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Business Plan Schritt für Schritt

Arbeitsbuch

0115
2018
978-3-8385-4899-9
978-3-8252-4899-4
UTB 
Serge Ragotzky
Andreas Schittenhelm
Süleyman Torasan

Konkurrenzanalysen, Verkaufsprognosen, Finanzierungsformen - Einen Business Plan zu erstellen ist gar nicht so einfach. Dieses Buch stellt Schritt für Schritt die wichtigsten Punkte für die Erstellung eines Business Plans vor: von der Planung über das Marketing bis hin zur Finanzierung. Die praxisnahe Umsetzung des Business Plans wird durch Fallstudien und Excel-Sheets unterstützt. Diese Wechselwirkung von theoretischem Wissen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten macht die Betriebswirtschaftslehre als Ganzes so reizvoll. Für die Erstellung von Business Plänen gilt dies im Besonderen, da hier nahezu alle für unternehmerische Entscheidungen relevanten Aspekte berücksichtigt werden. Dieses Buch richtet sich sowohl an Studierende, die eine Hilfestellung im Rahmen einer entsprechenden Lehrveranstaltung benötigen, als auch an Praktiker, die Business Pläne selbst erstellen müssen.

<?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage W. Bertelsmann Verlag · Bielefeld Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen Waxmann · Münster · New York utb 4899 <?page no="3"?> Serge Ragotzky Frank Andreas Schittenhelm Süleyman Toraşan Business Plan Schritt für Schritt Arbeitsbuch UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="4"?> Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2018 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Cover-Illustration: © branchecarica - fotolia.com Druck und Bindung: CPI - Clausen & Bosse, Leck UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 4899 ISBN 978-3-8252-4899-4 <?page no="5"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Vorwort Betriebswirtschaftliches Denken ist gekennzeichnet durch das ständige Treffen von Entscheidungen. Es sind Entscheidungen, die sich stets im Spannungsfeld von erhofftem Erfolg (ausgedrückt beispielsweise durch Umsatz oder Rendite) und Risiko (im Sinne eines Nichteintretens der geplanten Entwicklungen) be‐ wegen. Gerade in unternehmerischen Phasen großer Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Entwicklung wünscht sich der Entscheider zuverlässige Informa‐ tionen, um Risiken zu reduzieren. Indes ist der Blick in die Glaskugel leider auch mit den besten Methoden nicht möglich. Möglich und sinnvoll ist es hin‐ gegen, durch eine systematische Vorgehensweise möglichst alle Einflussfakto‐ ren zu berücksichtigen und in gewisser Weise abzubilden und zu bewerten. Genau diese Aufgabe übernimmt ein Business Plan. Systematisch werden alle relevanten Aspekte einer Entscheidung aufbereitet, analysiert und bewertet. Das Ergebnis ist eine zusammenfassende Darstellung und Entscheidungshilfe. Das vorliegende Lehrbuch richtet sich sowohl an Studierende, die eine Hilfe‐ stellung im Rahmen einer entsprechenden Lehrveranstaltung benötigen, als auch an Praktiker, die entweder als Entscheider Business Pläne vorgelegt be‐ kommen oder diese selbst erstellen müssen. Das erste Ziel dieses einführenden Lehrbuchs ist es, einen Überblick über mög‐ liche bzw. von Entscheidern auch erwartete Inhalte eines Business Planes zu geben. Das Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge spielt hierbei eine nicht unwesentliche Rolle, so dass wir versuchen, dieses durch einen entspre‐ chenden theoretischen Hintergrund zu vermitteln oder zu erweitern. Insbeson‐ dere gilt dies für den finanzwirtschaftlichen Teil. Diesen theoretischen Teil ha‐ ben wir als Exkurs gekennzeichnet und so aufgebaut, dass er in einem ersten Schritt - für den Schnellleser - übersprungen werden kann. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den finanzwirtschaftlichen Aspekten hilft indes, An‐ wendungsmöglichkeiten und Grenzen von Business Plänen zu erkennen und besser zu verstehen. Vielleicht noch mehr als die theoretischen Grundlagen steht für uns jedoch die praktische Relevanz im Vordergrund. Die im Buch verwendeten Übungsaufga‐ ben sind dementsprechend auf Anwendungsfälle konzentriert. Typischerweise ist die Erstellung der Business Pläne durch sehr viel Recherche gekennzeichnet, die oftmals bei der Ergebnispräsentation nicht mehr relevant ist oder nur kurze Erwähnung findet. Business Pläne münden meist in Präsentationen vor inho‐ mogenen Entscheidergruppen und/ oder in einer schriftlichen Ausarbeitung. An dieser Erwartungshaltung soll dieses Lehrbuch ausgerichtet sein. Die meisten Übungsaufgaben in den verschiedenen Kapiteln sind als Anregung zum Nach‐ denken konzipiert. Da es nach unserem Verständnis hier niemals eine allein <?page no="6"?> 6 Vorwort gültige Antwort geben kann, verzichten wir dort bewusst auf eine Art Musterlö‐ sung, die nur zu falschen Schlüssen führen würde. Für den Finance‐Teil stellen wir ein kleines Excel‐Tool zur Verfügung. Dies hat den Vorteil, dass die be‐ schriebenen Fälle besser nachvollziehbar sind. Diese zum Ausdruck gebrachte Interdependenz von theoretischem Wissen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten macht die Betriebswirtschaftslehre als Ganzes so reizvoll. Für die Erstellung von Business Plänen gilt dies im Besonde‐ ren, da hier nahezu alle für unternehmerische Entscheidungen relevanten Aspekte berücksichtigt werden. Wir wünschen viel Spaß beim Durcharbeiten des Buches und freuen uns auf jede Form der Resonanz. <?page no="7"?> Inhaltsübersicht Vorwort ..................................................................................................................................................5 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich? ..........................................................13 - Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen..............................................................................37 - Schritt 3: Marketing......................................................................................................................59 - Schritt 4: Finanzen ........................................................................................................................85 - Schritt 5: Schlussbetrachtung ............................................................................................... 141 - Literaturhinweise ........................................................................................................................ 145 Glossar .............................................................................................................................................. 147 - Stichwortverzeichnis.................................................................................................................. 153 - <?page no="9"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Inhaltsverzeichnis Vorwort................................................................................................................................................ 5 - Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich? ................................................. 13 - 1.1 - Ziele eines Business Plans ..................................................................................13 - 1.1.1 - Beherrschung von Komplexität .......................................................................14 - 1.1.2 - Gewinnung von Kapitalgebern .........................................................................15 - 1.1.3 - Entscheidungsunterstützung im Innovationsprozess ...........................18 - 1.2 - Anwendungsfälle ....................................................................................................19 - 1.2.1 - Neugründungen ......................................................................................................20 - 1.2.2 - Gründung von Tochterunternehmen ............................................................21 - 1.2.3 - Projektbewertung ..................................................................................................22 - 1.2.4 - Wachstumsfinanzierung .....................................................................................23 - 1.2.5 - Unternehmensverkauf .........................................................................................24 - 1.3 - Inhalte eines Business Plans..............................................................................24 - 1.3.1 - Gibt es einen Markt? ..............................................................................................25 - 1.3.2 - Rechnet sich die Investition? .............................................................................26 - 1.3.3 - Wesentliche Annahmen.......................................................................................28 - 1.3.4 - Weitere Aspekte......................................................................................................29 - 1.4 - Adressaten eines Business Plans.....................................................................31 - 1.4.1 - Unternehmensentscheider.................................................................................31 - 1.4.2 - Kapitalgeber..............................................................................................................32 - 1.4.3 - Der Ersteller selbst ................................................................................................33 - 1.5 - Kritik an Business Plänen ...................................................................................34 - Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen ....................................................................... 37 - 2.1 - Management Summary ........................................................................................39 - 2.2 - Business Case Beschreibung .............................................................................40 - 2.3 - Projekt‐ bzw. Gründerteam ...............................................................................41 - 2.4 - Projektplan ................................................................................................................41 - <?page no="10"?> 10 Schritt 1: Einführung  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 2.5 - Standort des Unternehmens ..............................................................................43 - 2.5.1 - Standortfaktoren.....................................................................................................44 - 2.5.2 - Entscheidungsmodelle zur Standortwahl....................................................46 - 2.6 - Rechtliche Rahmenbedingungen .....................................................................48 - 2.6.1 - Rechtsform.................................................................................................................49 - 2.6.2 - Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen ...................................52 - 2.7 - Unternehmensverbindungen ............................................................................54 - 2.8 - Finanzierungsoptionen ........................................................................................56 - Schritt 3: Marketing ................................................................................................................... 59 - 3.1 - Marktanalyse ............................................................................................................60 - 3.1.1 - Marktdefinition........................................................................................................61 - 3.1.2 - Analyse des Gesamtmarktes und Marktsegmentierung .......................65 - 3.1.3 - Analyse der Marktanteile ....................................................................................67 - 3.2 - Marketing‐Strategie...............................................................................................69 - 3.2.1 - BCG‐Matrix.................................................................................................................69 - 3.2.2 - Produktlebenszykluskurve ................................................................................70 - 3.2.3 - SWOT‐Analyse..........................................................................................................71 - 3.2.4 - Porters Five Forces ................................................................................................71 - 3.3 - Marketing‐Mix..........................................................................................................73 - 3.3.1 - Produktstrategie .....................................................................................................75 - 3.3.2 - Preisstrategie............................................................................................................77 - 3.3.3 - Kommunikationsstrategie ..................................................................................79 - 3.3.4 - Distributions‐ und Vertriebsstrategie ...........................................................81 - 3.3.5 - Weitere Aspekte ......................................................................................................83 - Schritt 4: Finanzen...................................................................................................................... 85 - 4.1 - Projektion der Rechnungslegung ....................................................................86 - 4.1.1 - Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs............................................................................87 - 4.1.2 - Plan‐Kapitalflussrechnung .................................................................................94 - 4.2 - Cash Flow Ermittlung ...........................................................................................98 - 4.2.1 - Cash Flow Identity..................................................................................................99 - <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis 11 4.2.2 - Free Cash Flow...................................................................................................... 102 - 4.3 - Cash Flow Bewertung........................................................................................ 107 - 4.3.1 - Berechnung und Interpretation des Kapitalwerts ............................... 108 - 4.3.2 - Berechnung und Interpretation des Internen Zinses.......................... 110 - 4.3.3 - Berechnung und Interpretation der Amortisationsdauer ................ 111 - 4.3.4 - Bestimmung einer Benchmark‐Rendite.................................................... 113 - 4.4 - Business Cases ...................................................................................................... 114 - 4.4.1 - Beispiel: JV GmbH................................................................................................ 115 - 4.4.2 - Beispiel: XY AG...................................................................................................... 124 - 4.5 - Liquiditätsrechnung ........................................................................................... 126 - 4.6 - Risikobewertung.................................................................................................. 128 - 4.6.1 - Szenario‐Analysen .............................................................................................. 129 - 4.6.2 - Break‐even Analyse ............................................................................................ 129 - 4.6.3 - Sonstige Methoden ............................................................................................. 130 - 4.7 - Exkurs ....................................................................................................................... 130 - 4.7.1 - Kennzahlen aus der Bilanz‐ und GuV‐Analyse ....................................... 130 - 4.7.2 - Terminal Value ..................................................................................................... 133 - 4.7.3 - Free Cash Flows ................................................................................................... 134 - 4.8 - Lösungen zu ausgewählten Übungsaufgaben......................................... 137 - Schritt 5: Schlussbetrachtung............................................................................................141 - Literaturhinweise.....................................................................................................................145 - Glossar.............................................................................................................................................147 - Stichwortverzeichnis..............................................................................................................153 - <?page no="13"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich? Lernziele Im ersten einführenden Kapitel erhalten Sie einen Überblick über Ziele des Business Planning und die möglichen Anwendungsfelder. Die wesentlichen Inhalte eines Business Plans werden skizziert und typische Adressaten ei‐ nes Business Plans werden vorgestellt. Eine kritische Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken, die durch ein unreflektiertes Übernehmen der Ergebnisse eines Business Plans verbunden sind, runden das Kapitel ab. 1.1 Ziele eines Business Plans Business Pläne werden heute in vielen betriebswirtschaftlichen Situationen nachgefragt, beispielsweise innerhalb eines Innovationsprozesses, bei Investi‐ tionsentscheidungen oder bei Kreditanfragen. Ziel ist es, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen möglichst ganzheitlich zu erfassen und damit eine fun‐ dierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, sei es, um eine Investition zu täti‐ gen, eine Finanzierung zu genehmigen oder eine Innovation weiterzuentwi‐ ckeln. Damit lassen sich vier wesentliche Ziele eines Business Plans formulie‐ ren:  Unterstützung bei Investitionsentscheidungen durch Reduktion von Kom‐ plexität und Erhöhung der Transparenz insbesondere bei Umsatz‐ und Kos‐ tenprognosen  Überzeugung und Gewinnung von Kapitalgebern  Schaffung von Entscheidungsgrundlagen bei potenziellen Innovationen  Basis für zukunftsorientierte Unternehmensbewertungen <?page no="14"?> 14 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beherrschung von Komplexität 1.1.1 Investitionen sind allgemein Ausgaben, die erst nach einem zeitlichen Verzug einen Rückfluss erwarten lassen. Die Investition kann monetär erfolgen, aber auch in einem persönlichen zeitlichen Engagement bestehen. In jedem Fall wird sich ein Investor die Frage stellen, ob die entsprechende Investition einen aus‐ reichenden Nutzen generiert. Grundsätzlich erwarten wir zwar in aller Regel einen monetären Nutzen, dies muss aber nicht unbedingt sein. Insofern ist an dieser Stelle der Terminus Nutzen angebrachter als der der Rendite. An was kann sich ein Investor nun bei seiner Entscheidung orientieren? Ent‐ scheidungen sind schwierig, weil sie komplex sind. Viele unterschiedliche As‐ pekte gilt es zu berücksichtigen, und in einigen Fällen ist eine quantitative Be‐ wertung kaum sinnvoll möglich. Vor‐ und Nachteile einer Investition sind ab‐ zuwägen. „Mein Bauchgefühl sagt mir“ ist nicht umsonst eine gern verwendete Redensart. Das „Bauchgefühl“ umgeht die aufwendige Festlegung von Entschei‐ dungskriterien und die systematische Suche nach Informationen und deren Analyse. Gerade letzteres ist hingegen das Ziel eines Business Plans. Der Ersteller wird gezwungen oder zwingt sich selbst zu einer systematischen Vorgehensweise bei der Vorbereitung der Investitionsentscheidung. Diese ist gekennzeichnet durch die Erfassung aller durch die Investition tangierten Bereiche und an‐ schließend durch eine objektive Entscheidungsregel. Es ist zwar nicht in jedem Fall notwendig, gerade bei größeren Investitionen hat sich aber zwischenzeit‐ lich in der Praxis ein Verfahren durchgesetzt, bei dem versucht wird, dies an‐ hand der Modellierung des Unternehmens mit Hilfe der Rechnungslegung dar‐ zustellen. Im vorliegenden Lehrbuch orientieren wir uns daran. Beispiel Beim Kauf eines neuen Autos könnten folgende Kriterien Ihre Entscheidung be‐ einflussen:  Preis und Finanzierungsmöglichkeiten  Verfügbarkeit  Farbe und Ausstattung  Markenimage Die „Rückflüsse“ aus Ihrer Investitionsentscheidung sind eher nicht‐monetärer Art: Schnelligkeit, Transportmöglichkeiten, Sich‐wichtig‐fühlen etc. <?page no="15"?> 1.1 Ziele eines Business Plans 15  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Investitionsentscheidungen sind häufig durch große Komplexität gekenn‐ zeichnet. Aufgabe und Ziel des Business Plans ist es, diese Komplexität be‐ herrschbar zu machen und eine neutrale Entscheidung für oder gegen die Investition zu treffen. Übungsaufgabe 1.1 Sie planen den Kauf einer Immobilie. Diskutieren Sie mit Freunden und Verwandten, welche Entscheidungskriterien wichtig sind. Wo ergeben sich konkurrierende Interessen? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Gewinnung von Kapitalgebern 1.1.2 Eine Investition setzt per definitionem voraus, dass eine Finanzierung vorliegen muss. Das können eigene Mittel sein oder aber - wie meist - Finanzierungen durch Dritte. In solchen Fällen dient der Business Plan dazu, den potenziellen Kapitalgeber von der Profitabilität und / oder der Sicherheit Finanzierung zu überzeugen. Im unternehmerischen Umfeld unterscheidet man hierzu zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Diese Unterscheidung ist dahingehend wichtig, als dass die Erwartungshaltung und Zielsetzung der beiden Kapitalgeber diver‐ giert. Der Eigenkapitalgeber ist am Gewinn des Unternehmens beteiligt, trägt aber auch das Risiko des Scheiterns. Der Fremdkapitalgeber erhält typischer‐ weise eine Kompensation in Form einer regelmäßigen Zinszahlung. Außerdem sind Mittel, die als Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden, zeitlich befristet. <?page no="16"?> 16 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Eigenkapital Fremdkapital Kompensation Dividende, Betrag nicht festgelegt, evtl. unregel‐ mäßig Zinszahlung, Betrag fest‐ gelegt, regelmäßig zeitliche Befristung aus Sicht des Unternehmens keine i.d.R. begrenzte Laufzeit zeitliche Befristung aus Sicht des Kapitalgebers gegeben durch Sekun‐ därmarkt nur z.T. gegeben durch Sekundärmarkt Steuern aus Sicht des Unternehmens Dividenden stellen kei‐ nen Aufwand dar Zinszahlungen stellen Aufwand dar Steuern aus Sicht des Kapitalgebers Dividendenerträge sind zu versteuern Zinserträge sind zu ver‐ steuern Risiko aus Sicht des Unternehmens Geringer, da keine Rück‐ zahlung notwendig Rückzahlungsschwierig‐ keiten können zur Insol‐ venz führen Risiko aus Sicht des Kapitalgebers höher, deshalb Erwar‐ tung einer höheren Ren‐ dite geringer, deshalb Erwar‐ tung einer geringeren Rendite Abb.1.1: Vergleich Eigen‐ und Fremdkapital Der Fremdkapitalgeber bewertet einen Business Plan demzufolge anders als der Eigenkapitalgeber. Für den Fremdkapitalgeber steht die Solvabilität des Unternehmens im Vordergrund, große Unsicherheiten bezüglich der zukünfti‐ gen Entwicklungen sind eher unerwünscht. Der Eigenkapitalgeber hingegen orientiert sich stärker an den vorhandenen Renditechancen, wenngleich er das der Finanzierung innewohnende Risiko nicht vernachlässigen sollte. Zudem ist das von einem Eigenkapitalgeber geforderte Rendite‐Risiko‐Profil in hohem Maße von dem Entwicklungsstadium des Unternehmens abhängig. Start‐ups, die noch keine Umsätze generieren, bergen ein viel größeres Risiko als etablier‐ te Unternehmen, die sich schon lange am Markt bewiesen haben, und nur für <?page no="17"?> 1.1 Ziele eines Business Plans 17  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt eine Expansion zusätzliches Kapital benötigen. Entsprechend wird die Rendite‐ erwartung an das Start‐up höher sein. Merke Ein Business Plan informiert über die Entwicklung einer Investition und dient dazu, Kapitalgeber davon zu überzeugen, dass eine Finanzierung si‐ cher und rentabel ist. Übungsaufgabe 1.2 Sie präsentieren einem potenziellen Geldgeber Ihren Business Plan. Was dürfte für den Geldgeber besonders wichtig sein? Bewerten Sie die nach‐ folgenden Finanzierungsformen hinsichtlich der Wichtigkeit (sehr wichtig - wichtig - neutral - unwichtig - sehr unwichtig) der gegebenen Entschei‐ dungskriterien. Finanzierungsform aus Sicht des Kapitalgebers Entscheidungskriterium Ge‐ schäfts‐ modell Marke‐ ting‐ strate‐ gie Risiko‐ analyse Liquidi‐ täts‐ planung Steuer Aktienerwerb Erwerb von GmbH‐ Anteil Bereitstellung von Venture‐Capital Gewährung eines Bankkredits Zeichnung einer Anleihe Gewährung einer Mezzanine‐ Finanzierung <?page no="18"?> 18 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Entscheidungsunterstützung im Innovationsprozess 1.1.3 Innovationen lassen sich grob in Produkt‐ und Prozessinnovationen einteilen. Produktinnovationen sind zumeist die nach außen deutlich sichtbareren: die Erfindungen von Auto, Flugzeug, Telefon oder Computer haben die Welt verän‐ dert. Prozessinnovationen hingegen führen meist zu Kosteneinsparungen und damit größerer Wettbewerbsfähigkeit in einem bereits bestehenden Markt. Hier sei beispielsweise an die Fließbandfertigung unter Henry Ford gedacht. Innovationen spielen bei wirtschaftlichem Handeln stets eine zentrale Rolle. Nur durch ständige Innovationen bleibt man als Unternehmen langfristig wett‐ bewerbsfähig. Roman Stöger umschreibt in seinem Buch „Innovationsmanagement“ das selbi‐ ge kurz als „Neues zum Markterfolg führen“. Wirtschaftlicher Erfolg spielt somit immer die herausragende Rolle, Innovationsmanagement heißt aber auch „Füh‐ ren“, und so werden in fast allen Unternehmen auch strukturierte Innovations‐ prozesse eingeführt. Diese sind fast immer dadurch gekennzeichnet, dass Inno‐ vation im Laufe des Prozesses bestimmte Kriterien erfüllen müssen, um weiter entwickelt zu werden. Man spricht von einem Stage‐Gate‐Prozess (vgl. Abbil‐ dung 1.2). Gleichzeitig versucht man gerade bei der Ideengewinnung, dem so‐ genannten „Fuzzy‐Front‐End“, die Kreativität nicht zu stark einzuschränken. Das gelingt allerdings nicht immer. Abb.1.2: Stage‐Gate‐Prozess nach Cooper (Quelle: Kleinschmitt, E./ Geschka, H./ Cooper, R.: Produktinnovationen an Markt und Kunden ausrichten, Berlin 1996, S. 52f.) Die Entscheidung, ob eine Idee eine weitere Stufe im Innovationsprozess er‐ klimmt, kann naturgemäß leicht geprägt sein von persönlichen Interessen und Sichtweisen. Deshalb tun Unternehmen gut daran, diese Entscheidungen mög‐ lichst anhand transparenter und möglichst objektiver Kriterien vorzunehmen. Ein Business Plan kann hierbei unterstützen. Im obigen Stage‐Gate‐Prozess wird man zumeist zwischen Stufe 2 und 3 einen fundierten Business Plan er‐ warten. <?page no="19"?> 1.2 Anwendungsfälle 19  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Moderne Innovationsprozesse sind heute durch eine stufenweise Vorge‐ hensweise gekennzeichnet. Auf jeder Stufe muss eine Entscheidung getrof‐ fen werden, ob eine Idee weiterverfolgt werden soll. Business Pläne unter‐ stützen diese Entscheidung. Übungsaufgabe 1.3 Diskutieren Sie folgendes Zitat von Albert Einstein im Zusammenhang mit den oben gemachten Ausführungen. -„Eine- wirklich- gute- Idee- erkennt- man- daran,- dass- ihre- Verwirklichung- von- vornherein-ausgeschlossen-erschien.“- (Albert-Einstein) Welche Gefahren liegen in einer zu starren Orientierung an Business Plä‐ nen bei der Bewertung, ob Ideen Innovationspotenzial besitzen? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ 1.2 Anwendungsfälle Grundsätzlich können Business Pläne immer dann Anwendung finden, wenn betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen sind. Dies kann monetäre Investitionen betreffen, aber auch strategische Entscheidungen, die keine di‐ rekten Investitionen implizieren, können durch Business Pläne unterstützt bzw. gefestigt werden. Wir wollen uns auf folgende Fälle konzentrieren:  Neugründung eines Unternehmens (Start‐up)  Gründung von Tochterunternehmen <?page no="20"?> 20 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  Projektbewertung  Wachstumsfinanzierung  Unternehmensverkauf Merke Business Pläne können vielfältig eingesetzt werden. Sie dienen der Entscheidungsunterstützung und sollten alle relevanten Informationen be‐ rücksichtigen. Die Kunst bei der Erstellung eines Business Plans liegt im Hinzuziehen von Experten und der anschließenden Erstellung einer in sich geschlossenen Symbiose aller gesammelten Informationen. Neugründungen 1.2.1 Gerade für Start‐ups ist die detaillierte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschäftsidee fundamental. Getrieben von der eigenen unternehmerischen Idee geht der Blick für Risiken häufig verloren. Chancen werden typischerweise deutlich überschätzt, Risiken und Kosten unterschätzt oder häufig sogar kom‐ plett vernachlässigt und ignoriert. Ein Business Plan mit seiner systematischen Abarbeitung aller betriebswirtschaftlich relevanten Themen hilft, diese Lücke zu schließen. Ein hehrer Anspruch bei höchster Qualität den niedrigsten Preis zu gewähren, stellt sich dann meist als unmöglich dar. Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass trotz ehrlicher Bemühungen Kosten tendenziell meist unterschätzt werden. Der Vorteil liegt hierbei weniger in der Cent‐genauen Bewertung, die meistens nicht möglich ist, sondern in dem Zwang, alle Aspekte einer Neugründung zu hinterfragen. Übungsaufgabe 1.4 Spielen Sie den Fall einer Unternehmensgründung anhand eines Restau‐ rants durch. Was gibt es hierbei zu beachten? Welche Produkte möchten Sie verkaufen? Welche Lieferanten versorgen Sie mit den passenden Zuta‐ ten? Welche Preispolitik betreiben Sie? Wie machen Sie auf sich aufmerk‐ sam? Wo wollen Sie Ihr Restaurant eröffnen? Was kommt finanziell auf Sie zu? Was gibt es sonst noch zu beachten? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="21"?> 1.2 Anwendungsfälle 21  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Gründung von Tochterunternehmen 1.2.2 Die Gründung von Tochterunternehmen dient zumeist der Erschließung neuer Märkte. Dies kann sich auf neue Produkte beziehen, aber auch auf eine regiona‐ le Expansion. Beides stellt etablierte Unternehmen vor neue Herausforderun‐ gen, da Kenntnisse über den neu zu adressierenden Markt zumeist noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind. Sollen Investitionen in bisher nicht bedienten Ländern getätigt werden, müssen auch lokale rechtliche und wirt‐ schaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, die regelmäßig das Hinzuziehen von externer Expertise verlangen. Übungsaufgabe 1.5 Als deutsches Unternehmen (beispielhaft sind hier die Alfred Kärcher GmbH & Co. KG und die Stihl Holding AG & Co. KG genannt) entschließen Sie sich, ein Tochterunternehmen in China zu gründen. Analysieren Sie, welche Kriterien bei der Investitionsentscheidung in welcher Form rele‐ vant sind. Kärcher Stihl eigenes Beispiel Standort Patentschutz Personal Zulieferer <?page no="22"?> 22 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt … … … … Projektbewertung 1.2.3 Projekte können als interne Unternehmensgründungen angesehen werden. Insofern sind die Übergänge fließend. Dementsprechend gelten bei Projekten grundsätzlich ähnliche Anforderungen an Business Pläne wie bei Neugründun‐ gen und Gründungen von Tochterunternehmen, allerdings ist die Komplexität oftmals geringer. Marketingaspekte und Finanzierungsfragen stehen bei Pro‐ jektbewertungen i.d.R. weniger im Vordergrund und der Fokus richtet sich eher auf Kostenaspekte und Renditebetrachtungen. Übungsaufgabe 1.6 Als Projektmanager bei einem führenden deutschen Automobilhersteller werden Sie mit der Markteinführung eines neuen Modells beauftragt. In wie weit unterscheidet sich diese Aufgabe (Projekt) von einer Neugrün‐ dung? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="23"?> 1.2 Anwendungsfälle 23  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Wachstumsfinanzierung 1.2.4 Viele junge Unternehmen weisen angesichts hoher Wachstumsraten große Chancen auf, deren zeitnahe Realisierung aber vom Einsatz zusätzlichen (oft externen) Kapitals anhängt. Dieses Wachstumskapital wird oft auch mit dem angelsächsischen Ausdruck „Growth Capital“ bezeichnet. Wachstumsunterneh‐ men können mindestens durch erste Umsätze belegen, dass für ihre Produkte ein Markt vorhanden ist, also ein sogenannter „proof of concept“ erfolgt ist. In einigen Fällen erzielen Wachstumsunternehmen sogar bereits Gewinne, haben also den „break‐even“ erreicht. Durch den Nachweis erster Erfolge erschließen sich diese Unternehmen im Vergleich etwa zu noch umsatzlosen Start‐ups (sog. „Pre‐revenue‐Unterneh‐ men“) einen breiteren Investorenkreis, weil die Investitionsrisiken nun schon etwas genauer eingeschätzt werden können. Die Gewinnung dieser Investoren wird durch einen Business Plan erleichtert, wenn dieser transparent macht, wie zusätzliche Finanzmittel das Wachstum beschleunigen und helfen, eine größere Gesamtrendite zu erzielen. Konkret wird z.B. erläutert, wie vorhandene Pro‐ duktsortimente erweitert oder neue regionale Absatzmärkte mit zusätzlichem Werbeaufwand schneller erobert werden können. Übungsaufgabe 1.7 Ihr junges E‐Commerce‐Unternehmen verkauft Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine und Mineralstoffe) per online‐Bestellung an Kunden in Deutsch‐ land, Österreich und der Schweiz. Sie möchten als nächstes aus Deutsch‐ land heraus ohne Gründung eines Tochterunternehmens in die Niederlan‐ de verkaufen. Wie entscheiden Sie, welche Produkte Sie dort zuerst ver‐ kaufen? Wofür müssen Sie zusätzliche Kosten antizipieren? Worauf müs‐ sen Sie besonders achten? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="24"?> 24 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Unternehmensverkauf 1.2.5 Viele Unternehmer wollen sich irgendwann aus Altersgründen zurückziehen oder auf andere unternehmerische und private Aktivitäten konzentrieren. Wenn nicht zufällig im eigenen Umfeld eine geeignete Person (z.B. ein eigenes Kind) die Nachfolge antreten kann und möchte, kommt es meistens zum Unter‐ nehmensverkauf. Auch große Konzerne verkaufen häufig Tochtergesellschaf‐ ten, wenn sie sich auf Kernaktivitäten konzentrieren wollen. Die Erstellung eines Business Plans, die häufig auf bereits vorhandenen inter‐ nen Planungen und Budgets aufsetzen kann, hilft dem Eigentümer, den Unter‐ nehmenswert und etwaigen Verkaufserlös besser einschätzen zu können. Auch für einen möglichen Käufer oder Investor ist der Business Plan hilfreich, weil er die künftigen Umsätze und Kosten transparenter macht sowie die daraus ab‐ leitbaren Zahlungsüberschüsse und deren Barwert zu plausibilisieren hilft. Dadurch wird der potentielle Käufer in die Lage versetzt, den intrinsischen Un‐ ternehmenswert und etwaige Synergiepotenziale mit bereits vorhandenen Ge‐ schäftsfeldern zu ermitteln. Selbstverständlich wird er die Annahmen des Busi‐ ness Plans kritisch hinterfragen und möglicherweise auch an einigen Stellen korrigieren. Aber auch im Falle derartiger Korrekturen liefert der Business Plan eine wertvolle Basis für seine Investitionsentscheidung. Da vielfach ein Unter‐ nehmenskauf anteilig mit Bankkrediten finanziert wird, ist dieser auch für die kreditgebende(n) Bank(en) von Interesse. Ein vom Verkäufer erstellter oder beauftragter Business Plan sollte die getrof‐ fenen Annahmen detailliert und verständlich darstellen. Der Detaillierungsgrad sollte genügen, um legitime Nachfragen (z.B. nach Absatzzahlen, Produktinno‐ vationen, Preisveränderungen oder Umsatzaufschlüsselungen nach Produkten) überzeugend zu beantworten. Die Prämissen sollten so bestimmt werden, dass der Plan weder als unrealistisch optimistisch noch als zu vorsichtig erscheint. Ein zu großer Optimismus treibt zwar eine Bewertung nach oben, hilft aber nicht, wenn die Glaubwürdigkeit dadurch verloren geht. Zudem ist es üblich, Kaufpreise und Managementvergütungen an künftige Erträge zu koppeln. 1.3 Inhalte eines Business Plans Business Pläne lassen sich zumeist auf zwei Kernfragen reduzieren: Gibt es ei‐ nen Markt für das/ die Produkt(e) (oder die Geschäftsprozessänderung) und rechnet es sich wirtschaftlich. Gerne spricht man auch von einer Marketing‐ Komponente und einer finanzwirtschaftlichen Komponente. Bei der Beantwor‐ tung beider Kernfragen ist zudem häufig ein Blick über den Tellerrand erfor‐ derlich. Rechtliche Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen, die Standort‐ <?page no="25"?> 1.3 Inhalte eines Business Plans 25  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt wahl wird zwar zum einen von Kosten beeinflusst, aber auch Aspekte wie Transport und vorhandene Zulieferer und Kunden sind zu berücksichtigen. Gibt es einen Markt? 1.3.1 Im Rahmen des Business Plans stehen drei klassische Marketingthemen im Vordergrund. Zunächst eine Marktanalyse, die neben der Gesamtmarktein‐ schätzung auch eine Marktsegmentierung beinhalten sollte. Für ein gewähltes Marktsegment kann ein eher strategisches Marketing-Konzept abgeleitet werden, das schließlich in einem konkreten Marketing-Mix endet. Der Marke‐ ting‐Mix orientiert sich im Rahmen von Business‐Plänen meist an den soge‐ nannten 4Ps, d.h. Product, Price, Place, Promotion. Der Einsatz weiterführender Konzepte ist selbstverständlich möglich (vgl. hierzu detailliert Kapitel 3). Es stellt sich zum einen die Frage, welcher Markt in welcher Größe vorhanden ist und welchen Marktanteil das Unternehmen halten oder gewinnen kann. Gleichzeitig erfordert die Gewinnung eines Marktanteils den richtigen oder zumindest darauf abgestimmten Marketing‐Mix. Diese Interdependenz zwi‐ schen Marktanalyse und Marketing‐Mix macht die obige Aufgabe deutlich schwieriger als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Merke Die Qualität eines Business Plans steht und fällt mit der Konsistenz der ge‐ troffenen Annahmen. Marktanalysen sind die Basis für sinnvolle Marke‐ ting‐Strategien und den angestrebten Marketing‐Mix. Hierauf aufbauend können die finanziellen Auswirkungen abgeschätzt werden. Übungsaufgabe 1.8 Sie planen eine neue Schokolade im deutschen Markt zu platzieren. Wie groß ist der Markt heute und wie schätzen Sie den Markt in der Zukunft ein? Wie viele Tafeln könnten Sie pro Jahr verkaufen? Welcher Marktanteil lässt sich hieraus ableiten? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="26"?> 26 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Übungsaufgabe 1.9 Welche Merkmale (Marketing‐Mix) würden Sie für die Schokolade aus Übungsaufgabe 1.8 vorsehen? Produktmerkmale Preisstrategie Vertriebsstrategie Vermarktung Sonstiges Rechnet sich die Investition? 1.3.2 Bei den meisten Business Plänen geht es darum, die Wirtschaftlichkeit einer Entscheidung zu überprüfen, d.h. man stellt die Investitionen den Rückflüssen gegenüber. In der Regel ist eine solche quantitative Vorgehensweise möglich. In manchen Fällen ist eine rein monetäre Bewertung allerdings nicht sinnvoll, Hier können andere Methoden herangezogen werden. Beispielhaft geschieht dies im vorliegenden Lehrbuch anhand einer Nutzenanalyse für die Standort‐ wahl im folgenden Kapitel. Schwerpunkt liegt aber in einer methodischen Vor‐ gehensweise, die als Abschluss die quantitative Bewertung anhand von Krite‐ rien aus der Investitionsrechnung ermöglicht. <?page no="27"?> 1.3 Inhalte eines Business Plans 27  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Hierzu wird die Entwicklung eines Unternehmens bzw. eines Projekts über mehrere Jahre hinweg modelliert. Aus Transparenzgründen erfolgt dies meist anhand von Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs. Ziel ist allerdings die Bestimmung von Kapitalflüssen (Cash Flows), die durch die Investition entstehen. Wie viel Geld muss in ein Projekt (oder Unternehmen) gesteckt werden und wann be‐ kommt man was zurück? Aus den gegebenen Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs lässt sich dies leicht ableiten. Diese so ermittelten Kapitalflüsse können dann mit herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Methoden aus der Investitionsrech‐ nung (Barwert und Interner Zins) bewertet werden. Neben der eher langfristen Betrachtungsweise auf Basis von zukünftigen Kapi‐ talflüssen gilt es, auch eine kurzfristige Betrachtung auf Basis der Liquiditätssi‐ tuation durchzuführen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass zwar langfristig Rückflüsse die ursprünglichen Investitionen deutlich kompensieren können, dass aber zwischenzeitlich massive Liquiditätsengpässe auftreten können. Sol‐ che werden durch die oben erwähnten Methoden (Barwert und Interner Zins) allerdings nicht erfasst. Zusammenfassend heißt dies, dass ein guter Business Plan folgende finanzwirt‐ schaftlichen Aspekte beinhalten sollte:  Plan‐Bilanz  Plan‐GuV  Cash Flow Rechnung  Bewertung der Cash Flows  Liquiditätsplan  Risikobewertung Ausgangspunkt für die Geschäftsplanung eines bereits im Markt etablierten Unternehmens ist in der Regel die Bilanz und GuV des letzten Geschäftsjahres. Bei Neugründungen sind geeignete Annahmen über die notwendigen Investiti‐ onen im ersten Geschäftsjahr (z.B: für Maschinen und Büroausstattung) und deren Finanzierung zu treffen. Aus diesen Annahmen leitet sich dann die erste Bilanz ab. Bei der Umsatzplanung von Neugründungen empfiehlt es sich, auf Monatsbasis zu planen, weil der Markteintritt selten unmittelbar am Jahres‐ anfang stattfindet und am Anfang, beispielsweise verursacht durch Lieferver‐ zögerungen und andere „Kinderkrankheiten“, selten das volle Umsatzpotenzial ausgeschöpft werden kann. Merke Die Wirtschaftlichkeit stellt eine Grundvoraussetzung für jegliche wirt‐ schaftliche Entscheidung dar. Die Wirtschaftlichkeit kann aus monetärer Sicht anhand von Kriterien der Investitionsrechnung bewertet werden. <?page no="28"?> 28 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Planzahlen stets einer Unsicherheit unterworfen sind. Außerdem können weitere Aspekte nicht‐monetärer Art von Bedeutung sein. Insofern sollten sowohl positive als auch negative Er‐ gebnisse aus der rein monetären Sicht stets kritisch hinterfragt werden. Übungsaufgabe 1.10 Sie planen die Verlagerung einer Produktionsstätte. Welche nicht monetä‐ ren Aspekte könnten bei der Bewertung dieses Vorhabens eine Rolle spie‐ len? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Wesentliche Annahmen 1.3.3 Einem Business Plan liegen vielfältige Annahmen zugrunde. Die Plausibilität des Plans hängt davon ab, ob diese Annahmen transparent gemacht und schlüs‐ sig begründet werden. Zu den wichtigsten Annahmen zählen:  Geplante Daten für wesentliche Meilensteine: Datum der Gründung, vor‐ aussichtliche Patenterteilung oder Genehmigung, Markteintritt u.v.a  Annahmen zum Marktumfeld (Marktwachstum, Konkurrenzsituation, Änderungen rechtlicher Rahmenbedingungen etc.)  Wachstumsrate des Umsatzes, im Detailplanungszeitraum individuell für jedes Jahr und basierend auf einem Preis‐Mengengerüst für die einzelnen Produkte, danach ggfs. vereinfacht an die wirtschaftliche Entwicklung ge‐ koppelt (Branchenwachstum, Bruttosozialprodukt, Inflation)  Wachstumsrate der Kosten: Einige Kosten fallen einmalig (neues IT‐Sys‐ tem) an, andere wachsen proportional zum Umsatz (z.B. Wareneinsatz), wieder andere entwickeln sich sprungfix (z.B. Einstellung neuer Mitarbeiter) <?page no="29"?> 1.3 Inhalte eines Business Plans 29  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  Sonstige Annahmen: Beispielhaft werden Annahmen benötigt für die Ent‐ wicklung der Wechselkurse, Tarifabschlüsse, Rohstoffpreise und technologi‐ sche Entwicklung im Planungszeitraum. Weitere Aspekte 1.3.4 Wenngleich die beiden vorherigen Kapitel den Schwerpunkt eines Business Plans darstellen, sind weitere Aspekte nicht zu vernachlässigen. Sinnvoll sind stets  Management Summary,  Hand‐out und  Anhang. Ein Management Summary fasst die wesentlichen Ergebnisse auf möglichst einer Seite zusammen und zieht Schlussfolgerungen. Ein Hand‐Out ist bei Prä‐ sentationen hilfreich und ermöglicht dem Zuhörer auf Informationen zurück‐ zugreifen. Die Orientierung an den präsentierten Folien ist durchaus sinnvoll, allein um Inkonsistenzen zu vermeiden. Der Anhang umfasst alle Detailinfor‐ mationen, die nicht Teil des eigentlichen Business Plans geworden sind, aber dennoch interessant sein können oder als Beleg dienen. Oft werden im Anhang detaillierte Berechnungen beigefügt, deren Wiedergabe im Hauptteil nicht für alle Zuhörer/ Leser von Relevanz wäre oder den Rahmen sprengen würde. Der Anhang hilft aber, etwaige konkrete Nachfragen plausibel zu beantworten. Weitere Bestandteile eines Business Plans sind die Beschreibung des eigentli‐ chen Vorhabens (Business Case), die Nennung und Vorstellung der Beteiligten sowie ein aussagekräftiger Projektplan. Darüber hinaus können Themen wie etwa Rechtsform des Unternehmens, rechtliche Aspekte, Standortwahl, Finan‐ zierungsoptionen etc. von Bedeutung sein. Der Aufbau einer Business Plan Präsentation (wird je nach Kontext in der Pra‐ xis auch als Informationsmemorandum, Fact Book, Pitch Deck oder Unterneh‐ menspräsentation bezeichnet) ist abhängig von den vorhandenen Informatio‐ nen, dem bereits vorhandenen Wissensstand der Adressaten und der mit der Erstellung verbundenen spezifischen Zielsetzung. Dennoch wollen wir hier eine kurze Standardgliederung erklären: [1] Management Summary [2] Unternehmensinformationen (bzw. allgemeine Projektinformationen/ Business Case) [3] Produkte und Leistungen [4] Markt und Wettbewerb <?page no="30"?> 30 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt [5] Finanzen [6] Anhang Diese Gliederung greift alle oben genannten Inhalte auf. Wichtig ist zu beachten, dass die Marketingaspekte im Kapitel Markt und Wettbewerb und die Zahlen einschließlich der zugrunde liegenden Annahmen im Kapitel 5 Finanzen darge‐ stellt werden. Die Kapitel 2 und 3 helfen dem Adressaten des Business Plans, ein Grundverständnis vom Unternehmensaufbau (Rechtsform, Standort, Histo‐ rie falls bereits vorhanden, Kunden etc.) und dem vorhandenen oder geplanten Leistungsangebot (Produkte, Marken, Patente etc.) zu gewinnen. Der Marke‐ tingplan sowie der Finanzteil können ohne diese Basisinformationen nicht ver‐ standen bzw. hinsichtlich ihrer (geplanten) finanziellen Auswirkungen plausi‐ bilisiert werden. Das Management Summary ist wie der Name ausdrückt eine Zusammenfassung und wird daher, obwohl es das erste Kapitel darstellt, in der Regel erst ganz zum Schluss erstellt. Merke Der Autor eines Business Plans sollte stets vorab prüfen, ob bestimmte Aspekte vernachlässigt werden können. Es bietet sich an, sich dazu in die Rolle des Lesers eines Business Plans, des Zuhörers bei einer Präsentation oder die eines Entscheiders hineinzuversetzen und insbesondere zu über‐ legen, welche Fragen der Zuhörer noch haben könnte. Übungsaufgabe 1.11 Sie bekommen einen Business Plan präsentiert. Haben aber nur Zeit das Management Summary durchzulesen. Was interessiert Sie? Welche Infor‐ mationen sind für Sie unverzichtbar? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="31"?> 1.4 Adressaten eines Business Plans 31  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 1.4 Adressaten eines Business Plans Inhalte und Schwerpunkte eines Business Plans sind stets an den Adressaten auszurichten. Zum einen sollen alle potenziellen Fragen durch einen Business Plan beantwortet werden zum anderen kann zu viel Komplexität aber auch überfordern und dadurch nachteilig sein. Versteht beispielsweise ein potenziel‐ ler Geldgeber technische Details eines Produktes und versteht andererseits der Techniker Aspekte aus der Marktanalyse und der Rechnungslegung? Schnell wird klar, dass es kaum gelingen kann, durch einen Business Plan stets alle In‐ teressenten zufrieden zu stellen. Trotzdem lehrt die Erfahrung, dass die ein‐ gängige Analyse der potenziellen Adressaten mit zu den wichtigsten Elementen bei der Erstellung des Business Plan gehört. Grundsätzlich hilft schon die Auf‐ teilung in verschiedene Kategorien (Management Summary, Hauptteil, Anhang) dabei, inhaltliche Schwerpunkte zu setzen. Wir unterscheiden drei Adressatengruppen:  Unternehmensentscheider  Kapitalgeber und den  Ersteller selbst Es wird schnell klar, dass diese drei sich auch aufgrund der möglichen Zielset‐ zung eines Business Plan Erstellers unterscheiden. Merke Die adressatengerechte Darstellung der Ergebnisse eines Business Plans stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Zuhörer und Leser neigen da‐ zu, schnell Informationen zu filtern, und konzentrieren sich auf Dinge, die ihnen bekannt sind und die sie durch ihren eigenen Erfahrungsschatz gut bewerten können. Unternehmensentscheider 1.4.1 Unter Unternehmensentscheidern können alle diejenigen verstanden werden, die am Entscheidungsprozess beteiligt werden. Grundsätzlich muss dies nicht an eine Hierarchiestufe im Unternehmen gebunden sein. Auch Fachkräfte spie‐ len häufig eine wichtige Rolle als Berater der Führungskräfte und treffen somit auch oft eine Vorentscheidung, an welche sich Führungskräfte halten. Vielfach werden von Externen solche Mitarbeiter unterschätzt, weil man sich insbeson‐ dere bei Präsentationen schwerpunktmäßig an die oberen Hierarchieebenen wendet. Fachkräfte decken aber leicht Kompetenzdefizite auf und sehen sich gerade bei externen Erstellern von Business Plänen häufig in einer Art Konkur‐ <?page no="32"?> 32 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt renzsituation. Kritik kann hier als eine Möglichkeit angesehen werden, vor den eigenen Chefs als besonders kompetent dazustehen. Falls möglich, sollte der Ersteller sich vorab über weitere Teilnehmer der Business Plan Präsentation erkundigen. Auch innerhalb der höchsten Führungsebenen sollte niemals von einer ein‐ stimmigen Bewertung ausgegangen werden. Es ist durchaus üblich, dass unter‐ schiedliche Voreingenommenheit besteht. Diese Voreingenommenheit kann sich auf den Ersteller des Business Plans beziehen, aber auch auf das zu beur‐ teilende Projekt. Merke Die Entscheider im Unternehmen stellen in aller Regel eine extrem inho‐ mogene Gruppe dar. Es ist ratsam, so viele Informationen wie möglich über die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien und ihrer Beeinflusser einzuholen. Richtet sich der Business Plan an Unternehmensentscheider, so ist man entwe‐ der von diesen beauftragt worden (sowohl intern als auch extern) oder man kommt als externer Berater mit einer neuen Idee ins Unternehmen. Im ersten Fall ist man damit meist einer gewissen Erwartungshaltung ausgesetzt, im zweiten Fall ist man stark von einem Eigeninteresse an einer Umsetzung gelei‐ tet und neigt selbstverständlich zu einer „Schönfärbung“. Kapitalgeber 1.4.2 Als Finanzierer von Projekten und Unternehmen kommen Eigen‐ und Fremd‐ kapitalgeber in Frage. Kapitalgeber orientieren sich abstrakt gesprochen, wenn auch nicht immer explizit so formuliert, am magischen Dreieck. Dieses bildet die drei zu einander in Konkurrenz stehenden Anlageziele Rentabilität, Sicher‐ heit und Liquidität ab. Abb.1.3: Magisches Dreieck der Kapitalanlage <?page no="33"?> 1.4 Adressaten eines Business Plans 33  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die meisten Investitionsentscheidungen, zu deren Unterstützung Business Plä‐ ne erstellt werden, bieten eher geringe Sicherheit (vor allem bei unerprobten Start‐ups ist das Risiko des Scheiterns groß). Die Liquidität des Kapitals ist ge‐ ring, insbesondere wenn es sich um Eigenkapitalinvestitionen handelt, weil die erworbenen Unternehmensanteile oft nicht fungibel sind. Entsprechend sollte der Business Plan dem Investor zur Kompensation eine angemessene Rendite in Aussicht stellen. Die erzielbare Rendite ist aus dem Business Plan abzuleiten. Häufig ist aber die produkt‐ bzw. projektspezifische Kompetenz bei Kapitalgebern eher gering. Ihr Hauptaugenmerk liegt darin, die Plausibilität und Konsistenz der gemachten Annahmen zu überprüfen. Passt die Marktanalyse mit den getroffenen Annah‐ men im Finanzteil überein? Warum gibt es ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht schon? Wird es schnell Nachahmer geben? Wie kann eine Produktidee geschützt werden? Ist die Risikoanalyse fundiert und deckt sie alle relevanten Felder ab? Häufig zieht der Kapitalgeber auch noch externe Experten heran, um seine eigene Einschätzung zu validieren. Merke Kapitalgeber sind grundsätzlich daran interessiert, die drei konkurrieren‐ den Anlageziele in Einklang zu bringen. Ein Schwerpunkt bei der Bewer‐ tung von Business Plänen liegt in der Konsistenz der getroffenen Annah‐ men. Richtet sich der Business Plan an Kapitalgeber, so ist der Ersteller letztendlich an einer Finanzierung interessiert und wird auch hier zu einer „Schönfärbung“ neigen. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass Kapitalgeber dies ent‐ sprechend voraussetzen und einkalkulieren. Der Ersteller selbst 1.4.3 Man mag zwar eine gewisse Voreingenommenheit unterstellen, das Hinterfra‐ gen einer eigenen Idee kann aber gerade auch in einem fortlaufenden Prozess durchaus sinnvoll sein. Viele Start‐ups sind bei dieser Aufgabe eher nachlässig und sehen einen Business Plan als Hindernis oder überflüssigen Ballast bei der Realisierung einer Geschäftsidee an. Der Business Plan stellt jedoch das genaue Gegenteil dar. Die fundierte Analyse hilft dem Ersteller unternehmerische Feh‐ ler zu vermeiden und richtige Entscheidungen zu treffen. <?page no="34"?> 34 Schritt 1: Business Planning - warum eigentlich?  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Business Pläne helfen Start-ups und Innovationsmanagern, Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg frühzeitig zu erkennen. Business Pläne können somit dazu beitragen, Investitionen richtig zu steuern, Prozesse anzupassen und zu verbessern und die Marktorientierung zu stärken. Richtet sich der Business Plan an den Ersteller, so versucht er seine Gedanken zu schärfen und die eigene Geschäftsidee kritisch zu hinterfragen. Im Idealfall wird er mit möglichst realistischen Annahmen arbeiten. 1.5 Kritik an Business Plänen Die häufigste Kritik an Business Plänen richtet sich gegen die fehlende Genau‐ igkeit dieser. Belegt wird dies einfach dadurch, dass sich die Prognosen der Business Pläne im Wesentlichen nie mit der späteren Realität decken. Dem ist entgegenzuhalten, dass dies zwar wünschenswert wäre, ein Business Plan aber stets nur den Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Erstellung wiederspiegelt. Inso‐ fern ist es mehr als verständlich, dass die Prognosen von den späteren Ergeb‐ nissen abweichen. Man kann dies auch als ein Lernen aus dem Business Plan interpretieren. Risiken und Schwachstellen, die im Rahmen des Business Plans erkannt werden, können frühzeitig beseitigt bzw. behoben werden und ein‐ geplante Sicherheitsmargen kommen nicht zum Tragen. Gelegentlich wird von Kritikern auch die Planbarkeit der Zukunft an sich in Frage gestellt. Gerade bei Start‐ups hängt der Erfolgseintritt von der Bestäti‐ gung einer oder mehrerer zentraler Annahmen ab, auf deren Realisierung das Unternehmen manchmal noch nicht einmal einen direkten Einfluss hat. Ein Bio‐ techunternehmen ist zum Beispiel auf klinische Testerfolge und regulatorische Genehmigungen und Patenterteilungen angewiesen. Start‐ups wie Uber und Airbnb sahen sich in vielen Städten und Ländern mit unerwarteten staatlichen Verboten konfrontiert. Dennoch kann der Business Plan auch hier helfen, durch die Herausarbeitung der Annahmen und eine Zuordnung von Eintrittswahr‐ scheinlichkeiten eine wesentlich bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Merke Die Güte eines Business Plans zeigt sich nicht darin, dass die Ergebnisse später genau wie geplant eintreten, sondern darin dass keine relevanten Aspekte für die zukünftige Realisierung vergessen bzw. vernachlässigt wurden. <?page no="35"?> 1.5 Kritik an Business Plänen 35 Übungsaufgabe 1.12 Sie präsentieren Ihrem Banker einen Business Plan, um einen Kredit zur Finanzierung Ihres Vorhabens gewährt zu bekommen. Er argumentiert, dass Ihre Rechnungen auf unsicheren Annahmen beruhen, und es ohnehin anders kommt als geplant. Versuchen Sie seine Bedenken zu zerstreuen. Wie argumentieren Sie? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Eigene Notizen <?page no="37"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen Lernziele In diesem Kapitel erfahren Sie im Detail, welche Inhalte einen Business Plan bilden. Einleitend werden der Business Case, die Beteiligten und die geplante schrittweise Vorgehensweise bei der Realisierung des Vorhabens beschrieben. Darüber hinaus lernen Sie, welche Kriterien bei der Standortwahl eines Unter‐ nehmens berücksichtigt werden sollten. Anschließend werden die möglichen Rechtsformen behandelt, so dass Sie in der Lage sind, Vor‐ und Nachteile bei der Wahl der Rechtsform abzuwägen. Ergänzend erfahren Sie, welche wirt‐ schaftlichen Auswirkungen verschiedene Formen von Unternehmensverbin‐ dungen bewirken und in wie weit diese ein Unternehmenswachstum ermögli‐ chen und unterstützen können. Schließlich rundet ein Blick auf mögliche Finan‐ zierungsoptionen die einleitenden Betrachtungen ab. Ein Business Plan kann im Einzelfall sehr viele verschiedene Aspekte beinhalten. Der oder die Ersteller eines Business Planes müssen stets entscheiden, welche In‐ formationen für den Entscheider wichtig und relevant sind. Die nachfolgenden As‐ pekte können dazu gehören, sind es aber nicht zwingend, weil sie eventuell als klar oder selbstverständlich vorausgesetzt werden können. In jedem Fall ist es für den Ersteller des Business Plans sinnvoll, etwas Zeit für eine kurze Reflexion einzupla‐ nen, um nicht einen wichtigen Aspekt zu vernachlässigen oder gar zu vergessen. Unerfahrene Ersteller sollten sich vor Präsentationen mit den wesentlichen Rah‐ menbedingungen vertraut machen, um nicht in unerwünschte Situationen zu gera‐ ten. Im Folgenden wollen wir kurz die Themen  Management Summary, <?page no="38"?> 38 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  beteiligte Personen,  Projektplan,  Unternehmensstandort,  Rechtsform,  Kooperationen und  Finanzierungsoptionen diskutieren. Die beiden Aspekte Unternehmensstandort und Rechtsform sind vor allem dann von Bedeutung, wenn ein neues Unternehmen im Zusammenhang mit einem Business Plan gegründet werden soll. Betrachtet man den Fall eines Start‐ups liegt der Schwerpunkt eher auf der Rechtsform des Unternehmens. In der Grün‐ dungsphase eines Unternehmens wollen sich die Entrepreneure auf das Wesentliche konzentrieren, d.h. auf die Entwicklung eines Produktes oder einer Dienstleistung; es mangelt meistens an Zeit und Geld. Kriterien wie wenig Bürokratie, geringe Gründungskosten und Eigenkapitalanforderungen stehen somit im Vordergrund. Die Standortwahl beschränkt sich bei Start‐ups eher auf die Suche nach einem ge‐ eigneten Ort in der Nähe und orientiert sich in der Regel an den Kosten. Betrachtet man hingegen den Fall einer Gründung eines Tochterunternehmens durch ein be‐ reits etabliertes Unternehmen wird schnell klar, dass die Schwerpunkte andere sind. Sowohl die Wahl eines Unternehmensstandortes unter Berücksichtigung ver‐ schiedenster Kriterien als auch zusätzliche Finanzierungsoptionen durch die Stand‐ ortwahl oder die Rechtsform können von Bedeutung sein. Kooperationen sind grundsätzlich dann von Bedeutung, wenn es um Make‐or‐Buy Entscheidungen geht. Die Formen von Zusammenarbeit sind mannigfaltig. Gerade aber bei größeren In‐ vestitionen sollte eine Einbeziehung von Partnern geprüft werden, weil diese grundsätzlich auch einen Risikotransfer beinhaltet. Merke Bei der Auswahl der Themen, die durch einen Business Plan abgedeckt werden, sollte sich der Ersteller an der Relevanz der Themen und der Erwartungshaltung der Adressaten orientieren. Bei der Abarbeitung der hier behandelten Themen steht der Autor eines Business Plans stets im Spannungsfeld zwischen kurz-und-bündig-auf-das-Wesentliche-konzentrieren und ausführlich-und-vollständig-Alles-abarbeiten. Es mag im Rahmen eines Lehrbuchs nicht unbedingt zufrieden stellen, aber es gilt: Man wird es nie allen Adressaten hundertprozentig recht machen können und zu <?page no="39"?> 2.1 Management Summary 39  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt einem gewissen Grade ist die Ausgestaltung des Business Plans auch Geschmacks‐ sache. 2.1 Management Summary Unter einem Management Summary (oder Executive Summary) versteht man die Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse des Business Planes auf möglichst einer Seite. Zur besseren Übersicht können beispielsweise Marginalien verwendet werden. Beispiel Management Summary Titel des Business Case Autoren: … Erstelldatum: … Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Text Produktidee Marktanalyse Wirschaftlichkeit Fazit / Empfehlung Der Inhalt eines Management Summary ist nicht starr festgelegt und hängt nicht zuletzt von der Erwartungshaltung der Auftraggeber ab. Der Ersteller sollte sich von dem Gedanken leiten lassen, was für einen Entscheider relevant ist, um sich für oder gegen einen Business Case zu entscheiden. In aller Regel ist dies  eine klare Darstellung des Business Case,  eine darauf basierende verständliche Marketing‐Strategie,  eine Ergebnisübersicht der Wirtschaftlichkeitsrechnung sowie  eine Bezifferung des Kapitalbedarfs. Das Management Summary sollte ein Fazit mit einschließen. <?page no="40"?> 40 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Für viele Entscheider stellt das Management Summary den wichtigsten Teil des Bu‐ siness Plans dar, da sie als erstes gelesen wird und damit eine bestimmte Richtung vorgibt sowie eine gewisse Erwartungshaltung weckt. Der Leser eines Business Plans oder der Zuhörer einer mündlichen Präsentation eines Business Plans wird sich davon leiten lassen. Merke Ein Management Summary stellt einen wesentlichen Teil des Business Plans dar. Entsprechend sollte ausreichend Zeit für dessen Erstellung eingeplant werden. 2.2 Business Case Beschreibung Die Beschreibung des Business Case ist selbstverständlicher Teil eines Business Plans. Im Vordergrund steht die Beschreibung des Vorhabens, beispielsweise:  Realisierung einer Produktidee und Gründung eines Start‐ups  Neugründung einer Tochterunternehmung Sinnvoll ist häufig, mit der Motivation zum Business Case zu beginnen. Wie kam der Gründer auf die Produktidee? Ist ein Kundennutzen klar erkennbar? Wem fehlt das Produkt, warum und wann? Würde dieser mögliche Käufer Geld für das Produkt ausgeben und wenn ja wieviel? Welche Vorteile ergeben sich durch die Gründung eines Tochterunternehmens im Gegensatz zu anderen Optionen (z.B. Vertriebsko‐ operation, Joint Venture)? Eine umfassende Bewertung des Vorhabens sollte an dieser Stelle jedoch noch nicht vorgenommen werden. Anschließend kann das Produkt oder Vorhaben kurz beschrieben werden. Im Vor‐ dergrund sollte hierbei das Neuartige des Vorhabens stehen. Am Ende der hier ge‐ machten Ausführungen sollte jedem klar sein, in wie weit man sich von bereits Exis‐ tierendem unterscheidet. Merke Bei der Beschreibung des Business Case sollten das Neuartige eines Produktes oder einer Vorgehensweise (eines Geschäftsprozesses) sowie die daraus abge‐ leiteten Wettbewerbsvorteile im Vordergrund stehen. <?page no="41"?> 2.3 Projekt‐ bzw. Gründerteam 41  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 2.3 Projektbzw. Gründerteam Hier gilt es zu unterscheiden, zu welchem Zweck der Business Plan erstellt wird. Bei unternehmensinternen Business Plänen, die zum Zwecke einer Go‐ oder NoGo‐ Entscheidung erstellt werden, spielt die Frage des zukünftigen Projektteams oftmals keine Rolle. Die Beschreibung der beteiligten Personen hat jedoch vor allem bei Business Plä‐ nen, die der Gewinnung von Kapitalgebern dienen, Bedeutung. Der potenzielle Kapi‐ talgeber möchte sich ein Bild der vorhandenen Kompetenzen machen. In aller Regel wird eine große Ausgewogenheit zwischen technischem und wirtschaftlichem Know‐how positiv bewertet. Das Team sollte durch sein (nachprüfbares) Wissen und seine Erfahrungen darauf schließen lassen, dass es den Business Plan auch um‐ setzen kann. Sollten Defizite vorliegen, ist es sinnvoll, bereits im Business Plan klar zu machen, wie man diese schließen möchte. Merke Angaben über Projekt‐ oder Gründerteams vermitteln einen Eindruck über die vorhandenen Kompetenzen für das geplante Vorhaben. Kompetenzlücken sollten benannt und Lösungsansätze vorgestellt werden. 2.4 Projektplan Ein Projektplan im Rahmen des Business Plans ist gekennzeichnet durch die Kon‐ zentration auf folgende Inhalte:  Inhaltliche Ziele: Was soll erreicht werden?  Zeitliche Ziele: Bis wann soll das inhaltliche Ziel erreicht werden?  Kapazitätsziele: Welche Kapazitäten werden zum Erreichen der beiden ersten Ziele benötigt? Die Erstellung eines Projektplans erfolgt typischerweise EDV‐unterstützt. Ein Pro‐ jektplan legt Meilensteine fest und es gilt, diese in den Projektionsrechnungen (Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs) aufzunehmen. Beispiel Ein Versicherungskonzern plant die Neugründung eines Tochterunternehmens, das sich auf Online‐Geschäfte fokussiert. Als Meilensteine könnten dienen:  Klärung rechtlicher Aspekte bei der Gründung  Festlegung des Produktspektrums <?page no="42"?> 42 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt - Produktauswahl - Klä rung aktuarieller Fragen - Festlegung Marketing‐Strategie  Festlegung Hard‐ und Software‐Infrastruktur - Entscheidung und Erwerb EDV‐Hardware Infrastruktur - Entscheidung EDV‐Software Infrastruktur - Erstellung/ Kauf Bestandsfü hrung - Erstellung/ Kauf Vertriebssoftware  Personaleinstellung  Standort und Einrichtung - Auswahl Standort - Anmietung/ Kauf Immobilie - Erwerb Bü roeinrichtung  Vertriebsstart - Zielformulierung (Marktanteil, Umsatz, Zeitplan etc.) Meistens wird der Projektplan grafisch dargestellt. Dies dient der besseren Über‐ sicht. Beispiel Abb.2.1: Beispiel eines Projektplans Merke Der Projektplan dient eher einer Grobplanung. Die Angaben müssen konsistent sein und sollten sich in den Projektionsrechnungen wiederfinden. <?page no="43"?> 2.5 Standort des Unternehmens 43  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 2.1 Greifen Sie den Fall einer Restauranteröffnung wieder auf. Welche Meilensteine könnten Sie sich vorstellen? _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ Übungsaufgabe 2.2 Stellen Sie Ihre Ergebnisse aus Übungsaufgabe 2.1 grafisch dar, indem Sie den Meilensteinen zeitliche Ziele zuordnen. 2.5 Standort des Unternehmens Als Standort verstehen wir sowohl den Ort der Produkt‐ oder Dienstleistungserstel‐ lung als auch den Ort, an dem deren Absatz erfolgt. Die Standortwahl stellt in der <?page no="44"?> 44 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Regel eine langfristige Entscheidung dar, die häufig nur mit großem Aufwand rück‐ gängig gemacht werden kann. Bei vielen Business Plänen handelt es sich um Fälle, die typischerweise auch eine Entscheidung über einen Produktions‐ oder Absatzstandort beinhalten. Insbesonde‐ re bei Unternehmensgründungen stehen Fragen bezüglich der Kosten und der Wei‐ terentwicklungsmöglichkeiten im Raum. Bei Gründung von Tochterunternehmen in einem unbekannten Umfeld ist ein neuer Standort auszuwählen, der  länderspezifische Besonderheiten,  abweichende steuerliche Aspekte und gewährte Subventionen sowie  abweichende Gründungskosten und Eigenkapitalerfordernisse aufweist. Die Kriterien, die bei der Standortwahl maßgeblich sind, werden auch als Standort‐ faktoren bezeichnet. Merke Die Standortwahl hat nicht nur massive Auswirkungen auf Kosten (Aufwendungen) und Leistungen (Erträge). Darüber hinaus spielen viele weitere Faktoren eine Rolle und haben direkten Einfluss auf die Modellierung des Business Case. Standortfaktoren 2.5.1 Die Einflussfaktoren bei der Standortwahl sind je nachdem, ob es sich um Produkti‐ ons‐ oder Absatzstandorte handelt, durchaus verschieden. Die nachfolgende Tabelle gibt hierzu einen Überblick. Produktionsstandorte Absatzstandorte  verfügbare Arbeitskräfte  Verfügbarkeit von Rohstoffen  Zulieferer  Infrastruktur  Immobilien  ökologische Rahmenbedingungen  politische Rahmenbedingungen  steuerliche Rahmenbedingungen  Subvention  Bürokratie und Abgaben  Energie  Kundennähe  Konkurrenzsituation  Kaufkraft Abb.2.2: Standortfaktoren bei der Wahl eines Standortes <?page no="45"?> 2.5 Standort des Unternehmens 45  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bei Produktionsstandorten gehört sicherlich die Arbeitskräftesituation zu den wich‐ tigsten Standortfaktoren. Niedriges Lohnniveau bei guter Qualifikation der potenzi‐ ellen Arbeitskräfte reduziert Kosten und erhöht die Konkurrenzfähigkeit. Eine gute Infrastruktur stellt sowohl bei der Gewinnung von Arbeitskräften als auch bei der Belieferung und beim Abtransport der Güter einen erheblichen Vorteil dar. Gesetzli‐ che und steuerliche Rahmenbedingungen ergänzen das Profil eines Standortes. Ab‐ satzstandorte orientieren sich vor allem an einer möglichst großen Kundennähe. Aus einer möglichen Konkurrenzsituation mit Mitbewerbern ergeben sich sowohl Vor‐ als auch Nachteile. Man denke beispielsweise an Shopping Malls oder Restau‐ rant‐Viertel. Merke Standortfaktoren beeinflussen den Erfolg einer Unternehmung. Die kon‐ kreten Auswirkungen von Standortfaktoren müssen bewertet und berücksich‐ tigt werden. Beispiel 2008 verkündete die Margarete Steiff GmbH, den Produktionsstandort China wieder zu verlassen. Vor allem Qualitätsaspekte waren hierfür ausschlaggebend, Lieferter‐ mine wurden teilweise nicht eingehalten und die Mitarbeiterfluktuation war groß. Übungsaufgabe 2.3 Sie planen die Eröffnung eines Restaurants mit internationaler Küche in Berlin. Vergleichen Sie die Faktoren für folgende Standorte anhand der Beurteilung positiv/ neutral/ negativ. Standort‐ faktoren Fußgängerzone mit überwiegend Einzelhandel Fußgängerzone mit überwiegend Restaurants Industriegebiet Stadtrandzone gehobenes Wohngebiet Arbeitsmarkt Zulieferer Infrastruktur Immobilienmarkt Ökologie <?page no="46"?> 46 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Steuern, Abgaben, Subventionen Energie Absatzmarkt Konkurrenzsituation … Entscheidungsmodelle zur Standortwahl 2.5.2 Es bietet sich an, mit Hilfe eines zwei‐ oder dreistufigen Verfahrens einen geeigne‐ ten Standort zu ermitteln:  Schritt 1: Checkliste  Schritt 2: Nutzwertanalyse  Schritt 3: Business Plan Im ersten Schritt gilt es, die Standorte zu eliminieren, die notwendige oder extrem wichtige Voraussetzungen nicht erfüllen. Hierzu werden oftmals einfache Checklis‐ ten verwendet. Die verbleibenden Alternativen können dann anhand einer Nutzwertanalyse bewer‐ tet werden. Eine Nutzwertanalyse hat den Vorteil, dass sie quantitative und qualita‐ tive Ziele zusammenführt. Es werden allgemein Kriterien festgelegt, die zur Bewer‐ tung (Entscheidung) herangezogen werden, in diesem Fall also verschiedene Stand‐ ortfaktoren. Die Standortfaktoren werden sodann gemäß ihrer Relevanz gewichtet. Man wählt entweder von 0 bis 1 oder von 0% bis 100%. Im nächsten Schritt werden für jeden zur Auswahl stehenden Standort Bewertungs‐ punkte zugeordnet. Die Skala kann beliebig gewählt werden, beispielsweise von 0 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut). Die Bewertungspunkte werden dann mit der Ge‐ wichtung multipliziert und schließlich über alle Standortfaktoren hinweg addiert. Damit erhält man den Gesamtnutzwert pro Standort. Der Standort mit dem höchs‐ ten Gesamtnutzwert sollte gewählt werden. In Einzelfällen, wenn die Nutzwertanalyse beispielsweise kein klares Bild abgibt, bietet es sich an, für die Alternativen separate Business Pläne zu erstellen und die Entscheidung stark an den finanzwirtschaftlichen Kennzahlen Barwert und Interner Zins auszurichten. <?page no="47"?> 2.5 Standort des Unternehmens 47  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel Nutzwertanalyse zur Standortentscheidung, wobei eine Bewertungsskala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) gewählt wurde. Nutzwertanalyse München Dresden Standortfaktoren Gewichtung Bewertung Punkte Bewertung Punkte Arbeitsmarkt 0,20 6 1,2 8 1,6 Zulieferer 0,30 7 2,1 3 0,9 Infrastruktur 0,15 8 1,2 6 0,9 Immobilienmarkt 0,05 2 0,1 8 0,4 Ökologie, Energie 0,30 4 1,2 4 1,2 Gesamtwert 1,0 5,8 5,0 Übungsaufgabe 2.4 Die The Walt Disney Company hat sich bei der Planung eines Disney‐Themen‐ parks in Europa bekanntermaßen für Paris (Disneyland Paris) entschieden. Zur Auswahl standen zunächst auch andere Länder. Bei der Wahl eines Themen‐ park‐Standortes kann eine einfache Checkliste bereits die Auswahlmöglichkei‐ ten einschränken. Hierzu gehören beispielsweise Flughafenanbindung, Auto‐ bahnen in der Nähe, Größe des Einzugsgebiets, räumliche Ausdehnungsmög‐ lichkeiten etc. Versuchen Sie durch eine Internetrecherche herauszufinden, wa‐ rum Länder wie Großbritannien, Deutschland und Italien nicht zur engeren Wahl der The Walt Disney Company bei der Wahl eines Themenparks in Europa gehörten. _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ <?page no="48"?> 48 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 2.5 Im Rahmen der Planungen der The Walt Disney Company war Alicante in Spani‐ en schließlich der Hauptkonkurrent für Paris. Versuchen Sie anhand einer Nutzwertanalyse, die Entscheidung der The Walt Disney Company zwischen Pa‐ ris und Alicante nachzuvollziehen! Hätten Sie anders entschieden? Nutzwertanalyse Paris Alicante Standortfaktoren Gewichtung Bewertung Punkte Bewertung Punkte Gesamtwert 2.6 Rechtliche Rahmenbedingungen Die rechtlichen Rahmenbedingungen wirken sich ähnlich wie Standortentscheidun‐ gen langfristig auf den Unternehmenserfolg aus. Sie können für sich allein schon zu einem K.O.‐Kriterium eines Vorhabens werden. Wir wollen an dieser Stelle zwei Themen voneinander abgrenzen:  Die Wahl der Rechtsform eines Unternehmens und  die gesetzlichen und steuerlichen Gegebenheiten am gewählten Standort des un‐ ternehmerischen Vorhabens. <?page no="49"?> 2.6 Rechtliche Rahmenbedingungen 49  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Rechtsform 2.6.1 Unter Rechtsform versteht man die rechtliche Organisation eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang ist zunächst die Unterscheidung zwischen Personen‐ gesellschaften und Kapitalgesellschaften relevant. Personengesellschaften verfügen über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Typische Vertreter sind  die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR),  die Offene Handelsgesellschaft (OHG),  die Kommanditgesellschaft (KG) und  die Stille Gesellschaft Im Gegensatz hierzu stehen Kapitalgesellschaften, die eine eigene Rechtspersönlich‐ keit besitzen. Sie müssen bei ihrer Gründung über ein bestimmtes Mindestkapital verfügen. Zu nennen sind hier:  die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH),  die Aktiengesellschaft (AG) und  die Europäische Aktiengesellschaft (SE) oder Mischformen wie  die GmbH & Co. KG und  die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Die Frage der Rechtsform eines Unternehmens ist bei Business Plänen beispielswei‐ se relevant, falls ein neues Unternehmen gegründet werden soll. Dies kann auch für ein bereits existierendes Unternehmen der Fall sein, falls ein neuer Markt erschlos‐ sen werden soll. Zu diesem Zweck kann ein Tochterunternehmen oder auch ein Joint Venture gegründet werden, die Rechtsform des neu gegründeten Unterneh‐ mens ist nach verschiedenen Kriterien auszuwählen: lä nderspezifische Besonderheiten steuerliche Aspekte - Grü ndungskosten und Eigenkapitalerfordernisse - Haftungsfragen und Gewinnverteilung bü rokratischer Aufwand, der mit der Rechtsform verbunden ist - Rechnungslegungsanforderungen und Verö ffentlichungspflichten erwartete Unternehmensgrö ße erwartete Unternehmensentwicklung Länderspezifische Besonderheiten Business Pläne werden häufig erstellt, um neue Märkte in anderen Ländern zu er‐ schließen. Unternehmensrechtsformen unterscheiden sich hinsichtlich vieler Aspek‐ <?page no="50"?> 50 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt te von Land zu Land. Diese können im Rahmen dieses Lehrbuchs nicht ausführlich diskutiert werden. In jedem Fall ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Mög‐ lichkeiten des jeweiligen Ziellandes unabdingbar, allerdings wird dies in den sel‐ tensten Fällen durch den Ersteller eines Business Plans erfolgen. Dieser wird pro‐ fessionelle Hilfe durch Experten im Zielland einholen, wobei dann auch die nachfol‐ genden Kriterien eine wichtige Rolle spielen. Steuerliche Aspekte Je nach Unternehmensform können unterschiedliche Steuern, Steuersätze und ge‐ gebenenfalls Freibeträge anfallen. Gründungskosten und Eigenkapitalerfordernisse Gründungskosten sind in aller Regel abhängig von der Komplexität der Unterneh‐ mensform. Bei Personengesellschaften reicht häufig eine Gewerbeanmeldung und eventuell ein einfacher Gründungsvertrag. Bei Kapitalgesellschaften fallen deutlich höhere Kosten an. Haftungsfragen und Gewinnverteilung Rechtsformen, die eine Haftungsbeschränkung vorsehen, schützen die Eigentümer des Unternehmens im Insolvenzfall. Bürokratischer Aufwand Ein bürokratischer Aufwand, der mit einer Rechtsform verbunden ist, wird häufig unterschätzt. Insbesondere Aufwände für steuerliche Aspekte und die Rechnungsle‐ gung werden bei der ersten Begeisterung für eine neue Idee gerne übersehen. Veröffentlichungspflichten Kapitalgesellschaften sind in aller Regel dazu verpflichtet, ihre Ergebnisse öffentlich zu machen. Beispiel: Zalando AG Unter http: / / www.zalando.de/ presse‐zalando‐aendert‐rechtsform‐in‐zalando‐ag/ findet man folgende Pressemitteilung: „Berlin, 11. Dezember 2013. Zum heutigen Tag wurde die Umwandlung der Rechts‐ form von einer GmbH in die Zalando Aktiengesellschaft (AG) zur Eintragung ins Handelsregister eingereicht. Die Umwandlung der Gesellschaftsform ist ein lang geplanter Schritt in Richtung einer Unternehmensstruktur, die der Größe des Un‐ ternehmens gerecht wird. Dieser Schritt ermöglicht Zalando die Flexibilität, die für das weitere Wachstum und die künftige Entwicklung des Unternehmens notwendig ist. Die Änderung hat keinerlei Auswirkungen auf das operative Geschäft oder die Rechtsform der Tochtergesellschaften.“ <?page no="51"?> 2.6 Rechtliche Rahmenbedingungen 51  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Die Rechtsform eines Unternehmens hat zwar meist keine gravierenden Aus‐ wirkungen auf die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens, sollte aber dennoch selbstverständlicher Bestandteil der Überlegungen sein. Übungsaufgabe 2.6 Ermitteln Sie für die nachfolgenden Unternehmen die Rechtsform. Warum wur‐ de diese Rechtsform aus Ihrer Sicht gewählt? Unternehmen Internetseite Rechtsform Gründe für die Wahl der Rechts‐ form Bosch http: / / www.bosch.de BASF http: / / www.basf.com Gothaer Versicherung http: / / www.gothaer.de Stihl Holding http: / / www.stihl.de Trigema http: / / www.trigema.de <?page no="52"?> 52 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 2.7 Schauen Sie sich die Firmenhistorie von Porsche an (z.B. http: / / de.wikipe dia.org/ wiki/ Porsche). Welche Gründe sprachen für die jeweilige Änderung der Rechtsform des Unternehmens? _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen 2.6.2 Die sonstigen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen sind zu berück‐ sichtigen, da sie häufig die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens überhaupt erst ge‐ währleisten oder aber zumindest massiv beeinflussen. Beispielhaft sind zu nennen:  Umweltauflagen  Verbote/ Einschränkungen in Bezug auf den Kapitalverkehr  Subventionen  Arbeitsrecht Beispiel: Brauereien Gemäß einer Umfrage des Deutsches Industrie‐ und Handelskammertags (DIHK) 2017 stellen neben dem Fachkräftemangel hohe Kosten im Energiebereich (durch Auflagen und Abgaben) den wichtigsten Grund für Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen dar (vgl. DIHK‐Umfrage - Auslandsinvestitionen in der Industrie 2017). Merke Die Prüfung rechtlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen erfolgt in der Regel durch das Hinzuziehen von Experten und gehört zu den Pflichtauf‐ gaben bei jedem unternehmerischen Business Case. <?page no="53"?> 2.6 Rechtliche Rahmenbedingungen 53  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 2.8 Diskutieren Sie kritisch die Vor‐ und Nachteile von staatlichen Subventionen zur Unternehmensansiedlung. Informieren Sie sich über den Fall Nokia mit sei‐ nem Werk in Bochum und der darauffolgenden Entwicklung am Standort Cluj (Rumänien). Leiten Sie daraus Konsequenzen für eine wirtschaftliche Betrach‐ tung aus Unternehmenssicht ab. Vorteile Nachteile Konsequenzen: ________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ <?page no="54"?> 54 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 2.7 Unternehmensverbindungen Unternehmensverbindungen lassen sich grob klassifizieren als Kooperationen oder Konzentrationen. Unter einer Kooperation versteht man eine Zusammenarbeit wirt‐ schaftlich selbstständiger Partner, bei der Konzentration (Mergers & Acquisitions oder kurz M&A) hingegen verliert zumindest einer der Partner seine wirtschaftliche Selbstständigkeit. Beispiele für Kooperationen sind Kartelle, Konsortien, Interessensgemeinschaften und Joint Ventures. Bei Joint Ventures gründen zwei oder mehrere unabhängige Unternehmen eine neue rechtlich selbständige Gesellschaft. Insofern handelt es sich in gewisser Weise um die Neugründung eines (Tochter‐)Unternehmens, nur dass die Leitung des neuen Unternehmens gemeinschaftlich durch die beteiligten Partner erfolgt. Beispiele für Konzentrationen sind Unternehmenskäufe und Unternehmensfusio‐ nen. Die Gründe für Unternehmensverbindungen können sehr unterschiedlich sein. Zu‐ meist handelt es sich aber um wirtschaftliche Vorteile, die sich aus neuen Wachs‐ tumsmöglichkeiten, der Risikostreuung oder aus Synergieeffekten ergeben. Diese im Vordergrund stehenden Vorteile können sich in allen Bereichen der wirtschaftlichen Leistungserstellung ergeben, sei es in Forschung und Entwicklung, bei der Beschaf‐ fung, Produktion oder beim Absatz. Auch Einsparungen in Verwaltung und bessere Finanzierungsmöglichkeiten werden gerne als Motive genannt. Häufig stellt die Wirtschaftlichkeitsprüfung einer Unternehmensverbindung bereits den eigentlichen Business Case für einen Business Plan dar. In anderen Fällen wer‐ den insbesondere Kooperationen als Teil der Geschäftsstrategie angesehen. In praxi werden die positiven Aspekte von Unternehmensverbindungen gerne überschätzt und mögliche Probleme und Kosten vernachlässigt. Eine kritische Prüfung ist des‐ halb unerlässlich. Beispiel: Brauereien Die Bierbranche ist in den letzten Jahrzenten durch eine große Zahl von Unterneh‐ menszusammenschlüssen gekennzeichnet. So ist etwa die Brauerei Beck GmbH & Co. KG nun Teil der Anheuser‐Busch InBev NV. Merke Unternehmensverbindungen zielen auf Kosteneinsparungen und Synergieeffekte. Es ist stets kritisch zu überprüfen, ob Kannibalisierungseffekte vor‐ liegen. <?page no="55"?> 2.7 Unternehmensverbindungen 55  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 2.9 Alle oben aufgeführten Gründe und Ziele spielen eine mehr oder weniger starke Rolle bei dem erwähnten Konzentrationsprozess in der Brauerei‐Branche. Be‐ werten Sie diese für das oben genannte Beispiel von Beck und AB InBev anhand der Einteilung sehr wichtig / wichtig / weniger wichtig! Ziele sehr wichtig / wichtig / weniger wichtig Beschaffung Produktion Investition‐ und Finanzierung Absatz Forschung und Entwicklung Verwaltung Gründe sehr wichtig / wichtig / weniger wichtig Wachstum Risikostreuung Synergieeffekte Übungsaufgabe 2.10 Der US‐amerikanische Autobauer Chrysler hat nach einer gescheiterten Fusion mit Daimler nun mit dem italienischen Hersteller Fiat fusioniert und firmiert nun als Fiat Chrysler Automobiles N.V. als niederländische Holding‐Gesell‐ schaft. Welche Unterschiede sehen Sie bei den beiden Fusionen? _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ <?page no="56"?> 56 Schritt 2: Grundlegende Betrachtungen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ 2.8 Finanzierungsoptionen Unter Finanzierungsoption verstehen wir eine mögliche Auswahl unterschiedlicher Formen der Finanzierung eines wirtschaftlichen Vorhabens. Im Rahmen eines Business Plans können an dieser Stelle bereits konkret ermittelte Optionen (Alternativen) oder auch nur theoretische Möglichkeiten diskutiert wer‐ den. An dieser Stelle zeigt der Ersteller die Konsequenzen für den gegebenen Business Case durch unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten auf. Kriterien können sein:  Dauer der Finanzierung (kurzfristig - langfristig)  sich aus der Finanzierungsform ergebende Zahlungsverpflichtungen (Zinsen - Dividenden)  Rückzahlungszeitpunkte  steuerliche Auswirkungen  Auswirkungen auf die Reputation des Unternehmens und damit bei Geschäfts‐ partnern und Kunden  Konsequenzen aus der Wirtschaftlichkeitsrechnung  Reputation des Kapitalgebers (Flexibilität bei Zahlungsschwierigkeiten) Merke Finanzierungen haben neben einem Kostenaspekt gravierende Auswirkungen auf die Liquidität eines Unternehmens. Die Finanzierung eines Business Case sollte stets eine ausreichende finanzielle Sicherheitsmarge berücksichtigen. <?page no="57"?> 2.8 Finanzierungsoptionen 57 Übungsaufgabe 2.11 Erörtern Sie den Fall der Porsche AG 2009 (vgl. http: / / www.zeit.de/ online/ 2009/ 22/ porsche‐insolvenz‐ueberbrueckung). Welche Probleme haben sich aus der kurzfristigen Finanzierung ergeben? _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________________ Eigene Notizen <?page no="59"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 3: Marketing Lernziele Im Kapitel Marketing lernen Sie, wie Sie den Markt für Ihren Business Case ermitteln und gegebenenfalls geeignet segmentieren. Sie erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, um Marketing‐ und Unternehmensziele strukturiert festzulegen. Abschließend erhalten Sie einen Überblick über die wesentli‐ chen Aspekte eines Marketing‐Mix. Sie lernen Ihre Annahmen kritisch zu hinterfragen und zu verbessern. Die Basis einer finanzwirtschaftlichen Analyse ist die Kenntnis des Marktes für das untersuchte Vorhaben. Handelt es sich um konkrete Produkte so geht es darum, zu ermitteln, wie viele Produkte man voraussichtlich im Zeitablauf zu welchem Preis verkaufen kann. Die Größe dieses (Absatz‐)Marktes zu kennen, heißt aber zunächst nur, die Zahl potenzieller Kunden bestimmt zu haben. In einem zweiten Schritt muss man sich darüber im Klaren sein, was man als unternehmerisches Ziel anstrebt. Sieht man sich eher als Nischen‐ oder eher als Massenhersteller? Welche Quali‐ tätsansprüche stellt man? Welche Wachstumsziele verfolgt man? Um nur ein paar mögliche Fragestellungen aufzuwerfen. Erst mit diesen strategischen Vorgaben ist es möglich, sich konkret über die Ausgestaltung des Produkts oder der Produkte Gedanken zu machen. Schnell wird klar, dass dazu viele verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind, wel‐ che häufig auch als Marketing‐Mix bezeichnet werden:  Wie sieht das Produkt im Detail aus?  Gibt es Zusatzleistungen?  Wie teuer ist das Produkt?  Gibt es Rabattaktionen? <?page no="60"?> 60 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  Wo und wie kann man es kaufen?  Wie wird das Produkt vermarktet? Selbstverständlich kann man anschließend im Rahmen der Finanzanalyse zur Erkenntnis kommen, dass die strategischen Vorgaben und ihre daraus abgeleite‐ te Umsetzung nicht profitabel sein werden. Dies kann dann zur Aufgabe des Vorhabens oder zu einer Anpassung der Strategie führen. Wir sehen also mög‐ licherweise einen iterativen Prozess der mehrmals wiederholt werden muss, bis man zu einer optimalen Strategie und einem perfekten Marketing‐Mix gelangt. Bei anderen Formen von Business Plänen, die eher durch Prozessoptimierun‐ gen gekennzeichnet sind, können sich diese Fragen oft vereinfachen oder sind obsolet. Merke Der Marketingteil eines Business Plans besteht aus drei Teilen: der Markt‐ analyse und Segmentierung, der Formulierung von strategischen Zielen und der konkreten Ausarbeitung eines Marketing‐Mix. 3.1 Marktanalyse Die Marktanalyse im Rahmen eines Business Plans umfasst im Wesentlichen drei Teilaufgaben:  die Definition des Marktes bzw. von Teilmärkten (Segmentierung),  die Größenabschätzung des Gesamtmarktes und seiner Segmente für den gesamten Planungshorizont und  die Abschätzung der Marktanteile für das eigene Vorhaben. Die zweite und dritte Teilaufgabe der Marktanalyse stellen gerade unerfahrene Ersteller von Business Plänen vor große Herausforderungen. Allzu oft scheint die Analyse einer Kaffeesatzleserei zu gleichen. Wie soll man seriös voraus‐ sagen, wie viele Personen an einem Produkt, wie viele Unternehmen an einer Idee interessiert sind? Und kann man tatsächlich daraus einen Marktanteil für das eigene Vorhaben, das eigene Produkt ableiten? Darüber hinaus muss das Ganze dann für ein paar Jahre prognostiziert werden. Nun, offensichtlich müss‐ te man hellseherische Fähigkeiten besitzen, um dies exakt vornehmen zu kön‐ nen, aber durch das Beachten einiger Grundsätze ist es zumindest möglich, ein konsistentes Gerüst von Annahmen aufzustellen: Grundsatz 1: Achten Sie auf eine präzise Definition Ihres (Absatz‐)Marktes! Grundsatz 2: Hinterfragen Sie Ihre Annahmen kritisch! <?page no="61"?> 3.1 Marktanalyse 61  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Grundsatz 3: Verifizieren Sie Ihre Annahmen anhand mehrerer Quellen! Grundsatz 4: Verlassen Sie sich nicht blind auf Marktanalysen anderer! Grundsatz 5: Hinterfragen Sie insbesondere konstante Wachstumsraten! Grundsatz 6: Achten Sie auf eine sinnvolle Segmentierung des Gesamtmarktes! Grundsatz 7: Suchen Sie Benchmarks für Ihre Annahmen zu möglichen Markt‐ anteilen! Grundsatz 8: Stellen Sie dumme Fragen und seien Sie nicht zu optimistisch! Grundsatz 9: Verlieren Sie Ihr Ziel nicht aus dem Auge! Mit dem letzten Grundsatz wollen wir darauf hinweisen, dass es nicht darum geht, möglichst vielen Daten und Quellen zu sammeln, die dann unstrukturiert präsentiert werden. Das Ziel der Marktanalyse ist es, darauf aufbauend eine konsistente Vorhersage zukünftiger Umsatzzahlen machen zu können. Merke Die Marktanalyse setzt eine klare Marktdefinition voraus. Die Analyse des Gesamtmarktes sollte möglichst viele unabhängige Quellen umfassen. Die Segmentierung erlaubt schließlich konkrete Annahmen zu möglichen und angestrebten Marktanteilen des eigenen Business Case. Marktdefinition 3.1.1 Unter Marktdefinition versteht man die Beschreibung des (Absatz‐)Marktes anhand von abgrenzbaren Kriterien. Zu unterscheiden sind hierbei ein Ge‐ samtmarkt und daraus abgeleitete Teilmärkte, sogenannte Segmente. Markt‐ segmentierung ist somit die Aufteilung eines Gesamtmarktes in Teilmärkte. Eine sinnvolle Segmentierung erfordert eindeutige Kriterien und überschnei‐ dungsfreie Teilmärkte. Überschneidungsfreiheit soll verhindern, dass in einem späteren Stadium der Analyse Doppelzählungen erfolgen. Eine zu feingliedrige Aufteilung sollte ebenfalls vermieden werden. Entscheidend für eine gute Seg‐ mentbildung ist aber, dass diese in einem Zusammenhang zur möglichen Mar‐ ketingstrategie und einem wählbaren Marketing‐Mix stehen. Beispiel Als Gesamtmarkt aller potenziellen Autokäufer könnten beispielsweise alle Besitzer eines Führerscheins in einem bestimmten Land definiert werden, die jünger als 70 Jahre sind. Zur Segmentierung dieses Marktes werden dann nachfolgende Kriterien ver‐ wendet: <?page no="62"?> 62 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  Örtlichkeit: Stadtbewohner, Landbewohner, Flachland, Berge, Wüste, etc. (geografisch)  Alter / Altersklasse: 18‐25; 26‐40; 41‐70 (demografisch)  Fahrweise: sportlich, sicherheitsorientiert (psychografisch) Weitere Verfeinerungen können dann durch die Kombination der Kriterien vorgenommen werden:  Segment 1: Stadtbewohner, 18‐25, sportliche Fahrweise  Segment 2: Stadtbewohner, 18‐25, sicherheitsorientierte Fahrweise  etc. Hier stellt sich nun die Frage, ob man diese Marktsegmente nun auch mit Autos beliefern kann, die für das Segment besonders geeignet sind und hierfür trans‐ parente Produktmerkmale besitzen. Merke Die verwendete Marktdefinition sollte sicherstellen, dass verschiedene Quellen für die Analyse des Gesamtmarktes berücksichtigt werden können. Externe Marktanalysen beziehen sich oft auf unterschiedliche Marktdefini‐ tionen, stellen Sie sicher, dass Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die auf der Analyse eines Gesamtabsatzmarktes erfolgte Segmentierung ist die Basis für eine erfolgreiche Marketingstrategie und einen zielgerichte‐ ten Marketing‐Mix. Achten Sie darauf, dass die gewählten Kriterien hierfür sinnvoll ausgewählt wurden. Übungsaufgabe 3.1 Sie planen eine Diskothek aufzumachen. Definieren Sie Ihren Absatzmarkt! Fragen Sie noch zwei Freunde, nach welchen Kriterien diese den Markt de‐ finieren würden! Eigene Überlegungen ………………………………… ………………………………… <?page no="63"?> 3.1 Marktanalyse 63  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 3.2 Nehmen Sie Marktsegmentierungen für folgende Märkte vor:  Immobilienmarkt  Handymarkt  Getränkemarkt Immobilien Handys Getränke Übungsaufgabe 3.3 Coca Cola hat in den letzten Jahren immer wieder neue Produkte im Markt platziert. Welche Marktsegmentierungen könnten hierfür maßgebend ge‐ wesen sein? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="64"?> 64 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Übungsaufgabe 3.4 Die sogenannten Sinus‐Milieus sind ein Ansatz im Rahmen der Zielgrup‐ penforschung. Sie erlauben eine Einteilung nach sozialen Milieus. Setzen Sie sich kritisch mit diesem Ansatz auseinander. Finden Sie Pros und Cons für die Anwendung dieser Segmentierung im Rahmen eines Business Plans. Wählen Sie hierzu einen Business Case Ihrer Wahl. Business Case: Pros Cons ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ ___________________________________________ <?page no="65"?> 3.1 Marktanalyse 65  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Analyse des Gesamtmarktes und Marktsegmentierung 3.1.2 Die Analyse der Größe eines Gesamt‐ oder Teilmarktes erfolgt anhand von Pri‐ mär‐ und Sekundärforschung. Unter Primärforschung versteht man eigene Un‐ tersuchungen, unter Sekundärforschung die Auswertung der Ergebnisse ande‐ rer. Für die Vorhaben im Rahmen von Business Plänen bietet sich meist eine Kombination von beidem an. Primärforschung ist häufig sehr aufwendig und kostspielig. Oftmals befindet sich ein Business Case auch noch in einem sehr frühen Stadium, beispielsweise wenn eine Innovation noch nicht vollständig umgesetzt ist, so dass Primärforschung noch sehr schwierig ist bzw. kaum Aus‐ sagekraft besitzen würde. Andererseits wird man kaum Studien finden, die ge‐ nau die gewünschte Fragestellung aufgreifen. Man wird also bei Verwendung der Ergebnisse Dritter immer wieder Interpretationen vornehmen müssen. Auch lässt sich nicht immer ausschließen, dass die Ersteller der ursprünglichen Studie unseriös gearbeitet haben. All dies führt zur Erkenntnis, dass man Se‐ kundärforschung am besten durch eigene Primäruntersuchungen zu bestätigen versucht. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Als Formen von Primärforschung bieten sich Befragungen, Tests und gegebenenfalls Beobachtungen an. Eine weitaus schwierigere Frage ist, wie man Informationen so bündelt, dass dadurch konkrete Aussagen über Marktgröße und Umsatz möglich sind. Eine Aussage etwa, dass die Zahl der Veganer in Deutschland bei zirka 1 Million liegt und jährlich um 10 % steigt, sagt noch nichts darüber aus, ob sich diese dann vor allem auf Fleischersatzprodukte stürzen werden oder andere Lebensmittel bevorzugen. Wir erinnern deshalb an dieser Stelle wieder an die ursprüngliche Zielsetzung der Marktanalyse: Wie viel Umsatz kann im Projektionszeitraum pro Periode erzielt werden? Umsatz setzt sich aus Anzahl der verkauften Produkte multipliziert mit dem jeweiligen Preis zusammen, wobei der Preis aufgrund der Absatzmenge und der Preispolitik im Zeitablauf variieren kann. Für die Marktanalyse steht zwar zunächst die Anzahl verkaufter Produkte im Blickpunkt. Diese ergeben sich wiederum aus Marktanteil multipliziert mit Anzahl verkaufter Produkte im (Teil‐)Markt. Mögliche Auswirkungen auf die Preisentwicklung des Marktes sollten jedoch beachtet werden. Beispiel Marktforschungsinstitute wie die Gesellschaft für Konsumforschung (http: / / www.gfk.com) können bei der Marktanalyse unterstützen. Vergleichen Sie hier‐ zu beispielsweise die dort genannten Success Stories. <?page no="66"?> 66 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Die Marktanalyse sowohl für den Gesamtmarkt als auch einzelne Segmente besteht aus zwei Teilen: 1. Der Ermittlung der heutigen Größe des Marktes und der definierten Teilmärkte und 2. der Prognose der zukünftigen Entwicklung. Übungsaufgabe 3.5 Sie planen einen Laden für Pralinen in der Fußgängerzone Ihrer Stadt auf‐ zumachen. Analysieren Sie Ihren Markt und nehmen Sie eine Marktseg‐ mentierung vor. Wie groß sind Ihre Marktsegmente und wie werden sie sich voraussichtlich entwickeln? Marktsegment 1 Marktsegment 2 Marktsegment 3 Definition Marktgröße Prognose <?page no="67"?> 3.1 Marktanalyse 67  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 3.6 Recherchieren Sie, welche Studien zur E‐Mobilität vorliegen. Vergleichen Sie diese und achten Sie auf „Ungereimtheiten“. Welche Interessen könnte der jeweilige Ersteller der Studie gehabt haben? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Analyse der Marktanteile 3.1.3 Für den Business Case spielt nun die Frage eine Rolle, wie groß der Kuchen ist, den man sich vom Gesamt‐ oder Teilmarkt abschneiden kann. Dieser Marktan‐ teil multipliziert mit der Gesamtzahl verkaufter Produkte im (Teil‐)Markt ergibt das Umsatzvolumen des Vorhabens. Es gibt zwei Ansätze, um diese Frage zu beantworten. Der erste Ansatz orien‐ tiert sich explizit an den Marktanteilen pro Periode. Der Business Plan gibt demnach konkret Marktanteile vor und multipliziert diese mit dem Gesamt‐ markt und erhält somit die Anzahl verkaufter Produkte. Der zweite Ansatz nimmt Marktanteile nur implizit auf. Es wird von einer bestimmten Anzahl Produkte im ersten Jahr ausgegangen und dann werden Wachstumsraten pro Jahr modelliert. Diese Vorgehensweise ermöglicht es scheinbar, dass man auf die Modellierung der Entwicklung des Gesamtmarktes verzichten kann. Eine Verifizierung der Wachstumsraten anhand der Marktanteile sollte jedoch nie‐ mals ausbleiben, wie nachfolgendes Beispiel verdeutlichen mag. Beispiel Wir unterstellen einen Projektionszeitraum von 10 Jahren. Ein Unternehmen hat einen Marktanteil von 1% heute. Die im Rahmen des Business Plans unter‐ suchten Maßnahmen sollen zu einem durchschlagenden Erfolg werden und man unterstellt in zwei Szenarien jährliche Wachstumsraten von 30% bzw. 50% pro Jahr. Die folgende Tabelle gibt an, wie stark sich der Marktanteil bei <?page no="68"?> 68 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt unterschiedlicher Entwicklung des Gesamtmarktes (zwischen 0% und 5%) ver‐ ändert. Szenario 30%: Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wachstum Gesamtmarkt Marktanteil des Unternehmens 0%- 1,3%- 1,7%- 2,2%- 2,9%- 3,7%- 4,8%- 6,3%- 8,2%- 10,6%- 13,8%- 1%- 1,3%- 1,7%- 2,1%- 2,7%- 3,5%- 4,5%- 5,9%- 7,5%- 9,7%- 12,5%- 2%- 1,3%- 1,6%- 2,1%- 2,6%- 3,4%- 4,3%- 5,5%- 7,0%- 8,9%- 11,3%- 3%- 1,3%- 1,6%- 2,0%- 2,5%- 3,2%- 4,0%- 5,1%- 6,4%- 8,1%- 10,3%- 4%- 1,3%- 1,6%- 2,0%- 2,4%- 3,1%- 3,8%- 4,8%- 6,0%- 7,5%- 9,3%- 5%- 1,2%- 1,5%- 1,9%- 2,3%- 2,9%- 3,6%- 4,5%- 5,5%- 6,8%- 8,5%- Szenario 50%: Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wachstum Gesamtmarkt Marktanteil des Unternehmens 0%- 1,5%- 2,3%- 3,4%- 5,1%- 7,6%- 11,4%- 17,1%- 25,6%- 38,4%- 57,7%- 1%- 1,5%- 2,2%- 3,3%- 4,9%- 7,2%- 10,7%- 15,9%- 23,7%- 35,2%- 52,2%- 2%- 1,5%- 2,2%- 3,2%- 4,7%- 6,9%- 10,1%- 14,9%- 21,9%- 32,2%- 47,3%- 3%- 1,5%- 2,1%- 3,1%- 4,5%- 6,6%- 9,5%- 13,9%- 20,2%- 29,5%- 42,9%- 4%- 1,4%- 2,1%- 3,0%- 4,3%- 6,2%- 9,0%- 13,0%- 18,7%- 27,0%- 39,0%- 5%- 1,4%- 2,0%- 2,9%- 4,2%- 5,9%- 8,5%- 12,1%- 17,3%- 24,8%- 35,4%- Zum Vergleich: Der Marktanteil von Mercedes‐Benz liegt bei Pkw‐Neuzulassun‐ gen in der Europäischen Union meist zwischen 5 und 7%. Auch der Marktanteil von Apple liegt bei Smartphones unter 25%. Merke Die Marktanteilsprognosen und Wachstumsraten sollten stets mehrfach plausibilisiert werden. Marktanteile auch prominenter Marken sind meist viel kleiner als erwartet. <?page no="69"?> 3.2 Marketing‐Strategie 69  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 3.7 Ermitteln Sie Marktanteile verschiedener Hersteller im Automobilbereich und für den Smartphone‐Markt. Marke Jahr … Jahr … Jahr … Jahr … Jahr … Jahr … 3.2 Marketing-Strategie Um die Erfolgsaussichten eines neuen Vorhabens zu steigern, ist es wichtig, eine fundierte Marketing‐Strategie zu erarbeiten, weshalb eine Ist‐Aufnahme der aktuellen Situation des eigenen Unternehmens, seiner Produkte und der Unternehmensumwelt notwendig ist. Es kann aus einer Vielzahl an Werkzeu‐ gen ausgewählt werden, wobei wir gerne näher auf die BCG-Matrix, die Produktlebenszykluskurve, die SWOT‐Analyse und auf Porter´s Five Forces eingehen möchten. BCG-Matrix 3.2.1 Die BCG‐Matrix dient als Hilfestellung, um Klarheit über das eigene Produkt‐ portfolio zu erhalten und hieraus geeignete Strategien abzuleiten. Dabei wer‐ den die eigenen Produkte mit Fokus auf ihren relativen Marktanteil und ihr Marktwachstum betrachtet und in das passende Feld der Matrix eingetragen. <?page no="70"?> 70 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Vielversprechende Question Marks, welche meist noch einen negativen Cash Flow generieren, gilt es, mit zusätzlichen Investitionen zu fördern, um einen größeren relativen Marktanteil zu erreichen. Stars sollten ebenfalls gestärkt werden, um aus ihnen Cash Cows zu entwickeln. Cash Cows weisen bereits einen positiven Cash Flow auf und sollten so lang wie möglich als solche erhalten bleiben. Poor Dogs kann man in der Regel nur im Portfolio belassen, wenn diese einen positiven Deckungsbeitrag leisten. Produktlebenszykluskurve 3.2.2 Die Produktlebenszykluskurve bildet die klassische Entwicklung des Umsatzes während eines Produktlebens ab. In der Einführungsphase ist der Umsatz ge‐ ring und es muss versucht werden mit dem geeigneten Marketing‐Mix auf das neue Produkt aufmerksam zu machen, um schnell einen relativen Marktanteil zu erlangen. Während der Wachstumsphase gilt es, die Strategie auf eine Ab‐ satzsteigerung auszurichten. Wenn es ein Produkt bis in die Reifephase ge‐ schafft hat, gilt es, die vorhandene Position zu verteidigen und so lange wie möglich zu halten, denn in diesem Stadium kann am meisten an einem Produkt verdient werden. Gleichzeitig wird in dieser Phase auch eine Sättigung des Gesamtmarktes zu spüren sein, was zu einem Verdrängungswettbewerb führen kann. Die letzte Phase ist die Degenerationsphase, solange das Produkt einen positiven Deckungsbeitrag liefert, kann man es im Portfolio belassen. Question Marks Poor Dogs Stars Cash Cows relatives Marktwachstum relativer Marktanteil niedrig niedrig hoch hoch <?page no="71"?> 3.2 Marketing‐Strategie 71  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt SWOT-Analyse 3.2.3 Durch die SWOT‐Analyse werden die internen und gegenwartsbezogenen Stär‐ ken und Schwächen ermittelt und den externen und zukunftsorientierten Risi‐ ken gegenübergestellt. Dies kann zum Beispiel mit Fokus auf ein Produkt, das Gesamtunternehmen, auf einen spezifischen Prozess geschehen. Im Anschluss sollten aus dem Ergebnis passende Strategien abgeleitet werden. Wenn mög‐ lich, sollten Risiken in Chancen und Schwächen in Stärken umgewandelt wer‐ den. Eine Weiterentwicklung der SWOT‐Analyse ist die TOWS‐Analyse, die zu‐ sätzlich die strategischen Optionen aufzeigt. SWOT heute morgen positiv Stärken Chancen negativ Schwächen Risiken Beispiel Durch eine SWOT‐Analyse wurden Biologen in Florida auf die große Bedrohung für das örtliche Ökosystem durch die Invasion der Feuerfische aufmerksam. Um aus diesem Risiko eine Chance zu machen, entwickelten sie gemeinsam mit ört‐ lichen Restaurants schmackhafte Gerichte mit der Hauptzutat Feuerfisch. Porters Five Forces 3.2.4 Mit diesem Tool wird deutlich, welche Kräfte auf ein neues Vorhaben einwirken können. Betrachtet werden der Wettbewerb auf dem Markt, in dem man agiert, Zeit Umsatz Einführung Wachstum Reife/ Sättigung Degeneration <?page no="72"?> 72 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt und die Einflüsse (Kunden, neue Wettbewerber, Zulieferer und Substitutions‐ güter), welche von außen in den Markt einwirken können. Merke Es gibt nicht die eine richtige Marketing‐Strategie. Zudem muss immer wieder überprüft werden, wie sich die Gesamtsituation entwickelt hat, um gegebenenfalls Anpassungen an der Strategie vorzunehmen. Übungsaufgabe 3.8 Die Daimler AG hat unterschiedliche Antriebstechniken im Angebot. Beschriften und befüllen Sie die BCG‐Matrix mit Bezug auf diese Motoren‐ palette. Wettbewerb auf existierendem Markt Bedrohungen durch Substitutionsgüter Verhandlungsmacht der Kunden Verhandlungsmacht der Zulieferer Bedrohung durch neue Wettbewerber <?page no="73"?> 3.3 Marketing‐Mix 73  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 3.9 Tesla möchte mehrere Produktionsstätten in Europa aufbauen und über‐ legt sich, eine davon in Stuttgart zu platzieren. Führen Sie eine SWOT‐ Analyse zu Stuttgart als Produktionsstätte durch und leiten Sie hieraus mögliche Strategien für Tesla ab. Welche Strategien können Sie hieraus ableiten? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ 3.3 Marketing-Mix Unter Marketing‐Mix verstehen wir die konkrete Ausgestaltung des Business Case. Während bei der allgemeinen Business Case‐Beschreibung, so wie wir dies in Kapitel 2.2 behandelt haben, vor allem einige wenige Highlights oder USPs (unique selling propositions) im Vordergrund stehen, geht es nun um eine umfassende Darstellung des Vorhabens des Business Plans. Wie bei anderen Themen auch, muss selbstverständlich individuell entschieden werden, welche der nachfolgenden Aspekte wirklich relevant sind. Je produktbezogener das Vorhaben ist, desto mehr wird man sich um einen gut ausgearbeiteten Marke‐ ting‐Mix bemühen. Traditionell stehen beim Marketing‐Mix vier Themen im Fokus. Die 4Ps umfas‐ sen <?page no="74"?> 74 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  die Produktstrategie (engl. product),  die Preisstrategie (engl. price),  die Kommunikationsstrategie (engl. promotion) und  die Distributions‐ und Vertriebsstrategie (engl. place). Auch wenn es sich beim Business Plan nicht um eine ausgefeilte Marketingstra‐ tegie handelt, ist eine Orientierung an diesen vier Gesichtspunkten durchaus nützlich. Zwischenzeitlich ist das Konzept auf 7Ps erweitert worden. Hinzuge‐ kommen sind die Personalpolitik (engl. personnel), kundenorientierte Ge‐ schäftsprozesse (engl. process management) und die Ausstattungsstrategie (engl. physical facilities), wobei diese vor allem im Dienstleistungsbereich rele‐ vant sind. Basis für die Detaildarstellung des Vorhabens sind die Erkenntnisse aus der Marktanalyse und die strategische Zielsetzung des Unternehmens bzw. des Bu‐ siness Case. Es ist gut, diese Rahmenbedingungen immer wieder gedanklich aufzurufen, um einen konsistenten Business Case zu schaffen. Stellt sich bei der nachfolgenden Profitabilitätsbetrachtung heraus, dass die strategischen Ziele nicht profitabel umsetzbar sind, müssen diese ggf. geändert werden und der Marketing‐Mix angepasst werden. Merke Marktanalyse und Marketingstrategie führen zu einer verfeinerten Aus‐ arbeitung des Business Case. Verschiedene Faktoren sind dazu zu berück‐ sichtigen, eine Orientierung am Konzept des Marketing‐Mix ist sinnvoll, aber nicht zwingend. Auch können weitere Fragestellungen aufkommen, so dass sich der Marketing‐Mix als nicht vollständig herausstellt. Eine mehr‐ malige Anpassung und Korrektur kann sich als notwendig herausstellen. Übungsaufgabe 3.10 Überlegen Sie sich, welche Schwerpunkte Sie im Rahmen der 4Ps setzen würden, falls Sie nachfolgende strategische Ziele haben: Strategisches Ziel Produkt Preis Kommuni‐ kation Vertrieb Jährliche Umsatzsteigerung um mindestens 15% Erhöhung des Marktanteils auf 10% des Marktsegments <?page no="75"?> 3.3 Marketing‐Mix 75  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Qualitätsverbesserung: Redukti‐ on fehlerhafter Produkte um 30% Qualitätsverbesserung: Erhöhung der Servicequalität Qualitative Wahrnehmung mei‐ ner Produkte verbessern Erhöhung der Kundenzufrieden‐ heit gemessen durch Telefonbe‐ fragung Erhöhung der Brand‐Awareness (Markenbekanntheit) Markteintritt (international) Produktstrategie 3.3.1 Bei der Produktbeschreibung geht es um die grundsätzliche Festlegung des Vorhabens. Was sind die wesentlichen Eigenschaften des Produkts, des Prozes‐ ses bzw. ganz allgemein des Business Case. Hierzu gehören neben dem Kern‐ produkt  die Darstellung von Serviceleistungen und zusätzlichen Angeboten,  die angestrebte Qualität,  der Produktname,  die Verpackungsgröße und die Art der Verpackung. Für das Kernprodukt sollten Sie sich auf die Alleinstellungsmerkmale, die so‐ genannten USPs, konzentrieren und herausarbeiten, was Ihr Vorhaben von an‐ deren unterscheidet. Für die meisten Adressaten steht hierbei der Kundennut‐ zen im Vordergrund. Serviceleistungen könnten ein kostenloser Transport zum Kunden oder zusätz‐ liche kostenfreie Beratung‐ und Schulungsleistungen sein. Als zusätzliche An‐ gebote könnte man sich Garantieverlängerungen und Ergänzungsprodukte vor‐ stellen. Tatsächlich ist es in vielen Branchen inzwischen üblich, das Kernpro‐ dukt extrem günstig anzubieten, um dann über Zusatzleistungen Geld zu ver‐ dienen. Die Qualität eines Produkts wird in fast jedem Business Case als eines der zent‐ ralen Themen beschrieben. Achten Sie darauf, dass hohe Produktqualität in aller Regel ihren Preis hat. Dies sollte an anderer Stelle entsprechend aufgegrif‐ <?page no="76"?> 76 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt fen werden. Gleichzeitig bietet eine hohe Produktqualität Potenzial, Kosten zu sparen, wenn beispielsweise hierdurch die Kosten für Gewährleistungsansprü‐ che entstehen oder weniger Ausschuss in der Produktion anfällt. Der Produktname ist ein zentraler Teil der Produktstrategie. Im Rahmen von Business Plänen spielt der Name des Produkts oder des Vorhabens meist noch nicht die große Rolle. Die endgültige Festlegung erfolgt zumeist in einem späte‐ ren Stadium. Gute Namensideen müssen aber selbstverständlich nicht verheim‐ licht werden. Unter Verpackung subsumieren wir hier alles, was im Zusammenhang mit dem Produktverkauf steht. Bei einem Freizeitpark kann man als Verpackungsgrößen beispielsweise verstehen, dass es neben Einzeltickets auch Gruppen‐ und Fami‐ lientickets gibt. Merke Ein Produkt oder Vorhaben bietet neben der eigentlichen Kernidee meist weitere Möglichkeiten, um zusätzliche Gewinne zu generieren. Neben den Gewinnchancen ist es wichtig, den Zusatznutzen für den Kunden aufzuzei‐ gen. Übungsaufgabe 3.11 Beschreiben Sie für einen Freizeitpark Ihrer Wahl, durch welche zusätzli‐ chen Leistungen neben dem eigentlichen Kernprodukt Geld verdient wird. ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="77"?> 3.3 Marketing‐Mix 77  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Preisstrategie 3.3.2 Die Preisgestaltung ist eines der schwierigsten Themen im Rahmen eines Busi‐ ness Plans. Die Annahmen gehen direkt in die Profitabilitätsrechnung ein und haben großen Einfluss auf die abschließende Bewertung des Vorhabens. Ein paar Dinge sind bei der Preisgestaltung besonders zu beachten:  mögliche Markteintrittsstrategien  Preiselastizität  Marktform  Preisveränderungen im Laufe des Projektionszeitraums  Antizipation möglicher Preisanpassungen der Konkurrenz  Inflation und Kostensteigerungen  Rabatt‐ oder Zuschlagspolitik  Zahlungsmodalitäten Der Markteintritt erfordert häufig Zugeständnisse beim Preis. Potenzielle Kun‐ den müssen dazu bewogen werden, das neue Produkt zumindest zu testen. Bei Massenprodukten dienen hierzu oft Rabattaktionen gemeinsam mit flankieren‐ den Werbemaßnahmen. Bei Luxusgütern werden dagegen manchmal sogar eine künstliche Verknappung und ein entsprechend hoher Preis angestrebt. Preiselastizität beschreibt, in wie weit der Produktabsatz sensitiv auf Preis‐ änderungen reagiert. Ist die Preissensitivität groß, muss genau auf die Preis‐ annahmen geachtet werden und möglicherweise sind zusätzliche Sensitivitäts‐ analysen notwendig. Bei geringer Preissensitivität kann es sich beispielsweise um Luxusgüter handeln. Grundsätzlich spielt bei der Preispolitik die Marktform eine wichtige Rolle. Handelt es sich beispielsweise um ein völlig neues Produkt, kann man quasi als Monopolist seinen Preis gestalten bis die ersten Nachahmer den Markt betre‐ ten. In einem oligopolistischen Markt werden die anderen wenigen Mitstreiter sich schnell anpassen, um keine Marktanteile zu verlieren. Wohingegen in ei‐ nem Polypol alle klassischen Preisbildungsmodelle angewandt werden können. Da der Business Plan mehrere Perioden abdecken sollte, ist es notwendig, sich über die anschließende Preisentwicklung Gedanken zu machen. Typischer‐ weise sinken die Kosten pro Produkt bei Erhöhung der Produktion, weil der Fixkostenanteil pro Produkt sinkt. Die Erhöhung der Marge führt letztendlich zu einer Gewinnsteigerung. Selbstverständlich könnten die Vorteile aber auch in Form von Preisreduktion oder Serviceerhöhung an den Kunden weitergege‐ ben werden. Darüber hinaus könnte dies allein schon deshalb notwendig sein, weil neue Anbieter in den Markt eintreten, die Konkurrenz erhöhen und einen Preisdruck auslösen. <?page no="78"?> 78 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Preispolitik der Konkurrenz vorherzusagen, ist selbstverständlich nur sehr eingeschränkt möglich. In jedem Fall sollte man sich aber darüber im Klaren sein, dass die eigene Preispolitik eine Reaktion der Konkurrenz auslösen wird. Inflation hat grundsätzlich eine Erhöhung der Kosten zur Folge, andere Ein‐ flussfaktoren können aber auch zu Kostensteigerungen führen (z.B. Fachkräf‐ temangel, Einfuhrbeschränkungen, Abgaben etc.). In wie weit solche Kosten‐ steigerungen an die Kunden weitergegebenen werden können, ist bei der Mo‐ dellierung zu entscheiden. Rabatt‐ und Zuschlagspolitik beschreibt allgemein, ob für bestimmte Kunden besondere Preise vorgesehen sind. Ein Freizeitpark beispielsweise bietet Ra‐ batte für Familien oder Saisonkarten an. Zahlungsmodalitäten beziehen sich in erster Linie auf die gewährten Zahlungs‐ ziele. Je länger die Zahlungsziele, desto höher der Kapitalbedarf des Business Case, da eine Vorfinanzierung notwendig ist. Darüber hinaus ist zu beachten, ob hierfür ein (impliziter) Zins verlangt werden kann und ggf. wie hoch dieser dann ist. Merke Preisüberlegungen müssen zur Strategie und den gesetzten Qualitätsan‐ forderungen passen. Preise können sich im Laufe der Projektionsperioden verändern, hierzu sind verschiedene Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die sowohl zu Preisanstiegen als auch Preisrückgängen führen können. Übungsaufgabe 3.12 Beschreiben Sie die Preisstrategie der Smartphone‐Hersteller für eine Pro‐ duktgeneration. Produkt Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Apple iPhone5 Samsung S3 LG G3 … <?page no="79"?> 3.3 Marketing‐Mix 79  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 3.13 Diskutieren Sie mit Freunden die Preiselastizität folgender Produkte! Be‐ rücksichtigen Sie unterschiedliche Preise und Qualität! Produkt Preiselastizität schwach mittel stark Smartphone Auto Milch Bier Urlaubsreise … … Kommunikationsstrategie 3.3.3 Unter der Kommunikationsstrategie oder ‐politik werden alle Maßnahmen ver‐ standen, die der Promotion des Vorhabens dienen. Meist konzentriert der Er‐ steller sich hierbei vor allem auf Werbemaßnahmen, doch sollte sich die Analy‐ se nicht nur auf diese beschränken. Weitere Themen könnten Verkaufsförde‐ rung und Public Relation sein. Es gibt zwei Ansätze, um die Kosten für die Kommunikationsstrategie abzu‐ schätzen:  Vorgabe eines Budgets, das sich am Umsatz oder an einer anderen Größe orientiert  explizite Berechnung der Kosten einzelner Maßnahmen Auch wenn es manchmal schwierig erscheinen mag, sollte der Ersteller des Bu‐ siness Plans auch versuchen, beide Ansätze für eine wechselseitige Plausibili‐ sierung anzuwenden. Dies gilt insbesondere für Ersteller von Business Plänen, die im Marketing nicht zuhause sind. Ansätze wie Guerilla oder Influencer Marketing und der Einsatz von Social Me‐ dia sind oft dadurch gekennzeichnet, dass sie entweder ein Riesenerfolg oder <?page no="80"?> 80 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ein totaler Flop werden. Viele Entscheider sind deshalb bei einer zu einseitigen Konzentration hierauf skeptisch. Sinnvollerweise werden solche Ideen deshalb im Rahmen eines Business Plans durch klassische Werbemaßnahmen ergänzt. Merke Die Kommunikationspolitik umfasst alle Maßnahmen, die das Unterneh‐ men ergreift, um mit den Kunden des Business Case in Kontakt zu kom‐ men. Eine klare Vorstellung der Zielgruppe des Vorhabens ist hierbei un‐ abdingbar. Im Übrigen gilt meist ein Zitat von Henry Ford: “I know at least half of my advertising budget works; I just don’t know which half.” Übungsaufgabe 3.14 Suchen Sie sich 3 beliebige Produkte heraus! Überprüfen Sie die Kommu‐ nikationsstrategie des Unternehmens in Bezug auf diese Produkte und ma‐ chen Sie sich Gedanken zur vermutlichen Zielgruppe der Produkte. Passt die Strategie aus Ihrer Sicht zur möglichen Zielgruppe? Produkt 1: _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ Produkt 2: _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ Produkt 3: _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ <?page no="81"?> 3.3 Marketing‐Mix 81  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Distributions- und Vertriebsstrategie 3.3.4 Unter Distributions‐ und Vertriebsstrategie verstehen wir alle Maßnahmen, die dazu dienen, das Produkt oder die Dienstleistung zum Kunden zu bringen. Es geht also zum einen um  logistische Fragestellungen, etwa wo wird die Dienstleistung angeboten, wo das Produkt hergestellt, gelagert und schließlich verkauft und zum anderen um  die Frage der Absatzkanäle, also die Frage, wer letztendlich das Produkt ver‐ kauft. Selbstverständlich wird auch für den logistischen Themenkomplex in den meis‐ ten Fällen noch eine detaillierte Planung erfolgen, aber bereits im Rahmen des Business Plans muss ein Grobkonzept vorhanden sein. Hier ist insbesondere auf die Konsistenz zur Standortplanung und der Finanzplanung zu achten. Die Frage der Absatzkanäle ist mit der Kommunikationsstrategie abzustimmen. Allerdings steht nicht unbedingt jeder Absatzkanal für das eigene Vorhaben offen. Die Kosten bzw. Margen für den Verkäufer oder Vermittler sind oft über‐ raschend hoch, auch muss stets beachtet werden, dass der Verkäufer eines Produkts oder der Vermittler einer Dienstleistung am eigenen Profit interes‐ siert ist und nicht am Profit des Herstellers (oder des Erstellers eines Business Plans). Strategien, die mehrere Absatzkanäle vorsehen, müssen auf ihre finan‐ zielle Machbarkeit und auf unerwünschte Kannibalisierungseffekte überprüft werden. Merke Die Distributions‐ und Vertriebsstrategie stellt sicher, dass ein Produkt o‐ der eine Dienstleistung zum Kunden kommt und ein geeigneter Absatzka‐ nal ausgewählt wird. Übungsaufgabe 3.15 Sie versuchen als Dienstleistungsunternehmen mit 6 Standorten, eine mög‐ lichst große Kundenzahl in Deutschland zu erreichen. Als Ziel haben Sie sich gesetzt, den Kunden in maximal zwei Stunden zu erreichen. Welche Standorte würden Sie wählen? Wie viele Kunden könnten Sie dann theore‐ tisch erreichen und welche Flächen würden Sie ungefähr abdecken? <?page no="82"?> 82 Schritt 3: Marketing  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Standort Anzahl potenzieller Kunden abgedeckte Fläche Übungsaufgabe 3.16 Als internationaler Kosmetikkonzern möchten Sie nachfolgende Produkte vertreiben. Welche Absatzkanäle würden Sie wählen? Produkt Absatzkanäle billige Tagescreme exklusive Anti‐ faltencreme Rasierschaum billiges Haar‐ shampoo teures Haar‐ shampoo <?page no="83"?> 3.3 Marketing‐Mix 83  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Weitere Aspekte 3.3.5 Das Konzept der 7Ps stellt, wie bereits erwähnt, eine Weiterentwicklung des Konzepts der 4Ps dar, welches vor allem im Dienstleistungsbereich Anwendung findet. Im Rahmen von Business Plänen können die 7Ps als Checkliste verwen‐ det werden. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades beider Ansätze muss da‐ mit gerechnet werden, dass hierzu Fragen bzw. Rückfragen gestellt werden. Es ist deshalb vorteilhaft, wen man zumindest erläutern kann, warum ein be‐ stimmter Punkt aus Sicht des Erstellers weniger oder überhaupt nicht relevant ist. Die Personalpolitik (personnel) beschäftigt sich zum einen mit Kapazitätsfra‐ gen zum anderen mit Qualifizierungsanforderungen. Beides ist eng verbunden mit der Standortwahl. Es muss geprüft werden, ob qualifiziertes Personal in ausreichender Anzahl verfügbar ist und in wie fern gegebenenfalls Qualifizie‐ rungsmaßnahmen möglich oder erforderlich sind. Entsprechende Kosten sind zu ermitteln und im Finanzplan zu berücksichtigen. Der Themenkomplex kundenorientierte Geschäftsprozesse (process mana‐ gement) setzt sich mit der Frage auseinander, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Kontakt zum Kunden zu optimieren, d.h. es geht da‐ rum zu ermitteln, wer mit dem Kunden in Kontakt tritt, wann und wie er das tut und welche Unterstützung er dabei benötigt. Die Beschäftigung mit entspre‐ chenden Geschäftsprozessbeschreibungen hilft, vernünftige Kostenabschätzun‐ gen vorzunehmen. Häufig liegt der Schwerpunkt bei Ausstattungsfragen im Rahmen des Business Plans zunächst bei Anforderungen aus der Produktion, d.h. Maschinen, Gebäude etc. Meistens zeichnen sich Business Pläne hier eher durch spartanisches Ver‐ halten und Denken aus. Die Ausstattungspolitik (physical facilities) ist wieder stärker vertriebsorientiert und stellt in gewisser Weise eine Sensibilisierung für den Business Plan dar, da im Kundenkontakt häufig zusätzliche Aufwen‐ dungen notwendig sind, etwa ansprechende Empfangsräume, gut ausgestattete Besprechungszimmer etc. Merke Der Marketing‐Mix sowohl in der Version als 4Ps als auch in der Version mit 7Ps kann als Checkliste dienen, um viele relevante Gesichtspunkte ei‐ nes Business Case zu berücksichtigen. Die Liste muss nicht abschließend sein, sollte aber auch nicht zwanghaft abgearbeitet werden. <?page no="84"?> 84 Schritt 3: Marketing Übungsaufgabe 3.17 Ihre Universität bekommt ein neues Gebäude. Diskutieren Sie mit Bekann‐ ten, ob folgende Einrichtungen notwendig sind: Einrichtung Beurteilung Lernecken separate Lern‐ räume Cafeteria Terrasse mit Liege‐ stühlen Klimaanlage … <?page no="85"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 4: Finanzen Lernziele Im Kapitel Finanzen erhalten Sie einen Überblick über die schrittweise Er‐ stellung einer Wirtschaftlichkeitsanalyse. Zunächst wird gezeigt, wie das wirtschaftliche Vorhaben in Form von Geschäftsprojektionen mittels Plan‐ Bilanz und Plan‐GuV dargestellt werden kann. Im zweiten Schritt lernen Sie, aus den modellierten Geschäftsprojektionen Cash Flows abzuleiten. Schließlich erfahren Sie, wie mit Hilfe der Methoden der Investitionsrech‐ nung Cash Flows bewertet werden. Neben dem Erlernen einer schrittwei‐ sen Methodik stehen das Erkennen und Steuern modelltypischer Probleme im Vordergrund. Ziel der finanzwirtschaftlichen Analyse ist die Modellierung der finanziellen Auswirkungen des Business Cases auf das Gesamtunternehmen oder zumindest auf eine Geschäftseinheit, die in diesem Fall wie ein eigenständiges Unterneh‐ men behandelt wird. Folgende Einzelschritte dienen der Bewertung der im Mo‐ dell gemachten Annahmen: [1] Zunä chst wird die Entwicklung des Unternehmens (bzw. die separierte Unternehmenseinheit) ü ber mehrere Perioden modelliert, indem man Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs aufstellt. Als relevante Perioden kö nnen gan‐ ze Jahre oder auch kü rzere Zeiteinheiten (Vierteljahre oder Monate) ge‐ wä hlt werden. [2] Anschließend werden aus den Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs die relevanten jä hrlichen oder unterjä hrigen Zahlungsströ me (Cash Flows) abgeleitet. Diese Ableitung erfolgt anhand einfacher Abbildungsvorschriften. [3] Die Bewertung der in Schritt 2 ermittelten Zahlungsströ me erfolgt mittels Anwendung geeigneter Kennzahlen aus der Investitionsrechnung. <?page no="86"?> 86 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zur Validierung der Ergebnisse stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung, die wir hier ebenfalls kurz vorstellen möchten:  Die Liquiditätssituation insbesondere in den ersten Perioden sollte anhand einer kurzfristigen Liquiditätsplanung geprüft werden.  Das eigentliche Modell mit seinen verschiedenen Annahmen (d.h. den Input‐ parametern) kann mit Szenario‐ und Sensitivitätsanalysen validiert werden.  Ein grober Test der Ergebnisse kann anhand einer Break‐even Analyse durchgeführt werden. Dabei werden Umsätze den fixen und variablen Kos‐ ten gegenüber gestellt. Merke Der finanzwirtschaftliche Teil eines Business Plans dient der Bewertung der möglichen Profitabilität (Wirtschaftlichkeit) des untersuchten Vorha‐ bens. 4.1 Projektion der Rechnungslegung Rechnungslegung dient dem Nachweis über die geschäftliche Entwicklung ei‐ nes Unternehmens in einer vorausgegangenen Periode. Sie stellt ein Informati‐ onsmedium für die Stakeholder des Unternehmens dar. Die drei wesentlichen Instrumente der Rechnungslegung sind:  Bilanz  Gewinn‐ und Verlustrechnung  Kapitalflussrechnung Die Bilanz gibt Auskunft über Mittelherkunft (Passiva) und Mittelverwendung (Aktiva) des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Da ein Unter‐ nehmen nur die Mittel verwenden kann, die sie vorher bekommen hat, gilt die Bilanzgleichung: Mittelverwendung = Mittelherkunft, also Aktiva = Passiva. Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ermittelt den Gewinn eines Unter‐ nehmens für den abgelaufenen Rechnungslegungszeitraum. Es handelt sich also um eine Periodenbetrachtung. Die Orientierung erfolgt an den Größen Er‐ trag und Aufwand und mündet in die Gleichung: Gewinn (bzw. Verlust) = Erträ‐ ge ‐ Aufwendungen. Im Gegensatz zur GuV betrachtet die Kapitalflussrechnung (Cash Flow State‐ ment) die Größen Einzahlung und Auszahlung und orientiert sich somit nur an den zahlungswirksamen Geschäftsvorfällen. Das Ergebnis der Kapitalflussrech‐ <?page no="87"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 87  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt nung gibt somit die Veränderung der liquiden Mittel während der vergangenen Periode an: ∆Liquide Mittel = Einzahlungen ‐ Auszahlungen. Die Strukturen von Bilanz, Gewinn‐ und Verlustrechnung und Kapitalflussrech‐ nung sind durch Rechnungslegungsvorschriften vorgegeben und dienen der Klassifizierung einzelner Größen und damit der besseren Nachvollziehbarkeit für den Leser (Stakeholder). Im Übrigen unterstellen wir an dieser Stelle, dass der Leser mit der Grundfunk‐ tionalität der Rechnungslegung vertraut ist. Ist dies nicht der Fall, möchten wir auf weiterführende Literatur verweisen. Im Rahmen von Business Plänen wird die Rechnungslegung verwendet, um die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens (oder einer Geschäftseinheit) zu modellieren. Die Erstellung von zukünftigen Bilanzen und GuVs stellt meist den Startpunkt einer Analyse dar. Zwar ist es in Einzelfällen auch möglich, Cash Flows (Zahlungsströme) direkt abzuleiten, doch dienen gerade bei größeren Projekten die Informationen aus dem Rechnungswesen auch dazu, wirtschaftli‐ che Kennzahlen zu überprüfen. Merke Projizierte Rechnungslegung stellt eine Modellierung zukünftiger Entwick‐ lungen eines Unternehmens unter bestimmten Annahmen (Inputparame‐ tern) dar. Die Ergebnisse des Modells hängen stets von diesen Inputpara‐ metern ab. Stellen sich die gemachten Annahmen als falsch heraus, kann dies durch ein Modell nicht korrigiert werden. Es gilt: Garbage In - Garbage Out (GIGO) Die Güte der Prognose ergibt sich also aus der Qualität der Inputdaten des Modells. Plan-Bilanzen und Plan-GuVs 4.1.1 Zunächst wollen wir die Grundstrukturen von Bilanz und GuV für einen Business Plan näher betrachten. Der Detailierungsgrad kann im Einzelfall er‐ höht werden. <?page no="88"?> 88 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bilanz zum … Aktiva Passiva Anlagevermögen (AV)  Grundstücke  Gebäude, Maschinen Umlaufvermögen (UV)  Vorräte  Forderungen  liquide Mittel (LM) Eigenkapital (EK)  eingezahltes Kapital  Rücklagen Fremdkapital (FK)  kurzfristiges Fremdkapital o Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung (LuL) o kurzfristige Bankkredite  langfristiges Fremdkapital Bilanzsumme Bilanzsumme Abb.4.1: Aufbau der Bilanz Wie aus Abbildung 4.1 ersichtlich gliedert sich die Bilanz in eine Aktiv‐ und Passivseite. Die Passivseite beschreibt die Größen der Mittelherkunft und be‐ antwortet die Frage, von wem das Geld stammt, das investiert wird. Grob un‐ terscheidet man zunächst zwischen Eigen‐ und Fremdkapitalgeber. Beim Ei‐ genkapitalgeber kann es sich um eingezahltes Kapital handeln oder um Rückla‐ gen, die von den Gewinnen der Vergangenheit einbehalten wurden. Eine tiefer‐ gehende Unterteilung ist aus wirtschaftlicher Sicht oft nicht notwendig und hat primär haftungsrechtliche Gründe. Beim Fremdkapital ist es zweckmäßig, zwi‐ schen langfristig und kurzfristig zur Verfügung gestelltem Kapital zu unter‐ scheiden. Unter kurzfristig verstehen wir hierbei eine Laufzeit unter einem Jahr. Kurzfristiges Fremdkapital wird entweder in Form von Lieferantenkredi‐ ten gewährt oder als kurzfristiger Kredit durch ein Finanzinstitut (Bank). Die Unterscheidung ist dadurch motiviert, dass Bankkredite i.d.R. durch einen ex‐ pliziten Kreditzins charakterisiert sind, während bei gewährten Zahlungszielen durch Lieferanten eher eine implizite Verzinsung über die Nicht‐Gewährung von Skonto erfolgt. Auf der Aktivseite sehen wir zunächst das langfristig gebundene Kapital in Form von Anlagevermögen. Anlagevermögen bis auf Grundstücke ist dadurch gekennzeichnet, dass es abgeschrieben wird. Das Umlaufvermögen kennt drei wichtige Kategorien: die Vorräte, die Forderungen und die liquiden Mittel. Vor‐ räte subsumieren zum Verkauf stehende Waren, unfertige Erzeugnisse und Material. Forderungen bezeichnen Kredite, die an Kunden gegeben werden, also eingeräumte Zahlungsziele und liquide Mittel subsumieren alle Bar‐ reserven, Kassenbestände und sonstigen kurzfristigen Geldanlagen. <?page no="89"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 89  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum … Umsatzkostenverfahren Gesamtkostenverfahren Umsätze ./ . Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen ./ . Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E) ./ . Aufwendungen für Vertrieb und Marke‐ ting ./ . Aufwendungen für Verwaltung = operativer Gewinn (EBIT) + Erträge aus Finanzierungstätigkeit ./ . Aufwände aus Finanzierungstätigkeit = zu versteuernder Gewinn ./ . Steuern Umsätze +/ ‐ Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen ./ . Aufwendungen für Material ./ . Aufwendungen für Personal ./ . Aufwendungen für Abschreibung = operativer Gewinn (EBIT) + Erträge aus Finanzierungstätigkeit ./ . Aufwände aus Finanzierungstätigkeit = zu versteuernder Gewinn ./ . Steuern Gewinn / Verlust ‐ Gewinnausschüttung (Dividenden) Gewinnrücklagen Gewinn / Verlust ‐ Gewinnausschüttung (Dividenden) Gewinnrücklagen Abb.4.2: Aufbau der Gewinn‐ und Verlustrechnung Die beiden Varianten der Gewinn- und Verlustrechnung unterscheiden sich in Bezug auf die Darstellung (Kategorisierung) der operativen Aufwendungen (Kosten). Das Umsatzkostenverfahren orientiert sich am Herstellungsprozess. Es wird unterschieden zwischen Kosten, die bei Forschung und Entwicklung, bei der Produktion, beim Vertrieb und bei der Verwaltung entstanden sind. Im Falle des Gesamtkostenverfahrens werden die operativen Aufwendungen (Kosten) gemäß der Kostenarten eingeteilt in Kosten durch das Anlagevermö‐ gen (dargestellt durch Abschreibungen, d.h. also den über mehrere Jahre ver‐ teilten Kosten für Gebäude und Maschinen), Personal‐ und Materialkosten. Bei‐ de Verfahren führen zum selben Ergebnis, dem operativen Gewinn. Wir ver‐ wenden hier nachfolgend die Bezeichnung EBIT (Earnings before Interest and Taxes), also den Gewinn vor Zinsen und Steuern. Im Anschluss werden Erträge und Aufwendungen aus der Finanzierungstätig‐ keit berücksichtigt. I.d.R. liegen hier bei Business Plänen nur Aufwendungen für Zinszahlungen vor. Anschließend werden die Steueraufwendungen abgezogen und man erhält den Periodengewinn oder -verlust. Im Falle eines Gewinns kann dieser entweder ganz oder teilweise ausgeschüttet werden oder einbehal‐ <?page no="90"?> 90 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ten (thesauriert) werden. Der thesaurierte Gewinn wird dann in der Bilanzgrö‐ ße Rücklagen akkumuliert. Übergang zu Plan-Bilanzen und Plan-GuVs durch Projektion der Geschäftsentwicklung Meistens erfolgt die Projektion zunächst über die Abschätzung möglicher Um‐ sätze. Hier besteht eine enge Verknüpfung mit dem Marketing, das über Markt‐ recherchen entsprechende Zahlen vorgeben sollte (vgl. Kapitel 3.1). Anhand der geschätzten Umsätze lassen sich dann die meisten weiteren Größen der GuV und der Bilanz direkt abschätzen. Zunächst sind für die GuV die operativen Kosten zu ermitteln. Operative Mate‐ rial‐ und Personalkosten ergeben sich direkt aus der Anzahl der verkauften Produkte. Anhand der Größenordnung der Umsätze ergeben sich zudem die notwendigen Investitionen für das Anlagevermögen, die wiederum die Höhe der Abschreibung bestimmen lassen. Für die Bilanz ergibt sich: Werden Maschinen und Fabriken benötigt, so können auch Grundstücke erworben werden. Darüber hinaus ist zu bestimmen, inwie‐ weit für die Produktion Lagerbestände benötigt werden, hier kommen bei‐ spielsweise Kennzahlen wie die Lagerumschlagshäufigkeit oder die Lagerdauer zum Zuge (vgl. Kapitel 4.7 Exkurs). Die nächste wesentliche bilanzielle Größe sind Forderungen. Auch diese lassen sich näherungsweise abschätzen und zwar anhand der durchschnittlichen gewährten Kreditdauer. Die dritte wesentliche Größe sind nun operative Liquiditätsanforderungen, also im Wesentlichen der Kassenbestand. Es gilt zu berücksichtigen, dass liquide Mittel benötigt werden, um beispielsweise Personal, Zinsen, Steuern und ähnliches bedienen zu kön‐ nen. Meist wird hierzu für das erste Jahr der Projektion zusätzlich eine Liquiditätsplanung (vgl. Kapitel 4.5) erstellt. Somit wurden alle wesentlichen Größen der Aktivseite modelliert (Anlagever‐ mögen mit Land, Gebäuden, Maschinen, und Umlaufvermögen mit Vorräten, Forderungen und Kasse), weitere Aktivposten sind natürlich möglich, müssen sich aber auf das operative Geschäft, sprich den konkret modellierten Business Case (Projekt), beziehen. Im Sinne der Bilanzgleichung (Aktiva = Passiva) muss bei der Modellierung nun für die entsprechenden Finanzierungsquellen gesorgt werden. Hier ist auf eine gesunde Mischung aus Eigen‐ und Fremdkapital zu achten. Neben den bereits erwähnten Kriterien (vgl. Kapitel 1.1.2) wird man sich dabei typischerweise an Kennzahlen wie der Eigenkapitalquote, der golde‐ nen Bilanzregel und den Liquiditätsgraden orientieren (vgl. wiederum Kapitel 4.7 Exkurs). Aus den Fremdkapitalien ergeben sich die jährlich zu leistenden Zinszahlungen und eventuelle Rückzahlungsmodalitäten, die wiederum in die GuV bzw. die <?page no="91"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 91  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bilanz eingehen. Anhand der gewünschten Dividendenpolitik sind ferner die Dividendenzahlungen zu modellieren. Die Rechnungslegungsvorschriften bestimmen die Struktur von Plan‐Bilanz und Plan‐GuV und man wird weitestgehend auf diese zurückgreifen, allerdings sind Abweichungen zulässig und manchmal zum besseren Verständnis sinnvoll. So erfolgt die Darstellung der Bilanz meistens in Form von Tabellen, da man mehrere Jahre übersichtlich darstellen möchte, und nicht in Bilanzform. Beim Modellieren ergeben sich je nach Vorgehensweise freie Variablen in der Bilanz. Entweder bestehen Finanzierungsengpässe und es muss weiteres Kapi‐ tal aufgenommen werden oder es ergeben sich Liquiditätsüberhänge, die im Kassenkonto stehen. In diesem Zusammenhang sollten stets mit besonderer Sorgfalt die Größen Liquide Mittel und Eigenkapital betrachtet werden. Beide sollten niemals negativ sein. Folgende grundsätzliche Hinweise möchten wir an dieser Stelle für das Model‐ lieren noch geben: [1] Der heutige Zeitpunkt wird hier als Jahr 01 bezeichnet, andere Bezeich‐ nungen (Angaben) sind selbstverständlich zulässig. Wesentlich ist die klare zeitliche Abgrenzung. Abb.4.3: Zeitablauf und Zuordnung der Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs [2] Die GuV 01 berichtet gemä ß Abb.4.3 somit ü ber die Periode vor der Bilanz 01, also einem Zeitraum vor heute. Wir wä hlen deshalb in der Regel die GuV 01 als nicht relevant und setzen sie gleich 0. [3] Jede Ein‐ und Auszahlung wird im Endeffekt implizit einem der Zeitpunkte auf dieser Zeitachse zugeordnet. [4] Abschreibungen weisen wir in der Regel separat aus (auch bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens), da dies die Modellierung der Cash Flows spä ter erleichtert. [5] Am Ende des Projektionszeitraums ist ein sogenannter Terminal Value zu bestimmen. Unter Terminal Value versteht man den (Rest‐)Wert des Pro‐ jekts oder der Unternehmung zum Ende der Projektion (s. dazu auch Kapi‐ tel 4.7 Exkurs). GuV 02 GuV 01 GuV 03 GuV 04 GuV 05 01.01.01 01.01.02 01.01.03 01.01.04 01.01.05 Bilanz 01 Bilanz 05 Bilanz 04 Bilanz 03 Bilanz 02 <?page no="92"?> 92 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel Für einen Business Case wurden folgende Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs erstellt: Bilanz Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Anlagevermögen Vorräte Forderungen liquide Mittel Summe Umlaufvermögen Summe Aktiva 2.500 200 0 300 500 3.000 2.200 200 0 0 200 2.400 2.000 300 100 100 500 2.500 1.000 200 100 1.400 1.700 2.700 0 0 0 0 0 0 eingezahltes EK Rücklagen lfr. Verbindlichkeiten kfr. Verbindlichkeiten Summe Passiva 1.000 2.000 0 3.000 1.000 ‐ 200 1.000 600 2.400 1.000 ‐ 100 1.000 600 2.500 1.000 100 1.000 600 2.700 0 0 0 0 0 GuV Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umsatz ./ . Kosten ./ . Abschreibung = EBIT ./ . Zinsen = Gewinn vor Steuern ./ . Steuern (50%) 0 0 0 0 0 0 0 1.300 ‐ 800 ‐ 500 0 ‐ 200 - 200 0 1.900 ‐ 1.000 ‐ 500 + 400 ‐ 100 + 300 ‐ 150 2.500 ‐ 1.100 ‐ 500 + 900 ‐ 100 + 800 ‐ 400 3.000 ‐ 1.200 ‐ 500 + 1.300 ‐ 100 + 1.200 ‐ 600 = Gewinn davon einbehalten davon Dividende 0 0 0 - 200 ‐ 200 0 + 150 + 100 + 50 + 400 + 200 + 200 + 600 0 + 600 Folgende Aspekte können wir exemplarisch aus diesen Informationen heraus‐ lesen: [1] Die Veränderung im Anlagevermögen entspricht nicht der ausgewiesenen Abschreibung im jeweiligen Jahr. Damit kam es offensichtlich zu zusätzli‐ chen Käufen oder Verkäufen während der Projektionszeit. <?page no="93"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 93  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt [2] Die Verä nderung der liquiden Mittel entspricht nicht dem Gewinn oder Verlust der jeweiligen Periode. [3] Das Rü cklagen‐Konto akkumuliert die einbehaltenen Gewinne und Verlus‐ te. [4] Zinszahlungen ergeben sich hier offensichtlich aus 10% des langfristigen Fremdkapitals, wobei eine Rü ckzahlung von 1.000 zum Ende des ersten Jahres (Ubergang Jahr 01 auf Jahr 02) erfolgte. [5] Ein Verlustvortrag (hier von Jahr 02 auf Jahr 03) wurde aus Vereinfa‐ chungsgrü nden nicht berü cksichtigt. [6] Gewinne wurden in Jahr 03 teilweise ausgeschü ttet, obwohl noch ein Ver‐ lustvortrag bestand. [7] Die Bilanz im letzten Jahr haben wir auf 0 gesetzt. Dies ist eine sehr ein‐ fache Technik, um den Terminal Value des Vorhabens zu bestimmen. Man kann diesen als Verkaufspreis in Hö he der Buchwerte interpretieren. Merke Plan‐Bilanz und Plan‐GuV basieren auf der Modellierung zukünftiger Ge‐ schäftsentwicklungen. Sie sind miteinander über die Gewinnrücklagen verbunden. Übungsaufgabe 4.1 Gegeben ist folgende Gewinn‐ und Verlustrechnung eines Unternehmens. Modellieren Sie die fehlenden Positionen in der Bilanz. Welche Annahmen haben Sie getroffen? GuV Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umsatz ./ . Kosten ./ . Abschreibung = EBIT ./ . Zinsen = Gewinn vor Steuern ./ . Steuern (50%) 0 0 0 0 0 0 0 14.000 ‐ 9.000 ‐ 4.000 1.000 ‐1.000 0 0 19.000 ‐ 13.000 ‐ 4.000 2.000 ‐ 1.000 1.000 500 22.000 ‐ 15.000 ‐ 4.000 3.000 ‐1.000 2.000 ‐ 1.000 22.000 ‐ 15.000 ‐ 4.000 3.000 ‐1.000 2.000 ‐ 1.000 = Gewinn davon einbehalten davon Dividende 0 0 0 0 0 0 500 500 0 1.000 1.000 0 1.000 500 500 <?page no="94"?> 94 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bilanz Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Anlagevermögen Vorräte Forderungen liquide Mittel Summe Umlaufvermögen Summe Aktiva 20.000 4.000 0 2.000 6.000 26.000 eingezahltes EK Rücklagen lfr. Verbindlichkeiten kfr. Verbindlichkeiten Summe Passiva 10.000 13.000 3.000 26.000 Plan-Kapitalflussrechnung 4.1.2 Die Kapitalflussrechnung (oder Cash Flow Statement) gibt Auskunft über die Ein‐ und Auszahlungen eines Unternehmens während einer Rechnungsle‐ gungsperiode. Damit ergänzt sie die Informationen aus der Gewinn‐ und Ver‐ lustrechnung, die sich auf Erträge und Aufwendungen beziehen und damit nicht notwendigerweise zahlungswirksam sind. Die Kapitalflussrechnung gliedert sich in drei Teile:  der Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit  der Cash Flow aus Investitionstätigkeit  der Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit Die Summe der drei Positionen beschreibt die Gesamtveränderung der liquiden Mittel während der vergangenen Bilanzperiode. Die Kapitalflussrechnung ist somit nichts anderes als eine Kategorisierung aller Ein‐ und Auszahlungen. Der Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit lässt sich folgendermaßen be‐ rechnen: Cash Flow aus lfd. = GuV‐Gewinn Geschäftstätigkeit + Rückstellungen + Abschreibungen ‐ Zunahme Umlaufvermögen ohne Liquide Mittel + Zunahme kurzfristige Verb. aus LuL <?page no="95"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 95  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Der Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit dient der Beurteilung des eigentlichen Kerngeschäfts und drückt vereinfacht aus, ob die damit verbunde‐ nen Einzahlungen die Auszahlungen übersteigen. Sollte dies nicht der Fall sein, der Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit also negativ sein, so müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Situation zu beenden. Solche Maß‐ nahmen könnten sein: Preise erhöhen, Zahlungsziele verkürzen etc. Der Cash Flow aus Investitionstätigkeit ergibt sich aus: Cash Flow aus Investitionstätigkeit = Abgänge Anlagevermögen ‐ Zunahme Anlagevermögen Der Cash Flow aus Investitionstätigkeit gibt an, welche Mittel in das Anlage‐ vermögen des Unternehmens geflossen sind. Die Höhe ist ein Indikator dafür, wie stark Kapital im Unternehmen gebunden ist. Andererseits darf eine gewisse Wertbeständigkeit beim Anlagevermögen unterstellt werden. Schließlich betrachten wir den Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit = Zunahme Eigenkapital ‐ Dividenden + Zunahme langfristiges Fremdkapital + Zunahme kurzfristige Finanzkredite Der Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit gibt an, wie viele liquide Mittel aus der Finanzierung in das Unternehmen geflossen sind und welche Mittel aufge‐ wendet wurden, um Dividendenzahlungen und Rückzahlungen von Eigen‐ und Fremdkapital vorzunehmen. Man beachte an dieser Stelle, dass durch obige Definitionen der Cash Flows Zinszahlungen dem Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit zugeordnet werden und nicht dem Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit. Im Rahmen eines Business Plans ist die explizite Bestimmung bzw. Berechnung der Plan‐Kapitalflussrechnung nicht immer notwendig. Sie kann aber zur Veri‐ fizierung des Modells und der Berechnung der Plan‐Bilanzen und Plan‐GuVs verwendet werden. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es aufgrund unterschiedlicher Rechnungslegungsvorschriften alternative Definiti‐ onen der obigen Positionen gibt. Beispiel Wir verwenden das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 und leiten hieraus die Kapital‐ flussrechnung ab. <?page no="96"?> 96 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Kapitalflussrechnung Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 GuV‐Gewinn + Abschreibungen ./ . Zunahme UV ohne LM + Zunahme kfr. Verb. LuL (1) Cash Flow aus lfd. Geschäftstätigkeit 0 0 ‐ 200 0 - 200 ‐ 200 + 500 0 + 600 + 900 + 150 + 500 ‐ 200 + 0 + 450 + 400 + 500 + 100 + 0 + 1.000 + 600 + 500 + 300 ‐ 600 + 800 (2) Cash Flow aus Investitionstätigkeit - 2.500 - 200 - 300 + 500 + 500 Zunahme EK ‐Dividenden +Zunahme lfr. FK +Zunahme kfr. FK (Bank) (3) Cash Flow aus Finanzierung + 1.000 ‐ 0 + 2.000 + 0 + 3.000 + 0 ‐ 0 ‐ 1.000 + 0 - 1.000 + 0 ‐ 50 + 0 + 0 - 50 + 0 ‐ 200 + 0 + 0 - 200 ‐ 1.100 ‐ 600 ‐ 1.000 + 0 - 2.700 Gesamt Cash Flow Summe (1)+(2)+(3) + 300 - 300 + 100 + 1.300 - 1.400 Der Bestand an liquiden Mitteln in der Bilanz ergibt sich dann folgendermaßen: Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Liquide Mittel Vorjahr + Gesamt Cash Flow aus der Kapitalflussrechnung 0 + 300 + 300 ‐ 300 + 0 + 100 + 100 + 1.300 + 1.400 ‐ 1.400 Liquide Mittel + 300 + 0 + 100 + 1.400 + 0 Merke Das Ergebnis der Kapitalflussrechnung entspricht der Veränderung der liquiden Mittel während der abgelaufenen Rechnungslegungsperiode. <?page no="97"?> 4.1 Projektion der Rechnungslegung 97  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 4.2 Gegeben seien folgende Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Ver‐ lustrechnung eines Unternehmens. Bestimmen Sie hieraus die Kapital‐ flussrechnung. GuV Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umsatz ./ . Kosten ./ . Abschreibung = EBIT ./ . Zinsen = Gewinn vor Steuern ./ . Steuern (50%) 0 0 0 0 0 0 0 14.000 ‐ 9.000 ‐ 4.000 1.000 ‐1.000 0 0 19.000 ‐ 13.000 ‐ 4.000 2.000 ‐ 1.000 1.000 500 22.000 ‐ 15.000 ‐ 4.000 3.000 ‐1.000 2.000 ‐ 1.000 22.000 ‐ 15.000 ‐ 4.000 3.000 ‐1.000 2.000 ‐ 1.000 = Gewinn davon einbehalten davon Dividende 0 0 0 0 0 0 500 500 0 1.000 1.000 0 1.000 500 500 Bilanz Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Anlagevermögen Vorräte Forderungen Liquide Mittel operativ Liquide Mittel Summe Umlaufvermögen Summe Aktiva 20.000 4.000 0 2.000 0 6.000 26.000 16.000 5.000 1.000 2.000 2.000 10.000 26.000 12.000 6.000 1.500 2.000 5.000 14.500 26.500 8.000 7.000 2.000 2.000 8.500 19.500 27.500 4.000 7.000 2.000 2.000 13.000 24.000 28.000 Eingezahltes EK Rücklagen lfr. Verbindlichkeiten kfr. Verb. LuL kfr. Finanzkredit Summe Passiva 10.000 13.000 1.000 2.000 26.000 10.000 0 13.000 1.500 1.500 26.000 10.000 500 13.000 2.000 1.000 26.500 10.000 1.500 13.000 2.000 1.000 27.500 10.000 2.000 13.000 2.000 1.000 28.000 <?page no="98"?> 98 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Kapitalflussrechnung Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 GuV‐Gewinn + Abschreibungen ./ . Zunahme UV ohne LM + Zunahme kfr. Verb. LuL (1) Cash Flow aus lfd. Geschäftstätigkeit (2) Cash Flow aus Investitionstätigkeit Zunahme EK ‐ Dividenden + Zunahme lfr. FK + Zunahme kfr. FK (Bank) (3) Cash Flow aus Finanzierung Gesamt Cash Flow Summe (1) + (2) + (3) 4.2 Cash Flow Ermittlung Nun sollen aus den gegebenen Planrechnungen projektrelevante Cash Flows bestimmt werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine Kapitalflussrechnung, vielmehr soll ermittelt werden, wie viel in ein Projekt eingezahlt und wie viel in den Folgejahren zurückgezahlt wird, falls sich das Unternehmen und damit auch das Projekt so entwickeln, wie es in den Planrechnungen modelliert wur‐ de. Merke Es existieren sehr viele Cash Flow Definitionen, sodass stets auf die ge‐ naue Definition zu achten ist. Insbesondere sind die Cash Flows der Kapi‐ talflussrechnung, die Bestandteil der Rechnungslegung ist, von den folgen‐ den Definitionen genau zu unterscheiden. Es ist von Bedeutung, dass grundsätzlich verschiedene Perspektiven relevant sind, deren Cash Flows nicht notwendigerweise gleich sein müssen:  Die Sicht des Unternehmens (des Projekts) und <?page no="99"?> 4.2 Cash Flow Ermittlung 99  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  die Sicht der Kapitalgeber (Eigen‐ und Fremdkapital). Wir orientieren uns dabei an zwei Ansätzen:  Der Cash Flow Identität und  den sogenannten Free Cash Flows. Der Ansatz der Cash Flow Identität führt in bestimmten Fällen zu Effekten, die die Interpretation erschweren. Aus diesem Grund hat sich in der Praxis der Ansatz der Free Cash Flows durchgesetzt (vgl. hierzu insbesondere Kapitel 4.7 Exkurs). Merke Die Ableitung von Cash Flows aus gegebenen Plan‐Bilanzen und Plan‐ GuVs kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Bei der daran anschließenden Bewertung ist auf eine adäquate Interpretation zu achten. Cash Flow Identity 4.2.1 Wir wählen zunächst den Ansatz über die Cash Flow Identität. Die Cash Flow Identität ergibt sich aus der Bilanzgleichung, die besagt, dass der Wert der Ak‐ tiva immer dem Wert der Passiva entspricht. Daraus ergibt sich, dass jede In‐ vestition in Aktiva durch einen entsprechenden Kapitalfluss auf der Passivseite gedeckt sein muss. Es gilt also: Cash Flow nach Aktiva = Cash Flow von Fremdkapital + Cash Flow von Eigenkapital und entsprechend Cash Flow von Aktiva = Cash Flow nach Fremdkapital + Cash Flow nach Eigenkapital wobei sich die einzelnen Cash Flows folgendermaßen bestimmen lassen: 1. Cash Flow von Aktiva = Operativer Cash Flow ‐ Investitionen in Anlagevermögen ‐ Zunahme Working Capital mit: Operativer Cash Flow = EBIT + Rückstellungen + Abschreibung - Steuern = Gewinn + Rückstellungen + Abschreibung + Zinsen Investition in Anlagevermögen = Endbestand AV ‐ Anfangsbestand AV + Ab‐ schreibung <?page no="100"?> 100 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zunahme Working Capital = Endbestand Working Capital (Umlaufvermögen ‐ kurzfristige Verbindlichkeiten) ‐ Anfangsbestand Working Capital 2. Cash Flow nach Fremdkapital = Zinszahlung ‐ Neuverschuldung 3. Cash Flow nach Eigenkapital = Ausschüttung (Dividenden) ‐ Kapitalerhö‐ hung Folgende Überlegung mag die Definitionen erläutern. Ein erzielter positiver operativer Cash Flow (Zahlungsüberschuss) kann entweder reinvestiert wer‐ den (zum Kauf von Anlage‐ oder Umlaufvermögen) oder an die Fremd‐ oder Eigenkapitalgeber zurückfließen. Für das Umlaufvermögen wird hier das soge‐ nannte Working Capital verwendet. Beim Working Capital berücksichtigt man, dass der eigentliche Kapitalbedarf (für das Umlaufvermögen) durch kurzfristi‐ ge Finanzierungen reduziert wird. Da die liquiden Mittel hier Teil des Umlauf‐ vermögens sind, stellen liquide Mittel bei dieser Betrachtung eine Form von Investition dar. Beispiel Wir greifen wieder das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 auf. Es ergibt sich folgende Cash Flow Identität: Cash Flow von Aktiva Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital 0 0 0 + 0 ‐ 2.500 ‐ 500 0 + 500 0 + 500 ‐ 200 + 900 + 400 + 500 - 150 + 750 ‐ 300 ‐ 300 + 900 + 500 - 400 + 1.000 + 500 ‐ 1.200 + 1.300 + 500 - 600 + 1.200 + 500 + 1.100 Cash Flow - 3.000 + 1.200 + 150 + 300 + 2.800 Cash Flow nach FK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme lfr. FK + Zinszahlungen ‐ 2.000 + 0 + 1.000 + 200 + 0 + 100 + 0 + 100 + 1.000 + 100 Cash Flow - 2.000 + 1.200 + 100 + 100 + 1.100 <?page no="101"?> 4.2 Cash Flow Ermittlung 101  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cash Flow nach EK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme EK + Dividenden ‐ 1.000 + 0 + 0 + 0 + 50 + 0 + 200 + 1.100 + 600 Cash Flow - 1.000 + 0 + 50 + 200 + 1.700 Die Cash Flow Identität ist demnach in jedem Jahr gegeben. Merke Die Gleichung der Cash Flow Identität muss für jedes Jahr aufgehen. Da‐ mit stellt die Cash Flow Identität ein hervorragendes Werkzeug dar, um das eigene Modell zu überprüfen und gegebenenfalls Fehler bei den Be‐ rechnungen aufzudecken. Übungsaufgabe 4.3 Verwenden Sie die Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlust‐ rechnung aus der Übungsaufgabe 4.2. Bestimmen Sie hieraus die Cash Flow Identität. Cash Flow von Aktiva Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern _____________________________ = Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working C. Cash Flow Cash Flow nach FK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme lfr. FK + Zinszahlungen Cash Flow <?page no="102"?> 102 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cash Flow nach EK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme EK + Dividenden Cash Flow Free Cash Flow 4.2.2 Der freie Cash Flow (oder Free Cash Flow) ermittelt den durch das Projekt ge‐ nerierten Zahlungsstrom, der entweder für weitere Investitionen oder für Rückzahlungen an die Eigen‐ und Fremdkapitalgeber zur Verfügung steht. Dies stellt den eigentlichen Unterschied zum Konzept der Cash Flow Identität dar. Die Cash Flow Identität berücksichtigt nur tatsächliche Rückflüsse an die Kapi‐ talgeber als relevant für die Cash Flows. Der Ansatz der Free Cash Flows ergibt sich, indem man eine alternative Defini‐ tion des Working Capitals verwendet: Aus Working Capital (Definition 1) = Umlaufvermögen ‐ kurzfristiges Fremdkapital wird dann: Working Capital (Definition 2) = Umlaufvermögen ohne nicht‐operative liquide Mittel ‐ kurzfristiges Fremdkapital ohne kurzfristige Bankdarlehen = Vorräte + Forderungen + operative liquide Mittel ‐ Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten Damit ergibt sich folgende Berechnung des projektbezogenen Cash Flows, dem sogenannten Operating Free Cash Flow (to Firm). Er entspricht dem Cash Flow von Aktiva. Free Cash Flow to Firm = Operativer Cash Flow ‐ Investition Anlagevermögen ‐ Zunahme Working Capital wobei: Operativer Cash Flow = EBIT + Rückstellungen + Abschreibungen ‐ Steuern <?page no="103"?> 4.2 Cash Flow Ermittlung 103  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Investition in Anlagevermögen = Endbestand AV ‐ Anfangsbestand AV + Ab‐ schreibung Zunahme Working Capital = Endbestand Working Capital ‐ Anfangsbestand Working Capital (mit Working Capital gemäß Definition 2) Alternativ lässt sich dieser Free Cash Flow auch aus der Kapitalflussrechnung bestimmen: Free Cash Flow to Firm = Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit ‐ Investition Anlagevermögen + Zinsen wobei: Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit (aus der Kapitalflussrechnung) = Gewinn + Rückstellungen + Abschreibungen ‐ Zunahme Umlaufvermögen (ohne liquide Mittel) + Zunahme kurzfristige Verbindlichkeiten aus LuL Der Cash Flow nach Eigenkapital (aus der Cash Flow Identität) wird dann zum Free Cash Flow to Equity: Free Cash Flow to Equity = EBIT + Abschreibungen + Rückstellungen + Zunahme lfr. FK ‐ Zinszahlungen ‐ Steuern ‐ Investition in Anlagevermögen ‐ Zunahme Working Capital = Free Cash Flow to Firm + Zunahme lfr. FK ‐ Zinszahlungen wobei: Investition in Anlagevermögen = Endbestand AV ‐ Anfangsbestand AV + Ab‐ schreibung Zunahme Working Capital = Endbestand Working Capital ‐ Anfangsbestand Working Capital (mit Working Capital gemäß Definition 2) Beispiel Wir greifen auch hier das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 auf und berechnen die Free Cash Flows unter Berücksichtigung der veränderten Working Capital Definiti‐ on. Hierzu unterstellen wir aus Vereinfachungsgründen, dass die liquiden Mit‐ <?page no="104"?> 104 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt tel komplett nicht‐operativer Natur sind und die kurzfristigen Verbindlichkei‐ ten nur aus Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten bestehen: Wir bestimmen zunächst das Working Capital für jedes Jahr und ermitteln so dessen jährliche Veränderung: Working Capital Def.2 Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umlaufvermögen ohne LM ‐ kfr. Verbindlichkeiten = Working Capital 200 ‐ 0 + 200 200 ‐ 600 - 400 400 ‐ 600 - 200 300 ‐ 600 - 300 0 ‐ 0 + 0 Differenz zum Vorjahr + 200 ‐ 600 + 200 ‐ 100 + 300 Damit ergeben sich folgende Free Cash Flows: Free Cash Flow To Firm Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working C. 0 0 0 + 0 ‐ 2.500 ‐ 200 0 + 500 0 + 500 ‐ 200 + 600 + 400 + 500 - 150 + 750 ‐ 300 ‐ 200 + 900 + 500 - 400 + 1.000 + 500 + 100 + 1.300 + 500 - 600 + 1.200 + 500 ‐ 300 Free Cash Flow - 2.700 + 900 + 250 + 1.600 + 1.400 Free Cash Flow To Equity Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibungen + Rückstellungen + FK‐Zunahme - Zinszahlungen - Steuern - Investition in AV - Zunahme Working C. 0 + 0 + 0 + 2.000 + 0 ‐ 2.500 ‐ 200 0 + 500 + 0 ‐ 1.000 ‐ 200 + 0 ‐ 200 + 600 400 + 500 + 0 + 0 ‐ 100 ‐ 150 ‐ 300 ‐ 200 900 + 500 + 0 + 0 ‐ 100 ‐ 400 + 500 + 100 1.300 + 500 + 0 ‐ 1.000 ‐ 100 ‐ 600 + 500 ‐ 300 Free Cash Flow - 700 - 300 + 150 + 1.500 + 300 <?page no="105"?> 4.2 Cash Flow Ermittlung 105  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Merke Die Free Cash Flows unterscheiden sich von der Cash Flow Identität durch eine andere Definition des Working Capitals. Im Wesentlichen bedeutet dies, dass man bei der Bewertung einer Investition nur projekt‐ bezogene Investitionen berücksichtigt und freie Liquidität als positiven Cash Flow berücksichtigt, unabhängig davon, ob diese Mittel tatsächlich den Kapitalgebern zufließen oder aber im Unternehmen verbleiben. Auch an dieser Stelle muss die Anmerkung erfolgen, dass andere Definitionen des Free Cash Flows existieren. Der an dieser Stelle vorgestellte Ansatz wurde gewählt, weil er sich direkt aus der Cash Flow Identität ableiten lässt und auch in der Umsetzung im Rahmen eines Excel‐Sheets leicht nachvollziehbar ist. Bei Alternativdefinitionen wird zumeist der Steuervorteil durch die Fremdfinanzie‐ rung herausgerechnet. Dies führt dann zu kleineren Cash Flows (vgl. Kapitel 4.7 Exkurs). Übungsaufgabe 4.4 Verwenden Sie wieder die Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlustrechnung aus der Übungsaufgabe 4.2. Bestimmen Sie hieraus nun die Free Cash Flows. Free Cash Flow To Firm Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern __________________________ + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital Free Cash Flow <?page no="106"?> 106 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Free Cash Flow To Equity Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibungen + Rückstellungen + FK‐Zunahme - Zinszahlungen - Steuern - Investition in AV - Zunahme Working Capital Free Cash Flow Übungsaufgabe 4.5 Unternehmen wie Apple Inc. und Google Inc. verfügen über hohe Barreser‐ ven. Bewerten Sie diese unter Berücksichtigung der beiden Konzepte Cash Flow Identität und Free Cash Flows. ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="107"?> 4.3 Cash Flow Bewertung 107  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 4.3 Cash Flow Bewertung Wir kommen damit zur abschließenden Frage, ob die in Kapitel 4.2 ermittelten Cash Flows eine profitable Investition darstellen. Hierzu möchten wir aus der Vielfalt der Methoden aus der Investitionsrechnung drei sogenannte dynami‐ sche Methoden herausgreifen. Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung berücksichtigen den Zeitwert des Geldes, d.h. sie beziehen Ein‐ und Auszahlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, auf einen gemeinsamen Zeitpunkt. Wir betrachten an dieser Stelle  die Kapitalwertmethode,  die Methode des internen Zinses und  die dynamische Amortisationsdauer. Methoden der Investitionsrechnung dienen als Entscheidungsgrundlage und bewerten, ob Investitionen profitabel oder nicht profitabel sind. Profitabilität wird dabei als das Erreichen einer Benchmark‐Rendite interpretiert. Insbeson‐ dere die Kapitalwertmethode und die Methode des internen Zinses lassen sich somit als Werkzeuge verstehen, die überprüfen, ob die Investitionen die gesetz‐ te Benchmark‐Rendite erreichen oder nicht. Eine Veränderung der gesetzten Benchmark verändert die Investition selbst nicht, sondern führt lediglich zu einer angepassten Bewertung. Merke Methoden der Investitionsrechnung dienen der Interpretation und Bewertung von Cash Flows. Sie verändern nicht die eigentliche Wirtschaft‐ lichkeit bzw. Profitabilität eines Business Cases. Bei der Bewertung von Business Cases kommen die hier vorgestellten Metho‐ den der Investitionsrechnung meist gemeinsam zur Anwendung und bilden nur einen Teil der Gesamtanalyse. Es sollte auch angemerkt werden, dass es Vorha‐ ben gibt, bei denen die Bewertung durch die hier vorgestellten Methoden der Investitionsrechnung nur eingeschränkt sinnvoll ist. Dies gilt vor allem für Vor‐ haben, die nur geringe Investitionen vorsehen oder bei denen nur dann Kosten entstehen, wenn Umsätze vorhanden sind. Dies ist beispielsweise bei Personal‐ vermittlungstätigkeiten der Fall. <?page no="108"?> 108 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Berechnung und Interpretation des Kapitalwerts 4.3.1 Bei der Kapitalwertmethode werden alle zukünftigen Zahlungen auf den heuti‐ gen Zeitpunkt diskontiert, um die Projekte miteinander zu vergleichen. Dabei ergibt sich der Kapitalwert (oder Barwert, englisch Net Present Value: NPV) einer Investition oder eines Investitionsprojekts durch Diskontierung und an‐ schließender Addition der zukünftigen Zahlungsströme. Ein positiver Kapitalwert kann als Mehrwert, der durch die Investition gene‐ riert wird, interpretiert werden. Da jeder Unternehmer bestrebt ist, den Wert des Unternehmens zu erhöhen, wird also diejenige Investition gewählt, die den höchsten positiven Kapitalwert besitzt. Mathematisch erfolgt diese Diskontierung von Zahlungsströmen folgenderma‐ ßen:                T t t t T T i z z i z i z i z z i NPV 1 0 2 2 1 1 0 ) 1 ( ) 1 ( ) 1 ( ) 1 ( ) ( , wobei i den Abzinsungsfaktor und z t die jeweiligen (jährlichen) Zahlungsströ‐ me, also Ein‐ und Auszahlungen, beschreiben. Verwendet man als Abzinsungsfaktor die eingangs beschriebene Benchmark‐ Rendite, so gibt ein positiver Kapitalwert an, dass zum einen die Rendite der Investition über der Benchmark liegt und zum anderen darüber hinaus noch ein Mehrwert (entspricht dem Kapitalwert) generiert wird. Beispiel Wir greifen wieder das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 auf und betrachten die beiden Cash Flows: ‐ Cash Flow von Aktiva (‐ 3.000; + 1.200; + 150; + 300; +2.800) und ‐ Free Cash Flow to Firm (‐ 2.700; + 900; + 250; + 1.600; +1.400). Beide Cash Flows beschreiben die Profitabilität aus Sicht des Unternehmens. Es ergeben sich folgende Kapitalwerte, wobei wir hier unterschiedliche Diskontie‐ rungsfaktoren verwenden: Diskontierungsfaktor- 6%- 9%- 12%- 15%- 18%- Cash-Flow-von-Aktiva- 735,32 442,42- 183,99 ‐44,94- ‐248,53 Free-Cash-Flow-to-the- Firm- 823,88 563,40- 331,44 124,13- ‐61,83 <?page no="109"?> 4.3 Cash Flow Bewertung 109  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Selbstverständlich ergibt der Free Cash Flow immer einen höheren Kapitalwert, weil die Rückflüsse früher generiert werden. Addiert man beide Cash Flows (entspricht einem Diskontierungsfaktor von 0%), erkennt man, dass beide Va‐ rianten denselben Wert ergeben. Merke Ein positiver Kapitalwert bedeutet, dass zukünftige Rückflüsse, die auf den heutigen Tag diskontiert werden, die Investitionen übersteigen. Die eigentliche Schwierigkeit liegt in der „richtigen“ heutigen Bewertung einer zukünftigen Zahlung, also der Wahl des Abzinsungsfaktors. Übungsaufgabe 4.6 Ein Unternehmen bewertet zwei Projekte und berechnet den Kapitalwert der projizierten Cash Flows mit einem einheitlichen Abzinsungsfaktor von 15%.  Projekt 1: Gründung eines Tochterunternehmens in der Schweiz. Wirt‐ schaftliche Risiken werden als gering eingeschätzt.  Projekt 2: Gründung eines Tochterunternehmens in Togo. Wirtschaftli‐ che Risiken werden als hoch eingeschätzt. Das Projekt 2 erreicht einen deutlich höheren Kapitalwert. Erörtern Sie, warum es trotzdem falsch sein könnte, sich für Projekt 2 zu entscheiden. ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="110"?> 110 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Berechnung und Interpretation des Internen Zinses 4.3.2 Bei der Methode des internen Zinssatzes wird derjenige Kalkulationszinssatz i* bestimmt, für den gilt: NPV = 0. Dieser interne Zinssatz wird häufig auch als Rendite (englisch: Internal Rate of Return: IRR) einer Investition bezeichnet. Eine Investition ist dann vorteilhaft, falls die interne Rendite größer als eine vorgegebene Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals ist. Bei mehreren Investitionsalternativen wird die Alternative mit der höchsten (nicht‐ negativen) internen Rendite gewählt. Auf mathematische Besonderheiten bei der Berechnung des Internen Zinssatzes wollen wir hier nicht eingehen und verweisen auf die entsprechende Fachliteratur. Verwendet man als vorgegebene Mindestverzinsung die eingangs beschriebene Benchmark‐Rendite, so gibt ein interner Zins, der über der Benchmark liegt, an, dass zum einen die Rendite der Investition über der Benchmark liegt und zum anderen um wie viel (entspricht der Differenz der beiden Zinssätze). Beispiel Für die beiden Cash Flows aus dem vorherigen Beispiel ergeben sich folgende interne Zinssätze (mit Excel bestimmt): ‐ Cash Flow von Aktiva: 14,38% ‐ Free Cash Flow to Firm: 16,97% Der interne Zins für den Free Cash Flow to Firm ist erwartungsgemäß höher. Merke Ein interner Zins kann als durchschnittliche Verzinsung einer Investition interpretiert werden. Er sollte höher als die gesetzte Benchmark sein. Übungsaufgabe 4.7 Wenn Sie eine Anleihe von Griechenland erwerben, ist damit finanz‐ mathematisch ein höherer interner Zins verbunden als beim Erwerb einer Bundesanleihe Deutschlands. Warum ist das so? Und macht es dann über‐ haupt Sinn, eine deutsche Bundesanleihe zu erwerben? ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="111"?> 4.3 Cash Flow Bewertung 111  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ Berechnung und Interpretation der Amortisationsdauer 4.3.3 Die Methode der dynamischen Amortisationsrechnung schließlich ermittelt den Zeitraum, der benötigt wird, um investiertes Kapital über die Rückflüsse „zu‐ rückzugewinnen“. Hierzu werden die Kapitalwerte für verkürzte Zahlungs‐ ströme bestimmt und solange um jeweils eine Periode verlängert bis man einen positiven Kapitalwert erhält. Die Anzahl der Perioden entspricht der Amortisa‐ tionsdauer. Es wird diejenige Investitionsalternative ausgewählt, die die kür‐ zeste Amortisationsdauer (Kapitalwiedergewinnzeit oder englisch: Pack‐Back‐ Period) aufweist. Ziel ist wiederum, die mit der Investition verbundene zeitli‐ che Unsicherheit zu minimieren, indem auf einen frühzeitigen Kapitalrückfluss Wert gelegt wird. Ein allgemeines Kriterium für die Vorteilhaftigkeit bei nur einer Investitionsalternative lässt sich hier nicht formulieren. Die dynamische Amortisationsrechnung akkumuliert die Rückflüsse einer Investition, wobei die Zeitwerte der Rückflüsse explizit berücksichtigt werden. Eine unterjährige Amortisationsdauer lässt sich berechnen, falls man im Modell bestimmte An‐ nahmen trifft. Beispiel Für die beiden Cash Flows aus dem vorherigen Beispiel ergeben sich folgende dynamische Amortisationsdauern, wobei wir zunächst die Kapitalwerte für die verkürzten Zahlungsströme bestimmen. Wir unterstellen einen Diskontierungs‐ faktor von 15%: Cash Flow von Aktiva Free Cash Flow to Firm bis… Cash Flow Kapital‐ wert Cash Flow Kapital ‐wert Jahr 01 (‐3.000) - 3.000 (‐2.700) - 2.700 Jahr 02 (‐3.000; +1.200) - 1.957 (‐2.700; +900) - 1.917 <?page no="112"?> 112 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Jahr 03 (‐3.000; +1.200; +150) - 1.843 (‐2.700; +900; +250) - 1.728 Jahr 04 (‐3.000; +1.200; +150; +300) - 1.646 (‐2.700; +900; +250; +1.600) - 676 Jahr 05 (‐3.000; … ; 2.800) - 45 (‐2.700; … ; 1.400) 124,13 Damit ergibt sich folgende Situation: ‐ Cash Flow von Aktiva: die Investition wird nicht amortisiert ‐ Free Cash Flow to Firm: Amortisationsdauer 5 Jahre Die Amortisationsdauer für den Free Cash Flow to Firm ist auch hier erwar‐ tungsgemäß kürzer. Me r ke Die dynamische Amortisationsdauer gibt an, in welchem Zeitraum die ursprüngliche Investition zurückgezahlt ist. Je kürzer dieser Zeitraum des‐ to besser. Übungsaufgabe 4.8 Wenn Sie zwei oder mehr Investitionsalternativen vergleichen, kann es sein, dass die hier vorgestellten Methoden (Kapitalwert, interner Zins und Amortisationsdauer) unterschiedliche Priorisierungen ergeben. Wie kann so etwas sein? Denken Sie daran, was Sie mit den Methoden eigentlich ma‐ chen! ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________ <?page no="113"?> 4.3 Cash Flow Bewertung 113  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Bestimmung einer Benchmark-Rendite 4.3.4 Für die Wahl einer sinnvollen Benchmark bei der Anwendung der Methoden der Investitionsrechnung wollen wir uns zunächst folgenden Sachverhalt ver‐ gegenwärtigen: Zweck eines Unternehmens ist im Endeffekt die Verwaltung von Investitionen durch Eigen‐ und Fremdkapitalgeber. Für das Bereitstellen der finanziellen Mittel erwarten sie in Abhängigkeit der eingegangenen Risiken eine Kompensa‐ tion in Form von Dividenden und Wertsteigerungen oder Zinszahlungen. Profi‐ tabel ist eine durch das Unternehmen getätigte Investition somit dann, wenn die Erwartungen von Eigen‐ und Fremdkapitalgebern hinsichtlich dieser Kom‐ pensation erfüllt werden. Abb.4.4: Zahlungsströme im Unternehmen Die „Erwartungen“ werden in praxi als Eigen‐ bzw. Fremdkapitalkosten be‐ zeichnet. Für ein Projekt, das sowohl durch Eigen‐ als auch Fremdkapital finan‐ ziert ist, gilt somit ein gewichteter Kapitalkostensatz, auch als WACC (Weighted Average Cost of Capital) bezeichnet. Wir übertragen diese Überlegung nun auf die Cash Flows und die damit ver‐ bundenen unterschiedlichen Perspektiven, also Projekt‐Sicht, Eigenkapital‐ geber‐Sicht und Fremdkapitalgeber‐Sicht. Somit sind als Benchmark für den Cash Flow von Aktiva und den Free Cash Flow to Firm der gewichtete Kapi‐ talkostensatz und für den Cash Flow nach Eigenkapital und den Free Cash Flow to Equity der Eigenkapitalkostensatz als Benchmark zu verwenden. Für den Cash Flow nach Fremdkapital macht nur der Fremdkapitalkostensatz als Benchmark Sinn. Wie man leicht erkennen kann, ist eine Untersuchung in die‐ sem Fall aber nicht sehr spannend, weil man die Cash Flows nach Fremdkapital genau mit diesem Zinssatz modelliert hat und der Kapitalwert damit immer gleich 0 ist. <?page no="114"?> 114 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel Unterstellen wir in unserem bisherigen Beispiel folgende Kapitalkosten:  Eigenkapitalkosten: 25%  Fremdkapitalkosten: 10% ergibt sich ein WACC von: 25% 10% 15% Für die Cash Flows aus unserem bisherigen Beispiel ergeben sich dann folgende Kapitalwerte:  NPV(Cash Flow nach Eigenkapital) = ‐ 169,28 (Benchmark 15%)  NPV(Cash Flow nach Fremdkapital) = 0 (Benchmark 10%)  NPV(Cash Flow von Aktiva) = ‐ 44,94 (Benchmark 25%) Der Kapitalwert für den Fremdkapitalgeber ist 0, da er genau die 10% erhält, die modelliert wurden. Es ist an dieser Stelle sicherlich auch interessant zu se‐ hen, dass die Summe der beiden Kapitalwerte der Cash Flows nach EK und FK nicht dem Kapitalwert von Aktiva entspricht. Dies liegt daran, dass die Rück‐ flüsse nicht gleichmäßig verteilt sind und sich die EK/ FK‐Quote verändert. Im Grunde müsste man aber davon ausgehen, dass sowohl aus Projektsicht als auch aus Eigenkapitalgebersicht der gleiche Mehrwert durch das Projekt ge‐ schaffen wird, da ja der Kapitalwert für den Fremdkapitalgeber 0 ist. Merke Die Wahl einer sinnvollen Benchmark-Rendite ist fundamental für die Bewertung der Cash Flows. Je nach Perspektive sind andere Benchmarks zu verwenden. Für eine theoretische Bestimmung der Kapitalkostensätze verweisen wir auf die weiterführende Literatur. 4.4 Business Cases Wir betrachten im Folgenden zwei Fälle. Im ersten Fall beruht die Untersu‐ chung auf der Neugründung eines Unternehmens und die gesamte Entwicklung sowohl in Bezug auf die Verwendung der eingebrachten Mittel (Aktiva einer Bilanz) als auch deren Herkunft werden modelliert. Im zweiten Fall hingegen modellieren wir ein Projekt innerhalb eines Unternehmens ohne explizit auf die Mittelherkunft einzugehen. Während die erste Betrachtungsweise eher der ei‐ nes Entrepreneurs entspricht, ist die zweite Sichtweise typisch für die Auf‐ gabenstellung eines Projekt‐ oder Produktmanagers. <?page no="115"?> 4.4 Business Cases 115  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Der bisherige Ansatz ist für Projektmanager häufig nicht umsetzbar, da die Mo‐ dellierung der Finanzierungsformen außerhalb des Kompetenzbereichs liegt. Insbesondere die Zinszahlungen und die Gewinnausschüttungspolitik sind hier nicht darstellbar. Ist dies der Fall bietet sich eine Modellierung an, bei der nur operativ notwendiges Umlaufvermögen berücksichtigt wird und somit implizit die zweite Definition des Working Capitals vorliegt, was selbstverständlich auch eine Liquiditätsreserve beinhalten sollte. Vergleicht man dann die beiden nachfolgenden Business Cases, erkennt man, dass im ersten Fall unter den ge‐ gebenen Rahmenbedingungen sehr viel Liquidität angehäuft wird, die vermut‐ lich nicht benötigt wird. Eine profitablere Verwendung sollte in diesem Fall angestrebt werden. Merke Die Modellierung von Plan-Bilanzen und Plan-GuVs kann in manchen Fällen nicht vollständig durchgeführt werden. In solchen Fällen muss die Vorgehensweise angepasst werden. Beispiel: JV GmbH 4.4.1 Im Zuge der Entwicklung zur E‐Mobilität haben sich die Unternehmen CAR AG, ein internationaler Automobilkonzern und Batterie GmbH zu einer Kooperation entschlossen, um stark verbesserte Batterien herzustellen. Ziel ist es, gemeinsam auf dem Gebiet der E‐Mobilität führend im internationalen Vergleich zu werden. CAR AG plant hierzu innerhalb der nächsten 5 Jahre 50% der produzierten Autos mit diesen neuartigen, leistungsstarken Batterien auszustatten. Dazu haben sich beide Unternehmen zu einem Joint Venture entschlossen. Die gemeinsame Firma JV GmbH soll innerhalb der nächsten 5 Jahre auf einen Umsatz von knapp 810 Millionen Euro kommen, wobei von einem Absatzvolumen von ungefähr 810.000 Stück ausgegangen wird, der Preis pro Batterie wird mit 1.000€ angesetzt. Nach Gründung des Joint Ventures, an dem beide Unternehmen zu jeweils 50% beteiligt sind, sollen bereits im ersten Jahr Batterien hergestellt und an die CAR AG vertrieben werden. Allerdings wird nur von einem Absatz von 160.000 Stück ausgegangen. Beide Unternehmen gehen demnach davon aus, dass die JV GmbH jedes Jahr eine Umsatzsteigerung von 50% erzielen kann. Das Management beider Firmen möchte sicherstellen, dass sowohl das Joint Venture als auch die Investition der beiden Partner profitabel ist. Für die Profitabilitätsberechnung, d.h. bei der Berechnung des Kapitalwertes, ge‐ ben beide Partner einen Abzinsungsfaktor von 30% für das eingesetzte Eigen‐ kapital vor. Fremdkapital kann zu einem Zinssatz von 10% aufgenommen werden. <?page no="116"?> 116 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die weitere Analyse ergibt schließlich folgendes Bild: Es sind Investitionen in das Anlagevermögen von 150.000 Tausend Euro (T€) notwendig, wobei diese linear über 5 Jahre abgeschrieben werden können. Für das Umlaufvermögen machen die beiden Partner folgende Schätzungen: - Forderungen belaufen sich auf durchschnittlich 10% des Umsatzes, wobei diese erst ab dem ersten Jahr modelliert werden. - Vorrä te werden mit 25% der Produktionskosten fü r Material und Arbeit angenommen, da mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 3 Mona‐ ten gerechnet wird, weil die CAR AG jederzeit ü ber ausreichende Mengen verfü gen mö chte. Die beiden Partner rechnen damit, dass die Zulieferer der JV GmbH im Schnitt ein Zahlungsziel von 36 Tagen gewähren, so dass die Verbindlichkeiten gegen‐ über Lieferanten mit 10% der Materialkosten modelliert werden. Die Produktionskosten belaufen sich auf 40% des Umsatzes, wobei davon je‐ weils 50% auf Material‐ und Personalkosten entfallen. Da ein Schwerpunk auf der Weiterentwicklung der Batterietechnik liegt, muss hier stark investiert werden. Die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie Verwaltungskosten ergeben sich unter dieser Annahme zu 100.000 T€ und bleiben über die nächs‐ ten 5 Jahre konstant. Marketingkosten unterliegen einem jährlichen Wachstum von 10% p.a. und starten mit einem Budget von 20.000 T€ im ersten Jahr. Die Finanzierung des Unternehmens erfolgt zu jeweils 50% aus Fremd‐ und Eigenkapital. Der erwirtschaftete Gewinn soll nicht ausgeschüttet werden. Zusammengefasst ergibt sich nun folgendes Bild für die zukünftigen Bilanzen und Gewinn‐ und Verlustrechnungen: Plan‐Bilanz- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3- Jahr-4- Jahr-5 Aktiva- Umlaufvermögen- Liquide-Mittel- 77.200 18.800 11.200 64.600- 180.585- 0 davon-operative-Liquide-Mittel- 10.000 10.000 10.000 10.000- 10.000- 0 Forderungen- 16.000 24.000 36.000- 54.000- 0 Vorräte- 16.000 24.000 36.000 54.000- 81.000- 0 Summe- 93.200 58.800 71.200 154.600- 315.585- 0 Anlagevermögen- Gebäude-und-Maschinen- 150.000 120.000 90.000 60.000- 30.000- 0 Summe- 150.000 120.000 90.000 60.000- 30.000- 0 Summe-Aktiva- 243.200 178.800 161.200 214.600- 345.585- 0 <?page no="117"?> 4.4 Business Cases 117  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Passiva- Kurzfristiges-Fremdkapital- Verbindlichkeiten-gegenüber-Lieferanten- 3.200 4.800 7.200 10.800 16.200- 0- Kurzfristige-Bankdarlehen- 0 0 0 0 0- 0- Summe- 3.200 4.800 7.200 10.800 16.200- 0- Langfristiges-Fremdkapital- Langfristiges-Fremdkapital- 120.000 120.000 120.000 120.000 120.000- 0- Summe- 120.000 120.000 120.000 120.000 120.000- 0- Eigenkapital- Grundkapital- 120.000 120.000 120.000 120.000 120.000- 0- Gewinnrücklagen- ‐66.000 ‐86.000 ‐36.200 89.385- 0- Summe- 120.000 54.000 34.000 83.800 209.385- 0- Summe-Passiva- 243.200 178.800 161.200 214.600 345.585- 0- Plan‐GuV- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Umsatz- 160.000 240.000 360.000 540.000- 810.000- Herstellkosten-für-Material- 32.000 48.000 72.000 108.000- 162.000- Herstellkosten-für-Personal- 32.000 48.000 72.000 108.000- 162.000- Marketingkosten- 20.000 22.000 24.200 26.620- 29.282- F&E‐Kosten,-Verwaltungskosten- 100.000 100.000 100.000 100.000- 100.000- Abschreibungen- 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000- EBIT- ‐54.000 ‐8.000 61.800 167.380- 326.718- gezahlte-Zinsen- 12.000 12.000 12.000 12.000- 12.000- Gewinn-vor-Steuern-(EBT)- ‐66.000 ‐20.000 49.800 155.380- 314.718- Verlustvortrag- ‐66.000 ‐86.000 ‐36.200- 0- zu-versteuerndes-Einkommen- 0 0 119.180- 314.718- Steuern- 0 0 0 29.795- 78.680- Gewinn/ Verlust- ‐66.000 ‐20.000 49.800 125.585- 236.039- -----Dividenden- 0 0 0 0- 0- -----Gewinnrücklagen- ‐66.000 ‐20.000 49.800 125.585- 236.039- Erläuterung der einzelnen Größen im Excel-Sheet: Die markierten Zellen sind zunächst die Größen, die das Modell bilden. <?page no="118"?> 118 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Wir starten mit der GuV und dort wie anfangs beschrieben mit den projizierten Umsätzen:  Umsatz: Im ersten Jahr ergeben sich die Umsätze aus 160.000 verkauften Einheiten multipliziert mit dem Durchschnittspreis von 1.000 €. In den Folgejahren wächst der Umsatz um jeweils 50%.  Materialkosten: Die Materialkosten ergeben sich zu 50% der Produktions‐ kosten, die wiederum 40% des Umsatzes ausmachen, damit entsprechen die Materialkosten 20% des jeweiligen Jahresumsatzes.  Personalkosten: Die Personalkosten ergeben sich analog.  Marketingkosten: Die Marketingkosten betragen für das erste Jahr 20.000.000 € und wachsen dann pro Jahr um 10%.  Sonstige Kosten: Die übrigen Kosten, insbesondere für Forschung und Ent‐ wicklung, belaufen sich auf 100.000.000 € und bleiben konstant.  Abschreibungen: Aus Transparenzgründen weisen wir Abschreibungen separat aus. Die Abschreibungen ergeben sich aus dem Anlagevermögen von 150.000.000 €, welche über 5 Jahre linear abgeschrieben werden.  Gezahlte Zinsen: Die zu zahlenden Zinsen ergeben sich aus der Aufnahme von Fremdkapital (mit Ausnahme der Verbindlichkeiten gegenüber Lieferan‐ ten) multipliziert mit dem entsprechenden Kreditzins. Es liegen nur langfris‐ tige Kredite vor, der Zinssatz beträgt 10%.  Steuern: Der Steuersatz wird mit 25% des zu versteuernden Gewinns ange‐ nommen. Gegebenenfalls kann die Steuerlast selbstverständlich auch über eine separate steuerrechtliche Rechnungslegung ermittelt werden. Der Ver‐ lustvortrag wird berücksichtigt..  Dividenden und Gewinnrücklagen: Der ermittelte Gewinn der GuV wird entweder in Form von Dividenden (der Begriff ‚Dividenden’ steht hier als Synonym für jegliche Form der Gewinnausschüttung) ausgeschüttet oder einbehalten (Gewinnthesaurierung). Die Summe aus Dividenden und Ge‐ winnthesaurierung ist demnach gleich dem Gewinn. Im vorliegenden Busi‐ ness Case wird kein Gewinn ausgeschüttet. Die Umsätze bilden nun auch den Ausgangspunkt für die wesentlichen Bilanz‐ größen:  Liquide Mittel: Tatsächlich wäre der Liquiditätsbedarf aufgrund von Liqui‐ ditätskennzahlen zu ermitteln und sollte gerade im ersten Jahr anhand der Liquiditätsrechnung überprüft werden. Die liquiden Mittel sind allerdings hier zunächst als „freie“ Variable modelliert, d.h. sie dienen dem Ausgleich der Bilanzgleichung, entsprechend ergibt sich der Bilanzwert der liquiden Mittel zu ‚Summe Passiva ‐ Übrige Aktivaposten‘ (243.200.000 € ‐ 150.000.000 € ‐ 16.000.000 € = 77.200.000 € in Jahr 0). Diese Vorgehens‐ <?page no="119"?> 4.4 Business Cases 119  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt weise ist selbstverständlich sehr vereinfachend. Wir gehen dann davon aus, dass 10.000.000 € dieser liquiden Mittel als operativ notwendig anzusehen sind.  Forderungen: Forderungen ergeben sich erst nach Verkauf der Produkte, deshalb bietet es sich an, die Forderungen erst ab dem Jahr 1 zu modellieren, analog der berücksichtigten Umsätze. Aus den obigen Angaben ergeben sich für das Jahr 1 Forderungen von 10% × 160.000.000 € = 16.000.000 €.  Vorräte: Die Vorräte werden anhand der Produktionskosten (40% der Um‐ sätze) modelliert und betragen davon 25% [25% × (32.000.000 € + 32.000.000 €) = 16.000.000 €], wobei die Vorräte immer bereits für das Vor‐ jahr modelliert werden.  Gebäude und Maschinen: Die (Bilanz‐)Werte ergeben sich aus der Anfangs‐ investition von 150.000.000 € zu Beginn der Projektion (hier Jahr 0) redu‐ ziert um die jeweiligen Abschreibungen (Jahr 1: 150.000.000 € ‐ 30.000.000 € = 120.000.000 €) Die Summe der Aktiva bestimmt nun die Passiva. Die wesentliche Frage wäre hierbei, in wie weit Eigenkapital oder Fremdkapital verwendet werden kann. Es sei hier von einer EK‐Quote von 50% ausgegangen.  Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten: Die Bilanzgröße ergibt sich aufgrund des gegebenen Zahlungsziels von 36 Tagen und entspricht somit 10% der Materialkosten (10% × 32.000.000 € = 3.200.000 €).  Kurzfristige Bankdarlehen: Diese seien hier nicht modelliert.  Langfristiges Fremdkapital: Das langfristige Fremdkapital betrage 120.000.000 € und bleibt konstant. Eine (teilweise) Rückzahlung ist dem‐ nach nicht vorgesehen.  Grundkapital: Das Grundkapital betrage ebenfalls 120.000.000 €. Eine Rückzahlung (etwa in Form eines Aktienrückkaufprogramms) ist nicht vor‐ gesehen.  Gewinnrücklagen: Die Gewinnrücklagen ergeben sich aus den akkumulier‐ ten Gewinnrücklagen der GuV. Also beispielsweise für das Jahr 3: ‐66.000.000 € + (‐20.000.000 €) + 49.800.000 € = ‐36.200.000 €. Für das Jahr 5 sind alle Bilanzpositionen gleich 0. Dies dient der Ermittlung des Terminal Values des Business Cases. Der Vollständigkeit halber geben wir an dieser Stelle auch die Kapitalflussrech‐ nung an: <?page no="120"?> 120 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Plan‐Kapitalflussrechnung- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5 Gewinn/ Verlust- 0 ‐66.000 ‐20.000 49.800 125.585- 236.039 Abschreibungen- 0 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000 Zuwachs-Umlaufvermögen-(ohne-liquide- Mittel)- 16.000 24.000 20.000 30.000 45.000- ‐135.000 Zuwachs-kurzfristige-Verbindlichkeiten- 3.200 1.600 2.400 3.600 5.400- ‐16.200 Cash-Flow-aus-operativer-Tätigkeit- ‐12.800 ‐58.400 ‐7.600 53.400 115.985- 384.839 Endwert-Anlagevermögen- 150.000 120.000 90.000 60.000 30.000- 0 Anfangswert-Anlagevermögen- 0 150.000 120.000 90.000 60.000- 30.000 Abschreibung- 0 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000 Cash-Flow-aus-Investititionstätigkeit- ‐150.000 0 0 0 0- 0 Fremdkapitalfinanzierung- 120.000 0 0 0 0- ‐120.000 Eigenkapitalfinanzierung- 120.000 0 0 0 0- ‐445.424 Cash-Flow-aus-Finanztätigkeit- 240.000 0 0 0 0- ‐565.424 Gesamt-Cash-Flow- 77.200 ‐58.400 ‐7.600 53.400 115.985- ‐180.585 Im zweiten Schritt werden hieraus die relevanten Cash Flows bestimmt. Wir starten unsere Betrachtung zunächst mit der Cash Flow Identität, welche dann folgendes Aussehen hat: Cash-Flow-nach-Fremd‐-und-Eigenkapital- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3- Jahr-4- Jahr-5 Zinszahlungen- 0 12.000 12.000 12.000- 12.000- 12.000 Neuverschuldung- 120.000 0 0 0- 0- ‐120.000 Cash-Flow-nach-Fremdkapital- ‐120.000 12.000 12.000 12.000- 12.000- 132.000 Ausschüttung- 0 0 0 0- 0- 0 Kapitalerhöhung- 120.000 0 0 0- 0- ‐445.424 Cash-Flow-nach-Eigenkapital- ‐120.000 0 0 0- 0- 445.424 Cash-Flow-nach-Fremd‐-und-Eigenkapital- ‐240.000 12.000 12.000 12.000- 12.000- 577.424 <?page no="121"?> 4.4 Business Cases 121  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cash-Flow-von-Aktiva- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Operativer-Cash-Flow- EBIT- 0 ‐54.000 ‐8.000 61.800 167.380- 326.718- Abschreibungen- 0 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000- Steuern- 0 0 0 0 29.795- 78.680- Operativer-Cash-Flow- 0 ‐24.000 22.000 91.800 167.585- 278.039- Zunahme-Working-Capital- Umlaufvermögen- 93.200 58.800 71.200 154.600 315.585- 0- kurzfristige-Verbindlichkeiten- 3.200 4.800 7.200 10.800 16.200- 0- Zunahme-Working-Capital- 90.000 ‐36.000 10.000 79.800 155.585- ‐299.385- Investition-in-Anlagevermögen- Investition-in-Anlagevermögen- 150.000 0 0 0 0- 0- Investition-in-Anlagevermögen- 150.000 0 0 0 0- 0- Gesamt-Cash-Flow- ‐240.000 12.000 12.000 12.000 12.000- 577.424- Diese Ergebnisse ermöglichen nun im letzten Schritt die Auswertung mit Hilfe von Kapitalwert und internem Zins Wir betrachten zunächst die Situation für die JV GmbH. Dazu analysieren wir den Cash Flow von Aktiva: Investitionsrechnung- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Abzinsungsfaktor- 20%- WACC- Cash-Flow-von-Aktiva- ‐240.000 12.000 12.000 12.000 12.000- 577.424- akkumulierter-Cash-Flow- ‐240.000 ‐228.000 ‐216.000 ‐204.000 ‐192.000- 385.424- diskontierter-Cash-Flow- ‐240.000 10.000 8.333 6.944 5.787- 232.054- Akkumulierter-diskontierter-Cash-Flow- ‐240.000 ‐230.000 ‐221.667 ‐214.722 ‐208.935- 23.118- Kapitalwert- 23.118 Amortisationsdauer- 5-Jahre Interner-Zins- 22,39% Zur Berechnung des Kapitalwertes wird der gewichtete Kapitalkostensatz ver‐ wendet, der sich gewichtet aus der gewünschten Verzinsung der Eigenkapital‐ geber, also der beteiligten Joint Venture Partner, und dem Zinssatz für die Auf‐ nahme von Fremdkapital ergibt. <?page no="122"?> 122 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Situation aus Sicht der beiden beteiligten Partner sieht etwas anders aus. Es gilt hier, den Cash Flow nach Eigenkapital zu analysieren. Cash-Flow-nach-Eigenkapital- ‐120.000 0 0 0 0- 445.424 Kapitalwert-(Eigenkapital)- ‐35 Interner-Zins-(Eigenkapital)- 29,99% Aufgrund der Tatsache, dass es zu keinen Gewinnauszahlungen kommt, be‐ schränkt sich der Cash Flow auf eine einmalige Investition zu Beginn des Pla‐ nungshorizonts und einer Berücksichtigung des Terminal Values am Ende des Planungshorizonts. Wir wollen uns nun der Analyse mittels der Free Cash Flows zuwenden. Hier ergibt sich folgendes Bild: Free-Cash-Flow-to-Firm- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3- Jahr-4- Jahr-5 Operativer-Cash-Flow- Operativer-Cash-Flow- 0 ‐24.000 22.000 91.800- 167.585- 278.039 Zunahme-Working-Capital-Definition-2- Umlaufvermögen-ohne-nicht‐operative- Liquide-Mittel- 26.000 50.000 70.000 100.000- 145.000- 0 kurzfristige-Verbindlichkeiten-LuL- 3.200 4.800 7.200 10.800- 16.200- 0 Zunahme-Working-Capital- 22.800 22.400 17.600 26.400- 39.600- ‐128.800 Investition-in-Anlagevermögen- Investition-in-Anlagevermögen- 150.000 0 0 0- 0- 0 Gesamt-Cash-Flow- ‐172.800 ‐46.400 4.400 65.400- 127.985- 406.839 Investitionsrechnung- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3- Jahr-4- Jahr-5 Abzinsungsfaktor- 20%- Free-Cash-Flow-to-Firm- ‐172.800 ‐46.400 4.400 65.400- 127.985- 406.839 akkumulierter-Cash-Flow- ‐172.800 ‐219.200 ‐214.800 ‐149.400- ‐21.415- 385.424 diskontierter-Cash-Flow- ‐172.800 ‐38.667 3.056 37.847- 61.721- 163.499 Akkumulierter-diskontierter-Cash-Flow- ‐172.800 ‐211.467 ‐208.411 ‐170.564- ‐108.843- 54.657 Kapitalwert- 54.657 Amortisationsdauer- 5-Jahre Interner-Zins- 26,7% <?page no="123"?> 4.4 Business Cases 123  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Und aus der Eigenkapitalgeber‐Sicht: Free-Cash-Flow-to-Equity- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Free-Cash-Flow-to-Firm- Free-Cash-Flow-to-Firm- ‐172.800 ‐46.400 4.400 65.400 127.985- 406.839- Fremdfinanzierung- Zunahme-lfr.-Fremdkapital- 120.000 0 0 0 0- ‐120.000- Zinszahlungen- 0 12.000 12.000 12.000 12.000- 12.000- Cash-Flow-Finanzierung- 120.000 ‐12.000 ‐12.000 ‐12.000 ‐12.000- ‐132.000- Gesamt-Cash-Flow- ‐52.800 ‐58.400 ‐7.600 53.400 115.985- 274.839- Investitionsrechnung- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Abzinsungsfaktor- 30%- Free-Cash-Flow-to-Equity- ‐52.800 ‐58.400 ‐7.600 53.400 115.985- 274.839- akkumulierter-Cash-Flow- ‐52.800 ‐111.200 ‐118.800 ‐65.400 50.585- 325.424- diskontierter-Cash-Flow- ‐52.800 ‐48.667 ‐5.278 30.903 55.934- 110.451- akkumulierter-diskontierter-Cash-Flow- ‐52.800 ‐101.467 ‐106.744 ‐75.842 ‐19.908- 90.544- Kapitalwert- 36.717 Amortisationsdauer- 5-Jahre Interner-Zins- 40,9% ACHTUNG: Die Ergebnisverbesserung bei Verwendung der Free Cash Flows ergibt sich aus einer differenzierten Interpretation der liquiden Mittel, nicht daraus, dass sich das Geschäftsmodell oder die Investition geändert haben! Wir haben ganz bewusst auch jeweils die akkumulierten Cash Flows angege‐ ben. Diese sind für beide Analysen im letzten Jahr der Projektion gleich, was nochmals verdeutlicht, dass die beiden Ansätze lediglich die Zuordnung der Cash Flows zu einzelnen Jahren unterschiedlich behandeln. <?page no="124"?> 124 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel: XY AG 4.4.2 Im Rahmen einer Produktentwicklung für die XY AG präsentiert der verant‐ wortliche Produktmanager für die Innovation folgende Investitionsrechnung: Im ersten Jahr kann bereits ein Umsatz von 800.000 € erzielt werden, der an‐ schließend kontinuierlich um 5 % anwächst. Die Kosten werden vom Projekt‐ team folgendermaßen eingeschätzt: - Materialkosten: 60% bezogen auf die Umsä tze pro Jahr. - Personalkosten: 20% bezogen auf die Umsä tze pro Jahr. - Marketingkosten: 10.000 € im ersten Jahr mit einem jä hrlichen Anstieg von 10 %. - Verwaltungskosten: 50.000 € pro Jahr. Für das Projekt werden Investitionen von 240.000 € angesetzt, die über 10 Jah‐ re abgeschrieben werden. Das Working Capital Investment wird zu Beginn mit 10% der Produktionskosten bewertet. In den darauffolgenden Jahren erwartet das Projektteam zusätzlichen Kapitalbedarf für ausstehende Forderungen, die mit 4% des Umsatzes in das Modell eingehen. Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten entstehen mit 5% der Materialkosten. Die unternehmensinterne Vorgabe für die Kapitalwertberechnung von Projek‐ ten beträgt 20% und entspricht den gewichteten Kapitalkosten des Unterneh‐ mens. Die Vorgaben gehen wie folgt in die Plan‐Bilanz ein, wobei nun nur die Aktivsei‐ te modelliert wird. Statt der Bilanzpositionen des Umlaufvermögens kann auch einfach das Working Capital als Größe genommen werden. Plan‐Bilanz- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5 Aktiva- Working-Capital-Definition-2- Operative-Liquide-Mittel- 10.000 10.000 10.000 10.000 10.000- 0 Forderungen- 32.000 33.600 35.280 37.044- 0 Verbindlickeiten-aus-LuL- 24.000 25.200 26.460 27.783 29.172- 0 Vorräte- 57.600 67.200 70.560 74.088 77.792- 0 Summe-Working-Capital- 43.600 84.000 87.700 91.585 95.664- 0 Anlagevermögen- Gebäude-und-Maschinen- 240.000 210.000 180.000 150.000 120.000- 0 Summe- 240.000 210.000 180.000 150.000 120.000- 0 Summe- 283.600 294.000 267.700 241.585 215.664- 0 <?page no="125"?> 4.4 Business Cases 125  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Gewinn‐ und Verlustrechnung unterscheidet sich von unserem vorherigen Ansatz dadurch, dass weder Zinsen noch Gewinnausschüttung modelliert wer‐ den. Dies ist auch nicht notwendig. Bei der Wahl des Abzinsungsfaktors für den Cash Flow müssen die Kapitalkosten entsprechend vorgegeben werden. Plan‐GuV- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Umsatz- 800.000 840.000 882.000 926.100- 972.405- Materialkosten- 480.000 504.000 529.200 555.660- 583.443- Personalkosten- 96.000 168.000 176.400 185.220- 194.481- Marketingkosten- 10.000 11.000 12.100 13.310- 14.641- F&E‐Kosten,-Verwaltungskosten- 50.000 50.000 50.000 50.000- 50.000- Abschreibungen- 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000- EBIT- 134.000 77.000 84.300 91.910- 99.840- Steuern-auf-EBIT- 33.500 19.250 21.075 22.978- 24.960- Das Projekt wird nun analog der vorherigen Betrachtung mit Hilfe des Cash Flows von Aktiva bzw. des Free Cash Flows to Firm bewertet. Beide Cash Flows sind hier identisch. Sie ergeben sich folgendermaßen: Cash-Flow-von-Aktiva-/ -Free-Cash-Flow-to-Firm- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5- Operativer-Cash-Flow- EBIT- 0 134.000 77.000 84.300 91.910- 99.840- Abschreibungen- 0 30.000 30.000 30.000 30.000- 30.000- Steuern- 0 33.500 19.250 21.075 22.978- 24.960- Operativer-Cash-Flow- 0 197.500 126.250 135.375 144.888- 154.800- Zunahme-Working-Capital-gemäß-Definition-2- Zunahme-Working-Capital- 43.600 40.400 3.700 3.885 4.079- ‐95.664- Investition-in-Anlagevermögen- Investition-in-Anlagevermögen- 240.000 0 0 0 0- ‐90.000- Investition-in-Anlagevermögen- 240.000 0 0 0 0- ‐90.000- Gesamt-Cash-Flow- ‐283.600 157.100 122.550 131.490 140.808- 340.464- <?page no="126"?> 126 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Somit ergibt sich abschließendes Bild durch den letzten Schritt der Analyse. Der Kapitalwert ist positiv bei Verwendung des vorgegebenen Diskontierungszins‐ satzes von 20% und der interne Zins liegt folgerichtig ebenfalls mit 47,2% deut‐ lich über der gesetzten Benchmark. Investitionsrechnung- in-Tausend-Euro- Jahr-0 Jahr-1 Jahr-2 Jahr-3 Jahr-4- Jahr-5 Abzinsungsfaktor- 20%- WACC- Cash-Flow-von-Aktiva- ‐283.600 157.100 122.550 131.490 140.808- 340.464 akkumulierter-Cash-Flow- ‐283.600 ‐126.500 ‐3.950 127.540 268.348- 608.813 diskontierter-Cash-Flow- ‐283.600 130.917 85.104 76.094 67.905- 136.825 akkumulierter-diskontierter-Cash-Flow- ‐283.600 ‐152.683 ‐67.579 8.515 76.420- 213.245 Kapitalwert- 213.245 Amortisationsdauer- 3-Jahre Interner-Zins- 47,2% Für diesen Business Case ist die Benchmark (hier der WACC) vorgegeben. Man beachte aber, dass bei der Berechnung der Cash Flows der Steuervorteil aus einer Fremdfinanzierung nicht eingerechnet wurde. Dies sollte insofern im Vor‐ feld bei der Festlegung der Benchmark berücksichtigt werden (vgl. hierzu auch Kapitel 4.7 Exkurs). 4.5 Liquiditätsrechnung Die Liquidität (oder Zahlungsfähigkeit) stellt für ein Unternehmen eines der zentralen Erfordernisse im täglichen Geschäftsbetrieb dar. Ein Unternehmen wird als liquide bezeichnet, wenn es in der Lage ist, alle zwingend notwendigen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Lieferanten, Arbeitnehmern, Gläubigern, etc. termingerecht und betragsgenau erfüllen zu können. Merke Durch die Erstellung von Plan‐Bilanz und Plan‐GuV reduziert man die Zeit‐ punkte der Cash Flows. Im Modell finden Cash Flows dann nur noch zu den Zeitpunkten der Rechnungslegung statt. <?page no="127"?> 4.5 Liquiditätsrechnung 127  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Die Sicherung der Liquidität stellt zugleich eines der zentralen Aufgaben des Working Capital Managements dar. Im Rahmen des Business Planning kann hierfür eine separate Liquiditätsrechnung für das erste Jahr erstellt werden. Da sich Plan‐Bilanzen nur auf Zeitpunkte beziehen, ist es durchaus möglich, dass die Unternehmen zu diesen Zeitpunkten liquide sind. Ob dies aber auch wäh‐ rend der gesamten dazwischenliegenden Periode der Fall war, ist nicht ersicht‐ lich. Auch die Gewinn‐ und Verlustrechnung liefert hier keinen Aufschluss, weil die Werte der GuV akkumuliert für den Zeitraum angegeben sind. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft den Aufbau einer Liquiditätsrech‐ nung: Woche- T=1 T=2 T=3 T=4- …- freie-Kreditlinien- (eingeräumte-Bankkredite-‐-beanspruchte-Bank‐ kredite)- vorhandene-liquide-Mittel- (Bankguthaben,-Postscheckguthaben,-Schecks)- =-Bruttoverfügungsrahmen- (freie-Kreditlinien-+-Liquide-Mittel)- erwartete-Einzahlungen- ‐-erwartete-Auszahlungen- Löhne,-Gehälter,-soziale-Leistungen,-Steuern,- fällige-Rechnungen-etc.- Einzahlungsüberschuss- (Einzahlungen---Auszahlungen)- =-Über‐-/ -Unterdeckung- (Bruttoverfügungsrahmen-+-Einzahlungsüber‐ schuss)- Abb. 4.5 Liquiditätsplanung Merke Die Liquiditätsplanung stellt im Rahmen des Business Plans sicher, dass von vorne herein eine ausreichende Finanzierung, d.h. Mittel in ausrei‐ chender Höhe, für den Business Case eingeworben werden. <?page no="128"?> 128 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Übungsaufgabe 4.9 Erläutern Sie anhand des Fallbeispiels der JV GmbH, wie es zu Liquiditäts‐ problemen kommen könnte. Argumentieren Sie hierzu mit unterschied‐ lichen Zahlungszielen. Woche- T=1- T=2- T=3- T=4- …- freie-Kreditlinien- (eingeräumte-Bankkredite-‐-beanspruchte-Bank‐ kredite)- vorhandene-liquide-Mittel- (Bankguthaben,-Postscheckguthaben,-Schecks)- =-Bruttoverfügungsrahmen- (freie-Kreditlinien-+-Liquide-Mittel)- erwartete-Einzahlungen- ‐-erwartete-Auszahlungen- Löhne,-Gehälter,-soziale-Leistungen,-Steuern,- fällige-Rechnungen-etc.- Einzahlungsüberschuss- (Einzahlungen---Auszahlungen)- =-Über‐-/ -Unterdeckung- (Bruttoverfügungsrahmen-+-Einzahlungsüber‐ schuss)- 4.6 Risikobewertung Die Auseinandersetzung mit den Risiken eines Vorhabens stellt einen der schwierigsten Punkte innerhalb eines Business Planes dar. Eine Überbetonung mag Entscheider und Kapitalgeber abschrecken. Eine zu geringe Beachtung oder gar Nicht‐Berücksichtigung kann zu großem Misstrauen führen. Auch stellt sich stets die Frage der richtigen Platzierung innerhalb einer schriftlichen Ausarbeitung, aber auch innerhalb einer Präsentation. Beendet man beides mit eher negativen Botschaften, muss befürchtet werden, dass sich diese besonders stark im Gedächtnis der Entscheider festsetzen. Kommt man nicht selber zu dem Schluss, dass ein Business Case aufgrund der Risiken beerdigt werden soll‐ <?page no="129"?> 4.6 Risikobewertung 129  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt te, sollten Argumente gesammelt werden, die die Risiken entkräften, be‐ herrschbar machen und Lösungsansätze aufzeigen. Man sollte als Ersteller des Business Plans allerdings stets beachten, dass der Entscheider meist noch düs‐ terere Szenarien malen wird und sich darauf entsprechend vorbereiten. Merke Die Auseinandersetzung mit den Risiken eines Business Cases ist Grund‐ bestandteil eines guten Business Plans. Es ist in aller Regel besser, offen mit Risiken umzugehen und bereits Lösungsansätze zu präsentieren, als diese zu verschweigen. Szenario-Analysen 4.6.1 Szenario‐Analysen stellen eine gängige Vorgehensweise bei der Evaluierung von Projekten dar. Aufgrund der heutigen Möglichkeiten mit Hilfe von Compu‐ tern stellt das Betrachten unterschiedlicher Konstellationen kein Problem mehr dar. In der Praxis werden im Sinne einer Modellierung sehr viele unterschiedli‐ che Konstellationen durchgerechnet. Erst im Zuge der Kommunikation und Präsentation beschränkt sich der Ersteller auf einige wenige Szenarien. In der Literatur findet man hier meist die Beschränkung auf drei Fälle, die dann als „base‐case“, „best‐case“ und „worst‐case“ Szenarien bezeichnet werden. Der Modellierer sollte sich dabei, wenn möglich, auf aussagekräftige Szenarien kon‐ zentrieren. Bei dem „best‐case“‐Szenario kann beispielsweise die maximale Auslastung der Produktionsstätten angenommen werden, beim „worst‐case“‐ Szenario ein Fall, bei dem der Kapitalwert negativ wird, so dass das „worst‐ case“‐Szenario gleichsam einen „break‐even“‐Punkt markiert. Merke Die Vorstellung unterschiedlicher Szenarien macht für einen Entscheider nur Sinn, wenn er daraus Rückschlüsse auf die Umsetzung des Vorhabens ziehen kann. Break-even Analyse 4.6.2 Im Rahmen von Break‐even Analysen aus der Kostenrechnung werden Kosten zunächst in fixe und variable Kosten aufgeteilt. Fixe Kosten entstehen unabhän‐ gig vom generierten Umsatz, variable Kosten dagegen sind an die Produktions‐ und Absatzmenge gebunden. <?page no="130"?> 130 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Für die Analyse werden die Umsatzerlöse, also Anzahl verkaufte Produkte mal Preis, den damit verbundenen Kosten, also fixe Kosten plus Anzahl verkaufte Produkte mal variable Kosten pro Einheit, gegenüber gestellt. Sind beide gleich, so spricht man von der Break‐even Absatzmenge. Merke Break‐even Analysen ergänzen die Cash Flow Betrachtungen und plausibi‐ lisieren die Ergebnisse. Sonstige Methoden 4.6.3 Im Rahmen der Investitionsrechnung findet man weitere Methoden für eine verfeinerte Bewertung von Investitionsvorhaben:  Entscheidungsbäume  Monte‐Carlo‐Simulationen Vereinfacht ausgedrückt, ist das Ziel beider Techniken, eine Wahrscheinlichkeit für das Scheitern des Projekts zu bestimmen. Für einen einfachen Business Plan sind diese Methoden meist zu komplex. Auch erfordern sie grundsätzlich ein vertieftes Verständnis der Methodik, was bei inhomogener Zusammensetzung eines Entscheidungsgremiums selten der Fall ist. Schließlich müssen viele An‐ nahmen getroffen werden, die in einem eher frühen Stadium der Umsetzung eines Vorhabens meist kaum sinnvoll möglich sind. Merke Ein guter Business Plan achtet auch auf Verständlichkeit. Komplexe Model‐ le sollten so dargestellt werden, dass auch Nicht‐Fachleute den Nutzen des Modells nachvollziehen können. 4.7 Exkurs Im Folgenden wollen wir Themen vertiefen, die das Verständnis der finanziel‐ len Aspekte eines Business Plans erleichtern. Kennzahlen aus der Bilanz- und GuV-Analyse 4.7.1 Wir wollen hier kurz einen Überblick über die gängigsten Kennzahlen der Bi‐ lanz‐ und GuV‐Analyse geben. Es ist wenig sinnvoll, an dieser Stelle allgemein <?page no="131"?> 4.7 Exkurs 131  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt gültige Größenkorridore für Business Case Modelle vorzugeben. Ein paar grundsätzliche Anmerkungen sind allerdings möglich: [1] Es sollten nur wenige Kennzahlen als Nebenbedingungen verwendet wer‐ den, um unnö tige Komplexitä t zu vermeiden. [2] Fü r ausgewä hlte Kennzahlen sollten, falls mö glich, Vergleichszahlen der Konkurrenz ermittelt werden. [3] Anschließend sollten fü r das eigene Modell Grö ßenkorridore definiert wer‐ den. [4] Zu große Verä nderungen der Kennzahlen sollten entweder vermieden wer‐ den oder klar begrü ndbar sein. [5] Als Ersteller eines Business Plans sollte man die Definition verwendeter Kennzahlen kennen und sie sinnvoll interpretieren kö nnen. [6] Vermeiden Sie einen Datenfriedhof! Für die Kapitalstruktur eines Unternehmens werden folgende Kennzahlen ver‐ wendet: - Eigenkapitalanteil: - Fremdkapitalanteil: - Verschuldungsgrad: Zur Messung der finanziellen Stabilität werden zumeist die Deckungsgrade verwendet. Die Idee ist, dass langfristige Anlagen (Anlagevermögen) auch lang‐ fristig finanziert werden sollten, um kurzfristige Refinanzierungen zu vermei‐ den. Das langfristige Fremdkapital der Definition des Deckungsgrades II sollte hier im Gegensatz zu unserer sonstigen Vorgehensweise eine deutlich längere Laufzeit haben als ein Jahr. - Deckungsgrad I: - Deckungsgrad II: Ergänzend zu einer detaillierten Liquiditätsplanung können Liquiditätsgrade für eine grobe Liquiditätsabschätzung verwendet werden. Hierzu wird das Um‐ laufvermögen (bzw. Teile davon) den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegen‐ übergestellt. tal Gesamtkapi al Eigenkapit tal Gesamtkapi al Fremdkapit al Eigenkapit al Fremdkapit ögen Anlageverm Eigenkapital ögen Anlageverm al Fremdkapit langfr. al Eigenkapit  <?page no="132"?> 132 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt - Liquiditä tsgrad I: - Liquiditä tsgrad II: - Liquiditä tsgrad III: Debitoren‐ und Kreditorenziele beschreiben durchschnittlich gewährte und erhaltene Zahlungsziele. Gemeinsam mit der Lagerdauer können diese Informa‐ tionen verwendet werden um die Größen Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, Forderungen und Vorräte für die Plan‐Bilanzen abzuschätzen, wobei meist 360 oder 365 Tage als Basis für die Berechnungen herangezogen werden: - Debitorenziel: - Kreditorenziel: - Lagerdauer: Beispiel a) Die Lagerdauer oder besser Verbleibdauer eines Produkts sei mit 36 Tagen geschätzt, die Gesamtmaterialkosten seien 1.000.000 €, so können hieraus 100.000 € für die durchschnittlichen Vorräte abgeleitet werden. Sie stellen gleichsam 10% der Materialkosten dar, ebenso wie 36 Tage 10% eines Jahres entsprechen. b) Gewährt man als Unternehmen im Durchschnitt ein Zahlungsziel von 10 Ta‐ gen, so sind 10/ 360 = 2,77 % des Umsatzes als Forderungen auszuweisen. Na‐ türlich kann man auch mit 365 Tagen rechnen. Weitere Kennzahlen der GuV‐Analyse dienen der Erfolgsmessung. Bitte beach‐ ten Sie, dass es sich hierbei um jährliche (bzw. periodenweise) Erfolgsmessun‐ gen handelt, die Kriterien Kapitalwert und interner Zins hingegen bewerten eine durchschnittliche Rendite über einen gesamten Projektionszeitraum. keiten erbindlich V kurzfr. ttel Zahlungsmi keiten erbindlich V kurzfr. n Forderunge kurzfr. ttel Zahlungsmi  keiten erbindlich V kurzfr. Vorräte n Forderunge kurzfr. ttel Zahlungsmi   Tag pro Umsatz Jahr pro n Forderunge an Bestand ttl. Durchschni Tag pro Umsatz Jahr pro hkeiten Verbindlic an Bestand ttl. Durchschni Tag pro fwendungen Materialau Durchschnittl. Lagerbestand <?page no="133"?> 4.7 Exkurs 133  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt - Umsatzrentabilitä t: - Eigenkapitalrendite: - Gesamtkapitalrendite (ROI): Merke Kennzahlen aus der Bilanz‐ und GuV‐Analyse können das Bild der Finanz‐ analyse abrunden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Kennzahlen mit einer klaren Botschaft verbunden sind und der Nutzen ersichtlich ist. Terminal Value 4.7.2 Der Terminal Value oder Restwert beschreibt in einem Business Case den Wert des Vorhabens zum Ende der Projektionsdauer. Je kürzer die Projektionsdauer desto größer der Einfluss des Terminal Values auf die Bewertung. Wir haben hier bisher eine sehr vereinfachte aber konservative Vorgehensweise aufge‐ zeigt, indem wir eine Art Liquidation des Unternehmens bzw. des Projektes zu Buchwerten unterstellt haben. Gerade auch im Rahmen von Unternehmensbewertungen wird hingegen oft von einer Fortführung des Unternehmens ausgegangen, die sogenannte Going‐ Concern Annahme. Der Wert des Unternehmens fällt damit selbstverständlich höher aus, auch ein Projekt wird dadurch günstiger bewertet. Wir wollen uns hier auf einen Ansatz beschränken, nämlich der Fortschreibung des letzten Cash Flows anhand einer konservativen Wachstumsrate. Der Terminal Value im Jahr n ergibt sich dann zu: 1 Es handelt sich hierbei um eine ewige Rente mit konstanter Wachstumsrate, häufig auch als Gordon Growth Modell bezeichnet, wobei i den Diskontierungs‐ faktor bezeichnet und g die Wachstumsrate. Es ist leicht ersichtlich, dass g klei‐ ner als i sein sollte. <?page no="134"?> 134 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Beispiel Wir greifen wieder das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 auf und berechnen den Kapi‐ talwert unter Annahme einer konstanten Wachstumsrate von g = 3% des letz‐ ten Cash Flows aus Jahr 05. Wir verwenden hierzu den Free Cash Flows to Firm mit i = 15%. Free Cash Flow To Firm Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital 0 0 0 + 0 ‐ 2.500 ‐ 200 + 100 + 500 0 + 600 ‐ 500 ‐ 400 + 400 + 500 - 150 + 750 ‐ 500 ‐ 200 + 1.200 + 500 - 550 + 1.150 ‐ 500 ‐ 100 + 1.300 + 500 - 600 + 1.200 ‐ 500 ‐ 100 Free Cash Flow - 2.700 - 300 + 50 + 550 + 600 1 600 1 3% 15% 3% 5.150 2700 726,15 Bitte beachten Sie, dass ein Beispiel ausgewählt wurde mit fortlaufenden Inves‐ titionen in das Anlagevermögen, damit die Annahme eines Going‐Concern be‐ rechtigt und sinnvoll ist. Free Cash Flows 4.7.3 Alternativ zu der in Kapitel 4.2.2 gegebenen Definition des Free Cash Flows kann dieser auch ohne den Steuervorteil der Fremdfinanzierung angegeben werden. Die Definition lautet dann wie folgt (mit T = relevanter Steuersatz des Unter‐ nehmens): Free Cash Flow to Firm (2) = Operativer Cash Flow ‐ Investition Anlagevermögen ‐ Zunahme Working Capital <?page no="135"?> 4.7 Exkurs 135  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt wobei: Operativer Cash Flow = EBIT - Steuern auf EBIT + Rückstellungen + Abschrei‐ bungen = (1‐T) × EBIT + Rückstellungen + Abschreibungen Investition in Anlagevermögen = Endbestand AV ‐ Anfangsbestand AV + Ab‐ schreibung Zunahme Working Capital = Endbestand Working Capital ‐ Anfangsbestand Working Capital (mit Working Capital gemäß Definition 2) Beim Free Cash Flow to Equity muss dann berücksichtigt werden, dass nur die Zinsen nach Steuern vom Free Cash Flow to Firm abgezogen werden dürfen: Free Cash Flow to Equity (2) = Free Cash Flow to Firm (2) + Zunahme lfr. FK - Zinszahlungen * (1‐T) Beispiel Wir greifen auch hier das Beispiel aus Kapitel 4.1.1 auf und berechnen die Free Cash Flows gemäß obiger Definition. Eine Änderung ergibt sich nur bei der Steuerberücksichtigung: Free Cash Flow To Firm Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT - Steuern auf EBIT + Abschreibung + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital 0 0 0 + 0 ‐ 2.500 ‐ 200 0 0 + 500 + 500 ‐ 200 + 600 + 400 - 200 + 500 + 700 ‐ 300 ‐ 200 + 900 - 450 + 500 + 950 + 500 + 100 + 1.300 - 650 + 500 + 1.150 + 500 ‐ 300 Free Cash Flow - 2.700 + 900 + 200 + 1.550 + 1.350 <?page no="136"?> 136 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Free Cash Flow To Equity Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Free Cash Flow To Firm + FK‐Zunahme ‐ Zinszahlungen × (1 - T) ‐ 2.700 + 2.000 + 900 ‐ 1.000 - 200 (! ) + 200 + 0 ‐ 50 + 1.550 + 0 ‐ 50 + 1.350 ‐ 1.000 ‐ 50 Free Cash Flow - 700 - 300 + 150 + 1.500 + 300 Bitte beachten Sie, dass in Jahr 02 keine Steuerersparnis durch die Zinszahlun‐ gen erfolgte, weil das zu versteuernde Einkommen negativ war. Während der Cash Flow to Equity somit unverändert bleibt, sollte nun bei der Bewertung des Free Cash Flows to Firm (2) allerdings auch eine angepasste Benchmark‐Rendite verwendet werden. Hierzu wird bei der Bestimmung des WACC der Steuervorteil für das Fremdkapital mit eingerechnet: WACC = 25% 10% 1 11,67% Das Ergebnis verbessert sich deutlich: NPV = 247,53 (im Vergleich zu 124,13 bei Verwendung des Free Cash Flow to Firm (1) und einem WACC von 15%), was unter anderem daran liegt, dass bei dieser vereinfachten Vorgehensweise nicht berücksichtigt wurde, dass in Jahr 02 das Fremdkapital deutlich reduziert wird und sich damit das Verhältnis von Eigen‐ zu Fremdkapital deutlich verän‐ dert. Merke Werden bei der Definition des Free Cash Flows to Firm die Steuern auf das EBIT berechnet, werden kalkulatorisch höhere Steuern berücksichtigt. Dies führt zu geringeren Cash Flows. Für die unternehmensindividuelle Bewertung sollte der Steuervorteil dann allerdings wieder berücksichtigt werden, indem man bei der Berechnung des WACC den Steuervorteil (Tax Shield) einkalkuliert. Bemerkung: Der Case der XY AG in Kapitel 4.4.2 entspricht diesem Ansatz, weil die Zinsaufwendungen hier grundsätzlich nicht bekannt sind und deshalb auch nicht in die Steuerberechnung eingehen konnten. Gemäß der hier gemachten Erläuterun‐ gen sollte der WACC für die XY AG demnach den Tax Shield einkalkuliert haben. <?page no="137"?> 4.8 Lösungen zu ausgewählten Übungsaufgaben 137  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt 4.8 Lösungen zu ausgewählten Übungsaufgaben Übungsaufgabe 4.1 Gegeben ist folgende Gewinn‐ und Verlustrechnung eines Unternehmens. Modellieren Sie die fehlenden Positionen in der Bilanz. Welche Annahmen haben Sie getroffen? Es sind viele Modellierungen möglich, insbesondere weil keine Angaben zu wei‐ teren Finanzierungen gemacht wurden. Beispiel: Bilanz Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Anlagevermögen Vorräte Forderungen liquide Mittel Summe Umlaufvermögen Summe Aktiva 20.000 4.000 0 2.000 6.000 26.000 16.000 5.000 1.000 4.000 10.000 26.000 12.000 6.000 1.500 7.000 14.500 26.500 8.000 7.000 2.000 10.500 19.500 27.500 4.000 7.000 2.000 15.000 24.000 28.000 Eingezahltes EK Rücklagen lfr. Verbindlichkeiten kfr. Verbindlichkeiten Summe Passiva 10.000 13.000 3.000 26.000 10.000 0 13.000 3.000 26.000 10.000 500 13.000 3.000 26.500 10.000 1.500 13.000 3.000 27.500 10.000 2.000 13.000 3.000 28.000 Übungsaufgabe 4.2 Gegeben seien folgende Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Ver‐ lustrechnung eines Unternehmens. Bestimmen Sie hieraus die Kapital‐ flussrechnung. Kapitalflussrechnung Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 GuV‐Gewinn + Abschreibungen ./ . Zunahme UV ohne LM + Zunahme kfr. Verb. LuL (1) Cash Flow aus lfd. Geschäftstätigkeit 0 +0 ‐4.000 +0 ‐4.000 0 +4.000 ‐2.000 +0 +2.000 500 +4.000 ‐1.500 +0 +3.000 1.000 +4.000 ‐1.500 +0 +3.500 1.000 +4.000 ‐0 +0 +5.000 (2) Cash Flow aus Investitionstätigkeit ‐20.000 0 0 0 0 <?page no="138"?> 138 Schritt 4: Finanzen  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Zunahme EK ‐Dividenden +Zunahme lfr. FK +Zunahme kfr. FK (Bank) (3) Cash Flow aus Finanzierung +10.000 ‐0 +13.000 +3.000 +26.000 +0 ‐0 +0 +0 +0 +0 ‐0 +0 +0 +0 +0 ‐0 +0 +0 +0 +0 ‐500 +0 +0 +0 Gesamt Cash Flow Summe (1) + (2) + (3) +2.000 +2.000 +3.000 +3.500 +4.500 Übungsaufgabe 4.3 Verwenden Sie die Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlust‐ rechnung aus der Übungsaufgabe 4.2. Bestimmen Sie hieraus die Cash Flow Identität. Wir bestimmen zunächst das Working Capital für jedes Jahr und ermitteln so dessen jährliche Veränderung: Working Capital Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umlaufvermögen ‐ kfr. Verbindlichkeiten = Working Capital 6.000 ‐3.000 + 3.000 10.000 ‐ 3.000 + 7.000 14.500 ‐ 3.000 + 11.500 19.500 ‐ 3.000 + 16.500 24.000 ‐ 3.000 + 21.000 Differenz zum Vorjahr + 3.000 + 4.000 + 4.500 + 5.000 + 4.500 Daraus ergibt sich dann nachfolgende Cash Flow Identität: Cash Flow von Aktiva Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern = Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital 0 0 0 + 0 ‐ 20.000 ‐ 3.000 1.000 + 4.000 0 + 5.000 ‐ 0 ‐ 4.000 + 2.000 + 4.000 - 500 + 5.500 ‐ 0 ‐ 4.500 + 3.000 + 4.000 - 1.000 + 6.000 ‐ 0 ‐ 5.000 + 3.000 + 4.000 - 1.000 + 6.000 ‐ 0 + 4.500 Cash Flow - 23.000 + 1.000 + 1.000 + 1.000 + 1.500 <?page no="139"?> 4.8 Lösungen zu ausgewählten Übungsaufgaben 139  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cash Flow nach FK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme lfr. FK + Zinszahlungen ‐ 13000 + 0 ‐ 0 + 1.000 ‐ 0 + 1.000 ‐ 0 + 1.000 ‐ 0 + 1.000 Cash Flow - 13000 + 1.000 + 1.000 + 1.000 + 1.000 Cash Flow nach EK Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 ‐ Zunahme EK + Dividenden ‐ 10.000 + 0 ‐ 0 + 0 ‐ 0 + 0 ‐ 0 + 0 ‐ 0 + 500 Cash Flow - 10.000 + 0 + 0 + 0 + 500 Übungsaufgabe 4.4 Verwenden Sie wieder die Projektionen der Bilanz und der Gewinn‐ und Verlustrechnung aus der Übungsaufgabe 4.2. Bestimmen Sie hieraus nun die Free Cash Flows. Wir bestimmen zunächst das Working Capital für jedes Jahr und ermitteln so dessen jährliche Veränderung: Working Capital Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 Umlaufvermögen ohne LM ‐ kfr. Verbindlichkeiten LuL = Working Capital 4.000 ‐1.000 + 3.000 8.000 ‐ 1.500 + 6.500 9.500 ‐ 2.000 + 7.500 11.000 ‐ 2.000 + 9.000 11.000 ‐ 2.000 + 9.000 Differenz zum Vorjahr + 3.000 + 3.500 + 1.000 + 1.500 + 0 <?page no="140"?> 140 Schritt 4: Finanzen Daraus ergeben sich folgende Free Cash Flows: Free Cash Flow To Firm Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibung - Steuern + Operativer Cash Flow - Investition AV - Zunahme Working Capital 0 0 0 + 0 ‐ 20.000 ‐ 3.000 1.000 + 4.000 0 + 5.000 ‐ 0 ‐ 3.500 + 2.000 + 4.000 - 500 + 5.500 ‐ 0 ‐ 1.000 + 3.000 + 4.000 - 1.000 + 6.000 ‐ 0 ‐ 1.500 + 3.000 + 4.000 - 1.000 + 6.000 + 0 + 0 Free Cash Flow - 23.000 + 1.500 + 4.500 + 4.500 + 6.000 Free Cash Flow To Equity Jahr 01 Jahr 02 Jahr 03 Jahr 04 Jahr 05 EBIT + Abschreibungen + Rückstellungen + FK‐Zunahme - Zinszahlungen - Steuern - Investition in AV - Zunahme Working Capital 0 + 0 + 0 + 13.000 ‐ 0 ‐ 20.000 ‐ 3.000 1.000 + 4.000 + 0 ‐ 1.000 ‐ 0 ‐ 0 ‐ 3.500 2.000 + 4.000 + 0 ‐ 1.000 ‐ 500 ‐ 0 ‐ 1.000 3.000 + 4.000 + 0 ‐ 1.000 ‐ 1.000 ‐ 0 ‐ 1.500 3.000 + 4.000 + 0 ‐ 1.000 ‐ 1.000 ‐ 0 ‐ 0 Free Cash Flow - 10.000 + 500 + 3.500 + 3.500 + 5.000 <?page no="141"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Schritt 5: Schlussbetrachtung Lernziele Im letzten Kapitel werden die abschließenden Inhalte des Business Plans vorgestellt und Aspekte einer systematischen Überprüfung aufgezeigt. Ei‐ ne Liste häufiger Fehler rundet das Kapitel ab. 5.1 Was man nicht vergessen sollte! Meist müssen Business Pläne unter großem zeitlichem Druck erstellt werden. Viele Informationen werden zusammengetragen und schließlich in Form eines schriftlichen Dokuments oder als Foliensatz zusammengefasst. Hierzu müssen inhaltliche Prioritäten gesetzt werden und eine konsistente Storyline sicherge‐ stellt sein. Der zeitliche Druck und die beschriebene Komplexität führen leider oftmals dazu, dass die letzten Schritte zu kurz kommen. Diese sind die Erstel‐ lung eines vollständigen und aussagekräftigen Anhangs und die systematische finale Prüfung der erstellten Dokumentation. Anhang 5.1.1 Bei der Bewertung von Business Plänen stehen Inhalte selbstverständlich im Vordergrund. Der Ersteller ist allerdings gut beraten, auch bei der Bearbeitung des Anhangs große Sorgfalt walten zu lassen. Hierzu können gehören:  Quellenangabe von verwendeten Statistiken und Abbildungen Achten Sie darauf, dass Sie alle wichtigen Aussagen belegen können.  Literaturhinweise Hinweise auf zusätzliche Literatur können zu Unterstützung der Storyline des Vorhabens gegeben werden. Im Wesentlichen unterstreicht die Angabe <?page no="142"?> 142 Schritt 5: Schlussbetrachtung  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt zusätzlicher Literatur, dass sich der Ersteller intensiv mit allen denkbaren Aspekten seines Business Cases auseinandergesetzt hat.  Zusätzliche Kalkulationen Hier bieten sich zunächst diejenigen Detailrechnungen an, die den Rahmen des Kerndokuments oder einer Präsentation überschreiten würden. Darüber hinaus können Best‐ und Worst‐Case‐Szenarien aufgenommen werden. Die Anzahl der im Dokument aufgeführten Szenarien sollte jedoch gering gehal‐ ten werden und nicht in einem Zahlenfriedhof enden.  Ergänzende fachliche Ausführungen Fachliche Ergänzungen, die Nicht‐Spezialisten überfordern würden, sollten dem Anhang zugeführt werden.  Backup Folien (bei Präsentationen) Orientieren Sie sich an den möglichen Inhalten eines Business Plans und stellen Sie sicher, dass Sie auch bei Backup Folien alle Informationen erläu‐ tern können. Die Qualität des Anhangs wird oftmals als Indikator verwendet für die Ernst‐ haftigkeit eines Vorhabens und die grundsätzliche Sorgfalt mit der der Ersteller an die Bearbeitung einer Aufgabe herangeht. Merke Erfahrene Beurteiler von Business Plänen überprüfen die Sorgfalt eines Business Plans und die Ernsthaftigkeit eines Vorhabens auch anhand der Vollständigkeit und Aussagekraft eines Anhangs, indem stichprobenhaft einzelne Punkte überprüft werden. Finale Prüfung 5.1.2 Bevor ein Business Plan präsentiert oder in schriftlicher Form weitergegeben wird, ist eine finale Prüfung dringend notwendig. Was im Grunde nach einer Selbstverständlichkeit klingt, wird in praxi häufig nicht eingehalten. Die Gründe sind zumeist, dass der Business Plan in letzter Sekunde fertig wird und dass der Ersteller nach intensiver Arbeit keine Motivation mehr hat für diese letzte Überprüfung. Zu empfehlen ist eine schrittweise Vorgehensweise bei der spezi‐ fische Aspekte abgefragt werden:  Überprüfen Sie das komplette Dokument auf Komma‐ und Rechtschreib‐ fehler. <?page no="143"?> 5.2 NoGos 143  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt  Achten Sie darauf, dass alle notwendigen Inhalte vorhanden sind und be‐ arbeitet wurden.  Überprüfen Sie, ob der rote Faden Ihrer Story erkennbar ist.  Hinterfragen Sie die Konsistenz Ihrer Annahmen und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen.  Bereiten Sie eine Liste möglicher Fragen vor und überprüfen Sie, ob diese durch den Business Plan beantwortet werden. Merke Planen Sie die finale Prüfung explizit ein und reservieren Sie hierzu, falls möglich, einen zusätzlichen Tag. Die finale Prüfung sollte stets nach einer ausreichenden Pause erfolgen und systematisch durchgeführt werden. 5.2 NoGos  Machen Sie keine Aussagen ohne Quellen oder nachvollziehbare Begrün‐ dung, vermeiden Sie unsubstantiierte oder widersprüchliche Annahmen.  Vernachlässigen Sie nicht die Marktanalyse und stellen Sie sicher, dass sich die Ergebnisse im Finanzteil wiederfinden.  Vergessen Sie insbesondere keine bereits aktiven oder potenziell bedroh‐ lichen Wettbewerber bei der Marktanalyse und der Schätzung Ihrer Markt‐ anteils‐ und Umsatzentwicklung, insbesondere wenn die Eintrittsbarrieren für Dritte niedrig sind.  Denken Sie dabei auch an mögliche margenwirksame Preiskämpfe, die Ihr Markeintritt zur Folge haben könnte.  Vermeiden Sie einen beliebigen Marketing‐Mix, analysieren Sie sorgfältig, welche Maßnahmen für Ihr Unternehmen oder Projekt am besten geeignet sind und fokussieren Sie Ihren Ansatz dementsprechend.  Achten Sie darauf, dass im Finanzteil keine offensichtlichen Fehler vorliegen.  Insbesondere junge Unternehmen weisen anfangs sehr hohe Wachstums‐ raten auf, die aber nicht endlos fortgeschrieben dürfen, (Sehr) langfristig sollte das Unternehmenswachstum maximal dem Wachstum des Brutto‐ sozialprodukts entsprechen.  International tätige Unternehmen mit Tochtergesellschaften sollten regiona‐ le Unterschiede berücksichtigen, unter anderem bei Kundenpräferenzen, <?page no="144"?> 144 Schritt 5: Schlussbetrachtung aber auch hinsichtlich der lokalen Arbeitsmärkte, Steuersystem und anderer relevanter Faktoren.  Stark wachsende Unternehmen dürfen nicht den wachsenden Personal‐ und Raumbedarf (für Büros und Produktion) ignorieren.  Viele Kostenpositionen entwickeln sich proportional zum Umsatz (z.B. Mate‐ rialeinsatz), die jeweiligen Wachstumsraten sollten daher nicht divergieren.  Allgemeine Preissteigerungen und spezielle Entwicklungen (z.B. bei Lohn‐ kosten) sollten berücksichtigt werden.  Stellen Sie sicher, dass das Vorhaben mit ausreichender Liquidität versorgt ist und entsprechend wesentliche zu erwartende Liquiditätseffekte (z.B. In‐ vestitionen, Working Capital‐Veränderungen) bei der Planung berücksichtigt werden.  Achten sie darauf, dass die Kapitalkosten (für Fremd‐ und Eigenkapital) rea‐ listisch geschätzt werden und auch das Risiko eines Kapitalgebers angemes‐ sen reflektieren.  Stellen Sie sicher, dass der Investitionsplan, die Abschreibungen und die Ent‐ wicklung des Anlagevermögens abstimmbar sind.  Die geplante Kapitalstruktur (insbesondere die Eigenkapitalquote) sollte auch noch nach mehreren Jahren passen, oft kommt es entweder zu zusätzli‐ chem Kapitalbedarf oder zu Überschüssen, welche ggfs. ausgeschüttet wer‐ den sollten.  Vergessen Sie in der Planung der Unternehmenssteuern nicht die möglichen steuerlichen Verlustvorträge, die sich in einer verlustreichen Anlaufphase aufbauen können.  Ignorieren Sie kritische Aspekte nicht, sondern bereiten Sie Lösungsansätze und Handlungsoptionen vor. Bei Präsentationen gilt zusätzlich:  Bleiben Sie aufmerksam und beobachten Sie die Teilnehmer, auch wenn Sie gerade nicht sprechen.  Jede Frage muss ernst genommen werden.  Vergessen Sie das Handout nicht. <?page no="145"?> Literaturhinweise Becker, J.: Marketing‐Konzeption, Grundlagen des ziel‐strategischen und opera‐ tiven Marketing‐Managements, 10.Auflage, München 2013 Ernst, D./ Häcker, J.: Applied International Corporate Finance, 2. Auflage, Mün‐ chen 2011 Gansser, O./ Krol, B. (Hrsg.): Moderne Methoden der Marktforschung, Kunden besser verstehen, Wiesbaden 2017 Hiller, D./ Clacher, I./ Ross, S./ Westerfield, R./ Bradford, J.: Fundamentals of Cor‐ porate Finance, 2. Auflage, New York 2014 Kuß, A./ Wildner, R./ Kreis, H.: Marktforschung, Grundlagen der Datenerhebung und Datenanalyse, 5. Auflage, Wiesbaden 2014 Nagl, A.: Der Businessplan, Geschäftspläne professionell erstellen, Mit Checklis‐ ten und Fallbeispielen, 8. Auflage, Wiesbaden 2015 Vahs, D.: Organisation, 9. Auflage, Stuttgart 2015 Vahs, D./ Brem, A.: Innovationsmanagement, Von der Idee zur erfolgreichen Vermarktung, 5. Auflage, Stuttgart 2015 Vogelsang, E./ Fink, C./ Baumann, M.: Existenzgründung und Businessplan, Ein Leitfaden für erfolgreiche Start‐ups, 4. Auflage, Berlin 2016 Winkelmann, P.: Marketing und Vertrieb, Fundamente für die Marktorientierte Unternehmensführung, 8. Auflage, München 2013 <?page no="147"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Glossar Amortisationsdauer Die Amortisationsdauer oder Kapitalwiedergewinnzeit (englisch: „Pack‐Back‐ Period“), bezeichnet den Zeitraum, der benötigt wird, um das für eine Investiti‐ on eingesetzte Kapital wieder zurückzubekommen. Benchmark Rendite Angestrebte Vergleichs‐ oder Mindestrendite für ein Projekt, zum Beispiel die allgemeine Renditevorgabe eines Konzerns oder die anderweitig für den Inves‐ tor erreichbare Rendite. Break-Even-Punkt Moment, bei dem ein Projekt oder eine Investition die Kosten deckt und profi‐ tabel wird. Budget Geschäftsplanung für die nächsten Jahre, anhand derer der Unternehmenser‐ folg später gemessen werden kann. Business Case Untersuchung oder Darstellung eines bestimmten Geschäftsszenarios hinsicht‐ lich der Rentabilität einer Investitionsmöglichkeit. Der Business Case dient zur Darstellung und Abwägung der prognostizierten finanziellen und strategischen Auswirkungen der Investition. Business Plan Geschäftsplan in Form eines ausführlichen schriftlichen Dokumentes, das eine Investitionsmöglichkeit sowie konkrete Maßnahmen beschreibt, die zu ergrei‐ fen sind, um diese Chance zu nutzen. Cash Cows „Zahlende Kühe“ - Produkte, die bei geringem Wachstum aufgrund eines hohen Marktanteils einen positiven Cash Flow aufweisen. <?page no="148"?> 148 Glossar  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Cash Flow (oder auch Cashflow) Der Kapitalfluss ist eine wirtschaftliche Messgröße. Sie stellt den Nettozufluss liquider Mittel (= positiver Cash Flow) bzw. Nettoabfluss (= negativer Cash Flow) während einer Periode dar. Cash Flow Identity Die Cash Flow Identität besagt, dass jede Investition in Aktiva durch einen ent‐ sprechenden Kapitalfluss auf der Passivseite gedeckt sein muss. Earnings before Interest and Taxes (EBIT) Der EBIT beschreibt den Gewinn eines Unternehmens vor Steuern und Zinsen; wird auch als operativer Gewinn bezeichnet. Executive Summary Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ziele und Inhalte eines Business Plans für wichtige Entscheidungsträger. Fact Book Schriftliche Darstellung eines Unternehmens oder Investitionsvorhabens, in der Regel für Kapitalgeber erstellt. Free Cash Flow Der freie Cash Flow ermittelt den durch das Projekt generierten Zahlungsstrom, der entweder für weitere Investitionen oder für Rückzahlungen an die Eigen‐ und Fremdkapitalgeber zur Verfügung steht. Garbage In - Garbage Out (GIGO) GIGO bezeichnet ein Prinzip, das besagt, dass ein Finanzmodell nur so gut sein kann wie dessen zugrunde liegenden Annahmen. Wenn die Annahmen schlecht gewählt sind („Garbage“ bzw. „Müll“), dann kann auch das Ergebnis nichts tau‐ gen. GuV Gewinn‐ und Verlustrechnung eines Unternehmens. Informationsmemorandum Schriftliche Darstellung eines Unternehmens oder Investitionsvorhabens, in der Regel für Kapitalgeber erstellt. <?page no="149"?> Glossar 149  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Internal Rate of Return (IRR) Der IRR bezeichnet den „interner Zinssatz“ eines Investitionsvorhabens, er wird häufig auch als Rendite einer Investition bezeichnet. Eine Investition ist dann vorteilhaft, falls die interne Rendite größer als eine vorgegebene Mindest‐ verzinsung des eingesetzten Kapitals ist. Joint Venture „Gemeinsames Abenteuer“, bezeichnet in der Regel eine Kooperation oder ein Gemeinschaftsprojekt zweier Unternehmen, ohne dass eine vollständige Fusion oder Übernahme erfolgt. Management Summary siehe Executive Summary Mergers & Acquisitions Fusionen und Übernahmen, bezeichnen den vollständigen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenschluss von zwei Unternehmen. Mezzanine-Kapital Mezzanine (aus dem Italienischen für „Zwischenstock“) bezeichnet Kapital, welches Eigen‐ und Fremdkapitalmerkmale aufweist und in seinem Risiko‐ Rendite‐Profil deswegen zwischen diesen beiden „Standardkapitalquellen“ liegt. Net Present Value (NPV) Der Kapitalwert (oder Barwert) einer Investition oder eines Investitionspro‐ jekts, ermittelt durch Diskontierung und anschließende Addition der zukünfti‐ gen Zahlungsströme. Net Working Capital Das Netto‐Umlaufvermögen bezeichnet im Unternehmen alle bilanziellen Ver‐ mögensgegenstände, die im Rahmen des Betriebsprozesses zur kurzfristigen Veräußerung, zum Verbrauch, zur Verarbeitung oder zur Rückzahlung be‐ stimmt sind, abzüglich der kurzfristigen Verbindlichkeiten. Question Marks „Fragezeichen“ sind Produkte eines Unternehmens mit geringem Marktanteil und hohem Wachstum, welche meist noch einen negativen Cash Flow generieren. <?page no="150"?> 150 Glossar  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Pack-Back-Period siehe Amortisationsdauer Pitch Deck Schriftliche Darstellung eines jungen Unternehmens („Start‐up“) oder Investiti‐ onsvorhabens, in der Regel für Kapitalgeber erstellt. Pre-revenue Pre‐revenue bezeichnet die Phase, in der ein Unternehmen noch keine Umsätze erzielt, sich also am Anfang des „Start‐up“‐Prozesses befindet. Pros und Cons Systematische Zusammenstellung der wichtigsten Pro‐ und Contra‐Argumente für oder gegen (z. B. eine Investition). Poor Dogs „Arme Hunde“ bezeichnen Produkte ohne Wachstum und mit nur geringem Marktanteil. Star Ein „Stern“ ist ein Produkt mit hohem Wachstum und hohem Markanteil. Start-up Ein frisch gestartetes, junges Unternehmen, welches über ein (vermeintlich) interessantes Geschäftskonzept verfügt, aber bisher noch keine oder geringe Umsätze erzielt. SWOT-Analyse Mit einer SWOT‐Analyse werden die Stärken (Strenghts), Schwächen (Weak‐ nesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) eines etablierten Un‐ ternehmens oder eines Start‐ups systematisch analysiert. Success Story Erfolgsgeschichte eines Unternehmens, kann auch zum Vergleich eines neuen Investitionsvorhabens herangezogen werden. <?page no="151"?> Glossar 151 Terminal Value Der Terminal Value oder Restwert beschreibt in einem Geschäftsplan den ver‐ bleibenden Wert eines Investitionsvorhabens zum Ende der Projektionsdauer, also ohne den separat ermittelten Barwert der Cash‐flows während der Pla‐ nungsperiode. Thesaurierung Bilanzieller Einbehalt eines erzielten Gewinnes. Unique Selling Propositions (USP) Eigenschaften, die ein Produkt oder ein Unternehmen einzigartig im Vergleich zum Wettbewerb machen. USPs ermöglichen häufig die Durchsetzung höherer Preise am Markt und führen damit zu größeren Barwerten eines Investitions‐ vorhabens. Weighted Average Cost of Capital (WACC) Der WACC bezeichnet den gewichteten Kapitalkostensatz eines Unternehmens. Er entspricht den tatsächlichen (auf Basis der Marktwerte oder der Bilanzantei‐ le) gewogenen Kapitalkosten eines Unternehmens oder eines Investitionsvor‐ habens (Mix aus Eigen‐ und Fremdkapital) und deren jeweiligen (divergieren‐ den) Kapitalkosten. <?page no="153"?>  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Stichwortverzeichnis Anhang 29 Anlagevermögen 88 Ausstattungspolitik 83 BCG‐Matrix 69 Benchmark 113 Benchmark‐Rendite 114 Bilanz 86 Bilanzgleichung 90 Break‐even Analyse 129 Cash Flow aus Finanzierungs‐ tätigkeit 94 Cash Flow aus Investitionstätigkeit 94 Cash Flow aus laufender Geschäfts‐ tätigkeit 94 Cash Flow Identität 99 Cash Flow nach Eigenkapital 100 Cash Flow nach Fremdkapital 100 Cash Flow Statement 86 Cash Flow von Aktiva 99 Cash Flows 85 Deckungsgrad 131 Distributions‐ und Vertriebs‐ strategie 74, 81 Dividendenpolitik 91 Dividendenzahlung 91 dynamische Amortisationsdauer 107, 112 Eigenkapital 91 Eigenkapitalquote 90 Eigenkapitalrendite 133 Entrepreneure 38 Entscheidungsbäume 130 Ersteller 31 Finanzierungsoptionen 56 Free Cash Flow 102 Free Cash Flow to Equity 103, 135 Free Cash Flow to Firm 103, 134 Free Cash Flows 99 Gesamtkapitalrendite 133 Gesamtkostenverfahren 89 Gewinn‐ und Verlustrechnung 86 Going‐Concern 134 Gordon Growth Modell 133 Gründerteam 41 Hand‐out 29 Innovationen 18 interner Zins 110 Investitionen 14 Investitionsrechnung 107 Joint Venture 54 Kapitalflussrechnung 86 <?page no="154"?> 154 Stichwortverzeichnis  uvk-lucius.de/ schritt-fuer-schritt Kapitalgeber 15, 31 Kapitalgesellschaft 49 Kapitalstruktur 131 Kapitalwert 109 Kapitalwertmethode 107 Kommunikationsstrategie 74, 79 kundenorientierte Geschäfts‐ prozesse 83 Lagerdauer 132 liquide Mittel 91 Liquidität 32 Liquiditätsgrad 131 Liquiditätsplanung 90 Liquiditätsrechnung 126 Make‐or‐Buy Entscheidungen 38 Management Summary 29, 37 Marketing‐Mix 25, 59, 73 Marktanalyse 25, 60, 66 Marktanteil 67 Marktdefinition 61 Marktsegmentierung 63, 65 Mergers & Acquisitions 54 Methode des internen Zinses 107 Monte‐Carlo‐Simulationen 130 Neugründungen 20 Nutzenanalyse 26 Nutzwertanalyse 46 Personalpolitik 83 Personengesellschaft 49 Plan‐Bilanz 85 Plan‐GuV 85 Plan‐Kapitalflussrechnung 94 Porters Five Forces 71 Preisstrategie 74, 77 Produktidee 40 Produktlebenszyklus 70 Produktstrategie 74, 75 Profitabilität 86 Projektbewertung 22 Projektplan 41 Rechtsform 48 Rentabilität 32 Restwert 133 Risikoanalyse 33 Risikobewertung 128 Risikotransfer 38 ROI 133 Segmentierung 61 Sicherheit 32 Stage‐Gate‐Prozess 18 Standort 43 Standortfaktoren 44 Start‐ups 33 SWOT‐Analyse 71 Szenario‐Analysen 129 Terminal Value 133 Tochterunternehmen 21 <?page no="155"?> Stichwortverzeichnis 155 Umlaufvermögen 88 Umsatzkostenverfahren 89 Umsatzrentabilität 133 Unternehmensentscheider 31 Unternehmensverkauf 24 WACC 113, 136 Wachstumsfinanzierung 23 Weighted Average Cost of Capital 113, 136 Wettbewerbsvorteil 40 Wirtschaftlichkeit 27 Working Capital 102 Working Capital Managements 127 Zahlungsziel 132 <?page no="157"?> Unternehmen müssen heute mehr denn je auf neue Entwicklungen und Veränderungen reagieren, da diese die unternehmerische Tätigkeit direkt beeinflussen können. Es gilt, mit gezielten Maßnahmen frühzeitig entgegen zu steuern oder zu unterstützen. Ein zentrales Managementinstrument hierfür ist die Unternehmensplanung. Dieser Band macht den Leser mit dem Gebiet der Unternehmensplanung vertraut. Er stellt die Planung als Managementfunktion dar und geht auf die unterschiedlichen Merkmale und Funktionen ein. Anschließend wird aufgezeigt, wie eine differenzierte und dezentralisierte Planung zur Koordination der Entscheidungen in der Unternehmung beitragen kann. Dieses Buch unterstützt Führungskräfte dabei, Stärken und Schwächen der Unternehmensplanung zu bestimmen und den Planungsprozess effizient zu gestalten. Birgit Friedl Unternehmensplanung 2., vollst. überarb. Auflage 2017, 138 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-747-2 KOMPAKTER EINSTIEG IN DIE UNTERNEHMENSPLANUNG www.uvk.de <?page no="158"?> www.uvk.de Der richtige Umgang mit Menschen im Beruf und Alltag Nello Gaspardo Von harten Hunden und hyperaktiven Affen Der richtige Umgang mit Menschen im Beruf und Alltag 2017, 158 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-86764-834-9 Jeder Mensch ist einzigartig! Das ist fraglos richtig. Dessen ungeachtet finden Sie bei Ihren Mitmenschen wiederkehrende Charaktereigenschaften, mit denen Sie im Beruf und im Alltag umgehen müssen. Denken Sie nur an den harten Hund aus der Chefetage, den cleveren Fuchs aus dem Controlling oder den zappeligen, aber vor Ideen sprühenden Affen aus der Marketingabteilung. Der Kommunikations- und Verhandlungsexperte Nello Gaspardo skizziert neun solcher Typen anhand von Tierbildern. Er zeigt deren Stärken und Schwächen auf und verrät Ihnen pointiert, was Sie im Umgang mit diesen Menschen unbedingt wissen sollten und wie Sie mit diesen Typen richtig kommunizieren. Das Buch ist ein unverzichtbarer Ratgeber für alle, die im Beruf und im Alltag gemeinsam mit anderen Menschen schnell und harmonisch Ziele erreichen möchten. <?page no="159"?> www.uvk.de Verhandeln wie professionelle Ein- und Verkäufer Der Erfolg gibt ihnen Recht: die Everest-Methode von Jörg Pfützenreuter und Thomas Veitengruber ist bei Konzernen und Mittelständlern gleichermaßen gefragt. Seit Jahren coachen sie Vertriebler und Einkäufer und lassen die eine Seite in die Karten der anderen schauen. Am Ende entscheidet die strategische, taktische und psychologische Raffinesse, wer als Sieger vom Verhandlungstisch aufsteht. Ein Buch für alle, die im Einkauf oder Vertrieb arbeiten und ihr Verhandlungsgeschick um den alles entscheidenden Gipfelmeter voranbringen wollen. Jörg Pfützenreuter, Thomas Veitengruber Die Everest-Methode Professionelles Verhandeln für Ein- und Verkäufer 2015, 230 Seiten, flex. Einb. ISBN 978-3-86764-549-2 <?page no="160"?> Als Lester Sternberg eines Morgens in die Arbeit kommt, ist nichts mehr so, wie es einmal war. Denn er steht unter dringendem Tatverdacht seinen Chef, Professor van Slyke, ermordet zu haben. Um seine Unschuld zu beweisen sucht er auf eigene Faust nach dem wahren Täter. Hilfe erhält er von der Studentin Milena - und die kann er sehr gut gebrauchen, denn der Mörder seines Doktorvaters ist nun hinter ihm her. Ist der Grund seine wissenschaftliche Arbeit über die Kritik am Bankensystem? Aber wer würde deshalb töten? Eine rasante Verfolgungsjagd durch Europa beginnt, bei der einige Banken und ein internationales Forschungsinstitut verwickelt sind. Licht ins Dunkle könnten dabei bekannte Ökonomen bringen. Die sind längst verstorben, aber ihre Ideen sind wichtiger als je zuvor! Stell dir vor, dein Prof wurde ermordet und du bist der Hauptverdächtige. Was würdest DU tun? Johann Graf Lambsdorff, Björn Frank Geldgerinnung Ein Wirtschaftskrimi 2017, 180 Seiten, Broschur ISBN 978-3-86764-812-7 DER Krimi für alle WiWi-Studenten www.uvk.de