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Den Praktikumsbericht richtig schreiben

Auswertung, Fehlerrechnung und Ergebnisdarstellung

1010
2016
978-3-8385-4618-6
978-3-8252-4618-1
UTB 
Eckehard Müller

Das Must-have für NaturwissenschaftlerInnen! Ein Physikpraktikum ist für viele Studierende der Ingenieurs- und Naturwissenschaften Pflicht - und für einige leider auch Stolperstein. Der Grund: Beim Praktikumsbericht gibt es viel zu beachten, z.B. bei der richtigen Darstellung von Mess-, Ablese- und Zählfehlern. Dieser Ratgeber führt Schritt für Schritt zum Praktikumsbericht und vermittelt kurz und bündig das notwendige statistische Know-how.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol Waxmann · Münster · New York utb 4618 <?page no="2"?> Eckehard Müller Den Praktikumsbericht richtig schreiben Auswertung, Fehlerrechnung und Ergebnisdarstellung UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="3"?> Der Autor Prof. Dr. rer. nat. Eckehard Müller ist im Fachbereich Mechatronik und Maschinenbau und Institut für Bildung, Kultur und Nachhaltige Entwicklung an der Hochschule Bochum tätig. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016 Lektorat: Rainer Berger Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: © science photo, fotolia.de Druck und Bindung: Pustet, Regensburg UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 4618 ISBN 978-3-8252-4618-1 <?page no="4"?> Liebe Leserinnen, liebe Leser! Mit diesem Ratgeber möchte ich Ihnen den Einstieg in Ihren ersten naturwissenschaftlichen Praktikumsbericht erleichtern. Wichtig ist mir, Ihnen Tipps zu geben und relevantes Hintergrundwissen zu vermitteln. Besonderes Augenmerk richte ich dabei auf die Fehlerrechnung. Sie ist in Praktikumsberichten für viele Studierende allzu oft ein unnötiger Stolperstein. Sicher lassen sich noch weit mehr als einhundert Seiten über dieses Thema schreiben. Da Ihre Zeit knapp ist, wäre das allerdings zu detailliert und nicht mehr allgemeingültig, sondern vielmehr fachspezifisch. Von Fach zu Fach - und teilweise sogar von Professor zu Professor - gibt es zahlreiche Unterschiede, auf die Sie auch nach dem Lesen dieses Ratgebers weiter achten müssen. Der Übergang zum wissenschaftlichen Arbeiten ist übrigens im Praktikumsbericht fließend. Das zeigt besonders der kurze Abschnitt über den Umgang mit Quellen und das Erstellen des Literaturverzeichnisses. Das Erstellen Ihres ersten Praktikumsberichts ist einer der ersten Schritte hin zum wissenschaftlichen Arbeiten. Das wissenschaftliche Arbeiten geht mit vielen Vorgaben und Regeln einher, mit denen Sie sich - ganz unabhängig von Ihrem Praktikumsbericht - im Laufe Ihres Studiums eingehend beschäftigen werden und müssen. Deswegen betrachten Sie den anstehenden Praktikumsbericht nicht als notwendiges Übel oder sogar als eine Schikane, sondern als Übung, die Ihnen das Schreiben Ihrer Bachelorarbeit später deutlich erleichtern wird. Zum wissenschaftlichen Arbeiten gibt es übrigens vielfältige Literatur auf dem Markt. Achten Sie bei der Auswahl auf die Zielgruppe: Zwischen den Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften einerseits sowie den Geisteswissenschaften und <?page no="5"?> 6 Liebe Leserinnen, liebe Leser! Sozialwissenschaften andererseits gibt es gravierende Unterschiede in der Vorgehensweise. Für das Schreiben Ihres ersten Praktikumsberichts und das Studium wünsche ich Ihnen nun viel Erfolg. Und: Beim Lesen des Ratgebers viel Spaß! Bochum, im Sommer 2016 Eckehard Müller <?page no="6"?> Inhalt Liebe Leserinnen, liebe Leser! ................................................ 5 - 1 Checklisten, Linktipps und hilfreiche Werkzeuge ...................................... 9 - 2 Das Protokoll und der Bericht ............................ 12 - 2.1 - Charakteristika eines Protokolls ................................ 13 - 2.2 - Charakteristika eines Berichts .................................... 16 - 3 Die Verwendung von Diagrammen .................. 19 - 3.1 - Allgemeines zu Diagrammen..................................... 19 - 3.2 - Grundlegendes Diagramm ......................................... 19 - 3.3 - Erweiterte Diagramme ............................................... 21 - 4 Die Fehlerrechnung ................................................ 27 - 4.1 - Was Sie vorab wissen sollten ..................................... 27 - 4.2 - Messfehler bzw. statistische Fehler........................... 28 - 4.2.1 - Messfehler von Geräten ............................................. 28 - 4.2.2 - Ablesefehler ................................................................. 29 - 4.2.3 - Zählfehler - am Beispiel Radioaktivität ................... 31 - 4.2.4 - Verbesserung von Fehlern durch mehrmaliges Messen........................................ 32 - 4.2.5 - Exponentialfunktion ................................................... 38 - 4.2.6 - Poisson-Verteilung ...................................................... 44 - 4.3 - Fehlerfortpflanzung .................................................... 51 - 4.4 - Systematische Fehler................................................... 57 - <?page no="7"?> 8 Inhalt 4.5 - Darstellung von Fehlern in Diagrammen ................ 64 - 4.6 - Ausgleichende Gerade ................................................ 65 - 4.6.1 - Grafische Darstellung und deren Abschätzung ...... 65 - 4.6.2 - Lineare Regression ...................................................... 66 - 4.6. 3 - Umgang mit Potenz- und Exponentialfunktion ..... 74 - 5 Der Aufbau eines Berichtes ................................ 85 - 5.1 - Inhaltlicher Aufbau ..................................................... 85 - 5.2 - Behandlung von Tabellen .......................................... 86 - 5.3 - Umgang mit Einheiten ............................................... 86 - 5.4 - Fehlerdarstellung ......................................................... 91 - 5.5 - Verwendete Quellen und Literaturverzeichnis eines Berichtes ......................... 92 - Anhang ........................................................................................... 95 - 1 Symbole bei Zeigerinstrumenten ..................... 95 - 2 Verschiedene Mittelwerte .................................... 96 - Literaturverzeichnis ...............................................................101 - Stichwörter .................................................................................103 - <?page no="8"?> 1 Checklisten, Linktipps und hilfreiche Werkzeuge Im naturwissenschaftlichen Studium kommen Sie an Praktika nicht vorbei. In Rahmen dieser Praktika werden Sie Versuche durchführen, die Sie anschließend auswerten müssen. All das dokumentieren Sie in einem Bericht, den Sie schließlich dem Dozenten zur Durchsicht geben müssen. Bei der Erstellung dieser Berichte werden häufig elementare Fehler gemacht. Die Folge: Sie bekommen den Bericht zurück und müssen nachbessern und das Ganze erneut abgeben. Diese Schleife trägt allerdings nicht zur besseren „Stimmung“ zwischen Studierenden und Dozenten bei - denn eigentlich ist sie unnötig, meist sind es zudem häufig die gleichen Fehler, die Dozenten in den Praktikumsberichten finden. Die folgenden Seiten verraten Ihnen, worauf Sie bei Ihrem Praktikumsbericht achten müssen und welche häufig gemachten Fehler Sie vermeiden können. Bevor Sie konkret in das Thema einsteigen, möchte ich Ihnen deswegen vorab hilfreiche Checklisten und Linktipps an die Hand geben, die Ihnen bei Ihrem Praktikumsbericht helfen werden. Checklisten Während Ihres Praktikumsbericht kann das ein oder andere schiefgehen. Die folgenden drei Checklisten verraten Ihnen, worauf Sie vor dem Praktikum (→ Check 1), während des Praktikums (→ Check 2) und kurz vor Abgabe (→ Check 3) des Praktikumsberichts unbedingt achten sollten. Vermeiden Sie typische Fehler und behalten Sie die folgenden Punkte im Hinterkopf. <?page no="9"?> 10 Praktikumsberichte richtig schreiben  Check 1 │ Vor dem Praktikum  Namen, Sprechzeiten und Kontaktmöglichkeiten der Betreuer in Erfahrung gebracht?  Zeitplan festgelegt?  Notwendige Utensilien besorgt? (… sofern es diese gibt, z.B. Messgeräte, Rechner)  Anleitung gelesen?  Mögliche Unklarheiten aufgeschrieben?  Pünktlich zum Praktikum erscheinen!  Fragestellungen genau durchgelesen? -  Das Praktikum rechtzeitig vorbereitet? (… nicht erst 10 Minuten vorher, es lohnt sich! )  Check 2 │ Während des Praktikums  Belegungsplan des Labors in Erfahrung bringen und eigene Zeiten einplanen!  Dokumentation aller Schritte und Rechenwege nicht vergessen!  Keine Schmierzettel für Nebenrechnungen verwenden!  Verwendete Literatur unmittelbar in alphabetischer Reihenfolge in Literaturliste anlegen und direkte und indirekt Zitate genau vermerken!  Ablesefehler vermeiden!  Kein Tipp-Ex und keine Killer im Protokoll verwenden, Falsches lediglich lesbar durchstreichen!  Messwerte unmittelbar in vorgefertigte Listen eintragen!  Messbereich der Messwerte notieren!  Fehler der Messgeräte aufschreiben! <?page no="10"?> Checklisten, Linktipps und hilfreiche Werkzeuge 11  Versuchsaufbau skizzieren!  Wo wird der Bericht abgegeben? (z.B. Raum oder Postkasten etc.)  Check 3 │ Kurz vor Abgabe  Verwendete Literatur vollständig in Literaturliste aufgenommen?  Fehlerrechnung mit Rechenwegen aufgenommen?  Wichtige Zusammenhänge auch mit Diagrammen und Grafiken illustriert?  Name und Matrikelnummer auf den Bericht geschrieben?  Mitarbeitende Kommilitonen eventuell genannt?  Verwendete Messgeräte genannt?  Hinweise zu Umgebungsgrößen aufgenommen?  Ist der Bericht ein festes Dokument und keine Loseblattsammlung?  Ist der Bericht vollständig (Seitenzahlen)?  Lässt sich der Bericht durch die Überschrift eindeutig Ihrem Praktikum zuordnen? Hilfreiche Websites Auch bei Ihrem Praktikumsberichten bietet das Internet viel Nützliches:  www.youtube.com/ watch? v=Fegwu402YrM Hier finden Sie eine Vorlesung des Autors zum Thema Fehlerrechnung. Sie geht über ca. 1,5 Stunden und zeigt die wichtigsten Grundlagen. <?page no="11"?> 12 Praktikumsberichte richtig schreiben  http: / / phyta.net/ fehlerrechnung.htm Hier gibt es auch Hinweise zur Fehlerrechnung im Netz für physikalsich-technische Assistenten.  http: / / www.spektrum.de/ lexikon/ physik/ fehlerrechnung/ 4814 Auch hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Fehlerrechnung.  https: / / www.youtube.com/ watch? v=1EpZgYw5Wtw Hier finden Sie eine Abhandlung für Fehlerrechnung eines Dosenvolumens. Es wird hier der maximale Fehler abgeschätzt. Durch die Eingabe des Wortes „Fehlerrechnung“ bei einer Suchmaschine werden viele kleine Skripte oder Foliensätze zur Fehlerrechnung angezeigt. Geben Sie dagegen Praktikumsbericht ein, dann werden Ihnen viele Seiten angezeigt, die mit einem Praktikum in einem Unternehmen zusammenhängen. Hilfreiche Werkzeuge Die folgenden „Werkzeuge“ sind hilfreich:  Excel ist hilfreich zur Erstellung von Diagrammen. Wichtiger Hinweis: Verwenden Sie für die Erstellung eines Liniendiagramms die Funktion „Punktdiagramme“ mit der Einstellung „durch Linie verbinden“, da sonst die Gefahr besteht, dass die x-Achse falsch skaliert wird. Excel berechnet Ihnen ohne großen Aufwand Mittelwerte und Standardabweichungen Excel ist auch manchmal hilfreich bei der Berechnung von Geradensteigungen. Allerdings ist eine Gewichtung der Werte und Angabe der Fehler nicht so möglich.  Sollten Sie Mac-Nutzer sein, dann nutzen Sie Numbers, es bietet ähnliche Funktionen wie Excel. <?page no="12"?> Das Protokoll und der Bericht 13  http: / / gnuplot.info/ Für das Diagrammprogramm gnuplot müssen Sie sich etwas Zeit nehmen. Erst nach einer Einarbeitungszeit erschließen sich Ihnen viele - dann aber hilfreiche - Funktionen.  https: / / physik.nawi.at/ index.php/ studieren/ studi-software/ Auf dieser Seite finden Sie zahlreiche Links zu nützlichen Freeware-Programmen bzgl. der Mathematik. Das Stöbern dort lohnt sich! 2 Das Protokoll und der Bericht 2.1 Charakteristika eines Protokolls Das sogenannte Versuchsprotokoll ist dem eigentlichen Bericht vorgeschaltet. In einem Versuchsprotokoll wird alles Unmittelbare des Versuchs bzw. der Versuchsdurchführung notiert. Dazu gehören in erster Linie der Versuchsaufbau und die Durchführung:  Welche Geräte werden benutzt?  Welchen Messfehler haben die Geräte?  Wie ist die Versuchsanordnung?  Gibt es irgendwelche Umgebungseinflüsse? Fertigen Sie eine kleine Skizze an. Diese hilft Ihnen dabei, dass Sie später diese wichtigen Punkte besser in den Bericht übertragen können. Dann müssen Sie am Ende, wenn die Zeit ohnehin knapp ist, nicht mühsam in Ihren Erinnerungen kramen oder ggf. etwas rekonstruieren. Wichtig: Wenn Umgebungsgrößen wie Raumtemperatur, Feuchtigkeit, Tageszeit (ggf. Verdunkelung des Raumes) etc. von Relevanz sind, vergessen Sie nicht, diese auch zu notieren. Schreiben Sie besser mehr als zu wenig auf. <?page no="13"?> 14 Praktikumsberichte richtig schreiben Wenn Sie den Versuch durchführen, sind alle Werte entsprechend zu protokollieren. Am besten in einer Tabelle, wobei neben der Größe auch die Einheit aufgeschrieben wird, z. B. Längenunterschied in Metern oder Zeit in Sekunden. Die Einheit gehört in runde Klammern (s. u.) und nicht in eckige. Die Zahlen, die Sie notieren, sollten im Intervall zwischen 0,1 und 1000 liegen. Die Größenordnung wird mit zu der Einheit geschrieben. Ein Beispiel: Sie messen eine elektromagnetische Wellenlänge von 0,000251 m. Dann schreiben Sie 251 in die Tabelle und bei der Einheit: ∗ 10 -6 (m) oder (µm).  Tipp Schreiben Sie immer die Messwerte in Tabellenform auf. Vergessen Sie nicht die Größenordnungen der Zahlen und die Einheiten. Es erleichtert später den Überblick! Wenn möglich schreiben Sie sofort auch den Messfehler mit auf. Sonst lassen Sie den nötigen Platz für die spätere Ergänzung. Die Ergebnisse sollten Sie auch in der Reihenfolge aufschreiben, wie Sie diese gemessen haben. Dann haben Sie gleich diese zeitliche Information, wenn diese für die spätere Auswertung gebraucht wird. Das Protokoll ist übrigens keine wilde Blattsammlung, sondern besteht aus chronologisch durchnummerierten Blättern, die am Ende zusammengeheftet werden. Das Protokoll dient dazu, alles Unmittelbare zu notieren. Daher ist es unzulässig, irgendwelche Messwerte auf einen Schmierzettel zu schreiben und dann ins Protokoll zu übernehmen. Unmittelbar heißt auch, dass keine auch noch so elementaren Rechenoperationen (im Kopf) ausgeführt werden und nur das Ergebnis notiert wird. Wenn Sie beim Kopfrechnen einen Fehler machen, ist das spä- <?page no="14"?> Das Protokoll und der Bericht 15 ter nicht mehr nachzuvollziehen. Übrigens: Selbst das banale Multiplizieren mit den Faktor 2 ist damit gemeint! Vergessen Sie nicht das Datum der Messung mit aufzuschreiben. Außerdem schreiben Sie das Protokoll mit einem Kugelschreiber und keinesfalls mit irgendwelchen Stiften, die sich wegradieren oder killern lassen. Und auch das ist wichtig: In einem Protokoll wird nur etwas durchgestrichen und nicht z. B. mit Tipp-Ex übermalt. Auch Durchgestrichenes muss immer noch lesbar sein. Es werden außerdem keine Zahlen mit anderen überschrieben. Wenn man versehentlich eine Eins schreibt, dann wird diese nicht mit einer Zwei überschrieben, sondern durchgestrichen.  Tipp Verwenden Sie keine Schmierzettel, sondern schreiben Sie alles lesbar in Ihr Protokoll. Verwenden Sie dafür keine Bleistifte oder Füller. Fehler werden nicht ausradiert, sondern lesbar durchgestrichen. Während meiner Arbeit im CERN, dem Kernforschungszentrum in Genf, habe ich beispielsweise ein Laborbuch geführt. Es war eine festgebundene, mit Seitenzahlen durchnummerierte, Kladde. Dort wurde Alles, was mit der Versuchsdurchführung zu tun hatte, eingetragen und genau die oben beschriebenen Regeln beachtet. Es wäre also sofort aufgefallen, wenn ich eine Seite herausgerissen hätte. Diese Kladde habe ich über mehrere Jahre geführt, um dann anschließend mit ihrer Hilfe meine Doktorarbeit zu schreiben. Nur so konnte ich auch auf Vergangenes leicht zurückgreifen, das Rekonstruieren von Dingen, die Jahre zurücklagen, wäre unmöglich gewesen. <?page no="15"?> 16 Praktikumsberichte richtig schreiben 2.2 Charakteristika eines Berichts Das Protokoll dient als Grundlage zum Schreiben des Versuchsberichts. Er übersetzt und organisiert die Ergebnisse des Messprozesses in eine an Konsistenz und Kohärenz orientierter Darstellungsform. D. h., dass der Bericht logisch nachvollziehbar ist (Konsistenz) und dass der Versuchsablauf auch zeitlich dem Leser klar wird (Kohärenz). Der Bericht ist ein dauerhaftes, unabhängiges und in sich abgeschlossenes Dokument, das Bedeutung und Aufwand der Tatsachen dokumentiert. D. h., wenn einer Ihrer Mitstudierenden wissen will, was Sie gemacht haben, dann sollte er es nach dem Lesen auch verstehen, was Sie genau gemessen haben, warum Sie es so gemacht haben und was das Ziel dieses Versuches ist. Der Bericht verfolgt also einen bestimmten Zweck und er richtet sich an einen bestimmten Adressaten:  Zweck: Sie zeigen, dass Sie den Versuch richtig durchgeführt haben und die Auswertung beherrschen.  Adressat: Er ist meistens der Praktikumsleiter oder einer der Mitarbeiter, die letztendlich die Beurteilung durchführen. Die Adressaten müssen Ihren Bericht verstehen und nachvollziehen können. Der Bericht bedarf einer eindeutigen Identifizierung. D. h. also, Ihr Name und ggf. die Namen mitarbeitender Kommilitonen müssen auf dem Titelblatt stehen. Die Überschrift sollte auf den durchgeführten Versuch hinweisen. Des Weiteren gehört auch das Datum der Versuchsdurchführung mit dazu. Wie ein Bericht im Einzelnen aufgebaut ist, wird in → Kap. 5 beschrieben. Vorher müssen allerdings noch grundlegende Aspekte der Darstellung und Berechnung bzw. Auswertung von Messergebnissen erläutert werden. <?page no="16"?> Aufbau Praktikumsbericht ► Titelblatt  Name und Matrikelnummer  Thema bzw. Titel des Versuchs  Versuchsnummer  Betreuender Professor bzw. Praktikumsleiter ► Versuchsprotokoll Hinweise zu  Versuchsaufbau  Durchführung (Messwerte etc.)  Umgebungsgrößen (Raumtemperatur, Lichtverhältnisse)  Verwendete Messgeräte mit Fehlerangabe ► Versuchsbericht  Darstellung der Ergebnisse mit eindeutigem Bezug zur Fragestellung bzw. dem Thema und dem Adressaten  Fehlerrechnungen  Diagramme und Tabellen  Fazit (z.B. Vergleich Theorie mit Messungen) ► Literaturverzeichnis Alphabtische und vollständige Darstellung verwendeter Literatur Das Protokoll ist wichtige Grundlage für den Bericht! <?page no="18"?> 3 Die Verwendung von Diagrammen 3.1 Allgemeines zu Diagrammen Tabellen sind ein Hilfsmittel, um Messergebnisse zu dokumentieren. Hier sind die einzelnen Ergebnisse nummerisch aufgelistet und lassen sich dort ablesen. Manchmal fällt es schwer, bei umfangreichen Tabellen den Überblick zu behalten oder Trends zu erkennen. Denken Sie daran, dass Menschen zwei Gehirnhälften haben, wobei die eine mehr für die abstrakten Informationen (linke Gehirnhälfte) zuständig ist und die andere Gehirnhälfte für die bildhaften oder visuellen Informationen (rechte Gehirnhälfte) [BI 00a, BI 00b]. Deswegen gilt: Diagramme, also die grafische Darstellung von Daten, sind einfacher zu merken. Und mehr noch: Sie helfen dabei, blitzschnell Abhängigkeiten von Messwerten zu erfassen. Stellen Sie sich vor, dass bei der Berichterstattung zur Bundestagswahl im Fernsehen die Wahlergebnisse nur tabellarisch dargestellt werden und nicht wie gewohnt in Säulen- oder Kuchendiagrammen. Gewinne, Verluste und Trends könnten Sie nur schwer erfassen und eventuell würden Sie sogar den Überblick bei Sitzverteilungen und möglichen Koalitionsoptionen schnell verlieren. Kurzum: Diagramme sind unabdingbar für jeden naturwissenschaftlichen oder technischen Bericht. 3.2 Grundlegendes Diagramm Oft haben Sie Messwerte, die z. B. über eine längere Zeit oder in Abhängigkeit von einer Dicke oder Temperatur gemessen wurden. Hier kommt das Liniendiagramm [GO 11, S. 111] zum Zuge, da es sich um einen Zeitreihenvergleich oder um <?page no="19"?> 20 Praktikumsberichte richtig schreiben Temperaturreihenvergleich handelt. Diese Art von Messungen werden Reihenvergleiche genannt, da eine Reihe von Messwerten zu ganz bestimmten Zeiten, bestimmten Orten oder bestimmten Temperaturen gemacht wurden. In diesem Diagramm sehen Sie dann alle Messwerte im Vergleich. Bei einem solchen Liniendiagramm wird auf der x-Achse (der sogenannten Abszisse) die Variable (Zeit, Ort, Temperatur) aufgetragen, von der die gemessene Größe abhängig ist. Auf die y-Achse (die sogenannte Ordinate) wird dann die gemessene Größe aufgetragen. Beide Achsen tragen eine Beschriftung in Form von einer zahlenmäßigen Einteilung und einer Bezeichnung der Größe mit Einheit: Abb. 1: Aufbau eines Diagramms Größe (Einheit) Überschrift 0 10 20 Tiefe in (mm) 1 2 3 4 … Zeichnen Sie Messpunkte erkennbar ein. Vergessen Sie die Pfeilspitzen und Benennung der Achsen nicht. Denken Sie daran, die grauen Felder auszufüllen. <?page no="20"?> Die Verwendung von Diagrammen 21  Wissen Diesen Diagrammtyp finden Sie in Excel unter Punktediagramm und nicht unter Liniendiagramm. Die Linie können Sie als Option einstellen. Bei der Kategorie Liniendiagramme wird eine konstante Einteilung der x-Achse vorgenommen ohne Rücksicht auf die nummerischen Werte! 3.3 Erweiterte Diagramme Polardiagramm Häufig wird im technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich eine Größe in Abhängigkeit eines Winkels gemessen und muss dann auch dargestellt werden. Wird der Winkel mit den trigonometrischen Funktionen verknüpft, wird meistens das bereits vorgestellte Liniendiagramm verwendet. Werden aber Größen direkt in Abhängigkeit vom Winkel dargestellt, so bietet sich ein sogenanntes Polardiagramm an. Abb. 2: Beispiel Polardiagramm 0 20 40 60 80 100 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 Intensitätsverteilung Intensität in % Winkel in 10°-Schritten <?page no="21"?> 22 Praktikumsberichte richtig schreiben Betrachtet man beispielsweise die Lichtintensität einer Lampe, wie diese in einer Ebene parallel zum Boden strahlt, so misst man die Intensität in Abhängigkeit von Winkel zwischen 0° und 360°, was bedeutet, dass man einen Kreis um die Lampe zieht und dann die Intensität in gewissen Winkelschritten misst. Dieser Sachverhalt wird wie in → Abb. 2 dargestellt. Da ein Kreis 360° hat, zeichnet man einen Kreis, der einen variablen Radius hat, welcher dann den Wert der gemessenen Größe, in diesem Falle die Lichtintensität, dokumentiert. Balken- und Säulendiagramm Eine weitere wichtige Diagrammart sind die Balken- und Säulendiagramme. Ihnen liegen Häufigkeitsbzw. Zeitreihenvergleiche zugrunde. Beispielhaft ist ein solches Säulendiagramm in → Abb. 3 dargestellt. Bei diesem Diagrammtyp sollten Sie die Zeitintervalle an den Grenzen eindeutig festlegen, wie z. B.: Zeitintervall A von 15 bis < 25 Jahren und Intervall B von 25 bis < 35 Jahren und nicht 15 bis 25 Jahre und 25 Jahre bis 35 Jahre, denn in letztgenanntem Fall ist nicht eindeutig, welcher Wert auf 25 Jahre entfällt. Abb. 3: Beispiel Säulendiagramm 0 5 10 15 20 25 30 35 Zeitintervall A Zeitintervall B Zeitintervall C Zeitintervall D Durchschnittstemperatur (°C) Diagrammtitel <?page no="22"?> Die Verwendung von Diagrammen 23  Tipp Achten Sie bei der Darstellung in → Abb. 3 darauf, dass sich die Grenzen der Zeitintervalle nicht überlappen bzw. an den Grenzen die Zeit eindeutig zugeordnet werden kann. Punktediagramm Bei Korrelationen kommt häufig ein Punktediagramm zum Einsatz. Hier gibt es eine Abhängigkeit von zwei Größen, die im Mittel (meistens) durch eine lineare Funktion, sprich Gerade, dargestellt werden kann, aber der einzelne Messwert auch deutlich von dieser abweichen können. Ein Beispiel für eine Korrelation ist Sonnenscheindauer an einem Tag gegen den mittleren Bewölkungsgrad des Tages. Ist es zu 100 % bewölkt wird es keinen Sonnenschein geben. Bei keiner Wolke am Himmel (also 0 % Bewölkungsgrad) ist es genau umgekehrt. Allerdings können die Werte dazwischen durchaus abweichen. Ziehen die Wolken mehr Richtung Norden durch, wird es eine höhere Sonnenscheindauer geben als im Mittel für diesen Bewölkungsgrad zu erwarten ist. Sind die Wolken im Süden, ist häufiger Schatten vorhanden. Jede Messung wird als ein Punkt in einem Koordinatensystem eingezeichnet (→ Abb. 4). Mit Hilfe einer linearen Regression (→ Kap. 4.6) kann man dann die ausgleichende Gerade berechnen, die die mittlere Abhängigkeit zeigt. In Excel steht bei dieser Diagrammart diese Funktion zur Verfügung. Hier können auch weitere funktionale Abhängigkeiten geprüft werden, die nicht lineare Verläufe (logarithmisch, exponentiell etc.) haben. Der Korrelationskoeffizient, der zwischen Null und Eins liegt, ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass die gefundene Funktion die Daten beschreibt. <?page no="23"?> 24 Praktikumsberichte richtig schreiben Abb. 4: Beispiel Punktediagramm Das Kreisdiagramm Der Vollständigkeit halber wird noch das Kreisdiagramm erwähnt. Abb. 5: Beispiel Kreisdiagramm Hier werden Anteile in Form von Kuchenstücken dargestellt, wobei die Größe des Stücks optisch den Anteil anzeigt. Es liegt 0 20 40 60 80 100 120 0 50 100 150 Sonnenscheindauer (%) Bewölkungsgrad (%) Korrelation Sonne-Wolken Diagrammtitel Zeitintervall A Zeitintervall B Zeitintervall C Zeitintervall D Rest <?page no="24"?> Die Verwendung von Diagrammen 25 dieser Diagrammart eine Strukturvergleich zu Grunde [GO 11, S. 106]. Man sollte aufpassen, dass nicht mehr als 5 - 6 Stücke gezeichnet werden, wobei es öfter ein Segment gibt, in welchem der Rest zusammengefasst wird. Diesen Diagrammtyp können Sie auch zum großen Teil mit Excel erstellen. Dort haben Sie viele Gestaltungsmöglichkeiten. Diese werden aber für einen Praktikumsbericht in der Regel nicht gebraucht. Stellen Sie deswegen die 3D-Funktion besser aus - ebenso die Schattenfunktion. Sie bringen keinerlei zusätzliche Informationen. Wer sich noch tiefer mit Diagrammdarstellungen beschäftigen will, findet in den folgender Literatur weiter Hinweise: [SP 04, SS. 151-159; ST 97] <?page no="26"?> 4 Die Fehlerrechnung 4.1 Was Sie vorab wissen sollten Sie kennen den Spruch: Wer viel misst, misst Mist. Doch ganz so einfach ist es in der Wissenschaft nicht, denn jeder Messwert ist mit einem Fehler behaftet. Daher ist eine Fehlerbetrachtung unabdingbar. Dieser Fehler kann viele Gründe haben, die im Folgenden noch erläutert werden. Dabei ist stets eine zweigeteilte Fehlerbetrachtung sinnvoll: Zum einen sollte der statistischen Fehler betrachtet werden, er wird häufig Messfehler genannt. Zum anderen ist der systematische Fehler relevant. Auf beide wird in diesem Kapitel noch näher eingegangen. Bevor wir aber in diese Einzelheiten einsteigen, müssen noch die beiden Begriffe absoluter und relativer Fehler erklärt werden. Der absolute Fehler ist der Fehler, der direkt als Zahl und Einheit angegeben wird. Wenn eine Temperatur gemessen und als Fehler ± 0,5 °C angegeben wird, so ist das ein absoluter Fehler. Diese Angabe ist immer sinnvoll. Alternativ kann ein relativer Fehler, also in Prozent dargestellt, angeben werden. Dieses ist aber nur sinnvoll, wenn eine entsprechend große Zahl vorliegt. Auf die Temperatur bezogen, ist es bei 0 °C nicht möglich eine relative Fehlerangabe zu machen, da nicht durch Null dividiert werden kann. Die allgemeine Formel lautet: relativer Fehler Messfehler Messwert ∗ 100 %  Beispiel Sie messen einen Strom von 75 A mit einem Messfehler von 3 A. Dann lauten die Darstellungen: <?page no="27"?> 28 Praktikumsberichte richtig schreiben  mit absolutem Fehler I = 75 A ± 3 A = (75 ± 3) A  mit relativem Fehler I = 75 A ± 4 % 4.2 Messfehler bzw. statistische Fehler 4.2.1 Messfehler von Geräten Bei analogen Messgeräten wird der Fehler als relativer Fehler von dem Skalenendwert angeben. Was bedeutet dieses konkret? Ein Messgerät hat eine Skala von 0 bis 30 mit einem Fehler von 2 %. D. h. 2 % von 30 sind 0,6. Jeder Wert der jetzt abgelesen wird, hat den Fehler von 0,6. Bei einem niedrigeren Skalenwert z.B. 10 auf der Skala wäre der Fehler auch 0,6 also 6 %. Daher haben die Messgeräte meistens eine Messbereichseinteilung, die bei ca. einem Drittel eines Messbereichs einen neuen Bereich schaltbar haben, damit der Fehler nicht zu groß wird. Als Beispiel für Strommessungen wären es die Messbereiche: 1 mA, 3 mA, 10 mA, 30 mA, 100 mA, 300 mA. Auf den Messgeräten ist im Anzeigeinstrument unten, meistens rechts in der Ecke, die nötige Information angegeben. Dort steht entweder eine Zahl oder die Abkürzung „Kl.“ mit einer Zahl. Kl. bedeutet Klasse und die Zahl ist der Fehler in Prozent von Skalenendwert. „Kl. 2,5“ bedeutet, dass dieses Gerät einen Fehler von 2,5 % vom Skalenendwert hat. Daneben steht oft dieses Zeichen ⊥. Es bedeutet, dass das Gerät nur im senkrechten Zustand betrieben werden darf, da es sonst nicht die richtigen Werte anzeigt. Ist das Gerät für den waagerechten Betrieb ausgelegt, dann ist dieses Symbol abgebildet: , wie man in → Abb. 6b auch sieht. Die weiteren Zeichen sagen etwas über <?page no="28"?> Die Fehlerrechnung 29 den internen Aufbau an und sind für Sie erst mal nicht so wichtig. Wer sich dafür interessiert, kann im Anhang weitere Informationen bekommen.  Wissen Bei digitalen Messgeräten verhält es sich ähnlich. Hier muss man hinschauen, wie die Fehlerangabe gemeint ist (absolut oder relativ). Die Messfehler sind meistens kleiner als bei analogen Geräten, aber zusätzlich kommt noch ± 1 Digit dazu. 4.2.2 Ablesefehler Zusätzlich zu dem im vorherigen Kapitel beschriebenen Fehler, kann noch ein Ablesefehler kommen. Aber durch richtiges „Verhalten“ tritt dieser gegenüber dem Messfehler in den Hintergrund. Bei analogen Geräten ist es wichtig, mit einer senkrechten Blickrichtung zum Messgerät den Wert auf der Skala abzulesen.  Tipp Bei guten Messgeräten ist ein Spiegel unter der Skala hinterlegt. Das Spiegelbild des Zeigers sollte hinter dem Zeiger selbst verschwinden. Dann ist der richtige Blickwinkel gewährleistet. Das sollte Ihnen bewusst sein: Ist der Spiegel nicht vorhanden und Sie schauen schräg von der Seite auf die Skala, dann lesen Sie mehr oder weniger ab - abhängig davon, von welcher Seite aus Sie schauen. Schauen Sie von der Seite, an der der Nullpunkt liegt, dann lesen Sie einen leicht höheren Wert ab. Die → Abb. 6b verdeutlicht diesen Messfehler. <?page no="29"?> 30 Praktikumsberichte richtig schreiben Abb. 6a: Messgerät mit Spiegelskala Abb. 6b: Falsche Perspektive - Spiegelbild ist sichtbar Spiegelbild ist nicht sichtbar Spiegelbild ist sichtbar <?page no="30"?> Die Fehlerrechnung 31 4.2.3 Zählfehler - am Beispiel Radioaktivität Bei Versuchen mit Radioaktivität wird häufig die Rate gemessen. D. h. wie viele Zerfälle es in einem gewissen Zeitintervall gibt. Messen Sie mehrmals in dem gleichen Zeitintervall, so haben Sie immer Schwankungen, vorausgesetzt es existiert keine Abnahme der Radioaktivität. Misst man in einem Zeitintervall N Zerfälle, so ist der Fehler (Standardabweichung, Erläuterung s.u.) √N . Misst man 144 Zerfälle so ist der Fehler ± 12 Zerfälle also 8,3 %. Der absolute Fehler steigt immer mit zunehmender Zahl N, aber der prozentuale Fehler ist proportional 1/ √N und wird immer kleiner. Dabei wird man an eine Grenze kommen, wo der Aufwand den Nutzen überschreitet, da ja die doppelte Genauigkeit die vierfache Anzahl von Zerfällen bedeutet. Die gleichen Überlegungen gelten nicht nur für das Zählen von radioaktiven Zerfällen, sondern allgemein bei Zählungen wie z. B. Anzahl Kunden oder Autos in einem Zeitintervall Übrigens: Bei Wahlumfragen werden teilweise nur 1000 Personen befragt. Hier ist die Genauigkeit höher, da man noch das persönliche Profil jedes Gefragten mit einbezieht.  Beispiel Sie möchten herausfinden, ob ein Material schwach radioaktiv ist. Dazu müssen Sie wissen, dass immer eine Grundradioaktivität in jeglicher Umgebung vorhanden ist, die von kosmischer Strahlung etc. herrührt und bei 7 Ereignissen pro Sekunde liegt, wenn mit dem Geiger-Müller- Zähler gemessen wird. In Wirklichkeit kann es je nach Umgebung etwas mehr oder auch weniger sein. Dieses ist bekannt und gilt z. B. für mein Labor. <?page no="31"?> 32 Praktikumsberichte richtig schreiben Sie messen 10 Sekunden lang das Material und erhalten 80 Ereignisse. Der Fehler ist dann √80 9. Der Untergrund beträgt bei 10 Sekunden 70 Ereignisse. Der Abstand zwischen dem Untergrund und der gemessenen Rate beträgt 10 Ereignisse etwas mehr als eine Standardabweichung (9 Ereignisse). Dieses ergäbe ungefähr eine Wahrscheinlichkeit von 70 %, dass es wirklich die erhöhte Radioaktivität gibt. 70 % Wahrscheinlichkeit ist aber wissenschaftlich gesehen zu wenig. Jetzt messen Sie nicht nur 10 Sekunden, sondern 100 Sekunden und erhalten 790 Ereignisse. Der Fehler ist jetzt ungefähr 28 Ereignisse oder 3,6 %. Jetzt ist der Abstand zu 700 Ereignissen des Untergrundes schon 3 Fehlerintervalle (Standardabweichungen). Das bedeutet mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99 %, dass erhöhte Radioaktivität vorliegt. Mehr zu einzelnen Wahrscheinlichkeiten finden Sie im nächsten Kapitel) 4.2.4 Verbesserung von Fehlern durch mehrmaliges Messen Aus dem Alltag kennen Sie sicher, dass Sie manchmal mehrmals messen und dann den Mittelwert bilden, da dieser dann besser bzw. genauer ist. Das ist auch so: Wenn Sie mehrmals einen Messwert von dem gleichen Messvorgang haben, können Sie den Fehler verbessern. Warum das so ist, verrät Ihnen der folgende Abschnitt. <?page no="32"?> Die Fehlerrechnung 33  Wissen Bei der Verteilung der einzelnen Messwerte geht man von einer sogenannten Gauß- oder Normalverteilung aus. Carl Friedrich Gauß (1777-1855) war ein herausragender deutscher Mathematiker. Sein Konterfei und seine Formel waren übrigens früher einmal auf dem 10-DM-Schein abgebildet. Zum besseren Verständnis ein paar Vorüberlegungen: Nehmen Sie an, dass zwei Dartspieler auf eine spezielle „Scheibe“ werfen, wie sie in → Abb. 7 gezeigt ist. Diese ist nicht wie gewohnt rund, sondern rechteckig und besteht nur aus senkrechten Streifen. Der dunkelste Streifen bringt die höchste Punktzahl. Jeder der beiden Spieler versucht also in die Mitte auf den dunkelsten Streifen zu werfen. Aber das gelingt nicht immer. Der eine Spieler liegt mit seinen Treffern dicht an dem dunkelsten Streifen, wenn er daneben wirft. Der andere Spieler hat die Pfeile weiter über die Dartscheibe verteilt. Ihnen ist sofort klar, welcher Spieler der bessere ist: Natürlich derjenige, der mit seinen Pfeilen näher in der Mitte und damit an dem dunkelsten Streifen liegt. Wenn jeder Dartspieler jetzt sehr häufig auf die Scheibe wirft, müsste links und rechts von der Mitte (nahezu) die gleiche Anzahl von Treffern liegen. Diese Streuung ist ein Maß für die Güte des Spielers und wird (später) als statistischer Fehler des Einzelwurfs bezeichnet. Dieses beschriebene Phänomen kann auf die Messungen mit Fehlern übertragen werden. <?page no="33"?> 34 Praktikumsberichte richtig schreiben Abb. 7: Trefferverteilung der beiden Dartspieler, die Streuung im oberen Bereich ist größer Sind bei einem Spieler auf der einen Seite vom Mittelstreifen bedeutend mehr Treffer als auf der anderen Seite, weil er z.B. schielt, so liegt noch zusätzlich eine systematische Abweichung vor, die in → Kap. 4.4 näher beleuchtet wird. Aber: Wenn der Dartspieler unendlich oft werfen würde und immer die gleichen Ausgangsbedingungen beim Werfen hätte, so ergäbe sich die folgende Häufigkeitsverteilung: Abb. 8: Gaußbzw. Normalverteilung Diese Funktion nennt man Gaußsche Glockenkurve. Das Integral dieser Kurve - also Fläche unter der Kurve - ist zu Eins normiert, da zu 100 % der Pfeil irgendwo trifft bzw. stets Mittelwert Standardabweichung ca. 68 % aller Messwerte - s + s x <?page no="34"?> Die Fehlerrechnung 35 ein Messwert existiert. Die Funktion erstreckt sich von Minus- Unendlich bis Plus-Unendlich. Sie hat in der Mitte ein Maximum und auf beiden abfallenden Flanken jeweils einen Wendepunkt, der eine Standardabweichung vom Mittelpunkt entfernt ist. In der → Abb. 8 sind die Wendepunkte an den Pfeilspitzen in der Mitte der Funktion. Das Maximum ist der Mittelwert x , um welchen die Funktion symmetrisch ist.  Wissen Der halbe Abstand zwischen den beiden Wendepunkten wird Standardabweichung s genannt und in diesem Intervall ± s liegen rund 68 % aller Werte. Die y-Achse stellt die Wahrscheinlichkeit dar, den Messwert x zu erhalten. Zur Berechnung der einzelnen Größen muss man glücklicherweise nicht die komplizierte Funktion kennen, die die Glockenkurve beschreibt. Das Maximum der Funktion ist der arithmetische ungewichtete Mittelwert aller Messwerte: x 1 N x Mittelwert s ∑ x x N 1 Standardabweichung m s √N ∑ x x N N 1 Fehler des Mittelwerts mit N =Anzahl der Werte Nachdem Sie also den Mittelwert berechnet haben, können Sie auch die Standardabweichung s berechnen. Sie ist die Wurzel aus der Summe der quadratischen Abweichungen vom Mittelwert dividiert durch die Anzahl N minus Eins (N - 1) der be- <?page no="35"?> 36 Praktikumsberichte richtig schreiben nutzten Werte. Das Ergebnis ist grafisch gesehen der Abstand von Mittelwert zum Wendepunkt. Doch was bedeutet diese Zahl? Im Bereich x ‐ s bis x + s befinden sich rund 68 % aller Werte, aus welchen der Mittelwert gebildet wurde. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick, in welchen Intervallen als Vielfache von der Standardabweichung s die Messwerte zu finden sind: Tab. 1: Prozentualer Anteil der Werte in einem Intervall bei der Normalverteilung Anzahl der Messwerte (%) Intervall 68 (ca. 67 % = 2/ 3) ± s 90 ± 1,6 ∗ s 95 ± 2 ∗ s 99,7 ± 3 ∗ s Die Standardabweichung s wird auch der Fehler der Einzelmessung genannt. Teilt man die Standardabweichung durch die Wurzel aus der Anzahl der Werte N, so erhält man den Fehler des Mittelwerts m. Wo wird dieser Fehler m gebraucht? Zur Beantwortung dieser Frage hilft nochmals das Dartbeispiel: Dem Dartspieler war bekannt, wo sich der höchste Wert auf der Dartscheibe befindet. Doch ist das bei Ihren Messungen auch immer so? Wenn Sie etwas messen, dann kennen Sie unter Umständen gar nicht den wahren Mittelwert, sondern sie haben aus endlich vielen Zahlen lediglich einen berechnet. Dieser hat dann zwangsläufig einen Fehler. Der Grund: Nur bei unendlich vielen Messwerten wäre der Mittelwert exakt bekannt. Im Intervall ± m liegt der wahre Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % und mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % liegt er im Intervall ± 1,6 ∗ m. Hier gilt das Analoge wie oben in der Tabelle. <?page no="36"?> Die Fehlerrechnung 37  Wissen Die Standardabweichung ist der Fehler der Einzelmessung und bezeichnet das Intervall, in dem mit 68-prozentiger Sicherheit der wahre Wert der einzelnen Messung liegt. Mittelt man über viele Messungen, so verringert sich der Fehler und ist dann die Standardabweichung des Mittelwertes.  Beispiel Es wird der Durchmesser eines Rohres gemessen und von der Qualitätssicherung geprüft. Der Mitarbeiter erhält die folgenden Werte (in mm): 13,1 12,9 13,0 13,0 12,8 13,2 13,4 12,9 12,8 13,4 13,4 13,1 13,3 13,3 12,8 12,9 12,7 13,5 13,4 13,3 13,7 13,1 13,2 13,1 12,6 13,0 13,0 13,1 Der Mittelwert des Durchmessers D ist: D = = 13,107 mm 13,1 mm Nun wird die Standardabweichung s bestimmt: s 2 = ((13,1 - 13,1) 2 + (12,9 - 13,1) 2 + (13,0 - 13,1) 2 + ... + (13,0 - 13,1) 2 + (13,1 - 13,0) 2 ) / (28 - 1) = 1,86 / 27 = 0,069 ⇒ s = 0,263 Der Fehler des Mittelwertes m = 0,263 / √28 = 0,05 Durch die hohe Anzahl von Messwerten lässt sich der wahre Mittelwert relativ genau feststellen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % liegt der im Intervall 13,1 ± 0,05. In diesem Beispiel ist der wahre Rohrdurchmesser ja nicht bekannt. <?page no="37"?> 38 Praktikumsberichte richtig schreiben 4.2.5 Exponentialfunktion Die Exponentialfunktion findet man häufiger in den Naturwissenschaften. So läuft das Wachstum von Bakterien, wenn die Bedingungen vorhanden sind, in einem gewissen Zeitintervall exponentiell. Ein klassischer Fall bei der Anwendung der Exponentialfunktion ist aber auch der radioaktive Zerfall. An diesem wird die Anwendung der Funktion erklärt: Wenn man eine radioaktive Probe hat, so finden dauernd radioaktive Zerfälle zu einem Element, das hier nicht radioaktiv sein soll, statt. Das neue Element kann wieder radioaktiv sein, aber das wird hier zu Vereinfachung nicht angenommen. Die Aktivität ist proportional zur Anzahl der noch vorhandenen, nicht umgewandelten radioaktiven Kerne: A dN dt λN mit A: Aktivität, N: Anzahl der radioaktiven Kerne, λ: Zerfallskonstante Die Zerfallskonstante ist charakteristisch für jedes radioaktive Nuklid. Ihre Einheit ist 1/ s. Das Minuszeichen vor dN/ dt bedeutet, dass durch die Aktivität die Anzahl unveränderter „Ursprungskerne“ abnimmt. Durch Integration folgt das Zerfallsgesetz: N N e mit N 0 : Anzahl, der zur Zeit t = 0 vorhandenen unveränderten Kerne Hier sieht man die Exponentialfunktion, die immer eine Konstante und Variable in Exponenten hat, die über eine Multiplikation verknüpft sind. Aus naturwissenschaftlichen Gründen müssen es mindestens zwei Größen im Exponenten sein, damit <?page no="38"?> Die Fehlerrechnung 39 dieser dimensionslos wird und keine Einheit mehr enthält, wie z. B. Sekunde.  Steht ein Minuszeichen im Exponent, so wird die Funktion mit zunehmenden Argument kleiner,  bei positivem Vorzeichen größer. Beim radioaktiven Zerfall wird nach einer gewissen Zeit nur noch die Hälfte des radioaktiven Materials vorhanden sein. Diese Zeit T 1/ 2 , wird Halbwertszeit genannt. Sie ergibt sich für N = N 0 / 2 zu: N 2 N e also e 1 2 bzw. λT ln 1 2 ln 2 Damit ergibt sich: T ln 2 λ bzw. λ ln 2 T Damit wird das Zerfallsgesetz: N N e <?page no="39"?> 40 Praktikumsberichte richtig schreiben Abb. 9: Typischer Verlauf einer Exponentialfunktion für den radioaktiven Zerfall. (Die Halbwertszeit T 1/ 2 beträgt 100 Sekunden. Man sieht deutlich, dass bei 2 ∗ T 1/ 2 = 200 s ein Viertel der Kerne noch vorhanden ist usw.) Jetzt sehen Sie auch den Zusammenhang zwischen der Zerfallskonstante und der Halbwertszeit. Tragen Sie das in einem Diagramm auf, so sieht das schematisch wie in → Abb. 9 dargestellt aus. Nach der Zeit 2 ∗ T 1/ 2 ist noch ein Viertel des radioaktiven Materials vorhanden (und es ist nicht alles zerfallen). Nach der Zeit 3 ∗ T 1/ 2 ist noch ein Achtel des Ausgangsstoffes zu finden. 0 200 400 600 800 1000 1200 0 100 200 300 400 500 600 Anzahl der radioaktiven Kerne Zeit (s) Die radioaktive Zerfallsrate T 1/ 2 <?page no="40"?> Die Fehlerrechnung 41 So genügen zwei Messungen mit entsprechender Genauigkeit, um die Aktivität einer radioaktiven Quelle für die Zukunft mit Hilfe der Exponentialfunktion abschätzen zu können.  Wissen Wenn Sie anstatt der Zeit als Variable die Dicke eines Materials nehmen, das eine radioaktive Quelle abschirmt, so können Sie hier eine Halbwertsdicke definieren, die sich rechnerisch genauso verhält, wie die Halbwertszeit. Bei einer gewissen Dicke ist nur noch die Hälfte der ursprünglichen Intensität eines radioaktiven Materials oder einer Röntgenstrahlung zu messen. Verdoppelt man die Dicke der Abschirmung, so sinkt die Intensität auf ein Viertel der Intensität vor der Abschirmung. Die Wahrscheinlichkeit der Wartezeit an einer Kasse, wenn alle anderen Einflüsse konstant sind, folgt im Übrigen auch einer Exponentialfunktion.  Beispiel Archäologen verwenden die sogenannte Radiocarbonmethode zur Altersbestimmung im Bereich des Altertums. Durch die Sonneneinstrahlung wird radioaktiver Kohlenstoff C 14 in den äußeren Schichten der Atmosphäre gebildet. Dieser zerfällt wieder und gleichzeitig wird neues C 14 gebildet. Dieses geschieht seit langer Zeit und der normale Kohlenstoff C 12 und der radioaktive Kohlenstoff C 14 stehen in einem Gleichgewicht. Die Halbwertszeit des radioaktiven Kohlenstoffs beträgt 5715 Jahre. <?page no="41"?> 42 Praktikumsberichte richtig schreiben In jedem Lebewesen (Pflanze, Tier) werden beide Kohlenstoffarten in dem Gleichgewichtsverhältnis in den Organismus mit eingebaut. Stirbt jetzt ein Lebewesen, so zerfällt der radioaktive Kohlenstoff zu normalem Kohlenstoff, aber es wird nach dem Tod keiner mehr neu eingebaut. Misst man jetzt die Radioaktivität der Reste dieses Tiers oder dieser Pflanze (z. B. Holzreste eines Baums), so lässt sich das Alter des Tiers bzw. der Pflanze bestimmen. In Ägypten wird ein Grab gefunden und in diesem Grab entdecken die Archäologen Holz. Sie messen jetzt nur noch 60 % der ursprünglichen Radioaktivität an einem Holzstück. Wie alt ist nun der Fund? Es gilt die Formel N N e mit N = 0,6 ∗ N 0 also 0,6 ∗ N N e und T 1/ 2 = 5715 a Durch Umformen und logarithmieren ergibt sich t ln 0,6 ∗ 4212 a Das Alter beträgt daher 4212 a, wobei hier keine Messfehlerbetrachtung gemacht wurde. <?page no="42"?> Die Fehlerrechnung 43  Beispiel Für die Bleischürze der Röntgenabteilung im Krankenhaus ist die Gebrauchsanleitung verloren gegangen. Es muss nun erneut die Halbwertsdicke D 1/ 2 bestimmt werden. Auch das lässt sich berechnen: Sie ist analog zur Halbwertszeit als die Dicke definiert, bei der die Intensität auf die Hälfte zurückgegangen ist. Es wird vor der Schürze bei einer bestimmten Energie eine Zählrate von 1450 Ereignissen pro Sekunde gemessen. Hinter der Schürze wird nur noch ein Zehntel der Aktivität gemessen. Die Dicke der Schürze ist 1,5 cm. Analog zum Zerfallsgesetz definiert man allgemein: N N e mit N 0 : Anzahl der Ereignisse ohne Abschirmung, also für d = 0 und Δ der Schwächungskonstanten Für die Schwächungskonstante gilt dann: Δ ln 2 D D. h. für dieses Beispiel: N N e mit N = 0,1 ∗ N 0 Durch Einsetzen und Logarithmieren erhält man: ln Δ ∗ 1,5 cm ∗ 1,5 cm Daraus folgt: D 1/ 2 = ‐ln 2 / ln 0,1 ∗ 1,5 cm = 0,45 cm Die Halbwertsdicke der Schürze beträgt 4,5 mm. <?page no="43"?> 44 Praktikumsberichte richtig schreiben 4.2.6 Poisson-Verteilung Treten bei Ihrer Untersuchung Ereignisse in einem Zeitraum selten oder zeitweise gar nicht ein, können Sie eine Poisson- Verteilung zur Hilfe nehmen, um die Wahrscheinlichkeiten zu beschreiben. Diese Verteilung gehört zu den diskreten Verteilungen, da Ereignisse entweder eintreten oder nicht. D. h. Sie haben als Definitionsmenge die Menge der natürlichen Zahlen mit der Null, da ein Ereignis ja nicht, einmal, zweimal usw. in einem Zeitintervall vorkommt. Das folgende Beispiel hilft beim Verständnis:  Beispiel Ein Baukran etwas älterer Bauart hat die folgende Anzahl von Ausfällen pro Woche; betrachtet werden 14 Wochen: 0 1 1 3 2 2 0 1 2 1 1 2 0 1 Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit fällt er die nächste Woche nicht aus? Diese typische Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Ereignis nicht eintritt, können Sie mir Hilfe der Poisson-Verteilung exakt beantworten. Es wird eine Eintrittswahrscheinlichkeit Ψ k definiert, wobei k sagt, dass das Ereignis k-mal eintritt. Das Ergebnis liegt natürlich zwischen Null und Eins. Als erstes wird für die Berechnung der Mittelwert a über die eingetretenen Ereignisse in dem Zeitintervall benötigt. In diesem Fall ist a = 17/ 14 = 1,21, da der Kran in 14 Wochen 17 Mal ausgefallen ist. Die Formel zur Ermittlung der jeweiligen Wahrscheinlichkeit lautet: Ψ k a ∙ e k! <?page no="44"?> Die Fehlerrechnung 45 mit e der Exponentialfunktion, a dem Mittelwert und k! gleich k-Fakultät (k-Fakultät ist definiert als das Produkt k! = 1∗ 2 ∗ 3 ∗ 4 ∗ … ∗ (k-1)∗ k ). Für das obige Beispiel ergäben sich folgende (gerundeten) Ergebnisse: Tab. 2: Errechnete Werte für das Beispiel Ψ 0 1,21 0 · e ‐1,21 / 0! = 0,30 Ψ 1 1,21 1 · e ‐1,21 / 1! = 0,36 Ψ 2 1,21 2 · e ‐1,21 / 2! = 0,22 Ψ 3 1,21 3 · e ‐1,21 / 3! = 0,088 Ψ 4 1,21 4 · e ‐1,21 / 4! = 0,027 Ψ 5 1,21 5 · e ‐1,21 / 5! = 0,006 Anmerkung: 0! wird als 1 definiert Sie sehen, dass die Wahrscheinlichkeiten für das häufigere Eintreten von Ereignissen, in diesem Fall der Ausfall des Baukrans, sehr schnell relativ klein werden. Die Verteilung für obiges Beispiel sähe so aus: <?page no="45"?> 46 Praktikumsberichte richtig schreiben Abb. 10: Wahrscheinlichkeitsverteilung für obiges Beispiel Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Veränderung der Poisson-Verteilung bei verschiedenen Mittelwerten: 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wahrscheinlichkeit Anzahl Ereignisse Wahrscheinlichkeitsverteilung des Beispiels <?page no="46"?> Die Fehlerrechnung 47 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wahrscheinlichkeit Anzahl Ereignisse Wahrscheinlichkeitsverteilung für a = 1 <?page no="47"?> 48 Praktikumsberichte richtig schreiben 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wahrscheinlichkeit Anzahl Ereignisse Wahrscheinlichkeitsverteilung für a = 4 <?page no="48"?> Die Fehlerrechnung 49 Abb. 11a - c: Verteilung der Wahrscheinlichkeiten bei verschiedenen Mittelwerten 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wahrscheinlichkeit Anzahl Ereignisse Wahrscheinlichkeitsverteilung für a = 8 <?page no="49"?> 50 Praktikumsberichte richtig schreiben Bei kleinen Mittelwerten könnten Sie sich bildhaft (nicht mathematisch begründet) vorstellen, dass eine Gauß-Verteilung gegen die y-Achse gedrückt wird und sich entsprechend deformiert. Ab einem Mittelwert von ungefähr a = 30 ähnelt die Poisson-Verteilung stark einer Gauß-Verteilung, nur mit dem Unterschied, dass hier nur diskrete Werte vorhanden sind. Abb. 12 : Verteilung der Wahrscheinlichkeiten bei einem Mittelwert a = 30 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31 34 37 40 43 46 49 52 55 58 Wahrscheinlichkeit Anzahl Wahrscheinlichkeitsverteilung für a = 30 <?page no="50"?> Die Fehlerrechnung 51  Beispiel Für ein chemisches Experiment wird sehr reiner Quarzsand benötigt. Es werden 20 Proben zu je 100 g genommen. Sie werden auf die Anzahl der Verunreinigungen (kleine Steinchen mit anderem kristallinen Aufbau) geprüft. Dabei ergeben sich folgende Werte für die Anzahl der Verunreinigungen: 0 0 0 1 0 2 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 Für das Experiment werden 8 kg des Sandes benötigt und es dürfen maximal zwei Verunreinigungen darin sein. Mit welcher Wahrscheinlichkeit hat man mehr als zwei Verunreinigungen in diesen 8 kg? Für den Mittelwert a ergibt sich a = 6/ 20 = 0,3. Des Weiteren werden jetzt die Wahrscheinlichkeiten für bis zu 2 Verunreinigungen ausgerechnet: 0 = 0,3 0 ∗ e -0,3 / 0! = 0,74 1 = 0,3 1 ∗ e -0,3 / 1! = 0,22 2 = 0,3 2 ∗ e -0,3 / 2! = 0,03 Die Wahrscheinlichkeit für 3 oder mehr Verunreinigungen ist: 1 - Ψ 0 - Ψ 1 - Ψ 2 = 0,01 Da jetzt die 80-fache Menge der einzelnen Probenmengen vorliegt, wird das Risiko auch 80-mal so groß. Daher liegt es bei einer Wahrscheinlichkeit von 0,01 ∗ 80 = 80 % in diesen 8 kg mehr als zwei Verunreinigungen zu finden. 4.3 Fehlerfortpflanzung Wird eine Messgröße in einer Formel zur weiteren Berechnung genutzt, so hat der Fehler der Messgröße unterschiedliche Auswirkungen. Wird diese Größe z. B. durch 10 geteilt bevor sie weiter in einer Formel verarbeitet wird, dann hat der Fehler <?page no="51"?> 52 Praktikumsberichte richtig schreiben auch nur noch ein Zehntel Einfluss. Aber Vorsicht: Steht dagegen die Messgröße in einem Exponenten, so kann sich der Einfluss vervielfachen. Allgemein betrachtet gilt: Liegt eine Funktion f (x, y, z) vor, mit x, y und z den gemessenen Größen und Δ x, Δ y und Δ z den entsprechenden Fehlern, dann gilt das Fehlerfortpflanzungsgesetz [SQ 71, S. 46 ff.; TO 72, S. 82 ff.]: ∆f ∂f ∂x ∙ ∆x ∂f ∂y ∙ ∆y ∂f ∂z ∙ ∆z Die Funktion f mit Δf, dem Fehler der Funktion f(x, y, z), wird nach der jeweiligen Variablen abgeleitet, quadriert und mit dem Quadrat des absoluten Fehlers multipliziert. Anschließend werden die Produkte aufaddiert und aus der Summe die Wurzel gezogen. Bei allen Werten wird auch hier von einer Gaußschen Fehlerverteilung (also einer symmetrischen Fehlerverteilung) ausgegangen. Dort steht im Exponenten ein Quadrat des Mittelwertes. Die quadratische Addition rührt auch von der Tatsache, dass die Fehler zufällig rechts oder links vom wahren Wert verteilt sein können und sich somit auch Wahrscheinlichkeiten ergeben, dass sich Fehler gegenseitig verringern. Bei der Formel wird von einem kleineren Fehler ausgegangen, da dieser durch die Ableitung linear vom Messwert (Steigung in diesem Punkte) aus gerechnet wird. Für große Fehler müssen gegebenenfalls Funktionswerte von der oberen und unteren Fehlerschranke eingesetzt werden. Das Gleiche gilt für unsymmetrische Fehler. Es gilt zwei Fälle zu unterscheiden, bei denen der Fehler relativ einfach ohne Ableitungen zu berechnen ist. Die beiden folgenden Funktionen haben einfache Berechnungen, die Sie wissen sollten: f (x, y) = x + y f (x, y) = x ∗ y <?page no="52"?> Die Fehlerrechnung 53 Die entsprechenden Fehler seien Δ x und Δ y. Im Folgenden werden die Rechenvorschriften einmal mathematisch hergeleitet, damit Sie diese besser verstehen. Für die Addition gilt: ∆ ∗ ∆ ∗ ∆ = 1 ∗ ∆ 1 ∗ ∆ ∆ ∆ Bei einer Summe aus zwei oder mehreren Summanden, können alle absoluten Fehler quadratisch addiert und aus der Summe die Wurzel gezogen werden. Für die Multiplikation gilt: ∆ ∗ ∆ ∗ ∆ = ∗ ∆ ∗ ∆ Geht man zum relativen Fehler über, muss durch (x ∗ y) geteilt werden (unter der Wurzel steht dann also ein Quadrat): ∆ ∗ ∗ ∗ ∆x ∗ ∗ ∆y = ∗ ∆x ∗ ∆y = ∆ ∆ Das Ergebnis ist die quadratische Addition der relativen Fehler und das anschließende Wurzelziehen der Summe. Als Ergebnis erhält man natürlich den relativen Gesamtfehler. <?page no="53"?> 54 Praktikumsberichte richtig schreiben  Wissen Bei der Addition von zwei Größen können Sie die Quadrate der absoluten Fehler addieren und dann die Wurzel ziehen. Sie erhalten den Gesamtfehler. Wenn Sie die beiden Größen multiplizieren, können Sie die relativen Fehler quadratisch addieren und Sie erhalten den relativen Gesamtfehler.  Beispiel für Addition Bei einem chemischen Experiment wird die Reaktionswärme Q 1 = 450 J gemessen und aus der Folgereaktion die Reaktionswärme Q 2 = 220 J. Wie groß ist der Fehler der Gesamtwärmemenge Q 1 + Q 2 ? Der Fehler bei der ersten Messung beträgt Δ Q 1 = 20 J und der zweiten Messung Δ Q 2 = 15 J. Der Gesamtfehler Δ(Q 1 +Q 2 ) = √20 15 J 25 J . Der relative Gesamtfehler wäre rund 3,7 %  Beispiel für Multiplikation Es gibt in der Physik die einfache Formel F = m ∗ a (sprich Kraft gleich Masse mal Beschleunigung). Sie messen eine Beschleunigung von a = (5 ± 0,5) m/ s 2 und eine Masse von m = (500 ± 40) g. Die relativen Fehler betragen 10 % bzw. 8 %. Es ist die Kraft F = 0,5 kg ∗ 5 m/ s 2 = 2,5 N. Da es ein Produkt ist, können Sie die relativen Fehler quadratisch addieren: ΔF √10 8 % 12,8 % also 0,32 N. Bei dem Beispiel der Addition kann übrigens der relative Gesamtfehler kleiner werden als die beiden relativen Einzelfehler, da sich jetzt beide Fehler auf die Gesamtsumme beziehen. <?page no="54"?> Die Fehlerrechnung 55 Bei stark unterschiedlichen Fehlern ist der größere Fehler oft sehr dominant, dass der zweite teilweise vernachlässigt werden kann. Das gilt insbesondere für die beiden behandelten Fälle der Addition und Multiplikation. Schauen Sie sich das Beispiel von gerade nochmals an, wobei der zweite Fehler nun auf 1 % verringert wird.  Beispiel für stark unterschiedliche Fehler Es gibt in der Physik die einfache Formel F = m ∗ a (sprich Kraft gleich Masse mal Beschleunigung). Sie messen eine Beschleunigung von a = (5 ± 0,5) m/ s 2 und eine Masse von m = (500 ± 5) g. Die relativen Fehler betragen 10 % bzw. 1 %. Es ist die Kraft F = 0,5 kg ∗ 5 m/ s 2 = 2,5 N. Da es ein Produkt ist, können die relativen Fehler quadratisch addiert werden: ΔF √10 1 % 10,05 % 10 % also 0,25 N.  Beispiel für eine allgemeinere Funktion Es sei die Funktion f x, T 1 x ∗ e gegeben. Die beiden Variablen sind x und T. Die Werte mit Fehlern sind x = 2 mit Δ x = ± 0,04 und T = 250 mit Δ T = ± 2 und k = 0,0004 (zur Vereinfachung wurde die Einheiten weggelassen). Als Erstes müssen die beiden Ableitungen gebildet werden: e und 1 x ∗ e ∙ k Die Ableitungen und Fehler werden quadriert und schließlich addiert. Beachten Sie das (e ‐x ) 2 = e ‐2x ist. ∆f ∗ ∆x ∗ ∆y e ∙ ∗ ∆x k ∗ 1 x ∗ e ∙ ∙ ∆T e ‐kT ∗ ∆x k ∗ 1 x ∗ ∆T <?page no="55"?> 56 Praktikumsberichte richtig schreiben Einsetzen der Zahlen: ∆f e ‐0,0004 ∗ 250 ∗ 0,04 0,0004 ∗ 1 ∗ 2 e ‐0,1 ∗ 0,04 e ‐0,1 ∗ 0,04 = 0,036 Es ist f (2,250) = 0,905 ± 0,036 Der eine Teil unter der Wurzel wurde vernachlässigt, da er de facto Nichts beiträgt.  Beispiel für Fehlerrechnung mit Normalverteilungen Es gilt das Ohmsche Gesetz U = R ∗ I mit U der Spannung, I dem Strom und R dem Widerstand. In zwei Messreihen wird der Widerstand R und der Strom I bestimmt: Messwerte I (mA) R (Ω) 45,0 113 45,0 112 45,2 111 45,1 113 45,0 114 44,9 111 Mittelwert 45,033 112,33 Standardabweichung 0,103 1,21 <?page no="56"?> Die Fehlerrechnung 57 Standardabweichung des Mittelwertes 0,042 0,49 0,09 % 0,44 % Die Spannung beträgt U = 0,045033 A ∗ 112,33 Ω = 5,0586 V . Da es ein Produkt ist, können die relativen Fehler quadratisch addiert werden: ΔU = 0,09 0,45 % 0,45 % = 0,0228 V 4.4 Systematische Fehler Der systematische Fehler ist ganz anderer Art als die soeben skizzierten statistischen Fehler. Hier geht es um eine systematische Abweichung bei allen Messwerten. Betrachten wir noch einmal den Dartspieler, der jetzt so geworfen hat: Abb. 13: Verschiebung aller Würfe nach links Sie sehen es sicher schnell: Die Würfe liegen relativ eng beieinander, aber sie sind leicht nach links verschoben. Der Spieler könnte einen Augenfehler haben bzw. schielen. Auch bei Messgeräten können solche systematischen Fehler auftreten. Sie gehen dann unter Umständen auf eine falsche Kalibrierung oder Anwendung zurück. Das Messgerät zeigt dann meist immer zu viel (oder eben zu wenig) an. Hierfür kann es je nach Experiment die unterschiedlichsten Gründe geben. <?page no="57"?> 58 Praktikumsberichte richtig schreiben Der systematische Fehler ist schwer abzuschätzen. Ein Beispiel: Bei Radioaktivität wird die falsche Abschirmung benutzt und die Aktivität ist stets höher oder niedriger. Oder es kann sich die Totzeit des Geiger-Müller-Zählrohres auswirken.  Wissen Charakteristisch für einen systematischen Fehler ist, dass er immer in derselben Richtung liegt. Damit Sie besser verstehen, was hinter systematischen Fehler steckt, zwei Beispiel:  Wenn Sie z. B. in einer Bürette, einem kalibrierten Messrohr, eine Flüssigkeitshöhe ablesen wollen, so ist die Oberfläche nicht eben. Es entsteht ein sogenannter Meniskus [PA 02, S. 75 ff.]. Es kann sich in zweierlei Weisen ausbilden: Abb. 14: Schematische Darstellung der beiden Menisken Es wird immer der Flüssigkeitsspiegel in der Mitte des Zylinders abgelesen (schwarze Linie → Abb. 14). Anfänger neigen allerdings dazu am Rand abzulesen, doch das führt zu einem systematischen Fehler, da dann zu viel oder zu wenig abgelesen wird (gestrichelte Linien in → Abb. 14). <?page no="58"?> Die Fehlerrechnung 59 Abb. 15: Messzylinder mit Flüssigkeitsmeniskus <?page no="59"?> 60 Praktikumsberichte richtig schreiben  Schauen Sie sich doch einmal die folgende Schaltung an: Abb. 16: Eine Transistorstufe mit entsprechenden Widerständen zur Erzeugung der Basisspannung Zwischen den Punkten A (Basis des Transistors) und B (Masse bzw. Emitter des Transistors) soll die wirkliche Spannung bestimmt werden, da der Innenwiderstand des Transistors die Spannung am Punkt A verändert. Zur Messung der Spannung müssen Sie wissen, dass jedes Spannungsmessgerät einen endlichen Innenwiderstand hat, sodass immer ein kleiner Strom fließt. Als Ersatzschaltbild kann man diese Tatsache so darstellen: Abb. 17: Ersatzschaltbild für ein Spannungsmessgerät U = 12 V R 1 = 1 kΩ R 2 = 100 kΩ R 3 = 3,3 kΩ B A R i U <?page no="60"?> Die Fehlerrechnung 61 Abb. 18 a: Realisierung der Schaltung Schließt Sie jetzt das Messgerät an den Punkten A und B an, so ist der Innenwiderstand R i des Messgerätes parallel zu R 3 . D. h. der Gesamtwiderstand ist jetzt geringer als R 3 . Dadurch wird die Spannung am Punkt A nach unten gezogen und Sie messen eine geringere Spannung. A B <?page no="61"?> 62 Praktikumsberichte richtig schreiben Systematische Fehler bei Messgeräten Mit unterschiedlichen Messgeräten wurden folgende Spannungen gemessen: Abb. 18 b: Ergebnis der ersten Messung (Messbereich 0 V - 0,5 V) Wenn Sie sich jetzt die → Abb. 18 b - 18 d ansehen, dann haben Sie unterschiedliche Ergebnisse: 1. Messung 0,2 Volt 2. Messung 0,022 Volt 3. Messung 0,379 Volt Die in → Abb. 18 b und 18 c gezeigten Geräte sind älterer Bauart und haben einen geringeren Innenwiderstand R i . Der Innenwiderstand R i liegt teilweise deutlich unter 5 kΩ, sodass, wie oben beschrieben, eine zu niedrige Spannung angezeigt wird. Bei → Abb. 18d hat das Gerät einen Innenwiderstand R i von mehreren Megaohm, der dann nicht mehr groß ins Gewicht <?page no="62"?> Die Fehlerrechnung 63 fällt. Deshalb zeigt dieses Gerät auch eine deutlich höhere Spannung an, die realistisch ist. Früher wurden übrigens deshalb auch der Typ des Messgerätes und der Messbereich im Praktikumsbericht angeben, um dem systematischen Fehler zu begegnen. Abb. 18 c + d: Ergebnis der zweiten und dritten Messung (Messbereich 0 V - 0,06 V und 0 V - 2 V)  Wissen Im experimentellen Sprachgebrauch werden auch öfter die Wörter genau und präzise verwendet. Sie haben unterschiedliche Bedeutungen:  Genau bedeutet, dass die Messung einen kleinen oder gar keine systematischen Fehler enthält.  Präzise dagegen beschreibt die Tatsache, dass das Experiment einen kleinen Messfehler (zufällige Fehler) besitzt. <?page no="63"?> 64 Praktikumsberichte richtig schreiben  Tipp Schreiben Sie in Ihrem Praktikumsbericht einen Messwert mit Fehler auf, dann achten Sie auf die sogenannten signifikanten Stellen. Wird eine Messgröße nicht genauer als 1 % gemessen, so ist es Blödsinn den Wert mit einer Schreibgenauigkeit von 5 Zahlen darzustellen. Sie bestimmen die Masse m = 1410,3 g. Wenn der Fehler 1 % beträgt ist die Ungenauigkeit der Messung Δ m = 14,1 g. Es reicht, wenn beides auf volle Gramm gerundet werden: m = 1410 g ± 14 g. Bitte beachten Sie dieses in Ihrem Bericht. Ihr Praktikumsleiter wertet es nicht als Fehler sondern als tieferes Verständnis. 4.5 Darstellung von Fehlern in Diagrammen In Diagrammen werden Fehler meistens in Form eines Fehlerbalkens dargestellt. Ist der Fehler bei allen Messwerten etwa gleich groß, so kann man sich auf eine exemplarische Darstellung beschränken. Abb. 19: Messpunkte mit exemplarischen Fehlerbalken Größe (Einheit) Überschrift 0 10 20 Tiefe in (mm) 1-----------2-----------3-----------4----…- Zeichnen Sie einen Fehlerbalken ein. <?page no="64"?> Die Fehlerrechnung 65 Die Messpunkte müssen Sie immer einzeichnen (→ Kap. 3). Wenn Sie nun zusätzlich auch den systematischen Fehler darstellen wollen, dann zeichnen Sie, wie gewohnt, den statistischen Fehler als Fehlerbalken mit Endenbegrenzung ein. Schließlich verlängern Sie den Balken weiter um den systematischen Fehler. Der systematische Fehler wird häufig in beide Richtungen gezeichnet, da nicht immer klar ist, in welche Richtung er sich auswirkt. 4.6 Ausgleichende Gerade 4.6.1 Grafische Darstellung und deren Abschätzung Erwarten Sie einen linearen Zusammenhang zwischen zwei Größen, so ergibt sich in der grafischen Darstellung idealerweise eine Gerade. Da aber die einzelnen Messpunkte durch Messfehler nicht exakt auf dieser Geraden liegen, sondern durch Streuung leicht unterhalb oder oberhalb dieser Geraden liegen können, muss eine Gerade approximiert werden. Eine einfache, aber teilweise recht wirkungsvolle Methode ist, sich die Messwerte auf Papier in einem Diagramm aufzuzeichnen und dann nach Augenmaß eine Gerade dadurch zu legen - beachten Sie hier aber den Tipp auf der nächsten Seite. Eine Gerade ist definiert als y = m ∗ x + b mit m der Geradensteigung und b dem Achsenabschnitt Der Achsenabschnitt ist der Punkt, an dem die Gerade die y- Achse schneidet (→ Abb. 20). Anschließend bestimmen Sie zeichnerisch die Geradensteigung m und den Achsenabschnitt b. Diese Abschätzung geht nur <?page no="65"?> 66 Praktikumsberichte richtig schreiben dann, wenn gleiche Fehler vorhanden sind. Sonst ist eine Rechnung unumgänglich. Natürlich gibt es auch eine rechnerische Bestimmung, die jetzt erläutert wird. Abb. 20: Steigung und Achsenabschnitt bei einer Geraden 4.6.2 Lineare Regression Die oben angesprochene Anpassung nach Augenmaß ist vielleicht in einem Anfängerpraktikum erlaubt, aber im Sinne eines wissenschaftlichen Arbeitens nicht zulässig.  Tipp Stimmen Sie mit dem Praktikumsleiter ab, ob eine Abschätzung erlaubt ist! In einem Fortgeschrittenenpraktikum oder einer Abschlussarbeit muss der Achsenabschnitt b und die Geradensteigung m einer Gerade ( y = m ∗ x + b ) rechnerisch ermittelt werden. Grundlegende Annahme ist, dass die Fehler normalverteilt sind und nur den y-Wert (in der Darstellung) betreffen. Der x-Wert hat keinen Fehler oder dieser ist gegenüber dem Fehler des y- Wertes vernachlässigbar. y x b m Zeichnen Sie ein Steigungsdreieck. <?page no="66"?> Die Fehlerrechnung 67  Beispiel Sie messen viertelstündlich (x-Wert) die Windgeschwindigkeit (y-Wert). Es reicht hier aus, die Zeit nur auf ein paar Sekunden genau zu bestimmen, da in Relation der Fehler der Zeit vernachlässigbar ist. Aber: Haben beide Werte einen nicht vernachlässigbaren Fehler, dann ist es keineswegs trivial, die Geradenparameter zu berechnen. Dieses wird hier aber nicht behandelt. Methode der kleinsten Quadrate Die Grundidee der linearen Regression besteht darin, dass die Summe ∑ v der Quadrate der Abstände v i der einzelnen y- Werte bzw. Messwerte zu der Ausgleichsgeraden minimiert wird. Die → Abb. 21 verdeutlicht das. Dabei wird unterschieden, ob alle Fehler der Messwerte (nicht die Abstände! ) gleich groß sind oder nicht. Abb. 21: Darstellung der einzelnen Größen, die für die lineare Regression benötigt werden. Aber warum wird der Abstand zur Geraden ins Quadrat genommen und die Summe über alle Quadrate minimiert? y i x i v i <?page no="67"?> 68 Praktikumsberichte richtig schreiben Das hängt mit der Verteilung des Fehlers zusammen. Da dieser normalverteilt ist, ist in der Gaußfunktion der Abstand vom Mittelwert x zu dem aktuellen Wert x quadriert im Exponenten. Wenn m die gesuchte Geradensteigung und b der gesuchte Achsenabschnitt ist, dann lässt sich die Summe der Abstandsquadrate schreiben: v y - m ∗ x b Das hat übrigens auch den Vorteil, dass man bei der Berechnung keine Vorzeichenfehler macht. Von dieser Summe werden jetzt die partiellen Ableitungen gebildet und gesucht, bei welchen Werten diese zu Null werden. Die genaue Herleitung finden Sie z. B. in [PA 97, S. 696]. Zuerst behandeln wir den einfacheren Fall, dass alle Messwerte den gleichen absoluten Fehler Δ y aufweisen. Dadurch fällt eine Gewichtung des einzelnen Messwerts einfach weg (s. u.). Die Geradensteigung m und der Achsenabschnitt b berechnen sich dann nach folgenden Formeln: m ∗ ∑ x x ∗ y mit D ∑ x x und x ∗ ∑ x b y m ∗ x mit y ∗ ∑ y Dazu gehören die Fehler der Geradensteigung Δ m und des Achsenabschnitts Δ b, die Sie durch Variationsrechnung erhalten. Die Ergebnisse sind leicht gerundet, damit Sie vereinfacht rechnen können [SQ 71, S. 220]: Δm 1 D ∗ d / n 2 mit d i = y i - m ∗ x i - b Δb 1 n x D ∗ d / n 2 <?page no="68"?> Die Fehlerrechnung 69 Logischer Weise ist erst eine Geradensteigungsberechnung mit Fehlern ab n = 3 Messwerten sinnvoll, was sich auch in der Formel niederschlägt. Bei zwei Werte wäre die Gerade eindeutig bestimmt und kein Fehler auf diese Weise berechenbar.  Beispiel Bei Federn gilt das Hooksche Gesetz. Es besagt, dass die Kraft F proportional zum Federweg s steigt: F = D ∗ s, mit D der Federrate. Bei einer Messung haben Sie die folgenden Werte aufgenommen, die durchaus realistische Werte für eine Tragfeder bei Kleinwagen sind, die sie dort hinter dem Rad finden: Weg s (mm) F (N) 50 700 100 1430 150 2120 200 2740 300 4680 Das Einsetzen in obige Formeln ergibt: m = 15,70 b = -178 D. h. die Federrate ist D = 15,70 N/ mm und die y-Achse wird bei b = -178 N durchstoßen. Setzen Sie y = 0, so erhalten Sie den Kreuzungspunkt mit der x-Achse: x 0 = 11,3 mm. Führen Sie die Fehlerberechnung durch, so ergibt sich für Δ D = ± 0,87 N/ mm oder 5,5 % und für den Achsenabschnitt b = ± 158 N. <?page no="69"?> 70 Praktikumsberichte richtig schreiben Wenn keine Fehlerangabe gemacht wird und alle Werte den gleichen absoluten Fehler bzw. das gleiche Gewicht haben, dann können Sie auch mit Excel die Geradensteigung m und der Achsenabschnitt b ausrechnen:  Tipp Sie müssen in Excel als Diagrammtyp Punktdiagramm wählen. Dann auf einen Punkt im Diagramm klicken und die Option Trendlinie hinzufügen mit dem Zusatz Formel darstellen klicken. Haben die Messwerte unterschiedliche absolute Fehler Δ y i , so ist das Gewicht w i für den einzelnen Messpunkt w i = 1 / (Δ y i ) 2 . Es ist auch wieder das Quadrat, da der Fehler normalverteilt ist. Je größer der Fehler ist, desto weniger fällt der Messpunkt ins Gewicht. Es ergeben sich dann folgende Berechnungsformeln: y = 15,686x - 177,84 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 0 100 200 300 400 Kraft (N) Federweg s (mm) <?page no="70"?> Die Fehlerrechnung 71 1 D ∗ w ∗ x x ∗ y mit D ∑ w ∗ x x und x ∑ w x / ∑ w b y m ∗ x mit y w y / w Die Fehler der Geradensteigung Δ m und Achsenabschnitts Δ b werden in diesem Fall berechnet: Δm 1 D ∗ w d / n 2 mit d i = y i - m ∗ x i - b Δb ∑ ∗ ∑ w d / n 2 <?page no="71"?> 72 Praktikumsberichte richtig schreiben  Beispiel für unterschiedliche Fehler Betrachten Sie jetzt nochmals das Beispiel von eben, nur das Sie jetzt die einzelnen Messbereichsgenauigkeiten berücksichtigen: Auch jetzt gilt das Hooksche Gesetz bei Federn, das besagt, dass die Kraft F proportional zum Federweg s steigt: F = D ∗ s, mit D der Federrate. Bei einer Messung haben Sie wieder die folgenden Werte aufgenommen: Weg s (mm) F (N) Fehler ΔF (N) 50 700 30 100 1430 90 150 2120 90 200 2740 90 300 4680 300 Das Einsetzen in die obige Formeln, die mit Fehler gewichtetet sind, ergibt jetzt: m = 14,14 b = -8 D. h. die Federrate D = 14,14 N/ mm und die y-Achse wird bei b = -8 N durchstoßen. Setzen Sie y = 0, dann erhalten Sie den Kreuzungspunkt mit der x-Achse: x 0 = 0,6 mm Führen Sie die Fehlerberechnung durch, so ergibt sich für Δ D = ± 0,51 N/ mm oder 3,6 % und für den Achsenabschnitt b = ± 47 N. <?page no="72"?> Die Fehlerrechnung 73 Es wurde das Diagramm vom letzten Beispiel übernommen und als gestrichelte Linie die neue Geradensteigung zum Vergleich eingezeichnet. Die Fehlerbalken sind der Übersichtlichkeit wegen hier nicht eingezeichnet! Wie Sie sehen, sind hier die Fehler der Geradensteigung und des Achsenabschnitts kleiner. Durch die Gewichtungen wird man nun den unterschiedlich starken Fehlern bei den Messungen gerecht.  Tipp Auch wenn Ihr Praktikumsleiter keine Berechnung verlangt. Überraschen Sie ihn doch mit einer solchen Rechnung. Er wird sich freuen. Das könnte Ihnen bei der Bewertung einen Pluspunkt bringen. 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 0 100 200 300 400 Kraft (N) Federweg s (mm) gestrichelte Linie: neue Berechnung <?page no="73"?> 74 Praktikumsberichte richtig schreiben 4.6. 3 Umgang mit Potenz- und Exponentialfunktion Bei Potenz- oder Exponentialfunktionen ist auch die lineare Regression anwendbar, obwohl diese nicht linear sind. Allerdings lassen sich diese durch mathematische Umformung linearisieren. Der allgemeine Rechenweg sieht wie folgt aus: Potenzfunktionen Liegt eine Potenzfunktion beispielsweise in der Form z a ∙ w mit n und a als Unbekannte und w als Variable, vor, kann sie mit Hilfe der linearen Regression berechnet werden. Hierzu logarithmieren Sie die Gleichung mit Hilfe des dekadischen Logarithmus. Dann erhalten Sie die Gleichung: log z log a n ∗ log w Dies ist eine lineare Funktion mit Logarithmen als Variable: y b m ∗ x mit b dem Achsenabschnitt und m der Steigung der Geraden Jetzt können Sie die lineare Regression ansetzen und erhalten für m und b einen Fehler. Den gilt es auf n und a umzurechnen. Die Geradensteigung m entspricht direkt dem Exponenten n in der Potenzfunktion. Dem log(a) entspricht b. Hier wird der Fehler bei a unsymmetrisch, da er im Exponenten steht. Da jetzt nicht mehr die Fehlerfortpflanzung, wie oben geschrieben, angewendet werden kann, müssen die Fehlerschranken einzeln ausgerechnet werden. Durch folgendes Beispiel wird es deutlich. Sie haben für b = 2 ± 0,3 durch die lineare Regression erhalten. Dieses sind be- <?page no="74"?> Die Fehlerrechnung 75 kanntlich 15 % Fehler. Das hört sich erst einmal nicht so „wild“ an. Dann wäre a = 10 2 = 100. Aber der Fehler wird jetzt bedeutend größer als 15 %. Für die obere Fehlerschranke gilt b = 2,3 und a = 10 2,3 = 200 und für die untere Fehlerschranke ist b = 1,7 bzw. a = 10 1,7 = 50. Daher gibt sich ein unsymmetrischer Fehler für a = 100 +100/ -50, d. h. nach oben sind es 100 % (! ) und nach unten 50 %.  Beispiel In der Physik gibt es sogenannte Zwei-Photonen-Prozesse. Wie der Name schon sagt, werden dafür zwei Photonen benötigt, die de facto gleichzeitig wirken, um ein Atom zu ionisieren. Je höher die Photonendichte ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Prozess stattfindet. Da es ein Doppelprozess ist, hängt er quadratisch von der Photonendichte ab, da zwei Wahrscheinlichkeiten multipliziert werden. Der Einzelprozess steigt linear mit der Dichte der Photonen. Praktisch heißt das, je höher die Energie eines Laserpulses von einer festen zeitlichen Länge ist, welches in ein Gas zur Ionisierung geschickt wird, desto höher ist die Ionisation. Sie müssen nun prüfen, ob die Messung mit einem Zwei- Photonen-Prozess kompatibel ist. Dazu werden Laserpulse mit unterschiedlicher Energie(-dichte) in ein Gas geschossen und der Betrag der Ionisation gemessen. Ist die Abhängigkeit quadratisch, ist es ein Zwei-Photonen- Prozess. <?page no="75"?> 76 Praktikumsberichte richtig schreiben Energie (kJ) Ionisation (C) 1 0,001 5 0,024 10 0,103 15 0,220 20 0,391 Um den Exponenten n zu bestimmen, müssen jetzt beide Größen logarithmiert (Zehnerlog.) werden: 0 -3,00 0,70 -1,62 1 -0,99 1,18 -0,66 1,30 -0,41 Im Diagramm sähen die logarithmierten Werte so aus: Die Berechnung des Achsenabschnitts b und der Geradensteigung m gemäß → Kap. 4.6.2 (gleiche Fehler) ergibt: m = 1,99 ± 0,01 b = ‐3,00 ± 0,01 ‐3,5 ‐3 ‐2,5 ‐2 ‐1,5 ‐1 ‐0,5 0 0 0,5 1 1,5 log (Ionisation) log (Energie) Ionisation in Abhängigkeit von der Energie log-log <?page no="76"?> Die Fehlerrechnung 77 Da die Geradensteigung dem Exponenten n entspricht und dieser mit 2 innerhalb einer Standardabweichung kompatibel ist, ist dieses ein Zwei-Photonen-Prozess. Denken Sie aber daran: Der angegebene Fehler ist eine Standardabweichung (→ vgl. Tab. 1). Der Achsenabschnitt b wäre nach Delogarithmieren der Vorfaktor a, der vom Experiment abhängt und in diesem Fall keine Rolle spielt. Sie können auch die Variable und Unbekannte vertauschen: z a ∗ n mit n und a als Unbekannte und w als Variable Eine einfache Funktion wäre z A ∗ 10 , wobei n hier als 10 schon festliegt und nur noch der Achsenabschnitt bestimmt werden muss, da die Geradensteigung 1 ist: log z = log A + log (10) ∗ w mit log (10) = 1 <?page no="77"?> 78 Praktikumsberichte richtig schreiben  Beispiel Dieses Beispiel stammt nicht aus den Naturwissenschaften. Es verdeutlicht aber dennoch die Sache recht gut. Sie werden sicher das System der Kettenbriefe kennen: Sie bekommen einen Brief, sollen diesen vier Mal abschreiben oder kopieren und dann weiterverschicken. In diesem Beispiel lässt sich die aktuelle Zahl der Kettenbriefe für jede Generation (also Weitergabe) dieser Briefe ermitteln. Daraus leitet sich die Frage ab, ob er wirklich, wie gefordert, vier Mal weitergegeben wurde oder weniger. Generation theor. Anzahl gezählt 1 4 4 2 16 16 3 64 57 4 256 185 5 1024 699 6 4096 2315 Die Verteilungshäufigkeit pro Generation hat die Funktion: z 4 , wenn alle Briefe weitergegeben würden. Gesucht ist jetzt die mittlere Anzahl N von Briefen, die weitergegeben worden sind: z N . Um dieses mit Hilfe der Geradensteigung berechnen zu können, müssen die Zahlen der Briefe logarithmiert werden. Um die Zahl N bestimmen zu können, werden die beiden ersten Generationen weggelassen, da bei diesen die Briefe vollständig weitergegeben wurden und nur das Ergebnis bei den höheren Generationen verfälschen würde. <?page no="78"?> Die Fehlerrechnung 79 Generation log(theor. Anzahl) log(gezählt) 1 0,602 - 2 1,204 - 3 1,806 1,756 4 2,408 2,267 5 3,010 2,844 6 3,612 3,365 Grafisch ergibt sich das folgende Bild: Die Berechnung der Geradensteigung m ergibt: m theor. = 0,6021 kein Fehler, da exakte Werte m gemessen = 0,5404 ± 0,009 m = 0,6021 m = 0,5404 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 0 2 4 6 8 log(Anzahl) Generation N Entwicklung der Anzahl <?page no="79"?> 80 Praktikumsberichte richtig schreiben Aus der gemessenen Steigung von 0,5404 ergibt sich durch Delogarithmieren ein Wert von 3,47. D. h. im Mittel ist jeder Brief von der 3. bis 6. Generation 3,47 Mal kopiert worden. Der Fehler beträgt: 3,47 ± 0,01 (gerundet). Der Fehler ist ganz leicht asymmetrisch. Exponentialfunktionen Bei der Exponentialfunktion ist die Vorgehensweise ähnlich. Hier lautet der Zusammenhang: z a ∙ e ∗ mit a und dem Faktor f als Unbekannte und w als Variable Im Exponenten gibt es noch einen Faktor, der in den Naturwissenschaften immer wieder auftaucht, da er auch für den Ausgleich der Dimensionen Sorge trägt. Denn der gesamte Exponent darf keine Dimension (Einheit) haben. Die Gleichung wird mit Hilfe des natürlichen Logarithmus ln logarithmiert. Denken Sie daran, dass ln(e) = 1 ist: ln z ln a f ∗ w die so auch wieder eine lineare Funktion darstellt: y b m ∗ x mit b dem Achsenabschnitt und m der Steigung der Geraden Im Gegensatz zur Potenzfunktion muss hier der w-Wert nicht logarithmiert werden. Hier muss nur der Fehler von b auf a entsprechend einzeln umgerechnet werden. <?page no="80"?> Die Fehlerrechnung 81 Sie können auch die Funktion z a ∙ e ∗ berechnen (w als Variable). Allerdings muss dann c als Konstante oder a als Vorfaktor bekannt sein: ln z ln a f ∗ w c f wäre dann die Geradensteigung m und ln(a)+c wäre der Achsenabschnitt b.  Beispiel In einem Experiment untersuchten Sie Bakterien und möchten die Zeit bestimmen, in der sich die Bakterienkultur verdoppelt. Dazu zählen Sie jede Stunde die Bakterien: Zeit t (h) Anzahl N Bakterien 0 10 1 18 2 22 3 39 4 60 5 100 6 165 In einem Diagramm erkennen Sie den exponentiellen Verlauf: <?page no="81"?> 82 Praktikumsberichte richtig schreiben Um nun die obengenannte Formel anzuwenden, müssen Sie die Formel N t A ∙ e ∗ mit k = Zeitkonstante und A dem Vorfaktor und N der Anzahl der Bakterien logarithmiert. Wenn Sie t = 0 setzten, ergibt sich für A die Startanzahl N(0) von Bakterien. Da Sie eine Exponentialfunktion erwarten, verwenden Sie den natürlichen Logarithmus ln: ln N ln A ∙ e ∗ ln A k ∗ t Zeit t (h) ln N 0 2,30 1 2,89 2 3,09 3 3,66 4 4,09 5 4,61 6 5,11 Das Ausrechnen der Geradensteigung m und des Achsenabschnitts b gemäß → Kap. 4.6.2 (gleiche Fehler) ergibt: m = 0,46 ± 0,02 b = 2,30 ± 0,06 0 50 100 150 200 0 2 4 6 8 Anzahl Bakterien Zeit (h) Bakterienwachstum <?page no="82"?> Die Fehlerrechnung 83 Die Geradensteigung m entspricht der Zeitkonstanten k. Es gilt analog wie beim radioaktiven Zerfall, dass ln(2)/ k die Verdopplungszeit T 2 ist: T 2 = ln(2) / 0,46 ∗ 1/ h = 1,51 h . Also verdoppelt sich die Bakterienkultur ca. alle 1,5 h. Der Achsenabschnitt b ist der Logarithmus des Vorfaktors A (Anfangspopulation), d. h. A e e , 9,97. Das entspricht innerhalb der Fehler (siehe unten) der gezählten Anfangspopulation 10 Bakterien. Der Fehler Δ T 2 ist mit Hilfe der Fehlerfortpflanzung gerechnet: ΔT 2 = ∗ ∆ ∗ ∆ 0,07 Der Wert müsste eigentlich quadriert und wieder die Wurzel gezogen werden, damit ein Minuszeichen verschwindet. Das Minuszeichen wurde weggelassen und direkt mit der Ableitung weiter gerechnet. Der Fehler Δ A ist ebenfalls nach der Fehlerfortpflanzung gerechnet: ΔA = ∗ ∆ ∗ ∆ 0,6 bei genauer Rechnung: leicht asymmetrisch Somit ergibt sich als Endergebnis: T 2 = (1,51 ± 0,07) h als Verdoppelungszeit und A = 9,97 ± 0,6 Bakterien also 10 Bakterien als Startwert, die ja auch gezählt wurden. (→ Kap. 5 zur Fehlerdarstellung) Bei diesen Beispielen wurde immer von gleichen Fehlern in beide Richtungen für die Werte ausgegangen, da diese klein sind. Sonst muss auch hier eine Rechnung mit oberer und unterer Fehlerschranke getrennt durchgeführt werden. <?page no="84"?> 5 Der Aufbau eines Berichtes 5.1 Inhaltlicher Aufbau In der Einleitung müssen Sie eindeutig das Ziel des Experiments darstellen. Dann können Sie bei der Auswertung stets Bezug auf Ihr Ziel nehmen und der Praktikumsleiter erkennt, dass Sie sich von Anfang an Gedanken gemacht haben. Nach der Versuchsbeschreibung müssen Sie den gemessenen Rohdatensatz darstellen. Hier ist eine Tabellenform üblich und ratsam. In die oberste Zeile - den so genannten Tabellenkopf - gehören die Messgrößen und dazu in runden Klammern die Einheiten mit den entsprechenden Vorsätzen (→ Kap. 5.3). Beispiele hierzu wären:  Masse m (kg),  Spannung U (V) oder  Anzahl N (-) (Anzahl ist eine reine Zahl; daher (-)) Vergessen Sie nicht die Fehler mit anzugeben. Entweder in einer eigenen Spalte, wenn sich diese von Messwert zu Messwert (also von Zeile zu Zeile) unterscheiden, oder einmalig als Bemerkung unterhalb der Tabelle. Schließlich folgt das größte Kapitel: die Auswertung der Daten! Auch hier sind die weiterverarbeiteten Daten (mit Fehlerangabe) sauber zu dokumentieren. Hier bietet sich ebenso eine Tabellenform an. Dazu sollten Sie ein korrespondierendes Diagramm, falls möglich, zeichnen. <?page no="85"?> 86 Praktikumsberichte richtig schreiben Übrigens: Die Auswertung erfolgt, indem Sie nicht nur Endergebnisse darstellen, sondern auch den Rechenweg darlegen, insbesondere bei der Fehlerrechnung sollte er eindeutig nachvollziehbar sein. Die erhaltenen Ergebnisse müssen Sie dann kommentieren. Gibt es Abweichungen von der Theorie, sind diese ggf. anhand der Fehler zu erklären. Der Fehler sagt auch etwas über die Signifikanz des Ergebnisses aus. Beispielsweise, ist der Fehler klein genug, um einen Trend (linear, quadratisch, exponentiell) sicher feststellen zu können? Zum Schluss schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung mit einem Rückblick auf die Versuchsdurchführung und was Sie gegebenenfalls hätten besser machen können. Das erhaltene Ergebnis stellen Sie am Ende auch in einen übergeordneten Zusammenhang und interpretieren es. 5.2 Behandlung von Tabellen Auch wenn es banal klingt, wird es häufig nicht gemacht: Gestalten Sie Tabellen immer übersichtlich! Es ist unabdingbar, dass der Leser auf Anhieb erkennt, welche Zahl in welche Spalte und Zeile gehört. Sollten Sie mit Excel arbeiten, dann verwenden Sie die Rahmenfunktion und formatieren Sie die Zellen so, damit um jede Zelle ein Rahmen ist. Das erleichtert die Lesbarkeit ungemein. Vergessen Sie nicht, jede Tabelle mit einer Gesamtüberschrift zu versehen und nicht, wie bei Abbildungen üblich, einer Bildunterschrift. Jede Spalte hat meistens auch eine eigene Spaltenüberschrift, die aus Messgröße und Einheit besteht. [MÜ 15, S. 108] 5.3 Umgang mit Einheiten Einheiten und der Umgang mit Einheiten sind in Praktikumsberichten ein leidiges Thema. <?page no="86"?> Der Aufbau eines Berichtes 87 Deswegen die wichtigsten Grundregeln: Benutzen Sie - wie auch in diesem Buch - nur die sogenannten SI-Einheiten. Sie sind international genormt. Andere nationale Einheiten wie beispielsweise Fuß, Gallone oder Meile führen nur zu Verwirrung. Die Meile beispielsweise lässt sich in eine Land- und Seemeile unterscheiden. Teilweise gibt es bei solchen nationalen Größen keine internationale Normung.  Wissen Metrische physikalische Größen werden mit Hilfe des Internationalen Einheitssystems dargestellt. Dies wird häufig auch als SI-System abgekürzt. Das Kürzel SI steht für Système international d’unités. Die SI-Basiseinheiten sind [PT 07, S. 159; DI 98, S. 9]: Tab. 3: Auflistung der SI-Einheiten Größe Name Zeichen (Einheit) Länge Meter m Masse Kilogramm kg Zeit Sekunde s elektr. Stromstärke Ampere A Temperatur Kelvin K Stoffmenge Mol mol Lichtstärke Candela cd <?page no="87"?> 88 Praktikumsberichte richtig schreiben Dabei spielt auch die nummerische Größe, also die Zahl, eine wichtige Rolle. Deshalb können Sie die Einheit noch mit Vorsätzen versehen, um die Größenordnung richtig festzulegen [PT 07, S. 164]: Tab. 4: Auflistung der wichtigsten SI-Vorsätze Vorsatz Zeichen Zahlenwert Tera T 10 12 Giga G 10 9 Mega M 10 6 Kilo k 10 3 Hekto h 10 2 Deka da 10 1 Dezi d 10 -1 Zenti c 10 -2 Milli m 10 -3 Mikro µ 10 -6 Nano n 10 -9 Pico p 10 -12 Femto f 10 -15 Ein gutes Beispiel für einen Vorsatz ist das Kilo bei Gramm, das Ihnen sicher bekannt ist. Die Grundeinheit ist hier also Gramm (g) und Kilogramm (kg) steht für 1000 Gramm. Die Vorsätze hekto (h), deka (da), und dezi (d) werden hingegen nur noch in Ausnahmefällen verwendet. Beim Bierbrauen wird beispielswei- <?page no="88"?> Der Aufbau eines Berichtes 89 se Hektoliter (hl) noch häufig gebraucht. Der Vorsatz zenti (c) eigentlich nur noch bei Meter (m). Zahl und Vorsatz sollten Sie so abstimmen, dass die Zahl zwischen 0,1 und 1000 liegt. Das ist auch im Alltag üblich - oder würden Sie 100000 mg Käse oder 0,0001 Tonnen Wurst an der Theke bestellen?  Wichtige Schreibweisen ► Ab Mega wird groß geschrieben und alle „kleineren“ Vorsätze klein. Beispiel: Nehmen wir die Einheit Hz (Hertz). Es gibt GHz, MHz, kHz ► Die Einheit wird wie ein Eigenname behandelt und groß geschrieben, wenn diese nicht abgekürzt wird. Beispiel: 100 g aber 100 Gramm ► Die Vorsätze und Einheiten werden auch nicht durch einen Bindestrich getrennt. Beispiel: Sie schreiben Milligramm - nicht Milli-Gramm ► Was außerdem verboten ist, sind Vorsätze zu koppeln. Beispiel: Sie schreiben nm (Nanometer) aber nicht mμm (Millimikrometer)! [PT 07, S. 172 ff]. ► Bruchstriche richtig einsetzen! Nehmen wir als Beispiel die Grundeinheit für die Spannung: Volt V = kg m / (s 3 A) = kg m s -3 A -1 . Was nicht erlaubt ist sind die folgenden Schreibweisen: kg m / s 3 / A oder kg m/ s 3 A. Bei der letzten Schreibweise fehlt die Eindeutigkeit. ► Der Index gehört immer an den Buchstaben der Größe und nicht an die Einheit. Beispiel: richtig ist m max = 2 kg und falsch ist m = 2 kg max . <?page no="89"?> 90 Praktikumsberichte richtig schreiben ► Zwischen Zahl und Einheit gehört stets ein Leerzeichen. Innerhalb der Einheit gibt es keine Trennungszeichen. Beispiel: am besten ist das an der Temperatur zu verdeutlichen; T = 25 °C ist korrekt. Nicht erlaubt sind T = 25 ° C oder 25°C. ► Es wird auch nur immer eine Einheit mit entsprechendem Vorsatz genommen und dann durch Dezimalen dargestellt. Beispiel: 1,25 kg und nicht 1 kg 250 g ► Zahlen werden weder durch Punkte (etwa den Tausenderpunkt) oder Leerzeichen strukturiert. Beispiel: richtig ist 12562, nicht in Ordnung sind Schreibweisen wie 12.562 oder 12 562 Es gibt physikalische Konstanten, die noch gebräuchlich sind und in Grundeinheiten ausgedrückt werden können. Sie orientieren sich an den physikalischen Gegebenheiten [PT 07, S. 168]. Die wichtigsten sind: Tab. 5: Auflistung wichtiger physikalischer Größen Größe Name Abkürzung Wert in SI-Einheiten Energie Elektronenvolt eV 1 eV = 1,60217653 × 10 -19 J Masse Dalton Da oder u 1 Da = 1u = 1,66053886 × 10 -27 kg Länge Astromische Einheit ua 1 ua = 1,49597870691 × 10 11 m Geschwindigkeit Lichtgeschwindigkeit (Vakuum) c 0 299792458 m/ s (exakt) <?page no="90"?> Der Aufbau eines Berichtes 91 Wirkung Planksche Wirkungsquantum h 1,05457168 × 10 -34 J s Masse Ruhemasse Elektron m e 9,1093826 × 10 -31 kg Ladung elektrische Elementarladung e 1,60217653 × 10 -19 C Länge Bohrsche Radius a 0 0,5291772108 × 10 -10 m Anmerkungen zur Tabelle:  1 eV ist die kinetische Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen von einem Volt Potentialdifferenz im Vakuum hat.  1 u ist genau 1/ 12 der Masse eines Kohlenstoffatoms im Grundzustand. Ein Wasserstoffatom hat etwas mehr als 1/ 12 der Masse, da hier keine Bindungsenergie frei geworden ist, die nach Albert Einstein (1879-1955) (Relativitätstheorie: E = mc 2 ) einen Massenverlust darstellt.  Die astronomische Einheit ist die durchschnittliche Entfernung zwischen Sonne und Erde.  Die Lichtgeschwindigkeit ist exakt festgelegt. Alle anderen Größen haben einen Messfehler, der hier nicht aufgelistet ist. Er ist sehr klein. Darüber hinaus gibt es noch mehr Größen, die Sie aber im Ihrem Praktikum wohl kaum brauchen werden. 5.4 Fehlerdarstellung Wie bereits oben angesprochen: Sie können Fehler in Tabellen und dort in einer gesonderten Spalte darstellen. Sie müssen diese eindeutig kennzeichnen, ob es sich um einen absoluten oder relativen Fehler handelt. Die Darstellung in Texten sieht etwas <?page no="91"?> 92 Praktikumsberichte richtig schreiben anders aus: Hier schreiben Sie den Fehler direkt hinter den Wert unter Beachtung der Einheit.  Beispiel Folgendes Beispiel illustriert die unterschiedlichen Schreibweisen: Nehmen Sie an, Sie messen eine Kraft F von 200 N mit einem Fehler von 8 N. Dann ergeben sich die folgenden Möglichkeiten: F = 200 N ± 8 N oder F = (200 ± 8) N oder F = 200 N ± 4 % Zwischen der Zahl und der Einheit oder dem Prozentzeichen steht immer ein Leerzeichen! Wenn Sie Formeln benutzen, die Sie vektoriell darstellen wollen, dann schreiben Sie am besten Pfeile über die jeweiligen Größen. Ein Beispiel ist die Addition von zwei (vektoriellen) Geschwindigkeiten: = 5.5 Verwendete Quellen und Literaturverzeichnis eines Berichtes Eins ist klar, wenn Sie Ihren Praktikumsbericht schreiben, können Sie nicht das notwendige Wissen aus dem sprichwörtlichen Hut zaubern. Sicher greifen Sie auch auf Literatur zurück. Diese verwendete Literatur stellen Sie unbedingt in einem Literaturverzeichnis zusammen. Das zeigt dem Praktikumsleiter, dass Sie gewissenhaft und zugleich wissenschaftlich gearbeitet haben. Ein Literaturverzeichnis können Sie beispielsweise wie das in diesem Buch aufbauen. Daneben gibt es aber zahlreiche weitere <?page no="92"?> Der Aufbau eines Berichtes 93 Darstellungsformen. Erkundigen Sie sich vorher, ob es hierzu konkrete Vorgaben des Praktikumsleiters gibt. Sollten Sie im Praktikumsbericht selbst auf eine Quelle verweisen, so sollten Sie die in den Naturwissenschaften übliche Schreibweise verwenden - gemäß des AMS-Systems - (AMS = American Mathematical Society) in dem Sie im Text an entsprechender Stelle direkt auf die Literaturquelle verweisen. Vergessen Sie dabei nicht die Seite oder sogar den Seitenbereich (von/ bis) anzugeben.  Beispiel Denken Sie daran: Ausnahmslos alle im Bericht herangezogenen Quellen müssen alphabetisch in das Literaturverzeichnis aufgenommen werden!  Wissen Neben der amerikanischen gibt es auch noch die „deutsche Zitierweise“. Dazu existiert eine DIN-Norm, die aber schwer zu verstehen ist. Öfters wird auch die Quelle nicht direkt im Text genannt, sondern mit Fußnoten gearbeitet. Je nach Prüfer gibt es unterschiedliche Vorlieben, die Sie bevor Sie mit dem Bericht anfangen, in Erfahrung bringen sollten. [MÜ 15, S. 17] Kürzel der Quelle, die auch im Literaturverzeichnis zu finden ist Quellenbeleg in Klammern setzen Seitenangabe <?page no="93"?> 94 Praktikumsberichte richtig schreiben Das Literaturverzeichnis wird ganz am Ende des Berichts angefügt. Selbst wenn Sie (sehr) viel Literatur zu Rate gezogen haben, zeugt das nicht von Schwäche. Es zeigt vielmehr, dass Sie sauber gearbeitet und sich tiefgreifende Gedanken gemacht haben. <?page no="94"?> Anhang 1 Symbole bei Zeigerinstrumenten Meistens werden Ihnen im Praktikum die Messgeräte vorgegeben. Daher wird hier nur kurz angerissen, was den Unterschied zwischen den einzelnen Geräten ausmacht. Lesen Sie gegebenenfalls bitte auch Spezialliteratur. Bei den analogen Geräten lassen sich mehrere Arten unterscheiden, je nachdem mit welchem Mechanismus der Zeigerausschlag erzeugt wird. Die wichtigsten Geräte sind:  Drehspulmessgeräte gibt es mit und ohne Gleichrichtung. Die interne Gleichrichtung ist notwendig, um eine Anzeige zu bekommen. Eine drehbare Spule ist hier in einem Dauermagneten gelagert. Die Stromzufuhr erfolgt über Spiralfedern, die gleichzeitig das Zurückstellen in die Ruhelage bewerkstelligen. Sie sind teilweise wesentlich empfindlicher als Dreheiseninstrumente und es können auch Spannungen mit Hilfe geringer Ströme gemessen werden. Beispiel → Abb. 18b  Dreheisenmessgeräte werden in erster Linie zur Strommessung von größeren Strömen eingesetzt. In einer Spule befindet sich ein fester und beweglicher Eisenkern, der durch die Spule magnetisiert wird und sich von dem anderen Kern abstößt und sich dann bewegt. An ihm ist der Zeiger befestigt. - <?page no="95"?> 96 Praktikumsberichte richtig schreiben  Elektrodynamische Messgeräte haben anstatt des Dauermagneten, wie bei Drehspulmessgeräten üblich ist, eine zweite Spule, die auch von einem Messstrom durchflossen wird und so den Zeigerausschlag produziert. Bei digitalen Anzeigegeräten gibt es zwei Arten (Aufschriften):  Root Mean Square (RMS): Hier ist ein Gleichrichter eingebaut, der bei Sinussignalen nur den effektiven Wert anzeigt.  True Root Mean Square (TRMS): Bei dieser Signalverarbeitung wird der effektive Wert unabhängig von der Kurvenform angezeigt, also auch bei nicht sinusförmigen Signalen. 2 Verschiedene Mittelwerte Manchmal müssen Sie in Berichten auch auf andere Berechnungen von Mittelwerten zurückgreifen. Diese werden hier kurz beschrieben [BE 13, S.31 ff; HE 10, S. 30 ff]. Den „normalen“ Mittelwert x kennen Sie aus der Schule, er wird als Summe aller Einzelwerte x i gebildet, die dann durch die Anzahl der Werte n geteilt wird: x ∑ x Dieser Mittelwert wird in der Fachsprache ungewichteter arithmetischer Mittelwert genannt. Daneben gibt es noch den gewichteten arithmetischen Mittelwert. Hier wird jedem Wert x i ein Gewicht w i zugeordnet. Der Mittelwert berechnet sich nach folgender Formel: x ∑ w x ∑ w <?page no="96"?> Anhang 97 Die Gewichte w i werden häufig mit den (Mess-)Fehlern Δ x i des einzelnen Wertes x i in Beziehung gesetzt. Da meistens von einer Normalverteilung ausgegangen wird, gilt für das Gewicht w 1 ∆x d. h. je größer der Fehler ist, desto weniger fällt er ins „Gewicht“. (Dieses ist auch analog zu der Geradensteigungsberechnung mit Gewichtung → Kap. 4.6.2)  Beispiel für gewichteten arithmetischen Mittelwert Herr Müller fährt auf der Autobahn. Die erste halbe Stunde ist Geschwindigkeitsbegrenzung und Herr Müller fährt 130 km/ h. Dann kommt sehr dichter Verkehr auf und es geht die nächste viertel Stunde nur mit 30 km/ h voran. Danach ist die Autobahn wieder frei und Herr Müller fährt jetzt eine Stunde lang mit 150 km/ h. Herr Müller stellt sich nun die Frage: Mit welcher Durchschnittgeschwindigkeit bin ich gefahren? Die Gewichte sind hier die Zeitintervalle. Als Rechnung ergibt sich für die mittlere Geschwindigkeit v : ̅ ∗ ∗ ∗ 127,1 Herr Müller fährt in den 1,75 h eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 127,1 km/ h. Ein weiterer Mittelwert, der noch häufiger gebraucht wird, ist der sogenannte geometrische Mittelwert x . Er ist definiert <?page no="97"?> 98 Praktikumsberichte richtig schreiben x x (n-te Wurzel) mit x i dem einzelnen Wert, der positiv sein muss, und n der Anzahl der Werte. Dieser Mittelwert wird z. B. in der Zinsrechnung verwendet. Der Zusammenhang zum arithmetischen Mittelwert erhalten Sie durch Logarithmieren: log x 1 n log x Es ist der arithmetische Mittelwert der Logarithmen.  Beispiel für geometrischen Mittelwert Sie haben Geld zu einem variablen Zinssatz angelegt. Dieser beträgt im ersten Jahr 3 %, im zweiten Jahr 5 % und im dritten Jahr 4 %. Wie hoch ist der mittlere Zinssatz pro Jahr? Vergessen Sie bei der Berechnung den Zinseszins nicht. Es gilt für das mittlere Kapital pro Jahr: x 1,03 ∗ 1,05 ∗ 1,04. = √1,1248 1,04 Der mittlere Zuwachs pro Jahr beträgt 4 % gerechnet über 3 Jahre. Der dritte Mittelwert, der auch häufiger zum Einsatz kommt, heißt harmonischer Mittelwert. Es sind wieder n Werte x i gegeben, dessen Mittelwert so definiert wird: x n ∑ 1/ x <?page no="98"?> Anhang 99 Ist ein Wert x i gleich Null, so ist der Mittelwert als Null definiert, da eine Division durch Null mathematische nicht möglich ist. Für die Mittelwerte gelten, dass das harmonische Mittel kleiner gleich dem geometrischen Mittel ist und dieses kleiner gleich dem arithmetischen Mittel sein muss.  Beispiel für harmonischen Mittelwert Herr Müller fährt an einem anderen Tag erneut auf der Autobahn. Die ersten 100 km ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung und Herr Müller fährt 130 km/ h. Dann kommt sehr dichter Verkehr auf und es geht 10 km nur mit 30 km/ h weiter. Danach ist die Autobahn wieder frei und Herr Müller fährt die nächsten 200 km mit 150 km/ h. Herr Müller stellt sich die Frage: Mit welcher Durchschnittgeschwindigkeit bin ich gefahren? Hier sind auch, wie im Beispiel oben, Gewichte vorhanden, die in diesem Fall aber die Längen der Streckenabschnitte sind. Die Fragestellung ist somit eine andere. Hier bezieht sich die Durchschnittsgeschwindigkeit v auf die Strecke (! ) und nicht auf die Zeit. v ∗ ∗ ∗ 127,3 Auf die Strecke bezogen ist hier die Durchschnittsgeschwindigkeit 127,3 km/ h. Sie ist leicht höher als beim zuvor berechneten arithmetischen Mittelwert, da es eine neue Situation ist. <?page no="99"?> 100 Praktikumsberichte richtig schreiben  Tipp Wann Sie das arithmetische oder harmonische Mittel bilden, hängt von den Dimensionen des Häufigkeitsintervalls und des Merkmals ab. Bei obigen Beispielen ist einmal die Dimension die Zeit (h) und bei dem zweiten Beispiel die Länge (km). Wenn jetzt diese Dimension beim Merkmal (Geschwindigkeit km/ h) im Nenner steht, ist es der arithmetische Mittelwert. Steht die Dimension im Zähler, so muss man den harmonischen Mittelwert bilden. Daneben gibt es noch weitere Mittelwerte wie quadratischer, kubischer oder logarithmischer Mittelwert (natürlicher Log.). Hier werden die Werte quadriert, zur dritten Potenz genommen oder logarithmiert und dann aus den Ergebnissen der Mittelwert genommen. Sie spielen aber seltener eine Rolle. <?page no="100"?> Literaturverzeichnis BE 13 Benesch, T.: Schlüsselkonzepte zur Statistik. Heidelberg, Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-8274-2771-7 BI 00a Birkenbihl, V: F.: Stroh im Kopf. 35. Aufl., Landsberg, mvg-Verlag, 2000 BI 00b Birkenbihl, V: F.: Das „neue“ Stroh im Kopf. 37. Aufl., Landsberg, mvg-Verlag, 2000, ISBN 3-478-08839-9 DI 98 DIN 1313: Größen. Berlin, Beuth-Verlag, 1998 HE 10 Henze, N: Stochastik für Einsteiger. 8. Auflage, Wiesbaden, Vieweg + Teubner, 2010, ISBN 978-3-8348-0815-8 GO 11 Golle, K. u. Müller, E.: Spielregeln des wissenschaftlichen Arbeitens. 1. Auflage, Bochum, IZK-Kompetenzreihe, Hochschule Bochum, 2011, ISBN 978-3-00-036131-9 KU 02 Kunze, U.R. u. Schwendt, G: Grundlagen der qualitativen und quantitativen Analyse. 5. Auflage, Weinheim, Wiley- VCH-Verlag, 2002, ISBN3-527-30858-X MÜ 15 Müller, E. u. Golle, K.: Spielregeln des wissenschaftlichen Arbeitens in den Ingenieurwissenschaften. 1. Auflage, Bochum, IZK-Kompetenzreihe, Hochschule Bochum, 2015, ISBN 978-3-00-051358-9 PA 97 Paula, L.: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Band 3, 2. Auflage, Braunschweig/ Wiesbaden, Verlag Vieweg, 1997, ISBN 3-528-14937-X PT 07 Physikalisch Technische Bundesanstalt: PTB-Mitteilungen 117 (2007), Heft 2 SP 04 Spoun, S.; Dominik, D.B.: Erfolgreich Studieren. 1. Auflage, München, Pearson Studium, 2004, ISBN 3-8273-7129-5 SQ 71 Squires, G. L.: Meßergebnisse und ihre Auswertung, Berlin, Walter de Gruyter, 1971, ISBN 3-11-003632-0 <?page no="101"?> 102 Praktikumsberichte richtig schreiben ST 97 Stary J.: Visualisieren. 1. Auflage, Berlin, Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co. KG, 1997, ISBN-3-589-21077-X TO 72 Topping, J.: Fehlerrechnung, Weinheim, Physik-Verlag, 1972, ISBN 3-87664-532-8 <?page no="102"?> Stichwörter A Ablesefehler 29 Abstandsquadrate 68 Achsenabschnitt 65 Adressat 16 astromische Einheit 90 Augenmaß 65 Auswertung 85 B Balkendiagramm 22 Bohrsche Radius 91 Bürette 58 D Dalton 90 Deka 88 Dezi 88 Diagramme 19 Dreheisenmessgeräte 95 Drehspulmessgeräte 95 E Einheiten 86 SI 87 elektrische Elementarladung 91 elektrodynamische Messgeräte 96 Elektronenvolt 90 QExponentialfunktion 38 Exponentialfunktionen 80 F Fehler Balken 64 gesamt 54 Messgeräte 62 stark unterschiedliche 55 systematischer 57 Fehler der Einzelmessung 36 Fehler des Mittelwerts 35, 36 Fehler, absolut, relativ, statisch, systematisch 27 Fehlerdarstellung 91 Fehlerfortpflanzung 51 Femto 88 G Gaußsche Fehlerverteilung 52 Gaußsche Glockenkurve 34 Gauß-Verteilung 33 genau 63 Gerade 65 <?page no="103"?> 104 Praktikumsberichte richtig schreiben Geradensteigung 65 Gesamtfehler 54 Giga 88 H Halbwertsdicke 41 Halbwertszeit 39 Hekto 88 I Identifizierung 16 Inhaltsverzeichnis 7 Innenwiderstand 60 K Kilo 88 Klasse 28 Korrelationen 23 Korrelationskoeffizient 23 Kreisdiagramm 24 L Laborbuch 15 Lichtgeschwindigkeit 90 Liniendiagramm 19 Literaturverzeichnis 92 M Mega 88 mehrmaliges Messen 32 Meniskus 58, 59 Messfehler 14 Messfehler von Geräten 28 Messrohr 58 Methode der kleinsten Quadrate 67 Mikro 88 Milli 88 Mittelwert 35 arithmetischer 96 geometrischer 97 gewichteter arithmetischer 96 harmonischer 98 kubischer 100 logarithmischer 100 quadratischer 100 N Nano 88 Normalverteilung 33 P physikalische Größen 90 physikalische Konstanten 90 Pico 88 Planksches Wirkungsquantum 91 Poisson-Verteilung 44 Polardiagramm 21 Potenzfunktionen 74 Praktikumsleiter 16, 64, 66, 73, 85, 92 <?page no="104"?> Stichwörter 105 präzise 63 Punktediagramm 23 Q Quellen, verwendete 92 R radioaktive Zerfall 38 Radioaktivität 31 Radiocarbonmethode 41 Regression lineare 66 Reihenvergleiche 20 Relativitätstheorie 91 Root Mean Square (RMS) 96 Ruhemasse Elektron 91 S Säulendiagramm 22 Schmierzettel 14 SI-Basiseinheiten 87 SI-Vorsätze 88 Spannungsmessgerät 60 Spiegelskala 30 Standardabweichung 35 T Tabellen 19, 86 Tera 88 True Root Mean Square (TRMS) 96 V Vakuum 90 Versuchsbericht 16 Versuchsbeschreibung 85 Versuchsprotokoll 13 W Wachstum (z. B. von Bakterien) 38 Wahrscheinlichkeit 36, 37, 44 Wahrscheinlichkeitsverteilung 46 Z Zeigerinstrumente 95 Zenti 88 Zerfallsgesetz 38 Zerfallskonstante 40 Zweck 16