« und Diskussionen um offene Netze haben Informationsaustausch und Kommunikation auf neue Wege gelenkt. Bald geht es um die Fragen von Individualisierung sowie Kommerzialisierung, um juristische Fragen wie nach dem geistigen Eigentum oder dem Urheberrecht und anderen rechtlichen Aspekten, die eine völlig neue Juristen-Denke evozieren. Als Web 1.0 bezeichnete man die erste Phase des Web-Zeitalters. Noch ist das Netz statisch. Es fehlt die Interaktivität. Es ist linear und bindet die User nicht ein. Wer in den Anfängen des Internets von html oder anderen Protokollen keine Ahnung hatte, tat sich schwer. So sind nur wenige fit genug, das Internet zu »steuern«. Die Masse erschöpft sich im »Verzehr« des Internets. Mit Aufkommen eines Integrierens der User-- diese dürfen Kommentare abgeben, sie wollen und sollen eingebunden werden in das offene, frei zugängliche, interaktive Netz-- spricht man von Web 2.0. Nun paart sich zur Funktion, Inhalte darzustellen, auch die Funktion, Inhalte zu generieren. Schlagworte sind, den User nun in seiner bisherigen Rolle als Konsument in der Rolle des Prosumenten zu sehen. Er nutzt <?page no="11"?> 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 12 Inhalte anderer und stellt selbst auch eigene Inhalte her, die er wiederum den anderen zur Verfügung stellt, sodass ein Wechselverhältnis existiert. Der User verzehrt nicht allein das Internet, passiv, leidend oder glücklich. Nein. Nun ist der User der, der »mitkochen« darf, will und soll. Das World Wide Web, erfunden von Tim Berners- Lee, »genehmigt« diese Interaktivität dank der technischen (R-)Evolution spielerisch. Jeder kann mitmachen, sofern er die nötige Hardware und Software, die in einem Gerät daherkommt, und Strom hat. Nach wie vor greift die Individualkommunikation. Sie ist (zwar) interaktiv, die User wirken passiv wie aktiv, doch der ultimative »Kick« des massenhaft möglichen gegenseitigen Austausches, wie er über Social- Media-Kommunikation verwirklicht werden kann, fehlt (noch). Diese neue Form der Massenkommunikation durch Individuen regelt das Verhältnis von Individuen zueinander, untereinander, übereinander und gegenseitig neu durch Nähe (»Freunde«) und Anonymität im Internet. Ob nun Web 2.0 ein Modewort ist oder nur die Weiterentwicklung von Web 1.0: Der Begriff hat Kultstatus erreicht. Die Phrase des X 2.0 findet transponierende Anwendung, ob nun im Handel oder in der Politik. Wer »in« sein möchte, hat etwas mit »2.0« zu bieten (Beispiele: Heigl/ Hacker, 2010: Politik 2.0; Der Film »Demokratie 2.0-- neue Chancen für mehr Mitbestimmung? «, in: www.planet-schule.de). Nicht vergessen werden soll, dass bereits von Web 3.0 gesprochen wird. Gemeint ist hier das sogenannte semantische Web, das auch Bedeutungen bewerten kann: »Während die charakteristischen Merkmale des Web 2.0 in dessen interaktiven, Syntax-orientierten Kommunikationsplattformen zu sehen sind, auf denen Ideen, Videos, Fotos und Software getauscht werden können und in das sich jeder Benutzer selbst einbringen kann, spricht man bei Web 3.0 (…) von einem (,) in dem die Inhalte und deren Bedeutung in Beziehungen zueinander gestellt werden. Web 3.0 ist ein technisch-strukturelles Web, das semantische Beziehungen aufzeigt, das die Informationen nach ihrer Bedeutung bewertet und in einen Kontext zu anderen Texten und Aufsätzen stellt.« (http: / / www.itwissen.info/ definition/ lexikon/ Web-3-0-web-3-0. html.) Für manche grüßt spätestens hier George Orwell. Aufschlussreich ist-- aus einer völlig anderen Disziplin kommend-- das Buch von George Dyson, der die Anfänge der digitalen Welt auch für Nichtmathematiker und Nichtphysiker trefflich schildert und hier die Verknüpfung von Computerentwicklung und Atom- und Wasserstoffbomben-, also militärische Entwicklung, darlegt (Dyson, 2014: Turings Kathedrale). Dyson schreibt lakonisch und zitiert dann einen der größten Mathematiker des 20.- Jahrhunderts: »Web 2.0 ist unser Schlüsselwort für eine zunehmende Überlagerung des Digitalen durch das Analoge-- spiegelbildlich zu der Art und Weise, wie die digitale Logik vor 60 Jahren in analoge Komponenten eingebettet wurde. Suchmaschinen und soziale Netzwerke sind nur der Anfang-- die präkambrische Phase. ›Wenn die zunehmende Komplexität des digitalen Codes in expansiven Systemen das einzige Manko wäre, hätte die Natur ihn nicht verworfen, <?page no="12"?> 1.2 Definition Social Media und Social-Media-Content 13 zumindest nicht allein aus diesem Grund‹, gab von Neumann 1948 zu bedenken« (Dyson, 2014: Turings Kathedrale, S. 409). Das Internet ist an einem Punkt angekommen, wo Freiheit grenzenlos zu sein scheint. Die ersten fangen bereits an, sich Gedanken zu machen, ob nicht die »vielen Köche« den Brei verderben könnten. Diskussionen um Ethik und Moral, um Medienkompetenz und Medienpädagogik, um Recht und Probleme greifen um sich. Denn es tummeln sich-- selbstredend-- nun auch die Laien im Internet (vgl. auch Bank, von der, 2013: Medienethik durch Medienkompetenz? , in: Communicatio Socialis, 46. Jg, H. 3-4, S. 324-332). Schon haben wir es mit Social Media zu tun. Es geht um die Rolle der User in einer dank Technik und Technologie ermöglichten neuen Computerwelt. Die Nutzer müssen sich nicht mehr mit Java etc. herumplagen. Jeder kann Inhalte generieren. Jeder kann fremde Inhalte ändern, bearbeiten, verbreiten. Jeder kann interaktiv mitmachen. Die Marketing-Fachleute sprechen von einem Wandel vom Pushzum Pull-Prinzip, was nichts anderes bedeutet, als dass der User selbst sich einbringt. Er ist nicht mehr der passive Konsument. Nein. Er wirkt mit. Der User holt sich gezielt Inhalte aus dem Netz und wird damit zum bewusst selektiven Medienkonsumenten. 1.2 Definition Social Media und Social-Media-Content Social Media ist ein allgemein üblich verwendeter Terminus. Doch was bedeutet er? Generell »versteht man (…) darunter alle Medien (Plattformen), die Internetnutzer verwenden, um zu kommunzieren« (Goderbauer-Marchner/ Glasauer: Social Media als Kommunikations-, Informations- und Werbekanal, in: Büsching/ Goderbauer- Marchner, 2014: E-Publishing-Management, S. 195-205). Im Mittelpunkt steht bei Social Media der Austausch von Informationen, untereinander, ohne Hierarchien, aber auch die eigenständige Schaffung von Inhalten, die dann der Community zur Verfügung gestellt werden. Das Fehlen von Rangordnungen wird auch als Social- Media-Demokratisierung verstanden. Jeder kann, jeder darf, die Gemeinsamkeit führt zu Gruppen-Kommunikation, die kollaboratives Publizieren genannt wird. Nicht mehr einer kommuniziert für viele (»one to many«), sondern viele für viele (»many to many«) (www.techopedia.com; http: / / www.computerwoche.de/ a/ many-to-manybeziehung-zaehlt,2354642). Der Content wird von den Usern generiert; man spricht von dem, was in den Social Media alles »getan« wird-- von der Kommunikation, Veröffentlichung, der Teilfunktion, der Kommentierung bis zur Sympathiebekundung- - als dem User Generated Content. Das wohl größte soziale Netzwerk ist facebook. 2004 gegründet, hat es (Stand: Viertes Quartal 2014, veröffentlicht Anfang 2015, www.allfacebook.de) weltweit fast 1,4 Milliarden aktive Nutzer (in Europa 301 Mio.), und täglich sind auf dem <?page no="13"?> 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 14 gesamten Globus 890 Mio. online (in Europa 217 Mio.). Das ist allein in Europa eine Steigerung um mehr als 23 Mio. im Vergleich zum Vorjahr. Social Media und Social-Media-Content präsentieren sich auf vielen Internet-Plattformen. Nur einige seien genannt, sie werden im Laufe der Lektüre dieses Werkes immer wieder auftauchen. Foren, Weblogs oder Microblogs wie twitter oder tumblr gehören zu Social Media, dazu kommen die vielen sozialen Netzwerke, wobei facebook oder google+ oder xing und linkedin die wohl bekanntesten sind. Manche Social Media befassen sich (v. a.) mit Bildern oder Bewegtbildern, um flickr, picasa oder youtube zu nennen, Zulauf haben Dokumenten- und Musik-Sharingsowie Auskunftsportale, als hilfreich gelten Bewertungsportale (meinprof ). Unter den Wikis ist wikipedia die vermutlich populärste Wissens-Offerte (Auflistung u. a. bei www.onlinemarketing-praxis.de). Was ist nun explizit Social-Media-Content? Der Begriff ist in Deutschland gar nicht so sehr präsent. Vielmehr spricht die Branche von Social-Media-Marketing. Hier sei der Terminus Social-Media-Content verstanden als wertiger Inhalt auf Social Media. Es geht darum, Werbeblättchen ins Netz zu stellen und auf den Social-Media- Plattformen zu verbreiten. Das ist zu wenig. Das ist zu banal. Und das ist nicht das, was der User will. Geschweige denn, wofür er Geld ausgeben will. Social-Media- Content ist der Weg, hochwertige journalistische Inhalte zu erstellen sowie zu verteilen, denn die wichtigste Währung ist die Aufmerksamkeit im Internet. Wer diese über Text und Bild, vor allem Bewegtbilder, über Besonderheit und Nicht-Beliebigkeit, über Qualität generieren kann, der wird letztlich an Bord bleiben. Denn hierfür wird der User auch bezahlen. Für Trash Content ist zum einen dem User kein Geld aus der Tasche zu locken, zum anderen wird er sich abwenden. Einsamkeit aber ist nicht das Kennzeichen von Social Media. Exklusivität im Netz bedeutet nicht Singularität, sondern Wertigkeit des Inhaltes, Akzeptanz einer großen Menge, Bereitschaft zur Verbreitung durch eine Crowd. Social-Media-Content bedeutet die intelligente, qualitativ wertige Inhalteerstellung, die mehr offeriert als eine wenn auch noch so gute Website, deren Activity Streams Effizienz bei den Usern hervorbringt. In den Social Media kann gelobt oder getadelt werden, geteilt und kommentiert. User arbeiten gemeinsam spontan oder geplant an Projekten, die ebenso spontan oder geplant sind. (Perez, Juan Carlos, 27.04.2009: Facebook opens up »aktivity stream« to external developers, in: Computer World, in: http: / / www.computerworld.com/ article/ 2524070/ networking/ facebook-opens-up--activity-stream--to-external-developers.html). <?page no="14"?> 15 1.3 Bedeutung der-sozialen Medien 1.3 Gesellschaftliche, politische und ökonomische Bedeutung der-sozialen Medien Social Media sind aus der Welt nicht mehr wegzudenken. Spaßvögel können hier nur auf den Roman des Österreichers Marc Elsberg (eigentlich: Marcus Rafelsberger) mit dem Titel »Blackout« verweisen-- Stromausfall, in einem Land zum nächsten passiert diese Katastrophe, mit dramatischen Folgen für die Menschen, die Wirtschaft, die Politik. Sollte ein solches Szenario jedoch nicht eintreten, werden soziale Medien Bedeutung für alle Bereiche haben. Second life, eine 2003 gestartete virtuelle Welt in 3-D (www.secondlife.com), ist aus der medialen Aufmerksamkeit verschwunden. Social Media sind »die« digitale Parallelgesellschaft geworden. (Das bestritt vor fünf Jahren noch recht skeptisch: Grieß: Einfluss von Social Media: Die digitale Parallelgesellschaft, in: Spiegel online vom 01.10.2010.) Längst sind Social-Media-Kommunikationsplattformen nicht nur für Trash und Banales. Längst haben alle sogenannten klassischen Medienkonzerne ihre User, die alten wie die neuen, auf Social Media entdeckt. Der Einfluss auf die Gesellschaft, auf Politik wie Wirtschaft ist in diesem Kreise einer individuellen wie massengesteuerten Inszenierung evident. Marc Zuckerberg instrumentalisiert via facebook Abermillionen von Usern, bestens gehütete Algorithmen wissen schier alles von den Nutzern, dienen gewollt wie ungewollt Produkte an, offerieren Marketingkonzepte und suggerieren Kaufgewohnheiten. Das Wort Community, Gemeinschaft, findet bei Social Media eine neue Wendung an Bedeutung. Der Begriff der Grenzenlosigkeit, der Terminus der Freiheit und damit einhergehend Fragen nach Daten- und Jugendschutz sowie Medienethik prägen die Gesellschaft des 21.-Jahrhunderts nachhaltig. Der Mensch wird und ist vielleicht sogar transparenter als gewollt-- und hat kaum Chancen, der (fast) alles durchleuchtenden Social-Media-Krake zu entkommen. Seit Jahren streitet sich die Politik über das Wie einer Medienkompetenz. Zarte Pflänzchen wachsen- - wie könnte es anders sein- - in Gruppen auf facebook. Längst ist »die« Politik auf Social Media. Auch hier ist facebook Taktgeber. Welcher Politiker, welche Politikerin wagt es, nicht auf dieser Plattform ein Profil zu haben? Wer keine Zeit hat, hat Mitarbeiter, die das Profil pflegen, mit mehr oder weniger großen Pannen zwischendurch. Dass diese Pannen (Die zehn größten Politiker-Pannen auf twitter und facebook, www.derwesten.de) just auf diesen Social-Media-Plattformen ausgekostet werden, versteht sich quasi von selbst. Seriöse Akteure wie der Regierungssprecher twittern professionell-- Social Media ist seit langer Zeit schon aus der Plauder- und Tratsch-Ecke hinausgewachsen (https: / / twitter.com/ RegSprecher). Die politische Kommunikation erfährt eine Veränderung, traditionelle Medien sehen einem schwindenden Stellenwert entgegen. Sie verschwinden nicht, rutschen im Ranking der Relevanz immer mehr in das dritte und vierte Glied-- nach Online, Mobile und Fernsehen. Dank oder wegen Social Media verrutschen die Grenzen zwischen den Politikern und »ihrem« Volk. Das Volk ist aktiv auf <?page no="15"?> 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 16 den sozialen Netzwerken, es kommentiert und teilt, es ist äußerst kritisch, noch fehlt dem Bürger im Rahmen des Social-Media-Sozialisationsprozesses Toleranz und feine Kritikkompetenz. Austeilen ist beim Teilen und Bewerten einfacher als intellektuelle Diskurse. Doch auch das wird sich ändern, zumal neue Berufsgruppen aktiv sind, den Kommunikationsprozess zu steuern, Shitstorms zu vermeiden und- - wenn doch geschehen-- professionell(er) zu kanalisieren. Längst hat die Wirtschaft den Internethandel via Social Media entdeckt. Hotels, Leckereien, all dies flutscht dem facebook-User ungewollt ins Haus. Und viele bleiben sprichwörtlich hängen. Kaufen. Das Geschäft blüht. Social-Media-Marketing wird immer wichtiger. Umsätze werden gesteigert auf den sozialen Medien-Plattformen. Kommunikation potenzieller Kunden mit den Unternehmen wird professionell angetriggert. Eine aktuelle Übersicht von 2015 zeigt, welche Bereiche eines Unternehmens derzeit Social Media nutzen. Noch stehen PR, Werbung und Vertrieb an oberster Stelle, interessant auch der Vergleich von B2B zu B2C. Doch ist mehr als interessant, dass Journalisten doch immer mehr auch für ihre Recherche Social-Media-Plattformen nutzen. 1.4 Dark Social Seit gut zwei Jahren existiert der Begriff des »Dark Social«. Gemeint ist ein dunkles, ein geheimes Social Media, wo verbreitete Daten nicht mehr nachverfolgbar sind. Am bekanntesten aktuell ist wohl whatsapp (www.whatsapp.com). Schon aus digitaler Sicht steinalt, doch als Dark Social bislang nicht bezeichnet, sind jedoch auch E-Mails und Instant Messenger, also beispielsweise Skype, wo zwei oder mehrere User sofort sich Nachrichten übermitteln können, zu nennen. Keiner kann hier öffentlich »einsehen«, was distribuiert wird. whatsapp wurde bekanntlich- - und mit großer Kritik zunächst-- von facebook-Gründer Marc Zuckerberg aufgekauft. Heute interessiert dies die breite Öffentlichkeit nicht mehr. whatsapp boomt. Man spricht von Dark Social Traffic (www.futurebiz.de). Es gibt Thesen, wonach whatsapp facebook den Rang ablaufen könnte. Ob das von Relevanz für den User ist? Wie hoch ist seine Medienkompetenz ausgeprägt? Tatsache ist, dass Datenschutzfachleute hier unter anderem mögliche Gefahren eines unerlaubten Datenaustauschs sehen. <?page no="16"?> 1.4 Dark Social 17 Abb 1: Welche Bereiche Ihres Unternehmens nutzen derzeit Social Media? <?page no="17"?> 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 18 1.5 Zukunft der sozialen Medien Social Media entwickeln sich weiter. Der Kommunikationsexperte Michael Ehlers betont zu Recht die wachsende Bedeutung von Marken (Ehlers, 2013: Kommunikationsrevolution Social Media). Social Media erweitern ihre Zielgruppen. Medienunternehmen setzen auf ihre Marke. Deren Redakteure werden als Marke mit aufgebaut. Social Media erweitern ihre Themen. Und-- sie werden im Zuge der Professionalisierung eine Aufsplitterung erfahren. Die eine Zielgruppe wird sich auch weiterhin zufriedengeben mit dem, was geboten wird. Social Media als Methode für Zerstreuung, für Unterhaltung, für Zeitvertreib. Die andere Zielgruppe jedoch wird verstärkt auf Qualität, Seriosität, auf Tugenden wie Ethik und Werte, auf Kultur und Bildung setzen. Social Media werden immer mehr gefragt und nachgefragt auf der Suche nach Qualitäts-Content. Qualitätsjournalismus auf Social Media wird nicht mehr punktuell zu finden sein. Medienunternehmen werden immer mehr diese Plattform als ihre Stärke im Aufmerksamkeits-Konkurrenzdruck erkennen. Wer nun publizistischen Content mit PR und Marketing vermengt, was durchaus von einigen gewollt ist und schon heute exzessiv gepflegt wird, muss diese Kombination gut begründen. Ansons- Abb 2: Wie häufig recherchieren Sie aktiv nach Inhalten auf Social-Media-Plattformen (z. B. Facebook, Twitter)? <?page no="18"?> 1.5 Zukunft der sozialen Medien 19 ten schwinden die harten Social-Media-Währungen wie Click, Like und Share. Das-- bleiben wir bei facebook-- registriert denn auch rasch der clever eingestellte Algorithmus. Und dann taucht der bei den Massen ungeliebte Account in der Timeline einfach nicht mehr auf. Der guardian veröffentlichte 2013 einen hoch spannenden Beitrag von Stephan Noller, in dem die Frage aufgeworden wurde: »Why we need an algorithm ethic«. Laut Verfasser Noller sei es Zeit für eine breite Diskussion, ob Unternehmen wirklich im Netz unsere Rechte respektieren. Noller reduzierte diese Frage nicht auf eine technologische, sondern auf eine ethische. Algorithmen seien transparent zu machen, deren Quellcodes zu veröffentlichen, denn: »We need to have a discussion involving the whole of society about how we want to live in a world dominated by electronic conversations« (zit. n. Noller, in: The Guardian, 22.01.2013, in: http: / / www.theguardian.com/ media-network/ media-network-blog/ 2013/ jan/ 22/ algorithmethic-mechanisms-control-security). Schon heute ist die These zu untermauern: Print wird nicht aussterben. Print wird sich allerdings vom gigantischen Massenmedium zum Elitemedium wandeln. Das bedeutet für die Medienunternehmen, deren Geld nach wie vor in weiten Teilen aus Printerlösen kommt, sodass man sich die Spielwiese des Internets- - Social Media, Mobile, Online-- leisten kann, dass diese im Internet neue Erlöse generieren müssen. Schon heute weiß man, dass der User für Qualität bereit ist, das Portemonnaie zu öffnen. Ergo muss Social Media Qualität im Content liefern. Je mehr und je exklusiver, umso eher kann hier ein neuer Content-Markt entstehen. Aus der Evolution von Social Media wird eine Revolution. Der Umwälzungsprozess hat bereits eingesetzt. Die Mediennutzer erheben sich als echte Partner und Teilhabende am Kommunikationsprozess. Die Medienunternehmen wie die übrige Wirtschaft sucht nach Wegen, mit dem Wandel einen positiven Verbesserungsprozess zu generieren. Fast kann man von einer Massenerhebung sprechen. Dem kann sich kaum einer entziehen. Die Gesellschaft mag mancher in Digital Natives und Digital Immigrants teilen. Wir sprechen zusätzlich von den Digital Strangers. Es liegt an den Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft wie Wirtschaft, diese Kluft wieder zu schließen. Alle mitzunehmen auf dem Weg in eine digitale Neuordnung, die die alten Kommunikationsebenen nicht wegschieben, aber übertrumpfen wird, ist eine Herkulesaufgabe. Mag es auch schlagzeilenträchtig sein: Wenn Manfred Spitzer von einer »Digitalen Demenz« (Spitzer, 2012: Digitale Demenz) spricht, mangelt es doch an breit aufgestellter und gewollter Medienkompetenz. Sich herauszumogeln aus dieser Verantwortung, steht einer Gesellschaft weltweit nicht an, denn: Was nicht wegzubekommen ist, mit dem ist klug, weitsichtig, gewissenhaft und verantwortungsbewusst, ethisch korrekt umzugehen. Hier zu lamentieren, ist zu wenig. Die Symptome sind bekannt. Ähnlich wie in der Naturwissenschaft wird es allerdings nicht ausreichen, nur die Symptome zu behandeln. Man muss, sagte ein Nobelpreisträger, verstehen, was sich im Einzelnen abspiele (Chemienobelpreisträger Stefan Hell in der allgemeinen deutschen zeitung am <?page no="19"?> 1 Von-der-Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation 20 29.10.2014, in: www.adz.ro). Bezogen auf Social Media, »helfen« weder Verbote noch weinerliches Geschrei. Was hilft, ist breit aufgestellte Kompetenz- - in den Medien, mit deren Umgang, im Recht etc. So wie Frieden zu wahren ist, muss hier mehr geschehen als nur Lippenbekenntnisse. Wer die digitale Kommunikation beherrscht, wird auf der Siegerseite sein. Und ob die Sieger dann die »Guten« sein werden, davon hängt Wohl und Wehe der digitalen Zukunft ab. Wenn sich Social Media ausschließlich mit kleinteiligen, unbedeutenden Themenspektren befassen, wenn sich die Menschen auf Miniaturfiguren mit Miniaturinteressen und begrenzter Intelligenz, begrenztem Interesse und begrenztem Wissensdurst reduzieren lassen und wollen, wird die auf Sozialtugenden, Bildung und Transparenz, auf Rechtsstaatlichkeit und Fairness fixierte Demokratie wackeln. Literatur &-Links www.allfacebook.de Bank, Stefan von der (2013): Medienethik durch Medienkompetenz? Über den Zusammenhang von Medienkompetenz und (medien-)ethischem Lernen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., 2013, Heft 3-4, S. 324-332. http: / / blog.wiwo.de/ look-at-it/ 2013/ 12/ 10/ 5-jahre-social-media-die-entwicklungder-sozialen-netzwerke-von-2008-bis-2013/ Dyson, George (2014): Turings Kathedrale. Die Ursprünge des digitalen Zeitalters, Propyläen Verlag, Berlin. 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Hier werden nun die publizistischen Ziele beleuchtet-- einerseits von Journalisten, andererseits von sogenannten Content-Managern. 2.1 Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung Sowohl die Journalisten, egal, ob frei, fest angestellt oder in einem »festen freien Verhältnis«, als auch die Content-Manager, die mit Aufkommen der digitalen Welt immer mehr ihren Platz in der medialen Arbeitswelt finden, wirken nach publizistischen Zielen für unterschiedliche Plattformen oder Kanäle. Was ist gleich, was konträr? Content-Manager Grundsätzlich besteht im derzeitigen Sprachgebrauch keine allgemeingültige Aufgabendefinition für Content-Manager. Die allgemein vorherrschende Meinung (vgl. online-redakteur.biz, medienwiki.org, contentmanager.de) geht jedoch davon aus, dass die Aufgaben neben redaktionellen Tätigkeiten auch in stärkerem Umfang folgende Aktivitäten mit einschließen: • Planung und Erstellung von Online-Portalen, • Pflege des Bild-, Text- und Multimedia-Inhaltes von Webseiten, • Einrichtung und Verwaltung von Content-Management-Systemen, • Erfassung und Analyse von Produktdaten. Der Content-Manager im 21.- Jahrhundert hat sich zu befassen mit allen Varianten eines Content-Management-Systems (CMS), mit Suchmaschinen (SE), deren Strategien und deren Optimierung, mit Social Media, mit (Social-Mediasowie Digital- und Suchmaschinen-)Marketing, mit Juristischem und der Frage nach dem Nutzen-- und dann auch noch mit der Frage nach dem Content, den kreativen Inhalten, den Fragen, wie der User über pfiffige Inhalte gelockt werden kann. Der Spruch, Content sei King, gilt also auch für die »neue« mediale Welt. Die Frage, die sich stellt, ist: Halten wir am Terminus des Content-Managers fest, wenn wir bei Social Media mehr und mehr an (Qualitäts-)Inhalte denken? <?page no="23"?> 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 24 Journalist Im Vergleich dazu die Tätigkeitsbeschreibung des Journalisten, wie sie in vielen Lehrbüchern-- hier nach dem Deutschen Fachjournalistenverband-- definiert wird: »Journalisten informieren die Öffentlichkeit über Sachverhalte und Vorgänge, die von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind«, des Weiteren »artikulieren (sie) für die Öffentlichkeit Sachverhalte und Probleme. Um dieser Aufgabe als ›Frühwarnsystem‹ und Kontrollinstanz der Gesellschaft gerecht werden zu können, stehen Journalisten besondere Recherchebefugnisse zu. (…) Wichtige Aufgaben des Journalismus sind damit Kritik und Kontrolle: Manche Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind weniger für die Öffentlichkeit bestimmt, werden aber durch den Journalismus publik gemacht, was dem Gemeinwesen nützlich sein kann« (zit. n. DFJV, 2012). Der Deutsche Journalisten-Verband DJV formuliert in seinem Grundsatzprogramm: »Aufgabe und Verantwortung von Journalistinnen und Journalisten ist es insbesondere, die Rechte einer jeden Bürgerin und eines jeden Bürgers auf Achtung und Schutz der Menschenwürde, auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen zu wahren« (www.djv.de). Das »Lenken der öffentlichen Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und Ereignisse (Agenda Setting)« wird ebenso als wichtige Aufgabe angesehen, außerdem die »reine Unterhaltungsfunktion« (vgl. DFJV, 2012). Viele Attribute zeichnen einen Journalisten aus- - von der Glaubwürdigkeit bis zur Vertrauenswürdigkeit, von der Kompetenz im Sprachlichen bis zur Neugierde (Goderbauer-Marchner, 2011: Journalist werden! , S. 45). Durch den ständig zunehmenden Druck auf die Redaktionen, die Aktualität ihrer Meldungen immer weiter zu erhöhen, wird auch die Aufgabenbeschreibung für Journalisten um Online-Komponenten erweitert. Dazu gehören die Navigation des Nutzers durch das eigene Angebot, die Verlinkung auf andere, themenrelevante Inhalte anderer Anbieter und auch die »Moderationstätigkeit in der Kommunikation mit und zwischen den Nutzern« (vgl. Rosenberger, 2000, S. 2). Diese Breitfächerung des journalistischen Fokus in online-organisatorische Belange hinein könnte nun vielleicht für manche bedeuten, dass der Journalist von seinen vor dem Internet-Zeitalter definierten Kernkompetenzen Recherche und Verfassen Abstriche machen muss, um den erweiterten Anforderungen seines Berufs gerecht zu werden. Aber: Wollen wir das? Ist nicht eher die Frage zu stellen, ob die journalistische Kompetenz und Medienethik mehr denn je Anwendung finden muss in den Feldern von Online, Mobile, Social Media? Auch damit befasst sich dieses vorliegende Werk. Schließlich sei-- pars pro toto-- hingewiesen auf zwei höchst erfolgreiche Firmen. Zunächst ein Blick auf BuzzFeed. Dieses Medienunternehmen aus den USA trat 2006 an als »Media Company for the Social Age« (www.buzzfeed.com). Und BuzzFeed sagt von sich selbst: »BuzzFeed has the hottest, most social content on the web« (www. <?page no="24"?> 2.1 Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung 25 buzzfeed.com). »Buzz« ist ein Summen, aber auch ein Gerücht. Die User werden also mit Gesumse »angefüttert«. Erhält der User hier Journalismus? Ist das Qualitäts-Content? Nein und ja und vielleicht. Kaum einer wird Katzenfilmchen als journalistische Produkte bezeichnen. Aber BuzzFeed kann auch anders: Der Konzern publiziert News, Blogs, agiert mit viel von Nutzern generiertem Inhalt (User Generated Content), und alles wird, so das Geschäftsmodell, via Social Media verbreitet, dort geteilt und geliked. Juliane Leopold von BuzzFeed sagt auf der Jahrestagung von Netzwerk Medienethik im Februar 2015 in München, für BuzzFeed werde Social Media zur neuen Homepage. Drei von vier Lesern kämen über Social Media auf die Homepage von Buzzfeed- - und bleiben dort »kleben« (http: / / www.netzwerk-medienethik.de/ jahrestagung/ tagung2015/ ). Erwähnenswert ist Mashable (www.mashable.com). Dieses britisch-amerikanische Unternehmen publiziert Blogs, auf die man über Social Media gelangt. Die Blogs wiederum befinden sich auf einer Webseite. Die Branche nennt eine solche Homepage den »One-Stop-Shop der Social Media«. Der Konzern nennt sich selbst »the leading media company for the connected generation and the voice of digital culture«. Und auch hier stellt sich die Frage, wie viel Journalismus diese sogenannte Nachrichten- Homepage tatsächlich verbreitet und generiert. Neidlos anerkennen muss man, dass dieser Brei (»mash«) sehr gut ankommt bei den Usern. Bei modernen Definitionsversuchen zu Journalismus und der realen Beobachtung von sich selbst als Journalismus bezeichnenden Aktivitäten im Netz ist zu fragen: Stellt der sogenannte Bürgerjournalismus wirklich Journalismus dar? Wenn Laien Sensationsmeldungen und Bilder nach Art schlechter Paparazzi an Boulevardmedien verkaufen? Ist der Bürger, der User Generated Content auf Social-Media-Plattformen verbreitet, schon journalistisch aktiv? Sind User, die Werke anderer auf Social Media verbreiten durch Teilen, bereits eine Art journalistisch tätiger Verleger? Oder publizistisch agierender Herausgeber? Greift das alte Vokabular noch? Der Journalist als Gatekeeper Der vom amerikanischen Medienkritiker und Journalisten Walter Lippmann (Lippmann, 1922: Public Opinion) geprägte Begriff des »Gatekeeper« als Funktionsbeschreibung des Journalisten (vgl. Frerichs, 2000) verliert mit der Zunahme von Internet-basierten Informationsangeboten immer mehr an Relevanz. Journalisten entscheiden diesem Modell zufolge, welche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen, und (auflagen-)technisch bedingte Einschränkungen tragen ebenfalls zur Filterung der gesamten theoretisch zur Verfügung stehenden Nachrichtenmenge bei. Diese Gatekeeper-Funktion und die damit einhergehende Steuerung der öffentlichen Meinung konnten die etablierten Print-Medien wie spiegel online, bild.de, die welt, zeit online und focus online noch bis März 2014 für sich behaupten (vgl. Schröder, 2014), bevor sie von reinen Online-Plattformen ohne journalistischen <?page no="25"?> 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 26 Anspruch überholt wurden. Die Tragweite dieser Veränderung wird dann ersichtlich, wenn man die Anzahl aller Likes, Tweets und anderer Sympathiebekundungswährungen der Online-Welt in Beziehung zur Anzahl der derart Ausgezeichneten setzt: Die Online-Plattform heftig.de, die mit dem Slogan »Dinge, die wichtig sind. Erzähl sie weiter! « wirbt, gehörte erstmals im April 2014 zu den fünf Social-Media- Sammelseiten, die von ihren Lesern am häufigsten mit Likes, Shares oder Tweets ausgezeichnet wurden. Mit gerade mal 90 Artikeln erreichte heftig.de insgesamt 2,356 Mio. Likes, Shares und Tweets, während spiegel online und bild.de mit zusammen insgesamt 6.000 Artikeln auf 2,618 Mio. Likes, Shares und Tweets kamen (vgl. Schröder, 2014). Immer selbstbestimmter wird also der Medienkonsument, der nicht passiv die ihm vorgesetzten Texte seiner Prägung gemäß interpretiert, sondern sich auch aktiv um die Versorgung mit Themen kümmert, die ganz auf seinen Geschmack zugeschnitten sind (hier auch das Stichwort des RSS-Feeds, mit dem man sich Inhalte automatisch digital zustellen lassen kann). Durch diese Entwicklung verliert die Gatekeeper-Funktion des Journalisten an Bedeutung, und mit ihr auch der Einfluss, den er auf die potenzielle Leserschaft nehmen kann. Anstelle des »Schleusenwärters« verändert sich die journalistische Rolle im Zeitalter von Web 2.0 in eine des Gatewatchers. Dabei geht es nun nicht mehr vorrangig darum, Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern die Aufgabe des Journalisten ist es immer mehr, die User zu begleiten, ihnen zu helfen, aus der Fülle von Informationen das zu erhalten, was für sie Bedeutung, Relevanz hat (Bruns, Axel, 2003: Gatewatching not gatekeeping; Bruns, 2005: Gatewatching; Bruns, A./ Jacobs, J., 2006: Uses of blogs; Bruns, 2008: Blogs, Wikipedia, second life, and beyond). Fazit Die Aufgaben des Journalisten und des Content-Managers nähern sich immer weiter an. Die Vorauswahl und Filterung von Nachrichten und die damit einhergehende Meinungsbeeinflussung durch Journalisten verliert mit dem Wachstum von immer neuen Online-Angeboten wie etwa Social-Media-Plattformen (von denen es weltweit Hunderte gibt) zunehmend an Bedeutung. Ein Unterschied ist dennoch zu konstatieren: Journalismus versteht sich als Berichterstatter aktueller, für das Publikum nicht immer einsehbarer Vorgänge in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur. Ihm fallen also in dieser Kerndefinition grundsätzlich aufklärende Funktionen zu. Beim Content-Manager ist dieser Fokus so nicht zu erkennen; redaktionelle Tätigkeiten stellen bei ihm nur eines von mehreren Teilgebieten dar, auf dem aber nicht das Augenmerk liegt. Beim Content-Manager überwiegen (noch) deutlich technische und marketingrelevante Themenstellungen: »Durch die unterschiedlichen Anforderungen in jedem Unternehmen ist vor allem ein umfangreiches Grundwissen und praktische Erfahrung in allen Themen rund um <?page no="26"?> 2.2 Klassifikation der Plattformen nach Art und Reichweite 27 die Nutzung des Internets, der Erstellung von Websites, der Nutzung von Content Management Systemen, der Texterstellung u. ä. notwendig« (vgl. Bauer, 2014). Als erstes Zwischenfazit ist also zu konstatieren: Der große Unterschied zwischen beiden Berufen liegt wesentlich im Inhalt ihrer Berichterstattung. 2.2 Klassifikation der Plattformen nach Art und Reichweite Grundsätzlich sind Social-Media-Plattformen als sogenannte n: n-Medien zu verstehen, das bedeutet, dass »viele Sender mit vielen Empfängern kommunizieren können« (vgl. Hettler, 2010, S. 16). Im Gegensatz zur klassischen, geschlossenen 1: 1-Kommunikation- - ein Sender kommuniziert mit einem Empfänger, beispielsweise E-Mail- Verkehr zwischen zwei Personen (vgl. Hettler, 2010, S. 16)-- oder der 1: n-Kommunikation, bei der ein Sender seine Botschaft an viele Empfänger richtet-- beispielsweise Zeitung, Fernsehen, Rundfunk oder klassische Homepages ohne Kommentarfunktion (vgl. Hettler, 2010, S. 16)-- umfassen n: n-Medien alle Kommunikationsrichtungen: 1: n-Kommunikation und 1: 1-Kommunikation. Somit kann sowohl ein privater Austausch von Botschaften (beispielsweise als »Private Mitteilung« auf facebook) als auch die öffentliche Teilnahme an der Kommunikation stattfinden (z. B. in Diskussionsgruppen oder mithilfe der Kommentarfunktion in einem Blog). Uns interessieren in diesem Kapitel die n: n-Eigenschaften der Social Media als in alle Richtungen offene Kommunikationsplattformen, auf denen ein freier Austausch von Botschaften stattfinden kann. Welche Internet-Community wir als Social Media definieren können, lässt sich bestimmen, wenn wir die Zielsetzung von Social Media vor Augen haben: »Mit Hilfe von sozialen Medien kann man sich austauschen, etwa unter Privatpersonen oder unter Mitarbeitern. Man kommuniziert, man arbeitet und gestaltet zusammen, wobei Text, Bild und Ton verwendet werden« (vgl. Bendel, 2014). Ungeachtet des Inhalts qualifiziert sich also ein Netzwerk als Social Media, wenn es 1: 1- und n: 1-Kommunikation zwischen den Usern zur Verfügung stellt. Diese breit angelegte Definition ermöglicht es auch, Phänomene wie beispielsweise Diskussionen in Kommentar- und Rezensionsfeldern verschiedener Homepages oder Sharing-Plattformen in den Social-Media-Kontext einzubetten. Social-Media-Plattformen nach ihrem Inhalt zu kategorisieren, beinhaltet in sehr vielen Fällen auch eine Kategorisierung der Kommunikationsarten und -wege dieser Plattformen. Im Folgenden ein Überblick über zehn Kategorien, in die sich die aktuell existierenden Social-Media- Formen einordnen lassen können. Dieser Überblick baut auf der Klassifikation von Myers auf (vgl. Myers, 2012): <?page no="27"?> 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 28 • Social Networking: Plattformen, die den Usern erlauben, mit anderen Usern in Kontakt zu treten. Die Arten der Kommunikation umfassen sowohl privaten Nachrichtenaustausch ohne Zugriff durch Dritte als auch öffentliche Kommunikation, beispielsweise durch öffentlich einsehbare Botschaften (z. B. »Facebook Wall«). Zu den am zahlreichsten genutzten Social Networks gehören facebook mit monatlich 1,28 Milliarden Usern und google+ mit 540 Mio. monatlichen Usern (vgl. Harsh, 2014). • Micro-Blogging: Plattformen, die sich auf kurze (oft zeichenbegrenzte) Mitteilungen spezialisieren, die der User abonnieren kann und die ihm automatisch zugestellt werden. Der erfolgreichste Micro-Blogging-Dienst in der westlichen Welt ist twitter mit 255 Mio. monatlichen Usern (vgl. Harsh, 2014), in China ist es sina weibo mit 46,2 Mio. täglichen Usern (vgl. Mozur, 2013; MEU, 2013). • Personal Publishing: Online-Dienste, die dem User eine Benutzeroberfläche und ein Content-Management-System zur Verfügung stellen, damit er Texte veröffentlichen kann. Blogs beispielsweise sind typische Publishing-Plattformen. Die Social- Media-Komponente von Blogs ist in der aktivierten Kommentarfunktion zu finden, weil diese die Kommunikation in zwei Richtungen zulässt. wordpress, blogger und tumblr sind die drei bekanntesten Publishing-Plattformen. Zusammen kommen sie auf 80 Mio. monatliche User (vgl. Nielsen, 2012). • Kollaborations-Plattformen: Hier arbeiten die User gemeinsam online an Projekten. Registrierte User können den Inhalt und auch das Erscheinungsbild der Inhalte ändern. Die bekannteste Form der Kollaborations-Plattform sind Wikis. Die größte derartige Plattform ist wikipedia. • Rezensions- und Bewertungs-Plattformen: Diese Seiten geben den Usern die Möglichkeit, Waren, Dienstleistungen oder Homepages zu bewerten und zu rezensieren. Zu den Rezensions- und Bewertungs-Plattformen zählen auch Social-Reading-Seiten oder Plattformen zur Bewertung von lokalen Restaurants und Dienstleistungen. Zu den bekanntesten derartigen Plattformen gehören web of trust (für Homepage-Bewertungen), kununu.de (für Bewertungen von Arbeitgebern), yelp (für Bewertungen von Geschäften) und angie’s list (größte nordamerikanische Bewertungs-Plattform für Geschäfte). • Foto-Sharing: Mitglieder stellen hier Fotos oder Bilder online aus. Sowohl lizenzfreie, als auch Bilder mit verknüpften Verwendungsrechten sind dort zu finden. Zu den bekanntesten Foto-Sharing-Seiten gehören instagram mit 200 Mio. Usern, flickr mit 92 Mio. Usern (vgl. Etherington, 2014) und pinterest mit 70 Mio. Usern (vgl. Smith, 2014). • Video-Sharing: Analog zu Foto-Sharing-Plattformen stellen auch hier die Mitglieder verschiedene Videos ein. Die bekannteste Video-Sharing-Seite ist youtube mit einer Milliarde Benutzern (vgl. Smith, 2014, 2), gefolgt von vimeo mit 100 Mio. Usern (vgl. Anon, 2014). <?page no="28"?> 2.3 Multimedia, Crossmedia, Transmedia- 29 • Personal Broadcasting: Diese Plattformen bieten den Usern die Möglichkeit, eigene Audio- oder Videoformate im Netz auszustrahlen. Zu den am meisten genutzten Personal-Broadcasting-Plattformen gehören ustream (54,5 Mio. User, vgl. Anon, 2014, 2) und blog talk radio (4 Mio. User, vgl. Anon, 2014, 3). • Virtuelle Welten: Diese Plattformen bieten entweder freies sogenanntes »Sandbox«- (ohne Vorgaben oder Aufträge, die der Spieler in der Welt erfüllen muss) oder aufgabenbasiertes sogenanntes »Themepark«-Spiel an. Diese MMORPG (für »Massively Multiplayer Online Role Playing Games«) genannten Plattformen ermöglichen es dem User, mit einem selbst erschaffenen Spielcharakter (oftmals »Avatar« genannt) die virtuelle Welt zu entdecken. Zu den erfolgreichsten kommerziellen virtuellen Welten gehört world of warcraft (7,6 Mio. User, vgl. Anon, 2014, 4). • Social Bookmarking: Diese Dienste geben den Usern die Möglichkeit, online Links zu speichern und zu kommentieren. Die Benutzer können gemeinsam darauf zugreifen und sie ergänzen. Die Social-Bookmark-Plattformen mit den meisten Usern sind delicious, digg und stumbleupon (vgl. Anon, 2014, 5). 2.3 Multimedia, Crossmedia, Transmedia-- wie-Content-den-Alltag-durchdringt Crossmedia-- viele Kanäle erzählen dieselbe Geschichte »Eine crossmediale Berichterstattung bedeutet, dass die Inhalte über mehrere Plattformen verbreitet werden: die gedruckte Zeitung, das Internet und möglicherweise dritte Medien wie einen lokalen Radiosender, das Regionalfernsehen und weitere gedruckte Publikationen wie Anzeigenblätter (sofern diese zum Medienhaus gehören) oder nachträglich entstehende Bücher« (vgl. Giese, 2012, S. 74). Durch das breitgefächerte Angebot an unterschiedlichen Medien verteilt sich das Publikum dementsprechend-- fast ist man versucht, wie Manuel Thomä vom Institut für Praktische Journalismusforschung in Leipzig vom »Zerfall des Publikums« (vgl. Thomä, 2014) zu sprechen. Mittlerweile betreiben 25 Mio. kleine und mittelständische Unternehmen eine facebook-Seite. Eine Million davon schaltet aktiv Werbung auf facebook (vgl. Ha, 2013). Unternehmenskommunikation, sei es nun in Form von werberelevantem Content oder in Nachrichtenform, ist ohne Social Media nicht mehr vorstellbar. 30 Prozent aller US-Bürger nutzen facebook als Nachrichtenquelle (vgl. Holcomb et al., 2013). youtube und twitter belegen mit zehn und acht Prozent die Ränge zwei und drei (vgl. Holcomb et al., 2013). Welch nachhaltigen Einfluss Social Media auf die traditionelle Medienlandschaft (TV, Radio und Zeitung) haben, belegen folgende Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Pew Research Centers in den USA (vgl. Holcomb et al., 2013): Gerade <?page no="29"?> 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 30 mal 27 Prozent aller Befragten nennen als Nachrichtenquelle neben Social Media auch die Tageszeitung, dicht gefolgt vom Radio (26 Prozent), nationalen Fernsehsendern (Kabel, 24 Prozent). Sogar das regionale Fernsehen schneidet mit nur 46 Prozent ab-- trotz crossmedialer Angebote und Inhalte. Online-Redaktionsalltag-- die Jagd auf Klickzahlen Guter Inhalt bringt Leser-- aber die Definitionen von »gut« liegen im persönlichen Geschmack der Content-Macher begründet. Im Online-Journalismus mit seinem Fokus auf Klickzahlen (vgl. Janson, 2013, S. 109) ist seit Jahren eine sinkende Qualität der Beiträge festzustellen, die sich damit begründen lässt, dass die für den Content Verantwortlichen versuchen, »möglichst preiswert Werbeziele zu erreichen und ein festgesetztes Budget einzuspielen« (vgl. Janson, 2013, S. 109). Fehlende oder mangelhafte Kommunikation und konzertierte Aktionen, um den crossmedialen Auftritt etwa einer Zeitung wirksam zu gestalten, wirken sich ebenfalls nachteilig auf die Qualität des angebotenen Contents aus. Während es in den Print-Medien oder im Fernsehen und Rundfunk noch eine Rolle spielt, in welchem Kontext sich ein Artikel oder Beitrag befindet, hebelt das Rezeptionsverhalten der Leser in sozialen Medien und dem World Wide Web diese althergebrachte Strategie grundlegend aus: Die Suchfunktion in Netz, sei es nun bei google, facebook oder twitter, ersetzt das Blättern in der Zeitung und gibt dem Leser die Möglichkeit, gezielt nach Content zu suchen, ohne sich mit dem Kontext beschäftigen zu müssen. facebook spült Content in die Listen der User-Accounts; wer was warum nicht oder schon erhält, ist mehr als undurchsichtig. Transparenz ist nicht facebooks Stärke. facebook generiert selbst keine journalistischen Inhalte, befasst sich nicht mit diversen Varianten journalistischer Darstellungsformen. Und doch-- es ist für eine breite Bevölkerungsgruppe so, dass facebook »Journalistisches« vertreibt und damit vorantreibt. Und es ist auch so, dass facebook der Motor dessen ist, was »nach oben« rutscht. Dass Beiträge oben einige Tage fixiert werden können, erlaubt facebook immerhin den Administratoren einer Gruppe (www.praxistipps.chip.de; http: / / allfacebook.de/ features/ beitrag-oben-fest-pinnen). Die Admins jubeln, sind sie doch oft in den Fängen von facebook. Transmedia Storytelling-- viele Kanäle und eine Geschichte Transmedia Storytelling versteht sich als Prozess, der integrale Elemente einer Fiktion auf mehrere Medienkanäle verteilt, um dem Rezipienten ein einheitliches und koordiniertes Unterhaltungserlebnis zu vermitteln. Idealerweise leistet jedes involvierte Medium einen für die Story unabdingbaren Beitrag (Jenkins, 2007). <?page no="30"?> 2.3 Multimedia, Crossmedia, Transmedia- 31 Diese Art der Medienkombination bietet neue Möglichkeiten, Content interessant zu gestalten. Zugleich kann Transmedia Storytelling die Zugriffszahlen auf Homepages oder Blogs erhöhen, wenn das Publikum bereit ist, über verschiedene Medien hinweg die erzählte Geschichte zu verfolgen. Ein weiteres wichtiges Kriterium für transmediales Erzählen ist das Vorhandensein sogenannter »Rabbit Holes« (vgl. Coelle et al., 2011; wörtlich »Kaninchenlöcher« oder »Kaninchenbau«). Diese Anspielung auf die Geschichte von Alice im Wunderland bezeichnet den Umstand, dass transmediale Geschichten unterschiedliche Zugangswege für den Rezipienten aufweisen, um in die Erzählwelt zu gelangen. Der traditionell verfügbare Angang zur Geschichte über einen einzigen Weg (beispielsweise Fernsehen) oder über voneinander getrennte Wege (beispielsweise Film und Buch) wird im transmedialen Storytelling zugunsten eines mehrkanaligen, frei wählbaren Zugangs transzendiert. Transmedia Storytelling kann auch ohne Zutun professioneller Content-Ersteller stattfinden. Als Beispiele hierfür lassen sich etwa Fan-Fiction-Homepages nennen, auf denen Fans bestehende Geschichten aus Comics, Büchern, Filmen und Spielen online in Form schriftlicher Erzählungen weiter ausbauen. Die zweifellos größte Fan-Fiction- Seite ist fanfiction.com mit zwei Mio. Mitgliedern und geschätzten acht Mio. Seiten Geschichten (vgl. Kowalczyk, 2014). Ein bekanntes Beispiel professionellen Transmedia Storytellings ist die Serie »Lost«, die die Geschichte um die Passagiere eines auf einer geheimnisvollen Insel gestrandeten Flugzeugs auf unterschiedliche Medien verteilt erzählte. Deutlich erkennbar ist die transmediale Struktur der Serie beispielsweise an den unterschiedlichen »Rabbit Holes«: Die Rezipienten konnten sich mithilfe von Fernseh-Episoden, Webisoden, Blogs, Landkarten und einem Videospiel in die Erzählwelt begeben. QR-Codes: Ein Mittel für die einfache Einbindung von transmedialen Erzählkonzepten sind sogenannte »Quick Response«(QR)-Codes. Diese Codes sind zweidimensionale, quadratisch angeordnete schwarze und weiße Punkte, die Daten verschlüsselt binär darstellen. Spezielle Softwarelösungen, beispielsweise Handy-Apps, verschlüsseln und dechiffrieren Texte als QR-Codes. Für transmediales Storytelling wird oft ein Link als QR-Code verschlüsselt und an prominenter Stelle aufgebracht, beispielsweise auf Plakaten oder in Zeitungsanzeigen. Richtet der Leser eine Handykamera darauf und hat geeignete Software aktiviert, leitet ihn der Internetbrowser des Handys auf Wunsch auf die verlinkte Homepage. Dort wird ein weiterer Teil der Geschichte erzählt oder ergänzende Informationen gegeben. Wir könnten QR-Codes als Link von der Realwelt in den Cyberspace bezeichnen. Während jedoch Marktforschungsunternehmen noch 2011 QR-Codes innerhalb von höchstens fünf Jahren im Mainstream angekommen sahen 1 , können heute 55,5 Prozent mit dem Begriff nichts anfangen; weitere 14,1 Prozent haben den Begriff QR- 1 http: / / www.computerwoche.de/ a/ gartner-hype-cycle-die-mutter-aller-prognosen,2492728 <?page no="31"?> 2 Publizistische Ziele von Journalisten und-Content-Managern 32 Code zwar schon mal gehört, wissen aber nicht, was er bedeutet. 2 In Deutschland haben 14 Prozent der Handynutzer bisher mindestens einen QR-Code gescannt (vgl. Pitney-Bowes, 2012, S. 3). Trotz dieser relativ geringen Nutzerzahlen lässt sich der Code einfach für transmediales Storytelling einsetzen und gewährt dem Verfasser die Kontrolle über die Vernetzung der eingesetzten Medien. Zum Einsatz kommen QR-Codes beispielsweise in diversen deutschen und internationalen Städten. Dabei werden die Codes bei Sehenswürdigkeiten oder historischen Stätten angebracht und leiten Interessierte auf dem Smartphone an Webseiten mit zusätzlichen Informationen in Text-, Bild- und Videoformat weiter. Ein Beispiel für derartige virtuelle Inhalteergänzung ist die sogenannte »O-Tour« (vgl. Enge, 2012) in Berlin. An zehn verschiedenen Orten auf der Oranienstraße haben die Betreiber des Internetportals zoom berlin QR-Codes angebracht, die nach dem Einscannen »interessante Fakten und spannende Geschichten von dem Ort« 3 anzeigen. Auch namhafte Reiseführer integrieren QR-Codes in das gedruckte Buch, beispielsweise ADAC und Baedeker. Auch hier dienen die Codes zur Weiterleitung des Lesers auf zusätzliche Informationen online. Welche Informationen das sind, wird nicht durch den QR-Code bestimmt: Er dient lediglich als Verlinkung vom Druckprodukt zum Internet. Die Inhalte selbst sind annähernd beliebig flexibel gestaltbar. Im Reiseführer »Zürich-- Welcome Home« finden sich beispielsweise »die Ausstellungsagenda eines Museums […], ein Währungskursrechner, das Video eines Helikopterflugs über die Stadt, aber auch der Live-Mitschnitt von Bachs E-Dur-Präludium auf der Orgel des Grossmünster, ein kleines Verzeichnis von ›Züritüütsch‹-Mundart-Begriffen oder direkte Links zu Webcams an unterschiedlichen Standorten. Unter den ›Notizen zu Namen‹, bei denen der Dr. med. Maximilian Bircher-Benner nicht fehlen darf, liefert der QR-Code sogar ein Rezept für hausgemachtes Birchermüsli«. 4 Immer häufiger finden sich beispielsweise auch in Kochbüchern QR-Codes, die beim Scannen die gesamte Einkaufsliste eines Rezeptes auf das Smartphone holen. Auch in manchen Kinderbüchern leiten abgedruckte QR-Codes auf Homepages weiter, die die erzählten Geschichten durch Videos oder Tonspuren ergänzen. Durch den Einsatz der QR-Codes verteilen diese Bücher Story-Bestandteile auf mehrere Medien und werden so zu transmedialen Produkten. 2 http: / / www.eresult.de/ downloads/ downloads/ Studienband_Wordingstudie2012_kurzversion. pdf#page=-15 3 http: / / zoom-berlin.com/ morgen/ die-o-tour/ static,morgen,qrtour,start_de.htm 4 http: / / www.abendblatt.de/ reise/ staedtereisen/ article123651213/ Mit-schrillen-Bildern-durch-dashippe-Zuerich.html <?page no="32"?> 2.3 Multimedia, Crossmedia, Transmedia- 33 Literatur &-Links Anon (2014): DMR Directory of Social Networks, Apps and Digital Services. Vimeo. http: / / expandedramblings.com/ index.php/ business-directory/ 19976/ vimeo/ . Anon(2014,2): Ustreamnetwork.https: / / www.quantcast.com/ p-22sNmkTMKNC-A ? country=GLOBAL. Anon (2014, 3): blogtalkradio.com. https: / / www.quantcast.com/ blogtalkradio. com? country=GLOBAL. 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Was sind Ihrer Meinung nach die Vor- und Nachteile von Crossmedia und Transmedia? 3. Welche Vor- und Nachteile haben 1: n- und n: n-Kommunikation? <?page no="36"?> 37 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content aus Sicht der verschiedenen Akteure und Zielgruppen Gabriele Goderbauer-Marchner, Sarah Kovacs und Norbert Matausch 3.1 Typologie und Motivation von Social-Media-Nutzern Eine BITKOM-Studie aus dem Jahr 2013 beleuchtet die Nutzung sozialer Netzwerke im Internet und macht deutlich: Mehr als drei Viertel (78 %) aller Internetnutzer in Deutschland besitzen bei mindestens einer Social-Media-Plattform einen Account. Nicht von allen Angemeldeten werden die Angebote auf facebook und Co. auch genutzt, aktiv tätig sind von den Usern dennoch zwei Drittel (67 %), der Rest kann als »stille Accounts« bezeichnet werden. An der Spitze der meistgenutzten Plattformen behauptet sich nach wie vor facebook: Von 56 Prozent aller Internetnutzer wird es verwendet, der Durchdringungsgrad bei den 14bis 29-Jährigen liegt sogar bei 83 Prozent (vgl. BITKOM, 2013, S. 13). Die VivaKi-Social-Minds-Erhebung (vgl. Abb. 3.A) befasst sich mit Personen, die täglich auf facebook aktiv sind, und zeigt: User, die diese Plattform jeden Tag besuchen, nutzen kaum andere soziale Netzwerke im selben Ausmaß, denn gegenüber anderen Social-Media-Plattformen kann facebook einen Vorsprung von mindestens 92 Prozent verzeichnen. So sind die nächsten konkurrierenden Plattformen twitter Abb. 3: Social-Media-Nutzungsgewohnheiten von »Heavy Usern« auf FACEBOOK <?page no="37"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 38 und google+, die mit einer Nutzungsintensität von acht bzw. sieben Prozent (vgl. Vivaki, 2014, S. 10) weit hinter der von facebook liegen. Genutzt werden die sozialen Netzwerke hauptsächlich privat, xing und linkedin erfahren jedoch auch-- und vor allem-- im beruflichen Kontext Bedeutung (vgl. BIT- KOM, 2013, S. 22). Bezüglich der Nutzung von Social-Media-Angeboten stellt sich folgende Frage: Wieso verbringen so viele Menschen einen großen Teil ihrer Freizeit im Social Web? Wieso ist es verlockend, einem sozialen Netzwerk anzugehören? Wie es der Name verrät, ist es wenig verwunderlich, dass soziale Aspekte eine wesentliche Motivation darstellen. In erster Linie werden die sozialen Medien genutzt, um Teil einer Gemeinschaft zu werden oder zu bleiben. Beispielsweise indem man mit den Freunden und der Familie den Kontakt hält und sich austauscht (vgl. ebd., S. 26), vor allem wenn das vertraute soziale Umfeld teilweise auf dem gesamten Erdball verstreut lebt. Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und der damit einhergehenden örtlichen Mobilität werden die sozialen Medien für das Aufrechterhalten von sozialen Kontakten also immer wichtiger. Die sozialen Netzwerke werden zwar auch dazu genutzt, sich über das aktuelle Geschehen, Marken und Prominente zu informieren. Doch wie die BITKOM-Studie zeigt (vgl. Abb. 3.B), stellt die Triebfeder für das Agieren im sozialen Netz tatsächlich der Kontakt mit anderen Nutzern dar sowie das Aufrechterhalten und Ausbauen sozialer Strukturen, vorrangig im privaten Bereich. Abb. 4: Motivation für die Nutzung von sozialen Medien <?page no="38"?> 3.1 Typologie und Motivation von Social-Media-Nutzern 39 Neben den genannten und den in Abbildung 3.B aufgelisteten Beweggründen gibt es noch eine Reihe weiterer, sich in sozialen Netzwerken zu bewegen: Sie bieten die Möglichkeit, nach Produktinformationen und Erfahrungsberichten anderer Nutzer zu recherchieren, die als Grundlage bei Kaufentscheidungen dienen sollen-- insbesondere da von Privatpersonen geteilte Informationen unabhängiger und glaubwürdiger erscheinen als Herstellerinformationen auf den markeneigenen Websites. Mit den sozialen Aspekten der Social-Media-Nutzung geht der Wunsch einher, durch Beiträge auf den Plattformen Anerkennung und Beachtung zu erlangen. Beispielsweise durch politisches Engagement und die Teilhabe an sozialen Bewegungen, was gleichzeitig das Gefühl hervorruft, sich in der Gesellschaft einbringen und etwas bewirken zu können. Ein weiteres Bedürfnis, das die sozialen Medien erfüllen können, ist das Ausleben von Kreativität und der Wunsch, neue Inhalte zu schaffen, beispielsweise in Form von Wikis und Blogbeiträgen (vgl. Ebersbach et al., 2011, S. 204, zitiert nach Abhishek, 2006, sowie Kollock, 1999). Die Frage, was uns dazu verleitet, unsere Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen, kann-- kritisch betrachtet-- auch so lauten: »Was treibt Menschen an, sich selbst im Internet darzustellen und ihr Privat- und Innenleben zu offenbaren? « (Mönkeberg, 2013, o. S.). Eine so formulierte Frage zielt nicht auf Antworten wie »sich mit Freunden austauschen« oder »Angebote für Produkte oder Dienstleistungen finden« ab. Hier stehen vielmehr die psychologisch tiefer liegenden Beweggründe im Fokus der Betrachtung. Selbst die berufliche Kontaktpflege mag zwar ein Motivator sein, täuscht jedoch über die eigentliche Funktion der sozialen Netzwerke hinweg. Sie sind mehr als ein Kommunikationstool- - sie befriedigen als »Spiegel und Bühne« (ebd.) zwei grundlegende Bedürfnisse: Das Bedürfnis nach Selbstdarstellung und das nach Be- und Verarbeitung von Unsicherheiten bezüglich der eigenen Identität. Ähnlich wie bei der Beichte oder der Psychoanalyse, wo es darum geht, sich selbst zum Thema zu machen, bieten auch die sozialen Netzwerke die Möglichkeit, vor einem Publikum die eigene Lebensgeschichte zu erzählen. Wer »Selfies« (inszenierte Selbstportraits) ins Netz stellt, Links zu Themen teilt, die ihn interessieren, und zeigt, bei welchen Veranstaltungen er teilnimmt, gewährt einen Einblick in seine Identität. Sobald Follower oder Freunde ein Feedback dazu geben, kann der eigene Identitätsentwurf auf dessen Gesellschaftstauglichkeit getestet und abgeglichen werden: In der Darstellung und Diskussion des eigenen Ichs im sozialen Netz und »in der wechselseitigen Offenbarung findet sich (…) die Möglichkeit, sich seiner selbst zu versichern und Maßstäbe von ›richtig‹ und ›falsch‹ und dessen, was als wünschenswert gilt, aushandeln zu können« (ebd.). Abb. 3.C zeigt als Beispiel einen Ausschnitt von facebook-Seiten, die von einem User mit »gefällt mir« markiert wurden. Die Auswahl lässt vermuten, dass der User bei seiner Außendarstellung auf einen ökologisch verantwortungsbewussten Auftritt Wert legt. Neben der Chance, die eigene Identität im Social Web zu offenbaren, kann sie auch neu kreiert werden. Im virtuellen Raum ist es nämlich einfacher als in der Face-to- <?page no="39"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 40 Face-Kommunikation zu kontrollieren, welche Informationen über die eigene Person preisgegeben werden sollen. Die virtuellen Identitäten stimmen folglich nicht immer mit dem realen Selbst überein (vgl. Ebersbach et al., 2011, S. 200). Eine neue Identität zu schaffen und sich auf diese Weise neu zu erfinden, kann somit ebenso zur Nutzung von sozialen Medien motivieren. Wenn die genannten Motivationen zusammengefasst und kategorisiert werden, zeigt sich, dass die sozialen Medien mit ihren Möglichkeiten verschiedene Ebenen der Maslowschen Bedürfnispyramide (vgl. Maslow, 1943, S. 394) abdecken können. Ausgenommen sind lediglich die physiologischen Bedürfnisse (z. B. Nahrung)-- wären die sozialen Medien kein virtueller Raum, würden sie vermutlich diese Ebene auch bedienen können: • Sicherheitsbedürfnis: Behandeln von Unsicherheiten bezüglich der eigenen Identität durch das Feedback von Followern und Freunden auf Blogeinträge, geteilte Links etc. • soziale Bedürfnisse: Pflegen von Freundschaften, Zusammenschließen zu virtuellen Gruppen, die sich zum Teil auch im physischen Raum treffen • Individualbedürfnisse: Erlangen von Ansehen durch bestimmte Aktivitäten oder Beiträge, etwa durch ein Statement zu aktuellen Krisengeschehen • Selbstverwirklichung: Ausleben von Kreativität durch den Blog als frei gestaltbaren Raum Abb. 5: Ausschnitt von mit »gefällt mir« markierten FACEBOOK -Seiten eines Nutzers <?page no="40"?> 3.2 Bedeutung der sozialen Medien und Auswirkung auf-den-Journalismus 41 3.2 Bedeutung der sozialen Medien und Auswirkung auf-den-Journalismus Die Erfindung des Buchdrucks und die damit einhergehende Möglichkeit, Schriftstücke in einer hohen Auflage zu produzieren und zu veröffentlichen, beeinflusste bzw. ermöglichte erst das Pressewesen. Ähnlich revolutionär wirken sich nun die digital vernetzten sozialen Medien auf den heutigen Journalismus aus. Das Stichwort lautet Partizipation: Die Tatsache, dass jeder Internetnutzer Content nicht nur empfangen, sondern auch selbst erstellen und senden kann, weckt im User den Wunsch nach Mitgestaltungsmöglichkeiten-- beispielsweise als Bürgerjournalist oder Produktrezensent. Doch bereits 2009 äußerte sich FAZ Mitherausgeber Werner D’Inka der digitalen Revolution und dem Bürgerjournalismus gegenüber kritisch: »Stellen wir uns vor, nach der sogenannten digitalen Revolution gebe es keinen Journalismus mehr. Stattdessen redet jeder mit jedem über alles, und weil das alles angeblich so authentisch ist, kann auch jeder jede Form der Kompetenz für sich und seine Liebhabereien beanspruchen. (…) Mir kommt das so vor, als würden wir uns, statt zum Friseur zu gehen, alle gegenseitig die Haare schneiden. Das kann ja ganz sympathisch sein- - aber würden wir uns auch von einem Bürgerchirurgen den Blinddarm entfernen lassen? « (D’Inka, 2009, S. 22). Der klassische Journalismus wird durch die Partizipationsmöglichkeiten der sozialen Medien zwar nicht ersetzt, die Umbrüche in den letzten Jahren stellen die Struktur des Journalismus dennoch vor Herausforderungen. Die zahlenmäßige Asymmetrie zwischen Sendern und Empfängern wird aufgehoben, da die ursprünglichen Empfänger nun immer vielfältigere Chancen erhalten, ihre eigene Öffentlichkeit zu schaffen und ihre eigenen Themen zu diskutieren. Die sozialen Medien und die damit einhergehende Partizipation der Leser sind jedoch nicht als Konkurrenz zum klassischen Journalismus zu sehen, sondern vielmehr als Ergänzung: »Professionell, redaktionell organisierter Journalismus sieht sich im Zeitalter der digitalen Moderne vielerorts mit einer Gefährdung seiner existentiellen Grundlage, seiner Prinzipien und Werte konfrontiert. Es bieten sich aber auch beträchtliche Chancen. Digitale Medien werden anders konsumiert als gedruckte Medien, sie fördern Partizipation und damit die Emulsion vormals strickt getrennter Welten: Mediennutzer und Medienprofis gestalten mit jeweils unterschiedlichen Hintergründen, Zielen und Praktiken die medialen Öffentlichkeiten unserer Zeit« (Kramp/ Novy, 2013, S. 237). <?page no="41"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 42 Die Chance zur Partizipation mithilfe der sozialen Medien zeigt verschiedene Auswirkungen auf die Aufgaben des Journalisten. In der Alltagspraxis machen sich diese Neuerungen beispielsweise dadurch bemerkbar, dass der von »unprofessionellen« Journalisten veröffentlichte Content von den Redaktionen beobachtet und auf deren Relevanz hin gefiltert oder Leserkommentare zu redaktionellen Beiträgen moderiert werden müssen. Der Journalist wird vom Gatekeeper zum Gatewatcher. Anstatt nur die eigenen Tore zu bewachen, werden auch die Ausgangstore von externen Quellen wie etwa Blogs, Wikis, Foren und anderen Communities beobachtet, um die Informationen als Rohmaterial für die eigenen redaktionellen Beiträge zu nutzen. Somit haben sich die Quellen, die Journalisten für ihre Recherche nutzen, durch die sozialen Medien etwas gewandelt. Selbst wenn Branchenexperten und Nachrichtenagenturen nach wie vor die beliebtesten Informationsquellen darstellen, wird immer häufiger ebenso in bekannten Blogs und Microblogs (twitter) zu Themen recherchiert. Auch die Journalisten selbst werden in den sozialen Medien aktiver-- so besitzen laut einer weltweiten Studie (vgl. Global Digital Journalism Study, 2013, S. 2) über 50 Prozent einen twitter-Account, und ein Drittel betreibt einen eigenen Blog als Ergänzung zur traditionellen Berichterstattung (vgl. Schmidt, 2012, o. S., sowie Kramp/ Novy, 2013, S. 236 ff.). Die sozialen Medien bieten mehr Publikumsnähe, und es gilt, sich gegenüber den Lesern zu öffnen, die früher Content nur passiv rezipierten und jetzt selbst aktiv Content produzieren. Denn mehr Publikumsnähe wird nicht nur ermöglicht, sondern auch gefordert. Belohnt wird die Ausrichtung auf das Publikum durch Retweets auf twitter oder Likes und Shares auf facebook, die die Reichweite der journalistischen Beiträge erhöhen. Außerdem wird die Meinung der Leser schneller und direkter erkennbar, z. B. durch persönliche Kommentare zu den redaktionellen Beiträgen oder durch Blogs von Laien-Journalisten. Auch wenn nicht jeder Nutzer den Anspruch hat, selbst Content zu veröffentlichen, tragen die sozialen Medien zur Vielfalt der gesellschaftlich verfügbaren Informationen bei. Insbesondere durch Nischenthemen und Gegenöffentlichkeiten entstehen so neue publizistische Angebote (vgl. Schmidt, 2012, o. S.). Oftmals werden die Social Media als Gegenspieler zum klassischen Journalismus angesehen, doch gilt es, wie bereits oben in einigen Beispielen aufgezeigt, auch die neuen Möglichkeiten zu sehen, die dem Journalismus bei der Erfüllung der ursprünglichen Aufgaben behilflich sind (vgl. Simons, 2011, S. 153): • direktere Interaktion mit den Usern, • neue Möglichkeiten zur Produktion und Distribution von Content, • Chancen, die Attraktivität des medialen Angebots zu steigern, z. B. durch Partizipationsmöglichkeiten für den User, • effizientere und produktivere journalistische Arbeit, etwa durch neue Recherchemöglichkeiten. <?page no="42"?> 3.2 Bedeutung der sozialen Medien und Auswirkung auf-den-Journalismus 43 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sozialen Medien enorme Auswirkungen auf den Journalismus und den Journalisten haben-- um nicht im Mediendschungel unterzugehen, ist es wichtig, die Chancen zu nutzen, die sich durch die Herausforderungen bieten. Deshalb sind strukturelle Änderungen in den g der sozialen Medien ist die Wiederherstellung sozialer Strukturen. Die Gesellschaft in den Industriestaaten ist durch die Tendenz zur Isolation stark fragmentiert, wie an der hohen Zahl an losen Freundschaften, sich schnell auflösenden familiären Bindungen, Patchwork-Familien und Alleinerziehenden gesehen werden kann. Die klassischen Medien sind dabei Ausdruck dieser isolierten Individuen: »Leser, Hörer und Zuschauer konnten ihre Blicke allein auf die Inhalte richten, also auf das, was Zeitungspapier, die Mattscheibe oder der Lautsprecher hergaben. Und während Medien 1.0 ihre Nutzer im Wesentlichen mit den Meinungen und Emotionen, die diese Inhalte bei ihnen auslösten, allein gelassen haben, rüsten Medien 2.0 ihre Nutzer mit starken Feedback- und Interaktionsmöglichkeiten aus« (Simons, 2011, S. 140). Die sozialen Medien bieten Fluchtpunkte und haben Integrationskräfte, um zerstörte soziale Strukturen wiederherzustellen, zu stärkeren und neue Beziehungen aufzubauen. Da die Kommunikation indirekt erfolgt, werden Kommunikationsbarrieren und -hemmungen aufgelöst (vgl. Ebersbach et al., 2011, S. 223). So organisieren Studenten im sozialen Netz gemeinsame Feste, ohne sich je zuvor gesehen zu haben, und Anhänger der mittelalterlichen Lebensart finden bundesweit Gleichgesinnte, auch wenn lokal keine Ansprechpartner anzutreffen sind. Die sozialen Netzwerke tragen dazu bei, dass sich unabhängig von Ort, Zeit, Kultur und sozialem Status eigene Kulturen entwickeln, denn in der Social- Media-Kommunikation ist die eigene Biografie weniger wichtig als im »realen Leben«. Bedeutender sind die Fähigkeit zur Kommunikation und die Qualität der Beiträge (vgl. ebd., S. 225 f.). Auch bieten die sozialen Medien den Nutzern »die Möglichkeit, sich überhaupt einmal mit ihren Leistungen, Fähigkeiten und Interessen öffentlich darzustellen. Es entstehen Freiräume, Enklaven für verdrängte Interessen und ignorierte Potenziale von Individuen. Dabei lässt sich genau das Bild zeichnen, das man gerne von sich hätte« (Ebersbach et al., 2011, S. 224). Anknüpfend an die in Kapitel 3.1 aufgegriffene Triebfeder zur Nutzung sozialer Medien, bieten sie eine Plattform zur Selbstinszenierung, auf der die User sich selbst, ihre Interessen, ihre Stärken und ihre Arbeit in den Fokus rücken können. Je mehr Nutzer ihren eigenen Content verbreiten, desto stärker ist jedoch auch der Kampf um Bedeutung und Anerkennung. Viele Social-Media- Angebote machen sich deshalb die bürgerlichen Werte und Leistungsvorstellungen zunutze: »Je ungleicher die Aufstiegschancen in einer Gesellschaft verteilt sind, desto attraktiver werden diese als gerecht und klar empfundenen Werte« (ebd., S. 225). So existieren beispielsweise auch in Foren bestimmte Rollenmuster, wie die des Administrators, der durch Wahl bestimmt wird und dem aufgrund seines Amtes neue Aufgaben und Handlungsspielräume übergeben werden. Das Prinzip ähnelt dem einer Wahl des Sprechers einer real existierenden Interessensgruppe. <?page no="43"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 44 Die sozialen Medien geben jedem Einzelnen die Möglichkeit, den Wunsch nach Selbstpräsentation und Anerkennung zu befriedigen. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist dieselbe, die dem Henne-Ei-Problem zugrunde liegt: Was war zuerst da? Sind die sozialen Medien Schuld an dem Bedürfnis nach Profilierung oder sind sie lediglich eine Antwort auf bereits bestehende Wünsche? facebook bietet diesbezüglich ein gutes Beispiel: Bei jedem Besuch der Plattform werden dem Nutzer neue Statusmeldungen, Profilbilder, besuchte Veranstaltungen etc. präsentiert. Es scheint, als könnten alle facebook-Kontakte am laufenden Band soziale Errungenschaften aufweisen: der Aufstieg im Job, ein abgeschlossenes Studium, eine neue Beziehung, das erste Kind. Um im sozialen Ranking zu bestehen und dem Vergleich mit anderen standhalten zu können, setzt schnell das Gefühl ein, selbst auch an diesem inoffiziellen Wettbewerb teilnehmen zu müssen-- vermeintlich wird man in der virtuellen Gesellschaft nur noch so überhaupt wahrgenommen. Einerseits schüren die sozialen Medien also die Tendenz zur Selbstinszenierung, andererseits wurde das eigene Profil aber auch bereits vor dem Zeitalter des Web 2.0 öffentlich präsentiert. Die Bühnen waren und sind immer noch: das Klassenzimmer für den Klassenclown und Streber, der Konzertsaal für den Musiker und Opernkenner, die Fußgängerzone für den Straßenkünstler und die Fashion-Diva, das Büro für den immer netten Mitarbeiter und den dominanten Abteilungsleiter. Die sozialen Netzwerke ermöglichen es nun, sich vor einem größeren Publikum zu inszenieren, denn die beschriebenen Inszenierungstypen finden ihre Plattform auch im Internet. Der Klassenclown postet seine humorvollen Statements und Bilder auf www.9gag.com, der Streber verewigt sein Wissen in einem Artikel auf www.wikepedia.de, der Musiker und Straßenkünstler veröffentlicht seine Songs in einem eigenen Channel auf www.youtube.com, und die Fashion-Diva bloggt über die neusten Modetrends auf ihrem persönlichen Account auf www.wordpress.com. Es zeigt sich, dass die sozialen Medien einerseits eine Plattform für den Drang nach Selbstinszenierung zur Verfügung stellen sowie andererseits den Wunsch schüren und verstärken, sich selbst in gutem Lichte darzustellen. Eine weitere Bedeutung des sozialen Webs für die Gesellschaft und das Individuum, die nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist das Entertainment durch laufende Neuigkeiten und durch das Gefühl, wie bei einem Schlüsselloch in die privaten Räume der anderen Nutzer sehen zu können: »Die Seiten ändern sich, man erhält ständig persönliche Nachrichten, man kann anderen Menschen bei der Kommunikation oder bei ihren Aktivitäten zusehen. Es ist der User Generated Content, der die jeweiligen Seiten attraktiv macht« (Ebersbach et al., 2011, S. 228). Ein eindrückliches Beispiel für die Bedeutung der sozialen Medien für die Gesellschaft stellt der Arabische Frühling dar. Das wichtigste Medium zur Mobilisierung der Bevölkerung war facebook; twitter und youtube wurden genutzt, um weltweit über Massenproteste zu informieren. Auch wenn die Revolutionen nicht im virtuellen Raum, sondern auf der Straße stattfanden, hatte die Vernetzung von Fernsehen, <?page no="44"?> 3.3 Risiken der sozialen Medien 45 Mobiltelefonen und Internet eine entscheidende Rolle für die Umbrüche in der arabischen Welt (vgl. El Difraoui, 2011, o. S.). Dies zeigt, dass sich die Beteiligten im Internet auf vielfältige Weise »als schöpferisch handelnden und teilhabenden Menschen erfahren« (Ebersbach et al., 2011, S. 229) können, sei es durch Blogbeiträge über die neusten Handtaschentrends oder den Aufruf zu politischen Revolutionen. 3.3 Risiken der sozialen Medien und die Wichtigkeit von-Medienkompetenz »Auf der Suche nach Realität findet der User im Medienzeitalter zunehmend-Fiktion« (Swoboda, 2010, S. 24). Diese Aussage trifft am offensichtlichsten auf die im Fernsehen gezeigten Reality Shows zu, die Authentizität und Echtheit vorgeben, doch zu einem großen Teil einem festen Drehbuch folgen. Ein fließender Übergang von realer Wirklichkeit zu medialer Fiktion findet auch in den sozialen Medien statt. Die sozialen Medien erlauben es den Usern, sich selbst darzustellen, und bieten somit die Möglichkeit, neue Identitäten zu erschaffen. Dessen sollten sich die Nutzer bewusst sein, da in den sozialen Netzwerken nicht nur bestehende Freundschaften gepflegt, sondern auch neue Bekanntschaften geknüpft werden können, die möglicherweise auf einem verzerrten Bild der Realität aufbauen. Es gibt verschiedene Gründe, wieso Identitäten im Internet kreiert werden. Zum einen, um sich bewusst »neu zu erfinden« und zu prüfen, wie der Selbstentwurf von der Umwelt wahrgenommen wird. Zum anderen kann Fiktion auch unbewusst geschehen, wenn der User ein Bild von sich preisgibt, das nicht mit dem übereinstimmt, das seine Mitmenschen von ihm haben. Eher unbeachtet, jedoch ebenso wichtig ist der Zusammenhang zwischen sozialen Netzwerken und Kriminalität: Fiktive Accounts können genutzt werden, um beispielsweise mit Ortungsfunktionen Einbrüche zu planen, da diese Anwendungen einen Rückschluss darauf ziehen lassen, wo sich eine Person gerade aufhält. Wichtig ist es deshalb, Freundschaftsanfragen von dubiosen Accounts nicht anzunehmen und darüber hinaus bedacht mit der eigenen Privatsphäre umzugehen. Dies reicht von den Account-Einstellungen (z. B. »Wer darf was sehen? «) bis hin zu der Frage, welche persönlichen Inhalte online veröffentlicht werden. Ein bewusster Umgang mit der eigenen Privatsphäre beinhaltet auch, dass beispielsweise der (potenzielle) Arbeitgeber keinen unerwünschten Zugang zu privaten Informationen über den Mitarbeiter/ Bewerber erhält. Wichtig ist nämlich, die private und berufliche Nutzung der sozialen Medien zu trennen. So hat sich facebook überwiegend in der privaten und linkedin sowie xing in der beruflichen Netzwerkpflege etabliert. Ein kompetenter Umgang mit den von den Plattformbetreibern teils un- <?page no="45"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 46 durchsichtig gestalteten Privatsphäre-Einstellungen ist dabei unumgänglich und der beste Schutz davor, private Informationen unbedacht im Internet preiszugeben. Es empfiehlt sich, von Zeit zu Zeit nach seinem Namen zu googeln, denn die Überraschung kann groß sein: Es existieren spezielle Personensuchmaschinen (z. B. yasni), die privat geglaubte Informationen aus den sozialen Netzwerken auswerten und veröffentlichen. Dies macht einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, die eigene Privatsphäre zu schützen. Ein weiterer Aspekt, der im Zusammenhang mit der Medienkompetenz genannt werden sollte, ist die Gratwanderung zwischen Inklusion und Exklusion. Eine regelmäßige Nutzung von facebook und Co. kann rasch von einer Gewohnheit zu einer Sucht werden, die eine Menge an Zeit in Anspruch nimmt. Durch die vielen sozialen Online-Kontakte und das Gefühl, über jeden der Freunde Bescheid wissen zu können, kommt es auf der einen Seite zu einer vermeintlichen Inklusion, man fühlt sich in einen sozialen Kreis eingebunden. Auf der anderen Seite kann sich jedoch diese Inklusion als Exklusion entpuppen- - an die Stelle des zwischenmenschlichen Austauschs tritt ein rein zwischenmedialer Austausch, und dies kann zur Folge haben, dass reale soziale Kontakte zunehmend durch virtuelle Kontakte ersetzt werden. Die genannten Szenarien machen deutlich, dass es wichtig ist, den Risiken, die die sozialen Medien beinhalten, entsprechend zu begegnen. Der Begriff Medienkompetenz wird vorrangig im Zusammenhang mit der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen erwähnt. Doch auch für die Generationen derer, die nicht mehr an der Schule an das Thema herangeführt werden und die vor allem keine Digital Natives sind, ist ein kompetenter, gesunder und verantwortungsbewusster Umgang mit den sozialen Medien unabdinglich. Ein Blogger spricht in diesem Zusammenhang auch von Social-Media-Auszeiten und regt mit einer Reihe von Fragen an, die sich auf die Intensität der Online Media beziehen (vgl. Müller, 2013, o. S.): • Wie viel Zeit verbringe ich in den sozialen Netzwerken? • Was tue ich dort primär? • Wofür nutze ich die sozialen Netzwerke? • Was geben mir die sozialen Netzwerke? • Reagiere ich sofort auf jede Benachrichtigung? • Gibt es Zeiten, in denen ich mich nicht stören lasse? • Wann habe ich das letzte Mal echte Ruhe erlebt? • Fühle ich mich durch die Informationsflut manchmal gestresst? • Habe ich das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn ich nicht online bin? • Welchen Stellenwert räume ich sozialen Netzwerken in meinem Leben ein? <?page no="46"?> 3.3 Risiken der sozialen Medien 47 Literatur &-Links * empfohlene Titel BITKOM (2013): Soziale Netzwerke 2013. 3., erweiterte Studie. Abrufbar im Internet unter: http: / / www.bitkom.org/ files/ documents/ SozialeNetzwerke_2013.pdf (letzter Zugriff: 03.07.2014). D’Inka, Werner (2009): Dienstleistung des Erklärens, in: epd medien. Vol. 54. Ebersbach, Anja/ Glaser, Markus/ Heigl, Richard (2011): Social Web. 2. Auflage. UVK, Konstanz (3. Aufl. in Vorbereitung).* El Difraoui, Asiem (2011): Die Rolle der neuen Medien im arabischen Frühling. Bundeszentrale für politische Bildung. Abrufbar im Internet unter: http: / / www. bpb.de/ internationales/ afrika/ arabischer-fruehling/ 52420/ die-rolle-der-neuenmedien (letzter Zugriff: 15.07.2014). Global Digital Journalism Study (2013). Abrufbar im Internet unter: http: / / www. oriellaprnetwork.com/ sites/ default/ files/ research/ Brands2Life_ODJS_v4.pdf (letzter Zugriff: 15.07.2014). Kramp, Leif/ Novy, Leonard (2013): Journalismus in der digitalen Moderne: Aufbruch in eine ungewisse Zukunft, in: Kramp, Leif et al. (Hg.): Journalismus in der digitalen Moderne. Einsichten- - Ansichten- - Aussichten. Springer Fachmedien, Wiesbaden.* Lenhard, Jochen/ Swoboda, Uwe (2010): Social Media-- Neue Kommunikationsformen verstärken die Position einer Marke, dargestellt an ausgewählten Beispielen, in: Swoboda, Uwe (Hg.): Social Media, Medienkonvergenz und starke Marken. J. Fink, Ostfildern. Lilienthal, Volker (2011): Qualität unter Druck-- Journalismus im Internetzeitalter, in: Schröder, Michael/ Schwanebeck, Axel (Hg.): Qualität unter Druck-- Journalismus im Internetzeitalter. Nomos, Tutzing. Lilienthal, Volker (2013): Social Media- - eine Substitution von Qualitätsjournalismus? , in: Forschungsjournal soziale Bewegungen. Vol. 26 #2. Maslow, Abraham (1943): A Theory of Human Motivation, in: Psychological Review, 1943, Vol. 50 #4. Mönkeberg, Sarah (2013): Das Web als Spiegel und Bühne- - Selbstdarstellung im Internet. Abrufbar im Internet unter: http: / / www.bpb.de/ apuz/ 157546/ das-webals-spiegel-und-buehne-selbstdarstellung-im-internet? p=all (letzter Zugriff: 03.07.2014). Müller, Christian (2013): Social Media Auszeit: Medienkompetenz statt abschalten. Abrufbar im Internet unter: http: / / www.sozial-pr.net/ social-media-auszeit-medienkompetenz-statt-abschalten/ (letzter Zugriff: 29.07.2014). Schmidt, Jan-Hinrik (2012): Vom Gatekeeping zum Gatewatching. Verändern Soziale Medien den Journalismus? Bundeszentrale für politische Bildung. Abrufbar im <?page no="47"?> 3 Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content 48 Internet unter: http: / / www.bpb.de/ gesellschaft/ medien/ lokaljournalismus/ 1514 33/ vom-gatekeeping-zum-gatewatching? p=all (letzter Zugriff: 15.07.2014). Simons, Anton (2011): Journalismus 2.0. UVK, Konstanz. Swoboda, Uwe (2010): Social Media, Medienkonvergenz und starke Marken. J. Fink, Ostfildern. Vivaki (2014): Social Minds 2014. Menschen und Marken auf Facebook. Düsseldorf. Abrufbar im Internet unter: http: / / vivaki.de/ fileadmin/ content/ downloads/ VivaKi_Social_Minds_2014.pdf (letzter Zugriff: 03.07.2014). Übungsaufgaben 1. Warum werden die größten Social-Media-Plattformen hauptsächlich privat genutzt? 2. Was ist die Faszination und der konkrete Nutzen von sozialen Medien? 3. Inwiefern beeinflussen Social-Media-Plattformen den Arbeitsalltag von Journalisten? <?page no="48"?> 49 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter Gabriele Goderbauer-Marchner, Sarah Kovacs und Norbert Matausch 4.1 Texten für das Web-- publizistische Basiskompetenzen Der Begriff des Social-Media-Publizisten ist nicht geläufig. Er sei an dieser Stelle eingeführt. Social-Media-Publizist bedeutet mehr als Social-Media-Content-Manager, es bedeutet mehr als Content-Manager, es stellt mehr dar als Social-Media-Marketing- Manager etc. Der Begriff wird nach unseren Recherchen in der Wissenschaft wie in der Medienpraxis (noch) nicht verwendet. Bei einem militärischen Diskurs auf facebook spricht Holger Klein von sich als »Social-Media-Publizist« (20.07.2014 um 13: 44 als Replik auf einen Post von Ulf Poschardt; https: / / www.facebook.com/ ulf.poschardt/ posts/ 615970578519286). Auch wird der Terminus auf einem Blog verwendet in der Beschreibung eines Autors, der auch ein »Marketing Berater« und »ausgezeichneter Social Media Publizist« sei (https: / / blog.etsy.com/ de/ 2011/ das-hello-etsy-abc-ducttape-marketing/ ). Diese hier konnotierte Verbindung von Marketing und Publizität aus kommerzieller Haltung sei in dieser unserer Publikation nicht per se gegeben. Ein Social-Media-Publizist steht bezüglich seiner Basiskompetenzen den gleichen Anforderungen und Prinzipien gegenüber wie ein Print- oder Rundfunkjournalist. Diese klingen selbstverständlich, werden jedoch häufig außer Acht gelassen. Grundlegend zeigt sich die professionelle Arbeitsweise des Social-Media-Publizisten in der sprachlichen und grammatikalischen Qualität, in einer sauberen, fundierten Recherche, in authentischen (im Gegensatz zu manipulativen) Inhalten und in der Trennung zwischen redaktionellen und werblichen Beiträgen (vgl. Firnkes, 2014, S. 5). Ein Social-Media-Publizist wird je nach Arbeitskontext durchaus auch werblichen Content aufbereiten- - zu beachten ist dabei jedoch, dass dieser nicht als redaktioneller Content verpackt und somit zu Native Advertising (vgl. Kap. 4.4) wird. Neben diesen Basiskompetenzen gibt es eine Reihe weiterer sprachlicher, stilistischer und inhaltlicher Merkmale, die einen Beitrag zielführend, also für die Zielgruppe spannend und anregend machen. Viele der auf den nächsten Seiten beschriebenen Aspekte, durch die sich User von einem Content angesprochen fühlen, scheinen vom Texten für die klassischen Medien bekannt. Im Kontext der zahlreichen Möglichkeiten des Social Web erhalten sie jedoch einen veränderten oder gar neuen Stellenwert. Insbesondere deshalb, weil die Recherchemöglichkeiten des Internets das Userverhalten verändert haben (vgl. Abb. 4.A): Die Zielgruppe wartet nicht mehr nach dem sogenannten Push-Prinzip auf Content, der ihr präsentiert wird, sondern sucht nach <?page no="49"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 50 dem Pull-Prinzip ganz gezielt danach: »Im Internet landen die User in der Regel auf Content-Seiten und -Angeboten, die sie aktiv gesucht haben. (…) Der Internetnutzer stellt konkrete Anforderungen und hat eine genaue Erwartung an die gesuchten, angebotenen und angeklickten Inhalte« (Löffler, 2014, S. 458 f.). Wie soll nun Content aufbereitet sein, damit er von den Nutzern wahrgenommen und rezipiert wird? (Vgl. nachfolgend, sofern nicht anders vermerkt, Firnkes, 2014, S. 12 ff., sowie Heijnk, 2011, S. 90 ff.) Emotionen wecken und Bilder erzeugen : Mit Logik kann der Verstand eines Menschen berührt werden, mit Emotionen dessen Herz. Wenn das Denken und Handeln eines Lesers verändert werden soll, kann er zwar mit logischen Argumenten beeinflusst werden, nachhaltig erfolgreich wird die Botschaft aber erst in Kombination mit emotionalen Argumenten. Emotionale Muster, auf die ein Content abzielen kann, sind etwa Neugierde, Überraschung, Nostalgie, Liebe, Ehrgeiz, Fürsorge oder Begeisterung. Ein Textbeispiel, in dem gleichermaßen auf Logik, Emotionen und innere Bilder gesetzt wird, ist eine überraschend frische Produktbeschreibung eines Werkzeuglieferanten in dessen Webshop (vgl. Abb. 4.B). Zwar ist ein Webshop keine Social-Media-Anwendung, jedoch könnte der Text ebenso in einem werblichen Blogbeitrag oder als Post auf facebook erscheinen: Authentizität, Glaubwürdigkeit und Persönlichkeit: Ein ehrlicher und authentischer Auftritt ist die effektivste Weise, das Vertrauen der User zu gewinnen. Dies bedeutet z. B., dass bei einem werblichen Beitrag oder bei der Schilderung eines Sachverhalts nicht nur Argumente »pro«, sondern auch »contra« angeführt werden. Eine persönliche Note, die eigene Meinung und Quellenangaben sollten darüber hinaus ebenso erkennbar sein wie der Name des Autors. Mehrwert bieten: Aufgrund der zahlreichen Recherchemöglichkeiten im Internet ist die Verweildauer auf den einzelnen Seiten vergleichsweise kurz. Daher ist es wichtig, die Leser möglichst lange für sich zu gewinnen. Eine der erfolgreichsten Methoden ist Abb. 6: Vom Pushzum Pull-Prinzip <?page no="50"?> 4.1 Texten für das Web-- publizistische Basiskompetenzen 51 es, mit einem Mehrwert zu dienen, mit etwas, das über den gewöhnlichen Content hinausgeht und zusätzlich ein Bedürfnis des Lesers befriedigt. Dieses kann auf rationaler und emotionaler Ebene angesiedelt sein, beispielsweise indem Exklusivinformationen veröffentlicht, Kaufentscheidungshilfen bereitgestellt oder Gewinnspiele durchgeführt werden. Die Zielgruppe richtig ansprechen: Für den Social-Media-Auftritt ist es wichtig, den zu publizierenden Content sprachlich und inhaltlich an die Zielgruppe anzupassen. Nur dann werden die Beiträge von den entsprechenden Usern gefunden, gelesen und geteilt. Häufig wird der Fehler gemacht, ein Thema aus der eigenen Sicht zu beschreiben. Diese deckt sich nicht zwangsläufig mit dem Erfahrungshintergrund der Zielgruppe, und daher ist es essenziell, sich in den User hineinzuversetzen, der sich von dem Content angesprochen fühlen soll. Bevor ein Text verfasst wird, gilt es, die Frage »Für wen schreibe ich? « zu beantworten. Kriterien, die es erleichtern, die Zielgruppe einzuschätzen und einzugrenzen, können unter anderem folgende sein: • Soziodemografische Kriterien wie Alter, Geschlecht, Berufsgruppe, Einkommensstruktur, Herkunft, Bildung. • Eher konservativ oder liberal? • Selbstständig und ungebunden oder mehr familienorientiert? • Sparsam oder qualitäts- und luxusorientiert? • Kritisch und unentschlossen oder spontan und kauffreudig? • Emotional oder rational veranlagt? • Ökologisch oder ökonomisch denkend? Abb. 7: Werbetext in einem Webshop-- Emotionen pur <?page no="51"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 52 Interessante Überschrift: Die Schnelllebigkeit, in der die heutige Gesellschaft lebt und die durch das Medium Internet unterstützt wird, bewirkt, dass Social-Media- User möglichst viele Themen mit möglichst wenig Leseaufwand möglichst schnell erfassen möchten. Bevor der Leser sich dazu entscheidet, seine Zeit einem Beitrag zu widmen, scannt er die Fülle an zur Verfügung stehenden Posts nach deren Relevanz. Schlussendlich entscheidet er sich für den, dessen Überschrift ihm am interessantesten erscheint. Eine gute Überschrift bringt das Thema auf den Punkt, weckt Neugierde und ist unmissverständlich formuliert, so wie im Beispiel eines postillon- Tweets in Abbildung 4.C. Die Nachrichten, die der postillon verbreitet, entsprechen bewusst nicht der Wahrheit und sind als Unterhaltung zu sehen. Die Überschriften sind jedoch inhaltlich und sprachlich stets so gestaltet, dass der Leser Lust auf »mehr« bekommt, und deshalb ein gutes Beispiel dafür, wie durch wenige Worte Aufmerksamkeit erregt werden kann. Das Wichtigste zuerst: Gerade bei Social-Media-Beiträgen, die von vielen Lesern nicht immer zu Ende gelesen, sondern zum Großteil nur überflogen werden, ist es wichtig, die Kernaussage an den Anfang des Textes zu stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Botschaft bei der Zielgruppe ankommt, ist so höher, als wenn sie am Ende eines 30-zeiligen facebook-Beitrags steht. Vor allem, da meist lediglich die ersten fünf Zeilen eingeblendet werden und der Rest des Beitrags nur zu lesen ist, wenn auf »weiterlesen« geklickt wird. Die vier Ks: Insbesondere beim Redigieren des verfassten Beitrags sollte geprüft werden, ob der Text die »Formel K« erfüllt: Ist der Content konkret? Wird also das Kind beim Namen genannt und nicht etwa der Ausdruck »Handwerksgegenstand« anstatt »Hobel« verwendet? Handelt es sich um eine klare Sprache, ohne unzählige Substan- Abb. 8: Überschriften beim POSTILLON -- auf den Punkt gebracht, neugierig machend und eindeutig formuliert <?page no="52"?> 4.1 Texten für das Web-- publizistische Basiskompetenzen 53 tivierungen? Ist der Beitrag knapp formuliert und auf das Wesentliche beschränkt (so-viel Text wie nötig und so wenig wie möglich)? Ist der Text kurzweilig und interessant, ohne sich zu wiederholen? Passendes Bildmotiv: Wenn es inhaltlich passt, sollte ein Text mit aussagestarken, authentischen und eindeutigen Fotos unterstrichen werden. Ein Bild kann schneller als jeder Text Emotionen wecken, wie etwa lachende Gesichter, Kinder oder appetitanregendes Essen. Zusätzlich wird die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Text gelenkt, wenn das Bildmotiv die Augen und den Kopf in Richtung des Geschriebenen richtet, wie beispielsweise in dem facebook-Post von Pampers in Abbildung 4.D. Den Usern eine Bühne zur Verfügung stellen: Die Social-Media-Gemeinde einzubeziehen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt, wenn Content erstellt wird. Dies kann realisiert werden, indem zu einem Foto- oder Videocontest aufgerufen wird, Fragen zur Diskussion gestellt oder Verlosungen durchgeführt werden. Essenziell ist hierbei, einen Raum zu bieten, in dem die User ihrer Zufriedenheit mit der Organisation/ der Marke/ dem Produkt öffentlich Ausdruck geben können (vgl. Grabs/ Bannour, 2013, S. 70). So wird dem Wunsch nach Partizipation entgegengekommen und gleichzeitig Marketing betrieben. Abb. 9: Beispiel für ein ansprechendes Bildmotiv <?page no="53"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 54 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen-- Content-differenziert aufbereiten und veröffentlichen Unabhängig davon, auf welcher Plattform publiziert wird, Journalisten sollten sich eines bewusst sein: »Niemand wartet auf Ihren Content« (Ecker, 2013, o. S.). Deshalb ist es wichtig, Content nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich ansprechend aufzubereiten und an die Lesepräferenzen der Zielgruppe anzupassen. Die Kommunikation auf facebook funktioniert anders als auf twitter und auf twitter wiederum anders als auf youtube. Auch wenn die Grundprinzipien für alle Plattformen ähnlich sind (vgl. Kapitel 4.1), so können die Inhalte nicht eins zu eins von einer Plattform in die nächste übernommen werden. Gerade weil die Social- Media-Plattformen so unterschiedlich aufgebaut sind und unterschiedlichen Zwecken dienen, ist dementsprechend auch der Content vor allem in sprachlicher Hinsicht differenziert aufzubereiten. Eins muss klar sein: Der Social-Media-Content ist kein Neben-, geschweige denn Abfallprodukt des bereits bestehenden Contents anderer Medien. Was in der Printausgabe der zeit veröffentlicht wird, kann nicht unbearbeitet in die facebook-Page kopiert werden, da jedes Medium und jede Social-Media- Plattform eigenen Gesetzmäßigkeiten gehorcht. Deshalb ist es wichtig, in den Redaktionen für die Social-Media-Kanäle Experten zu beschäftigen und nicht von den Printjournalisten zu erwarten, dass sie »nebenher auch noch Social Media machen«. Auf welche Besonderheiten in den einzelnen Social-Media-Plattformen geachtet werden sollte, um die Zielgruppe richtig anzusprechen, darauf wird im Folgenden eingegangen und in Kapitel 5 anhand von Case Studies in der Praxis dargestellt. 4.2.1 Weblogs Im Vergleich zu Microblogging-Plattformen wie etwa twitter oder Social-Media- Netzwerken wie facebook ist die Bedeutung der Weblogs (kurz: Blogs) für Unternehmen relativ gering. Lediglich 23 Prozent der Fortune-500-Unternehmen konnten 2012 ein Blog vorweisen, der für die Kommunikation nach außen gedacht war (vgl. Beuker, 2012). Besonders aussagekräftig wird diese Zahl, wenn man sie mit der Zahl der Fortune- 500-Unternehmen vergleicht, die eine facebook-Seite haben: 66 Prozent (vgl. Slegg, 2013). Bei den 100 größten Unternehmen Deutschlands klafften 2009 die Nutzungsraten von Social-Media-Diensten ähnlich weit auseinander: Während 39 Prozent auf twitter vertreten waren, betrieben nur 12 Prozent einen Corporate Blog. Trotzdem: Ein Unternehmens-Blog kann die Bindung zwischen Kunden und Unternehmen erhöhen, wenn er mit der richtigen Kommunikationsstrategie betrieben wird (vgl. Construktiv, 2009). <?page no="54"?> 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen 55 Der Praktikabilität halber teilen wir Unternehmens-Blogs in zwei unterschiedliche Kategorien ein: den Blog zur internen Kommunikation und den Blog für die externe Kommunikation. Blogs zur internen Kommunikation Als Werkzeug für die interne Kommunikation kann ein Blog zum Informationsaustausch unter Kollegen dienen, zur Ideensammlung, zur direkten Kommunikation unterschiedlicher Unternehmenshierarchien miteinander. Möglichst freie, unzensierte interne Diskussionen können so mithelfen, Gemeinschaftssinn zu schaffen oder zu vergrößern. Diese Art der freien, internen Kommunikation bildet die Meinung des Marktes ab (vgl. Locke et al., 1999). Blogs für die interne Kommunikation werden in vielen Unternehmen salopp »Intranet« genannt, auch wenn das streng genommen per definitionem nicht zutreffend ist. Erfahrungsgemäß ist ein interner Blog ein hilfreiches Werkzeug, um die Grundstimmung vieler Menschen zu einem bestimmten Thema auszuloten. Dies kann für Content-Produzierende hilfreich sein, Texte entsprechend zu formulieren. Der interne Blog wird so auch zum Fühler für die Außenwelt. Blogs zur externen Kommunikation Die externe Kommunikation eines Unternehmens mithilfe eines »Corporate Blogs« steht letzten Endes natürlich auch unter dem Vorzeichen, direkt oder indirekt die Marke bekannter und/ oder beliebter zu machen, was sich, so die Hoffnung, irgendwann in höheren Umsatzzahlen bemerkbar macht. Der große Vorteil eines Corporate Blogs ist die direkte, ungefilterte Kommunikation mit potenziellen Kunden und Stakeholdern. Der Blog demonstriert so Offenheit und Dialogbereitschaft des Unternehmens (vgl. Walsh et al., 2011, S. 102). Der Sprachgebrauch im Corporate Blog unterscheidet sich in einigen Punkten von dem in herkömmlichen Blogs. Zum einen wünschen sich die Leser Informationen-- keine Werbung. Interessanterweise bemerkt es die Leserschaft, ob nach außen gerichtete Blogeinträge von Kommunikationsexperten verfasst wurden oder von Mitarbeitern des Unternehmens, die nicht in der Kommunikationsabteilung arbeiten. Hier bewahrheitet sich die These 64 des Cluetrain-Manifestes, in dem die Autoren, allesamt Mitarbeiter diverser IT-Unternehmen im kalifornischen Silicon Valley, ihre Wünsche zum Ausdruck bringen: »We want access to your corporate information, to your plans and strategies, your best thinking, your genuine knowledge. We will not settle for the 4-color brochure, for web sites chock-a-block with eye candy but lacking any substance« (vgl. Locke et al., 1999). <?page no="55"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 56 Diese Sensibilität bei den Lesern von Corporate Blogs spiegelt sich auch in ihrer Erwartungshaltung bei den Blog-Themen wider. Beispielsweise möchten Corporate Blog-Leser Produktinformationen lieber von Mitarbeitern des Unternehmens lesen als von der PR-Abteilung (vgl. Walsh et al., 2011, S. 105). Über die gesamte Bandbreite der Leserinteressen menschelt es, in allen Themen außer einem bevorzugen es die Leser, wenn die Blogbeiträge auf Corporate Blogs von Mitarbeitern und Managern geschrieben werden. Lediglich wenn es um Pressemitteilungen geht, bevorzugen die Leser die Autorenschaft der Kommunikationsprofis eines Unternehmens. Schreibstil im Corporate Blog Was bedeuten diese Erkenntnisse nun für den Schreibstil eines Corporate Blogs, das für die Kommunikation nach außen eingesetzt wird? Glaubwürdigkeit: Zuerst einmal müssen die Blogbeiträge glaubwürdig sein. Ein wichtiges Merkmal glaubwürdiger Posts ist die namentliche Nennung und, falls möglich, Verlinkung auf Informationsquellen. Dann gilt es zu bedenken, dass die Leser auch tatsächlich Artikel lesen wollen, die gewissermaßen von Mensch zu Mensch geschrieben werden und nicht als Versuch eines Vertriebsmitarbeiters, einem potenziellen Kunden ein Produkt zu verkaufen. Deshalb: Lockere, aber nicht zu flapsige Sprache. Blogbeiträge werden menschlich und deshalb interessant, weil sie persönlich sind. Es ist nicht die künstliche Sprache der Pressemitteilung, die die Leser bewegt, sondern die Sprache anderer Menschen, die sich ebenfalls auf dem Marktplatz aufhalten. Persönlichkeit: »We’re also the workers who make your companies go. We want to talk to customers directly in our own voices, not in platitudes written into a script« (vgl. Locke et al., 1999). Was macht einen Blogpost persönlich? Beispielsweise die Schreibe aus der Ich- Perspektive. Auch die Nennung eigener Meinung hilft, den Verfasser des Blogartikels als Mensch auf Augenhöhe zu identifizieren. Social-Media-Profi Erica Swallow, Sprecherin der Social-Media-Handelsorganisation WOMMA beispielsweise, empfiehlt Unternehmen, den Bloggern die Freiheit zu lassen, in ihrer eigenen Stimme und ihrem eigenen Stil zu schreiben. »Diese Vielfalt repräsentiert Ihr Unternehmen mehr als irgendein monotoner Klang, den Sie selbst fabrizieren könnten. Erinnern Sie sich immer daran, dass es in Ihrem darum geht, dass sich Menschen miteinander vernetzen und unterhalten. Es geht nicht um einen Konzern. Vergessen Sie das Konzept des ›Konzerns‹, und Sie sind den meisten anderen voraus« (vgl. Swallow, 2010). <?page no="56"?> 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen 57 Stellen Sie sich als Textschaffender die Frage: Würde ich so in meinem Tagebuch schreiben? Wenn nicht, ändern Sie Ihren Text. Wenn ein Blogeintrag nach amtlicher Mitteilung klingt, verfehlt er seinen Zweck-- und auch die Leser. Kritikfähigkeit: Zu zeitgemäßer Kommunikation auf einem Blog gehört auch, Kritik zuzulassen und auf Werbetexte zu verzichten. Im Laufe der Zeit wird so der Corporate Blog zu einem Wissensspeicher, der von den Mitarbeitern des Unternehmens selbst beschickt wird. Dies hat sich als weitaus nutzbringender für Unternehmen erwiesen als PR-Texte, die gepostet werden (vgl. Swallow, 2010). Eigener Stil: Mit etwas Mühe kann man sogar Parallelen erkennen zwischen der neuen Form des Journalismus, dem »New Journalism«, und der Blogschreiberei. Der New Journalism entstand Mitte der 1960er-Jahre und bamd Techniken der fiktionalen Erzählung in die Darstellung tatsächlich passierter Ereignisse ein (vgl. Fakazis, 2013). In Blogs finden sich beispielsweise Darstellungsformen, die sich in der sachlichen Sprachwelt des Berichts nicht finden-- oder finden dürfen: beispielsweise persönliche Meinung, die Formatierung des Textes nach eigenem Gutdünken und andere unkonventionelle Methoden (vgl. Heijnk, 2011, S. 193). Pflegen Sie deshalb Ihren ganz eigenen Stil. Der macht Sie unverwechselbar. Verlinkungen: Wenn Sie wollen, dass andere Blogger auch auf Ihr Unternehmens- Blog verlinken, dann sollten Sie Links in den Text einstreuen. Verlinken Sie möglichst oft, nicht nur, weil das den Blog glaubwürdig macht (s. o.), sondern weil aller Erfahrung nach dann auch andere Blogger irgendwann anfangen, auf Ihren Blog zu verlinken-- immer vorausgesetzt, dass Sie den Blog regelmäßig mit Texten bestücken. Regelmäßigkeit: Wenn ein Blog regelmäßig beschickt wird, signalisiert dies dem Leser, dass er dem Unternehmen am Herzen liegt, oder besser: dass der Leser dem Unternehmen wichtig ist. Keywords: Suchmaschinen grasen regelmäßig die Bloglandschaft ab. Um schneller und besser gefunden zu werden, empfiehlt es sich, Keywords im Blog zu verwenden, auch in den Überschriften. Viele Personal-Publishing-Plattformen verwenden einen Algorithmus, der die Überschriften von Blogeinträgen für die Erstellung der Links verwendet. Dies ist nicht immer die optimale Lösung, vor allem dann, wenn Sie beispielsweise sehr knappe oder kryptische Schlagzeilen verwenden wollen. Wenn sich in Ihrem Content-Management-System die Möglichkeit findet, auch den Permalink (die feste Internetadresse) eines Beitrags zu bearbeiten, sollten Sie ein oder zwei Schlüsselbegriffe auch in den Link einbringen. Gestalten Sie die Überschrift aussagekräftig und mit Keywords. Alle diese Schritte führen dazu, dass Suchmaschinen (und damit potenzielle Leser) Ihre Artikel schneller finden. Qualität: Selbst wenn Sie glaubwürdig sind, einen persönlichen Stil pflegen, kritikfähig sind, viel und oft verlinken, regelmäßig schreiben und Keywords einbinden-- alles das wird Ihnen nichts helfen, wenn Sie einen Rechtschreibfehler nach dem anderen machen oder schreiben, als ob Sie einen Bericht über die letzte Vollversammlung des örtlichen Kleingartenvereins verfassen würden. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Text <?page no="57"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 58 noch mal zu redigieren, notfalls zu straffen und Rechtschreibfehler zu korrigieren. Das wirkt nicht nur professionell, sondern ist es auch. 4.2.2 Microblogs Der gemeinhin bekannteste Microblogging-Dienst ist twitter. Im Jahre 2009 waren bereits 39 Prozent der 100 größten deutschen Marken auf twitter vertreten (vgl. Construktiv, 2009). Microblogging hat für Unternehmen viele Vorteile: Die Begrenzung auf 140 Zeichen pro Nachricht zwingt zu einer Schreibe, die Interesse wecken muss, um erfolgreich zu sein. Hat die Mitteilung das Interesse des Lesers geweckt, transportiert sie ihn, sollte sie verlinkt sein, auf die Homepage oder den Blog des Unternehmens, wo der Text in seiner gesamten Länge zu lesen ist. Die Microblog-Mitteilung hat somit also unter anderem die Funktion, Klicks auf anderen Online-Plattformen zu generieren. Auch als internes Werkzeug für Wissensmanagement, Informationsaustausch und sozialer Vernetzung von Mitarbeitern sind Microblogs gut geeignet. Als externe Anwendungsfelder sind beispielsweise Public Relations, verschiedenste Marketingaspekte (Marktforschung, Mobilisierung, Eventkommunikation, Kundenbindungsmaßnahmen) und Kundendienstleistungen denkbar (vgl. Zerfaß, 2012, S. 277). Microblogging-Mitteilungen sind schnell zu lesen und zu schreiben. Diese Art des Bloggens kann bedeutend schneller sein als andere (Langform-)Medien. Eine der berühmtesten Mitteilungen der neueren Geschichte wurde am 1. Mai 2011 zuerst auf twitter geschrieben: Volle acht Stunden bevor andere Medien darüber berichteten, twitterte Sohaib Athar über Helikopter, die über Abbottabad, Pakistan, kreisten. Wie sich später herausstellte, war das die erste Berichterstattung weltweit über die wohl bekannteste Geheimmission der US Navy Seals: die Festnahme Osama bin Ladens (vgl. Dube, 2014). Auch die deutsche Bundesregierung berichtet auf twitter, und das manchmal sogar eher als in anderen Medien. So genießt in Journalistenkreisen der Fall »Kanzlerreise« große Bekanntheit: Im März 2012 hatte Regierungssprecher Steffen Seibert zuerst über eine geplante USA-Reise der Bundeskanzlerin getwittert, bevor er diese Information über die anderen Kanäle des Bundespresseamtes verbreitete (Bundesregierung, 2012). Die Reaktionen der altgedienten Journalisten (von denen scheinbar niemand einen twitter-Account besaß) ließen erkennen, dass sie Microblogging als Nachrichtenkanal oder überhaupt als gleichberechtigtes Medium nicht in Erwägung gezogen hatten. Microblogging ist also wegen seiner Einfachheit und Schnelligkeit eine ideale Plattform für direkte, lesernahe Kommunikation. Durch gezielte Nachrichten-Abonnements und Filterung kann man sich jederzeit relevante Meldungen auf den Bildschirm holen. Trotz dieser Vorteile ist twitter in deutschen Unternehmen noch nicht sonderlich gut angekommen. Nur 14,7 Prozent sehen die Microblogging-Plattform als wichtigs- <?page no="58"?> 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen 59 tes Social Medium an (vgl. Rippler, 2014). Die Frage der Monetarisierung bewegt viele Social-Media-Manager (vgl. Rippler, 2014). Weil Microblogging-Diensten wie twitter nur eine sehr begrenzte Zeichenanzahl für Meldungen zur Verfügung steht, brauchen Sie einen klaren Kommunikationsplan und entsprechenden Schreibstil: Zielgruppen und News-Abos: Warum twittern Sie? Was wollen Sie mit Ihrem Auftritt auf einem Microblog erreichen? Vielleicht wollen Sie eher den Markt abtasten und einen Überblick über die Themen bekommen, die Ihre (potenzielle) Kundschaft beschäftigen. Abonnieren Sie relevante twitter-Autoren und -Themen-- und lesen Sie sie täglich. So entwickeln Sie ein Gespür für die Stimmung bei Ihren Lesern und können eigene Aktivitäten darauf abstimmen. Im deutschsprachigen Raum ist twitter ein Medium, das hauptsächlich Nutzer zwischen 20 und 29 Jahren anspricht, die eine hohe Affinität zum Web, Technologie und Marketing haben (vgl. Bernet, 2012, S. 5). Relevante Beiträge und Schlüsselwörter: Achten Sie auf Relevanz. Rücken Sie Meldungen stärker in den Fokus, indem Sie sie mehrmals, auf mehrere Tage verteilt, online stellen (twitter spricht hier von »Retweets«). Denken Sie an Schlüsselwörter (bei twitter gekennzeichnet durch den sogenannten »Hashtag«, #Beispiel eines #Hashtags). Schnelle, direkte Kommunikation: Stellen Sie sich auf schnelle Kommunikation mit Lesern ein. Nichts ist schlimmer für den Ruf Ihres Unternehmens als Leseranfragen auf twitter, die unbeantwortet bleiben. Seien Sie erreichbar. Bei tagesaktuellen Ereignissen empfiehlt es sich, einen Blogger nur für den Microblog zu beschäftigen. Microblogs sind schnell, deshalb muss es Ihre Kommunikation auch sein. Persönlichkeit: Seien Sie persönlich und authentisch. Antworten Sie auf Anfragen, indem Sie direkt auf den Fragesteller eingehen. Bei twitter geschieht dies mit dem Klammeraffen-Zeichen (@), direkt gefolgt vom twitter-Namen des Adressaten, also beispielsweise: @fragesteller. Verlinkungen: Bieten Sie einen Mehrwert für den Leser. Damit gemeint sind vor allem Verlinkungen auf Seiten oder Dateien, die ein Thema näher beleuchten. Wie auch beim regulären Blogging steigen die Chancen, dass auf Ihren Microblog-Beitrag verlinkt wird, wenn Sie selbst in Ihre Texte Links auf andere Blogs und Homepages einbauen. 4.2.3 Social Networks wie FACEBOOK Social Networks dienen vor allem der Pflege von geschäftlichen und privaten Kontakten. Bekannte Beispiele sind facebook, linkedin, xing, myspace, wer-kennt-wen oder pinterest. Alle diese Netzwerke vereinen folgende Merkmale (vgl. Ebersbach et al., 2011, S. 96, sowie Pleil/ Bastian, 2012, S. 309): • Registrierung nötig, • Profile mit beruflichen und privaten Informationen zur Person, <?page no="59"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 60 • strukturierte Oberfläche, auf der die persönlichen Daten veröffentlicht sind, • Beziehung zu anderen Nutzern wird gezeigt, • Bekanntschaften sind erkennbar (gemeinsame Freunde, wer kennt wen über wen? ), • beziehen sich stark auf real existierende soziale Verbindungen, • dienen neben der Kontaktpflege vor allem auch der Selbstdarstellung. Insbesondere facebook wird gerne von Unternehmen genutzt, um eigene Profilseiten für Marketing-Zwecke zu erstellen. Welche Vorteile bringt einem Unternehmen ein engagiert geführter Social-Network-Account? Die Interaktion mit den Usern kann auf drei Ebenen unterstützend wirken (vgl. Bernet, 2010, S. 137 f.): • Reputation: Content, der in sozialen Netzwerken über ein Unternehmen veröffentlicht wird (sei es durch das Unternehmen selbst oder die User), beeinflusst, wie es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Zwar beeinflussen nicht nur Social Networks die Reputation, sie sind jedoch neben anderen Marketingmaßnahmen ein Baustein in Bezug auf das transportierte Gesamtbild. • Kundenservice: Soziale Netzwerke bieten die Chance, direkt mit den Usern in Kontakt zu treten. Ein großer Teil des Kundenservice vollzieht sich heutzutage deshalb über Social-Network-Auftritte. Neben der Möglichkeit, Kundenfragen zu beantworten, können beispielsweise auch Feedbacks für Optimierungen aufgenommen und Diskussionen über Kundenwünsche geführt werden. So erhält der potenzielle Kunde das Gefühl, nicht nur passiver Konsument, sondern auch aktiver Mitgestalter sein zu können. Abb. 10: Spezielles Lufthansa-Angebot, veröffentlicht auf FACEBOOK <?page no="60"?> 4.2 Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen 61 • Absatz: Durch eine gute Reputation (Punkt 1) und einen engagierten Service (Punkt 2) wird der Absatz mithilfe von Social Media indirekt gefördert; in direkter Weise lässt er sich unterstützen, indem auf spezielle Angebote hingewiesen wird, wie etwa bei Lufthansa (vgl. Abb. 4.H): Die Plattform facebook etwa wird nicht nur genutzt, um Informationen zum Unternehmen und zu Streiks zu veröffentlichen, sondern auch, um auf spezielle Freizeitangebote und Flugtarife zu promoten. Wenn sich ein Unternehmen in den sozialen Netzwerken präsentiert, ist es in Bezug auf den Content wichtig, insbesondere drei Ansprüchen zu genügen: Zum einen sollte der Inhalt exklusiv sein und dem User einen Vorteil bieten, andernfalls werden die Meldungen meist nicht gelesen, geschweige denn geteilt. Gewinnspiele, bisher unveröffentlichte Informationen, ein Blick hinter dir Kulissen sowie spezielle Angebote und Rabatte tragen dazu bei, dass der Content als interessant eingestuft wird. Zum anderen ist es wichtig, Emotionen beim Leser durch humorvolle, spielerische oder überraschende Elemente zu wecken und somit einen Unterhaltungswert zu bieten. Der dritte Aspekt betrifft die Authentizität und das Engagement, das das Unternehmen mit seinem Social-Network-Auftritt zeigt: Einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt der veröffentlichte Content nur, wenn er ehrlich sowie authentisch ist und wenn auch in schwierigen Zeiten offen und bewusst in den Dialog zwischen Content- Bereitsteller und -Nutzer gegangen wird (vgl. Amerland, 2013, o. S., Bernet, 2010, S. 135, sowie Pein, 2014, S. 346). Um in den sozialen Netzwerken erfolgreich zu sein, sollten insbesondere Posts mit narrativem Charakter veröffentlicht werden, die den User auf der emotionalen Ebene ansprechen und aus der Ich-Perspektive erzählen (vgl. Amerland, 2014, o. S., sowie FH Joanneum, 2012, S. 22). Viele Social-Media-Plattformen bieten die Möglichkeit, fast unbegrenzt lange Texte zu veröffentlichen. Doch nicht jeder lange Text- - hat er noch so viele interessante Inhalte-- wird zu Ende gelesen. Posts mit bis zu 250 Zeichen werden zu 60 Prozent häufiger geteilt, kommentiert und »geliket« als längere. Auch die visuelle Untermalung des Beitrags trägt zur Interaktion mit der Zielgruppe bei: Foto und Videos können die Teilhabe der Leser um mindestens 100 Prozent steigern (vgl. Pein, 2014, S. 346). Bezüglich der Frequenz der Postings ist empfehlenswert, nicht mehrmals täglich inflationär zu posten, sondern maximal alle drei Tage, insbesondere vormittags und nach der Arbeit, um die Anzahl der Likes und Shares zu erhöhen (vgl. FH Joanneum, 2012, S. 6 f.). Wer sehr häufig postet, wird als Spamer betrachtet, und das Interesse an den Beiträgen sinkt. Ebenfalls erfolgversprechend ist es, die Leser direkt anzusprechen und Feedback einzuholen, insbesondere wenn eine Frage gestellt oder dazu aufgefordert wird, einen Satz zu vervollständigen (vgl. Pein, 2014, S. 346). Auch wenn diese Empfehlungen allgemeingültig sind, kommt es letztlich auch auf die veröffentlichende Organisation/ das Unternehmen/ die Zeitung an, wie der Post konkret aufbereitet sein sollte. Content, der bei dem twitter-Auftritt von spiegel <?page no="61"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 62 online erfolgreich ist, verlangt möglicherweise bei einem Konsumgüterhersteller inhaltlich und sprachlich eine ganz andere Gestaltung. 4.3 Vom Shitstorm zum Candystorm durch Massenmobilisierung Content, der zu regen Diskussionen mit den Lesern führt, kommt nicht immer nur vonseiten des Publizisten, sondern auch vonseiten der Zielgruppe, etwa indem sie auf die Pinnwand eines Unternehmens schreibt oder auf Blogbeiträge mit Posts reagiert. Meist handelt es sich hierbei entweder um Kritik oder Lob, die sich zum Teil in sogenannte Shit- oder Candystorms entladen können. Laut Duden versteht man unter einem Shitstorm einen »Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht« (Duden,-2014, o. S.), auch als »Welle der Empörung« (Pein, 2014, S. 344) bekannt. Häufig handelt es sich hier um eine Reaktion auf einen vermuteten Fehltritt eines bekannten Unternehmens: mangelnde Verantwortung, schlechte Produktqualität und mangelhafte Dienstleistungen, Verstöße gegen soziale und ökologische Werte oder unfaire Arbeitsbedingungen (vgl. Salzig, 2014, o. S.). Wenn Konsumenten auf diese Fehltritte in den Social-Media-Plattformen aufmerksam machen oder entsprechende Informationen teilen und liken, kann eine Massenmobilisierung stattfinden, die eine imageschädigende Lawine ins Rollen bringt. Wie soll darauf von den Geschädigten reagiert werden, um das Image zu retten und im Idealfall den Shitstorm in das Gegenteil zu wandeln, in Lobeshymnen, den sogenannten Candystorm? Nicht zu reagieren und die Kritik zu ignorieren, wäre eine Option-- dieses »Aussitzen« sollte jedoch vermieden werden. Empfehlenswert ist es, die Stimmen ernst zu nehmen und auf derselben Plattform Stellung zu nehmen, auf der sich der Shitstorm entwickelte. Entweder um einen Sachverhalt zu berichtigen, sich zu entschuldigen oder sogar in Zusammenarbeit mit der Social-Media-Gemeinde nach einer Lösung zu suchen (z. B. eine Produktverbesserung erarbeiten) (vgl. ebd.). Ein Beispiel für eine schlecht gelöste Krisenkommunikation zeigt amazon. Nachdem ard kritikwürdige Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer enthüllt hatte, reagierten die facebook-User mit herber Kritik und lösten einen Shitstorm aus. Das Unternehmen ignorierte die negativen Posts nicht nur, sondern zensierte auch die facebook-Seite, wodurch noch mehr Unmut erregt wurde. Die Empörung seitens der facebook-Gemeinde weitete sich infolgedessen auch auf andere Themenbereiche aus, wie etwa die Lieferzeiten und die Preisstruktur. Ob die Strategie von amazon tatsächlich so unprofessionell war, ist fraglich, denn die Zahl der Fans sank kurz nach dem Shitstorm prozentual gesehen kaum: lediglich auf 2.808.632 von ursprünglich 2.815.000, d. h. um weniger als ein Prozent (Zahlen gehen zurück auf Auswertungen von Pliquett, 2013). <?page no="62"?> 63 4.4 Zwischen redaktionellem und-kommerziellem Content Shitstorms können die Unternehmensreputation zwar durchaus negativ beeinflussen, werden aber zum Teil überschätzt, schließlich erreichen die Diskussionen nur einen Bruchteil der gesamten Zielgruppe eines Unternehmens. Ernst wird es meist erst, wenn auch die klassischen Medien über den Shitstorm berichten und dieser infolgedessen einer großen Öffentlichkeit unterbreitet wird. Und obwohl bei amazon der Shitstorm erst aufgrund der ard-Berichterstattung ins Rollen kam, hatte dies nicht die vermutete signifikante Auswirkung auf die Anzahl der facebook-Fans. Pein (2014, S. 352 f.) und Grabs/ Bannour (2013, S. 105 f.) zeigen auf, was eine erfolgreiche Krisenkommunikation bei einem Shitstorm auszeichnet-- zusammengefasst lassen sich folgende Aspekte nennen, die beachtet werden sollten: • möglichst schnelle Reaktion, • Rückmeldungen sehr ernst nehmen, • empathisch auf die Kritiker eingehen, • transparent und klar kommunizieren, • vorbereitet vorgehen, keine Kurzschlussreaktionen, • sich proaktiv verhalten: für das Feedback danken, versprechen, der Kritik auf den Grund zu gehen, Zukunftsaussicht geben, • nahtlose Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, auch mit den empörten Kunden, • One Voice Policy-- gleiche Informationen auf allen Social-Media-Kanälen. Ein Beispiel für erfolgreiche Krisenkommunikation ist die der Kette »Domino’s Pizza«. Auf youtube stellten zwei Mitarbeiter ein Video online, in welchem sie über unhygienische Zubereitungsmethoden berichteten. Dieses Video löste auf twitter einen enormen Shitstorm aus, der vom Unternehmen jedoch so professionell beantwortet wurde, dass es in England eine Umsatzsteigerung von 29 Prozent verzeichnete. Die Strategie war folgende: Der Shitstorm wurde ernst genommen und eine Videobotschaft des Geschäftsführers veröffentlicht, in der er sich für den Vorfall entschuldigte und einen Vertrauensmissbrauch einräumte. Darüber hinaus wurde die Krise als Chance genutzt, mit den Kunden über die Social Media in Kontakt zu treten und die Produkte nach deren Vorlieben zu verbessern. Das Unternehmen nahm den Shitstorm folglich zum Anlass, sich im Markt nach Kundenwunsch neu zu positionieren (vgl. Grabs/ Bannour, 2013, S. 63 f.). 4.4 Der Social-Media-Journalist zwischen redaktionellem und-kommerziellem Content Publizistische Grundsätze, die die Berufsethik von Journalisten betreffen, sind in Deutschland im Pressekodex verankert. In 16 Ziffern werden Maßstäbe aufgezeigt, die etwa die Achtung der Menschenwürde, die Grenzen der Recherche oder die Berichterstattung von Brutalität, Gewalt und Leid betreffen. Im Zusammenhang mit Social- <?page no="63"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 64 Media-Content ist vor allem Ziffer 7 relevant, die die Trennung von Werbung und Redaktion betont: »Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken« (Deutscher Presserat, 2013, S. 3). Für die journalistische Praxis bedeutet dies, dass redaktioneller Text und Anzeigen eindeutig getrennt werden sollen, sodass für den Leser klar erkennbar ist, ob es sich um neutrale Berichterstattung oder um eine bezahlte Veröffentlichung mit kommerziellen Absichten handelt. Auch Schleichwerbung, die umgesetzt wird, indem Journalisten »erkauft« werden, fällt unter diesen Grundsatz. Es handelt sich bei dieser Art von Werbung um von Unternehmen bezahlte Veröffentlichungen, die unter dem Deckmantel einer objektiven, redaktionellen Berichterstattung auf bestimmte Produkte, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen (vgl. Deutscher Presserat, 2013, S. 18 f.). In Bezug auf das Medium Internet wird immer häufiger der Begriff des Native Advertising genannt, der sich auf das Format der Schleichwerbung bezieht. Unter Native Advertising werden werbliche Inhalte verstanden, die von Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben werden und in das normale Format von Online- Plattformen eingebettet sind-- insbesondere in Buzzfeeds und den sozialen Medien. Diese Beiträge besitzen stark beeinflussenden oder gar manipulativen Charakter, denn die Anzeigen sind wie normale Posts aufgebaut und somit bewusst als originärer, vertrauenswürdiger Content getarnt. Da die Klickraten für klassische Werbeanzeigen stetig sinken, wird diese Werbeform von vielen Web-Plattformen verstärkt angeboten (vgl. Jacobi/ Schäfer, 2014, S. 1 f.). youtube wird für diese subtile Werbung genutzt, indem kommerzielle Videovorschläge in den Suchergebnissen aufgelistet werden. Auf facebook und twitter erscheint Social Advertising in Form von Unternehmensgesponserten Posts, die zwischen einzelnen Beiträgen der Freunde erscheinen. Ein Beispiel hierfür ist der von facebook empfohlene, vom Unternehmen Manna gesponserte Werbe-Post für eine Seife (vgl. Abb. 4.F). Selbst mit den leicht zu übersehenden Hinweisen »empfohlener Beitrag« und »gesponsert« gleicht die Aufbereitung des Contents den gewöhnlichen Posts von facebook-Freunden. Dass sich Native Advertising stark etabliert hat, ist auf die sinkende Leserzahl der Print-Medien zurückzuführen: Je weniger Leser die Printausgaben von Zeitungen und Zeitschriften kaufen, desto mehr wird das Bestehen der Verlagshäuser nicht mehr von Einnahmen aus Werbeanzeigen abhängig, sondern vielmehr von Einnahmen aus dem Direktverkauf. Für Unternehmen wiederum ist es am lukrativsten, ihre Anzeigen dort <?page no="64"?> 65 4.4 Zwischen redaktionellem und-kommerziellem Content zu veröffentlichen, wo sich die Zielgruppe aufhält-- in den sozialen Medien. Deshalb gehen auch Verlagshäuser dazu über, bei ihren Online-Angeboten Werbeflächen zu verkaufen, und zwar nicht nur für offensichtlich kommerzielle Zwecke, sondern auch für Native Advertising. Dies widerspricht eindeutig der oben aufgeführten Ziffer 7 des Pressekodex. spiegel online bietet ein bekanntes Beispiel für einen Beitrag, der sich im Spannungsfeld zwischen kommerziellem und redaktionellem Content bewegt. Im Panorama wurde eine Kolumne über das Thema »Glück« veröffentlicht, die in gewisser Weise eine Verbindung zwischen dem Glücklichsein und einem Eurojackpot-Gewinn herstellte und trotz der positiven, werblich anmutenden Berichterstattung stark an einen regulären redaktionellen Beitrag erinnert (vgl. Abb. 4.G). Der Journalist wird mit Foto vorgestellt, die Schriftart entspricht der auf spiegel online, und auch das Layout gleicht dem von spiegel online. Nur in kleiner Schrift wird rechts über dem Text erwähnt, dass es sich um einen »Service von WestLotto«-- und damit um einen kommerziellen Beitrag-- handelt. Dieses Online-Angebot ist fragwürdig, insbesondere im Hinblick auf einen kurz zuvor veröffentlichten Artikel in der Printausgabe: Der spiegel berichtete kritisch über Native Advertising und sprach sich eindeutig gegen Werbung aus, die einem Redaktionstext ähnelt (zitiert durch Niggemeier, 2014, o. S.). Nachdem spiegel aufgrund der Lotto-Werbung mit kritischen Stimmen (z. B. von Stefan Niggemeier, u. a. ehemaliger verantwortlicher Medienredakteur bei der faz sonntag und Gründer des bild-Blog) konfrontiert worden war, wurde die Kolumne deutlicher als Werbeanzeige kenntlich gemacht: Das Logo von WestLotto wurde mit der Bildunterschrift »Anzeige« eingefügt, und der Autor Oliver Schönfeld tritt nicht Abb. 11: Manna-- Native Advertising auf FACEBOOK , aufgelistet zwischen den Neuigkeiten von Freunden <?page no="65"?> 4 Der redaktionelle Social-Media-Publizist als-Content-Aufbereiter 66 mehr als Kolumnenjournalist für spiegel online auf, sondern als Eurojackpot-Blogger. spiegel online hat damit zwar auf die Kritik reagiert, jedoch nur marginal (vgl. http: / / eurojackpot.spiegel.de/ kolumne/ 11/ vom-glueck-ein-finne-zu-sein). Die Beispiele zeigen: Unternehmen nutzen das Vertrauen, das Online-Redakteuren und Social-Media-Freunden geschenkt wird, für ihre eigenen Zwecke aus, indem sie in eine Maske schlüpfen und sich als Redakteur oder Freund ausgeben. Nicht zu verleugnen ist dennoch, dass Social-Media-Plattformen und Verlagshäuser ohne Werbeanzeigen nicht existieren könnten. Die Forderung vieler Nutzer, werbefrei durch die Welt der sozialen Medien zu navigieren und gleichzeitig aber keine Mitgliedsbeiträge für die Nutzung der Angebote zu zahlen, ist und bleibt utopisch. Deshalb sollte es von beiden Seiten eine Annäherung geben. Werbung ja, jedoch ehrlich und deutlich vom redaktionellen Content abgegrenzt und mehr Verständnis seitens der User für die Notwendigkeit der Kommerzialisierung der Social-Media-Plattformen und Online- Auftritte von Verlagen. Abb. 12: Native Advertising bei SPIEGEL ONLINE <?page no="66"?> 67 4.4 Zwischen redaktionellem und-kommerziellem Content Literatur &-Links * empfohlene Titel Amerland, Andrea (2013): Tipps für eine erfolgreiche Facebook-Fanpage. Springer. 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Welches Vorgehen empfehlen Sie Unternehmen im Falle eine Shitstorms? 3. Warum sollten werbliche und journalistische Texte voneinander getrennt werden? 4. Finden Sie Beispiele für und gegen die in Punkt 3 erwähnte Regel. <?page no="70"?> 71 5 Case Studies aus journalistischer Sicht Gabriele Goderbauer-Marchner, Norbert Matausch und Sarah Kovacs Im Folgenden werden exemplarisch Blogs sowie twitter- und facebook-Texte inklusive deren Formen von Visualität beleuchtet mit der Fragestellung, ob diese Fallbeispiele eher werblich-kommerzielle oder mehr journalistisch aufbereitete Inhalte präsentieren. Im Fokus ist dabei auch die jeweilige Zielgruppe. Bereits 2009 schrieb der bekannte sogenannte Zukunfts- und Trendforscher Matthias Horx von der »kreativen Ökonomie« des 21.-Jahrhunderts. Viel diskutiert, gut im Markt als Unternehmensberater, von einigen in der Wissenschaft kritisch beäugt, äußert er sich seit Jahren zur Veränderung innerhalb einer Gesellschaft, die dem Computer, dem Internet und dessen Einflusssphäre nicht entweichen kann. Nach seiner These stellen die vielfältigen Vernetzungsmöglichkeiten des Internets einerseits den Wandel der Ökonomie dar, andererseits zeigen sie die neue Rolle von Organisationen mittels »Transaktionsmethoden« (Horx, 2009, Das Buch des Wandels, S. 275). Manchen glückt der Auftritt in den Social Media. Manche machen sich lächerlich. Es ist ein Ausprobieren. Und ein Vabanquespiel. Wem goutiert der User? Mit wem »mag« er denn überhaupt in Interaktion treten? 5.1 Weblogs 5.1.1 blog.daimler.de Name: Der Daimler-Blog Erster Eintrag: 16.10.2007 Klassifikation: Personal-Publishing-Plattform Funktion: Der Daimler-Blog möchte vor allem Einblicke in »das Leben im Konzern« geben. Interessant ist der Hinweis, dass die Texte in erster Linie von Daimler-Mitarbeitern aus den »unterschiedlichsten Bereichen des Konzerns« geschrieben werden und »nicht unbedingt der offiziellen Unternehmensmeinung« entsprechen (vgl. Daimler, 2014). Dies weist deutlich darauf hin, dass eine direkte und ungefilterte textliche Interaktion mit den Lesern (siehe Kapitel 4.1.b) nicht gegeben ist-- die letzte Kontrolle über die präsentierten Meinungen bleibt beim Konzern. Layout: Der Blog präsentiert sich in einem gewohnten Blog-Stil: eine Kopfzeile, gefolgt von einer Menüzeile mit verschiedenen Kategorien, darunter rasterfömig angeordnete kurze Textbeiträge, die auf vollständige Artikel verlinken. <?page no="71"?> 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 72 Werbung: Das Verhältnis zwischen werblichen Texten und Mitarbeitermeinung präsentiert sich auf dem Daimler-Blog recht vorteilhaft. Von 14 optisch deutlich unterscheidbaren Textblöcken sind zwei werblich (»Daimler auf Youtube«, »Weltpremiere neuer Mercedes-Benz Vito«), und einer hat einen geringen werblichen Anteil (»Mercedes-Benz Cars«). Es dominieren ganz deutlich persönliche Einträge, beispielsweise »Sommerpause statt Sommerloch« oder »Als Servicetechniker auf Weltreise mit dem Bus«. Die Tonalität auf einem Corporate Blog ist, vor allem bei Produktinformationen, eine heikle Angelegenheit. Den Lesern ist es lieber, wenn Mitarbeiter ihnen über ein Produkt erzählen, ganz so, wie die natürliche Kommunikation zwischen Menschen abläuft (vgl. Walsh et al., 2011, S. 105). Analyse einer Produktvorstellung auf dem Blog: »Weltpremiere neuer Mercedes- Benz Vito« Einer der werblichen Texte auf der Startseite des Blogs ist ein Bericht über ein neues Mercedes-Benz-Modell. Leider ist es aus den Informationen nicht ersichtlich, ob der Verfasser ein Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit des Konzerns ist oder nicht. Die Tonalität des gesamten Textes ist locker und umgangssprachlich: »Wer hätte gedacht, dass ›der Chef‹ auch gerne ›handwerkert‹? ›Ich habe vor Jahren eigenhändig den heimischen Keller gefliest und beim Wohnzimmer eine Wand mit dem Presslufthammer herausgerissen‹, erzählte Dieter Zetsche bei der Begrüßung der Gäste« (van Appen, 2014). Ob geplant oder nicht, hier ist dem Autor gleich in doppelter Hinsicht ein Erfolg gelungen: Zum einen stellt er den Konzernchef als Jedermann dar, der gerne selbst zum Werkzeug greift und anpackt. Zum anderen hat er mit dem Ausdruck »der Chef« sofort eine Brücke zwischen dem Leser und ihm-- und damit indirekt dem Konzern-- geschlagen. Hier macht der Autor deutlich: »Ich bin einer von euch«, jemand, der wie sicherlich die meisten Leser eben auch einen Vorgesetzten über sich hat. Glaubwürdigkeit und Persönlichkeit: Der Artikel ist in der ersten Person geschrieben und enthält persönliche Beschreibungen über den Autor selbst, beispielsweise: »Ich als Reporter und Autonarr«, und ganz persönliche Eindrücke über das vorgestellte neue Mercedes-Benz-Modell: »Ran an die Autos. Ich habe gerne die Türen aufgemacht und vor allen Dingen zugeschlagen. Das Geräusch macht ein sattes ›Plopp‹, kein Schepper-Geräusch. Das ist eben Mercedes! « Diese Schreibe ist glaubwürdig, eben weil sie persönlich ist. Kritikfähigkeit: Eine der wichtigen Merkmale eines funktionierenden Unternehmens-Blogs ist die Fähigkeit, Kritik am Geäußerten zuzulassen. Hier glänzt der Mercedes-Blog. Der Artikel beispielsweise wurde von einem Leser kommentiert, der den Autor auf einen sachlichen Fehler (eine falsche Beschreibung einer im Auto verwendeten Technologie) hinweist. Hier kommt die Social-Media-Komponente des Mei- <?page no="72"?> 5.1 Weblogs 73 nungsaustausches zum Tragen: Ein Konzern, der derlei Formen der Kommunikation zulässt, signalisiert seinen Lesern: »Ich nehme euch ernst.« Regelmäßigkeit: Alle zwei bis drei Tage wird der Blog mit neuen Texten bestückt. Der Leser kann sich so auf einen Rhythmus einstellen-- ein wichtiges Merkmal für das Betreiben eines Blogs. Keywords: Hier verwendet Mercedes-Benz beispielsweise bei den Verschlagwortungen der Blogartikel am häufigsten den Markennamen. Andere, oft verwendete Keywords sind »Ausbildung«, »Soziales« und »Video«. Die Verschlagwortung mit dem Markennamen bringt dem Blog bei der Suchmaschinen-Platzierung jedoch nicht sonderlich viel, weil die Adresse des Blogs ungünstigerweise »blog.daimler.de« lautet und sich somit vom Schlagwort unterscheidet, das am häufigsten verwendet wird. Die Links zu den Blogbeiträgen selbst sind vollständige oder leicht gekürzte Fassungen der Überschriften. Diese Art der Verlinkung ist üblich und wird softwareseitig erledigt. Optimal allerdings ist sie nicht; hier könnte man nachhelfen und in die Links ein oder zwei der wichtigsten Schlüsselworte einbauen. So könnte aus dem Permalink des obigen Beispiels (»http: / / blog.daimler.de/ 2014/ 07/ 30/ veni-vidi-vito-transporter-statttechno-im-berliner-kraftwerk/ «) beispielsweise folgender werden: http: / / blog.daimler.de/ 2014/ 07/ 30/ mercedes-vito-kraftwerk. Fazit: Der Daimler-Blog ist ein Unternehmensblog, das auf persönlicher Ebene und mit natürlicher Schreibe auf den Leser zugeht. Es überwiegen Beiträge mit Erzählungs- und Erlebnischarakter, die den Blogeindruck verstärken. Die erklärte Zielsetzung, Einblicke in »das Leben im Konzern« zu geben, ist gelungen. 5.1.2 blog.plazahotel.de Name: Berlin Plaza Hotel Blog Erster Eintrag: 16.01.2007 Klassifikation: Personal-Publishing-Plattform Funktion: Auch dem Hotelblog geht es um direkte Kommunikation mit dem Leser. »Hier bloggt der Chef noch selbst«, merkt die Randnotiz augenzwinkernd an, weil Frank Hägerle, Geschäftsführer des Berlin Plaza Hotels, angeblich im Blog mitschreibt. Im Blog würden, so die Erklärung, persönliche Eindrücke geschildert, Momentaufnahmen geliefert und anderen die Möglichkeit geboten, Kommentare abzugeben. Inwieweit die Einträge im Blog gefiltert werden und tatsächlich so die persönliche Meinung des Schreibers wiedergeben, wird nicht klar. Die versuchte Schaffung von Authentizität durch die Mitwirkung des Geschäftsführers am Blog läuft allerdings in Leere: Kein einziger der neuesten 100 Beiträge (zurückreichend bis 2. Mai 2013) wurde »vom Chef« selbst geschrieben. Layout: Bereits auf den ersten Blick erkennt der Leser, dass er einen Blog liest. Die aus der Anfangszeit der Personal-Publishing-Plattformen wie etwa Blogspot oder Wordpress bekannte Anordnung der Texte signalisiert das deutlich: eine Kopfzeile, gefolgt <?page no="73"?> 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 74 von einer Menüzeile mit verschiedenen Kategorien, und darunter seitenbreiten Texte in kompletter Länge. Werbung: Von den sechs auf dem Blog verfügbaren Textkategorien finden sich zwei, die sich direkt auf das Hotel oder das angeschlossene Lokal beziehen. Allerdings haben auch Beiträge in anderen Kategorien direkten Bezug zum Hotel. Von den aktuellsten 100 Einträgen im Blog beziehen sich 56 auf das Hotel oder das Lokal (Speisekarten, Mittagsangebote). 44 sind persönlicher Natur (Fußballspiele, Ausflüge, Veranstaltungstipps). Was trotz des zahlenmäßigen Überhangs werblicher Beiträge auffällt: Diese Texte sind größtenteils Listen, also reine Produktinformationen ohne schreiberische Gestaltung. Betrachten wir die persönlichen Beiträge, fällt uns auf, dass der Schreibstil relativ unpersönlich daherkommt, beispielsweise: »Am 26. Januar 2014 zog das Büro- und Empfangsteam des Berlin Plaza Hotels bei eisigen -13 Grad los, um die Eisbären Berlin im Kampf um den wichtigen letzten Pre-playoff-Platz zu unterstützen.« 5 Das klingt eher nach Pressemitteilung als nach persönlichem Blogeintrag. Was fehlt: der eigene Stil (vgl. Kapitel 4.2). Auch ein anderer Text liest sich eher nach Mitteilung im Amtsblatt als nach persönlichem Text, den jemand geschrieben hat, der wirklich mit Lesern kommunizieren möchte (1: n-Kommunikation, vgl. Kapitel 2.1): »Unser stellv. Direktor nun auch zertifizierter Revenue Manager, geprüft vor der WIHOGA Dortmund«, steht in der Überschrift, und danach heißt es: »Alexander Diecke hat an dem achttägigen WIHOGA Zertifikatslehrgang für Führungskräfte der SPALTEHOLZ HOTELKOMPETENZ GmbH &- Co. KG zum zertifizierten Revenue Manager teilgenommen und erfolgreich bestanden. Als stellv. Direktor ist Herr Diecke vor allem für die operative Führung, aber auch für die gastronomischen Bereiche in unseren beiden Hotels Berlin Plaza &- Astoria verantwortlich.« 6 Hier begeht der Verfasser gleich mehrere Fehler, die dazu beitragen, seinen Text so amtlich klingen zu lassen: Zum einen verwendet er Abkürzungen im Text, wo es keine braucht: »stellv. Direktor«-- am mangelnden Platz kann es nicht gelegen haben. Dann: Im Text wird ein Unternehmensname durchweg in Versalien geschrieben, auch das ist zu vermeiden, eben weil es nach Pressemitteilung und nicht nach Blogeintrag aussieht. Ein anderer Fehler, der uns sehr oft in Kurzmitteilungen begegnet, die wir in der Tageszeitung lesen, ist die Verwendung des Wortes »Herr« oder »Frau« anstatt des 5 http: / / blog.plazahotel.de/ 2014/ 01/ 29/ das-berlin-plaza-hotel-team-zu-gast-bei-den-eisbaeren-berlin/ 6 http: / / blog.plazahotel.de/ 2014/ 08/ 05/ unser-stellv-direktor-nun-auch-zertifizierter-revenue-managergeprueft-vor-der-wihoga-dortmund/ <?page no="74"?> 5.2 Microblogs: Twitter.com/ lufthansa_DE 75 gesamten Namens. Im obigen Beispiel lesen wir »Herr Diecke«, obwohl wir ja schon wissen, dass er Alexander mit Vornamen heißt. »Als stellvertretender Direktor ist Alexander Diecke« hört sich allemal persönlicher, menschlicher an als »Als stellv. Direktor ist Herr Diecke«. Unterstützt wird diese Wirkung durch den spärlichen Einsatz der Ich- oder Wir- Perspektive. Dementsprechend mager fällt auch die erwünschte Interaktion mit den Lesern (»Geben Sie einfach Ihre Kommentare ab«) des Blogs aus: Die Mehrzahl der Artikel weist keinen einzigen Kommentar auf. Ob und in welchem Ausmaß die Verfasser mit kritischen Kommentaren umgehen können, ist daher nicht ersichtlich. Ein großes Manko ist die fehlende Möglichkeit, nach Autoren sortieren zu lassen. Vorbildlich dagegen sind die Verlinkungen in den Artikeln. Regelmäßigkeit: Der Blog wird unregelmäßig mit neuen Texten bestückt. Die zehn Artikel auf der ersten Startseite reichen vom 27. November 2013 bis zum 6. August 2014 (Stand: 20.8.14). Zwischen dem 30. Januar 2014 und dem 30. Juni 2014 wurde kein einziger Artikel online gestellt. Eine Kundenbindung durch regelmäßige Berichte kann so nicht stattfinden. Keywords: Die Begriffe »Berlin«, »Hotel« und »Plaza« werden am häufigsten verwendet. Das Wort »Plazahotel« findet sich zwar im Domainnamen, nicht aber in den Keywords. Die Permalinks der einzelnen Artikel enthalten die automatisch gekürzten Überschriften. Hier könnte nachgebessert werden. Fazit: Der Blog verspricht mehr, als er hält. Obwohl er auf der Startseite ankündigt: »Hier bloggt der Chef noch selbst«, finden sich größtenteils Beiträge seiner Mitarbeiter. Das ist eine versäumte Chance. Auch der Überhang der deutlich werblichen Beiträge trägt nicht dazu bei, den Blog auch als solchen bei den Lesern zu etablieren: Er wirkt eher wie eine erweiterte Werbeplattform. Das Ziel des Blogs, persönliche Eindrücke zu schildern und Momentaufnahmen zu liefern, wird nicht erreicht. 5.2 Microblogs: Twitter.com/ lufthansa_DE Bei twitter: seit März 2009 Klassifikation: Microblogging-Plattform Funktion: »Twitter delivers Lufthansa news in real time. It disseminates updates in the briefest form, fast and uncomplicated.« 7 Hier geht es Lufthansa also um einen weiteren Kanal, den der Konzern zur Verbreitung von Neuigkeiten einsetzt. Die Lufthansa twittert nach Angaben des Deutsche Marken-Twitter-Reports im Schnitt 140 Mal pro Woche (vgl. Brandwatch, 2014), also im Schnitt 20 Mal am Tag. Diese Tweets verteilen sich auf sechs twitter-Accounts 8 . Der deutschsprachige Account 7 http: / / newsroom.lufthansa.com/ twitter 8 http: / / newsroom.lufthansa.com/ twitter <?page no="75"?> 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 76 der Lufthansa hat 155.000 Follower und weist zwischen zwei und drei Tweets pro Tag auf. Auf dem twitter-Account der Lufthansa finden sich Bilder, Fluginformationen und Angebote, beispielsweise für Sonderpreisaktionen. Auch die Interaktion mit den Leserkommentaren ist vorbildlich: Auf Anfragen und Bemerkungen reagiert das twitter-Team der Lufthansa prompt und freundlich, und immer mit Angabe der Person, die geantwortet hat, beispielsweise: »@MBurghardt83 Na das hat sich doch gelohnt; -) Guten Flug und geniessen Sie das Upgrade! / Mia« 9 Krisenkommunikation: Doch wie geht der Lufthansa-twitter-Kanal mit Krisen um? Wie gestaltet sich die Kommunikation? Verändert sich die Häufigkeit der Tweets, um die Betroffenen umfassend zu informieren? Kurz: Welche Kommunikationsstrategie verfolgt das Unternehmen, um den Kunden im Krisenfall auf Augenhöhe zu begegnen? Sehen wir uns als Beispiel die Tweets während des bisher größten Pilotenstreiks in der Geschichte der Lufthansa an. Vom 2. bis 4. April 2014 traten die Piloten der Lufthansa nach wenigen Tagen Vorankündigung in Streik. Während des Ausstands fielen 3.800 Flüge aus, insgesamt 425.000 Passagiere wurden nicht befördert. Zeitlicher Ablauf: Am 28. März 2014 lautet ein Tweet: »Streikankündigung der Vereinigung Cockpit für den 2. bis 4. April. Mehr Informationen hier: http: / / t.lh. com/ du3C« 10 . Insgesamt sieben Kommentare folgen, zusätzlich drei Kommentare vom twitter-Account der Lufthansa, die sich auf die Bemerkungen beziehen und weitere Ratschläge enthalten. Am 31. März 2014 folgt erneut ein Tweet: »Streik der Pilotengewerkschaft, 2.-4.4.2014-- Updates zur Situation finden Sie hier: http: / / ti.lh.com/ Pvpn« 11 . Fünf Kommentare folgen, davon einer von Lufthansa mit dem Hinweis, sich wegen eines ausgefallenen Flugs ans Service Center zu wenden. Am 1. April ein Tweet mit Verweis auf einen facebook-Eintrag von Jens Bischof, Mitglied des Passagevorstandes der Lufthansa: »Liebe Passagiere, ich bedaure sehr, dass solche massiven Unannehmlichkeiten entstehen! Ihr Jens Bischof« 12 . Der Ton der Kommentare (insgesamt 13) wird nun deutlich schärfer. Das twitter-Team von Lufthansa geht jedoch nicht darauf ein und beantwortet weiterhin nur Kommentare, in denen Fragen gestellt werden. Am 2. April 2014 entschuldigt sich der Vorstandsvorsitzende Dr. Christoph Franz per youtube-Video für »die entstehenden Unannehmlichkeiten« 13 . Auch hier deutlich schlechte Stimmung in den acht Kommentaren. Die ungünstige Krisen-Kommunikationsstrategie der Lufthansa wird nun deutlich: Anstatt Dr. Franz persönlich auf die ungehaltenen Stimmen reagieren zu lassen und somit den Kunden zu signalisieren: 9 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 501061376467804160 10 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 449550052667568128 11 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 450618396502405120 12 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 451104367027191808 13 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 451325341421015040 <?page no="76"?> 5.3 Social Networks 77 »Jetzt kümmert sich der Chef um Ihre Angelegenheit«-- schließlich hat er ja den Tweet mit seinem Video eröffnet--, reagiert eine Mitarbeiterin des twitter-Teams auf einen Vorwurf, und zwar nur auf einen einzigen. Der hochemotionale Kommentar einer Geschäftsreisenden mit Senator-Status, »I hate Lufthansa! « 14 , bleibt gänzlich unbeantwortet. Dabei geht es nicht um die Frage, ob der Konzern vielleicht außerhalb von twitter auf die entrüstete Kundin zuging oder nicht-- ein wichtiges und wirksames Signal wäre es gewesen, sich auch auf twitter um das Wohlergehen und die Schadensbegrenzung der Kundin zu kümmern. Damit hätte Lufthansa der Angelegenheit einen positiven Dreh geben können. Die schnelle, direkte Kommunikation mit dem Kunden (siehe Kapitel 4.4.c) fehlt hier komplett. Ein ganzer Tag vergeht (3. April) ohne irgendeine Meldung aus der twitter- Redaktion von Lufthansa. Am 4. April 2014 folgt die Mitteilung: »Wiederaufnahme des planmäßigen Flugbetriebs nach Streik der Pilotengewerkschaft. Mehr Informationen hier: http: / / t.lh. com/ hZ3X« 15 . Der Tweet bleibt ohne Reaktionen. Eine abschließende Entschuldigung findet sich nicht. Drei Tage später, am 7. April 2014, twittert Lufthansa weiter, als sei nichts geschehen: mit einem Hinweis auf einen aktuellen Kinofilm, der an Bord zu sehen ist. Fazit: Der größte Pilotenstreik in der Geschichte des Unternehmens hat, betrachtet man nur den twitter-Feed der Lufthansa, eigentlich kaum stattgefunden. Weder erhöhte sich die Menge der Beiträge, in denen der Konzern seine 155.000 Abonnenten über die aktuelle Sachlage informiert, noch schien der Fokus auf persönliche und direkte Kommunikation mit den Lesern zu liegen. Lufthansa scheint twitter eher als traditionelle 1: n-Kommunikation anzusehen (wie Zeitung, Fernsehen, Rundfunk oder klassische Homepages ohne Kommentarfunktion, siehe hierzu auch Kapitel 2). Die twitter-Kommunikation auf dem Lufthansa-Account verhält sich somit ähnlich wie die der 54 anderen bekanntesten deutschen Marken auch: Der Kundenservice spielt auf dem twitter-Account die geringste Rolle (vgl. Brandwatch, 2014). 5.3 Social Networks Im März 2014 begann mit dem »Fall Hoeneß« der Prozess des Jahres 2014: FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wurde wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 3,5 Mio. Euro angeklagt. Für die Zeitungen lieferte diese Story fast im Stundentakt spekulative Neuigkeiten. Von Themen, die sich im Laufe des Tages kontinuierlich verändern, profitieren vor allem die Social-Media-Auftritte der Verlage- - im Gegensatz zu den 14 https: / / twitter.com/ carolinarizo/ status/ 451846552336613377 15 https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE/ status/ 452207930260328448 <?page no="77"?> 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 78 Printzeitungen können sie online fast in Echtzeit über die neuesten Begebenheiten berichten. So auch über den Fall Hoeneß, wie etwa bei der zeit. Die zeit und zeit online treten in den Social Networks beide auf facebook mit einem separaten Account auf: facebook.com/ diezeit und facebook.com/ zeitonline. Deren Strategie hinsichtlich der Berichterstattung unterscheidet sich sehr deutlich, obgleich derselben Zeitung hervorgehend. Während zeit online täglich mehrmals und ausführlich über Neuigkeiten bezüglich der Klage gegen Uli Hoeneß berichtete, wurden auf zeit nur die wichtigsten Nachrichten in knapper Form veröffentlicht. Abb. 13 und 14 zeigen zwei der unzähligen Posts, die von zeit online auf facebook veröffentlicht wurden. Die Kommunikationsstrategie lässt sich anhand der beiden Meldungen verdeutlichen: Auf facebook werden in wenigen Sätzen die Rahmendetails der Nachricht preisgegeben, jedoch nur so viel, dass der Leser zwar in etwa weiß, um was es geht, dennoch nicht den gesamten Sachverhalt kennt. Um die facebook-User neugierig zu machen, wird der Bericht angeteasert: Es werden Fragen gestellt (»Muss Uli Hoeneß seine gesamte Haftstrafe absitzen? «), Spekulationen gemacht (»Wahrscheinlich nein.«) und eine Aussicht gegeben, welche Informationen den Leser erwarten, wenn er dem Link zur Berichterstattung auf der zeit-Website folgt (»Der Versuch einer Erklärung«). Wer sich dann ausführlich über das Thema informieren möchte, muss dem Link zum Webauftritt www.zeit.de folgen. Der Meldung wird ein plakatives Bild hinzugefügt, um auch den flüchtigen User aufmerksam zu machen, der sich von optischen Eindrücken leiten lässt. Dass in Social-Media-Posts gerne mit Emotionen gespielt wird, ist insbesondere in Abbildung 14 ersichtlich. Die Abb. 13: ZEIT ONLINE über den Fall Hoeneß-I <?page no="78"?> 5.3 Social Networks 79 Körpersprache von Uli Hoeneß ist eindeutig: Den Rücken den Reportern zugedreht, zeigt er sich dennoch sichtlich resigniert und niedergeschlagenen; vermutlich die Hände vor dem Gesicht, um Tränen zu verbergen. Selbst jemand, der sich mit dem Fall Uli Hoeneß nicht auseinandergesetzt hat, wird sich bei dem Anblick des Fotos interessiert fragen, was dem Menschen widerfahren sein muss. Um die Neugierde und Sensationslust der Leser anzusprechen, präsentiert sich zeit online in der Hoeneß-Berichterstattung auf facebook somit mit kurzen und prägnanten Aussagen, offenen Fragen und emotionalen Bildern. Der facebook-Auftritt der zeit hingegen bedient sich einer völlig anderen Kommunikationsstrategie in Bezug auf den beschriebenen Fall. Die Journalisten, die auf facebook für den Account der Wochenzeitung posten, gehen davon aus, dass die facebook-User über den Fall Hoeneß Bescheid wissen und sich für eine ausgiebige Berichterstattung auf anderen Medien informieren. Deshalb postet die zeit nicht kontinuierlich über Mutmaßungen und Spekulationen, sondern nur dann, wenn es spruchreife Neuigkeiten gibt. Als das Gerichtsurteil verkündet wurde, war auf facebook.com/ diezeit lediglich zu lesen: »3 Jahre und 6 Monate«. Dem Credo »so viel wie nötig und so wenig wie möglich« wurde dieser Journalist treu. Trotz der fehlenden Informationen, um wen und was es geht, wusste jeder Leser, dass es sich um Hoeneß handeln muss- - und nicht um die Frage, wie lange es dauert, bis der letzte Eisberg aufgrund der globalen Erderwärmung schmilzt. Abb. 14: ZEIT ONLINE über den Fall Hoeneß-II <?page no="79"?> 5 Case Studies aus journalistischer Sicht 80 Literatur &-Links von Appen, Dan (2014): http: / / blog.daimler.de/ 2014/ 07/ 30/ veni-vidi-vito-transporter-statt-techno-im-berliner-kraftwerk/ . Letzter Zugriff 14.7.2014. Brandwatch (2014): Deutsche Marken auf Twitter. Eine Analyse der Twitter-Aktivität 2014. Brandwatch. http: / / blog.daimler.de/ . http: / / blog.plazahotel.de/ . https: / / www.facebook.com/ zeitonline/ posts/ 10202612303501042. https: / / www.facebook.com/ zeitonline/ posts/ 10202623643704540. Horx, Matthias (2009): Das Buch des Wandels. Wie Menschen Zukunft gestalten, 3. Aufl., DVA, München. https: / / twitter.com/ Lufthansa_DE. Walsh, Gianfranco, Prof. Dr., Kilian, Thomas, Dr. (2011): Web 2.0. Neue Perspektiven für Marketing und Medien. Springer Verlag. Übungsaufgaben 1. Welche Verbesserungsvorschläge geben Sie dem Blog des Plaza Hotels? 2. Was hätten Sie im Falle der TWITTER -Kommunikation der Lufthansa anders gemacht? 3. Anhand der bestehenden Fakten: Glauben Sie, dass Lufthansa einen Krisenkommunikationsplan für Social Media hat? Belegen Sie Ihre Antwort. 4. Warum ist es wichtig, als Unternehmen bei Blogauftritten oder anderen Social Media authentisch zu schreiben? <?page no="80"?> 81 6 Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Distribution von Content Gabriele Goderbauer-Marchner und Sarah Kovacs 6.1 Social-Media-Guidelines Es gibt keinen einfacheren Weg, Content medial in solch einer Geschwindigkeit ungefiltert zu verbreiten, als den über die sozialen Medien. Innerhalb kürzester Zeit können Privatpersonen, Unternehmen, Journalisten oder Politiker einen Account auf twitter einrichten, der es ihnen erlaubt, Informationen in Sekundenschnelle zu veröffentlichen. Je leichter es ist, Content zu verbreiten, desto weniger wichtig erscheint es jedoch zuweilen, inhaltlich und sprachlich ansprechend zu formulieren. Vergleichbar ist dies mit dem Wandel der Sprache durch die E-Mail-Kommunikation. Wird bei einem postalischen Brief noch intensiv an dem Inhalt, dem sprachlichen Ausdruck und der Wirkung auf den Empfänger gefeilt, werden elektronische Mails weitaus unbedachter verfasst. Die niedrige Einstiegshürde für die Verbreitung von Content in den sozialen Medien birgt ein enormes Potenzial, ist aber ebenso mit Chancen verbunden wie mit Risiken. Es darf nicht unterschätzt werden, wie die gesendeten Inhalte auf facebook und twitter beim Rezipienten wirken und welche Reaktion sie beim ihm auslösen. Ein Unternehmen sollte beispielsweise darauf bedacht sein, dass der gut gemeinte Blog-Eintrag eines Mitarbeiters bei kritischen Lesern sogleich als Guerilla-Marketing aufgefasst wird (vgl. Bernecker/ Beilharz, 2012, S. 75). In der Gemeinschaft einstiger Follower kann sich so innerhalb weniger Minuten eine Welle der Empörung entladen-- statt »Likes« hagelt es aufgebrachte Kommentare. Was die Medien für die Politik sind, sind im sozialen Netz die Rezipienten für die Unternehmen: Kritiker und Kontrolleure. Wenn sich Organisationen in den sozialen Medien präsentieren möchten, sollten sie deshalb vorab einen Social-Media-Guideline erstellen, auch als Social-Media-Policy (vgl. Aßmann, 2013, S. 71) bekannt. Dieser bietet klare Richtlinien, wie sich Mitarbeiter im sozialen Netz verhalten sollen, sobald sie im Namen der Organisation Inhalte generieren, verbreiten und infolgedessen als Botschafter auftreten. Wenn definiert ist, in welchen Medien welche Inhalte wie kommuniziert werden dürfen, ist der Grundstein für eine erfolgreiche Kommunikation im sozialen Netz gelegt-- der Mitarbeiter ist vor Fehltritten und die Organisation vor ungewolltem Content und damit einhergehenden Imageschäden geschützt (vgl. Bernecker/ Beilharz, 2012, S. 75, sowie Faßnacht, 2010, S. 3). <?page no="81"?> 6 Distribution von Content 82 Nicht zu verwechseln sind die Social-Media-Guidelines mit der Social-Media-Strategie. Letztere beschreibt Zweck, Ziel und Weg der Social-Media-Aktivitäten, während die Guidelines als eine Art Kommunikationsleitfaden für die Dialog-Kultur einen operativen Bestandteil innerhalb dieser Strategie darstellen (vgl. Jodeleit, 2013, S. 62 f.). Im Internet lassen sich unzählige spezifische Social-Media-Guidelines von Unternehmen finden. Eine allgemeingültige Übersicht zu den wichtigsten Eckpunkten bezüglich des Inhalts solcher Guidelines wird vom Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien zur Verfügung gestellt. Diese sollen den Mitarbeitern online eine Orientierung geben und die Angst vor den sozialen Medien nehmen. Der Verband empfiehlt, den Social-Media-Akteuren folgende Aspekte bewusst zu machen, bevor sie Content generieren (vgl. Faßnacht, 2010, S. 4 f.): • Ziel und Strategie des Social-Media-Auftritts, • Eigenverantwortlichkeit bezüglich des Verbreitens von Content, auch hinsichtlich vertraulicher Informationen, • Trennen von Fakten und persönlicher Meinung, • Transparenz bezüglich der eigenen Identität als Unternehmensbotschafter, • Auswirkung unternehmensschädlicher Äußerungen, • Selbstverständlichkeit eines respektvollen Umgangs in der Community, • regelmäßiger Auftritt in den Plattformen sowie das Schaffen von Kapazitäten (Zeit und Budget) hierfür, • Monitoring des verbreiteten Contents, auch durch die Mitarbeiter (vgl. Kapitel 10.3), • Aufzeigen des gesetzlichen Rahmens (vgl. Kapitel 11), • Abgrenzen von privater und beruflicher Nutzung der sozialen Medien während der Arbeitszeit. Beim Aufsetzen der Guidelines ist darauf zu achten, dass sie die Kommunikation im Netz nicht unterbinden, sondern positiv gestalten. Ein Leitfaden mit Ratgebercharakter zeigt dabei eine größere Wirkung als ein Regelwerk. Die Gratwanderung ist hierbei: die Mitarbeiter motivieren, als Botschafter zu agieren, anstatt sie mit Verboten einschüchtern. Was nicht ausschließt, dass die Guidelines durchaus verbindlichen Charakter besitzen und für alle Mitarbeiter gelten, sobald sie offiziell in den sozialen Netzwerken agieren und Content verbreiten (vgl. Jodeleit, 2012, S. 64). Viele Unternehmen gehen dazu über, ihre Guidelines audiovisuell zu gestalten, um auf unterhaltsame Weise den Mediennutzungsgewohnheiten der Mitarbeiter gerecht zu werden. Ein dreiminütiges, ansprechend gestaltetes Video kann mehr Aufmerksamkeit erzielen als der Link zu einem auf den ersten Blick langwierigen und mühsam zu lesenden Schriftstück. <?page no="82"?> 6.1 Social-Media-Guidelines 83 Die Denkwerk GmbH beispielsweise erhielt für ihre audiovisuelle Umsetzung der Social-Media-Guidelines (vgl. Abb. 15) den »Red Dot Communication Design Award 2013« in der Kategorie »Best of the Best«. Basierend auf einer Animation zeigt dieser spielerisch und emotional aufbereitete Clip die DOs und DON’Ts der Kommunikation im sozialen Netz. Veröffentlicht wurde der Kurzfilm auf diversen Plattformen wie facebook und youtube. Im Gegensatz dazu setzt DHL auf die klassische Variante in Textform (vgl. Abb. 10.B) und schafft es, durch ein ansprechendes und übersichtliches Design sowie ein auf den Punkt gebrachtes Wording den Mitarbeitern auf nur zwei Seiten seine Social-Media-Guidelines näherzubringen. Die zehn Eckpfeiler (Deutsche Post DHL, o. J., S. 2 f.) sind: Abbildung 15: Audiovisuelle Social-Media- Guidelines der Denkwerk GmbH Abb. 16: Social-Media-Guidelines bei-DHL <?page no="83"?> 6 Distribution von Content 84 1) Beachten Sie unsere Unternehmenswerte. 2) Sprechen Sie nur für sich selbst. 3) Seien Sie authentisch und transparent. 4) Behalten Sie vertrauliche Informationen für sich. 5) Schützen Sie Ihre Privatsphäre und auch die Ihrer Kinder. 6) Handeln Sie verantwortlich. 7) Halten Sie sich an geltendes Recht. 8) Behandeln Sie andere mit Respekt. 9) Unterstützen Sie uns. 10) Nutzen Sie interne Plattformen. 6.2 Redaktionsplan Um geplant und strukturiert Themen auf einer Social-Media-Plattform zu veröffentlichen, ist es empfehlenswert, einen Redaktionsplan zu erstellen. Er enthält eine Übersicht zu folgenden Aspekten und kann je nach Bedarf weiter ergänzt werden (vgl. Löschke, 2012, o. S., sowie Aßmann/ Röbbeln, 2013, S. 136): • Welches Thema soll an die Öffentlichkeit gebracht werden? • Wer generiert den Content? Wer gibt den Beitrag frei, und wer publiziert ihn? • Wann wird der Beitrag veröffentlicht? • Auf welchen Plattformen wird der Beitrag veröffentlicht? • Wie ist der Bearbeitungsstatus des Beitrags? Somit fungiert der Redaktionsplan auch als Art Checkliste, die um die jeweiligen Deadlines erweitert werden kann. Zudem können im Plan wichtige Termine vermerkt werden, die gleichzeitig auch den Content für mögliche weitere Beiträge bieten-- beispielsweise Messeauftritte, Jubiläen, Produktveröffentlichungen, Umfrageergebnisse etc. Ein weiterer Vorteil des Redaktionsplans ist, dass er thematische Überschneidungen bzw. Doppelungen sowie lange Kommunikationspausen auf einen Blick aufzeigt. Vorlagen für Redaktionspläne lassen sich zum Teil kostenlos aus dem Internet herunterladen und an die eigenen Bedürfnisse anpassen. 16 Ein Beispiel für einen Redaktionsplan zeigt Abb. 17. 16 Eine Übersicht über sieben unterschiedliche Redaktionspläne zum kostenlosen Download gibt folgende Website: http: / / www.onlinemarketing-praxis.de/ social-media/ social-media-redaktionsplanmuster-als-vorlage. <?page no="84"?> 6.3 Organisation und Bündelung des Contents 85 6.3 Organisation und Bündelung des Contents Es steht eine Fülle an Social-Media-Plattformen zur Verfügung, um die Botschaften der Zielgruppe näher zu bringen. Bezüglich der Organisation und Bündelung des veröffentlichten Contents ergeben sich deshalb zwei Fragenkomplexe, wobei der erste auf die Wahl der Plattform abzielt: Welche Plattformen eignen sich, den Content zielgerichtet zu veröffentlichen, und muss auf allen gängigen Plattformen Präsenz gezeigt werden? Nach einer BITKOM-Studie (vgl. BITKOM, 2013, S. 13) zur Nutzung von sozialen Netzwerken war 2013 jeder deutsche Internetnutzer im Schnitt bei 2,5 unterschiedlichen Plattformen angemeldet, unter den 20bis 29-Jährigen liegt die Zahl der Mitgliedschaften sogar bei 3,0. Damit der veröffentlichte Content die richtige Zielgruppe erreicht, gilt es, vorab zu analysieren, auf welchen Plattformen sie sich aufhält. Auch wenn 56 Prozent der Internetnutzer aktiv auf facebook sind, bedeutet dies nicht, dass der Großteil der zu erreichenden Zielgruppe ebenfalls dort einen Account besitzt und nutzt. Nach dem Prinzip des »Share of Voice« ist es wichtig, den Content auf mehreren Plattformen zu verbreiten, um ein möglichst großes Zielpublikum zu erreichen und somit die Reichweite der Botschaft zu erhöhen (vgl. Weinberg, 2012, S. 403) Ob dies große Plattformen wie facebook, twitter, pinterest und google+ oder eher kleine Nischenplattformen sind, gilt es vorab zu prüfen. Empfehlenswert ist es, dieser Frage nicht für jede Botschaft im Einzelfall nachzugehen, sondern grundsätzlich festzulegen, wo es sinnvoll ist, das Unternehmen, die Marke oder die Organisation im sozialen Netz zu positionieren. Je aktiver man im sozialen Netz agiert, desto höher wird jedoch auch der damit verbundene zeitliche Aufwand, vor allem wenn eine Botschaft auf unterschiedlichen Plattformen veröffentlicht werden soll. Um diesen Aufwand so gering wie möglich zu halten, existieren Anwendungen wie »PubSubHubbub«, die das automatisierte und Abb. 17: Beispiel eines Social-Media-Redaktionsplans <?page no="85"?> 6 Distribution von Content 86 zeitnahe Veröffentlichen des Contents auf mehreren Plattformen gleichzeitig unterstützen. Sie kommen dem Bestreben entgegen, eine Mitteilung auf mehreren Social- Media-Plattformen gleichzeitig zu publizieren (vgl. Münz, 2011, S. 151 f.). Somit muss nicht für jede Plattform der ursprünglichen Beitrag umgeschrieben werden, was eine enorme Zeitersparnis bedeuten kann. Die Herausforderung liegt dabei darin, diese Prozesse zwar zu automatisieren, aber dennoch in einen echten, authentischen Dialog mit der Zielgruppe zu treten. Ob es inhaltlich tatsächlich sinnvoll ist, denselben Content auf unterschiedlichen Plattformen zu posten, ist jedoch fraglich: »Eine Präsenz auf einer Networking- oder Microblogging-Plattform, die sich nur auf Echtzeit-Feeds stützt, läuft leicht Gefahr, die ›biotop-gerechte Kommunikation‹ innerhalb der einzelnen Microblogging- und Networking-Plattformen zu ignorieren. (…) Die Charakteristika der einzelnen Plattformen unterscheiden sich teilweise so sehr, dass es praktisch wenig sinnvoll ist und sogar schädlich fürs Image sein kann, in einer davon primär aktiv zu sein und die Präsenz in den anderen davon automatisiert abzuleiten« (Münz, 2011, S. 152). Es ist außerdem wichtig, vorab zu planen, wie viel Zeit für die Pflege der Social-Media- Accounts investiert werden kann, und zu eruieren, ob es tatsächlich nötig ist, auf allen gängigen Plattformen präsent zu sein (vgl. ebd., S. 153). Die zweite Frage ergibt sich aus der Tatsache, dass aufgrund der großen Menge an genutzten Plattformen der Überblick über die veröffentlichten Inhalte verloren gehen kann: Wie kann der auf den unterschiedlichen Plattformen veröffentlichte Content gebündelt werden, sodass die im sozialen Netz zur Verfügung stehenden Informationen übersichtlich verfügbar sind? Das Problem der Zerstreutheit des Contents ist besonders dann brisant, wenn nicht auf jeder Plattform derselbe Content veröffentlicht wird, also wenn den Nutzer die Bandbreite an Informationen eines Unternehmens nur dann erreicht, wenn er unterschiedliche Plattformen besucht. Social-Media-Newsrooms können dafür als eine Art online zugängliche Pressemappe die Lösung darstellen. In den Newsrooms lässt sich die gesamte Bandbreite des Contents aus den verschiedenen Plattformen übersichtlich bündeln, und Redaktionen sowie Endkunden erhalten auf diese Weise einen Überblick über alle Aktivitäten im sozialen Netz (vgl. Belvedersi-Kochs, 2013, S. 81). Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat beispielsweise die Stadt Frankfurt zur Information der Bürger, Besucher und Journalisten einen Social-Media-Newsroom erstellt: »Facebook, Twitter, YouTube-- die Social-Media-Kanäle der Stadt Frankfurt am Main auf einen Blick« (vgl. Abb. 18). Davon können beispielsweise Reisejournalisten profitieren, da alle Social-Media-Einträge über wichtige Ereignisse der Stadt gebündelt präsentiert werden. <?page no="86"?> 6.4 Social-Media-Monitoring 87 6.4 Social-Media-Monitoring Kommentare, Posts und Likes in sozialen Netzwerken lassen für Unternehmen einen Rückschluss darauf zu, wie das Produkt oder die Dienstleistung von den (potenziellen) Kunden wahrgenommen wird und welche Erwartungen diese haben. Solche Informationen werden jedoch selten direkt auf den Unternehmensseiten preisgegeben, sondern häufiger in informellen Diskussionen, beispielsweise auf facebook oder in Foren. Die Beobachtung der sozialen Medien, das sogenannte Social-Media-Monitoring, ist unabdingbar, wenn in Erfahrung gebracht werden soll, ob eine Marke und ihr auf den sozialen Plattformen veröffentlichter Content bei der Zielgruppe Anklang findet. Zu Marktforschungszwecken werden Inhalte, die von den Usern in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, identifiziert, beobachtet und analysiert. So kann das Monitoring ein Indikator dafür sein, ob eine Social-Media-Strategie eingeführt bzw. ob deren Umsetzung zielgerichtet modifiziert werden sollte (vgl. Ehlers, 2013, S. 163 ff., sowie Hettler, 2010, S. 81). Folgende Aspekte können durch ein Social-Media-Monitoring beleuchtet werden (vgl. Ehlers, 2013, S. 167, sowie Hettler, 2010, S. 83 f.): Abb. 18: Der Social-Media-Newsroom der Stadt Frankfurt <?page no="87"?> 6 Distribution von Content 88 • Außenwirkung des Unternehmens, • in der Öffentlichkeit diskutierte Trends und Themen, • Meinungsführer, die häufig über das Unternehmen sprechen und in der Community Einfluss ausüben, • Einstellung der Kunden gegenüber dem Produkt, der Dienstleistung und der Marke sowie der Meinung der Kunden zur Konkurrenz, • Beobachtung der Social-Media-Präsenz von Wettbewerbern, • Erwartungen und Wünsche seitens der Zielgruppe, • potenzielle Krisenherde, die negativ auf die Reputation wirken, • Wahrnehmung und Bewertung von Social-Media-Kampagnen durch die Nutzer. Zum Gegenstand der Beobachtung in den sozialen Netzwerken werden weit mehr als nur die Postings auf facebook gemacht. So lassen sich beispielsweise »schriftliche Äußerungen, verbales Verhalten in Podcasts, nonverbale Signale in Videobeiträgen, soziale Beziehungen und Verhaltensweisen in virtuellen Gemeinschaften« (Hettler, 2010, S. 82) für das Social-Media-Monitoring heranziehen. Der erste Monitoring-Schritt ist es, ausgewählte Plattformen aktiv und regelmäßig zu besuchen, um ein Gespür für die Stimmungslage und die Tonalität der Zielgruppe zu ermitteln. Vor allem gilt es, den eigenen Social-Media-Auftritt zu überwachen: Leitfragen können dabei sein: »Welche Dialoge entwickeln sich? Wie reagieren die Nutzer auf den veröffentlichten Content? « Des Weiteren können auch Drittseiten, deren Content auf die eigene Marke bezogen ist, in den Beobachtungsradar mit einbezogen werden. Auf diesen Seiten lässt sich eruieren, welche Meinungen auf Wikipedia, in Foren, Blogs und auf Bewertungsseiten veröffentlicht werden (vgl. Berne, 2010, S. 153, sowie Bernecker/ Beilharz, 2012, S. 244). Diese Beobachtung ist von qualitativer Art, denn es geht hierbei darum zu erkennen, was und wie über die eigene Marke gesprochen wird. Viele Social-Media-Plattformen bieten ihren Mitgliedern diverse quantitative Auswertungsmöglichkeiten zur Aktivität der Fans und Follower sowie zu deren demografischen Daten. So kann ermittelt werden, ob und in welchem Ausmaß der Social- Media-Auftritt die gewünschte Zielgruppe erreicht (Bernecker/ Beilharz, 2012, S. 250). Neben den Plattform-eigenen Auswertungen existiert eine Vielzahl an frei verfügbaren Diensten, die es ebenfalls erlauben, quantitatives Monitoring in Eigenregie durchzuführen. Die einfachste Methode ist hierbei, sich mittels einer Suchmaschine einen Überblick über die Präsenz der eigenen Marke, des Produkts oder der Dienstleistung zu verschaffen. Das Ergebnis ist jedoch undifferenziert, denn Blog-Einträge, der eigene Internetauftritt und Rezensionen in Webportalen erscheinen ungefiltert und unsortiert. Neben Suchmaschinen erscheinen kontinuierlich neue, kostenlose Tools zur spezifischeren Medienbeobachtung. Der Markt ist jedoch unübersichtlich und eine Anwendung, die sich erfolgreich etabliert hat, kann übermorgen bereits von <?page no="88"?> 6.4 Social-Media-Monitoring 89 einer neuen Anwendung überholt werden. Deshalb soll an dieser Stelle lediglich auf ein White Paper über verschiedene kostenlose Monitoring-Tools verwiesen werden 17 . Die Nutzung kostenloser Tools ist zwar mit einem hohen Aufwand verbunden, eignet sich aber für den Einstieg, um sich durch zeitlich begrenzte Kurzanalysen stichprobenartig einen ersten Überblick über die Markenwahrnehmung zu verschaffen. Abb. 19 verdeutlicht, wie mithilfe der kostenfreien Anwendung www.socialmention.com eine solche quantitative und qualitative Konkurrenzanalyse durchgeführt werden kann. Dabei wurden die Microblog-Erwähnungen von drei führenden Sportmarken verglichen. »Strength« bezieht sich auf die Wahrscheinlichkeit, dass über die Marke in Microblog-Beiträgen gesprochen wird. Mit »passion« wird die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, mit der sich die Nutzer wiederkehrend über die Marke austauschen. Mit »sentiment« wird das Verhältnis von positiven zu negativen Beiträgen betitelt, und »reach« bezieht sich darauf, wie hoch der Einfluss des Beitrags ausfällt. Eine solche Auswertung kann nur die Grundtendenz aufzeigen, ist jedoch vermutlich stark anfällig für Störfaktoren, die die Ergebnisse verfälschen. Beispielsweise bezieht die Software auch solche Blogeinträge mit in ihre Kalkulation ein, die nicht die Marke, sondern das Tier Puma betreffen. 17 Abrufbar unter http: / / www.brandwatch.com/ de/ wp-content/ uploads/ 2014/ 02/ Whitepaper-Kostenlose-Monitoring-Tools-ForschungsWeb-Brandwatch.pdf Abb. 19: Auswertungen der Microblog-Gespräche über Puma, Adidas und Nike <?page no="89"?> 6 Distribution von Content 90 Historische Analysen und komplexe Fragestellungen lassen sich mithilfe der kostenlosen Dienste nur durch einen unverhältnismäßig hohen Aufwand durchführen. Aus diesem Grund haben sich Unternehmen gezielt darauf spezialisiert, professionelles, kundenspezifisches Social-Media-Monitoring anzubieten, entweder indem der Zugriff auf kostenpflichtige Tools gegeben wird, die tiefer gehende Analysen zulassen (z. B. die Stimmung innerhalb der Community), oder indem die Auswertungen und deren Interpretation in Absprache mit dem Kunden komplett vom Dienstleister übernommen werden. Quantitative wie qualitative Erhebungen werden dabei gleichermaßen vorgenommen. Je mehr sich ein Unternehmen auf diversen Plattformen engagiert, desto empfehlenswerter ist es, einen externen Dienstleister mit dem Monitoring zu beauftragen (vgl. Ullrich/ Zahn, 2014, S. 22, sowie Bernecker/ Beilharz, 2012, S. 243, 254). 6.5 Die Macht der Meinungsmacher nutzen Zu Zeiten des Web 1.0 waren im Internet nur wenige Akteure in der Lage, die Meinung der Nutzer mit ihrem Content gezielt zu beeinflussen. Mit dem Aufkommen der sozialen Netzwerke verschob sich das Monopol der »Big Player« zugunsten des privaten Internetnutzers: Da die sozialen Medien jedem ein Sprachrohr bieten, kann jeder Social-Media-User seinen Content distribuieren und infolgedessen als Meinungsmacher agieren. Häufig werden Meinungen sogar gebildet, bevor ein Produkt oder eine Dienstleitung auf den Markt kommen, z. B. wenn noch vor dem offiziellen Verkaufsstart über die Vor- und Nachteile eines neuen Smartphones diskutiert wird. Durch Monitoring von Social-Media-Aktivitäten kann nicht nur analysiert werden, welche Themen innerhalb der Zielgruppe diskutiert werden, sondern auch, welche User den relevanten Content zu einem bestimmten Thema veröffentlichen und wer großes Wissen auf einem bestimmten Gebiet zeigt. Solche Nutzer werden als Meinungsmacher bezeichnet, auf die die Community hört, deren Content häufig geteilt und verlinkt wird und die somit als Multiplikatoren einer Botschaft auftreten können (vgl. Huber, 2010, S. 125). Kurz: »Sie vermögen Themen nicht nur zu veröffentlichen, sondern öffentlich zu setzen. Das heißt, ihre Netzwerkpartner haben eine relativ hohe Bereitschaft, die Themen aufzugreifen beziehungsweise weiterzutragen« (Pleil, 2012, S. 35). Inwiefern ein User als Meinungsmacher fungieren kann, lässt sich vom Grad seiner Vernetzung ableiten. Je häufiger ein Blog, ein Video oder ein Post verlinkt, geteilt, kommentiert oder mit dem »Like-Button« versehen wird, desto mehr Einfluss kann der Autor auf die Community ausüben (vgl. Huber, 2010, S. 127). Neben der Vernetzung ist die Themen- und Kommunikationskompetenz ausschlaggebend dafür, ob ein Meinungsmacher erfolgreich ist (vgl. Pleil, 2012, S. 35). Im Rahmen des Empfehlungsmarketings machen sich Unternehmen Multiplikatoren zunutze, indem sie populäre, vertrauenswürdige und einflussreiche Community- Mitglieder »erkaufen«. Wobei populär nicht mit einflussreich gleichgesetzt werden <?page no="90"?> 6.5 Die Macht der Meinungsmacher nutzen 91 darf, schließlich wird Popularität mit Spaß und Einfluss vorwiegend mit Ernst verbunden. Ausgewählte Nutzer werden dazu angeregt, Produkte zu testen und ihre Meinung auf der Social-Media-Plattform zu veröffentlichen. Um Verbraucher als Testpersonen zu gewinnen und sie somit als Meinungsmacher zu rekrutieren, gibt es unterschiedliche Strategien: Beispielsweise kann im Rahmen von Produkttests ein Gewinnspiel unter den Testautoren durchgeführt werden, oder die Tester werden als Dankeschön für ihr Engagement namentlich hervorgehoben und gelobt. So wird auch dem Wunsch nach Anerkennung innerhalb der Gemeinschaft Rechnung getragen, eine der Triebfedern für das Funktionieren von Social-Media-Plattformen. Wichtig ist, Werbung nicht als unabhängige, seriöse und freiwillige Berichterstattung zu tarnen, da die Community sonst auf den Manipulationsversuch mit Kritik reagieren wird. Wirksam ist ein Beitrag deshalb, wenn er folgende Kriterien erfüllt (vgl. Huber, 2010, S. 214 f.): • Glaubwürdigkeit, • Subjektivität und Neutralität, • Eindeutigkeit und Prägnanz, • qualitativ hochwertiger Inhalt, • ausführliche Informationen über das Produkt oder die Dienstleistung. Doch um innerhalb der Community Einfluss auszuüben, reichen diese Kriterien allein nicht aus. Autoren erhalten seitens der Leser und Follower den Status eines vertrauensvollen Meinungsführers nur dann, wenn sie diese drei Aspekte vereinen: • Relevanz durch interessante Inhalte, • Vordenker-Rolle durch Beiträge, die Impulse wecken, • Beziehungspflege, indem nicht nur Content distribuiert wird, sondern auch ein Dialog stattfindet. Die Leser wiederum helfen ihm, die Botschaft durch Teilen oder Liken zu verbreiten (vgl. Grabs, 2013, S. 54, sowie Schindler/ Liller, 2011, S. 89). Neben den Meinungsführern, die selbst Beiträge verfassen, existieren sogenannte stille Multiplikatoren, die zwar regelmäßig Inhalte liken und teilen, selbst jedoch keinen Content generieren. Da sie im Rahmen der Markenkommunikation großes Potenzial für Unternehmen bergen, ist es wichtig, genau diese Nutzer als Botschafter zu aktivieren (vgl. Göbel, 2014, o. S.). Abb. 20 zeigt, wie der Veranstalter eines kleinen Musikfestivals facebook nutzt, um mithilfe von Multiplikatoren den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Um Tickets für die Veranstaltung zu gewinnen, mussten die Interessenten auf den Button »teilnehmen« klicken sowie den Beitrag auf ihrer eigenen Pinnwand teilen. Auf diese spielerische Weise erhielt das Festival nicht nur ein positives Image, sondern wurde auch bei Freunden der Gewinnspielteilnehmer bekannt gemacht. Teilen bedeutet auf Social Media im deutschen Sprachkontext auch Mitteilen. Im Englischen-- to share-- geht es auch um teilhaben oder auch gemeinsam haben. In dieser Semantik wechseln die <?page no="91"?> 6 Distribution von Content 92 Akteure. Aus einem Objekt kann auch ein Subjekt, ein Agierender, werden. Ob damit die Jaspersche Sentenz, dass es zwischen Objekt und Subjekt eine unaufhebbare Distanz gebe, als für das digitale Zeitalter nicht mehr gültig angesehen werden muss, ist die Frage (Jasper, 1953: Einführung in die Philosophie, S. 24) Literatur &-Links * empfohlener Titel Aßmann, Stefanie/ Röbbeln, Stephan (2013): Sociel Media für Unternehmen. Das Praxisbuch für KMU. Bonn: Galileo Computing. Belvedersi-Kochs, Rebecca (2013). Erfolgreiche PR im Social Web. Das praktische Handbuch. Bonn: Galileo Computing. Bernecker, Michael/ Beilharz, Felix (2012): Social Media Marketing. Strategien, Tipps und Tricks für die Praxis. 3. Auflage. Köln: Johanna Verlag. Bernet, Marcel (2010): Social Media in der Medienarbeit. Online-PR im Zeitalter von Google, Facebook und Co. Wiesbaden: VS Verlag. BITKOM (2013): Soziale Netzwerke 2013. 3., erweiterte Studie. Abrufbar im Internet unter: http: / / www.bitkom.org/ files/ documents/ SozialeNetzwerke_2013.pdf (letzter Zugriff: 24.06.2014). Abb. 20: Gewinnspiel auf FACEBOOK <?page no="92"?> 6.5 Die Macht der Meinungsmacher nutzen 93 Deutsche Post DHL (o. J.): Social Media Guidelines. Abrufbar im Internet unter http: / / www.dpdhl.com/ content/ dam/ presse/ social_media/ dpdhl_social_media_ guidelines_de.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2014). Ehlers, Michael (2013): Kommunikationsrevollution Social Media. Kulmbach: Börsenmedien. Faßnacht, Christine (2010): Social Media Guidelines. Aufrufbar im Internet unter http: / / www.bitkom.org/ files/ documents/ BITKOM-SocialMediaGuidelines.pdf (letzter Zugriff: 20.05.2014). Göbel, V. (2014): Social Media: Stille Multiplikatoren stärker animieren. Abrufbar im Internet unter http: / / www.markenartikel-magazin.de/ no_cache/ unternehmenmarken/ artikel/ details/ 1007786-social-media-stille-multiplikatoren-staerkeranimieren/ (letzter Zugriff: 01.07.2014). Grabs, Anne/ Bannour, Karim-Patrick (2013): Follow me! Erfolgreiches Social Media Marketing mit Facebook, Twitter und Co. Bonn: Galileo Press. Huber, Melanie (2010): Kommunikation im Web 2.0. Twitter, Facebook &-Co. 2., überarbeitete Auflage. Konstanz: UVK. Jaspers, Karl (1953): Einführung in die Philosophie. Zwölf Radiovorträge, Piper Verlag, München (Nachdruck 2004) Jodeleit, Bernhard (2013): Social Media Relations. Leitfaden für erfolgreiche PR- Strategien und Öffentlichkeitsarbeit im Web 2.0. 2. Aktualisierte und erweiterte Auflage. Heidelberg: dpunkt Verlag. Löschke, Rita (2012): Lost in Content? Struktur dank Redaktionsplan. Abrufbar im Internet unter http: / / www.marketingblog-mittelstand.de/ 2012/ 03/ 29/ smm-redak tionsplan/ (letzter Zugriff: 24.06.2014). Münz, Stefan (2011): »PubSubHubbub-- Publizieren auf allen Kanälen? « In: Medienwandel kompakt 2008-2010. Schlaglichter der Veränderung in Medienökonomie, -politik, -recht und Journalismus. Baden-Baden: Nomos. Pleil, Thomas (2012): Kommunikation in der digitalen Welt, in: Zerfaß, Ansgar/ Pleil Thomas (Hg.): Handbuch Online-PR. 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Übungsaufgaben 1. Wozu Social-Media-Guidelines? 2. Wie können Unternehmen die Ergebnisse des Social-Media-Monitoring anwenden, um ihre Marke(n) zu verbessern? 3. Warum werden Meinungsmacher in der Social-Media-Community als Multiplikatoren angesehen? <?page no="94"?> 95 7 Rechtliche Voraussetzungen für das Publizieren auf Social-Media-Plattformen Florian Alte und Gabriele Goderbauer-Marchner Social Media ist nicht vogelfrei. Auch im Internet, so auch für Social Media, gelten Regeln und Gesetze. National wie international. Die viel beschriebene Freiheit im Internet ist nicht eine Freiheit zur Narrenfreiheit. Dies führt dazu, dass Wissenschaftler wie Schriftsteller das Thema immer mehr aufgreifen. Für den amerikanischen Bestseller-Autoren Nicholas Carr wird der Mensch durch die Macht der Computer und die Ersatzkommunikation auf Social-Media- Plattformen anstelle realer Begegnungen von Mensch zu Mensch zu Veränderungen des Menschen, seiner Attitüden, seiner Kompetenzen und seiner Einschätzung von Recht und Ordnung (Carr, 2014: Abgehängt). Viele Wissenschaftler befassen sich mit ganz konkreten Case Studies mit der Welt von Social Media und der Rechtslage, Kapitel wie »Wie man es nicht machen sollte« (Heymann-Reder, 2011: Social Media Marketing, S. 198-201) ähneln den nutzwertpublizistischen Publikationen der Lifestyle-, Lebenshilfe- und Ratgeber-Literatur mit so schönen Titeln wie »Gelassenheit« (Schmid, 2014) oder »Lassen Sie Ihr Hirn nicht unbeaufsichtigt! « (Stenger, 2014) oder-- etwas intellektueller-- die »Anleitung zum Unglücklichsein«, der Klassiker des Klassikers Paul Watzlawick (2010). Im Folgenden soll versucht werden, einen kurzen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Social-Media-Auftritten zu geben. Dabei reicht der Zeitraum, in dem juristisch relevante Fehler gemacht werden können, von der Registrierung bis quasi ins Unendliche. Denn das Internet vergisst nicht (Splittgerber (Hg.), 2014: Praxishandbuch Rechtsfragen Social Media). Aus diesem Grund werden hier einige-- aber längst nicht alle-- Problemfelder angesprochen, die von Bedeutung sein können. Registrieren-- Anmelden-- Loslegen. So einfach scheint es zu sein, wenn man im Internet auf Social-Media-Plattformen aktiv sein möchte. In der Praxis wird dies auch oft so gehandhabt. Erst nachdem man beispielsweise von einem virtuellen Freund erfährt, dass er eine Abmahnung erhalten hat, stößt man mehr oder weniger zufällig auf Dinge, die für das Publizieren auf Social-Media-Plattformen wichtig sind, über die man sich aber im Rausch des Dabeisein-Wollens keine Gedanken gemacht hat. Wer denkt beispielsweise schon vor dem ersten Post daran, an welchen Adressaten sich ein Beitrag richten soll oder ob man den Beitrag einer anderen Person einfach weiterleiten darf? <?page no="95"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 96 7.1 Vor dem ersten Beitrag Zu den Dingen, an die man bereits vor Absetzen des ersten Posts denken muss, gehören insbesondere rechtliche Aspekte. Denn bereits bei der Anmeldung zu den Social- Media-Plattformen bestehen rechtliche Hürden, die-- wenn man sie nicht ordentlich meistert-- zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Bumerang mit nicht unerheblichen Folgen werden können. Probleme kann schon die Wahl des Benutzernamens bereiten. Aber auch der weitere Inhalt des Social-Media-Auftritts, wie z. B. das Impressum, birgt juristische Fallstricke in sich. Zunächst soll jedoch auf die Frage eingegangen werden, ob man als User überhaupt verpflichtet ist, seinen bürgerlichen Namen in sozialen Netzwerken zu nennen. 7.1.1 Anonymität und Pseudonymität Namen tragen wesentlich zur Begründung der Identität bei. Dies gilt umso mehr im Internet, in einer Welt, in der der User quasi von seiner körperlichen Existenz losgelöst auftritt. Aus diesem Grund kommt der Wahl des Benutzernamens in sozialen Netzwerken erhebliche Bedeutung zu. Manche User verwenden hier den eigenen bürgerlichen Namen. Andere wollen dies aber gerade nicht. Die praktische Relevanz einer anonymen 18 oder pseudonymen 19 Nutzung sozialer Netzwerke ist zwar leicht eingeschränkt, da soziale Netzwerke von vielen Usern zur Selbstdarstellung genutzt werden und gerade der Nutzung und Verbreitung des eigenen Namens dienen sollen. Nichtsdestotrotz gibt es User, die ihre Präsenz auf sozialen Plattformen von ihrem bürgerlichen Namen trennen und im World Wide Web möglichst unerkannt auftreten möchten. Daher stellt sich die Frage, ob die Benutzer von Social-Media-Plattformen die Pflicht haben, sich unter ihrem richtigen, sprich bürgerlichen Namen, dem sog. Klarnamen, zu registrieren und/ oder aufzutreten, oder ob ein Recht besteht, gegenüber dem Anbieter von Mediendiensten und/ oder anderen Usern unerkannt zu bleiben Die allgemeinen Geschäftsbedingungen einiger Plattformen enthalten Klauseln, die den User zur Angabe seiner (korrekten) persönlichen Daten verpflichten. Dies wird als Klarnamenspflicht bezeichnet. Dabei ist jedoch einerseits zwischen demjenigen 18 Unter der anonymen Nutzung eines Dienstes ist eine Nutzung zu verstehen, bei der der Anbieter die personenbezogenen Daten nicht oder nur sehr schwer ausfindig machen kann, z. B. dann, wenn man die Angabe des Namens unterlässt. 19 Eine pseudonyme Nutzung liegt hingegen vor, wenn die persönlichen Daten durch ein anderes Merkmal ersetzt werden, das die Zuordnung zu einer natürlichen Person ausschließt oder wesentlich erschwert, z. B. wenn man anstatt des eigenen Namens eine erfundene Kennung verwendet. <?page no="96"?> 7.1 Vor dem ersten Beitrag 97 Namen des Anmelders, den er gegenüber dem Plattformanbieter angibt, und dem Benutzernamen, d. h. derjenigen Bezeichnung, mit der man gegenüber anderen Usern auftritt, andererseits zu unterscheiden. Innenverhältnis zwischen Anbieter und User: § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG) sieht vor, dass eine anonyme und pseudonyme Nutzung von Telemediendiensten grundsätzlich möglich sein muss. Hieraus wird teilweise geschlossen, dass eine anonyme Registrierung bei Social-Media-Plattformen möglich sein muss (Schnabel/ Freund, CR 2010, S. 718 ff.) und entsprechende Klauseln von facebook und Co. unwirksam seien (Heckmann, Kapitel 9, Rn. 486). Die Rechtsprechung geht jedoch in die Richtung, dass im internen Verhältnis von Anbieter und Nutzer dessen persönliche Daten erhoben werden dürfen (Müller-Broich, § 13, Rn. 10; OLG Hamburg, ZUM 2009, S. 417 ff.). Insofern besteht zwar die Möglichkeit, aber keine Pflicht, ein anonymes oder pseudonymes Vertragsverhältnis zu ermöglichen (Müller-Broich, § 13, Rn. 10; OLG Düsseldorf, MMR 2006, S. 618 ff.). Gibt ein User seine Daten gegenüber facebook und Co. nicht vollständig oder nicht korrekt an, obwohl der Anbieter dies verlangt, dürfen die Anbieter den jeweiligen Account sogar sperren (VG Schleswig, K &-R 2013, S. 280). Die Klarnamenspflicht gegenüber dem Anbieter ist deshalb sinnvoll, weil im Fall von rechtlichen Verstößen eine wesentlich einfachere Identifizierung des »Täters« möglich ist, gegen den im Anschluss Ansprüche geltend gemacht werden können. Nach dem Gesetzeswortlaut muss die anonyme bzw. pseudonyme Nutzung aber nur dann ermöglicht werden, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Wann dies der Fall ist, hängt stets vom jeweiligen Einzelfall ab. Außenverhältnis zwischen User und anderen Usern: Das Recht auf anonyme und pseudonyme Nutzung gegenüber anderen Nutzern von sozialen Netzwerken ist der eigentliche Sinn von § 13 Abs. 6 TMG. Die anonyme Nutzung dient der Konkretisierung des Datenvermeidungsgebots gem. § 3 a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und gleichzeitig auch der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Position der Meinungsfreiheit (Müller-Broich, § 13, Rn. 10). 7.1.2 Die Wahl des Benutzernamens Ein Sprichwort sagt: »Namen sind Schall und Rauch.« In sozialen Netzwerken gilt jedoch genau das Gegenteil. Hier kommt dem Benutzernamen eine besondere Bedeutung zu. Zwar gibt es zu Benutzernamensrechten auf Social-Media-Plattformen kaum Rechtsprechung, allerdings können hier wegen der nahezu identischen Situation die Grundsätze herangezogen werden, die sich für das Problem des sogenannten »Domain- Grabbing« herausgebildet haben (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 10). Da Benutzernamen in vielen sozialen Netzwerken nur einmal vergeben werden können, existiert ein simpler Grundsatz, um möglichen Konflikten vorzubeugen: das Prioritätsprinzip. Wer den konkreten Namen als Erster registriert, darf diesen auch <?page no="97"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 98 benutzen. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur soweit, als Rechte Dritter nicht verletzt werden, insbesondere Namens- und Markenrechte. Verletzung von Namensrechten: Zunächst sollte sichergestellt werden, dass ein Benutzername gewählt wird, der eine eindeutige Zuordnung zum Accountinhaber ermöglicht. Ist dies nicht der Fall und beansprucht ein anderer User den Namen berechtigterweise für sich, spricht man von einer Zuordnungsverwirrung (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 11) oder, anders ausgedrückt, von einer Namensanmaßung. Denn das Recht auf einen Namen beinhaltet auch das Recht auf den ausschließlichen Gebrauch desselben, und zwar gegenüber jedem, der nicht ebenfalls ein Recht auf diesen Namen hat (OLG Köln, GRUR 2000, S. 798 ff.). Dabei werden die Rechte des tatsächlichen Namensinhabers bereits zu demjenigen Zeitpunkt verletzt, zu dem die missbräuchliche Registrierung des Accounts erfolgt. Grund hierfür ist, dass der berechtigte Nutzer den Namen ab dem Zeitpunkt der (unrechtmäßigen) Registrierung nicht mehr für sich in Anspruch nehmen kann (BGH vom 22.11.2001, Az.: I ZR 138/ 99, Rn. 33, zitiert nach juris). Deutlich schwieriger ist ein Fall zu lösen, bei dem beide (oder sogar noch mehr) Beteiligte ein berechtigtes Namensrecht für sich in Anspruch nehmen können. Denn grundsätzlich kann niemandem verwehrt werden, in redlicher Weise im Geschäftsleben unter seinem bürgerlichen Namen aufzutreten (BGH vom 22.11.2001, Az.: I ZR 138/ 99, Rn. 35, zitiert nach juris). Um jedoch die Vielzahl von möglichen Konfliktfällen zu vermeiden (z. B. bei Namen wie Meier, Bauer etc.), bedarf es einer einfach zu handhabenden Grundregel: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst (BGH MMR 2002, S. 382 ff.). Dieser Grundsatz, auch Prioritätsprinzip genannt, kann in seltenen Fällen zurücktreten, wenn die Interessen eines anderen Berechtigten eindeutig überwiegen. Wann dies der Fall ist, ist jedoch stets eine Frage des Einzelfalls, sodass keine verbindlichen Regeln existieren. Bei der Abwägung kommt es u. a. auf folgende Kriterien an: allgemeiner Bekanntheitsgrad, Zusammensetzung der Zielgruppe, Assoziierungen mit dem Namen etc. Liegt nach den obigen Ausführungen ein Verstoß gegen Namensrechte vor, kommen Ansprüche aus § 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Um diese Problematik zu vermeiden, empfiehlt es sich, den gewählten Namen mit mindestens einem Individualisierungsmerkmal zu versehen. Dies kann beispielsweise der Vornahme des Users, eine Ortsbezeichnung o. Ä. sein. Verletzung von Markenrechten: Der Accountname muss auch so gewählt werden, dass Dritte daran keine Markenrechte besitzen. Soweit die gewählte Bezeichnung nämlich markenrechtlichen Schutz genießt, kommen Ansprüche aus § 14 Markengesetz (MarkenG) in Betracht. Ein derartiger Schutz besteht beispielsweise, wenn der Name in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) bzw. beim Europäischen Patentamt eingetragen ist oder die Eintragung beantragt wurde. Insofern empfiehlt sich vor der Registrierung eines Accountnamens, eine <?page no="98"?> 7.2 Bereitstellen eines Impressums 99 Recherche auf der Homepage des DPMA 20 durchzuführen. In Anbetracht der weltweiten Präsenz von sozialen Netzwerken kann jedoch für eine ergebnislose Suche nicht in Anspruch genommen werden, dass kein Markenschutz, d. h. Rechte Dritter, existiert. Im Gegensatz zum Namensrecht ist im Markenrecht in der bloßen Registrierung eines Accountnamens noch keine rechtsverletzende Benutzung zu sehen (OLG Hamburg, MMR 2008, S. 135 ff.). Voraussetzung für einen markenrechtlichen Schutz ist nämlich eine Benutzung des Namens im geschäftlichen Verkehr, die zu einer Verwechslungsgefahr führt. Daher dürften die meisten Account-Grabbing-Fälle, bei denen eine Privatperson im nicht geschäftlichen Bereich handelt, nicht vom Markenrecht erfasst sein (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 12). Trotzdem kommt in diesen Fällen ein Verstoß gegen Namensrechte in Betracht. Verletzung weiterer Rechte: Neben dem Namens- und dem Markenrecht können bei der Wahl des Nutzernamens auch andere Rechte verletzt werden, insbesondere dann, wenn ein konkreter Benutzername missbräuchlich gewählt wird. Zu warnen ist in jedem Fall vor der missbräuchlichen Benutzung von Accountnamen im geschäftlichen Verkehr. Sofern dabei eine unlautere Behinderung von Konkurrenten vorliegt, kommen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nach dem Gesetz über den unerlaubten Wettbewerb (UWG) in Betracht (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 13). Ebenso zu unterlassen ist eine missbräuchliche Benutzung im privaten Verkehr. Erfolgt die Nutzung des gewählten Accountnamens nämlich vor dem Hintergrund, dass dem Berechtigten die Nutzung dieser Bezeichnung unmöglich gemacht werden soll, und ist dieses Verhalten als sittenwidrig anzusehen, kann der Berechtigte Ansprüche wegen sittenwidriger Schädigung geltend machen (LG München I vom 05.09.2006, Az.: 33 O 2343/ 06, zitiert nach juris). Von der zuletzt genannten Kategorie zu unterscheiden sind Fälle des sogenannten Identitätsdiebstahls. Darunter versteht man das Erstellen eines gefälschten Accounts, um sich als eine andere Person auszugeben, ohne diese jedoch sittenwidrig schädigen zu wollen. Auf diese Thematik wird später noch im Detail eingegangen. Um zahlreiche Fälle des Missbrauchs, besonders in der Form des Identitätsdiebstahls, zu vermeiden, verlangen soziale Netzwerke eine Registrierung mit Echtnamen. 7.2 Bereitstellen eines Impressums Teilweise immer noch umstritten ist, für welche Art von Usern bei der Nutzung von Social-Media-Plattformen-- und wenn ja, in welcher Form-- die Pflicht besteht, ein Impressum einzurichten. Unter Impressum ist die gesetzlich vorgeschriebene Angabe 20 https: / / register.dpma.de/ DPMAregister/ marke/ einsteiger <?page no="99"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 100 bestimmter Daten in Publikationen zu verstehen. Der Umfang der zu veröffentlichenden Angaben hängt aber stets von dem im Einzelfall anzuwendenden Gesetz ab. Entscheidend ist dabei der Inhalt, den die konkrete Plattform enthält. Für Veröffentlichungen auf Social-Media-Plattformen kommen grundsätzlich drei Vorschriften in Betracht, aus denen sich eine Impressumspflicht ergeben könnte: § 5 Telemediengesetz (TMG) und § 55 Abs. 1 und § 55 Abs. 2 des Staatsvertrags über Rundfunk und Telemedien (RStV). Während § 5 Abs. 1 TMG sehr hohe inhaltliche Anforderungen an ein Impressum stellt (Name, Anschrift, Rechtsform der Gesellschaft, vertretungsberechtigte Person, Aufsichtsbehörde, Register und Registernummer, berufsrechtliche Kammer, Umsatzsteuernummer etc.), verlangt § 55 Abs. 1 RStV nur einen Bruchteil an erforderlichen Informationen (Name, Anschrift, vertretungsberechtigte Person). Die höchsten Anforderungen stellt § 5 Abs. 2 TMG für journalistische Inhalte. Privater Inhalt: Als gesichert kann angesehen werden, dass für User, die ihre Beträge auf facebook und Co. ausschließlich zu privaten und familiären Zwecken veröffentlichen, keine Impressumspflicht besteht. Was jedoch eine ausschließlich private und familiäre Nutzung konkret ist, ist wiederum strittig. Teilweise wird die rein private Nutzung schon verneint, wenn Veröffentlichungen über einen abonnierbaren Account erfolgen, d. h., wenn man Informationen erhält, ohne dass dies vom Anbieter bestätigt werden muss. Diese Vorgehensweise ist z. B. bei twitter üblich. Diese Meinung ist jedoch abzulehnen. Entscheidend kann nur der Inhalt des betreffenden Social-Media-Accounts sein (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 2). Denn die Impressumspflicht dient dem Schutz des Informationsempfängers. Ob dieser im jeweiligen Einzelfall eines Schutzes bedarf, kann sich nicht an der Art und Weise orientieren, wie er an die Informationen kommt, sondern nur daran, welchen Inhalt Geschäftsmäßiger Inhalt: Anbieter geschäftsmäßiger, in der Regel gegen Entgelt angebotener Telemedien trifft die umfassende Impressumspflicht nach § 5 Abs. 1 TMG. Hierbei war stets umstritten, ob die Nutzung eines Social-Media-Accounts ein Telemedium darstellt, das das Merkmal der Eigenständigkeit erfüllt, wie es z. B. eine eigene Website tut. Im Gegensatz zu Hompages, bei denen der Anbieter selbst über die Erreichbarkeit, das Design usw. entscheidet, werden bei Social-Media-Plattformen nämlich lediglich die Vorgaben den Anbieters, wie z. B. instagrammm, mit eigenen Inhalten gefüllt. Die Gegner dieser Ansicht wollten auf solche Fälle lediglich die eingeschränkte Impressumspflicht nach § 55 Abs. 1 RStV anwenden. Aufgrund zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen (u. a. LG Aschaffenburg vom 19.08.2011, Az.: 2 HKO 54/ 11, Rn. 24; OLG Düsseldorf vom 13.08.2013, Az.: 20 U 75/ 13, Rn. 16; jeweils zitiert nach juris, m. w. N.) hat sich jedoch die Ansicht durchgesetzt, dass auch Nutzer von Social-Media-Portalen eine eigene Anbieterkennung vorhalten müssen, wenn der Account zu Marketingzwecken benutzt wird. Auch wenn hierzu noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, sollten geschäftli- <?page no="100"?> 7.2 Bereitstellen eines Impressums 101 che User in jedem Fall ein umfassendes Impressum einstellen, um Abmahnungen o. Ä. zu vermeiden. Journalistischer Inhalt: § 5 Abs. 2 RStV enthält eine Sonderregelung für Anbieter von journalistisch-redaktionellen Telemedien, die insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergeben. Demzufolge ist ein Verantwortlicher zu benennen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift haben solche Anbieter aber zusätzlich die in §§ 5, 6 TMG genannten Angaben zu machen, auch dann, wenn es sich nicht um »geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien« i. S. d. des § 5 TMG handelt (Hahn/ Vesting, Rn. 41). Grund für diese umfangreichen Angaben ist das gesteigerte Vertrauen der Nutzer in redaktionelle Angebote, die einen größeren Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung besitzen (Spindler/ Schuster, Rn. 1924). Anbieter von journalistischen Inhalten sollten sich deshalb mit dem Thema Impressum sehr intensiv beschäftigen und die umfangreichen Angaben veröffentlichen. Andernfalls droht eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung mit hohen Folgekosten. Erkennbarkeit des Impressums: Nach § 5 Abs. 1 TMG muss das Impressum leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein. In Anbetracht einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (vom 13.08.2013, Az.: 20 U 75/ 13, Rn. 16; zitiert nach juris) kann an dieser Stelle nur angeraten werden, die mitzuteilenden Informationen unter einer gesonderten Bezeichnung »Impressum« bzw. »Kontakt« einzustellen. Die Impressumsangaben unter der Bezeichnung »Info« vorzunehmen, wie es vom Portal facebook vorgesehen war, hat das Gericht für nicht ausreichend erachtet. Ob diese Rechtsauffassung von anderen Gerichten geteilt wird, ist fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Nach diesseitiger Rechtsauffassung geht die Ansicht des OLG Düsseldorf zu weit. Bei Social-Media-Plattformen sind die mitgeteilten Informationen im Gegensatz zu Homepages in der Regel deutlich verkürzt dargestellt. Dieser verkürzten Informationsfunktion von facebook- und twitter-Accounts (o. Ä.) entspricht spiegelbildlich das ebenso eingeschränkte Informationsverlangen der Besucher des betreffenden Profils. Es ist zu bezweifeln, dass ein Besucher eines Social-Media-Profils damit rechnet, umfassende Informationen mithilfe des jeweiligen Portals zu erhalten. Im Gegensatz zur Inhaltsfülle, die eine Website bereitstellt, ist es gerade Sinn und Zweck von sozialen Netzwerken, dass Informationen mehr oder weniger auf ihren Kerngehalt reduziert werden. Aus diesem Grund kann die Mitteilung aller erforderlichen Impressumsdaten- - aber nur dann- - unter der Rubrik »Info« als ausreichend angesehen werden. Nichtsdestotrotz sollte man die Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht einfach ignorieren. Wer das Impressum als ein solches bezeichnet und die erforderlichen Informationen deutlich erkennbar bereitstellt, geht kein Risiko ein. <?page no="101"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 102 7.3 Beiträge verfassen (Posten-- Tweeten-- Bloggen) Mit Erstellung des Accounts sind die rechtlichen Hürden jedoch keineswegs gemeistert. Im Gegenteil: Wer in sozialen Netzwerken aktiv sein möchte, muss sich bei jedem einzelnen Beitrag bewusst machen, dass rechtliche Rahmenbedingungen existieren, die es einzuhalten gilt. Auch wenn aufgrund der unbegreiflich großen Anzahl von Beiträgen in sozialen Netzwerken eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass rechtliche Verstöße unentdeckt und ungeahndet bleiben-- »Wo kein Kläger, da kein Richter! «--, ist diese vermeintliche Sicherheit eine trügerische. Denn zum einen kann ein öffentlicher Beitrag nur unter größten Schwierigkeiten so aus dem Internet entfernt werden, dass er nicht mehr auffindbar ist (Stichwort: »Das Internet vergisst nicht! «), und zum anderen haben sich in jüngster Zeit ganze Wirtschaftsbereiche entwickelt, die sich auf das Auffinden von Rechtsverstößen spezialisiert haben (Stichwort: Abmahnindustrie). 7.4 Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Bei jedem Post ist auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter zu achten. Identitätsdiebstahl: Nicht selten werden Zugänge zu sozialen Netzwerken unter dem Namen einer anderen Person eröffnet. Dieses Phänomen ist oft bei Namen von Prominenten zu beobachten, aber nicht ausschließlich. Erfolgt eine Registrierung in Bezug auf eine spezielle Person, so liegt ein Identitätsdiebstahl vor, der zu Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen nach § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) führen kann. Damit jedoch nicht genug: Postet nämlich der Ersteller des Fake-Accounts Äußerungen unter dem Namen eines Prominenten oder einer anderen tatsächlich existierenden Person, kann eine Persönlichkeitsverletzung darin liegen, dass dem tatsächlichen Namensinhaber eine nicht getane Äußerung untergeschoben wird, die seinen sozialen Geltungsanspruch verletzt (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 17). Dies folgt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts aus dem dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugrundeliegenden Gedanken der Selbstbestimmung: Der Einzelne soll-- ohne Beschränkung auf seine Privatsphäre-- grundsätzlich selbst entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will, ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann; dazu gehört im Besonderen auch die Entscheidung, ob und wie er mit einer eigenen Äußerung hervortreten will (BVerfG NJW 1980, S. 2070 f.). Strafrecht, Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht: Die rechtlichen Konsequenzen von Beiträgen in sozialen Netzwerken sind aber nicht nur auf das Zivilrecht beschränkt: Durch Äußerungen, bei denen nicht die sachliche Auseinandersetzung mit anderen Personen, sondern deren Herabsetzung durch Beleidigungen und bösartige Kritik im <?page no="102"?> 7.5 Recht am eigenen Bild 103 Vordergrund steht, ist regelmäßig der Straftatbestand der Beleidigung erfüllt (LG Berlin ZUM 2012, S. 997 ff.). Derartige Rechtsverstöße können aber auch arbeitsund/ oder verwaltungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie z. B. eine Kündigung oder eine zwangsweise Versetzung von Schülern wegen Mobbings (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 18). Sonderproblem Bewertungsportale: Ein Sonderproblem, auf das im Rahmen der vorliegenden Publikation eingegangen werden soll, stellen sogenannte Bewertungsportale dar. Dabei steht nicht infrage, ob diese grundsätzlich zulässig sind, denn ebenso, wie sich die zu beurteilenden Personen (z. B. Rechtsanwälte, Ärzte) bzw. Unternehmen (z. B. Reiseveranstalter) auf ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen können, können die Betreiber von Bewertungsportalen ihre Berufs- und Meinungsäußerungsfreiheit geltend machen. Die Nutzer dieses Angebots im Netz können sich ebenso auf ihre Meinungsäußerungsfreiheit (im Falle der Abgabe von eigenen Beurteilungen) und auf ihre Informationsbeschaffungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) berufen. Insbesondere dem Recht auf freie Informationsbeschaffung ist es zu verdanken, dass zu bewertende Unternehmen bzw. zu bewertende Personen nicht verlangen können, generell nicht bewertet zu werden, d. h., sich der mit einer negativen Rezension einhergehenden Prangerwirkung nicht stellen zu müssen. Die Rechtsprechung (OLG Hamburg, CR 2012, S. 183 ff.) beurteilt hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht als geringwertiger, da Anbieter gewisser Leistungen mit einer Beurteilung durch die Öffentlichkeit rechnen müssen, solange keine unzulässige und ehrverletzende Schmähkritik vorliegt. Außerdem seien sie nicht schutzlos gestellt, da im Einzelfall die Möglichkeit zur Klage gegen den Verfasser besteht. Daran ändert sich auch nichts, wenn Bewertungen anonym abgegeben werden, so das Hanseatische Oberlandesgericht (a. a. O.). Ob eine konkrete Bewertung zulässig ist, ist aber stets eine Frage des Einzelfalls. Festzuhalten ist jedoch, dass Rezensionen, die den Grad einer sachlich richtigen Kritik nicht überschreiten, kaum zu beanstanden sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Kritik auf objektiv nachvollziehbaren Tatsachen beruht. 7.5 Recht am eigenen Bild Ein Selfie mit einem Bekannten hochzuladen, nimmt heutzutage wenige Sekunden in Anspruch. Die rechtlichen Folgen können sich jedoch mitunter über Jahre hinziehen. Denn völlig unabhängig davon, zu welchem Zweck ein Foto »geschossen« wurde, muss grundsätzlich niemand eine Veröffentlichung des eigenen Bildes ohne Einwilligung hinnehmen, § 22 S. 1 Kunsturhebergesetz (KUG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass die betreffende Person anhand ihres Gesichts erkennbar ist. Eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild liegt bereits dann vor, wenn eine rein anhand des Bildes nicht iden- <?page no="103"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 104 tifizierbare Person namentlich markiert wurde (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 20) und eine Zustimmung zur Veröffentlichung nicht vorliegt. Neben einer ausdrücklichen Einwilligung kann diese auch stillschweigend erteilt werden. Eine stillschweigende Einwilligung liegt aber nicht schon dann vor, wenn eine Person in die Kamera lächelt und sich kommentarlos fotografieren lässt. Vielmehr muss die abgebildete Person gewusst haben, dass eine Veröffentlichung auf Social- Media-Plattformen erfolgen soll (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 21). Da ein solcher Nachweis im Zweifelsfall sehr schwer zu führen ist, sollte stets die ausdrückliche Zustimmung aller abgebildeten Personen eingeholt werden. Ist die abgebildete Person minderjährig, bedarf es neben der eigenen Zustimmung zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (BGH, NJW 2005, S. 56 ff.). Neben weiteren Ausnahmen ist eine Zustimmung zur Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 KUG nicht erforderlich, wenn es sich um ein Foto einer Veranstaltung handelt. Eine Veranstaltung in diesem Sinn liegt jedoch nur bei einer öffentlichen Feier vor. Private Partys erfüllen diese Voraussetzungen nicht (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 23). Die zu treffende Unterscheidung von abgebildeten Personen zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte-- auch hier ist eine Einwilligung zur Veröffentlichung nicht erforderlich-- ist nach neuester Rechtsprechung überholt. Bei der Frage, ob das Foto einer Person veröffentlicht werden darf, kommt es nun vielmehr auf den Zusammenhang an, in dem über die betreffende Person berichtet wird (Dreier/ Schulze, § 23 KUG, Rn. 10) und ob die Öffentlichkeit ein legitimes Interesse daran hat, dass über das zugrundeliegende Ereignis berichtet wird. 7.6 Urheberrecht Einen Beitrag samt Foto eines virtuellen Freundes auf twitter zu teilen, bedarf lediglich eines einzigen Mausklicks bzw. einer einzigen Berührung seines Smartphonebildschirms. Diese einfache Handlung birgt jedoch größte juristische Probleme in sich. Denn grundsätzlich sind Fotos und unter gewissen Umständen auch Texte urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit Einwilligung des Inhabers des Nutzungsrechts-- dies ist meist der Schöpfer selbst-- weiterverbreitet werden. Leider liegt nur in den seltensten Fällen eine ausdrückliche Einwilligung vor, sodass es darauf ankommt, ob durch das Posten eines urheberrechtlich geschützten Inhalts in ein soziales Netzwerk stillschweigend zum Ausdruck kommt, dass dieser weiterverbreitet werden darf. Diese Ansicht wird teilweise mit dem Hinweis vertreten, dass der Sinn und Zweck sozialer Netzwerke gerade in der Weiterverbreitung von bereits veröffentlichten Inhalten besteht (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 27). Hierzu hat aber der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 2010, S. 2731 ff.) zu sogenannten Thumbnails festgehalten, dass im bloßen Einstellen von Abbildungen urheberrechtlich geschützter Werke ins Internet nur zum Ausdruck kommt, dass diese <?page no="104"?> 7.7 Haftung 105 Abbildungen von anderen Internetnutzern angesehen werden können, nicht aber, dass diese weiterverbreitet werden dürfen, selbst nicht von Suchmaschinen. Somit liegt rein rechtlich betrachtet ein Verstoß gegen das Urhebergesetz (UrhG) vor, den der BGH jedoch nicht als rechtswidrig ansieht. Dieser rechtliche Kunstgriff, der als sogenannte »schlichte Einwilligung« bezeichnet wird, wird damit begründet, dass zwar allein durch das Einstellen der Abbildung einer urheberrechtlich geschützten Fotografie ins Internet ein Berechtigter anderen Internetnutzern weder ausdrücklich noch stillschweigend ein urheberrechtliches Nutzungsrecht an der Fotografie oder einen schuldrechtlichen Anspruch auf Nutzung der Fotografie einräumt (BGH, NJW 2012, S. 1886 f.). Allerdings muss ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, mit den nach den Umständen üblichen Benutzungshandlungen wie z. B. der Weiterverbreitung rechnen (LG Köln, GRUR-RR 2014, S. 244 f. mit Verweis auf BGH, NJW 2010, S. 2731 ff.). Nach diesseitiger Rechtsauffassung können die vom BGH aufgestellten Grundsätze auch für Social-Media-Plattformen angewendet werden. Auch wenn die Begründung des die Rechtswidrigkeit ausschließenden Kunstgriffs der schlichten Einwilligung nicht vollständig überzeugt, tut es die Meinung, dass jeder ins Internet eingestellte Inhalt weiterverbreitet werden darf (d. h., dass es bereits an einem urheberrechtlichen Verstoß fehlt), noch weniger. Denn zum einen wird die letztgenannte Argumentation dem Grundgedanken des Urheberrechts nicht gerecht, dass urheberrechtliche Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben (BGH, NJW 2010, 2731 ff.), und zum zweiten sollen nicht alle sozialen Netzwerke dem Zweck der Weiterverbreitung von Inhalten dienen. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob der Urrechtsinhaber nur ein nicht öffentliches Profil besitzt. Allerdings ist die Frage, ob ein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt, immer von den individuellen Voraussetzungen des Einzelfalls abhängig. Die Regel, dass jeder Inhalt geteilt werden darf, den man auf facebook und Co. findet, gibt es nicht. 7.7 Haftung § 7 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) besagt, dass Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind. Dass ein Profil auf einer Social-Media-Plattform ein eigenständiges Telemedium darstellt, wurde bereits ausgeführt. Insofern trifft jeden User auch eine Haftungsproblematik. Eigene Inhalte: Keiner Begründung bedarf es sicherlich, dass ein User für den Inhalt selbst verfasster Beiträge haftet. Darüber hinaus können auch Postings anderer zu eigenen Inhalten werden, nämlich dann, wenn sich der Verbreiter eine fremde Äußerung zu eigen macht und sich mit ihr derart identifiziert, dass sie als seine eigene <?page no="105"?> 7 Rechtliche Voraussetzungen 106 erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der Äußerung eines anderen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (BGH, MMR 2009, S. 752 ff.). Wird der Inhalt einer Veröffentlichung als derjenige eines Fremden gekennzeichnet und finden sich keine weiteren (zustimmenden) Kommentare des Users, ist grundsätzlich von einer fremden Äußerung auszugehen (BGH, NJW 2012, S. 2345 f.). Insofern empfiehlt sich, mit einem kleinen Hinweis auf die Fremdheit des Inhalts hinzuweisen, wenn man einen Beitrag eines Dritten übernimmt. Fremde Inhalte: Häufig werden Posts von anderen Personen gedankenlos weitergeleitet. Auch wenn sie dann zwar nicht als eigene Inhalte gelten, ist die Haftung nicht gänzlich ausgeschlossen. Wer z. B. ein Foto eines Dritten unbedacht weiterleitet, obwohl dieser gegen das Urheberrecht verstoßen hat, wird ab dem Zeitpunkt, zu dem er von einer Urheberrechtsverletzung Kenntnis erlangt hat, selbst zum »Täter« und muss weitergeleitete Bild auf eine entsprechende Aufforderung hin entfernen (Hoeren/ Sieber/ Holznagel, Teil 21.1, Rn. 66). Gleiches dürfte für unreflektiert weitergeleitete ehrverletzende Äußerungen gelten. Das Problemfeld Social-Media-Recht ist nicht nur ein sehr junges Gebiet, das sich erst noch durch das Agieren des Gesetzgebers und der Rechtsprechung weiterentwickeln wird. Es ist ebenso kompliziert und einzelfallabhängig. Nichtsdestotrotz wurde im Rahmen dieser Publikation versucht, einen kurzen Überblick über die wichtigsten Problemfelder darzustellen. Den Anspruch auf Vollständigkeit können die gemachten Ausführungen keinesfalls erheben. Lesenswert vor allem für die praktische Anwendung ist Hendrik Wolbers Buch über »Die 11 Irrtümer über Social Media« (2012). Literatur &-Links * empfohlener Titel Carr, Nicholas (2014): Abgehängt, Hanser Verlag, Berlin. CR-- Computer und Recht (2012), Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln. Dreier, Thomas/ Schulze, Gernot (2013): Kommentar zum Urhebergesetz, 4. Auflage, C. H. Beck Verlag, München GRUR-- Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, (2000), C. H. Beck Verlag, München. GRUR-RR- - Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht- - Rechtsprechungs- Report, (2014), C. H. Beck Verlag, München. Hahn, Werner/ Vesting, Thomas (2012): Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, C. H. Beck Verlag, München. Heckmann, Dirk, (2014) juris Praxiskommentar Internetrecht, 4. Auflage, juris GmbH, Saarbrücken <?page no="106"?> 7.7 Haftung 107 Heymann-Reder, Dorothea (2011): Social Media Marketing. Erfolgreiche Strategien für Sie und Ihr Unternehmen, Addison-Wesley Verlag, München. Hoeren, Thomas/ Sieber, Ulrich/ Holznagel, Bernd (Hg.) (2014): Handbuch Multimediarecht, 38. Auflage, C. H. Beck Verlag, München. K&R-- Kommunikation und Recht (2013), Deutscher Fachverlag, Frankfurt/ Main. MMR-- Multimedia und Recht (2002), C. H. Beck Verlag, München. MMR-- Multimedia und Recht (2006), C. H. Beck Verlag, München. MMR-- Multimedia und Recht (2008), C. H. Beck Verlag, München. MMR-- Multimedia und Recht (2009), C. H. Beck Verlag, München. Müller-Broich, Jan (2012): Kommentar zum Telemediengesetz (TMG), Nomos Verlag, Baden-Baden. NJW-- Neue Juristische Wochenschrift (1980), C. H. Beck Verlag, München. NJW-- Neue Juristische Wochenschrift (2005), C. H. Beck Verlag, München. NJW-- Neue Juristische Wochenschrift (2010), C. H. Beck Verlag, München. NJW-- Neue Juristische Wochenschrift (2012), C. H. Beck Verlag, München. Schnabel, Christoph/ Freund, Bernhard (2010): CR- - Computer und Recht, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln. Spindler, Gerald/ Schuster, Fabian (Hg.) (2011): Recht der elektronischen Medien, 2. Auflage, C. H. Beck Verlag, München. Splittgerber, Andreas (Hg.) (2014): Praxishandbuch Rechtsfragen Social Media, de Gruyter Verlag, Berlin, Boston. Wolber, Hendrik (2012): Die 11 Irrtümer über Social Media. Was Sie über Marketing und Reputationsmanagement in sozialen Netzwerken wissen sollten, w&v, Verlag Gabler Springer, Wiesbaden.* ZUM- - Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (2009), Nomos Verlag, Baden- Baden. ZUM- - Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (2012), Nomos Verlag, Baden- Baden. Übungsaufgaben 1. Welche rechtlichen Probleme können auftreten durch die Verwendung von Pseudonymen im Netz? 2. Stimmt das Sprichwort »Namen sind Schall und Rauch« auch in sozialen Netzwerken? 3. Welche Probleme können durch die in der breiten Bevölkerung übliche Share-/ Teil-Funktionsnutzung bei sozialen Netzwerken entstehen? <?page no="108"?> 109 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content Thilo Büsching 8.1 Definitionen Ganz im Sinne des kundenzentrierten Dialogs wird ab Kapitel 8 die Erzählperspektive von der unpersönlichen 3. Person auf die persönliche Ansprache gewechselt, wenn der direkte, imaginäre Dialog passt oder gesucht wird. Das vorliegende Werk ist zwar im Kern noch als klassisches Buch konzipiert, simuliert aber teilweise das Gespräch mit Ihnen. So ist das in Kapitel 10 entwickelte Social-Media-Business-Content SoMe- BizCo (8x4) nicht nur ein Analyse- und Handlungsmodell, sondern eine Reise, auf die wir Sie gerne mitnehmen und neues, aufregendes Wissen diskutieren wollen. Wir hoffen, das motiviert Sie zusätzlich, die Welt des Social-Media-Business-Content, die informiert (Social Content), mit Themen wirbt (Content-Marketing) und verkauft (Social Commerce), zu erforschen. Sie merken, die sozialen Medien verändern nicht nur Organisationen, Techniken und Personen, sondern den Schreibstil. Selbst in der Wissenschaft. Viel Spaß. Die umfassende und weiter voranschreitende Digitalisierung von Informationen hat die Kenntnis der Kunden-/ Nutzerbedürfnisse fundamental vergrößert und das Portfolio kanalspezifischer Inszenierungen des Contents erheblich ausgeweitet. Marken vermitteln sich als Emotion in unterschiedlichsten Print-Formaten, über Apps, Web-Auftritte, Newsletter, Newsfeeds oder diverse Social-Media-Plattformen (facebook, instagram, youtube, twitter, xing, linkedin etc). Jeder einzelne Kanal nimmt dabei idealerweise Bezug auf den anderen, ergänzt und erweitert ihn im Sinne der individuellen Bedürfnisse und der verfügbaren Ressourcen seiner Nutzer. Markt-, Zielgruppen- und Milieuanalysen sowie Bestandsaufnahmen des Mediennutzungsverhaltens in Echtzeit bieten dazu verlässliche Kontroll-Tools. Damit lassen sich alle relevanten und zielführenden Kommunikationspotenziale erschließen, die geeigneten Plattformen der Botschaftenvermittlung identifizieren und absolut passgenau verbinden. Den Weg dorthin ebnen nicht zuletzt innovative Tracking-Systeme, Marktforschung, unterschiedlichste Messverfahren und Resonanzkontrollen (z. B. Google-Analytics) Zu den Inhalten: Der wirtschaftlich orientierte Social-Media-Content-Manager muss primär den Marketing- und Vertriebszielen des Unternehmens dienen, die Bekanntheit und das Image steigern, Interessenten, sogenannte Leads, generieren, verkaufen und Kunden langfristig binden. Dies schließt mit ein, dass <?page no="109"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 110 a. Anfragen von Kunden und Gespräche mit Kunden besonders schnell, authentisch und serviceorientiert, insbesondere in den sozialen Medien, beantwortet werden (müssen) und b. aktuelle, relevante Unternehmensinformationen und Geschichten über das Unternehmen, über die Produkte und Dienstleistungen verbreitet werden, wenn das Unternehmen sich als besonders kundenfreundlich positionieren will. Und das müssen die Unternehmen, denn das Internet wirkt wie ein vierfacher Beschleuniger: 1. Es erhöht die Preistransparenz, forciert den Wettbewerb und zwingt zu Rationalisierung, Kosteneinsparung und Innovation und motiviert die Markenführer, die Marke und ihren Mehrwert zum Wohle des Kunden zu profilieren. 2. Es bietet viele Möglichkeiten, die Produkte zu bewerten und schnell Gruppen für die Meinungsbildung zu organisieren. Dadurch wächst der Druck auf die Unternehmen, diplomatisch, sensibel, kulant und sehr kundenfreundlich zu kommunizieren. 3. Es führt zu einer konsequenten Ausrichtung der gesamten Wertschöpfungskette an den Kunden(-bedürfnissen) und ihren besonderen Einstellungen und Kaufwünschen. 4. Es richtet die gesamte Organisationskultur immateriell und ideell an den aktuellen und zukünftigen Werten und Produktvorstellungen aus. Die Art und Weise, wie Unternehmen und Privatpersonen Medien einsetzen und nutzen, hat sich in den letzten 40 Jahren unglaublich, wirklich unglaublich geändert: Noch in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts bestand die Kundenansprache außerhalb der Verkaufsstelle im Wesentlichen aus Anzeigen in Publikumszeitschriften, großformatigen Plakaten, Briefen und ganz wenigen TV-Spots auf den damals zwei (! ) öffentlich-rechtlichen TV-Sendern ard und zdf. Die Mediennutzungszeit hat sich von vier Stunden 1975 auf über zehn Stunden 2015 (vgl. Wirtz, 2013, S. 56) erhöht. Personal-Computer, Internet, Smart-Phones, Tablet-PCs und digitale, soziale Medien waren unbekannt. Fast alle Menschen hätten Mitte der 70er-Jahre den Innovationsgrad, das Ausmaß der Vernetzung, die Menge der Daten, die Vielfalt der Funktionalitäten, wie sie heute existieren, in den Bereich der Science-Fiction verwiesen. Der Einfluss der digitalen Medien und von Social-Media-Content hat sich aus historischer Sicht explosionsartig ausgebreitet und ist sehr einflussreich: »70 % des ROI einer Kampagne im Social Network entsteht durch C2C-Effekte der Benutzer untereinander«, ist eine kühne These eines E-Commerce-Anbieters (E-Business, 2010). Was verstehen wir unter dem Content, der im Internet so erfolgskritisch sein kann? <?page no="110"?> 8.1 Definitionen 111 Definiton: Content Das Geschäftsmodell im Internet besteht in der Beschaffung, Produktion und dem differenzierten Angebot von Inhalten. Die Inhalte können informierender, bildender, unterhaltender oder künstlerischer Natur sein bzw. Mischformen davon (vgl. Wirtz, 2013, S. 725). Wirtz unterscheidet im Internet die Geschäftsmodellvarianten E-Information, E-Entertainment und E-Education; Content ist der Kern des Kommunikations- und Transaktionsmediums Internets. Content bildet die Grundlage für die Geschäftsmodelle Connection (Informationsaustausch im Internet), Commerce (Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen) und Context (Klassifikation und Systematisierung von im Internet verfügbaren Informationen) (vgl. Wirtz, 2013, S. 720). Wirtz thematisiert und erläutert nicht, ob und inwiefern Content oder Social-Media- Content Unternehmen hilft, ihre Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Ob und wie dies gelingen kann, wollen wir in Kapitel 8 bis 12 analysieren. Die übergreifende Forschungsleitfrage ist, ob und inwiefern es dem strategischen (Content-)Marketing gelingt, mit dem Instrument Social-Media-Business-Content Verkäufe zu befördern. Dies ist zu Zeiten des partizipativen Social Media schwer zu beantworten, da die Kunden den Verkaufsprozess und die Bewerbung der Produkte, das operative Marketing selbst, bewusst oder unbewusst, explizit oder implizit mit beeinflussen- - mit ihren Beiträgen, Bewertungen, Kommentaren, Empfehlungen und mehr oder weniger redaktionellen Geschichten-- mit ihrem Content. Diese neue Form von Content, der als Blog oder kurzer Teaser-Post zum Dialog einladen kann, gipfelt in der neuen Disziplin »Content-Marketing«. Dies meint nichts anderes, als dass Inhalte eine Mischung aus journalistischen Informationen, meinungsbildender PR und direkter Verkaufswerbung sind, aber nicht als Werbung wahrgenommen werden. Content steht nicht mehr im Dienste der Aufklärung, ist keine vierte Gewalt mehr, sondern bahnt Verkaufskontakte an, die zu besseren Kundenbeziehungen und schließlich zum Verkauf und zu einer längeren Kundenbindung führen. Das ist der Kern von Social-Media-Business-Content. Social-Media-Business- Content tritt zwar noch im Gewand des authentischen Journalismus auf, ist letztlich aber ein Instrument, ein Mittel zum Zweck für den Verkauf und den Unternehmenserfolg. Keiner der vorliegenden Begriffe bringt das neue Phänomen »Content zur Verfolgung von wirtschaftlichen Zielen« auf den Punkt, deshalb schlagen wir hier den neuen Terminus Social-Media-Business-Content vor und definieren im nächsten Schritt diesen Begriff. Die folgende Abbildung stellt vier prominente Social-Media- Definitionen vor, auf denen unsere Sicht aufbaut: <?page no="111"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 112 Definition: Social Media mit Social-Media-Business- Content im Vergleich Quelle Social media is defined as a group of Internet-based applications that build on the ideological and technological foundations of Web 2.0, and-that allow the creation and exchange of User Generated Content. Kaplan/ Haenlein, 2010, S. 61 Indivduals are using social media to participate in social networks, which- enabled them to create and share content, communicate with one-another, and build relationships. Hennig-Thurau et al., 2010, S. 12 Social Media sind persönlich erstellte, auf Interaktion abzielende Beiträge, die in Form von Text, Bildern, Video oder Audio über Online Medien für einen ausgewählten Adressatenkreis einer virtuellen Gemeinschaft oder für die Allgemeinheit veröffentlicht werden, so wie zugrunde liegende und unterstützende Dienste und Werkzeuge des Web 2.0. Hettler, 2010, S. 7 Social Media beschreibt innovative Plattformen und Applikationen im Internet mit hohem Gestaltungpotenzial. Dabei bestimmt die aktive Gestaltung der Inhalte durch die kooperative Partizipation der Nutzer und Anbieter den Aufbau sozialer Netzwerke, mit dem Ziel der permanenten Vernetzung der Nutzer sowie der Verteilung von Inhalten. Wirtz, 2013, S. 737 Social-Media-Business-Content nutzt interaktive Plattformen und Applikationen im Internet, um zielleistungsbezogene oder transaktionsbezogene Inhalte zu publizieren, zu verbreiten und auszuwerten, massenwirksam oder individualisiert in Form von branded-generated Content (markengeneriert) oder branded-related Content (nutzergeneriert) oder als transaction-dominated branded-generated Content (markengeneriert) oder als transaction-dominated branded-related User-Generated-Content (nutzergeneriert), mit dem expliziten oder impliziten Ziel, Kaufentscheidungen vorzubereiten und zu beeinflussen und dabei das eigene Image, ganz gleich ob Marke oder Person, zu stärken (vgl.-Burmann et al., 2012, S. 131). eigene Definition Social-Media-Business-Content verfolgt das klare Ziel, einen positiven langfristigen Dialog mit dem Kunden aufzubauen, diese Sympathie durch den Kunden in Empfehlungsmarketing umwandeln zu lassen, mit ihm gemeinsame Netzwerke aufzubauen sowie ein klares Verkaufsangebot zu unterbreiten bzw. den Kunden mit Social-Media- Business-Content zum Kauf zu verführen. Die beiden folgenden Abbildungen fassen thesenartig zusammen, wie sich das Verhältnis von Promotion, PR und Journalismus (und Web 2.0) vom Jahr 1970 bis 2020 verändern wird. <?page no="112"?> 8.1 Definitionen 113 Abb. 21 beschreibt idealtypisch, wie der Kunde Anfang der 1970er-Jahre informiert wurde bzw. sich informieren konnte: 1. durch die klassische Werbung in Form von TV und Radiowerbespots, Zeitschriften- und Zeitungsanzeigen, Plakaten oder Point-of-Sales-Werbematerialien, 2. von offensichtlich interessengeleiteten Produktberichten in stark werbefinanzierten Zeitungen und Zeitschriften, die sich unter anderem von Produkt-PR-Beiträgen speisen, und 3. schließlich von unabhängigen, der Wahrheit verpflichteten, kritischen Journalisten. Soweit die klare und heile, weil leicht durchschaubare Welt für den Konsumenten im Jahr 1970. Abb. 22 zeigt, wie viel komplexer und schwieriger zu verstehen das reale und digitale Informationsdickicht der Zukunft geworden ist. In diesem Buch werden unter Social-Media-Business-Content die Teildisziplinen • Dialog- und Content-basierter Social Commerce, • Produktpromotion mit Content, • Akquisition von Beiträgen, Wissen, Kunden und Personal und • die Arbeit der interessengeleiteten Content-Akteure verstanden. In unserem Modell »Das Verhältnis von CRM, Content-Marketing, Journalismus und Web 2.0 im Jahr 2020« wird das weiter unten ausgeführte Sponsored-User-Generated- Branding von den interessengeleiteten (»sponsored«) Content-Akteuren übernommen. Der Begriff Social-Media-Business-Content bringt auf den Punkt, dass in der Content-Wertschöpfungskette des 21.- Jahrhunderts Kundenbeziehungsmanager, Content-Marketing-/ PR-Manager und Journalisten und ihre Kompetenzen in einem Berufsbild verschmelzen (vgl. Büsching/ Goderbauer, 2014, S. 66). Abb. 21: Das Verhältnis Promotion, PR und Journalismus 1970 Legende: 1 = BtoC-Promotion 2 = Auftrag des Unternehmens an PR Agenturen 3 = Unternehmens-, Produkt- und Themen-PR 4 = Themenbereitstellung von PR an Journalismus 5 = Klassischer unabhängiger Journalismus Produkt- Promotion PR Journalismus Kunde/ Verbraucher 1 3 2 4 5 <?page no="113"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 114 Social-Media-Business-Content ist eine Mischung von Content-Marketing und-Social Commerce. Im Social-Media-Begriffswirrwar-Dschungel gibt es viele terminologische Holzwege, die in den Erkenntnis-Abgrund führen. Diesen tiefen Fall wollen wir vermeiden und grenzen unseren zentralen Begriff Social-Media-Business-Content weiter ab. Dies ist keine akademische Gedankengymnastik. Ganz im Gegenteil ist die Begriffsklärung von hoher praktischer Relevanz und die Grundlage von Wissenschaft und von allen weiteren Überlegungen in den Kapiteln 9 und 10. Denn die klaren Definitionen helfen uns zu verstehen, welche Ziele mit welchen Content-Arten in welchen Handlungsfeldern zu erreichen sind. Oder noch einfacher: Mit welchen Inhalten wird informiert, eine Marke aufgebaut oder Geld verdient? Und wie kann aus Unternehmenssicht das Web 2.0 genutzt werden, um die Teilziele Information, Markenentwicklung oder Umsatz zu befördern? Allerdings ist so ein »trockener« Definitionsteil kein »Tanz in den Mai« und nicht humorsteuerpflichtig, sondern für die Leser eine anstrengende Gedankenarbeit, da viele neue Begriffe eingeführt und kombiniert werden. Puuuh-- Sie schaffen das. Nach dem Definitionsteil und der Zusammenführung der Definitionen und Überlegungen in einem Modell belohnen wir Sie und uns mit dem anschaulichen Fallbeispiel »Toaster-und-Ei-Koch-Post« von amazon am 20. Januar 2015. Mithilfe des Multifunktionsgerätes erläutern und vertiefen wir die verschiedenen nicht Abb. 22: Das Verhältnis von operativem Marketing, PR, Journalismus und Web 2.0 im-Jahr 2020 Legende: 1 = Klassische On- und Offline Werbung 2 = Social Commerce 3 = Austausch zwischen Unternehmen und PR 4 = Produktpromotion mit Content 5 = Akquisition von Beiträgen, Wissen, Kunden und Personal 6 = Klassische Unternehmens-PR 7 = Austausch von PR und Journalismus 8 = Interessengeleitete und »freie« Content-Akteure 9 = Unabhängige Content-Akteure 10 = Unabhängige, der Wahrheit verpflichtete Journalisten 1 2 3 4 6 5 7 10 8 9 PR Journalismus CRM Web 2.0 <?page no="114"?> 8.1 Definitionen 115 leistungsbezogenen, leistungsbezogenen und transaktionsbezogenen Formen von Social-Media-Content und Social-Media-Business-Content. Nun hinein in die Vielfalt von Social Media. Zunächst sollten Sie die nicht leistungsbezogene Form von Social-Media-Content nicht verwechseln mit dem leistungs- und transaktionsbezogenen Social-Media-Business-Content. Beides wird im Kontext von Web 2.0 spezifiziert und genauer in dem neuen Modell der Abb. 8.3, Handlungsfelder und Instrumente von Social-Media-Content und Social-Media- Business-Content, dargestellt. Am besten, Sie schauen sich die Grafik gleich mal an, damit Sie einen schnellen Überblick erhalten. Das klassische Medienangebot (Zeitung, Zeitschrift, Radio, TV, Internet) wird hier als Media-generated-Content bezeichnet, im Unterschied zum nicht leistungsbezogenen Enterprise-generated-Content. Media-generated-Content wird in dieser einfachen Klassifikation von den unabhängigen, nur der Wahrheit verpflichteten Journalisten erstellt und im Dialog vertreten. Wandelt sich der Journalist zu einem direkten oder indirekten Produkt- und Markenbotschafter, sprechen wir von Branded-generated-Content, denn er vertritt keine unabhängige Position mehr, sondern muss helfen, Produkte zu verkaufen, oder das Umfeld für wirksame Markenwerbung schaffen. Oder diese in Form von Produkt-PR, Advertorials oder in Form von »Native Advertisement« selbst schreiben. Alle Spielarten der Konsumentenbeeinflussung können verdeckte Werbung oder Schleichwerbung sein, wenn diese Texte nicht als Werbung gekennzeichnet sind. Unter Enterprise-generated-Content werden hier Inhalte verstanden, die von den Mitarbeitern auf verschiedenen Plattformen für verschiedene Zielgruppen gepostet werden. Das ist das Tagesgeschäft von Social-Media-Abteilungen in Organisationen, die nicht Gewinne erzielen müssen und ihre Leistungen über Spenden und Zuschüsse finanzieren, vom Deutschen Roten Kreuz bis zur Welthungerhilfe. Beide Content- Formen, media-generated und enterprise-generated, regen zum Dialog über Themen an, zum Beispiel »keine Gewalt gegen Kinder« oder »äußerste Vorsicht mit der Veröffentlichung von privaten Daten in den sozialen Medien«. Die User produzieren von sich aus und unter sich User-generated-Content und als Reaktion auf die Media- und die Enterprise-generated-Content-Themen User-generated-Content. Sie kommunizieren mit den Medien und den Organisationen, aber nicht über Marken, sondern über »klassische« öffentliche Themen, wie z. B. das Wetter, Spenden für Personen, die unverschuldet in Not geraten sind, oder über die mögliche Vereinnahmung der Privatsphäre durch Facebook in den digitalen Medien. Definition: Socal-Media-Content Social-Media-Content besteht aus den nicht leistungsbezogenen Inhalten von Media- und Enterprise-generated-Content und dem Non-sponsored- und Nonbranded-related-User-generated-Content. <?page no="115"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 116 Unter Branded-generated-Content werden nach Meffert, Burmann und Kirchgeorg Inhalte verstanden, die in der Regel von Mitarbeitern der Social-Media-Abteilung gepostet werden, aber von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens stammen können (vgl. Meffert et al., 2015, S. 646). Im Gegensatz zum Enterprise-generated-Content kommuniziert der Branded-generated-Content eine Leistung des Unternehmens. Nach alter PR-Auffassung wäre Enterprise-generated-Content als Themen-PR und Branded-generated-Content als Unternehmens- und Produkt-PR zu bezeichnen. Nach Burmann und Arnhold (2008, S. 40) ist der Branded-related- User-generated-Content Teil des General-user-generated-Content (UGC). Die gestrichelte Linie in Abb. 23 auf Seite 119 deutet dies an. Der Branded-related-UGC kann in non-sponsored- und sponsored Brandedrelated-UGC unterschieden werden (vgl. Meffert et al., 2015, S. 646). Das ist bedeutsam, da unter dem sponsored Branded-related-UGC Beiträge in den sozialen Medien verstanden werden, die von der Marke direkt oder indirekt initiiert, aber nicht von den Mitarbeitern erstellt werden. Diese im Auftrag des Unternehmens oder im Auftrag einer Agentur inszenierten, nicht mehr authentischen Beiträge können die Diskussion, die Stimmung, die Einstellung und das generelle (Kauf-)Verhalten für oder gegen eine Marke zu ihren Gunsten manipulieren. Die Unternehmen lassen vermehrt in ihren Communities markenrelevante Inhalte durch immateriell oder materiell bezahlte Content-Akteure posten, die den Nutzen und den Mehrwert akzentuieren und das Kauf- und Wiederkaufverhalten direkt beeinflussen, da diese Werbeform günstig und wirksam ist. Im Gegensatz zu den kreierten und bezahlten sponsored Branded-related-UGC sind die aus eigenem Antrieb erzeugten Postings der User, die non-sponsored Branded-related-UGC, viel bedeutender, da diese freiwillig authentischen Content posten, kommentieren und verbreiten. Es ist die Macht des digitalen Empfehlungsmarketings, dass insbesondere die konsumnahen BtoC-Marken motiviert, die neuen und bestehenden Kunden durch systematische, kreative und unterhaltsame Branded-generated- Contents im Dialog zu begeistern. Denn: Für den flüchtigen, unkritischen oder nicht medienkompetenten Besucher einer facebook-Seite ist es schwierig, zwischen sponsored und non-sponsored User-generated-Branding zu unterscheiden. Denn es ist ja gerade die Qualität der inszenierten und manipulierten Beiträge, scheinbar so zu informieren und zu unterhalten wie die authentischen non-sponsored branded-related UGC-Beiträge. Oder hinterfragen Sie stets während des Lesens: »Stimmt das vollumfänglich? «, »Wie viel ist wahr und wie viel ist geschönt? «, »Sind alle relevanten Fakten da? « oder »Wie kann ich diese Fakten, Argumente, Thesen und Meinungen überprüfen? « Falls Sie über diese Fähigkeit verfügen, wenden Sie diese auf das Buch »Social- Media-Content« an und geben uns Tipps, wie wir ihn verbessern können: gabriele. goderbauer-marchner@unibw.de oder thilo.bueching@fhws.de. Danke. <?page no="116"?> 8.1 Definitionen 117 Wir fassen zusammen: Definition: Content-Marketing Branded-generated-Content (BGC) und Branded-related-User-generated-Content (UGC), der in non-sponsored und sponsored Branded-related-UGC zerfällt, wird hier als Content-Marketing bezeichnet. Zielen die Unternehmen überwiegend mit ihren Postings in den sozialen Medien darauf ab, den User direkt zu einem Kauf zu bewegen, nennen wir dies Transactiondominated-BGC. Dies kann z. B. eine indirekte Kaufaufforderung mit einer Frage sein, wie z. B. »Fundstück des Tages: Toast UND Ei. Das Gerät kann beides! Ist das was für euch? « (http: / / amzn.to/ 1J245JH auf der facebook-Seite von amazon deutschland; Amazon, 2015a). Dort wird zum Kauf eines kombinierten Toasters mit Eierkocher aufgerufen. Bei 3.895.541 Fans allein in Deutschland am 28. Januar 2015 (in den USA waren es am gleichen Tag 26.173.648 Fans) kann dies zu signifikanten Verkäufen führen. Die Kommentare und Teilen-Aktionen, die das Produkt-Posting »Toaster-und-Ei- Koch-Maschine« auslösen, definieren wir als Transaction-dominated-Branded-related-UGC. Diese direkte Produktbewertung durch den Interessenten oder den Käufer vor den Augen aller potenziellen Käufer ist vermutlich ökonomisch betrachtet das wirkungsstärkste Instrument, das die sozialen Medien hervorgebracht haben. Wie das in Kapitel 12.3 dargestellte Fallbeispiel »Schadensersatzklage über 70.000 € wegen eines falsch montierten Fliegengitters« eindringlich beweist, können wenige Worte eines amazon-Produktkommentars darüber entscheiden, ob ein Unternehmen noch weiter existieren darf oder nicht: Social Commerce wird immer wichtiger für die Außenwahrnehmung eines Unternehmens und seine Wettbewerbsfähigkeit. Definition: Social Commerce Transaction-dominated-branded-generated-Content und Transaction-dominated-branded-related-User-generated-Content bezeichnet die Prozesse und Aktionen, die direkt auf den Verkauf zielen. Dies verstehen wir unter Social Commerce. Für die politische Ebene ließe sich noch das Merkmal »Action-dominated-partyrelated-UGC« einführen und untersuchen, ob und inwieweit z. B. der Action-dominated-party-related-UGC mitverantwortlich ist für den »Arabischen Frühling« oder die Wahl von Barack Obama 2008 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Da hier untersucht wird, wie Inhalte in den sozialen Medien den Umsatz beeinflussen und wie Sie, liebe Leserinnen und Leser, dafür erfolgreich systematische Kampagnen gestalten können, wird diese eminent wichtige politische Dimension nicht behandelt. Kurzum: <?page no="117"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 118 Social-Media-Content, Social-Media-Business-Content und Social-Media-Political- Content haben die Kraft, die Welt zu verändern. Dass dies nicht nur zum Guten sein muss, zeigt die fortdauernde »Verlust-der-Privatsphäre-Diskussion«: Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sollen es facebook ab dem 1. Februar 2015 ermöglichen, Surf-Sessions außerhalb der facebook-Seite auszulesen (Spiegel-Online, 2014). Dies ermöglicht facebook, Surfbewegungen eines Users auf anderen Seiten innerhalb einer Browser-Session aufzuzeichnen und mit den persönlichen Daten und Surf-Daten auf facebook verknüpfen. Dies ist aus Sicht von Datenschützern ein Skandal, aus Sicht der werbetreibenden Industrie eine nützliche Innovation, die hilft, Kunden mit Werbung, die auf die persönlichen Präferenzen eingeht, zu kontaktieren. So könnte Ihnen facebook den Schuhtyp, den Sie auf amazon nicht gefunden haben, mit personalisierter Werbung von zalando anbieten. Das mögen Sie noch für unkritisch halten, dramatischer wird es, wenn Sie sich über den Krankheitsverlauf von HIV- Positiven im Netz informiert haben sollten und facebook diese Daten an Ihren zukünftigen Arbeitgeber verkauft. Besonders radikal schildert Dave Eggers in seinem weltweiten Erfolgsroman »Der Circle« die Auswirkungen auf unsere persönliche Kommunikation: So wird die Social-Media-Gläubige Mae und Managerin des fiktiven, weltbeherrschenden Social-Media-Konzerns Circle (etwa eine Mischung von google, facebook und twitter in einem Konzern, nur innovativer) von ihrem Ex-Freund Mercer angeklagt: »Deine Tools haben Klatsch und Tratsch, Hörensagen und Behauptungen auf die Ebene gültiger, regulärer Kommunikation erhoben. Die Welt hat sich verdämlicht.« (Eggers, 2014, S. 155). Wahrhafte Kommunikation und intelligente Rezeption von Beiträgen in den sozialen Medien können diese Nachteile minimieren. Die Vorteile sind zahlreich: Ein Netzwerk von 50 bis 150 Personen lässt sich als Schüler/ in oder Studierende/ r binnen weniger Tage herstellen. Der Zugang zu persönlich wichtigen und aktuellen Informationen ist individuell und schnell, besondere Nachrichten und Momente können inszeniert und per Bild im Netzwerk verbreitet werden. Eine aufheiternde Unterhaltung ist jederzeit schnell produziert, z. B. mit einem Selfie. Privater und fachlicher Meinungsaustausch lässt sich innerhalb von Minuten in Gruppen organisieren. Auf Einkaufsportalen können User Einkaufsprozesse, Produkteigenschaften, Retouren und Beschwerden präzise und umfassend bewerten. Dadurch sinken bei zukünftigen Käufern die Informations-, Such- und Transaktionskosten, und gleichzeitig steigt die Sicherheit, das richtige Produkt zu kaufen. Und das mit der Gewissheit, den niedrigsten Preis für die beste Qualität beim serviceorientiertesten Händler erworben zu haben. Dieser Anbieter muss nach der Logik der sozialen Medien der Händler sein, der am stärksten die Kunden und ihre Bewertung respektiert und sie entsprechend in die Produktdarstellung integriert. Neben dem Produkt, dem Preis, dem Service kann das Vorhandensein einer Community allein ein Killer-Feature sein und maßgeblich zum Wettbewerbsvorteil beitragen (vgl. Heinemann, 2012, S. 100). Sie ahnen es, eine Welt ohne Social-Media-(Business-)Content ist undenkbar geworden. Ob diese durch <?page no="118"?> 8.1 Definitionen 119 facebook oder durch private oder geschäftliche Anbieter organisiert wird, ist dabei für den Gesamttrend weniger wichtig. facebook ist dabei nicht zu unterschätzen. Der erste ernsthafte Konkurrent whatsapp wurde ja im Februar 2014 für 18 Mrd. Dollar gleich aufgekauft. Die folgende Abbildung stellt die nicht leistungsbezogenen, die leistungsbezogenen und transaktionsbezogenen Handlungsfelder und die spezifischen Instrumente für die Medien- und Marketingmanager da. Es ist die Aufgabe des Social-Media-Content- Managements und des Social-Media-Business-Content-Managements, die jeweiligen Content-Formen und die daraus resultierenden Beziehungen so zu managen, das für die Kunden und die Organisationen der größte publizistische und wirtschaftliche Mehrwert entsteht. In Abschnitt 6.3 wird das innovative Modell SoMeBizCo (8x4) vorgestellt, das es Unternehmen ermöglicht, effiziente und kreative Kampagnen und Interaktionen zu entwickeln, umzusetzen und zu monitoren. Die Grundlagen dafür enthält die folgende Abbildung. Nach Abschluss des Definitionsteils und Darstellung des Gesamtmodells »Handlungsfelder und Instrumente von Social-Media-Content und Social-Media-Business- Content« diskutieren wir die Vielfalt und die Grauzonen des Social-Media-Business- Content an einem Fallbeispiel. Die Steuerung von Social-Media-Business-Content-Kampagnen ist deshalb so anspruchsvoll, da die Kunden selbst als nicht planbarer externer Faktor in der Dienst- Abb. 23: Handlungsfelder und Instrumente von Social-Media-Content und Social-Media-Business-Content nicht leistungsbezogen leistungsbezogen transaktionsbezogen markengeneriert nutzergeneriert Mediagenerated- Content Usergenerated- Content (UGC) Media- User- Interaction Enterprise- User- Interaction Brand- User- Interaction Enterprisegenerated- Content Brandedgenerated Content Transactiondominated brandedgenerated- Content Transactiondominated brandedrelated UGC Brandedrelated UGC Social- Media- Business- Content Social- Media- Content Content- Marketing Social Commerce <?page no="119"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 120 leistungserstellung »positiver branded-related Social-Media-Business-Content« mitwirken können. Positiv wie negativ. Wir erläutern dies kurz an einem kurios anmutenden Beispiel, nämlich am Beispiel der Dienstleistung »Haare schneiden, färben, föhnen und legen«. Das Friseurgeschäft ist das klassische Beispiel, um das zeitliche Zusammenfallen von Leistungserstellung (Haare schneiden) und Leistungsinanspruchnahme (Haarschnitt) zu erläutern. Die bestehenden und potenziellen Kunden sind nicht nur der »unbewegliche Kopf« während der Frisur, sondern »die unbeweglichen Köpfe« der Kunden bewerten das Haareschneiden, die Qualität des Small-Talks, den Kaffee und die Menge der Haare, die nicht auf den Umhang fallen, die Düfte im Friseursalon und vieles mehr, und dies nicht nur verbal gegenüber dem Friseur oder der Friseurin, sondern im Kreis aller bestehenden und zukünftigen Kunden per Smartphone auf einem Community-Portal, wie facebook, während der Leistungserstellung. Es zeigt sich, wie ein jahrtausendaltes Handwerk, das ausschließlich lokal arbeitet und ohne digitale Medien auskommt, von der Social-Media-Revolution betroffen sein kann. Ziel des Kapitels 8 ist es, erstens auf Basis einer kursorischen Literaturanalyse das innovative Analyse- und Handlungsmodell Social-Media-Business-Content abzuleiten und in den Grundzügen darzustellen. Zweitens wollen die Autoren zum kritisch-wissenschaftlichen Denken anleiten, indem die vorgestellten Basis-Modelle mit jeweils fünf Kriterien (Inhalt, (Prozess-)Logik, Praxisnähe, Innovationsgrad, Modelltyp) bewertet werden und schließlich mithilfe der Stärken und Schwächen der Basismodelle das neue Modell abgeleitet wird. Das entwickelte Social-Media- Business-Content-Modell wird mit SoMeBizCo (8x4) abgekürzt. »So« steht für Social, »Me« für Media, »Biz« für Business und »Co« für Content. »8x4« wird es genannt, da es in acht Kategorien und jeweils vier Entwicklungsstufen erläutert, wie ein wirtschaftlich orientierter Social-Media-Manager agieren muss, um Content in den sozialen Medien erfolgreich zu entwickeln und einzusetzen: systematisch in Strategie-, Markenentwicklung und Positionierung, zielgruppenspezifisch, zielorientiert, content-spezifisch, optisch ansprechend und einladend, positiv im Dialog über alle Kanäle und messbar effizient. Es zeigt sich im Verlauf der Basisanalyse, dass SoMeBizCo (8x4) in content-orientierten Unternehmen als neuer Oberbegriff für die Mischung von Journalismus, Content-Marketing und Social Commerce verwendet werden kann. Da ein Geschäftsleben ohne soziale Medien nur schwer zu vermitteln ist, fungiert das Analyse-, Entscheidungs- und Handlungsmodell SoMeBizCo (8x4) nicht nur als Social-Media-Content-Modell. Es versteht sich gleichsam als ein interaktives Medienmodell für dialogorientierte Marken oder als ein Totalmodell mit Fokus auf soziale Medien. Das Analyse-, Entscheidungs- und Handlungsmodell SoMeBizCo (8x4) ist ein strategisches und operatives Totalmodell für die Entwicklung von verkaufsfördernden Markenkampagnen, besonders in den sozialen Medien. <?page no="120"?> 8.2 Social-Media-Business-Content im google-Format 121 Die folgende Fallanalyse wendet die oben eingeführte Terminologie an, vertieft und ergänzt die Zusammenhänge und führt praxisorientiert in den Komplex Social-Media- Content ein. 8.2 Social-Media-Business-Content im GOOGLE -Format Die Revolution des Internets durch die sozialen Medien und die Fokussierung auf Qualitätsinhalte durch google stärkt die Content-Kultur. Genau recherchierte, präzise und werblich formulierte Inhalte definieren den Mehrwert einer Website, eines Blogs einer interaktiven Community. Content ist King oder die Qualität der Information definiert den Mehrwert eines Mediums. Schließlich dominieren informationslastige Nachrichten und Text-Beschreibungen werbliche Bilder, Filme, Animationen und Games, weil Texte von den Algorithmen einfacher als Antwort auf eine Suchanfrage identifiziert werden können. Die Nachrichten, die Themen, die Botschaften bestimmen die Qualität einer Corporate-Website oder einer facebook-Fanpage, sie sind aus Marketing- und Markensicht der Kernnutzen. Miriam Löffler verdichtet diese beiden neuen Eckpfeiler des Internets in ihrem lesenswerten Buch »Think Content! « zu der Überschrift »Content-Marketing und SEO- - Das Web-2.0-Dream-Team« (Löffler, 2014, S. 337). Content, der vom Nutzer gefunden wird, ist das Wertvollste im Internet, nicht Design, nicht Usability, Technik oder gar Produkte, sondern die zielgruppenspezifisch aufbereitete Information. Denn der Content, den der User zuerst liest, spiegelt direkt die Identität des Unternehmens, seine Kompetenz, seine Marke wieder und die Fähigkeit, die unterschiedlichen Zielgruppen spezifisch, emotional und stets mit Mehrwert anzusprechen, zu überzeugen und zu begeistern. Dabei entscheidet der Kontext, ob der jeweilige Content für den jeweiligen Kunden wirklich relevant ist. Relevanz ist das entscheidende Stichwort, und der google-Algorithmus dreht sich immer darum. Relevanz ist keine objektive Größe mehr, sondern nur noch abhängig vom Betrachter. Oder um es mit Harald Henzler mit der Metapher des Schachspiels zu formulieren: »I f content is king, context is the queen« (Henzler 2014). Die Entwicklung des Internets von 2005 bis 2015 hat die Marktposition von google nachhaltig gestärkt, da die Informations-, Unterhaltungs- und Produktangebote immer zahlreicher werden und der Wettbewerb um die beste Position in den organischen Suchanzeigen von google immer intensiver. Zudem verstehen die breiten Bevölkerungsschichten zunehmend mehr die Bedeutung von aktuellem, relevantem und zielgruppenspezifischem Content. Die BtoC- und BtoB-Nutzung von google gehört fast zur Allgemeinbildung. Im Jahr 2005 faszinierten in den sozialen Medien die Blogs, die sich mit ihrem unabhängigen, kritischen Content zum Teil als eine Art Vierte Gewalt positionierten. Im Jahr 2010 sah die Welt den facebook-Durchbruch als kommunikative Weltmacht bei den Jugendlichen. Ähnlich wie bei google verhindert die Stellung als Quasi-Monopolist und die Dauerdiskussion über Datenschutz <?page no="121"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 122 nicht das weltweite Reichweiten- und Umsatzwachstum. Mit der zunehmenden Reife der sozialen Medien ab 2012 treten stärker die konkreten Vorteile für Unternehmen im BtoB-Kontext in den Vordergrund, da diese die Like-, Kommentier- und Teilfunktionen konkret für eigene Kampagnen nutzen. So führte die Ford-Motor-Company das neue Modell von Ford Focus ein, indem sie vier Social-Media-Heavy-Usern einen Ford Focus für Tests in Spanien zur Verfügung stellte. Und sie hoffte auf positive PR in den sozialen Medien. Der CEO Robert McDonald von Procter Gamble kündigte 2012 an, 1.600 Personen zu entlassen, da facebook und google ein effizienteres Marketing ermöglichen würden (vgl. Andzulis, 2012, S. 305). Es wird von den Unternehmensexperten vermutet, dass die digitalen sozialen Medien mehr Kontaktqualität als die klassischen Medien (on- und offline) herstellen. Hinzu kommt, dass die weltgrößte Suchmaschine in ihren verschiedenen Algorithmus-Updates (Panda-Update im Februar 2011, Pinguin-Update im April 2012 und Hummingbird-Update im September 2013) der Aktualität und Relevanz von Content immer mehr Priorität einräumt (vgl. Löffler, 2014, S. 348 ff.). Die redaktionelle Qualität des Contents und der Content-Produktion werden immer wichtiger für den Geschäftserfolg. Die ursprünglich getrennten Arbeitsfelder von Journalisten, PR-, Social-Media- und Produkt-Managern vermischen sich zusehends-- die Teilnehmer sind jetzt alle Content-Akteure (Büsching/ Goderbauer, 2014, S. 66). Allein im Herbst 2014 erschienen zwei neue Bücher mit dem Schwerpunkt B2B-Social-Media-Marketing (Beilharz, 2014; Kreutzer/ Rumler/ Wille-Baumkauff, 2014). google favorisiert verständlicherweise die Content-Qualität, denn Textanfragen lassen sich am besten mit relevanten und aktuellen Texten beantworten. Unternehmen suchen deshalb journalistisch gut ausgebildete Texter, die ihre Unternehmensbotschaften im »google-Format« aufbereiten. Das google-Format fasst die zentralen Anforderungen von google an einen aussagekräftigen Text zusammen, die insbesondere in einer passenden URL (Unique Resource Location), Headlines, Keyworddichte und Metatags bestehen. Der neue Begriff google-Format löst den scheinbar objektiven SEO-Begriff (SEO =-Search Engine Optimization) ab. Denn SEO ist bei einer Marktdominanz von über 90 Prozent in Deutschland eine irreführende Formulierung, denn die Texte im Internet müssen nach den Anforderungen des Suchmaschinenalgorithmus von google optimiert werden. Die Marktdominanz von google ist so beherrschend, dass sich die Konkurrenzsuchmaschinen an den technischen Standards von google orientieren müssen. Ob Suchmaschinen oder Produktanbieter, wer sich diesem Diktat nicht stellt, hat Schwierigkeiten, von seinen potenziellen Neukunden im Netz gefunden zu werden. Da für diese Google-Formatierung Unternehmen verantwortlich sind, werden sie ihre Business- und Social-Media-Business-Content-Ziele in den Vordergrund stellen. Content wird zunehmend vom Geschäft dominiert. <?page no="122"?> 8.3 Manipulation von Social-Media-Business-Content 123 8.3 Manipulation von Social-Media-Business-Content Auf Basis unserer Recherchen und der Fallanalyse in Abschnitt 12.1 gibt es mindestens sieben Möglichkeiten, Social-Media-Business-Content systematisch zu manipulieren und damit insgesamt die Aussagekraft des Bürger- und Kundenengagement für ein Unternehmen, für ein Produkt, für ein Thema zu verfälschen: 1. Wer kennt es nicht aus eigener Erfahrung? Wir haben eine gute Idee und posten einen originellen Beitrag, ein Foto oder einen Film auf facebook und fragen flugs bei unseren sogenannten Freunde an, ob sie diesen oder jenen Beitrag nicht liken, kommentieren oder teilen können-- wir haben unseren Bekannten im Netzwerk ja schon die eine oder andere Gefälligkeit erwiesen. Warum sollten Unternehmen diese Methoden nicht nutzen? Selbst wenn die eigene Social-Corporate-Responsibility dies verbietet, sollte es ja erlaubt sein, dass ein Social-Media-Manager eines Modekonzerns sich mit seinen Freundinnen und Freunden auf der facebook-Seite über Mode austauscht. Schließlich haben Social-Media-Manager digitale Freunde. Oder? 2. Eine weitere einfache Guerilla-Marketing-Maßnahme ist das Posten (oder Posten lassen) auf facebook-Pinnwänden von reichweitenstarken Unternehmen oder Freunden, von Produkten, Dienstleistungen oder Events. Sodann werden wiederum Freunde aktiviert, diese zu liken, zu kommentieren oder zu teilen. Ideal ist es, wenn für diese Art des Guerilla-Reichweitenaufbaus ein redaktionelles Konzept entwickelt wird. 3. Wirksamer ist es, »echte Freunde«, die ohnehin häufiger unsere Auftritte besuchen, regelmäßig unsere Produkte kaufen und empfehlen, systematisch zu identifizieren. Bieten Sie diesen Freunden je nach Typ der Zielperson vorab exklusive Informationen, Vorteile wie den Besuch eines Konzertes oder besonders begehrte Fußballspiele oder gar direkt Geld an. Oder lassen Sie diese gezielt in Ruhe, wenn Sie wirklich Wert legen auf ehrliche Kommunikation und Markenentwicklung. 4. Sehr wirksam und dem ersten Anschein nach kostengünstig kann es sein, Top- Rezensenten auf amazon zu identifizieren, die über Ihr Produkt berichten, und diese gezielt anzuwerben. So könnten Sie z. B. eins von den 30 Produkten, die der Top-50-Rezensent Egbert Hubert auf seinen sieben amazon-Wunschzetteln angibt, für ihn kaufen (Amazon, 2015b) und ihn darüber berichten lassen. Oder ihm ein anderes Produkt vorschlagen. Sein Wunsch Nr. 4 unter »Misc.« (=-Verschiedenes), dargestellt in der nächsten Abbildung, lässt vermuten, dass er noch einen Recherche- und Konzeptzuschuss beansprucht. Wollen Sie, dass Herr Hubert über Ihr Produkt schreibt, ist es möglich, dass Sie ihn bezahlen müssen wie eine normale PR-Agentur, die aber gezielt die Glaubwürdigkeit der sozialen Medien nutzt. Die Grauzone zwischen einer sorgfältigen Produktbewertung, einem Gefälligkeitsgutachten und einer arglistigen Täuschung ist undurchsich- <?page no="123"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 124 tig. Entsprechend groß wäre der Schaden für Ihre Marke und für amazon, wenn sich herausstellen sollte, das amazon mit seinem Rezensentensystem Täuschungen Vorschub leistet. 5. Strategisch souveräner, aber konzeptionell anspruchsvoller und kostenintensiver ist es, ein Fanpage-Netzwerk aufzubauen, das sich gegenseitig bewirbt. Und das je nach Art des Produktes, des Themas oder des Events andere kommunikative Initialzündungen inszeniert oder, noch schärfer formuliert, »furioses Interesse vorgaukelt« für Produkte oder Ereignisse, die es in Wahrheit so nicht gibt. In diesem Fanpage-Netzwerk können eigene Unternehmen, Tochter- und Schwesterfirmen, erfundene Organisationen, Freunde oder die für diese Zwecke aktivierte Mutter sein, die merkwürdigerweise einen ganz jugendlichen Freundeskreis hat. Das klingt nach illegalem Underground-Marketing, das nur Dealer für ihre frische Rauschgift- Lieferung einsetzen. Weit gefehlt, alle-- vom Kleinunternehmer bis zu multinationalen Konzernen-- könnten versucht sein, solche Tricks anzuwenden. Zum Beispiel dann, wenn die versprochene Akzeptanz einer Social-Media-Kampagne droht nicht einzutreffen und der ganze Etat in Gefahr ist, der Kunde im Falle eines Misserfolgs einen Agenturwechsel zart angedeutet hat. Manchmal irritieren nur unglaubliche Like-Zahlen, wie die über 350.000 Likes für eine Damenhandtasche von dem amerikanischen Luxusmoden-Produzent Michael Kors, die wir in Kapitel 12.1 in einem Fallbeispiel vorstellen. 6. Am unverfänglichsten, aber im Kern doch eine Manipulation des öffentlichen Interesses sind studentische Hochschulprojekte mit dem Ziel, z. B. facebook-Auftritte zu entwickeln oder zu optimieren. Hier liegt es in der Natur der Sache, selbst wenn es der Auftraggeber nicht als Projektziel definiert, dass die Studierenden ihren selbst entwickelten Auftritt selbst liken und ihre »besten Freunde« motivieren, dies zu tun und wohlwollende Kommentare zu schreiben. Bei acht Studierenden in einem Projekt mit jeweils durchschnittlich 200 Freunden kann dort schnell eine organische Reichweite von mehreren Hundert zusätzlichen Likes aufgebaut werden. Für das Unternehmen ist das aber nur ein Strohfeuer, denn es steht kein echtes Interesse an der Marke und seinen Produkten dahinter. Abb. 24: »Ich möchte Geld« <?page no="124"?> 8.3 Manipulation von Social-Media-Business-Content 125 7. Sehr plump und nicht nur moralisch verboten, sondern auch durch die AGBs der marktführenden Social-Media-Portale facebook, youtube und twitter ist der Ankauf von Links. Dies ist z. B. leicht über Dienstleister in Drittländer möglich, die ihre facebook-Like-Dienstleistungen aktiv bewerben und z. B. über gefälschte fiktive deutsche Accounts (z. B. Sandra Meyer, 23, Bürokauffrau in Berlin etc.) Produkte oder Kampagnen liken oder positiv bewerten. Alle Maßnahmen können vom eigenen Unternehmen oder bei Kleinstunternehmen vom Inhaber privat inkognito, von Praktikanten oder von Agenturen und deren Dienstleistern ausgeführt werden. Dem Autor sind solche Praktiken persönlich bekannt, aber natürlich möchte sich keiner der Unternehmen, Agenturen oder persönlich Bekannte mit diesen Praktiken zitieren bzw. als wissenschaftliches Fallbeispiel vorstellen lassen. Zumindest wird klar, dass alle Social-Media-Kampagnen, die nicht auf »eindeutig bezahlten Verkäufen ohne Rücksendungen« beruhen, genauestens auf ihre Wahrhaftigkeit und Plausibilität geprüft werden müssen. Denn die einfache Möglichkeit, in den sozialen Medien als Produkttester signifikant Einfluss zu nehmen, ruft viele Nebenberufstätige, Selbstdarsteller, Scharlatane und Betrüger auf den Plan. Der Missbrauch wird nicht nur durch mehr Datenkontrolle, sondern vor allem durch mehr Hintergrundinformation, Aufklärung und Detailanalysen verhindert. Dies ist nur möglich durch umfassende Selbstverpflichtungserklärungen, Qualitätssiegel und Datenkontrolle. Ein redaktionelles Qualitätssystem für Social-Media-Business-Content wäre ein erster Schritt. Dies sollte die Meinungsfreiheit und den Wahrheitsanspruch gleichermaßen befördern. Das Fallbeispiel 12.2, »Michael-Kors-Handtaschen mit bis zu 351.976 facebook- Likes« illustriert, wie sich Marken auf facebook positionieren, wie viele Likes ein Produkt auf sich vereinen kann. Nach diesem Fallbeispiel, das die Faszination, die Verführung und die Wirkungsmöglichkeiten mit einem einzigen Text-Bild-Post illustriert-- das der schwarz-blauen Handtasche mit dem Michael-Kors-Logo in Gold--, widmen wir uns der Entwicklung und der Bedeutung von Social-Media-Content- Modellen. Die Kapitalisierung und Manipulation von persönlichen, vertrauensvollen Beziehungen durch Handel ist eine jahrtausendalte Tradition und doch in dieser digitalen, interaktiven Form eine besondere Innovation. Unternehmen, die folgende drei Innovationsmuster zusammen einsetzen können (vgl. Gassmann et al., 2012, S. 18 f.), schaffen einen Wettbewerbsvorteil für ihre Marke: a. die Kombination von sozialen Medien, Content und E-Commerce in einem Prozess, b. die standardisierte, serienweise Kreation von virtuellen bzw. rein digitalen Freundschaftsbeziehungen in den sozialen Medien sowie c. die glaubwürdige und effiziente Übertragung des traditionellen, persönlichen Empfehlungsmarketings in den digitalen Verkaufsprozess. <?page no="125"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 126 Je besser ein digitales Geschäftsmodell die viralen facebook-Netzwerkeffekte für sein Empfehlungs-Marketing und seinen Vertrieb einsetzen kann, desto größer ist der mögliche Nutzen für die Marke, für Umsatz und Gewinn. Zur Verdeutlichung ein kurzes Beispiel: Die Avira GmbH &-Co. KG aus Deutschland ist einer der Weltmarktführer für Sicherheitslösungen im Internet. So berichtet die Avira mit redaktionellem Social- Media-Business-Content auf ihrer facebook-Seite (Avira, 2015a) nahezu täglich über Sicherheitslücken, illegale Hackergruppen, feindliche Computertruppen, Viren und infizierte Rechner. So entsteht geradezu automatisch beim Leser die Frage, was sich dagegen tun lässt. Diese Frage beantwortet Avira mit einer Serie von Social-Commerce-Posts, die den Nutzen, die neuen Funktionen, die Einsatzmöglichkeiten und den geldwerten Vorteil ihrer Sicherheitslösungen akzentuiert. Mit wenigen Klicks ist z. B. eine Ein- oder Mehrplatzlösung ausgesucht, bestellt, bezahlt, downgeloaded und je nach persönlicher Internetbandbreite in wenigen Minuten einsatzbereit. Die Glaubwürdigkeit der Botschaften wird dadurch erhöht, indem Avira auf die besondere Leistungsfähigkeit, die Preise und die Verbreitung hinweist. Weltweit wurden davon über 362 Millionen Lösungen der Anti-Viren-Software installiert (vgl. Avira, 2015b). Es liegt in der ökonomischen und technischen Logik, dass sofort buchbare digitale Produkte und Dienstleistungen, wie z. B. Software, Medienprodukte (E-Books, Musik, Filme) und Reisen ein besonderes Interesse daran haben, die sozialen Medien für ein effektives und effizientes Empfehlungsmarketing zu nutzen, solange die ursprünglich offene und persönliche CtoC-Kommunikation in den sozialen Medien sich nicht in eine pseudo-interaktive Werbelandschaft verwandelt, in der bestellte Claqueure nett betextete Werbebildchen hochjubeln. 8.4 Fazit Social-Media-Business-Content erweitert und verstärkt die Auswirkungen der sozialen Medien, da er direkte wirtschaftliche Interessen mit den persönlichen Kontakten in den sozialen Netzen verknüpfen will und verknüpft und dabei die Naivität und die fehlende Medien- und Internetkompetenz der User ausnutzt. Diese sind vielfach nicht begeistert darüber, dass Unternehmen sich ihrer persönlichen Beziehungen und vertraulichen Daten bemächtigen, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Je größer die Gefahr des Missbrauchs, desto stärker die Gegenbewegung der betroffenen Menschen und der Marken, die wirklich langfristige Beziehungen zu Kunden ohne Manipulation, Missbrauch oder unlautere Verführung aufbauen wollen und die die Ungleichverteilung der Information nicht ausnutzen, um den Konsumenten zu übervorteilen. Diese Gegenoffensive führt zu fünf weitreichenden betriebswirtschaftlichen, technischen und volkswirtschaftlichen Trends: Erstens müssen Unternehmen in Abkehr vom manipulativen Social-Media-Business-Content-Marketing partnerschaftlich und authentisch mit potenziellen Kun- <?page no="126"?> 8.4 Fazit 127 den und Usern kommunizieren, wenn sie langfristig und nachhaltig eine glaubwürdige, dialogorientierte und interaktive Marke aufbauen wollen. Zweitens erzwingt Social-Media-Business-Content eine kundenorientierte 360-Grad-Neuausrichtung der Unternehmen. Denn bei Social-Media-Business-Content handelt es sich nicht nur um einen neuen Medienkanal oder ein neues Kommunikationsinstrument oder verkaufswirksamen dialogischen Content, sondern es handelt sich um eine neue politische Dimension. Unternehmen müssen neue Antworten finden, um das »Kunden-Kartell« (Titel des gleichnamigen Buches von Cole/ Gromball, 2000) für sich zu gewinnen. Diese wirtschaftlich starke Gegenmacht der Kunden wurde schon 15 Jahre früher postuliert, ist aber erst durch die Kombination von intensiver Konkurrenz, konsequenter Kundenorientierung, den günstigen und einfach zu bedienenden digitalen Medien und den vielfältigen Informationskanälen eingetreten. Diese reale Machtverschiebung zwischen Angebot und Nachfrage, zwischen Unternehmen und Kunden hat sich schon Ende des vergangenen Jahrtausends abgezeichnet. Diese neue ökonomische Einkaufsmacht wurde-- stärker, als es die marktwirtschaftliche Ordnung, der Wettbewerb oder die Arbeitnehmerverbände je in so kurzer Zeit vermochten-- durch die »E-Commerce-Plattformen mit Social-Media-Business-Content« erzwungen. Die US-amerikanischen Handelshäuser amazon und ebay sind dafür beste Beispiele. Kunden nehmen zu allen Einzelheiten des Verkaufsprozesses Stellung: Zur Produktbeschreibung, zum Versand, zur Verpackung, zu den einzelnen Produktmerkmalen und Funktionen und nicht zuletzt zum Preis-Leistungs-Verhältnis. Kunden tun dies proaktiv und weil sie dazu aufgefordert werden, mit Imperativen wie »Geben Sie die erste Bewertung ab«. Für Handelsunternehmen ist das eine kostenlose Qualitätssicherung. Als eine Art Gegenleistung ermöglichen Unternehmen Kunden, sich mit Social-Media-Business-Content als Experte, Ratgeber, Verbraucher, Journalist, konstruktiver Produktverbesserer, Ideengeber, Besserwisser oder Selbstdarsteller zu positionieren. Wie mächtig die Auswirkungen sein können, zeigt das Fallbeispiel in 12.3: Das vermutlich konstruktiv gemeinte Feedback des Fliegengitter- Käufers Thomas Allrutz aus Augsburg zog erhebliche finanzielle und rechtliche Folgen nach sich: Ein Verkäufer eines Fliegengitters wollte 70.000 € Schadensersatz. An diesem scheinbar kleinen Fallbeispiel wird deutlich, wie schnell eine einzige Bewertung Umsatz, Gewinn und Image eines Händlers massiv beeinflussen kann. Herr Allrutz schließt von der Qualität der Fliegengitter-Montieranleitung auf die Qualität des Verkäufers-- ein strittiger Punkt. Wäre es nicht fairer, gerechter gewesen zu schreiben: »diese Anleitung bitte sorgfältig prüfen« oder »diese Anleitung kann ich nicht empfehlen! «, so wäre die Schlussfolgerung von der vermeintlich oder tatsächlich fehlerhaften Anleitung den Lesern überlassen gewesen. Wir sehen, wie wichtig es ist, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, wenn wir andere Produkte, Prozesse oder sogar Personen bewerten. Diese sprachliche und semantische Analyse werden wir im Abschnitt Dialogmanagement vertiefen. <?page no="127"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 128 Drittens ist die Machtverschiebung vom Unternehmen auf den Kunden gefährdet, denn facebook und die Unternehmen, die diese Plattform gezielt für ihr Content- Marketing nutzen, versuchen, den Macht-, Bedeutungs- und Gewinnverlust zu kompensieren, indem sie mit Unterstützung der Social-Media-Business-Unternehmen systematisch personenbezogene Daten erheben und auswerten-- um diese Daten für maßgeschneiderte Angebote im ganzen Internet zu nutzen. Die Diskussion um die Datensicherheit, die nach den Enthüllungen der NSA (National Security Agency der Vereinigten Staaten von Amerika) von Edward Snowdon in einer neuen Tiefe und Breite geführt wird, kann den Erfolg von Social-Media-Business-Content in den sozialen Medien nachhaltig gefährden. Dies zeigen die im Vergleich zu whatsapp niedrigeren Nutzungsdaten bei facebook im Jahr 2014. Literatur &-Links Amazon (2015a): Facebook-Fanpage, in: https: / / de-de.facebook.com/ Amazon.de, Abruf am 19.01.2015. Amazon (2015b): Egbert Hubers Wunschzettel verfolgen, in: http: / / www.amazon.de/ gp/ registry/ wishlist/ 390YH1IZPWQAH/ ref=pdp_new, Abruf am 02.02.2015. Abb 25: WHATSAPP populärer als FACEBOOK <?page no="128"?> 8.4 Fazit 129 Andzulis, J. (2012): A Review of Social Media and Implications for the Sales Process, James »Mick« Andzulis, Nikolaos G. Panagopoulos, and Adam Rapp, Journal of Personal Selling Sales Management, vol. XXXII, no. 3 (summer 2012), S. 305- 317. Avira 2015a: Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ aviraDE/ timeline, Abruf am 19.01.2015. Avira (2015b): Avira New Year Discount, in: https: / / www.avira.com/ de/ avira-newyear-discount? x-c-channel=SEM&x-a-source=Media&x-a-meium=SEM& gclid=CjwKEAiAlvilBRC5ueCzkpXb4 kgSJADxop1BvgItQyHOXMZ9v- 2Ma2X_pDt7_pH5qL9KZmsPqFEV2BRoClavw_wcB, Abruf am 20.01.2015. Beilharz, F. (2014): Social Media Marketing in B2B, Köln. Burmann, C./ Arnold, U. (2008): User Generated Branding: State of the Art of Research, Berlin. Burmann, C./ Hemmann, F./ Eilers, D./ Kleine-Kalmer, B. (2012): Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markehrung in Social Media, in: Schulten, M./ Mertens, A./ Horx, A. (Hrsg.): Social Branding: Strategien-- Praxisbeispiele-- Perspektiven, Wiesbaden. Büsching, T./ Goderbauer-Marchner, G. (2014): E-Publishing-Management, Wiesbaden. Cole, T./ Gromball, P. 2000: Das Kunden-Kartell: Die neue Macht des Kunden im Internet, München. Eilers, D. (2014): Wirkung von Social Media auf Marken: Eine ganzheitliche Abbildung der Markenführung in Social Media, Wiesbaden. Eggers, D. (2014): Der Circle, Titel der Originalausgabe: The Circle, 7. Aufl., aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, Köln. E-Business (2010): Web 2.0 und Social Media Marketing, in: http: / / www.ibusiness. de/ termine/ tm/ 714464818.html, Abruf am 18.06.2010. Gassmann, O./ Csik, M./ Frankenberger, K. (2012): AUS ALT MACHT NEU, Harvard Business Review, S. 18-22. Heinemann, G. (2011): Der Neue Online-Handel: Erfolgsfaktoren und Best Practices. 4. Aufl., Wiesbaden. Hennig-Thurau, T./ Malthouse, E./ Friege, C./ Gensler, S./ Lobschat, L./ Rangaswamy, A., Skiera, B. (2012): »The Impact of New Media on Customer Relationships«, Journal of Service Research, 13 (3), S. 311-330. Henzler, H. (2014): I f content is king, context is queen, in: http: / / www.smart-digits. com/ 2014/ 05/ king-content-queen-context/ , Abruf am 28.01.2015. Hettler, U. (2010): Social Media Marketing- - Marketing mit Blogs, Sozialen Netzwerken und weiteren Anwendungen des Web 2.0, München. Kaplan, A./ Haenlein, M. (2010): Users of the World, Unite! The Challenges and Opportunities of Social Media, Business Horizons, 53 (1), S. 59-68. <?page no="129"?> 8 Grundlagen des Social-Media-Business-Content 130 Kreutzer, R./ Rumler, A./ Wille-Baumkauff, B. (2014): B2B-Online-Marketing und Social Media-- Ein Praxisleitfaden, Wiesbaden. Löffler, M. (2014): Think Content! , Grundlagen und Strategien für erfolgreiches Content-Marketing, Bonn. Meffert, H./ Burmann, C./ Kirchgeorg, M. (2015): Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte-- Instrumente-- Praxisbeispiele, Wiesbaden. Spiegel-Online (2015): Neue AGB: Was sich bei Facebook ändert, in: http: / / www. spiegel.de/ netzwelt/ apps/ facebook-neue-agb-ab-2015-die-aenderungen-im-ueberblick-a-1005605.html, Abruf am 29.01.2015. Statista (2015): WhatsApp populärer als Facebook, in: http: / / de.statista.com/ infografik/ 3129/ nutzung-von-whatsapp-und-facebook-bei-kindern-und-jugendlichenin-deutschand/ , Abruf am 20.01.2015. 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Recherchieren Sie auf FACEBOOK nach Beispielen und argumentieren Sie, welche Möglichkeiten angewandt wurden. <?page no="130"?> 131 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle Thilo Büsching 9.1 Warum Modelle? -- um schneller komplexe Zusammenhänge zu verstehen Neugierige Studierende oder Social-Media-Macher werden vielleicht fragen: »Warum ist überhaupt ein neues Social-Media-Business-Modell notwendig? « Eine erste, pragmatische Antwort lautet: Die vorhandenen Modelle können die bestehenden Phänomene a. nicht oder nicht adäquat erklären, oder-- viel schlimmer noch für die Manager-- b. die Modelle stellen keine direkte Unterstützung für den Praktiker im Management-Prozess dar. Wie immer in der Wissenschaft heißt es: keine These ohne belastbaren Beleg. Schauen wir uns fünf zentrale Social-Media-Modelle an. Ähnlich wie bei der Abbildung von Strategien, Erstellung von Business-Plänen oder der Entwicklung von neuen Produkten ist der Konkurrenzvergleich ein valides Instrument, um die eigenen Stärken und Schwächen eines Unternehmens, eines Produktes oder in diesem Fall eines wissenschaftlichen Modells besser zu verstehen. Das Instrument in der Wissenschaft dafür ist die Literaturanalyse. Im Folgenden 1. werden zentrale Social-Media-Modelle daraufhin untersucht, ob und inwieweit sie Phänomene und Handlungen in den sozialen Medien mit Schwerpunkt auf der Bedeutung der Inhalte erklären können, 2. wird überprüft, ob die vorhandenen Social-Media-Modelle direkte Praxishilfe für den Social-Media-Manager leisten können, 3. wird untersucht, ob ein einfaches praxisorientiertes Schritt-für-Schritt-Verfahren existiert, um den komplexen Prozess des Social-Media-Business-Content-Managements zu veranschaulichen, und 4. wird wissenschaftlich recherchiert, ob es ein Modell gibt, das uns hilft, die unterschiedlichen Qualitätsausprägungen bzw. Entwicklungsstufen im Social-Media- Business-Content zu verstehen und selbst anzuwenden. Darauf werden kurz das Wesen und die Stärken und Schwächen von fünf einschlägigen US-amerikanischen und deutschen wissenschaftlichen oder praxisorientierten Werken analysiert, um zu verstehen, welchen Erkenntnisund/ oder Managementgewinn diese Modelle für den Wissenschaftler oder Praktiker erbringen. Um zu verstehen, wie jung die Disziplin Social Media oder gar Social-Media-Content ist, hilft ein <?page no="131"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 132 Blick in das 1977 erstmals erschienene Buch »Marketing« von Heribert Meffert. Dies ist das Standardwerk in der akademischen Lehre im deutschsprachigen Europa. In der 928 Seiten starken, 11. völlig überarbeiteten Auflage, die im Jahr 2008 von Christoph Burmann, Manfred Kirchgeorg und Heribert Meffert zusammen herausgegeben wurde, finden die Begriffe Social Media und soziale Medien keine Erwähnung. In der 12. Auflage werden den sozialen Medien von den 886 Seiten immerhin die Seiten 643 bis 665 gewidmet. 9.2 Die Sicht von-Li-und Bernhoff (2008) in der Weiterentwicklung von-Michelis (2012) Die folgende Analyse hilft interessierten Studierenden und Praktikern zu verstehen, wie eine Basis-Theorie entwickelt und optimiert wird. Beide Theoriegebäude bringen wichtige Erklärungsansätze mit ein, bleiben aber weit entfernt von den praktischen Erkenntnissen, die ein Fallbeispiel generieren kann, wie dies unsere Fallanalyse 12.1 zeigte: »Toaster-und-Ei-Koch-Post« von amazon am 20. Januar 2015-- »Erste Empfehlungen, wie Sie mit Social-Media-Business-Content Kunden gewinnen«. Im Vergleich der Erklärungsansätze »Fallanalyse«, »generelle Theorie von Li, Bernhoff und Michelis« und dem von uns entwickelte Handlungsmodell »SoMeBizCo (8x4)« lernen Sie, was Theorie kann und was Theorie nicht leisten kann. Li und Bernoff gebührt die Ehre, als eine der Ersten umfassend in ihrem Buch »Groundswell: Winning in a World Transformed by Social Technologies« die Macht der neuen Medien beschrieben zu haben (Li/ Bernoff 2008). Groundswell, zu Deutsch Dünung, ist bei Li und Bernoff die Metapher für die dauernde Unruhe, die durch die sozialen Medien in den Unternehmen verursacht wird. Als Antwort auf die Groundswell-Kraft schlagen Li und Bernoff das sogenannte POST-Modell vor (P- =- People, O-=-Objectives, S-=-Strategy, T-=-Technology). Aus Sicht der Autoren ist POST eine Methode, die für das strategische und operative Social-Media-Projektmanagement geeignet ist (vgl. Michelis 2012b, S. 238). Das POST-Modell wird in den Bereichen People, Objectives, Strategy and Technology näher spezifiziert. Die folgende Abbildung zeigt pointiert die Präzisierung des POST-Modells. Ein besonderes Lob gebührt der POST-Methode dafür, dass zunächst die Zielgruppen analysiert und diese in sechs soziotechnografische Profile eingeordnet werden. Die Reihenfolge unter Zielgruppe stellt eine Aufzählung mit abnehmender Aktivität dar. Die Kreativen veröffentlichen regelmäßig, die Kritiker und Mitmacher reagieren, und die Sammler ordnen und organisieren den von den Kreativen, Kritikern und Mitmachern erschaffenen Content. Während die Zuschauer die neuen Inhalte noch passiv nutzen, verfügen die Inaktiven zwar über einen Internetzugang, wirken aber am Web 2.0 weder aktiv noch passiv mit. Der Komplexitätsgrad nimmt von Beobachten bis <?page no="132"?> 9.2 Die Sicht von-Li-und Bernhoff 133 Beteiligen zu. Im Vordergrund der Technikfunktionen stehen nicht etwa Technologien, sondern Unternehmenshandlungen, die den Groundswell systematisch nutzen. Li und Bernoff stellen mit ihrer POST-Methode ein erstes konkretes Modell auf, wie Unternehmen agieren sollen, um die neue Web 2.0-Bewegung für ihre Ziele zu nutzen. Besonders hervorzuheben ist der Ansatz, dass alle Maßnahmen auf die Zielgruppe auszurichten sind. Die persönlich und aktiv formulierten Ziele helfen zu verstehen, wie Unternehmen auf der menschlichen Beziehungsebene das natürliche Bedürfnis der Interaktion nutzen können, um nach und nach einen engeren Kontakt zu den Kunden aufzubauen-- vom Beobachten über das Mitteilen zum Beteiligen. Schließlich ist es höchst sinnvoll, die Technologien so auszusuchen, dass Menschen effizienter mitwirken, kommunizieren und handeln können. Von daher eröffnen Li und Bernoff mit dem POST-Modell grundlegende Einsichten, ohne aber auf einer betriebswirtschaftlichen, marketing- oder medienspezifischen Ebene konkreter darauf einzugehen, wie eine Marke mithilfe ihrer Botschaften und ihrem Content effizient im Dialog mit verschiedenen Medienkanälen positioniert werden kann. Deshalb ist das Modell für die unternehmensspezifische Analyse und praktische Umsetzung im konkreten Fall zu abstrakt. Daniel Michelis, Professor für Digitale Kommunikation an der Hochschule Anhalt, entwickelt auf der Basis des POST-Modells ein eigenes Social-Media-Strategiemodell. Dieses verbindet die Basisvorteile der Zielgruppenanalyse von Li und Bernoff mit zielorientierter Konzeption, technischer Umsetzung und dialogischer Kontrolle (Michelis, 2012, S. 31-42). Wie die Abbildung »Strategiemodell Social Media« nahe- Abb. 26: Die Submodelle der POST-Methode von Li und Bernoff People/ Zielgruppe Objectives/ Zielsetzung Strategy/ Strategie Technology/ Technik Kreative Beobachten (Marktforschung) - Teilhabe ermöglichen (z. B.- YOUTUBE ) Kritiker Mitteilen (Publishers) - Netzwerke aufbauen (z. B.- FACEBOOK ) Sammler Anregen (Virale Promotion mit-Opinion Leadern) - Kollaboration organisieren (z. B. WIKIPEDIA ) Mitmacher Unterstützen (Optimierung des Kundenservice) - Diskussion anregen (z. B.-Blogs) Zuschauer Beteiligen (Integration in die Unternehmensprozesse) - Inhalte verbreiten (z. B. digg.com) Inaktive - - - <?page no="133"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 134 legt, kann ein Social-Media-Auftritt durch zirkuläres Vorgehen erarbeitet werden. Tatsächlich-- und dies beschreibt Michelis so-- löst jede Aktion auf einer Stufe Reaktionen und Rückkoppelungen auf anderen Stufen aus, sodass sich prozessartiges Vorgehen und parallele Handlungen überschneiden (vgl. Abb. 27). Nach Michelis sollen die vier Schritte der Strategieentwicklung regelmäßig durchlaufen werden (ebenda, S. 31). Bevor Michelis die vier Schritte erläutert, präzisiert er die notwendige Einstellung von Unternehmen und Organisationen. Für besonders wichtig erachtet er ein hohes Maß an Offenheit, Anpassung, Reflexion und Flexibilität (Michelis, 2012a, S. 32) sowie eine Unternehmensleitung und eine Unternehmenskultur, die das Social-Media-Konzept unterstützen (vgl. Kolassa, 2014, S. 49). Über diese Verhaltensregeln hinaus definiert Michelis Erfolgsfaktoren in den sozialen Medien: - glaubhafte Versprechen, - wirkungsvolle Technik, - nachhaltige Übereinkunft. Wie im Strategiemodell Social Media dargestellt, erfolgt die Ableitung einer Strategie in vier Schritten: 1. Analyse, 2. Konzeption, 3. Umsetzung, 4. Kontrolle. Abb. 27: Strategiemodell Social Media Analyse von • Individuen • Gruppen • Weiteren Akteuren Konzeption von • Zielsetzungen • Versprechen • Beziehungen • Mehrwerten Kontrolle mittels • Dialog • Reflexion • Anpassung Umsetzung von • Funktionen • Regeln • Technologie Offenheit und Flexibilität Analyse Kontrolle Umsetzung Konzept <?page no="134"?> 9.2 Die Sicht von-Li-und Bernhoff 135 Diese vier Schritte werden kurz dargestellt, und anschließend wird das Strategiemodell Social Media erklärt. Schritt 1 - Analyse der Zielgruppen und Akteure: Im Mittelpunkt für die Ableitung einer Social-Media-Strategie steht die Analyse der Zielgruppe. Michelis folgt Li und Bernoff und geht davon aus, dass die soziotechnografschen Profile die Strategie bestimmen sollen und nicht umgekehrt. Für die Kategorisierung der Individuen wird das System von Li und Bernoff verwendet, das sechs verschiedene Typen-- vom Kreativen bis hin zum passiven Nutzer-- unterscheidet und Gruppenaktivitäten nach Art der Intensität und Komplexität des Austausches und der Produktion von Inhalten unterteilt (Michelis, 2014a, S. 34). Diese beiden Analysen werden in ein Modell integriert: »Kategorisierung von Individual- und Gruppenaktivitäten«: Abb. 28: Kategorisierung von Individual- und Gruppenaktivitäten kollaboratives Verhalten aktiv Gruppenaktivitäten werden von-einzelnen Individuen konsumiert. Rollen: Zuschauer, Beobachter, Leser, Sammler Individuum nimmt an Aktivität der Gruppe teil. Rollen: Kritiker, Mitmacher, Prosument, Co- Innovator, Co-Autor passiv - Individuelle Aktivitäten werden von der Gruppe konsumiert. Rollen: Individuum als »Medienunternehmer«, Kreativer passiv aktiv individuelles Verhalten Die Protagonisten in den sozialen Medien übernehmen je nach Situation, Thema und Art der Beziehungen alle Rollen und können so die Qualität der Inhalte, den Dialog und die allgemeine Aktivität befördern. Schritt 2 - Konzeption: Die Konzeption einer Social-Media-Strategie soll a) die bisherigen Unternehmens- und Organisationsziele, b) das soziotechnografische Profil der Zielgruppe und c) die Interaktionsformen und Beziehungen zu den Mitgliedern der Zielgruppe berücksichtigen. Hier zielt Michelis auf die fünf Zielsetzungen von Li und Bernoff 2008 ab und definiert die fünf generischen Unternehmensziele als spezielle Aktivitäten in den sozialen Medien, nämlich • Zuhören, • Mitteilen, <?page no="135"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 136 • Anregen, • Unterstützen, • Beteiligen. Im Zentrum steht die Forschungsleitfrage: »Mit welcher Art Versprechen und mit welcher Art von Mehrwert kann ich in den sozialen Medien welche Art von Beziehungen aufbauen, und welche Art von Technologie ermöglicht die erfolgreiche Kombination von Versprechen, Mehrwert und Beziehung? « Die zentralen Aktivitäten und ihre Abb. 29: Gezielte Unterstützung der zielorientierten Aktivitäten in den sozialen Medien zielorientierte Aktivitäten Forschungsleitfragen zur-Reflexion Formen der Unterstützung: Beispiele Beobachten, Analysieren Welche Art von Zielgruppen erstellen welche Inhalte, Beiträge und/ oder Postings? Wie werden diese kommentiert oder bewertet? systematische Auswertung von-potenziellen Konkurrenten (Benchmark) Online- Befragung oder Experteninterviews Messen des Traffics z. B. mit LIKEALYZER , QUINTLY oder SOCIALBAKERS Mitteilen, Verbreiten Wie verteilt sich die Aktivität über die einzelnen Zielgruppen? Postings von Links Texten Bildern Videos Animationen Games Anregen Wie können aktive Kreative oder Kritiker animiert werden, relevante und aktuelle Inhalte zu teilen und/ oder weiterzuleiten? Like Share Empfehlung Kauf Download von Coupons Unterstützen Wie können die Mitglieder der Community durch besondere Inhalte und/ oder technische Funktionen beistehen, um ihre spezifischen Probleme schneller und effizienter zu lösen? Einrichtung, Pflege von FAQs Einführung einer Bewertungsskala von Antworten Foren und Chats mit Experten Spezifische Links- und Literaturempfehlungen Beteiligen und Auffordern Wie können Mitglieder so involviert werden, dass sie eigene relevante und wertvolle Beiträge für die Community leisten? direkte Ansprache von Bloggern Content-Wettbewerbe zur-Beteiligung Gewinnspiele Bezahlung nach Reichweite Beteiligung an den Werbeerlösen <?page no="136"?> 9.2 Die Sicht von-Li-und Bernhoff 137 Forschungsleitfragen sollen in Anlehnung an Li und Bernoff (2008, S. 68) und Michelis (2012a, S. 36 f.) dargestellt werden. Schritt 3 - Umsetzung: Die eher theoretisch-analytische Analyse der Zielsetzungen und die Konzeption wurden hier in eine handlungsorientierte und anschauliche Grafik transformiert. Die generelle Reihenfolge von Li und Bernoff beziehungsweise Michelis wurde beibehalten. Aus didaktischen Gründen sind die konkreten Zielsetzungen mit möglichst anschaulichen Beispielen in der 3. Spalte ergänzt worden. Gemäß Li und Bernoff (2008) und Michelis (2012b) stellen sich zwei Arten von Fragen, bevor eine Organisation ein konkretes Social-Media-Portal umsetzen kann. Diese sind a) Fragen zu der Art der Community: - Wird eher eine große oder kleine Community angesprochen? Ist dies eine vorübergehende aktionsorientierte oder langfristige Community? - Wie intensiv und authentisch soll die soziale Kommunikation erfolgen? und b) Mit welchen technischen Funktionen sollen die Zielgruppe angesprochen und die Interaktionsziele erreicht werden? Die folgende Abbildung zeigt, welche Funktionen mit welcher bereits im Markt vorhandenen Technologie realisiert werden können bzw. welcher Einsatz von Hard- und Software bzw. welche Programmierungen notwendig sind, um die notwendigen Funktionen sicherzustellen. Elementar für die Organisation von sozialen Medien sind nach Michelis die Regeln, insbesondere dann, wenn durch die Offenheit in den Communities kritische Äuße- Abb. 30: Funktionen in den sozialen Medien und ihre Basistechnologien Funktionen in den sozialen Technologien 1. Teilhabe ermöglichen 2. Netzwerke aufbauen 3. Zusammenarbeit organisieren 4. Diskussion anregen 5. Inhalte verbreiten Basistechnologien Webblogs, FACEBOOK , YOUTUBE LINKEDIN , FACEBOOK , XING Intranet- Portale mit FAQs, Wikis und Dokumente, die parallel gemeinsam bearbeitet werden können, wie z. B. GOOGLE DOCS Bewertungssystematiken bei AMAZON oder EBAY FACEBOOK , TWITTER , INSTAGRAM oder PINTEREST <?page no="137"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 138 rungen, negative Kommentare oder gar Shitstorms zu erwarten sind. Dabei kommt es weniger auf die Überregulierung an, sondern darauf, dass überhaupt Regeln aufgestellt werden, die mit den Erwartungen der Teilnehmer übereinstimmen. Schritt 4 - Kontrolle: Im Rahmen der Kontrolle bedarf es einer systematischen Beobachtung des Dialogs, einer Reflexion über das eigene Kommunikationsverhalten sowie einer Soll-Ist-Anpassung. Michelis betont, dass die vier verschiedenen Schritte nicht nacheinander, sondern parallel durchgeführt werden müssen. Das Strategie-Modell »Social Media« von Michelis: Die Analyse des Strategiemodells »Social Media« von Michelis dient dazu, zu verstehen, wie neue Erklärungsansätze und Modelle in der Wissenschaft entstehen. Das später vorgestellte Modell Social-Media-Business-Content (SoMeBizCo) wird gezielt einige partielle Modelle aufgreifen, aber sich explizit von bestimmten Modellen, Erklärungsmustern und Prozessen abgrenzen. Wie ist nun das kombinierte Modell von Li, Bernhoff und Michelis zu beurteilen? Bei der Bewertung wird das zirkuläre 4-Schritt-Modell von Michelis »Analyse-Konzeption-Umsetzung-Kontrolle« mit berücksichtigt: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dieses Modell wesentliche Aspekte der sozialen Medien erwähnt und im Kontext darstellt, es aber als Totalmodell keine Praxisrelevanz besitzt. Der Grund: Zentrale betriebswirtschaftliche praktische Erfolgsfakto- Abb. 31: Die Stärken und Schwächen des Strategiemodells »Social Media« von-Li-und-Bernoff in der Weiterentwicklung von Michelis Kategorie Stärken Schwächen Inhalt abstrakte Beschreibung des Social- Media-Regelkreises konsequente Ableitung der Social- Media-Funktionen aus den Zielgruppenpräferenzen Es fehlen zentrale Analyse- und Handlungsdimensionen, wie z. B. die Marke, die Content-Architektur, das Dialog-Management oder die KPIs. (Prozess-)- Logik klares 4-Schritt-Vorgehen unklare Abgrenzung zwischen Zielen, Maßnahmen und Reflexion Praxisnähe Unternehmensziele und Kampagnenorientierung fehlen Innovationsgrad Verknüpfung von Unternehmenskultur, Zielgruppenpräferenzen und Funktionen zu einem Handlungssystem Im Wesentlichen basiert der Aufsatz nur auf Li und Bernoff. Modelltyp abstrakte Erklär- und Handlungsmodelle mit sehr pragmatischen Überlegungen, wie Community-Interaktionen angeregt und in technische Funktionen verwandelt werden können <?page no="138"?> 9.3 Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz (2013) 139 ren, wie z. B. Marke, Redaktionsplan, Content-Architektur, Medienkanäle und Erfolgsmessung, werden völlig ignoriert. 9.3 Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz (2013) Der renommierte Medienmanagementprofessor und Autor des Standardwerkes »Medien- und Internetmanagement«, Bernd Wirtz, legt ein eigenes und umfassendes »Web 2.0-Four-Factors-Modell« vor. Das breit angelegte Modell umfasst vier Faktoren: 1. Social Networking =-soziale Vernetzung von Gruppen und Individuen über Internetplattformen 2. Interaction Orientation =-Interaktion zwischen Unternehmen und Nutzern in sozialen Medien und deren Anwendungen 3. Customization/ Personalization =-segmentspezifische Ausrichtung und Anpassung der Marktangebote an die Bedürfnisse der Nutzer bzw. Nutzergruppen 4. User-added Value =-Wertschöpfung durch und von Nutzern durch die Anwendung von Social Media (siehe Wirtz 2013, S. 737 ff.) Im Folgenden sollen diese vier Dimensionen und ihre jeweiligen drei bis vier Komponenten in einer Tabelle zusammengestellt werden, um die Tiefe und Breite des Phänomens Social Media zu illustrieren. Die Besonderheit am Modell von Wirtz liegt darin, dass die vier Faktoren verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zugeordnet werden können. Die folgende Abbildung macht die Komplexität und die Vielschichtigkeit des Modells deulich. Abb. 32: Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz im Überblick Faktor Komponente Erläuterung Beispiel Social Networking Social Trust gegenseitiges Vertrauen der Nutzer in Bezug auf Inhalte, Meinungen und Empfehlungen FACEBOOK , AMAZON Social Identity Erfüllt das Bedürfnis, sich in bestimmten sozialen Gruppen zu-verorten Berufsgruppen in XING oder Klasseneinheiten auf WHATSAPP Virtual Word of Mouth Art, Menge und Intensität der Nutzerempfehlungen Versenden von Links <?page no="139"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 140 Faktor Komponente Erläuterung Beispiel Customer Power Anstieg der Konsumentenmacht durch Beurteilung von Social-Media-Auftritten, Produkten und Services Likes, Shares bei Unternehmensauftritten in FACEBOOK Interaction Orientation Customer Centricity Die Kundennähe steht im Zentrum der Web 2.0-Revolution. Posts, Nachrichten nur von den Freunden, zu denen eine enge Beziehung besteht Interaction Configuration Zusammenspiel von Dialogmanagement, Qualität und Umfang der Information mit Freunden Einstellungen der-Privatsphäre und-der-Werkzeuge auf FACEBOOK Customer Response bezeichnet die Fähigkeit der Kunden, einen spezifischen und qualifizierten Dialog zu führen und Feedback zu geben Produktbewertungen und Bewertungen von Produktbewertungen sowie Rezensenten- Ranking Cooperative Value Generation ermöglicht Unternehmen, die Beziehungen zu ihren Kunden wertschöpfend zu gestalten Marktforschung Customization/ Personalization Personal Customization ermöglicht Nutzern, Funktionen entsprechend den eigenen Bedürfnissen zu konfigurieren FACEBOOK Group Customization spezifische Ausgestaltung von Gruppenfunktionen und Dienstleistungen FACEBOOK , XING Social Customization Ermöglicht einzelnen Personen oder Gruppen, maßgeschneiderte Produkte über Social Media zu konfigurieren Konfiguration von Sportschuhen auf FACEBOOK Useradded- Value User-generated- Content ist gleichzusetzen mit den von den Nutzern publizierten Inhalten Links, Nachrichten, Blogs, Websites, Audio- und Videofiles User-generated- Creativity bezeichnet Ideen und Vorformen von Konzepten, die die Unternehmens- und Produktentwicklung beeinflussen können Intranet-Lösungen <?page no="140"?> 9.3 Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz (2013) 141 Faktor Komponente Erläuterung Beispiel User-generated- Innovation ist die gezielte Weiterentwicklung von Produkten und Prozessen Integration von B2B- oder B2C-Kunden in die Produktentwicklung User-generated- Revenue/ Contacts proaktive oder erbetene Empfehlung von Inhalten, Produkten, Dienstleistungen »Teilen«-Funktion auf FACEBOOK Die Analyse der Stärken und Schwächen des »Web 2.0-Four-Factor-Modells« lässt uns besser verstehen, was Modelle leisten können, um neuere Phänomene wie die sozialen Medien zu beschreiben. Abb. 33: Die Stärken und Schwächen des »Web 2.0-Four-Factors-Modells« Kategorie Stärken Schwächen Inhalt umfassende Darstellung der Motivation, Handlungen und Interaktionen vernachlässigt die wirtschaftlichen Determinanten, wie z. B. Marke, Ziele und KPIs (Prozess-) Logik kein systematisches Schritt-für- Schritt-Vorgehen möglich Praxisnähe nennt Beispiele für einzelne Kategorien Es werden keine Angaben gemacht, mit welchen Inhalten und Funktionen der maximale Ausprägungsgrad erreicht werden kann. neue Aspekte typologisiert umfassend und präzise die Phänomene der sozialen Medien - Modelltyp umfassendes deskriptives Modell, das die Möglichkeiten und Funktionen nur-definiert, aber keinen Soll-Zustand, z. B. eine siebenprozentige People- Talking-About-Rate, definiert und keine Managementempfehlungen ausspricht. Ein analytisches Grundlagen-Modell. <?page no="141"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 142 9.4 Das Social-Media-Management-Modell von Pein (2014) Vivian Pein legte 2014 mit ihrem 574 Seiten starken Buch »Der Social Media Manager- - Handbuch für Ausbildung und Beruf« ein zeitgemäßes Standardwerk für die Entwicklung von Social-Media-Strategien, ihre Umsetzung und den daraus resultierenden Anforderungen für Ausbildung, Weiterbildung und Karriere des Social-Media- Managers vor (Pein 2014). Ihre grundlegende Philosophie führt Vivian Pein am Anfang des Social-Media-Management-Kapitels aus: »Social Media ist mehr als nur ein Kanal, es ist eine Lebensphilosophie, die sich in der Art der Kommunikation mit Kunden, Mitarbeitern und weiteren Stakeholdern äußert« (Pein, 2014, S. 125). Pein präsentiert ein ganzheitliches Modell des Social-Media-Managements, das deutlich praxisnäher ausgerichtet ist als die Modelle von Li/ Bernhard/ Michelis und Wirtz und das im Folgenden kurz vorgestellt wird. Die Autorin und erfahrene Social-Media- und Community-Managerin erläutert auf 125 Seiten, wie diese einzelnen Disziplinen funktionieren, damit ein Unternehmen erfolgreiches Social-Media-Management betreiben kann. Im Folgenden wird das Wichtigste der einzelnen Kategorien vorgestellt und abschließend gewürdigt. Social-Media-Strategie: Unter Strategie versteht Pein eine Kumulation von Ressourcen, Zielen und Mitteln, die sich auf die Zielgruppe konzentrieren und die mithilfe von KPIs gemessen werden. Schließlich empfiehlt sie das POST-Modell von Li und Bernoff. Abb. 34: Die Komponenten des Social-Media-Managements Change Management Social-Media- Strategie Social-Media- Management Social-Media- Monitoring & Analytics Corporate Content Community Management <?page no="142"?> 9.4 Das Social-Media-Management-Modell von Pein (2014) 143 Corporate Content: In dem für Wortklauber sehr lesenswerten Abschnitt fasst Vivian Pein die journalistischen Grundlagen für das zielgruppenspezifische Schreiben im Internet zusammen und untergliedert ihre Content-Strategie in diese sechs Punkte: 1. Redaktionsplan/ Frequenz der Veröffentlichung 2. Zielgruppe 3. Relevanz und Qualität des Contents 4. Ziele und Botschaften 5. Workflow 6. Medienkanäle (vgl. Pein, 2014, S. 151) Zudem wird eine Content-Matrix vorgestellt von PRweb, die in Kapitel 11. 4 Redaktionsplan und Content leicht modifiziert wiedergegeben wird. Über die Definition der Content-Arten hinaus stellt die Autorin Vivien Pein folgende zentrale Punkte in den Mittelpunkt des Buches und in den Mittelpunkt des Abschnitts Corporate-Contents: • Content Strategie • Beschaffung von Inhalten • Redaktionsplan • Erfolgsbilanz von Inhalten Pein betont, dass der Content sich stets an den Kundenbedürfnissen ausrichten soll (Pein, 2014, S. 156 f.). Das Community-Management bzw. genauer gesagt das Dialogmanagement (vgl. Pein, 2014, S. 157-183) ist die Königsdisziplin im Social Media und insbesondere im Social-Media-Content. Jedes Thema, jede Botschaft bleibt im Web 2.0 wirkungslos, wenn es nicht zur Interaktion einlädt. Da kann schon ein »Wow« oder »Like« oder »Kauf ich« oder »Da hab ich ganz schlechte Erfahrung mit euch gemacht« reichen, um eine große Diskussion anzustoßen oder einen Shitstorm auszulösen. Vivien Pein widmet sich in ihrem zentralen Kapitel 6, »Die Eckpfeiler des Social-Media-Managements«, insgesamt auf 25 Seiten dem Community-Management (S. 156-180). Im Folgenden werden die impliziten und expliziten Aufgaben des Community-Managers auf der Basis von Pein stichwortartig zusammengefasst: 1. User-Live-Cycle-Management: Ansprache, Dialog, Qualifizierung der Zielgruppe 2. Content-Management: Redaktionsplan und Umsetzung 3. Community-Support: Kundenservice im weitesten Sinne 4. Compliance: Definition und Umsetzung der Regeln 5. Krisenkommunikation: präventive und spontane Abwehr von Krisen 6. Monitoring: systematische Erfolgsmessung <?page no="143"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 144 7. Schnittstellen-Management zwischen dem Social-Media-Management und dem Unternehmen, z. B. Marketing, Logistik oder Controlling 8. Cross-Media-Management: Verzahnung des Social-Media-Managements mit der Online- und Offline-Kampagne 9. Identifikation der Erfolgsfaktoren für einen systematischen, positiven Aufbau der Community 11. Glaubwürdiges und authentisches Verhalten als Vorbild und »Entertainer« Mit einem Blick auf die Liste lässt sich erkennen, dass die Kernaufgaben des Social- Media-Managers Social-Media-Business-Content-Aufgaben sind. Je nach Bedeutung der Medieninhalte für das Unternehmen-- das wird bei einem Medienunternehmen anders sein als bei einem Hersteller von Holzspaltmaschinen-- kann der Social-Media- Business-Content-Manager dem Social-Media-Manager über- oder untergeordnet sein. Für jede Social-Media-Form gilt, dass die Qualität der Community von der Qualität der Beiträge, ergo der Content-Qualität und des daraus resultierenden Dialoges, abhängt. Auf 35 Seiten Social Media Monitoring und Analytics erläutert Pein sehr anschaulich und praxisnah, wie notwendig es ist, die spezifischen Ziele zu definieren, sich für das Monitoring dieser Ziele die entsprechenden kostenlosen oder kostenpflichtigen Tools auszusuchen und dabei jeweils den Reifegrad des Unternehmens und das Engagement in den sozialen Medien zu berücksichtigen (vgl. Pein, 2014, S. 210). Es wird mithilfe unterschiedlicher Ziele, Modelle und KPI-Formeln diskutiert, ob und inwiefern das Social-Media-Monitoring erfolgsrelevant für das Unternehmen ist. Im Mittelpunkt steht die Frage: »Wie hat sich die Kampagne X auf unser Ziel Y ausgewirkt, wie genau können wir dies messen, und welche Effekte hat dies auf unseren Absatz beziehungsweise welche Kosten konnten dadurch im betrachteten Zeitraum eingespart werden? « (vgl. Pein, 2014, S. 216). Direkt erfolgswirksam im Tagesgeschäft sind folgende Zieldimensionen. 1. Share of Voice: Ist der Share of Voice höher als der prozentuale Anteil der Gespräche über ein Unternehmen in Relation zu allen Gesprächen im relevanten Gesamtmarkt, dann ist die Bekanntheit höher als die wirtschaftliche Performance. Je nach Art des Share of Voice kann das Image besser sein als die wirtschaftliche Bedeutung. Dies ist ein klarer Indikator für positive Wachstumsaussichten. So wird z. B. an der Börse der Aktienkurs durch positives Storytelling schon seit Jahrhunderten beeinflusst. 2. Leads: Es kann nachgewiesen werden, dass durch Leads, die mithilfe von Unternehmensseiten generiert wurden, zusätzliche Käufe getätigt wurden, die über dem Durchschnitt im Social-Media-Commerce liegen und gegebenenfalls, z. B. vor dem Weihnachtsgeschäft, die Umsätze von der realen Welt in die virtuelle Welt verschieben, und das ganz maßgeblich durch den Wert der Gespräche in den sozialen Medien eines Unternehmens. <?page no="144"?> 9.4 Das Social-Media-Management-Modell von Pein (2014) 145 3. Einsparungspotenziale: Können durch den Einsatz von sozialen Medien besondere Einsparungspotenziale realisiert und dies gemessen werden, z. B. in folgenden Feldern: • Kundenservice, insbesondere durch die Umwandlung von kostenintensiven Hotlines in weniger investitionsintensive Social-Media-Gespräche, Blogs, Foren und FAQs, die im Kern eine Bringschuld des Unternehmens in eine Holschuld des Konsumenten verwandeln; • Produktentwicklung, insbesondere durch Generierung von neuen Ideen und Konzepten für Produktoptimierung bzw. Produktverbesserung; • Marktforschung, insbesondere dann, wenn repräsentative Befragungen online effizienter und valider durchgeführt werden können als offline; • Reduktion des klassischen Marketings: Die User- und Kunden-Interaktion ersetzt teilweise die klassische Marketing-Einwegkommunikation, die zunehmend mehr mit Streuverlusten und Werbereaktanz assoziiert wird. Je genauer die Zielgruppe und die Ziele definiert sind, je mächtiger und präziser die Verknüpfung von Social-Media-Online-Monitoring und Gesamtperformance-Controlling des Unternehmens ist, desto klarer lässt sich ein Return-on-Investment für die Gestaltung eines positiven Kundendialogs errechnen. Pein weiß um die Revolution, die Social Media in die Unternehmen bringt, und versucht, den Social-Media-Manager mit auf das Change-Management, die interne Überzeugungsarbeit, vorzubereiten, die für alle Hierarchieebenen notwendig ist. Für viele wirtschaftlich orientierte Manager ist Social Media ein Kostenfaktor und höchst unklar, ob die Kostenersparnisse und zusätzlichen Social-Commerce-Erlöse wirklich den Aufwand rechtfertigen. Social-Media als Ganzes fordert verschiedene Unternehmensbereiche heraus: • die Unternehmenskultur- - die Werte und die Art, wie Menschen zusammenarbeiten, respektvoll, offen und ehrlich miteinander kommunizieren, • die mehr oder weniger hierarchisch organisierten Entscheidungssysteme und • die Technik; die Digitalisierung aller Prozesse wird zunehmend erfolgskritisch. Diese Herausforderungen schlagen dem Social-Media-Manager als Widerstand oder fehlende Offenheit für Change und/ oder Change-Management entgegen. Besonders kritisch, sensibel und schmerzhaft ist dies für Unternehmen, die ehemalig als vertraulich eingestufte Unternehmens-, Produkt und Kundendaten dem User im Dialog offenbaren müssen. Und dies kann, muss und sollte in gewissen Krisensituationen vorbei an Abteilungsleitern und Geschäftsführern passieren, wenn Gefahr in Verzug ist. So können zahlreiche Kunden gleichzeitig fehlerhafte Produkte oder nicht funktionsfähige Internetverbindungen auf einer facebook-Seite reklamieren. <?page no="145"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 146 Basierend auf den US-amerikanischen Werken »Groundswell« von Li und Bernoff und »Content Strategies for the Web« von Christina Halvorson und Melissa Rach, entwickelte Pein ein umfassendes, praxisnahes Social-Media-Management-Modell, das zahlreiche Stärken aufweist, wie folgende Abbildung zeigt. Abb. 35: Die Stärken und Schwächen des Social-Media-Management-Ansatzes von-Pein Kategorie Stärken Schwächen Inhalt Verknüpfung von Strategie, Zielgruppen, Zielen, Content, Community, KPIs und Change Management fehlende Analyse der Marke und des semantischen Dialogmanagements sowie keine Berücksichtigung von Design und Usability (Prozess-) Logik keine Anleitung für ein systematisches Schritt-für-Schritt-Vorgehen Praxisnähe Ausrichtung des Social-Media- Managements an den praxisnahen Anforderungen im Alltag konkrete Handlungsempfehlungen für Content Innovationsgrad ganzheitlicher Ansatz, insbesondere durch Einbezug der »Überzeugungsarbeit« für Social Media keine eigene Systematik, sondern Zusammenführung von bestehenden Ansätzen ohne eigenen theoretischen Anspruch Modelltyp Verknüpfung von Unternehmenskultur, Zielgruppenpräferenzen und Funktionen zu einem Handlungssystem umfassendes deskriptives Modell mit strategischem Ansatz, Community- Management und zahlreichen Praxistipps 9.5 Der Werkzeugsatz der Content-Strategien von Leibtag (2014) In ihrem speziellen Content-Leitfaden »The Digital Crown-- Winning at Content on the Web« stellt Ahava Leibtag ein sechsphasiges Content-Strategie-System vor, das die folgenden Stufen umfasst: • Planen, • Erschaffen, • Veröffentlichen, <?page no="146"?> 9.5 Der Werkzeugsatz der Content-Strategien von Leibtag (2014) 147 • Verteilen, • Analysieren, • Steuern. Die Content-Strategie von Ahava Leibtag (2014, S. 16, 197, 199) geht über das vierteilige Modell von Halvorson/ Rach (2012, S. 143) hinaus, das nur die Aufgaben Create/ Source, Maintain, Evaluate und Govern unterscheidet. Die folgende Abbildung dokumentiert das sechsstufige Modell von Leibtag. Die Social-Media-Agentur-Besitzerin aus Washington geht davon aus, dass ein Unternehmen drei zentrale Herausforderungen lösen muss: 1. Die richtigen Informationen müssen zu den richtigen Menschen kommen mit den richtigen Arten von Content. 2. Der Content muss regelmäßig erneuert werden und dabei einem einheitlichen Konzept folgen. 3. Er muss widerspruchsfrei konzipiert und umgesetzt werden (vgl. Leibtag, 2014, S. 195). Aus der Perspektive eines marketingorientierten Unternehmens ist die Content-Strategie das System, um alle drei Herausforderungen zu lösen. Content-Strategie ist dabei ein dauernder Prozess, der nicht ergebnis-, sondern werkzeugorientiert ist: »Focus on the tools, not deliverables«. Diese Werkzeuge ordnet Leibtag den einzelnen Phasen der Abb. 36: The Life Cycles of Content Strategies Plan Create Publish Distribute Analyze Govern <?page no="147"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 148 Content-Strategie zu. Die nächste Abbildung dokumentiert diese Content-Instrumente im Überblick. Abb. 37: Instrumente für die Umsetzung der Content-Strategie Phase Instrumente Planung Ziel-Matrix, interne und externe Befragungen, Content-Bestandsaufnahme, Content-Bewertungssysteme, Marken-Konzept, Benchmark, SEO--und Metadatenkonzept, Personas, Use-Cases, Anwenderszenarien Kreation Content-Vorlagen, Best Practice-Inhalte, Kreativitätstechniken, Workshops, Darstellungsempfehlungen Veröffentlichung Redaktionsplan mit Verantwortlichkeiten und Kanal-/ Formatkonzepten, Definition der Arbeitsprozesse, CMS-Anforderungen, Archivierungsleitlinien, internes Glossar Verteilen Kanal-Bewertungssystem, Social-Media-Leitlinien, Best Practices, die Art, Zeitpunkt des Contents für jeden Kanal definiert, Dialog- und Moderationsleitlinien Analysieren passende Analyse-Systeme, ganzheitliches, klares KPI-Konzept, Monitoringzeitpunkt und Empfehlungen für Soll-Ist-Abweichungen Würdigung der Content-Strategie von Ahava Leibtag: Obgleich das System von Leibtag allgemein für die Konzeption und Umsetzung von Web Content entwickelt wurde, lässt es sich gut einsetzen für die Strategie von Social-Media-Content und ihre spezielle Umsetzung. Leibtags strategischer Ansatz hilft, die Schnittstellen zwischen Zielgruppe, Prozess und Technologie zu managen. Zentraler Orientierungspunkt sind die sogenannten Identities Pliers, die Markeneckpfeiler, ohne die eine Umsetzung der Content-Strategie nicht möglich ist. Ahava Leibtag bietet für die Umsetzung ihrer Content-Strategie ein einfaches System an: Mithilfe von sieben klaren und schnell umsetzbaren Regeln soll es gelingen, wertvollen Content an die Kernzielgruppe auszuliefern. Diese sind: Abb. 38: Die 7 Regeln zur Umsetzung einer Content-Strategie nach Leibtag Nr. Regeln für die Umsetzung der Content-Strategie 1 Beginne mit deiner Zielgruppe. 2 Involviere deine Anteilseigener frühzeitig und häufig. 3 Bleibe im Prozess. <?page no="148"?> 9.5 Der Werkzeugsatz der Content-Strategien von Leibtag (2014) 149 Nr. Regeln für die Umsetzung der Content-Strategie 4 Schaffe fachübergreifende und interdisziplinäre Content-Teams. 5 Manage das Content-System: Setze Prioritäten, stelle Leitfäden und Standards zur-Verfügung und verteile die strategischen Verantwortlichkeiten. 6 Organisiere einen effizienten Workflow, der Menschen und Technologie prozesseffizient und synergetisch verbindet. 7 Engagiere Professionelle, investiere in sie und vertraue ihnen. Abb. 39: Die Stärken und Schwächen der Content-Strategie Kategorie Stärken Schwächen Inhalt Kombination von markenorientierter Planung, Kreation, Veröffentlichung, Distribution und Analyse in einem iterativen Prozess keine spezielle Betrachtung des-Dialogmanagements Keine Betrachtung von Design und-Usability (Prozess-) Logik klares 4bzw. 5-Schritt-Vorgehen Praxisnähe Verknüpfung ihrer 5-Phasen-Strategie mit konkreten Werkzeugen Präzisierung des Stellenwertes von-Content im Verkaufsprozess keine Nennung/ Integration der unabhängigen journalistischen Contentperspektive Keine spezielle Fokussierung auf-Social Content Innovationsgrad Umsetzung der Content-Strategie durch sieben ganzheitlich ausgerichtete Regeln Modelltyp umfassendes Analyse- und Handlungsmodell, mit Schritt-für-Schritt-Vorgehen, klaren Regeln und Managementzentrale Für ein Produktionsund/ oder Dienstleistungsunternehmen, das sich durch ein intensiveres Internetmanagement in ein kombiniertes Produktionsund/ oder Dienstleistungs- oder Medienunternehmen wandelt, ist das Buch von Ahava Leibtag, »The Digital Crown- - Winning at Content on the Web«, ein guter Ratgeber und eine Quelle für Inspirationen. Für Unternehmen, die gezielt den Dialog mit den Kunden suchen und im Rahmen dieses Kundenbeziehungsmanagements ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten und verkaufen wollen, bedarf es mehr. <?page no="149"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 150 9.6 Der Einsatz von sozialen Medien im Verkaufsprozess bei Andzulis (2012) Das Internet hat sich von einem einfachen Informationskanal über ein Dialogmedium zu einem Verkaufskanal hin zu einer technisch basierten, universellen, sozialen Plattform entwickelt. Im Kern verschmelzen Informations-, soziale Kommunikations-Prozesse und E-Commerce und sind im Social-Media-Business-Content-Kontext kaum mehr als drei verschiedene Vorgänge (Journalismus, Content-Marketing, Verkauf ) zu identifizieren (vgl. Andzulis, 2012, S. 308). Bevor wir die drei Phänomene Journalismus, Content-Marketing und Verkauf in das neue Modell Social-Media-Business-Content (8x4) integrieren, wird erläutert, welche konkreten Social-Media-Instrumente in welcher Verkaufsphase eingesetzt werden können. Die Abbildung »Einsatz der sozialen Medien im Verkauf« ist ein Baukasten für jeden Vertriebsmitarbeiter und verdeutlicht, welche einfachen Social-Media-Instrumente in welcher Verkaufsphase eingesetzt werden können. Abb. 40: Einsatz der Social-Media-Instrumente im Verkaufsprozess Verkaufsphase Social-Media-Instrumente 1. Den Kunden verstehen Aufbau von Fachgruppen in XING , LINKEDIN , WHATSAPP oder via TWITTER Analyse von Ideen, Kommentaren und Kritiken in Blogs Organisation von Webcasts und Blogs mit aktiver Kommentarmöglichkeit und Download-Möglichkeit für zukünftige Kunden 2. Kontaktaufnahme Posting von neuen Produktstorys auf FACEBOOK , AMAZON der anderen E-Commerce-Portalen Einladung zu Promotionveranstaltung via FACEBOOK Ansprache auf aktuellen XING und/ oder LINKEDIN -Foren Ansprache mit Conference-Tweets 3. Bestandsaufnahme Launch einer App, die die Kundendiskussion intensiviert Aufbau eines speziellen Blogs zur Weiterentwicklung von Produkten und Services Abstimmung und Marktforschungen auf FACEBOOK 4. Produkt-, Lösungs- und Vorteilspräsentation Posting von Success-Storys (Text, Film) auf YOUTUBE und FACEBOOK gezielte Tweets über Preisvergünstigungen, Aktionen oder Wettbewerbsgewinne <?page no="150"?> 9.6 Der Einsatz von sozialen Medien im Verkaufsprozess bei Andzulis (2012) 151 Verkaufsphase Social-Media-Instrumente 5. Abschluss Verbreitung von Special-Offers oder Last-Minute-Deals über FACEBOOK oder Tweets Teilen von Success-Storys via XING , LINKEDIN oder FACEBOOK Einwandbehandlung über Blogs und/ oder in Webcasts 6. Serviceund-Kundenbeziehungsmanagement Folgen der Kunden auf TWITTER Anfrage nach Referenzen via LINKEDIN oder FACEBOOK Tweets über Erfolgsgeschichten Der vielfältige Einsatz von sozialen Medien in den verschiedenen Verkaufsstufen legt nahe, dass Verkäufer in Zukunft mit zahlreichen neuen Kommunikationskanälen experimentieren werden, um die sozialen Medien für Vertriebs- und Verkaufszwecke zu instrumentalisieren. Social-Media-Content generiert für die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, die ihre Verkäufer schulen und ermächtigen, die verschiedenen Social-Media-Instrumente gezielt für den Verkauf und das Kundenbeziehungsmanagement einzusetzen. Es ist sicherlich keine Frage mehr, ob die sozialen Medien die Kontakt- und Verkaufsqualität beeinflussen, sondern wie sehr sie die Verkäufer selbst, die Konsumenten, die Organisationen, unsere Demokratie und unser Bewusstsein verändern werden. Denn was sind Community-Beziehungen noch wert, wenn wir darin nur geldwerte Kontakte erblicken? Aus einer ganzheitlichen, humanistischen Perspektive, die christliche Werte wie Würde, Nächstenliebe und Wahrheit in den Mittelpunkt stellt, wenig. Erst kommt »social«, dann der Verkauf. Die Basis dafür ist Vertrauen (vgl. Andzulis, 2012, S. 310). Letztlich liegt es an ihren persönlichen Interessen und den persönlichen Sprach-, Beziehungs- und Medienkompetenzen, die genauen Intentionen Ihrer Gesprächspartner zu identifizieren. Die nächste Abbildung »Die Prozessevolution der sozialen Medien im Verkauf« zeigt auf, wie die sozialen Medien nach und nach von Phase I bis in Phase IV vollständig in die Marketing- und Vertriebsstrategie integriert werden. Abb. 41: Die Prozessevolution der sozialen Medien im Verkauf Phase I Phase II Phase III Phase IV Einrichten eines Auftritts in den sozialen Medien (z. B. FACEBOOK , XING ) aktive Bewerbung der eigenen sozialen Medien (z. B. Blogs oder Foren) Die sozialen Medien werden als zusätzlicher oder sogar erstklassiger Verkaufskanal angesehen. Die sozialen Medien werden gezielt eingesetzt für den Organisationslernprozess. <?page no="151"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 152 Phase I Phase II Phase III Phase IV Informationsangebote von den Unternehmen für den Kunden zweiseitige Kommunikation Transformation der Verkaufsstrategie in Richtung der sozialen Medien Der Mehrwert wird gleichberechtigt in den sozialen Medien generiert. kein Bezug zur Verkaufsstrategie kein Bezug zur Verkaufsstrategie konsequenter Einsatz von Realtime-Preisfestsetzung und Servicedienstleistung volle Integration der-sozialen Kanäle in-die Verkaufsstrategie und die operative Umsetzung Die Stärken und Schwächen des Ansatzes von Andzulis et al., »Die Integration der sozialen Medien in den Verkaufsprozess«, wird in der nächsten Abbildung dargestellt. Die Auswirkungen der sozialen Medien auf den Verkaufsprozess, die Organisation und die Unternehmenskultur sind vielfältig: 1. Die sozialen Medien können einer Marke nachhaltig schaden oder eine Marke-- dank des souveränen Kunden-- wachsen und aufblühen lassen. 2. Angesichts der möglichen schädlichen Auswirkungen muss die gesamte Organisation nach den Prinzipien erfolgreicher Social-Media-Auftritte ausgerichtet werden. 3. Das Wissen um die unterschiedlichen Kunden-Touch-Points, insbesondere von Verkauf, Vertrieb, Marketing, Corporate Communications/ PR und Services, muss zusammengeführt werden und in kundenzentrierte Prozesse on- und offline verwandelt werden. 4. Dies erfordert eine vollständige Integration von webbasierten Content-Management-(CMS), On- und Offline-Customer-Relation-Management-(CRM) sowie ganzheitlich ausgerichteten Economic-Resource-Planning-(ERP)-Systemen. 5. Die klassische Transaktionsbeziehung zwischen Anbieter und Nachfrager, Verkäufer und Käufer wird durch Social-Media-Commerce in eine persönliche Beziehung verwandelt. Dies verstärkt die Bedeutung von Vertrauen und Emotion und von Marken, die diese normative und emotionale Qualität bieten. 6. Dieser Prozess wird beschleunigt durch nutzerspezifische Technologien, wie z. B. Blogs, soziale Netzwerke und Videoplattformen. 7. Social Media hat die Art und Weise, wie wir über Unternehmen und Produkte lernen, ein für alle Mal verändert. <?page no="152"?> 9.6 Der Einsatz von sozialen Medien im Verkaufsprozess bei Andzulis (2012) 153 Zusammengefasst: Die Kombination von Social-Media-Strategien, Social-Media- Business-Content, Social-Media-Instrumenten und differenzierten Datenanalysen wird das Internet und die erfolgreichen Unternehmen in Marken verwandeln, die mithilfe von effiienten und partnerschaftlichen Dialogen mehr von ihren Kunden verstehen, besser verkaufen und sie langfristig an ihre Marke binden. Im folgenden Kapitel wird das innovative Social-Media-Business-Content-Modell (kurz: SoMeBizCo bzw. 8x4) vorgestellt, das Social-Media-Managern, Agenturen und Studierenden helfen soll, diesen Prozess zu verstehen, anzuwenden und zu optimieren. Literatur &-Links Halvorson, K./ Rach, M. (2012): Content Strategy for the Web, 2. Aufl., London. Kolassa, D. (2014): Social Business-- Die 10 goldenen Regeln, in: Rogge, C./ Karabesz, R. (Hrsg.): Social Media im Unternehmen-- Ruhm oder Ruin? Erfahrungslandkarte einer Expedition in die Social Media-Welt, Wiesbaden. Abb. 42: Die Stärken und Schwächen des »Social-Media-Commerce-Ansatzes« von-Andzulis et al., 2012 Kategorie Stärken Schwächen Inhalt theoretische Fundierung, wie die sozialen Medien den Verkauf verändern Präzisierung des Einflusses der sozialen Medien pro Verkaufsstufe fehlende Differenzierung der Bedeutung von sozialen Medien für unterschiedliche Branchen, Produkte, Dienstleistungen und Zielgruppen (Prozess-)- Logik klare Zuordnung verschiedener Social-Media-Instrumente in den sechsphasigen Verkaufsprozess keine organisatorische Zuordnung: Wer, wann, was mit welchem System und welchem Medium produziert und veröffentlicht Praxisnähe konkrete Nennung von Social-Media- Kanälen für den Einsatz in der Verkaufskommunikation fehlende Beispiele und Qualifizierung Innovationsgrad Verknüpfung von Social Media, Verkauf und Unternehmensund-Lernkultur Kreative Zuordnung von Social- Media-Instrumenten zu den Verkaufsstufen Modelltyp umfassendes Analyse-, Handlungs- und Prognosemodell mit zahlreichen konkreten sofort umsetzbaren Praxistipps für B2B-Verkäufer <?page no="153"?> 9 Analyse bestehender Social-Media-Modelle 154 Leibtag, A. (2014): The Digital Crown: Winning at Content on the Web, London. Li, C./ Bernoff, J. (2008): Groundswell: Winning in a World Transformed by Social Technologies, Harvard Business Press, Boston, Massachusetts. Meffert, H./ Burmann, C./ Kirchgeorg M. (2015): Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte-- Instrumente-- Praxisbeispiele, Wiesbaden. Michelis, D. (2012a): Strategischer Leitfaden, in: Michelis, D./ Schildhauer, T. (Hrsg.): Social Media Handbuch- - Theorien, Methoden, Modelle und Praxis, Baden-Baden. Michelis, D. (2012b): POST-Methode (Li, C./ Bernoff, J.), in: Michelis, D./ Schildhauer, T. (Hrsg.): Social Media Handbuch- - Theorien, Methoden, Modelle und Praxis, Baden-Baden. Pein, V. (2013): Der Social Media Manager: Das Handbuch für Ausbildung und Beruf, Bonn. Wirtz, B. (2013): Medien-und Internetmanagement, 8. Aufl., Wiesbaden. Übungsaufgaben 1. Welche Themen, welche Literatur, welche Grundlagen vermissen Sie hier? 2. Welche Social-Media-Business-Content-Erfolgsfaktoren wurden Ihrer Meinung nach nicht ausreichend recherchiert bzw. könnten ergänzt werden? 3. Welche Kompetenzen müssen Studierende aufbauen, um selbstständig komplexe praxisbezogene Modelle entwickeln zu können? 4. Welches sind die zentralen Erfolgsfaktoren einer Social-Media-Business- Content-Strategie? <?page no="154"?> 155 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell (8x4-Modell) - Anforderungen, Kategorien und-Funktionsweise Thilo Büsching 10.1 Das Grundmodell Warum werden Studierende mit Modellen beschäftigt, häufig mit komplexen, unverständlichen Modellen »gequält«? Oder, anders formuliert, intellektuell gefordert oder idealerweise mit verständlichen, praxisnahen, sofort anwendbaren Modellen begeistert? Modelle vereinfachen die Dinge und bahnen den Weg im Dschungel der Möglichkeiten. Modelle zeigen Zusammenhänge, Ursache-, Wirkungs- und Wechselbeziehungen auf und helfen dem Lehrenden und dem Lernenden, eine möglichst klare und trennscharfe Terminologie festzulegen. In Präsentationen jeder Art, ob an Hochschulen, im Unternehmen oder durch Unternehmensberatungen oder Agenturen, ist es ein »Must«, den relevanten Wirklichkeitsausschnitt mit seinen Einflussfaktoren mit einem Modell zu illustrieren. Infografiken sind ein hervorragendes Mittel, um komplexe Zusammenhänge schnell verständlich erscheinen zu lassen. Das Portal infographiclove (Infographiclove, 2015) visualisiert, strukturiert und bewertet die sozialen Content-Formate und ordnet sie danach, wie aufwendig sie zu implementieren sind, und in Abhängigkeit der Aufmerksamkeit, die sie verbrauchen. Den Link zu der eindrucksvollen Infografik finden Sie im Literaturverzeichnis. Eine verknappte Form finden Sie in Kapitel 11.4.1. Mit solch einer vollständigen Infografik kann der Kunde oder Auftraggeber die Ausgangslage beziehungsweise den Sachverhalt leichter verstehen und auf einen Blick erkennen, durch welche Maßnahmen und Instrumente die qualitativen und quantitativen Ziele erreicht werden sollen. Ohne diesen Überblick zu Beginn eines Projektes ist es nicht möglich zu sehen, ob alle relevanten Informationen für diesen Sachverhalt überhaupt einbezogen wurden. Kurzum: Ohne ein leistungsfähiges Modell gibt es keinen Überblick und keine Analyse der erfolgsrelevanten Einzelheiten. Dies ist aber eine zentrale Voraussetzung für ganzheitliches, wissenschaftliches Arbeiten. Im Zuge der Wissens- und Datenexplosion ist es zunehmend erfolgskritisch, alle relevanten Informationen und entscheidungsrelevanten Aspekte in einem Modell zu verdichten, da so faktisch der Datenschutz und das Private kapitalisiert wird, selten im Interesse der ausgespähten Personen. Positiv gewendet, kann ein Totalmodell als eine Lernlandkarte (Wendorff, 2014, S. 15) fungieren. <?page no="155"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 156 Die folgende Abbildung verwendet die Analysedimension der vorhergehenden Stärken- und Schwächen-Analysen der besprochenen Social-Media-Modelle und nutzt diese zur Entwicklung eines Totalmodells. Die Anforderungen an ein praxis- und handlungsorientiertes sowie didaktisch wertvolles Totalmodell für die Medien- und Betriebswirtschaft, die in der Abbildung dokumentiert werden, sind vielfältig. Das Modell SoMeBizCo (8x4) ist konzipiert worden, damit alle oben genannten Anforderungen erfüllt werden. Im Folgenden wird SoMeBizCo (8x4) überblicksartig in den acht Kategorien vorgestellt. In Kapitel 11 werden die jeweils vier Entwicklungsstufen pro Kategorie genau abgeleitet und im Kontext gewürdigt. Das Modell und die Theorie SoMeBizCo (8x4) gehen im Kern davon aus, dass jede Social-Media-Content-Kampagne, ob wirtschaftlich orientiert oder nicht, mit diesem Modell entwickelt, umgesetzt und optimiert werden kann. Systemtheoretisch ausgedrückt, werden die Disziplinen Betriebswirtschaft, Journalismus, Content-Marketing, Abb. 43: Zentrale Anforderungen an ein praxis- und handlungsorientiertes sowie didaktisch motivierendes Modell für die Medien- und Betriebswirtschaft Dimension Anforderungen Inhalt theoretische Fundierung ganzheitliche Betrachtung möglichst genaue Präzisierung der relevanten Elemente, Merkmale und-Instrumente (Prozess-) Logik klares, leicht nachvollziehbares Schritt-für-Schritt-Vorgehen kombinierte deduktive und induktive Logik: vom Allgemeinen auf das-Besondere und umgekehrt schließen können integrativer Prozess zur fortlaufenden Optimierung des Systems Praxisnähe Kombination von Ist- und Soll-Beschreibungen einfacher Einsatz durch Studierende und Projektmanager in Projekten Dokumentation aller zielrelevanten Fach- und Methodenkompetenzen, die für den Aufbau, die Umsetzung und die Optimierung einer erfolgskritischen Handlung notwendig sind, im Totalmodell Innovationsgrad nachvollziehbare Innovation, z. B. durch die Kombination von Struktur-, Prozess- und Qualitätsbewertungssystemen in einem Modell Verknüpfung von Theorie, Praxis und wirtschaftlicher Effizienz einfachste Anwendung durch ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen Steigerung der Effizienz, z. B. Reduktion von Planungsressourcen didaktische Reduktion mithilfe von Einfachheit und genauer Positionierung und Anwendung des relevanten Wissens im Modell Modelltyp universelles Totalmodell: Analyse-, Prognose-, Entscheidungs-, Handlungs-, Qualitätssicherungs- und Unternehmensentwicklungsmodell hohe Skalierbarkeit durch einfache Integration von neuem Wissen <?page no="156"?> 10.1 Das Grundmodell 157 PR und Kundenbeziehungsmanagement in einem achtstufigen Social-Media-Business-Content-Prozess dargestellt. Im Kern stellt SoMeBizCo (8x4) ein strategisches und operatives achtteiliges Steuerrad dar, das bei jedem Aufbau oder bei jeder Umsetzung oder bei jeder Optimierung einer Social-Media-Business-Content-Kampagne eingehalten werden muss. Dieser SoMeBizCo (8x4)-Regelkreislauf wird im Folgenden anhand der Schritte kurz skizziert: Bestandsaufnahme in jeder der acht Analyse- und Handlungskategorien: SoMe- BizCo (8x4) besteht aus acht Analyse- und Handlungskategorien, die bei jeder Social- Media-Business-Content-Strategie oder -Kampagne analysiert werden müssen. Diese sind: Abb. 44: Das Grundmodell Social-Media-Business-Content »SoMeBizCo« (8x4) <?page no="157"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 158 1. strategische Markenentwicklung 2. Zielgruppen 3. Ziele 4. Redaktionsplan und Content 5. Bildkommunikation 6. Medienkanäle 7. Dialogmanagement 8. Key Performing Indicators Dies ist kein einmaliger sukzessiver Prozess, sondern ein interaktiver Prozess, der in der Planung so lange durchgeführt wird, bis alle Kategorien in Abstimmung mit dem Kunden eindeutig definiert sind. Zieldefinition für jede der vier Entwicklungsstufen: Im zweiten Schritt wird definiert- - unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen (Mitarbeiter, Marken, Methoden, Technik, Maschinen und Netzwerk) und Kernkompetenzen (Fähigkeiten, die einen erkennbaren und/ oder fühlbaren Kundennutzen generieren)--, welche Entwicklungsstufe pro Kategorie möglich und sinnvoll ist. Es werden vier verschiedene Entwicklungsstufen, die als quantitativ messbare Zielerreichungsgrade oder Qualitätsstufen bezeichnet werden können, unterschieden: 1. geringer Ressourceneinsatz, geringes Kompetenzniveau 2. mittlerer Ressourceneinsatz, mittleres Kompetenzniveau 3. hoher Ressourceneinsatz, hohes Kompetenzniveau 4. sehr hoher Ressourceneinsatz, sehr hohes Kompetenzniveau In der Regel führt die Entwicklungsstufe »1. Geringer Ressourceneinsatz, geringes Kompetenzniveau« zu keinerlei wahrnehmbaren Wettbewerbsvorteilen beziehungsweise bestenfalls zu einer Me-Too-Qualität. So könnten z. B. mit einem wenig relevanten und aktuellen Rasen-Blog wenige Besucher angesprochen werden (Rasen ist das-- für alle Digital Natives sei es hier kurz erklärt--, was in vielen Gärten ein bis fünf Zentimeter aus dem Boden von Freiflächen in grüner Strohhalmform herausragt, wenn der Rasen gepflegt ist). In der Folge ist es für Werbetreibende unattraktiv, dort Anzeigen oder Content-Marketing-Werbeformen zu schalten. Andererseits ist davon auszugehen, dass bei hohem Ressourceneinsatz und hohem Kompetenzniveau auf den Social-Media-Portalen einer klar positionierten, wachstumsstarken Marke wie z. B. Westwing.de ein messbarer, wirtschaftlicher Erfolg entsteht, wie z. B. Bekanntheits- und Imagesteigerung, ein höheres Involvement beziehungsweise eine höhere Aufenthaltsdauer der Kunden auf den sozialen Portalen einer Marke und schließlich mehr Verkäufe und/ oder ein intensiveres Kundenbeziehungsmanagement. Natürlich ist Zuordnung von Ressourcen und Kompetenzniveau auf die einzelnen Entwicklungsstufen schematisch, denn jede Person weiß, dass große Wirkungen, z. B. mit viralen Kampagnen, gelegentlich mit einer zufälligen kreativen Idee ohne große Res- <?page no="158"?> 10.1 Das Grundmodell 159 sourcen- und Kompetenzeinsatz erreicht werden können und dass eine hohe Kompetenz zu einer erhöhten Effizienz führt, sodass der unmittelbare Kapitaleinsatz verringert wird. Konkrete Umsetzung: Nach der Bestandsaufnahme in den Kategorien und der Soll- Definition für die Entwicklungsstufen erfolgt die konkrete Umsetzung für die vorher definierte strategische Marke, die Zielgruppen, die Ziele mit den entsprechenden Content- und Redaktionsplänen, für die jeweilige Technik und die Usability über verschiedenen Medienkanäle, den Dialog mit den Kunden und die User-Journey sowie die betriebswirtschaftliche Messung der Prozesse. Messung des Zielzustandes und ein Soll-Ist-Abgleich: Nach der Umsetzung erfolgt die Messung des Zielzustandes und ein Soll-Ist-Abgleich. Dieser lässt sich grafisch mit einem Netzdiagramm anschaulich visualisieren. Für das operative Management ist es besonders lohnenswert, darüber nachzudenken, ob und inwieweit in allen acht Entwicklungsstufen überhaupt die 2., 3. oder 4. Entwicklungsstufe erreicht werden soll; vielmehr kann es intendiert sein, ohne große Marken-, Zielgruppen- und Zielpräzisierung mit einer überzeugenden Idee, vielfältigen Medienkanälen und einem persönlichen und/ oder witzigen Dialogmanagement große Reichweiten und Leads zu erzielen. Die Social-Media-Business-Content-Management-Kunst besteht darin (ein weiterer Anwärter für das wissenschaftliche Unwort des Jahres, aber in der Kombination durchaus erhellend für das, was getan werden soll), die Ressourcen und Kompetenzen am ergebniswirksamsten einzusetzen; das Gleiche gilt für die Produktion von Werbespots (Büsching/ Meidel, 2015). Agiles Projektmanagement: Diese vier Schritte folgen nur idealtypisch nacheinander. In der Praxis werden sie teilweise parallel und überlagernd durchgeführt. Schließlich soll und kann mit SoMeBizCo (8x4) der ganze Prozess der Analyse, der Entwicklungsstufendefinition, der Umsetzung und des Soll-Ist-Abgleichs iterativ optimiert werden, sodass z. B. die Auswertung der ersten Teilkampagne zu Änderungen in den restlichen Kampagnenabschnitten führt-- das moderne, agile oder zirkuläre Projektmanagement, das Projekte von Woche zu Woche steuert, macht dies möglich. Das Weitere wird durch den Projektplan geregelt, der vom Projektleiter gesteuert wird. Die Projektleitung steuert das ganze System SoMeBizCo (8x4). Die Einzelheiten werden aus didaktischen Gründen in Kapitel 8 vorgestellt. Insgesamt verknüpft SoMeBizCo (8x4) strategisches und operatives Management, betriebswirtschaftliche Effizienz, journalistisches Arbeiten, Content-Marketing- und Social-Commerce-Handeln sowie modernes, digitales Kundenbeziehungsmanagement zu einem Steuerungssystem für Social-Media-Content- und Social- Media-Content-Business-Manager. <?page no="159"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 160 Der Fokus von SoMeBizCo (8x4) liegt auf • einer ganzheitlichen Perspektive, • der strategischen Positionierung von Unternehmen und Marken, • dem verkaufswirksamen Dialog, • der Messung aller Verkaufs- und Marketing-Leistungen sowie • dem damit verbundenen Aufbau von Fach- und Methodenkompetenz beim Social- Media-Content-Manager. 10.2 Das Social-Media-Business-Content-Potenzial Zwei kurze Vergleiche sollen uns helfen, das Social-Media-Business-Content-Potenzial besser einzuordnen. 1. Das Unterhachinger Senf-Unternehmen Develey mit 1.700 Mitarbeitern in sechs Ländern und 385 Mio. Euro Umsatz (2010) (Develey, 2015a) ignoriert die sozialen Medien. Trotz seiner marktführenden Stellung mit 30 Prozent Marktanteil im Markt »Scharfer Senf« bietet Develey, gegründet 1845, seinen Kunden, Usern und Fans in seinem Online-Shop (Develey, 2015b) keinen facebook-Auftritt an. Der einzige am 21. Februar 2014 eingestellte Image-Spot von Develey brachte es bis zum 15. Februar 2015 auf 0 Kommentare. Hier wurde garantiert nichts manipuliert. 2. Im abgelaufenen Finanzjahr April 2013 bis März 2014 erzielte Michael Kors mit seinen magischen Marken einen Umsatz von 3,171 Milliarden Dollar und eine Umsatzrendite vor Steuer von rund 30 Prozent (Michael Kors, 2015a). Michael Kors bietet sich seinen Kunden auf fünf sozialen Plattformen an: facebook, twitter, instagram, youtube und pinterest (Michael Kors, 2015b). Für ein tagesaktuelles Online-Nachrichten-Magazin wie spiegel online sind 13.305 Likes für einen Post reichweitenstark. Posts bei Michael Kors bei facebook liegen zwischen 20.000 und 50.000, bei Handtaschen in der Regel bei 60.000, bei ausgewählten Exemplaren über 350.000 Likes (Michael Kors, 2015c). Die Abbildung »Die Interaktions-Intensität der Fans von Michael Kors und Spiegel Online« dokumentiert eindrucksvoll, dass die Marke Michael Kors über eine hohe Reichweite aber über einen relativ geringeren Interaktionsgrad als die Marke spiegel online verfügt. Es fällt sofort auf, dass die spiegel online-User um den Faktor 10 weniger Likes für die Beiträge von spiegel online aussprechen als die Fans von Michael Kors auf facebook, jedoch in Relation zur Reichweite die Kommentarneigung um das Zehnfache =- 1.000 Prozent höher ist als die der Fanpage von Michael Kors. Die Analyse der beiden Marken auf likealyzer, der nur die letzten 25 Posts auswertet, vom 15. Februar 2015 unterstützt diese Interpretation, wenn nicht in vollem Umfang. Offensichtlich regt der Inhalt von spiegel online stärker zu Diskussionen an bzw. motiviert mehr, sich persönlich zu artikulieren. Die Ergebnisse des internen und externen Audits <?page no="160"?> 10.2 Das Social-Media-Business-Content-Potenzial 161 werden mithilfe von SoMeBizCo (10x4) in einer Tabelle zusammengefasst. Es wird präzisiert, warum spiegel online, Develey Senf und Michael Kors über ganz unterschiedliche Voraussetzungen verfügen, um ihr Geschäftsmodell, ihre Marke strategisch im Zusammenspiel mit den Usern zu positionieren. Abb. 46: Relevanz von erfolgskritischen Determinanten für die Social-Media-Business- Content-Aktivitäten von ausgewählten Unternehmen Determinanten Ausprägung SPIEGEL ONLINE Develey Senf Michael Kors 1. Branche Konsumgüter 1 Luxusgüter 2 Industriegüter Medien 3 2. Produkttyp Inspektionsgut 3 3 Erfahrungsgut 2 Vertrauensgut 3. Image/ Attraktivität der Marke aus Sicht der Zielgruppe hoch 3 mittel 2 niedrig 1 Abb. 45: Die Interaktions-Intensität der Fans von Michael Kors und SPIEGEL ONLINE Michael Kors weltweit SPIEGEL ONLINE SPIEGEL ONLINE adaptiert auf die Reichweite von Michael Kors Fans am 14.01.2015 16.389.193 (Stand 13: 15 MEZ) 815.616 (Stand 13: 15 MEZ) Gefällt mir 11.000-100.000 50-500 1.000-11.000 Kommentare 10-1.000 10-250 200-5.000 Teilen 100-3.000 5-50 100-1.000 Engagementgrad 2,42 % 10,55 % - <?page no="161"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 162 Determinanten Ausprägung SPIEGEL ONLINE Develey Senf Michael Kors 4. Verwendung des Produktes täglich 3 3 wöchentlich saisonal 1 zu besonderen Anlässen 5. originäre Content- Vielfalt, Interaktionspotenzial hoch 3 mittel niedrig 1 1 6. Einfluss von Social Commerce auf das Geschäftsfeld hoch 3 mittel 2 niedrig 1 7. Vermarktungsgebiet deutschsprachiges Europa 1 Europa 2 weltweit 3 Bewertung: Summe/ Durchschnitt 18/ 2,57 9 =-1,29 17/ 2,43 Legende: 1 =-niedrige Relevanz, 2 =-mittlere Relevanz, 3 =-hohe Relevanz Nach dieser ersten Übersicht sind für den Internetauftritt von spiegel.de die Social- Media-Business-Content-Aktivitäten von höchster Relevanz, obwohl spiegel.de nur an einen begrenzten Markt adressiert. Fast so wichtig wie für spiegel.de sind die Social-Media-Business-Content-Aktivitäten für die Luxusmarke Michael Kors, obwohl sie als Produktanbieter deutlich weniger Content-Vielfalt und Interaktionsmöglichkeiten bieten können als eine Nachrichtenagentur. Schließlich lässt sich unschwer aus der Übersicht »Relevanz von erfolgskritischen Determinanten für die Social- Media-Business-Content-Aktivitäten von ausgewählten Unternehmen« erkennen, dass weder der Produkttyp noch die Attraktivität der Marke noch die Relevanz von Social-Commerce (wer bestellt schon Senf im Internet? ) ausgeprägt genug sind, um Develey Senf Investitionen in die sozialen Medien zu empfehlen. <?page no="162"?> 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) 163 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) Nun ist es für Sie schon schwer, die vielleicht für Sie neuen Buzzwords im SoMeBizCo (8x4)-System zu ordnen. Doch ist dies noch nichts im Vergleich zum ganzheitlichen Social-Media-Audit, das wir im nächsten Schritt ableiten, und wir werden für SoMe- BizCo (8x4) einen Social-Readiness-Score SoMeBizAudit (10x4) entwickeln. Aber bitte kein Unbehagen, kein Unwohlsein, keine Panik-Attacken! Es ist nur »Text«. Schließlich wird dieses 10x4-Dekagon durch wissenschaftliche Denkprozesse, Praxis- Erfahrungen und pragmatische Überlegungen gesteuert. Bevor wir Sie im Dschungel der abstrakten Begriffe verlieren, werden wir Ihnen das ganzheitliche Totalmodell SoMeBizAudit (10x4) am Beispiel des Nachrichtenmagazins der spiegel erläutern, das nichts anderes ist als ein Social-Media-Readiness-Score für SoMeBizCo (8x4). Das System mit den zehn Ecken fasst ein externes und internes Audit zusammen (Audit, engl. =- umfassende Prüfung, Beweissicherung und Finanzprüfung). SoMeBizAudit (10x4) analysiert den Ist-Zustand in einem Unternehmen und stellt fest, ob es z. B. für einen Start in die sozialen Medien oder für eine vertiefende Kampagne bereit ist, ermittelt die Differenz zwischen Ist- und Soll-Zustand-- und dies in zehn interdependenten Kategorien, wie die folgende Abbildung zeigt: Im Folgenden werden die zehn Dimensionen am Beispiel der spiegel-Gruppe bzw. am Auftritt von spiegel.de auf facebook erläutert. 1. Strategie, Marke, Positionierung und Innovation: Das erste Heft der spiegel wurde von Herausgeber und Chefredakteur Rudolf Augstein am 4. Juni 1947 veröffentlicht (spiegel-Gruppe, 2015a). Der spiegel ist Deutschlands reichweitenstärkstes und Europas auflagenstärkstes Nachrichtenmagazin (spiegel-Gruppe, 2015b). Sein Markenzeichen sind möglichst exklusive Geschichten aus Politik und Gesellschaft, die häufig in Teams mit mehreren Journalisten recherchiert und geschrieben werden. Einmalig ist, dass 70 hochspezialisierte Dokumentations-Journalisten redaktionelle Beiträge auf Plausibilität prüfen und Fakten, Bilder und Grafiken verifizieren (spiegel-Gruppe, 2015c). Die spiegel-Gruppe erzielte 2013 einen Umsatz von 289,5 Mio. Euro (Statista, 2015). Von den 300 Mio. Euro Umsatz entfallen ca. 180 Mio. Euro auf die Marke spiegel als Heft und online, wobei für 2013 mit einem Umsatz von 35 Mio. Euro gerechnet wird (Wikipedia, 2015). Mit dem spiegel-Shop und der spiegel-Co-Op-Vermarktungsorganisation zählt die spiegel-Gruppe insgesamt 13 Marken. Dabei hat sie stets eine systematische Innovationsstrategie verfolgt: So startete spiegel online am 25. Oktober 1994 weltweit als erstes Nachrichtenmagazin im Netz. Zusammengefasst fokussiert die strategische Markenentwicklung und Positionierung auf die publizistische Qualität und die innovative Markenentwicklung in einer kaufkräftigen Zielgruppe. Trotz des innovativen Kurses ist spiegel online nur in den sozialen Medien facebook, twitter und google+ vertreten. Für die spiegel-Gruppe ist Social Media sowohl eine Recherchequelle in der täglichen Arbeit <?page no="163"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 164 als ein wichtiger Informationskanal, um mit den Nutzern zu kommunizieren und ihnen Informationen bereitzustellen (Lumma/ Rippler/ Woischwill, 2013, S. 64). 2. Unterstützung durch das Management und Geschäftsmodell-Eignung: Die Unterstützung für die sozialen Medien wankt, seitdem am 4. Dezember 2014 die Entlassung des Chefredakteurs von spiegel und spiegel online, Wolfgang Büchner, bekannt gegeben wurde. Er hatte sich für eine Kooperation der bisher getrennten Redaktionen von spiegel und spiegel online ausgesprochen, perspektivisch unter der Führung von spiegel online. Der Niedergang der Print-Medien kostet der spiegel-Gruppe Umsatz und Gewinn und entzieht einer risikofreudigeren, innovativeren Social-Media-Strategie den Boden. Am Fall von Wolfgang Büchner lässt sich die Ratlosigkeit einer ganzen Branche ablesen, wie mit Qualitäts-Journalismus noch so viel Geld zu verdienen ist, dass gewachsene Strukturen erhalten bleiben und gleichzeitig das Geschäftsmodell innovativ modernisiert wird (Seewald, 2015). Mit der Ernennung von zwei Chefredakteuren, Klaus Brinkbäumer als neuer Chefredakteur des spiegel und Florian Harms als neuer Chefredakteur von spiegel online, ist davon Abb. 47: Integration von internem und externem Audit im SoMeBizAudit (10x4)-- Readiness-Score 1 Strategie, Marke, Positionierung, Innovation 2 Unterstützung durch das Management und Geschäfts modell Eignung 3 Ziele & Vision 4 Social-Media-Business- Kompetenz und Ressourcen 5 Projektmanagement, Aktivitäten, Prozesse, Medienkanäle 6 Social-Media-Monitoring, Controlling 7 Content-Vielfalt, -Relevanz, - Attraktivität, Dialogangebote 8 Technik, Content- Management, Design Externes Audit 1 2 3 4 Internes Audit 9 SoMeBiC (8x4) Wettbewerbsstärke 10 Zielgruppe, Social-Media- Affinität der Zielpersonen <?page no="164"?> 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) 165 auszugehen, dass der Konkurrenzkampf zwischen den alten Print-Medien und den innovativen digitalen Medien weitergeht, für innovative Angebote in den sozialen Medien, die aufgrund ihrer eigenen Konstruktions- und Wirkungsmacht den Print- Auftritt kannibalisieren, weitergehen wird. 3. Ziele und Vision: Die genauen Ziele der Eigentümer und des Managements lassen sich schwerlich aus den beobachtbaren Medien ablesen. Knapp lassen sich einige Thesen auf Basis von Indizien aufstellen: So hat der spiegel, das klassische Nachrichten- Magazin, auf facebook nur 228.461 Likes; hingegen entfallen auf den Auftritt von spiegel online 816.333 »Gefällt mir« (Stand: 13. Januar 2015). Offensichtlich wird der spiegel online-Auftritt auf facebook besser von der Zielgruppe angenommen oder im Sinne der operativen Ziele stärker promotet. Schließlich könnte es sein, dass die jüngere, kaufkräftigere Zielgruppe sich eher über die Marke spiegel online in spiegel-Abonnenten verwandeln lässt oder die jüngere Zielgruppe systematisch das kostenlose, aber werbefinanzierte Online-Angebot nutzt. 4. Social-Media-Business-Kompetenz und Ressourcen: Wie kann das seriös beantwortet werden? likealyzer macht es möglich und wertet spiegel online online vollautomatisch aus. Sie müssen lediglich die facebook-URL in die Startseite von likealyzer eingeben (http: / / likealyzer.com/ de) und erhalten eine Auswertung über 40 Kriterien und klare Handlungsempfehlungen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (Stand: 14. Februar 2015; Likealyzer, 2015): • Im Ranking liegt spiegel.de mit 80 Relevanz-Punkten (facebook selbst hat 99) auf Platz 27- - 18 Punkte über weltweit vergleichbaren Nachrichtenmagazinen, wird im Gesamtergebnis als sehr Social-Media-kompetent bewertet. • Sieben Achtel der Posts sind mit Bild und ein Achtel der Posts mit Video. likealyzer zählt durchschnittlich 72 Posts für spiegel auf facebook, wir 36 Posts. • Damit erreicht spiegel online im Durchschnitt 272 Likes, Kommentare und Shares. • Die Engagementrate liegt bei 11,05 Prozent. Zum Vergleich: Die des Nachrichtenmagazins Fokus liegt bei 9,27 Prozent. • Folgende maschinell generierte Tipps zur Optimierung des facebook-Auftritts gibt likealyzer spiegel.de: - »Stellen Sie die Einstellungen zur Privatsphäre Ihrer Seite auf ›öffentlich‹ und lassen Sie Fans posten. - Schreiben Sie spannende Posts. - Publizieren Sie mehr Fotos. - Stellen Sie Ihren Fans mehr Fragen. - Schreiben Sie über mehr unterschiedliche Themen.« • Einen Punkt haben wir selbst recherchiert: Vom 13. Januar 2015 auf den 13. Februar 2015 stiegen die Likes von spiegel.de auf facebook um rund 16.000 oder um zwei Prozent. spiegel.de verfolgt auf facebook eine klare Marken- und Wachstumsstrategie und vermeidet einfache Like-Generatoren wie z. B. Fragetechniken, <?page no="165"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 166 freies Posten oder eine noch breitere Themenvielfalt, um den Markenkern- - die unabhängige politische Berichterstattung-- nicht zu verwässern. 5. Projektmanagement, Aktivitäten, Prozesse, Medienkanäle: Hier stellt sich die Frage, wie intensiv welches spiegel-Format den Medienkanal facebook wie nutzt. Am Dienstag, den 13. Januar 2015, wird z. B. auf spiegel online alle 30 Minuten ein Post veröffentlicht. Hingegen wird auf www.facebook.com/ derspiegel nur alle zwei Stunden ein Post präsentiert. Die einzelnen Aktivitäten sind bei spiegel online und bei der Zeitschrift spiegel auf facebook klar definiert: In der Regel wird der Beitrag mit drei Zeilen und einem Foto angeteasert und dann direkt auf die Online- Seite von spiegel online oder einen Auszug aus dem Print-Produkt vom spiegel verlinkt. Auf twitter werden am 13. Januar 2015 eine Mischung von spiegel-facebook-Posts und spiegel-online-facebook-Posts platziert sowie einige wenige eigene twitter-Beiträge gepostet. Die spiegel-Gruppe reduziert außerhalb des spiegel online-Auftritts auf facebook konsequent die Ressourcen. 6. Social-Media-Monitoring, Controlling: Die spiegel-Gruppe ist seit Jahrzehnten darauf spezialisiert, zusammen mit unabhängigen Medien-Zähl-Diensten die verkauften Exemplare und die gelesene Reichweite den Werbekunden genau nachzuweisen . Das professionelle Medien-Monitoring ist ein Top-Erfolgsfaktor für den spiegel- Verlag. Mit dem Werbezeiten-Vermarkter spiegel-Qc, einer Werbezeiten-Vermarktungs-Agentur, bei der 90 Personen arbeiten, verfügt die spiegel-Gruppe über eine eigene Forschungsabteilung. Diese stellt mit dem spiegel ein eigenes System für die werbetreibende Industrie zur Verfügung, das die Wirkungsweise und Intensität von Werbekampagnen analysiert und die Funktionen und gegenseitigen Wechselwirkungen der jeweiligen Kampagne beschreibt. Insbesondere dokumentiert spiegel-Qc die kampagnenbezogene Werbewirkung und das konkrete Mediennutzungsverhalten der Zielgruppen, damit die Werbepartner ihren eigenen Medieneinsatz crossmedial optimieren können (ebenda). Vor diesem Hintergrund und der hohen Erfolgsrelevanz des Social-Media-Controllings ist anzunehmen, dass die spiegel-Gruppe • nicht nur die normalen Indikatoren in den sozialen Medien facebook, google+ und twitter beobachtet und diese mit den Wettbewerbern vergleicht, sondern • im Sinne einer Social-Media-Analytics mindestens eine systematische Konkurrenz- Beobachtung der zentralen Nachrichten-Medien (bild, süddeutsche zeitung, frankfurter allgemeine, zeit, focus und stern) durchführt (das leistet z. B. das kostenlose Tool www.likealyzer.de) und • unstrukturierte Daten quellenbasiert in beliebigen Datenformaten analysiert (Social-Media-Monitoring) und somit weiß, wer wann im ganzen Netz positiv oder negativ über die Marke spiegel spricht. Für den wirtschaftlichen Erfolg der spiegel-Gruppe ist es wichtig, ob spiegel online- Besucher, die auf einen Link in den sozialen Medien geklickt haben, länger verweilen, <?page no="166"?> 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) 167 sie häufiger auf Werbung klicken und wie diese in einen langfristigen Abonnenten des Print- oder App-Titels verwandelt werden können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, das Posting des Social-Media-Business-Contents auf seine ökonomische Effizienz hin zu untersuchen. Nur so kann im Sinne des Modells »Handlungsfelder und Instrumente von Social-Media-Content und Social-Media-Business-Content«, die wir in Kapitel 8.1. vorgestellt haben, herausgefunden werden, wie journalistische Themen (Social-Media-Content) in werbliche Themen (Content-Marketing) und diese in Verkaufsangebote (Social Commerce) umgewandelt werden können. Das Zusammenspiel von Content-Marketing und Social Commerce bestimmt die Performance, den Leistungsbeitrag von Social-Media-Business-Content. 7. Content-Vielfalt, Content-Relevanz, Content-Attraktivität, Dialogangebote: Die Analyse der Themenvielfalt, ihrer Relevanz und Attraktivität ist sicherlich der spannendste Teil einer Social-Media-Business-Content-Analyse. Fünf Tage nach dem Anschlag auf das Satire-Magazin charlie hebdo erzielte der Hinweis auf die Herausgabe der Satire-Zeitung am Mittwoch, den 14. Januar 2015, 6.141 Likes, 862 Kommentare und 631 Teilvorgänge. Die satirische und pazifistische Karikatur von Jens Ressing vom 9. Januar 2015 brachte es im Nachgang auf den Terroranschlag der Satire-Zeitschrift charlie hebdo auf 13.305 Likes, 258 Kommentare und 2.433 Teilungen (spiegel online, 2015). 8. Technik, Content-Management, Design: Die zentralen und meistgenutzten sozialen Medien für Unternehmen, die für unser SoMeBizCo (8x4) relevant sind, verfügen über standardisierte Content-Management-Systeme, bei denen es nur sehr wenig Flexibilität gibt. Da facebook mit breitem Abstand das meistgenutzte soziale Medium über alle Zielgruppen ist, mit täglich 13 Mio. Usern in Deutschland, können wir uns bei der Analyse des Content-Managements auf diese Plattformb beschränken. Eine sehr gute Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Aufbau einer eigenen facebook-Fanpage gibt der inoffizielle facebook-Blog allfacebook.de, sehr empfehlenswert für alle, die sich in den sozialen Medien auf die facebook-Präsenz konzentrieren. Die dort vorgestellten Standards in Form einer Checkliste, etwa 60, werden von spiegel online eingehalten (Krog 2015). 9. SoMeBizCo (8x4)-Wettbewerbsstärke: Unter den reinen, direkten Konkurrenten Zeitungen und Zeitschriften liegt spiegel online (890.000 LIKES) hinter bild online (1,8 Mio. LIKES) bei facebook auf dem zweiten Platz (Stand 31. Juli 2015) 10. Zielgruppe, Social-Media-Affinität der Zielpersonen: Für eine vertiefende Analyse ist sicherlich mehr Recherche notwendig. Sicher erscheint nur, dass für den Kurznachrichtendienst twitter Beiträge für die jüngere Zielgruppe gepostet werden müssen und für die Social-Media-Plattform facebook und google+ die 25-bis 49-Jährigen angesteuert werden sollen. Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung wäre es interessant herauszufinden, welche Themen in welchem Zeitraum welche Reaktion (»Gefällt mir«, »Kommentieren«, »Teilen«) erzeugen. <?page no="167"?> 10 Einführung in das SoMeBizCo-Modell 168 Das Ergebnis des Social-Media-Audits kann wie folgt zusammengefasst werden: Bei der Vielfalt der Kategorien ist es nicht einfach, eine klare und nominale Skalierung vorzugeben. Hier ist die Bewertung wie folgt zu verstehen: 0 =-keine Voraussetzung für ein Social-Media-Business-Content-Engagement, 1 =-niedere Voraussetzung, 2 =-mittlere Voraussetzungen, 3 =-gute Voraussetzungen, 4 =-sehr gute Voraussetzungen für ein Social-Media-Business-Content-Engagement. Im Gegensatz zum SoMeBizCo (8x4)-Modell lassen sich zentrale interne Wirkungen bei SoMeBizCo (10x4) nicht mehr beobachten, wie z. B. die Strategie-Unterstützung durch das Management für eine Strategie oder die persönlichen Kompetenzen des Social-Media-Teams eines Unternehmens. SoMeBizAudit (10x4) ist eine verknappte Zusammenfassung von Geschäftsmodell, Wertschöpfungskette, Marke und Kundenbeziehung aus strategischer, operativer und Projektmanagement-Sicht mit dem Ziel zu klären, ob und inwieweit die Vorausset- Abb. 48: Ergebnisse des internen und externen Social-Media-Business-Content-Audit 1 Strategie, Marke, Positionierung, Innovation 2 Unterstützung durch das Management und Geschäfts modell Eignung 3 Ziele & Vision 4 Social-Media-Business- Kompetenz und Ressourcen 5 Projektmanagement, Aktivitäten, Prozesse, Medienkanäle 6 Social-Media-Monitoring, Controlling 7 Content-Vielfalt, -Relevanz, - Attraktivität, Dialogangebote 8 Technik, Content- Management, Design Externes Audit 1 2 3 4 Internes Audit 9 SoMeBiC (8x4) Wettbewerbsstärke 10 Zielgruppe, Social-Media- Affinität der Zielpersonen <?page no="168"?> 10.3 Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4) 169 zungen für ein erfolgreiches Social-Media-Business-Content-Kampagnenmanagement vorliegen. Dieses zwar systematische, aber in der Tiefe und Breite nur provisorische Audit von spiegel.de kann dennoch nachweisen, dass das System SoMeBizAudit (10x4) Sie in die Lage versetzt, sich mit im Internet verfügbaren Daten einen guten Überblick über die Social-Media-Readiness eines Unternehmens zu verschaffen. Das SoMeBizAudit (10x4)-Verfahren dokumentiert, wie innovativ, systematisch und vielfältig Content bereits eingesetzt wird, um Leser und Kunden für den spiegel-Verlag zu generieren beziehungsweise die Reichweite systematisch zu steigern. Literatur &-Links Büsching, T./ Meidel, B. (2015): Das Corporate-Video für den BtoB-Sales: Total- Modell (CVM 6x4), Beispiele, Erfolgsfaktoren, in: Binckebanck, L. (Hrsg.): Neue Techniken im BtoB-Sales, Wiesbaden. Develey (2015a): Develey Senf &- Feinkost, in: http: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Develey_Senf_%26_Feinkost, Abruf am 14.01.2015. Develey (2015b): Develey Senf &-Feinkost, in: www.develey.de, Abruf am 14.01.2015. Hennig-Thurau, T./ Malthouse, E./ Friege, C./ Gensler, S./ Lobschat, L./ Rangaswamy, A., Summer (2012) 347 and Bernd Skiera (2010), »The Impact of New Media on Customer Relationships«, Journal of Service Research, 13(3), S. 311-330. Henzler, H. (2014): I f content is king, context is the queen, in: http: / / www.smartdigits.com/ 2014/ 05/ king-content-queen-context, Abruf am 27.05.2014. Krog, J. (2015): Facebook-Pages-Checkliste, in: http: / / allfacebook.de/ einfuehrungueberblick, Abruf am 13.01.2015. Likealyzer (2015): Spiegel Online Fanpage, http: / / likealyzer.com/ de/ facebook/ spiegelonline, Abruf am 14.02.2015. Lumma, N./ Rippler, S./ Woischwill, B. (2013): Berufsziel Social Media: Wie Karrieren im Web 2.0 funktionieren/ Expertengespräch mit der Geschäftsführerin von Spiegel-Online Katharina Borchert, Wiesbaden. Michael Kors (2015a): Annual-Report, in: http: / / investors.michaelkors.com/ files/ doc_financials/ annual_report/ 2014-Annual-Report.pdf, Abruf am 13.01.2015. 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Spiegel-Gruppe (2015c): DIE SPIEGEL-Dokumentation, in: http: / / www.spiegelgruppe.de/ spiegelgruppe/ home.nsf/ Navigation/ 504E9855BB512289C1256FD5 004406E1? OpenDocument, Abruf am 13.01.2015. Spiegel-Online (2015): Meiner ist Größer! , Karikatur von Jens Ressing, in: https: / / www.facebook.com/ spiegelonline/ photos/ a.420707594868.190602.382468 44868/ 10152974438499869/ , Abruf am 13.01.2015. Spiegel-Qc (2015): KampagnenSPIEGEL, in: http: / / www.spiegel-qc.de/ media-service/ forschung/ wirkungsnachweise, Abruf am 14.01.2015. Statista (2015): Umsatz der Spiegel-Gruppe in den Jahren 2003 bis 2013 (in Millionen Euro), in: http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 256313/ umfrage/ um satz-der-spiegel-gruppe/ , Abruf am 13.01.2015. Wendorff, J. (2014): Die Hattie-Studie und sinnvolle Folgerung für die Hochschullehre, in: Didaktik Nachrichten 07/ 2014, DiZ-- Zentrum für Hochschuldidaktik, Ingolstadt. Wikipedia (2015): Spiegel-Online, in: de.wikipedia.org/ wiki/ Spiegel_Online, Abruf am 13.01.2015. Übungsaufgaben 1. Warum sind Social-Media-Business-Content-Audits wichtig? Erläutern Sie den Begriff. 2. Nennen Sie zu jeder Analyse- und Handlungskategorie des SoMeBizCo (8x4) mindestens eine relevante Fragestellung. 3. Welche Problematik ergibt sich aus den zentralen Anforderungen an ein Totalmodell? 4. Beschreiben Sie die Verknüpfung von SoMeBizCo (8x4) mit strategischem/ operativem Management, betriebswirtschaftlicher Effizienz, journalistischem Arbeiten, Content-Marketing und dem digitalen Kundenbeziehungsmanagement. Warum ist SoMeBizCo (8x4) im obigen Sinne ein Totalmodell? <?page no="170"?> 171 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells (8x4-Modells) in der Praxis Thilo Büsching 11.1 Die Grenzen der-Wissenschaft, die Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen Auf Basis der bisherigen Analysen in den Kapiteln 8 bis 10 und den vorgestellten Grundlagen in jeder Kategorie definieren wir: Erstens gibt es vier Entwicklungsstufen für jede der acht Kategorien von SoMe- BizCo (8x4), möglichst trennscharf zu allen anderen Entwicklungsstufen einer Kategorie. Dabei wird eine additive Systematik verwendet, d. h., jede Entwicklungsstufe (bis auf die erste Stufe) besteht aus den Qualitätsmerkmalen der vorherigen Entwicklungsstufe und der jeweils aktuellen Entwicklungsstufe 2, 3 und 4. Auf Unternehmen, die in der 4. Entwicklungsstufe sind, treffen alle Qualitätsmerkmale der Stufen 1 bis 4 zu. Zweitens stellen wir für jede Entwicklungsstufe der ersten sieben Kategorien ein facebook-Beispiel als Screenshot vor, das die vorgenommene Klassifikation der jeweiligen Entwicklungsstufe repräsentiert. Drittens werden diese Beispiele mit facebook-immanenten Kennzahlen (»Gefällt mir«, »Kommentieren«, »Teilen«) sowie Analysen des Monitoring-Tools likealyzer (www.likealyzer.com, siehe die Kurzvorstellung von likealyzer unter 11.8.3) bewertet. Die 32 Beispiele wurden im Erhebungszeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015 so ausgewählt, dass möglichst typische Eigenschaften von facebook-Kampagnen über alle Unternehmen und Marken präsentiert werden. Dieses Vorgehen und diese Übersicht sollen Ihnen einen anschaulichen, strukturierten und fundierten Einstieg in das Thema Social-Media-(Business-)Content ermöglichen. Die ganzheitliche parallele Analyse von facebook-Auftritten und Monitoring- Tools über acht Kategorien in einem sehr dynamischen Umfeld ist wissenschaftlich gesehen ein ehrgeiziges Unterfangen, denn einige Kategorien, wie z. B. die Ziele eines Unternehmens, werden hier indirekt abgeleitet aus dem Auftritt. Das ist wissenschaftlich betrachtet schwierig, da 1. diese generell direkt nicht beobachtbar sind, sondern indirekt abgeleitet werden müssen, 2. viele Auftritte nicht strategie-, marken- und zielkonform sind, da die Unternehmen noch experimentieren und sich so <?page no="171"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 172 3. schnelle Wechselwirkungen zwischen den operativen Tests-- z. B. mit Redaktionsplänen, der Bildkommunikation und dem Dialogmanagement-- und den kurzfristigen operativen Zielen ergeben 4. und diese wiederum die strategische Positionierung, das Budget, die Ziele für die einzelnen Content-Kanäle beeinflussen. Vor diesem Hintergrund müssten hier nach wissenschaftlichen Prinzipien die relevanten facebook-Kanäle (und im Rahmen der integrierten Kommunikation alle anderen On- und Offline-Kanäle) permanent beobachtet und parallel dazu die Social-Media- Manager, deren Chefs, die jeweiligen Geschäftsführer und vor allem die Zielgruppen befragt und analysiert werden. Das ist hier methodisch, zeitlich und finanziell sowie aus Platzgründen nicht möglich. Es ist nicht stets klar, ob tatsächlich gemessen wird, was gemessen werden soll. Dennoch lässt sich der publizistische und wirtschaftliche Erfolg eines facebook- Auftritts in den wesentlichen Dimensionen von SoMeBizCo, nämlich 1. Strategische Markenentwicklung (hier insbesondere der Markenauftritt), 2. Zielgruppen, 3. Redaktionsplan und Content, 4. Bildkommunikation, 5. Medienkanäle und 6. Dialogmanagement gut beobachten, und in den beiden Kategorien Ziele und Key Performing Indicators müssen die einfach zu erhebenden Ist-Indikatoren (»Likes«, »Engagementrate«) mit Plausibilitätsüberlegungen kombiniert werden. Insgesamt wurden aus praxisorientierten Gründen die Entwicklungsstufen so formuliert, dass sie auf facebook beobachtbar sind beziehungsweise über Einzelfallbetrachtungen, Indizienschlussfolgerungen, begründeten Vermutungen und vertiefenden Recherchen abgeleitet werden können. Es wurden bei der Konstruktion des SoMeBizCo (8x4)- Modells Konzessionen an die praktische Durchführung gemacht. Nichtsdestotrotz ist die Analyse auf Basis dieser Kennzahlen, Überlegungen und Einschätzungen eine vielfach zu gebrauchende akademische Grundlage für den Social-Media-Manager, der ganzheitlich, wirtschaftlich und praxisorientiert denken und handeln muss. Und genau dieser praktische Nutzen steht hier im Vordergrund. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Analyse kommt es im Social-Media-Business- Content-Management darauf an, kurzfristig ganzheitlich, markenkonform, zielgruppenspezifisch, zielorientiert, kreativ in Wort, Bild und Ton, über alle digitalen Medienkanäle, im Dialog mit dem Kunden effizient zu kommunizieren. Für diesen wirtschaftlich wirksamen, praxisorientierten Online-Dialog bildet SoMeBizCo (8x4) bestmöglich aus. <?page no="172"?> 173 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen Das Modell SoMeBizCo (8x4) wird in den folgenden Unterkapiteln von 11.1 bis 11.8 mit folgender Standardgliederung im Detail erläutert. • Forschungsleitfrage(n), Definition und Grundlagen, • Definition der vier Entwicklungsstufen pro Kategorie und • Praxisbeispiele für alle vier Entwicklungsstufen. Die einheitliche Gliederung in jeder Kategorie erleichtert es Ihnen, den schrittweisen Aufbau des Modells einfach und klar nachzuvollziehen, und zwar über die acht Kategorien und in der Differenzierung der vier Entwicklungsstufen. Die betriebs- und medienwirtschaftlichen Grundlagen werden im Wesentlichen vorausgesetzt. Das neuere Social-Media-Content-Wissen wird so weit präzisiert, wie es für die Anwendung des Steuerrades SoMeBizCo (8x4) notwendig ist. Die 8x4-Systematik ermöglicht uns, die komplexen Zusammenhänge in den sozialen Medien auf den Social-Media-Business-Content didaktisch zu reduzieren. Sie können sich damit die komplexe Welt der sozialen Medien mit SoMeBizCo (8x4)-Modell einfach erschließen, es ist leicht zu verstehen und sofort in und für Unternehmen anzuwenden. Und vor allem lässt sich das ganze Modell auf einer Seite darstellen und dadurch leichter umsetzen. Aus der ganzheitlichen Perspektive begründet der Ansatz von SoMeBizCo (8x4) eine neue dialogische Betriebswirtschaftslehre, die darauf abzielt, dass nicht das Geschäftsmodell, die Leistungserstellung und die Marketingpolitik allein entscheidend für den langfristigen Erfolg sind, sondern der systematische (nicht der permanente) Dialog über alle Produkte, Prozesse und Promotions mit den potenziellen und bestehenden Kunden. Dies gilt für alle Unternehmen, insbesondere für die Medienunternehmen. Im Mittelpunkt dieser Dialoge steht der Content, der Social-Media- Business-Content. Wie ordnen Sie das Content-Meer der Informationen, Quellen, Anschauungsbeispiele systematisch und effizient? Im betriebswirtschaftlichen Management wird das »ganz einfach« gelöst: Sie brauchen eine Strategie, die Ihre Leistungen, Ihr Unternehmen als Marke positioniert. Aus dieser lassen sich Zielgruppen und Ziele-- die Kategorien zwei und drei von SoMeBizCo (8x4)-- ganz einfach ableiten. Die strategische Markenpositionierung ist die erste Kategorie im System SoMeBizCo (8x4) und damit die Basis für ein Unternehmen, wie Social-Media-Business-Content-Auftritte entwickelt und umgesetzt werden. Sie erinnern sich: Das System SoMeBizCo (8x4) zielt über das journalistisch inspirierte Content-Marketing hinaus darauf ab, nicht nur Bekanntheit, Image und Vertrauen aufzubauen, sondern Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen und diesen Prozess im Einklang mit den Unternehmenszielen zu messen. <?page no="173"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 174 Abb. 49: Das SoMeBizCo-Modell (8x4-Modell) mit den vier Entwicklungsstufen in allen acht Kategorien <?page no="174"?> 175 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen Erweiterte Definition: Social-Media-Business-Content Social-Media-Business-Content sind Gesprächsangebote, die das Ziel verfolgen, Gesprächsteilnehmer in Kunden zu verwandeln und langfristig zu binden, auf der Basis eines offenen und transparenten Dialogs, auf der Basis von Empfehlungen und auf der Basis von seriösen Einschätzungen, Kommentaren und Aktionen. Die Basis von SoMeBizCo (8x4) ist die strategische Markenentwicklung. Ohne Markenentwicklung erfolgt keine Positionierung der Leistungen an klar definierte Zielgruppen. Die Antworten auf folgende Forschungsleitfragen helfen uns zu verstehen, warum die strategische Markenentwicklung die Basis von allem in der Betriebswirtschaft ist. Forschungsleitfragen • Was ist eine Strategie, was ist eine Marke und was ist eine Positionierung? • Wie steuert die Strategie die Markenpositionierung und diese den Social-Media- Business-Content? • Wie kann Social-Media-Business-Content Image und Verkauf unterstützen? Normalerweise entstehen eine systematische Strategie und eine Markenpositionierung mithilfe eines umfassenden Businessplans. Die Kombination der Modelle SoMeBizCo (8x4) mit integrierter Projektleitung übernimmt die Doppelfunktion von Businessplan und Projektplan. Sie steuert so die generelle Social-Media-Ausrichtung eines Unternehmens wie die Kampagnenplanung. Grundlage für beides sind die Strategie, die Marke und die nachhaltige Positionierung, die im Folgenden definiert werden. Definition: Strategie Unter Strategie verstehen wir ein betriebswirtschaftliches Lage-, Zielgruppen-, Ziel-, Maßnahmen- und Monitoring-System. Eine umfassende Strategie vereinigt die Analyse von unternehmensexternen Faktoren, wie z. B. Politik, Technik und Wettbewerb, und die Analyse der unternehmensinternen Faktoren, wie z. B. die eigenen Vermögensbestandteile und die Kernkompetenzen, und verknüpft sie mit einer lang- und kurzfristigen Ziel- und Umsetzungsperspektive (vgl. Meffert et al., 2008, S. 231 ff.). Ziel der Dienstleistungsstrategie Social-Media-Business-Content ist eine umfassende oder fokussierte Differenzierung und/ oder eine umfassende oder fokussierte Kostenführerschaft (vgl. Homburg/ Fassnacht, 1998, S. 529). <?page no="175"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 176 Definition Marke Marken sind in einem ganzheitlichen User-Experience-Prozess emotionale, rationale und normative Nutzenbündel, die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens aus der Sicht der relevanten Zielgruppe im Vergleich zu Produkten oder Dienstleistungen der Konkurrenz, die die gleichen Bedürfnisse erfüllen, nachhaltig differenzieren (vgl. Büsching/ Goderbauer, 2014, S. 100 f., und Meffert/ Burmann/ Koers, 2005, S. 3). Und dies über alle Touchpoints. Definition Positionierung Positionierung ist die Verdichtung der Markenidentitäten zu einem kaufrelevanten Nutzenversprechen, die unter dem Einsatz aller Marketinginstrumente (Produkte, Dienstleistungen, Preise, Vertriebswege und ganzheitliche integrierte Kommunikation) zu einem Wettbewerbsvorteil bei den Zielpersonen führt. Die Positionierung verdichtet die verschiedenen Markennutzen. Das kann zum Beispiel wie bei BMW »Freude am Fahren« oder wie bei Audi »Vorsprung durch Technik« sein. Nicht immer ist so eine prägnante und einprägsame Verdichtung möglich, wie das Fallbeispiel Westwing in Punkt 12.4 zeigt (vgl. Meffert et al., 2008, S. 350). Pointiert ausgedrückt, ist es die Aufgabe der Strategie, das »Marktbearbeitungssystem Marke« (Siegert, 2002, S. 42) so zu gestalten und so zu positionieren, dass der Kundenutzen (emotional, rational, normativ) vom Kunden wahrgenommen wird, er sich für dieses Produkt oder für diese Dienstleistung entscheidet und sich idealerweise mit der Marke langfristig identifiziert. Meffert unterscheidet drei verschiedene »strategische Markenführungsentscheidungen«, nämlich • die Ausgestaltung der Markenarchitektur, • die Festlegung der Positionierung und • die Markenevolution (Meffert et al., 2008, S. 351). Die vielfältigen Aspekte der Markenbildung und des Markenmanagements insbesondere für Medien beschreibt Gabriele Siegert in ihrer profunden und leicht lesbaren Habilitations-Schrift »Medien-- Marken-- Management« (ebenda). Jede strategische Markenentwicklung und die operative Marktbearbeitung durch die Marke ist somit grundsätzlich abhängig von der Beurteilung der eigenen Lage, die mithilfe einer umfassenden Bestandsaufnahme analysiert werden muss. Meffert et al. (2008, S. 231 f.) unterscheidet drei externe Komponenten der Situationsanalyse (Markt, Marktteilnehmer und Umwelt) und eine interne Komponente der <?page no="176"?> 177 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen Situationsanalyse (Marketinginstrumente). Diese analysiert er jeweils mit 3 bis 5 Bezugspunkten und 8 bis 11 Bestimmungsfaktoren, insgesamt mit 17 Bezugspunkten und 37 Bestimmungsfaktoren. Abb. 50: Komponenten, Ebenen und wichtige Bestimmungsfaktoren der-Situationsanalyse Komponenten einer Situationsanalyse Analyseebenen wichtige Bestimmungsfaktoren Markt Gesamtmarkt (Produktklassen-bezogen) Entwicklung Wachstum Elastizität Branchenmarkt (Produktgruppen-bezogen) Entwicklungsstand, Sättigungsgrad Marktaufteilung Teilmarkt (Produktbezogen) Bedürfnisstruktur Substitutionsgrad Produktstärke Marktteilnehmer Hersteller Marktstellung Produkt-, Programmorientierung Angebotsstärke Konkurrenz Wettbewerbsstärke Differenzierungsgrad Programmstärke Absatzmittler Funktionsleistung Sortimentsstruktur Marktabdeckung Absatzhelfer Funktionsleistung Konsument Bedürfnislage (Nutzenstiftung) Kaufkraft Einstellung Marketing- Instrumente Produkt-Mix Produkt- und Programmstärke Angebotsflexibilität Kommunikations-Mix Bekanntheitsgrad, Medieneignung Werbestrategie Preis-Mix Preisniveau Preisstreuung, Rabattstruktur Distributions-Mix Distributionsdichte Lieferfähigkeit, Liefervorteile <?page no="177"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 178 Komponenten einer Situationsanalyse Analyseebenen wichtige Bestimmungsfaktoren Umwelt Natur Klima Infrastruktur Wirtschaft Konjunktur Wachstum Gesellschaft soziale Normen Lebensgewohnheiten Technologie Wissenschaft technischer Fortschritt Recht und Politik Rechtsnormen politische Institutionen Ein Eintritt in die sozialen Medien ist deshalb so anspruchsvoll, da er die gesamte Situationsanalyse mitberücksichtigen muss. Denn im Gegensatz zu anderen Werbeauftritten muss ein Unternehmen seine Philosophie, seine gesamten Leistungen und Dialogangebote in einem facebook-Stream auf den Punkt bringen und ist damit sofort vergleichbar mit allen anderen Unternehmen, die sich auf facebook präsentieren. Welcher Studierende kann sich diese vielen »Buzzwords« der Situationsanalyse überhaupt merken, wer sie anwenden und was hat es zu tun mit SoMeBizCo (8x4)? Um diese Begriffe im Großhirn zu verankern, brauchen wir Beispiele. Das 2011 gegründete Start-up Westwing ist ein besonders gutes, da es ein innovativer Pure-Internet-Player ist, der mit schönen und sinnlichen Einrichtungsgegenständen erfolgreich handelt. Am Westwing-Mini-Fallbeispiel erkennen wir, wie die Strategie die Marke und die Positionierung steuert. Es ist die Strategie, die die Innovationsstärke eines Unternehmens festlegt und so den relativen Wettbewerbsvorteil der Positionierung maßgeblich beeinflusst. Lesen Sie zur Vertiefung das Westwing-Beispiel in Punkt 12.4. Trotz dieser Fülle von Merkmalen und Argumenten fehlen für die Analyse des Social-Media-Business-Content entscheidende Aspekte, insbesondere die Content- Arten und der Redaktionsplan sowie das kundenspezifische Dialogmanagement. Zudem wird nicht deutlich, wie Wettbewerbsvorteile entstehen. Nur wenn ein Anbieter einen größeren Mehrwert zum gleichen Preis anbietet, ein besseres Preis-Leistungs- Verhältnis, entscheidet sich der Kunde für den Kauf. Mithilfe der Analyse von Core Assets und Kernkompetenzen lassen sich systematisch Wettbewerbsvorteile für eine Social-Media-Business-Marken-Content-Strategie ableiten. Wettbewerbsvorteile entstehen allgemein und für Unternehmen in sozialen Medien, indem Core Assets und Kernkompetenzen verknüpft werden für erfolgreiches Handeln. Im folgenden Modell <?page no="178"?> 179 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen wurden die Kategorien und Elemente von SoMeBizCo (8x4) den Core Assets und Kernkompetenzen zugeordnet. Die strategische Markenentwicklung soll also dazu dienen, Social-Media-Business- Content im Rahmen des SoMeBizCo (8x4) so systematisch zu entwickeln, dass dieser wirtschaftliche Ziele erreicht und einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen definiert. Zusammengefasst: Alles ist nichts ohne Strategie, Marke und Positionierung und die damit verbundene interne und externe Bestandsaufnahme aller folgenden Kategorien von SoMeBizCo (8x4), nämlich • Zielgruppe, • Ziele, • Content und Redaktionsplan, • Design und Usability, • Medienkanäle, • Dialogmanagement und • Key Performing Indicators (Schlüsselerfolgsindikatoren oder KPIs). Abb. 51: Ableitung von Wettbewerbsvorteilen mithilfe von Core Assets und Kernkompetenzen für eine Social-Media-Business-Content-Strategie • Mitarbeiter • Marke • Netzwerke • Kundenstamm • strategische Markenentwicklung • Zielgruppen-Bestimmung • Ziel-Definition • Redaktions- und Content- Management • Bildkommunikation • Multi-Channel-Publishing • Dialogmanagement • KPIs-Controlling Assets sind materielle und immaterielle Ressourcen, die die Basis für die Aktivitäten und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bilden. Core Assets Wettbewerbsvorteile Kernkompetenzen Kompetenzen bilden die Grundlage für das kollektive Handeln in einem Unternehmen und ermöglichen den Leistungserstellungsprozess, in dem Assets und Core Assets zu verkaufsfähigen Marktleistungen kombiniert werden. <?page no="179"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 180 Definition der vier Entwicklungsstufen Jede Marke, jedes Unternehmen vermittelt ein Gefühl, das in der Summe von emotionalen Eindrücken und Erlebnissen, rationalen Erwägungen und normativen Überzeugungen und Einstellungen getragen wird. Die sozialen Medien, wie z. B. facebook oder twitter, spiegeln zum Teil Interessengemeinschaften wider, die vom Wir-Gefühl leben (vgl. Grabs/ Bannour, 2011). Der Internet-User wird mit Brand-Content oder Social-Media-Business-Content im Internet überflutet. Dies liegt daran, dass • die Informationen im Internet weiter schnell wachsen, • es immer noch keine funktionierenden Paid-Content-Erlösmodelle gibt und sich Medienunternehmen und Portale im Wesentlichen über Werbung finanzieren müssen und • es immer bessere technische Möglichkeiten gibt, die User im Netz direkt und persönlich anzusprechen, und • zahlreiche Innovationen die User zu einer vermehrten Internet-Nutzung verführen. Denn natürlich veröffentlicht ein Unternehmen auf facebook nicht das Konzept, wie es seine Marke dort aufmerksamkeitsstark, kreativ und innovativ positionieren möchte. Aber dennoch lässt sich von der Art und Weise der visuellen, informativen und dialogischen Markenpräsentation auf die Markenstrategie schließen und dies mit beobachtbaren KPIs untermauern. Die folgende Tabelle definiert die Entwicklungsstufen für die erste Kategorie von SoMeBizCo (8x4), »Strategische Markenentwicklung«. Abb. 52: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der ersten Kategorie »Strategische-Markenentwicklung« Stufe Ausprägungen 1 Dokumentation eines Mehrwertes für den Kunden 2 =-1 + klare Positionierung mit funktionalem Markenmehrwert 3 =-2 + unverwechselbare, kreative Markeninszenierung mit klarer dialogischer Kommunikation und emotionalem Markenmehrwert 4 =-3 + nachhaltiger Wettbewerbsvorteil durch systematische Positionierung, klare-Kaufsignale, interaktive Kundenbindung und normativen Markenmehrwert Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Entwicklungsstufe 1-- Meinfoto.de: Aus Platzgründen und wegen des möglichen zu hohen Detaillierungsgrades werden die Entwicklungsstufen nur ein einziges Mal ausführlicher beschrieben. Dies soll veranschaulichen, wie weit und umfassend die Ana- <?page no="180"?> 181 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen lyse der einzelnen Entwicklungsstufen reichen kann. Von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe sollte immer geprüft werden, ob es sinnvoll ist, einen Vergleich zum Online-Portal oder zur Marke oder zu den anderen Kategorien von SoMeBizCo (8x4) herzustellen. Denn: Sie haben es sicherlich gemerkt, alles hängt bei SoMeBizCo (8x4) zusammen. Das Online-Portal meinfoto.de stufen wir für die Qualität seines facebook-Auftritts auf der ersten Entwicklungsstufe von vier Stufen ein. Diese »Zitrone« ist umso bedauerlicher, da meinfoto.de ein professioneller Anbieter von Fotofilmreproduktion ist, über 20 Test-Siege, Preistipps und Empfehlungen erhielt und bei der zertifizierten Kundenbewertung 4,83 von 5 Punkten bei 2.929 Bewertungen bekam (vgl. meinfoto, 2015). Auch ist meinfoto.de sehr gut positioniert und hat viel zu erzählen, aber all dies wird nicht entsprechend auf facebook kommuniziert. meinfoto.de bietet den Kunden die Social-Media-Plattform pinterest, google+, twitter und facebook an, wo es am 14. Januar 2015 18.419 Likes aufweist. Aufgrund der zahlreichen Preise und dezidierten Kundenaussagen lässt sich vermuten, dass meinfoto.de im Markt der digitalen Fotovervielfältiger (Foto-Buch, Foto-Kalender, Foto-Poster etc.) ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Doch keines der emotionalen (positives Kunden-Beziehungs-Managements), rationalen (sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis) oder normativen (Qualitätsmarktführer im Kunden-Service) Nutzenbündel wird auf facebook inszeniert. Kinder, Landschafts- und Tierfotos wechseln sich ab, ohne einen besonderen Bezug zur Marke, zur Positionierung oder zu den innovativen Produkten von meinfoto.de. Dazu ein Beispiel. Die eigentlichen Kompetenzen und Mehrwerte, die die Website von meinfoto.de präsentiert, finden kaum einen Niederschlag auf der facebook-Seite. Vom 25. Okto- Abb. 53: »Der ›Beste‹ Hund der Welt! ! ! «, Post auf MEINFOTO . DE vom 16. Januar 2015 von Gudrun Hemmerle <?page no="181"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 182 ber 2014 bis zum 18. Januar 2015 fand dort keine werbliche Aktion statt, die die Sympathie oder den Verkauf fördert. Hinzu kommt, dass neuartige Produkte unter dem letzten Reiter »Mehr« versteckt werden und das Logo auf der Website und auf der facebook-Seite unterschiedlich ist. Selbst vor Weihnachten 2014 wurden keine attraktiven Mitmach-Aktionen von meinfoto.de beobachtet (meinfoto, 2015). Dementsprechend liegen die Likes selten über 20 und die Kommentare selten über drei im 4. Quartal 2014. Vielleicht verfügte meinfoto.de im turbulenten Weihnachtsgeschäft von 2014 über keine weiteren Kapazitäten, oder der Markenaufbau, die Leadgenerierung und die möglichen zusätzlichen Verkäufe stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand der Pflege. Dies lässt sich aus dem Umstand vermuten, dass das Konkurrenzportal snapfish über keinen facebook-Auftritt verfügt (vgl. Snapfish, 2015). Die zentralen Indikatoren für diese Seite sind dementsprechend negativ. Der Engagementgrad beträgt nur 0,48 Prozent (18.456 Likes und 89 PTAT) für den Zeitraum vom 25. Januar bis 15. Februar 2015 (Likealyzer, 2015a). Abb. 54: Die MEINFOTO . DE -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 18.456 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 1,03 100 % 0 % 9 % 0 % Likewachstum 1,01 % PTAT 89 Antwortrate: 54 % Engagement-Rate 0,48 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 49-- 53 =-- 4 Entwicklungsstufe 2-- Aldi Süd: Aldi Süd (Aldi Süd, 2015) ist der Prototyp einer klar positionierten Marke mit funktionalem Mehrwert. Aldi kümmert sich seit vielen Jahrzehnten um die funktionale Bedürfnisbefriedigung zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das nebenstehende Foto »Überbackende Crespelle« ist kein Wunder der Bildkommunikation, erreicht aber die Zielgruppe und pointiert die Markenbotschaft. Täglich funktionaler Mehrwert. Dass Aldi Süd mehr will, als nur rationalen Markenmehrwert bieten, beweist das Posting vom 12. Januar 2015, das das neue Aldi Süd-Kundenmagazin ankündigt: »Das 60 Seiten starke Heft bietet wertvolle Ideen und Anregungen für den Alltag und die schönen Dinge des Lebens« (Aldi Süd, 2015). Dort werden Themen wie Reisen-, Fitness- und Lifestyle-Tipps angekündigt. Und das ganze Magazin heißt: »Aldi inspiriert«. Ikea, Pringle, das Kloster Weltenburg und Westwing machen es vor, wie Marken in facebook aufgebaut, gepflegt und inszeniert werden. <?page no="182"?> 183 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen Abb. 56: Die Aldi Süd- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 226.027 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,72 % 83,3 % - - 12,5 % 4,5 % Likewachstum 10 % PTAT 6.556 Antwortrate: 53 % Engagement-Rate 2,9 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 78-- 56 =-+ 22 Abb. 55: Rezeptvorschlag von Aldi Süd auf FACEBOOK <?page no="183"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 184 Entwicklungsstufe 3- - Coca-Cola: Das Titelbild vermittelt Lebensfreude und will dem Zuschauer indirekt klarmachen, dass dies vor allem an der erfrischenden Coke liegt. Das Unternehmen vermittelt auf den ersten Blick überzeugende optische Marken-Präsenz. Als Reaktion auf ein Gewinnspiel posteten Hunderte Cola-Fans ihren Cola- Moment und wollten diesen mit der Cola-Community teilen. Wie der nachfolgende Screenshot zeigt, posten viele Fans Bilder in einzigartigen Momenten und Umgebungen (hier: Vatikanstadt) und möchten ihren »Cola-Moment« teilen (Eckert, 2014, S. 7 f.). Im Zuge der weiteren Visualisierung und des aktuellen Hypes um »Germanys Next Topmodel« produziert Coca-Cola eine eigene TV-Sendung exklusiv für die deutsche Fanpage und den youtube-Kanal und promotet dies intensiv auf facebook: »Die bezaubernde Palina sorgt in einer neuen #CokeTV Community Folge mit Diner für locker flockige Stimmung. So ein Fotoshooting kann nämlich ganz schön aufregend Abb. 57: Coca Cola auf FACEBOOK Abb. 58: Fans posten Fotos gern in einzigartigen Momenten und Umgebungen <?page no="184"?> 185 11.1 Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen sein- - und für unvergessliche #CokeTVMoments sorgen! Schaut auch das Video direkt hier an oder wie immer auch auf unserem YouTube Channel: https: / / www. youtube.com/ watch? v=5JBLpoCh86E #Meinecke.« Abb. 59: Die Coca-Cola- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 89.207.493 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,62 75 % 20,8 % 4,2 % Likewachstum - PTAT 1.285.875 Antwortrate: 73 % Die Vielzahl der Kommentare auf die einzelnen Postings führte offensichtlich dazu, dass die klare dialogische Kommunikation, die für einen starken Markenauftritt zwingend geboten ist, aufgeweicht wurde. Offensichtlich wurden Kommentare gelöscht. Das trübt den emotionalen Markenwert, zumal das Löschen nicht kommentiert wurde. Ergebnis: Trotz des ärgerlichen Fehlers in der dialogischen Kommunikation ist das ein starker, weil konsequenter, vielfältiger, zielgruppengerechter und emotionaler Auftritt von Coca-Cola. Der Markenmehrwert wird in jeder Inszenierung deutlich. Dies wird mit über 89 Mio. Likes honoriert. Kein Getränk weltweit hat mehr. Gemäß der Definition bedarf es für die Entwicklungsstufe 4 klarer Kaufsignale. Diese E-Commerce- Verbindung hat Coca-Cola (noch) nicht nötig, da diese Marke zu den bestdistribuierten Marken der Welt gehört. Entwicklungsstufe 4-- Parfümerie Douglas Deutschland: Die Anforderungen für den Eintritt in den heiligen Gral der Entwicklungsstufe 4 in der Kategorie »Strategische Markenentwicklung« ist hoch, sehr hoch, denn der Kandidat Douglas muss die Kriterien der ersten drei Stufen und die Kriterien der vierten Stufe erfüllen =-Entwicklungsstufe 3 + nachhaltiger Wettbewerbsvorteil durch systematische Positionierung, klare Kaufsignale, interaktive Kundenbindung und normativen Markenmehrwert. Eine faszinierende facebook-Bilderwelt, die selbst mich als konsequenten Schmink- und Modemuffel anspricht, vernebelt mir das Hirn. Bleib kühl. Gehen wir <?page no="185"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 186 bei der Beurteilung des Valentins-Post Schritt für Schritt vor, um die Objektivität zu wahren: 1. »Wir wünschen« =-glaubhaft, seriös. 2. Überraschung =-emotionaler Mehrwert: gut. 3. »Clinique Long Last Lipstick Creamy Nude in Originalgröße (4 g)« =-funktionaler Mehrwert. 4. Look and Feel des Posters =-unverwechselbare, kreative Markeninszenierung. 5. »Gebt einfach zu Eurer Bestellung ab 39 € den Code-…« =-klare dialogische Kommunikation plus klare Kaufsignale. 6. »Ein Geschenk pro Kunde«- - oh, hat wohl nur Douglas =- nachhaltiger Wettbewerbsvorteil. 7. [nicht im Bild] Persönlicher Dialog mit »Yve Abendstern« zur Auslieferung des Lippenstiftes =-interaktive Kundenbindung und normativer Mehrwert. Ergebnis: Selten erreicht, aber möglich: Entwicklungsstufe 4 für Douglas Deutschland. Abb. 60: Douglas überrascht seine Fans am Valentinstag <?page no="186"?> 11.2 Zielgruppen 187 Abb. 61: Die Douglas- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 1.149.042 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 1,18 100 % - - - Likewachstum - PTAT 7.104 Antwortrate: 46 % Engagement-Rate 0,62 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 71-- 56 =-15 11.2 Zielgruppen Das bereits mehrfach zitierte Buch von Ahava Leibtag »The Digital Crown-- Winning at Content on the Web« macht den Punkt: »Creating Content is like creating any other product« (Leibtag, 2014, S. 25). Wenn dem so ist, wie gehen wir dann vor? Die erste der sieben Regeln von Ahava Leibtag-- erinnern, lesen Sie bitte noch mal den Abschnitt 9.5, »Der Werkzeugsatz der Content-Strategen von Ahava Leibtag (2014)« durch-- ist: »Start with your audience« (Leibtag, 2014, S. 23). Die zugegebenermaßen komplexe Forschungsleitfrage im SoMeBizCo (8x4)-Kontext lautet dazu: Welche wie gebildeten und wie finanziell ausgestatteten Zielgruppen in welchem Alter und mit welchem Geschlecht, mit welchen Lebensstilen und Motiven nutzen Social-Media-Business-Content mit welchen Absichten, User Journeys und welchen Seriositäts-, Usability-, Unterhaltungs- und Bildungserwartungen, um sich über Produkte zu informieren, sie zu kaufen und über den Kaufprozess und das Produkt- Feedback zu geben? Wir müssen sehr viel über den Leser und Nutzer von Social- Media-Content wissen oder erforschen, um ergebniswirksam im Web 2.0 agieren bzw. uns auf den Kunden einstellen zu können. Die Bestimmung der Zielgruppen, die zum Geschäftsmodell, einer Marke, einer Positionierung einer Content-Strategie passen, ist eine Königsdisziplin in der marktorientierten Unternehmensführung. Definition: Zielgruppen Zielgruppen sind für ein Unternehmen die Personen, die nach Selektierung durch Primär- und Sekundärforschung und nach soziodemografischer, psychografischer und verhaltensorientierter Marktsegmentierung ähnliche Merkmale, Einstellungen, Mediennutzungs-, Informationssuch- und Kaufverhalten in Bezug auf bestimmte Verhaltens- und Kaufprozesse sowie Produkte und Dienstleistungen aufweisen. <?page no="187"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 188 (eigene Definition in Anlehnung an die Marktsegmentierungsstrategie von Meffert et al., 2005, S. 146-159, 185-189, 282 ff.) In der Praxis werden erstens die Zielgruppe soziodemografisch bestimmt, zweitens die Einstellungen, Interessen und Lebensstile erforscht bzw. mit dem bestehenden Sinusmilieu abgeglichen, drittens speziell im Internet das Webnutzungsverhalten bestimmt und schließlich viertens fiktive Zielgruppen mit aggregierten Merkmalen, sogenannten Personas, mit dazugehörigen Use-Cases konstruiert. Ziel ist es, möglichst genau zu verstehen, wer wie bei jedem Blick und Klick wahrnimmt, denkt, fühlt, sich verhält und handelt und wer wie welche Informationen aufnimmt, mag, kommentiert oder verteilt. Definition der vier Entwicklungsstufen Entsprechend der obigen Definition sind die vier Entwicklungsstufen aufgebaut. Abb. 62: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der zweiten Kategorie »Zielgruppen« Stufe Ausprägungen 1 Identifikation der soziodemografischen Zielgruppe 2 =-1 + Differenzierung nach Einstellungen, Interessen, Lebensstilen 3 =-2 + Berücksichtigung des Webnutzungsverhaltens 4 =-3 + Integration von Persona, Use-Cases, Web-Einkaufsverhalten Aus Vertriebssicht muss geklärt werden, ob und wie intensiv der Social-Media-Business-Content und die sozialen Kanäle zur Verkaufsanbahnung und zum Verkauf genutzt werden sollen. Wie in Abb. 8.2, »Das Verhältnis von operativem Marketing, PR, Journalismus und Web 2.0 im Jahr 2020« erläutert, ist es für die Glaubwürdigkeit und Effizienz der Zielgruppenansprache entscheidend, wie genau die Content-Akteure die Zielgruppe verstehen und sie dementsprechend mit aussagekräftigen markenkonformen Bildern und Dialogangeboten erreichen. Entwicklungsstufe 1-- Nushu Würzburg: Nushu ist laut vielen Studierendenstimmen ein sehr gut besuchtes vietnamesisches Restaurant im Zentrum von Würzburg mit aufwendig und ästhetisch gestalteten Sushi-Platten. Aber verstehen Sie etwas von Zielgruppenbestimmung? Sicher ist jeder analysierte Post nur eine Momentaufnahme. Der Post oben ist sicherlich freundlich <?page no="188"?> 11.2 Zielgruppen 189 gemeint und spricht für die Serviceorientierung des Restaurants. Doch fühlen sich die angesprochen, die heute Abend »ihr Date« einladen wollen? Vermutlich nur die Brillenträger, die immer im Restaurant ihre Brille liegen lassen. Aber das ist nicht die Kernzielgruppe von Nushu. Abb. 64: Die Nushu- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 3.231 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,27 100 % - - - Likewachstum 3,72 % PTAT 78 Antwortrate: - Engagement-Rate 2,41 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 44-- 41 =--3 Ergebnis: Für ein kleines Szene-Restaurant weist Nushu bei sehr geringer Posting- Frequenz viele Likes auf. Die Zielgruppe wird klar identifiziert, denn der Brillenträger muss im Restaurant gewesen sein. Sicherlich ließe sich die Zielgruppenidentifikation auf facebook noch verbessern, aber vermutlich ist das kleine Restaurant immer ausgebucht. Auch mittags? Entwicklungsstufe 2-- BaByliss Germany: Frauen frisieren sich gerne die Haare schön. Aus glatten Haaren sollen mit diesem Lockenstab wellige weren. Nach übereinstimmender Meinung von vielen Studierenden ist das aber auf diesem Post nicht klar zu erkennen. Die weiteren Posts lassen einen Redaktionsplan erkennen, nachdem es egal ist, wie die Haare sind: »Ob glatt oder lockig-- beste Freundinnen halten zusammen.« Unklar bleibt, welche Rolle dabei der Lockenstab spielt und ob er das hält, was er verspricht. Abb. 63: Post eines vietnamesischen Restaurants <?page no="189"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 190 Abb. 66: Die BaByliss- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 3.088 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 1,06 100 % - - - Likewachstum 7,56 % PTAT 326 Antwortrate: - Engagement-Rate 10,56 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 80-- 56 =-24 Ergebnis: BaByliss weist mit 10,56 Prozent zwar eine hohe Engagement-Rate auf, die darauf hinweist, dass der Redaktionsplan den Schönheitsinteressen der Zielgruppe entspricht. Aber es findet keine Verlinkung auf weiterführende Produktangebote oder vertiefende Informationen statt. Das Informations- und Webnutzungsverhalten der Zielpersonen scheint nicht adäquat berücksichtigt worden zu sein. Denn es gibt keine Links auf weiterführende Angebote, z. B. Erklärfilme oder Produktplattformen. Entwicklungsstufe 3-- Zeitschrift Vogue: Vogue entwirft ein Bild von der emanzipierten, erfolgreichen, schönen, modebewussten und glamourösen Frau in seiner Zeitschrift. Sie bewegt sich in exklusiven Umfel- Abb. 65: BaByliss stellt einen Lockenstab vor. <?page no="190"?> 11.2 Zielgruppen 191 dern, wie auf Ballettabenden, Modeschauen und Vernissagen. Für diese Botschaft ist das internationale Vogue-facebook-Bühnen-Bild ein Symbol. Im neuen deutschen Auftritt, der bereits 235.000 Likes zählt, wird diese kaufkräftige und einkaufswillige Zielgruppe bei vielen Posts auf die Vogue-Website verlinkt. Dort wird direkt für Produkte geworben. Ein weiterer Klick auf den prominenten Link »Jetzt shoppen« bringt uns zur Douglas-Website. Ergebnis: Der deutsche Vogue-Auftritt steht für eine konsequente Verbindung von Content-Marketing und Social Commerce. Das spezifische Webnutzungs- und Kaufverhalten der Zielgruppe wird konsequent berücksichtigt. Abb. 68: Die Vogue- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 6.527.625 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 118,53 16,7 % 4,2 % 79,2 % - Likewachstum - PTAT 190.733 Antwortrate: - Engagement-Rate 2,92 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 69-- 61 =-8 Abb. 67: Der FACEBOOK -Auftritt von Vogue hat über 6 Mio. Likes. <?page no="191"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 192 Entwicklungsstufe 4-- IKEA Deutschland: Ikea ist ein Weltstar in der Warenwelt. Nicht nur als Möbelproduzent und Verkäufer, sondern zunehmend mehr auf facebook. Sicher sind die 18.380 Menschen, die von den ca. 864.000 über facebook reden, nicht überdurchschnittlich viele. Aber die Ansprache und die Bilderwelten berücksichtigen die ganze Familie bzw. die differenzierten Personas und Use-Cases. Die unterschiedlichen Zielgruppen werden gezielt mit vielseitigen Geschichten und Formaten rund um die Themen Familie, Einrichtung, Wohnwelten und Lebensstil versorgt. Zudem inszeniert IKEA zunehmend mehr Lifestyle-Themen. Das zeigt nicht nur der humorvolle Valentinspost am 14. Februar 2015, sondern die Thematisierung der Morgenrituale: »81 % der Menschen denken, es ist wichtig ihren Partner morgens zu küssen, doch nur 47 % tun es. Für mehr Küsse am Morgen. #abschiedskuss bit.ly/ Life_Report« (Ikea, 2015). Abb. 69: IKEA setzt auf Lifestyle. <?page no="192"?> 11.3 Ziele 193 Abb. 70: Die Ikea- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 864.105 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,53 62,5 % 29,2 % 8,3 % - Likewachstum - PTAT 18.380 Antwortrate: 76 % Engagement-Rate 2,13 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 76-- 51 =-25 Ergebnis: Wie der Valentinspost sehr schön erkennen lässt, versorgt IKEA auf charmante Weise die Frau mit Kraft, positiven Gefühlen und Argumenten, ihren Mann immer wieder davon zu überzeugen, dass Ikea einen Einkaufstrip wert ist. Die Zielgruppenansprache ist gleichermaßen persönlich und vielfältig, emotional, psychologisch einfühlsam und dabei witzig und ironisch. Fans von IKEA könnten sagen: »IKEA ist immer eine Welt zum Entdecken, im Möbelhaus, auf facebook und im Online- Shop.« Klar, dass so Klassiker wie das Billy-Bücheregal dann auf facebook nur zwei Klicks entfernt ist-- einer auf facebook und einer im Ikea-Store (Ikea, 2015, 16. Februar). Wer hinter der Post-Kombination »Liebt er mich wirklich? « vom 14. Februar 2015 und »bunte Billys nur für kurze Zeit« vom 16. Februar 2015 eine dramaturgisch gestaltete Zielgruppenansprache vermutet, liegt richtig. IKEA hat hier an alle (Stell-) Schrauben des Social-Media-Business-Content gedacht. Entwicklungsstufe 4! 11.3 Ziele Unter Strategie verstehen wir, wie ausgeführt, ein betriebswirtschaftliches Lage-, Zielgruppen-, Ziel-, Maßnahmen- und Monitoring-System. Dies steht in engem Zusammenhang zum Zielsystem einer Unternehmung. Für die Festlegung konkreter Social-Media-Business-Content-Ziele kann das von Homburg entwickelte Marketingzielsystem übernommen werden (Homburg, 2015, S. 502). Dies unterscheidet potenzialbezogene (z. B. Leads in Social-Media-Business-Content-Kampagnen), markterfolgsbezogene (z. B. Marktanteile) sowie wirtschaftliche Ziele (z. B. produzierte Produktmenge, Umsatz, Gewinn). Für die hier im Buch entwickelte und vertretende SoMeBizCo-Perspektive ist die von Horvath postulierte und vertretene Ergebniszielorientierung entscheidend (Horvath, 2003, S. 143). Dies führt uns zu der Forschungsleitfrage: »Wie lässt sich die Ergebniszielorientierung in Social-Media- Business-Content-Kampagnen messen bzw. wie müssen Ziele präzisiert sein, damit <?page no="193"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 194 sie valide messen können, was sie messen sollen? Dafür wird hier die SMARTIS- Systematik vorgestellt (vgl. für den »S«-Unterschied am Schluss Büsching/ Goderbauer, 2014, S. 71). Definition: SMARTIS-Ziele SMARTIS-Ziele sind spezifische, messbare, regelmäßige, terminierte, integrierte und systembezogene Unternehmensziele. Aus der Definition ergeben sich die in Abschnitt 11.3 vorgestellten vier Entwicklungsstufen. Definition der vier Entwicklungsstufen Jedes Vorgehen, jede Maßnahme, jede Kampagne, jede Aktion, z. B. das Einstellen eines neuen facebook-Posts, muss sich auf der SMARTIS-Basis daran messen lassen, ob es auf die obersten Unternehmensziele, z. B. auf den Unternehmensgewinn und auf die Kundenzufriedenheit, einzahlt. Die niedrigste Stufe besteht im einfachen Entdecken der Möglichkeiten, im Ausprobieren und Experimentieren. Eine Zielorientierung, eine Messung der Werbe- und Verkaufswirkung ist entweder nicht beabsichtigt, oder der Unternehmer glaubt zu wissen, dass die Messkosten die möglichen Erträge übersteigen würden. Es ist auf dieser Stufe scheinbar betriebswirtschaftlich nicht effizient, mehr zu wissen. Eine für Studierende verlockende Diagnose, die aber im Studium in die Irre führt, denn der Kompetenzaufbau durch das neue Wissen wird vom Unternehmer und vom Studierenden unterschätzt. Die höchste Stufe ist die klare, weil genau gemessene Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Erstkontakt, Kaufinteresse und den tatsächlichen Verkäufen, die durch Angebote in den sozialen Medien generiert wurden. So kann z. B. in der Event-, Mode- oder Medienbranche genau berechnet werden, ob ein facebook-Post zu mehr Verkäufen führt. Die folgende Abbildung zeigt die vier Entwicklungsstufen in der Kategorie »Ziele«. Abb. 71: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der dritten Kategorie, »Ziele« Stufe Ausprägungen 1 die sozialen Medien entdecken und experimentieren 2 =-1 + soziale Medien auf ihre wirtschaftliche Zielwirkung hin testen 3 =-2 + User mit klaren Informations-, Unterhaltungs-, Verkaufszielen ansprechen 4 =-3 + SMARTIS- Ziele verfolgen <?page no="194"?> 11.3 Ziele 195 Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Entwicklungsstufe 1-- Jendrass Gartenmöbel: Welche Ziele möchte Gartenmöbel Jendrass erreichen? Ein Gartenmöbelgeschäft von außen bei Nacht ohne optischen Hinweis auf einen schönen Garten. Tausende von ausgelassenen Großchancen. Mir fehlen die Worte. Hier wird bestenfalls experimentiert. Ein Blick auf die Zahlen stützt unsere Ersteinschätzung. Der Auftritt des Gartencenters Jendrass liegt mit errechneten «-8« unter dem Durchschnitt aller Gartencenter. Abb. 73: Die Gartenmöbel Jendrass- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 229 Post pro Woche: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,64 62,5 % - 25 % 12,5 % Likewachstum 0 % PTAT 7 Antwortrate: - Engagement-Rate 3,06 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 39-- 47 =-- 8 Abb. 72: Lässt sich so für Gartenmöbel werben? <?page no="195"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 196 Ergebnis: Entwicklungsstufe 1. Likealyzer generiert automatisch Empfehlungen für Gartenmöbel Jendrass (Likealyzer, 2015i): • »Empfehlen Sie Ihre Seite Geschäftspartnern, Kunden und Freunden. • Schreiben Sie mehr Posts. • Testen Sie ›Promoted Page Ads‹, um mehr Likes zu erhalten. • Stellen Sie Ihren Fans mehr Fragen. • Überprüfen Sie die Länge Ihrer Posts.« Soweit die maschinellen Empfehlungen von Likealyzer, die übrigens kostenlos bei jeder Fanpage-Analyse erstellt werden. Mehr Gartenbilder, einladende Texte, eindeutige Angebote, pfiffiger Service und Bilder von freundlichen Menschen könnten hier schon einiges bewirken. Entwicklungsstufe 2-- Metzgerei Bauch Unterhaching: Für diese Analyse brauchen wir keine Social-Media-Monitoring-Tools. Gesunder Menschenverstand bringt hier gute Ergebnisse. Können das lokale Anbieter besser machen? Die kleine Metzgerei Bauch in Unterhaching, in einer Seitenstraße mit kaum Abb. 74: Ein Metzger mit Lokalkolorit <?page no="196"?> 11.3 Ziele 197 20 Quadratmeter Verkaufsraum vor und hinter dem Tresen, macht einen mutigen Schritt und geht auf facebook und erreicht gleich Stufe 2. Die Zahlen bestätigen die gute lokale Social-Media-Business-Content-Performance. So liegt die Metzgerei Bauch mit »10« über dem Durchschnitt von lokalen Metzgereien weltweit. 54 Personen liken einen geschlachteten Ochsen. Auf aktuelleren Posts überrascht der oberbayerische Metzger mit einheimischen Rezepten, Faschingsbildern, einem Stellengesuch, einem neuen Buchtipp unter der Rubrik »Leberkäsnebel« und jeder Menge Lokalkolorit. Häufiger grüßt er zum Abschluss eines längeren Textes ganz zünftig mit: »Eire Metzgersleit Magnus und Parwathi Bauch«. Abb. 75: Die Metzgerei Bauch Unterhachingfacebook -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 352 Post pro Woche: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 1,06 100 % - - - Likewachstum 172,87 % PTAT 153 Antwortrate: - Engagement-Rate 43,47 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 63-- 53 =-10 Ergebnis: So einen illustren Metzger, damit ist nicht Lena Meyer-Landrut auf dem Bild links gemeint, möchte man häufiger persönlich sehen und sprechen. Da kaufe ich gerne ein, der bietet gute Ware, steht zu seinem Beruf und informiert mich umfassend und teilweise richtig unterhaltsam, immer mit Bezug zu seinem Geschäftsfeld und zu seiner Marke. facebook oder besser gesagt eine eigene interaktive Metzger- Zeitschrift auf einer Multi-Content-Plattform kann also Freude bereiten: Ein oberbayerischer Metzger mit authentischen und kreativen Posts auf dem Weg zu Entwicklungsstufe 3. Dort, wo nach dieser Systematik L’Oréal Paris ist. Entwicklungsstufe 3-- L’ORÉAL Paris: L’ORÉAL Paris nimmt die sozialen Medien und insbesondere Social-Media-Business- Content nicht ernst. Trotz fast 20 Mio. Fans posten sie nur einmal am Tag- - da kommt ja fast Metzger Magnus Bauch ran. Und dann dieser verpatzte Post mit der Einleitungsfrage: »Wie gefällt euch ihr umwerfend sinnlicher Look? « Vier Kommentare zerreißen diesen Teaser in der Luft oder, sachlicher formuliert, setzen sich mit dem »umwerfend sinnlichen Look« sehr kritisch auseinander. Das spricht für das Interesse der Fans an echtem Dialog. Am 30. März 2015 zeigt L’Oréal, wie gut es in <?page no="197"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 198 der Lage ist, User mit klaren Informations-, Unterhaltungs- und Verkaufszielen anzusprechen. 1.000 Neugierige können die Öl-Richesse-Gesichtspflege ausprobieren, wenn sie sich im neuen »L’Oréal Paris privée-Club« anmelden. Das kommt in Kombination mit einer Öl-Gesichtspflege etwas plump daher und spricht auch nur Neugierige an. Abb. 76: Wie genau kennt L’Oréal die Zielgruppe? <?page no="198"?> 11.3 Ziele 199 Abb. 77: Die L’ORÉAL Paris- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 19.546.314 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,91 91,7 % 8,3 % - - Likewachstum - PTAT 273.595 Antwortrate: 83 % Engagement-Rate 1,4 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 80-- 56 =-24 Ergebnis: L’Oréal Paris macht noch zu wenig aus fast 20 Mio. weltweiten Likes. Eine Verbesserung ist schon zu beobachten. Bei der Begrüßung der neuen Markenbotschafterin schreibt L’Oréal Paris nicht mehr: »Wie gefällt euch ihr umwerfend-sinnlicher Look? «, sondern nur: »Wie gefällt euch ihr Look? « Ist das nicht ein bisschen einfallslos, um zielorientiert wirken zu können? Entwicklungsstufe 4-- Fifty Shades of Grey: Fifty Shades of Grey-- über das Thema wurde fast alles gesagt. Aber zu wenig wissenschaftlich untersucht, ob und inwiefern dieser Hype für mehr Verkäufe durch Social- Media-Business-Content genutzt wird. Die Rechteinhaber und Vermarkter nutzen die autoritäre Diktion des Protagonisten Christian Grey und fordern für einen Social- Media-Business-Content-Post ziemlich uncharmant zum gleichzeitigen Kauf von Film, Buch und Soundtrack auf. Und-- oh Wunder-- der Zielgruppe gefällt diese Art der Ansprache. 16.576 Likes, 634 Kommentare und 154 Shares belegen dies. Allerdings war dies drei Tage nach der Weltpremiere des Films auf der 65. Berlinale in Berlin und zwei Tage nach dem Deutschland-Start des Films. <?page no="199"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 200 Abb. 79: Die Fifty Shades of Grey- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 3.228.179 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,63 33,3 % 66,7 % Likewachstum - PTAT 82.537 Antwortrate: - Engagement-Rate 2,56 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 82-- 50 =-32 Abb. 78: Posts zu »Fifty Shades of Grey« <?page no="200"?> 11.4 Redaktionsplan und Content 201 Ergebnis: Entwicklungsstufe 4. Der Erfolg des Posts ist durch die Verlinkung auf iTunes voll messbar im Sinne der SMARTIS-Ziele. Selbst klare Verkaufsaufforderungen können positiv wahrgenommen werden, wenn sie zur Marke und zum Verkaufszeitpunkt passen. Das lässt sich auch auf Rosen übertragen, die eine Gärtnerei zur Pflanzzeit besonders günstig in besonders hochwertiger Qualität mit Beratung vor Ort anbietet. Marke, Zielgruppe, Zielorientierung, Content, Bildkommunikation, Medienkanal und Dialog müssen passen, wenn Sie schnell und messbar im Internet verkaufen wollen. 11.4 Redaktionsplan und Content Die amerikanischen Autorinnen Kristina Halvorson und Melissa Rach räumten mit ihrem Buch »Content Strategy for Web« der Content-Strategie im Internetmanagement einen zentralen Platz ein. Dieses Buch manifestiert die Content-Strategie als eigene Disziplin und ist die Grundlage für Social-Media-Business-Content. Im Zentrum steht bei Halvorson/ Rach die »core content strategy«, die definiert, wie ein Unternehmen Content einsetzen soll, um seine Ziele zu erreichen und die Nutzerbedürfnisse zu befriedigen (2012, S. 29, S. 95). Die folgende Abbildung gibt das zentrale Modell wieder. Abb. 80: Die vier Kategorien der Content-Strategie Substanz Prozess Steuerung Struktur Kern strategie Content- Komponenten Personen- Komponenten <?page no="201"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 202 Diese Content-Kern-Strategie wird nunmehr in einem Modell mit vorgelagerten strategischen Markenaspekten und nachgelagerten operativen Content-Marketing- und Social-Media-Disziplinen ergänzt. Die folgende Abbildung beschreibt ein iteratives Vorgehen zwischen diesen fünf Disziplinen. Die strategische Markenentwicklung steuert die nachgelagerten Disziplinen Content-Strategie, Content-Marketing, Social Media und Social-Media-Business-Content. Die Abbildung zeigt, wie der Mehrwert über alle Content-Disziplinen von der strategischen Markenentwicklung überlagert und gesteuert wird. Im Folgenden wird die obige Abbildung in Form einer Checkliste erläutert: 1. Strategische Markenentwicklung: Wer sind Sie, über welche Ressourcen verfügen Sie, was können Sie und mit welcher Marke und mit welchen Leistungen wollen Sie sich vom Wettbewerb abheben? 2. Content-Strategie: Wer soll mit wem wann und wo kommunizieren? 3. Content-Marketing: Was wollen Sie wem in welcher Form sagen? 4. Social-Media-Content: Welche Gesprächsangebote für welche Zielgruppen mit welchen Zielen und welchem Mehrwert unterbreiten Sie? 5. Social-Media-Business-Content: Mit welchen Inhalten, in welchen Formen können Sie mit Ihrer Zielgruppe ein Gespräch über Ihre Themen, Produkte und Dienstleistungen initiieren und diese schließlich so überzeugen und begeistern, dass sie bei Ihnen kaufen? Abb. 81: Die strategische Markenentwicklung steuert die Content-Kategorien. Strategische Markenentwicklung Social-Media- Business- Content Social Media Content Marketing Content Strategie <?page no="202"?> 11.4 Redaktionsplan und Content 203 Die vorliegende Übersicht hat den großen Vorteil, dass es die einzelnen Content-Arten danach einteilt, a) wie aufwendig die Umsetzung ist und b) wie viel Aufmerksamkeit die Nutzung erfordert. So kann z. B. ein einfacher facebook-Post blitzschnell ohne große kognitive Energie konsumiert werden, während komplexe, interaktive Spiele sehr kostenintensiv zu entwickeln sind und im Spiel sehr viel Aufmerksamkeit kosten, damit ein Spieler oder eine Spielerin erfolgreich ist. Dabei ist natürlich zu beachten, dass diese Übersicht nur grobe Angaben bieten kann. Denn Produktionsaufwand und Aufnahme hängen vom jeweiligen Thema und den Nutzern ab. Abb. 82: Die Social-Media-Content-Matrix mit geforderter Aufmerksamkeit und-Aufwand der Umsetzung Kurztext Pressemitteilung Audio/ Podcast Podcastfeed Blog Artikel/ PDF Musik Animation Bilder Infographik Webinare Telecast Diashow Video Anwendungen Spiele Aufwand der Umsetzung Geforderte Aufmerksamkeit <?page no="203"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 204 Definition der vier Entwicklungsstufen Abb. 84: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der vierten Kategorie, Redaktionsplan und Content Stufe Ausprägungen 1 aktuelle, relevante Inhalte mit Links 2 =-1 + Redaktionsplan: vielfältige Themen, Formate zeitlich abgestimmt 3 =-2 + Content-Strategie: wirkungsorientierte, kreative und inszenierte Darstellung 4 =-3 + Content-USP-Strategie, exklusive Stories, hochwertig produziert: einzigartig Abb. 83: »Story Circle 2.0« <?page no="204"?> 11.4 Redaktionsplan und Content 205 Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Entwicklungsstufe 1-- Schmitt Ladenbau: Die Schmitt Ladenbau GmbH ist bereits in der dritten Kategorie, »Ziele«, auf der Entwicklungsstufe 1. Das würde ihr ermöglichen, mit den sozialen Medien zu experimentieren. Vielleicht tut sie das auch, aber ohne Redaktionsplan und ohne vielfältige Themen und Formate. Der ausgewählte Post hier links im Bild hat weder Bezug zum Ladenbau noch wird uns im Text erklärt, welche Stars und Stories sich um dieses Bad ranken. Schade. Die Likealyzer -Analyse bestätigt auf einen Blick, dass Schmitt Ladenbau noch nicht so gut ankommt mit seinen Themen, obwohl auch lokale Anbieter ein Feuerwerk von Content-Ideen zünden können, für die sich ihre Zielgruppe interessiert. Das hat das Beispiel der Metzgerei Bauch in Unterhaching mit seiner Markenpositionierung eindrucksvoll vor Augen geführt. Ergebnis: Entwicklungsstufe 1-- mit unglaublichem Potenzial. Abb. 85: Wenig überzeugender FACEBOOK -Auftritt einer Ladenbaufirma <?page no="205"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 206 Abb. 86: Die Schmitt Ladenbau GmbH- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 145 Post pro Woche: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,19 100 % - - - Likewachstum 2,11 % PTAT 0 Antwortrate: - Engagement-Rate 0 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 1-- 51 =-- 50 Entwicklungsstufe 2-- Fleurop: Fleurop weiß, dass es für die Entwicklungsstufe 2 einen Redaktionsplan geben muss. Und mit der neuen Corporate Publishing-Zeitschrift »Feelings« deutet der Blumenversender an, dass er im Print einen hat. Aber warum wird am Valentinstag das Thema Blumen nicht eindrucksvoller inszeniert, sondern die Wunderknolle Ingwer thematisiert? Der Post gibt ein Rätsel auf. Bisher postet Fleurop fast nur Texte, Bilder und Links. Der erste Film, der die Blumen- und Content-Kreativität vermittelt, ist der Promotionfilm der »Fleurops Jungen Wilden« vom 11. März 2015. Mit einem Film wollen sie die Welt für den Fleurop-Interflora World Cup 2015 begeistern: Wir ahnen sofort, wie viele Blumen- Themen auf uns noch warten. Die »Jungen Wilden« (nicht nur von Fleurop), hoch sollen sie leben! Abb. 87: Fleurop versucht das Thema Blumen mit Social-Media- Business-Content zu inszenieren. <?page no="206"?> 11.4 Redaktionsplan und Content 207 Abb. 88: Die Fleurop- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 16.491 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,37 87,5 % - 12,5 % - Likewachstum 5 % PTAT 525 Antwortrate: 23 % Engagement-Rate 3,18 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 70-- 54 =-16 Ergebnis: Entwicklungsstufe 2. Fleurop hat facebook und die damit verbundenen Inszenierungs-, USP- und Verkaufschancen noch nicht entdeckt oder nimmt das facebook-Publikum und/ oder den Kundendialog nicht ernst. Eine Antwortrate von 23 Prozent spricht für sich. Entwicklungsstufe 3-- Pringles: Stellen Sie sich vor, Sie müssten für Pringles eine wirkungsorientierte Content-Strategie mit kreativen Inszenierungen, die die Marke aufmerksamkeitsstark positioniert, entwickeln. Ihr Ausgangsprodukt besteht in Kartoffeln, Fett und Gewürzen in Dosen. Eine schwere Aufgabe. Je homogener das Produkt, desto ausgefeilter müssen die Content-Strategie und die kreative Energie sein. Und Pringles hat eine besondere Content- Strategie: Aus den leeren Dosen werden Abfallbehälter, Golflöcher, Sofas, Blumen- Abb. 89: Je homogener das Produkt, desto ausgefeilter muss die-Content-Strategie sein. <?page no="207"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 208 vasen und Mannschaftsaufstellungen und vieles mehr. Oder die Dosen avancieren in unterschiedlichsten Online-Spielen und Apps selbst zum Star. Respekt. Abb. 90: Die Pringles- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 27.701.242 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,41 87,5 % - 12,5 % - Likewachstum - PTAT 42.467 Antwortrate: 96 % Engagement-Rate 0,15 % Rank minus durchs. Branchenrank 65-- 56 =-9 Kein Facebook-Unternehmen, dass Lebensmittel anbietet, inszeniert Social-Media- Business-Content so vielfältig, so spielerisch, so multimedial wie Pringles. (Fußball-) Spiele und Pringles gehören irgendwie zusammen. Ergebnis: Entwicklungsstufe 3 und fast 28 Mio. Likes. Entwicklungsstufe 4-- Converse: Die Entscheidung für Converse ist uns trotz der gegenteiligen Likealyser-Zahlen leicht gefallen, denn Converse setzt Themen, Geschichten und Formate in einer fein abgestimmten Vielfalt ein und lädt so die Marke immer wieder auf, arbeitet mit dem High-End-Content den USP heraus. Converse steht genauso für den amerikanischen Lifestyle wie Coca-Cola, nur kommt es diesmal nicht auf den Moment an, sondern auf deine individuelle Bewegung, deinen Weg. Die Bilder sind fast schon so schön wie die von Marlboro oder Camel, aber wir brauchen dafür nicht zu rauchen. Zum Content-Einsatz kommen z. B. Actionfotos und kuriose Filme, gesponserte Konzerte, Converse-Schuhe, die von Modedesignern gestaltet wurden, eine Andy Warhol-Special-Edition sowie gut inszenierte Wechsel des facebook-Bühnenbildes. Die konzeptionelle, kreative und redaktionelle Leistung ist umso größer, da nur Baumwollschuhe mit einer Plastiksohle angeboten werden. Converse demonstriert eindrucksvoll, wie die strategische Markenführung die nachgelagerten Disziplinen Content-Strategie, Content-Marketing, Social Media und Social-Media-Business-Content steuert. Ergebnis: Entwicklungsstufe 4. <?page no="208"?> 11.4 Redaktionsplan und Content 209 Abb. 92: Die Converse- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 37.579.295 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 1.68 83,3 % - 16,7 % - Likewachstum - PTAT 89,916 Antwortrate: 96 % Engagement-Rate 0,24 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 59-- 53 =-6 Abb. 91: Fantasievoller Content-Einsatz von Converse <?page no="209"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 210 11.5 Bildkommunikation: Die Wirkung von BtoC-Marken, die wir hier auf Facebook untersuchen, hängt ganz entscheidend von ihrer Bildkommunikation ab. Die aufmerksamkeitsstarke Gestaltung ist deshalb so wichtig, da die durchschnittliche Betrachtungszeit schon von einseitigen Print-Anzeigen unter zwei Sekunden liegt (Kroeber-Riel/ Esch, 2006, S. 146). Diese zwei Sekunden pro Bild werden durch das weiter steigende Bildangebot in den fotolastigen Online-Communities wie facebook, instagram und pinterest noch unterschritten. Alle Marken- und Social-Media-Content-Manager müssen stets aufs Neue die Forschungsleitfrage beantworten: »Wie muss die markenkongruente, zielgruppenspezifische und zielorientierte Bildkommunikation generell und im Sinne der integrierten Kommunikation in den reichweitenstarken sozialen Medien gestaltet werden, damit die Wirkung für den Markendreiklang Image, Bekanntheit und Verkauf maximal ist? Sie merken sofort, dass für die unternehmensspezifische und/ oder produktspezifische Bildkommunikation Agenturen oft monatelang arbeiten, um die visuelle Kommunikation in Bild und Bewegtbild zu gestalten, und dass dies eines eigenen Designstudiums und enorm viel Praxiserfahrung bedarf. Dennoch müssen Sie als Journalist, Produkt- oder Projektmanager auf den Punkt bringen können, was Bildkommunikation ist und wie sie gestaltet wird. Definition: Bildkommunikation Unter Bildkommunikation verstehen wir die zielgruppenspezifische, zielorientierte Ansprache mit speziell gestalteten Motiven, die markenrelevante Schlüsselinformationen transportiert und die gewünschte emotionale und/ oder kognitive Reaktionen auslöst. (eigene Definition, vgl. dazu die Aussagen in Kroeber-Riehl/ Esch zur »Dominanz der Bildkommunikation«, 2006, S. 18-20) Die geposteten Bilder von Unternehmen sollen Einstellungen, Verhalten, Denkprozesse und Gefühle im Sinne der Unternehmen positiv beeinflussen. Es ist so banal wie systemimmanent, Sie um Folgendes zu bitten: Was immer Sie für Bilder von Unternehmen sehen, denken Sie daran: Wirtschaftlich orientierte Bildkommunikation muss Sie von Produkten überzeugen, die Sie vielleicht nicht brauchen und die Sie sich manchmal gar nicht leisten können. Im Ergebnis könnte folgender gewünschter Effekt eintreten: Sie denken darüber nach, warum Bilder so aussehen, wie sie aussehen, und was sie wohl direkt und indirekt transportieren wollen: Sie zum Kauf zu verführen. Ob und wie diese gezielte Bildkommunikation Ihre Einstellungen, Ihr Kaufverhalten, Ihre Zahlungsbereitschaft beeinflusst, schauen wir uns jetzt ein wenig genauer an. <?page no="210"?> 11.5 Bildkommunikation: 211 Für die Beeinflussung Ihrer Budgetentscheidungen werden zahlreiche Gestaltungsregeln genutzt, die bei der Bildkomposition und dem Design von Benutzeroberflächen eingesetzt werden. Pelka/ Riedl (2014, S. 1192/ 93) unterscheiden 13 Gestaltgesetze, die die Mensch-Maschine-Interaktion beeinflussen können und die besonders für die Gestaltung von Informationssystemen bedeutsam sind. Diese können gleichermaßen für die Bild- und Bildschirmgestaltung angewendet werden. Im Folgenden werden sechs zentrale Gestaltgesetze vorgestellt, mit denen Sie bei Bildinterpretationen herausfinden können, wie Gestaltungsregeln eingesetzt werden. Abb. 93: Sechs Gestaltgesetze nach Pelka/ Riedl, 2014 Nr. Gesetz der-… Erläuterung Visualisierung 1 … Harmonie: Elemente werden als harmonisch empfunden, wenn ihre Elemente aussehen, als würden sie zusammengehören. Die Kreise erscheinen horizontal und vertikal im Koordinatensystem harmonisch platziert und als eine Einheit. 2 … Symmetrie: Ein Bild wird als symmetrisch empfunden, wenn sich zentrale Elemente im Gleichgewicht befinden. Die ersten beiden Punktreihen werden symmetrischer als die beiden folgenden empfunden. 3 … visuellen Hierarchie: Größe, Form, Farbe werden bewusst gestaltet, um Einfluss auf die Lesereihenfolge zu nehmen. »Hierarchie« erscheint dem Wort »Visuelle« untergeordnet. 4 … Blickpunkte: Das ist der klassische »Störer in der Werbung«. Ein Blickfang, »Eyecatcher« ist deutlich anders gestaltet als das Umfeld. Der orange Mensch ist als Einziger anders gestaltet, hebt-sich damit deutlich ab vom Umfeld und zieht so den Blick auf sich. <?page no="211"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 212 Nr. Gesetz der-… Erläuterung Visualisierung 5 …. Bedeutung: Kombinierte Symbole werden auf Basis unser Erfahrungen kontextuell gedeutet. Ohne Kontext ist dies schwer zu deuten. Erscheint dieses Symbol nach einem Absturz auf dem Computer, wird es als Hilfeangebot interpretiert, obwohl wir das finnische Wort »Apua« nicht kennen. 6 … Farbkombination: Je nach Situation, Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung, Lebensstil und Kultur werden Farben ganz anders wahrgenommen und gedeutet. Weiß heißt in Deutschland Friede oder Aufgabe im Krieg. In Japan steht die Farbe für den Tod. Bei guter Stimmung könnte diese als Einladung in einen bayerischen Biergarten gedeutet werden. Fazit: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Die Gestaltungsgesetze helfen, dass der Adressat die richtigen Botschaften aus den tausend Worten herausfiltert und in seiner Erinnerung abspeichern kann. Es sind vielfältige Kompetenzen und Erfahrungen nötig, um den Einsatz von Bildern richtig zu steuern. Hier gibt es vor allem deshalb keine allgemeingültigen Regeln, weil der Kontext erst über die Wahrnehmung eines Bildes entscheidet. Und Kontext heißt immer, dass Betrachter, Zeit, Ort und Einstellung im Zusammenspiel genau untersucht werden müssen. Definition der vier Entwicklungsstufen Auf Basis des Verhaltensbeeinflussungsmodells von Kroeber-Riel/ Esch (2014, S. 39) und mithilfe von zahlreichen Vergleichsbeobachtungen, die im Zuge der Bildauswahl durchgeführt wurden, entstanden die folgenden vier Entwicklungsstufen für die Bildkommunikation. <?page no="212"?> 11.5 Bildkommunikation: 213 Abb. 94: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der fünften Kategorie »Bildkommunikation« Stufe Ausprägungen 1 informationsorientierte Darstellung löst eine Reaktion aus 2 =-1 + aktuelle Inszenierungen wecken Interesse, vertiefen Wahrnehmung 3 =-2 + die ideen- und abwechslungsreiche Bilderwelt, Stories wecken Interesse 4 =-3 + »künstlerische« Bilderwelt mit einzigartigen Motiven kongruent zum-Markenkern verstärkt Aktionswunsch Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Entwicklungsstufe 1-- Afri Cola 1 (2014): Afri Cola führt ein Aschenputtel-Dasein auf Facebook. Alles schwarz-- nur eine scheinbare Idee »Sommer Afterhour« durchbricht die Dunkelheit. Und: Was ist das für eine Information: »Afri Cola-- die offizielle Fanseite Speisen/ Getränke«? Abb. 95: Afri Cola als Aschenputtel oder Nachtwächter? <?page no="213"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 214 Abb. 96: Die Afri Cola- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 25.417 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,43 100 % - - - Likewachstum 0,69 % PTAT 122 Antwortrate: 32 % Engagement-Rate 0,48 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 54-- 56 =-- 2 Ergebnis: Wer sich so einfalls- und hilflos als Marke präsentiert, wird der Entwicklungsstufe 1 zugeordnet und erreicht nur einen Likealyser-Branchenrank von -2. Entwicklungsstufe 2-- Afri Cola 2 (2015): Afri Cola hat uns erhört und setzt nur Wochen später die Gestaltungsgesetze »Harmonie«, »Symmetrie«, »visuelle Hierarchie« und »Steuerung des Blickpunktes« mit der Farbe Gelb ein. Es sieht schöner, lebendiger, spannender aus; die Indikatoren PTAT und Engagement-Rate haben sich deutlich verbessert. Der Like-Rückgang ist darauf zurückzuführen, dass facebook die Datenbank bereinigt hat um Dubletten und nicht aktive Mitglieder. Afri Cola hat sich optisch gestylt, ist hübscher. Doch zahlt es ein auf die Marke ein-- können wir die Ziffer 25 unter afri cola sofort verstehen? Nein, nein. Aber es macht neugierig. Abb. 97: Kreative Kehrtwende nach wenigen Wochen <?page no="214"?> 11.5 Bildkommunikation: 215 Abb. 98: Die Afri Cola- FACEBOOK -Fanpage-Analyse (Quelle: Likealyzer, 2015r) Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 24,841 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,45 100 % - - - Likewachstum - 1,62 % PTAT 202 Antwortrate: 30 % Engagement-Rate 0,81 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 53-- 55 =-+ 2 Das Ergebnis: Entwicklungsstufe 2 und immerhin eine Platzierung über dem Branchen-Durchschnitt bei likealyzer. Entwicklungsstufe 3-- Rotkäppchen: Mit welcher Bildkommunikation präsentiert sich Rotkäppchen, der Sektklassiker aus Ostdeutschland, auf facebook? Die Aussage ist klar: »Frauen dieser Welt, lasst euch auf Händen tragen«, lesen wir und sehen zwei entspannte, gestandene Frauen. Ihr Treffen ist Anlass genug für einen Sekt. Attraktive Männer braucht es, wenn überhaupt, nur verschwommen im Hintergrund. Gut. Für die Frauen. Für die Marke. Abb. 99: Klare Bildbotschaft des-Sektkelterers <?page no="215"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 216 Abb. 100: Die Rotkäppchen- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 300.195 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,52 91,7 % - - 8,3 % Likewachstum 0 % PTAT 9.506 Antwortrate: 24 % Engagement-Rate 3,17 % Rank minus durchs. Branchenrank 76-- 55 =-21 Das Ergebnis: Entwicklungsstufe 3 und 21 Platzierungen über dem Durchschnitt und eine relativ hohe Engagement-Rate mit 3,17 %. Die ideen- und abwechslungsreiche Bilderwelt und kleine Rotkäppchen-Stories laden immer wieder zur Beteiligung ein, beleben das Interesse. Entwicklungsstufe 4-- Beck’s: Beck’s ist laut likealyzer bei den harten Social-Media-Leistungsdaten weit abgeschlagen. Zwölf Plätze unter dem Branchendurchschnitt ist für eine geführte, ehrgeizige Abb. 101: Eine gute Bildidee von Beck’s <?page no="216"?> 11.6 Medienkanäle 217 Marke bestenfalls merkwürdig. Nimmt Beck’s facebook nicht ernst? Und vielleicht gibt es einen Grund: Wer interessiert sich schon für eine bekannte Biermarke im Internet? Was gibt es da schon zu berichten, zu sehen, zu trinken, zu kaufen? Nichts. Trotzdem: In punkto Bildgestaltung sehen wir Beck’s ganz vorne. Abb. 102: Die Beck’s- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 271.408 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,44 100 % - - - Likewachstum - 4 % PTAT 661 Antwortrate: 14 % Engagement-Rate 0,24 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 44-- 56 =--12 Ergebnis: Das grüne Beck’s-Schiff als Wahrzeichen verpflichtet zu einer einfallsreichen und kreativen Bildersprache: After-Work gibt es ein großes Bier. Die allgegenwärtige starke Marke- - selbst nachts am Hochhaus bilde ich mir ein Bier ein- - steuert die Bilder im Kopf, mein Bedürfnis, mein Bewusstsein, meine Bierauswahl. Marke-- Bild-- Marke-- Bier. Eine kreative Idee und eine kongruente Bild-Marken-Inszenierung. 11.6 Medienkanäle facebook-- so die Informationen aus dem Schaubild unten-- kann zusammen mit seinen Töchtern instagram (gekauft 2012 für ca. 1 Mrd. $) und whatsapp (gekauft 2014 für ca. 18 Mrd. €) eine ähnliche Rolle einnehmen, wie sie google bei der Suche in Deutschland einnimmt. Bis auf den eher textlastigen Kurznachrichtendienst twitter kann facebook alle anderen wesentlichen Social-Media-Funktionen anbieten. Spätestens seit 2013 verfügt facebook über eine marktbeherrschende Stellung in den sozialen Netzwerken, insbesondere in der Altersklasse 14 bis 29. Deshalb wird SoMeBizCo (8x4) aus empirischen Gründen im Wesentlichen am Beispiel von facebook-Posts erläutert. Für den vertiefenden Marktüberblick erläutert die folgende Abbildung die Vor- und Nachteile der einzelnen sozialen Netzwerke. Es bleibt abzuwarten, ob facebook sich als »All-in-one-Anbieter« der sozialen Medien durchsetzen wird oder ob die datenschutzrechtlichen und medienpolitischen Bedenken eines Tages überwiegen werden, sodass die User versuchen, sich die sozialen Netzwerke z. B. über private Blogs zu erschließen. Zurzeit spricht noch alles für einen Siegeszug und eine wirtschaftliche und technische Dominanz von facebook. <?page no="217"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 218 Definition der vier Entwicklungsstufen Da die Dominanz von facebook so offensichtlich ist, sollte jedes Unternehmen dort vertreten sein, die Entwicklungsstufe 1 erreichen. Für jugendaffine Marktführer und Global Players ist es wichtig, in möglichst vielen reichweitenstarken Medienkanälen vertreten zu sein, um überall die Marke zu positionieren, alle Zielgruppen zu erreichen, eindeutige (Verkaufs-)Angebote zu unterbreiten und keinen innovativen Trend zu verpassen. Die Entwicklungsstufe 4 ist hier Pflicht. Die vier spezifischen Entwicklungsstufen dokumentieren das spezifische Socail-Media-Business-Content-Kompetenzniveau, hier das Medienkanal-Kompetenzniveau. Die Klassifikation in diesem Abschnitt ist denkbar einfach, denn sie besteht in dem Auszählen von den Medienkanälen, auf die von der Corporate Website verwiesen wird. Andere werden hier aus Erhebungseffizienzgründen nicht erfasst. Daraus ergeben sich die vier Entwicklungsstufen in der Kategorie 6. Abb. 103: Top 20 soziale Netzwerke in Deutschland nach Anzahl der Visits im-Dezember 2014 (in Millionen) <?page no="218"?> 11.6 Medienkanäle 219 Abb. 104: Vergleich von verschiedenen reichweitenstarken sozialen Medien Weblogs Foto- und Videocommunities Microbloggingdienste Social Networks Beschreibung Einzelne Person äußert ihre Meinung aus eigenem Antrieb Leser können reagieren Personengruppen zum Teilen gemeinsamer Interessen Upload von Daten (Fotos und Videos) Veröffentlichung von kurzen (max. 140 Zeichen) Textnachrichten (Tweets) Möglichkeit, Tweets zu verfolgen (als Follower) digitale Vernetzung realer Personen Freigabe privater Information für einen vordefinierten Empfängerkreis innerhalb des-Netzwerkes Vorteile Persönlicher und direkter Austausch mit den Zielgruppen möglich Beeinflussung des Meinungsbildungsprozesses hoher Unterhaltungswert Aktives Wahlverhalten der-User Integration in die eigene Kommunikation (z.B. durch Anhänge in E-Mails möglich) schnelle und breite Informationsweiterleitung Möglichkeit der Interaktion durch Weiterleitung der Nachrichten (Retweets), Antworten oder Direct Messaging Vernetzung mit Kontakten Netzwerkaufbau und -pflege Veröffentlichung diverser Inhalte (Information, Präferenzen, Fotos, Musik, Videos) Integration von Interaktionsanwendungen (Chats, Tweets) Nachteile Glaubwürdigkeit der Informationen schwer zu prüfen Urheberechtsbeschränkungen Weitere rechtliche Bedenken (Einschränkung Persönlichkeitsrechte) Verifikation der veröffentlichten Inhalte Beschränkung auf Kurznachrichten Einschränkung der Privatsphäre der User Verifikation der Informationen typische Beispiele Reiseblogs (z.B. www.reise.germanblogs.de) Markenblogs (z.B. www.brands-wanted.de) Reviewblogs Instagram Flickr YouTube MyVideo Myspace Picasa Twitter Jaiku Facebook Lokalisten.de StayFriends Foursquare Xing Linkedin wer-kennt-wen.de <?page no="219"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 220 Abb. 105: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der sechsten Kategorie »Medienkanäle« Stufe Ausprägungen 1 nur ein Kanal: z. B. nur Facebook 2 =-aktive Interaktion auf zwei Kanälen 3 =-aktive Interaktion auf drei Kanälen 4 =-aktive Interaktion auf mindestens 4 Kanälen Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Entwicklungsstufe 1- - Müller Milch: Die Unternehmensgruppe Theo Müller, ein europaweit agierender Lebensmittelkonzern mit Sitz in Luxemburg, ist mit der Marke Müller Milch nur auf youtube vertreten. Und da er keinen facebook-Auftritt hat, kann dieser auch nicht in likealyzer eingegeben werden. Entwicklungsstufe 2-- Westwing: Die Unternehmensgruppe Westwing mit Sitz in München ist nur auf zwei sozialen Netzwerken vertreten. Abb. 108: Die Westwing- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 199.241 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 5,62 91,7 % - - 8,3 % Likewachstum 3 % Abb. 106: Social-Media-Aktivitäten von Müller Milch Abb. 107: Social-Media-Aktivitäten von Westwing F I N D U S O N FACEBOOK INSTAGRAM TWITTER PINTEREST <?page no="220"?> 11.6 Medienkanäle 221 Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung PTAT 8.396 Antwortrate: - Engagement-Rate 4,21 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 74-- 51 =-23 Entwicklungsstufe 3-- Allianz: Die Engagement-Rate von 0,3 Prozent legt es nahe: Versicherungsangelegenheiten werden nicht auf facebook erörtert. Deshalb postet die weltweite Versicherung mit Sitz in München nur auf drei sozialen Kanälen. Abb. 109: Die Allianz- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 334.287 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,84 45,8 % - - 54,2 % Likewachstum - PTAT 993 Antwortrate: 80 % Engagement-Rate 0,3 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 79-- 54 =-25 Ergebnis: Die Engagement-Rate von 0,3 Prozent legt es nahe: Versicherungsangelegenheiten werden nicht auf facebook erörtert. Deshalb postet die weltweite Versicherung mit Sitz in München nur auf drei sozialen Kanälen. Entwicklungsstufe 4-- Zara Deutschland: Zara freut sich über 24 Mio. Likes und weist auf ihrer internationalen Website facebook, instagram, twitter und pinterest aus. Abb. 110: Die Zara- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 24.137.071 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,87 100 % - - - Likewachstum - PTAT 64.809 Antwortrate: 25 % <?page no="221"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 222 Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Engagement-Rate 0,27 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 61-- 55 =-6 11.7 Dialogmanagement Die Forschungsleitfragen zum Dialogmanagement und seiner Rolle im Social- Media-Business-Content sind zahlreich und vielschichtig: • Wie können mithilfe eines professionell geplanten und angemessenen Dialogmanagements User langfristig an die Marke gebunden werden? • Mit welchen Satzformen (Aussage, These, Frage, Aufforderung, Affirmation, Ausruf- - wow! ) sowie interaktiven Funktionen lassen sich das Involvement und die Engagement-Rate systematisch erhöhen? • Wie können verkaufsorientierte BtoC-Internet-Unternehmen, wie z. B. amazon, Westwing und zalando und die spiegel-Gruppe, Social-Media-Business-Content so einsetzen bzw. sich auf facebook so aufstellen, dass sich ihre Social-Media- Business-Content-Redaktion rentiert? • Welche Ansprache-Formen können aus Kunden Markenbotschafter machen, die kostenlos effiziente Werbung (positive Viralität) in den sozialen Medien verteilen? Die hier gestellten Fragen sind weniger publizistisch als ökonomisch motiviert. Märkte sind zielorientierte Kommunikationsräume. Dialog ist ein Teil der Werbung und des Verkaufsprozesses. Der Prozess und das Produkt sind umso erfolgreicher, je stärker der Kunde involviert wird, sich auf Grund eigener Erfahrungen mit dem Produkt identifiziert. Bleibt nur zu klären, was Dialogmanagement, was Involvement sind. Definition: Dialogmanagement Das Dialogmanagement gewinnt und bindet mit verschiedenen Satz-, Text- und Medienformaten potenzielle und bestehende Kunden, beobachtet dafür die Aktionen und Reaktionen seiner User auf den sozialen Medien und inspiriert und moderiert die Interaktionen mit vielfältigen Aktionen und Reaktionen zwischen dem Unternehmen und den Zielgruppen und Zielpersonen (eigene Definition, vgl. Pein, 2014, S. 157). <?page no="222"?> 11.7 Dialogmanagement 223 Definition: Involvement Involvement ist die Anzahl von positiven und negativen emotionalen und kognitiven Verbindungen, bewussten und unbewussten, die eine Person zwischen einem Kommunikationsangebot und dem eigenen Leben (Erfahrungen, Erkenntnisse, Einstellungen) herstellt (vgl. Bongard, 2002, S. 296). Die Stärke des Involvements bestimmt maßgeblich die Werbewirkung (z. B. Neugierde, Interesse, Beteiligung, Identifikation, die Einstellungs- und Verhaltensänderung, den Kauf und Wiederkauf ). Einflussfaktoren auf das Involvement sind das Kommunikationsangebot, der interne Kontext sowie die situativen Randbedingungen (ebenda). Je nach den Determinanten des internen Kontextes, wie z. B. aktuelle Bedürfnisse, Werte, Einstellung und vorhandene Kaufabsichten, sowie die Konditionierung durch die situativen Randbedingungen, entsteht High Involvement oder Low Involvement, eine intensivere oder weniger intensivere Verbindung mit der Werbebotschaft. So tritt beim Eismann-Klingeln am Strand bei fast allen Kindern sofort High Involvement (hohe innere Beteiligung) auf, denn für viele Kinder sind Sonne, Strand, Meer und Eis ein perfekter Urlaubsgenuss und mit vielen schönen bewussten oder unbewussten Erinnerungen verbunden. Das gleiche Eis erzeugt bei Nieselregen und leichtem Schnupfen bei denselben Kindern ein Low Involvement (niedrige innere Beteiligung). »Involvement ist der zentrale Begriff der Werbeforschung geworden! « (Kroeber- Riel/ Esch, 2006, S. 141). Warum? »There is commercial value in involvement«, erläutern Paul Marsden und Paul Chaney, Autoren des Buches »The Social Commerce Handbook«. Je mehr wir emotional und geistig in ein Thema, in ein Produkt investieren, desto wichtiger wird es für uns, und das verstärkt die Affinität und Loyalität mit einer Marke (Marsden/ Chaney, 2012, S. 30). Und natürlich die Kaufbereitschaft. Je stärker eine Community, z. B. bei der App-Entwicklung in die Entwicklung des Produktes, involviert wird, desto eher ist sie bereit, diese App zu nutzen und zu empfehlen (Büsching/ Goderbauer, 2014, S. 225). Wissenschaftlich belegt wurde diese »Mehrwert durch Beteiligung«-Theorie durch Michael Norton. Im Aufsatz »The IKEA Effect: When Labor Leads to Love« (Norton, 2009, S. 30) wies er nach, dass Testpersonen bereit sind, für selbst zusammengebaute Fertigteil-Möbel höhere Preise zu bezahlen als für die gleichen, bereits erstellten Möbel. Diese höhere Wertschätzung beruht auf ihrer eigenen Mitarbeit am Produkt. Personen, Konsumenten, User bevorzugen Produkte und Dienstleistungen, an denen sie beteiligt sind! Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, Konsumenten und User in den sozialen Medien ist der Erfolgsfaktor Nr. 1 für den Aufbau von Communities, soziale und politische Teilhabe, die Optimierung von Prozessen, die Entwicklung von Produkten sowie für den Verkauf. <?page no="223"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 224 Transfer 1: In der Zeitschrift der spiegel erörtert der Autor Cordt Schnibben 2015 (Schnibben, 2015, S. 81 ff), ob und inwiefern die »Medien als vierte Gewalt durch eine fünfte Gewalt in Gestalt des Publikums ergänzt« werden (Pörksen, 2014). Nach 25 Jahren beim spiegel investiert er seine Treue-Prämie in ein Leser-Diner und will sich öffentlichkeitswirksam vom Leser beraten lassen: »Schreiben Sie mir, was wir besser machen sollen« (Schnibben, 2015, S. 86). Der Leitsatz der Organisationsentwicklung: »Machen Sie Betroffene zu Beteiligten«, ist beim spiegel angekommen. Transfer 2: Je stärker die Studierenden motiviert werden, sich selbst Wissen in klar definierten Schritten zu erarbeiten, z. B. durch durchdachte E-Learning-Portale, Partner-Projekte, Kursinhalte, die sie sich gewünscht haben, Filmproduktion als Lernform oder Exkursionen, desto effizienter werden Wissen und Do-how-Fähigkeiten vermittelt. Gut, dass dies hier thematisiert wird-- das merke ich mir. Bevor Sie selbst tätig werden, geben wir Ihnen ein Modell an die Hand, mit dem Sie prüfen können, wie die Dialog-Qualität von Unternehmen in den sozialen Medien ist. Das Modell erläutert in einfachen Schritten, wie Sie mit dem User agieren können, um eine langfristige ertragreiche Beziehung mit dem Kunden gestalten können. Mit Content. Social-Media-Business-Content. Abb. 111: Die zehn Schritte im Dialogmanagement <?page no="224"?> 11.7 Dialogmanagement 225 Je schneller die Interaktion in den sozialen Medien, desto höher ist die Anforderung an die Interaktionskompetenz von Marken (Meffert et al., S. 649). Dazu gehören die Interaktionskonsistenz (der Mitarbeiter verfügt über alle Kundendaten), die Interaktionsrelevanz (die Mitarbeiter bieten Mehrwert, lösen Probleme) und Interaktionsschnelligkeit (die Mitarbeiter reagieren innerhalb von 24 Stunden). Im Social-Media-Business-Content-Kontext ist es die Aufgabe des Dialogmanagements, ein High Involvement mithilfe einer klar positionierten Marke und des Content- Angebots für eine klar definierte Zielgruppe zu schaffen und dies in Verkäufe zu verwandeln. Für diese Art von Social-Media-Business-Content ist das Rottendorfer Modeunternehmen s.Oliver Bernd Freier GmbH &-Co. KG ein gutes Beispiel (s.Oliver, 2015). Regelmäßig werden dort gezielt rabattierte Produkte angeboten und auf Landing Pages geroutet, mit dem Ziel, bestimmte Kleidungsstücke zu verkaufen. Definition der vier Entwicklungsstufen Das Totalmodell SoMeBizCo (8x4) soll auf einer Seite präsentiert bzw. als eine Seite unter das Kopfkissen vor der Klausur gelegt werden können; deshalb können nicht alle Definitionen und theoretischen Konzepte ihren Niederschlag in den knappen Ausprägungen in Tab. 11.33 finden. Zudem sei hier noch einmal auf die spezifische Unternehmensperspektive hingewiesen. Es ist das Unternehmen, das die Dialoge initiiert, um ihre Zielgruppen und ihre Ziele zu erreichen. Der proaktive Kundenimpuls und die Interaktion der Kunden untereinander können hier nicht adäquat erfasst werden. Abb. 112: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der siebten Kategorie »Dialogmanagement« Stufe Ausprägungen 1 Einweg-Information mit unternehmensspezifischem Content, Links 2 =-1 + Mix von Aussagen, Fragen, Thesen mit vertretbaren Reaktionen 3 =-2 + bewegende dialogorientierte Inszenierungen mit Fragen und Aufforderungen, spezifische User-Dialoge 4 =-3 + authentische informations-, erlebnis- und nutzenorientierte Ansprache, schnelle Reaktion, »Einladungen« Der Dialog mit dem User ist für Unternehmen dann besonders wertvoll, wenn Vertrauen zum Kunden entsteht und schließlich eine langfristige Kundenbeziehung mit immer mehr Umsätzen. Von daher sind der Dialog und sein Management schon <?page no="225"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 226 Ausdruck einer neuen Unternehmenskultur und einer dialogorientierten Führung nach innen und außen-- aber auch Mittel zum Zweck. Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Mithilfe der folgenden vier Entwicklungsstufen sollen die vier unterschiedlichen Qualitäten des unternehmerischen Dialogmanagements versinnbildlicht und belegt werden. Entwicklungsstufe 1- - Goldmännchen-Tee: Goldmännchen-Tee hat mit Stand 1. April 2015 das letzte Mal am 26. August 2014 gepostet: »Neu im Shop: Cool Jumbo Ginger Ale (Kaltaufguß)«. likealyzer weist nur deshalb null Postings aus, da nur die 24 letzten Postings der vergangenen Woche von likealyzer berücksichtigt werden. Abb. 114: Die Goldmännchen-Tee- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 2.215 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0 - - - - Likewachstum 1,33 % PTAT 12 Antwortrate: - Engagement-Rate 0,54 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 16-- 56 =-- 40 Ergebnis: Entwicklungsstufe 1, denn es ist alles da-- Einweg-Information mit unternehmensspezifischem Content und ein Link zum Shop. Abb. 113: Social-Media-Content bei Goldmännchen-Tee <?page no="226"?> 11.7 Dialogmanagement 227 Entwicklungsstufe 2- - Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München: Das Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München lädt ein zu einer mutigen Selbstaussage: »Complete the line ›I love-…‹ on Kempinski Hoteliers Since 1897 Facebook page by February 13th and have the chance to win a romantic break at Hotel Adlon Kempinski Berlin! « Diese Aufforderung-- mit 29 Worten zu lang, um zu einer romantischen Idee zu inspirieren-- mochten nur fünf Personen (Stand: 1. April 2015). Abb. 116: Die Hotel Vier Jahreszeiten- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 6.696 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 0,37 83,3 % 8,3 % - 8,3 % Likewachstum 6 % PTAT 317 Antwortrate: - Engagement-Rate 4,73 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 78-- 55 =-23 Abb. 115: Eine gewagte Aufforderung des Hotels Kempinski <?page no="227"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 228 Ergebnis: Entwicklungsstufe 2 ist zu wenig für eine der weltbesten Hotelketten. Der stilvolle und empathische Beileidspost zum Absturz der German Wings-Maschine am 24. März 2015 erhielt 16 Likes. Dialog ist anspruchsvoll und schwierig in dieser komplexen Welt. Mit 0,37 Post pro Tag ist dem Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München so kein kontinuierlicher Dialog möglich. Die relativ hohe Engagement-Rate von 4,73 % deutet an, dass die Hotelbesucher durchaus offen für Dialoge sind. Entwicklungsstufe 3- - Klosterschenke Weltenburg: Was die Bildkommunikation auf der nächsten Seite verspricht, hält das Dialogmanagement. Mit einer Engagement-Rate von 23,75 % und über 2,5 Posts ist die Klosterschenke Weltenburg ein Best Practice, ein Vorzeigebeispiel für touristische Destinationen. Es sind im wahrsten Sinne des Wortes bewegende Dialoge, denn Ginkgo Blatt erhält noch am 28. März 2015 um 22: 32 Uhr die persönliche Antwort, dass er mit der Seilfähre Anette am 29. März 2015 übersetzen könne. So ein spezifischer User-Dialog gefällt-- nicht nur mir. Am 31. März 2015, dem Tag des starken Sturms in Bayern, schreibt die Klosterschenke Weltenburg: »Mal Regen und dann Sonnenschein, dann hagelt’s wieder zwischendrein und der Sturm ist übel. PASST AUF EUCH AUF, UND KOMMT GUT HEIM! « Der Redaktionsplan und der Content sind vielfältig; die Fotos sind häufiger mit den Autoren gekennzeichnet. Offensichtlich arbeitet das Kloster mit ambitionier- Abb. 117: Gutes Dialogmanagement der Klosterschenke Weltenburg <?page no="228"?> 11.7 Dialogmanagement 229 ten Fotografen zusammen, die so das Kloster, die Klosterschenke Weltenburg und ihre eigenen Arbeiten promoten. Abb. 118: Die Klosterschenke Weltenburg- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 21.164 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 2,55 91,7 % 8,3 % - - Likewachstum 4,9 % PTAT 5.026 Antwortrate: 28 % Engagement-Rate 23,75 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 88-- 55 =-33 Ergebnis: Entwicklungsstufe 3 und ein Benchmark für touristische Ausflugsziele. Der facebook-Dialog belebt, vertieft positive Beziehungen und besinnliche Momente weit über die wirtschaftliche Zielsetzung hinaus. Das Kloster ist schließlich ein Ort der inneren Einkehr. Bei wahrhaftigem Dialog stehen die Beziehung, das Vertrauen, der Sinn im Vordergrund und nicht die materielle Motivation. Die bewegenden dialogorientierten Inszenierungen des Klosters Weltenburg haben Spuren bei mir hinterlassen. Entwicklungsstufe 4- - Virgin Radio Lebanon: Neuere Zeiten. Andere Strategien. Vielfältigere Themen. Andere Möglichkeiten. Andere Dialoge. Oder weniger: Das Virgin Radio Lebanon, The Hub of Entertainment, ist mit einer Engagement-Rate von über 240 % auf Platz 1 der weltweiten Rang-Liste im Bereich Medien bei likealyzer. Die Tochter der englischsprachigen Virgin-Gruppe sendet in Englisch aus dem Lebanon. Über 11 Mio. Likes und über 27 Mio. Menschen, die darüber sprechen, sind Erfolgsbeweis genug. Zum Vergleich: Der Libanon hat nur 4,5 Mio. Einwohner. Kann diese Reichweite im Radio in Werbeerlöse umgewandelt werden, ist Radio Lebanon kommerziell gesehen eine Gelddruckmaschine. Der faz.net-Redakteur Thomas Kreutzer analysiert in seinem sehr lesenswerten Bericht, was Virgin Radio Lebanon so erfolgreich macht: »Die Zerstreuung aber, das Witzige und Unkomplizierte, das viele Nutzer auf facebook finden wollen, das bietet diese wunderbar inhaltsleere Fanpage« (Kreutzer, 2014). Die Dialog-Qualität, die facebook-Seiten erfolgreich macht, ist also ein anderer als der auf spiegel-online und dem Kloster Weltenburg. Muss Dialog also ob des Einflusses der sozialen Medien neu definiert werden oder tauchen wir nur ein in eine neue Oberflächlichkeit? Wird diese gar von den sozialen Medien begünstigt oder gesteuert? <?page no="229"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 230 Abb. 120: Virgin Radio Lebanon- FACEBOOK -Fanpage-Analyse Indikator Ausprägung Indikator Ausprägung Likes 11.318.586 Post pro Tag: Bildbeiträge: Filmbeiträge: Links: geteilte Beiträge von Partnerseiten: 56,28 91,7 % - - 8,3 % Likewachstum - PTAT 27.240.739 Antwortrate: - Engagement-Rate 240,67 % Rank minus durchschnittlicher Branchenrank 95-- 62 =-33 Ergebnis: Entscheidend ist für die Social-Media-Business-Content-Perspektive, die hier aus berufsqualifizierenden bildungspolitischen Gründen vertreten wird, die Mischung aus Redaktionsplan, bildstarker, zielgruppengerechter Kommunikation und einer authentischen informations-, erlebnis- und nutzerorientierten Ansprache. Denn: Abb. 119: Ein Radio aus dem Libanon ist-auf Platz eins. <?page no="230"?> 11.8 Key Performance Indicators (KPI) 231 Waren wir nicht alle schon »At this Point in the Semester«? Das ist eine Einladung zum Like. 116.826 Likes für eine empathische symbolträchtige Zustandsbeschreibung im Studium verdient die Entwicklungsstufe 4. 11.8 Key Performance Indicators (KPI) Die Ausgangsituation für die ökonomische Erfolgsmessung ist in den sozialen Medien im Vergleich zu den klassischen Medien Plakat, Zeitung, Radio oder TV unvergleichlich einfacher, schneller, präziser und effizienter, da 1. jede User-Journey, jeder Klick im Netz theoretisch und vielfach schon praktisch auf der eigenen Seite und auf fremden Seiten mit Tracking-Systemen (z. B. mit google analytics) erfasst werden kann, 2. die sozialen Medien eine einfache Reichweiten- und Wirkungsanalyse, z. B. bei facebook mit Real-Time aufgezeichnete und dokumentierte Likes, Kommentare und »Teilen«-Funktionen, mitliefern, 3. Zielgruppen-Kampagnen in Echtzeit bewertet und verändert werden können und 4. über die Verlinkungen die Kampagnen-Eckwerte (Laufzeit, Medienkanäle, Rabattaktionen, Werbespots, Gewinnspiele etc.) sehr gut für die Konkurrenz und den Wissenschaftler beobachtbar sind. Ähnlich wie das TV-Medium aufgrund seiner besseren Erfolgsmessung den Print- Medien den Rang abgelaufen hat, wird das Internet dem TV die Rolle als Leitmedium abnehmen. Der Grund: Die Werbeeffizienz lässt sich im Internet und insbesondere in der Kombination von Google-Adwords und/ oder Social-Media-Business-Content genauestens berechnen. Vor diesem Hintergrund ist die Beantwortung der Forschungsleitfrage zu sehen: »Wie kann die Zielerreichung von Social-Media-Business-Content-Kampagnen effizient auf jeder Entwicklungsstufe aussagekräftig gemessen werden? « Dies ist sehr wichtig für jede Social-Media-Abteilung, für jede Vertriebs- und Marketingabteilung und für das Unternehmen selbst. Mit den konkreten Erfolgszahlen weist der Social-Media- Manager seine Existenzberechtigung nach. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der Auf- und Ausbau der Social-Media-Abteilung eine Investition, die sich im Vergleich zu anderen effizienten Werbemaßnahmen, wie z. B. Google Adwords, beweisen, schließlich wirtschaftlich rentieren muss. Zur Veranschaulichung ein fiktives Beispiel: Spätestens, wenn ein Social-Media-Business-Manager den doppelten Umsatz wie eine Verkäuferin erzielt oder ein Social-Media-Business-Manager doppelt so viel Nachfragen und Beschwerden abarbeitet wie ein Call-Center-Mitarbeiter und zusätzlich über die Multiplikatorwirkung noch positive Imageeffekte erzielt, wird klar, wie effizient Social-Media-Content sein kann. Die Effizienz-Messung erfolgt mithilfe von KPIs, den sogenannten Key Performing Indicators. <?page no="231"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 232 Definition: Key Performing Indicators Key Performance Indicators (Kurzform: KPIs) sind Schlüsselkennzahlen, die die Leistungsfähigkeit eines Mediums, eines Produktes, einer Dienstleistung oder des ganzen Unternehmens messen. Die unterschiedlichsten Kenngrößen dienen als Zielvorgaben, zum Vergleich zwischen Soll- und Ist-Leistung sowie zur Bewertung der relativen Marktposition im Wettbewerb. KPIs ermöglichen Personen, Investitionen und Prozesse zielorientiert zu analysieren und zu optimieren bzw. die Unternehmens- und Leistungsfähigkeit besser nach innen und außen zu kommunizieren. (eigene Definition) Das Leben ist eine »Excel-Tabelle«. Oder neutraler und fachlicher ausgedrückt: Am Ende einer Kampagne zählt, was hinten mit konkreten messbaren Erfolgen in Zahlen belegt werden kann. Da erstaunt die Analyse: »Die meisten Unternehmen haben kein funktionierendes Erfolgsmessungssystem für ihre Social-Media-Aktivitäten« (Krause/ Golkowsky, 2014, S. 143). Ausgangspunkt für eine spezifische Social-Media-KPI- Ableitung ist das folgende Zehn-Schritt-System. Abb. 121: Ableitung des Social-Media-Business-Content-KPI-Systems in Unternehmen <?page no="232"?> 11.8 Key Performance Indicators (KPI) 233 Die zehn Schritte zur effizienten Erfolgsmessung beruhen auf einer Kombination von betriebswirtschaftlichen, marketingspezifischen und medialen Standards. Es ist ein Regelkreis, der selbst kontinuierlich verbessert werden muss (KVP =-kontinuierlicher Verbesserungsprozess). Eine besondere Rolle für die Erfolgsmessung spielt neben den präzise abgeleiteten KPIs die Auswahl der Monitoring- oder Analysesysteme, die diese Daten möglichst kostengünstig, schnell und leicht verständlich erheben. Dazu mehr im nächsten Abschnitt. Definition der vier Entwicklungsstufen Nicht alle Unternehmen bedürfen eines Social-Media-Auftritts, und nur wenige Unternehmen sollten die höchste und kostenintensivste Entwicklungsstufe 4 in der achten Kategorie, »Key Performing Indicators«, siehe nächste Abbildung, realisieren. Die Metzgerei um die Ecke, die einen Facebook-Auftritt als Image-Maßnahme oder zur Tagesgericht-Promotion eingerichtet hat, misst den Erfolg anders als eine deutsche Großbank. Diese muss schnellstmöglichst erfahren, wenn tausende Kreditnehmer im Netz gegen zu hohe Überziehungszinsen protestieren, sei es in Berlin, Wien oder London. Mithilfe der nächsten Abbildung können Sie erkennen, welche Entwicklungsstufe eines KPI-Systems für Sie infrage kommt. Abb. 122: SoMeBizCo (8x4)-Entwicklungsstufen in der achten Kategorie »Key-Performing Indicators« (KPIs) Stufe Ausprägungen 1 Einfache Auswertung von systemeigenen KPIs, wie z. B. Likes, Shares, Kommentare 2 =-1 + KPI-Monitoring des eigenen Unternehmens und der Konkurrenz 3 =-2 + Web-Analytics aller Netzdaten zur KPI-Messung und Optimierung 4 =-3 + High-End-KPI-Analytics durch Real-Time-Erfassung von Web-, CRM- und Finanzdaten, Abgleich der Social-Media-Business-Content-KPIs mit den Unternehmenszielen Je nach Art und Größe des Marktes und des Unternehmens, seiner Affinität zu digitaler Kommunikation, je nach E-Commerce-Fähigkeit des Produktes und der Preishöhe (Impuls-, Konsum- oder Investitionsgut? ) und des Social-Media-Content-Einflusses auf das Image und die Produktnachfrage macht es Sinn, einfache, kostenlose Monitoring-Tools oder High-End-Analyse-Tools auszuwählen. Die systematische Bewertung von Social-Media-Monitoring-Tools ist eine Wissenschaft für sich. Das Online-Portal onlinemarketing-praxis zählt allein über 40 kostenlose Monitoring- Tools für facebook, twitter und youtube (vgl. Onlinemarketing-Praxis, 2015). <?page no="233"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 234 Robert Regendantz, Mitglied der studentischen Forschungsgruppe Social-Media- Business-Content im Wintersemester 2014/ 15, unterscheidet zwölf zentrale Kernkriterien, die für die Anschaffung beziehungsweise für die Bewertung von Social-Media- Tools relevant sind (Regendantz, 2014, S. 14-17). Diese werden im Folgenden verkürzt mit jeweils einer Schlüsselfrage dargestellt. 1. Social-Media-Erfassung: Welche Social-Media-Kanäle können ausgewertet werden? 2. Datenqualität: Mit welcher Technik werden Daten erhoben und verarbeitet? 3. Skalierbarkeit: Wie entwickelt sich die Auswertungszeit bei weiter steigender Datenmenge? 4. Services und Reports: Inwieweit können die Standardberichte individualisiert werden? 5. Schulungen: Inwieweit sind Onund/ oder Offline-Schulungen notwendig? 6. Erkennung von Fachsprachen: Wie umfangreich ist ihr deutsch-englisches Fachsprachlexikon für unsere Branche? 7. Mehrsprachigkeit: Wie viel Sprachen unterstützen sie? 8. Workflow-Unterstützung: Wie präzise sind Rechte und Zukunftsprozesse definiert? 9. Datenintegration: Inwieweit kann das Tool in unser CMS-, CRM-, ERP-System integriert werden? 10. Alarm-Funktion: Inwieweit können spezifische Alarmprozesse programmiert werden? 11. Preismodell: Wie wirken sich mehrere User, zusätzliches Datenvolumen, weitere Funktionen beziehungsweise Spezialanpassungen auf den Preis aus? 12. Compliance: Inwieweit steht ihr System für ein rechtssicheres und seriöses Vorgehen? Konkrete Empfehlungen für das eine oder andere Social-Media-Monitoring-Tool lassen sich nur nach einer umfangreichen, unternehmensspezifischen Einzelfallbetrachtung aussprechen. Praxisbeispiele für die vier Entwicklungsstufen Shitstorms werden nicht angekündigt. Und wenn sie auftreten, ist es fast zu spät für eine abgestimmte Reaktion. Es sei denn, das Social-Media-Management-System hat rechtzeitig die Anti-Stimmung im Netz erfasst und dem zuständigen Social-Media- Verantwortlichen einen Alert gemailt. Das können inzwischen schon viele Tools, z. B. das kostenlose google analytics. Für die Planung, Steuerung und Verbreitung von Social-Media-Content ist ein Zusammenspiel von verschiedenen Tools und Techniken nötig. Die folgende Abbildung skizziert dies. <?page no="234"?> 11.8 Key Performance Indicators (KPI) 235 Für die meisten Unternehmen ist der Einsatz komplexer Social-Media-Management- Tools nicht nötig, da sie überdimensioniert, zu investitions- und pflegeintensiv sind oder das kompetente Personal für die Bedienung fehlt. Für die im Punkt 11.2 dargestellten Entwicklungsstufen 1 oder 2 bieten sich kostenlose Tools an. So benötigt das in Kapitel 11 genutzte likealyzer-System keinerlei persönliche Daten. Studierende können facebook-Fanpages mit likealyzer analysieren, ohne eine E-Mail-Adresse zu hinterlassen. Zudem spricht für likealyzer, dass es bereits nach drei Sekunden konkrete Empfehlungen für die Optimierung einer facebook- Seite ausspricht sowie die relative Unternehmens-Positionierung zu den Mitbewerbern ersichtlich ist. Im Vergleich dazu bietet z. B. google analytics nicht nur eine facebook-Analyse, sondern eine Auswertung von allen sozialen Medien an, die in google Abb. 123: Social-Media-Technologie-Landschaft <?page no="235"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 236 analytics mit der URL eingegeben werden können; zudem ist mit google analytics noch eine Auswertung von über 30 Sprachen und eine kostenlose Alarmmeldung möglich. Auf der Entwicklungsstufe 3 bietet quintly mehrere preislich abgestufte Real-Time-Erfassungssysteme an; die reine facebook-Analyse ist wie bei likealyzer kostenlos und sehr komfortabel. Der User muss sich aber dafür registrieren. radian6 verspricht das, was mit dem Terminus Social-Media-Business-Content in Kapitel 11 angesprochen wurde: eine ganzheitliche Real-Time-Online-Auswertung dazu, welcher Content zu welchen Leads und zu welchen Umsätzen führt. Abb. 124: Potenzielle Monitoring-Tools für die Entwicklungsstufen 1 bis 4 Stufe Monitoring- Tools »Kosten« (Stand 23. März 2015) Zentrale Vorteile 1 LIKEALYZER 0,00 € keine Registrierung notwendig Cockpitfunktion: alle Daten auf einen Blick nach ca. 5 Sekunden Erfassung aller FACEBOOK -Indikatoren sowie-PTAT und Engagement-Rate Dokumentation der relevanten Mitbewerber Datenbasis: die letzten 25 Posts 2 GOOGLE ANALYTICS Einrichtung eines GOOGLE -Accounts, Nutzung der Daten durch GOOGLE Analyse aller relevanten sozialen Medien im Hinblick auf Reichweite, Relevanz und-Conversions, als Premium-Edition verfügbar 3 QUINTLY 69 $ pro Monat Real-Time-Online-Erfassung aller markenrelevanten sozialen Medien über die letzten drei Monate; ab 399 $ Analyse der-»Key Influencer« 4 RADIAN6 ab 600 € im Monat RADIAN 6 als Teil des CRM von Sales Force erkennt den Content, der zu mehr Umsatz führt, in Echtzeit und bedient mit einem eigenen CMS alle Kanäle. Dies ist offensichtlich eine höchst unvollständige Übersicht. Sie vermittelt dennoch einen knappen Überblick, welche Analyse-Möglichkeiten sofort gratis für Jedermann möglich sind und wie die Global Player mit extrem mächtigen Big-Data-Tools jeden Content ökonomisch taxieren können, ob er verkauft oder nicht. Mit einem integrierten CMS wird dann der verkaufsstärkste Content auf allen Kanälen gepostet und weiter optimiert. Dies ist bei der Bezifferung der journalistischen Wirkung von Content ungleich schwerer. <?page no="236"?> 11.8 Key Performance Indicators (KPI) 237 Literatur &-Links Afri Cola (2014): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ afri.fanseite? fref=ts, Abruf am 20.10.2014. Afri Cola (2015): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ afri.fanseite? fref=ts, Abruf am 09.02.2015. Aldi Süd (2015): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ ALDI.SUED, Abruf am 15.02.2015. Allianz (2015): https: / / www.allianz.de/ , Abruf am 01.04.2015. 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L’Oréal Paris (2015): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ LOrealParis DE? fref=ts, Abruf am 16.02.2015. <?page no="239"?> 11 Anwendung des SoMeBizCo-Modells in der Praxis 240 Marsden, P./ Chaney, P. (2012): The Social Commerce Handbook, MCGraw-Hill. Meffert, H./ Burmann, C./ Koers, M. (2005): Markenmanagement: Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, Wiesbaden. meinfoto (2015): Unsere Kunden lieben uns! , in http: / / www.meinfoto.de/ testsiegepreistipps-empfehlungen/ , Abruf am 15.01.2015. Metzgerei B (2015): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ MetzgereiB Unterhaching? fref=ts, Abruf am 16.02.2015. Müller Milch (2015): http: / / www.muellermilch.de/ , Abruf am 01.04.2015. Norton, M. I. (2009): The IKEA Effect: When Labor Leads to Love, in: Harvard Business Review. Vol. 87, Nr. 2 (Februar 2009), S. 30. Nushu (2015): Facebook-Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ Nushu.Wuerzburg, Abruf am 16.02.2015. 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Ist es möglich, je nach Unternehmens-Positionierung idealtypische Kampagnen-Konzepte aus SoMeBizCo (8x4) abzuleiten, z. B. »High End«, »Kreativität«, »Markenprofilierung« oder »Kostenführerschaft? « Wie können diese mit SoMe- BizCo (8x4) beschrieben werden? <?page no="242"?> 243 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content Thilo Büsching 12.1 Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« von AMAZON am-20. Januar 2015-- wie Sie mit Social-Media-Business- Content Kunden gewinnen Die folgende Fallanalyse wendet die oben eingeführte Terminologie an, vertieft und ergänzt die Zusammenhänge und führt praxisorientiert in den Komplex Social-Media-Content ein. Der »Toaster-und-Ei-Koch- Post« vom 20. Januar 2015 erbrachte für AMAZON 2.536 Likes, 185 Kommentare und 186 Teil-Aktionen innerhalb von acht Tagen (Stand: 28. Januar 2015). Ein deutlich besseres Ergebnis erzielte im 4. Quartal 2014 nur der 5.000 €-Einkaufsgutschein mit 9.103 Likes, 389 Kommentaren und 309 geteilten Posts. Dieser wurde im Weihnachts-Gewinnspiel 2014 ausgelobt. Welche Aufgabe musste gelöst werden, um die 5.000 € zu gewinnen? »Um teilzunehmen, müsst ihr lediglich euer AMAZON -Konto mit FACEBOOK verknüpfen« (Amazon 2015a). Mit der saloppen Fragestellung »Ist das was für euch? « wird der halbwegs interessierte User motiviert, das Produkt genauer zu beäugen. Der Post ist gut konstruiert und geschrieben, da AMAZON ein General-Interest-Thema mit einem innovativen Produkt vorstellt und mit einer geschlossenen Frage eine spontane Meinungsbildung provoziert. Jeder AMAZON -Kunde kann bei Interesse mit zwei Klicks -- ein Klick auf den FACEBOOK -Link und ein Klick auf den gelben Button rechts oben »Jetzt mit <?page no="243"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 244 1-Klick® kaufen«-- in Sekundenschnelle das »Frühstückswunder« kaufen. Mit einem sehr einfachen Gewinnspiel animiert AMAZON möglichst viele Kunden dazu, den technischen Miniprozess zu nutzen. Aus Sicht der Unternehmen, die auf Social Commerce in ihrer E-Commerce-Politik setzen, geht es kaum besser, da Social Commerce mit niedrigen Werbeaufwendungen einhergeht. Die Werbung wird qua Empfehlungen von den Kunden selbst produziert. Empfehlungsmarketing ist das beste, weil glaubwürdigste Marketing, zumal dann, wenn die Empfehlungsgeber das Verbrauchs- oder Investitionsgut aus eigener Erfahrung kennen. Ziel im Social-Media-Business-Content ist es, so viel Interesse zu erzeugen, dass die AMAZON -Fans auf den Shortlink zur AMAZON -Homepage klicken. Diese Short Story mit offenem Ende hat analytisch betrachtet viele Content-Facetten: 1. Ist sie eine journalistische Mini-Geschichte zum Thema »Frühstücksgewohnheiten in Deutschland«, Media-generated-Content zu einem bunten Panorama- Thema. Das lädt den erzählfreudigen Social-Commerce-Texter ein, am nächsten Tag nachzufassen, z. B. mit: »Wie frühstücken deutschen Filmstars? «, um damit z. B. eine Grapefruitsaftpresse zu bewerben. Für einen Journalisten, der über die großen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Zusammenhänge aufklären, informieren und die Welt verbessern will und nur der Wahrheit verpflichtet sein möchte, ist diese Aufgabe vielleicht unter seinem Anspruch. Oder moralischer formuliert: unter seiner Würde bzw. passt diese Aufgabe nicht in sein Berufsbild. Für einen kreativen, kunden- und verkaufsorientierten Texter, der innerhalb von Stunden ein vielfältiges emotionales und wirtschaftlich relevantes Feedback erhält, kann dies eine spannende Aufgabe sein, zumal Amazon über ein breites und tiefes Produktsortiment verfügt. Wir sehen hier in aller Kürze wie Social-Media-Content in Social-Media-Business-Content verwandelt wird und im Sinne von Social Commerce verkauft. Diese Art von Werbemechanik gibt es seitdem, Künstler Diät halten und sich für Saftpressen begeistern, viele tausend Jahre. Nur konnte der Kunde, der das gleiche Schöne, Gute, Wahre wie der Künstler erwerben will, nicht innerhalb von Sekunden erkennen, dass Hunderte andere, darunter die eigenen Freunde, »Toast n’Egg« ebenfalls hipp finden. Schließlich war es Jahrtausende nicht möglich, es innerhalb von Sekunden vom heimischen Sofa aus zu bestellen. Dies ist nun in der neuen Medien-, Marketing- und E-Commerce-Welt ein Kinderspiel. 2. Besteht die Short Story aus Content-Marketing im Gewande einer Mini- Marktforschung zu den Forschungsleitfragen: »Wer in dieser Zielgruppe frühstückt Toast und Ei zusammen? « und »Wer hat dafür noch keine passende technische Lösung und braucht eine von Tefal? « sowie <?page no="244"?> 12.1 Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« 245 »Wie schneiden die Toast n’Egg-KPIs ›Gefällt mir‹, ›Kommentieren‹, ›Teilen‹ zum Lead (sucht Produktseite auf ) und Sale (der Kunde kauft tatsächlich das Produkt nur nach einem Impuls auf FACEBOOK ) in Relation zu anderen Gebrauchsgütern ab, die ebenfalls auf AMAZON beworben werden? « Inwieweit ist diese Werbeform für Toast n’Egg effizienter im Vergleich zu allen anderen operativen Marketingmaßnahmen von AMAZON für Küchengeräte? Der Post ist Branded-generated-Content für die Marke Tefal (das Tefal-Logo ist in der Perspektive nur mühsam erkennbar). Allerdings wird die Marke nicht genannt, obwohl Tefal schon 1954 die erste Pfanne mit Antihaft-Versiegelung herausbrachte und zudem Weltmarktführer bei elektrischen Kleingeräten zur Speisezubereitung, bei der Getränkezubereitung, bei Bügeleisen und Personenwaagen sowie im Produktbereich Schnellkochtöpfe ist (Tefal, 2015). Warum wird so eine bekannte Marke nicht in den Vordergrund gestellt? Wird hier ein Produkt nur des besonderen Themas »Kombi-Frühstück« wegen präsentiert, um Aufmerksamkeit zu erheischen, und nicht wegen seiner Produkt-Qualität? Die Antwort finden Sie unter 3. 3. Bietet der Post eindeutig mit dem Short- Link http: / / amzn.to/ 1J245JH eine Ware zum Verkauf, ist transaction-dominated Branded-generated-Content. Wie viele Fans werden nun den Toaster und Eierkocher aufgrund des FACEBOOK -Posts gekauft haben? Das wissen wir natürlich nicht, und AMAZON wird sich hüten, diese sensiblen Daten preiszugeben. Was können wir begründet vermuten? Die Sachlage ist rätselhaft, denn der ausgelobte »Tefal 2 Scheibe-Toaster und Ei-Kocher-- TT550015- ** U. K.IMPORT **« (Amazon, 2015b) hat nur drei Bewertungen und schneidet mit 3,5 von 5 Sternen nicht mehr gut ab. Er wird nicht von AMAZON direkt, sondern von ISHOP CRYTALS verkauft, hat keine Prime-Funktion, kann nicht innerhalb von 24 Stunden geliefert werden. Wurde hier etwa ein Ladenhüter angeboten? Neugierig geworden, folgen wir unserem Entdeckerdrang, klicken auf »3 Kundenrezensionen« und sehen, dass eine der drei Bewertungen nur zwei Sterne vergeben hat: Die Überschrift »unnütz« dieser Bewertung lässt nichts Gutes ahnen (Amazon, 2015c). Nun schweift der Blick nach rechts zu der informativen Rubrik: »Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, haben angesehen«. Überraschung! Dort gibt es den baugleichen französischen Toast n’Egg mit 42,90 € um 39 Prozent günstiger als die englische Version. Noch wirkungsmächtiger als der Preis sind die statistisch signifikanteren 188 Bewertungen mit durchschnittlich 4,5 Sternen, ein ganzer Stern besser als die <?page no="245"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 246 Bewertung der auf FACEBOOK geposteten Maschine. Zudem ist das Gerät noch mit Toasteraufsatz attraktiver fotografiert und kann den Prime-Kunden sofort geliefert werden (siehe Abbildung rechts; Amazon, 2015d). Der wohl längste Post mit einer 5-Sterne-Wertung kommt auf 563 Wörter. 80 von 82 Kunden fanden die Rezension von Egbert Huber vom 18. Juli 2012, einem der »Top 50 Rezensenten«, als hilfreich (Amazon, 2015d). Egbert Huber mit dem Pseudonym »Washington« hat 636 Rezensionen verfasst (Stand: 2. Februar 2015, Amazon 2015i). Das weltgrößte B2C-Handelsunternehmen hat ein eigenes System entwickelt, das Rezensenten systematisch qualifiziert: »Der Rang eines Rezensenten wird anhand der Nützlichkeit aller Rezensionen und unter Berücksichtigung der Anzahl der abgegebenen Rezensionen bestimmt. Alle Rezensenten, die in die 10 Top von Amazon aufsteigen, sei es nur für einen Tag, werden als Hall of Fame-Rezensenten (Hervorhebung von uns) des jeweiligen Jahres anerkannt. […] Wenn Ihr aktueller Rezensentenrang 1000 oder besser ist, erhalten Sie ein Abzeichen für Top-Rezensenten. Es gibt sechs Plaketten: Top 1000-Rezensent, Top 500-Rezensent, Top 100-Rezensent, Top 50-Rezensent, Top 10-Rezensent und Rezensent Nr. 1.« (Amazon, 2015e). Die Rezensenten erhalten von AMAZON für das Posten von Kommentaren kein Honorar, zumindest wird das nirgends publiziert. Klar ist, je mehr Rezensenten ein Produkt würdigen, desto höher ist die Aufmerksamkeit für dieses Produkt. Andersherum gilt: Je attraktiver ein Produkt beschrieben und wahrgenommen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Rezensenten, eine »hilfreich-Bewertung« zu bekommen. AMAZON versucht, über eine Funktion »Rezensionen zu Artikeln, deren Kauf von Amazon bestätigt wurde« die Glaubwürdigkeit einer Produktrezension zu erhöhen (Amazon, 2015h). Nach ökonomischer Logik verstärken sich attraktive, reichtweitenstarke Produkte und viele gute Rezensenten, die über ein attraktives Produkt schreiben, in einem Virtuos Circle-- in einer positiven Aufwärtsspirale, da für beide mehr materieller Nutzen zu erwarten ist. Mehr Posts ziehen mehr Rezensenten an, mehr Rezensenten führen zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Produkt, und diese führt zu mehr »hilfreich-Bemerkungen« für den Rezensenten. Im Umkehrschluss ziehen weniger gute Produkte nur wenige Rezensenten an, ähnlich wie bei der Relation von journalistischer Qualität eines Mediums und Arbeitgeberattraktivität für die dort schreibenden Journalisten. Allerdings erhalten Journalisten in den Medien (Print, Radio, TV, Online) für mehr Reichweite ein höheres Einkommen, da mehr Reichweite bei werbefinanzierten Medien höhere Werbeerlöse pro Mitarbeiter bedeuten und damit in der Regel eine höhere publizistische Qualität einhergeht sowie ein höherer Verkaufspreis bzw. bei kostenlosen Medien zu einer höheren Nutzungsdauer führt. Ein weiterer Virtuos Circle. <?page no="246"?> 12.1 Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« 247 Je weiter ein Rezensent in der Rangliste bei AMAZON aufsteigt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er von Werbeagenturen angesprochen wird, gegen eine »Aufwandsentschädigung« ein Produkt-Post für die Agentur-Auftraggeber zu schreiben, da dies den Verkauf fördert. Rezensenten mit Erwerbsstreben führen nicht nur eine öffentliche Wunschliste auf AMAZON , sondern akquirieren gezielt Geschenke, über die sie dann schreiben: »Da einige meiner Wunschzettel öffentlich sind, habe ich nichts dagegen, wenn man mir etwas kauft.-- P.« (Amazon 2015k). Für »Hobby-Produktjournalisten« könnte diese Einnahme attraktiv sein, da es ihren Zeitaufwand und ihre Kompetenz honoriert. Und weil sie, z. B. als Studierende, materiell darauf angewiesen sind. Der Rezensent kann allein für den Post entlohnt werden, ohne jegliche Vorgabe für das, was er schreibt. Allein dass ein »Amazon- 50-Rezensent« ein Produkt fundiert und differenziert würdigt, wertet ein Produkt auf. Es ist nicht ehrenrührig zu behaupten, dass der Rezensent von der Agentur, die noch weitere Marken in den sozialen Medien berät, weitere gut bezahlte Aufträge erhalten möchte. Hätte er doch diese Produktrezensionen ohnehin erwogen, wird er moralisch argumentieren. Mit dieser »Schere im Kopf« wird er in seinem Streben nach Anerkennung und Honorar diese Agentur nicht enttäuschen wollen; denn normalerweise möchten wir von einem Kunden weitere Aufträge. Es liegt in der Natur der Sache, dass valide empirische Forschung, in der die Probanden aufgrund ihrer Doppelrolle mit authentischem non-sponsored transaction-dominated branded-related UGC und fremdfinanzierten, sponsored transaction-dominated UGC wahrheitsgemäß antworten, an Grenzen stößt. Nur der Wahrheit verpflichteter non-sponsored transaction-dominated branded-related UGC kann durch die Finanzierung Dritter in sponsored transaction-dominated UGC verwandelt werden: Dies verfälscht das Image von Social-Media-Business-Content. Inwieweit spielten diese Zusammenhänge bei unserem Duo-Zweck-Vehikel eine Rolle? Wie FACEBOOK -Fans über den Frühstücks-Boy mit zwei Funktionen urteilen: Die Fans, hier Frau »Ma Rion« und Günter Stauder, relativieren in ihrem Post vom 25. und 26. Januar 2015 die 5-Sterne-Bewertung von »Washington« (Amazon, 2015c) auf der Website. Die Qualitätssicherung von Produkten und Posts im Netz funktioniert in diesem Fall. Wir verstehen, dass wir uns bei allen Produkten, bei denen es keinen unabhängigen aktuellen Test gibt, selbst ein genaues Bild machen müssen. Wie schwer dies trotz 188 Rezensionen (davon 113 mit 5 Sternen für die <?page no="247"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 248 deutsche, im Preis reduzierte Version) ist, zeigt die Kundenrezension von Rainer Ott vom 30. Mai 2014. Rainer Ott hat neun Kundenrezensionen verfasst (Stand: 2. Februar 2015) und liegt damit auf Platz 200.795 bei den Top-Rezensenten (Amazon, 2015f ). Die pure Zahl von über 200.000 Rezensenten allein demonstriert eindrucksvoll, dass Social-Media-Business-Content keine Randerscheinung ist, sondern Kundenprodukt- und Markenbewertungen die Kaufentscheidungen der Deutschen im Online- und Offline-Handel maßgeblich beeinflussen können. Vom 18. September 2009 bis zum 3. Dezember 2014 hat Herr Ott neun Rezensionen verfasst, dabei sechs Mal über Produkte, die er selbst gekauft hatte. Dies wird bei Amazon als »Verifizierter Kauf« gekennzeichnet. »Die Kennzeichnung der Rezension als ›Von Amazon bestätigter Kauf‹ soll unseren Kunden helfen, die Qualität und Relevanz einer Produktrezension einzuschätzen« (Amazon, 2015g). Der Post von Rainer Ott unterstreicht die gute oder sehr gute Leistung des Küchenhelferleins. Es ist seiner subjektiven Meinung überlassen, ob die kleinen (oder großen? ) Mängel einen Abzug von zwei Sternen auf drei Sterne rechtfertigen; andere hätten vielleicht trotz der Einschränkungen fünf Sterne verteilt. Auf jeden Fall tragen die Art und Menge der Rezensionen dazu bei, dass sich jeder Interessent eine differenzierte Meinung bilden kann und dabei scheinbare Nebenaspekte gewürdigt werden. Nehmen wir zugunsten von Tefal und AMAZON an, <?page no="248"?> 12.1 Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« 249 dieses Produkt sei ein margenstarker Bestseller, der seit vielen Jahren unverändert hergestellt wird. Warum bewarb die AMAZON -Social-Media-Abteilung nicht gleich den im Preis reduzierten Kleinspeisenzubereiter offensiv auf FACEBOOK ? Warum ist die offensichtlich teurere, mit nur drei Kundenrezensionen geringer beachtete Version von Toast n’Egg auf FACEBOOK promotet worden? Ökonomisch, werbepsychologisch und organisatorisch spricht einiges dafür, dass der teurere Import-Toaster und Eierkocher nur ein werbetaktischer Lockvogel ist, damit die Interessenten sofort nach dem ersten Klick eine günstige Gelegenheit entdecken. 39 Prozent Rabatt ist ein Schnäppchen für ein Produkt, das ich will. Zudem entkräften die zahlreichen positiven Social-Media-Business-Content-Beiträge die Einwände. Für die Lockvogeltheorie spricht, dass Sascha Behrens gleich am 25. Januar 2015 postete: »Dann verlinkt doch wenigstens die Version mit deutschem Anschlusskabel (http: / / www.amazon.de/ …/ dp/ B001F1USVO/ ref=cm_cr_dp_asin_lnk) und nicht die mit UK Stecker-… (Amazon, 2015f )«. Darauf erfolgte von AMAZON keine Antwort (ebenda). Wir fassen zusammen: AMAZON setzt in der Onsitepromotion, dem Wechselspiel von FACEBOOK und AMAZON , auf eine Best-Preis-Strategie, emotionale Anreize und auf Kundenkommentare, die die Produktberatung übernehmen. Die Qualität der Bei- <?page no="249"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 250 träge sichert ein differenziertes Rezensentensystem, in dem die Art und Menge der Rezensionen großen Einfluss haben auf die Kaufentscheidung. Ziel ist es, dass jeder potenzielle Käufer das für ihn passende Produkt findet, mithilfe von non-sponsored oder sponsored Social-Media-Business-Content. Der Transaction-dominated Branded-related-UGC verstärkt die Werbewirkung des Transaction-dominated-Branded-generated-Content, wenn er sie nicht sogar entscheidend beeinflusst-- positiv wie negativ. Auf Basis dieses Fallbeispiels haben wir Social-Media-Business-Content-Handlungsempfehlungen für Unternehmen zusammengestellt, die von den Best Practices von AMAZON lernen wollen: 1. Posten Sie bevorzugt Themen, die an ein Basisbedürfnis (hier Frühstück/ Essen) ansetzen, da dies potenziell alle interessiert. 2. Verknüpfen Sie dieses Basisbedürfnis mit einer kreativen Idee, die Neugierde weckt und zu mehr Aufmerksamkeit führt (hier: ein Toaster, der Eier kocht). 3. Stellen Sie eine einfache geschlossene Frage oder eine Alternativfrage, die den Kunden motiviert, sich weiter mit dem Produkt zu beschäftigen, das Involvement erhöht. Er ist Fan von Ihnen oder zumindest Interessent-- sonst wäre er nicht auf dieser Seite. Also ist Ihre Erwartung, dass er Ihre Angebote kommentiert, kein überforderndes oder distanzloses Ansinnen. 4. Verlinken Sie das Produkt auf eine Landingpage, die direkt zum Bestellvorgang führt. 5. Bieten Sie eine sofort sichtbare attraktive Alternative an, die den Spar- und Schnäppchentrieb anspricht, sprich einen starken materiellen Vorteil bietet (hier: 39 Prozent Rabatt). 6. Verstärken Sie den Kaufwunsch, indem Sie die Markenqualität betonen-- dies wurde in diesem Post und auf der Landingpage unterlassen, vermutlich, weil sich dann alle anderen Anbieter auf AMAZON ebenfalls so eine prominente Inszenierung wünschen würden. 7. Bieten Sie Ihren zufriedenen Kunden die Möglichkeit, ihre positiven Produkterfahrungen in glaubwürdige Empfehlungen umzuwandeln, die sich direkt auf das Produkt beziehen 8. Sichern Sie die Qualität a) der Rezensionen, indem Sie diese bewerten lassen, und b) der Rezensenten, indem Sie ausweisen, dass diese Produkte tatsächlich von dem Rezensenten gekauften wurden. 9. Ehren Sie Ihre Rezensenten, die mit ihrem Social-Media-Business-Content SEOrelevante Beiträge posten. So führt die Anfrage »Bewertung Toast n’Egg Rezen- <?page no="250"?> 12.2 Fallbeispiel »Michael-Kors-Handtaschen« 251 sion hilfreich« direkt zum Kommentar des Rezensenten »Washington« (Platz 1 der originären Anzeige bei GOOGLE ; Google, 2015), den 81 von 83 Kunden als »hilfreich« eingestuft haben. 10. Optimieren Sie das Design und die Usability so, dass günstigere Angebote im prognostizierten Blickverlauf schnell zu erkennen sind und der Kunde sie bemerkt. Ein kurzes Scrollen und Suchen lohnt sich immer auf Ihrer Seite. Wir wissen zwar immer noch nicht, wie viele Personen auf AMAZON dieses nützliche Kombinationsprodukt nach zwei Klicks gekauft haben. Wir verstehen aber, über welchen Content-Instrumentenkasten die AMAZON -Social-Media-Redaktion verfügt und können annehmen, dass der weltweit erfolgreichste B2C-Handelskonzern seine Kampagnen zielgruppenspezifisch und zielkongruent mit einem genauen Redaktionsplan über die verschiedenen Medienkanäle steuert. Für diese Art von Kampagnen stellen wir in Kapitel 10 mit »SoMeBizCo 8 x4« ein eigenes System vor. 12.2 Fallbeispiel »Michael-Kors-Handtaschen« mit bis zu 351.976 FACEBOOK -Likes Das folgende Fallbeispiel »Handtasche von Michael Kors« mit 351.976 Likes auf facebook illustriert, wie sich Marken auf facebook positionieren, wie viele Likes ein Produkt auf sich vereinen kann. Nach diesem Fallbeispiel, das die Faszination, die Verführung und die Wirkungsmöglichkeiten mit einem einzigen Text-Bild-Post illustriert-- das der schwarz-blauen Handtasche mit dem Michael-Kors-Logo in Gold--, widmen wir uns der Entwicklung und der Bedeutung von Social-Media-Content- Modellen. Ist es letztlich nicht der schöne (digitale Content-)Schein, der uns in irgendeiner Form- - pointierte Headlines, erlesene Texte, gestylte Bilder, raffinierte Filmstories, überraschende Animationen-- für eine Idee, ein Unternehmen, ein Produkt begeistert? Die Analyse des Fallbeispiels »Michael-Kors- Handtaschen mit bis zu 351.976 facebook-Likes« gibt die Antworten. Bühne frei. Michael Kors gehört mit seinen 16.461.300 Likes zu den führenden Marken auf FACEBOOK (Michael Kors, 2015a). Nur die jugendlichen Mode-Marken Zara und H&M, die von der FACEBOOK -Affinität ihrer Kernzielgruppe, junge Leute zwischen 6 und 29, profitieren, weisen mehr Likes auf. Zara führt mit 24.062.492 (Zara, 2015) vor H&M mit 22.252.774 (H&M, 2015) »Gefällt mir«-Angaben (Stand: 03.02.2015). Die sozia- <?page no="251"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 252 len Medien im Allgemeinen und FACEBOOK insbesondere sind eine ideale Bühne für Luxusmode, denn die Zielgruppe genießt es, sich mit schönen Kleidern, Schuhen, Accessoires und Schmuck, einem Hauch von Luxus und exquisitem Geschmack-- was immer das ist-- zu umgeben. Per Imagetransfer vermögen diese Marken die Persönlichkeit der Damen und Herren, die sie tragen, zu akzentuieren und zu profilieren. Und ihnen, sofern gewünscht, einen Hauch von Glamour und »You are Hollywood« zu verleihen. Zumindest den Käuferinnen und Käufern, die sich in dieser Luxus-Szene auskennen und wohlfühlen. Michael Kors ist einer der führenden Designer in den USA und hat z. B. das schwarze Kleid, das Michelle Obama auf ihrem ersten Foto als Präsidentengattin trug, designed (Wikipedia, 2015). Das 1981 gegründete Modeunternehmen Michael Kors sieht sich als Synonym für luxuriöse Mode mit sportlichen Akzenten, welche zeitlos und elegant ist. Die Marke repräsentiert einen globalen, luxuriösen Lifestyle und ist in 74 Ländern durch Stores vertreten. In einem Studienprojekt an der Hochschule für angewandte Wissenschaften im Schwerpunkt Betriebswirtschaft der Medien wurden im Untersuchungszeitraum vom 28. Dezember 2013 bis 28. März 2014 über 6.000 FACEBOOK -Posts von weltweit agierenden Modeunternehmen (Armani, Michael Kors, s.Oliver, Zara) auf FACEBOOK ausgewertet (Bürger/ Hennig/ Regendantz/ Sraka/ Weiss, 2014) und diese im Kontext eines zweijährigen Untersuchungszeitraums analysiert, davon allein 114 Posts der Kultmodemarke »Michael Kors«. Die Inszenierung der Marke Michael Kors mit durchschnittlich einem Post pro Tag erfolgt auf Basis eines klar durchstrukturierten Redaktionsplans (vgl. Bürger/ Hennig/ Regendantz/ Sraka/ Weiss, 2014, S. 20). Die zentralen Merkmale des Postingkonzeptes lassen sich gut am Beispiel »#FallingInLoveWith a natural beauty« nachvollziehen: - Alle Posts werden konsequent einheitlich gestaltet. - Der Text besteht aus 3-10 Worten mit den Textstilmitteln: Aussage, Behauptung, Aufforderung, indirekte Frage-- wie im Post unten. - Im Mittelpunkt steht in der Regel ein Produkt aus der aktuellen Kollektion mit einem weiblichen oder männlichen Model oder beiden Geschlechtern. - Die weiblichen Models sehen aus wie Mitte 20 und die Männer wie Anfang bis Mitte 30. Michael Kors arbeitet ausschließlich mit professionellen Models, hochwertigen und durchkomponierten Inszenierungen mit Produktfokus und Betonung des Jetset-Lifestyles, ohne »störende« Einflüsse des Büro- oder Familienalltags, die die Betrachter aus dem »Schöne-heile-Welt-Traum, aus dem imaginären Luxus-Märchenschloss herausreißen könnten. <?page no="252"?> 12.2 Fallbeispiel »Michael-Kors-Handtaschen« 253 Der sprachliche Stil stellt konsequent auf das emotionale und normative Nutzenbündel einer Marke und sehr selten auf das funktionale Nutzenbündel ab (vgl. zur Markendefinition: Büsching/ Goderbauer-Marchner, 2014, S. 81). Er thematisiert und/ oder kombiniert in einem Post (siehe Beispiel unten): a) Hinweise auf die positive, innige Beziehung zwischen der Trägerin und dem Träger eines Accessoires, b) mehrdeutige Anspielungen, da sich z. B. in unserem Beispiel der Wortgehalt von »a natural beauty« aus der Perspektive des Betrachters auf die Handtasche und zweitens auf jedes einzelne Model beziehen kann bzw. sich aus der Perspektive der Akteure im Bild auf die Handtasche wie auf ihr Verhältnis untereinander beziehen kann, c) das Verhältnis eines Produktes zu seiner Umwelt, d) Hinweise auf neue Kollektionen und Produkte, die präsentiert werden, e) Promotion von On- und Offline-Vertriebskanälen, f ) Jet-Set-Themen: »Von Shanghai nach New York-- Hole Dir eine Tasche, die die Nacht zum Leuchten bringt. Komme heute noch in den Store« (http: / / bit.ly/ ZeA1sA; Michael Kors, 2015b) sowie g) redaktionelle Standards, wie z. B. Geschenke zu Weihnachten, Ostern und zum chinesischen Neujahr. - Die organische Integration der Luxus-Produkte in die Szenerie, das Spiel mit den Themen, die aufwendige Inszenierung oder die bewusst angelegte Dop- <?page no="253"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 254 pel- und Mehrdeutigkeit kommunizieren stets Lebensfreude, Leichtigkeit und Genuss-- aus der Sicht der Autoren eine künstlichen Welt. - Jeder Text-Post schließt mit einem Link auf Website ab. - Es gibt keine Preisreduktion oder Rabattierung sonstiger Art. Diese kunstvoll kombinierten Merkmale erhöhen die Aufmerksamkeit, laden zum kurzen Verweilen und Entspannen ein und vertiefen so das Interesse und das Involvement der Betrachterinnen und Betrachter. Die Marke Michael Kors inszeniert sich als Symbol für die Botschaft: »Genieße Dein Leben, Deinen Reichtum mit exklusiven Produkten an einzigartigen Orten.« Spätestens 2013 hat Michael Kors FACEBOOK als ein zentrales Marketing-Instrument erkannt. Zweimal fiel die Marke Michael Kors wegen extrem hoher Like- Zuwächse auf FACEBOOK auf. Im September 2013 stieg die Zahl der Fans um rund 26 Prozent von 7 auf 9,5 Mio.-- in nur einem einzigen Monat (Bysani, 2013). Zum Vergleich: Die Edelmarke Louis Vuitton, die im Januar 2015 mit 18,6 Mio. in etwa genauso viel Likes wie Michael Kors (16,4 Mio.) aufwies, verzeichnete im September 2013 »nur einen Zuwachs von 300.000 Likes«. Im zweiten Fall erhielt eine am 9. Februar 2014 gepostete Handtasche über 350.000 Likes, etwa vier Mal so viel Likes wie andere von Michael Kors gepostete Handtaschen im Zeitraum vom 1. Januar bis 12. Februar 2015. Trotz der weltweiten Verbreitung, der konsequenten Inszenierung und dem doppeldeutigen Spiel mit Worten lässt sich spontan kaum erklären, wie die 2,5 Mio. Likes im September 2013 entstanden sein sollen und über 350.000 Personen eine einzige Handtasche »liken«. <?page no="254"?> 12.2 Fallbeispiel »Michael-Kors-Handtaschen« 255 Ist es denkbar, dass die börsennotierte Marke Michael Kors mit unlauteren Mitteln ihre Likes erhöht? Selbst die rhetorische Frage, die dadurch keine mehr ist, da sie hier mit »Nein« beantwortet wird, sollte sich nicht stellen. Laut LIKEALYZER beträgt die Engagement-Rate 1,13 Prozent am 11. Februar 2015 [»Die Engagementrate wird berechnet, indem man den PTAT (People Talking About This) durch die Anzahl an Likes teilt. Unseren Studien zeigen, dass Sie eine Engagementrate von mehr als 7 % haben sollten, um auf FACEBOOK erfolgreich zu sein«; Likealyzer, 2015]. Bei geschätzten 12 Millionen Likes im Februar 2014 und rund 400.000 geschätzten Personen (Likes plus Shares plus Comments), die darüber am 9. Februar 2014 sprachen, würde sich eine PTAT von drei Prozent ergeben, etwa 265 Prozent über der durchschnittlich gemessenen PTAT-Rate von Michael Kors auf FACEBOOK . Allerdings empfiehlt LIKEALYZER eine Engagement-Rate von mehr als sieben Prozent für Unternehmen, die auf FACEBOOK erfolgreich sein wollen. Diese werden allerdings von keinem der internationalen Konzerne wie z. B. H&M (1,18 %) oder Levis (1,1 %), s.Oliver (0,21 %) oder Zara (0,22 %) erreicht. Lediglich zahlreiche Mode-Nischenanbieter weisen PTAT-Werte im deutlich zweistelligen Bereich auf: Cute ’n Country (87,53 %), Country Thang (74,38 %) oder Sweet Southern Sass (55,79 %). Die thesenartige Mutmaßung, dass die über 350.000 Likes mit manipulativen Mitteln entstanden sind, die oben in den Punkten 1 bis 7 skizziert wurden, scheint nicht haltbar. Die über 350.000 Likes für eine Handtasche sind statistisch gesehen ein Ausreißer. Zumal Michael Kors weiß, welch negativer Shitstorm dem Unternehmen drohen könnte, wenn sich herausstellen würde, dass die Daten künstlich gefördert wurden. Ferner ist Michael Kors eine extrem bekannte und attraktive Marke. Dennoch erschien das Posting mit den meisten Produkt-Likes von Michael Kors in FACEBOOK -- »Blue skies ahead: Taking a break from #NYFW #AllAccessKors«-- am 18. Januar und 11. Februar 2015 nicht mehr auf FACEBOOK . Vielleicht ist die nachtblaue Handtasche vergriffen oder aus der Mode gekommen. Das Fallbeispiel von Michael Kors-- »Blue skies ahead: Taking a break from #NYFW #AllAccessKors«-- ist eine gute Einführung in die Vielfalt der Social-Media-Economics. Bei über 350.000 regulären Likes für ein einziges Produkt auf facebook lässt sich erahnen, wie wichtig es für ein Unternehmen ist, seine Marke systematisch zu positionieren und genau zu überlegen, wie welcher Content inszeniert wird, wie die Kunden zum Dialog eingeladen werden sollen und wie das ganze seriös zu messen ist. Ziel der Kapitel 10 und 11 ist es, diese Zusammenhänge weiter zu analysieren und mithilfe des Analyse- und Handlungsmodells SoMeBizCo (8x4) klare Handlungsempfehlungen für einen reichweitenstarken und überzeugenden facebook-Auftritt zu geben. <?page no="255"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 256 12.3 Fallbeispiel »Schadensersatzklage über 70.000 € wegen eines falsch montierten Fliegengitters« Thomas Allrutz brauchte für seine Küchenfenster ein Fliegenschutzgitter und kaufte dieses am 28. Juni 2013 für 22,51 € auf AMAZON ein. Nach seiner Aussage hielt er sich genau an die beigelegte Anleitung, die aber missverständlich formuliert gewesen sei (Borowski, 2014). In der Folge fiel das Gitter für das Fenster viel zu klein aus. Ein Versuch, die Angelegenheit telefonisch zu klären, führte zu keinem Erfolg. Deshalb bewertete Thomas Allrutz den Händler wörtlich wie folgt: »Die Lieferung erfolgte schnell. Das war das positive. In der Anleitung steht ganz klar. Man muss den Innenrahmen messen das ist falsch. Damit wird das ganze zu kurz! Die Ware selbst macht guten stabilen Eindruck, Der Verkäufer nie wieder! « (Tippfehler so im Original, der Verf.). Der Händler forderte ihn mehrere Male auf, die negative Bewertung zu löschen oder zu verändern, und drohte damit, Anzeige zu erstatten. Angesichts dieser Drohung beschwerte sich Allrutz direkt bei AMAZON über den Händler. Der Fall schien für den Großaitinger erledigt. Ein Trugschluss. Am 11. Juli erhielt Allrutz eine Art Abmahnung, verbunden mit der Forderung, derartige Bewertungen zu unterlassen. Allrutz reagierte und löschte die Bewertung. Allerdings weigerte er sich, die geforderten 800 € Anwaltskosten zu zahlen. Gleichzeitig versuchte seine Rechtsschutzversicherung im Rahmen eines Mediationsverfahrens, den Streit zu lösen-- ohne Erfolg. Im Herbst erhielt der 38-Jährige eine Klage vom Hersteller der Fliegengitter mit einem Streitwert von 70.000 €. Begründung: Wegen seiner negativen Bewertung habe ihm a) amazon das Verkäuferkonto mit 13.000 € gesperrt, und b) habe er 39.000 € potenziellen Gewinn verloren. Zudem seien ihm noch in Höhe von 20.000 € weitere Schäden entstanden. Der Kläger meinte es ernst und zahlte einen Gerichtskostenvorschuss von knapp 2.000 € ein. Der Rechtsanwalt Alexander Meyer, der Allrutz vertrat, argumentierte: »Zum einen ist völlig unklar, ob genau die Beschwerde meines Mandaten zur Schließung des Verkäuferkontos geführt hat. Zum anderen geht es hier um eine erlaubte Meinungsäußerung.« Im Übrigen, so Anwalt Meyer, sei die Berechnung des angeblich entstandenen Schadens »blanker Unsinn« (Borowski, 2014). Zudem verdeutlichte er, dass die Entscheidung des Augsburger Gerichtes Folgen für das komplette System der Bewertungen im Internet in Deutschland haben könne. Die Vertreter von MH, Rechtsanwälte Jan Morgenstern und Jennifer Klett, deuteten den Fall ganz anders: »Wir reden hier über eine falsche Tatsachenbehauptung. Wenn man behauptet, dass eine Bauanleitung falsch sei, dann ist das eine <?page no="256"?> 12.4 Fallbeispiel »Westwing« 257 Tatsachenbehauptung. Und im vorliegenden Fall ist diese Tatsachenbehauptung eben falsch.« Nach Rechtsauffassung der MH-Rechtsanwälte sei ihrem Mandaten ein großer Schaden entstanden, den sie jetzt ersetzt haben wollen. Im konkreten Fall hat das Landgericht Augsburg mit Urteil vom 30. Juli 2014 (21 O 4589/ 13) im Fliegengitterfall entschieden, dass die nach unten korrigierte Schadensersatzforderung von 34.000 € abzuweisen ist. Begründung: Der nach seiner Sicht falsch Bewertete konnte die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen nicht beweisen. Thomas Allrutz hat inzwischen einen passenden Fliegenschutz für sein Fenster in der Küche erstanden. Der Einbau bereitete ihm keine Probleme. Er kaufte es bei einem anderen Händler (vgl. Borowski, 2014). 12.4 Fallbeispiel »Westwing« Strategie: Im großen Haifischbecken der marktführenden Online-Anbieter wie AMAZON und Otto in Europa gibt es nur noch wenige Nischen. Durch konsequente Internationalisierung konnte der Umsatz von Westwing von 0,5 Mio. Euro in 2011 über 40 Mio. Euro in 2012 und 120 Mio. Euro auf 180 Mio. Euro Umsatz gesteigert werden. Bis Anfang 2015 sammelte Westwing von ihren namhaften Investoren Access Industries, Fidelity Worldwide Investment, Investment AB Kinnevik, Odey, Summit Partners und Tengelmann Ventures 70 Mio. Euro ein. Mit der letzten Tranche von 25 Mio. Euro sollen die Wachstumspläne und die Position von Westwing im hohen Living-Markt höher ausgebaut werden (vgl. Westwing, 2015b) Marke: Westwing setzt ganz auf das emotionale Nutzenbündel im User-Experience-Prozess. Erstens steht im Vordergrund die junge und attraktive Gründerin Delia Fischer, die bis 2011 als Redakteurin für die Zeitschriften ELLE und ELLE DECORA - TION arbeitete. Gemäß dem Pressetext unter »Über uns«, der in der Regel versucht, durch Storytelling Kunden emotional von der Marke zu begeistern, suchte sie in dieser Zeit immer nach schönen, inspirierenden Online-Shops mit erschwinglichen Preisen-- ohne Erfolg. Zweitens versteht sich Westwing nicht nur als ein Shop, der seine Kunden mit preiswerten und praktischen Do-It-Yourself-Möbeln wie IKEA versorgt, sondern Westwing möchte seine Mitglieder inspirieren. Das ist der zentral formulierte Anspruch der Marke auf der Homepage und in dem Werbesport der Weihnachtskampagne 2014 auf YOUTUBE (Westwing, 2015a). Drittens setzt das Corporate Design der Homepage auf wohlinszenierte Bilder, großformatige Fotos und harmonische Gestaltung sowie inspirierende Untertitel, wie z. B. das »Ferienhaus in den Hamptons«. Die Hamptons-Insel gilt als das Mekka der superreichen New Yorker und transportiert sofortigen Glamour. <?page no="257"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 258 Positionierung: Nach Aussage des Co-Gründers und Geschäftsführer Deutschland Matthias Siebe in einem Vortrag am 8. Januar 2015 in München spricht Westwing zu 95 Prozent Frauen an, die bei der häuslichen Einrichtung letztlich die Entscheidung treffen. Diese gilt es nicht nur mit einer anspruchsvollen Homepage und einem sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sowie wohnlichen und inspirierenden Einrichtungen zu überzeugen, sondern mit einem langfristig exzellenten Service (Siebe, 2015). Der Header »Home and Living« und die drei Hauptnavigationspunkte »Dekorieren«, »Genießen«, »Inspirationen« unterstreicht die Positionierung- - wir bieten dir Inspirationen für ein kreativ und ästhetisch gestaltetes Zuhause. Westwing bietet in der Woche bis zu 4.000 Produkte an und erreicht allein in Deutschland 1,7 Mio. und weltweit 17 Mio. Mitglieder (Stand: Oktober 2014; Quelle: Westwing, 2015a). Inspiration, Geschmack, persönliche Ansprache und Lebenslust machen den Kern des FACEBOOK -Auftritts aus. Der Deutschland- Auftritt von Westwing hat 187.633 Fans (Westwing, 2015c). Erfolgsfaktoren: Zu den besonderen Erfolgsfaktoren zählen • schnelles internationales Wachstum durch breite Investorenfinanzierung, • Spitzenpositionierung in einem umsatzstarken Markt, • Verstärkung der Positionierung durch gezieltes Content-Marketing mithilfe eines Online-Magazins und • die glaubwürdige und charismatische Gründerin Delia Fischer. (Quelle: Westwing, 2015a) Literatur Amazon (2015a): Wir verlosen einen Gutschein über 5.000 €, Post vom 8. Dezember 2014, in: https: / / www.facebook.com/ Amazon.de? ref=ts&fref=ts, Abruf am 29.01.2015. Amazon (2015b): Tefal 2 Scheibe-Toaster und Ei-Kocher- - TT550015- ** U. K. IMPORT **«, in: http: / / www.amazon.de/ Tefal-Scheibe-Toaster-Ei-Kocher-TT55 0015-U-K-IMPORT/ dp/ B0013KEDKY/ ref=tsm_1_fb_s_de_nigwsy, Abruf am 30.01.2015. Amazon (2015c): unnütz, in: http: / / www.amazon.de/ Tefal-Scheibe-Toaster-Ei- Kocher-TT550015-U-K-IMPORT/ product-reviews/ B0013KEDKY/ ref=dpx_ acr_txt? showViewpoints=-1, Abruf am 29.01.2015. Amazon (2015d): Tefal TT 5500 Toaster Toast n’Egg, in: http: / / www.amazon.de/ Tefal-5500-Toaster-Toast-nEgg/ dp/ B001F1USVO/ ref=cm_cr_pr_sims_t, Abruf am 30.01.2015. <?page no="258"?> 12.4 Fallbeispiel »Westwing« 259 Amazon (2015e): So funktionieren die Ranglisten, in: http: / / www.amazon.de/ review/ guidelines/ top-reviewers.html/ , Abruf am 29.01.2015. Amazon (2015f ): https: / / www.facebook.com/ Amazon.de/ photos/ a.4015930132201 11.85733.141727802539968/ 809837469062328/ ? type=1, Abruf am 01.02.2015. Amazon (2015g): Rezensionen verfasst von Rainer Ott, in: http: / / www.amazon.de/ gp/ cdp/ member-reviews/ ALDR2GGB4Z0ZR/ ref=cm_cr_pr_auth_rev? ie=UTF8 &sort_by=MostRecentReview, Abruf am 01.02.2015. Amazon (2015h): Rezensionen zu Artikeln, deren Kauf von Amazon bestätigt wurde, in: http: / / www.amazon.de/ gp/ community-help/ amazon-verified-purchase, Abruf am 02.02.2015. Amazon (2015i): Aktivitäten von Washington, in: http: / / www.amazon.de/ gp/ pdp/ profile/ A3V8NK2NW5CYR5/ ref=cm_cr_pr_pdp, Abruf am 02.02.2015. Amazon (2015k): Misc, Dieser Zettel ist für Egbert Huber Geburtstag: 1. Dezember., in: http: / / www.amazon.de/ gp/ registry/ wishlist/ S4XC4SAM3GU4/ ref=cm_wl_ rlist_go_v? , Abruf am 02.02.2015. Borowski, S. (2014): Negativ bewertet: Händler verklagt Großaitinger auf 70.000 Euro, in: http: / / www.augsburger-allgemeine.de/ augsburg-land/ Negativbewertet-Haendler-verklagt-Grossaitinger-auf-70-000-Euro-id29459101.html, Abruf am 14.12.2014. Bürger, R./ Hennig, S./ Regendantz, R./ Sraka, K./ Weiss, S. (2014): Social Media Content- - Mode, unveröffentlichte Studie 24. Juli 2014, im Schwerpunkt Betriebswirtschaft der Medien, zu beziehen über Thilo Büsching t.buesching@fhws.de. Büsching, T./ Goderbauer-Marchner, G. (2014): E-Publishing-Management, Wiesbaden. Bysani, V. (2013): Michael Kors Shows Poise and Sophistication on Social Media, in: http: / / www.business2community.com/ social-media/ michael-kors-shows-poisesophistication-social-media-0669140, Abruf am 18.01.2015. Google (2015): Bewertung »Toast n’Egg Rezension hilfreich«, in: https: / / www.google. de/ search? q=Bewertung+Toast+%C2 %B4n+Egg&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_ rd=cr&ei=x2DOVJj4T_UN23g7gI#q=Bewertung+%22Toast+n%C2 %B4Egg% 22+Rezension+hilfreich, Abruf am 02.02.2015. H&M (2015): H&M Bekleidung, in: https: / / www.facebook.com/ hmdeutschland? fref=ts, Abruf am 02.02.2015. Likealyzer (2015): Seiten mit den meisten PTAT, in: http: / / likealyzer.com/ de/ statistics/ facebook/ ptat/ category/ Clothing, Abruf am 11.02.2015. Michael Kors (2015a): Michael Kors, in: https: / / www.facebook.com/ michaelkors? fref=ts, Abruf am 02.02.2015 Michael Kors (2015b): Michael Kors, in: https: / / www.facebook.com/ michaelkors/ photos/ a.201992215550.273999.200736335550/ 10155059869985551/ ? type=1 &theater, Abruf am 03.02.2015. <?page no="259"?> 12 Fallstudien zum Social-Media-Business-Content 260 Siebe, M. (2015): Die Strategie von Westwing, unveröffentlichter Vortrag vom 8. Januar 2015 in Anwesenheit des Autors. Tefal (2015): Die Marke Tefal, in: http: / / www.tefal.de/ About/ TEFAL+brand/ TEFAL+BRAND+-+page.htm, Abruf am 29.01.2015. Westwing (2014): Westwing Spot »Ich bin es-… Deine Inspiration« | Herbst 2014, in: https: / / www.youtube.com/ watch? v=MGYJGfK1Eh8, Abruf am 14.01.2015. Westwing (2015a): Westwing, in: https: / / www.westwing.de/ , Abruf am 01.04.2015. Westwing (2015b): Speich, R.: Westwing erhält EUR 25 Millionen neue Finanzierung, in: https: / / static.westwing.de/ cms/ static-pages/ press/ pdf/ 20150107_Westwing_erhaelt_EUR_25_Millionen_neue_Finanzierung.pdf, Abruf am 14.01.2015. Westwing (2015c): Facebook Fanpage, in: https: / / www.facebook.com/ westwing.de, Abruf am 05.02.2015. Wikipedia (2015): Michael Kors, in: http: / / en.wikipedia.org/ wiki/ Michael_Kors, Abruf am 03.02.2015. Zara (2015): Zara Bekleidung, in: https: / / www.facebook.com/ Zara? fref=ts, Abruf am 02.02.2015. Übungsaufgaben 1. Wie schaffte es das Unternehmen Westwing, schnell Bekanntheit aufzubauen? Was können Sie aus diesem Fall auf andere Internet-Start-ups übertragen? 2. Warum fühlte sich der Amazon-Verkäufer von Thomas Allrutz unter Druck gesetzt? 3. Fassen Sie mit eigenen Worten den »Toaster-und-Ei-Koch-Post« zusammen. 4. Was sind die Social-Media-Business-Content-Erfolgsfaktoren? 5. Inwiefern sind die Michael-Kors-Posts gleich aufgebaut? Warum? <?page no="260"?> 261 13 Aus- und Weiterbildung zum Social-Media- Contenter, Social-Media-Publizist oder Social- Media-Journalist Gabriele Goderbauer-Marchner und Norbert Matausch Jeder kann sich auf einer Visitenkarte oder in seiner E-Mail-Signatur »Journalist« oder »Journalistin« nennen. Die Bezeichnung ist nicht formaljuristisch geschützt. Ebenso sind Berufsbezeichnungen wie »Social-Media-Manager« oder »Fachwirt Social-Media- Marketing« etc. nicht geschützt. Dennoch gibt es viele Wege zu all diesen Berufstiteln. 13.1 Warum nicht Social-Media-Manager für Content? Es existieren zertifizierte Online-Lehrgänge, Fernkurse, es gibt Fernakademien sowie Hochschulzertifikate, Weiterbildungsseminare und Agenturkurse, die IHK München wirbt damit, »in nur 6 Tagen fit« zu machen für den Social-Media-Manager, Förderungen locken und rasche Berufseinstiegschancen in eine boomende, ja schillernde neue Medienwelt (http: / / www.daniel-gremm.de/ social-media-manager-ihk-weiterbildung-muenchen). Was ist unser Ziel? Einerseits ist eine solide grundständige Ausbildung anzustreben, die in zwei Varianten realisiert werden könnte. Ein Volontariat könnte den Lehrberuf realisieren, allerdings sehen wir eine eindeutige Priorisierung einer Abschlussprüfung, um den Beruf wertig zu machen. Dies kann IHK-zertifiziert erfolgen oder über den Weg von klassischen Berufsschulen erreicht werden. Das Volontariat müsste eine Dauer von zwei Jahren haben- - kein Mensch kann in einem wenige Wochen dauernden Kurs qualifiziert ausgebildet werden. Ein Fachstudium wäre der weitere Weg einer optimalen Ausbildung, ein Bachelorabschluss das Ziel. Andererseits ist eine exzellente und auf hohem Niveau zu realisierende Weiterbildung ein wichtiges Ziel für Interessenten, die bereits in anderen medialen Berufen tätig waren, hier Abschlüsse vorzuweisen haben und fit gemacht werden können. Hier könnten existierende Akademien und Weiterbildungsinstitutionen das Dach dieser Weiterbildung bilden. Ein externes Expertengremium sollte die Lehr-Bausteine als Minimalanforderung formulieren. Diese Weiterbildung könnte eigenfinanziert, staatlich gefördert oder berufsbegleitend von Unternehmen verwirklicht werden. Wichtig aber ist: Wie heißt das Berufsbild dieser Aus- und Weiterbildung? Ein Social-Media-Manager macht etwas anderes als das, was hier überlegt wird. Es geht um kreative Inhalterecherche, -aufbereitung und -vermittlung. Es geht um journalistische Kompetenzen, um journalistisches Handwerkszeug, das überall beinahe iden- <?page no="261"?> 13 Aus- und Weiterbildung 262 tisch ist, egal, für welche Plattform man arbeitet. Dieses journalistische Handwerkszeug ist zu überprüfen, was aus der analogen Medienwelt von Relevanz ist für die digitale und mobile Medienwelt. Darüber hinaus geht es um die Vermittlung von Spezifika im Bereich Social-Media-Content. Der Gründer von »moviepilot«, aktuell größter Entertainment-Publisher in den USA, Tobias Bauckhage, sagt: »Der Erfolgsfaktor ist Content« (Interview mit Haufe Online Redaktion am 27.02.2015). Am wichtigsten seien »Distribution, Content und Daten«, wobei die Inhalte auf die spezifischen Zielgruppen zugeschnitten sein müssen. Und er sagt am Ende dieses Interviews: »Der Erfolgsfaktor ist Content. Wenn Du nichts zu erzählen hast, hilft dir auch keine Fanbase. Du brauchst Content, Content ist das Erste. Und ich glaube, das verstehen viele noch nicht. Oder sie unterschätzen es. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum Buzzfeed so erfolgreich ist. Weil sie denen, die keine Geschichten zu erzählen haben, hilft, Stories zu produzieren. Warum sollst Du Publisher werden, wenn Du keinen Content hast, der die Menschen interessiert? Dann brauchst Du gar nicht anzufangen. Im Moment liegt die Konzentration zu stark auf Distribution. Wenn Du Produkthersteller bist, dann brauchst Du Content. Verlage allerdings sollten sich schleunigst Gedanken über Distribution machen. Und um Daten« (Tobias Bauckhage, 2015, ebda, www.haufe.de). 13.2 Ein neues Berufsbild Ein neues Berufsbild ist zu kreieren. Ein Vorschlag könnte der Social-Media-Contenter sein. Auch der Begriff des Social-Media-Publizisten ist adäquat zu dem, was gefordert ist. Ob der Social-Media-Journalist als Begriff greift, wo der Terminus des Journalisten generell frei, schwammig und vielfach interpretierbar ist, mag diskutiert werden. All diese drei Vorschläge sind besser für eine Tätigkeit im Bereich des Contents als das Berufsbild eines Social-Media-Managers, der zwar auch, aber eben nur am Rande über (qualifizierte) Inhalte in seinem Alltagsgeschäft reflektiert. Das in den USA und experimentell in Deutschland eingesetzte »Modell« des Roboterjournalismus, auch Algorithmischer Journalismus genannt, kann möglicherweise ein technisches Tool für simple und standardisierte Textbausteine sein. Die LA Times hat im März 2014 erstmals eine Erdbeben-Nachricht via »Roboter« schreiben »lassen« (http: / / www.welt.de/ wirtschaft/ article128017233/ Die-Roboterjournalisten-sindschon-unter-uns.html). Kleine Sportnachrichten können schnell und stereotyp erstellt werden-- Ergebnisse ohne die für Sportjournalisten so wichtige Emotionalität können transportiert werden, mehr aber nicht. Nachrichtenredakteure sehen selbstredend ihr Berufsbild in Gefahr, wenn Nachrichten von Blech- und Plastikkonkurrenz erstellt wird. Sprachlich qualitativ hochwer- <?page no="262"?> 13.2 Ein neues Berufsbild 263 tiger Content, bestens recherchiert, autorenspezifisch formuliert, wird mit diesem Phänomen jedoch wenig anzufangen wissen. So ist in der Aus- und Weiterbildung für Social-Media-Content zu analysieren, wo »robot journalism« sinnvoll ist und wo nicht. Bezeichnenderweise gibt es bei dem neuen Medienriesen BuzzFeed keinerlei Roboterjournalismus. Dort arbeiten ausschließlich reale Menschen in den Bereichen »Buzz News«, »Buzz Team« sowie »Buzz Life«. Der Start von BuzzFeed in Deutschland wird als journalistischer Start eines Medienunternehmens mit Redakteuren wahrgenommen (http: / / www.journalist.de/ aktuelles/ meldungen/ buzzfeed-deutschland-start-wird-konkret.html). Die »eierlegende Wollmilchsau«, im Journalismus seit Jahrzehnten belächelt und mal gefordert, mal abgelehnt, ist auch für Social-Media-Content nur bedingt anwendbar. Das Ziel kann nicht der sein, der in einem Großraumbüro alles, aber auch wirklich alles regelt. Da bleibt die Qualität auf der Strecke (s. a. www.forschungsgruppemedienwandel.com der Salzburger Paris-Lodron-Universität; Goderbauer-Marchner, Gabriele, 2010, Qualitätsjournalismus im Crossmedia-Zeitalter, in: Hohlfeld et al.: Crossmedia-- Wer bleibt auf der Strecke, S. 70-91). Im Fokus muss der stehen, der Kompetenzen in Management und Technik hat, der aber seinen ausgewiesenen Schwerpunkt im journalistischen Content aufweist. Generalisierung ist so weit, so gut, Spezialisierung am Ende des Tages jedoch unabdingbar für Qualitätspublikationen-- auch und gerade bei Social Media. Abb. 125: Zentrale Ausbildungs-Tools für den SM-Publizisten Journalist. Darstellungsformen, Storytelling, Qualitätssicherung Recherche, Markt, Publikum, Marketing, Recht, Ethik Technik-, Wirtschafts-, Sach-, Fachkompetenz, Innovation Social-Media- Contenter/ Social-Media- Publizist, SM- Journalist <?page no="263"?> 13 Aus- und Weiterbildung 264 Wie wichtig gerade auch für Social-Media-Publizisten die perfekte Führung eines Content-Kalenders ist, muss in der Ausbildung dargelegt werden. Mit welchen Social Media befasst man sich, mit welchen nicht- - das mag für den einen Social-Media- Journalisten anders zu werten sein als für einen anderen. Nicht jeder benötigt linkedin oder snapchat, nicht jeder foursquare oder pinterest, wohl alle facebook und twitter-… Nicht allein Social-Media-Marketing-Fachleute müssen ihren Tagesablauf streng rhythmisiert strukturieren, um im Social-Media-Feld nicht in Beliebigkeit unterzugehen. Dass sich Social-Media-Konferenzen immer noch mit dem Schwerpunkt Marketing befassen, nimmt nicht wunder-- immer mehr rückt jedoch die Façette »Content- Marketing« in den Fokus der Tagungen (so auf der Hamburger Social Media Conference im Oktober 2014). Womit befassen sich die Fachleute dort? Es geht um »Customer Journey, Content Strategien auf facebook sowie Corporate Blogging« (http: / / www.haufe.de/ marketingvertrieb/ online-marketing/ social-media-conference-mit-schwerpunkt-content-marketing_132_266330.html). Hier ist anzusetzen: Dies sind klassische journalistische Aufgaben, die, um weiterhin zielgruppengerecht zu kommunizieren, nicht allein aus der Denke der Marketing-Community geleistet werden können. Exzellent ist das Werk von Miriam Löffler. Dort wird die Wertigkeit von Content betont (Löffler, 2014: Think Content! ) Social-Media-Journalisten sind Multimedia-, Crossmedia- und Mobile-Media- Player und kennen ihre Zielgruppen sehr genau. Sie verstehen mit Content klug zu operieren zwischen textualem und visuellem Profil. Die aktuelle Studie von Christian Zich mit dem provokanten Titel »Facebook-Fanpages are dead! Unternehmen profitieren nicht vom Web 2.0« (https: / / www.th-deg.de/ de/ bwl-wi/ aktuelles/ 5254-facebook-fanpages-are-dead) ist aufschlussreich. Die Konsequenz daraus ist jedoch unserer Auffassung nach nicht, dass Social Media für Unternehmen uninteressant seien. Sie werden wieder interessant für »Fans«, für Kunden, sie werden wieder attraktiv, wenn es gelingt, interessanten Content zu publizieren- - auf der PR-Seite. Oder wenn es gelingt, dass die Unternehmen Social-Media-Journalisten aufmerksam machen auf interessante, berichtenswerte Themen. Denn Fakt ist: Linkschleudern halten keinen bei der Stange. Schlecht präsentierter Content macht eine Marke tot, den Nutzer mürbe. Social-Media-Journalisten müssen gute Themen präsentieren, um nicht unterzugehen in der Masse der Social-Media-Offerten weltweit wie national. Die Aufbereitung dieser guten Themen ist mit das A und O. Einige seien hier genannt: • Tests kommen immer gut an • Infografiken, pfiffig gestaltet • Meinungen von Experten zeugen von Kompetenz <?page no="264"?> 13.2 Ein neues Berufsbild 265 • Hintergrund-Informationen • Einbinden der Community durch Fragen, Bitten, Hilfsgesuche • Best-ofs, Vor-, aber auch Rückschauen interessieren die User • (33 Ideen finden sich bei Steinbrenner, in: http: / / www.haufe.de/ marketing-vertrieb/ online-marketing/ 33-social-media-content-ideen_132_296540.html) Auffällig ist der enge Schulterschluss von Marketing und Journalismus-- ein Weg, den viele Publizisten lange verpönten, ein Weg, der heute, was auch zu kritisieren ist, für Außenstehende völlig undurchschaubar verwoben ist. Korrekt ist die saubere Darlegung-- was ist Marketing, was ist journalistischer Content? (Interessant ist eine Stellenanzeige der Haufe Gruppe vom März 2015, in der »Content- und Social Media Manager« gesucht werden: http: / / www.newsroom.de/ jobs/ detail/ 83244/ .) So gehört mehr denn je in die Aus- und Weiterbildung ein Modul, das sich mit der Separierung von Marketing und Journalismus sowie mit Medienethik und Medienrecht befasst. Schnell hat der User erkannt, wenn er als Shopping-Opfer missbraucht werden soll. Schnell registriert der Social-Media-Freund, wenn Content rein werblich daherkommt. Schnell wendet sich der Fan ab. Welcher Content ist relevant für den User? Eine Frage, die für alle Plattformen gilt. Wer auf Social-Media-Plattformen unterwegs ist, hat einen wesentlichen Unterschied »zu bewältigen«: Er ist oft mobil. Er hat ein Zeitproblem. Er will viel erfahren. Das Scannen von News, von Content, muss also den für die Zielgruppe passenden Schlüsselwörtern folgen. Das, was guten Journalismus schon vor zig Jahren in der analogen Welt ausmachte, sind auch die Kriterien für guten, lesenswerten Content in der digitalen Welt der Social-Media-Plattformen: • Emotionen wecken • Aufmerksamkeit erreichen • Leute unterhalten • aussagekräftige Botschaften verbreiten • und all das mit einer starken Überschrift • (Vos: How to Write Better Content for Social Media, in: www.convinceandconvert.com; Übersetzung: Autoren) Dies ist in der Aus- und Weiterbildung auf Social Media bezogen zu trainieren. <?page no="265"?> 13 Aus- und Weiterbildung 266 13.3 Zivilgesellschaftliche Aufgabe der Demokratie Das Internet ist nicht mehr wegzudenken. Die Welt geht damit um. Nolens, volens. Die einen sind euphorisch, die anderen skeptisch. Aber-- es existiert. Es tangiert die Einzelnen mehr, als so manchen lieb ist. Daher ist es ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, in dieser neuen Sphäre des Internets, die so neu gar nicht mehr ist, die sich aber immer noch und sehr gewollt in »Dauerpubertät« darstellt (Keen, 2015: Das digitale Debakel, S. 264), dieser postpubertären Haltung Qualität in der inhaltlichen Präsentation, Seriosität in den Bereichen Daten- und Persönlichkeitsschutz, Unabhängigkeit von US-Riesen wie google, apple oder amazon zu verschaffen. Es ist die Aufgabe eines-- deutschen, zumindest aber europäischen-- Staatsgebildes, der schranken- und grenzenlosen Anarchie einen Demokratie-korrekten und überprüfbaren Rahmen zum Schutze seiner Bürger und Bürgerinnen zu geben. Hierzu gehört auch die qualifizierte Aus- und Weiterbildung in den Segmenten, die durch das Internet neu über die Menschheit kam: Content darf nicht allein in den Händen von algorithmusgeprägten Suchmaschinenriesen oder großen Labels liegen, die alles, aber sicher nicht zivilgesellschaftliche Absichten haben. Eine hochwertige Aus- und Weiterbildung von Social-Media-Publizisten schafft kluge Akteure auf dem Feld eines-- im Sinne der Demokratie und ihrer idealiter vernunftbegabten Ziele- - zu zähmenden Internets. Freiheit ist Willens- und Handlungsfreiheit, also die Freiheit zu und die Freiheit von im philosophischen Sinne (Kant, 1781: Critik der reinen Vernunft), nicht das phlegmatische Akzeptieren von alle überrollendem, nicht reflektiertem Content, der wer weiß wo generiert wird und zu welchem Zwecke. Der Mensch muss sich frei entscheiden können. Und er muss wissen, woher der Content kommt. Dazu bedarf es bestens ausgebildeter Social-Media-Contenter (aber auch anderer Berufsgruppen), die dem Internet und damit dem von uns beleuchteten Part, der Social Media, Transparenz geben. Es muss die Kernaufgabe der Demokratie und aller in ihr agierenden Figuren sein, gegen die Allmacht von Daten-Sammlungs- Giganten und die Ohnmacht gegenüber maximaler Kontrollriesen eigene Wege zu gehen. Es gilt Rahmenbedingungen zu schaffen- - im Bildungs-»geschäft« ein vernunftweisender Weg. Wie wichtig dies ist, hat der Europäische Gerichtshof bereits in seiner Festlegung auf das »Marktortprinzip«, dem sogenannten google-Urteil, im Kontext von Datenschutz und des Umgangs mit Big Data gezeigt (EuGH vom 13.05.2014, Az.: C-131/ 12). Das ist im ersten Quartal des 21.-Jahrhunderts so einfach nicht (mehr). Zu viel ist eingespielt. Und doch- - mit einer exzellenten Aus- und Weiterbildung und damit Weiterentwicklung journalistischer Aus- und Weiterbildung für die digitale Welt kann die Content-Verbreitung qualifiziert, demokratisiert werden. Hat der Staat seine Bürger und Bürgerinnen zu schützen? Fakt ist, dass die Mehrheit der Social-Media-User in den USA sagt, dass der durch Social Media gewonnene <?page no="266"?> 13.3 Zivilgesellschaftliche Aufgabe der Demokratie 267 Nutzen wichtiger sei als Datenschutz (Umfrage von Harris Interactive, 2015, in: www. ictk.ch). Umso wichtiger werden Social-Media-Journalisten, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Nicht alle User erkennen gefälschte Postings. Nicht alle merken, wann und wie und ob sie manipuliert werden. Literatur&-Links * empfohlener Titel EuGH vom 13.5.2014, Az.: C-131/ 12, in: http: / / curia.europa.eu/ juris/ document/ document.jsf? text=&docid=- 152065&pageIndex=- 0&doclang=DE&mode=req& dir=&occ=first&part=-1&cid=-252617. www.forschungsgruppe-medienwandel.com der Salzburger Paris-Lodron-Universität. http: / / www.haufe.de/ marketing-vertrieb/ online-marketing/ social-media-conferencemit-schwerpunkt-content-marketing_132_266330.html. http: / / www.haufe.de/ marketing-vertrieb/ online-marketing/ tobias-bauckhage-dererfolgsfaktor-ist-content_132_295028.html? chorid=03611032&campaign=soc ial-media/ twitter. http: / / ictk.ch/ content/ social-media-nutzen-wichtiger-als-datenschutz. Keen, Andrew (2015): Das digitale Debakel. Warum das Internet gescheiter ist-- und wie wir es retten können. Deutsche Verlags-Anstalt, München. * Löffler, Miriam (2014): Think Content! Content-Strategie, Content-Marketing, Texten fürs Web. Galileo Computing, Bonn. Abb. 126: Der Social Media Publizist im Kontext der Gesellschaft Qualitätsmanagement, -bewusstsein, -kontrolle, -prüfung, -sicherung, -kriterien Zivilgesellschaft im öffentlichen Raum mit und für alle Formen des Publikums Demokratieakzeptanz bei Transparenz, Überprüfbarkeit, Verantwortung, Unabhängigkeit, Rechtsstaatlichkeit, Medienethik Social Media Publizist <?page no="267"?> 13 Aus- und Weiterbildung 268 Maitra, Julian (2014): Die Roboterjournalisten sind schon unter uns, in: http: / / www. welt.de/ wirtschaft/ article128017233/ Die-Roboterjournalisten-sind-schon-unteruns.html, 15.05.2014. Schulz, Jakob (2014): Start wird konkret. Buzzfeed Deutschlandhttp: / / www.journalist.de/ aktuelles/ meldungen/ buzzfeed-deutschland-start-wird-konkret.html; 03.07.2014. Steinbrenner, Till (12.03.2015): 33 Social-Media-Content-Ideen, in: http: / / www. haufe.de/ marketing-vertrieb/ online-marketing/ 33-social-media-contentideen_132_296540.html. Vos, Lesley: How to Write Better content for Social Media, in: http: / / www.convinceandconvert.com/ digital-marketing/ how-to-write-better-content-for-socialmedia/ ? utm_content=bufferfc1e4&utm_medium=social&utm_source=twitter. com&utm_campaign=buffer. Zich, Christian (2014): Facebook-Fanpages are dead! , in: https: / / www.th-deg.de/ de/ bwl-wi/ aktuelles/ 5254-facebook-fanpages-are-dead. Übungsaufgaben 1. Warum ist Content wichtig? 2. Wägen Sie Stärken, Schwächen, potenzielle Chancen und Bedrohungen des Roboterjournalismus ab. 3. Was ist Content-Marketing, und wie kann es Unternehmen helfen? <?page no="268"?> 269 14 Perspektiven Gabriele Goderbauer-Marchner und Thilo Büsching Wie wird Social-Media-Content die Welt, das Informations-, Arbeits- und Freizeitverhalten in den nächsten zehn Jahren verändern? Sehr. Vor zehn Jahren war facebook ein unbedeutender Start-up, Smartphones unbekannt und App-Stores und whatsapp nicht existent. Und heute? Der Wettkampf der innovativen US-amerikanischen Unternehmen apple, amazon, google und facebook und samsung aus Südkorea wird die Meta-Trends-Digitalisierung, Big Data, Micro-Kommunikation, Partikularjournalismus und Social Commerce weiter verstärken und beschleunigen. Die Eingangsfrage zerfällt in mindestens acht Forschungsleitfragen. 1. Technik: Inwieweit wird die technische Revolution die Entwicklung von Social- Media-Content dominieren? 2. Web 2.0 Mediennutzung und Verbreitung: Wie reagieren die Digital Natives und die Digital Immigrants auf die immer neuen Angebote und wie verändern sich dadurch die Mediennutzungs-, Medienproduktions- und Mediendistributionsgewohnheiten? 3. Unternehmen: Inwieweit schaffen es die Großkonzerne, KMUs und Start-ups auf diesen technischen sozialen Plattformen, ihre Marken als Leuchttürme zu positionieren und für ihre Image-, Performance-Marketing- und Social-Commerce-Ziele zu nutzen? 4. Medienunternehmen mit Journalismus-Produkten: Inwieweit kann sich das existierende Print-Geschäftsmodell in diesem digitalen Sturm noch durchsetzen, und wer und wie viele werden bereit sein, für hochwertigen Journalismus zu bezahlen? 5. Medienunternehmen mit Unterhaltungsprodukten: Inwieweit werden die Anbieter von Kino-Filmen, TV-Serien, Unterhaltungs- und Spiele-Apps dazu beitragen, dass flüchtige und banale Pop- und Unterhaltungsinhalte die Köpfe und das Bewusstsein gerade der jugendlichen Zielgruppen dominieren? 6. Daten als Ware: Inwieweit akzeptieren die Bürger, dass sie mit ihren Daten im Netz bezahlen bzw. für den Bezug von maßgeschneiderten Angeboten systematisch ausgespäht werden? 7. Politik: Inwieweit finden lokale und-/ oder Weltregierungen Antworten a) auf die Dominanz der internationalen Quasi-Monopole, und b) wie können sie ihren Anspruch auf demokratische Bildung, vielfältigen Kompetenzaufbau, Datenintegrität und kulturelle und religiöse Autonomie durchsetzen? <?page no="269"?> 270 14 Perspektiven 8. Content-qualität: Welchen monetären und immateriellen Wert messen Bürger unabhängigen, aufwendig recherchierten, maßgeschneidert präsentierten, wahrhaftigen Informationen bei-- sind sie bereit für Markencontent, sei es von Medienunternehmen oder Marken-Unternehmen, mehr für ihr Produkt zu bezahlen? Der Erfolgsfaktor für Social Media ist Content. Diese Binsenweisheit war lange untergegangen in der Euphorie von »ich bin auch dabei« und »ich teile auch« und »ich klicke ›gefällt mir‹«. Wessen Content nicht ankommt, der kommt nicht an. Wie sind also die Prognosen für Social Media und Social-Media-Content? Social Media funktionieren anders als klassische Medien. Im Zentrum stehen massive Öffentlichkeit, Transparenz und beinahe krakenartige Kommunikation, die durch die Teil- und Gefällt-mir-Funktion kaum kontrollierbar, kaum überblickbar ist. Reputation kann in den sozialen Netzwerken rasch aufgebaut, aber auch blitzartig zerstört werden. Ansehen ist nicht per se steuerbar, Opfer gibt es viele, Rückschläge auch; wer Content einstellt, ist nicht immer klar-- noch akzeptiert die juristische Mehrheit Anonymität wie Nick-Names versus Klarheit. Völlig außer Rand und Band geratene Kommentarleisten auf youtube und anderswo geben in dieser Welt der vermeintlichen Egalität allen eine Meinungsmöglichkeit. In den Foren sind die Guten wie die Bösen unterwegs. Richtig ist aber auch, dass-- lange genug hat es gedauert-- die Politik aufgewacht ist und erkennt, dass rein ökonomisch orientierte Wirtschaftsriesen die Macht, die Meinungsmacht und die Deutungsmacht an sich gerissen haben. Kleine Schritte, hier dagegenzusteuern, sind wie der Kampf gegen Windmühlen. Richtig ist zugleich, dass die »Menschheit« auf allen Kontinenten erkennt, welche Chance, aber auch welche Gefahren in potenzieller Content-Manipulation stecken kann. Allüberall wird diskutiert über die Bezahlbarkeit von seriösem Content im Netz. Umfragen zeigen, dass die anonyme mediennutzende Masse für Qualität auch bereit ist zu bezahlen. Die Botschaft: Social-Media-Content wird Medienunternehmen wie anderen Wirtschaftszweigen, wird Individualbloggern wie der Politik die Chance bieten, Nutzer zu erhalten, diese zu behalten und diesen durch Qualität den Mehrwert zu bieten, dass diese den Content nicht nur hinnehmen, sondern goutieren. Die Flüchtigkeit des Netzes ist zugleich die Chance dagegenzuhalten. Schon heute finden Leuchtturm-Projekte im Netz ihre Anhänger. Multimedial und Crossmedial handelnde Netz-Journalisten werden mehr denn je auf spannende, interessante, unabhängige Storytellings setzen-- und User, Friends, Leser, Zuschauer, Zuhörer für ihre Texte, Bilder, Podcasts haben. Social-Media-Journalisten werden einerseits ihre Medienhäuser als Marke etablieren, andererseits mehr denn je sich selbst als Marke positionieren. Wenn Sie die Rankings bei twitter betrachten, sehen Sie, dass Stars wie Katy Perry oder Justin Bieber oder auch Barack Obama ganz oben in der Anzahl der Followers stehen. Doch die <?page no="270"?> 271 14 Perspektiven Aktivitäten und Followers journalistisch Tätiger wachsen und finden immer mehr Zuspruch. Bei facebook oder in der Bloggerszene greifen Journalisten die sehr vielen Zugriffe bzw. Share-Aktivitäten ab. Macht die erfolgreiche tagesschau-App seit Langem den Printmedienhäusern Verdruss, zeigt sich doch, wie wichtig die entsprechenden »Auftritte« von Medienmarken auf Social Media sind. In der Folge der wachsenden Wertigkeit von Content muss im Kontext der Distributionsfragen in der allernächsten Zeit die Frage nach den Erlösmodellen die Medienhäuser bewegen. Wer hier mit Qualitäts-Content aktiv ist, auffällt und Aufmerksamkeit heute generiert, ist im Vorteil. Bezüglich der Technik ist zu konstatieren: facebook versucht, sich von einer sozialen Plattform zu einem Medium der Medien mit angeschlossenem Kaufhaus zu entwickeln. Wer als Bürger oder Unternehmen in einem Netzwerk weiterführende Angebote macht (App als Zeitungsabonnement, Socken, Flugreise, Versicherung etc.), kann in facebook dies kaufen und gleich bezahlen- - so stellt sich Mark Zuckerberg die Zukunft der sozialen Medien vor. Die facebook-Familie, whatsapp, instagram und Co. macht aus jedem Content Werbe-Content oder, um in der Terminologie dieses Buches zu bleiben: Social-Media-Business-Content (vgl. SZ 2015). Was alle bremst, ist der Faktor Zeit. Der Mensch verfügt über nicht unbegrenzte Zeit für seine Mediennutzung. Mit dieser zur Disposition stehenden Zeit gilt es zu haushalten. Immer mehr wird also abgewogen, welcher Content den harten Konkurrenzkampf gewinnen wird. Die Sieger müssen nicht unbedingt die Medienhäuser der vermeintlich guten alten Zeit sein. Sie können zu den Siegern gehören, partizipieren von der Nutzergunst, wenn sie ihre Zielgruppe genau(er) kennen, gut und besser wertschätzen, nicht auf Masse, sondern auf Klasse im Content setzen. Ansonsten werden andere sogenannte Content-Producer ihnen den Rang ablaufen. Am Ende bleibt- - Social-Media-Content. Den Usern sind technische Finessen nicht wichtig. Es muss funktionieren. Wichtig ist, was an Inhalten geboten wird, wie diese Inhalte verpackt sind und ob diese Inhalte von Relevanz sind. Literatur Kuhn, J./ Martin-Jung, H.: Hauptsache, es bleibt in der Familie, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 72, 27. März 2015, S. 17. <?page no="272"?> 273 Bildnachweis 1 http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 190113/ umfrage/ einsatz-von-social-mediain-b2b-und-b2c-unternehmen-nach-unternehmensbereichen/ 2 http: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 218863/ umfrage/ nutzung-von-socialmedia-durch-journalisten-bei-der-recherche/ 3 http: / / vivaki.de/ fileadmin/ content/ downloads/ VivaKi_Social_Minds_2014.pdf 4 http: / / www.bitkom.org/ files/ documents/ SozialeNetzwerke_2013.pdf 5 www.facebook.com 6 eigene Darstellung in Anlehnung an Löffler, 2014, S. 459 7 http: / / www.mehr-als-werkzeug.de/ medias/ sys_master/ clifton-hobel_01_I_WE_D_ de.pdf 8 http: / / www.derpostillion.com 9 https: / / www.facebook.com/ PampersDeutschland? fref=ts 10 www.facebook.com 11 www.facebook.com 12 http: / / www.stefan-niggemeier.de/ blog/ 17718/ die-seelen-verkaeufer-von-spiegel-online/ 13 https: / / www.facebook.com/ zeitonline/ posts/ 10202612303501042 14 https: / / www.facebook.com/ zeitonline/ posts/ 10202623643704540 15 http: / / www.denkwerk.com/ en/ social-media-guidelines-win-at-good-design-14/ 16 http: / / www.dpdhl.com/ content/ dam/ presse/ social_media/ dpdhl_social_media_guidelines_de.pdf 17 http: / / www.onlinemarketing-praxis.de/ uploads/ xls/ social-media-redaktionsplan-kalenderdarstellung-2014.xlsx 18 http: / / www.smnr-frankfurt.de/ 19 http: / / socialmention.com/ search? t=microblogs&q=Puma&btnG=Search, http: / / socialmention.com/ search? t=microblogs&q=Adidas&btnG=Search, http: / / socialmention.com/ search? t=microblogs&q=nike&btnG=Search 20 https: / / www.facebook.com/ festivalmidherz? ref=ts&fref=ts 21 eigene Darstellung 22 eigene Darstellung 23 eigene Darstellung in Anlehnung an Eilers, 2014, S. 63 24 Amazon, 2015b 25 Statista, 2015 26 eigene Darstellung, vgl. Li, C./ Bernoff J., 2008, S. 41, 68, 77; Michelis, 2012b, S. 234-264 27 eigene Darstellung auf Basis von Michelis, 2012a, S. 31 28 eigene Darstellung auf Basis von Michelis, 2012a, S. 35 29 eigene Darstellung auf Basis von Michelis 2012a, S. 36 f. 30 eigene Darstellung, in Anlehnung an Michelis, S. 40 31 eigene Darstellung 32 eigene Darstellung auf Basis von Wirtz 2013, S. 737-740 33 eigene Darstellung <?page no="273"?> 274 Bildnachweis 34 eigene Darstellung, in Anlehnung an Pein, 2014, S. 125 35 eigene Darstellung 36 Leibtag, 2014, S. 197 37 eigene Darstellung in Anlehnung an Leibtag, 2014, S. 199 38 eigene Darstellung nach Liebtag, 2014, S. 199 39 eigene Darstellung 40 eigene Darstellung in enger Anlehnung an Andzulis et al., 2012, S. 313 41 eigene Darstellung in Anlehnung an Andzulis et al., 2012, S. 307 42 eigene Darstellung 43 eigene Darstellung 44 eigene Darstellung 45 eigene, überschlagsartige Schätzungen für den 1. Oktober bis 31. Dezember 2014 und Likealyser am 15.02.2015 (www.likealyzer.com, siehe Erläuterungen in Kap. 11.8.1) 46 eigene Darstellung 47 eigene Darstellung 48 eigene Darstellung 49 eigene Darstellung 50 Meffert et al., 2008, S. 232 51 eigene Darstellung in Anlehnung an Wirtz, 2013, S. 92 52 eigene Darstellung 53 www.meinfoto.de 54 eigene Darstellung; www.meinfoto.de 55 www.facebook.com 56 Likealyzer, 2015b 57 www.facebook.com 58 www.facebook.com 59 Likealyzer, 2015c 60 www.facebook.com 61 Likealyzer, 2015d 62 eigene Darstellung 63 www.facebook.com 64 Likealyzer, 2015e 65 www.facebook.com 66 Likealyzer, 2015f 67 www.facebook.com 68 Likealyzer, 2015g 69 www.facebook.com 70 Likealyzer, 2015h 71 eigene Darstellung 72 www.facebook.com 73 Likealyzer, 2015i 74 www.facebook.com 75 Likealyzer, 2015j 76 www.facebook.com <?page no="274"?> 275 Bildnachweis 77 Likealyzer, 2015k 78 www.facebook.com 79 Likealyzer, 2015l 80 Halvorson/ Rach, 2012, S. 29 81 eigene Darstellung in Anlehnung an Leibtag, 2014, S. 20 82 eigene Übersicht, in Anlehnung an Infographiclove, 2015 83 Lange, 2015 84 eigene Darstellung 85 www.facebook.com 86 Likealyzer, 2015m 87 www.facebook.com 88 Likealyzer, 2015n 89 www.facebook.com 90 Likealyzer, 2015o 91 www.facebook.com 92 Likealyzer, 2015p 93 eigene Darstellung, Grafiken von Pelka/ Riedl, S. 1192 94 eigene Darstellung auf der Basis von Kroeber-Riel/ Esch, S. 39 95 www.facebook.com 96 Likealyzer, 2015q 97 www.facebook.com 98 Likealyzer, 2015r 99 www.facebook.com 100 Likealyzer 2015s 101 www.facebook.com 102 Likealyzer, 2015t 103 Ausschnitt bis Punkt 11; Statista, 2015 104 Meffert et al., 2015, S. 651, Auszug 105 eigene Darstellung 106 eigene Darstellung 107 eigene Darstellung 108 Likealyzer, 2015u 109 Likealyzer, 2015v 110 Likealyzer, 2015w 111 eigene Darstellung 112 eigene Darstellung 113 www.facebook.com 114 Likealyzer, 2015x 115 www.facebook.com 116 Likealyzer, 2015y 117 www.facebook.com 118 Likealyzer, 2015z 119 www.facebook.com 120 Likealyzer, 2015aa <?page no="275"?> 276 Bildnachweis 121 eigene Darstellung in Anlehnung an Krause/ Golkowsky, 2014, S. 146 122 eigene Darstellung 123 BVDW Social Media Kompass, 2014/ 15, S. 41 124 eigene Darstellung mithilfe folgender Quellen: Likealyzer, 2015; Google, 2015; Quintly, 2015; Social Tool Matrix, 2015 125 eigene Darstellung 126 eigene Darstellung <?page no="276"?> 277 Index A Activity Stream 11 Arabischer Frühling 44 Audit 163 Authentizität 50 automatisierte Veröffentlichung 85 B Berufsethik 63 Bewertungsportal 103 Bildkommunikation 210 Bildmotiv 53 Blog 71 Branded-generated-Content 115 Branded-related-User-generated- Content 116 Bundesdatenschutzgesetz 97 Bürgerjournalismus 25 , 41 BuzzFeed 24 C Candystorm 62 Case Studies 71 Change-Management 145 Community-Management 143 Content 9 , 111 - Qualitäts-Content 18 Content-Manager 23 - Unterschied zu Journalist 27 Content-Marketing 111 Content-Strategie 147 Controlling 166 Corporate Blog 54 Crossmedia 29 D Daimler-Blog 71 Dark Social 16 Datenschutz 16 Dialogmanagement 143 , 224 Dyson, George 12 E E-Commerce 150 Elitemedium 19 Empfehlungsmarketing 90 Erfolgsfaktor 270 externe Unternehmenskommunikation 55 F Facebook 37 , 71 G Gatekeeper 25 Gatewatcher 26 Google 121 Google+ 38 Guerilla-Marketing 81 H Haftung 105 Hashtag 59 Horx, Matthias 71 Hotelblog 73 I Impressum 96 , 99 Inklusion 46 interne Kommunikation 55 J Journalist 24 - Gatekeeper-Funktion 26 - Gatewatcher 26 - Unterschied zum Content-Manager 27 - Unterschied zum Social-Media- Publizist 49 K Key Performance Indicator 231 Keywords 57 Kollaborations-Plattformen 28 Kontaktqualität 122 <?page no="277"?> 278 Index Kors, Michael 160 Krisenkommunikation 63 L Leibtag, Ahava 146 Likeanalyzer 165 Linkedin 38 Lippmann, Walter 25 Lufthansa 75 M Marke 163 Markenentwicklung 176 Markenrecht 98 Marketing- und Vertriebsziele 109 Media-generated-Content 115 Medienkanäle 217 Medienkompetenz 19 , 45 , 46 Mehrwert 50 Meinungsbeeinflussung 26 Meinungsmacher 90 Microblog 58 Micro-Blogging 28 Monitoring-Tools 233 Multimedia 29 Multiplikatoren 91 N Namensrecht 98 Native Advertising 64 New Journalism 57 n: n-Medien 27 Noller, Stephan 19 O operatives Marketing-Totalmodell 120 P Partizipation 41 Pein, Vivien 142 Permalink 57 Personal Broadcasting 29 Personal Publishing 28 Persönlichkeitsrecht 102 politische Kommunikation 15 Positionierung 163 POST-Modell 132 Pressekodex 63 Prognose 270 Projektmanagement 159 Pseudonymität 96 publizistische Basiskompetenzen 49 publizistische Ziele 23 PubSubHubbub 85 Pull-Prinzip 13 Push-Prinzip 13 Q QR-Code 31 Qualität 9 , 18 Qualitäts-Content 18 R Recht am eigenen Bild 103 Rechtslage 95 Redaktionsplan 84 Relevanz 52 Retweets 59 Rezensions- und Bewertungs- Plattformen 28 RSS-Feeds 26 S Selbstinszenierung 43 Share of Voice 85 Shitstorm 62 SMARTIS-Systematik 194 Social Advertising 64 Social Commerce 109 Social Media 13 , 112 Social-Media-Auszeiten 46 Social-Media-Business-Content 109 - Fallstudien 243 - Handlungsempfehlungen für Unternehmen 250 Social-Media-Business-Content- Potenzial 160 Social-Media-Business-Content-Prozess 157 <?page no="278"?> 279 Index Social-Media-Content 14 Social-Media-Content-Kampagne 156 Social-Media-Guideline 81 Social-Media-Management-Modell 142 Social-Media-Marketing 16 Social-Media-Modelle 131 Social-Media-Nutzer 37 - Motivation 38 - Typologie 37 Social-Media-Plattformen 27 - Kategorisierung 27 Social-Media-Political-Content 118 Social-Media-Publizist 49 - Unterschied zu Journalist 49 Social-Media-Strategie 82 Social-Media-Strategiemodell 133 Social-Media-Währungen 19 Social Network 59 Social Networking 28 Soll-Ist-Abgleich 159 SoMeBizAudit 163 SoMeBizCo (8x4) 120 soziale Medien - Audit 163 - Auswirkungen auf Gesellschaft 43 - Auswirkungen auf Journalismus 41 - Erwartungen der Nutzer 49 - Möglichkeiten für Journalisten 42 - ökonomische Bedeutung 15 - private und berufliche Nutzung 45 - Prognose 270 - Recherche 16 - Risiken 45 - Sprache und Stil 54 T Transmedia 29 Transmedia Storytelling 30 Trennung von Werbung und Redaktion 64 Twitter 37 , 71 U Überschrift 52 Unternehmenskommunikation 54 - Krisenkommunikation 63 - Microblog 58 - Social Network 59 - Weblog 54 Urheberrecht 104 User Generated Content 13 , 25 V Verkaufsprozess 150 Video-Sharing 28 Vier Ks 52 virtuelle Welten 29 W Web 1.0 11 Web 2.0 11 Web 2.0-Four-Factors-Modell 139 Web 3.0 12 Weblogs 54 Whatsapp 16 World Wide Web 11 X Xing 38 Z Zielgruppe 85 Zielgruppenorientierung 51 <?page no="279"?> Klaus Beck Kommunikationswissenschaft 4., überarbeitete Auflage 2015, 266 Seiten 20 s/ w Abb., Broschur UTB 2964 ISBN 978-3-8252-4370-8 Andrea Beyer, Petra Carl Einführung in die Medienökonomie 3., überarbeitete Auflage 2012, 278 Seiten 80 s/ w Abb., Broschur UTB 2574 ISBN 978-3-8252-3846-9 Helena Bilandzic, Holger Schramm, Jörg Matthes Medienrezeptionsforschung 2014, 284 Seiten, Broschur UTB 4003 ISBN 978-3-8252-4003-5 Heinz Bonfadelli, Thomas N. Friemel Medienwirkungsforschung 5., überarbeitete Auflage 2015, 352 Seiten 90 s/ w Abb., Broschur UTB 3451 ISBN 978-3-8252-4247-3 Nils Borstnar, Eckhard Pabst, Hans Jürgen Wulff Einführung in die Film- und Fernsehwissenschaft 2., überarbeitete Auflage 2008 250 Seiten, 25 s/ w Abb., Broschur UTB 2362 ISBN 978-3-8252-2362-5 Anja Ebersbach, Markus Glaser, Richard Heigl Social Web 3., überarbeitete Auflage 2016 ca. 320 Seiten, 70 s/ w Abb., Broschur UTB 3065 ISBN 978-3-8252-3933-6 Gerlinde Frey-Vor, Gabriele Siegert, Hans-Jörg Stiehler Mediaforschung 2008, 412 Seiten 80 s/ w Abb., Broschur UTB 2882 ISBN 978-3-8252-2882-8 Werner Früh Inhaltsanalyse Theorie und Praxis 8., überarbeitete Auflage 2015, 296 Seiten 15 s/ w Abb., Broschur UTB 2501 ISBN 978-3-8252-4377-7 Gabriele Goderbauer-Marchner, Thilo Büsching Social-Media-Content 2015, 280 Seiten 130 farb. Abb., Broschur UTB 4439 ISBN 978-3-8252-4439-2 Sven Grampp Marshall McLuhan Eine Einführung 2011, 234 Seiten, Broschur UTB 3570 ISBN 978-3-8252-3570-3 Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.utb.de Weiterlesen bei utb. <?page no="280"?> Andreas Hepp Transkulturelle Kommunikation 2., völlig überarbeitete Auflage 2014, 294 Seiten 20 s/ w Abb., Broschur UTB 2746 ISBN 978-3-8252-4035-6 Olaf Hoffjann Public Relations 2015, 286 Seiten 60 s/ w Abb., Broschur UTB 4434 ISBN 978-3-8252-4434-7 Helmut Küchenhoff et al. Statistik für Kommunikationswissenschaftler 2., überarbeitete Auflage 2006, 384 Seiten 60 s/ w Abb., Broschur UTB 2832 ISBN 978-3-8252-2832-3 Tobias Kurwinkel, Philipp Schmerheim Kinder- und Jugendfilmanalyse 2013, 320 Seiten 19 s/ w u. 101 farb. Abb., Broschur UTB 3885 ISBN 978-3-8252-3885-8 Margreth Lünenborg, Tanja Maier Gender Media Studies Eine Einführung 2013, 224 Seiten 15 s/ w Abb., Broschur UTB 3872 ISBN 978-3-8252-3872-8 Oliver Marchart Cultural Studies 2008, 278 Seiten 10 s/ w Abb., Broschur UTB 2883 ISBN 978-3-8252-2883-5 Claudia Mast Unternehmenskommunikation Ein Leitfaden 6., überarb. und erweiterte Aufl. 2016, 548 Seiten, Broschur UTB 4376 ISBN 978-3-8252-4376-0 Klaus Meier Journalistik 3., überarbeitete Auflage 2013, 290 Seiten 50 s/ w Abb., Broschur UTB 2958 ISBN 978-3-8252-3923-7 Lothar Mikos Film- und Fernsehanalyse 3., überarb. und aktualisierte Auflage 2015, 384 Seiten, 68 s/ w Abb., Broschur UTB 4467 ISBN 978-3-8252-4467-5 Lothar Mikos, Claudia Wegener (Hg.) Qualitative Medienforschung Ein Handbuch 2005, 616 Seiten, 50 s/ w Abb. gebunden im Großformat UTB 8314 ISBN 978-3-8252-8314-8 Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.utb.de Weiterlesen bei utb. <?page no="281"?> Marion G. Müller, Stephanie Geise Grundlagen der Visuellen Kommunikation Theorieansätze und Analysemethoden 2., völlig überarbeitete Auflage 2015, 334 Seiten 15 s/ w u. 85 farb. Abb., Broschur UTB 2414 ISBN 978-3-8252-2414-1 Daniel Perrin Medienlinguistik 3., aktualisierte Auflage 2015, 258 Seiten, Broschur UTB 2503 ISBN 978-3-8252-4362-3 Thomas Petersen Der Fragebogen in der Sozialforschung 2014, 322 Seiten 40 s/ w Abb., Broschur UTB 4129 ISBN 978-3-8252-4129-2 Manuel Puppis Einführung in die Medienpolitik 2., überarbeitete Auflage 2010 360 Seiten, 60 s/ w Abb., Broschur UTB 2881 ISBN 978-3-8252-2881-1 Heinz Pürer, Johannes Raabe Presse in Deutschland 3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 2007 656 Seiten, 76 s/ w Abb. gebunden im Großformat UTB 8334 ISBN 978-3-8252-8334-6 Heinz Pürer Publizistik- und Kommunikationswissenschaft 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 2014, 632 Seiten 30 s/ w Abb., geb. im Großformat UTB 8249 ISBN 978-3-8252-8533-3 Karl Nikolaus Renner Fernsehen 2012, 130 Seiten 25 s/ w Abb., Broschur UTB 3685 ISBN 978-3-8252-3685-4 Patrick Rössler Inhaltsanalyse 2., überarbeitete Auflage 2010, 290 Seiten 50 s/ w Abb., Broschur UTB 2671 ISBN 978-3-8252-2671-8 Annely Rothkegel Technikkommunikation 2009, 284 Seiten, Broschur UTB 3214 ISBN 978-3-8252-3214-6 Bertram Scheufele, Ines Engelmann Empirische Kommunikationsforschung 2009, 254 Seiten 60 s/ w Abb., Broschur UTB 3211 ISBN 978-3-8252-3211-5 Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.utb.de Weiterlesen bei utb. <?page no="282"?> Armin Scholl Die Befragung 3., überarbeitete Auflage 2014, 288 Seiten 10 s/ w Abb., Broschur UTB 2413 ISBN 978-3-8252-4080-6 Rainer Schützeichel Soziologische Kommunikationstheorien 2., überarbeitete Auflage 2015, 244 Seiten 20 s/ w Abb., Broschur UTB 2623 ISBN 978-3-8252-4469-9 Ralf Spiller, Hans Scheurer (Hg.) Grundlagentexte Public Relations 2014, 394 Seiten 10 s/ w Abb., Broschur UTB 4138 ISBN 978-3-8252-4138-4 Andreas Ströhl Medientheorien kompakt 2014, 248 Seiten, Broschur UTB 4123 ISBN 978-3-8252-4123-0 Barbara Thomaß (Hg.) Mediensysteme im internationalen Vergleich 2., überarbeitete Auflage 2013, 380 Seiten 10 s/ w Abb., Broschur UTB 2831 ISBN 978-3-8252-3932-9 Elke Wagner Mediensoziologie 2014, 150 Seiten, Broschur UTB 4224 ISBN 978-3-8252-4224-4 Stefan Weber (Hg.) Theorien der Medien Von der Kulturkritik bis zum Konstruktivismus 2., überarbeitete Auflage 2010, 330 Seiten 6 s/ w Abb., Broschur UTB 2424 ISBN 978-3-8252-2424-0 Hamid Reza Yousefi Grundbegriffe der interkulturellen Kommunikation 2014, 126 Seiten 25 s/ w Abb., Broschur UTB 4127 ISBN 978-3-8252-4127-8 Guido Zurstiege Werbeforschung 2007, 234 Seiten 32 s/ w Abb., Broschur UTB 2909 ISBN 978-3-8252-2909-2 Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.utb.de Weiterlesen bei utb. <?page no="283"?> Heinz Pürer, Nina Springer, Wolfgang Eichhorn Grundbegriffe der Kommunikationswissenschaft 2015, 104 Seiten, Broschur UTB 4298 ISBN 978-3-8252-4298-5 Heinz Pürer (Hg.) Kommunikationswissenschaft als Sozialwissenschaft 2015, 254 Seiten, Broschur UTB 4260 ISBN 978-3-8252-4260-2 Nina Springer, Friederike Koschel, Andreas Fahr, Heinz Pürer Empirische Methoden der Kommunikationswissenschaft 2015, 154 Seiten 11 s/ w Abb., Broschur UTB 4300 ISBN 978-3-8252-4300-5 Heinz Pürer Medien in Deutschland Presse - Rundfunk - Online 2015, 260 Seiten UTB 4262 12 s/ w Abb., Broschur ISBN 978-3-8252-4262-6 Heinz Pürer Journalismusforschung 2015, 178 Seiten 3 s/ w Abb., Broschur UTB 4261 ISBN 978-3-8252-4261-9 Helena Bilandzic, Friederike Koschel, Nina Springer, Heinz Pürer Rezipientenforschung Mediennutzung - Medienrezeption - Medienwirkung 2015, 180 Seiten, Broschur UTB 4299 ISBN 978-3-8252-4299-2 Klicken + Blättern Leseproben und Inhaltsverzeichnisse unter Erhältlich auch in Ihrer Buchhandlung. www.utb.de Weiterlesen bei utb. Kompakte Einführungen in die Kommunikationswissenschaft <?page no="284"?> www.utb-shop.de Studienliteratur - wie und wann ich will Kostenloser Versand innerhalb Deutschlands ab 10,00 € Bestellwert 2 Wochen Rückgaberecht schnelle Retourenabwicklung Einfache und sichere Bezahlung über Paypal, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder Giropay Ohne Kundenkonto Bestellung von Printexemplaren ohne Anlegen eines Kundenkontos gedruckte Lernmedien von Lernbüchern bis Lernposter aus über 30 Fachbereichen Online-Zugang Bücher in digitaler Form online lesen und nutzen Apps & Downloads Lernhilfen zur Wissensvertiefung kostenloses Zusatzmaterial online frei verfügbar zu über 800 Titeln
