Betriebswirtschaftslehre
1204
2017
978-3-8385-4905-7
UTB
Prof. Dr. Hans Corsten
Prof. Dr. Martina Corsten
<?page no="0"?> Hans Corsten Martina Corsten Betriebswirtschaftslehre 2. Auflage <?page no="1"?> Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Nomos Verlagsgesellschaft · Baden-Baden Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich 4117-9 Titelei.indd 1 01.07.14 14: 09 <?page no="2"?> 4117-9 Titelei.indd 2 01.07.14 14: 09 <?page no="3"?> Hans Corsten Martina Corsten Betriebswirtschaftslehre 2 ., v erbesser te Auflage UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz mit UVK/ Lucius · München <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. UTB-Band-Nr. 4117 ISBN 978-3-8 385 - 4905 - 7 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 201 8 Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de <?page no="5"?> 5 Vorwort Das Basislehrbuch „Betriebswirtschaftslehre“ möchte Studienanfängern eine kompakte Einführung in elementare Fragestellungen der Betriebswirtschaftslehre geben. Dabei zielt dieses Lehrbuch nicht nur auf das Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre und des Wirtschaftsingenieurwesens ab, sondern auch auf Hörer anderer Fachrichtungen, die sich mit betriebswirtschaftlichen Problemstellungen beschäftigten möchten. Zur besseren Lesbarkeit wurden Marginalien eingearbeitet, die dem Leser einen gezielteren Zugang zu einzelnen Themenbereichen ermöglichen. Zusätzlich hat der Leser die Möglichkeit, über den QR-Glossar Begrifflichkeiten, die im Buch nicht explizit behandelt wurden, einfach nachzulesen. Durch die Einfügung sogenannter Infokästen erhalten die Studierenden ergänzende Informationen. Im Kapitel 1 „Grundlagen, Konzeptionen und Ziele“ wird zunächst der Frage nachgegangen, weshalb wirtschaftliches Handeln notwendig ist. Neben einigen terminologischen Abgrenzungen wird dann die Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft erörtert und die Bedeutung von Modellen thematisiert. Da in der Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche theoretische Ansätze existieren, wird dem Leser ein Überblick über die unterschiedlichen Ansätze geboten, wobei Wert darauf gelegt wurde, diesen Überblick möglichst breit auszugestalten. Fragen des unternehmerischen Zielsystems schließen dieses Kapitel ab. Kapitel 2 widmet sich den konstitutiven Entscheidungen, d. h. den sogenannten Grundsatzentscheidungen. Hierzu zählen neben Fragen der Unternehmungsgründung, Sanierung und Liquidation, Standort-, Rechtsformentscheidungen auch Probleme und Möglichkeiten, die sich im Rahmen von Unternehmungszusammenschlüssen ergeben. In Kapitel 3 „Funktionsbereiche der Unternehmung“ werden zunächst zentrale Problemstellungen der leistungswirtschaftlichen Grundfunktionen Beschaffung, Produktion und Marketing behandelt. Im Anschluss daran werden Fragen der Finanzierung und Investition thematisiert. Kapitel 4 ist den funktionsübergreifenden Aufgaben gewidmet. Hierzu zählt zunächst das Rechnungswesen, wobei sowohl Fragen des internen als auch des externen Rechnungswesens behandelt werden. Weitere funktionsübergreifende Aufgaben sind die Planung, Organisation und Kontrolle. Das vorliegende Buch versucht, interessierten Lesern ohne betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse einen breiten Einblick in die unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Fragen zu bieten. Dabei wurde auf eine einfache Sprache geachtet. <?page no="6"?> 6 V o r w o r t Danken möchten wir Herrn Dipl.-Wirt.-Ing. Christian Dost, Herrn Andreas Becker, Frau Marie-Kristin Kraus, Frau Manuela Schnell, Herrn Eric Schönberg und Herrn Patrick Spies für die drucktechnische Aufbereitung der Abbildungen und Tabellen. Frau Carmen Kranz danken wir ganz herzlich für die sorgfältige und engagierte Erstellung des Manuskriptes. Herrn Dr. Jürgen Schechler von der UVK Verlagsgesellschaft danken für die erneut gute Zusammenarbeit. Hans Corsten Martina Corsten <?page no="7"?> 7 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Grundlagen, K onzeptionen und Z iele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.1.1 Ursachen und Gegenstand wirtschaftlicher Tätigkeit . . . . 10 1.1.2 Firma, Betrieb, Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1.3 Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1.3.1 Einordnung der Betriebswirtschaftslehre in die Wissenschaftssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.1.3.2 Modelle als Instrument der Vereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2 Grundkonzeptionen in der Betriebswirtschaftslehre . . . . . 22 1.2.1 Systemtheoretischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.2.2 Faktortheoretischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.2.3 Entscheidungsorientierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.2.4 Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1.2.5 Institutionenökonomische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1.2.5.1 Theorie der Verfügungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1.2.5.2 Transaktionskostenansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.2.5.3 Principal-Agent-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1.2.6 Evolutorischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1.3 Das unternehmerische Zielsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2 K onstitutive Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2.1 Unternehmungsgründung Sanierung und Liquidation . . 64 2.2 Standortentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2.3 Rechtsformentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2.3.2 Einzelunternehmung und Personengesellschaften . . . . . . . 74 2.3.3 Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 <?page no="8"?> 8 I n h a l t 2.4 Unternehmungszusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.4.1 Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.4.2 Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2.4.2.1 Kooperationen und Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2.4.2.2 Kartelle, Konzerne und Fusionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.4.3 Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2.4.4 Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3 Funk tionsbereiche der Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.1 Leistungswirtschaftliche Grundfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.1.1 Beschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.1.1.1 Grundlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.1.1.2 Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.1.1.2.1 Bezugsquellenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.1.1.2.2 Bedarfsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.1.2 Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.1.2.1 Begriff und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.1.2.2 Aufgabenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3.1.2.3 Produktions- und kostentheoretische Grundtatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3.1.3 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3.1.3.1 Produktpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3.1.3.2 Preispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.1.3.3 Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.1.3.4 Distributionspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3.2 Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.2.1 Finanzierungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.2.2 Finanzierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.2.3 Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3.2.3.1 Instrumente der Außenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3.2.3.2 Instrumente der Innenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3.2.3.3 Derivative Finanzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3.3 Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3.3.1 Grundlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3.3.2 Verfahren der Investitionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3.3.2.1 Statische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3.3.2.2 Dynamische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 <?page no="9"?> 9 I n h a l t 4 Funk tionsü bergreifende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 4.1 Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 4.1.1 Grundlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 4.1.2 Internes Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4.1.2.1 Grundstruktur der Kostenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4.1.2.2 Systeme der Kostenrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.1.3 Externes Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4.1.3.1 Bestandteile des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4.1.3.2 Inventar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 4.1.3.3 Finanzbuchhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4.1.3.4 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung . . . . . . . . . . . . . 241 4.1.3.5 Funktionen des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 4.1.3.6 Ergänzende Informationsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 4.1.3.7 Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . 248 4.2 Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 4.2.1 Phasen der Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 4.2.2 Erscheinungsformen der Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 4.2.3 Planungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 4.2.3.1 Systematisierende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 4.2.3.2 Ausgewählte Planungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 4.3 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4.3.1 Begriffliche Grundlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4.3.2 Stellen als organisatorische Grundeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 4.3.3 Organisationsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 4.3.4 Organisation und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 4.3.5 Organisationskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 4.3.6 Organisatorischer Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 4.4 Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4.4.1 Begriff und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4.4.2 Vergleichsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 4.4.3 Kontrollschwerpunktbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 4.4.4 Strategische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 <?page no="10"?> 10 Ausgangspunkt bildet die Frage, woraus sich die Notwendigkeit des Wirtschaftens ergibt und was Gegenstand wirtschaftlicher Tätigkeiten ist. Auf dieser Grundlage wird dann das sogenannte Wirtschaftlichkeitsprinzip herausgearbeitet. In einem zweiten Abschnitt werden die Begriffe Firma, Betrieb und Unternehmung definiert und voneinander abgegrenzt. Grundlagen Ursachen und Gegenstand wirtschaftlicher Tä tig k eit Ursächlich für das Wirtschaften ist ein elementares Spannungsverhältnis zwischen den Bedürfnissen des Menschen (= Wünsche, mit dem Bestreben, diese zu befriedigen) und den Gütern als Mittel der Bedürfnisbefriedigung. Stünden Güter ( s iehe Glossar) in unbegrenzter Menge zur Verfügung, dann gäbe es nicht die Notwendigkeit, sich mit Fragen des Wirtschaftens zu befassen. In der realen Welt ist Güterknappheit gegeben. Für das Vorliegen einer Knappheit ist es nicht erforderlich, dass die Bedürfnisse als Mangelempfinden des Menschen unendlich groß sind, sondern es reicht aus, dass die Bedürfnisse die verfügbaren Mittel übersteigen. Ziel ist es damit, das Spannungsverhältnis zwischen den Bedürfnissen und den Mitteln, d. h. den Gütern, zu reduzieren. Um dies zu erreichen, sind Entscheidungen darüber zu treffen, welche Bedürfnisse in welchem Umfang Grundlagen , K onzeptionen und Z iele 1 | 1.1 Grundlagen 1.2 Grundkonzeptionen in der Betriebswirtschaftslehre 1.3 Das unternehmerische Zielsystem Inhalt Ü bersicht 1.1 | 1.1.1 | Bedürfnisse Güterknappheit <?page no="11"?> 1 1 G r u n d l a G e n befriedigt werden und welche Mittel in welchem Umfang vermehrt werden sollen. Wirtschaften heißt somit, nach bestimmten Kriterien Wahlentscheidungen zu treffen, d. h., weil der wirtschaftende Mensch nicht alle seine Bedürfnisse zu befriedigen vermag, muss er zwischen Alternativen wählen. Schanz (2014, S. 124) betont, dass der Sachverhalt der Mittelknappheit gleichsam disziplinkonstituierend sei. Bedingt durch die Begrenztheit der finanziellen Mittel muss der wirtschaftende Mensch z. B. auf die Befriedigung des Bedürfnisses X durch Gut A zugunsten der Befriedigung des Bedürfnisses Y durch Gut B verzichten. Wirtschaften kann dann auch bedeuten, zu entscheiden, worauf jemand verzichtet. Dieser Verzicht, genauer dieser Nutzenentgang, wird als Opportunitätskosten bezeichnet. Opportunitätskosten geben dann den entgangenen Nutzen an, der sich aus der nächstbesten Verwendung eines Gutes ergäbe. Dies gilt nicht nur für ein einzelnes Individuum, sondern ebenfalls für eine Volkswirtschaft. Dies sei für den einfachsten Fall zweier Güter A und B verdeutlicht. Es ist eine Entscheidung zwischen den Mengen der Güter A und B zu treffen, und zwar unter der Voraussetzung, dass sämtliche Produktionsmittel ausgelastet sind, d. h., die gesamte Produktionsmenge kann kurzfristig nicht gesteigert werden. Bei alternativen Verwendungsmöglichkeiten des gegebenen Produktionsapparates sind dann unterschiedliche Mengenkombinationen der Güter A und B denkbar. Diese Kombinationen werden mit Hilfe der sogenannten Produktionsmöglichkeitenkurve, auch Transformationskurve genannt, erfasst (vgl. Abbildung 1). Opportunitätskosten Produktionsmöglichkeitenkurve Menge des Gutes A (x A ) A B −∆x A +∆x B x 1 A x 2 A x 1 B x 2 B Menge des Gutes B (x B ) | Abb 1 Produktionsmöglichkeitenkurve (oder Transformationskurve) <?page no="12"?> 12 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Ausgangspunkt bildet Punkt A auf der Produktionsmöglichkeitenkurve, der eine Kombination der Güter A und B wiedergibt (x B 1 ; x A 1 ). Soll ein Übergang zu Punkt B (x B 2 ; x A 2 ) erfolgen, dann bedeutet dies, dass die ursprüngliche Menge des Gutes A um - � x A reduziert werden muss und die Menge des Gutes B um + � x B zunimmt. Dabei unterstellt die Produktionsmöglichkeitenkurve Entscheidungsfreiheit bei der Wahl der produktionstechnisch bestimmten Mengenkombinationen. Wird so vorgegangen, dass die Erreichung eines gegebenen Zieles mit geringstmöglichem Mitteleinsatz, oder mit einem gegebenen Mitteleinsatz eine maximale Zielerreichung realisiert werden soll, dann liegt dem Handeln das ökonomische Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip) zugrunde (vgl. Neus 2011, S. 4 f.). Entscheidungen, die auf dieser Grundlage erfolgen, werden als rational ( s iehe Glossar) bezeichnet. Dieses Prinzip sei an zwei Beispielen verdeutlicht: Eine Unternehmung wird ihre durch Maschinen und Mitarbeiter gegebene Produktionskapazität z. B. so einsetzen, dass sie ihren Output maximiert. In dieser Situation ist der Mitteleinsatz (Input) fest vorgegeben, und es gilt das Ziel, den Output zu maximieren. Es handelt sich folglich um das Maximumprinzip, d. h., es wird mit einem gegebenen Input ein maximaler Output angestrebt. Ein Elektrizitätswerk, das eine Stadt mit Strom versorgt, wird bestrebt sein, diese Aufgabe mit minimalen Kosten zu erfüllen. In dieser Situation ist der Output fest vorgegeben, der dann mit einem minimalen Input erreicht werden soll. In dieser Formulierung handelt es sich um das Minimumprinzip, d. h., ein vorgegebener Output soll mit einem minimalen Input erzielt werden. Diese Erscheinungsformen sind die beiden klassischen Formulierungen des ökonomischen Prinzips. Teilweise wird das ökonomische Prinzip auch so beschrieben, dass mit einem geringstmöglichen Input ein maximaler Output anzustreben sei. Eine solche Formulierung ist logisch nicht haltbar. Häufig sind aber weder Input noch Output vorgegeben, sondern beide variabel. Folglich ist das ökonomische Prinzip in einer allgemeineren Weise zu formulieren, die als generelles Extremumprinzip bezeichnet wird: Das ökonomische Handeln ist dadurch bestimmt, dass der Input und der Output so aufeinander abgestimmt werden, dass der durch sie definierte ökonomische Prozess optimiert wird, wobei das Optimalitätskriterium problemindividuell zu definieren ist (vgl. Müller-Merbach 1976, S. 7). Tabelle 1 gibt diese Überlegungen in systematisierter Form wieder. Wirtschaftlichkeitsprinzip generelles Extremumprinzip <?page no="13"?> 13 G r u n d l a G e n Firma , B etrieb, Unternehmung Firma ist ein handelsrechtlicher Begriff und in § 17 HGB definiert: (1) Die Firma eines Kaufmannes ist der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. (2) Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden. Der Kaufmann muss seine Firma zwecks Eintragung in das Handelsregister zur Anmeldung bringen (§ 29 HGB). Damit wird deutlich, dass es aus ökonomischer Sicht nicht angezeigt ist, die insbesondere in der Volkswirtschaftslehre verbreitete Formulierung „Theory of the Firm“ mit „Theorie der Firma“ zu übersetzen, sondern mit „Theorie der Unternehmung“ (vgl. Schneider 1993, S. 94). Der Begriff der Firma sollte nicht für wirtschaftliche Sachverhalte eingesetzt werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage der Abgrenzung von Betrieben und Unternehmungen. Auch wenn in der betriebswirtschaftlichen Literatur diese beiden Begriffe häufig synonym verwendet werden, soll im Folgenden eine Differenzierung vorgenommen werden. Erich Gutenberg (1897 - 1984) nahm eine inhaltliche Differenzierung zwischen Betrieben und Unternehmungen vor. Für ihn ist die Unternehmung ein spezifischer Betriebstyp in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem. Unternehmungen sind dann dadurch charakterisiert, dass sie am erwerbswirtschaftlichen Prinzip (Gewinnerzielung) orientiert sind und eine äußere und innere Autonomie aufweisen. Damit basiert die Unterscheidung darauf, ob eine Einheit in einem marktwirtschaftlichen oder planwirtschaftlichen System agiert. Eine solche wirtschaftssystemabhängige Abgrenzung hat sich aber in der Betriebswirtschaftslehre nicht durchgesetzt. Im vorliegenden Lehrbuch wird der Betrieb als die technische Einheit interpretiert, während die Unternehmung die rechtliche, organisatorische und finanzielle Einheit bildet. Eine Unternehmung kann folglich meh- Ausprä gungen des ö k onomischen Prinzips | Tab. 1 O utput F ix V ariabel F ix V ariabel I nput K eine E ntscheid ungssituation G enerelles E x tremumprinz ip M ax imumprinz ip M inimumprinz ip | 1.1.2 Firma eines Kaufmannes Info Betrieb Unternehmung <?page no="14"?> 14 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e rere Betriebe umfassen, die primär der Fremdbedarfsdeckung dienen. Hierdurch grenzen sie sich gleichzeitig von den Haushalten ab, die zwar ebenfalls wirtschaftliche Aktivitäten entfalten, diese aber primär auf die Eigenbedarfsdeckung ausrichten. Unternehmungen bilden keine homogene Gruppe. Um zu differenzierteren Aussagen zu gelangen, ist es erforderlich, diese Gruppe auf der Grundlage von Kriterien zu strukturieren. Es seien beispielhaft die folgenden Kriterien herangezogen: Eigentumsverhältnisse: Hieraus ergibt sich die Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Unternehmungen. Während es sich bei privaten Unternehmungen um Einrichtungen handelt, die sich im Eigentum von Subjekten des Privatrechts befinden, gehören öffentliche Unternehmungen der öffentlichen Hand. Materialität der erstellten Güter: Auf dieser Grundlage ist zwischen Sach- und Dienstleistungsunternehmungen zu unterscheiden. Branchenzugehörigkeit: Hierunter ist die Zusammenfassung von Unternehmungen zu verstehen, die gleichartige Güter herstellen. Neben reinen Erscheinungsformen sind Mischformen möglich (z. B. gemischtwirtschaftliche Unternehmungen, die sich im öffentlichen und im privaten Eigentum befinden). In diesem Abschnitt wurde herausgearbeitet, dass zwischen den Bedürfnissen des Menschen und den Gütern als Mittel der Bedürfnisbefriedigung ein elementares Spannungsverhältnis existiert, das wirtschaftliches Handeln notwendig werden lässt. Auf der Grundlage der Produktionsmöglichkeitenkurve (Transformationskurve) wurde das Wirtschaftlichkeitsprinzip (ökonomisches Prinzip) in seinen unterschiedlichen Ausprägungen herausgestellt. Ferner wurden die Begriffe Firma, Betrieb und Unternehmung abgegrenzt. 1 Skizzieren Sie die Ursache des Wirtschaftens. 2 Was verstehen Sie unter Opportunitätskosten? 3 Erklären Sie die unterschiedlichen Ausprägungen des Wirtschaftlichkeitsprinzips auf der Grundlage eines selbstgewählten Beispiels. 4 Grenzen Sie die Begriffe Firma, Betrieb und Unternehmung ab. Z usammenfassung Fragen <?page no="15"?> 15 G r u n d l a G e n L iteratur N eus (2011); M üller -M erbach (1976); s chNeider (1993). B etriebswirtschaftslehre als Wissenschaft Nach der Einordnung der Betriebswirtschaftslehre in eine Wissenschaftssystematik werden die Bedeutung und die Erscheinungsformen von Modellen herausgestellt. In einer weiterführenden Betrachtung werden unterschiedliche Grundkonzeptionen der Betriebswirtschaftslehre vorgestellt, wobei neben den „klassischen“ Grundkonzeptionen auch auf die institutionenökonomischen Ansätze eingegangen wird. Einordnung der Betriebswirtschaftslehre in die Wissenschaftssystematik In der Literatur existieren unterschiedliche Systematisierungen der Wissenschaft. Wird von den metaphysischen Wissenschaften (Theologie, Teile der Philosophie) abgesehen, dann ist zunächst zwischen Formal- und Realwissenschaften zu unterscheiden. Aussagen der Formalwissenschaften (Logik, Mathematik) sind analytischer Natur, d. h., sie beziehen sich nicht auf reale Objekte und können folglich auch nicht an der Realität überprüft werden. Demgegenüber formulieren Realwissenschaften Aussagen über reale Objekte oder Sachverhalte, weshalb sie auch als Erfahrungswissenschaften bezeichnet werden. Ihre Aussagen sind damit nicht nur logisch, sondern auch empirisch überprüfbar. Die Realwissenschaften lassen sich dann in einem nächsten Schritt in Natur- und Sozialwissenschaften weiter untergliedern. Die Naturwissenschaften (Physik, Chemie, Biologie etc.) streben nach Erkenntnissen über Gesetzmäßigkeiten der belebten und unbelebten Natur. Demgegenüber steht das menschliche Verhalten im Zentrum der Sozialwissenschaften (Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Psychologie etc.). Die Wirtschaftswissenschaften lassen sich dann in die Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre unterteilen. Die Betriebswirtschaftslehre spaltet sich weiter in eine Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und in Spezielle Betriebswirtschaftslehren auf, wobei wiederum unterschiedliche Differenzierungen vorgenommen werden können. Abbildung 2 gibt diese Systematik wieder. | 1.1.3 | 1.1.3.1 Ü bersicht Formalwissenschaften Realwissenschaften Wirtschaftswissenschaften <?page no="16"?> 16 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Wie betont, wird die Betriebswirtschaftslehre generell in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (BWL) und die Speziellen Betriebswirtschaftslehren untergliedert. Der Allgemeinen BWL obliegt die Aufgabe, die Speziellen zu integrieren (Integrationsfunktion im Sinne einer Klammer), d. h., sie ist nicht als die Summe der speziellen Betriebswirtschaftslehren zu interpretieren (vgl. Adam et al. 1989, S. 4 ff.). Neben der Integrationsfunktion kommt ihr darüber hinaus eine Überblicksfunktion zu, die insbesondere darauf abzielt, die Einordnung der speziellen Kenntnisse zu erleichtern. Die folgende Abbildung verdeutlicht diese Sichtweise (vgl. Adam et al. 1989, S. 9). Die Speziellen Betriebswirtschaftslehren lassen sich weiter in Funktions- und Institutionenlehre untergliedern, wobei sich diese beiden Sichten nicht gegenseitig ausschließen, sondern ergänzen. Abbildung 4 gibt diese Sichtweise wieder. W issenschaften F ormalwissenschaften R ealwissenschaften L ogik M athematik N aturwissenschaften Soz ialwissenschaften � Phy sik � C hemie � B iologie . . . � W irtschaftswissenschaften V W L B W L � Soz iologie � Psy chologie . . . Abb 2 | Wissenschaftssystematik Spezielle Betriebswirtschaftslehren A llgemeine B etriebswirtschaftslehre ( I ntegrationsfunktion) A llgemeine B etriebswirtschaftslehre ( Überblicksfunktion) Spez ielle B etriebswirtschaftslehren Abb 3 | Verhältnis zwischen Allgemeiner und Speziellen Betriebswirtschaftslehre(n) <?page no="17"?> 17 G r u n d l a G e n Diese unterschiedlichen Betrachtungen haben in der betriebswirtschaftlichen Literatur zum Teil kontroverse Diskussionen hervorgerufen. So betonten bereits Hasenak (1958) und Schäfer (1963), dass beide Betrachtungsweisen für eine Analyse erforderlich seien, und Hasenak stellte fest, dass die Frage „Wirtschaftszweiglehren oder Funktionslehren? “ schon im Ansatz falsch gestellt sei und betonte, dass jeder Gliederungsversuch letztlich als ein Kompromiss zu verstehen sei. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es zumeist zwischen Wirtschaftszweig- und Funktionslehren Verwandtschaften gibt, wie sie etwa bei der Bankbetriebslehre und der Finanzwirtschaft oder bei der Industriebetriebslehre und Produktionswirtschaft, um nur zwei Beispiele zu nennen, offenkundig werden. Teilweise wird die „Geburtsstunde“ der Betriebswirtschaftslehre mit der Gründung der Handelshochschulen ab 1898 gleichgesetzt. Schneider (1999, S. 16) widerspricht dieser Aussage und Isaac (1923, S. 13) hebt hervor, dass es „… allemal eine gewagte Sache (sei, d. V.), das Geburtsjahr oder gar die Geburtsstunde einer Wissenschaft bestimmen zu wollen. Ganz besonders gilt dies von der noch jungen Betriebswirtschaftslehre …“ Als eine erste Abhandlung (vgl. Schneider 1999, S. 4 f.) ist eine um das 9. - 12. Jahrhundert geschriebene arabische Handelskunde zu nennen, der zahlreiche kaufmännische Lehren folgten. Weitere Abhandlungen haben ihre Wurzeln im 14., 15. und 16. Jahrhundert. Sie sind jedoch keine systematischen wissenschaftlichen Untersuchungen, sondern befassen sich mit kaufmännischen Einzelproblemen mit dem Schwerpunkt Buchhaltung, kaufmännisches Rechnen und Handelsverkehr. Im Jahr 1675 erschien mit dem Werk „Le parfait négociant “ (die deutsche Übersetzung aus I nd ustriebetriebslehre H and elsbetriebslehre B ankbetriebslehre V ersicherungsbetriebslehre V erkehrsbetriebslehre I nstitutionen F unktionen I nd ustrie B anken V ersicherungen H and el V erkehr F orschung und E ntwicklung F inanz ierung A bsatz Prod uktion B eschaffung B eschaffungswirtschaft Prod uktionswirtschaft A bsatz wirtschaft F inanz wirtschaft F orschung und E ntwicklung | Abb 4 Integrative Sicht der Institutionen- und Funktionslehren Info <?page no="18"?> 18 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e dem Jahr 1677 erschien unter dem Titel „Der vollkommene Kauff- und Handels-Mann“) von Jacques Savary ein Lehr- und Nachschlagewerk über kaufmännisches Wissen, das etwa ein Jahrhundert lang nachgedruckt wurde und letztmalig 1757 in der 11. Auflage erschien (vgl. Schneider 1999, S. 5 f.; Weber 1914, S. 12 ff.). Mit diesem Werk wird auch der Beginn der systematischen Handlungswissenschaft festgelegt, die dann mit dem Werk „System des Handels“ von Johann Michael Leuchs im Jahr 1804 endet. Zentrales Anliegen der Handlungswissenschaft war es, aufzuzeigen, wie, mit welchen Mitteln und unter welchen Einflüssen ein Gewerbe gegründet und betrieben werden kann. Dies kommt dem Gegenstand der heutigen Betriebswirtschaftslehre nahe. Damit steht der Begriff der Handlungswissenschaften für jenen Teil der Kameralwissenschaft, der sich mit betriebswirtschaftlichen Problemen beschäftigt. Der Begriff der Betriebswirtschaftslehre geht auf Edward Baumstark (1807 - 1889) zurück. Das Wissen der Handlungswissenschaften geriet jedoch in Vergessenheit, ein Sachverhalt, der sich insbesondere auch darin zeigt, dass in den Lehrbüchern der Betriebswirtschaftslehre, die nach der Gründung der erwähnten Handelshochschulen erscheinen, nicht auf die Erkenntnisse und Erfahrungen der Handlungswissenschaften zurückgegriffen wurde. Modelle als Instrument der Vereinfachung Reale Probleme sind i. d. R. so komplex, dass sie mit Hilfe von Modellen vereinfacht werden müssen. Der Begriff Modell geht zurück auf das lateinische Wort „modulus“ und bedeutet: kleiner Maßstab. Modelle sind folglich Repräsentationen eines realen Sachverhaltes (Urbild), der auch als Realproblem bezeichnet wird. Das Realproblem ist dann mit Hilfe gedanklicher Abstraktion so zu vereinfachen, dass sich das ergebende Modell auch handhaben lässt. Ein Modell ist damit keine vollkommene Nachbildung der Realität, d. h., es ist letztlich eine Reduktion auf die als wesentlich erkannten bzw. unterstellten Beziehungszusammenhänge. Ein Modell ist immer das Ergebnis einer selektiven Betrachtung, ein Sachverhalt, den Popper (1995, S. 354) deutlich zum Ausdruck bringt: „Jedes Modell … muß eine grobe Vereinfachung sein. Es muß vieles weglassen, und es muß vieles zu sehr betonen.“ Dabei ist darauf zu achten, dass eine nicht zu starke Vereinfachung vorgenommen wird, da sonst die Gefahr besteht, dass der „Fehler 3. Art“ auftritt: Dieser Fehler besagt, dass ein falsches Problem richtig gelöst wird. Ein Modell muss die wesentlichen Elemente des Realproblems repräsentieren, da nur so Schlüsse bzw. Lösungen, die aus dem Modell abgeleitet werden, auch für das Realproblem Gültigkeit haben. Die Abbildungsbeziehungen zwischen Modell und Original werden mit Attributen wie homomorph (strukturähnlich) oder gar isomorph (strukturgleich) umschrieben (vgl. Klein / Scholl 2004, S. 30). Homomorph ist ein Modell dann, wenn Modell 1.1.3.2 | <?page no="19"?> 19 G r u n d l a G e n es eine mehreindeutige und strukturerhaltende Abbildung der Realität darstellt. Die Mehreindeutigkeit ergibt sich aus der Zusammenfassung von Gegenständen, die im Realproblem unterscheidbar, für das Modell hingegen unerheblich sind, so dass auf eine Differenzierung verzichtet werden kann. Strukturerhaltend ist eine Abbildung, wenn die abgebildeten Merkmale, die im Realproblem untereinander Beziehungen aufweisen, auch im Modell vorhanden sind. Es ist damit nur eine abgeschwächte Abbildungstreue gegeben. Demgegenüber liegt bei einer Isomorphie eine eineindeutige (eindeutig umkehrbare) Relation vor (vgl. Köhler 1975, Sp. 2706), d. h., es ist eine Strukturgleichheit gegeben, die sich in einer Identität von zwei formalen Strukturen niederschlägt. Abbildung 5 gibt diesen Sachverhalt wieder (vgl. Klein / Scholl 2004, S. 30). Die Isomorphie wird in der Literatur kontrovers diskutiert. So wird teilweise nur dann von einem Modell gesprochen, das für wissenschaftliche Zwecke geeignet sei, wenn Modell und Original strukturgleich, also isomorph sind. Auf der anderen Seite wird hingegen betont, dass bedingt durch die im Rahmen der Modellbildung vorzunehmenden Vereinfachungen mit der Isomorphieforderung „… nur eine partielle Strukturgleichheit von Abbildung und Gegenstandsbereich gemeint sein kann.“ (Berthel 1970, Sp. 1123). Letztlich erscheint eine vollständige Isomorphie nicht möglich, weil einem Modell immer „… unvermeidliche Verzerrungen der Realität …“ (Baumol 1966, S. 155) anhaften, und sei es nur durch die Perzeption. Und Zelewski (2008, S. 43) formuliert etwas pointierter: „Alle Bezugnahmen auf Ähnlichkeiten zwischen Modell und Original bleiben Leerformeln, solange keine intersubjektiv nachprüf baren Ähnlichkeitsmaßstäbe definiert werden … Darüber hinaus unterstellen isomorph homomorph U rbild | Abb 5 Homorphie und Isomorphie von Modellen <?page no="20"?> 20 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e alle ähnlichkeitsorientierten Modelldefinitionen implizit, das Original eines Modells könne so wahrgenommen werden, wie es „an sich“ in der Realität existiert. Das kann aber nur aus der Perspektive einer naiv realistischen Erkenntnisposition vertreten werden. Dagegen räumt jeder Anhänger eines aufgeklärten Realismus ein, dass bereits die Wahrnehmung eines realen Sachverhaltes eine konstruktive Erkenntnisleistung darstellt. Folglich kann niemals die Ähnlichkeit eines Modells mit seinem Original untersucht werden, sondern immer nur die Ähnlichkeit zwischen unterschiedlichen Modellen desselben Originals.“ Der sogenannte Konstruktivismus unterstellt, dass der Mensch keinen unmittelbaren Zugang zur Realität hat und folglich Aussagen über die Wirklichkeit subjektiv konstruiert sind. Damit ist jede Erkenntnisleistung eine aktive Eigenleistung. Die Menschen konstruieren sich mit Hilfe der Sinneseindrücke ihre Erfahrungswelt. Unter einem Modell sind dann gedankliche Abbilder eines empirischen Originals zu verstehen, bei denen eine Reduktion auf die als wesentlich unterstellten Beziehungszusammenhänge erfolgt und in Worten, Symbolen und ihren Verknüpfungen ausdrückbar sind (vgl. Schneider 1995, S. 20). Wird von physikalischen Modellen abstrahiert, die für die Betriebswirtschaftslehre keine Bedeutung haben, dann lässt sich die Gruppe der sprachlichen Modelle, wie in Abbildung 6 dargestellt, systematisieren (vgl. Zelewski 2008, S. 45; zu weiteren Modellarten vgl. z. B. Klein / Scholl 2004, S. 31). Während implizite Modelle, auch als mentale Modelle bezeichnet, rein gedankliche Konstrukte bilden, d. h., sie existieren nur in der Gedankenwelt einer problemwahrnehmenden Person, haben explizite Modelle die Gedankenwelt bereits verlassen. Natürlichsprachliche Modelle sind verbale Beschreibungen eines Realproblems. Neben der Beschreibung können sie auch der verbalen Analyse dienen. Formalsprachliche Modelle, die ebenfalls Beschreibungs- und Analysemodelle sein können, bilden das Realproblem mit Hilfe mathematischer Formulierungen ab. Beschreibungsmodellen (z. B. die Finanzbuchhaltung vgl. Abschnitt 4.1.3.3, kann als ein solches Modell gesehen werden) wird ein deskriptives Erkenntnisziel zuerkannt, da ihre Aufgabe darin besteht, reale Sachverhalte in zutreffender Weise zu beschreiben (Beschreibungsziel). Teilweise wird die Beschreibung realer Sachverhalte aber nicht als eigenständiges Erkenntnisziel der Betriebswirtschaftslehre eingestuft. Zelewski (2008, S. 25) ordnet dem Beschreibungsziel dann auch nur eine derivative Qualität zu, die aus dem übergeordneten originären Erkenntnisziel abgeleitet wird. Die Info Beschreibungsmodelle <?page no="21"?> 21 G r u n d l a G e n Analysemodelle zielen auf Erkenntnisse ab und werden in die Unterklassen Erklärungs-, Entscheidungs- und Prognosemodelle untergliedert. Den Erklärungsmodellen liegt ein theoretisches Erkenntnisziel zugrunde, d. h., sie sollen reale Sachverhalte erklären. Es geht folglich um die Antwort auf eine Warum-Frage. In Abhängigkeit von dem zugrundeliegenden Erklärungsansatz wird zwischen Interpretations- und Kausalmodellen unterschieden. Interpretationsmodellen liegt der hermeneutische Ansatz zugrunde, der darauf ausgerichtet ist, das „Wesen“ eines realen Sachverhaltes zu ergründen (vgl. z. B. Kromphardt / Clever / Klippert 1979, S. 80 ff.). Ziel ist es dabei, die Frage zu beantworten, warum reale Phänomene so sind, wie sie beobachtet werden. Demgegenüber basieren Kausalmodelle auf dem nomologischen Ansatz (vgl. z. B. Schanz 1975, S. 41 ff.), mit dem die Formulierung allgemeiner gesetzesartiger Aussagen angestrebt wird (nomologische Hypothesen). Sie untersuchen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen unabhängigen Variablen und hiervon abhängigen Variablen. Entscheidungsmodelle zielen darauf ab, aus unterschiedlichen Handlungsempfehlungen die Alternative zu wählen, die auf der Grundlage einer Zielfunktion optimal ist. Prognosemodelle haben zum Ziel zu erforschen, welche Konsequenzen eintreten bzw. zu erwarten sind, falls die in diesen Modellen zugrunde gelegten Annahmen zutreffen. Dabei M od elle ( sprachliche) I mpliz ite M od elle E x pliz ite M od elle N atürlichsprachliche M od elle F ormalsprachliche M od elle B eschreibungsmod elle A naly semod elle E rklärungsmod elle E ntscheid ungsmod elle Prognosemod elle I nterpretationsmod elle K ausalmod elle | Abb 6 Modellarten Analysemodelle Erklärungsmodelle Interpretationsmodelle Kausalmodelle Entscheidungsmodelle Prognosemodelle <?page no="22"?> 22 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e kann es sowohl um eine Vorhersage zukünftiger Umweltentwicklungen (Umweltprognose) als auch um die Abschätzung der Auswirkungen von Handlungsalternativen (Wirkungsprognosen) gehen. Unter Prognosen sind dabei Aussagen zu verstehen, die auf der Grundlage theoretischer Zusammenhänge getroffen werden, sogenannte wissenschaftliche Voraussagen (objektiv begründet) oder ohne Rückgriff auf theoretische Aussagen formuliert werden und auf Erfahrungen und Überzeugungen basieren (subjektiv begründet; auch als Projektionen bezeichnet; vgl. Abschnitt 4.2). Letztlich stellt die Prognose die Umkehrung eines deduktiven Erklärungsmodells dar. Grund k onzeptionen in der B etriebswirtschaftslehre In der Betriebswirtschaftslehre lassen sich unterschiedliche methodische und inhaltliche Grundkonzeptionen unterscheiden, die teilweise auch als Paradigmen bezeichnet werden, eine Vorgehensweise, der nicht gefolgt werden soll (zum Paradigmabegriff vgl. Kuhn 1967). Im Folgenden sollen einige, die aus unserer Sicht als die wesentlichen Konzeptionen anzusehen sind, vorgestellt werden. Systemtheoretischer Ansatz Die Unternehmung als ein künstlich geschaffenes produktives soziales System zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse zu interpretieren, geht auf Hans Ulrich (1968, S. 105 ff.) zurück. Im Zentrum steht dabei der Systembegriff, dessen Hauptcharakteristika die Betrachtung von Teilen und Ganzheit, die Beziehungen zwischen den Teilen und die Systemstruktur sind. Ein System ist dann eine geordnete Anzahl von Elementen (Objekten) und deren Beziehungen untereinander. Elemente können dabei z. B. Funktionsbereiche wie Beschaffung, Produktion etc. oder Hauptabteilungen sein, die dann als Subsysteme des Gesamtsystems Unternehmung aufgefasst werden können, d. h., es entsteht eine mehrstufige Systemgliederung. Elemente sind die kleinste interessierende Einheit, die nicht mehr weiter aufgeteilt werden soll oder kann. Was letztlich System, Subsystem oder Element ist, hängt von der Zielsetzung des Betrachters ab. Neben der internen Struktur ist auch die Umwelt der Unternehmung von Interesse, wobei diese Umwelt, in der die Unternehmung eingebettet und aktiv ist, als Umsystem oder Supersystem bezeichnet wird. Dieses Umsystem kann dann z. B. in ein Umsystem I (direkte Austauschbeziehungen etwa mit Abnehmern und Lieferanten) und ein Umsystem II Prognosen 1.2 | 1.2.1 | Systembegriff System Umsystem <?page no="23"?> 23 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e (allgemeine Öffentlichkeit) aufgeteilt werden. Hieraus resultiert dann die Unterscheidung zwischen geschlossenen und offenen Systemen. In Abhängigkeit von der Anzahl der Elemente und Relationen können folgende Systeme unterschieden werden: Einfache Systeme liegen dann vor, wenn wenige Elemente und Relationen gegeben sind. Von komplexen Systemen wird gesprochen, wenn zwar viele Elemente und Relationen auftreten, aber das System noch beschreibbar ist. Um äußerst komplexe Systeme handelt es sich dann, wenn ein System sich einer Beschreibung entzieht. Weitere Systemkennzeichnungen sind die Unterscheidungen zwischen dynamischen (wenn im Inneren des Systems oder in Bezug auf das Umsystem Prozesse ablaufen) und statischen Systemen sowie zwischen deterministischen (die Teile eines Systems wirken in einer vollständig voraussehbaren Weise aufeinander ein, und damit ist auch eine Voraussage über Zustandsänderungen möglich; vgl. Beer 1962, S. 27 f.) und probabilistischen (Voraussagen über Zustandsänderungen lassen sich nur mit Wahrscheinlichkeiten tätigen), d. h., das Kriterium bildet die Voraussagbarkeit des Systemverhaltens. Zwei zentrale Begriffe der Systemtheorie sind die Steuerung und Regelung, die in der Kybernetik, einem Teilbereich der Systemtheorie, ihren Ursprung haben. Die Kybernetik ist die Wissenschaft von den dynamischen Systemen, die mit Hilfe von Rückkopplungen einem Gleichgewichtszustand zustreben. Rückkopplungen sind Rückmeldungen einer Outputgröße an den Input und eine damit gegebenenfalls verbundene Beeinflussung des Inputs. Dient die Rückkopplung dem Ausgleich von Störungen im Interesse der Systemstabilität, dann wird von einer kompensierenden Rückkopplung gesprochen. Grundlage der Rückkopplung ist dabei ein Regelkreis (vgl. Abbildung 7). Kybernetik Regelkreis F ührungsgrö ß en R egler ( E ntscheid ungsträger) Stellgrö ß en ( V orgaben) R egelgrö ß en ( R ückmeld einformationen) R egelstrecke ( z u gestaltend er Sachv erhalt) I nput O utput Stö rgrö ß en | Abb 7 Regelkreis (Grundstruktur <?page no="24"?> 24 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es sich bei der systemtheoretischen Betrachtung Ulrichs um eine sozialkybernetische Version des Systemansatzes handelt: die Unternehmung wird als Regelkreis begriffen. Bei der Steuerung fehlt die Rückkopplung. Anders als bei der kompensierenden Rückkopplung lösen Störungen keinen Korrekturprozess in Richtung auf ein vorgegebenes Ziel aus, weshalb auch von einem offenen Wirkungsablauf gesprochen wird (vgl. Abbildung 8). Für eine Unternehmung ergeben sich folglich vermaschte Regelkreise. Aus systemtheoretischer Sicht sind Unternehmungen damit als äußerst komplexe, offene, soziotechnische Systeme zu charakterisieren, in denen zielgerichtete Dispositionen über knappe Mittel vorgenommen werden. Wird die Unternehmung als System betrachtet, dann lässt sie sich in Subsysteme zerlegen und in ihr Umsystem, das wiederum aus Subsystemen (vgl. Ulrich 1990, S. 69) besteht, einordnen. Abbildung 9 gibt diese Betrachtung wieder. Steuerung Abb 8 | Steuerkette Prod uktionssy stem B eschaffungssy stem F inanz sy stem T echnologiesy stem A bsatz sy stem W irtschaftliches U msy stem T echnologisches U msy stem Soz iales und rechtliches U msy stem Ö kologisches ( natürliches) U msy stem W irtschaftliches U msy stem T echnologisches U msy stem Soz iales und rechtliches U msy stem Ö kologisches ( natürliches) U msy stem Abb 9 | Das Unternehmungssystem und seine Einbettung in das Umsystem <?page no="25"?> 25 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Die Abbildung zeigt eine beispielhafte Zerlegung des Systems Unternehmung in einzelne Subsysteme, die untereinander in Austauschbeziehungen stehen (zu einer anderen Subsystembildung in finanzwirtschaftliches, leistungswirtschaftliches und informationswirtschaftliches Subsystem vgl. z. B. Zelewski 2008, S. 63). Zum wirtschaftlichen Umsystem zählen etwa die Beschaffungsmärkte, die Absatzmärkte sowie die Geld- und Kapitalmärkte. Bei den Beziehungen (eingezeichnete Pfeile) kann es sich um Realgüter-, Nominalgüterströme und Informationsflüsse handeln. Das technologische Umsystem stellt eine Quelle von Chancen und Bedrohungen für die Unternehmung dar (technologische Innovationen) ( s iehe Glossar). Dabei muss die Unternehmung darauf achten, dass neue Technologien häufig nicht in dem Bereich ihre primäre Nutzung erfahren, in dem sie entwickelt wurden. Das Technologiesystem umfasst neben den für die Produktion notwendigen Produktionstechnologien auch den gesamten Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, die in der Unternehmung zum Einsatz gelangen. Das soziale Umsystem knüpft an Personen und Gruppen an, die von der Unternehmungstätigkeit betroffen sind (sogenannte Bezugsgruppen). Mit dem rechtlichen Umsystem werden alle rechtlichen Bestimmungen erfasst, die durch Bund, Länder, Gemeinden und Finanzverwaltung erlassen werden und auf die unternehmerischen Aktivitäten einwirken. Diese Eingriffe können einerseits eine fördernde Wirkung auf die Unternehmungsaktivitäten haben, z. B. steuerliche Entlastungen oder Subventionen, und anderseits restriktive Wirkungen zeigen (z. B. Durchführungsverordnungen, Verwaltungsvorschriften). Das ökologische (natürliche) Umsystem schließt die belebte und unbelebte Natur ein, wenn diese eine Beziehung zu den unternehmerischen Aktivitäten aufweist. Dies zeigt sich sowohl bei der Entnahme von Rohstoffen (z. B. Bodenschätze, Wasser) als auch bei der Abgabe von Schadstoffen an die Umwelt. Der systemtheoretische Ansatz wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert. So wird kritisiert, dass dieser Ansatz lediglich auf einer deskriptiven Ebene bleibt und nur ein f lexibles begriffliches Instrumentarium zur Verfügung stelle. Demgegenüber seien substanzielle Erklärungs- und Gestaltungsansätze für die Betriebswirtschaftslehre nicht zu erkennen. So weist Schanz (2009, S. 123) darauf hin, dass die allgemeine Systemtheorie (vgl. Bertalanffy 1951, S. 306 ff.) zum Ziel hatte, „… einen einheitlichen, an keine bestimmte wissenschaftliche Disziplin gebundenen Begriffsapparate zu schaffen.“ Durch eine solche „Einheitssprache“ werde dann letztlich die Verständigung in der Wissenschaft erleichtert und eine Interdisziplinarität unterstützt. Dabei ist aber zu beachten, dass Begriffe für eine wissenschaftliche Analyse umso unbrauchbarer sind, je allgemeiner sie gehalten werden (im Gegensatz zu <?page no="26"?> 26 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Theorien). Der entscheidende Grund hierfür sind die unterschiedlichen realen Gegenstände, die mit der Systemtheorie beschrieben werden, d. h., es besteht die Gefahr, dass eine einheitliche Terminologie Unterschiede verschleiert. Dies unterstreicht, dass die systemtheoretische Perspektive keine substanzwissenschaftlichen Beiträge zu leisten vermag, sondern ihr Wert eher in einer „systematischen Entfaltung betriebswirtschaftlicher Grundlagen“ (Zelewski 2008, S. 52) zu sehen ist. Befürworter der Systemtheorie betonen hingegen, dass es durchaus eigenständige systemtheoretische Gesetzmäßigkeiten gebe und weisen in diesem Zusammenhang auf die Varietät hin, die Aussagen zur Komplexität ermögliche. Die Varietät „… drückt … die Anzahl der unterschiedlichen Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems aus, wobei zu beachten ist, daß zwischen zwei Elementen mehrere verschiedene Beziehungen bestehen können“ (Ulrich 1968, S. 116). Die Varietät (V) ergibt sich dann aus: V = m · n (n - 1) __ 2 mit: n = Anzahl der verschiedenen Elemente m = Anzahl der verschiedenen Beziehungen zwischen zwei Elementen Für ein statisches System, in dem zwischen je zwei Elementen zwei verschiedene Beziehungen bestehen und sieben Elemente vorhanden sind, ergibt sich eine Varietät von V = 42. Liegt hingegen ein dynamisches System vor, bei dem die Beziehungen aktiv oder nicht aktiv sein können, dann ergeben sich 2 42 mögliche Systemzustände (vgl. Ulrich 1968, S. 116). Zelewski (2008, S. 52) betont jedoch in diesem Zusammenhang, dass das systemtheoretische Varietätsgesetz auf solch rigiden impliziten Randbedingungen basiere, „… dass sich kaum nachvollziehen lässt, auf welche realen betriebswirtschaftlichen Sachverhalte es anwendbar sein sollte.“ Fa k tortheoretischer Ansatz Der faktortheoretische Ansatz geht auf Erich Gutenberg zurück, der mit seinem dreibändigen Werk „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre: Band 1: Die Produktion, Band 2: Der Absatz und Band 3: Die Finanzen“ sowie mit seiner Habilitationsschrift „Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie“ die Betriebswirtschaftslehre grundlegend beeinflusst hat. Die Einteilung seines dreibändigen Grundlagenwerkes zeigt, dass er eine funktionale Betrachtung der Betriebswirtschaftslehre vornimmt, d. h., es werden bestimmte Funktionen in der Unternehmung untersucht. Funktionen ergeben sich durch die Zusammenfassung gleicher oder ähnlicher Verrichtungen, die einer organisato- Info 1.2.2 | <?page no="27"?> 27 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e rischen Einheit übertragen werden. Im Gegensatz zu seiner Habilitationsschrift, in der er die Beschaffung als eigenständige Funktion aufführt, wird diese Funktion in seinem Grundlagenwerk auf die anderen Funktionen aufgeteilt und nicht mehr als eigenständige Funktion betrachtet. Im Rahmen der Leistungserstellung geht es um die produktive Kombination der Produktionsfaktoren ( s iehe Glossar), wobei Gutenberg die folgende Systematisierung vornimmt: Elementarfaktoren ● objektbezogene menschliche Arbeitsleistung ● Werkstoffe (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe) ● Betriebsmittel Dispositiver Faktor ● originärer dispositiver Faktor (Unternehmungsleitung) ● derivativer dispositiver Faktor - Planung - Organisation Bei der menschlichen Arbeitsleistung nimmt Gutenberg eine Zweiteilung vor, die er als grundsätzlich voneinander verschiedene Arbeitsleistungen charakterisiert: „Unter objektbezogenen Arbeitsleistungen werden alle diejenigen Tätigkeiten verstanden, die unmittelbar mit der Leistungserstellung, der Leistungsverwertung und mit finanziellen Aufgaben in Zusammenhang stehen, ohne dispositiv-anordnender Natur zu sein.“ (Gutenberg 1971, S. 3). Während die Elementarfaktoren im Produktionsprozess kombiniert werden, obliegt dem dispositiven Faktor die Aufgabe, auf den Leistungserstellungsprozess, in den die Elementarfaktoren einfließen, gestaltend einzuwirken: „Dispositive Arbeitsleistungen liegen dagegen vor, wenn es sich um Arbeiten handelt, die mit der Leitung und Lenkung der betrieblichen Vorgänge in Zusammenhang stehen.“ (Gutenberg 1971, S. 3). Der originäre dispositive Faktor ist dabei die Geschäftsleitung (Unternehmungsleitung), der Gutenberg eine „irrationale Wurzel“ zuspricht und die sich somit einer quantitativen Erfassung entzieht (vgl. hierzu die Ausführungen bei Biermann aus dem Jahr 1904, S. 5 ff.). Demgegenüber sind die derivativen dispositiven Faktoren in der Form der Planung und Organisation die rationalen Elemente der Unternehmungsleitung. Die Kombination der Elementarfaktoren soll dann möglichst ergiebig erfolgen, d. h., die Beziehung zwischen Faktoreinsatz und Faktorertrag steht im Zentrum der Überlegungen. Auf dieser Grundlage formuliert Gutenberg dann seine Produktionsfunktion vom Typ B, bei der die Produktionsfaktoren nicht variierbar sind, sondern in einer limitationalen Beziehung zueinander stehen (vgl. z. B. Corsten / Gössinger 2012, S. 94 ff.). Aufbauend auf dieser Produktionsfunktion entwickelt er die kostentheoretischen Grundlagen. Damit Produktionsfaktoren Elementarfaktoren dispositiver Faktor <?page no="28"?> 28 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e stellt er einen Zusammenhang zwischen Produktions- und Kostentheorie her, so dass sich eine theoretische Geschlossenheit des Gutenberg’schen Ansatzes ergibt (vgl. Schanz 2009, S. 105 f.). Kern der Leistungsverwertung (Absatz) bildet das absatzpolitische Instrumentarium, das die Absatzmethoden, die Preispolitik, die Produktgestaltung und die Werbung umfasst (vgl. Abschnitt 3.1.3). Die Preispolitik analysiert er für unterschiedliche Marktformen, wobei er zwar auf die neoklassisch orientierte mikroökonomische Theorie zurückgreift, aber darüber hinausgehend das Modell der polypolistischen Konkurrenz mit einer doppelt geknickten Preisabsatzfunktion ( s iehe Glossar) und das Konzept des akquisitorischen Potentials entwirft. Die finanzielle Sphäre (Bd. 3: Die Finanzen) überlagert die beiden anderen Funktionen und gliedert sich in Kapitalbedarf und -fonds. Als Hauptdeterminanten des Kapitalbedarfs werden die Prozessanordnung, Prozessgeschwindigkeit, Beschaffungsschwankungen, das Produktionsprogramm und die Betriebsgröße genannt. Der Unternehmungsleitung fällt dann die Aufgabe zu, Kapitalbedarf und -fonds aufeinander abzustimmen, d. h., ein finanzielles Gleichgewicht zu realisieren. Die finanzielle Sphäre wird dabei aus der Perspektive des güterwirtschaftlichen Leistungsvollzuges betrachtet, weil die Leistungserstellung mit der Beschaffung der notwendigen Produktionsfaktoren finanzielle Mittel bindet und diese mit der Leistungsverwertung wieder freigesetzt werden. Abbildung 10 gibt den faktortheoretischen Ansatz in seiner grundsätzlichen Struktur wieder (Wehrhahn 1980, S. 73). Abb. 10: Struktur des faktortheoretischen Ansatzes U nternehmungsleitung ( originärer d ispositiv er F aktor) Planung O rganisation L eistungserstellung O bj ektbez ogene menschliche A rbeitsleistung B etriebsmittel W erkstoffe K apitalbed arf K apitalfond s F inanz ielle Sphäre � F inanz ielles G leichgewicht � K ostenminimierung Prod uktgestaltung A bsatz method en Preispolitik L eistungsv erwertung Z iel: G ewinnmax imierung Z iel: W irtschaftlichkeit W erbung Z iel: Abb 1 0 | Struktur des faktortheoretischen Ansatzes <?page no="29"?> 29 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Zentrales Ziel des faktortheoretischen Ansatzes ist es, Vorgänge in Unternehmungen messbar und generalisierbar zu machen. Motive und Ziele der in der Unternehmung tätigen Menschen werden dabei ausgeklammert. Er unterstellt vielmehr Rationalität der Entscheidungsträger und knüpft damit am Leitbild des „homo oeconomicus“ an, wie er aus der Neoklassik bekannt ist, wobei er diesen nur auf die objektbezogenen menschlichen Arbeitsleistungen beschränkt, während er für die dispositiven Arbeitsleistungen auch nichtrationale Verhaltensweisen zulässt. Der homo oeconomicus ist durch die folgenden Eigenschaften charakterisiert (vgl. Kirsch 1970, S. 27 f.): Er verfügt über ein definiertes, widerspruchsfreies Zielsystem, das zeitinvariant ist. Er verfolgt ausschließlich ökonomische Ziele, d. h., handlungsbestimmend ist sein Streben nach Nutzenmaximierung (bzw. Gewinnmaximierung). Er kennt alle Entscheidungsalternativen und deren Konsequenzen, d. h., es liegt vollkommene Markttransparenz bzw. vollkommene Voraussicht vor. Um die Problematik der Prämisse der vollkommenen Voraussicht zu verdeutlichen, sei auf ein Beispiel von Morgenstern (1935, S. 343) zurückgegriffen, das aufzeigt, dass diese Prämisse zu einem Paradoxon führt: „Als Sherlock Holmes, von seinem Gegner Moriarty verfolgt, von London nach Dover abfährt, und zwar mit einem Zuge, der auf einer Zwischenstation hält, steigt er dort aus, anstatt nach Dover weiterzufahren. Er hat nämlich Moriarty auf dem Bahnhof gesehen, schätzt ihn für sehr klug und erwartet, daß Moriarty einen schnelleren Extrazug nehmen werde, um ihn in Dover zu erwarten. Diese Antizipation Holmes’ stellt sich als richtig heraus. Was aber, wenn Moriarty noch klüger gewesen wäre, Holmes’ geistige Fähigkeiten höher eingeschätzt und demnach Holmes’ Aktion vorausgesehen hätte? Dann wäre er offenbar nach der Zwischenstation gefahren. Das hätte Holmes wieder kalkulieren und daher sich für Dover entscheiden müssen. Worauf Moriarty wieder anders „reagiert “ hätte. Vor lauter Nachdenken wären sie gar nicht zum Handeln gekommen, oder der geistig Unterlegene hätte sich schon am Viktoria-Bahnhof dem anderen übergeben müssen, weil die ganze Flucht unnötig geworden wäre.“ Wäre die Prämisse der vollkommenen Voraussicht erfüllt, dann hätte weder Sherlock Holmes noch Moriarty Spekulationen über die möglichen Handlungsweisen des jeweils anderen anstellen müssen, weil sie diese vollkommen klar und sicher überblicken. Der Ausgang liegt damit für beide offen und bestimmt vor. Damit impliziert die Prämisse der vollkommenen Voraussicht absoluten Determinismus. „Das ist eben die Konsequenz dieser Prämisse, die dem einzelnen Subjekt keine Entscheidungsfreiheit mehr lassen kann.“ (Wittmann 1959, S. 21). vollkommene Voraussicht Info <?page no="30"?> 30 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Dem Gutenberg’schen Forschungsprogramm liegt ein idealtypisches Vorgehen zugrunde, d. h., er abstrahiert bewusst von den in der Realität vorliegenden Verhältnissen: „Die Wissenschaft braucht einen geistigen Experimentierraum, in dem sie das Recht hat, Fragen zu diskutieren, von denen jetzt noch nicht bekannt sein kann, zu welchem Ergebnis die Untersuchungen später führen werden und ob sie für die Praxis verwendbar sind.“ (Gutenberg 1960, S. 126 f.). Und er führte im Methodenstreit mit Mellerowicz aus: „Der wissenschaftliche Wert … einer betriebswirtschaftlichen Untersuchung hängt nicht von der praktischen Bedeutung des zu untersuchenden Gegenstandes ab.“ (Gutenberg 1953, S. 340). Damit wird deutlich, dass der Praxisbezug für Gutenberg von sekundärer Bedeutung ist und hinter seinen Wissenschaftlichkeitskriterien des faktortheoretischen Ansatzes, insbesondere dem Streben nach einem logisch geschlossenen Gesamtsystem, zurücktritt (vgl. Werhahn 1980, S. 108). Damit spricht sich Gutenberg für den Primat einer reinen Wissenschaft aus, denn es „ … war und bleibt die Arbeit am Problem um des Problems Willen, das echte Signum wissenschaftlicher Haltung, und zwar ohne Rücksicht darauf, wohin das wissenschaftliche Denken führt, und ob die Ergebnisse dieses Denkens von praktischer Relevanz sind.“ (Gutenberg 1957, S. 5). Entscheidungsorientierter Ansatz Aus der Entscheidungsperspektive bedeutet Wirtschaften aus mehreren Handlungsalternativen diejenige auszuwählen, die eine vorgegebene Zielsetzung am besten erfüllt. Damit rücken die Entscheidungen, die von Menschen in Unternehmungen getroffen werden, ins Zentrum des Interesses. Im deutschsprachigen Raum ist mit diesem Ansatz der Name Edmund Heinen (1919 - 1996) untrennbar verbunden: „Neu und für die Zukunft richtungsweisend ist nicht so sehr die Tatsache, daß sich die Betriebswirtschaftslehre mit Entscheidungen befaßt, sondern die Art und Weise, wie sie Entscheidungen untersucht.“ (Heinen 1969, S. 208). Der entscheidungsorientierte Ansatz kann einerseits als eine Weiterentwicklung des faktortheoretischen Ansatzes gesehen werden, weil er die Optimierungsmodelle der mathematischen Entscheidungstheorie aufgreift und anderseits als eine Abkehr vom faktortheoretischen Ansatz gesehen werden, weil er das reale menschliche Verhalten versucht einzubeziehen und damit an die sozialwissenschaftliche Entscheidungsforschung anknüpft (vgl. Schneider 1995, S. 9 f.; Werhahn 1980, S. 153). Ziel ist der Entwurf eines Bezugrahmens, der die Möglichkeit eröffnen soll, betriebswirtschaftliche Sachverhalte zu erfassen. Das im faktortheoretischen Ansatz postulierte Rationalprinzip wird im entscheidungsorientierten Ansatz durch die „Theorie des Anspruchsniveaus“ und die Methodenstreit 1.2.3 | Rationalprinzip <?page no="31"?> 31 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e „Theorie des beschränkten Rationalverhaltens“ ergänzt, d. h., es werden die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Entscheidungsforschung in die Überlegungen einbezogen. Diese beiden Theorien werden jedoch im entscheidungsorientierten Ansatz, von den Autoren (vgl. z. B. Kirsch 1970) unterschiedlich behandelt. So arbeitet Simon (1957) mit der „Theorie des beschränkten Rationalverhaltens“ die sozialwissenschaftlichen Einwände gegen das Rationalprinzip heraus und entwirft ein modifiziertes Konzept des Rationalprinzips, in dem er die menschlichen Restriktionen einbezieht, aber das Rationalitätsstreben aufrechterhält. Die entscheidenden Grenzen der Rationalität sind dabei die nicht erfüllten Prämissen der vollständigen Informationen hinsichtlich der Alternativen, deren Konsequenzen und der Bewertung dieser Konsequenzen. Er deckt damit ein Informationsdefizit auf. Darüber hinaus weist er auf die begrenzte Informationsverarbeitungskapazität der Entscheidungsträger hin. Um das Entscheidungsverhalten bei beschränkter Rationalität zu erklären, wird auf die „Theorie des Anspruchsniveaus“ zurückgegriffen, worunter das angestrebte Ausmaß der Zielerreichung zu verstehen ist. Hierdurch wird es möglich, zwischen befriedigenden und unbefriedigenden Ergebnissen zu unterscheiden. Sucht etwa der Entscheidungsträger nur nach einer befriedigenden Alternative, dann überprüft er lediglich alle bekannten Alternativen daraufhin, ob sie seinem Anspruch gerecht werden. Hierdurch wird der Informationsverarbeitungsaufwand reduziert. Damit geht es nicht mehr um die Extremierung eines Zieles oder eines Zielsystems, sondern um ein aus der Sicht des Entscheidungsträgers als befriedigendes Zielerreichungsniveau (Satisifizierung). Heinen (1969) sieht hingegen als Begrenzungsfaktoren der Rationalität ► das Routineverhalten, ► den Informationsmangel sowie ► die Interessen- und Zielkonflikte. Vor diesem Hintergrund rückt er dann von dem Ziel der Optimierung ab und spricht von einer befriedigenden Zielerreichung, mit der sich der Entscheidungsträger begnügt. Auch wenn der entscheidungsorientierte Ansatz die Öffnung zu den Sozialwissenschaften betont, bleibt festzuhalten, dass das Rationalitätsprinzip weiterhin eine tragende Säule bildet. Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz Primäres Ziel dieses Ansatzes ist die systematische Integration sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse in die Betriebswirtschaftslehre: „Die verhaltenstheoretische Betriebswirtschaftslehre versteht sich als spezielle Theorie des Anspruchsniveaus | 1.2.4 <?page no="32"?> 32 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Sozialwissenschaft. Ihr Gegenstandsbereich sind Organisationen und Märkte. Mit Hilfe von allgemeinen Theorien über menschliches Verhalten will sie soziale und soziotechnische Sachverhalte erklären und deren wirtschaftliche Konsequenzen aufzeigen sowie der Praxis konstruktiv und kritisch zur Seite stehen.“ (Schanz 2009, S. 143). Grundlage ist dabei der methodologische Individualismus, d. h., „… die Idee der Erklärung sozialer Tatbestände aus dem Zusammenspiel individueller Handlungen unter verschiedenen Bedingungen.“ (Albert 1977, S. 183). Eine sozialwissenschaftliche Orientierung zeigt die in den 1930er Jahre aufkommende Human-Relations-Bewegung, die zum Ziel hatte, das Leistungsverhalten der Mitarbeiter mit nicht ökonomischen Einflussgrößen zu erklären. Leistungsveränderungen werden in diesem Ansatz durch Veränderungen der sozialen Bedingungen am Arbeitsplatz erklärt, die sich einerseits in einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern und Vorgesetzten (vertikal) und dem Vertrauen zwischen ihnen ergeben und anderseits in einer besseren Zusammenarbeit mit gleichgestellten (horizontal) entwickeln. Zentraler Ansatzpunkt der Human-Relations-Bewegung ist es damit, dass der Mensch als Glied einer Gemeinschaft betrachtet wird. Durch die Berücksichtigung informeller Gruppenstrukturen ( s iehe Glossar) und -beziehungen soll die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöht werden. In den 1950er Jahre erlangte der Begriff Behavioral Sciences, der eine Teilmenge der Sozialwissenschaften darstellt, zunehmendes Interesse. Der Fokus liegt dabei auf dem Verhalten in und von Organisationen (Organizational Behavior). Neben dieser Entwicklung entstand eine soziologisch orientierte Forschungsrichtung (vgl. z. B. Barnard 1938; Lewin 1963; March / Simon 1958; Simon 1945) sowie managementorientierte Arbeiten der Psychologie und Soziologie, wobei diese Forschungsrichtung durch empirisches Arbeiten dominiert wurde. Wesentliches Element dieser sozialwissenschaftlichen Forschungsrichtungen ist die Einbeziehung sachlicher und personeller Aspekte, und zwar gleichermaßen. Beispielhaft seien die Bereiche Arbeitsmotivation durch Aufgabenorientierung, das Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppen und die Analyse des Führungsverhaltens genannt. Leitend für die Bestrebungen waren dabei die normativen Vorstellungen zur Humanisierung und Demokratisierung der Arbeit in Organisationen. Die Mitarbeiter werden zunehmend als Reservoir von Fähigkeiten angesehen, und dem Management obliegt dabei die Aufgabe, diese Anlage zu fördern und weiterzuentwickeln. Im Rahmen der Entwicklung von Motivationstheorien rückt das Individuum zunehmend ins Zentrum der Forschungsarbeiten. Eine in den Human-Relations- Bewegung Behavioral Sciences Motivationstheorien <?page no="33"?> 33 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Wirtschaftswissenschaften intensiv diskutierte Theorie stellt die Bedürfnishierarchie von Maslow (1954) dar, der zwischen Defizit- und Wachstumsbedürfnissen unterscheidet. Kerngedanke ist dabei, dass Bedürfnisse höherer Ordnung nur dann verhaltensrelevant werden, wenn Bedürfnisse niedrigerer Ordnung aus der Sicht des jeweiligen Individuums in ausreichendem Maße bereits befriedigt sind. Ein von Anfang an empirisch fundierter Forschungsbeitrag stellt die Zweifaktorentheorie von Herzberg (1966) dar, der unterstellt, dass Zufriedenheit eine hohe Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter bewirkt. Ziel ist es, die Faktoren zu identifizieren, die Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit und -unzufriedenheit haben, wobei er die beiden folgenden Faktorengruppen unterscheidet: Hygienefaktoren, die keine Zufriedenheit bewirken, aber Unzufriedenheit verhindern, und Motivatoren, die Zufriedenheit bewirken. Hygienefaktoren ( s iehe Glossar) sie beziehen sich auf die Arbeitsbedingungen) verhindern lediglich das Auftreten negativer Zustände (Unzufriedenheit), wenn ihre Ausprägungen aus der Sicht der Mitarbeiter positiv bewertet werden, bewirken aber keine Zufriedenheit. Demgegenüber betreffen die Motivatoren ( s iehe Glossar) die Arbeit selbst, d. h. den Arbeitsinhalt. Sie bewirken Zufriedenheit. Zentrale Aussage ist dann, dass die Leistung, die der Mitarbeiter erbringt, bei ihm Zufriedenheit bewirkt, eine These, die in der Literatur nicht unwidersprochen blieb. Maslow unterschied fünf Bedürfnisklassen, die er, wie aus der folgenden Abbildung hervorgeht, in eine hierarchische Beziehung stellte. Bedürfnisse höherer Ordnung werden nur dann verhaltensrelevant, wenn Bedürfnisse niedrigerer Ordnung aus der Sicht des jeweiligen Individuums in ausreichendem Maße befriedigt sind. Maslow betont, dass die einzelnen Bedürfnisse nicht nur getrennt von Bedürfnishierarchie Zweifaktorentheorie B ed ürfnisse nach Selbstv erwirklichung A nerkennungsbed ürfnisse Soz ialbed ürfnisse Sicherheitsbed ürfnisse Phy siologische B ed ürfnisse W achstumsbed ürfnisse Defiz itbed ürfnisse | Abb 11 Bedürfnisklassen Info <?page no="34"?> 34 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e den anderen Bedürfnissen verhaltenswirksam werden, sondern dass auch Bedürfnisse unterschiedlicher Stufen gleichzeitig auf das Verhalten des Individuums wirken können (Kumulationsthese). Ein zentraler Ansatz in dieser Perspektive ist das sogenannte SOR-Paradigma, das besagt, dass ein Stimulus (S) den menschlichen Organismus (O) als intervenierende Variable beeinflusst, wodurch eine Reaktion bewirkt wird (vgl. Abbildung 12). Schneider (1995, S. 9) stellt hierzu in pointierter Form fest: „Die Redeweise von einem SOR-Paradigma ist an gedanklicher Banalität kaum zu überbieten.“ Und er stellt die Frage: „Welche Handlungen werden nicht durch … Stimuli ausgelöst? “ Eine Erweiterung stellt das SOBC-Modell dar, das davon ausgeht, dass zwischen Umwelt, Person und Verhalten interdependente Beziehungen bestehen, die nicht nur subjektiv interpretierbar sind, sondern auch Lernprozesse einbeziehen. Dieses Modell weist dann die folgende Struktur auf, wobei die Doppelpfeile die Rückkopplungen verdeutlichen sollen (vgl. Abbildung 13): Aus dem Bereich der Sozialpsychologie ist insbesondere die Feldtheorie (vgl. Lewin 1951) zu nennen, die von der folgenden Verhaltensgleichung ausgeht: V = f (P, U) mit: V = Verhalten; P = Person; U = psychologische Umwelt Damit erklärt Lewin das Verhalten nicht nur als eine Reaktion auf Umweltreize, sondern er betont die Wahrnehmung und die Verarbeitung von Reizen durch die Person in der erlebten Umwelt (Situation). Das Ver- SOR-Paradigma S ( Stimulus) R eiz situation O ( O rganism) O rganismus R ( R esponse) R eaktion Abb 12 | SOR-Paradigma SOBC-Modell Stimulus ( R eiz situation) O rganism ( W ahrnehmung/ B ewertung) B ehav iour ( H and lung) C onseq uence ( V erhaltenskonseq uenz / H and lungsergebnis) Abb 13 | SOBC-Modell Feldtheorie <?page no="35"?> 35 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e halten einer Person hängt von seinem psychologischen Lebensraum ab, in dem sich diese Person gerade befindet: „Damit sind mit P sowohl der momentane Zustand einer Persönlichkeit, ihre aktuellen Stimmungen, Gefühle, Bedürfnislagen etc., als auch die relativ überdauernde, entwickelte Persönlichkeitsstruktur erfaßt.“ (Staehle 1999, S. 156 f.). Eine Verknüpfung des SOR-Paradigmas mit der Verhaltensgleichung Lewins nimmt die soziale Lerntheorie vor (vgl. Bandura 1977), die die Interaktion zwischen Person, Situation und Verhalten betont (vgl. Abbildung 14). Hieran wird deutlich, dass das Verhalten nicht als Ergebnis, sondern als gleichwertige Interaktionskomponente gesehen wird, d. h., dass „… auch die (Mit-)Gestaltung der Situation durch die sich verhaltende Person und auch die Rückwirkung personalen Verhaltens auf die Person bzw. ihre kognitiven Prozesse vom Modell erfasst werden.“ (Staehle 1999, S. 157). Aus der Perspektive der Soziologie ist insbesondere die soziologische Organisationstheorie zu nennen, die im deutschsprachigen Raum maßgeblich durch die Arbeiten Max Webers (1864 - 1920) zu bürokratischen Organisationen (Bürokratieansatz) geprägt wurde. Im Zentrum seiner Überlegungen stehen dabei die Struktur und Funktion sozialer Systeme und ihr Verhalten zur Umwelt. Er zielt ab auf eine durch generelle Regeln geschaffene Ordnung und die Akzeptanz dieser Ordnung durch die Organisationsmitglieder (zu einer Systematisierung organisationstheoretischer Ansätze vgl. Scott 1981, S. 100 f.). Insgesamt lassen sich die verhaltenswissenschaftlichen Ansätze unterschiedlichen Analyseebenen zuordnen, wobei zwischen individuellem Verhalten, Verhalten in Gruppen, Organisationsverhalten und Organisation-Umwelt-Beziehungen unterschieden wird. Zwischen diesen Ebenen bestehen vielfältige Interdependenzen, wie dies auch in Abbildung 15 zum Ausdruck gebracht wird (Staehle 1999, S. 161). soziale Lerntheorie V erhalten Situation Person ( inklusiv e kognitiv er Proz esse) R ez iproke Determinante | Abb 14 Grundmodell der sozialen Lerntheorie Bürokratieansatz <?page no="36"?> 36 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Daraus ergeben sich unterschiedliche Ebenen für das Management: ► Management von Individuen und Gruppen (Personalführung), ► Management von Organisationen (Unternehmungsführung), ► Management der Beziehungen zwischen Organisation und Umwelt (Unternehmungsstrategie). Institutionen ö k onomische Ans ä tze Im Zentrum der Neuen Institutionenökonomie stehen Verträge. Grundsätzlich lassen sich dabei drei Theoriestränge unterscheiden, nämlich die Theorie der Verfügungsrechte (Property-Rights-Theorie), die Transaktionskostentheorie und der Agentenansatz (Principal-Agenten-Ansatz; Agency Theory). Diese Theoriestränge unterscheiden sich durch unterschiedliche Annahmen hinsichtlich des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte und durch die Beschäftigung mit unterschiedlichen Aspekten des Handelns in Institutionen: „Eine Institution … ist ein auf ein bestimmtes Zielbündel abgestelltes System von Normen einschließlich deren Garantieinstrumente, mit dem Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu steuern. Institutionen strukturieren unser tägliches Leben und verringern auf diese Weise dessen Unsicherheiten.“ (vgl. Richter 1994, S. 2). Dabei geht die Institutionenökonomik von den folgenden Grundannahmen aus (vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 44 f.; Richter 1994, S. 4): Methodischer Individualismus (vgl. Schanz 1977, S. 66 ff.), Ausgangspunkt bilden Einstellungen und Verhaltensweisen der Individuen, d. h., auch Handlungen sozialer Gruppen werden auf die individuellen Gruppenmitglieder zurückgeführt. Individuelle Rationalität, und zwar sowohl perfekt rationales Verhalten (homo oeconomicus) als auch eingeschränkt rationales Verhalten (bedingt durch begrenzte Informationsbeschaffungs- und -verarbeitungsmöglichkeiten). Als Beurteilungskriterium für Handlungen dienen die Transaktionskosten, d. h., es werden auch Kosten der Suche, des Abschlusses eines Kaufvertrages sowie der Überwachung und Durchsetzung der Vertragspflichten berücksichtigt. G esellschaft ( U mwelt) O rganisation G ruppen I nd iv id uen Abb 15 | Beziehungen der Analyseebenen 1.2.5 | Institutionenökonomik <?page no="37"?> 37 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Die Neue Institutionenökonomie basiert auf Denkrichtungen, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland verbreitet waren (vgl. hierzu Pierenkemper 2012, S. 181 ff.). Diese Gedanken wurden in den USA neu formuliert und erlangten in veränderter Form große Popularität (frühe Ansätze des amerikanischen Institutionalismus). Die Neue Institutionenökonomie stellt eine Reaktion auf die das ökonomische Denken beherrschende abstrakte Modellkonstruktion dar, und zwar insbesondere auf die Vereinfachungen der Gleichgewichtstheorie. Wunsch war dabei, den Realitätsbezug der ökonomischen Forschungen zu erhöhen. Theorie der Verfügungsrechte Untersuchungsgegenstand ist der Einfluss rechtlicher und institutioneller Regelungen und Bedingungen auf das Verhalten der Wirtschaftssubjekte. Verfügungsrechte (Eigentum) sind Ansprüche auf materielle und immaterielle Vermögensgegenstände, die auch getrennt von den (materiellen und / oder immateriellen) Gütern handelbar sind, d. h. konkret (vgl. Göbel 2002, S. 66; Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 46): das Recht, ein Gut zu nutzen (usus), das Recht, ein Gut zu verändern (abusus), das Recht, Gewinne und Verluste, die aus der Nutzung des Gutes resultieren, zu tragen (usus fructus), das Recht, ein Gut zu veräußern (Kapitalisierungsrecht). Eigentum kann folglich als ein Bündel von Einzelrechten gesehen werden und weil jedes dieser Rechte einen eigenen Wert hat, ist es auf Märkten grundsätzlich handelbar. Differenzierend kann zwischen absoluten und relativen Verfügungsrechten unterschieden werden. Absolute Verfügungsrechte können an materiellen (Sachen) und immateriellen (geistige Produkte wie Texte, Erfindungen, die durch das Urheber- oder Patentrecht geschützt sind) Gütern bestehen: „Absolute Verfügungsrechte wirken gegenüber jedermann; sie sind gekennzeichnet durch die absolute Herrschaftsmacht des Berechtigten.“ (Richter 1994, S. 12), soweit nicht das Gesetz oder auch Rechte Dritter entgegenstehen. Demgegenüber handelt es sich bei relativen Verfügungsrechten um Rechte, die nur gegenüber bestimmten Personen geltend gemacht werden können, wie etwa Mietforderungen, Zinsforderungen oder auch Schadensersatzansprüche. Verfügungsrechte sind vor diesem Hintergrund jede Berechtigung, „… über Ressourcen (materielle oder immaterielle) zu verfügen, sei es von Gesetzes wegen, aus Vertrag oder aufgrund sozialer Verpflichtungen.“ (Göbel 2002, S. 67). Info | 1.2.5.1 Verfügungsrechte Eigentum <?page no="38"?> 38 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Ausgangshypothese dieses Ansatzes ist es, dass die Verteilung der Verfügungsrechte das Verhalten der Akteure in systematischer Weise beeinflusst, wodurch dieses vorhersehbar wird: So senkt die „Verdünnung“ der Verfügungsrechte an einer Ressource aus der Sicht des Inhabers des Rechtes ihren Wert. Je umfassender hingegen das Bündel an Rechten ist, das ein Akteur an einer Ressource hält, desto größer sind seine Nutzungsmöglichkeiten und folglich auch sein realisierbarer Nutzen. Ein Akteur zieht somit ein umfassendes Bündel an Rechten einem ausgedünnten vor und wird c. p. auf eine Ausdünnung reagieren. Wird z. B. die Miete durch die gesetzliche Festlegung eines Höchstpreises restringiert, dann werden die Eigentümer weniger Geld in die Instandhaltung der Wohnung investieren, um auf dieser Grundlage ihr Kosten-Nutzen-Kalkül zu verbessern. Hohe Kosten für die Bestimmung, Durchsetzung und Übertragung der Ressourcen schmälern den Nutzen des Eigentümers et vice versa. Damit lässt sich festhalten, dass die Entscheidungen der Individuen, die in eigenem Interesse handeln, nach der Theorie der Verfügungsrechte durch Anreize finanzieller Art gesteuert werden, die am besten durch den Markt kontrolliert werden (zu einer ausführlichen Betrachtung des Privat-, Gemeineigentums, öffentliche Güter und gemischte Eigentumsverhältnisse vgl. Göbel 2002, S. 71 ff.). Transaktionskostenansatz Effizienzkriterium des Transaktionskostenansatzes sind die sogenannten Transaktionskosten (John R. Commons 1931, S. 652 ff. hat in seinem Konzept der Transaktion erstmals darauf hingewiesen, dass Transaktionskosten bei der Nutzung des Marktes auftreten), wobei anders als in der Theorie der Verfügungsrechte alternative Formen des Leistungsaustausches zwischen wirtschaftlichen Akteuren betrachtet werden. Unter einer Transaktion wird dabei die Übertragung einer Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg verstanden. Dies schließt sowohl Transaktionen ein, die über den Markt abgewickelt werden, als auch Transaktionen innerhalb von Unternehmungen. Damit umfassen Transaktionskosten Marktbenutzungskosten und Hierarchiekosten (Bürokratiekosten). Erstere entstehen durch Kosten der Vertragsanbahnung (Such- und Informationskosten), Kosten des Vertragsabschlusses (Verhandlungs- und Entscheidungskosten) und Kosten der Überwachung und Durchsetzung der Leistungsverpflichtung. 1.2.5.2 | Transaktion Transaktionskosten <?page no="39"?> 39 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Picot / Reichwald / Wigand (2003, S. 49; zu unterschiedlichen Abgrenzungen vgl. Göbel 2002, S. 129 ff.; Kräkel 1999, S. 6 f.) zählen zu den Transaktionskosten die folgenden Kosten: Anbahnung (z. B. Recherche, Reisen, Beratung); Vereinbarung (z. B. Verhandlungen, Rechtsabteilung); Abwicklung (z. B. Prozesssteuerung); Kontrolle (z. B. Qualitäts- und Terminüberwachung) und Anpassung (z. B. Zusatzkosten aufgrund nachträglicher qualitativer, preislicher oder terminlicher Änderungen). Diese etwas differenzierte Auflistung lässt sich letztlich auf die drei angeführten Kostenkategorien zurückführen. Dabei kann differenzierend zwischen Ex-ante- und Ex-post-Transaktionskosten unterschieden werden. Ex-ante-Transaktionskosten umfassen diejenigen Transaktionskosten, die im Rahmen der Verhandlungen und / oder der Absicherung von Vereinbarungen auftreten. Demgegenüber entstehen Ex-post-Transaktionskosten dann, wenn es nachträgliche Veränderungen etwa zur Korrektur von Fehlentwicklungen oder zur Beilegung von Streitigkeiten gibt. Zu den Hierarchiekosten zählen die Kosten der Leistungsmessung, Kosten der Steuerung und Kontrolle der Mitarbeiter sowie Kosten der Anreizsysteme in der Unternehmung. Die Idee des Transaktionskostenansatzes geht auf Coase (1937) zurück, der die Frage thematisierte, weshalb Unternehmungen entstehen. Das Entstehen von Institutionen / Hierarchien erklärt Coase aus den Marktunvollkommenheiten. Es sind folglich die Bedingungen herauszuarbeiten, wann Leistungserstellungsprozesse über den Markt (mit dem Preis als Koordinationsmechanismus) oder über Hierarchien (Unternehmungen) erfolgen. Darüber hinaus sind auch Zwischenformen, etwa in der Form längerfristiger Kooperationen, möglich. Williamson (1985) griff diesen Gedanken auf und arbeitete heraus, welche Koordinationsform für welche Transaktionsart in besonderer Weise geeignet erscheint. Er unterstellt dabei beschränkt rational handelnde Akteure, wodurch die Relevanz unvollständigen Wissens betont wird. Das unvollständige Wissen und die damit einhergehende Unsicherheit hat zur Folge, dass die Akteure im Rahmen ihrer Vertragsverhandlungen nicht alle denkbaren zukünftigen Entwicklungen berücksichtigen können, so dass die ausgehandelten Verträge letztlich unvollständig sind. Darüber hinaus betont er, dass sich die Akteure opportunistisch verhalten, d. h., die Vertragspartner agieren „strategisch“: Die Akteure versuchen, die Reaktionen ihrer Verhandlungs- Info <?page no="40"?> 40 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e partner zu antizipieren und ihren Informationsvorsprung zu ihren Gunsten auszunutzen. Dies schließt auch Arglist und Täuschung ein. Die Unterschiede der Transaktionen resultieren dabei primär aus Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit. Williamson (1985) betont, dass die Bedeutung der Spezifität für den Transaktionskostenansatz kaum hoch genug veranschlagt werden könne. Unter Spezifität versteht er die Einmaligkeit und Nichtaustauschbarkeit einer Leistung (vgl. Macharzina / Wolf 2010, S. 59 f.). Durch diese Spezifität der Investitionen (transaktionsspezifische Investitionen) binden sich die Vertragspartner aneinander, weil die aus den Investitionen (z. B. eine Spezialmaschine) resultierenden Leistungen nur spezifische Verwendungsmöglichkeiten aufweisen. Generell gilt dann: Je spezifischer eine Investition ist, desto höher sind letztlich die Austrittsschranken für die Vertragspartner, weil keine alternativen Verwendungsmöglichkeiten existieren. Es geht somit um den Wertverlust, der dadurch entsteht, dass eine zur Aufgabenerfüllung notwendige Ressource nicht in der intendierten Verwendung eingesetzt, sondern der nächstbesten Verwendung zugeführt wird (vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 50). Eine Veräußerung des Investitionsobjektes auf dem vollkommenen Markt wäre nicht möglich: Eine sehr spezifische Leistung wird eventuell nur von einem Akteur hergestellt, d. h., in dieser Situation ist entweder ein Akteur oder es sind beide Akteure in der Vertragsbeziehung „gefangen“ (sogenannte Lock-in-Situation). Hieraus ergibt sich dann die Möglichkeit zum „Hold up“ (Raubüberfall), d. h., ein Akteur kann etwa während der Vertragslaufzeit oder bei Vertragsverlängerung versuchen, die Nutzenverteilung zu seinen Gunsten zu ändern (vgl. Kräkel 1999, S. 11). Bietet hingegen kein Akteur die gesuchte Leistung an, müsste der suchende Akteur die Leistung selbst erbringen. Es lassen sich die folgenden Erscheinungsformen der Spezifität unterscheiden (vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 51): Standortspezifität (ortsgebundene Investitionen); Sachkapitalspezifität (Investitionen in spezifische Betriebsmittel und Technologien); Humankapitalspezifität (Investitionen in spezifische Mitarbeiterqualifikationen). Zweckgebundene Sachwerte (unspezifische Investitionen in Betriebsmittel, die aber bei Wegfall der Transaktion Überkapazitäten darstellen). Als zweites Merkmal wurde die Unsicherheit genannt, wobei zwischen Umwelt- und Verhaltensunsicherheit zu unterscheiden ist. Umweltunsicherheiten wirken von außen auf die Transaktion ein und sind folglich Spezifität Info Unsicherheit <?page no="41"?> 41 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e exogene Störungen, die eventuell zu Anpassungsmaßnahmen der Vertragspartner an die veränderten Zustände führen (z. B. Veränderungen des vereinbarten Liefervertrages). Demgegenüber resultieren Verhaltensunsicherheiten aus dem Sachverhalt, dass sich die Vertragspartner, wie erwähnt, „strategisch“ verhalten, um einen Vorteil zu generieren (opportunistisches Verhalten). Die bereits angesprochene begrenzte Rationalität geht mit der Konsequenz einher, alle denkbaren Umweltentwicklungen und Verhaltensweisen der Vertragspartner in den Verträgen zu antizipieren: „Mit zunehmender Unsicherheit werden die Lücken in den Verträgen größer und die Anlässe für sequentielle Anpassungen werden quantitativ und qualitativ erheblicher.“ (Göbel 2002, S. 142). Manche Transaktionen fallen täglich an, wie etwa der Kauf von Standardgütern auf der Basis eines Kaufvertrages. Der Markt fungiert dabei als „Überwachungssystem“, weil er den Wettbewerb induziert. Auf dem Markt wird eine Vielzahl homogener Leistungen angeboten, und die Akteure haben die Möglichkeit, vor jeder Transaktion zu entscheiden, mit wem sie die Transaktion durchführen möchten. Dadurch, dass es den Akteuren möglich ist, den Transaktionspartner leicht zu wechseln, ohne dass hierdurch hohe Wechselkosten entstehen, kann opportunistisches Verhalten durch Abwanderung bestraft werden. Andere Transaktionen fallen demgegenüber nur selten (z. B. Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes) oder gar nur einmal im Leben (z. B. Hausbau) an. Während häufig anfallende Transaktionen über den Markt abgewickelt werden, ist dies bei selten durchgeführten Transaktionen nicht der Fall, wobei hierbei neben dem Merkmal der Häufigkeit wiederum der Häufigkeit T ransaktionskosten Spez ifitätsgrad M arkt M arktliche K oord ination H y brid e ( Z wischenformen) E lemente marktlicher und hierarchischer K oord ination H ierarchie H ierarchische K oord ination z . B . langfristige K ooperation | Abb 16 Institutionelle Ausgestaltungen ökonomischer Aktivitäten <?page no="42"?> 42 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Gedanke der Spezifität relevant wird. Abbildung 16 gibt den Einfluss dieser Spezifität auf die institutionelle Ausgestaltung ökonomischer Aktivitäten wieder (vgl. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 54). Es wird deutlich, dass bei niedriger Spezifität der Investitionen eine marktliche Koordination vorteilhaft ist. So könnte die liefernde Unternehmung die niedrig spezifizierten Leistungen auch anderweitig am Markt absetzen. Demgegenüber ist bei hoher Spezifität der Investitionen und hoher Transaktionshäufigkeit die Hierarchie (Unternehmung) die vorteilhafte Koordinationsform. Dies findet seine Begründung darin, dass die hohe Transaktionshäufigkeit mit Kostendegressionseffekten verbunden ist und somit hohe Investitionen mit spezifischem Charakter vorteilhaft sind (vgl. Macharzina / Wolf 2010, S. 59). Aus der Abbildung geht ferner hervor, dass es zwischen den reinen Formen Märkte und Hierarchien (Unternehmungen) auch hybride Koordinationsformen gibt, die die beiden reinen Koordinationsformen umfassen. Als Beispiele hierfür seien genannt: Hybride Marktformen: Die Koordination erfolgt marktlich, jedoch ergänzt um hierarchische Überwachungsstrukturen (z. B. regulierte Märkte). Hybride Unternehmungsführung: Die Koordination erfolgt durch Hierarchie, ergänzt durch marktliche Elemente (z. B. Verrechnungspreise). Verrechnungspreise sind in der Unternehmung festgelegte Wertansätze für Leistungen, die zwischen rechnerisch abgegrenzten Unternehmungsbereichen ausgetauscht werden (vgl. Friedl 2003, S. 438). Eingesetzt werden sie z. B., wenn dezentrale Einheiten um knappe Ressourcen konkurrieren, dezentrale Einheiten mit externen Leistungen in Wettbewerb stehen oder Leistungsverflechtungen zwischen dezentralen Einheiten gegeben sind (interne Leistungsverrechnung; vgl. Ossadnik 2009, S. 37). Ein zentrales Problem dabei ist, wer diese Verrechnungspreise (auch Lenkpreise genannt) festlegt. Denkbar sind die folgenden Möglichkeiten: Die Unternehmungsleitung setzt die Verrechnungspreise unter Berücksichtigung des Knappheitsgrades der Ressourcen fest. Die Verrechnungspreise werden im Wege von Verhandlungen zwischen Unternehmungsleitung und Bereichsleitungen oder zwischen den Bereichsleitungen festgelegt. Die Bereichsleitungen treten als Marktakteure auf, und die Verrechnungspreise ergeben sich aus Angebot und Nachfrage nach der jeweiligen Ressourcenart. Der Transaktionskostenansatz möchte damit Handlungsempfehlungen formulieren, für welche Transaktionsart welche Organisationsform angehybride Koordinationsformen Info <?page no="43"?> 43 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e messen erscheint: „Organisiere Transaktionen so, daß die begrenzte Rationalität sparsam eingesetzt wird, die Transaktionen aber gleichzeitig vor den Risiken des Opportunismus geschützt werden.“ (Williamson 1985, S. 36). Ziel ist es, die Transaktionskosten zu minimieren. Sie bilden letztlich den Effizienzmaßstab zur Beurteilung der unterschiedlichen institutionellen Arrangements. Principal-Agent-Ansatz Ökonomische Aktivitäten lassen sich als ein Geflecht von Agency-Beziehungen interpretieren (dies gilt ebenfalls für private Aktivitäten), d. h., Akteure beeinflussen sich mit ihren Handlungen gegenseitig. Konkret geht es um die ökonomischen Konsequenzen der Delegation von Entscheidungskompetenzen durch einen Auftraggeber (Principal) auf einen Beauftragten (Agent). Dabei werden häufig die beiden Vertragsarten „Werkvertrag“ und „Dienstvertrag“ thematisiert (ferner seien Darlehensverträge, Versicherungsverträge und Kaufverträge als vertragliche Schuldverhältnisse angeführt). Agency-Beziehungen lassen sich dabei durch die folgenden Bedingungen charakterisieren (vgl. Göbel 2002, S. 100): Der Agent kann mit seinen Aktionen auf das Wohlergehen des Principals in negativer oder positiver Weise einwirken (externe Effekte). Sowohl der Principal als auch der Agent verhalten sich wie rationale Nutzenmaximierer (homo oeconomicus). Principal und Agent haben unterschiedliche Nutzenvorstellungen: Möchte der Arbeitgeber (Principal), dass sich der Mitarbeiter (Agent) möglichst maximal anstrengt, hat der Mitarbeiter hingegen das Ziel, seine Anstrengungen bei gegebenem Lohn zu minimieren. Zwischen Principal und Agent besteht Informationsasymmetrie (es wird auch von einer Informationsverkeilung gesprochen); der Agent verfügt über einen Informationsvorsprung vor dem Principal, weil er seine Fähigkeiten, Anstrengungen, Kenntnisse und Absichten letztlich besser zu beurteilen vermag. Der Principal kann hingegen die Aktionen und Informationen des Agenten nicht vollständig beobachten und beurteilen, d. h., der Agent verfügt über einen Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Als Effizienzkriterium werden die sogenannten Agency-Kosten herangezogen, die sich aus den drei folgenden Kostenkategorien zusammensetzen (vgl. z. B. Schanz 2014, S. 108): Kontrollkosten des Principals (z. B. Aufbau eines Überwachsungssystems), Signalisierungs- und Garantiekosten des Agenten sowie verbleibender Wohlfahrtsverlust (Residualverlust). | 1.2.5.3 Agency-Beziehungen <?page no="44"?> 44 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Die beiden ersten Kostenkategorien resultieren aus Maßnahmen zur Unsicherheitsreduktion. Der Residualverlust ergibt sich daraus, dass Transaktionen, bedingt durch Informationsunvollkommenheiten, nicht oder nur teilweise durchgeführt werden, obwohl sie wohlfahrtssteigernd sind. Teilweise bestehen zwischen diesen Kostenkategorien Trade-off-Beziehungen: So können die Kontrollkosten reduziert werden, wenn der Agent glaubwürdige Garantieleistungen anbietet. Aus diesen Voraussetzungen resultiert für den Principal das Problem, dass der Agent seinen Nutzen maximiert und dabei nicht mehr im besten Interesse des Principals handelt. Konkret können dabei die folgenden Probleme auftreten (vgl. z. B. Picot / Reichwald / Wigand 2003, S. 56 ff.; Macharzina / Wolf 2010, S. 62): Hidden characteristics (vor Vertragsabschluss), Hidden actions (nach Vertragsabschluss), Hidden informations (nach Vertragsabschluss), Hidden intentions (nach Vertragsabschluss). Möchte der Principal mit einem Agenten einen Vertrag abschließen, dann hat er das Bestreben, die Eigenschaften und / oder die angebotene Leistung des Agenten möglichst genau zu kennen. Ex ante ist dies aber i. d. R. nicht möglich (Hidden characteristics). Es besteht folglich die Gefahr, einen schlechten Vertragspartner auszuwählen (Adverse selection). So möchte z. B. ein Agent bei Abschluss eines Dienstvertrages seine positiven Eigenschaften möglichst vorteilhaft darstellen und seine Schwächen verheimlichen. Hidden actions (verborgende Handlungen) resultieren daraus, dass der Principal die Aktivitäten des Agenten nicht lückenlos kontrollieren kann, d. h., es besteht für den Agenten die Möglichkeit, verborgene Handlungen zu vollziehen. Ein Rückschluss vom vorliegenden Arbeitsergebnis auf den Arbeitseinsatz ist nicht möglich oder nur bei prohibitiv hohen Kosten. Hierzu zählt ebenfalls die Nutzung von Ressourcen des Arbeitgebers für private Zwecke durch den Agenten (Consumption on the job). Hidden informations (zurückgehaltene Informationen) liegen dann vor, wenn der Principal die Handlungen des Agenten zwar beobachten, diese aber nicht beurteilen kann. So kann etwa ein Kunde die Reparaturleistung eines Handwerkers beobachten, aber nicht beurteilen, ob diese in dem jeweiligen Umfang auch notwendig ist (Moral hazard). Es liegt somit eine Informationsasymmetrie aufgrund spezifischen Know-hows vor. Oder der Aktionär kann nicht beurteilen, ob der Manager eine Investitionsal- Info Hidden characteristics Hidden actions Hidden informations Informationsasymmetrie <?page no="45"?> 45 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e ternative auswählt, die für die Unternehmung die beste ist oder ob damit seine persönlichen Zielsetzungen (Machtzuwachs etc.) verfolgt werden. Sind die Absichten des Agenten unbekannt, und sind diese nicht im Interesse des Principals, dann wird von Hidden intention gesprochen. In diesem Fall entsteht nach Vertragsabschluss die Gefahr der opportunistischen Ausbeutung (Hold up), d. h., der Agent versucht sich zu Lasten des Principals Vorteile zu verschaffen. Damit stellt sich die Frage, wie sich die skizzierten Probleme grundsätzlich lösen lassen. Generell sind die folgenden Vorgehensweisen zu unterscheiden: Verringerung der Informationsasymmetrie, Auflösen vorhandener Zielkonflikte und Reduzierung eigennützigen Verhaltens (Vertrauensbildung). Bei der Verringerung der Informationsasymmetrie geht es um die Reduzierung des Informationsgefälles zwischen Principal und Agent, d. h., um eine Erhöhung der Transparenz: Aus der Sicht des Principals ist zunächst das Screening zu nennen, das alle Informationsaktivitäten umfasst, die zum Ziel haben, sich ein besseres Bild über den Agenten zu verschaffen. Der Arbeitgeber kann dies z. B. durch einen Eignungstest, der Auftraggeber durch Einholung mehrerer Angebote oder Erkundigungen bei vertrauenswürdigen Dritten erreichen. Möchte der Agent zur Senkung des Informationsgefälles beitragen, dann wird dies als Signaling (Signalfunktion) bezeichnet (z. B. der Bewerber legt entsprechende Zeugnisse vor, der Anbieter gibt eine Produktgarantie). Diese beiden Möglichkeiten beziehen sich auf die Vorvertragsphase. Ist der Vertrag hingegen abgeschlossen, dann möchte der Auftraggeber die Leistung des Auftragnehmers beurteilen. Dabei kann das Problem auftreten, dass das Leistungsergebnis des Agenten nicht exakt messbar ist und / oder das Ergebnis nicht nur durch den Agenten beeinflusst wird, sondern auch durch exogene Faktoren (Unsicherheit). Damit eröffnet sich für den Agenten ein Freiraum, der es ihm ermöglicht, ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis auf Dritte oder äußere Umstände abzuwälzen. Um dies einzuschränken, kann der Principal ein Monitoring (z. B. auf der Basis von Berichtssystemen und Kontrollinstanzen) durchführen (z. B. Einführung von Stechuhren, in Kaufhäusern Taschenkontrollen). Hierdurch werden aber für den Principal Kostenüberlegungen relevant. Überträgt er die Kontrolle auf andere Personen, wird das Problem verlagert, und es stellt sich die Frage, wer die Kontrolleure kontrolliert, da diese wiederum Agenten sind. Ist der Agent selbst daran interessiert, seine Aktivitäten dem Principal transparent zu machen, dann kann er dies etwa dadurch erreichen, dass er sich freiwilligen Kontrollen unterwirft oder entsprechende Berichte verfasst (Reporting). Hidden intention Screening Signaling Monitoring Reporting <?page no="46"?> 46 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Die zweite Möglichkeit ist in der Auf lösung der Zielkonf likte zu sehen, d. h., es geht um eine Zielharmonisierung dergestalt, dass die Zielerreichung des Agenten von der Zielerreichung des Principals abhängig gemacht wird. Letztlich geht es darum, die materiellen Anreize für den Agenten so zu gestalten, dass dieser aus Eigeninteresse die Interessen des Principals bestens unterstützt. Dies kann er einerseits dadurch erreichen, dass er gewünschtes Verhalten unterstützt (z. B. durch eine leistungsbezogene Entlohnungsform oder Gewinnbeteiligung) oder unerwünschtes Verhalten sanktioniert (Vereinbarung von Vertragsstrafen oder Entschädigungszahlungen). Ferner kann der Agent konfliktmindernde Maßnahmen ergreifen, etwa durch ein Commitment (z. B. tätigt er irreversible Investitionen) oder durch Bonding, d. h., er bindet sich an das zugesagte Verhalten, indem er z. B. eine Geldsumme als Pfand hinterlegt, die er bei Missachtung der vertraglichen Bedingungen verliert (z. B. Kaution eines Mieters). Als letzte Maßnahme sei auf die Vertrauensbildung eingegangen. Vertrauen als ein sozialer Mechanismus basiert auf positiven Erfahrungen, die sich im Rahmen wiederholter Austauschprozesse mit anderen Akteuren ergeben. Vertrauen wird folglich produziert und akkumuliert, wie dies Föhr / Lenz (1992, S. 143) explizit hervorheben und damit auf den Investitionscharakter des Vertrauens abstellen: „Basis dieses Vertrauens ist das mehrmals wechselseitig verifizierte Schema von Erwartungen an die Partner und Erwartungserfüllung durch die Partner.“ (Mildenberger 1998, S. 169). So betont Luhmann (1973, S. 17 ff.), dass Vertrauen eine Voraussetzung für die Komplexitätsreduktion und die Steuerung von Systemen sei. Vertrauen stellt somit als Koordinationsmechanismus auf die Unsicherheitsreduktion ab, d. h., Vertrauen soll die „Berechenbarkeit“ des Verhaltens der Partner erhöhen. Es kann folglich die Koordination erleichtern und eine Senkung der Transaktionskosten bewirken, wobei nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass auch der Vertrauensauf bau mit Kosten verbunden ist. Principal und Agent müssen einander Vertrauenssignale senden. So kann der Principal auf Kontrollmaßnahmen verzichten, obwohl sie realisierbar sind, und der Agent könnte z. B. auf die Zufriedenheit anderer Principale mit seiner Leistung verweisen, d. h., er verweist auf seine Reputation, die als ein Indikator für die Vertrauenswürdigkeit herangezogen werden kann: „Reputation übernimmt im Vergleich zu Vertrauen eine Instrumentalrolle. Um Vertrauen auf bauen zu können, ist ein gewisser Grad an Reputation notwendig.“ (Föhr / Lenz 1992, S. 144). Auch wenn Vertrauensbeziehungen von Vorteil sind, werden sie häufig durch Sicherungsmaßnahmen ergänzt. Die Entscheidung eines Agenten, sich vertrauenswürdig zu verhalten, kann rational sein. Er verzichtet zwar eventuell auf einen Nutzenzuwachs, der aus nicht sanktioniertem Opportunismus resultiert, jedoch fallen die Kosten und Vertrauensbildung Reputation <?page no="47"?> 47 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Risiken einer opportunistischen Entscheidung nicht an. Ein solcher Agent ist für den Principal ein attraktiver Vertragspartner, weil auch für den Principal keine Kosten und Risiken anfallen: „Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit lösen das Agencyproblem besonders kostengünstig.“ (Göbel 2002, S. 125). Evolutorischer Ansatz Zentral für den Evolutorischen Ansatz (Evolutorische Theorie der Unternehmung) ist das Wissen und seine Verteilung auf die Wirtschaftsakteure. Ausgangspunkt bildet die Überlegung, dass das Wissen der Akteure nicht nur unvollständig, sondern auch zwischen den Wirtschaftsakteuren ungleich verteilt sei. Vor diesem Hintergrund geht der Evolutorische Ansatz von den folgenden Überlegungen aus (vgl. Schneider 1997, S. 43 ff.): Unsicherheit: Hiermit ist einerseits gemeint, dass ein Akteur nicht weiß, welche der denkbaren Zukunftslagen eintreten wird, und anderseits weiß er nicht, ob er sämtliche Zukunftslagen bedacht hat. Ungleichverteilung des (unvollständigen) Wissens ist die Grundlage, um Wettbewerbsvorsprünge gegenüber Rivalen aufzubauen oder Wettbewerbsnachteile zu verringern oder auszugleichen. Generell kann die Ungleichverteilung durch Lernen abgebaut werden. Indeterminiertheit: Die Evolutionsschritte werden durch die Entscheidungen der Akteure mitgeprägt: „Wenn die künftige Welt von den Entscheidungen Einzelner abhängt, dann lösen unterschiedliche Wahlhandlungen abweichende Entwicklungen aus.“ (Schneider 1997, S. 44). Solange also über Handlungsalternativen nicht entschieden ist, ist die Zukunft auch nicht existent. Aus der Unsicherheit und ungleichen Verteilung des Wissens resultiert eine begrenzte Planbarkeit, die eine Optimierung in Frage stellt: „Deterministische Modelle für komplexe Zusammenhänge schaffen für eine in Wirklichkeit indeterminierte Welt mit Ungleichverteilung des unvollständigen Wissens keine verfeinerte Einsicht, sondern lediglich verfeinerte Konfusion.“ (Schneider 1997, S. 45). Der Evolutorische Ansatz sieht von einer Optimierung ab und versucht, die Abweichungen von Geplantem und Erreichtem zu verringern (Nährungslösungen; vgl. Paul / Horsch 2005, S. 142). Der Evolutorische Ansatz stellt Marktprozesse ins Zentrum seiner Überlegungen, und Marktzustände sind dann als Momentaufnahmen zu sehen, während Gleichgewichte von sekundärer Bedeutung sind. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, sich mit Unternehmungsprozessen bzw. mit dem Unternehmertum zu befassen, d. h., der Frage nachzugehen, was unternehmerisches Handeln auszeichnet. Die Untersuchung der Unternehmer- | 1.2.6 Marktprozesse Unternehmertum <?page no="48"?> 48 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e funktionen hat in der Volkswirtschaftslehre eine lange Tradition (vgl. z. B. Berg / Brandt 1998, S. 229 ff.). Jean-Baptiste Say (1767 - 1832) wies bereits 1830 darauf hin, dass beim Produktionsfaktor menschliche Arbeitsleistung zwischen dem Wissenschaftler, dem Unternehmer und dem Arbeiter zu unterscheiden sei. Die Hauptfunktion des Unternehmers sah Say in der Koordination der Produktionsfaktoren entsprechend den Bedürfnissen des Marktes. Ebenfalls stellte Alfred Marshall (1842 - 1924) den Unternehmer in seiner Bedeutung heraus und ordnete ihm die Rollen „Koordinator“, „Arbitrageur“, „Innovator“ und „Risikoträger“ zu, die er in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation zu übernehmen habe. Nach seiner Auffassung muss der Unternehmer wachsam für kostensenkende, neue Ideen sein, weil er nur so im Wettbewerb gegen Konkurrenten bestehen kann. Mit dem Aufkommen der sogenannten modernen Mikroökonomie gelangte dann die Rolle des Unternehmers in den Hintergrund, und der Schwerpunkt lag auf der Entwicklung einer „Theorie der Unternehmung“: „Das Grundkonzept des vollkommenen Marktes macht die Einbeziehung des Unternehmers als besondere Größe im ökonomischen Gesamtkonzept überflüssig, gar störend.“ (Ripsas 1997, S. 9). Jedoch gab es eine Reihe von Autoren, die den Versuch unternahmen, die Funktionen des Unternehmers herauszuarbeiten. Während Knight (1971 / 1921) das Tragen der Unsicherheit durch den Unternehmer ins Zentrum seiner Überlegungen stellte, unterstrich Kirzner (1992) die Funktion des Entdeckens von Preisarbitragen, und Casson (1982) stellte die Funktion der Koordination der Ressourcen in differenzierter Weise heraus. Joseph Alois Schumpeter (1883 - 1950) unterstrich die Innovationsfunktion des Unternehmers in der Wirtschaft, eine Funktion, die bereits Johann Heinrich von Thünen (1783 - 1850) hervorgehoben hatte: „Die Not ist die Mutter der Erfindungen, und so wird auch der Unternehmer durch seine Bedrängnis zum Erfinder und Entdecker in seiner Sphäre.“ (Thünen 1930, S. 481). Dabei unterschied Schumpeter (1928, S. 481) zwischen Kapitalgeber und Unternehmer. Während der Unternehmer nicht das Risiko der Unternehmung trägt, trifft ein Verlust im Konkursfall den Kapitalgeber, und nur dann, wenn beide Funktionen zusammenfallen, trägt die Person, die beide Funktonen vereint, das Risiko. Zentral für den Unternehmer ist dann für Schumpeter die Durchsetzung neuer Kombinationen: „Im Erkennen und Durchsetzen neuer Möglichkeiten auf wirtschaftlichem Gebiet liegt das Wissen der Unternehmerfunktion.“ (Schumpeter 1928, S. 483). Damit lassen sich die folgenden Funktionen zusammenfassend nennen: Übernahme der Unsicherheit, Innovationen am Markt durchsetzen, Entdecken von Preisarbitragen und Koordination der Ressourcen. Info <?page no="49"?> 49 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist insbesondere der Ansatz Dieter Schneiders (1997, S. 46 ff.) hervorzuheben, der die Einkommens-, Arbitrage- und Koordinationsfunktion unterscheidet. Mit der Einkommensfunktion wird der Sachverhalt erfasst, dass der Unternehmer im eigenen Interesse anderen Akteuren Einkommensunsicherheiten abnimmt. Der Unternehmer knüpft daran die Hoffnung, einen für sich planbaren Einkommenserwerb zu schaffen. Die Übernahme der Einkommensunsicherheiten kann dabei ein- oder zweiseitig sein. Bespiele für eine einseitige Übernahme von Einkommensunsicherheiten sind etwa die Anstellung eines Mitarbeiters für eine bestimmte Zeit zu einem Festgehalt oder die Geldüberlassung mit festgelegten Tilgungszahlungen. Bei einer zweiseitigen Übernahme von Einkommensunsicherheiten erfolgt eine „Risikoteilung“ wie dies etwa bei einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Partnerschaft bei Freiberuflern der Fall ist. Die Arbitragefunktion (Arbitragebzw. Spekulationsgewinne (vgl. z. B.: Wieandt 1994, S. 21)) resultiert aus der Unsicherheit und Ungleichverteilung des Wissens. Beim Arbitragieren geht es letztlich um die Ausnutzung temporärer Preisunterschiede in und zwischen Märkten. Arbitragegelegenheiten entstehen z. B. durch die Ausnutzung von unterschiedlichen Beschaffungspreisen oder auf Absatzmärkten durch Differenzen zwischen den Preisuntergrenzen verschiedener Akteure. Mit der Koordinationsfunktion erfasst Schneider (1997, S. 50) die Durchsetzung von Änderungen in Unternehmungen, wobei die folgende Untergliederung vorgenommen wird (vgl. Wieandt 1994, S. 22): Aufspüren der Koordinationsgelegenheiten (Opportunities of Coordination), Treffen konkreter Koordinationsentscheidungen (Judgemental Decisions) und Ausschöpfen der Koordinationsgelegenheiten (Market Making). Die Koordinationsfunktion beschränkt sich aber nicht auf das Reagieren auf Veränderungen im Umfeld der Unternehmung, sondern bezieht auch die bereits erwähnte Innovationsfunktion ein, d. h., es geht um die Durchsetzung von Neuerungen, wie sie von Schumpeter (1912; 1928) hervorgehoben wurde. Unternehmer verlassen damit den Raum des Gewohnten und nehmen qualitative Veränderungen vor: „Schumpeters Unternehmer wird damit allein durch seine Handlung charakterisiert: Er ist nur so lange Unternehmer, wie er Innovationen tätigt … Die Unternehmerfunktion ist temporärer Natur …“ (Berg / Brandt 1998, S. 236). Nur der dynamische Unternehmer bringt den wirtschaftlichen Fortschritt. Zentral ist Einkommensfunktion Arbitragefunktion Koordinationsfunktion Innovationsfunktion <?page no="50"?> 50 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e die Durchsetzung der neuen Kombinationen, bei denen es sich nicht um graduelle Abweichungen vom aktuellen Stand handeln soll, sondern um grundlegende Veränderungen, die Diskontinuitäten darstellen. Durch bewusste Zerstörung von Gleichgewichtszuständen in der Wirtschaft (Prozess der schöpferischen Zerstörung) sollen revolutionäre Veränderungen hervorgerufen werden. Die Wortwahl schöpferische Zerstörung betont dabei, dass es nicht nur darum geht, Existentes zu zerstören, sondern durch die Einführung von Neuem zu überwinden. Schumpeter geht folglich davon aus, dass der Unternehmer mit seinen schöpferischen Zerstörungen den wirtschaftlichen Wandel trägt und somit für die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung verantwortlich ist. Dem Unternehmer als Triebkraft der Entwicklung technologischer und organisatorischer Neuerung stellt er den sogenannten Wirt gegenüber, auf den Innovationen wie periodisch wiederkehrende exogene Schocks wirken. Unternehmer im Sinne des dynamischen Unternehmers und der (statische) Wirt lassen sich auf der Grundlage ausgewählter Kriterien vergleichend gegenüberstellen (vgl. Ebner 2002, S. 619). Der Wirt ist damit durch eine erfahrungsgeleitete Anpassung, d. h. reagierende Handlungsmuster, charakterisiert, während die für den Unternehmer typische „kreative Erwiderung“ nicht antizipierbar ist (vgl. Arndt 1952, S. 35 ff.). „Schumpeters Theorie des Unternehmers ist eine Elitetheorie: Sie betrachtet nicht durchschnittliche Charaktere, sondern besondere Ausprägungen menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften in einer Gesellschaft.“ (Berg / Brandt 1998, S. 237). Der Schumpeter’sche Gedanke der „schöpferischen Zerstörung“ ist auch die Grundlage des Konzeptes von D’Aveni (1995), der mit seinem Hyperwettbewerb den Wettbewerbsprozess in der Form einer Eskalationsleiter beschreibt, in dem die bewusste Zerstörung von Gleichgewichtszuständen durch die Akteure zur Maxime erhoben wird (vgl. dazu auch Corsten / Corsten 2012, S. 21 ff.). Prozess der schöpferischen Zerstörung Schumpeter ’ sche Typen wirtschaftlichen H andelns Tab. 2 | W irt U nternehmer R eaktionsmuster A d aptiv und antiz ipierbar K reativ und nicht antiz ipierbar V erhaltensweise E rfahrungsbasiert N euerungsorientiert V isionäre V orstellungskraft H ed onistische K alkulation H and lungsmotiv H and lungsmod us U nsicherheitsmind ernd e R outine U nsicherheitsv ertiefend e I nnov ation H and lungsfolgen G rad ueller und kontinuierlicher W and el R ad ikaler und d iskontinuierlicher W and el Hyperwettbewerb Info <?page no="51"?> 51 G r u n d K o n z e p t I o n e n I n d e r B e t r I e B s w I r t s c h a f t s l e h r e Damit stellt sich abschließend die Frage, ob zwischen diesen drei Unternehmerfunktionen geordnete Beziehungen bestehen. Schneider hebt hervor, dass eine hierarchische Beziehung dergestalt existiere, dass die Einkommensfunktion den beiden anderen Funktionen übergeordnet sei, weil hierin die Voraussetzung für die Gründung einer Institution läge. Die durch die Einkommensfunktion entstandene Institution ist aber nur in ihrem Fortbestand durch die Ausübung der Arbitragebzw. Spekulationsfunktion durch marktliche Aktivitäten zu sichern. Die Koordinationsfunktion knüpft an der Durchsetzung von Veränderungen innerhalb der Institution an: „Indem die nach innen gerichtete Erhaltung der Unternehmung sich zielführend an den Planungen zur Erhaltung nach außen ausrichtet, ist die Koordinationsder Arbitragefunktion nachgeordnet.“ (Paul / Horsch 2005, S. 154). Gerade bei den angeführten Innovationen zeigt sich jedoch, dass sie alle Unternehmungsfunktionen durchdringt und tendenziell eine verzahnte Ausübung dieser drei Funktionen erforderlich erscheint (vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254 ff.). In diesem Abschnitt wurde die Betriebswirtschaftslehre in eine Wissenschaftssystematik eingeordnet und die Bedeutung von Modellen herausgestellt. Im Anschluss daran wurden ausgewählte Grundkonzeptionen der Betriebswirtschaftslehre behandelt, wobei die folgenden Erscheinungsformen dargestellt wurden: systemtheoretischer Ansatz, faktortheoretischer Ansatz, entscheidungsorientierter Ansatz, verhaltenstheoretischer Ansatz, institutionenökonomische Ansätze sowie evolutorischer Ansatz. 1 Erklären Sie die Integrationsfunktion der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. 2 Was verstehen Sie unter einem Modell, und welche Erscheinungsformen kennen Sie? 3 Erklären Sie die Grundidee des systemtheoretischen Ansatzes. 4 Worin sehen Sie das zentrale Anliegen des faktortheoretischen Ansatzes? 5 Problematisieren Sie das Rationalprinzip. Z usammenfassung Fragen <?page no="52"?> 52 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e 6 Erklären Sie die Grundidee des Transaktionskostenansatzes. 7 Erläutern Sie die zentralen Probleme, die zwischen Principal und Agent auftreten können. L iteratur G öbel (2002); P icot / r eichwald / w iGaNd (2003); s chNeider (1995 und 1997); s taehle (1999); Z elewski (2008). D as unternehmerische Z ielsystem Es werden insbesondere die Formalziele behandelt, wobei die Formalzielinhalte und -vorschriften an Beispielen verdeutlicht werden. Darauf aufbauend werden Interdependenz-, Präferenz- und Instrumentalbeziehungen erläutert und der Zielbildungsprozess betrachtet. Ziele sind Aussagen über zukünftige, als erstrebenswert erachtete oder zu vermeidende Zustände. In der Regel wird dabei zwischen Sach- und Formalzielen unterschieden. Das Sachziel einer Unternehmung ist die Bereitstellung der Güter zur eigenen und / oder fremden Bedürfnisbefriedigung. Die Konkretisierung des Sachziels erfolgt im sogenannten Leistungsprogramm (Produktprogramm), das fixiert, welche Güterarten in welchen Mengen in einem bestimmten Zeitraum zur Bedürfnisbefriedigung bereitgestellt werden. Formalziele liefern dann den normativen Maßstab zur Beurteilung der Sachzielerfüllung. Bei der Formalzielformulierung ist zwischen Formalzielinhalten (wirtschaftlich, technisch, sozial und ökologisch) und Formalzielvorschriften (Extremierungs-, Satisfizierungs- und Meliorisierungszielen) zu unterscheiden. Tabelle 3 gibt einen systematisierenden, mit Beispielen versehenen, Überblick. 1.3 | Ü bersicht Sachziel Formalziel <?page no="53"?> 53 d a s u n t e r n e h m e r I s c h e z I e l s y s t e m Formalzielinhalte und -vorschriften ( B eispiele) | Tab. 3 F ormalz ielinhalte Ö konomische Z iele T echnische Z iele Soz iale Z iele Ö kologische Z iele E x tremierungsz iele F ormalz ielv orschriften Satisfiz ierungsz iele M eliorisierungsz iele � G ewinnmax imierung � R entabilitätsmax imierung � K ostenminimierung � M ax imierung d er K apaz itätsauslastung � M ax imierung d er Prod uktiv ität � M inimierung d er Durchlaufz eit � M inimierung d er gesund heitlichen B elastungen d er M itarbeiter � M inimierung d er U nfallgefahren am A rbeitsplatz � M arktanteilssteigerung um mind estens 10 % � U msatz steigerung um mind estens 15 % � M ind estens 9 0 % K apaz itätsauslastung � M ind estens 5 % Prod uktiv itätssteigerung � B estand ssicherung für alle A rbeitsplätz e � A lterssicherung für alle M itarbeiter � M arktanteilssteigerung � U msatz steigerung � Steigerung d er K apaz itätsauslastung � Prod uktiv itätssteigerung � E rhö hung d er A rbeitsplatz sicherheit � E rhö hung d er A lterssicherung d er M itarbeiter � M ax imierung d er R ec y clingq uote � M inimierung d er B elastung d er natürlichen U mwelt � M ind estens 8 0 % R ec y clingq uote � E inhaltung gesetz licher G renz werte � E rhö hung d er R ec y clingq uote � V erringerung d er B elastung d er natürlichen U mwelt <?page no="54"?> 54 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Ziele haben grundsätzlich die beiden folgenden Funktionen zu erfüllen: Die Bewertungsfunktion im Rahmen von Entscheidungskalkülen bietet eine Orientierung für ökonomische Handlungen. Die Koordinationsfunktion betont die Aufgabe der Ziele als Führungsinstrumente. Es soll sichergestellt werden, dass dezentral getroffene interdependente Entscheidungen auf das Oberziel ausgerichtet werden. Unternehmungen verfolgen i. d. R. nicht nur ein Ziel, sondern mehrere Formalziele, d. h. es liegt ein sogenanntes Zielbündel vor. Werden mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt, dann ist es von Bedeutung, in welchen Beziehungen die Ziele zueinander stehen. Grundsätzlich werden in der Betriebswirtschaftslehre die folgenden Beziehungen unterschieden: Interdependenzbeziehungen, Präferenzbeziehungen und Instrumentalbeziehungen. Interdependenzbeziehungen sind entscheidungsfeldabhängige Beziehungen zwischen den verfolgten Zielen. Diese können indifferent, komplementär (harmonisch) oder konfliktär sein (vgl. Abbildung 17 a, b, c): Eine Zielindifferenz liegt dann vor, wenn sich die Zielerreichungsgrade nicht beeinflussen, d. h., eine Erhöhung des Zielerreichungsgrades des Zieles z 2 (von z 2 1 auf z 2 2 ) hat keine Auswirkung auf den Zielerreichungsgrad des Zieles z 1 , et vice versa. Bei einer Zielkomplementarität verhalten sich die Zielerreichungsgrade der betrachteten Ziele komplementär (gleichgerichtet) zueinander, d. h., steigt der Zielerreichungsgrad des Zieles z 1 (von z 1 1 auf z 1 2 ), dann steigt gleichzeitig der Zielerreichungsgrad des Zieles z 2 (von z 2 1 auf z 2 2 ). Zielbündel Interdependenzbeziehungen z 2 z 2 2 z 1 2 z 1 F all a: z 2 z 2 2 z 1 2 z 1 1 z 2 1 z 1 F all b: Abb 17 | Interdependenzbeziehungen <?page no="55"?> 55 d a s u n t e r n e h m e r I s c h e z I e l s y s t e m Eine Zielkonkurrenz ist dann gegeben, wenn eine positive Veränderung des Zielerreichungsgrades des Zieles z 1 (von z 1 1 auf z 1 2 ), mit einer negativen Veränderung des Zielerreichungsgrades des Zieles z 2 (von z 2 2 auf z 2 1 ), einhergeht. Schließen sich hingegen zwei Ziele gegenseitig aus, dann liegt eine Zielantinomie vor. Präferenzbeziehungen sind vom Entscheidungsträger abhängige Beziehungen und geben Auskunft über die Dringlichkeit (Rangfolge) der Ziele. Instrumentalbeziehungen begründen Mittel-Zweck-Beziehungen zwischen den Zielen, d. h., ein Formalziel ist ein Mittel zur Realisierung eines anderen Formalzieles. Hierdurch ergeben sich zwischen den Zielen Über- / Unterordnungen, d. h., es entsteht eine Zielhierarchie, die eine hinsichtlich der Instrumentalbeziehungen geordnete Gesamtheit der Ziele darstellt. Sind Unter- und Oberziele komplementär zueinander, dann ist diese Beziehung unproblematisch. Ist sie hingegen konfliktär, dann hängt die Eignung des Unterziels als Mittel zur Erreichung des Oberzieles davon ab, in welchem Ausmaß das Oberziel erreicht werden soll. Wird die Zielhierarchie um die Präferenzen ergänzt, dann wird von einem Zielsystem gesprochen. Derartige Zielsysteme werden in der Betriebswirtschaftslehre häufig in Kennzahlensystemen ( s iehe Glossar) operationalisiert. Als Beispiel sei das Kennzahlensystem zur Ermittlung des Return on Investment dargestellt, d. h., es geht um die Verzinsung der eingesetzten Vermögensgegenstände. Wie aus Abbildung 18 hervorgeht, wird dabei die „Spitzenkennzahl“ (ROI) systematisch aufgespalten, um so differenziertere Einblicke in das Unternehmungsgeschehen zu erhalten. z 2 z 2 2 z 1 2 z 1 1 z 2 1 z 1 F all c: Präferenzbeziehungen Instrumentalbeziehungen Zielhierarchie Zielsystem J ahreserfolg G esamtleistung R O I = G esamtleistung G esamtkapital R eturn on I nv estment U msatz rentabilität K apitalumschlagshäufigkeit J ahreserfolg G esamtleistung G esamtleistung G esamtkapital : : . | Abb 18 ROI (grobe Struktur) <?page no="56"?> 56 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Aus der Sicht des Shareholder-Value-Ansatzes gelangt der Marktwert einer Unternehmung ins Zentrum des Interesses, d. h., es geht um die zukünftige Ertragskraft der Unternehmung. Der Begriff Shareholder Value geht auf Rappaport (1986) zurück, der den Wert einer Unternehmung als den Barwert der zukünftigen, frei verfügbaren Zahlungsströme definiert. Der Diskontierungssatz wird dabei unter expliziter Berücksichtigung des Risikos gewählt. Durch Subtraktion des Wertes aller Verbindlichkeiten gegenüber den Nichteigentümern von dem ermittelten Unternehmungswert, d. h., dem Marktwert des Fremdkapitals, ergibt sich der Wert des Eigenkapitals (Shareholder Value). Ziel der wertorientierten Unternehmungsführung ist es dann, diesen Wert zu maximieren, d. h., die Unternehmungsleitung hat im Sinne der Maximierung des Nutzens für die Anteilseigner zu handeln (vgl. Rappaport 1999, S. 39 ff.). Damit wird die Forderung erhoben, die Unternehmungsführung konsequent an den Interessen der Anteilseigner auszurichten. Grundidee dieses Ansatzes ist es damit, dass die Eigenkapitalgeber (Shareholder) einen Anspruch auf eine ausreichende Verzinsung des eingesetzten Kapitals haben. Ziel ist die Mehrung des Unternehmungswertes im Sinne einer dauerhaften Wertsteigerung zum Nutzen aller Beteiligten. Konkret liegen diesem Ansatz die folgenden Maxime zugrunde: Es soll nur in Projekte oder Geschäftsfelder investiert werden, die einen Mindesterfolg versprechen. Nur so kann durch Wachstum ein Beitrag zur Unternehmungswertsteigerung geleistet werden. Minderrentierliche, nur durch Quersubventionierung überlebensfähige Geschäftsfelder sind zu veräußern oder zu zerschlagen. Frei verfügbare Mittel, für die aktuell keine lukrative Investitionsmöglichkeit (Mindestrendite) besteht, sind an die Eigentümer auszuschütten. In den weiteren Ausführungen wird der Ansatz des Economic-Value- Added (EVA), der an gewinnbasierte Größen anknüpft, vorgestellt (zum Cashflow-basierten-Ansatz (Cash-Value-Added) sei auf die weiterführende Literatur verwiesen; vgl. z. B. Coenenberg / Salfeld 2007, S. 261 ff., die auch einen Vergleich von EVA mit CAV durchführen). Grundlage des Economic-Value-Added-Ansatzes bildet der Jahresabschluss und damit periodisierte Größen (Aufwendungen und Erträge), unabhängig vom Zahlungszeitpunkt. In die Berechnung des EVA fließen die folgenden Größen ein (vgl. Böcking / Nowak 1999, S. 282 ff.): eine Gewinngröße (NOPAT = Net Operating Profit After Tax; Gewinn vor Abzug der Kapitalkosten (Zinsen) und nach angepassten Steuern), eine Vermögensgröße (Kapital) und ein Kapitalkostensatz c oder WACC bei Mischfinanzierung. Damit ergibt sich: EVA = NOPAT − investiertes Kapital · WACC Shareholder-Value-Ansatz Economic-Value-Added <?page no="57"?> 57 d a s u n t e r n e h m e r I s c h e z I e l s y s t e m NOPAT ergibt sich aus der folgenden Berechnung: Jahresüberschuss + Steuern = Jahresüberschuss (vor Steuern) + Zinsaufwand = Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) +/ − Adjustments (inkl. Steueranpassungen) = Net Operating Profit Before Taxes − Steuern (pauschal) = Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) Für das investierte Kapital gilt: Umlaufvermögen − kurzfristige Verbindlichkeiten = Working Capital + Anlagevermögen +/ − Adjustments (inkl. Steueranpassungen) = Investiertes Kapital Die Kapitalkosten ergeben sich aus den gewichteten Ansprüchen der Fremd- und Eigenkapitalgeber. Für den Weighted Average Cost of Capital (WACC) gilt dann: WACC = FK __ EK + FK · i FK + EK __ EK + FK · i EK mit: FK = Fremdkapital EK = Eigenkapital i FK = Fremdkapitalkosten (%) i EK = Eigenkapitalkosten (%) oder: EVA = ( (i c - WACC) Überrendite · Kapital ) mit: i c = Vermögensrendite = NOPAT / investiertes Kapital Der Economic-Value-Added ist somit immer dann größer als Null, wenn die Kapitalkosten kleiner sind als die Investitionsrendite. Damit lassen sich die folgenden Fälle unterscheiden: Info <?page no="58"?> 58 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Die Kosten des Fremdkapitals ergeben sich aus der vertraglichen Vereinbarung zwischen Unternehmung und Fremdkapitalgeber. Die Kosten des Eigenkapitals lassen sich mit Hilfe des sogenannten Capital Asset Pricing Model (CAPM) berechnen. Es gilt: i EK = i f + b i · (i m - i f ) mit: i f = Rendite risikofreien Anlagen i m = Marktrendite b i = Risikofaktor Die Gleichung macht deutlich, dass sich die Rendite der Eigenkapitalgeber aus den beiden folgenden Komponenten zusammensetzt: der Rendite für risikolose Anlagen und einer Prämie für die Übernahme des unternehmungsspezifischen Risikos. Mit dem Faktor b wird erfasst, wie die Risikoschwankungen der betrachteten Unternehmung im Vergleich zur Marktrendite einzuschätzen sind. Es gilt: b = 1: Unternehmungs- und Marktrendite sind gleich b > 1: Investition ist überdurchschnittlich risikoreich b < 1: Investition ist unterdurchschnittlich risikoreich Da buchhalterische Größen die Ausgangsbasis bilden, wird auch vom „Accounting Model“ gesprochen. Da bei dieser Vorgehensweise Verzerrungen auftreten können, ist es erforderlich, sogenannte Konversionen durchzuführen, um zu einem „Economic Model“ zu gelangen, das die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmung widerspiegelt. Insgesamt werden 164 Konversionen vorgeschlagen, von denen jedoch i. d. R. nicht mehr als zwölf vorgenommen werden müssten, da sich die Unternehmung auf wenige wesentliche Anpassungen beschränken sollte. Dabei wird eine vierstufige Vorgehensweise vorgeschlagen (vgl. z. B. Hofstettler 2000, S. 97 ff.): Fallunterscheidung Tab. 4 | i c > W A C C i c = W A C C i c < W A C C E V A ist positiv E V A ist null E V A ist negativ I nv estition ist wertsteigernd G renz inv estition I nv estition ist wertmind ernd Info Konversionen <?page no="59"?> 59 d a s u n t e r n e h m e r I s c h e z I e l s y s t e m Zur Auswahl der Anpassungen werden die folgenden Kriterien vorgeschlagen: Hat die Anpassung einen wesentlichen Einfluss auf den EVA? (Ja / Nein) Ist die durch die Anpassung betroffene Position durch den Manager beeinflussbar? (Ja / Nein) Wird die Anpassung durch den Nutzer verstanden? (Ja / Nein) Wie schwierig sind die zur Durchführung der Anpassung notwendigen Informationen zu beschaffen? (leicht / schwierig) Nur wenn alle Anforderungen (Ja / Ja / Ja / leicht) erfüllt sind, soll eine Anpassung vorgenommen werden. Die folgenden Beispiele geben einen Einblick in die Konversionen (Modifikationen). K onversionsk lassen K onversionen ( B eispiele) | Tab. 5 | Tab. 6 O perating C onv ersion ( nichtbetriebliche A npassung) E s ist d as betriebsnotwend ige V ermö gen z u bestimmen ( → keine F inanz anlagen) . F und ing C onv ersion ( finanz ielle A npassung) E rfassung d er betrieblich genutz ten F inanz ierungsmittel; V orgänge, d ie auf unterschied lichen F inanz ierungsformen beruhen, sind z u eliminieren ( z . B . L easing) . T ax C onv ersion ( steuerliche A npassung) E s wird d er Steueraufwand innerhalb d er E rfolgsgrö ß e auf d ie Steuerbelastung einer fiktiv eigenfinanz ierten U nternehmung umgerechnet ( z . B . latente Steuern) . Sharehold er C onv ersion ( bewertungsmäß ige A npassung) E rfolg aus d er Sicht d er E igenkapitalgeber. B erücksichtigung v on eigenkapitalähnlichen Posten. V ermö gensgegenständ e, d ie nicht bz w. mit unz utreffend en W ertansätz en im J ahresabschluss erfasst sind ( z . B . F orschungskosten; stille R eser v en; A npassung an d en M arktwert) . K onv ersionen ( B eispiele) E rklärung E in d eriv ativ er G eschäfts- / F irmenwert kann nach § 25 5 ( 4 ) H G B aktiv iert und planmäß ig abgeschrieben werd en ( nach E StG 15 J ahre) . I m E V A - K onz ept ist er z u aktiv ieren und abz uschreiben. Dementsprechend sind d ie j ährlichen A bschreibungen d em N O PA T und d ie kumulierten A bschreibungen d em inv estierten K apital hinz uz urechnen F orschungskosten d ürfen nicht aktiv iert werd eo E ntwicklungskosten d ürfen aktiv iert werd en ( § 24 8 ( 2) i. V . m. § 25 5 ( 2a) H G B ) . B eim E V A - K onz ept wird d er B arwert d er F orschungskosten d em inv estierten K apital und analog d em N O PA T z ugerechnet. I n d en F olgej ahren wird d er N O PA T um d ie A bschreibungen auf d ie kapitalisierten F orschungskosten red uz iert. W erd en d ie E ntwicklungskosten nicht aktiv iert ist wie bei d en F orschungskosten z u v erfahren L ast in, F irst out: Dies führt in Z eiten steigend er Preise z u sy stematischen U nterbewertungen d es V orratsv ermö gens. Die im V orratsv ermö gen enthaltene L I F O - R eser v e wird d em inv estierten K apital und analog d em N O PA T z ugerechnet U nterscheid ung z wischen C apital und O perating L easing B eim C apital L easing wird d as L easingobj ekt beim L easingnehmer bilanz iert beim O perating L easing nicht → geringeres K apital. Diese V erz errung wird d urch K apitalisierung d er L easingraten d er nächsten fünf J ahre und A d d ition d es berechneten B arwertes z um inv estierten K apital ausgeglichen Sie entstehen d urch abweichend e G ewinnermittlungsv orschriften im H and els- und Steuerrecht: passiv ische latente Steuern sind passiv ierungspflichtig ( § 27 4 ( 1) H G B ) ; aktiv ische latente Steuern kö nnen aktiv iert werd en ( § 27 4 ( 2) H G B ) . Die R ückstellungen für passiv isch latente Steuern werd en d em inv estierten K apital z ugerechnet E ntsprechend werd en d ie A ufwend ungen für passiv isch latente Steuern beim N O PA T korrigiert G eschäfts- / F irmenwert F orschungs- und E ntwicklungskosten L I F O - B ewertung L easing- F inanz ierung L atente Steuern Info <?page no="60"?> 60 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Eine andere Position nimmt das Stakeholder-Value-Konzept ein. In dieser Stakeholder-Perspektive sind dann nicht nur die Kapitalgeber (Eigentümer und Fremdkapitalgeber), Mitarbeiter, Lieferanten und Nachfrager als Anspruchsgruppen von Bedeutung, sondern auch die Öffentlichkeit, Verbände, Staat etc. Letztlich sind aus dieser Perspektive die Erwartungen und Befürchtungen aller Personen und Gruppen zu berücksichtigen, die Interesse an einer Unternehmung haben oder von den Aktivitäten einer Unternehmung betroffen sind. Sie beeinflussen damit auch die Zielbildung und -erreichung einer Unternehmung. Dieser Konzeption liegt die Überlegung zugrunde, dass die Unternehmung für ihre Handlungen und ihren Existenzerhalt eine Legitimationsgrundlage benötigt. Welche die relevanten Bezugsgruppen sind, kann letztlich nur in Abhängigkeit vom Unternehmungszweck und der Branchensituation entschieden werden, wobei die Reaktionsverbundenheit zwischen den Stakeholder relevantes Kriterium ist. Durch die Orientierung an den unterschiedlichen Gruppen kommt es zu Zielkonflikten, die teilweise, trotz langer Abstimmungsprozeduren, nicht aufgelöst werden können. Die Bildung des Gesamtzielsystems einer Unternehmung erfolgt i. d. R. in einem mehrstufigen Prozess, wobei zwischen Zielbildungs- und Zielerreichungsprozess zu unterscheiden ist. Im Rahmen des Zielbildungsprozesses werden die Ziele selbst zu Entscheidungsvariablen, wobei dieser Prozess als ein interaktiver Prozess zwischen den beteiligten Personen und Gruppen zu charakterisieren ist. Dabei kann es sich sowohl um intraorganisatorische als auch um unternehmungsexterne Gruppen handeln. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass in der Unternehmung eine Interessenpluralität gegeben ist, weil die unterschiedlichen Gruppen versuchen, auf den Zielbildungsprozess in ihrem Sinne Einfluss zu nehmen. Werden nur die internen Gruppen in die Überlegungen einbezogen, dann lässt sich der Zielbildungsprozess als ein Konfliktaustragungsprozess charakterisieren, in dem die internen Interessengruppen auf der Basis von Fach- und Machtaktivitäten ihre Zielvorstellungen zum Ausgleich bringen (vgl. Hungenberg 2011, S. 320 ff.). Als Ergebnis dieses Prozesses liegt dann ein autorisiertes Zielsystem vor. Im Rahmen der Zielbildung ergeben sich einerseits Konsensbereiche (gewisse Inkonsistenzen oder Konflikte bestehen nach Cyert und March immer) und anderseits Konfliktbereiche. Für eine erfolgreiche Konfliktaustragung sind Zielvariationen notwendig, damit die Zielvorstellungen der unterschiedlichen Gruppen sich einander annähern können. Konf liktursachen können sein: Unschärfe in der Zielformulierung, konzeptionell bedingte Ursachen (logische Widersprüche), präferenz- und normenbedingte Ursachen, kognitive Ursachen (z. B. unterschiedliche Informationsverarbeitungskapazitäten), unvereinbare Stakeholder-Value- Konzept Zielbildungsprozess autorisiertes Zielsystem Konfliktursachen <?page no="61"?> 61 d a s u n t e r n e h m e r I s c h e z I e l s y s t e m Zielerreichungsniveaus sowie mittelbedingte Ursachen (Mittelwahl oder Mitteldosierung). Wird unterstellt, dass die Konflikte nicht unterdrückt werden (z. B. durch Majorisierung von Interessengruppen), sondern die Konflikte kooperativ gelöst werden, dann sind die folgenden Möglichkeiten einer Konfliktregelung zu nennen: Formulieren von Zufriedenheitsniveaus der Ziele, Auffinden konfliktfreier Zielerreichungsgrade, zeitliche Hintereinanderschaltung (sequenzielles Abarbeiten) der Ziele, Veränderungen in der Rangordnung und Zielaufgabe bzw. Aufnahme neuer Ziele. Aufgrund der begrenzten Kapazität der Informationsverarbeitung der Entscheidungsträger und der hohen Komplexität der Entscheidungssituation lassen sich die auftretenden Konflikte i. d. R. nicht völlig beheben, d. h., eine vollkommen konsistente Zielformulierung ist letztlich nicht möglich. Vor diesem Hintergrund wird auch von einer Quasi-Lösung der Konflikte gesprochen, mit der erreicht wird, dass Unternehmungen trotz dieser Zielkonflikte handlungsfähig bleiben. In diesem Abschnitt wurden insbesondere die Formalziele von Unternehmungen thematisiert. Dabei wurden einerseits die Perspektiven des Stakeholder-Value-Ansatzes (wertorientierte Unternehmungsführung) und anderseits die Stakeholder-Perspektive eingenommen. Im Anschluss daran wurde der Zielbildungsprozess beschrieben und die dabei auftretenden Konflikte sowie Möglichkeiten zu deren Handhabung aufgezeigt. 1 Was verstehen Sie unter einem Formalziel? 2 Erklären Sie an zwei selbstgewählten Zielen die Zielkomplementarität und -konkurrenz. 3 Erklären Sie die Grundidee des Shareholder-Value-Ansatzes. 4 Welche Größen fließen in den Ansatz des Economic-Value-Added (EVA) ein? Erklären Sie diese. 5 Erklären Sie die Grundidee des Stakeholder-Value-Ansatzes. Z usammenfassung Fragen <?page no="62"?> 62 G r u n d l a G e n , K o n z e p t I o n e n u n d z I e l e Z u Zi elen: a daM (1996); s chNeeweiss (1991). Z um Shareholder-Value-Ansatz: b öckiNG / N owak (1999); h ofstettler (2000). Z um Stak eholder-Value-Ansatz: M üller -s teveNs / l echNer (2005); d icke (2007). L iteratur <?page no="63"?> 63 Im Zentrum dieses Kapitels stehen die konstitutiven Entscheidungen, die auch als Grundsatzentscheidungen bezeichnet werden. Konkret werden die Unternehmungsgründung, Sanierung und Liquidation, die Standort-, die Rechtsformentscheidung sowie die Unternehmungszusammenschlüsse und deren rechtliche Rahmenbedingungen thematisiert. Das Problem der Konzentration und ihre Messung schließen das Kapitel ab. Konstitutive Entscheidungen (vgl. Sandig 1966, S. 135 ff.) sind für die Unternehmung von grundlegender Bedeutung. Sie betreffen den Auf bau der Unternehmung und legen die Ausgangsbedingungen für die Entwicklung der Unternehmung fest. Gutenberg (1971, S. 140) sprach in diesem Zusammenhang von echten Führungsentscheidungen, die von der Unternehmungsleitung wahrzunehmen sind. Als zentrale Merkmale sind zu nennen: Eine Entscheidung muss für die Unternehmung von besonderer Bedeutung sein, eine Entscheidung kann nur aus Kenntnis der Gesamtlage der Unternehmung getroffen werden, und eine Entscheidung ist nicht an nachgeordnete Stellen delegierbar. K onstitutive Entscheidungen 2.1 Unternehmungsgründung Sanierung und Liquidation 2.2 Standortentscheidung 2.3 Rechtsformentscheidung 2.4 Unternehmungszusammenschlüsse Inhalt | 2 Ü bersicht <?page no="64"?> 64 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n In der Literatur werden insbesondere die folgenden Merkmale hervorgehoben (vgl. Macharzina / Wolf 2010, S. 40 ff.): Es muss sich um Grundsatzentscheidungen handeln. Dies bedeutet, dass solche Entscheidungen weitere Entscheidungen auslösen, deren Alternativenraum aber merklich einschränken (z. B. die Standortwahl für ein Zweigwerk). Unternehmungsführungsentscheidungen weisen eine hohe Bindungswirkung (auch Irreversibilität genannt) auf, d. h., eventuelle Korrekturen sind mit größeren Schwierigkeiten verbunden (z. B. Übergang von einer Funktionalorganisation zu einer divisionalen Organisation). Die Entscheidungen müssen für die gesamte Unternehmung von Bedeutung sein (z. B. Aufstellung von Unternehmungsgrundsätzen). Die Entscheidung muss mit einem hohen monetären Wert verbunden sein (z. B. Gründung eines Joint Ventures). Die Entscheidungen weisen nur einen geringen Strukturierungsgrad auf, das vorliegende Problem ist nicht genau spezifiziert (z. B. Eintritt in einen Auslandsmarkt). Es liegen damit Grundsatzentscheidungen vor, die neben einer großen zeitlichen Reichweite und einer hohen monetären Bedeutung eine hohe Bindungswirkung (geringe Irreversibilität) aufweisen. Beispielhaft seien die folgenden konstitutiven Entscheidungen, die auch in den weiteren Ausführungen näher betrachtet werden sollen, genannt (vgl. Bea 2009, S. 360): Unternehmungsgründung, Sanierung und Liquidation, Standortentscheidungen, Rechtsformentscheidungen und Unternehmungszusammenschlüsse. Unternehmungsgr ü ndung , Sanierung und L i q uidation Unter Gründung werden alle Handlungen subsumiert, die im Rahmen der Schaffung einer Unternehmung durchzuführen sind, wobei häufig zwischen Gründung i. e. S. und der Errichtung unterschieden wird. Die Gründung i. e. S. konzentriert sich dann auf die finanzwirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte, während mit der Errichtung der technisch-organisatorische Prozess erfasst wird, mit dem eine funktionsfähige Unternehmung geschaffen wird. Eine Gründung i. w. S. umfasst dann beide Sach- Info 2.1 | Gründung <?page no="65"?> 65 u n t e r n e h m u n G s G r ü n d u n G , s a n I e r u n G u n d l I q u I d a t I o n verhalte, ein Verständnis, das auch den weiteren Ausführungen zugrunde liegt. Als wesentliche Gründungshandlungen sind dann zu nennen (vgl. Zelewski 2008, S. 74 f.): Wahl der Rechtsform, Wahl des Standortes, Festlegung des Zweckes der Unternehmung (grobe Festlegung des Leistungsprogrammes; Sachziele), Feststellung des Kapitalbedarfs und der Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten, Durchführung formaler Rechts- und Verwaltungsakte, z. B.: Handelsregistereintragung, Anzeige des Gewerbes bei den zuständigen kommunalen Behörden, Errichtung der funktionsfähigen Unternehmung (Potentialfaktoren; Betriebsmittel und Einstellung des Personals). Wird als Kriterium die Eigenkapitalbereitstellung herangezogen, dann kann zwischen Bar- und Sachgründung als reine Erscheinungsformen und der Mischgründung als Kombinationsform unterschieden werden: Reine Formen der Gründung ● Bargründung, d. h., das Eigenkapital wird in liquider Form der Unternehmung zugeführt (z. B. die Anteile der GmbH-Gesellschafter). ● Sachgründung, d. h., es werden materielle (z. B. technische Aggregate, Grundstücke) und / oder immaterielle (z. B. Patente) Vermögensgegenstände oder eine gesamte Unternehmung eingebracht. Mischgründung: Sie liegt dann vor, wenn das notwendige Eigenkapital einerseits in liquider Form und anderseits in Form materieller und / oder immaterieller Vermögensgegenstände eingebracht wird. Werden die Gründungen nach Merkmalen ihrer Gründer unterschieden, dann können als reine Formen die Existenzgründungen (sogenannte Start-ups) und die Tochtergründungen sowie als Mischform das Management-Buy-out unterschieden werden: Reine Formen ● Existenzgründungen liegen dann vor, wenn abhängig Beschäftigte den Schritt in die wirtschaftliche Selbständigkeit durchführen. Dieser Problemkomplex hat in den letzten zwanzig Jahren in der Bundesrepublik Deutschland in der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskussion eine bedeutende Rolle eingenommen, die sich einerseits darin zeigt, dass Förderprogramme ins Leben gerufen wurden und anderseits in der Schaffung von Lehrstühlen und Professuren für Existenzgründungen niederschlägt (vgl. z. B. Corsten 2002, S. 3 ff.). ● Tochtergründungen setzen die Existenz einer Unternehmung voraus, die dann eine neue Unternehmung in der Form einer Ausgründung oder Neugründung schafft (Beispiele sind die Gründung einer Ver- Gründungshandlungen Formen der Gründung <?page no="66"?> 66 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n triebsgesellschaft oder die Gründung einer neuen Produktionsstätte im Ausland). Eine Mischform dieser reinen Erscheinungsformen stellt das sogenannte Management-Buy-out dar. Dabei übernehmen Mitarbeiter einer existenten Unternehmung Teile dieser Unternehmung, die sie dann in eine neue Unternehmung einbringen. Die ehemaligen Mitarbeiter der „alten“ Unternehmung werden dann zu Eigentümern der neu gegründeten Unternehmung. Unter Sanierung einer Unternehmung werden alle Handlungen subsumiert, die eine notleidende Unternehmung durch die Wiederherstellung ihrer Zahlungsfähigkeit und Ertragskraft vor einem drohenden Zusammenbruch bewahren (vgl. Bea 2009, S. 363). Die Sanierungshandlungen können sich auf Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit (finanzielle Sanierungsmaßnahmen) und auf die Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit (leistungswirtschaftliche oder organisatorische Sanierungsmaßnahmen) erstrecken (vgl. Zelewski 2008, S. 76 f.). Finanzielle Sanierungsmaßnahmen können ohne und mit Zuführung neuer liquider Mittel durchgeführt werden. Von einer finanziellen Sanierung ohne Zuführung finanzieller Mittel können sowohl die Eigenals auch die Fremdkapitalgeber betroffen sein. Handelt es sich etwa um eine Aktiengesellschaft, dann kann durch eine Herabsetzung des Grundkapitals ein Verlustausgleich vorgenommen werden. In diesem Fall sind folglich die Eigenkapitalgeber betroffen. Demgegenüber tragen die Fremdkapitalgeber die Sanierungslasten, wenn sie auf einen Teil der Forderungen gegenüber der Gesellschaft verzichten. Dies geht mit einer Reduzierung der Liquiditätsbelastung durch Tilgungs- und Zinszahlungen einher. Der Liquiditätseffekt träte auch dann ein, wenn die Gläubiger vorübergehend auf Tilgungs- und Zinszahlungen verzichteten. Ebenfalls ist es denkbar, unterschiedliche finanzielle Sanierungsmaßnahmen kombinativ einzusetzen. So kann etwa eine Aktiengesellschaft zwecks Verlustausgleichs zunächst das Grundkapital herabsetzen, um es danach durch die Ausgabe neuer Aktien liquiditätswirksam zu erhöhen. Leistungswirtschaftliche oder organisatorische Sanierungsmaßnahmen zielen auf eine Restrukturierung der Unternehmung ab, indem sie z. B. unrentable Standorte schließt, Mitarbeiter freisetzt, das Produktprogramm bereinigt oder Absatzmärkte, die kein hinreichendes Erfolgspotential aufweisen, aufgibt. Darüber hinaus, und dies wird eher der Regelfall sein, lassen sich finanzwirtschaftliche und leistungswirtschaftliche / organisatorische Sanierungsmaßnahmen kombinativ einsetzen, wobei dann von einem „Turn Around“ gesprochen wird. Mit der Liquidation (Stilllegung, Abwicklung) endet die Existenz einer Unternehmung. Die Auflösung der Unternehmung kann freiwillig oder Sanierung Sanierungsmaßnahmen Liquidation <?page no="67"?> 67 u n t e r n e h m u n G s G r ü n d u n G , s a n I e r u n G u n d l I q u I d a t I o n zwangsweise erfolgen. Bei einer freiwilligen Liquidation entscheiden die Eigentümer im Rahmen gesetzlicher Vorschriften, die Erwerbstätigkeit der Unternehmung zu beenden. Dabei sind die folgenden Schritte relevant: Die laufenden Geschäfte sind abzuwickeln. Vorhandenes Betriebsvermögen wird veräußert. Befriedigung der Gläubigeransprüche und Verteilung eines eventuellen Überschusses auf die Eigentümer. Löschung der Handelsregistereintragung. Die zwangsweise Auflösung einer Unternehmung regelt die Insolvenzordnung aus dem Jahre 1999. Insolvenz bedeutet, dass ein Schuldner nicht in der Lage ist, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Als Gründe für eine Insolvenz sind die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) sowie die Überschuldung (§ 19 InsO) zu nennen. In § 1 InsO werden die Ziele des Insolvenzverfahrens genannt: „Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, in dem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.“ Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann von einem Gläubiger oder dem Schuldner selbst beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Deckt die Insolvenzmasse die Verfahrenskosten nicht, dann wird der Antrag „mangels Masse“ abgewiesen. Mit der Eröffnung des Verfahrens wird ein Insolvenzverwalter bestellt, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse übergeht. Der Insolvenzverwalter nimmt die Masse in Besitz, erstellt Verzeichnisse der Massegegenstände und der Gläubiger sowie ein Inventar und eine Insolvenzeröffnungsbilanz. Er legt der Gläubigerversammlung, bestehend aus den Gläubigern, dem Schuldner, dem Insolvenzverwalter und ggf. dem Gläubigerausschuss, einen Bericht über die wirtschaftliche Lage des Schuldners vor (Berichttermin). Auf dieser Grundlage entscheidet die Gläubigerversammlung über den Fortgang des Verfahrens (Stilllegung oder vorläufige Fortführung der Schuldnerunternehmung). Liegt kein anderslautender Beschluss der Gläubigerversammlung vor, dann beginnt der Insolvenzverwalter mit der Verwertung des Schuldnervermögens. Wird von der Stilllegung der Unternehmung ausgegangen, dann kann der Insolvenzverwalter die Wirtschaftsgüter ohne Zustimmung der Gläubigerversammlung einzeln veräußern; bei einer Veräußerung der Unternehmung ist hingegen ihre Zustimmung erforderlich. Die Barmittel sind dann an die Gläubiger unter Berücksich- Insolvenz Ziele des Insolvenzverfahrens Insolvenzverwalter <?page no="68"?> 68 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n tigung ihres Status (absonderungsberechtigte Gläubiger, Insolvenzgläubiger, nachrangige Gläubiger) zu verteilen. Ist die Verwertung der Masse beendet, erfolgt die Schlussverteilung und danach i. d. R. die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Standortentscheidung Bei Standortentscheidungen geht es um die Festlegung der Lage der Unternehmung im geografischen Raum. Im Rahmen der unternehmungsspezifischen Zielsetzungen ist damit eine Entscheidung darüber zu treffen, welcher Standort oder welche Standortverteilung für eine Unternehmung die günstigste ist. Derartige Standortentscheidungen sind nicht nur im Zusammenhang mit einer Unternehmungsgründung zu treffen, sondern sie fallen auch im Laufe der Unternehmungsentwicklung an, wenn eine Unternehmung expandiert oder aufgrund veränderter Bedingungen eine Standortverlagerung durchführen möchte. Unterhält eine Unternehmung gleichzeitig mehrere Standorte, dann wird von einer Standortspaltung gesprochen. Zur Ermittlung eines optimalen Standortes bedarf es der Kenntnis der relevanten Standortfaktoren und eines Verfahrens, das es ermöglicht, die quantitativen und qualitativen Wirkungen der als relevant erachteten Standortfaktoren zu bewerten. Ein Standortfaktor ist eine situationsspezifische Einflussgröße, die auf das Zielsystem einer Unternehmung wirkt (vgl. Hansmann 2006, S. 107). Aufgabe der Standortanalyse ist es dann, den Einfluss der einzelnen Standortfaktoren auf das unternehmerische Zielsystem zu ermitteln, um dann darauf aufbauend den günstigsten Standort für die Unternehmung auszuwählen. Die Standortfaktoren sind somit die Hauptelemente einer jeden Standortanalyse (Probleme der innerbetrieblichen Standortwahl bleiben in den weiteren Überlegungen unberücksichtigt; vgl. z. B. Domschke / Drexl 1996). Entsprechend der Bedeutung dieser unternehmerischen Entscheidung kann die Standorttheorie, und zwar insbesondere die Standortbestimmungslehre auf eine lange Tradition zurückblicken. Standortfragen haben in der Volkswirtschaftslehre eine deutlich längere Tradition als in der Betriebswirtschaftslehre. So entwarf bereits Thünen (1826) in seinem Werk „Der isolierte Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie“ eine landwirtschaftliche Standortlehre. Auf der Grundlage der isolierenden Abstraktion entwickelte er als Denkmodell einen isolierten Staat, der von einer unkultivierten Wildnis umgeben ist, wodurch dieser Staat von der übrigen Welt gänzlich getrennt 2.2 | Standortfaktor Info <?page no="69"?> 69 s t a n d o r t e n t s c h e I d u n G wird. Im Zentrum dieses Staates befindet sich eine „… sehr große Stadt in der Mitte einer fruchtbaren Ebene … Die Ebene selbst bestehe aus einem durchaus gleichen Boden, der überall der Kultur fähig ist.“ (Thünen 1826, S. 1). Weitere Städte existieren in dieser Ebene nicht. Vor diesem Hintergrund stellt sich dann die Frage: „… wie wird sich unter diesen Verhältnissen der Ackerbau gestalten, und wie wird die größere oder geringere Entfernung von der Stadt einwirken, wenn dieser mit der höchsten Konsequenz betrieben wird? “ (Thünen 1826, S. 2). In Abhängigkeit von der Entfernung der zentral gelegenen Stadt fallen unterschiedliche Transportkosten an. Unter diesen Gegebenheiten bilden sich nach Thünen dann konzentrische Kreise um die zentral gelegene Stadt mit unterschiedlicher Anbaumethode, und zwar abgestuft nach der Intensität (vgl. Thünen 1826, S. 390). Damit lässt sich die folgende Aussage formulieren: Die intensive Bewirtschaftung (hoher Einsatz von Arbeit und Kapital) wechselt mit wachsender Marktentfernung in eine zunehmend extensive Bewirtschaftung (niedriger Einsatz von Arbeit und Kapital). Mit dem Standort in der Industrie beschäftigte sich Wilhelm Launhardt (1885, S. 157 ff.). Er erkannte die Bedeutung der Transportkosten und zeigte die Bestimmung des Transportkostenoptimalpunktes auf (Launhardt ’scher Trichter). Eine erste Systematik der Standortfaktoren legte A. Weber im Jahre 1909 vor, wobei er zwischen generellen und speziellen Standortfaktoren unterschied. Während er zu den generellen Faktoren die Transport- und F reie W irtschaft ( G emüse, O bst, etc. ) F orstwirtschaft F ruchtwechselwirtschaft K oppelwirtschaft Dreifeld erwirtschaft V iehz ucht U nkultiv ierte W ild nis ( J agd ) | Abb 1 9 Denkmodell eines isolierten Staates nach Thünen Systematik der Standortfaktoren <?page no="70"?> 70 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Arbeitskosten zählte, unterschied er bei den speziellen Faktoren die Verderblichkeit der Rohstoffe, Abhängigkeit vom Wasser und Verfügbarkeit über größere Energiemengen. Ergibt sich im Rahmen der Standortentscheidung eine Dominanz eines Faktors, dann wird beispielsweise von materialorientierter, energieorientierter, arbeitsorientierter, transportkostenorientierter oder konsumorientierter Standortwahl gesprochen. In der jüngeren betriebswirtschaftlichen Literatur werden umfangreichere Standortfaktorsystematiken vorgestellt (vgl. z. B. Zelewski 2008, S. 85), wobei häufig zwischen qualitativen und quantitativen Faktoren unterschieden wird. Während der Beitrag der qualitativen Faktoren zur Zielsetzung der Unternehmung nicht direkt messbar ist, lassen sich die Zielbeiträge der quantitativen Faktoren direkt messen. Abbildung 20 gibt eine denkbare Systematisierung der Standortfaktoren wieder. Aus dieser Übersicht wird deutlich, dass die Standortentscheidung eine hochkomplexe Entscheidung darstellt, selbst dann, wenn eine Konzentration auf die quantitativen Standortfaktoren erfolgt. Eine Vernachlässigung der qualitativen Faktoren könnte jedoch zu einer Lösung führen, die für die Unternehmung nicht optimal wäre, weil die qualitativen Faktoren zwar Einfluss auf den Erfolg einer Unternehmung nehmen, dieser aber nicht monetär erfassbar ist. Dies zeigt sich in besonderer Deutlichkeit bei den Faktoren „soziale und politische Situation“ und „Lebensqualität“. So forderte dann auch Behrens (1961) in seiner empirisch-realistischen Standortlehre die Aufstellung eines möglichst umfassenden und systematischen Katalogs der Standortfaktoren, auf dessen Grundlage eine Standortanalyse durchzuführen sei. Die Standortentscheidung kann folglich Stand ortfaktoren q uantitativ q ualitativ T ransportkosten G rund stückspreise Personalkosten B eschaffungskosten für M aterialien F inanz ierungskosten G rund - und G ewerbesteuer G ewinnsteuern A bsatz preise E nergiepreise E ntsorgungskosten K aufkraft G rund stücke ( F orm, L age, B od enbeschaffenheit etc. ) I nfrastruktur ( V erkehrsnetz e, T ransportgewerbe, K und en- / L ieferantenkontakte etc. ) Personalv erfügbarkeit ( B ev ö lkerungsstruktur, A usbild ungsstand etc. ) Soz iale und politische F aktoren ( W irtschafts- und R echtsord nung, soz iales K lima etc. ) L ebensq ualität am O rt ( Schulen, K rankenhäuser, K ultureinrichtungen etc. ) Abb 20 | Standortfaktoren (Auswahl) empirisch-realistische Standortlehre <?page no="71"?> 71 s t a n d o r t e n t s c h e I d u n G nur das Ergebnis eines qualitativen Vergleichs der potentiellen Standorte sein. Die als relevant erachteten Standortfaktoren sind dabei mit ihrer relativen Gewichtung einzubeziehen. Nach Behrens entzieht sich damit die Entscheidung für einen Standort einer exakten Berechnung. Sie lässt sich lediglich durch ein sorgfältiges Abwägen aller von den relevanten Standortfaktoren ausgehenden Einflüssen bestimmen. Entscheidendes Verdienst Behrens ist es somit, einerseits auch die nicht rechenbaren Standortfaktoren in die Standortanalyse einzubeziehen und anderseits einen Übergang von einer kostenminimalen zu einer gewinnorientierten Betrachtungsweise vollzogen zu haben. In der Literatur existiert eine Vielzahl an Modellen zur Lösung des Standortproblems, wobei grundsätzlich die folgenden Modellklassen unterschieden werden können: Verfahren, die nur monetär quantifizierbare Standortfaktoren berücksichtigen, wobei zwei Unterklassen gebildet werden können: ● kontinuierliche Verfahren, die jeden Punkt in einer Ebene als einen potentiellen Standort betrachten und ● diskrete Verfahren, die von einer endlich gegebenen Anzahl potentieller Standorte ausgehen. Verfahren, die neben monetär quantifizierbaren auch qualitative Standortfaktoren in die Betrachtung aufnehmen. Die Modellklasse, die nur monetär quantifizierbare Standortfaktoren aufnimmt, wird im Folgenden nicht weiter betrachtet, da sie über eine Einführung in die Betriebswirtschaftslehre deutlich hinausgeht. Es sei stattdessen auf die Spezialliteratur aus dem Bereich des Operations Research verwiesen (vgl. z. B. Domschke / Drexl 1996). Ein Verfahren, das monetär quantifizierbare und qualitative Faktoren in die Überlegungen einbezieht, ist die sogenannte Nutzwertanalyse (vgl. grundlegend Zangemeister 1976), bei der es sich um ein Punktbewertungsverfahren handelt, das in der Praxis aufgrund seiner Einfachheit eine große Verbreitung erfahren hat. Ausgangspunkt bilden m potentielle Standorte ST i und n Standortfaktoren SF j . Für jeden Standortfaktor sind darüber hinaus Gewichte g j festzulegen, die in der Summe 1 ergeben. Jede Standortalternative wird in Bezug auf jeden Standortfaktor auf einer normierten Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewertet. Diese Werte werden als Teilnutzenwerte bezeichnet. Die Addition dieser Teilnutzenwerte ergibt den Gesamtnutzen, wobei dann die Standortalternative gewählt wird, die den höchsten Gesamtnutzen aufweist. Dies sei an einem Beispiel verdeutlicht: Nutzwertanalyse <?page no="72"?> 72 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Aus der folgenden Berechnung ergeben sich die Nutzwerte der Standortalternativen: Nutzwert Standort 1: 0,4 · 4 + 0,2 · 3 + 0,1 · 2 + 0,2 · 4 + 0,1 · 2 = 3,4 Nutzwert Standort 2: 0,4 · 5 + 0,2 · 4 + 0,1 · 4 + 0,2 · 3 + 0,1 · 2 = 4,0 Nutzwert Standort 3: 0,4 · 3 + 0,2 · 4 + 0,1 · 5 + 0,2 · 2 + 0,1 · 3 = 3,2 Nutzwert Standort 4: 0,4 · 2 + 0,2 · 5 + 0,1 · 3 + 0,2 · 4 + 0,1 · 2 = 3,1 Den höchsten Nutzwert weist Standortalternative 2 auf, die dann als Standort gewählt wird. Die Nutzwertanalyse ist jedoch mit den folgenden Problemen verbunden: Schlechte Zielerreichungsgrade können durch gute Zielerreichungsgrade anderer Ziele kompensiert werden. Es wird unterstellt, dass der Entscheidungsträger konsistente Präferenzen hat, und die Gewichtungsfaktoren geben die tatsächliche Bedeutung des Entscheidungsträgers wieder. Es liegt Bewertungsunabhängigkeit vor, d. h., die Bewertung einer Alternative in Bezug auf ein Kriterium ist unabhängig von der Bedeutung hinsichtlich der anderen herangezogenen Kriterien. Eine weitere einfache Vorgehensweise, die ebenfalls in der unternehmerischen Praxis eine weite Verbreitung gefunden hat, sind die sogenannten Checklisten, die eine Auflistung der an den zu wählenden Standort gestellten Anforderungen beinhalten. Dabei wird bei der Gewichtung der Zielgrößen und der Bewertung der Alternativen auf eine Quantifizierung verzichtet; es wird vielmehr ein qualitativer Vergleich der Vor- und Nachteile durchgeführt. Nutzwertanalyse ( B eispiel) Tab. 7 | Stand ortfaktoren T ransportkosten A rbeitskräftev erfügbarkeit G üte d er A bfall- , A bwasser- und A bgasbeseitigung R äumliche E x pansionsmö glichkeit L ebensq ualität Stand orte g j ST 1 ST 2 ST 3 ST 4 4 5 3 2 4 4 4 4 3 3 3 2 2 2 2 4 5 3 2 5 0, 4 0, 2 0, 2 0, 1 0, 1 <?page no="73"?> 73 r e c h t s f o r m e n t s c h e I d u n G R echtsformentscheidung Ü berblic k Mit der Rechtsform der Unternehmung werden einerseits Beziehungen zwischen Unternehmungsmitgliedern und anderseits zwischen der Unternehmung und ihrem Umsystem geregelt. So betreffen die intraunternehmerischen Beziehungen etwa die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder in einer Aktiengesellschaft zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Unternehmungsübergreifende Rechtsbeziehungen sind z. B. Publikationspflichten einer Kapitalgesellschaft gegenüber der Öffentlichkeit. Rechtsformentscheidungen fallen bei der Gründung der Unternehmung, bei einem Rechtsformwechsel und bei Zusammenschlüssen von Unternehmungen an. Kriterien der Rechtsformwahl sind die Haftung für Verbindlichkeiten der Unternehmung, die Leitung der Unternehmung (im Innen- und Außenverhältnis), Kontrollrechte, Mitbestimmung, Erfolgsbeteiligung, Kapitalbeschaffung, Steuerbelastung, Publizitätspflichten, rechtsformabhängige Aufwendungen (z. B. Publikationsvorschriften) und Unternehmungskontinuität. Der Gesetzgeber stellt eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsformen zur Auswahl. Abbildung 21 (vgl. Kußmaul 2011, S. 440; Neus 2011, S. 158 ff.) gibt einen Überblick über die wesentlichen privatrechtlichen Rechtsformen (Rechtsformen des öffentlichen Rechts bleiben dabei unberücksichtigt ( s iehe Glossar)). | 2.3 | 2.3.1 Kriterien der Rechtsformwahl Personengesellschaften G esellschaft d es bürgerlichen R echts E inz elunternehmung G enossenschaften K apitalgesellschaften O ffene H and elsgesellschaft Partnerschaftsgesellschaft Stille G esellschaft K ommand itgesellschaft A ktiengesellschaft K ommand itgesellschaft auf A ktien G esellschaft mit beschränkter H aftung R echtsformen G mbH & C o. K G | Abb 21 Privatrechtliche Rechtsformen <?page no="74"?> 74 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Einzelunternehmung und Personengesellschaften Eine Einzelunternehmung wird von einem Kaufmann gebildet. Nach § 1 (1) HGB ist Kaufmann (Ist-Kaufmann) jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt. Unter einem Handelsgewerbe ist dabei eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbständige und mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit zu verstehen. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 I (2) HGB). Neben dem Ist-Kaufmann ist der Kann-Kaufmann (§§ 2, 3 HGB) zu nennen. Diese Möglichkeit ist insbesondere für Kleingewerbetreibende und für die Land- und Forstwirtschaft relevant. Der Kann-Kaufmann wird durch Eintragung ins Handelsregister vollwertiger Kaufmann. Den Kaufmann kraft Eintragung bestimmt § 5 HGB. Hiermit wird festgelegt, dass derjenige, der im Handelsregister ( s iehe Glossar) eingetragen ist, sich, unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung, wie ein Kaufmann behandeln lassen muss. Zweck dieser Regelung ist letztlich der Schutz des öffentlichen Glaubens in das Handelsregister. Ebenfalls in § 5 HGB ist der Kaufmann kraft Rechtsscheins geregelt. Hierdurch wird geregelt, dass derjenige, der als Kaufmann im Rechtsverkehr auftritt, sich auch als Kaufmann behandeln lassen muss, selbst dann, wenn keine Eintragung im Handelsregister vorliegt. Ein Einzelunternehmer haftet für seine Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen und er führt seine Unternehmung alleinverantwortlich im Innen- und Außenverhältnis. Personengesellschaften bauen auf den einzelnen Gesellschaftern auf, d. h., die Mitgliedschaft ist auf die einzelne Person zugeschnitten. In den §§ 705 ff. BGB ist die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) geregelt, die jeden erlaubten Zweck zum Gegenstand haben kann. Sie ist eine auf einem Vertrag basierende Personenvereinigung ohne Rechtsfähigkeit. Eine Eintragung in das Handelsregister entfällt bei der GbR. Die Verbindlichkeiten einer GbR sind gemeinschaftliche Schulden der Gesellschafter, d. h., jeder Gesellschafter haftet unmittelbar, unbeschränkt und solidarisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die offene Handelsgesellschaft (OHG) ist in den §§ 105 - 160 HGB sowie ergänzend in den Vorschriften zur GbR (§§ 705 - 740 BGB) geregelt (durch Handelsregistereintragung wird eine GbR automatisch zu einer OHG). Grundlage der OHG ist ein Gesellschaftsvertrag, wobei mindestens zwei Gesellschafter erforderlich sind. Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der OHG als Gesamtschuldner, d. h., jeder Gesellschafter haftet unmittelbar, unbeschränkt und solidarisch (§ 128 HGB). Bei den von den Gesellschaftern eingebrachten Einlagen kann es sich um liquide Mittel, Sachmittel, aber auch um Dienstleistungen handeln. Veränderungen der Eigenkapitalausstattung erfolgen durch Entnahmen, Einzahlungen, Gewinne und Verluste. Im Gesellschaftsvertrag kann die Gewinn- und 2.3.2 | Einzelunternehmung Handelsgewerbe Ist-Kaufmann Kann-Kaufman Kaufmann kraft Eintragung Kaufmann kraft Rechtsscheins Personengesellschaft Gesellschaft des bürgerlichen Rechts offene Handelsgesellschaft <?page no="75"?> 75 r e c h t s f o r m e n t s c h e I d u n G Verlustbeteiligung durch die Gesellschafter festgelegt werden. Wird im Gesellschaftsvertrag keine Regelung getroffen, gelangt § 121 HGB zur Anwendung, nachdem zunächst die Kapitalanteile mit 4 % zu verzinsen sind und der verbleibende Rest nach Köpfen verteilt wird. Verluste werden ebenfalls nach Köpfen verteilt. Ferner ist die Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag zu regeln (§ 109 HGB). Geschieht dies nicht, dann ist jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt. Die Partnerschaft ist im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz in Verbindung mit §§ 105 ff. HGB und in den ergänzenden Vorschriften zur GbR in §§ 705 - 740 BGB geregelt. Sie ist insbesondere für die sogenannten freien Berufe von Bedeutung, die kein Gewerbe im Sinne des Handelsgesetzbuches ausüben. Sie ist beim zuständigen Amtsgericht zur Eintragung in das Partnerschaftsregister anzumelden. Nach § 7 (2) PartGG in Verbindung mit § 124 HGB haftet die Partnerschaftsgesellschaft selbst. Ferner haften grundsätzlich alle Partner persönlich und unbeschränkt als Gesamtschuldner. Es besteht jedoch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter. So kann etwa die Haftung auf diejenigen Partner beschränkt werden, die die Gesellschaft verantwortlich leiten. Besteht die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung der einzelnen Partner oder der Partnerschaft, dann kann die Haftung der Partner auf einen Höchstbetrag begrenzt werden. Rechtsgrundlage der Kommanditgesellschaft (KG) sind die §§ 161 - 177a HGB, ergänzend die Vorschriften zur OHG (§§ 105 - 160 HGB) und zur GbR (§§ 705 - 740 BGB). Charakteristisch für die KG ist die Trennung zwischen Komplementär (unbeschränkt haftender Gesellschafter) und Kommanditist (beschränkt haftender Gesellschafter bis zur Höhe seiner Einlage). Kommanditisten sind grundsätzlich von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 HGB), jedoch stehen ihnen bestimmte Kontrollrechte zu. Für die Komplementäre gelten die Regelungen wie für die Gesellschafter der OHG. Dem Kommanditisten kann aber Prokura ( s iehe Glossar) oder Handlungsvollmacht ( s iehe Glossar) erteilt werden. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung richtet sich nach den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Regelungen. Fehlt eine entsprechende Regelung, dann erfolgt eine Verzinsung der Kapitalanteile mit 4 %, und der Rest wird in einem angemessenen Verhältnis der Anteile aufgeteilt. Als letzte Erscheinungsform der Personengesellschaften sei die stille Gesellschaft angeführt (§§ 230 - 236 HGB sowie ergänzend die Vorschriften zur GbR §§ 705 - 740 BGB). Bei der stillen Gesellschaft handelt es sich um eine reine Innengesellschaft, d. h., der Geldgeber tritt nach außen nicht in Erscheinung, obwohl er an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhat. Grundlage bildet ein Gesellschaftsvertrag, in dem vor allem die Ver- Partnerschaft Kommanditgesellschaft stille Gesellschaft <?page no="76"?> 76 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n pflichtung festgehalten ist, eine Vermögenseinlage zu leisten. Als stille Gesellschafter kommen natürliche Personen sowie Personen- und Kapitalgesellschaften in Frage. Der stille Gesellschafter haftet nur mit seiner Einlage, und er hat kein Mitspracherecht bei der Geschäftsführung. Nach § 233 HGB hat er jedoch Einsichts- und Kontrollrechte. K apitalgesellschaften Bei den Kapitalgesellschaften, bei denen die Kapitalbeteiligung im Vordergrund steht, sei zunächst die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vorgestellt, deren Rechtsgrundlage das GmbHG bildet. Grundlage der GmbH ist der Gesellschaftsvertrag, der notariell zu beurkunden ist (§ 2 GmbHG) und von allen Gesellschaftern unterzeichnet werden muss. Durch Eintragung ins Handelsregister erwirbt die GmbH eine eigene Rechtspersönlichkeit. Die durch die einzelnen Gesellschafter übernommenen Einlageverpflichtungen können durch Geld- oder Sacheinlagen erfüllt werden. Bevor eine GmbH in das Handelsregister eingetragen ist, haften alle GmbH-Gesellschafter unbeschränkt und solidarisch (§ 11 (2) GmbHG). Nach der Eintragung haftet die GmbH mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Der oder die Geschäftsführer sind in der Satzung bestimmt, wobei als Geschäftsführer sowohl Gesellschafter als auch Dritte eingesetzt werden können. Der oder die Geschäftsführer vertreten auch die Gesellschaft nach außen. Die Aktiengesellschaft (AG) ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Grundkapital in Aktien zerlegt ist (§ 1 AktG). Die Gründung einer AG ist in den §§ 23 - 53 AktG geregelt. An der Gründung einer AG müssen sich eine oder mehrere Personen beteiligen, die die Aktien gegen Einlagen übernehmen (§ 2 AktG), wobei das Grundkapital mindestens 50.000 € betragen muss (§ 7 AktG). Die Haftung der Gesellschaft ist auf den Betrag der eingeforderten Einlage auf die übernommenen Aktien beschränkt. Organe der AG sind der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Die Geschäftsführung obliegt dem Vorstand, der durch den Aufsichtsrat bestellt und überwacht wird (§ 111 (1) AktG). Die Bestellung gilt für maximal fünf Jahre. Der Vorstand hat seinerseits die Pflicht, den Aufsichtsrat zu informieren. Als drittes Organ ist die Hauptversammlung zu nennen, in der jeder Aktionär pro Aktie eine Stimme hat. Ausnahmen bilden sogenannte stimmrechtslose Vorzugsaktien und Mehrstimmrechtsaktien ( s iehe Glossar). Die Hauptversammlung bestellt die Mitglieder des Aufsichtsrates mit Ausnahme des Arbeitnehmervertreters. Ebenfalls obliegt ihm die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder, die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates, die Wahl des Abschlussprüfers, die Entscheidung über die Verwendung des Bilanzgewinnes, um nur einige Rechte zu nennen. Nicht befugt ist 2.3.3 | Kapitalgesellschaft Gesellschaft mit beschränkter Haftung Aktiengesellschaft Organe der AG <?page no="77"?> 77 r e c h t s f o r m e n t s c h e I d u n G die Hauptversammlung hingegen zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft. Der Vorstand hat die Pflicht, die Hauptversammlung zu informieren. Für die Ergebnisverwendung und den Verlustausgleich in einer AG sind grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten gegeben: Einstellung in die gesetzliche Rücklage ( s iehe Glossar) (§ 150 (2) AktG). Einstellung in die Rücklage für Anteile an einer herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmung (§ 272 (4) HGB). Einstellung in die satzungsmäßige Rücklage (§ 272 (3) HGB). Einstellung in andere Gewinnrücklagen: ● Vorstand und Aufsichtsrat stellen den Jahresabschluss fest: Der Vorstand darf bis zu 50 % des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen, wobei die Satzung einen höheren Anteil festlegen kann (§ 58 (2) AktG). ● Die Hauptversammlung darf weitere Beträge in andere Gewinnrücklagen einstellen (§ 58 (3) i. V. m. § 174 AktG). Verwendung des verbleibenden Bilanzgewinns: Die Hauptversammlung kann die Ausschüttung an die Aktionäre (Dividende) oder einen Gewinnvortrag auf das nächste Geschäftsjahr beschließen (§ 58 (3), S. 1 i. V. m. § 174 AktG). Bilanzverlust: Er wird auf das nächste Geschäftsjahr vorgetragen oder durch die Auflösung anderer Gewinnrücklagen ausgeglichen, erforderlichenfalls durch gesetzliche Rücklagen oder Kapitalrücklagen. Das Eigenkapital der AG muss einen Mindestnennbetrag von 50.000 € (§ 7 AktG) aufweisen (Grundkapital). Dieses Grundkapital ist in Aktien zerlegt, wobei zwischen Nennbetragsaktien und Stückaktien zu unterscheiden ist. Der Mindestbetrag einer Nennwertaktie muss 1 € betragen und auf volle Euro lauten (§ 8 (2) AktG). Demgegenüber weisen Stückaktien keinen Nennbetrag auf, sondern sie sind in gleichem Umfang am Grundkapital einer Gesellschaft beteiligt (§ 8 (3) AktG), d. h., ihr Nennbetrag ergibt sich aus der Anzahl der Aktien. Aktien, die Wertpapiere darstellen, sind leicht übertragbar, wobei dies i. d. R. an der Börse ( s iehe Glossar) geschieht. Durch Angebot und Nachfrage ergibt sich dann der Kurs. In Abhängigkeit der Übertragung der Aktien lassen sich folgende Erscheinungsformen unterscheiden: Inhaberaktien können durch Einigung und Übergabe übertragen werden, d. h., der Inhaber hat das Recht, über die Aktie zu verfügen. Namensaktien werden auf den Namen des Berechtigten ausgestellt und in ein sogenanntes Aktienbuch eingetragen. Ihre Übergabe erfolgt durch Indossament, d. h., auf der Rückseite der Aktie wird eine Übertragungserklärung geschrieben. Aktien Erscheinungsformen <?page no="78"?> 78 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Vinkulierte Namensaktien (vinculus = Fessel) sind durch eine eingeschränkte Übertragung gekennzeichnet (geborenes Orderpapier). Die Übertragung setzt die Zustimmung der Gesellschaft voraus. Ziel dieser Aktien ist die bewusste Kontrolle des Eigentümerkreises. Ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung der Aktien ist der Umfang des verbrieften Rechtes der Aktionäre: Stammaktien gewähren ihren Inhabern die im Aktienrecht für den Normalfall vorgesehenen Rechte. Dabei gilt der Grundsatz der Gleichberechtigung aller Aktionäre bezüglich der eingeräumten Rechte, d. h., Vermögensrechte (Dividendenrecht, Recht auf einen Anteil am Liquidationserlös und Bezugsrecht) und Verwaltungsrechte (Stimmrecht, Auskunftsrecht und Kontrollrecht). Vorzugsaktien gewähren dem Aktionär Vorteile im Vergleich zur Stammaktie, wobei insbesondere Vorteile im Rahmen der Gewinnverteilung, der Stimmrechtsausübung oder der Verteilung des Liquidationserlöses (absolute Vorzugsaktie) zu nennen sind (zu unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten vgl. Bieg / Kußmaul 2009, S. 80 ff.). Von einer relativen Vorzugsaktie wird dann gesprochen, wenn die Aktie kein Stimmrecht gewährt (stimmrechtslose Aktie), jedoch mit einer höheren Dividende als eine Stammaktie verbunden ist. Möchte die Aktiengesellschaft eine Kapitalerhöhung durchführen, dann ist zunächst zwischen einer Kapitalerhöhung mit dem Ziel der Erweiterung des Eigenkapitals und Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung) zu unterscheiden. Bei einer Kapitalerhöhung zur Erweiterung der Eigenkapitalbasis ist weiterhin zwischen der ordentlichen Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen (sie bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung; §§ 182 ff. AktG), der bedingten Kapitalerhöhung (Umtauschrechte, z. B. Wandelanleihen oder Bezugsrechte, z. B. bei Optionsanleihen; §§ 192 ff. AktG) und dem genehmigten Kapital (Erhöhung des Kapitals durch Ausgabe neuer Aktien; durch Beschluss des Vorstandes, der durch die Hauptversammlung ermächtigt wurde; §§ 202 ff. AktG) zu unterscheiden. Demgegenüber handelt es sich bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um Umschichtungen innerhalb des Eigenkapitals, d. h., es werden keine zusätzlichen Mittel von außen zugeführt. Da lediglich die Struktur des Eigenkapitals verändert wird, handelt es sich hierbei aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht um eine Kapitalerhöhung. Konkret werden Teile der Kapitalrücklagen und der Gewinnrücklagen in Kapitalerhöhung <?page no="79"?> 79 r e c h t s f o r m e n t s c h e I d u n G Grundkapital umgewandelt (buchhalterisch handelt es sich um einen Passivtausch; vgl. Abschnitt 4.1.3.3). Den umgekehrten Fall bildet die Kapitalherabsetzung, d. h., es geht um eine Verminderung des Eigenkapitals. Das Aktiengesetz unterscheidet drei Formen der Kapitalherabsetzung: Ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 - 228 AktG): Hierbei erfolgt entweder eine Rückzahlung von Teilen des Grundkapitals an die Aktionäre oder eine Anpassung des bilanziell ausgewiesenen Eigenkapitals an das durch Verluste geschrumpfte Vermögen der Gesellschaft. Vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 - 236 AktG): Ziel ist der Ausgleich von Wertminderungen, der Deckung sonstiger Verluste oder Zuführung von Beträgen zur Kapitalrücklage. Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktion (§§ 237 - 239 AktG): Dies kann zwangsweise oder durch Rückkauf erfolgen. Das Grundkapital wird um den Nennwert der eingezogenen Aktien herabgesetzt. Eine spezielle Ausgestaltung der Aktiengesellschaft ist die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA; vgl. §§ 278 - 290 AktG sowie die Bestimmungen des HGB, die für die KG relevant sind), bei der eine Kombination einer Personengesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft gegeben ist. Wie bei einer KG gibt es auch bei einer KGaA zwei unterschiedliche Gesellschaftertypen: Während der Komplementär unbeschränkt haftet, sind die anderen Gesellschafter am Grundkapital, das in Aktien gestückelt ist, beteiligt. Sie werden als Kommanditaktionäre bezeichnet. Die Geschäftsführung obliegt den Komplementären, und ihre Aufgaben entsprechen den Aufgaben eines Vorstandes der AG. Die Kommanditisten sind demgegenüber in der Hauptversammlung vertreten. Bei der GmbH & Co. KG ist die GmbH als Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, d. h., die GmbH ist Komplementär der KG. Damit ist eine juristische Person Gesellschafter einer Personengesellschaft. Der Komplementär-GmbH obliegt die Geschäftsführung, die jedoch einen Geschäftsführer bestellen kann. Die eingetragene Genossenschaft (eG), die weder Personennoch Kapitalgesellschaft ist, besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist somit eine juristische Person. Gesetzliche Grundlage ist das Genossenschaftsgesetz (GenG). Für die Gründung einer Genossenschaft sind mindestens drei Mitglieder erforderlich. Organe sind der Vorstand, Aufsichtsrat und die Generalversammlung. Die Genossenschaft ist in das Genossenschaftsregister einzutragen. Bei Genossenschaften handelt es sich um Gesellschaften, die die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs bezwecken (§ 1 GenG). Beispiele für Genossenschaften sind Einkaufs-, Produktions-, Kredit-, Bau- oder Förderungs- Kapitalherabsetzung Kommanditgesellschaft auf Aktien GmbH & Co. KG eingetragene Genossenschaft <?page no="80"?> 80 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n genossenschaften. Die Mitglieder leisten eine Pflichteinzahlung, d. h., sie zeichnen einen Geschäftsanteil, der in der Satzung festgelegt ist. Organe einer Genossenschaft sind die Generalversammlung (Mitgliederversammlung), der Aufsichtsrat (hat die Genossenschaft nicht mehr als zwanzig Mitglieder, dann kann auf den Aufsichtsrat verzichtet werden) und der Vorstand, dem die Geschäftsführung obliegt. Die Generalversammlung wählt den Vorstand und den Aufsichtsrat und entlastet diese auch. Sie beschließt darüber hinaus über den Jahresabschluss und die Gewinnverteilung. Haben Genossenschaften mehr als 1.500 Mitglieder, dann kann die Satzung bestimmen, dass die Generalversammlung aus Vertretern der Mitglieder (Vertreterversammlung) besteht (§ 43a (1) GenG). Die Vertreterversammlung muss dabei aus mindestens 50 Vertretern bestehen (§ 43a (3) GenG). Unternehmungszusammenschl ü sse Motive Schließen sich mehrere rechtlich selbständige Unternehmungen zum Zweck der gemeinschaftlichen Erfüllung von Aufgaben zusammen, dann liegt ein Unternehmungszusammenschluss vor, wobei das Spektrum von einem lockeren Verbund der beteiligten Unternehmungen bis hin zu einem Zusammenschluss, bei dem mindestens eine Unternehmung ihre Identität verliert, weil sie mit einer anderen Unternehmung verschmolzen wird, reicht. Motive für Unternehmungszusammenschlüsse sind vor allem Wachstumsziele und Synergieeffekte, wobei diese beiden Motive auch aufeinander bezogen sein können, etwa dann, wenn Wachstum damit begründet wird, Synergien auszuschöpfen (vgl. Zelewski 2008, S. 90). Unternehmungswachstum kann auf interne und / oder externe Weise erfolgen. Internes Wachstum kann durch sämtliche Unternehmungsbereiche hervorgerufen werden (z. B. durch Produkt- oder Prozessinnovationen, durch die neue Märkte erschlossen oder bestehende Märkte erweitert werden können). Externes Wachstum resultiert hingegen aus der Übernahme einer anderen Unternehmung oder aus Unternehmungsteilen (z. B. Bildung eines Konzerns). Synergieeffekte resultieren daraus, dass Elemente / Systeme in die gleiche Richtung wirken und sich dadurch in ihrem Ergebnis positiv verstärken. Durch ihre kombinative Wirkung ergibt sich ein Ergebnis, das größer ist als die Summe seiner Teile. Schließen sich z. B. zwei Unternehmungen 2.4 | 2.4.1 | Unternehmungswachstum Synergieeffekte <?page no="81"?> 81 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e zusammen und können sie im Rahmen ihrer gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung ihre Sach- und Formalziele besser erfüllen als es jeder einzelnen Unternehmung bei isolierten Aktivitäten möglich wäre, dann wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur von einer Synergie gesprochen. Als Gründe für das Auftreten von Synergien (vgl. z. B. Zelewski 2008, S. 90 ff.) sind zu nennen: Gemeinsame Ressourcennutzung: So kann ein technisches Aggregat eine Mindestkapazität aufweisen, die eine Unternehmung wirtschaftlich nicht zu nutzen vermag, oder ein vorhandenes Aggregat kann, bedingt durch Veränderungen am Absatzmarkt, nicht mehr in erforderlichem Umfang ausgelastet werden. In diesen Situationen kann ein Zusammenschluss von Unternehmungen wieder zu einer entsprechenden Nutzung beitragen oder die Beschaffung eines Aggregates wirtschaftlich rechtfertigen. Ressourcenkombination: Hierbei versuchen die betroffenen Unternehmungen, ihre jeweilige Ressourcenstärke gemeinsam zu nutzen. So kann etwa eine innovative, aber nur mit geringen Finanzmitteln ausgestattete Unternehmung sich mit einer finanzstarken Unternehmung zusammenschließen, um so ein innovatives Produkt erfolgreich zu vermarkten. Als ein anderes Beispiel seien sich ergänzende Patente genannt, d. h., eine Unternehmung kann ihr Patent nur dann wirtschaftlich nutzen, wenn die andere Unternehmung ihr ein Nutzungsrecht an ihrem Patent einräumt und umgekehrt. Ein Erfinder kann sein erworbenes Wissen durch ein Patent vor eventuellen Nachahmern schützen lassen. Nach § 1 PatG (Patentgesetz) werden Patente für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Der Patentschutz verleiht dem Patentinhaber ein zeitlich befristetes Exklusivrecht: Denn erhält der Patentanmelder durch das Deutsche Patent- und Markenamt ein Patent, dann verleiht es seinem Inhaber nach § 6 PatG die allein ihm zustehende Befugnis, „… gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzubieten oder zu gebrauchen.“ Die Patenterteilung ist an materielle und sonstige Voraussetzungen geknüpft, wobei vier materielle Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Bei dem zu patentierenden Sachverhalt muss es sich um eine Erfindung handeln, wobei unter einer Erfindung „… eine Lehre zum praktischen Handeln, deren beanspruchter Gegenstand oder deren beanspruchte Tätigkeit technischer Natur, realisierbar und wiederholbar ist, und die Lösung einer Aufgabe durch technische Überlegungen darstellt.“ (Schulte 2001, § 1 Rdn. 16). Damit sind nichttechnische Erfindungen ausgeschlossen. gemeinsame Ressourcennutzung Ressourcenkombination Info <?page no="82"?> 82 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Die Erfindung muss neu sein, d. h., sie zählt zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht zum Stand der Technik bzw. sie muss sich durch einen „erfinderischen Schritt “ vom Stand der Technik abheben. Die Erfindung muss auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen; sie darf sich für den „Durchschnittsfachmann“ nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben (sogenannte Erfindungshöhe). Die Erfindung muss gewerblich anwendbar sein. Der Patentinhaber kann das von ihm erworbene Schutzrecht an Dritte übertragen, und zwar in unbeschränkter und beschränkter Form. Bei einer unbeschränkten Übertragung überträgt er sein Recht auf den Erwerber, der dann dieses Nutzungsrecht ausschließlich erhält. Bei einer beschränkten Übertragung erhält ein Dritter ein Nutzungsrecht auf der Grundlage einer Lizenz gegen Gegenleistung, die monetär oder nichtmonetär sein kann. Economies of scale: Hiermit werden Größendegressionseffekte erfasst, die auf unterschiedliche Kapazitäten und deren Ausnutzung zurückzuführen sind (Gesetz der Massenproduktion, weil die Fixkosten pro Stück mit zunehmender Menge abnehmen). Economies of scope: Hierbei geht es um die Realisierung von Vorteilen durch steigende Produktvielfalt (Vielfalts- oder Breitenvorteile), z. B. durch den Einsatz flexibler Produktionstechnologien. Konkret bedeutet dies, dass die Kosten, die bei gleichzeitiger Produktion mehrerer Leistungen anfallen, niedriger sind als die Summe der Kosten der jeweiligen Einzelproduktion. Für die Güter y 1 und y 2 gilt dann (vgl. Teece 1980, S. 224): K (y 1 , y 2 ) < K (y 1 , 0) + K (0, y 2 ) Erscheinungsformen In den weiteren Überlegungen sollen die Unternehmungszusammenschlüsse in die Gruppen Kooperationen und Netzwerke, Kartelle sowie Fusionen untergliedert werden. Die Strukturierung in Abhängigkeit von den Produktions- und Handelsstufen der beteiligten Unternehmungen führt zu den horizontalen, vertikalen und diagonalen Zusammenschlüssen, die grundsätzlich in allen genannten Gruppen auftreten können. Bei einem horizontalen Unternehmungszusammenschluss schließen sich Unternehmungen der gleichen Produktions- und Handelsstufe zusammen (z. B. zwei Schuhfabriken). Zusammenschlüsse vertikaler Art entstehen durch Unternehmungsverbindungen aufeinanderfolgender Produktions- und Handelsstufen, wobei zwei Untergruppen gebildet werden können: Rückwärts: Es wird eine vorgelagerte Stufe einbezogen (z. B. Hosenproduzent mit Weberei und Spinnerei, um eine regelmäßige Versorgung sicherzustellen); Economies of scale Economies of scope 2.4.2 | <?page no="83"?> 83 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e Vorwärts: Es wird eine nachgelagerte Stufe einbezogen, um so den Absatz oder eine einheitliche Leistung zu sichern. Diagonale (konglomerate) Zusammenschlüsse entstehen durch Unternehmungsverbindungen verschiedener Branchen und unterschiedlicher Produktions- und / oder Handelsstufen, um so eine günstigere Risikostreuung zu erreichen (z. B. Nahrungsmittelproduzent und Schiffsbauer). Kooperationen und Netzwerke Von einer Kooperation wird dann gesprochen, wenn selbständige Personen und / oder Organisationen aufgrund gemeinsamer Ziele durch Abmachungen über die Erfüllung von Teilaufgaben der Beteiligten bestimmen (vgl. Neus 2011, S. 10; Zentes / Swoboda / Morschett 2003, S. 6 ff.). Dabei ist es notwendig, dass keine Partei mit der Kooperation schlechter dasteht als dies ohne Kooperation der Fall ist. Kooperationen lassen sich durch die folgenden Merkmale bestimmen: die gemeinschaftliche Aufgabenerfüllung, an der mehrere Unternehmungen beteiligt sind, die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Kooperationspartner, die Freiwilligkeit der Zusammenarbeit, die Koordination von Teilaufgaben der Beteiligten, Vereinbarungen als Grundlage der Zusammenarbeit, die Zielbezogenheit der Zusammenarbeit und die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Zusammenarbeit. Grundlage bildet dabei ein Kooperationsvertrag, in dem z. B. die folgenden Fragen geklärt werden sollten: rechtliche Form der Kooperation, Festlegung der Rechte und Pflichten der Kooperationspartner, Aufteilung der Teilleistungen sowie Fixierung der Leistungsstandards und Schnittstellen, Einbringung von Ressourcen in die Kooperation und deren Bewertung und Know-how- und Schutzrechtsproblematik (Verwertung der Ergebnisse). Bei der Auswahl der Kooperationspartner ist darauf zu achten, dass ein strategischer Fit ( s iehe Glossar) gegeben ist, d. h., der Kooperationspartner soll unter strategischen Gesichtspunkten mit der eigenen Unternehmung zusammenpassen. Die Intensität der Kooperation wird dabei in erheblichem Maße durch den Umfang der vorgenommenen Aufgabenausgliederung determiniert. Die Aufgabenausgliederung kann dabei von einem Erfahrungsaustausch als loseste Kooperationsform bis hin | 2.4.2.1 Merkmale Kooperationsvertrag Intensität der Kooperation <?page no="84"?> 84 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n zu einer kollektiven Wahrnehmung einzelner oder mehrerer Funktionen reichen. Als Beispiel einer Kooperation sei die Arbeitsgemeinschaft bzw. das Konsortium genannt, die das Ziel verfolgen, eine zeitlich befristete und inhaltlich abgegrenzte Aufgabe gemeinsam zu lösen. Rechtliche Grundlage der Arbeitsgemeinschaft oder des Konsortiums bildet entweder ein Werkvertrag (§ 631 BGB) oder ein Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB). Arbeitsgemeinschaften / Konsortien sind rechtlich selbständige Gesellschaften, die i. d. R. die Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts aufweisen. Die Arbeitsgemeinschaft schließt mit einem Auftraggeber einen Vertrag ab, so dass nur zwischen Arbeitsgemeinschaft und Auftraggeber unmittelbare Rechtsbeziehungen entstehen. Arbeitsgemeinschaften und Konsortien werden zwar in der Literatur weitgehend synonym verwendet, jedoch lassen sich in der Praxis unterschiedliche Verwendungen ausmachen: Während im Bereich der Kreditwirtschaft von Konsortien gesprochen wird, dominiert im Baugewerbe und im Filmbereich die Bezeichnung Arbeitsgemeinschaft. Eng mit einer Arbeitsgemeinschaft verbunden ist die Generalunternehmerschaft, bei der ein Auftraggeber mit einem Generalunternehmer einen Vertrag zur Realisation einer Aufgabe abschließt. Der Generalunternehmer vergibt dann in eigenem Namen Unteraufträge an dritte Unternehmungen, wobei der Generalunternehmer gegenüber dem Auftraggeber haftet. Da zwischen Auftraggeber und Subunternehmer kein unmittelbares Vertragsverhältnis besteht, bilden die Subunternehmungen eine Innengesellschaft (unechte Arbeitsgemeinschaft). In einem weiten Verständnis zählen zu den Arbeitsgemeinschaften auch die Strategischen Allianzen, bei denen es sich um eine freiwillige, zielorientierte Zusammenarbeit selbständiger Unternehmungen handelt. Der Begriff „strategisch“ weist darauf hin, dass es sich um eine Zusammenarbeit handeln muss, die das Erfolgspotential einer Unternehmung beeinflusst. Strategische Allianzen zielen dabei i. d. R. auf die Erschließung (externer) Synergien ab (vgl. Ringlstetter 1995, S. 697 ff.). Als Synergiequellen sind dabei eine gemeinsame Know-how-Basis und die Komplementarität der Partner zu nennen, d. h., sie verfügen über sich ergänzende Fähigkeiten (z. B. Unternehmung A im Forschungs- und Entwicklungsbereich und Unternehmung B in der Produktionstechnologie). Ein anderes Beispiel für eine Kooperation liegt vor, wenn z. B. zwei Unternehmungen eine einzelne Funktion (z. B. Forschung und Entwicklung) ausgliedern und diese in einer gemeinsam getragenen Einrichtung durchführen (kollektive Wahrnehmung einer einzelnen Funktion). Arbeitsgemeinschaft Konsortium Generalunternehmerschaft Strategische Allianzen <?page no="85"?> 85 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e Netzwerke bestehen aus autonomen Akteuren, die sich zusammenfinden, um ein gemeinsames Ergebnis zu erreichen. Allgemein lässt sich ein Netzwerk wie folgt definieren: Personen / Organisationen unterhalten oder suchen Beziehungen zu anderen Personen / Organisationen, so dass sich ein Geflecht von Verbindungen ergibt, das dann als Netzwerk bezeichnet wird. Netzwerke bilden somit ein alltägliches Phänomen. Aus ökonomischer Sicht stellt sich dabei die Frage nach der Autonomie, d. h. nach der Selbständigkeit der Netzwerkpartner, wobei zwischen rechtlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit zu unterscheiden ist. In der ökonomischen Literatur wird insbesondere die wirtschaftliche Selbständigkeit kontrovers diskutiert. Letztlich offenbart sich ein Spannungsfeld zwischen Autonomie und Abhängigkeit, ein Sachverhalt, der auch als eine Dilemmasituation bezeichnet wird. Das Konstrukt „wirtschaftliche Selbständigkeit“ lässt sich nicht vollständig operationalisieren, was bedeutet, dass es keine eindeutige Grenze für die Beurteilung gibt (vgl. Rupprecht- Däullary 1994, S. 16 f.), weshalb häufig auch von einer relativen Autonomie gesprochen wird. Wirtschaftliche Selbständigkeit schlägt sich in Netzwerken jedoch darin nieder, dass eine Unternehmung in der Lage ist, strategische Wahlentscheidungen selbst zu treffen und umzusetzen (vgl. Sydow 1992, S. 90 f.) Als Mindestvoraussetzung für eine so verstandene wirtschaftliche Selbständigkeit ist dann zu fordern, dass für den einzelnen Netzwerkpartner die Netzwerkbeitrittsfreiheit und die Netzwerkaustrittsfreiheit gegeben sein muss, ohne dass hierdurch eine Existenzgefährdung der Teilnehmer auftritt. Dass die wirtschaftliche Selbständigkeit zumeist teilweise eingeschränkt wird, zeigt sich darin, dass Netzwerke kooperative Systeme sind, die eine Koordination auf die gemeinsam angestrebten Ziele erfordern (vgl. Meyer 1995, S. 143). Mit der Umschreibung „kooperativ“ wird dabei auf eine partnerschaftliche Beziehung abgestellt, die aber nicht immer gegeben ist. Letztlich ist ein Netzwerk dadurch gekennzeichnet, „…, daß die vollkommene individualistische Position um einer zusätzlichen Chance willen aufgegeben und durch ein … Sich-Aufeinander-Einlassen, zumindest in Teilaspekten, ersetzt wird.“ (Wurche 1994, S. 37). Es ergibt sich somit die folgende Ambivalenz: Einerseits bedeutet die Teilnahme an einem Netzwerk die partielle Unterordnung unter kollektive Ziele und damit Aufgabe individueller Autonomie und anderseits ist auf kollektiver Ebene (Netzwerkebene) ein Autonomiezuwachs gegeben (vgl. Bellmann / Mildenberger 1996, S. 149). Netzwerke wirtschaftliche Selbständigkeit <?page no="86"?> 86 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Institutionenökonomisch sind Netzwerke hybride Phänomene (vgl. Abschnitt 1.2.5). In ihnen existieren Kooperation und Wettbewerb nebeneinander, d. h., sie sind durch ein komplexes Zusammenspiel von wettbewerblichen und kooperativen Regelungsmechanismen gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass die einzelnen Netzwerkpartner bei der Wahl ihrer Mittel und Handlungen nicht nur ihre eigenen, sondern auch die Ziele und Interessen der Partner berücksichtigen. Es liegt folglich eine freiwillige wechselseitige Ziel-Mittel-Verflechtung der Partner vor. Damit wird die Zielgerichtetheit eines Netzwerkes vorausgesetzt, die besagt, dass ein Netzwerk im Vergleich zur individuellen Aufgabenerfüllung für alle Beteiligten Vorteile bietet, d. h. die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung verbessert wird. Neben positiven Effekten darf nicht verkannt werden, dass Netzwerke auch ein spezifisches Risikopotential aufweisen, wobei die folgenden Risiken genannt seien (vgl. Sydow 1995, S. 633): Es ist nur eine partielle Systembeherrschung möglich, es besteht die Gefahr eines Kompetenzverlustes und es werden Abhängigkeiten geschaffen. Diese Überlegungen zeigen, dass Netzwerke eine deutliche Nähe zu den Kooperationen aufweisen. Kooperation bildet letztlich den Oberbegriff, und ein Netzwerk stellt eine spezifische Ausgestaltungsform dar, wobei Risikopotential Sy stemlieferanten B augruppenlieferanten T eilelieferanten F U F U = F okale U nternehmung Abb 22 | Hierarchisches Netzwerk <?page no="87"?> 87 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e ein Netzwerk mehr als zwei Mitglieder aufweisen muss, d. h., Dyaden sind keine Netzwerke, aber Kooperationen. Netzwerke werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur unterschiedlich systematisiert. Eine Erscheinungsform, die häufig thematisiert wird, sind die sogenannten strategischen Netzwerke, die ein langfristiges, zielgerichtetes Arrangement darstellen, wobei eine fokale Unternehmung die Wertschöpfung koordiniert und für ein einheitliches Auftreten am Markt sorgt. Die fokale Unternehmung hat folglich die Aufgabe, das wettbewerbsrelevante Potential zu erschließen und zu verteidigen. Dem strategischen Netzwerk ist eine hohe Verbindlichkeit immanent, weil spezifische Investitionen erforderlich sind (stabiles Beziehungsmuster). Die Bezeichnung „fokal“ resultiert dabei aus der relativen Marktnähe dieser Unternehmung (z. B. Endprodukthersteller), die aufgrund der Marktposition über eine gewisse Informationsmacht verfügt. Charakteristisch hierfür ist ein hierarchisch-pyramidenförmiges Netzwerk (vgl. Abbildung 22): Als Beispiele für derartige Netzwerkstrukturen seien die Automobilindustrie (japanisches Vorbild: Keiretsu) und die Mikroelektronik genannt. Im Gegensatz zu hierarchischen Strukturen sind bei heterarchischen (polyzentrischen) Netzwerken die beteiligten Unternehmungen gleichberechtigt. Abbildung 23 gibt die grundsätzliche Struktur eines solchen Netzwerkes wieder. Eine spezifische Erscheinungsform stellen die sogenannten virtuellen Unternehmungen dar. Mit virtuell wird dabei eine Eigenschaft beschrieben, die zwar nicht real ist, jedoch der Möglichkeit nach existiert. Teilweise wird auch von einer „Als-ob-Organisation“ gesprochen. Wird von eher populärwissenschaftlichen Aussagen abgesehen, die in virtuellen Unternehmungen die einzige Überlebungsmöglichkeit für Unternehmungen sehen, dann zeigt sich, dass virtuelle Unternehmungen nur einen geringen Novitätsgrad aufweisen und eine Verwandtschaft zu anderen Kooperationsformen haben, strategische Netzwerke fokale Unternehmung U 2 U 3 U 1 U 4 U 5 U 6 | Abb 23 Heterarchisches Netzwerk virtuelle Unternehmung <?page no="88"?> 88 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n eine denkbare Form der unternehmerischen Zusammenarbeit darstellen und keine generell einsetzbare Kooperationsform darstellen. Virtuelle Unternehmungen sind letztlich das Ergebnis der Internalisierung und Externalisierung ökonomischer Aktivitäten. Von den in der Literatur vorgeschlagenen Systematisierungen virtueller Unternehmungen wird im Folgenden auf eine Einteilung von Faisst / Birg (1997, S. 13 f.) zurückgegriffen (vgl. Abbildung 24). Die Abbildung verdeutlicht die folgenden Erscheinungsformen virtueller Unternehmungen: Bei AN 1 handelt es sich um Unternehmungen, die sich spontan zu einem Netzwerk zusammenfinden, um eine Aufgabe gemeinsam auszuführen, und sich dann wieder trennen und auch in Zukunft nicht mehr kooperieren. AN 2 und AN 3 haben ein stabiles Netzwerk als Basis und bilden auf dieser Grundlage ein aktiviertes Netzwerk ● von Netzwerkpartnern aus dem Pool (AN 3 ) oder ● als Mischung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern (AN 2 ). Charakteristisches Merkmal der Erscheinungsformen AN 2 und AN 3 ist die langfristig angelegte Beziehung, die den Rahmen für auftrags- oder aufgabeninduzierte Konfigurationen eines Netzwerkes bilden. Dies geht mit den folgenden Aspekten einher: Es kann eine Vertrauensbasis geschaffen werden, und einz elne U nternehmung Pool ( G N ) A N 3 A N 2 A N 1 Abb 24 | Spektrum virtueller Unternehmungsnetzwerke <?page no="89"?> 89 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e die Bildung eines Unternehmungspools bietet die Möglichkeit, die in diesem Pool zusammengefassten Unternehmungen daraufhin zu überprüfen, ob sie die als relevant erachteten Eigenschaften besitzen (Konzept des pre-qualifying der Partner). Gegenüber dem Nachfrager tritt das Netzwerk als Einheit auf, so dass für diesen nicht ersichtlich sein muss, welcher Partner welchen Anteil an der gesamten Wertschöpfung erbracht hat. Eine extreme Ausprägung von AN 1 liegt dann vor, wenn das Netzwerk von einer Unternehmung konfiguriert wird, die keinerlei physische Leistung selbst erbringt, d. h., bis auf die Koordination alle Funktionen externalisiert. So kann z. B. eine Unternehmung eine Produktidee kaufen, lässt die Erstellung der Produkte von anderen Unternehmungen durchführen und organisiert die Distribution über selbständige Absatzvermittler, die ebenfalls in das Netzwerk eingebunden sind (vgl. Sydow 1995, S. 631). In diesem Fall wird auch von einer sogenannten „Hollow Organization“ gesprochen. Eine intensivere Form der Kooperation stellen die sogenannten Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmungen) dar, bei denen zwei oder mehrere voneinander unabhängige Unternehmungen durch Gründung oder Erwerb eine neue organisatorische Einheit schaffen (vgl. Kutschker / Schmid 2008, S. 887). Ein Joint Venture kann sowohl national als auch international angelegt sein (vgl. Staudt 1995, S. 722). Durch die in den letzten 20 Jahren zu beobachtende zunehmende Internationalisierung bzw. Globalisierung ist die Bedeutung dieser Joint Ventures als ein Instrument internationaler Absatzstrategien ständig gestiegen. Kartelle, Konzerne und Fusionen Einen relativ engen und dauerhaften vertraglichen Zusammenschluss bildet das Kartell. Es lässt den Unternehmungen ihre rechtliche Selbständigkeit und zielt auf Absprachen über gleichförmiges Verhalten in einzelnen betriebswirtschaftlichen Funktionsbereichen ab. Dabei stehen den Wettbewerb einschränkende Vereinbarungen im Vordergrund, deren Vielfalt in den speziellen Erscheinungsformen zum Ausdruck kommt. Die Rechtsform kann dabei von einer losen Verbindung in der Form einer GbR- Gesellschaft bis hin zur Zusammenfassung einzelner betriebswirtschaftlicher Funktionen, z. B. in der Form einer GmbH oder AG (z. B. Einkaufs- oder Absatzzentralisation) als selbständige Organgesellschaft reichen. Ein weiterer Zusammenschluss, der auch als Erscheinungsform des Unternehmungsverbandes charakterisiert wird, ist der Konzern, der in § 18 AktG definiert ist und für den die beiden folgenden Merkmale konstitutiv sind: Joint Venture | 2.4.2.2 <?page no="90"?> 90 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Es handelt sich um einen Zusammenschluss mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmungen unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung. Eine einheitliche wirtschaftliche Leitung liegt dann vor, wenn die Unternehmungspolitik der einzelnen Konzernunternehmungen koordiniert wird. Abbildung 25 gibt einen systematisierenden Überblick über die im Aktiengesetz unterschiedenen Konzernarten. Nach § 18 (1) AktG liegt ein Unterordnungskonzern dann vor, wenn eine herrschende und mindestens eine abhängige Unternehmung unter der einheitlichen Leitung der herrschenden Unternehmung zusammengefasst werden. Es ist somit ein Abhängigkeitsverhältnis gegeben. Grundlage eines faktischen Konzerns ist das Stimmrecht aus einer Mehrheitsbeteiligung. Die herrschende Unternehmung kann ihre Interessen durch das Wahlrecht für Aufsichtsrat und Vorstand durchsetzen. Basis des Vertragskonzerns ist ein Beherrschungsvertrag; die Untergesellschaft (Tochtergesellschaft) unterwirft sich der Leitung durch die Obergesellschaft (Muttergesellschaft). Beim Eingliederungskonzern hat die Obergesellschaft eine mindestens 95 %ige Beteiligung am Grundkapital der Untergesellschaft. Obwohl die Untergesellschaft rechtlich selbständig bleibt, obliegt der Obergesellschaft die uneingeschränkte Leitungsmacht. Der Gleichordnungskonzern basiert auf einer vertraglichen Absprache zwischen mindestens zwei gleichgeordneten Unternehmungen. Die einheitliche Leitung resultiert dabei nicht aus einem Abhängigkeitsverhältnis, sondern aus der Wahrnehmung gemeinsamer Interessen. Aus organisatorischer Sicht ist zwischen Stammhauskonzern und Holding zu unterscheiden (vgl. Abbildung 26). K onz ern G leichord nungskonz ern U nterord nungskonz ern V ertragskonz ern E inglied erungskonz ern F aktischer K onz ern M anagementhold ing F inanz hold ing K onz ern Stammhauskonz ern H old ing Abb 25 | Abb 26 | Konzernarten Organisationsformen des Konzerns Unterordnungskonzern faktischer Konzern Vertragskonzern Eingliederungskonzern Gleichordnungskonzern <?page no="91"?> 91 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e Bei einem Stammhauskonzern liegt das gesamte operative Geschäft bei der Obergesellschaft, d. h., es liegt eine Zentralisierung aller unternehmerischen Funktionsbereiche, wie etwa Beschaffung, Produktion, Absatz, Finanzierung, Forschung und Entwicklung vor. Befindet sich an der Konzernspitze eine Holding (Managementholding), dann obliegt dieser die strategische Unternehmungsführung des Konzerns. Demgegenüber fokussiert die Finanzholding auf die finanzielle Unternehmungsführung einschließlich der Betreuung des Beteiligungsportfolios. Den weitestgehenden Zusammenschluss bildet die Fusion, die dadurch charakterisiert ist, dass mindestens zwei rechtlich selbständige Unternehmungen nach Fusionierung eine wirtschaftliche und rechtliche Einheit bilden (Verschmelzung). Rechtliche Grundlage ist das Umwandlungsgesetz (UmwG). Besondere praktische Relevanz hat die Fusion bei Aktiengesellschaften, wobei nach § 2 UmwG zwischen einer Fusion durch Aufnahme und einer Fusion durch Neugründung unterschieden wird (vgl. Abbildung 27). Während bei einer Fusion durch Aufnahme (Abb. 27 a) eine der fusionierenden Unternehmungen ihre rechtliche Selbständigkeit behält (im Beispiel B), schließen sich bei einer Fusion durch Neugründung (Abb. 27 b) die untergehenden Unternehmungen (A, B, C, D) unter dem Dach der neu gegründeten Unternehmung E zusammen. R echtliche R ahmenbedingungen Mit dem am 01. 01. 1958 in Kraft getretenen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung vom 15. Juli 2005, zuletzt geändert am 5. Dezember 2012 (siebte Novelle) gilt das Verbot von „Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken …“ (§ 1 GWB). Folglich ist bei allen Formen der Unternehmungsverbindungen eine Prüfung erforderlich, ob sie mit Wettbewerbsbeschränkungen verbunden sind. Dabei werden neben den horizontalen Stammhauskonzern Holding Fusion b) F usion d urch N eugründ ung a) F usion d urch A ufnahme A B C A B C D E | Abb 27 Fusionsformen (§ 2 UmwG) | 2.4.3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen <?page no="92"?> 92 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n nunmehr auch die vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen in dieses allgemeine Verbot einbezogen. Neben diesem generellen Verbotsprinzip lässt das GWB in § 2 (1) Ausnahmen zu. Dieser Paragraf ersetzt gleichzeitig die §§ 6 bis 8. Nach § 2 (1) setzt die Nichtanwendung des in § 1 formulierten Verbotes die folgenden Prämissen voraus: „Vom Verbot … freigestellt sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen 1. Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder 2. Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.“ Während das Reichsgericht im Jahr 1897 die Kartellbildung im Rahmen der Vertragsfreiheit als allgemein zulässig einstufte und während des 1. und 2. Weltkrieges Kartelle zur hoheitlichen Lenkung und Bewirtschaftung eingesetzt wurden, wurde mit dem Potsdamer Abkommen eine Dezentralisierung der deutschen Wirtschaft angestrebt. 1947 erließen deshalb die französische, englische und amerikanische Militärregierung die sogenannten Dekartellierungsgesetze / -verordnungen. Hiermit wurden insbesondere die beiden folgenden Ziele verfolgt: Als politische Zielsetzung galt es, die deutsche Wirtschaftsmacht und die Rüstungskapazität zu beseitigen, und aus wirtschaftspolitischer Sicht ging es um die Durchsetzung des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit in enger Anlehnung an die US-amerikanische Antitrustpolitik. Damit waren die Weichen für das GWB gestellt. Diese Legalausnahme geht zwar im Vergleich zur vorherigen Regelung (die kasuistisch Freistellungstatbestände formulierte) mit einer höheren wirtschaftlichen Flexibilität einher, jedoch ist sie mit dem Nachteil behaftet, dass für Unternehmungen eine mangelnde Rechtssicherheit und eine eingeschränkte kartellbehördliche Kontrollmöglichkeit über legalisierte Wettbewerbsbeschränkungen im jeweiligen Einzelfall gegeben ist (vgl. Schmidt 2012, S. 215). Um die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmungen zu steigern, wurden einige Ausnahmen in das Gesetz aufgenommen: Info Wettbewerbsfähigkeit <?page no="93"?> 93 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e Kooperationsabsprachen nach § 3 GWB: Rationalisierungsvereinbarungen kleiner und mittlerer Unternehmungen, wenn hierdurch der Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigt wird und die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmungen verbessert wird. Wettbewerbsregeln im Sinne der §§ 24 ff. GWB, „… die das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb regeln zu dem Zweck, einem den Grundsätzen des lauteren oder der Wirksamkeit eines leistungsgerechten Wettbewerbs zuwiderlaufenden Verhaltens im Wettbewerb entgegenzuwirken und ein diesen Grundsätzen entsprechendes Verhalten im Wettbewerb anzuregen.“ (§ 24 (2) GWB). Mit der in § 19 GWB geregelten Missbrauchsaufsicht über eine marktbeherrschende Stellung einer Unternehmung werden der Ausbeutungsmissbrauch gegenüber vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen (vertikal) und der Behinderungsmissbrauch gegenüber anderen Unternehmungen (i. d. R. horizontal) erfasst. Eine marktbeherrschende Stellung liegt dann vor, wenn eine Unternehmung keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern eine überragende Marktstellung innehat (§ 19 (2) GWB). Eine marktbeherrschende Stellung einer Unternehmung wird dann vermutet, wenn sie einen Marktanteil von mindestens einem Drittel auf sich vereint. Eine Gesamtheit von Unternehmungen (Unternehmungsgruppe) gilt dann als marktbeherrschend, wenn sie aus drei oder weniger Unternehmungen besteht, die in der Summe einen Marktanteil von 50 %, oder aus fünf oder weniger Unternehmungen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Drittel auf sich vereinen (§ 19 (3) GWB). Ursprünglich hat das GWB die Marktmacht nicht als grundsätzlich schlecht eingestuft, sondern lediglich auf deren Missbrauch abgestellt (Missbrauchsaufsicht). Mit der vierten GWB-Novelle wurde dann durch die Formulierung von Regelbeispielen der Begriff des „Missbrauchs“ konkretisiert und das sogenannte Vergleichsmarktkonzept (Als-ob-Konzept) im Gesetz verankert. Seit der zweiten GWB-Novelle (1973) wird die Entstehung von Marktmacht mittels Großfusionen als gefährlich eingestuft und die Untersagung eines Zusammenschlusses an die folgenden Voraussetzungen gebunden: Aufgreifkriterien: Es muss sich um einen Zusammenschluss i. S. des § 37 GWB handeln, der die Umsatzkriterien (im letzten Geschäftsjahr vor Zusammenschluss) des § 35 (1) GWB erfüllt und nicht unter die Toleranzklausel (§ 35 (2) GWB) fällt: ● Die beteiligten Unternehmungen haben insgesamt weltweit Umsätze > 500 Millionen Euro, und Missbrauchsaufsicht marktbeherrschende Stellung Vergleichsmarktkonzept <?page no="94"?> 94 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n ● mindestens eine beteiligte Unternehmung hat Umsätze von > 25 Millionen Euro und eine andere beteiligte Unternehmung Umsätze von > 5 Millionen Euro. Eingreifkriterium: Der Zusammenschluss schafft oder stärkt eine marktbeherrschende Stellung i. S. des § 19 (2) S. 1 oder § 2 GWB. Abwägungsklausel mit Beweislastumkehr: Ein Zusammenschluss wird dann nicht untersagt, wenn die beteiligten Unternehmungen dem Bundeskartellamt nachweisen, dass mit einem Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen verbunden sind und diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen (§ 36 (1) GWB). Untersagt das Bundeskartellamt einen Zusammenschluss, dann darf der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie einen solchen Zusammenschluss nach § 42 GWB dennoch erlauben (Ministererlaubnis), „… wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.“ (§ 42 (1) GWB). Eine inhaltliche Konkretisierung unterbleibt jedoch, wodurch normativen Überlegungen eine nicht unerhebliche Bedeutung eingeräumt wird. Seit Einführung der Fusionskontrolle sind bis Ende 2010 für acht Zusammenschlüsse eine Ministererlaubnis erteilt worden. Wird von der Ministererlaubnis und den Landeskartellbehörden, die für regionale Wettbewerbsbeschränkungen zuständig sind, abstrahiert, dann obliegt dem Bundeskartellamt mit Sitz in Bonn die Durchsetzung des Kartellrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Die Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren zur Überprüfung der Entscheidungen des Bundeskartellamtes hat das Oberlandesgericht Düsseldorf und im Rechtsbeschwerdeverfahren der Bundesgerichtshof. Neben dem GWB ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von Bedeutung. Zentral ist dabei die in § 3 (1) UWG fixierte Generalklausel, die besagt, dass unlautere geschäftliche Handlungen, die geeignet sind, die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen, unzulässig sind. Im Anhang zum UWG sind dreißig unzulässige geschäftliche Handlungen aufgelistet. Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 (3) UWG sind 1. die unwahre Angabe eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodexes zu gehören; 2. die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung; Ministererlaubnis Fusionskontrolle Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Info <?page no="95"?> 95 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e 3. die unwahre Angabe, ein Verhaltenskodex sei von einer öffentlichen oder anderen Stelle gebilligt; 4. die unwahre Angabe, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden, oder die unwahre Angabe, den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung werde entsprochen; 5. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5 a Absatz 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen; 6. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5 a Absatz 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer sodann in der Absicht, stattdessen eine andere Ware oder Dienstleistung abzusetzen, eine fehlerhafte Ausführung der Ware oder Dienstleistung vorführt oder sich weigert zu zeigen, was er beworben hat, oder sich weigert, Bestellungen dafür anzunehmen oder die beworbene Leistung innerhalb einer vertretbaren Zeit zu erbringen; 7. die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden; 8. Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäfts geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des Mitgliedsstaats ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist; dies gilt nicht, soweit Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäfts darüber aufgeklärt werden, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden; 9. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, eine Ware oder Dienstleistung sei verkehrsfähig; 10. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebotes dar; 11. der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung); 12. unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er die angebotene Ware nicht erwirbt oder die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt; <?page no="96"?> 96 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n 13. Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen; 14. die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, das den Eindruck vermittelt, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System könne eine Vergütung erlangt werden (Schneeball- oder Pyramidensystem); 15. die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen; 16. die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen; 17. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen oder werde ihn gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis gewinnen oder einen sonstigen Vorteil erlangen, wenn es einen solchen Preis oder Vorteil tatsächlich nicht gibt, oder wenn jedenfalls die Möglichkeit, einen Preis oder sonstigen Vorteil zu erlangen, von der Zahlung eines Geldbetrages oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht wird; 18. die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen; 19. eine unwahre Angabe über die Marktbedingungen oder Bezugsquellen, um den Verbraucher dazu zu bewegen, eine Ware oder Dienstleistung zu weniger günstigen Bedingungen als den allgemeinen Marktbedingungen abzunehmen oder in Anspruch zu nehmen; 20. das Angebot eines Wettbewerbs oder Preisausschreibens, wenn weder die in Aussicht gestellten Preise noch ein angemessenes Äquivalent vergeben werden; 21. das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind; 22. die Übermittlung von Werbematerial unter Beifügung einer Zahlungsaufforderung, wenn damit der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt; 23. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig; 24. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, es sei im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als dem des Warenverkaufs oder der Dienstleistung ein Kundendienst verfügbar; 25. das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen; <?page no="97"?> 97 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e 26. bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zur ihr zurückzukehren, es sei denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt; 27. Maßnahmen, durch die der Verbraucher von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte aus einem Versicherungsverhältnis dadurch abgehalten werden soll, dass von ihm bei der Geltendmachung seines Anspruchs die Vorlage von Unterlagen verlangt wird, die zum Nachweis dieses Anspruchs nicht erforderlich sind, oder dass Schreiben zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs systematisch nicht beantwortet werden; 28. die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen; 29. die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen, sofern es sich nicht um eine nach den Vorschriften über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zulässige Ersatzlieferung handelt, und 30. die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme. Eine Konkretisierung dieser Generalklausel erfolgt in § 4 Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen, § 5 und § 5a irreführende geschäftliche Handlungen und Irreführung durch Unterlassung, § 6 vergleichende Werbung: „Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.“ (§ 6 (1) UWG) und § 7 unzumutbare Belästigungen wie etwa durch Werbung mittels Telefonanruf, Fax oder elektronische Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. K onzentration In den Wirtschaftswissenschaften wird unter Konzentration die Ballung ökonomischer Größen verstanden. Diese allgemeine Definition erlaubt eine Anwendung auf unterschiedliche, in Abhängigkeit vom Untersuchungsziel, Größen wie etwa Produktionsmittel-, Unternehmungs-, Einkommens-, | 2.4.4 <?page no="98"?> 98 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Vermögenskonzentration, Machtpositionen etc. In den weiteren Ausführungen erfolgt eine Schwerpunktsetzung auf die Unternehmungskonzentration, die mit einer Veränderung der Marktstruktur ( s iehe Glossar) einhergeht und damit einen unmittelbaren Einfluss auf das Wettbewerbsgeschehen hat. Die Konzentration kann dabei durch externes und / oder internes Unternehmungswachstum hervorgerufen werden. Basis des externen Wachstums sind Unternehmungszusammenschlüsse in der Form der Konzernbildung oder einer Fusion. Demgegenüber vollzieht sich internes Unternehmungswachstum dadurch, dass eine Unternehmung ihren Umsatz stärker erhöht als seine Konkurrenten und damit c. p. seinen Marktanteil ( s iehe Glossar) erweitert. Die Abkürzung c. p. steht für ceteris-paribus (unter sonst gleichen Bedingungen), die im Rahmen von Partialanalysen von zentraler Bedeutung ist. Wird etwa bei einer Nachfragefunktion die Abhängigkeit der nachgefragten Menge eines Gutes von dessen Preis betrachtet (der Preis ist damit die einzige unabhängige Variable) und andere Faktoren, wie etwa die Preise anderer Güter (Substitutions- / Komplementärgüter), das Einkommen der Nachfrager etc. nicht berücksichtigt, dann bedeutet dies, dass diese Faktoren, die als unverändert („cetera“) gelten, „paria“ betrachtet werden. Die Nachfrageänderung eines Gutes wird somit nur auf die Preisänderung dieses Gutes zurückgeführt und alle anderen Einflussfaktoren eliminiert, indem sie als gleichbleibend unterstellt werden. Letztlich dient die ceteris-paribus-Klausel dazu, die komplexe Wirklichkeit handhabbar zu machen, wodurch jedoch die Allgemeingültigkeit der Aussagen beschränkt wird. Die Beurteilung der Konzentration in der ökonomischen Theorie ist differenziert und äußerst unterschiedlich und wird i. d. R. anhand der ausgelösten Effekte vorgenommen. In einer differenzierenden Betrachtung ist dann zwischen einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Effekten zu unterscheiden. Ein einzelwirtschaftlicher Effekt ist in der verbesserten Leistungsfähigkeit einer Unternehmung zu sehen. Ausgangspunkt der Argumentation bildet dabei die Aussage, dass große Unternehmungen wirtschaftlich leistungsfähiger seien als kleinere, woraus dann eine positive Beurteilung der Konzentration resultiert. Theoretische Basis bildet dabei das Gesetz Marktstruktur Beurteilung der Konzentration Info Gesetz der Massenproduktion <?page no="99"?> 99 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e der Massenproduktion, das besagt, dass mit steigender Ausbringungsmenge die Stückkosten sinken. Das Gesetz der Massenproduktion geht auf Karl Bücher (1910) zurück, das er in der folgenden allgemeinen Form fasste: Ein Produktionsverfahren höheren Technisierungsgrades ist für kleine Stückzahlen kostenungünstiger als ein weniger technisiertes Verfahren. Erst, wenn die Produktionsmenge eine bestimmte Zahl nicht mehr unterschreitet, ist das höher technisierte Verfahren kostenmäßig vorteilhafter. Dieser Punkt des betrachteten Verfahrens liegt umso höher, je größer der Anteil der fixen Kosten an den Gesamtkosten ist. Die Stückkostenminderung verläuft bei weiterer Mengensteigerung degressiv und erreicht schließlich eine Grenze, ab der eine weitere Mengensteigerung keinen nennenswerten Kostenvorteil bietet. Es zeigt sich, dass Bücher in seinen Überlegungen zwei unterschiedliche Effekte gleichzeitig betrachtet: den Übergang von einem Verfahren zu einem anderen; Kostensenkungen durch eine Vergrößerung der produzierten Menge bei Einsatz eines gegebenen Verfahrens. Die Kostensenkung durch einen Verfahrenswechsel lässt sich dann als eine Verfahrensdegression der Kosten konkretisieren, und da solche Überlegungen bei Betriebsgrößenvariationen eine Rolle spielen, werden sie in der Literatur als „Betriebsgrößendegression der Kosten“ bezeichnet. Demgegenüber sind die Stückkostensenkungen durch eine Vergrößerung der Produktionsmenge bei gleichem Verfahren als „Beschäftigungsdegression der Kosten“ zu charakterisieren. Gesamtwirtschaftlich kann die Unternehmungskonzentration das Wirtschaftswachstum beeinflussen. Eine ungünstige Beeinflussung des Wachstums kann sich z. B. dann ergeben, wenn sich in der Folge von Konzentrationsprozessen Machtpositionen bilden, die dazu führen, dass sich nicht der Leistungsfähigere und technologisch kreativere, sondern der wirtschaftlich Stärkere durchsetzt. Demgegenüber wird Großunternehmungen eine größere Krisenfestigkeit attestiert, und zwar bedingt durch eine bessere Ausstattung mit finanziellen Ressourcen und durch einen besseren Zugang zu Geld- und Kapitalmärkten. Negativ wird die mit zunehmender Größe häufig zu beobachtende Tendenz einer mangelnden Anpassungsfähigkeit und / oder -bereitschaft sowie eine zunehmende Rigidität der Preise bewertet. Es ergibt sich somit eine ambivalente Situation hinsichtlich der Beurteilung der Unternehmungskonzentration. Ein zentrales Problem stellt dabei die Konzentrationsmessung dar, wobei zwischen Info Konzentrationsmessung <?page no="100"?> 100 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n absoluten und relativen Konzentrationsmaßen zu unterscheiden ist. Während absolute Konzentrationsmaße die Anzahl und Größe der Merkmalsträger (z. B. Unternehmung) berücksichtigen, bleibt bei relativen Konzentrationsmaßen die Anzahl der Merkmalsträger unberücksichtigt. Gemessen wird dabei die Abweichung der Verteilung von Merkmalswerten von einer angenommenen hypothetischen Gleichverteilung. Ein absolutes Konzentrationsmaß ist die sogenannte Konzentrationsrate CR i , die den Anteil am gesamten Merkmalsbetrag (z. B. Umsatz) angibt, den die i größten Merkmalsträger auf sich vereinigen (vgl. Bankhofer / Vogel 2008, S. 49 f.; Schulz 2003, S. 48 f.). Hierzu werden die Unternehmungen nach den interessierenden Merkmalswerten (z. B. Umsatz) der Höhe nach in absteigender Reihenfolge geordnet: x 1 ≥ x 2 ≥ x 3 ≥ … ≥ x n Die Summe der Merkmalsbeträge (Gesamtumsatz) ergibt sich aus: x = Σ j = 1 n x j Der Umsatzanteil der Unternehmung i ist dann: s i = x i _ x Die Konzentrationsrate CR i wird wie folgt definiert: CR i = Σ j = 1 i s j Weist die Konzentrationsrate den Wert „1“ auf, dann liegt eine vollständige Konzentration vor, d. h., es gibt nur einen Merkmalsträger. Haben alle Merkmalsträger den gleichen Anteil, dann liegt eine minimale Konzentration vor. Der entscheidende Nachteil ist darin zu sehen, dass nur die i größten Unternehmungen im Verhältnis zu den n - i kleinsten berücksichtigt werden, während die Verteilung innerhalb dieser Gruppen nicht betrachtet wird. Ein weiteres Maß ist der sogenannte „Herfindahl-Index“, der die Umsatzanteile aller Unternehmungen betrachtet und wie folgt definiert ist: H = Σ i = 1 i s i 2 Es lassen sich folgende Aussagen formulieren (vgl. Schulz 2003, S. 49 f.): Weist H den Wert 1/ n auf, dann sind die Umsätze vollkommen gleichgestellt (s i = 1/ n). Ist H = 1, dann konzentriert sich der Umsatz auf eine Unternehmung. Allgemein gilt damit: 1 / n ≤ H ≤ 1 Letztlich wirken zwei Größen auf diesen Index: die Anzahl der Unternehmungen im Markt und Konzentrationsrate Herfindahl-Index <?page no="101"?> 101 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e die Varianz der Umsatzverteilung bei gegebener Anbieterzahl. Zur Messung der relativen Konzentration wird häufig auf den Gini-Koeffizienten zurückgegriffen, dem die anschauliche Lorenzkurve zugrunde liegt. Bei der Lorenzkurve handelt es sich um die grafische Darstellung einer Häufigkeitsverteilung. Zur Konstruktion der Lorenzkurve wird auf der Abszisse eines Koordinatensystems die kumulierte Anzahl der nach der Höhe eines Merkmals geordneten Merkmalsträger in Prozent und auf der Ordinate die kumulierten Anteile am Gesamtmerkmalsbetrag in Prozent abgetragen (vgl. Abbildung 28). Die Verbindung der eingetragenen Werte ergibt dann die Lorenzkurve, aus deren Verlauf die Größenverteilung der Merkmalsträger ersichtlich ist: die eingezeichnete 45°-Linie gibt dabei die Gleichverteilung an; mit zunehmender Ungleichverteilung entfernt sich die Kurve von dieser Gleichverteilungsgeraden. Lorenzkurve 100 0 Kumuli erte U msätz e [ % ] Kumuli erte A nz ahl d er U nternehmungen [ % ] 100 100 % 100 % 0 G leichv erteilung 100 % 100 % 0 starke U ngleichv erteilung ( K onz entration) | Abb 28 | Abb 29 Lorenzkurve (Beispiel) Beispielhafte Verteilungen <?page no="102"?> 102 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n Die Lorenzkurve zeigt damit nur auf, ob eine Verteilung gleichmäßiger ist als eine andere, d. h., sie erfasst lediglich die Verteilungsverhältnisse, nicht hingegen die absolute Anzahl und Größe der Merkmalsträger, mit der Konsequenz, dass selbst große Veränderungen in der Anzahl der Merkmalsträger unberücksichtigt bleiben. Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen: Sind in einem Markt zwei Unternehmungen tätig, die jeweils 50 % des Gesamtumsatzes auf sich vereinen, dann fällt die Lorenzkurve mit der Gleichverteilungsgeraden (45°-Linie) zusammen. Diese Gerade spiegelt jedoch eine Gleichverteilung im Sinne einer nicht vorhandenen Konzentration wider, obgleich in diesem Beispiel eine hohe Konzentration gegeben ist. Der italienische Mathematiker C. Gini baute auf diesen Überlegungen auf und benutzte den Flächeninhalt zwischen der Lorenzkurve und der Winkelhalbierenden als Konzentrationsmaß, den sogenannten Gini- Koeffizienten (K G ). Dieser Koeffizient wird errechnet, indem die durch die Lorenzkurve und die Gleichverteilungsgerade umschlossene Fläche in das Verhältnis zu der Fläche gesetzt wird, die durch die Gleichverteilungsgerade und den Achsen des Koordinatensystems umschlossen wird (vgl. Bankhofer / Vogel 2008, S. 48 f.) Abbildung 30 gibt diesen Sachverhalt wieder. Der Gini-Koeffizient ist dann: K G = F 1 _ 5000 mit: 0 ≤ KG ≤ 1 Gini-Koeffizient 100 0 Kumuli erte U msätz e [ % ] Kumuli erte A nz ahl d er U nternehmungen [ % ] 100 F 1 F 1 ( 100 · 100) : 2 Abb 30 | Gini-Koeffizient <?page no="103"?> 103 u n t e r n e h m u n G s z u s a m m e n s c h l ü s s e Nimmt K G den Wert „0“ an, dann fallen die Gleichverteilungsgerade und die Lorenzkurve zusammen. Weist K G hingegen den Wert „1“ auf, dann liegt eine totale Konzentration vor. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass K G wertmäßig für unterschiedliche Verteilungen gleich sein kann, nämlich dann, wenn die Lorenzkurve zwar eine andere Gestalt aufweist, die Fläche zwischen ihr und der Diagonalen aber gleichbleibt. Als konstitutive Entscheidungen wurden die Problemkomplexe Unternehmungsgründung, Sanierung und Liquidation, Standortentscheidung mit einem Schwerpunkt auf die Nutzwertanalyse, Rechtsformentscheidung mit Konzentration auf die privatrechtlichen Rechtsformen (Rechtsformen des öffentlichen Rechts blieben unberücksichtigt) und Unternehmungszusammenschlüsse behandelt. Als Motive für Unternehmungszusammenschlüsse wurden das Unternehmungswachstum und Synergieeffekte herausgestellt. Im Rahmen der Erscheinungsformen wurden Kooperationen, Netzwerke, Konzerne und Fusionen thematisiert und voneinander abgegrenzt. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen wurde auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ausführlich eingegangen. Im Rahmen der Konzentration wurde auf die Konzentrationsmessung fokussiert und ausgewählte Konzentrationsmaße vorgestellt. 1 Welche Gründungsformen lassen sich unterscheiden? 2 Skizzieren Sie unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen. 3 Welche Gründe für eine Insolvenz kennt die Insolvenzordnung? 4 Erklären Sie die generelle Vorgehensweise einer Nutzwertanalyse. 5 Was verstehen Sie unter einem Handelsgewerbe? 6 Erklären Sie die wesentlichen Elemente einer offenen Handelsgesellschaft. 7 Welche Gesellschafter sind bei einer Kommanditgesellschaft zu unterscheiden? Z usammenfassung Fragen <?page no="104"?> 104 K o n s t I t u t I V e e n t s c h e I d u n G e n 8 Wodurch zeichnet sich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus? 9 Skizzieren Sie die unterschiedlichen Organe einer Aktiengesellschaft. 10 Erklären Sie unterschiedliche Erscheinungsformen der Aktie. 11 Welche Möglichkeiten einer Kapitalerhöhung hat eine Aktiengesellschaft? 12 Problematisieren Sie die Autonomie der Netzwerkpartner. 13 Was verstehen Sie unter einem Konzern, und welche Formen lassen sich unterscheiden? 14 Mit welchen Mitteln versucht das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmungen zu stärken? 15 Skizzieren Sie die Idee der Lorenzkurve, und zeigen Sie die damit verbundenen Probleme auf. b aNkhofer / v oGel (2008); b ea (2009); b ellMaNN / M ildeNberGer (1996); b ieG / k ußMaul (2009); k utschker / s chMid (2008); k ußMaul (2011); s chulZ (2003); s ydow (1995). L iteratur <?page no="105"?> 105 Bei einer funktionalen Strukturierung einer Unternehmung liegt eine Aufgabensegmentierung nach dem Verrichtungsprinzip vor, d. h., gleiche oder gleichartige Verrichtungen oder Tätigkeiten werden zusammengefasst und einer organisatorischen Einheit übertragen. Die in der betriebswirtschaftlichen Literatur vorgenommenen Funktionseinteilungen sind jedoch sehr heterogen, wofür die folgenden Gründe relevant sind: Funktionsgliederungen erstrecken sich teilweise auf einzelne Wirtschaftszweige und nicht auf das gesamte Spektrum der Unternehmungen. Funktionsgliederungen weisen unterschiedliche Tiefen auf, wodurch die Verrichtungen in Teilfunktionen bis hin zu einzelnen Vorgängen differenziert werden. In den weiteren Überlegungen werden einerseits die sogenannten leistungswirtschaftlichen Grundfunktionen (Beschaffung, Produktion und Absatz) und anderseits die Finanzierung und Investition betrachtet. Fun k tionsbereiche der Unternehmung 3.1 Leistungswirtschaftliche Grundfunktion 3.2 Finanzierung 3.3 Investition Inhalt | 3 <?page no="106"?> 106 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G L eistungswirtschaftliche Grundfun k tion Im Rahmen dieses Abschnittes werden die leistungswirtschaftlichen Grundfunktionen, die Beschaffung, die Produktion und das Marketing vorgestellt. Dabei werden die aus unserer Sicht zentralen Aspekte der einzelnen Funktionen herausgestellt und darauf geachtet, dass ein möglichst breiter Einblick in diese Funktion geboten wird. B eschaffung Grundlegungen Unter Beschaffung werden alle Aktivitäten zusammengefasst, die darauf gerichtet sind, der Unternehmung die Güter (Produktionsfaktoren) zur Verfügung zu stellen, die sie zur Sachzielerfüllung benötigt, aber nicht selbst herstellt. Der Beschaffungsvorgang leitet somit den Wertschöpfungsprozess ein. Die Beschaffung geht dabei mit einer Veränderung der Verfügungsgewalt über Güter einher. Streng zu trennen ist hiervon der Begriff des Einkaufs, auch wenn dies in der Praxis häufig nicht der Fall ist, sondern diese beiden Begriffe synonym verwendet werden. Aus der Sicht der Betriebswirtschaftslehre ist der Einkauf lediglich das Vollzugsorgan, das auf die Erlangung der Verfügungsgewalt über die zu beschaffenden Güter ausgerichtet ist. Der Einkauf zielt folglich auf die Realisation der Beschaffungspläne ab und ist lediglich eine Phase des gesamten Beschaffungsprozesses. Neben dieser begrifflichen Klärung ist eine Abgrenzung zwischen Beschaffung, Materialwirtschaft und Logistik erforderlich. Der Materialwirtschaft liegt eine objektbezogene Betrachtung zugrunde, wobei unter Material naturgegebene oder bereits verarbeitete Sachgüter zu verstehen sind, die in die Produktion einfließen. Hierzu zählen ebenfalls recyclierte Materialien. Der Aggregatzustand oder der Komplexitätsgrad ist dabei für den Materialbegriff nicht relevant: So ist etwa Mehl für eine Mühle Endprodukt, für eine Bäckerei hingegen Material. Zunächst gehören zum Material Rohstoffe (sie gehen in das zu erstellende Produkt ein und werden Hauptbestandteil dieses Produktes; z. B. Holz zur Erstellung eines Tisches), Hilfsstoffe (gehen ebenfalls in das zu erstellende Produkt ein, sind aber in mengen- und wertmäßiger Hinsicht für das Produkt von geringer Bedeutung; z. B. Leim, Schrauben) und Betriebsstoffe (sie werden nicht Bestandteil des zu erstellenden Produktes, sondern sie sind für die Durchführung des Produktionsprozesses von Bedeutung; z. B. Schmierstoffe für eine Maschi- 3.1 | Ü bersicht 3.1.1 | 3.1.1.1 | Beschaffung Einkauf Materialwirtschaft Materialbegriff <?page no="107"?> 107 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n ne). Darüber hinaus zählen zum Material Reparaturmaterialien, Einbauteile, Zubehörteile und auch ganze Aggregate (z. B. ein Elektromotor für einen Staubsauger). Primäres Ziel der Materialwirtschaft ist es, die benötigten Materialien in der erforderlichen Menge, der erforderlichen Güte, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen. Neben diese Sicherungsaufgabe tritt als ökonomische Aufgabe, die mit der Materialbereitstellung verbundenen Kosten zu minimieren (materialwirtschaftliches Optimum). Die Materialwirtschaft soll somit die für die Produktion erforderlichen Güter (Produktionsfaktoren) beschaffen, lagern und bereitstellen sowie die Abfallprodukte entsorgen. Bei der Logistik handelt es sich um eine sogenannte Querschnittsfunktion, die die leistungswirtschaftlichen Grundfunktionen Beschaffung, Produktion und Absatz überlagert. Aufgabe der Logistik ist es, den Güterfluss und den dazugehörenden Informationsfluss in der Unternehmung zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Zentrale Ziele der Logistik sind dabei einerseits die Realisation eines Versorgungsservice, d. h. die Produktionsstellen in der Unternehmung sind mit den entsprechenden Gütern termin- und mengengerecht zu versorgen und anderseits ein Lieferservice (Lieferzeit, -zuverlässigkeit, -bereitschaft und -flexibilität), d. h. die Auslieferung an die Nachfrager. Die Logistik lässt sich dann in die Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- (Absatz-) und Entsorgungslogistik aufteilen (vgl. Abbildung 31). In einer integrativen Sicht muss die Logistik unternehmungsübergreifend betrachtet werden, d. h., es werden Lieferanten und Abnehmer in die Überlegungen einbezogen und zu einer sogenannten logistischen Kette zusammengefasst. Dabei sind die gesamten Güter- und die dazugehörigen Informationsflüsse zwischen den beteiligten Unternehmungen, z. B. vom Rohstofflieferanten zum Produzenten über Groß- und / oder Einzelhändler abzustimmen. Der Beschaffungsprozess wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur unterschiedlich strukturiert. Gemeinsam ist den meisten Vorschlägen, dass sie mit der Bedarfsermittlung beginnen und mit einer Kontrolle Ziel der Materialwirtschaft Logistik logistische Kette Beschaffungsprozess B eschaffungslogistik Prod uktionslogistik Distributionslogistik E ntsorgungslogistik E ingangslager T eileprod uktion Z wischenlager M ontage V ersand lager B eschaffungsmarkt A bsatz markt | Abb 31 Logistik <?page no="108"?> 108 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G enden. Den weiteren Ausführungen liegt die folgende Phaseneinteilung zugrunde: Bedarfsermittlung, Informationsbeschaffung, Beurteilung und Entscheidung, Realisation und Kontrolle. Ziel der Bedarfsermittlung ist die Konkretisierung des Bedarfs, und zwar in quantitativer, qualitativer, zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Die quantitative Bedarfsermittlung ist abhängig von der Untersuchungsperiode und der aktuellen und zukünftigen Absatzlage. Für die qualitative Bedarfsermittlung sind i. d. R. produktions- und / oder absatzbedingte Vorgaben gegeben, an die sich die Beschaffung zu orientieren hat. Die zeitliche Bedarfsermittlung legt fest, zu welchen Zeitpunkten die jeweiligen Bedarfsträger über die nachgefragten Güter (Produktionsfaktoren) verfügen müssen. Die Frage der räumlichen Bedarfsermittlung ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Beschaffung zwar zentral durchgeführt wird, die Bedarfsträger hingegen dezentralisiert sind, weil diese an unterschiedlichen Standorten agieren. Bei der Informationsbeschaffung handelt es sich um eine systematische Informationssuche, die sich einerseits auf allgemeine gesamtwirtschaftliche Daten (z. B. konjunkturelle Lage, allgemeine Auftragslage) und anderseits auf spezielle Daten hinsichtlich der zu beschaffenden Güter und der relevanten Beschaffungsmärkte bezieht. Dabei erlangt die Beschaffungsmarktforschung zentrale Bedeutung, wobei die folgenden Informationen von Interesse sind: Angebotsseite ● Beschaffungsquellen ● Beschaffungswege (z. B. direkte Abnahme vom Produzenten oder von zwischengeschalteten Händlern) ● staatliche Einflüsse Nachfrageseite ● Mitnachfrager ● Struktur der Gesamtnachfrage (insbesondere zum Abschätzen der eigenen Stellung im Beschaffungsmarkt) Beschaffungsobjekte ● Substitutionsmöglichkeiten ● Qualität Auswahl und Detaillierung der Informationssuche können dabei nicht für alle zu beschaffenden Güter in gleicher Weise erfolgen. Es ist vielmehr erforderlich, die zu beschaffenden Güter nach ihrer Bedeutung für die Bedarfsermittlung Informationsbeschaffung Beschaffungsmarktforschung <?page no="109"?> 109 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Unternehmung zu strukturieren und auf dieser Grundlage den Umfang und Detaillierungsgrad der Informationssuche zu bestimmen. Als Kriterien bieten sich der Beschaffungswert oder die Vertragsdauer an. Eine Möglichkeit zur Fokussierung der Aktivitäten bietet die sogenannte ABC- Analyse (vgl. Abschnitt 3.1.1.2.2), auf deren Grundlage sich die Güter, z. B. nach dem Kriterium der Beschaffungswerte in drei Klassen einteilen lassen, für die sich die Bezeichnung A, B und C durchgesetzt hat. Für Güter der Gruppe A ist dann die intensivste Informationssuche erforderlich, weil sie den höchsten Beschaffungswert repräsentiert (dies sind i. d. R. ca. 20 % der Güter, die ca. 80 % der Beschaffungswerte umfassen; auch 80 / 20-Regel genannt). Demgegenüber sind die Aktivitäten für Güter der Klassen B und C geringer anzusetzen. Zur grafischen Darstellung wird dabei auf die bereits dargestellte Lorenzkurve zurückgegriffen (vgl. Abschnitt 2.4.4). Zur Realisation der Beschaffung gehört neben dem Vertragsabschluss die Beschaffungsabwicklung. Zunächst verpflichten sich die Vertragsparteien zur Erbringung einer Leistung, d. h., der Anbieter ist zur Übergabe der nachgefragten und der Beschaffer zur Zahlung eines Entgeltes verpflichtet. Mit Vertragsabschluss legt der Nachfrager damit verbindlich fest, welche Leistungen er bei welchem Anbieter beschaffen möchte. Grundsätzlich ist dabei zwischen individuellen und standardisierten Beschaffungsverträgen zu unterscheiden, wobei dem Beschaffer bei Letzteren nur geringe Einflussmöglichkeiten bleiben, insbesondere dann, wenn standardisierte, niedrigpreisige Güter vorliegen. Neben diesen reinen Erscheinungsformen sind in der Praxis Kombinationen üblich. Basiert der Vertrag auf Individualvereinbarungen, dann ist eine präzise Formulierung der einzelnen Vertragskomponenten notwendig. Individualverträge sind i. d. R. das Ergebnis von zum Teil längerfristigen Verhandlungsprozessen. Ursächlich sind dabei konfliktäre Vorstellungen der Beteiligten über die Lösung eines Problems. Sowohl der Anbieter als auch der Beschaffer gehen in die Verhandlungen mit bestimmten Vorstellungen (Forderungen und Zugeständnissen). Weisen die Verhandlungsbereiche der Beteiligten eine Schnittmenge auf, dann entsteht ein Einigungsbereich, in dessen Grenzen eine Einigung grundsätzlich möglich ist, wobei der Interessenausgleich vor allem von den folgenden Faktoren beeinflusst wird: dem Verhältnis von angebotener und nachgefragter Menge, der Kapazitätsauslastung und Flexibilität des Lieferanten, dem Bedarfsvolumen des Nachfragers und der Dringlichkeit des Bedarfs und der gegebenen Marktform und den Marktverhältnissen. Da derartige Verhandlungsprozesse zeitintensiv sind, werden sie nur für die Beschaffungsobjekte durchgeführt, die für die Unternehmung von ABC-Analyse Realisation der Beschaffung <?page no="110"?> 1 10 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G besonderer Bedeutung sind, wobei sich die folgenden Kriterien für eine Beurteilung anbieten: Novitätsgrad der Beschaffungsobjekte, relative Bedeutung der Beschaffungsobjekte, gemessen an den Beschaffungskosten, Abweichungsausmaß der Angebote von den eigenen Zielvorstellungen etc. Am Ende der Verhandlung sollte ein Kompromiss stehen, der für die Vertragsparteien akzeptabel erscheint. Mit dem Vorliegen eines rechtsgültigen Vertrages ist die Abschlussaktivität erfolgreich beendet. Ein Beschaffungsobjekt gilt dann als bereitgestellt, wenn es für den Bedarfsträger verwendbar ist, d. h. die beschafften Objekte sind in seine Verwendungssphäre übergegangen. Die Kontrolle ist ein Informationsgewinnungsprozess, der durch die Gegenüberstellung von Vergleichs- und Kontrollgrößen charakterisiert ist (vgl. Abschnitt 4.4). Letztlich handelt es sich um eine Erfolgsbeurteilung von Handlungen in der Form von Soll-Ist-Vergleichen und deren Auswertung für das zukünftige Unternehmungsgeschehen. Kontrolle ist damit mehr als ein Vergleich zwischen geplanten und realisierten Werten. Instrumente Aus der Vielzahl der Instrumente, die im Beschaffungsbereich zum Einsatz gelangen können, werden im Folgenden Instrumente aus der Bezugsquellenplanung, der Bedarfsplanung sowie der Supply Chain (Versorgungskette) als unternehmungsübergreifende Erscheinungsform betrachtet. Bezugsquellenplanung Ein erster Problembereich im Rahmen der Bezugsquellenplanung stellt die Lieferantenauswahl dar, d. h., es geht um die Lieferantenbeurteilung. Um die Lieferanten und die von ihnen erstellten Angebote zu beurteilen, ist die Aufstellung von Kriterienkatalogen notwendig, wobei i. d. R. eine zweistufige Vorgehensweise realisiert wird. Die erste Stufe dient dabei der Vorselektion, um so eine Lieferanteneingrenzung zu erreichen. Dies kann z. B. auf der Grundlage einer Selbstauskunft erfolgen, bei der standardisierte Selbstauskunftsfragebögen zum Einsatz gelangen, mit deren Hilfe Informationen zur jeweiligen Unternehmung (z. B. Größe, Ansprechpartner) über Produktprogramm, Lieferbereitschaft, Flexibilität ( s iehe Glossar), Kapazität ( s iehe Glossar) bis hin zur Beschaffungssituation erfasst werden. Mit Hilfe von sogenannten K.O.-Kriterien kann dann die Anzahl der Lieferanten eingegrenzt werden. Abbildung 32 gibt einen beispielhaften Überblick über Kriterien, die dabei von Bedeutung sein können. Kontrolle 3.1.1.2 | 3.1.1.2.1 | Lieferantenauswahl Selbstauskunft <?page no="111"?> 1 1 1 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Als Verfahren gelangen hierfür häufig Punktbewertungsverfahren (vgl. Abschnitt 2.1) zum Einsatz, bei denen jedes Kriterium gewichtet wird (z. B. mit einem Wert zwischen 1 und 5; 1 = sehr geringe, 5 = sehr hohe Bedeutung). In einem nächsten Schritt wird dann ermittelt, in welchem Maße der jeweilige Lieferant jedes Kriterium erfüllt. Dabei gelangen Gewichtungsfaktoren zum Einsatz. Durch Multiplikation ergeben sich gewichtete Punktwerte pro Kriterium, die dann je Lieferant summiert werden. Es wird dann derjenige Lieferant gewählt, der den höchsten Punktwert aufweist. Ein Problemkomplex, der seit geraumer Zeit eine hohe Bedeutung erlangt hat, ist das Qualitätsmanagement, dem die Aufgaben obliegen, im Rahmen der Qualitätspolitik Ziele und Verantwortlichkeiten festzulegen und diese auf der Grundlage der Qualitätsplanung, -lenkung, -sicherung und -verbesserung zu verwirklichen. Das Qualitätsmanagement ist folglich einer ständigen Überprüfung zu unterziehen, wozu ein Qualitätsaudit durchzuführen ist. Nach DIN EN ISO 8402 : 08 - 95 ist hierunter eine „… systematische und unabhängige Untersuchung (zu verstehen, d. V.) um festzustellen, ob die qualitätsbezogenen Tätigkeiten und damit zusammenhängenden Ergebnisse den geplanten Anforderungen entsprechen und ob diese Anforderungen tatsächlich verwirklicht und geeignet sind, die Ziele zu erreichen.“ Grundlage ist dabei die Normenreihe DIN ISO 9000 : 2005 (9001 : 2000; 9004 : 2000; 19011 : 2002). Hat eine Unternehmung ein Qualitätsmanagementsystem nach dieser Normenreihe realisiert, dann kann sie nach erfolgreicher Auditierung durch eine unabhängige Stelle eine Zertifizierung erlangen. Dabei handelt es sich um eine schrift- K riterien L eistungsfähigkeit L eistung U msy stem U nternehmungsbez ogen B eschaffungsobj ekt B eschaffungsproz ess T ransportinfrastruktur Politische Stabilität Z ö lle K apaz ität K now Q ualitätssicherungssy stem Z uv erlässigkeit Preis Q ualität K ond itionen ( R abatte/ Skonti/ B oni K und end ienstleistungen G arantieleistungen F lex ibilität L ieferbed ingungen ( z . B . L iefersicherheit, genauigkeit) | Abb 32 Kriterien zur Lieferantenbewertung (Beispiele) Punktbewertungsverfahren Qualitätsmanagement Qualitätsaudit <?page no="112"?> 1 12 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G liche Feststellung, dass das Qualitätsmanagementsystem die festgelegten Forderungen erfüllt. Das Zertifikat hat eine dreijährige Gültigkeit und wird durch Folgeaudits verlängert. Derartige Qualitätszertifikate sind in vielen Branchen eine selbstverständliche Voraussetzung für die Aufnahme von Lieferantenbeziehungen. Bedarfsplanung Im Rahmen der Materialbedarfsplanung sind die zu beschaffenden Materialarten, ihre Mengen und die Termine (Liefertermine) zu planen. Bei der Bedarfsmenge ist zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf zu unterscheiden: Primärbedarf gibt die Menge der im Produktprogramm zusammengefassten Erzeugnisse an. Sekundärbedarf gibt den Materialbedarf an, der sich aus den Erzeugnismengen (Primärbedarf) ergibt. Tertiärbedarf gibt den Bedarf an Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Verschleißwerkzeugen für die Produktion wieder. Aus wirtschaftlichen Gründen (Planungskosten) ist es nicht möglich, alle Bedarfe mit der gleichen Sorgfalt zu planen. So werden Hilfsstoffmengen i. d. R. mit groben Schätzungen ermittelt. Wird als Kriterium die wertmäßige Bedeutung der zu beschaffenden Materialien herangezogen, dann lassen sich, wie bereits erwähnt, mit Hilfe der ABC-Analyse unterschiedliche Klassen bilden. Abbildung 33 gibt diesen Sachverhalt beispielhaft wieder (vgl. zur ABC-Analyse z. B. Corsten / Gössinger 2012, S. 445 ff.). Die Abbildung gibt eine typische Ungleichverteilung wieder. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Festlegung der Klassengrenzen ein subjektiver Vorgang ist, der lediglich eine denkbare Klasseneinteilung wiedergibt. So ist es z. B. möglich, die Klasse der B-Teile zu Lasten der A-Teile zu 3.1.1.2.2 | ABC-Analyse 8 0 100 V erbrauchswert ( % - A nteil kumuliert) A nz ahl d er M aterialarten ( % - A nteil kumuliert) 20 4 0 6 0 100 8 0 20 4 0 6 0 A B C Abb 33 | ABC-Analyse (Beispiel) Festlegung der Klassengrenzen <?page no="113"?> 1 13 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n vergrößern. Trotz dieser Probleme lassen sich gewisse Handlungsempfehlungen formulieren: A-Teile sollten programmorientiert geplant werden (Ausgangspunkt bildet das Produktprogramm). B-Teile können verbrauchsorientiert geplant werden. C-Teile lassen sich auf der Grundlage grober Schätzungen planen. Bei einer programmorientierten Bedarfsermittlung bildet der Gozintograf, mit dessen Hilfe die Struktur eines Erzeugnisses erfasst werden kann, den Ausgangspunkt der Überlegungen. Abbildung 34 gibt beispielhaft einen solchen Gozintografen ( s iehe Glossar) für ein Produkt P A wieder. Aus der Abbildung geht hervor, dass sich das Produkt P A aus drei Bauteilen und diese sich wiederum aus Einzelteilen zusammensetzen. Die Zahlen an den Pfeilen geben dabei an, wie viele Teile in das übergeordnete Teil einfließen. Diese Darstellung lässt sich in ein Gleichungssystem überführen: r BT 1 = 2 r P A r BT 2 = 3 r P A r BT 3 = 2 r P A r ET 1 = 4 r BT 1 r ET 2 = 3 r BT 1 + 2 r BT 2 r ET 3 = 3 r BT 2 r ET 4 = 4 r BT 2 + 3 r BT 3 r ET 5 = 2 r BT 3 r ET 6 = 3 r BT 3 programmorientierte Bedarfsermittlung 2 2 3 mit: B T = B auteil; E T = E inz elteil; P = Prod ukt B T 1 B T 2 B T 3 P A E T 1 E T 2 E T 3 E T 4 E T 5 E T 6 4 3 2 3 4 3 2 3 | Abb 34 Gozintograf (Beispiel) <?page no="114"?> 1 14 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Wird eine konkrete Menge von Produkt P A gewünscht (z. B. 50 Stück), dann lassen sich mit diesem Gleichungssystem durch sukzessives Einsetzen die Bedarfsmengen der einzelnen Teile bestimmen: r BT 1 = 2 · 50 = 100 r BT 2 = 3 · 50 = 150 r BT 3 = 2 · 50 = 100 r ET 1 = 4 · 100 = 400 r ET 2 = 3 · 100 + 2 · 150 = 600 r ET 3 = 3 · 150 = 450 r ET 4 = 4 · 150 + 3 · 100 = 900 r ET 5 = 2 · 100 = 200 r ET 6 = 3 · 100 = 300 Eine andere Darstellungsform ist die Stückliste, die eine tabellarische Form aufweist. Unter einer Stückliste ist eine mengenmäßige Auflistung der in ein Endprodukt oder Bauteil eingehenden Teile zu verstehen. Um den Bedarf der Teile und Baugruppen für ein Endprodukt zu erfassen, kann auf die Mengenübersichtsstückliste, die sich auf das dargestellte Beispiel bezieht, zurückgegriffen werden (zu weiteren Formen vgl. Corsten / Gössinger 2012, S. 471 ff.). Bei einer verbrauchsorientierten Bedarfsermittlung bilden die Vergangenheitswerte den Ausgangspunkt, wobei unterstellt wird, dass die in der Vergangenheit aufgetretenen Bedarfe Realisationen einer Zufallsvariablen ( s iehe Glossar) sind. Es werden somit vergangene Bedarfe in die Zukunft extrapoliert. Gebräuchliche Verfahren in der Praxis sind dabei der gleitende Durchschnitt, das exponentielle Glätten 1. und 2. Ordnung, die Trendberechnung und die Zeitreihendekomposition (vgl. ausführlich Tempelmeier 2008). Beispielhaft sei das exponentielle Glätten 1. Ordnung in seiner Grundstruktur erklärt: Grundidee ist dabei, die dem Prognosezeitraum am nächsten liegenden Zeitreihenwerte mit einem höheren Info Mengenü bersichtsstü ck liste Tab. 8 | Sachnummer B ez eichnung M enge B T 1 B T 2 B T 3 E T 1 E T 2 E T 3 E T 4 E T 5 E T 6 4 5 3 7 2 3 2 3 2 E inz elteil E inz elteil E inz elteil E inz elteil E inz elteil E inz elteil B auteil B auteil B auteil E rz eugnis ( E ) verbrauchsorientierte Bedarfsbestimmung exponentielles Glätten 1. Ordnung <?page no="115"?> 1 15 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Gewicht in die Berechnung einfließen zu lassen als die Werte weiter zurückliegender Perioden. Für das exponentielle Glätten 1. Ordnung gilt dann die folgende Beziehungsgleichung: PW t + 1 = a · r t + (1 - a ) · PW t mit: PW t + 1 = Prognosewert für die nächste Periode r t = jüngster Beobachtungswert PW t = ehemaliger Schätzwert für den jetzt vorliegenden Beobachtungswert a (0 ≤ a ≤ 1) = Glättungsparameter An einem Beispiel sei dies verdeutlicht (vgl. Tab. 9): PW 1 + 1 = 0,1 · 230 + 0,9 · 230 = 230,00 PW 2 + 1 = 0,1 · 250 + 0,9 · 230 = 232,00 PW 3 + 1 = 0,1 · 240 + 0,9 · 232 = 232,80 An diesem Beispiel wird auch die Bedeutung des Glättungsparameters a deutlich. Tabelle 10 gibt in allgemeiner Form die Wirkungen unterschiedlicher a -Werte wieder. Ex ponentielles Gl ä tten 1. Ordnung ( B eispiel) | Tab. 9 Prognosewert für α = 0, 1 M onat V erbrauchsmenge Prognosewert für α = 0, 5 1 10 2 3 4 5 6 7 8 9 23 0 25 0 24 0 26 0 27 0 25 5 29 0 3 00 29 5 3 00 - - Prognosewert für M onat 11 23 0, 00 23 0, 00 24 0, 00 23 2, 00 23 2, 8 0 23 5 , 5 2 23 8 , 9 7 24 4 , 5 2 24 0, 5 8 25 0, 07 25 4 , 5 6 24 0, 00 25 0, 00 26 0, 00 25 7 , 5 0 27 3 , 7 5 28 6 , 8 8 29 0, 9 4 25 9 , 10 29 5 , 4 7 <?page no="116"?> 1 16 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Bei C-Teilen wurde auf den Einsatz grober Schätzverfahren hingewiesen, weil die geringen Verbrauchswerte differenzierte Bedarfsplanungsverfahren wirtschaftlich nicht rechtfertigen. Differenzierend kann dabei zwischen Analog- und Intuitivschätzungen unterschieden werden. Unter einer Analogie ist ein Vergleich von zwei oder mehreren Sachverhalten zu verstehen, d. h., es wird versucht, bekannte Entwicklungen auf andere Sachverhalte zu übertragen. Im vorliegenden Kontext bedeutet eine Analogschätzung, dass ein Vergleich mit ähnlichen Gütern vorgenommen und dann von einer ähnlichen Entwicklung ausgegangen wird (zur Problematik von Analogien vgl. Bruckmann 1977, S. 73). Bei Intuitivschätzungen wird auf Expertenmeinungen (Expertenschätzungen) zurückgegriffen, wobei motivationale und kognitive Verzerrungen auftreten können. Von motivationalen Verzerrungen wird dann gesprochen, wenn ein Experte seine Schätzung (bewusst oder unbewusst) ändert, um die entsprechende Entscheidung zu beeinflussen. Demgegenüber lassen sich kognitive Verzerrungen auf Restriktionen der menschlichen Informationsverarbeitung zurückführen. So werden etwa länger zurückliegende Informationen weniger beachtet als aktuelle. Darüber hinaus können intuitive Vorhersagen auch eine Nähe zu Prophezeiungen aufweisen. Eine weitergehende Frage ist darin zu sehen, welche Menge einer Materialart beschafft werden soll. Ziel muss es dabei sein, die kostenoptimale Bestellmenge zu ermitteln. In diese Überlegung fließen neben den mittelbaren und unmittelbaren Beschaffungskosten die Lagerhaltungskosten, die sich aus den Kapitalbindungskosten und den Lagerkosten zusammensetzen, ein. Die Gesamtkostenfunktion lautet dann: Tendenzielle Wirk ungen der a -Werte Tab. 1 0 | „ G roß es“ α „ K leines“ α B erücksichtigung d er V ergangenheitswerte B erücksichtigung neuester W erte G lättung d er Z eitreihen gering stark gering stark gering stark A npassung an N iv eauschwankungen schnell langsam Schätzverfahren Info kostenoptimale Bestellmenge <?page no="117"?> 1 17 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n K = M · p + K f · M _ x + x · p _ 2 · j _ 100 unmittelbare mittelbare Lagerhaltungs- Beschaffungs- Beschafkosten kosten fungskosten mit: M = Gesamtbedarf der Materialart in der Planungsperiode p = Einstandspreis pro Einheit K f = bestellmengenfixe Kosten i = Zinskostensatz l = Lagerkostensatz x = unbekannte Bestellmenge j _ 100 = i _ 100 + k l _ 100 = globaler Lagerhaltungskostensatz Um das Kostenminimum zu ermitteln, ist die Gesamtkostenfunktion nach x zu differenzieren und die 1. Ableitung gleich null zu setzen (zusätzlich muss die 2. Ableitung positiv sein), so dass sich die folgende Formel zur Ermittlung der optimalen Bestellmenge ergibt: x opt = √ ---------- 200 · kf · M __ p · j Für die optimale Bestellhäufigkeit (n opt ) gilt dann: n opt = M _ x opt Grafisch lässt sich die optimale Bestellmenge wie folgt darstellen (vgl. Abbildung 35). K x x opt K ( x ) x · p j 100 100 M · p K f · M x · | Abb 35 Optimale Bestellmenge <?page no="118"?> 1 18 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Dieses einfache Grundmodell lässt sich in unterschiedlicher Form erweitern (vgl. z. B. Stammen-Hegener 2002; Sahling 2010). Als dritter Aspekt der Bedarfsplanung wurde die Beschaffungszeitplanung angeführt. Zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Produktion müssen die erforderlichen Materialmengen rechtzeitig bereitgestellt werden, um Bestandslücken und Fehlmengen ( s iehe Glossar) zu vermeiden. Folglich ist eine Bestellung immer dann auszulösen, wenn ein bestimmter Bestand (Meldemenge) erreicht ist, wobei die Meldemenge so dimensioniert sein muss, dass sie ausreicht, die während der Beschaffungszeit auftretenden Materialentnahmen zu gewährleisten. Dabei wird unter Beschaffungszeit der Zeitraum verstanden, der mit der Bedarfsmeldung beginnt und in dem Zeitpunkt endet, zu dem das Material für den beabsichtigten Zweck im Leistungsprozess zur Verfügung steht. Unter der Voraussetzung eines stetigen und gleichbleibenden Lagerabgangs lässt sich die Meldemenge wie folgt darstellen: Die Steigung der Geraden __ AB gibt dabei die Materialentnahme pro Zeiteinheit (ME / ZE) an: me t = x B _ t L Aufgrund des Strahlensatzes gilt: x B _ t L = x M _ t BS = me t Durch Auflösung nach x M ergibt sich dann die Gleichung zur Ermittlung der Meldemenge: x M = x B _ t L · t BS oder x M = me t · t BS Die Meldemenge ergibt sich folglich aus der Multiplikation der Materialentnahme pro Zeiteinheit mit der Beschaffungszeit. Diese Überlegungen basieren auf sicheren Erwartungen (vollkommene Sicherheit). Ist dies nicht gegeben, und dies ist in der Realität i. d. R. der Fall, dann können Unsicherheiten bei den folgenden Informationen auftreten: beim Meldebedarf, bei der Beschaffungszeit sowie weitere Unsicherheiten wie etwa Fehllieferungen oder außerplanmäßige Lagerverluste. Die folgende Abbildung 37 verdeutlicht die Auswirkungen einer Entnahmeüberziehung, d. h., die Materialanforderungen sind höher als die geplanten Verbrauchsmengen. Beschaffungszeitplanung Meldemenge A x t B mit: x B = B eschaffungsmenge x M = M eld emenge t L = L agerd auer t B S = B eschaffungsz eitpunkt x B x M t B S t L Abb 36 | Meldemenge bei stetigem Bedarfsverlauf Entnahmeüberziehung <?page no="119"?> 1 19 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n In dieser Abbildung sind zwei Situationen erfasst: 1. Die Entnahmeüberziehung tritt ab dem Meldebestand x M auf. Damit ist die realisierte Lagerdauer t LR kürzer als die geplante t LP . Hieraus ergibt sich die Zeitdifferenz t F . 2. Der Meldebestand wird früher erreicht und damit eine Bestellung ausgelöst, so dass sich wiederum eine Zeitdifferenz t F ergibt. Beide Situationen führen damit zu Unterbrechungen der Produktion. Auch bei einer Beschaffungszeitüberziehung, die z. B. durch eine Lieferzeitüberschreitung verursacht wird, tritt eine Versorgungslücke auf. Fehlmengen treten dann auf, wenn die Bestellmenge größer ist als die Liefermenge (z. B. durch Qualitätsmängel, die nicht mehr tolerierbar sind). Um solchen Versorgungslücken entgegenzuwirken, werden sogenannte Sicherheitsbestände vorgehalten. In der Praxis ist dabei die Faustregel verbreitet, 1/ 3 des geplanten Verbrauchs während der Wiederbeschaffungszeit als Sicherheitsbestand vorzuhalten. Eine andere Vorgehensweise greift auf den b -Servicegrad zurück (vgl. Günther / Tempelmeier 2009, S. 268 ff.), der den Anteil des Materialbedarfs angibt, der in der betrachteten Periode unmittelbar aus dem vorhandenen Lagerbestand gedeckt werden kann. Es gilt: b = 1 - erwartete Fehlmenge ____ erwarteter Bedarf x 1. I nter v all 2. I nter v all x M x B t L R t F t L P t B S t F t B S t L R t L P t | Abb 37 Entnahmeüberziehungen Sicherheitsbestände b -Servicegrad <?page no="120"?> 120 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Produ k tion Begriff und Erscheinungsformen Produktion ist ein werteschaffender Prozess, in dem Produktionsfaktoren (Inputgüter) im Rahmen eines Transformationsprozesses so verändert werden, dass Outputgüter entstehen unter Maßgabe der zugrunde liegenden Formalziele. Eine übliche Einteilung der Produktionsfaktoren (vgl. Gutenberg 1983, S. 2 ff.) differenziert zwischen den Elementarfaktoren objektbezogene menschliche Arbeitsleistung, Werkstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) und Betriebsmittel (Maschinen etc.) sowie dispositiven Faktoren, die weiterhin in originären dispositiven (Unternehmungsleitung) und derivativen Faktor (Planung, Organisation; diese Faktoren wurden später durch die Kontrolle ergänzt) aufgeteilt werden (zu unterschiedlichen Produktionsfaktorsystematiken vgl. Corsten 1985). Bei industriellen Produktionen basieren die Prozesse auf technischen Verfahren (Formgebung, Zusammenführen, Änderung der Bearbeitungseigenschaften) und dienen der Gewinnung, Ver- und Bearbeitung von Gütern (vgl. Zäpfel 2001). Die Entstehung industrieller Produktionssysteme geht zurück auf die Kameralisten mit den Projekten zur Errichtung von Manufakturen und Fabriken zur Zeit des Absolutismus. Bedingt durch die Entwicklung der Technik (Spinn- und Dampfmaschinen) verdrängten sie das Verlagswesen. Das Verlagswesen hat seinen Ursprung in Süd- und Westeuropa. Verlage zeichneten sich dadurch aus, dass ein Verleger (Händler) in seinen eigenen Räumen Produkte entweder von Handwerkern oder von Heimgewerbetreibenden erstellen ließ, wobei er teilweise neben den Rohstoffen auch die Produktionsmittel zur Verfügung stellte (vgl. Sprandel 1971, S. 337). „Für die Manufaktur war kennzeichnend die Zusammenfassung einer großen Zahl von in der Regel ungelernten Arbeitskräften unter der Aufsicht von Meistern, die meist nicht mehr mitarbeiteten.“ (Wittmann 1982, S. 141). Hierbei handelte es sich um Produktionssysteme, in denen mehrere Tausend Beschäftigte keine Seltenheit waren. Ein erstes wissenschaftliches Werk, das ein System von Regeln für den rationellen Gewerbebetrieb entwickelte, geht auf Arwed Emminghaus (1868) zurück. Es wird als Vorläufer der modernen Industriebetriebslehre gesehen. Für die industriellen Produktionssysteme wurden in der Literatur die unterschiedlichsten Typologien entwickelt ( s iehe Glossar) (vgl. zu einem Überblick Corsten / Gössinger 2012). Aus dieser Vielzahl seien als typenbildende Merkmale die Absatzstruktur, der Organisationstyp der Produktion und der Wiederholungsgrad (Struktur der Auflagengröße) vorgestellt. 3.1.2 | 3.1.2.1 | Produktionsfaktoren Info Typologien <?page no="121"?> 121 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Auf der Grundlage des Merkmals „Absatzstruktur“ wird zwischen auftrags- oder nachfrageorientierter Produktion und markt- oder angebotsorientierter Produktion unterschieden. Bei einer auftragsorientierten Produktion liegt der Absatz vor der Produktion, d. h., relevant sind die Auftragseingänge und -bestände, die letztlich das Produktionsprogramm bilden. Diese Situation bedeutet gleichzeitig, dass Teile der Beschaffung erst dann durchgeführt werden, wenn der Absatz erfolgt ist. Die Kapazitätsauslastung wird damit entscheidend durch die Auftragssituation bestimmt und ist nur begrenzt planbar. Demgegenüber handelt es sich bei einer marktorientierten Produktion um eine Produktion für den anonymen Markt, d. h., es liegt eine Orientierung an den Erwartungen bezüglich der Nachfrageentwicklung vor. Hierdurch bedingt ist zwar eine gleichmäßige Kapazitätsauslastung möglich, jedoch geht sie gleichzeitig mit einer höheren Absatzunsicherheit einher. Die Organisation der Produktion kann verrichtungs- oder prozessfolgeorientiert vorgenommen werden. Bei einer verrichtungsorientierten Vorgehensweise werden Maschinen mit gleichen oder gleichartigen Funktionen räumlich zusammengefasst. Es entsteht eine sogenannte Werkstattproduktion (vgl. Abbildung 38). Aus der Abbildung geht hervor, dass die einzelnen zu bearbeitenden Aufträge die jeweiligen Werkstätten in unterschiedlicher Reihenfolge durchlaufen, d. h., es liegen veränderliche Materialflüsse vor. Demgegenüber erfolgt beim Prozessfolgeprinzip die Anordnung der Arbeitsplätze in der Reihenfolge der an den Erzeugnissen zu verrichtenden Arbeitsgänge. Es entsteht eine sogenannte Fließproduktion. Eine Anpassung der Arbeitsplätze an die Prozessfolge ist nur bei standardisierten Massen- und Großserienproduktionen zweckmäßig. Abbildung 39 gibt die Grundstruktur einer Fließproduktion ( s iehe Glossar) wieder. Absatzstruktur auftragsorientierte Produktion marktorientierte Produktion Organisation der Produktion Werkstattproduktion Dreherei F räserei Schleiferei Presserei mit: A = A uftrag, M = M aterial L ager M n M 1 L ager A n A 1 D 1 D 2 S 1 S 2 P 1 P 2 F 1 F 2 | Abb 38 Werkstattproduktion Fließproduktion <?page no="122"?> 122 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Die Fließproduktion ist damit als eine grundsätzlich starre Anordnung der Arbeitsplätze zu charakterisieren, jedoch sind die Materialflusskosten im Vergleich zur Werkstattproduktion, die als flexibel einzustufen ist, niedriger. Eine Mischform, die versucht, die Vorteile der Werkstatt- und Fließproduktion zu vereinen, ist in der Zentrenproduktion zu sehen, die in der Praxis eine hohe Bedeutung erlangt hat. Sie ist charakterisiert durch eine Komplettbearbeitung von Teilen oder Bauteilen. Die hierzu erforderlichen Arbeitsplätze werden dazu in einer räumlichen Einheit zusammengefasst. Die sich dadurch ergebende komplexe Produktionsaufgabe wird einer Arbeitsgruppe übertragen, die auch planende Aufgaben innerhalb des Produktionszentrums übernimmt. Abbildung 40 gibt die Zentrenproduktion in ihrer Grundstruktur wieder. Im Vergleich zur Werkstattproduktion ergeben sich bei der Zentrenproduktion kürzere Transportwege und -zeiten, niedrigere Lagerbestände und eine einfachere Produktionssteuerung. Im Vergleich zur Fließproduktion weist sie eine höhere Anpassungsfähigkeit an wechselnde Aufgaben und eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit den erstellten Produkten auf. Eine konkrete Ausgestaltung der Zentrenproduktion sind die Produktionsinseln, die sich durch die folgenden Merkmale auszeichnen: Das zu produzierende Teilespektrum wird zu Gruppen mit ähnlichen Produktionsanforderungen zu sogenannten Teilefamilien zusammengefasst. Das Objektprinzip gelangt zur Anwendung, d. h., es erfolgt eine Zusammenfassung der Anlagen und Arbeitsplätze zu einer Organisationseinheit, die die Teilefamilie möglichst komplett bearbeiten (Komplettbearbeitung der Teilefamilien). L ager ( L ) A 1 A 2 A 3 L ager ( L ) L L Abb 39 | Fließproduktion Zentrenproduktion L ager ( z u bearbeitend e T eile) Z entrum 3 L ager ( bearbeitete T eile) Z entrum 2 Z entrum 1 A P 1. 1 A P 1. 2 A P 1. 3 A P 2. 1 A P 2. 2 A P 2. 3 A P 3 . 1 A P 3 . 2 mit: A P = A rbeitsplatz Abb 40 | Zentrenproduktion Produktionsinseln <?page no="123"?> 123 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Dezentrale, selbständige Planung und Steuerung des Produktionsprozesses in den Inseln. Zentrale Rahmendaten bilden dabei die Eckpunkte (Rumpfsteuerung). Als wesentliche Vorteile dieser Produktionsinseln lassen sich nennen: Komplexitätsreduktion des Material- und Informationsflusses, Reduzierung der Durchlaufzeiten, Erweiterung des Dispositions- und Handlungsspielraumes der Mitarbeiter sowie gemeinsame Verantwortung der Mitarbeiter für Qualität und Produktivität. Tabelle 11 gibt eine Systematisierung der Produktion auf der Grundlage des Merkmals „Wiederholungsgrad“ wieder. Bei einer Einzelproduktion wird zwischen einmaliger, erstmaliger und wiederholter Einzelproduktion unterschieden. Eine einmalige Produktion liegt dann vor, wenn ein Produkt nur ein einziges Mal hergestellt wird (damit handelt es sich gleichzeitig um eine erstmalige Produktion). Eine erstmalige liegt aber auch dann vor, wenn mit einer Wiederholung des Produktionsprozesses zu einem späteren Zeitpunkt gerechnet wird. Von einer wiederholten Einzelproduktion wird dann gesprochen, wenn ein Produkt zwar wiederholt produziert wird, die Unterbrechung zwischen den Produktionszeiten aber so groß ist, dass die hierfür erforderlichen Produktionssysteme abgebaut werden (vgl. Ellinger 1959, S. 71). Bei Mehrfachproduktion ist zunächst zwischen Serien- und Massenproduktion zu unterscheiden. Bei einer Serienproduktion wird die Auflagengröße ex ante festgelegt, was bei einer Massenproduktion nicht der Fall ist. Die Einteilung in Klein- und Großserien ist nur branchenspezifisch möglich. Weiterhin lässt sich die Massenproduktion in gleichbleibende und wechselnde unterscheiden, wobei letztere in die Teilklassen intendiert und Systematisierung der Produk tion auf B asis des K riteriums „ Wiederholungsgrad“ | Tab. 11 M assenprod uktion Serienprod uktion K leinserienprod uktion M ehrfachprod uktion E inz elprod uktion Prod uktion G roß serienprod uktion nicht intend ierte ( Partie- / C hargenprod uktion) gleichbleibend e intend ierte wechselnd e erstmalige wied erholte einmalige Massenproduktion <?page no="124"?> 124 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G nicht intendiert zerfällt. Bei einer intendierten wechselnden Massenproduktion werden Produktunterschiede bewusst herbeigeführt, wobei eine fertigungstechnische oder rohstoffmäßige Verwandtschaft der Produkte gegeben ist (z. B. materialabhängige Sortenbildung). Ist der Wechsel nicht intendiert, dann ist zwischen Partie- und Chargenproduktion zu unterscheiden. Während bei einer Partieproduktion die Ausgangsbedingungen nicht konstant gehalten werden können, wie dies etwa bei der Verarbeitung von Naturprodukten der Fall ist, ist bei einer Chargenproduktion der Produktionsprozess nicht vollständig steuerbar (z. B. Schmelzprozesse). Aufgabenbereiche Es lassen sich zwei generelle Systematisierungsansätze zur Strukturierung der Aufgabenbereiche der Produktion identifizieren: Autoren, die eine Strukturierung nach dem Kriterium „Stärke und Dauer der Erfolgswirkungen“ vornehmen, und Autoren, die an inhaltlichen Elementen der Produktion ansetzen. Auf der Grundlage des Kriteriums „Stärke und Dauer der Erfolgswirkung“ wird zwischen strategischem, taktischem und operativem Produktionsmanagement unterschieden. Als Kriterien fließen dabei die Fristigkeit, die Kapitalbindung und die Korrigierbarkeit der Entscheidungen ein. Damit wird gleichzeitig deutlich, dass „strategisch“ nicht mit „langfristig“ gleichgesetzt werden darf, da die Fristigkeit nur ein Kriterium darstellt. Zum strategischen Produktionsmanagement gehören damit Grundsatzentscheidungen, die nur durch die Unternehmungsleitung getroffen werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Strategieformulierung ( s iehe Glossar) zur Schaffung und Erhaltung eines Erfolgspotentials. Für das taktische Produktionsmanagement bilden die Entscheidungen des strategischen Bereichs Rahmenbedingungen. Sie zielen auf die Konkretisierung der strategischen Entscheidungen ab, d. h., es geht um eine inhaltliche Ausgestaltung. Beim operativen Produktionsmanagement handelt es sich um laufende Anpassungsentscheidungen, und zwar innerhalb des Rahmens, der durch das taktische Produktionsmanagement vorgegeben ist. Zwischen den drei skizzierten Ebenen besteht somit eine innere Verbindung, so dass ein vermaschter Entscheidungsprozess gegeben ist, den es zu koordinieren gilt. Dieser Koordinationsprozess kann auf der Basis einer kombinierten retrograden und progressi- 3.1.2.2 | Strategisches Prod uktionsmanagement T aktisches Prod uktionsmanagement O perativ es Prod uktionsmanagement V orgaben V orgaben R ückmeld ungen R ückmeld ungen Abb 41 | Hierarchische Struktur des Produktionsmanagements <?page no="125"?> 125 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n ven Vorgehensweise erfolgen, die als Gegenstromprinzip bezeichnet wird. Abbildung 41 gibt diesen Sachverhalt in anschaulicher Form wieder. Dies bedeutet: Die übergeordnete Ebene engt durch Vorgaben den Entscheidungsspielraum der untergeordneten Ebene ein. Der Erfolg der übergeordneten Ebene ist vom Erfolg der untergeordneten Ebene abhängig. Der Erfolg der untergeordneten Ebene ist auch von Entscheidungen der übergeordneten Ebene abhängig. Zur inhaltlichen Konkretisierung des Aufgabenbereichs des Produktionsmanagements wird auf das „3-P-Konzept“ zurückgegriffen (vgl. Kern 1992), das zwischen Produkt- und Programmgestaltung Potentialgestaltung und Prozessgestaltung unterscheidet. Wird dieses 3-P-Konzept mit dem Kriterium der Stärke und Dauer der Erfolgswirkung kombiniert, dann ergibt sich der in Tabelle 12 dargestellte Rahmen für die Strukturierung der Aufgaben des Produktionsmanagements. Gegenstromprinzip 3-P-Konzept Struk turierung des Aufgabenbereiches des Produk tionsmanagements | Tab. 12 E lemente Stärke und Dauer d er E rfolgswirkung Strategisches Prod uktionsmanagement T aktisches Prod uktionsmanagement O perativ es Prod uktionsmanagement 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Prod ukt- und Prod uktionsprogrammgestaltung Potentialgestaltung Proz essgestaltung <?page no="126"?> 126 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Felder 1 - 3: Der strategischen Programmgestaltung obliegt die Festlegung der Produktfelder, auf denen eine Unternehmung tätig werden möchte. Ein Produktfeld umfasst Produkte, die sich gedanklich auf ein allgemeines Grundprodukt zurückführen lassen (z. B. technologiebezogene Verwandtschaft). Letztlich charakterisieren die Produktfelder das oder die generelle(n) Betätigungsfeld(er) einer Unternehmung. Die taktische Programmgestaltung konkretisiert die Produktfelder hinsichtlich Breite (Anzahl unterschiedlicher Produkte) und Tiefe (Anzahl unterschiedlicher Produktionsstufen) des Produktionsprogrammes. Die operative Programmgestaltung legt fest, welche Produktarten in welchen Mengen in den einzelnen Perioden des unmittelbar anstehenden Planungszeitraumes (z. B. Woche, Monat) erstellt werden sollen. Felder 4 - 6: Aufgaben der strategischen Potentialgestaltung sind die Festlegung der Produktionsstandorte, der Kapazitätsarten, Instandhaltungsstrategien, der grundsätzlich zum Einsatz gelangenden Technologien sowie Sicherstellung der Rohstoffversorgung. Im Zentrum der taktischen Potentialgestaltung stehen hingegen die konkreten Ausstattungsentscheidungen, d. h., Aggregate- und Personalausstattung (Kapazitätsdimensionierung), des Technologieeinsatzes und die Festlegung der Bestellpolitik. Die taktische Ebene ist folglich durch eine Schnittstelle zur Investitionsplanung gekennzeichnet. Aufgabe der operativen Potentialgestaltung ist dann die Bereitstellung der erforderlichen Produktionsfaktoren, wobei es vor allem um die Bereitstellung von Repetierfaktoren, die Aggregatenutzung und den Mitarbeitereinsatz geht. Felder 7 - 9: Im Rahmen der strategischen Prozessgestaltung ist eine Grundsatzentscheidung für einen Organisationstyp der Produktion zu treffen. Der taktischen Prozessgestaltung obliegt die Entscheidung über die innerbetrieblichen Standorte, und die operative Prozessgestaltung hat das Ziel, einen optimalen Einsatz der vorhandenen Produktionsaggregate und Mitarbeiter zu realisieren und den wirtschaftlichen Vollzug der Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Produktions- und kostentheoretische Grundtatbestände Die Produktionstheorie untersucht die Beziehungen zwischen Faktoreinsatz- und Ausbringungsmengen und ist somit eine reine Mengenbetrachtung. Diese Beziehungen beschreibt sie mit Hilfe von Technologien (aktivitätsanalytischer Ansatz) und Produktionsfunktionen (funktionalistischer Ansatz). Implizit ist in der Formulierung der Produktionsfunktion die Prämisse enthalten, dass mit einer gegebenen Inputmenge ein maximal möglicher Output Potentialgestaltung Prozessgestaltung 3.1.2.3 | Programmgestaltung <?page no="127"?> 127 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n verbunden ist. Eine Produktionsfunktion erfasst folglich nur die Menge der effizienten Produktionspunkte. Von einem effizienten Prozess wird dann gesprochen, wenn kein unnötiger Faktorverbrauch auftritt, d. h., ein zu hoher Faktorverbrauch, z. B. Werkstoffverschnitt, darf nicht eintreten, da sonst Faktorvernichtung vorläge. Zwischen den zum Einsatz gelangenden Produktionsfaktoren können unterschiedliche Beziehungen bestehen, wie dies aus Tabelle 13 hervorgeht. Zur Darstellung der Faktoreinsatzbeziehungen wird auf Isoquanten zurückgegriffen: sie sind der geometrische Ort aller effizienten Faktorkombinationen mit gleicher Ausbringungsmenge; Bedingungen: ● notwendige Bedingung: negative Steigung, ● hinreichende Bedingung: konvexer Verlauf. Bei Substitutionalität ( s iehe Glossar) ergibt sich der vorliegende grundsätzliche Verlauf (vgl. Abbildung 42). Diese Abbildung zeigt, dass es sich bei den Punkten A, B und C um effiziente Punkte handelt, die alle zum Outputniveau x 0 führen, jedoch mit unterschiedlichen Einsatzmengen der Faktoren r 1 und r 2 verbunden sind. Als Produktionsfunktion, die substitutionale Faktoreinsatzbeziehungen unterstellt, sei das Ertragsgesetz (auch als Produktionsfunktion vom Typ A bezeichnet) dargestellt. Ausgangspunkt bildet dabei die folgende Beziehung: Produktionsfunktion Fak toreinsatzbeziehungen | Tab. 13 F aktoreinsatz bed ingungen substitutional limitational M ehrere effiz iente F aktorkombinationen führen z u einer gegebenen O utputmenge → es gibt keine feste R elation z wischen I nput und O utput G enau eine effiz iente F aktorkombination führt z u einer gegebenen O utputmenge → es ex istiert eine feste I nput- O utput- R elation Faktoreinsatzbeziehungen Substitutionalität A B C r 1 r 1 2 r 2 2 r 3 2 r 1 1 r 2 1 r 3 1 r 2 x 0 | Abb 42 Substitutionale Faktoreinsatzbeziehungen zwischen den Faktoren r 1 und r 2 für das Outputniveau x 0 Ertragsgesetz <?page no="128"?> 128 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G x = f (r 1 , r 2 , …, r n ) mit: x = Output r = Produktionsfaktoren Wird lediglich der Produktionsfaktor r 1 stetig vermehrt und die anderen Faktoren r 2 , …, r n konstant gehalten (partielle Faktorvariation), dann ergibt sich die in Abbildung 43 dargestellte ertragsgesetzliche Produktionsfunktion. Aus dieser Gesamtertragsfunktion lassen sich dann die Durchschnittserträge _ x und die Grenzproduktivität x ′ ermitteln (vgl. Abbildung 44): Der Durchschnittsertrag _ x = x _ r 1 steigt bis zum Punkt B mit zunehmendem Einsatz des Faktors r 1 an, erreicht dort sein Maximum und nimmt dann stetig ab. Die Grenzproduktivität x ′ = ∂ x _ ∂ r 1 , die die Steigung der Gesamtertragskurve wiedergibt, steigt bis zum Punkt A an, erreicht dort ihr Maximum und nimmt danach stetig ab, wobei sie in Punkt B den Durchschnittsertrag im Maximum schneidet und in Punkt C den Wert „0“ erreicht. Danach nimmt sie negative Werte an. In beiden Abbildungen sind darüber hinaus die vier Phasen (I, II, III, IV) des Ertragsgesetzes eingezeichnet, die in Tabelle 13 charakterisiert sind. r 1 I I I I I I I V x x = f ( r 1 , r c ) A B C I I I I I I I V A B C x ′ x ′ x r 1 x Abb 43 | Abb 44 | Ertragsgesetzliche Produktionsfunktion Durchschnittsertrags- und Grenzproduktivitätsfunktion <?page no="129"?> 129 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Werden hingegen zwei P rodu ktion s fa ktore n variiert, dann ergibt sich das in Abbildung 45 dargestellte Ertragsgebirge. Werden durch dieses Ertragsgebirge gedankliche Schnitte vollzogen, die parallel zur (r 1 , r 2 )-Ebene verlaufen, dann ergeben sich Flächen, deren Punkte Faktoreinsatzpunkte sind, aus denen jeweils dieselbe Ausbringungsmenge resultiert. Werden die Ränder dieser Flächen in die (r 1 , r 2 )-Ebene projiziert, dann ergeben sich die in Abbildung 46 dargestellten Isoquanten. Phasen des Ertragsgesetzes | Tab. 14 I I I I I I I V G esamtertrag ( x ) G renz prod uktiv ität ( x ′ ) Überproportionaler positiv er A nstieg d egressiv er positiv er A nstieg d egressiv er A nstieg bis z um M ax imum positiv fallend negativ fallend positiv fallend positiv fallend positiv fallend ; im Punkt C : x ′ = 0 positiv steigend bis z um M ax imum positiv steigend Phase Durchschnittsertrag ( x ) positiv fallend ; im Punkt B : x ′ = x positiv steigend ; im Punkt B : x ′ = x ( M ax ) x r 1 r 2 x 1 x 2 x c r 1 r 2 | Abb 45 | Abb 46 Ertragsgebirge Isoquantenschar Isoquanten <?page no="130"?> 130 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Diese dargestellten Isoquanten weisen lediglich effiziente Faktorkombinationen aus. Streng genommen verläuft die Gesamtertragsfunktion nach Erreichen ihres Maximums positiv fallend. Die sich daraus ergebenden Produktionspunkte stellen aber keine effizienten Kombinationen dar (vgl. Corsten / Gössinger 2012, S. 83 f.). Eine Produktionsfunktion, die limitationale Faktoreinsatzbeziehungen betrachtet, ist die Leontief-Produktionsfunktion, die durch ein System von Faktorfunktionen beschrieben wird. Für den Einproduktfall gilt: r 1 = h 1 · x h 1 , …, h 2 > 0 r n = h n · x oder: r i = h i · x; i = 1, …,n; h i > 0 mit: h i = Produktionskoeffizient Da die Produktionskoeffizienten konstant sind, stehen die Produktionsfaktoren in einem konstanten Mengenverhältnis zueinander, so dass eine linear-limitationale Produktionsfunktion vorliegt: x = r i _ h i ; r 1 _ h 1 = … = r n _ h n In realen Produktionssituationen sind die Einsatzmengen der Faktoren nur bis zu einer Obergrenze ( _ r i ) verfügbar, so dass sich die maximal mögliche Ausbringungsmenge durch die folgende Minimumfunktion bestimmen lässt: x = min ( _ r i _ h i ) ; i = 1, …,n Unter diesen Gegebenheiten liegen die effizienten Input-Output- Kombinationen auf einer Prozessgeraden (vgl. Abbildung 47). Bei einer limitationalen Faktoreinsatzbeziehung stehen die zum Einsatz gelangenden Produktionsfaktoren in einem festen Verhältnis zueinander. Eine größere als die technisch determinierte Inputmenge hätte bei gleichbleibenden Mengen der anderen Faktoren zur Folge, dass diese im Produktionsprozess nicht aufgenommen würden. Damit reduziert sich die Isoquante auf einen Punkt (vgl. Abbildung 48). Leontief-Produktionsfunktion linear-limitationale Produktionsfunktion x r 1 r 2 Abb 47 | Leontief-Produktionsfunktion limitationalen Faktoreinsatzbeziehung <?page no="131"?> 131 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Den bisherigen Ausführungen lag eine rein mengenmäßige Betrachtung zugrunde. Um alternative Produktionen zu beurteilen, sind die Kosten erforderlich, d. h., die Mengen sind zu bewerten. Ziel ist es dann, aus den effizienten Produktionen diejenigen auszuwählen, die mit den minimalen Kosten verbunden sind. Unter Kosten ist dabei der bewertete, sachzielbezogene Güterverzehr zu verstehen. Es stellt sich dann das Problem, welche Faktoreinsatzmengenkombination bei bekannten Faktorpreisen gewählt werden soll, um eine bestimmte Produktionsmenge mit minimalen Kosten zu erstellen (sogenannte Minimalkostenkombination). Dabei impliziert das ökonomische Kriterium einer Kostenminimierung immer die technische Effizienz. Für die beiden Produktionsfaktoren r 1 und r 2 mit den Preisen p 1 und p 2 und einem Kostenbudget von ~ K lässt sich die folgende Kostenisoquante (Budgetgerade) aufstellen: ~ K = r 1 · p 1 + r 2 · p 2 Grafisch ergibt sich dann eine Kostenisoquante mit der Steigerung - p 1 _ p 2 , wie sie in Abbildung 49 dargestellt ist, wobei gleichzeitig die Isoquanten bei substitutionalen (Abb. 49 a) und limitationalen Faktoreinsatzbedingungen (Abb. 49 b) in die Überlegungen aufgenommen werden. r 1 r 2 x 0 1 2 x 0 1 | Abb 48 Isoquanten bei limitationalen Faktoreinsatzbeziehungen Kosten Minimalkostenkombination Kostenisoquante r 2 r 1 ( a) ( b) x 3 x 1 x 2 K 1 K 2 K 3 A B C r 2 r 1 A B C K 1 K 2 K 3 x 3 x 1 x 2 | Abb 49 Minimalkostenkombination <?page no="132"?> 132 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Die Punkte A, B und C, in denen die Kostenisoquanten die Isoquanten tangieren, geben dann die jeweilige Minimalkostenkombination für die Kostenisoquanten K 1 < K 2 < K 3 und den Outputmengen x 1 < x 2 < x 3 an. Dabei gelten die folgenden Aussagen: Verändert sich das Kostenbudget in seiner Höhe, dann bedeutet eine Verschiebung weg vom Koordinatenursprung eine Erhöhung des Budgets et vice versa. Bleibt das Kostenbudget konstant, und es verändern sich die Preise der Produktionsfaktoren, dann erfährt die Kostenisoquante eine entsprechende Drehung, und die Steigung ändert sich. Neben der Minimalkostenkombination werden sogenannte Kostenfunktionen in der betriebswirtschaftlichen Literatur behandelt. Im Folgenden werden wir uns dabei auf die beiden grundlegenden Kostenverläufe konzentrieren: lineare Kostenfunktion und ertragsgesetzliche Kostenfunktion. Unter Gesamtkosten (K G ) werden die Kosten verstanden, die bei der Produktion der Menge x anfallen. Die Gesamtkosten bestehen aus den fixen Kosten (K f ), die bei Variation der Beschäftigung konstant bleiben und den variablen Kosten (K v ), die sich bei Variation der Kosteneinflussgröße verändern: K G (x) = K f + K v (x) Grafisch ergibt sich dann der folgende Verlauf (vgl. Abbildung 50): Die Abbildung 50 verdeutlicht folgende Sachverhalte: Die fixen Kosten reagieren nicht auf Beschäftigungsänderungen, d. h., sie fallen unabhängig von x immer in gleicher Höhe an. Sie werden auch als Bereitschaftskosten bezeichnet. Die variablen Kosten werden durch das Beschäftigungsausmaß beeinflusst. Ist die Beschäftigung null (x = 0), dann sind die variablen Kosten K v (0) = 0. Werden die Gesamtkosten K G (x) durch die dazugehörige Ausbringungsmenge x dividiert, dann ergeben sich die Stückkosten (Durchschnittskosten) k (x): Kostenfunktionen Gesamtkosten K x K v ( x ) K f K G ( x ) x max Abb 50 | Linearer Gesamtkostenverlauf Stückkosten <?page no="133"?> 133 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n k (x) = K G (x) _ x oder: k (x) = K f _ x + K v (x) _ x k f (x) + k v (x) (fixe Kosten (variable Kosten pro Stück) pro Stück) Abbildung 51 gibt diesen Sachverhalt wieder. Diese Abbildung verdeutlicht, dass die fixen Kosten pro Ausbringungsmenge mit steigender Beschäftigung sinken. Dies wird als Fixkostendegression bezeichnet. Unter der Voraussetzung, dass die Gesamtkostenfunktion differenzierbar ist, ergeben sich die Grenzkosten aus: K ′ (x) = d K (x) _ d x = d K f _ d k + d K v (x) __ d x = d K v (x) __ d x Die Grenzkosten geben folglich an, wie sich die Gesamtkosten bei einer infinitesimalen Veränderung von x verhalten. Da die erste Ableitung der fixen Kosten k ′ f = 0 ist, stimmt die Steigung der Gesamtkosten mit der Steigung der variablen Kostenfunktion überein. Bei dem unterstellten linearen Verlauf sind die Grenzkosten konstant und somit mit den variablen Stückkosten identisch. Bei einem ertragsgesetzlichen Kostenverlauf ergibt sich die Kostenfunktion aus der Spiegelung der ertragsgesetzlichen Produktionsfunktion an der 45°-Achse. Für das Ertragsgesetz gilt: x = f (r 1 , r 2 , …, r n ) = konstant Um eine Kostenfunktion in der Form K (x) ableiten zu können, ist diese Produktionsfunktion zunächst in eine Faktorfunktion zu überführen: r 1 = f (x); mit: r 2 , …, r n = konstant Abbildung 52 gibt dies wieder. k x k v ( x ) k f ( x ) k ( x ) x max | Abb 51 Stückkosten Fixkostendegression Grenzkosten ertragsgesetzlicher Kostenverlauf Faktorfunktion <?page no="134"?> 134 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Werden die Einsatzmengen mit ihren Preisen bewertet, dann ergibt sich für den von x abhängigen Teil: r 1 (x) · p 1 = K v (x) und für den von x unabhängigen Teil: r 2 c · p 2 + r 3 c · p 3 + … + r n c · p n = K f Die Gesamtkostenfunktion lautet dann: K G (x) = K f + K v (x) Abbildung 53 gibt den Zusammenhang zwischen den Gesamtkosten, den Stückkosten, den variablen Stückkosten, den fixen Stückkosten und den Grenzkosten wieder: Die Grenzkosten (K ′ ) fallen bis zum Wendepunkt der Gesamtkosten und erreichen in diesem Punkt ihr Minimum. Die Stückkosten (Durchschnittskosten) erreichen ihr Minimum in x 3 und werden an dieser Stelle von der Grenzkostenfunktion geschnitten. Ab diesem Punkt steigen die Stückkosten an. Die variablen Stückkosten erreichen ihr Minimum in x 3 und werden an dieser Stelle von der Grenzkostenfunktion geschnitten. Danach steigen [ x ] r 1 x [ r 1 ] 4 5 ° x = f ( r 1 ) r 1 = f ( x ) Abb 52 | Faktorfunktion auf der Grundlage der Produktionsfunktion <?page no="135"?> 135 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n sie an und nähern sich der Stückkostenkurve asymptotisch, weil die fixen Stückkosten mit steigender Ausbringungsmenge x immer geringer werden. Mar k eting Die entgeltliche Verwertung der erstellten Leistungen am Markt wird traditionell als Absatz bezeichnet. Der Absatz geht folglich mit einer rechtlichen Transformation einher, d. h. mit einer Änderung der Rechtszustänx W K K f K ( x ) K ′ x x 1 x 2 x 3 K ′ ( x ) k v ( x ) k f ( x ) k ( x ) k k v k f | Abb 53 Kostenverläufe bei ertragsgesetzlicher Produktionsfunktion | 3.1.3 Absatz <?page no="136"?> 136 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G digkeit. Zum Absatz zählen alle Aktivitäten, die die Beziehungen einer Unternehmung mit dem (den) Absatzmarkt (-märkten) zum Gegenstand haben. Unter Marketing wird dann eine an der Kundenbzw. Bedürfnisorientierung ausgerichtete Denkhaltung in Unternehmungen zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen verstanden. Es handelt sich folglich um eine Maxime, d. h., es ist durchgängig durch ein marktorientiertes Denken der Unternehmung charakterisiert. Es zielt auf die marktorientierte Abstimmung der ökonomischen Aktivitäten in einer Unternehmung ab. Diese Maxime der Kundenorientierung hat ihre Wurzeln im Wandel vom Verkäuferzum Käufermarkt, d. h. Märkte, die durch Sättigungserscheinungen, Angebotsüberhänge und intensive Wettbewerbsprozesse gekennzeichnet sind. Aus instrumenteller Sicht ist der sogenannte Marketing-Mix (vgl. McCarthy 1964), auch als vier „P“ (Product, Price, Promotion, Place) bezeichnet, zu nennen. In der deutschsprachigen Literatur werden die Produktpolitik, Entgeltpolitik (Preispolitik), Kommunikationspolitik und Distributionspolitik (Vertriebspolitik) unterschieden (vgl. z. B. Homburg / Krohmer 2003, S. 14; Nieschlag / Dichtl / Hörschgen 2002, S. 20 f.). Die konkrete Ausgestaltung des Marketing-Mix hängt dabei insbesondere von der Stellung des Produktes im Produktlebenszyklus, den marktlichen Gegebenheiten, den Zielsetzungen, der Marketingstrategie und dem Marketingbudget ab. Produktpolitik Im Rahmen der Produktpolitik sind Entscheidungen über das gegenwärtige und zukünftige Produktprogramm der Unternehmung zu treffen, d. h., es geht einerseits um die bereits angebotenen Produkte und anderseits um Produktinnovationen und / oder Produktvariationen. Produkte können sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein (vgl. hierzu auch den generischen Produktbegriff; vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 459), d. h., sie werden als Leistungsbündel interpretiert, die in der Lage sind, einen Kundennutzen zu generieren. Der Nutzen ist ein Maß der Bedürfnisbefriedigung, die einem Käufer aus der Verwendung von Produkten erwächst. Dieser „globale“ Nutzen lässt sich in einzelne Nutzenkategorien aufspalten: Grundnutzen: knüpft an der Funktion an, die das Produkt erfüllen soll (funktionaler Nutzen). Marketing Marketing-Mix 3.1.3.1 | Info <?page no="137"?> 137 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Zusatznutzen: Hiermit wird die individuelle (Ästhetik, Selbstverwirklichung, Wohlbefinden) und soziale (Geltungsnutzen aus der sozialen Sphäre) Nutzenstiftung erfasst, die über die Nutzenstiftung des Grundnutzens hinausgeht. Da das „Leben“ eines Produktes begrenzt ist, muss eine Unternehmung bestehende Produkte verbessern und / oder neue Produkte am Markt anbieten. Produkte als „neue“ absetzbare Leistungen werden als Produktinnovationen bezeichnet. Bei Produktinnovationen handelt es sich folglich um eine Neuerung im Sachziel der Unternehmungen oder allgemeiner von Organisationen. Generell kann ein Produkt für den Nachfrager und / oder Anbieter neu sein. Ist das Produkt für den Nachfrager neu, dann wird der Neuheitsgrad durch das Ausmaß nutzenbezogener Veränderungen im Hinblick auf die bisher angebotenen Produkte bestimmt. Aus der Sicht des Anbieters ist ein Produkt dann als neu zu betrachten, wenn es zusätzlich in das Absatzprogramm des Anbieters aufgenommen wird. Dieser Sichtweise liegt damit, wie in der betriebswirtschaftlichen Literatur üblich, ein subjektiver Neuheitsbegriff zugrunde. Von einer subjektiven Neuheit wird dann gesprochen, wenn eine Neuerung von einem Individuum oder einer Organisation (z. B. Unternehmung) als neu empfunden wird, und zwar unabhängig davon, ob diese bereits zu diesem Zeitpunkt anderen Individuen oder Organisationen bekannt ist (vgl. hierzu Schröder 2008, S. 311 f.). Soll ein neues Produkt in den Markt eingeführt werden, dann lässt sich dieser Prozess auf der Basis eines Phasenmodells idealtypisch beschreiben (vgl. Rogers 1995, S. 250). Zunächst muss das neue Produkt durch die potentiellen Nachfrager wahrgenommen werden. Hierbei spielt die Werbung eine zentrale Rolle. Darauf aufbauend zeigt der Nachfrager in der zweiten Phase Interesse an dem neuen Produkt und holt weitere Informationen über die Produktinnovation ein. Im Rahmen der Phase „Bewertung“ überlegt der potentielle Nachfrager, ob es für ihn vorteilhaft ist, das neue Produkt auszuprobieren. Ist dieses Ergebnis positiv, probiert er das neue Produkt, um dessen Nutzen differenzierter einzuschätzen. In der letzten Phase „Übernahme“ gelangt der Nachfrager zu dem Ergebnis, dieses Produkt regelmäßig zu erwerben. Produktinnovationen W ahrnehmung I nteresse B ewertung V ersuch Übernahme | Abb 54 Phasenmodell zur Übernahme neuer Produkte <?page no="138"?> 138 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Für den Prozess der Ausbreitung der Produkte (oder generell materieller oder immaterieller Objekte) in sozialen Systemen wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur auf die Diffusionstheorie zurückgegriffen. Die Diffusion ( s iehe Glossar) resultiert aus positiven Übernahmeentscheidungen seitens der Nachfrager und ist ein kumulativer Prozess. Die im Zeitablauf eintretenden Wirkungen der Diffusionsprozesse werden zeitpunkt- (relative Adoptorenanzahl A‘) oder zeitraumbezogen (relative kumulierte Adoptorenanzahl A) mit Hilfe der Adoptionsbzw. Diffusionskurven erfasst. Diffusionskurven sind Erklärungsmuster mit idealtypischem Charakter und können nur Ereignisklassen, jedoch keine individuellen Ereignisse erklären. In Abhängigkeit des Entscheidungsverhaltens potentieller Adoptoren und damit vom Übernahmezeitpunkt einer Innovation lassen sich Adoptorentypen bilden, wobei häufig die folgende Rangklasseneinteilung vorgenommen wird (vgl. Rogers 1962, S. 247): Innovatoren, frühe Übernehmer, frühe Mehrheit, späte Mehrheit und Nachzügler. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Klassen bildet dabei die abhängige Variable. Unter der Annahme einer Normalverteilung ergibt sich der folgende Kurvenverlauf (vgl. Abbildung 55). Um ein Produkt in den Markt einzuführen, bedarf es einer Markteinführungsstrategie. Eine erste zentrale Frage ist darin zu sehen, welcher Zeitpunkt für die Produkteinführung gewählt werden soll, wobei zwischen einer Pionierstrategie (First-to-market-Strategie) und einer Folgerstrategie (Follow-the-leader-Strategie) zu unterscheiden ist. Die Pionierstrategie hat den Vorteil, dass die Unternehmung aufgrund ihres Innovationspotentials ein temporäres Monopol ( s iehe Glossar) aufbauen kann. Aufbauend auf dem sogenannten „First mover advantage“ haben Pioniere grundsätzlich die Möglichkeit, ein attraktives Marktsegment zu wählen, einen Standard zu etablieren, der von den Folgern mindestens zu Diffusion Rangklasseneinteilung I nnov atoren ( 2, 5 % ) F rühe Übernehmer ( 13 , 5 % ) F rühe M ehrheit ( 3 4 % ) Späte M ehrheit ( 3 4 % ) N achz ügler ( 16 % ) t A Abb 55 | Diffusionsverlauf Markteinführungsstrategie Pionierstrategie <?page no="139"?> 139 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n erfüllen ist, ein innovatives Image aufzubauen und die Branchenentwicklung insgesamt in proaktiver Weise zu beeinflussen. Die Pionierposition ist jedoch nicht eo ipso mit diesen Effekten verbunden, sondern sie ist als ein Potential zu interpretieren, das die Möglichkeit zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen eröffnet. Der zentrale Vorteil ist darin zu sehen, dass die Unternehmung durch die frühzeitige Einführung der Produktinnovation eine gute Marktposition aufbauen und darüber hinaus versuchen kann, die Eintrittsmöglichkeiten für andere Unternehmungen in den Markt zu erschweren. Es besteht somit die Möglichkeit, Markteintrittsbarrieren zu errichten und Pioniergewinne zu erzielen. Als entscheidende Nachteile dieser Strategie sind die Markterschließungskosten und die i. d. R. gegebene Unsicherheit zu nennen, da zu diesem Zeitpunkt noch unklar ist, ob der Markt die Innovation aufnimmt. Ein weiterer Nachteil ist im Free-rider-Effekt zu sehen, der sich darin niederschlägt, dass nachfolgende Unternehmungen von den markterschließenden Aktivitäten des Pioniers profitieren. Konkret kann sich dies in niedrigeren Produktentwicklungskosten und Markteintrittskosten niederschlagen. Ferner ist zu beachten, dass durch die frühe Markteinführung eventuell technische oder funktionale Mängel auftreten, die sich negativ auf das Unternehmungsimage auswirken können. Die Folgerstrategie ist auf die direkte Nachfolge des Pioniers ausgerichtet und zielt auf eine anwendungsorientierte Weiterentwicklung der bereits erfolgreich in den Markt eingeführten Innovation ab. Damit bietet sich dem Folger die Möglichkeit, die eventuell identifizierten Mängel des Pioniers zu beheben und somit eine ausgereiftere Produktinnovation auf den Markt zu bringen. Ein entscheidender Nachteil des Folgers ist darin zu sehen, dass er die durch den Pionier eventuell aufgebauten Markteintrittsbarrieren überwinden muss. Diese Barrieren haben damit den Charakter einer strategischen Abschreckung. Sollte der Pionier Markteintrittsbarrieren aufgebaut haben, dann kann der Folger über eine Niedrigpreisstrategie oder ein Angebot zusätzlicher Leistungen (z. B. Garantie- oder Serviceleistungen) versuchen, Marktanteile zu erlangen. Die Frage, ob eine Pionier- oder eine Folgerstrategie generell vorteilhaft ist, lässt sich nicht in allgemeiner Form beantworten, sondern wird durch die situativen Gegebenheiten beeinflusst. Philips bot 1972 mit dem Modell N1500 als Pionier einen Videorekorder an. Der Folger JVC schaffte es jedoch, mit Hilfe einer benutzerfreundlichen Anwendung und gezieltem Marketing, sein VHS-System als Industriestandard zu etablieren. Philips stellte daraufhin seine Videorekorderproduktion ein. Auch ein zweiter Anlauf, in Folgerstrategie Info <?page no="140"?> 140 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Kooperation mit Grundig im Jahre 1979 das technisch überlegene System Video 2000 einzuführen, misslang, da das VHS-System bereits einen zu hohen Verbreitungsgrad hatte. FORON Hausgeräte war Innovationsführer bei FCKW-freien Kühlschränken. Siemens als Folger konnte jedoch seine Marktmacht ausspielen und den Innovationsführer aus dem Markt drängen. Gillette war Entwicklungspionier rostfreier Rasierklingen. Die Unternehmung wartete jedoch mit der Markteinführung, d. h., sie hielt die Produktinnovation bewusst zurück, um etwaige Kannibalisierungseffekte ( s iehe Glossar) bei bereits im Markt befindlichen Produkten zu vermeiden. In dieser Zeit führte Wilkinson diese Produktinnovation ein und gewann damit Marktanteile. Neben dieser zeitbezogenen Entscheidung stellt sich die Frage, ob bereits vor der Verfügbarkeit des neuen Produktes am Markt Marketingaktivitäten ergriffen werden sollen. Mit solchen Vorankündigungen signalisiert die Unternehmung den potentiellen Nachfragern und Wettbewerbern die zukünftige Verfügbarkeit einer verbesserten Problemlösung. Sie zielt damit auf eine zeitliche und inhaltliche Umorientierung der Kaufentscheidungen ab. Dabei kann es auch darum gehen, bereits vor der Markteinführung einen Bestand an Kaufwilligen zu schaffen und entsprechende Vorbestellungen zu initiieren. Durch ein solches Prämarketing soll der Diffusionsprozess beschleunigt werden: „Im Hinblick auf eine Diffusionsbeschleunigung besonders vielversprechend erscheint eine Vorankündigung dabei im Falle des Vorliegens ungünstiger Ausprägungen des Produktes hinsichtlich der Dimensionen ‚Komplexität‘, ‚Kompatibilität‘ (im Verbund mit anderen Produkten d. V.) und des ‚Wahrgenommenen Risikos‘ (subjektives Risiko des Nachfragers hinsichtlich unerwünschter Konsequenzen eines Produktkaufes d. V.).“ (Preukschat 1993, S. 56). Dies liegt darin begründet, dass durch die Informationen vor Markteinführung zeiterfordernde Lern- und Anpassungsprozesse, die durch diese Dimensionen und deren Ausprägungen hervorgerufen werden, durch den Anbieter unterstützt werden können, indem dieser frühzeitig geeignete Maßnahmen initiiert. Darüber hinaus können mit Vorankündigungen die folgenden Ziele verfolgt werden (vgl. Büschken 2003, S. 4): Es sollen potentielle Wettbewerber davon abgehalten werden, an einer ähnlichen Problemlösung zu arbeiten. Die Aufnahmebereitschaft der Nachfrager soll für neue Produkte im Vorfeld positiv beeinflusst werden. Vorankündigungen können aber auch aufschiebende Wirkungen auf Kaufentscheidungen und Ausstrahlungseffekte auf den Absatz anderer Vorankündigungen <?page no="141"?> 141 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Produkte haben, die die Unternehmung anbietet. Diese Effekte hängen davon ab, ob zwischen Produkten independente, substitutive oder komplementäre Beziehungen bestehen. Im zuerst genannten Fall ist kein Nachfragerverbund gegeben, und es kann folglich von einer neutralen Wirkung ausgegangen werden. Absatzfördernde Wirkungen sind nur über einen allgemeinen Imageeffekt möglich. Bei substitutiven Beziehungen ist eine Unterscheidung der beiden folgenden Situationen hilfreich: Ist die Vorankündigungsphase relativ kurz, dann ist tendenziell mit negativen Wirkungen, d. h. mit absatzhemmenden Einflüssen zu rechnen, weil das neue Produkt als unmittelbares Substitut gesehen wird (Kannibalisierung). Bei einer relativ langen Vorankündigungsphase steht das neue Produkt nicht als reale Alternative kurzfristig zur Verfügung, so dass sich keine generellen Aussagen über die Wirkungen formulieren lassen. Liegt eine komplementäre Beziehung vor, dann kann tendenziell von einem positiven Effekt ausgegangen werden, etwa durch die Verhinderung der Abwanderung zur Konkurrenz. Aus der Sicht der Unternehmung geht eine Vorankündigung mit den Vorteilen einer Diffusionsbeeinflussung, einer Marktvorbereitung, einer informationsbeschaffenden sowie flexibilitätserhöhenden Wirkung einher, während als Nachteile die Kannibalisierung und ein eventueller Goodwill-Verlust ( s iehe Glossar) zu nennen sind. Im Rahmen der Vorankündigung stellt sich damit das folgende Entscheidungsproblem: Eine Vorankündigung und eine damit verbundene Kannibalisierung ist dann vorteilhaft, wenn die zukünftigen zusätzlichen Gewinne aus einem späteren Markteintritt der Leapfrogger (Nachfrager, die ihre Kaufentscheidung zugunsten eines zu einem späteren Zeitpunkt einzuführenden Produktes aufschieben) die Verluste, die mit einem temporären Marktaustritt verbunden sind, überkompensieren. Ist dies nicht gegeben, dann ist eine spätere Vorankündigung vorteilhafter. Ein weiteres zentrales Problemfeld stellen die bereits im Markt etablierten Produkte dar, d. h., es geht um das Produktprogramm als die Gesamtheit der zu einem bestimmten Zeitpunkt seitens der Unternehmung angebotenen Produkte. Hierbei stellen sich der Unternehmung zunächst die beiden folgenden strukturellen Entscheidungen: Mit der Programmbreite wird die Anzahl der unterschiedlichen Produkte oder Produktgruppen (Produkte, die eine Ähnlichkeit aufweisen, werden auch als Produktlinie bezeichnet) erfasst. Die Programmtiefe erfasst die Anzahl der Produkte innerhalb einer Produktgruppe. Damit wird festgelegt, welche Auswahlmöglichkeiten dem Nachfrager innerhalb einer Produktgruppe geboten werden. Leapfrogger Produktprogramm <?page no="142"?> 142 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Im Rahmen der Programmentscheidung sind ferner die Optionen Produktvariation, Produktdifferenzierung, Produkteliminierung und Diversifikation zu unterscheiden. Von einer Produktvariation wird dann gesprochen, wenn eine oder mehrere Eigenschaften eines Produktes verändert werden (z. B. funktionale Eigenschaften, Design, Farbe), ohne dabei die Basisfunktionen des Produktes zu verändern. Ergebnis einer Produktvariation ist dann ein verändertes Produkt, das aus der Weiterentwicklung eines vorhandenen Produktes entsteht und dieses ersetzt. Ziel ist dabei die Verbesserung eines Produktes, um so etwa geänderten Kundenpräferenzen oder einem veränderten Angebot der Wettbewerber zu entsprechen. Bei der Produktdifferenzierung, die im Einzelfall nur schwierig von der Produktinnovation abzugrenzen ist (z. B. bei Verbesserungsinnovationen), werden eine oder mehrere Komponenten eines Produktes so verändert, dass unterschiedliche Bedürfnisse einzelner Kundengruppen gezielter befriedigt werden können. Eine Möglichkeit hierzu bietet das sogenannte Baukastensystem, bei dem durch verschiedenartige Zusammensetzungen standardisierter Teile unterschiedliche Endprodukte entstehen. Ein Baukastensystem besteht somit aus einem Repertoire standardisierter Elemente. Aus der Vielzahl der Erscheinungsformen der Produktdifferenzierung sei im Folgenden auf die leistungsadditive Produktdifferenzierung eingegangen. Charakteristisch für diese Form ist die Zusammenfassung selbständiger und / oder unselbständiger Komponenten zu einem Produktbündel. Es liegt damit ein Absatzverbund vor, mit dessen Hilfe die Unter- Programmbreite ( vgl. H omburg / K rohmer 20 0 3, S. 50 7) Tab. 15 | Programmtiefe Papiertaschentücher M arke G : � E x tra soft � Sommerd uft K üchenrolle M arke H : � Stand ard � E x tra saugfähig H y gienepapier M arke I : � ohne Duftstoffe � mit Duftstoffen O berflächenreiniger M arke J : � mit Z itronend uft � mit Schnelltrockeneffekt G lasreiniger M arke K : � mit F ettlö ser � B ioq ualität F leckenentferner M arke L : � F ett und Ö l � O bst und R otwein � K affee und T ee Programmbreite Papierprod ukte R einigungsmittel Produktvariation Produktdifferenzierung Baukastensystem Produktbündel <?page no="143"?> 143 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n nehmung versucht, für sich einen zusätzlichen akquisitorischen Vorteil zu realisieren. Durch diese Vorgehensweise kann eine Unternehmung ihr Differenzierungspotential erhöhen und sich damit die Möglichkeit zur Abkopplung von Preiswettbewerb zwischen den Anbietern eröffnen, da hierdurch den Nachfragern ein Preisvergleich erschwert wird. Aus wettbewerbsstrategischer Hinsicht ( s iehe Glossar) liegt damit eine Differenzierungsstrategie vor, d. h., die Unternehmung versucht mit Hilfe einer Leistungsdifferenzierung, Präferenzen bei den Nachfragern aufzubauen. Bei einer Produktelimination wird ein Produkt vom Markt genommen, weil es z. B. im Markt nicht mehr erfolgreich ist (z. B. gemessen am Deckungsbeitrag, Marktanteil). Die Zeitspanne, in der sich ein Produkt am Markt befindet, wird als Produktlebenszyklus bezeichnet. Dieser Lebenszyklus wird in Phasen unterteilt, wobei im Folgenden ein Fünfphasenmodell wiedergegeben wird: Die Einführungsphase beginnt mit der Markteinführung eines Produktes und endet mit dem Erreichen der Gewinnschwelle. Die Wachstumsphase zeichnet sich durch steigende Zuwachsraten aus, die auf eine erfolgreiche Marktdurchdringung zurückzuführen sind. In der Reifephase tritt eine Verlangsamung des Umsatzwachstums ein, die durch eine zunehmende Marktsättigung hervorgerufen wird. In der Sättigungsphase zeigt sich eine Umsatzstagnation. In der Degenerationsphase nimmt der Umsatz dann kontinuierlich ab. Vgl. Abbildung 56. Der Produktlebenszyklus gibt dann Hilfestellungen bei den folgenden Sachverhalten: Altersstruktur des Produktprogrammes, Informationen zu phasenspezifischen Entscheidungen: ● Einführungsphase: Wann soll ein Produkt in den Markt eingeführt werden? ● Wachstums- und Reifephase: Wie kann die angestrebte Marktposition erreicht, ausgebaut oder verteidigt werden? Degenerationsphase: Wann soll die Unternehmung das Produkt aus dem Markt nehmen? Unterstützung der Absatzprognose von Produkten. Für die Programmplanung resultieren dann daraus die folgenden Konsequenzen: Zur Erhaltung des Erfolgspotentials muss eine Unternehmung darauf achten, dass sich immer eine ausreichende Anzahl an Produkten in der Einführungs- und Wachstumsphase befindet. Damit eine Unternehmung die neuen Produkte auch finanzieren kann, muss sie darauf achten, dass sich immer eine ausreichende Anzahl an Produkten in der Reife- und Sättigungsphase befindet. Produktelimination Produktlebenszyklus Info <?page no="144"?> 144 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Bei einer Diversifikation nimmt die Unternehmung Produkte in ihr Programm auf, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem gegebenen Produktprogramm stehen. Differenzierend lassen sich dann die drei folgenden Erscheinungsformen unterscheiden: Bei einer horizontalen Diversifikation werden den bisherigen Kunden weitere Leistungen angeboten, oder es sollen neue Kunden erschlossen werden. Es liegt damit eine Programmerweiterung auf der gleichen Marktstufe vor (eine Tankstelle verkauft zusätzlich Backwaren). Von einer vertikalen Diversifikation wird dann gesprochen, wenn es sich um Produkte einer vor- oder nachgelagerten Stufe der Wertschöpfungskette handelt. Eine Rückwärtsintegration bietet sich an, wenn die Lieferanten nicht in der Lage sind, die gewünschten Teile oder Rohstoffe in der gewünschten Qualität, Quantität und zur gewünschten Zeit zuverlässig zu liefern (ein Hosenproduzent steigt in die Tuchproduktion ein). Einführungsphase Wachstumsphase Reifephase Sättigungsphase Degenerationsphase δ δ U (t) G (t) U (t) Phasenbeginn Phasenende Markteinführung im Zeitpunkt t 0 Gewinnschwelle Wendepunkt Gewinnschwelle Wendepunkt der Funktion oder Gewinnmaximum Differenz von Umsatzmaximum und realem Umsatz darf einen vorgegebenen Wert δ nicht überschreiten: U Max - U real ≤ δ Bis zur Eliminierung des Produktes t W 2 W 1 t 0 U Max - U real ≤ δ U Max - U real ≥ δ Abb 56 | Produktlebenszyklus Diversifikation <?page no="145"?> 145 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Bei einer lateralen (oder konglomeraten) Diversifikation tritt die Unternehmung in ein neues Produkt-Markt-Feld ein. Da es keinen sachlichen Zusammenhang zwischen den Geschäftsbereichen gibt, liegen dieser Form primär finanzwirtschaftliche und risikopolitische Überlegungen zugrunde (ein Lebensmittelproduzent ist auch im Schiffsbau tätig; es entstehen sogenannte Mischkonzerne). Ein weiteres Problemfeld der Produktpolitik ist das Markenmanagement. Generell sollen Marken dem Nachfrager eine Orientierung im Rahmen seiner Kaufentscheidungen ( s iehe Glossar) geben. Die Marke „… ist eine Art Abkürzung für eine Menge von Attributen und Eigenschaften, die die Kaufentscheidung des Kunden maßgeblich beeinflussen können.“ (Meyer / Davidson 2001, S. 436). Bei einer Marke kann es sich um einen Namen, ein Zeichen, einen Ausdruck, ein Symbol oder auch eine Kombination dieser Elemente handeln. Als zentrale Merkmale der Marken sind zu nennen: die einheitliche Markierung und die dauerhaft gleichbleibende (oder verbesserte) Qualität (Qualitätsversprechen). Teilweise wird auch von sogenannten „starken Marken“ gesprochen. Diese müssen dann zusätzlich die folgenden Kriterien erfüllen (vgl. Meyer / Davidson 2001, S. 437): hoher Bekanntheitsgrad der Marke; eindeutige positive Assoziation mit der Marke (Kunden, Mitarbeiter etc.); hohe Verfügbarkeit (Erhältlichkeit); kontinuierliche Angebotsverbesserung. Letztlich entsteht eine Marke im Kopf des Kunden. Marken vermitteln darüber hinaus auch emotionale Erlebnisse. Gerade bei aus funktionaler Sicht gleichwertigen Gütern können sie einen emotionalen / sozialen Zusatznutzen bewirken. So werden etwa mit Marken die Bedürfnisse nach Gruppenzugehörigkeit und Selbstdarstellung befriedigt. Der Konsument möchte z. B. durch den Kauf von Luxusmarken (z. B. Gucci, Prada) seinem sozialen Umsystem einen hohen sozialen Status signalisieren. Bereits im Jahr 1949 hat J. S. Duesenberry die These aufgestellt, dass der Konsum eines Wirtschaftssubjektes nicht nur an den eigenen „Möglichkeiten“ ausgerichtet sei, sondern an dem Konsum der Bezieher höherer Einkommen, deren „Vorbild“ er nacheifern möchte (vgl. hierzu auch den „Snob-Effekt“ und den „Veblen-Effekt“ (Prestige-Effekt) ( s iehe Glossar). Bei den Marken sind die folgenden Erscheinungsformen zu unterscheiden (vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 526 ff.; Sabel / Weiser 1995, S. 148 ff.): Dachmarke: Alle Produkte einer Unternehmung werden unter einer Marke angeboten (z. B. Siemens, Bosch, Miele). Markenmanagement Marken Erscheinungsformen <?page no="146"?> 146 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Einzelmarken: Sie sind mit einem Produkt verbunden (z. B. Mon Chérie, After Eight). Markenfamilien: Sie entstehen durch die Erweiterung einzelner Produkte zu sogenannten Produktfamilien (z. B. Nivea wurde zunächst als Allzweckcreme 1911 im Markt eingeführt, um sich dann zu einer Markenfamilie mit unterschiedlichen Unterlinien (z. B. Nivea for Men, Nivea Hair Styling, Nivea Baby, Nivea Sun etc.) zu entwickeln). Preispolitik Als zweite Komponente des Marketing-Mix ist die Preispolitik zu nennen. Die Preispolitik umfasst die folgenden sechs Entscheidungsfelder: Preisbestimmung für neue Produkte, Preisbestimmung für das Produktprogramm, Preisänderungen für Produkte, Preisdifferenzierung, Gestaltung des Rabatt- und Bonussystems und Durchsetzung der Preise (vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 551 ff.). Im Rahmen der Preisbestimmung für neue Produkte ist zwischen Skimming- und Penetrationsstrategie zu unterscheiden. Ziel einer Skimmingstrategie ist es, die vorhandene Zahlungsbereitschaft der Nachfrager abzuschöpfen, d. h., in der Markteinführungsphase wird das Gut zu einem vergleichsweise hohen Preis angeboten. Im weiteren Verlauf des Produktlebenszyklus und bei zunehmendem Wettbewerb wird der Preis dann sukzessive gesenkt. Demgegenüber wird mit einer Penetrationsstrategie das Ziel verfolgt, mit einem vergleichsweise niedrigen Preis in der Markteinführung eine schnelle Diffusion des Produktes im Markt zu erreichen und Marktanteile zu erzielen. Eine Skimmingstrategie bietet sich etwa dann an, wenn eine Unternehmung ein Produkt mit hohem Innovationsgrad auf den Markt bringt und sich dieses Produkt dadurch von den am Markt angebotenen Produkten deutlich unterscheidet. Vor diesem Hintergrund wird es möglich, dass die Unternehmung eine temporäre monopolähnliche Situation erlangt und damit vorübergehend hohe Gewinne zu realisieren vermag. Dabei wird eine schnelle Amortisation der Investitionen in die Neuproduktentwicklung ermöglicht (z. B. pharmazeutische Produkte mit neuen oder verbesserten Wirkstoffen). Eine Penetrationsstrategie bietet sich hingegen dann an, wenn die Unternehmung auf volumenbedingte Kostenvorteile (Erfahrungskurveneffekt) abzielt. Bei der Preisbestimmung für das Produktprogramm werden die Produkte nicht einzeln, sondern im Verbund betrachtet. Hierbei seien zwei Probleme angesprochen: die Preispositionierung einzelner Produktgruppen / -familien und die Produktbündelung. Bei der Preispositionierung von Produktgruppen werden Cluster gebildet wie etwa Premiumklasse, Mittelklasse und Niedrigpreisklasse. Zwischen 3.1.3.2 | Skimmingstrategie Penetrationsstrategie Preispositionierung <?page no="147"?> 147 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n diesen Klassen müssen Preis und Leistung entsprechende Abstände aufweisen, damit der potentielle Nachfrager die unterschiedlichen Positionierungen auch wahrnimmt. Ein Beispiel hierfür wären etwa die Cluster „Kleinwagen“, „Mittelklassewagen“ und „Oberklassewagen“. Bei einer Produktbündelung werden mehrere Produkte zu einem gemeinsamen Preis, dem sogenannten Bündelpreis, angeboten, wobei dieser i. d. R. niedriger ist als die Summe der Einzelpreise. Eine solche Bündelung kann für den Anbieter im Vergleich zu einer Einzelveräußerung mit einer Erlössteigerung einhergehen. Dies ist dann der Fall, wenn die Nachfragen negativ korreliert sind. Ziel einer solchen Bündelung ist es, die Konsumentenrenten ( s iehe Glossar) abzuschöpfen. In einer differenzierteren Betrachtung ist zwischen reiner Bündelung (Pur bundling) und gemischter Bündelung (Mixed bundling) zu unterscheiden. Während bei einer reinen Bündelung nur das gesamte Leistungsbündel zu einem einheitlichen Preis erworben werden kann, sind bei der gemischten Bündelung die Komponenten des Bündels auch einzeln erhältlich. Eine Theorie, auf deren Grundlage Aussagen über die Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Bündelungsformen möglich ist, existiert nur in Ansätzen, so dass letztlich konkrete Aussagen zur Vorteilhaftigkeit, bei der die Einzelpreisstellung i. d. R. als Referenzpunkt dient, nur im konkreten Einzelfall möglich sind (vgl. Roth 2005, S. 264). Als spezielle Bündelungsformen seien die Kopplungsverkäufe und die Bündelung von Zusatzleistungen genannt (vgl. Priemer 2000, S. 42 ff.). Bei einem Kopplungsverkauf wird eine Hauptleistung durch eine oder mehrere Nebenleistungen durch den Anbieter ergänzt. Bei der Bündelung von Zusatzleistungen bildet die Hauptleistung zwar ebenfalls den Bezugspunkt, jedoch muss der Nachfrager die Zusatzleistung nicht zwangsläufig vom selben Anbieter beziehen. Durch den bei der Bündelung gebildeten Kombinationspreis bietet sich dem Anbieter die Möglichkeit, ein Abkoppeln vom Preiswettbewerb zwischen den Anbietern zu erreichen und einen Preiswettbewerb damit zu erschweren. Hierdurch eröffnet sich ein preispolitischer Handlungsspielraum für den Anbieter. In einer dynamischen Betrachtung unterliegen Preise, etwa durch veränderte Marktverhältnisse, Veränderungen. Ein ex-ante-Instrument zur Bewertung der Preisänderungen ist die Elastizität. Sie gibt die Wirkung einer unabhängigen (z. B. Preis) auf eine abhängige Variable (z. B. Menge) an. Dabei interessieren nicht die absoluten, sondern die relativen Änderungen: Elastizität = relative Änderung einer abhängigen Variablen _________ relative Änderung einer unabhängigen Variablen Diese allgemeine Beschreibung des Elastizitätsbegriffs ist in Abhängigkeit von der konkreten Fragestellung zu spezifizieren. Im vorliegenden Kontext interessiert die Preiselastizität der Nachfrage e , d. h., der Preis (p) ist Produktbündelung reine Bündelung gemischte Bündelung Kopplungsverkauf Elastizität Preiselastizität der Nachfrage <?page no="148"?> 148 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G die unabhängige, und die nachgefragte Menge (x) die abhängige Variable. Damit gilt: e (p) = d x (p) _ x _ d p _ p = d x p _ d p · p _ x Wird unterstellt, dass die nachgefragte Menge mit steigendem Preis sinkt, dann weist die Elastizität einen negativen Wert auf. Die Elastizität, als eine dimensionslose Größe, lässt sich wie folgt spezifizieren: e > 1 ⇒ es liegt eine preiselastische Nachfrage vor; e < 1 ⇒ es liegt eine preisunelastische Nachfrage vor; e = 0 ⇒ es liegt eine starre Nachfrage vor; e = ∞ ⇒ die Nachfrage ist vollkommen preiselastisch. Unter zeitlichen Gesichtspunkten kann zwischen temporären und dauerhaften Preisänderungen unterschieden werden. Bei dauerhaften Preisänderungen handelt es sich häufig um eine generelle preisliche Neuorientierung eines Produktes oder einer Produktfamilie. Demgegenüber finden temporäre Preisänderungen ihren Niederschlag in Sonderpreisaktionen (z. B. wöchentlich wechselnde Sonderpreisaktionen im Lebensmitteleinzelhandel). Streng genommen stellen sie eine zeitliche Preisdifferenzierung dar. Eine preispolitische Maßnahme, die in der Praxis häufig zur Glättung des Nachfrageanfalls zum Einsatz gelangt, ist die Preisdifferenzierung (vgl. Faßnacht 1996, S. 13 ff.). Eine Preisdifferenzierung liegt dann vor, wenn der Anbieter für das gleiche Produkt unterschiedliche Preisforderungen erhebt, wobei zwischen persönlicher, räumlicher, zeitlicher, leistungs- oder mengenbezogener Differenzierung zu unterscheiden ist (vgl. Simon / Faßnacht 2009, S. 251 ff.). Eine Preisdifferenzierung ist jedoch an die folgenden Voraussetzungen gebunden: Maximalpreise und Preiselastizitäten der Nachfrager müssen unterschiedlich sein. Für den Anbieter müssen sich mindestens zwei Segmente bilden lassen, in die sich die Nachfrager unter preispolitischen Gesichtspunkten einordnen lassen, und die gebildeten Segmente müssen trennbar sein. Es muss ein unvollkommener Markt vorliegen, da es nur dann für den Anbieter möglich ist, Konsumentenrenten abzuschöpfen. Von einer personenbezogenen Preisdifferenzierung wird dann gesprochen, wenn ein Anbieter eine Leistung, die hinsichtlich räumlicher, zeitlicher, leistungs- und mengenbezogener Dimension identisch ist, an unterschiedliche Nachfrager auf der Basis eines personenbezogenen Segmentierungskriteriums (z. B. Geschlecht, Alter) zu unterschiedlichen Preisen veräußert (z. B. Ermäßigung für Kinder und Rentner bei der Inanspruchnahme von Preisänderungen Preisdifferenzierung personenbezogene Preisdifferenzierung <?page no="149"?> 149 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Beförderungsleistungen oder Eintrittskarten in Kino und Theater; Versicherungen für ausgewählte Berufsgruppen). Bei einer räumlichen Preisdifferenzierung werden Produkte auf geografisch unterschiedlichen Märkten zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Hinsichtlich der zeitlichen, leistungs- und mengenmäßigen Dimension sind die Leistungen jedoch identisch ( z. B. unterschiedliche Kilometerpreise der Deutschen Bahn, die eine Zeit lang zwischen alten und neuen Bundesländern um 10 % differierten). Bei einer zeitlichen Preisdifferenzierung fordert der Anbieter für eine sonst gleiche Leistung in Abhängigkeit von der Lage der Nutzungszeit unterschiedliche Preise (z. B. unterschiedliche Preise für Greenfees auf dem Golfplatz an Wochentagen und am Wochenende; die Touristikbranche fordert unterschiedliche Preise für Vor-, Haupt- und Nachsaison). Von einer leistungsbezogenen Preisdifferenzierung wird dann gesprochen, wenn die Produkte zwar in räumlicher, zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht identisch sind, sich jedoch durch einzelne Leistungsmerkmale unterscheiden und deshalb unterschiedliche Preise gefordert werden (z. B. unterschiedliche Zimmerpreise für Standard- und Komfortzimmer). Eine mengenmäßige Preisdifferenzierung ist dann gegeben, wenn der durchschnittliche Preis eines Produktes, das hinsichtlich räumlicher, zeitlicher und leistungsbezogener Dimension identisch ist, in Abhängigkeit von der Abnahmemenge variiert. Mit dieser Form der Preisdifferenzierung gelangt ein zweites Element der Preispolitik ins Zentrum der Überlegungen, das sogenannte Rabatt- und Bonussystem (Konditionenpolitik; sie umfasst zusätzlich die Bedingungen im Streitfall). Hiermit werden primär die Bedingungen der Leistungsabgabe und -annahme und die Zahlungsbedingungen (Vorauszahlungen, Rabatte und Boni) angesprochen. Aufgrund der individuellen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Konditionen ist hierin ein sehr flexibel handhabbares Instrument zu sehen. Damit verbunden ist gleichzeitig eine zunehmende Intransparenz der Preisgestaltung, da den Nachfragern hierdurch Preisvergleiche erschwert werden. Besonders anschaulich wird dies, wenn die in der Praxis auftretenden Rabattarten, die nur eine Komponente der Konditionen darstellen, berücksichtigt werden. Es lassen sich etwa die folgenden Erscheinungsformen nennen: Listenrabatt, Funktionsrabatt, Mengenrabatt, Zeitrabatt, Sortimentsrabatt, Gesamtumsatzrabatt, Treuerabatt und Sonderrabatt. Kommunikationspolitik Die Kommunikationspolitik stellt ein weiteres Instrument des Marketing- Mix dar (vgl. z. B. Sander 2004, S. 522 ff.). Unter Kommunikation wird allgeräumliche Preisdifferenzierung zeitliche Preisdifferenzierung leistungsbezogene Preisdifferenzierung mengenmäßige Preisdifferenzierung Kommunikationspolitik | 3.1.3.3 <?page no="150"?> 150 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G mein der Austausch von Informationen zwischen Sender und Empfänger verstanden. Ziel der Kommunikationspolitik ist die aktive Gestaltung der auf die Märkte (die weiteren Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf Absatzmärkte) gerichteten Informationen über den Anbieter und die abzusetzenden Produkte. Um die Kommunikationspolitik effizient zu gestalten, ist zunächst eine Zielgruppenbestimmung durchzuführen, d. h., es ist eine Marktsegmentierung vorzunehmen, die auf der Grundlage demografischer, sozioökonomischer, psychografischer, verhaltensorientierter und nutzenorientierter Kriterien erfolgen kann (zu unterschiedlichen Vorgehensweisen vgl. den Überblick bei Homburg / Krohmer 2003, S. 319 ff.). Nach Festlegung der Zielgruppen ist eine Mediaplanung durchzuführen, wobei es vor allem darum geht, welche Kommunikationsmedien zum Einsatz gelangen sollen. Bei den Kommunikationsmedien sind zu nennen: Publikumszeitschriften, Tageszeitungen, Fernsehen, Hörfunk, Kino, Plakat, Internet, SMS / MMS-Werbung. Im Rahmen der Frage, welche Medien zum Einsatz gelangen sollen, wird insbesondere auf die Reichweite eines Mediums als Bewertungskriterium zurückgegriffen, d. h., es geht um die Anzahl der erzielten Kontakte. Bei den Reichweiten wird dabei unterschieden zwischen Netto- und Bruttoreichweite. Bei der Nettoreichweite geht es um die Personenanzahl, die durch eine Kommunikationsmaßnahme tatsächlich erreicht wird, wobei die Frage, wie häufig eine Person erreicht wird, keine Berücksichtigung erfährt. Demgegenüber werden bei der Bruttoreichweite alle Kontakte erfasst, d. h., auch die Mehrfachkontakte werden gezählt (vgl. Meyer / Davidson 2001, S. 591). Die Kommunikationsinstrumente lassen sich nicht trennscharf voneinander abgrenzen. Beispielhaft seien genannt: klassische Mediawerbung, Werbung mit neuen Medien, Verkaufsförderung, Public Relations, Messen und Events, Sponsoring und Direktmarketing (vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 649 ff.). Bei der klassischen Mediawerbung erfolgt die Kommunikation mittels Fernsehen, Hörfunk und gedruckten Medien (Zeitungen, Anzeigenblätter etc.). Unter neuen Medien werden diejenigen Medien zusammengefasst, die computergestützt sind (z. B. Websites, Banner-Werbung, E-Mails). Bei der Verkaufsförderung handelt es sich um temporäre Aktivitäten zur Unterstützung anderer Marketingmaßnahmen, um den Absatz der Händler zu fördern (z. B. Prämien, Beigaben). Mit Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) wird die Gestaltung der Beziehungen zwischen der Unternehmung und den relevanten Anspruchsgruppen (z. B. Konsumenten, Lieferanten, Behörden, Verbraucherorganisationen, Umweltorganisationen) verstanden. Public Relations hat dabei einerseits eine Informationsfunktion, und anderseits zielt es auf die Marktsegmentierung Kommunikationsmedien klassische Mediawerbung Public Relations <?page no="151"?> 151 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Imagepflege und Kontaktpflege mit den relevanten Bezugsgruppen ab. Im Rahmen von Messen (Ausstellungen) und Events steht die persönliche Kommunikation im Zentrum. Bei Messen handelt es sich um zeitlich und örtlich festgelegte Veranstaltungen und sie weisen i. d. R. entsprechende Schwerpunkte auf (z. B. Internationale Automobilausstellung, Buchmesse, Internationale Funkausstellung). Bei Events handelt es sich um zielgruppenspezifische Veranstaltungen, die häufig von einer Unternehmung durchgeführt werden (z. B. Einladung ausgewählter Kunden zur Präsentation der neuen Modekollektion). Unter Sponsoring wird i. d. R. eine finanzielle Unterstützung von Personen oder Organisationen verstanden, wobei sich der Sponsor eine kommunikative Wirkung erhofft (Kultur-, Sport-, Umweltsponsoring etc.). Beim Direktmarketing handelt es sich um eine personifizierte Ansprache (z. B. adressierte postalische Werbesendungen) der Umworbenen, die durch ausgewählte Merkmale definiert werden (Individualkommunikation). Ziel kann dabei einerseits die Gewinnung von Neukunden und anderseits die Kontaktintensivierung mit vorhandenen Kunden sein. Distributionspolitik Als letztes Element des Marketing-Mix ist die Distributionspolitik (Vertriebspolitik) zu nennen. Aufgabe der Vertriebs- oder Distributionspolitik ist die Bereitstellung der Absatzleistung am Markt, d. h., es geht um die Frage, wie die Produkte zum Kunden gelangen. Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich auf die Gestaltung des Vertriebssystems (zu weiteren Entscheidungsfeldern vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 702 ff.; Sander 2004, S. 647 ff.). Das Vertriebssystem ist die institutionelle und strukturelle Grundlage der Vertriebspolitik. Zentrale Elemente des Vertriebssystems bilden die Vertriebsorgane, worunter sämtliche (unternehmungsinterne und -externe) Personen und Organisationen zu verstehen sind, die die Vertriebsaktivitäten einer Unternehmung durchführen und / oder unterstützen (Vertriebsabteilung, Groß- und Einzelhandel etc.). Aus der Vielzahl der Vertriebsorgane seien im Folgenden einige ausgewählte Erscheinungsformen vorgestellt: Vertragshändler, Franchising, Makler und Absatzmittler. Vertragshändler sind rechtlich selbständige Organisationen, die jedoch vertraglich an den Hersteller gebunden und für diesen i. d. R. exklusiv tätig sind. Beispiele für derartige Vertragshändlersysteme finden sich z. B. in der Automobilbranche, im Mineralölvertrieb (Tankstellen) oder in der Kosmetikbranche. Während der Vertragshändler für die Geschäftsräu- Direktmarketing Distributionspolitik Vertriebsorgane Vertragshändler | 3.1.3.4 <?page no="152"?> 152 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G me (für die der Hersteller auch differenzierte Anforderungen definieren kann) und das Personal zuständig ist, obliegt dem Hersteller die Werbung für die Produkte. Darüber hinaus unterstützen sie teilweise das Personal der Händler durch Mitarbeiterschulungen oder den Händler im Rahmen der Finanzierung. Das Franchisesystem stellt eine langfristig vertraglich angelegte Kooperation rechtlich selbständiger Unternehmungen dar. Es handelt sich dabei um ein vertikal-kooperatives Absatzsystem, bei dem der Franchisegeber dem Franchisenehmer gegen Entgelt das Recht einräumt und die Pflichten auferlegt, ein spezifiziertes Systempaket unter Verwendung des Namens, des Markenzeichens, der Ausstattung und eventuell weiterer Schutzrechte sowie technischer und gewerblicher Kenntnisse des Franchisegebers unter Berücksichtigung des von diesem entwickelten Absatz- und Organisationssystems auf eigene Rechnung an Dritte abzusetzen. Als wesentliche Merkmale des Franchising sind dann zu nennen: Gewährung eines Nutzungsrechtes, einheitliches Erscheinungsbild, laufende technische und wirtschaftliche Unterstützung des Franchisenehmers durch den -geber, Kontrollrecht des Franchisegebers, der Franchisenehmer bezahlt ein Entgelt und bezieht Güter, und der Franchisenehmer verkauft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Franchising als Vertriebsform findet sich in den unterschiedlichsten Branchen wie etwa in der Getränkeindustrie, Gastronomie, Hotellerie und im Handel. Beispiele sind Foto Quelle, TUI / First, SUNPOINT, Minit, OBI, Avis Rent a Car, Essanelle. Makler sind unabhängige Handelsmittler, die die Kunden beraten und ihnen Leistungen unterschiedlicher Hersteller / Anbieter offerieren (vgl. § 93 (1) HGB). Er vermittelt Verträge zwischen Anbieter und Kunden in fremdem Namen auf eigene Rechnung. Bei den Absatzmittlern handelt es sich um Handelsunternehmungen, die am Markt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung auftreten. Es handelt sich folglich um Unternehmungen, die Güter beschaffen und diese dann (ohne zu be- oder verarbeiten) weiterveräußern. In Abhängigkeit der Kunden (Art der Abnehmer), die durch die Handelsunternehmung bedient werden, ist zwischen Groß- und Einzelhandel zu unterscheiden. Großhandelsunternehmungen sind gewerbliche Nachfrager, die die beschafften Güter an Wiederverkäufer (Einzelhändler) oder behördliche Großverbraucher veräußern. Dabei geht es um den „Handel im Großen“ (Kriterium ist damit das Volumen) oder um „Masseneinkauf und -verkauf“ (vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 34). Eine für die Praxis bedeutende Erschei- Franchisesystem Makler Absatzmittler <?page no="153"?> 153 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n nungsform des Großhandels ist der Produktionsverbindungshandel. Dies sind Unternehmungen, die Güter beschaffen, um diese an Unternehmungen zu veräußern, die diese Güter wiederum in Produktionsprozessen einsetzen, um Güter für die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen. Demgegenüber verkaufen Einzelhändler ihre beschafften Güter an private Nachfrager, auch Endverbraucher genannt (vgl. Müller-Hagedorn 1998, S. 41 ff.). Durch Auswahl und Kombination der Vertriebsorgane entstehen die sogenannten Vertriebswege, wobei zwischen direkten und indirekten Formen unterschieden wird. Während bei einem indirekten Vertriebsweg unternehmungsexterne Vertriebsorgane die Vermarktung der Produkte übernehmen, übernimmt der Produzent beim direkten Vertrieb diese Aufgabe selbst. Ob eine Unternehmung einen direkten oder indirekten Vertriebsweg realisiert, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Ein erster Einflussfaktor ist die Bedarfskonzentration oder die Anzahl der zu beliefernden Kunden. Liegt eine hohe Bedarfskonzentration vor, d. h., es handelt sich um eine relativ geringe Kundenanzahl, dann ist i. d. R. ein direkter Vertriebsweg effizient. Liegt demgegenüber eine hohe Kundenanzahl vor, d. h., es ist eine geringe Bedarfskonzentration gegeben, dann hat tendenziell ein indirekter Vertriebsweg Vorteile. Handelt es sich um Güter des täglichen Bedarfs, die die Konsumenten i. d. R. im Verbund (Nachfrageverbund) einkaufen, dann wird die Sortimentsbildungsfunktion des Handels relevant, weil dieser Produkte unterschiedlicher Anbieter bündelt. Ein weiteres Kriterium ist der Wert des Produktes. Indirekte Vertriebswege bieten sich dann bei Produkten mit niedrigem monetären Wert an, weil die Transaktionskosten für den Direktvertrieb im Vergleich zum Wert des Produktes zu hoch sind. Ein genereller Vorteil der direkten Vertriebswege ist hingegen darin zu sehen, dass ein Anbieter gute Beziehungen zu seinen Kunden aufbauen kann und hierdurch eine Kundenloyalität entsteht, die sich dann in einer verringerten Wechselbereitschaft niederschlagen kann. Sie ist die Grundlage für eine Kundenbindung, die zu sogenannten Langzeitkunden führt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrung von Bedeutung, dass langfristige Kundenbeziehungen profitabler sind als die Neukundenakquisition. Diese Profitabilität wird dabei mit dem Wegfall der Akquisitionskosten (zufriedenere Kunden sind weniger anfällig für Akquisitionsbemühungen der Wettbewerber), den Gewinnen aus dem Absatz höherwertiger und zusätzlicher Produkte (Cross-Selling-Potential), einer erhöhten Preistoleranz (Verringerung der Preiselastizität) und einer tendenziell kostenlosen Gewinnung neuer Kunden durch Empfehlungen der Langzeitkunden (positive Mundpropaganda) Vertriebswege Sortimentsbildungsfunktion Kundenbindung <?page no="154"?> 154 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G begründet (vgl. Diller 1995, S. 16 ff.; Fischer / Hermann / Huber 2001, S. 1181; Homburg / Faßnacht 2001, S. 451; Krafft 1999, S. 519). Darüber hinaus sind die Kontrollmöglichkeiten beim direkten Vertrieb für den Hersteller günstiger, weil er neben den Preisen und Rabatten / Boni den Markenauftritt der Produkte besser beeinflussen kann (vgl. Homburg / Krohmer 2003, S. 711). Ein weiterer Aspekt ist die Erfassung kundenbezogener Informationen, die im direkten Vertrieb grundsätzlich einfacher ist als beim indirekten Vertrieb. Durch die zunehmende Bedeutung des Produktvertriebs mit Hilfe des Internets ist gerade bei digitalisierten Produkten wie Musikprodukten, Filmen, Software etc. der Direktvertrieb attraktiver geworden, weil bei diesen Produktkategorien die Transaktionskosten keine relevanten Größen mehr darstellen. Ein weiteres Problemfeld der Vertriebspolitik ist die Vertriebslogistik. Unter Logistik ist, wie betont, eine Querschnittsfunktion zu verstehen, der die Aufgabe obliegt, den Objekt- und den dazugehörigen Informationsfluss innerhalb einer Unternehmung und unternehmungsübergreifend zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Darauf auf bauend umfasst die Vertriebslogistik die Tätigkeiten, die die Auslieferung der Erzeugnisse an die Kunden planen, steuern und kontrollieren, d. h., insbesondere Lager- und Transportvorgänge. Zusätzlich ist die logistische Infrastruktur zu berücksichtigen, zu der etwa Lagerhäuser (z. B. Zentrallager, Regionallager, Auslieferungslager), Fahrzeuge und Computersysteme gehören. Abbildung 57 gibt eine Übersicht über unterschiedliche Distributionsstrukturen (vgl. Schulte 2005, S. 460). Im einfachsten Fall handelt es sich um eine einstufige Distribution mit einem Zentrallager, aus dem die Kunden beliefert werden. Werden zusätzlich Regionallager zur Versorgung der Abnehmer in einem definierten Einzugsbereich (zweistufiges System) und Auslieferungslager (dreistufiges System), um eine schnellere Auslieferung zu ermöglichen, eingerichtet, Vertriebslogistik E instufig A uslieferungslager R egionallager Z entrallager K und en Z weistufig Dreistufig Abb 57 | Distributionsstrukturen <?page no="155"?> 155 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n dann ergibt sich ein Geflecht von Transportbeziehungen. Bei mehrstufigen Systemen kann der von Forrester (1958) skizzierte Peitschenschlageffekt (bullwhip oder whipsaw effect) auftreten, mit dem der Sachverhalt erfasst wird, dass bei lokal begrenzten Informationen und lokalen Entscheidungen kleinere Schwankungen der Kundenbedarfe über mehrere Stufen zu immer größeren Streuungen der Bedarfsmengen führen, d. h., kleine Veränderungen der Endnachfrage verstärken sich in rückwärtiger Richtung: „Eine kleine Steigerung der Kundenachfrage führt zu einem überproportionalen und verzögerten Anstieg der Bestellmenge des Einzelhändlers. Diese höhere Nachfrage schaukelt sich entlang der Logistikkette weiter fort.“ (Zäpfel / Wasner 1999, S. 301 f.). Eine wesentliche Ursache hierfür ist in der mangelnden Koordination der Teilnehmer zu sehen. Beispiel Procter & Gamble: Die Logistikmanager dieser Unternehmung stellten fest, dass der Absatz des Produktes „Babywindeln“ auf der Stufe des Einzelhandels im Zeitablauf zwar schwankte, diese Schwankungen aber relativ gering waren. Die Schwankungen bei den Bestellmengen der Einzelhändler fielen ebenfalls noch relativ gering aus. Demgegenüber wiesen die Bestellungen der Großhändler beim Produzenten Procter & Gamble bereits große Schwankungen in demselben Zeitraum auf, und die vom Produzenten bei seinen Zulieferern bestellten Materialien, die für das Produkt „Babywindeln“ disponiert wurden, wiesen noch größere Schwankungen auf. Die Varianz der Nachfrage wurde somit von Stufe zu Stufe größer. Die spezifische Dynamik derartiger Ketten resultiert daraus, dass es sich bei den Stufen um rückgekoppelte Systeme mit zeitverzögerten Vorgängen handelt, die einerseits aus den Bedarfsmeldefristen und anderseits aus deren Umsetzung in Lieferungen sowie aus Transportzeiten resultieren. Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen (vgl. Abbildung 58). Aus dieser Abbildung geht hervor, dass sich die folgenden Zeitverzögerungen des jeweiligen Vorganges in Tagen ergeben: Für die Bedarfsmeldung von der Auslieferung beim Einzelhändler bis zum Eintreffen beim Großhändler 2 Tage und für die Belieferung 3 Tage. Die Dynamik resultiert daraus, dass sich Nachfrageänderungen rückwärts verstärken und Schwankungen auftreten, die als saisonale Ände- Peitschenschlageffekt Info G roß händ ler E inz elhänd ler L ieferung ( 3 T age) B estellung ( 2 T age) | Abb 58 Rückgekoppeltes System mit zwei Partnern <?page no="156"?> 156 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G rungen missverstanden werden können. Es zeigt sich damit die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abstimmung innerhalb der logistischen Kette. Als Ursachen für den Peitschenschlageffekt sind dann zu nennen: Die Teilnehmer orientieren sich nur an der Nachfrageprognose des bisherigen Bestellverhaltens ihres unmittelbaren Kunden. Die Bündelung der Bestellmengen der einzelnen Teilnehmer ist nicht für alle transparent. Überreaktionen bei den Bestellmengen bedingt durch ● Sonderangebote und die damit verbundenen Preisschwankungen (Preisfluktuationen) und ● erwartete Engpässe beim eigenen Lieferanten. Durch die separierte Vorgehensweise und die von der jeweiligen Vorstufe gelieferten Informationen wird deren Qualität für die nachfolgenden Stufen und die dort aufzustellenden Prognosen negativ beeinflusst. Ein gemeinsamer Datenbestand bildet damit eine wesentliche Voraussetzung für eine integrative Vorgehensweise. Die Installation eines entsprechenden Informations- und Kommunikations-(IuK-)Systems ist damit ein zentraler Ansatzpunkt zur Vermeidung dieses Peitschenschlageffektes. Hierdurch wird es möglich, die aktuelle Nachfrage der Endkunden aller Teilnehmer der Versorgungskette ohne zeitliche Verzögerung zur Verfügung zu stellen, wodurch eine schnelle Stabilisierung eintreten kann, und die Oszillationsneigung entsprechend abnimmt. Als weitere Ansatzpunkte sind zu nennen: Variabilitätsreduzierung, Reduzierung der Beschaffungszeiten und Zentralisierung der Bestellmengen. Eine Variabilitätsreduzierung zielt auf eine Verringerung der Nachfrageschwankungen und auf Bestellungen mit annähernd gleichen Abständen ab. Dies kann durch eine Preispolitik erreicht werden, die durch einen gleichbleibenden Preis gekennzeichnet ist und folglich keinen Anlass zu zusätzlichen Vorratskäufen auf den Stufen der Versorgungskette gibt. Eine Reduzierung der Beschaffungszeit kann sowohl durch eine schnellere Informationsübermittlung als auch durch einen schnelleren Güterfluss erreicht werden. Hierdurch lässt sich die Höhe der Sicherheitsbestände verringern, wodurch gleichzeitig eine Reduzierung der Nachfrageschwankungen der Teilnehmer in der Versorgungskette möglich wird. Durch die Zentralisierung der Bestellungen wird verhindert, dass den Entscheidungsträgern auf den einzelnen Stufen der Versorgungskette Fehler in der Interpretation der bestellten Mengen unterlaufen. Ein Grund hierfür ist darin zu sehen, dass bei den einzelnen Teilnehmern ein mangelndes Verständnis hinsichtlich der durch sie selbst verursachten Dynamik in der Kette vorliegt. Bei einer zentralisierten Steuerung der Lagermenge Variabilitätsreduzierung Reduzierung der Beschaffungszeit Zentralisierung der Bestellungen <?page no="157"?> 157 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n kann es auf keiner Stufe zu einem Engpass aufgrund zu niedriger Sicherheitsbestände kommen. Eine Ausnahme ist dann gegeben, wenn das zentral geplante System im Ganzen zu geringe Gütermengen anbietet. Bei den leistungswirtschaftlichen Grundfunktionen wurde zunächst der Beschaffungsprozess in einzelne Phasen zerlegt. Die in diesem Zusammenhang relevanten Instrumente, die im Rahmen der Bezugsquellen- und Bedarfsplanung zum Einsatz gelangen, wurden dann in ihren Grundzügen vorgestellt. Als zweite Grundfunktion wurde die Produktion thematisiert, wobei neben den Erscheinungsformen und Aufgabenbereichen eine kurze Einführung in die Produktions- und Kostentheorie gegeben wurde. Beim Marketing (Absatz) standen Fragen der Produkt-, Entgelt-(Preis-), Kommunikations- und Distributionspolitik im Zentrum des Interesses. 1 Grenzen Sie die Begriffe Beschaffung und Einkauf voneinander ab. 2 Welche Ziele verfolgt die Logistik? 3 Erklären Sie die ABC-Analyse. 4 Skizzieren Sie die Grundidee der Zentrenproduktion. 5 Beschreiben Sie unterschiedliche Faktoreinsatzbeziehungen. 6 Erklären Sie die Phasen des Ertragsgesetzes. 7 Beschreiben Sie die wesentlichen Unterschiede zwischen Ertragsgesetz und der Leontief-Produktionsfunktion. 8 Erklären Sie den Unterschied zwischen Produktvariation und Produktdifferenzierung. 9 Was verstehen Sie unter einer Marke? 10 Skizzieren Sie die unterschiedlichen Formen der Preisdifferenzierung. 11 Erklären Sie den Peitschenschlageffekt. L iteratur c orsteN / G össiNGer (2012); h oMburG / k rohMer (2003); M eyer / d avidsoN (2001); s iMoN / f aßNacht (2009). Z usammenfassung Fragen <?page no="158"?> 158 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Finanzierung Nach Abgrenzung des Finanzierungsbegriffes und der Darstellung unterschiedlicher Systematisierungsmöglichkeiten der Finanzierung werden ausgewählte Instrumente der Außen- und Innenfinanzierung vorgestellt. Die derivativen Finanzinstrumente schließen diesen Abschnitt ab. Finanzierungsbegriff Die Finanzierung umfasst in einem weiten Verständnis die Kapitalbeschaffung, Kapitalumschichtung, den Kapitalabfluss und die Kapitalfreisetzung (vgl. Abbildung 59). Die Kapitalbeschaffung dient der Versorgung der Unternehmung mit disponiblem Kapital, d. h., das Kapital steht für unternehmerische Entscheidungen zur Verfügung (vgl. Bieg / Kußmaul 2009, S. 11 ff.), und zwar zur Realisation der Leistungserstellung und -verwertung und zur Durchführung außerordentlicher finanzieller Vorgänge (z. B. Kapitalerhöhung, Fusion, Umwandlung, Sanierung). Als zweites Element ist die Kapitalumschichtung zu nennen, d. h., es geht um die Strukturierung des Kapitals. Teilweise wird auch von Umfinanzierung gesprochen. Dabei lassen sich die folgenden Formen unterscheiden (vgl. Hölscher 2010, S. 218): Prolongation, d. h., die Kapitalüberlassungszeit wird verlängert. Substitution, bei der eine Kapitalbeschaffungsquelle durch eine andere Quelle ersetzt wird (z. B. ein Kredit, der beim Kreditinstitut A ausläuft, wird bei Kreditinstitut B aufgenommen). Transformation, d. h., es erfolgt die Umwandlung einer Kapitalart in eine andere (z. B. Fremdkapital wird in Eigenkapital umgewandelt). 3.2 | Ü bersicht 3.2.1 | F inanz ierung v on auß en v on innen K apitalbeschaffung K apitalumschichtung ( V eränd erung d er K apitalstruktur) K apitalabfluss/ K apitalherab setz ung K apitalfreisetz ung ( E rhö hung, B eschleunigung d er F reisetz ung v on d isponiblem K apital d urch U mstrukturierung d es V ermö gens) Abb 59 | Elemente der Finanzierung (vgl. Vormbaum 1995, S. 29) Kapitalbeschaffung Kapitalumschichtung <?page no="159"?> 159 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Der Kapitalabf luss etwa in der Form von Kapitalentnahmen, Kredittilgungen, Gewinnausschüttungen ist ein weiteres Element des Finanzierungsbegriffs im weiten Sinne. Als letztes Element ist die Kapitalfreisetzung zu nennen. Bei einer Kapitalfreisetzung kommt es letztlich zu einer Wiederbeschaffung der in Sach- oder Finanzanlagen investierten liquiden Mittel. Eine solche Freisetzung schlägt sich in der Bilanz (vgl. Abschnitt 4.1.3) nieder, und zwar sowohl auf der Passiv- (Erfolgswirksamkeit) als auch auf der Aktivseite (Vermögensumschichtung). Es wäre jedoch eine zu enge Sichtweise, die Finanzierung nur vor dem Hintergrund monetärer Werte zu sehen, sondern es ist ferner die Einbringung von Sachgütern (Sacheinlagen), Wertpapieren oder Rechten (z. B. Patente) zum Finanzierungsbegriff hinzuzunehmen. Zentrale Aufgabe der Finanzierung ist es, die günstigste Finanzierungsform auszuwählen und die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zu vermeiden. Finanzierungsarten Auf der Grundlage des Kriteriums „Rechtsstellung der Kapitalgeber“ wird zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung unterschieden (vgl. Abbildung 60). Die Eigenfinanzierung betrifft das Eigenkapital einer Unternehmung. Sie resultiert entweder aus Einlagen der Eigner oder aus Unternehmungsgewinnen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Untergliederung der Eigenfinanzierung in Beteiligungsfinanzierung (auch Einlagenfinanzierung genannt) und Selbstfinanzierung (z. B. aus der Einbehaltung von Kapitalabfluss Kapitalfreisetzung | 3.2.2 F inanz ierung E igenfinanz ierung F remd finanz ierung B eteiligungsfinanz ierung Selbstfinanz ierung F inanz ierung aus R ückstellungen K red itfinanz ierung F inanz ierung d urch K apitalfreisetz ung | Abb 60 Finanzierungsarten auf der Grundlage der Rechtsstellung des Kapitalgebers Eigenfinanzierung <?page no="160"?> 160 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Gewinnen). Demgegenüber liegt bei einer Fremdfinanzierung eine Aufnahme von Fremdkapital vor, die sich weiterhin in die Erscheinungsformen Finanzierung aus Rückstellungen und Kreditfinanzierung unterteilen lässt. Rückstellungen, bei denen es sich um Passivposten handelt (vgl. Abschnitt 4.1.3), sind Aufwendungen, die erst in einer späteren Periode zu Auszahlungen (z. B. Steuerrückstellungen) oder Mindereinzahlungen (z. B. Kulanzrückstellungen) führen, die jedoch in ihrer Höhe und / oder ihrem genauen Fälligkeitstermin am Bilanzstichtag noch nicht feststehen (vgl. § 249 (1) 1 HGB: Es besteht eine Passivierungspflicht für Rückstellungen für „… ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.“). Die Finanzierung aus Kapitalfreisetzung lässt sich nicht eindeutig der Eigen- oder Fremdfinanzierung zuordnen, sondern sie kann sowohl eine Eigenals auch eine Fremdfinanzierung sein. Eine Kapitalfreisetzung kann aus Abschreibungen und aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen resultieren. Eine Zuordnung ist folglich davon abhängig, ob die entsprechenden Vermögensgegenstände mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wurden. Verfolgt eine Unternehmung das Ziel der Maximierung der Eigenkapitalrentabilität, dann stellt sich die Frage, ob ein vermehrter Fremdkapitaleinsatz zur Realisation dieser Zielsetzung vorteilhaft sein kann. Grundlage dieser Überlegung ist der sogenannte Leverage-Effekt (Hebelwirkung) des Fremdkapitals. Um dies zu verdeutlichen, seien zunächst die Eigen-(r EK ) und die Gesamtkapitalrentabilität (r GK ) definiert: r EK = G _ EK r GK = G + i FK · FK __ EK + FK mit: EK = Eigenkapital FK = Fremdkapital G = Gewinn i FK = Fremdkapitalzins Wird die Formel der Eigenkapitalrentabilität nach G aufgelöst und in r GK eingesetzt, dann ergeben sich die folgenden Zusammenhänge: r GK = r EK · EK + i FK · FK ___ EK + FK r GK · (EK + FK) = r EK · EK + i FK · FK | - i FK · FK r GK · (EK + FK) - i FK · FK = r EK · EK r GK · (EK + FK) - i FK · FK ____ EK = r EK r GK · EK + r GK · FK - i FK · FK ____ EK = r EK Fremdfinanzierung Info <?page no="161"?> 161 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n r GK · EK + FK · (r GK - i FK ) ____ EK = r EK r GK + (r GK - i FK ) · FK _ EK = r EK Hieraus lassen sich die beiden folgenden Aussagen ableiten: Steigt der Fremdkapitalanteil (Verschuldungsgrad), dann steigt die Eigenkapitalrentabilität, wenn i FK niedriger ist als die Gesamtkapitalrentabilität (i FK < r GK ). Die Eigenkapitalrentabilität sinkt, wenn bei steigendem Fremdkapitalanteil i FK größer wird als die Gesamtkapitalrentabilität (i FK > r GK ). Das folgende Beispiel soll dies veranschaulichen. Ausgangspunkt bildet ein Gesamtkapital in Höhe von 50.000 €, das eine Rendite von 6 % erreicht. Es wird dann in Schritten von 20.000 € Fremdkapital aufgenommen, wobei der Fremdkapitalzins mit zunehmender Fremdkapitalaufnahme steigt. Die Unternehmung wird so lange weiteres Fremdkapital aufnehmen, wie die Rentabilität des Eigenkapitals steigt (im Beispiel Fremdkapitalaufnahme von 20.000 € und 40.000 €). Eine Systematisierung der Finanzierung nach dem Kriterium „Herkunft des Kapitals“ führt zu der Unterscheidung zwischen Außen- und Innenfinanzierung (vgl. Abbildung 61). L everage-Effek t ( B eispiel) | Tab. 16 G K % absolut 5 0. 000 5 0. 000 5 0. 000 E K F K % absolut G % 7 0. 000 9 0. 000 110. 000 6 3 . 000 - - - 6 4 . 200 20. 000 4 6 6 5 . 4 00 5 0. 000 20. 000 4 6 6 . 6 00 5 0. 000 20. 000 20. 000 20. 000 20. 000 4 6 8 13 0. 000 6 7 . 8 00 5 0. 000 20. 000 20. 000 20. 000 20. 000 4 6 8 10 r G K r F K r E K 3 . 000 6 , 0 8 00 3 . 4 00 6 , 8 8 00 1. 200 3 . 4 00 6 , 8 8 00 1. 200 1. 6 00 3 . 000 6 , 0 8 00 1. 200 1. 6 00 2. 000 2. 200 4 , 4 <?page no="162"?> 162 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Im Rahmen der Außenfinanzierung fließt einer Unternehmung Kapital in der Form von Eigenkapital (z. B. Kapitaleinlagen durch neue Gesellschafter) oder als Fremdkapital (Kreditaufnahme) zu. Bei der Kreditfinanzierung wird der Unternehmung kurz-, mittel- oder langfristig Kapital eines Kapitalgebers (Gläubiger) zur Verfügung gestellt, unter der Maßgabe, dass hierfür Zinsen zu bezahlen sind und der Kreditbetrag nach einem vereinbarten Zeitraum dem Kreditgeber zurückerstattet wird. Demgegenüber erfolgt die Innenfinanzierung aus dem betrieblichen Umsatzprozess, und zwar aus einbehaltenen Gewinnen (Selbstfinanzierung) oder aus der Bildung von Rückstellungen (z. B. Pensionsrückstellungen) und / oder aus der Verwendung der Erlöse für Investitionen (Vermögensumschichtung). Finanzierungsinstrumente Nach der systematisierenden Betrachtung unterschiedlicher Finanzierungsarten sollen im Folgenden ausgewählte Finanzierungsinstrumente vorgestellt werden, wobei zwischen Instrumenten der Außen- und Innenfinanzierung unterschieden wird (vgl. z. B. Hölscher 2010, S. 31 ff.; Bieg / Kußmaul 2009, S. 37 ff.). F inanz ierung A uß enfinanz ierung I nnenfinanz ierung E inlagenfinanz ierung K red itfinanz ierung d urch R ückstellungen V ermö gensumschichtung ( K apitalfreisetz ung) d urch V erkauf v on V ermö gensgegenständ en d urch V eräuß erung v on F ord erungen d urch R ückfluss v on A bschreibungsgegenwerten d urch R ed uz ierung d er K apitalbind ungsd auer V ermö gensz uwachs d urch einbehaltene G ewinne Abb 61 | Finanzierungsarten nach der Kapitalherkunft Außenfinanzierung Innenfinanzierung 3.2.3 | <?page no="163"?> 163 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Instrumente der Außenfinanzierung Als erste Form der Außenfinanzierung sei die Einlagenfinanzierung (Beteiligungsfinanzierung) erwähnt, wobei die Rechtsform einer Unternehmung eine entscheidende Bedeutung erlangt. Während eine Aktiengesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft auf Aktien Zugang zur Börse haben, d. h., emissionsfähige Unternehmungen sind, ist dies bei anderen Rechtsformen, wie der Einzelunternehmung, der Offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung etc. (vgl. Abschnitt 2.4) nicht gegeben. Emissionsfähigen Unternehmungen eröffnet sich die Möglichkeit, Eigenkapital durch die Emission von Aktien zu beschaffen. Der Wert der Aktien spiegelt sich in den Aktienkursen wider, d. h., der jeweilige Kurs stellt den Preis dar, der an der Börse (organisierter Markt für Wertpapiere (Aktien / Anleihen), Devisen, Sachen und Rechte) für eine Aktie festgestellt wird. Dabei ergibt sich der Börsenkurs als Marktpreis aus der Gegenüberstellung von Angebot und Nachfrage nach einer Aktie. Dieser Börsenkurs wird in seiner Höhe durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst: unternehmungsbezogene Einflussgrößen wie die Gewinnsituation, Auftragslage, geplante Kapitalerhöhungen etc.; branchenbezogene Einflussgrößen wie etwa die Umsatzentwicklung der Branche, Branchenstruktur; makroökonomische Einflussgrößen wie Zinsniveau, Konjunktur, Inflationsrate, Sozialproduktentwicklung, Staatsausgaben etc.; spekulative Faktoren wie die Erwartungen der Anleger. Auf der Grundlage des Börsengesetzes wird zwischen dem regulierten Markt und dem sogenannten Freiverkehr unterschieden. Der regulierte Markt weist dabei die strengeren Zulassungsanforderungen auf (vgl. Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Markt an einer Wertpapierbörse, kurz: Börsenzulassungsverordnung): Gründung und Satzung des Emittenten müssen mit dem Recht des Staates kompatibel sein, in dem der Emittent seinen Sitz hat. Der voraussichtliche Kurswert der zu emittierenden Aktien muss ≥ 1,25 Mio. € betragen. Der Emittent muss die drei letzten Jahresabschlüsse offengelegt haben. Es muss die freie Handelbarkeit der Aktien gewährleistet sein. Es muss eine Stückelung der Aktien gegeben sein, die den Bedürfnissen des Börsenhandels und des Publikums entspricht. Die Aktien müssen einen ausreichenden Schutz vor Fälschung aufweisen. 25 % der emittierten Aktien müssen im Besitz des Publikums sein (sogenannter Streubesitz). | 3.2.3.1 Einlagenfinanzierung Einlagenfinanzierung Einlagenfinanzierung regulierter Markt <?page no="164"?> 164 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Dem Antrag ist ein Unternehmungsprospekt beizufügen, an dem die Prospekthaftung des Emittenten anknüpft. Demgegenüber ist der Freiverkehr privatrechtlich organisiert, und es gibt im Börsengesetz keine Zulassungsanforderungen. Der Emittent stellt lediglich einen Antrag auf Zulassung zum Freiverkehr. Es ist nur eine ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, dann kann die Börsenaufsicht den Handel untersagen. Der Börsenkurs der zugelassenen Aktien wird börsentäglich festgestellt, wobei zwischen Einheitskurs (Kassakurs) und fortlaufender Notierung unterschieden wird. Der Einheitskurs wird einmal an jedem Börsentag festgelegt, und zwar unter Berücksichtigung aller vorliegenden Kauf- und Verkaufsorders. Dabei muss der größtmögliche Umsatz realisiert werden. Demgegenüber steht den nicht emissionsfähigen Unternehmungen der organisierte Kapitalmarkt zur Eigenkapitalbeschaffung nicht zur Verfügung: Bei einer Einzelunternehmung kann der Kaufmann das Eigenkapital durch Zuführung privater Mittel oder durch die Aufnahme eines stillen Gesellschafters erhöhen. Bei einer OHG kann jeder Gesellschafter Privatvermögen in die Gesellschaft einbringen, oder das Eigenkapital wird durch die Aufnahme neuer Gesellschafter erhöht. Bei einer KG kann das Eigenkapital etwa durch einen weiteren Komplementär oder durch neue Kommanditisten erhöht werden. Bei einer BGB-Gesellschaft kann eine Kapitalbeschaffung nur durch Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgen. Bei einer GmbH können entweder die alten Gesellschafter ihre Geschäftsanteile erhöhen, oder es werden neue Gesellschafter aufgenommen. Einer Genossenschaft stehen drei Wege für eine Einlagenfinanzierung (Beteiligungsfinanzierung) offen: Es werden neue Mitglieder aufgenommen, jedes Mitglied kann weitere Anteile kaufen, und es kann die (Mindest-)Einzahlungsquote der Geschäftsanteile erhöht werden. Die Kreditfinanzierung dient der Beschaffung von Fremdkapital. Es liegt ein schuldrechtliches Verhältnis vor, bei dem der Fremdkapitalgeber (Kreditgeber) Gläubiger ist. Zentral sind dabei die Kreditfähigkeit, die persönliche und die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers (vgl. Schierenbeck / Hölscher 1998, S. 432 ff.). Eine natürliche Person ist kreditfähig, wenn sie unbeschränkt geschäftsfähig ist. Demgegenüber ist eine juristische Person kraft Gesetzes kreditfähig. Es ist nur zu klären, wer die juristische Person rechtswirksam vertreten kann. Freiverkehr Einheitskurs Kreditfinanzierung <?page no="165"?> 165 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Bei der persönlichen Kreditwürdigkeit ist einerseits der persönliche Eindruck von Bedeutung, und anderseits greifen Kreditgeber auf Informationen gewerblicher Auskunfteien zurück. Demgegenüber schlägt sich die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Kreditnehmers nieder. Ziel ist es dabei zu überprüfen, ob der Kreditnehmer in der Lage ist, die sich aus dem Kreditvertrag ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Grundlage hierfür bilden etwa Jahresabschlüsse, Umsatzstatistiken, Finanzpläne etc. In Abhängigkeit der Laufzeit kann zwischen langfristiger, mittelfristiger und kurzfristiger Kreditfinanzierung unterschieden werden, wobei eine klare Abgrenzung zwischen diesen Erscheinungsformen nicht möglich ist (vgl. z. B. Hölscher 2010, S. 270). Von langfristigen Krediten wird generell dann gesprochen, wenn die Laufzeit länger als vier Jahre beträgt. Rechtliche Grundlage bildet ein Darlehensvertrag (§§ 607 ff. BGB). Es sind folgende Erscheinungsformen zu nennen: Industrieschuldverschreibungen (auch Industrieobligationen genannt) sind langfristig verbriefte Darlehen. Die Kreditsumme wird dabei in Teilbeträge gestückelt (Teilschuldverschreibungen), die dann am Kapitalmarkt platziert werden, d. h., der kreditsuchende Unternehmer steht einer Vielzahl unbekannter Anleger gegenüber. Der Gläubiger verpflichtet sich zur Rückzahlung des Geldbetrages und zur Zahlung der vereinbarten Zinsen. Spezielle Erscheinungsformen sind die Gewinnschuldverschreibung, bei der die Zinsansprüche ganz oder teilweise gewinn- oder dividendenabhängig sind, und die Wandelanleihen, die dem Inhaber das Umtauschrecht verbriefen, die Anleihen in Aktien der Unternehmung umzutauschen. Hieran wird deutlich, dass Industrieschuldverschreibungen i. d. R. durch Aktiengesellschaften zur Fremdkapitalaufnahme eingesetzt werden. Schuldscheindarlehen sind Großkredite, die anleiheähnliche Ausstattungsmerkmale aufweisen, die bei Kapitalsammelstellen (Versicherungsgesellschaften, Pensions- und Unterstützungseinrichtungen, Sozialversicherungsträger) aufgenommen werden. Schuldscheine sind keine Wertpapiere (vgl. § 1 (1) Depotgesetz). Schuldscheindarlehen weisen Laufzeiten von bis zu 15 Jahren auf, wobei die Tilgung in gleichen Raten erst nach einigen Freijahren erfolgt. Langfristige Bankkredite werden i. d. R. nur gegen die Stellung dinglicher Sicherheiten gewährt. Gerade für kleine und mittlere Unternehmungen erlangen in diesem Zusammenhang die Sparkassen und Realkreditinstitute, die langfristige Kredite vergeben, die grundpfandrechtlich besichert sind, eine entscheidende Bedeutung. Realkreditinstitute erlangen ihr Kapital durch die Ausgabe langfristiger Pfandbriefe oder Kommunalobligationen. Kreditwürdigkeit Industrieschuldverschreibungen Schuldscheindarlehen Langfristige Bankkredite <?page no="166"?> 166 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Ebenfalls lassen sich bei den kurz- und mittelfristigen Krediten unterschiedliche Erscheinungsformen nennen: Bei einer Kundenanzahlung leistet der Käufer einen Teil des Kaufpreises vor Lieferung der Ware (z. B. bei Großanlagen). Bei einem Lieferantenkredit räumt der Lieferant einer Ware dem Käufer ein Zahlungsziel ein, d. h., der Lieferant fungiert als Kreditgeber. Der Kontokorrentkredit (vgl. §§ 355 ff. HGB) ist ein Buchkredit, bei dem der Kreditnehmer bis zu einer definierten Kreditgrenze je nach Bedarf einen Kredit in Anspruch nehmen darf. Der Lombardkredit zeichnet sich dadurch aus, dass ihm eine Verpfändung marktfähiger, beweglicher Vermögensgegenstände oder Rechte des Schuldners zugrunde liegen (Beleihungskredit). Als Pfand kommen dabei Wertpapiere, Waren, Wechsel, Forderungen oder Edelmetalle zum Einsatz. Zahlt der Kreditnehmer seine Schuld nicht zurück, dann kann der Kreditgeber über den verpfändeten Gegenstand verfügen. Beim Diskontkredit (Wechseldiskontkredit) kauft ein Kreditinstitut einen nicht fälligen Wechsel und gewährt dem Veräußerer einen Kredit. Der Kredit hat dann eine Laufzeit bis zum Verfalldatum des Wechsels. Der Kreditvertrag besteht somit zwischen dem Wechseleinreicher und dem Kreditinstitut. Auch beim Akzeptkredit handelt es sich um einen Wechselkredit. Hierbei akzeptiert das Kreditinstitut einen vom Kunden auf das Institut gezogenen Wechsel, und zwar unter der Bedingung, dass der Kunde den Gegenwert vor Fälligkeit dem Kreditinstitut zur Verfügung stellt. Bei einem Avalkredit gewährt das Kreditinstitut einem Dritten eine Bürgschaft oder Garantie für Zahlungsverpflichtungen ihres Kunden. Als weitere Formen der Finanzierung seien im Folgenden das Leasing und die Mezzanine-Finanzierung vorgestellt. Beim Leasing (es wird auch als Kreditsubstitut bezeichnet) handelt es sich um einen i. d. R. langfristigen Vertrag über die Nutzung eines bestimmten Investitionsgutes (Vermögensgegenstand) durch den Leasingnehmer gegen Zahlung eines vereinbarten periodisch anfallenden Betrages an den Leasinggeber. Das Leasinggeschäft lässt sich nach unterschiedlichen Kriterien systematisieren (z. B. Art des Objektes: Mobilienleasing, Immobilienleasing), wobei in den weiteren Ausführungen das Kriterium „Verpflichtungscharakter“ herangezogen werden soll und zwischen Finance und Operating Leasing unterschieden wird. Beim Finance Leasing handelt es sich um Verträge mit unkündbarer Grundmietzeit, d. h., während dieser Zeit kann der Vertrag von keiner Vertragspartei gekündigt werden. Der Leasingnehmer trägt dabei das Investitionsrisiko (Risiko des zufälligen Untergangs, der technischen Veralterung) sowie die Reparatur- und Instandhaltungskosten. Nach Ablauf Kundenanzahlung Lieferantenkredit Kontokorrentkredit Lombardkredit Diskontkredit Akzeptkredit Avalkredit Leasing Finance Leasing <?page no="167"?> 167 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n der Grundmietzeit lassen sich dann die folgenden Möglichkeiten nennen: Bei einem Leasingvertrag ohne Optionsrecht wird keine Vereinbarung über die Zeit nach Ablauf der Grundmietzeit getroffen. Der Leasinggeber muss sich folglich um einen neuen Leasingnehmer kümmern. Bei einem Leasingvertrag mit Verlängerungsoption kann der Leasingnehmer das Vertragsverhältnis nach Ablauf der Grundmietzeit verlängern. Liegt ein Leasingvertrag mit Kaufoption vor, dann hat der Leasingnehmer das Recht, den Leasinggegenstand nach Ablauf der Grundmietzeit zu kaufen. Das Finance Leasing findet insbesondere bei Spezialmaschinen, eigens für den Leasingnehmer errichtete Gebäude und Großprojekten Anwendung. Beim Operate Leasing handelt es sich um einen Mietvertrag im Sinne des BGB, d. h., beide Vertragspartner dürfen das Vertragsverhältnis ohne Fälligwerden von Vertragsstrafen kündigen (vgl. Bieg / Kußmaul 2009, S. 243 f.). Ökonomisch resultieren hieraus für den Leasingnehmer die beiden folgenden Vorteile: Er hat eine Flexibilität hinsichtlich der Nutzungszeit, d. h., er kann das Leasingobjekt auch für eine kürzere Zeitspanne nutzen, und er trägt nicht die Risiken der Fehlinvestition, der technisch-wirtschaftlichen Entwertung und das Risiko des zufälligen Untergangs des Objektes. Das Operate Leasing gelangt folglich nur bei Objekten zum Einsatz, die von einer größeren Anzahl potentieller Leasingnehmer nachgefragt werden (z. B. Pkw). Eine spezielle Variante des Leasings stellt das Sale-and-lease-back-Verfahren dar, bei dem der Eigentümer ein Objekt (z. B. Gebäude) an eine Leasingunternehmung verkauft und es dann auf der Basis eines Leasingvertrages langfristig nutzt. Bei der Mezzanine-Finanzierung liegt eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital vor (sogenannte hybride Kapitalart). Ziel ist es, die Vorteile einzelner Kapitalüberlassungsformen zu kombinieren. Dabei kann zwischen eigenkapitalähnlichem (Equity Mezzanine Capital; z. B. Genussrechte ( s iehe Glossar), stille Beteiligungen) und fremdkapitalähnlichem (Depot Mezzanine Capital; paritätische oder nachrangige Gesellschafterdarlehen) Mezzanine-Kapital unterschieden werden. Zentrales Element des Mezzanine-Kapitals ist die Nachrangigkeit gegenüber dem Fremdkapital und die Vorrangigkeit gegenüber dem Eigenkapital, woraus sich ein höheres Entgelt für die Kapitalüberlassung im Vergleich zum klassischen Fremdkapital ergibt (vgl. Siegloch / Egner / Wild- Operate Leasing Sale-and-lease-back- Verfahren Mezzanine-Finanzierung <?page no="168"?> 168 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G ner 2011, S. 173 f.). Um die mit der Finanzierung verbundenen Kosten zu begrenzen, wird das Mezzanine-Kapital um eine erfolgsabhängige Komponente ergänzt, d. h., der Kapitalgeber soll durch diese Konstruktion am Erfolg oder an der Wertsteigerung der Unternehmung beteiligt werden. Diese Finanzierungsform findet häufig im Rahmen von Managementbuy-out-Transaktionen (Kauf einer Unternehmung durch Mitarbeiter der Unternehmung), Spin offs (Ausgründungen) oder bei Nachfolgeregelungen in Familienunternehmungen Anwendung. Instrumente der Innenfinanzierung Im Rahmen der Innenfinanzierung bringt die Unternehmung die finanziellen Mittel selbst auf. Sie ist für kleine und mittlere Unternehmungen die wichtigste Finanzierungsquelle, da diesen Unternehmungen der Zugang zum organisierten Kapitalmarkt versperrt ist und sie häufig nicht über die banküblichen Sicherheiten verfügen (beleihungsfähiges Grundvermögen). Die Innenfinanzierung kann aus laufenden Einzahlungen (Selbstfinanzierung, Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten und Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten) und aus Veräußerungserlösen (Selbstfinanzierung, Finanzierung aus Kapitalfreisetzung) resultieren. Von Selbstfinanzierung wird dann gesprochen, wenn die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen erfolgt, wobei zwischen offener und stiller Selbstfinanzierung zu unterscheiden ist. Bei einer offenen Selbstfinanzierung werden Teile des Gewinnes oder der gesamte Gewinn einbehalten und dem oder den Kapitalkonto(en) gutgeschrieben. Bei einer Kapitalgesellschaft wird dieses Kapital den offenen Rücklagen zu- oder ein Gewinnvortrag ausgewiesen. Dabei bildet der versteuerte Gewinn die Grundlage (vgl. Hölscher 2010, S. 305 ff.). Bei einer stillen Selbstfinanzierung werden nicht ausgewiesene Gewinne einbehalten, d. h., es werden durch eine Unterbewertung der Aktiva oder einer Überbewertung der Passiva stille Reserven gebildet. Eine Unterbewertung der Aktiva kann durch die folgenden Maßnahmen erreicht werden: Vorhandene Vermögenswerte werden nicht aktiviert (z. B. selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens). Es werden erhöhte Aufwendungen verrechnet (z. B. Unterbewertung der Vorräte, Abschreibungen, die höher sind als die tatsächlich eingetretene Wertminderung). Verrechnung verringerter Erträge (z. B. Unterlassung der Zuschreibungen bei Wertsteigerungen). Eine Überbewertung der Passiva resultiert aus den folgenden Vorgehensweisen: 3.2.3.2 | Selbstfinanzierung <?page no="169"?> 169 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Überbewertung der Schulden durch Verrechnung erhöhter Aufwendungen (z. B. überhöhte Zuweisungen zu den Rückstellungen). Überbewertung der Schulden durch Verrechnung verringerter Erträge (z. B. nicht mehr gerechtfertigte Rückstellungen werden nicht aufgelöst). Durch beide Vorgehensweisen auf der Aktiv- und Passivseite werden stille Reserven gebildet, die den ausschüttungsfähigen und steuerpflichtigen Gewinn verringern. Diese Maßnahmen sind für Dritte nicht erkennbar, da sie durch Bewertungsspielräume, die das Handelsgesetz bietet, entstehen. Auch bei der Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten werden finanzielle Mittel an die Unternehmung gebunden. In der Bilanz sind sie Bestandteil des Fremdkapitals, weil sie für ungewisse Verbindlichkeiten angesetzt werden, d. h., es handelt sich um Verbindlichkeiten, die am Bilanzstichtag hinsichtlich des Grundes, der Höhe und / oder der Fälligkeit noch nicht feststehen (§ 249 HGB). Da die Mehrzahl der Rückstellungen kurzfristiger Natur ist, d. h., sie werden nach ihrer Bildung im darauffolgenden Geschäftsjahr aufgelöst, ist ihr Finanzierungseffekt sehr begrenzt. Da kurzfristige Rückstellungen häufig jährlich für ähnliche Verpflichtungen gebildet werden, kann es zu einem „Bodensatz“ an Rückstellungen kommen, der mit einem permanenten Finanzierungseffekt einhergeht (vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber 2012, S. 516). Den größten Finanzierungseffekt weisen Pensionsrückstellungen auf, da zwischen ihrer Bildung und Auflösung zum Teil mehrere Jahrzehnte liegen. Abnutzbare Vermögensgegenstände (z. B. Maschinen) verlieren im Rahmen ihrer Nutzung an Wert. Um diesen Werteverzehr abzubilden, gelangen Abschreibungen zum Einsatz. Die Abschreibungen werden in der Kostenrechnung als kalkulatorische Abschreibungen und in der Finanzbuchhaltung als bilanzielle Abschreibungen angesetzt. In der Kostenrechnung geht es dabei um die Erfassung des verursachungsgerechten Werteverzehrs mehrperiodig abnutzbarer Gegenstände in jeder Abschreibungsperiode. Sie sollen sicherstellen, dass ein Vermögensgegenstand, der aus dem Leistungserstellungsprozess ausscheidet, durch einen neuen gleichwertigen Vermögensgegenstand ersetzt werden kann. Ziel ist folglich die Substanzerhaltung. Um eine Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten zu ermöglichen, müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Bei der Ermittlung der Selbstkosten (vgl. Abschnitt 4.1.2) werden die kalkulatorischen Abschreibungen berücksichtigt. Die mit den Erzeugnissen realisierten Preise decken die Selbstkosten, d. h., die verrechneten Abschreibungen fließen der Unternehmung über die Erlöse zu. Die Erlöse sind der Unternehmung in liquider Form zugeflossen, d. h., es liegen Einzahlungen vor. Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten Abschreibungen Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten <?page no="170"?> 170 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Sind diese Bedingungen erfüllt, dann stehen der Unternehmung liquide Mittel in Höhe der verrechneten Abschreibungen zur Verfügung. In der Gewinn- und Verlustrechnung werden jedoch keine bilanziellen Abschreibungen verrechnet, weshalb sie als Gewinnbestandteile ausgewiesen werden und damit der Besteuerung unterliegen. Um die Beträge der Unternehmung zu erhalten, müssen Aufwendungen für bilanzielle Abschreibungen angesetzt werden: Die Verrechnung der bilanziellen Abschreibungen in der Gewinn- und Verlustrechnung sichert folglich diese Beträge vor Ausschüttung und Besteuerung. Werden die in den Erlösen mitvergüteten Abschreibungen nicht investiert, vermehren sie letztlich den Bestand an liquiden Mitteln, d. h., es greift ein Kapitalfreisetzungseffekt. Diese Mittel kann die Unternehmung aber auch zur Finanzierung neuer Investitionen einsetzen, wodurch ein Kapazitätserweiterungseffekt realisiert werden kann (es wird auch vom Lohmann-Ruchti-Effekt gesprochen; vgl. Lohmann 1949, S. 355 f., der dies an einem Beispiel einer Reederei zeigt; Ruchti 1942, S. 39 ff.; erste Gedanken hierzu finden sich bereits bei Polak 1926, S. 44 f.). Dies sei an einem Beispiel verdeutlicht. Eine Unternehmung setzt in ihrer Produktion drei Maschinen ein, wobei jede Maschine einen Anschaffungswert von 10.000 € aufweist. Jede Maschine wird über eine Dauer von fünf Jahren abgeschrieben, so dass sich bei linearer Abschreibung ein jährlicher Abschreibungswert von 2.000 € pro Maschine ergibt. Die anfallenden Abschreibungen seien durch die erzielten Erlöse gedeckt und werden unmittelbar in Maschinen gleicher Art investiert. Die Periodenkapazitäten im ersten Jahr betragen 120.000 Einheiten, so dass sich eine Totalkapazität (= Einheiten, die eine Maschine in ihrer Nutzungsdauer erstellen kann) von 5 · 120.000 = 600.000 Einheiten ergibt. Es wird weiterhin unterstellt, dass die Maschinen während ihrer gesamten Nutzungsdauer die gleiche Leistung erbringen (vgl. Tabelle 17). Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Periodenkapazität ansteigt und sich bei 200.000 Einheiten stabilisiert, die Totalkapazität sich zunächst verringert und dann wieder auf 600.000 Einheiten ansteigt, die Reduktion der Totalkapazität durch die Reinvestition der Abschreibungsgegenwerte kompensiert wird. Eine weitere Erscheinungsform der Innenfinanzierung ist die Finanzierung aus Veräußerungsmaßnahmen, bei der gebundenes Kapital freigesetzt wird. Konkret werden dabei Gegenstände des Anlagen- oder Umlaufvermögens veräußert, so dass ein Aktivtausch gegeben ist. Zusätzlich kann es hierbei zu einer Auflösung stiller Reserven kommen und zwar dann, wenn der Buchwert des Vermögensgegenstandes niedriger ist als sein Marktwert. Beim Umlaufvermögen ist der Finanzierungseffekt geringer, Kapitalfreisetzungseffekt Kapazitätserweiterungseffekt <?page no="171"?> 171 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n als dies beim Anlagenvermögen der Fall ist, weil das Umlaufvermögen der Unternehmung nur kurze Zeit zur Verfügung steht. Als Möglichkeiten der Kapitalfreisetzung im Umlaufvermögen seien genannt (vgl. Hölscher 2010, S. 321): Reduzierung der Lagerbestände, Forderungsabbau (z. B. durch intensive Kontrolle der Zahlungseingänge oder Gewährung von Zahlungsanreizen etwa in der Form von Skonti) und Abbau von Liquiditätsreserven. Als letzte Form der Innenfinanzierung sei die Finanzierung aus Forderungsverkauf erwähnt, wobei das Factoring und die Asset-Backed-Security-Konstruktion (ABS) zu nennen sind. Beim Factoring verkauft eine Unternehmung ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit an eine Factoringunternehmung (Factor). Der Factor bietet jedoch weitere Leistungen an wie die Debitoren- und Mahnbuchhaltung, und er trägt das Delkredererisiko, also das Risiko, dass ein Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Durch den Ankauf der Forderungen (bei einer Kürzung um etwa 10 %) durch den Factor kommt es zu einer Vermögensumschichtung, weil Forderungen in liquide Mittel umgewandelt werden. Bei einer Asset-Backed-Security-Konstruktion (ABS) bildet eine Unternehmung (Originator genannt) einen Pool „Finanzaktiva“, wobei für den Forderungspool eine Tochtergesellschaft (Special Purpose Vehicle) gegründet wird. Diese Tochtergesellschaft tritt dann als Gläubiger der im Forde- K apitalfreisetzungs- und K apazitä tserweiterungseffek t | Tab. 17 J ahr M aschinen A nschaffungswert d es B estand es A bschreibungen I nv estitionen d urch A bschreibungen F reies K apital K apital Period e T otal 1 2 3 4 5 6 7 8 9 3 0 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 3 0 1 1 3 3 4 5 6 4 5 5 5 3 0. 000 3 0. 000 4 0. 000 5 0. 000 6 0. 000 4 0. 000 5 0. 000 5 0. 000 5 0. 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 6 . 000 - - 2. 000 4 . 000 6 . 000 2. 000 4 . 000 4 . 000 4 . 000 - 10. 000 10. 000 10. 000 10. 000 10. 000 10. 000 10. 000 10. 000 6 . 000 2. 000 - - 2. 000 - - - - 120. 000 120. 000 16 0. 000 200. 000 24 0. 000 16 0. 000 200. 000 200. 000 200. 000 6 00. 000 4 8 0. 000 5 6 0. 000 6 00. 000 6 00. 000 5 6 0. 000 6 00. 000 6 00. 000 6 00. 000 Z ugang A bgang B estand G rund ausstattung Z usatz maschinen Kapitalfreisetzung im Umlaufvermögen Finanzierung aus Forderungsverkauf Factoring Asset-Backed-Security- Konstruktion <?page no="172"?> 172 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G rungspool enthaltenen Forderungen auf. Sie erhält damit die Zins- und Tilgungszahlungen der Schuldner. Zur Refinanzierung emittiert diese Gesellschaft Wertpapiere, die sie durch die Forderungen besichert. Die Zins- und Tilgungsleistungen werden aus den Forderungsrückzahlungen gespeist. Werden als Kriterium die Zahlungsmodalitäten herangezogen, dann lassen sich die beiden folgenden Erscheinungsformen nennen: Fondszertifikationskonzept (Pass-Through-Struktur) und Anleihekonzept (Pay-Through-Struktur). Der zentrale Unterschied ist darin zu sehen, dass im zuerst genannten Fall Zins- und Tilgungszahlungen unverändert an die Investoren weitergeleitet werden, während im zweiten Fall die Zins- und Tilgungszahlungen aus den Forderungen gesammelt und zu Tranchen zusammengefasst werden. Derivative Finanzinstrumente Das Attribut derivativ (abgeleitet) resultiert aus dem Sachverhalt, dass der Wert eines Instrumentes aus dem Wert eines anderen Finanztitels, einer Ware oder einer definierten Bezugsgröße abgeleitet wird (derivatives Geschäft). Charakteristisch ist dabei die zeitliche Differenzierung zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Konditionen festgelegt werden und dem Zeitpunkt der Kapitalbereitstellung, weshalb auch von Termingeschäften gesprochen wird. Generell lassen sich bei den derivativen Finanzinstrumenten die folgenden Erscheinungsformen unterscheiden: Financial Options, Financial Futures und Financial Swaps. Bei den Financial Options geht es um den Kauf oder Verkauf des Rechts, eine bestimmte Menge eines definierten Basiswertes zu einem im Rahmen des Vertragsabschlusses fixierten Basispreis zu kaufen (Kaufoption / Call) oder zu verkaufen (Verkaufsoption / Put). Der Käufer (Optionsinhaber) erwirbt gegen Zahlung des Optionspreises an den Verkäufer (Stillhalter) das Recht, an oder bis zu einem Verfalltermin (Fälligkeitstermin) zu einem im Voraus bestimmten Preis (Basispreis) eine definierte Menge eines Handelsobjektes zu kaufen oder zu verkaufen. Tabelle 18 gibt die unterschiedlichen Positionen in Optionsgeschäften wieder (vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber 2012, S. 346). In einer zeitlichen Perspektive lässt sich ein Optionsgeschäft in zwei Stufen untergliedern: Stufe 1: Abschlusszeitpunkt, in dem die Optionsprämie zu bezahlen ist. Das Optionsgeschäft kommt durch Kauf / Verkauf zustande. 3.2.3.3 | Financial Options <?page no="173"?> 173 l e I s t u n G s w I r t s c h a f t l I c h e G r u n d f u n K t I o n Stufe 2: Ausübung oder Verfall des Optionsrechtes. Bei Ausübung der Option wird zum vereinbarten Basispreis ge- oder verkauft. Wird die Option bis zum Verfallstag nicht ausgeübt, dann verfällt sie. Financial Futures werden auf börsenmäßig organisierten Future-Märkten gehandelt (unbedingte Terminkontrakte). Sie „… sind durch die Verpflichtung gekennzeichnet, eine genau spezifizierte Warenart und Menge zu einem bei Abschluss des Geschäftes festgelegten Preis und Zeitpunkt zu kaufen oder zu verkaufen.“ (Perridon / Steiner / Rathgeber 2012, S. 329). Im Gegensatz zur Option sind bei einem Future Käufer und Verkäufer zur Erfüllung des Geschäftes verpflichtet, während bei einer Option nur der Verkäufer (Stillhalter) eine Verpflichtung eingeht. Im Vergleich zu außerbörslichen Termingeschäften handelt es sich bei Futures um standardisierte Verträge (Kontrakte), die an der Börse gehandelt werden, und eine Clearingstelle zwischen Käufer und Verkäufer steht, die das Erfüllungsrisiko trägt und für einen täglichen Gewinn- und Verlustausgleich zwischen den Parteien sorgt (vgl. Hölscher 2010, S. 363). Gewinn / Verlust resultiert aus dem Differenzbetrag zwischen dem Marktpreis des Basiswertes und dem Basispreis des Futures. Weiterhin kann zwischen Financial Futures auf konkreter Basis und Financial Futures auf abstrakter Basis unterschieden werden (vgl. Schierenbeck / Hölscher 1998, S. 681). Während den Financial Futures auf konkreter Basis echte Handelsobjekte zugrunde liegen, d. h., es ist i. d. R. eine physische Lieferung des Basiswertes möglich (Zins-Futures, Aktien-Futures, Währungs-Futures), ist dies bei den Financial Futures auf abstrakter Basis i. d. R. nicht der Fall (Aktienindex-Futures, Volatilitätsindex-Futures, Dividendenindex- Futures). Gewinne / Verluste werden bei den Financial Futures auf abstrakter Basis durch Barausgleich verrechnet. Bei Financial Swaps werden Zahlungsforderungen oder -verbindlichkeiten getauscht. Die Vertragspartner verpflichten sich bei Abschluss eines Swaps, zu definierten Zeitpunkten Zahlungen in bestimmter, von Optionsgeschä fte aus K ä ufer- und Verk ä ufersicht | Tab. 18 K ontraktperson O ptionsart K äufer z ahlt O ptionspreis ( aktiv es E ntscheid ungsrecht) V erkäufer erhält O ptionsprämie ( passiv e V erpflichtung) K aufoption ( C all) V erkaufsoption ( Put) K äufer hat d as R echt auf B ez ug v on W ertpapieren V erkäufer hat d ie Pflicht, d ie W ertpapiere z u liefern K äufer hat d as R echt auf W ertpapierabgabe V erkäufer hat d ie Pflicht d es W ertpapierkaufs Financial Futures Financial Swaps <?page no="174"?> 174 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G der Marktpreisentwicklung abhängigen Höhe auszutauschen. Bei den Swap-Transaktionen lassen sich die folgenden Grundformen unterscheiden (vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber 2012, S. 337 f.): Währungsswap: Die Vertragspartner verpflichten sich zum Austausch eines Kapitalbetrages sowie auf diesen Kapitalbetrag zu leistende Zinszahlungen (z. B.: Tausch einer zinsfixen €-Verbindlichkeit in eine zinsfixe US-$-Verbindlichkeit). Zinsswap: Es werden in einem definierten Zeitfenster regelmäßig Zinszahlungen ausgetauscht, z. B. variabel in fix und fix in variabel (Tausch zinsvariabler Euromarktgelder in zinsfixe Verbindlichkeiten) oder variabel in variabel (z. B. US-$-Verbindlichkeit auf CP- (= Commercial Paper) Zinssatzbasis in Euro-Dollar-Verbindlichkeit auf LIBOR-Zinssatzbasis). Kreditswap: Hierbei wird das Kreditausfallrisiko von der eigentlichen Forderung getrennt und gegen Zahlung einer Prämie auf einen Dritten (Sicherungsgeber) übertragen. Ausgehend von einem weiten Finanzierungsverständnis wird die Finanzierung nach den Kriterien Rechtsstellung des Kapitalgebers und der Kapitalherkunft strukturiert. Bei den Instrumenten der Außenfinanzierung wurden die Einlagenfinanzierung, die Kreditfinanzierung, das Leasing und die Mezzanine-Finanzierung dargestellt. Im Rahmen der Innenfinanzierung wurden die Selbstfinanzierung, die Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten, die Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten, die Finanzierung aus Veräußerungsmaßnahmen und die Finanzierung aus Forderungen thematisiert. Die derivativen Finanzinstrumente (Financial Options, Financial Futures und Financial Swaps) schlossen diesen Abschnitt ab. 1 Skizzieren Sie die Finanzierungsarten nach dem Kriterium „Rechtsstellung des Kapitalgebers“. 2 Erklären Sie die Grundidee des Lohmann-Ruchti-Effektes. 3 Erklären Sie den Leverage-Effekt. 4 Was verstehen Sie unter Kreditwürdigkeit? Swap-Transaktionen Z usammenfassung Fragen <?page no="175"?> 175 I n V e s t I t I o n 5 Erklären Sie die unterschiedlichen Formen des Leasings. 6 Skizzieren Sie unterschiedliche Instrumente der Innenfinanzierung. 7 Erklären Sie den Kerngedanken der Financial Options. b ieG / k ußMaul (2009); h ölscher (2010); P erridoN / s teiNer / r athGeber (2012). Investition Der Schwerpunkt dieses Abschnittes liegt auf den Verfahren der Investitionsrechnung, wobei zwischen statischen und dynamischen Verfahren zu unterscheiden ist. Bei den statischen Verfahren werden die Kosten-, Gewinn-, Rentabilitätsvergleichsrechnung und die statische Amortisationsrechnung auf der Basis von Beispielen verdeutlicht. Bei den dynamischen Verfahren werden die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode, die Interne-Zinsfuß-Methode, die dynamische Amortisationsrechnung und die vollständigen Finanzpläne thematisiert und mit Beispielen hinterlegt. Grundlegungen Der Investitionsbegriff wird in der Literatur unterschiedlich abgegrenzt (vgl. z. B. Götze 2008, S. 5 f.; Kruschwitz 2011, S. 3). Ohne auf diese unterschiedlichen Sichten einzugehen, sei im Folgenden unter einer Investition eine Investitionshandlung (Tätigkeit des Investierens) verstanden, d. h., es geht um die Entscheidung über Handlungsalternativen (z. B. Erwerb eines Objektes oder Unterlassung). Vor diesem Hintergrund ist die Investition dann eine Tätigkeit, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten t Ausgaben und Einnahmen verursacht, wobei dieser Vorgang immer mit einer Ausgabe beginnt. Als Investitionsobjekte sind dann Sachinvestitionen (z. B. Grundstücke, Gebäude, Aggregate), Finanzinvestitionen (z. B. Beteiligungspapiere) und immaterielle Investitionen (z. B. Forschung und Entwicklung, Ausbildung) zu nennen. Der Investitionsprozess lässt sich, wie in Abbildung 62 dargestellt, in einzelne Phasen unterteilen. L iteratur | 3.3 Ü bersicht | 3.3.1 Investitionsbegriff Investitionsobjekte Investitionsprozess <?page no="176"?> 176 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Ausgangspunkt bildet das Erkennen der Notwendigkeit einer Investition. Letztlich formuliert der Investor die zu lösende Problemstellung. In der sich anschließenden Phase der Alternativensuche werden die unterschiedlichen Möglichkeiten des formulierten Problems aufgezeigt. Die zur Auswahl stehenden Alternativen sind dann auf der Basis der seitens des Entscheidungsträgers formulierten Zielsetzung zu bewerten. Hierzu stehen unterschiedliche Kalküle der Investitionsrechnung zur Verfügung. Auf dieser Grundlage ist dann eine Entscheidung für die ökonomisch vorteilhafteste Alternative zu treffen. Es schließt sich die Durchführung der ausgewählten Investition an. In der Kontrollphase wird ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt, und die Ergebnisse werden an die vorangegangenen Phasen rückgekoppelt und bilden dann einen Erfahrungsschatz für weitere Investitionsprozesse. Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich auf die Phase der Alternativenbeurteilung mit Hilfe der Investitionsrechnung. Verfahren der Investitionsrechnung Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionsobjekten steht ein umfangreiches Instrumentarium investitionsrechnerischer Kalküle zur Verfügung, das in Tab. 19 in systematisierender Form aufbereitet ist. Problemformulierung A lternativ ensuche E ntscheid ung Durchführung ( R ealisation) K ontrolle B eurteilung d er A lternativ en ( I nv estitionsrechnung) F eed back- I nformationen Abb 62 | Investitionsprozess Instrumentarium investitionsrechnerischer Kalküle 3.3.2 | Systemati k investitionsrechnerischer K al k ü le Tab. 1 9 | K riterien Dimensionalität d es Z ielsy stems Z eithoriz ont B erücksichtigung v on I nterd epend enz en I nv estitionsrechnerische K alküle M onov ariable I nv estitionskalküle M ultiv ariable I nv estitionskalküle ( z . B . N utz wertanaly se) E inperiod ische A nsätz e M ehrperiod ische A nsätz e U nsicherheit Deterministisch Stochastisch E inz elentscheid ungen Programmentscheid ungen <?page no="177"?> 177 I n V e s t I t I o n In den weiteren Ausführungen wird eine monovariable (eindimensionale) Zielsetzung unterstellt. Während einperiodische Ansätze auf kalkulatorischer Basis mit Aufwendungen, Kosten etc. arbeiten und durchschnittliche Größen für den Planungszeitraum bilden, berücksichtigen mehrperiodische Ansätze bewusst die zeitliche Dimension, indem sie pagatorische Größen wie Ein- und Auszahlungen in die Überlegungen aufnehmen. Stochastische Ansätze tragen der quantifizierten Indeterminiertheit dadurch Rechnung, dass an die Stelle eindeutiger Größen Wahrscheinlichkeitsverteilungen treten. Einzelentscheidungen beschäftigen sich mit der Annahme oder Ablehnung eines einzelnen Investitionsobjektes oder mit der Bestimmung des günstigsten Projektes aus einer Anzahl alternativer Investitionsobjekte. Demgegenüber versuchen Investitionsprogrammentscheidungen, entweder die zwischen den einzelnen Investitionsobjekten bestehenden Interdependenzen zu beachten oder mögliche produktions-, finanz- oder absatzwirtschaftliche Abhängigkeiten zu berücksichtigen, indem sie eine optimale Kombination von Investitions- und Finanzierungsprojekten anstreben. Es geht dabei um eine simultane Bestimmung der Investitionsprogramme mit Hilfe der mathematischen Optimierung. Im Rahmen dieser Einführung kann auf diese Kalküle nicht eingegangen werden, sondern es werden lediglich ein- und mehrperiodische Ansätze für Einzelentscheidungen bei Sicherheit (deterministisch) vorgestellt. Statische Verfahren Bei den statischen Verfahren werden Veränderungen im Zeitablauf nicht berücksichtigt, sondern es wird entweder eine Periode der Nutzungsdauer einer Investition zugrunde gelegt, die für die gesamte Nutzungsdauer als repräsentativ angesehen wird, oder mit einer hypothetischen Durchschnittsperiode gearbeitet, bei der die Daten, die diese Periode charakterisieren, aus den Daten der gesamten Nutzungsdauer abgeleitet werden. Es liegen somit durchschnittliche Größen (wie etwa durchschnittliche jährliche Kosten, durchschnittlicher jährlicher Kapitaleinsatz) zugrunde. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Zielsetzung werden dann Kostenvergleichsrechnung, Gewinnvergleichsrechnung, Rentabilitätsvergleichsrechnung und statische Amortisationsrechnung unterschieden, die im Folgenden dargestellt werden. | 3.3.2.1 <?page no="178"?> 178 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Zielgröße der Kostenvergleichsrechnung sind die Kosten, wobei die folgenden Kostenarten relevant sind: Personalkosten, Materialkosten, Abschreibungen, Zinsen, Steuern, Gebühren, Beiträge und Kosten für Fremdleistungen. Die Beurteilung einer absoluten Vorteilhaftigkeit ist ökonomisch nicht zielführend, wenn die mit einer Investition einhergehenden Erlöse bei den zu beurteilenden Alternativen unterschiedlich sind. Unter diesen Gegebenheiten ist eine Beurteilung nur auf der Basis der Gewinne möglich. Demgegenüber ist die Beurteilung der relativen Vorteilhaftigkeit mit Hilfe der Kostenvergleichsrechnung unter den angeführten Voraussetzungen ökonomisch zweckmäßig. Es ergibt sich dann die folgende Entscheidungsregel: Ein Investitionsobjekt ist dann relativ vorteilhaft, wenn die Kosten niedriger sind als die der anderen zur Wahl stehenden Alternativen. Dabei handelt es sich um Durchschnittskosten, wie das folgende Beispiel zeigt. Tabelle 20 gibt die relevanten Ausgangsdaten für zwei zu vergleichende Investitionsobjekte wieder. Zunächst ist zwischen fixen und variablen Kosten zu unterscheiden. Es wird unterstellt, dass die Gehälter, Löhne etc. fixe und die Materialkosten variable Kosten sind. Für Objekt A gilt dann: K A V = 200.000 € / Jahr Da Objekt B eine Produktionsmenge von x = 120.000 aufweist, ist eine Berechnung für 100.000 Stück / Jahr notwendig: K B V (x = 120.000) = 220.000 K B V (x = 100.000) = 200.000 · 100.000 ___ 120.000 K B V (x = 100.000) = 183.333 € Kostenvergleichsrechnung Ausgangsdaten ( K ostenvergleichsrechnung) Tab. 20 | I nv estitionsalternativ en O bj ekt A O bj ekt B A nschaffungskosten ( € ) N utz ungsd auer ( J ahre) J ährliche Prod uktionsmenge ( Stück) G ehälter, L ö hne etc. ( € ) M aterialkosten ( € ) K alkulationsz inssatz ( % ) R estwert ( L iq uid ationserlö s) ( € ) 4 00. 000 8 20. 000 100. 000 3 00. 000 200. 000 6 6 220. 000 26 0. 000 120. 000 3 0. 000 10 5 00. 000 <?page no="179"?> 179 I n V e s t I t I o n Zu den fixen Kosten zählen: Gehälter, Löhne, Abschreibungen und Zinsen. Werden lineare Abschreibungen ( s iehe Glossar) unterstellt, dann gilt allgemein: Abschreibungen = Anschaffungskosten - Liquidationserlös _______ Nutzungsdauer Objekt A = 400.000 - 20.000 ___ 8 = 47.500 € / Jahr Objekt B = 500.000 - 30.000 ___ 10 = 47.000 € / Jahr Die Ermittlung der Zinsen ist deshalb notwendig, weil die Alternativen unterschiedliche Anschaffungskosten aufweisen und somit mit unterschiedlichen Kapitaleinsätzen einhergehen. Um das durchschnittlich gebundene Kapital ( s iehe Glossar) zu bestimmen, wird unterstellt, dass zwischen t 0 Anfall der Beschaffungsausgaben und der Kapitalbindung am Ende der Nutzungszeit in Höhe des Liquidationserlöses eine kontinuierliche, gleichbleibende Amortisation des gebundenen Kapitals gegeben ist. Damit ergibt sich die folgende Berechnung: Durchschnittlich gebundenes Kapital = Anschaffungsausgaben + Liquidationserlös ________ 2 Für das Beispiel ergeben sich folgende Werte: Objekt A = 400.000 + 20.000 ___ 2 = 210.000 · 0,06 = 12.600 € Objekt B = 500.000 + 30.000 ___ 2 = 265.000 · 0,06 = 15.900 € Die durchschnittlichen fixen Kosten ergeben sich aus: K A f = 300.000 + 47.500 + 12.600 = 360.100 € Gehälter, Abschrei- Zinsen auf Löhne bungen gebundenes Kapital K B f = 260.000 + 47.000 + 15.900 = 322.900 € Bei einer Produktionsmenge von 100.000 Stück belaufen sich die gesamten Durchschnittskosten der Alternativen auf: K A G = 200.000 + 360.100 = 560.100 € K B G = 183.333 + 322.900 = 506.233 € Damit ist die Investitionsalternative B günstiger als A. Bei einer Gewinnvergleichsrechnung werden neben den Kosten die Erlöse in die Betrachtung aufgenommen. Zielgröße ist der durchschnittliche Gewinn (Erlöse − Kosten). Im Gegensatz zur Kostenvergleichsrechnung lassen sich bei der Gewinnvergleichsrechnung sowohl die absolute als auch die relative Vorteilhaftigkeit beurteilen: Gewinnvergleichsrechnung <?page no="180"?> 180 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Eine Alternative ist dann absolut vorteilhaft, wenn der Gewinn (G) größer null ist. Eine Alternative ist dann relativ vorteilhaft, wenn der Gewinn größer ist als die Gewinne der Vergleichsobjekte. Eine Unternehmung habe wiederum die Wahl zwischen den beiden Investitionsalternativen A und B: Die durchschnittlichen Umsätze belaufen sich auf: U A = 25.000 · 8 = 200.000 (€ / Jahr) U B = 28.000 · 8 = 224.000 (€ / Jahr) Zur Ermittlung der durchschnittlichen Kosten sind die folgenden Werte relevant: Für den durchschnittlichen Gewinn ergeben sich die folgenden Werte: G A = U A - K A = 200.000 - 174.600 = 25.400 € G B = U B - K A = 224.000 - 191.880 = 32.120 € Da beide Alternativen positive Werte (Durchschnittsgewinne) ausweisen, sind beide Alternativen absolut vorteilhaft. Relativ vorteilhaft ist Alternative B, da diese mit einem höheren Durchschnittsgewinn einhergeht. Als drittes statisches Verfahren wurde die Rentabilitätsvergleichsrechnung angeführt. Die Rentabilität ergibt sich aus: Rentabilität = durchschnittlicher Gewinn + durchschnittliche Zinsen _________ durchschnittliche Kapitalbindung Auch mit diesem Verfahren lassen sich die absolute und relative Vorteilhaftigkeit beurteilen: Absolut vorteilhaft ist eine Alternative dann, wenn Ausgangsdaten ( Gewinnvergleichsrechnung) K osten Tab. 21 | Tab. 22 | Daten O bj ekt A O bj ekt B A nschaffungspreis ( € ) N utz ungsd auer ( J ahre) Prod uktions- und A bsatz menge ( Stück/ J ahr) V erkaufspreis ( € ) V ariable Stückkosten ( € / Stück) K alkulationsz inssatz ( % ) L iq uid ationserlö s ( € ) 220. 000 10 20. 000 25 . 000 8 5 , 8 0 8 8 5 , 7 0 8 28 . 000 22. 000 10 24 0. 000 K osten ( € / J ahr) O bj ekt A O bj ekt B A bschreibungen Z insen V ariable K osten 20. 000 21. 8 00 9 . 6 00 10. 4 8 0 14 5 . 000 15 9 . 6 00 G esamtkosten 17 4 . 6 00 19 1. 8 8 0 Rentabilitätsvergleichsrechnung <?page no="181"?> 181 I n V e s t I t I o n die Rentabilität einen vom Entscheidungsträger (Investor) vorgegebenen Wert übersteigt. Relativ vorteilhaft ist eine Alternative hingegen, wenn ihre Rentabilität die der anderen Alternativen übersteigt. Der durch den Entscheidungsträger vorgegebene Wert kann sich z. B. am Kalkulationszinssatz orientieren. In diesem Fall führen die Gewinn- und Rentabilitätsvergleichsrechnung zum gleichen Ergebnis. Wird hingegen ein anderer Wert zugrunde gelegt, dann führt dies zu unterschiedlichen Ergebnissen: R A = 25.400 + 9.600 ___ 120.000 = 0,2917 = 29,17 % R B = 32.120 + 10.480 ___ 131.000 = 0,3252 = 32,52 % Damit ist Alternative B vorteilhafter als A, wobei beide Alternativen absolut vorteilhaft sind. Zielgröße der Amortisationsrechnung ist die Wiedergewinnungszeit (Amortisationszeit), d. h., es wird die Zeitspanne berechnet, innerhalb derer ein Investor das investierte Kapital über die Einnahmenüberschüsse zurückerhält. Es liegt folglich die Fiktion zugrunde, dass die mit einem Investitionsobjekt verbundenen Rückflüsse vollständig in die Amortisation des eingesetzten Kapitals flössen. Die Amortisationsdauer ergibt sich aus: Amortisationsdauer = eingesetztes Kapital (Anschaffungskosten) _______ durchschnittliche Rückflüsse Die durchschnittlichen Rückflüsse ergeben sich aus der Addition des durchschnittlichen Gewinnes und der Abschreibungen. Für das vorangegangene Beispiel lassen sich die folgenden Amortisationsdauern für die Alternativen A und B berechnen: AD A = 220.000 ___ 25.400 + 20.000 = 4,85 Jahre AD B = 240.000 ___ 32.120 + 21.800 = 4,45 Jahre Damit wäre Alternative B relativ vorteilhafter. Die absolute Vorteilhaftigkeit lässt sich nur dann beurteilen, wenn der Investor einen Grenzwert für die Amortisationsdauer vorgäbe. Läge dieser bei fünf Jahren, dann wären beide Alternativen absolut vorteilhaft. Teilweise wird die Amortisationsdauer als ein Maßstab für das mit einer Investition einhergehende Risiko interpretiert. Hierhinter steckt die Überlegung, dass das Ausgangsdaten ( R entabilitä tsvergleichsrechnung) | Tab. 23 R elev ante G rö ß en O bj ekt A O bj ekt B G ewinn ( € / J ahr) Z insen ( € / J ahr) K apitalbind ung ( € ) 25 . 4 00 3 2. 120 9 . 6 00 10. 4 8 0 120. 000 13 1. 000 Amortisationsrechnung <?page no="182"?> 182 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Risiko umso höher ist, je weiter die Zahlungen in der Zukunft anfallen. Je kürzer also die Amortisationszeit ist, desto früher ist der Kapitaleinsatz zurückgeflossen und die weiter in die Zukunft reichenden Zahlungen, die mit einem höheren Risiko verbunden sind, sind für die Amortisation nicht relevant. Da es aber keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Amortisationsdauer und den Risikofaktoren einer Investition gibt, ist die Amortisationsdauer kein adäquater Maßstab zur Abschätzung eines Investitionsrisikos. Den statischen Verfahren ist gemeinsam, dass es sich um Einperiodenmodelle handelt, d. h., die Nutzungsdauer einer Investition wird auf die Betrachtung einer Durchschnittsperiode reduziert. Hierdurch bleibt die zeitliche Struktur der Zahlungsströme unberücksichtigt. Dem Investor dürfte es aber nicht gleichgültig sein, ob Gewinne früher oder später erzielt werden. Darüber hinaus müssen Kapitaleinsatz und Nutzungsdauer der zu vergleichenden Investitionen gleich sein. Weisen Investitionen unterschiedlich hohe Anschaffungskosten auf, dann schlägt sich dies bei statischen Berechnungen in unterschiedlich hohen Abschreibungen nieder, mit der Konsequenz unterschiedlich hoher Restwerte. Was hiermit geschehen soll, fragt die statische Betrachtung nicht. Bei Nichterfüllung dieser Voraussetzung sind entweder Supplementinvestitionen (Ergänzungsinvestitionen) oder Anschlussinvestitionen in die Überlegungen einzubeziehen. Ein zentraler Vorteil ist hingegen in der einfachen Anwendung und der überschaubaren Datenbasis zu sehen. Insbesondere aus diesem Grunde sind die statischen Verfahren von hoher praktischer Relevanz. D ynamische Verfahren Dynamische Verfahren berücksichtigen den Sachverhalt, dass Zahlungen, konkret Ein- und Auszahlungen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen. Die Investitionsobjekte werden in dieser Sicht durch Ein- und Auszahlungsströme charakterisiert. Die Konsequenz dieser Betrachtung sei an einem Beispiel verdeutlicht: Ein Zahlungseingang in Höhe von 1.000 € zum heutigen Zeitpunkt (Nennwert) ist anders zu beurteilen als ein Zahlungseingang von 1.000 € in einem Jahr. Der Investor, der zum heutigen Zeitpunkt 1.000 € als Einzahlung erhält und diese anlegt, verfügt in einem Jahr nicht über 1.000 €, sondern es sind die angefallenen Zinsen für dieses Jahr zu berücksichtigen: K 1 = 1.000 + 1.000 · 4 % = 1.000 · (1 + 0,04) = 1.040 € Nach zwei Jahren ergibt sich dann: K 2 = 1.040 · (1 + 0,04) = 1.081,60 € usw. Einperiodenmodelle 3.3.2.2 | <?page no="183"?> 183 I n V e s t I t I o n Allgemein wächst ein Kapitalbetrag K 0 in t Jahren bei einem Zinssatz i auf (Endwert): K t = K 0 · (1 + i) t mit: (1 + i) t = Aufzinsungsfaktor Alternativ lässt sich aber auch der sogenannte Barwert einer Zahlung berechnen, wobei vom Endwert ausgegangen wird, um dann das Startkapital zu ermitteln, das erforderlich ist, um nach einem definierten Zeitraum einen bestimmten Endwert (Endkapital) zu erreichen. Hierbei ist K 0 unbekannt und K t bekannt. Es ergibt sich die folgende Rechnung: K t = K 0 · (1 + i) t K 0 = K t · 1 _ (1 + i) t K 0 = K t · (1 + i) - t Durch diese Vorgehensweise wird mit Hilfe des Kalkulationszinssatzes die Zeitpräferenz berücksichtigt, d. h. frühzeitige Einzahlungen werden seitens des Investors präferiert (Gesetz der Minderschätzung zukünftiger Zahlungen; Böhm-Bawerk 1851 - 1914). Den dynamischen Verfahren liegen die folgenden Prämissen zugrunde: rationales Verhalten des Investors, Zahlungsreihen (Ein-, Auszahlungen und Überschüsse) sind gegeben, der Kalkulationszinssatz ist für alle Perioden gleich, die Liquidität ist stets gewährleistet, es liegt ein vollkommener Kapitalmarkt vor (Homogenität des Kapitals, unbeschränkter Zugang für Nachfrager und Anbieter sowie vollständige Markttransparenz). Ein erstes dynamisches Verfahren ist die Kapitalwertmethode, wobei der Kapitalwert die Summe der auf den Zeitpunkt t = 0 mit dem Kalkulationszinssatz i diskontierten Zahlungen einer Investition ist. Die Differenz zwischen den Gegenwartswerten der Einzahlungen (e t ) und Auszahlungen (a t ) werden als Überschüsse (ü t ) bezeichnet: ü t = e t - a t Abbildung 63 zeigt das Prinzip der Diskontierung in anschaulicher Form. Der Kapitalwert C 0 ergibt sich dann aus: C 0 = Σ t = 0 T (e t - a t ) · q -t mit: q = (1 + i) Wird berücksichtigt, dass in t 0 Anschaffungsauszahlungen (a 0 ) für die Investition und am Ende der Nutzungsdauer (T) ein Liquidations- Barwert Zeitpräferenz Kapitalwertmethode … t 0 t 1 t 2 t 3 q - 1 q - 2 q = 1 + i q - 3 t mit: | Abb 63 Diskontierung <?page no="184"?> 184 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G erlös (L T ) anfällt, dann ergibt sich die folgende Berechnungsformel für den Kapitalwert: C 0 = - a 0 + Σ t = 1 T ü t · q - t - L T · q -T Eine Investition ist vorteilhaft, wenn die folgende Bedingung gilt: C 0 ≥ 0 Ist C 0 = 0, dann erwirtschaftet der Investor die gewünschte Verzinsung; ist C 0 > 0, dann ist die interne Verzinsung des Kapitals höher als der geforderte Kalkulationszinssatz. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Vorgehensweise, wobei zwei Investitionsobjekte als Alternativen offenstehen: Für Investitionsobjekt A ergibt sich der Kapitalwert (C 0 ) aus: C 0 A = -200.000 + 42.000 · 1,06 -1 + 50.000 · 1,06 -2 + 47.000 · 1,06 -3 + 51.000 · 1,06 -4 + 46.000 · 1,06 -5 + 30.000 · 1,06 -6 C 0 A = 20.775,90 € und für Investitionsobjekt B: C 0 B = -160.000 + 38.000 · 1,06 -1 + 35.000 · 1,06 -2 + 42.000 · 1,06 -3 + 35.000 · 1,06 -4 + 42.000 · 1,06 -5 + 10.000 · 1,06 -6 C 0 B = 8.845,50 € Da Alternative A einen höheren Kapitalwert aufweist, ist Alternative A der Alternative B vorzuziehen. Es stellt sich aber die Frage, ob es im Rahmen dieser Entscheidung notwendig ist zu berücksichtigen, dass die Alternativen mit unterschiedlichen Anschaffungskosten verbunden sind, d. h., es liegen unterschiedliche Kapitalbindungen vor. Aufgrund der formulierten Voraussetzung eines vollkommenen Kapitalmarktes ist es nicht erforderlich, dies über eine Ergänzungsinvestition zu berücksichtigen, weil der Kapitalwert einer fiktiven Investition (Ergänzungsinvestition) aufgrund dieser Annahme „null“ beträgt. Auf das Beispiel bezogen gilt dann: C 0 E = - 40.000 + (40.000 · 1,06) · 1,06 -1 C 0 E = 0 Dies gilt bei vollkommenem Kapitalmarkt auch bei unterschiedlichen Nutzungsdauern der Investitionsobjekte. Berechnungsformel für den Kapitalwert Ausgangsdaten ( K apitalwertberechnung) Tab. 24 | Daten O bj ekt A O bj ekt B A nschaffungskosten 200. 000 16 0. 000 N utz ungsd auer 5 J ahre 5 J ahre 10. 000 3 0. 000 L iq uid ationserlö s E innahmeüberschüsse ü t = e t - a t in K alkulationsz inssatz 4 2. 000 3 8 . 000 5 0. 000 3 5 . 000 4 2. 000 4 7 . 000 5 1. 000 3 5 . 000 4 6 . 000 6 % 6 % t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 4 2. 000 <?page no="185"?> 185 I n V e s t I t I o n Das dynamische Verfahren der Kapitalwertmethode weist im Gegensatz zu den statischen Verfahren eine höhere Realitätsnähe auf, weil explizit unterschiedliche Zeiträume in die Überlegungen aufgenommen werden. Hierdurch bedingt sind entsprechende Prognosen für die zukünftigen Ein- und Auszahlungen, der Nutzungsdauer und der Liquidationserlöse am Ende der Nutzungsdauer notwendig. Bedingt durch die Langfristigkeit der Investitionen stellt sich das Problem der Einbeziehung der Inf lation und dem damit verbundenen Kaufkraftverlust. Die Inflation beeinflusst dabei die Ein- und Auszahlungen, aber auch den zur Diskontierung verwendeten Zinssatz. Eine Möglichkeit, Preissteigerungen bei den Ein- und Auszahlungen zu berücksichtigen, ist in der Verwendung von Preisindizes zu sehen, d. h., mit ihrer Hilfe sind dann zum Beginn des Planungszeitraumes Preise zu prognostizieren. Unter Index oder Indexzahl ist eine Messzahl zu verstehen, bei der mehrere Wert- (Preise) oder Mengengrößen (z. B. Auftragseingänge, Arbeitsproduktivität) eines Zeitraumes zu den entsprechenden Wert- oder Mengengrößen eines Basiszeitraumes (Zeitraum, dessen Wert gleich 100 gesetzt wird) in einer Kennzahl in Beziehung gesetzt werden. Indizes sind folglich prozentuale Angaben für Veränderungen (z. B. Preise, Beschäftigung, Lebenshaltungskosten). Preis- und Mengenindizes lassen sich nach Laspeyres, Paasche und Fisher berechnen (vgl. hierzu im Einzelnen z. B. Mosler / Schmid 2009, Kapitel 4). Im Folgenden seien kurz die Preisindizes vorgestellt: Es seien n Güter gegeben und es gelten folgende Spezifikationen: q i 0 = Menge des Gutes i in der Basisperiode (0) q i t = Menge des Gutes i in der Basisperiode (t) p i 0 = Preis des Gutes i in der Basisperiode (0) p i t = Preis des Gutes i in der Basisperiode (t) Preisindex nach Laspeyres: Basisperiode p i 0 ; q i 0 I L a t = ∑ p i t · q i 0 __ ∑ p i 0 · q i 0 Preisindex nach Paasche: Basisperiode p i t ; q i t I Pa t = ∑ p i t · q i t __ ∑ p i 0 · q i t Preisindex nach Fisher: I Fr t = √----- I L a t · I Pa t Laspeyres und Paasche sind die geläufigsten Indizes. Während bei Laspeyres die Gewichte aus der Basisperiode stammen, werden bei Paasche die Gewichte aus der Berichtsperiode verwendet. Preisindizes Info <?page no="186"?> 186 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Von zentraler Bedeutung sind dabei die mit der Investition verbundenen laufenden Ein- und Auszahlungen über die gesamte Nutzungsdauer. Die Einzahlungen resultieren insbesondere aus dem Verkauf der mit dem Investitionsobjekt erstellten Leistungen (Produkte). Sie ergeben sich aus der Multiplikation der Absatzmengen mit den realisierten Preisen. Es sind folglich differenzierte Absatzplanungen erforderlich, die mit Unsicherheiten behaftet sind. Ein zusätzliches Problem ist darin zu sehen, dass sich Einzahlungen nicht einem einzelnen Investitionsobjekt zuordnen lassen, weil absetzbare Produkte i. d. R. aus dem Zusammenwirken mehrerer Betriebsmittel resultieren. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist darin zu sehen, dass mehrere Betriebsmittel zu einem Verbund zusammengefasst werden, der dann als aggregiertes Investitionsobjekt interpretiert wird. Handelt es sich hingegen um Investitionsobjekte, die dem Auf bau der Infrastruktur eines gesamten Funktionsbereiches dienen, dann lässt sich der Einfluss auf die Einzahlungen kaum abschätzen. In der Praxis gelangen hierbei häufig Verrechnungspreise ( s iehe Glossar) zum Ansatz. Laufende Auszahlungen werden durch den Einsatz aller Produktionsfaktoren hervorgerufen. Generell sind die Auszahlungen, die ursächlich durch die Investitionsobjekte auftreten, kaum isolierbar (vgl. auch die laufenden Einzahlungen). Hinzu kommt, dass Investitionen (z. B. Rationalisierungsinvestitionen) auch mit einer Reduzierung der Auszahlungen verbunden sein können. Ein weiteres Problem im Rahmen der Kapitalwertmethode ist in der Prognose des Liquidationserlöses am Ende der Nutzungsdauer zu sehen. Diese Prognose gestaltet sich deshalb schwierig, weil in den Liquidationserlös einerseits Einzahlungen (Verkauf des Objektes oder einzelner Teile) und anderseits Auszahlungen (für Demontage, Entsorgung) einfließen und der Zeitpunkt, zu dem dieser Erlös (es könnte sich auch ein negativer Wert ergeben) auftreten wird, weit in der Zukunft liegt. Folglich ist beim Liquidationserlös von einer hohen Unsicherheit auszugehen, zumal zum Planungszeitpunkt keine fundierten Aussagen darüber getroffen werden können, wie die zukünftige Zahlungsbereitschaft potentieller Interessenten sein wird. Ebenso ist die Festlegung des Kalkulationszinssatzes zu thematisieren. Eine erste Möglichkeit zu seiner Bestimmung ist in der Orientierung an den Finanzierungskosten zu sehen: Bei Eigenfinanzierung kann die erzielbare Verzinsung einer alternativen Anlage herangezogen werden. Liegt Fremdfinanzierung vor, dann kann auf die Fremdkapitalverzinsung zurückgegriffen werden. aggregiertes Investitionsobjekt <?page no="187"?> 187 I n V e s t I t I o n Bei einer kombinierten Eigen- und Fremdfinanzierung kann ein gewogenes arithmetisches Mittel aus Eigen- und Fremdkapitalkosten genommen werden (Weighted Average Cost of Capital WACC): WACC = FK __ EK + FK · i FK + EK __ EK + FK · i EK mit: FK = Fremdkapital EK = Eigenkapital i FK = Fremdkapitalzins i EK = Verzinsung des Eigenkapitals Neben der Vergleichbarkeit der zur Auswahl stehenden Investitionsalternativen obliegt dem Kalkulationszinssatz die Aufgabe, gegenwärtige und zukünftige Investitionen zu erfassen, die geeignet sind, Kapitalbindungs- und Nutzungsdifferenzen zum Ausgleich zu bringen. Hierfür kann die Verzinsung der besten verdrängten Investitionsmöglichkeit (Opportunität) eingesetzt werden. In der Regel dürfte aber nicht bekannt sein, welche konkrete Investition durch das betrachtete Investitionsobjekt verdrängt wird. Theoretisch wäre es möglich, dies mit Hilfe eines Simultanplanungsansatzes zur Investitionsplanung zu lösen (vgl. Kern 1974, S. 268 ff.). Eine andere Möglichkeit wäre, die langfristige Durchschnittsrentabilität der Unternehmung heranzuziehen. Teilweise wird auch vorgeschlagen, die zukünftig durchschnittlich zu erwartende Verzinsung für Obligationen (Anleihen) zugrunde zu legen (vgl. hierzu kritisch Kruschwitz 2011, S. 83). Als zweiter dynamischer Ansatz sei auf die Annuitätenmethode eingegangen, die, wie die Kapitalwertmethode, von vorgegebenen Zahlungsreihen ausgeht. Die rechnerischen Größen, anhand derer die Vorteilhaftigkeit einer Investition beurteilt wird, unterscheiden sich zwar formal bei diesen beiden Methoden, jedoch weisen sie dieselbe mathematische Struktur auf, d. h., die Annuitätenmethode kann als eine mathematische Umformung der Kapitalwertmethode verstanden werden. Hierbei erfolgt eine Umformung der ursprünglichen Zahlungsreihe einer Investition in eine Zahlungsreihe, die die folgenden Merkmale aufweisen muss: äquivalent, d. h., die Kapitalwerte der ursprünglichen und der neuen Zahlungsreihe müssen gleich sein; äquidistant, d. h., die (fiktiven) Zahlungen fallen zu Zeitpunkten an, die jeweils gleich weit voneinander entfernt sind (i. d. R. wird das Jahresende unterstellt); uniform, d. h., die Zahlungen der neuen Zahlungsreihe sind gleich groß. Eine Zahlungsreihe, die diese Merkmale aufweist, wird dann als Annuität einer Investition bezeichnet. Für diese Umformung sind die beiden folgenden Schritte durchzuführen: Annuitätenmethode Annuität einer Investition <?page no="188"?> 188 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Berechnung des Kapitalwertes (C 0 ) der ursprünglichen Zahlungsreihe der Investition. Multiplikation des Kapitalwertes mit dem Kapitalwiedergewinnungsfaktor, der vom Kalkulationszinssatz und der Nutzungsdauer abhängt. Damit ergibt sich für die Annuität (A): A = C 0 · i · (1 + i) t __ (1 + i) t - 1 Kapitalwiedergewinnungsfaktor Somit gilt das folgende Entscheidungskriterium: Eine Investition ist dann vorteilhaft, wenn die Annuität größer „null“ ist. Ist zwischen mehreren Investitionen zu entscheiden, dann ist die Investition zu wählen, die die höchste Annuität aufweist. Die Annuität gibt folglich darüber Auskunft, welchen Betrag ein Investor am Ende der einzelnen Perioden innerhalb der angesetzten Nutzungsdauer entnehmen könnte, ohne hierdurch die Rückgewinnung des investierten Kapitals und die geforderte Verzinsung zu beeinträchtigen. Die Annuitätenmethode führt letztlich zum selben Ergebnis wie die Kapitalwertmethode, weil beide Methoden nicht nur formal übereinstimmen, sondern auch auf denselben Prämissen beruhen. Damit gelten auch die im Rahmen der Kapitalwertmethode formulierten Kritikpunkte. Als dritte finanzmathematische Methode sei die Interne-Zinsfuß-Methode vorgestellt, bei der als Zielgröße derjenige Zinsfuß (r) gesucht wird, bei dem der Kapitalwert einer Investition den Wert „null“ aufweist. Damit gilt: C 0 = Σ t = 0 T z t · (1 + r) -t = 0 mit: z = Zahlungen Eine absolute Vorteilhaftigkeit einer Investition ist dann gegeben, wenn deren interner Zinsfuß größer oder gleich einer erwarteten Mindestrendite (i min ) ist: r ≥ i min Damit ist der Investor gezwungen, einen subjektiv gewünschten Vergleichszinssatz zu fixieren. Liegen mehrere Investitionsalternativen zur Beurteilung vor, dann gilt für die relative Vorteilhaftigkeit: Wähle die Investitionsalternative mit dem höchsten internen Zinsfuß. Die Bestimmungsgleichung für den internen Zinsfuß ist dann zur Bestimmung des internen Zinsfußes nach r aufzulösen (vgl. Kruschwitz 2011, S. 93 ff.): Σ t = 0 T z t (1 + r) -t = 0 Entscheidungskriterium Interne-Zinsfuß-Methode <?page no="189"?> 189 I n V e s t I t I o n Dann ergibt sich für den Einperiodenfall (T = 1): z 0 + z 1 (1 + r) -1 = 0 r = - z 1 _ z 0 - 1 Für eine Investition mit der Zahlungsreihe − 200 (Anschaffungskosten), 210 (Einzahlungsüberschüsse) ergibt sich eine interne Verzinsung von r = 210 _ - 200 - 1 = 5 % Für den Mehrperiodenfall ist die Auflösung nach r nicht mehr so trivial. Für T = 2 (Zweiperiodenfall) gilt: z 0 + z 1 (1 + r) -1 + z 2 (1 + r) -2 = 0 Durch Multiplikation mit (1 + r) 2 und Division durch z 0 ergibt sich die folgende quadratische Gleichung: 1 + r 1, 2 = - z 1 _ 2 z 0 ± √ ------- z 1 2 _ 4 z 0 2 - z 2 _ z 0 r 1, 2 = - z 1 _ 2 z 0 ± √ --------- z 1 2 - 4 z 0 z 2 __ 4 z 0 2 - 1 = ± √------------ z 1 2 - 4 z 0 z 2 - z 1 ___ 2 z 0 - 1 Eine quadratische Gleichung der Form x 2 + p x + q = 0 hat die folgenden Lösungen: x 1 ,2 = - p _ 2 ± √ ----- p 2 _ 4 - q Nun zeigen sich jedoch bei der Anwendung der Internen-Zinsfuß-Methode mehrere Probleme: Nichtexistenz: Eine Investition hat keinen internen Zinsfuß. Mehrdeutigkeit: Eine Investition kann mehr als einen internen Zinsfuß besitzen (zu diesen Problemen vgl. ausführlich Kruschwitz 2011, S. 92 ff., der etwas pointiert die Kapitelüberschrift zur Internen-Zinsfuß-Methode um den Zusatz ergänzt „… ein Kapitel, das Sie eigentlich nicht lesen sollten“). Aufgrund dieser Probleme wird in der Praxis auf eine näherungsweise Ermittlung des internen Zinsfußes zurückgegriffen. Dies kann durch lineare Interpolation erfolgen. Zur Verdeutlichung sei zunächst in Abbildung 64 eine Kapitalwertfunktion dargestellt. Einperiodenfall Mehrperiodenfall Info lineare Interpolation <?page no="190"?> 190 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Zur Ermittlung des internen Zinsfußes sind die folgenden Berechnungen durchzuführen: Berechnung eines Kapitalwertes (C 01 ) für einen Kalkulationszinssatz (i 1 ), in dessen Nähe der interne Zinsfuß vermutlich liegt. Ergibt sich hierbei ein positiver (negativer) Kapitalwert, dann ist in einer zweiten Berechnung mit einem höheren (niedrigeren) Kalkulationszinssatz (i 2 ) ein zweiter Kapitalwert (C 02 ) zu bestimmen. Durch Bestimmung der beiden Kapitalwerte lässt sich dann eine Näherungslösung für den internen Zinsfuß (i) mit Hilfe einer linearen Interpolation ermitteln: ˆ r = i 1 - C 01 · i 2 - i 1 __ C 02 - C 01 In Abhängigkeit von der geforderten Genauigkeit kann diese Berechnung in analoger Weise weitergeführt werden. Ein anderes Näherungsverfahren zur Bestimmung des internen Zinsfußes stellt die Newton-Iteration dar: Zunächst wird für einen bestimmten Kalkulationszinssatz (i 1 ), in dessen Nähe der interne Zinsfuß vermutet wird, der Kapitalwert (C 01 ) berechnet sowie die erste Ableitung dieses Kapitalwertes nach dem Kalkulationszinssatz ( d C 01 _ d i ) bestimmt. Mit diesen Werten wird dann eine Näherungslösung für den internen Zinsfuß ermittelt: ˆ r = i 1 - C 01 __ d C 0 / d i mit: d C 0 _ d i = Σ t = 0 T - t · z t · (1 + i) -t - 1 Z inssatz K apitalwertfunktion r i 1 ˆr C 02 C 01 C 0 mit: r = interner Z insfuß ˆr = errechneter interner Z insfuß d urch lineare I nterpolation i 1 = K alkulationsz insfuß für K apitalwert C 01 i 2 = K alkulationsz insfuß für K apitalwert C 02 i 2 Abb 64 | Lineare Interpolation zur Bestimmung des internen Zinsfußes Info <?page no="191"?> 191 I n V e s t I t I o n In Abhängigkeit von der geforderten Genauigkeit der Annäherung an den tatsächlichen internen Zinsfuß sind dann weitere Iterationen durchzuführen. Dabei ist es üblich, eine Schranke ( e ) vorzugeben, die letztlich ein Abbruchkriterium darstellt: ˆr t - ˆr t - 1 < e Ein interner Zinsfuß gibt die Effektivverzinsung des in einer Investition gebundenen Kapitals wieder und wird daher auch als kritischer Zinssatz interpretiert. So lohnt sich eine Fremdfinanzierung eines Investitionsobjektes nur dann, wenn die Fremdkapitalzinsen niedriger sind als der interne Zinsfuß. Die im Rahmen der statischen Methoden vorgestellte Amortisationsrechnung lässt sich auch dynamisieren. Hierbei ist die Amortisationszeit zu bestimmen, d. h., es geht um den Zeitraum, innerhalb dessen das für eine Investition eingesetzte Kapital durch Einzahlungsüberschüsse wiedergewonnen wird. Dabei gilt, dass ein Investitionsobjekt dann absolut vorteilhaft ist, wenn die Amortisationszeit kürzer ist als ein durch den Investor vorgegebener Grenzwert. Ein Investitionsobjekt ist dann relativ vorteilhaft, wenn seine Amortisationszeit kürzer ist als die der anderen zur Wahl stehenden Alternativen. Im Gegensatz zur statischen Variante dieser Methode berücksichtigt die dynamische Variante den Zeitpunkt der anfallenden Zahlungen mit Hilfe des Zinseszinseffektes. Letztlich ergibt sich die dynamische Amortisationsdauer daraus, dass die Barwerte der Einzahlungsüberschüsse solange kumuliert werden, bis diese kumulierten Barwerte erstmals „null“ oder positiv sind. Ist der erste nicht negative Wert größer als „null“, dann liegt die Amortisationszeit (AZ) in der Periode, deren Ende betrachtet wurde. Aus der Tabelle geht hervor, dass die kumulierten Barwerte in der fünften Periode erstmals positive Werte annehmen. Die Amortisationszeit (AZ) lässt sich dann mit Hilfe einer linearen Interpolation bestimmen: AZ ≈ t* + C t* __ C t* - C t* + 1 mit: t* = Periode, in der der kumulierte Barwert letztmalig negativ war dynamische Amortisationsdauer D ynamische Amortisationsrechnung | Tab. 25 Z eit ( J ahr) 0 1 2 3 4 5 E inz ahlungsüberschüsse ( e t - a t ) Überschussbarwerte ( i = 10 % ) Kumuli erte B arwerte 5 2. 000 6 0. 000 6 5 . 000 6 0. 000 5 0. 000 4 7 . 27 2, 7 3 4 9 . 5 8 6 , 7 8 4 8 . 8 3 5 , 4 6 4 0. 9 8 0, 8 1 3 1. 04 6 , 07 - 15 2. 7 27 , 27 - 103 . 14 0, 4 9 - 5 4 . 3 05 , 03 - 13 . 3 24 , 22 + 17 . 7 21, 8 5 - 200. 000 - 200. 000, 00 - 200. 000, 00 <?page no="192"?> 192 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Für das Beispiel ergibt sich: AZ = 4 + 13.328,30 ____ -13.328,30 - 17.716,70 AZ ≈ 4,43 Jahre Dass der dynamischen Amortisationsrechnung zugrunde liegende Modell ist das Kapitalwertmodell, d. h., es gelten die gleichen Kritikpunkte wie im Rahmen der Kapitalwertmethode, wobei der Rechenaufwand deutlich höher ist. Als letzte Methode sollen die vollständigen Finanzpläne dargestellt werden. Zentral für die Methode der vollständigen Finanzpläne (VOFI-Methode) ist eine Tabelle, in der der „… einem Investitionsobjekt zugeordnete Anfangsbestand an liquiden Mitteln sowie die zurechenbaren Zahlungen einschließlich der monetären Konsequenzen finanzieller sowie weiterer investiver Maßnahmen (z. B. Re- und Erweiterungsinvestitionen) explizit dargestellt“ (Grob 2001, S. 95 f.) werden. Darüber hinaus werden in einem VOFI die einer Investition zurechenbaren Ertragsteuerzahlungen erfasst. Ein VOFI umfasst dabei originäre und derivative Daten. Während zu den originären Daten die Zahlungsreihe und der Anfangsbestand an liquiden Mitteln zählen, sind Finanzierungs- und Steuerzahlungen, die aus der Datenbasis abgeleitet werden, als derivative Daten zu bezeichnen. Grob (2001, S. 100 ff.) schlägt vor, standardisierte Tabellen einzusetzen (vgl. Tabelle 26 ohne Steuerzahlungen). Als Zielgröße sei im Folgenden der Endwert eines Investitionsobjektes herangezogen (zu weiteren Zielgrößen vgl. Grob 2001, S. 105 ff.), der aus dem VOFI ablesbar ist. Er ergibt sich als Saldo der Guthaben- und Kreditbestände am Ende des Planungszeitraumes (Bestandssaldo). Der Endwert der Investition vollständige Finanzpläne VOFI-Tabelle ( 2. Variante) Tab. 26 | t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 . . . Z ahlungsreihe Eigenk apital K redit mit R atentilgung K redit mit Endtilgung K ontok orrentk redit Geldanlage pauschal Finanzierungssaldo B estandsgrö ß en K reditstand Guthaben pauschal K redit mit Annuitä tentilgung B estandssaldo - E ntnahme + E inlage + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen - G eld anlage + A uflö sung + H abenz insen R atentilgung E nd tilgung A nnuitätentilgung K ontokorrent <?page no="193"?> 193 I n V e s t I t I o n EW M ist dem Endwert der Opportunität (EW O ) gegenüberzustellen, wobei die (positive) Differenz zwischen diesen Endwerten als zusätzlicher Endwert (� EW) bezeichnet wird: � EW = EW M - EW O Als Entscheidungsgrundlage gilt dann: Eine Investition ist dann vorteilhaft, wenn der Endwert der Investition größer ist als der Endwert der Opportunität, d. h., der dem Investitionsobjekt zurechenbare Endwert ist positiv. Auch der VOFI sei an einem Beispiel erläutert (vgl. hierzu Grob 2001, S. 114 ff.): Zu Beginn der Planungsperiode stehen 50.000 € in liquider Form zur Verfügung, um eine Investition zu finanzieren. Eine anderweitige Verwendung der Mittel (Opportunität) erbringe eine 6 %ige Verzinsung. Der Zinssatz für eine kurzfristige Anlage überschüssiger Mittel betrage 4 %. In Höhe von 30.000 € wird ein Kredit mit Ratentilgung ( s iehe Glossar) und 25.000 € werden als Kredit mit Endtilgung aufgenommen. Der Zinssatz betrage 5 % bei einer Laufzeit von vier Jahren. Die restlichen Mittel werden über einen Kontokorrentkredit finanziert, wobei ein Zinssatz von 14 % anzusetzen ist. Die Zinszahlungen fallen am Periodenende an, und die Verzinsung bezieht sich auf das am jeweiligen Periodenbeginn gebundene Kapital. Überschüssige Mittel werden unmittelbar zur Tilgung des Kontokorrentkredites eingesetzt. Damit ergibt sich der folgende vollständige Finanzplan (vgl. Tabelle 27). Der Endwert des betrachteten Investitionsobjektes beträgt 65.427,17 €. Für den Endwert der Opportunität ergibt sich dann 50.000 · 1,06 5 = 66.911,28 €. Dies bedeutet, dass die Investition nicht vorteilhaft ist. Ein zentrales Problem der VOFI ist in der mangelnden Zurechenbarkeit der Finanzierungsvorgänge zu den betrachteten Investitionen zu sehen: „Wegen der Unteilbarkeit der finanziellen Sphäre einer Unternehmung ist eine Planung für einzelne Investitionsobjekte („Partialplanung“) logisch nicht haltbar.“ (Grob 2001, S. 110). Da jedoch eine Totalplanung ( s iehe Glossar) nicht realistisch ist, gehen die Vertreter der vollständigen Finanzplanung davon aus, dass die Hypothese der Zurechenbarkeit des Eigen- und Fremdkapitals auf die Investitionsobjekte vertretbar sei (vgl. hierzu kritisch Altrogge 1996, S. 41). Einen zentralen Vorteil sieht Grob (2001, S. 110) darin, dass mit der vollständigen Finanzplanung eine höhere Transparenz der Entscheidungssituation geschaffen werde. Darüber hinaus sei angemerkt, dass die VOFI mit den Prämissen der Kapitalwertmethode übereinstimmt. <?page no="194"?> 194 f u n K t I o n s B e r e I c h e d e r u n t e r n e h m u n G Auf der Grundlage von Beispielrechnungen wurden die unterschiedlichen Verfahren der statischen und dynamischen Investitionsrechnung vorgestellt. Dabei wurde zwischen absoluter und relativer Vorteilhaftigkeit der Investitionsalternativen unterschieden und aufgezeigt, unter welchen Bedingungen diese Ausprägungen der Vorteilhaftigkeit zielorientierte Aussagen zulassen. Deutlich wurde dabei, dass bei den statischen Verfahren die Kostenvergleichsrechnung Informationen für die Gewinnvergleichsrechnung und diese wiederum Informationen für die Rentabilitätsvergleichsrechnung zur VOFI ( B eispiel) Tab. 27 | t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 t = 5 - 120. 000 3 0. 000 3 0. 000 28 . 000 3 0. 000 25 . 000 5 0. 000 3 0. 000 - 7 . 5 00 - 1. 5 00 - 7 . 5 00 - 1. 125 0 0 - 7 . 5 00 - 3 7 5 - 7 . 5 00 - 7 5 0 25 . 000 - 1. 25 0 - 1. 25 0 0 0 - 25 . 000 - 1. 25 0 - 1. 25 0 15 . 000 - 12. 6 5 0 - 2. 100 - 2. 3 5 0 - 3 29 0 0 0 0 0 0 - 17 . 4 4 6 - 21. 19 7 , 8 4 - 3 1. 3 6 2, 5 8 4 . 5 7 9 , 25 1. 5 4 5 , 7 5 1. 3 6 2, 5 8 6 9 7 , 8 4 0 0 0 0 0 0 3 0. 000 22. 5 00 15 . 000 7 . 5 00 0 0 0 0 0 0 0 0 25 . 000 25 . 000 25 . 000 25 . 000 15 . 000 2. 3 5 0 17 . 4 4 6 3 8 . 6 4 3 , 8 4 3 4 . 06 4 , 5 9 - 22. 5 5 4 - 4 9 . 8 5 0 - 7 0. 000 6 5 . 4 27 , 17 3 4 . 06 4 , 5 9 6 . 14 3 , 8 4 6 5 . 4 27 , 17 Z ahlungsreihe Eigenk apital K redit mit R atentilgung K redit mit Endtilgung K ontok orrentk redit Geldanlage pauschal Finanzierungssaldo B estandsgrö ß en K reditstand Guthaben pauschal B estandssaldo - E ntnahme + E inlage + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen - G eld anlage + A uflö sung + H abenz insen + A ufnahme - T ilgung - Sollz insen R atentilgung E nd tilgung K ontokorrent Z usammenfassung <?page no="195"?> 195 I n V e s t I t I o n Verfügung stellt. Die statische Amortisationsrechnung greift dann wiederum auf Informationen der Rentabilitätsvergleichsrechnung zurück. Bei den dynamischen Verfahren zeigte sich, dass die Kapitalwertmethode eine zentrale Bedeutung für die Annuitätenmethode, für die Interne-Zinsfuß-Methode und für die vollständigen Finanzpläne hat. 1 Skizzieren Sie die Prämissen der statischen Verfahren. 2 Erklären Sie, weshalb eine Investition mit einem Kapitalwert C o = 0 ökonomisch vorteilhaft ist. 3 Weshalb ist es im Rahmen der Kapitalwertmethode nicht erforderlich, bei unterschiedlichen Anschaffungskosten der betrachteten Investitionsobjekte eine Ergänzungsinvestition in die Berechnung aufzunehmen? 4 Skizzieren Sie unterschiedliche Möglichkeiten zur Festlegung des Kalkulationszinssatzes. 5 Welche Merkmale muss eine Zahlungsreihe aufweisen, damit von einer Annuität gesprochen werden kann? 6 Skizzieren Sie die Probleme, die bei Anwendung der Internen-Zinsfuß-Methode auftreten können. 7 Erklären Sie die Idee der vollständigen Finanzpläne. b ieG / k ußMaul (2009); G ötZe (2008); h ölscher (2010); k ruschwitZ (2011). Fragen L iteratur <?page no="196"?> 196 Als funktionsübergreifende Aufgaben werden das (interne und externen) Rechnungswesen, die Planung, Organisation und Kontrolle behandelt. Bei diesen übergreifenden Aufgaben werden neben terminologischen Überlegungen und einer Differenzierung der Erscheinungsformen die aus unserer Sicht zentralen Aspekte in den jeweiligen Aufgabenbereichen vorgestellt. R echnungswesen Neben grundlegenden begrifflichen Abgrenzungen werden im vorliegenden Abschnitt das interne und externe Rechnungswesen behandelt. Im Rahmen des internen Rechnungswesens wird zunächst die Grundstruktur der Kostenrechnung auf der Grundlage eines Beispiels verdeutlicht. Aufbauend auf einer Systematisierung der Kostenrechnungssysteme werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Vollkosten- und Teilkostenrechnungssysteme vorgestellt. Der Abschnitt „Externes Rechnungswesen“ thematisiert zunächst die Bestandteile des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang) und geht dann auf die Grundlagen der Finanzbuchhaltung ein. Die Funktionen des Jahresabschlusses beschließen diesen Abschnitt. Fun k tions ü bergreifende Aufgaben 4 | 4.1 Rechnungswesen 4.2 Planung 4.3 Organisation 4.4 Kontrolle Inhalt Ü bersicht Ü bersicht 4.1 | <?page no="197"?> 197 r e c h n u n G s w e s e n Das betriebliche Rechnungswesen ist ein zentraler Bestandteil des unternehmungsbezogenen Informationssystems. Hierzu gehören die elementaren Aufgaben der Informationsbeschaffung und -bereitstellung, Informationsbearbeitung, -speicherung und -abgabe. Als Adressaten des Rechnungswesens sind einerseits die internen (Management) und anderseits die externen Adressaten zu nennen (Gläubiger, Aktionäre, Finanzbehörden etc.). Auf dieser Grundlage wird zwischen internem und externem Rechnungswesen unterschieden. Das interne Rechnungswesen besteht aus den Elementen Betriebsbuchhaltung, Kosten- und Erlösrechnung (Plan- und Istkostenrechnung) sowie weiteren Planungsrechnungen (z. B. Produktions- und Finanzplanung). Zentrale Größen des betrieblichen Rechnungswesens sind dabei Ein- und Auszahlungen, Ein- und Ausgaben, Aufwendungen und Erträge sowie Kosten und Leistungen, die es im Folgenden abzugrenzen gilt. Zum externen Rechnungswesen zählen die Finanzbuchhaltung als Basis für den Jahresabschluss, der im Wesentlichen aus den Elementen Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang besteht (regelmäßige Erfassung) sowie im Rahmen einer fallweisen Erfassung Sonderbilanzen, Kreditstatus, Sonderprüfungen und Betriebsvermögensermittlung. Aufgabe der weiteren Ausführungen ist es, Einblicke in die Grundlagen des internen und externen Rechnungswesens zu geben. Grundlegungen Zentrales Element des internen Rechnungswesens ist die Kostenrechnung. Damit stellt sich zunächst die Frage, was unter Kosten zu verstehen ist. In der betriebswirtschaftlichen Literatur sind primär zwei Interpretationen des Kostenbegriffs zu finden, und zwar der wertmäßige und der pagatorische. Gemeinsam ist diesen Begriffen, dass es um die Bewertung der eingesetzten Produktionsfaktoren geht. Allgemein werden Kosten als bewerteter, sachzielbezogener Güterverzehr definiert. Damit lässt sich der Kostenbegriff durch die Merkmale Verzehr, Sachzielbezogenheit und Bewertung charakterisieren. Kosten setzen einen Verzehr von Gütern voraus, wobei unter Verzehr sowohl der Geals auch der Verbrauch zu verstehen ist. Der Gebrauch schlägt sich in der Abnutzung der zum Einsatz gelangenden Potentialfaktoren (z. B. Maschine) nieder. Darüber hinaus zählt hierzu auch die Nutzung der bereitgestellten Infrastruktur und der Rechtsordnung (Kostensteuern). | 4.1.1 Kostenbegriff <?page no="198"?> 198 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Mit dem Merkmal Sachzielbezogenheit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Güterverzehr in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sachziel der Unternehmung stehen muss. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Güterverzehr ursächlich durch die sachzielbezogene Gütererstellung hervorgerufen wird (Verursachungsprinzip), sondern es reicht aus, dass der Güterverzehr auf das Sachziel einwirkt, d. h., ohne den Güterverzehr wäre die Realisation des Sachziels nicht möglich ( E inwirkung s prin z ip; vgl. Freidank 2012, S. 7). Demgegenüber basiert das Verursachungsprinzip auf einer finalen Beziehung zwischen Güterverzehr (Wirkung) als Mittel zur Erstellung der Güter des Sachziels und folglich als durch diese verursacht (vgl. Freidank 2012, S. 8). Hinsichtlich der Merkmale „Verzehr“ und „ Sachzielbezogenheit“ stimmen der wertmäßige und der pagatorische Kostenbegriff überein. Der entscheidende Unterschied ist im Merkmal „Bewertung“ zu sehen. Beim wertmäßigen Kostenbegriff werden die Wertansätze im Rahmen des jeweiligen Verwendungszwecks konkretisiert. Bewertungsgrundlage ist der sogenannte monetäre Grenznutzen, der sich aus den Grenzausgaben und den Opportunitätskosten zusammensetzt. Die Grenzausgaben entsprechen den Anschaffungsausgaben der letzten verzehrten Gütereinheit. Unter Opportunitätskosten ist der monetäre Nutzenentgang für die nächstbeste, nicht realisierte Verwendung einer Gütereinheit des betrachteten Produktionsfaktors zu verstehen. Unterliegt der Produktionsfaktor in einer Bewertungssituation keinen Beschränkungen, dann nehmen die Opportunitätskosten den Wert „null“ an, so dass in dieser Situation Grenzausgabe und monetärer Grenznutzen gleich sind. Damit fließen in den wertmäßigen Kostenbegriff nicht nur der Beschaffungspreis, sondern auch die individuelle Nutzenvorstellung eines Entscheiders ein. Demgegenüber erfolgt beim pagatorischen Kostenbegriff die Bewertung auf der Grundlage der historischen oder planmäßigen Anschaffungspreise. Er knüpft folglich an Zahlungsmittelbewegungen an, d. h. an die bei der Beschaffung anfallenden Entgelte. Dies geht mit der Konsequenz einher, dass die sachzielbezogenen Güterverzehre, für die am Beschaffungsmarkt Einwirkungsprinzip W irkung Sachz ielbez ogene G üterstellung U rsache G üter v erz ehr v erursacht ( wirkt ein auf ) W irkung Sachz ielbez ogene G üterstellung U rsache G üter v erz ehr v erursacht ( wirkt ein auf ) Abb 65 | Abb 66 | Einwirkungsprinzip Verursachungsprinzip Verursachungsprinzip wertmäßiger Kostenbegriff monetärer Grenznutzen pagatorischer Kostenbegriff <?page no="199"?> 199 r e c h n u n G s w e s e n kein Entgelt bezahlt wurde, mit „null“ anzusetzen sind. Um die unentgeltlich überlassenen Einsatzgüter trotzdem in die Kostenrechnung einzubeziehen, wird von der Annahme ausgegangen, dass alle in den Leistungserstellungs- und -verwertungsprozess einfließenden Güter entgeltlich erworben wurden (vgl. Friedl 2010, S. 30). In den weiteren Ausführungen wird von einem wertmäßigen Kostenbegriff ausgegangen, weil ihm eine umfassendere Sichtweise zugrunde liegt. So bestehen Freiheitsgrade bei den Wertansätzen, die in Abhängigkeit des Rechnungszieles gewählt werden können (z. B. Anschaffungs-, Tages-, Wiederbeschaffungspreise). Unter Leistungen sind die bewerteten, sachzielbezogenen Real- und Nominalgütererstellungen (z. B. in Kreditinstituten) in einer Rechnungsperiode zu verstehen, wobei die folgenden Leistungsarten zu unterscheiden sind: Absatzleistungen (Erlöse), Lagerleistungen (Bestandserhöhungen) und innerbetriebliche Leistungen (z. B. selbst erstellte Anlagen). In einem nächsten Schritt sind Kosten und Aufwand voneinander abzugrenzen. Aufwand ist ein Begriff des Handels- und Steuerrechts. Gesetzliche Regelungen legen folglich die Bewertung des Güterverbrauchs nach Art und Umfang fest (bilanzielle Wertansätze). Die folgende Abbildung gibt die Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten wieder. Aus Abbildung 67 geht hervor, dass sich einerseits Kosten und Aufwand decken (Zweckaufwand = Grundkosten) und anderseits Unterschiede gegeben sind, wobei sich zwei Gruppen bilden lassen: Leistungen Aufwand Sachz ielfremd er A ufwand Period enfremd er A ufwand A uß erord entlicher A ufwand B ewertungsbed ingter A ufwand N eutraler A ufwand A ufwand , d em K osten in and erer H ö he gegenüberstehen A ufwand Z weckaufwand ( A ufwend ungen = K osten G rund kosten ( K osten = A ufwend ungen) A nd erskosten K alkulatorische K osten K osten Z usatz kosten A ufwand , d em keine K osten gegenüberstehen | Abb 67 Abgrenzung von Kosten und Aufwand <?page no="200"?> 200 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Aufwendungen, die keine Kosten sind (neutrale Aufwendungen): ● Sachzielfremder Aufwand dient nicht der Realisation des Sachziels. Als Beispiele seien Spenden an karitative Einrichtungen genannt. ● Periodenfremder Aufwand ist zwar sachzielbezogener Güterverbrauch, er wurde aber in einer vorherigen Periode verursacht und konnte noch nicht vollständig erfasst werden. Als Beispiel sei die Gewerbesteuernachzahlung erwähnt. ● Außerordentlicher Aufwand entsteht durch Güterverbrauch, der nach Art und Umfang im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit nicht zu erwarten ist (z. B. Schäden durch Hochwasser, Brand an Anlagegütern oder auch Forderungsausfälle (außerplanmäßige Abschreibungen)). ● Bewertungsbedingter Aufwand entsteht durch unterschiedliche Bewertungen im internen und externen Rechnungswesen (z. B. bei kalkulatorischen und bilanziellen Abschreibungen). Kosten, die keine Aufwendungen sind (kalkulatorische Kosten). Ihnen steht entweder kein Aufwand oder ein Aufwand in anderer Höhe gegenüber: ● Zusatzkosten sind Kosten, die keine Aufwendungen darstellen (auch als aufwandslose Kosten bezeichnet). Beispiele sind kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital, kalkulatorische Miete und kalkulatorischer Unternehmerlohn. ● Anderskosten sind aufwandsungleiche Kosten, wie etwa kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische Fremdkapitalzinsen und kalkulatorische Wagnisse, die im externen Rechnungswesen als außerordentlicher Aufwand erfasst werden. Bei Zweckaufwand und Grundkosten stimmen Aufwand und Kosten nach Art, Umfang und Bewertung des Güterverzehrs überein. Als Beispiele seien Löhne und Gehälter der Mitarbeiter in der Produktion oder im administrativen Bereich angeführt. Weitere zentrale Größen des Rechnungswesens sind Ein- und Auszahlungen sowie Einnahmen und Ausgaben. Ein- und Auszahlungen gehen mit Veränderungen des Zahlungsmittelbestandes einher, der sich aus den Beständen an Bargeld und Buchgeld (jederzeit verfügbare Guthaben bei Kreditinstituten) zusammensetzt. Während Einzahlungen Zahlungsmittelzuflüsse darstellen und zu einer Erhöhung des Zahlungsmittelbestandes führen, sind Auszahlungen mit einem Zahlungsmittelabfluss verbunden und verringern den Zahlungsmittelbestand. Einnahmen (Erhöhung des Geldvermögens) und Ausgaben (Reduzierung des Geldvermögens) beziehen sich hingegen auf das Geldvermögen, das sich wie folgt ermitteln lässt: neutrale Aufwendungen kalkulatorische Kosten Einzahlungen Auszahlungen Einnahmen Ausgaben Geldvermögen <?page no="201"?> 201 r e c h n u n G s w e s e n Zahlungsmittelbestand + alle übrigen Forderungen - Verbindlichkeiten = Geldvermögen Beim Geldvermögen werden folglich auch Kreditvorgänge in die Überlegungen einbezogen, die beim Zahlungsmittelbestand außer Betracht bleiben. Die Beziehungen zwischen Einzahlungen und Einnahmen sowie Auszahlungen und Ausgaben werden in Abbildung 68 dargestellt (Götze 2007, S. 5). Als letztes Begriffspaar seien Aufwendungen und Erträge genannt, mit denen Veränderungen des Nettovermögens (Reinvermögen) erfasst werden, das sich aus den Geld- und Sachvermögen zusammensetzt. Erträge sind dann positive Veränderungen des Nettovermögens (Wertzuwächse), Aufwendungen verringern das Nettovermögen. Ursächlich für die Unterschiede zwischen Einnahmen und Erträgen sowie Ausgaben und Aufwendungen sind primär Lagerbestandsveränderungen. Abbildung 69 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Konstellationen (Götze 2007, S. 6). Internes R echnungswesen Grundstruktur der Kostenrechnung Die Kostenrechnung soll Informationen über das unternehmungsinterne Geschehen erfassen, aufbereiten und bereitstellen (Abbildung und Dokumentation der Unternehmungsprozesse), um diese zu planen, zu steuern und zu kontrollieren. Grundsätzlich lassen sich die beiden Phasen der Kostenerfassung (Messung der Verbrauchsmengen und Güterpreise) und der Kostenverteilung (Zuordnung der erfassten Kosten auf Kostenstellen F all 1: E inz ahlungen, d ie keine E innahmen sind ( K red itaufnahme) F all 2: E inz ahlungen, d ie E innahmen sind ( B ar v erkauf erstellter Prod ukte) F all 3 : E innahmen, d ie keine E inz ahlungen sind ( Z ielv erkauf erstellter Prod ukte) F all 4 : A usz ahlungen, d ie keine A usgaben sind ( K red ittilgung) F all 5 : A usz ahlungen, d ie A usgaben sind ( B arkauf v on R ohstoffen) F all 6 : A usgaben, d ie keine A usz ahlungen sind ( Z ielkauf v on R ohstoffen) E inz ahlungen E innahmen A usz ahlungen A usgaben F all 1 F all 2 F all 3 F all 4 F all 5 F all 6 F all 1: E innahmen, d ie kein E rtrag sind ( V erkauf eines A nlagegutes z um B uchwert) F all 2: E innahmen, d ie E rträge sind ( V erkauf v on in d er gleichen Period e erstellten Prod ukten) F all 3 : E rträge, d ie keine E innahmen sind ( Z uschreibung auf ein A nlagegut nach erfolgter auß erplanmäß iger A bschreibung) F all 4 : A usgaben, d ie keine A ufwend ungen sind ( K auf und L agerung v on R ohstoffen) F all 5 : A usgaben, d ie A ufwend ungen sind ( V erbrauch v on in d er gleichen Period e gekauften R ohstoffen) F all 6 : A ufwend ungen, d ie keine A usgaben sind ( V erbrauch v on R ohstoffen aus d em L ager) E innahmen E rträge A usgaben A ufwend ungen F all 1 F all 2 F all 3 F all 4 F all 5 F all 6 | Abb 68 | Abb 69 Abgrenzung der Einzahlungen und Einnahmen sowie Auszahlungen und Ausgaben Abgrenzung von Einnahmen und Erträgen sowie Ausgaben und Aufwendungen | 4.1.2 | 4.1.2.1 <?page no="202"?> 202 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n und Kostenträger) unterscheiden (vgl. Schweitzer / Küpper 2003, S. 27). Vor diesem Hintergrund ergibt sich die folgende Dreiteilung: Kostenartenrechnung: Sie ist eine reine Erfassungsrechnung und gibt Auskunft darüber, welche Kosten in einer Abrechnungsperiode angefallen sind, was aus buchhalterischer Sicht auf Konten ( s iehe Glossar) geschieht (Kontenklasse 4). Kostenstellenrechnung: Die Kostenarten werden gegliedert und den Kostenstellen zugeordnet, wobei unter einer Kostenstelle ein räumlicher, funktionaler oder organisatorisch abgegrenzter Bereich einer Unternehmung zu verstehen ist. Sie gibt damit Auskunft darüber, welche Kosten in den einzelnen Kostenstellen für den Verbrauch der Produktionsfaktoren angefallen sind. Kostenträgerrechnung: Die Kosten werden den Kostenträgern zugerechnet, d. h. den Zwischen- und Endprodukten oder selbst erstellten Anlagen. Dabei ist zwischen Kostenträgerstück- und Kostenträgerzeitrechnung zu unterscheiden. Die Kostenträgerstückrechnung (auch als Kalkulation bezeichnet) ermittelt die Stückkosten eines Kostenträgers. Demgegenüber werden in der Kostenträgerzeitrechnung die Kosten für die in einer Abrechnungsperiode erstellten oder abgesetzten Mengen aller Kostenträger bestimmt. Die Konten einer Unternehmung werden systematisch gegliedert und einheitlich benannt, was mit Hilfe des sogenannten Kontenrahmens geschieht. Kontenrahmen existieren für die unterschiedlichen Wirtschaftszweige (z. B. Industriekontenrahmen, Kontenrahmen für den Einzelhandel, Kontenrahmen für den Großhandel). Der Kontenrahmen folgt einer Dezimalklassifikation, wobei generell zehn Kontenklassen gebildet werden. Für die Industrie werden die folgenden Kontenklassen unterschieden: Klasse 0: Anlagevermögen und langfristiges Kapital; Klasse 1: Finanzumlaufvermögen und kurzfristige Verbindlichkeiten; Klasse 2: Neutrale Aufwendungen und Erträge; Klasse 3: Bestände; Klasse 4: Kostenarten; Klassen 5 und 6: Kostenstellen; Klasse 7: Bestände an halb fertigen und fertigen Erzeugnissen; Klasse 8: Erträge; Klasse 9: Abschlusskonten. Diese Kontenklassen werden dann wiederum in zehn Kontengruppen untergliedert, wobei jede Kontengruppe wiederum zehn Kontenarten, jede Kontenart zehn Kontenunterarten aufweist. Beispiel: Kontenklasse 4: Kostenarten Kontengruppen 4.1 . . . 4.10 Kontenarten 4.1.1. . . . 4.1.10 Kontenunterarten 4.1.1.1. . . . 4.1.1.10 Kostenartenrechnung Kostenstellenrechnung Kostenträgerrechnung Info <?page no="203"?> 203 r e c h n u n G s w e s e n Zwischen diesen Bereichen bestehen Beziehungen, die in Abbildung 70 systematisch erfasst werden (vgl. z. B. Troßmann 2008, S. 155). Die Abbildung verdeutlicht, dass in der Kostenartenrechnung die Gesamtkosten einer Abrechnungsperiode in Einzel- und Gemeinkosten aufgeteilt werden. Dabei werden die Einzelkosten direkt in die Kostenträgerrechnung übernommen, da sich diese den Kostenträgern unmittelbar zurechnen lassen. Demgegenüber gehen die Gemeinkosten, weil sie sich nicht direkt einem Bezugsobjekt (Kostenträger) zurechnen lassen, einen Umweg über die Kostenstellenrechnung, d. h., sie werden auf die Kostenstellen verteilt (1. Schlüsselung), dann in der Kostenstellenrechnung umverteilt (2. Schlüsselung) und mit Hilfe prozentualer Verrechnungssätze den Kostenträgern zugeordnet (3. Schlüsselung). Bei den Gemeinkosten ist zusätzlich zwischen echten und unechten Gemeinkosten zu unterscheiden. Bei echten Gemeinkosten fallen die Kosten für mehrere Bezugsobjekte gemeinsam an, während es sich bei den unechten Gemeinkosten um Kosten handelt, die zwar für ein Bezugsobjekt anfallen, die aber aus Gründen der Wirtschaftlichkeit für mehrere Bezugsobjekte gemeinsam erfasst und dann als Gemeinkosten verrechnet werden (z. B. Kosten für Schrauben, Nägel, Lacke). An einem einfachen Beispiel sollen die grundsätzlichen Zusammenhänge erklärt werden (vgl. Ahlert / Franz 1988, S. 33 ff.). Es seien die folgenden Konten gegeben: Damit ergeben sich für die Abrechnungsperiode Gesamtkosten in Höhe von 86.000 €. In einem zweiten Schritt ist der Frage nachzugehen, welche Kosten K ostenartenrechnung K ostenträgerrechnung K ostenstellenrechnung ( B etriebsabrechnungsbogen) E inz elkosten G emeinkosten V erteilung auf K ostenträger U mv erteilung innerhalb d er K ostenstellen V erteilung auf K ostenstellen S H 4 0 M aterialkosten 4 0. 000, - S H 4 3 H ilfsstoffe 2. 000, - S H 4 1 F ertigungslö hne S H 4 4 G ehälter 20. 000, - 8 . 000, - S H 4 2 B etriebsstoffe S H 4 5 H ilfslö hne 4 . 000, - 4 . 000, - S H 4 6 Stromkosten 8 . 000, - mit: S = Soll H = H aben | Abb 70 | Abb 71 Grundstruktur der Kostenrechnung Kostenartenrechnung (Kontenklasse 4: Beispiel) Einzelkosten Gemeinkosten <?page no="204"?> 204 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n durch welche Produkte (Kostenträger) verursacht wurden. Wir gehen davon aus, dass in unserem Beispiel zwei Produktarten produziert werden: Produktart 1 (Herrenschuhe) und Produktart 2 (Damenstiefel). In der Kostenträgerrechnung wird dann für jede Produktart ein Konto geführt (Kontenklasse 6). Material und Fertigungslöhne lassen sich unmittelbar den Kostenträgern zurechnen (Grundlage hierfür ist die Erfassung der Materialentnahmen sowie die Zeiterfassung). Wird unterstellt, dass 15.000 € Material für Kostenträger 1 und 25.000 € Material für Kostenträger 2 angefallen sind und die Fertigungslöhne für Kostenträger 1 8.000 € und Kostenträger 2 12.000 € betragen, dann ergibt sich die folgende Situation: Bei den anderen Kostenarten handelt es sich um Gemeinkosten. Um auch diese Gemeinkosten auf die Kostenträger zu verteilen, ist es erforderlich festzustellen, in welchen Kostenstellen diese angefallen sind. Darauf auf bauend ist dann zu analysieren, in welchem Ausmaß der einzelne Kostenträger die jeweilige Kostenstelle beansprucht hat und welcher Anteil der Gemeinkosten dieser Kostenstelle auf die einzelnen Kostenträger zu verrechnen ist. Die Kostenstellenrechnung wird im sogenannten Betriebsabrechnungsbogen (BAB) in tabellarischer Form außerhalb der Buchführung durchgeführt. Typische Kostenstellen sind die Fertigungsstellen, Fertigungshilfsstellen, Allgemeine Kostenstellen, Materialstellen, Verwaltungsstellen und Vertriebsstellen. Die Bildung der Kostenstellen erfolgt nach sachlichen Gesichtspunkten, und eine Unternehmung ist dabei an keine externen Vorgaben gebunden. Teilweise wird betont, dass eine Unternehmung mindestens vier Kostenstellen, nämlich Materialstelle, Fertigungsstelle, Verwaltungs- und Vertriebsstelle bilden müsse (sogenannte Hauptkostenstellen), um eine ausreichende Transparenz zu realisieren. Beispielhaft seien einige Kostenstellen kurz skizziert: Fertigungsstellen arbeiten unmittelbar und ausschließlich an den herzustellenden Produkten. Fertigungshilfsstellen geben ihre Leistungen an andere Stellen (Fertigungsstellen) unmittelbar ab (z. B. Werkzeuginstandsetzung). Allgemeine Stellen geben ihre Leistungen an unterschiedliche Kostenstellen ab (z. B. Stromversorgung). K ostenartenrechnung ( K ontenklasse 4 ) K ostenträgerrechnung ( K ontenklasse 6 ) S H 6 1 K ostenträger 1 S H 4 1 F ertigungslö hne S H 6 2 K ostenträger 2 S H 4 0 M aterial 4 0. 000, - 20. 000, - 15 . 000, - 25 . 000, - 15 . 000, - 8 . 000, - 12. 000, - 25 . 000, - 12. 000, - 8 . 000, - Abb 72 | Verteilung der Einzelkosten auf die Kostenträger Betriebsabrechnungsbogen Info <?page no="205"?> 205 r e c h n u n G s w e s e n Materialstellen erbringen die Aufgaben der Beschaffung, Kontrolle, Materialverwaltung und Lagerung des Materials. Verwaltungsstellen wie Personalabteilung, Buchhaltung etc. Vertriebsstellen wie z. B. Verkaufsabteilungen, Auslieferungslager, Kundendienst. In einem nächsten Schritt sind diese Gemeinkosten auf die Kostenstellen (möglichst verursachungsgerecht) aufzuteilen: Die verbrauchten Betriebsstoffe (Kostenstelle 42) und die Hilfsstoffe (Kostenstelle 43) lassen sich auf der Grundlage der Entnahmedokumentation feststellen und somit den Kostenstellen zuordnen. Für die Kostenarten Gehälter (Kostenstelle 44) und Hilfslöhne (Kostenstelle 45) ist festzustellen, in welchen Kostenstellen diese Arbeitskräfte tätig waren. Die Stromkosten werden mit Hilfe eines Verteilungsschlüssels aufgeteilt. Für den Stromverbrauch (Allgemeine Kostenstelle) können als Verteilungsschlüssel die in den jeweiligen Kostenstellen installierten kW-Werte herangezogen werden, wobei die durchschnittliche Nutzungsdauer der Aggregate zu beachten ist. Grundsätzlich ist bei der Wahl des Verteilungsschlüssels darauf zu achten, dass zwischen der Gemeinkostenart und dem Verteilungsschlüssel eine (zumindest annähernd) proportionale Beziehung gegeben ist. Danach sind alle Gemeinkosten (26.000 €) auf die Kostenstellen verteilt. Tabelle 28 gibt auf das Beispiel bezogen eine fiktive Aufteilung wieder. B etriebsabrechnungsbogen | Tab28 K ostenarten K ostenstelle B etrag A llgemeine Stelle ( Strom) F ertigungsstelle 1 2 F ertigungshilfsstelle M aterialstelle V erwaltungsstelle V ertriebsstelle 4 2 4 . 000, - 200, - 1. 4 00, - 1. 7 00, - 4 3 2. 000, - 100, - 6 00, - 7 00, - 4 4 8 . 000, - - - - 4 5 4 . 000, - 4 00, - 8 00, - 1. 000, - 4 6 8 . 000, - 6 00, - 2. 000, - 2. 3 00, - 26 . 000, - 1. 3 00, - 4 . 8 00, - 5 . 7 00, - 3 00, - 3 00, - 1. 5 00, - 2. 100, - 4 00, - 3 00, - - - 5 00, - 100, - - - - - 3 . 000, - 5 . 000, - 1. 5 00, - 3 00, - - - 1. 000, - 6 00, - 1. 000, - 5 00, - 3 . 4 00, - 1. 000, - 4 . 000, - 5 . 8 00, - 200, - 200, - 15 0, - 15 0, - 6 . 6 00, - 8 . 100, - 1. 200, - 4 . 15 0, - 5 . 9 5 0, - Z uschlagsbasis: 8 . 5 00, - 11. 5 00, - - - - F ertigungslö hne - - 6 0. 000, - 6 0. 000, - F ertigungslö hne + M aterial - - 4 0. 000, - M aterial 7 7 , 6 5 % 7 0, 4 3 % 3 % 6 , 9 2 % 9 , 9 2 % Z uschlagsätz e: <?page no="206"?> 206 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Nach der Umverteilung der Gemeinkosten (26.000 €) befinden sich diese auf den Fertigungskostenstellen als Fertigungsgemeinkosten, auf der Materialstelle als Materialgemeinkosten, auf der Verwaltungsstelle als Verwaltungsgemeinkosten und auf der Vertriebskostenstelle als Vertriebsgemeinkosten. In Kontenklasse 5 wird dann für jede dieser Gemeinkostenarten ein Konto geführt (Verrechnungskonto). Abbildung 73 gibt dies für das Beispiel wieder. Im nächsten Schritt sind die verrechneten Gemeinkosten auf die beiden Kostenträger zu verteilen. Hierzu bedarf es erneut eines entsprechenden Verteilungsschlüssels: Die Materialgemeinkosten können auf der Grundlage des von den Kostenträgern verbrauchten Materials verteilt werden. Hierbei liegt die Annahme zugrunde, dass ein Kostenträger, der einen hohen Materialverbrauch aufweist, auch hohe Materialgemeinkosten verursacht hat, und umgekehrt. Werden die 1.200 € Materialgemeinkosten ins Verhältnis zu den gesamten Materialkosten gesetzt, dann ergibt sich der folgende Materialgemeinkostenzuschlag: 1.200 __ 40.000 · 100 = 3 % S H 4 3 H ilfsstoffe 2. 000, - S H 4 4 G ehälter 8 . 000, - S H 4 2 B etriebsstoffe 4 . 000, - S H 4 6 Strom 8 . 000, - 4 . 000, - S H 4 5 H ilfslö hne 4 . 000, - 2. 000, - 8 . 000, - 4 . 000, - 8 . 000, - S H 5 2 V errechnete F ertigungsgemeinkosten 14 . 7 00, - S H 5 3 V errechnete V erwaltungsgemeinkosten 4 . 15 0, - S H 5 1 V errechnete M aterialgemeinkosten 1. 200, - B A B 5 4 V errechnete V ertriebsgemeinkosten S H 5 . 9 5 0, - Abb 73 | Schematische Darstellung des Zusammenhanges zwischen Kontenklasse 4 und 5 und Betriebsabrechnungsbogen Materialgemeinkosten <?page no="207"?> 207 r e c h n u n G s w e s e n Bei den Fertigungsgemeinkosten wird davon ausgegangen, dass sie sich mit der Höhe der Fertigungslöhne verändern, d. h., je höher der Fertigungslohn ist, desto höher sind auch die anfallenden Fertigungsgemeinkosten. Im vorliegenden Beispiel wurde von zwei Fertigungsstellen ausgegangen, wobei der Fertigungslohn für die Herrenschuhe 8.000 € beträgt. Wird unterstellt, dass für die Herrenschuhe 3.500 € in Fertigungsstelle 1 und 4.500 € in Fertigungsstelle 2 und die 12.000 € Fertigungslohn für die Damenstiefel 5.000 € in Fertigungsstelle 1 und 7.000 € in Fertigungsstelle 2 angefallen sind, dann ergeben sich für die Verteilung der Fertigungsgemeinkosten die folgenden Zuschlagsätze: Fertigungsstelle 11= 6.600 (Fertigungsgemeinkosten) ______ 8.500 (Fertigungslohn Stelle 1) = 77,65 % Fertigungsstelle 21= 8.100 (Fertigungsgemeinkosten) ______ 11.500 (Fertigungslohn Stelle 2) = 70,43 % Für die Verwaltungsgemeinkosten gilt dann: Verwaltungsstelle = 4.150 __ 60.000 · 100 = 6,92 % und für die Vertriebsgemeindekosten: Vertriebsstelle = 5.950 __ 60.000 · 100 = 9,92 % Mit den so ermittelten Zuschlagsätzen werden dann in der Kostenträgerrechnung (Artikelkalkulation) die Gemeinkosten verrechnet (vgl. Tab. 29). Die dargestellte Kalkulation wird als Zuschlagskalkulation bezeichnet. Hierunter „… ist eine Klasse von Kalkulationsverfahren (zu verstehen d. V.), die dem Grundprinzip der getrennten Zurechnung der Kostenträgereinzel- und der Ko s te nträ ge r ge me i nkosten auf die Kostenträger folgen. Die Fertigungsgemeinkosten Kostenträgerrechnung K ostenträ gerrechnung ( K al k ulation) | Tab. 29 4 5 0, - 15 . 000, - 3 . 5 00, - 4 . 5 00, - 2. 7 17 , 7 5 3 . 16 9 , 3 5 1. 5 9 1, 6 0 2. 28 1, 6 0 3 3 . 210, 3 0 25 . 000, - 7 5 0, - 5 . 000, - 7 . 000, - 3 . 8 8 2, 5 0 4 . 9 3 0, 10 2. 5 6 0, 4 0 3 . 6 7 0, 4 0 5 2. 7 9 3 , 4 0 = Selbstkosten K ostenträger 1 H errenschuhe K ostenträger 2 Damenstiefel F ertigungsmaterial + M aterialgemeinkosten ( 3 % ) + F ertigungslö hne + F ertigungsgemeinkosten + V erwaltungsgemeinkosten ( 6 , 9 2 % ) + V ertriebsgemeinkosten ( 9 , 9 2 % ) in Stelle 1 in Stelle 2 F ertigungsstelle 1 ( 7 7 , 6 5 % ) F ertigungsstelle 2 ( 7 0, 4 3 % ) K ostenart Zuschlagskalkulation <?page no="208"?> 208 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Einzelkosten werden direkt, die Gemeinkosten indirekt über prozentuale Zuschlagsätze auf die Kostenträger verrechnet.“ (Friedl 2010, S. 195). Je nach Gemeinkostenverrechnung werden dann unterschiedliche Formen der Zuschlagskalkulation unterschieden (vgl. hierzu z. B. Freidank 2012, S. 164 ff.; Friedl 2010, S. 195 ff.). Ohne auf diese einzelnen Erscheinungsformen einzugehen, sei im Folgenden ein Grundmuster der Zu s c hlag ska lkulation vorgestellt (vgl. Freidank 2012, S. 167). (Hinweis: Hierin sind auch Kostenarten enthalten, die im vorangegangenen Beispiel aus Vereinfachungsgründen nicht enthalten waren). Als weitere Erscheinungsform sei die Divisionskalkulation genannt. Voraussetzung für den Einsatz der Divisionskalkulation ist es, dass die von der Unternehmung erstellten Leistungen homogen sind oder zumindest einen hohen Ähnlichkeitsgrad aufweisen. Im einfachsten Fall werden dann die angefallenen Gesamtkosten einer Periode durch die Anzahl der erstellten Leistungseinheiten dividiert (kumulative Divisionskalkulation). Durchschnittswerte je Leistungseinheit = Gesamtkosten der Periode _______ Anzahl der Leistungseinheiten der Periode Werden in einem Wasserwerk in einem Monat 500.000 m 3 Wasser produziert und es fallen in diesem Monat Gesamtkosten von 150.000 € an, dann ergeben sich die folgenden Stückkosten für 1 m 3 Wasser: Stückkosten je m 3 = 150.000 __ 500.000 = 0,30 € Systeme der Kostenrechnung In der Literatur (vgl. z. B. Freidank 2012, S. 191 ff.; Friedl 2010, S. 222 ff.; Götze 2007, S. 153 ff.; Schweitzer / Küpper 2003, S. 268 ff.; Troßmann 2008, S. 185 ff.) werden unterschiedliche Systematisierungen der Kostenrechnungssys- Sond ereinz elkosten d er F ertigung F ertigungsgemeinkosten F ertigungslohn M aterialgemeinkosten F ertigungsmaterial V erwaltungsgemeinkosten V ertriebsgemeinkosten G ewinnz uschlag ( in % ) Sond ereinz elkosten d es V ertriebs M aterialkosten F ertigungskosten H erstellkosten V erwaltungsgemeinkosten Selbstkosten N ettoangebotspreis Abb 74 | Grundschema einer Zuschlagskalkulation Info 4.1.2.2 | <?page no="209"?> 209 r e c h n u n G s w e s e n teme vorgestellt, die sich jedoch nur graduell und nicht grundsätzlich unterscheiden. In Abbildung 75 wird eine mögliche Systematisierung vorgenommen. Bei der Untergliederung in Vollkosten und Teilkosten liegt das Merkmal „Umfang der Kostenzurechnung“ zugrunde. Bei einer Vollkostenrechnung werden die gesamten beschäftigungsabhängigen und -fixen Kosten einem Bezugsobjekt (Kostenträger, z. B. Produkt) zugerechnet. Bei einer Istkostenrechnung werden die Istmengen, -preise und der realisierte Istbeschäftigungsgrad erfasst. Sie ist damit vergangenheitsorientiert (vgl. das dargestellte Beispiel). Bei einer Normalkostenrechnung werden Durchschnittswerte aus einer größeren Anzahl in abgelaufenen Perioden angefallener Istkostenbeträge ermittelt. In ihrer elementaren Form verzichtet die Normalkostenrechnung darauf, die tatsächlich angefallenen Gemeinkosten auf die Kostenträger zu verrechnen. Im Rahmen der Plankostenrechnung werden Planpreise, Planverbräuche und Planbeschäftigung herangezogen, d. h., es liegen erwartete Größen zugrunde. Dabei wird ein „normales“ unternehmerisches Gebaren unterstellt. Eine Plankostenrechnung macht eine Istkostenrechnung nicht überflüssig, da diese einerseits für eine Kostenkontrolle (Abgleich zwischen Ist und Plan und eine damit verbundene Analyse eventueller Abweichungen) und anderseits für andere Rechnungsziele (z. B. Bestandsbewertung) eine zentrale Voraussetzung bildet. In einer differenzierenden Betrachtung kann zwischen starrer und flexibler Plankostenrechnung unterschieden werden. Während bei einer starren Plankostenrechnung mit einem konstanten Beschäftigungsgrad gearbeitet und nicht zwischen fixen und variablen Kosten unterschieden wird, handelt es sich bei der f lexiblen Plankostenrechnung um eine Weiterentwicklung, die zwischen variablen und fixen Kosten trennt und die Kosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung plant. Dabei wird unterstellt, dass sich die variablen Kosten proportional zur Beschäftigung ändern (linearer Kostenverlauf). Die flexible Plankostenrechnung kann darüber hinaus auf Voll- und Teil- K ostenrechnungssy steme auf V ollkostenbasis auf T eilkostenbasis I stkosten N ormalkosten Plankosten mit v ariablen K osten mit relativ en E inz elkosten Proz esskosten | Abb 75 Systematisierung der Kostenrechnungssysteme Vollkostenrechnung Istkostenrechnung Normalkostenrechnung Plankostenrechnung starre Plankostenrechnung flexible Plankostenrechnung <?page no="210"?> 210 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n kostenbasis durchgeführt werden. Während bei der Vollkostenvariante auch die fixen Kosten auf die Bezugsgröße verteilt werden, ist dies bei der Teilkostenvariante nicht der Fall. Die auf den Vollkosten basierenden Ist-, Normal- und Plankostenrechnungen sind aufgrund der mit ihnen verbundenen Fixkostenproportionalisierung nicht für die Lösung kurzfristiger Entscheidungsprobleme, etwa im Beschaffungs-, Produktions- und Absatzbereich, geeignet, weil sie die sogenannten entscheidungsrelevanten Kosten nicht zu liefern vermögen: Bei allen Entscheidungen, für deren optimale Lösung Kosten von Bedeutung sind, dürfen nur die relevanten Kosten herangezogen werden. Relevante Kosten sind dann diejenigen Kosten, deren Entstehung von den Entscheidungsparametern des betrachteten Problems abhängig sind. Wird von gegebenen Kapazitäten ausgegangen, dann sind ausschließlich die ausbringungsabhängigen Kosten entscheidungsrelevant. Eine weitere Erscheinungsform ist die Prozesskostenrechnung, die allerdings kein eigenständiges Kostenrechnungssystem darstellt, sondern die flexible Plankostenrechnung ergänzt (vgl. Friedl 2010, S. 417), wobei die drei folgenden Beziehungen erwähnt seien (vgl. Horváth / Mayer 1993, S. 15 f. u. S. 22): Zur Kalkulation der Herstellkosten greift die Prozesskostenrechnung auf die Fertigungsgemeinkosten der flexiblen Plankostenrechnung zurück. Die Prozesskostenrechnung basiert auf der Kostenstellengliederung des Gemeinkostenbereiches aus der flexiblen Plankostenrechnung. Da in der Prozesskostenrechnung Kosten weder geplant noch erfasst werden, werden die Ist- und Plankosten aus der flexiblen Plankostenrechnung übernommen und in der Prozesskostenrechnung prozessorientiert aufbereitet und ausgewertet. Ausgangspunkt der Prozesskostenrechnung (vgl. Hoitsch / Lingnau 2007, S. 316 ff.) bildet die Beobachtung, dass die Leistungen, die die sogenannten indirekten Bereiche (z. B. Beschaffung, Arbeitsvorbereitung, Qualitätskontrolle, Auftragsabwicklung, Instandhaltung) für den direkten Leistungsbereich erbringen (z. B. Montage, Dreherei, Fräserei), in ihrer Bedeutung zunehmen und damit verbunden, dass ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Gemeinkosten und der Ausführung der Tätigkeiten in den indirekten Bereichen besteht. Ein entscheidender Grund für die Entwicklung und Einführung der Prozesskostenrechnung war dabei die Kritik an der Gemeinkostenverrechnung des indirekten Leistungsbereichs in den „traditionellen“ Kostenrechnungssystemen. Im Zentrum der Prozesskostenrechnung stehen die Prozesse, wobei unter einem Prozess eine Tätigkeitsfolge zur Erstellung einer Leistung zu verstehen ist. Gegenstand bilden jedoch nur die repetitiven strukturierten Prozesse im indirekten Bereich, während innovative Tätigkeiten nicht Fixkostenproportionalisierung Relevante Kosten Prozesskostenrechnung Prozess <?page no="211"?> 21 1 r e c h n u n G s w e s e n betrachtet werden. Abbildung 76 gibt das prozessuale Denken in vereinfachter Form wieder (vgl. zum prozessualen Denken grundlegend Gaitanides 1983 u. 2007). Aus der Abbildung geht hervor, dass sich der Prozess „Kundenaufträge bearbeiten“ über die drei eingezeichneten Kostenstellen des indirekten Bereiches erstreckt. Erfasst werden können dann die „Kosten je Kundenauftrag“. Im Rahmen der Prozesskostenrechnung wird jedoch nicht allgemein von Prozessen gesprochen, sondern es wird eine Prozesshierarchie aufgebaut, wie dies in Abbildung 77 dargestellt ist. Innerhalb einer Kostenstelle fallen unterschiedliche Tätigkeiten an, wobei unter einer Tätigkeit die kleinste beobachtbare Ausführungseinheit in einer Kostenstelle zu verstehen ist. Werden die sachlich zusammenhängenden Tätigkeiten in einer Kostenstelle gebündelt, dann ergeben sich Teilprozesse, die sich ebenfalls auf eine Kostenstelle beziehen. Erst durch die Aggregation sachlich zusammenhängender Teilprozesse ergeben sich Hauptprozesse, die kostenstellenübergreifend sind. Dies sei an einem kurzen Beispiel erläutert. Der Teilprozess „Wareneingang kontrollieren“ setzt sich aus den folgenden Tätigkeiten zusammen: K ostenstellen d es ind irekten B ereichs M aterialwirtschaft V ertrieb A uftragsabwicklung K osten j e K und enauftrag K und enaufträge bearbeiten | Abb 76 Prozessuale Betrachtung (Beispiel) Prozesshierarchie T ätigkeiten ( kleinste beobachtbare A usführungseinheit) B ünd elung T eilproz esse ( B ünd el sachlich z usammenhängend er T ätigkeiten) H auptproz esse ( A ggregation sachlich z usammenhängend er T eilproz esse) V erd ichtung kostenstellenbez ogen kostenstellenübergreifend | Abb 77 Prozesshierarchie Tätigkeit Teilprozesse Hauptprozesse <?page no="212"?> 212 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Prüfen der Lieferpapiere Prüfen der Lieferung Prüfen der Rechnung Buchen Wareneingang Teilprozess: Wareneingang kontrollieren Als Prozessbezugsgröße (Maßgröße für die Ressourcenbeanspruchung, mit der die Prozessleistung gemessen wird; direkte Bezugsgröße) soll die Anzahl der Wareneingänge zugrunde gelegt werden. Damit lässt sich die Zahl der Wiederholungen des Prozesses ermitteln. Sind z. B. 10.000 € in einer Periode an Kosten angefallen, und wird der Prozess „Wareneingang kontrollieren“ in einem definierten Zeitraum 500 mal durchgeführt, dann ergibt sich ein Prozesskostensatz (durchschnittliche Kosten für die einmalige Durchführung eines Prozesses; sie sind die Grundlage für die Kostenträgerrechnung) in Höhe von 20 € (10.000 : 500). Tabelle 30 gibt beispielhafte Bezugsgrößen für Prozesse wieder (vgl. Hoitsch / Lingnau 2007, S. 332). Als zentrale Merkmale der Prozesskostenrechnung sind dann zu nennen: Die Kosten des indirekten Leistungsbereichs werden über Prozesse erfasst und verrechnet. Auf die Kostenträger werden nur die Kosten derjenigen Prozesse verrechnet, die an den Kostenträgern ausgeführt werden. Rechnungsziel ist die Unterstützung der mittelbis langfristigen erfolgsorientierten Planung (es geht somit nicht um die Abbildung kurzfristiger Entscheidungen). Die Prozesskostenrechnung möchte die Kosteneinf lussgrößen in den Gemeinkostenbereichen identifizieren, um hieraus Bezugsgrößen abzuleiten, die sich zur Messung des Leistungsoutputs und der Ressourcennutzung eignen. In der Regel handelt es sich dabei um die Häufigkeit der Prozessdurchführung (bzw. Prozessmenge), auf deren Grundlagen dann die Kapazitätsbedarfe und die Prozesskosten ermittelt werden. Als Ziele der Prozesskostenrechnung ergeben sich somit: Erhöhung der Kostentransparenz; Prozessbezugsgröße Prozesse mit B ezugsgrö ß en ( B eispiele) Tab. 30 | B ez ugsgrö ß en Proz esse L ieferanten betreuen A nz ahl L ieferanten M aterial beschaffen A ufträge abwickeln K und en betreuen V arianten betreuen Prod ukte v ersend en A nz ahl B estellungen A nz ahl A ufträge A nz ahl K und en A nz ahl V arianten A nz ahl V ersand aufträge Ziele der Prozesskostenrechnung <?page no="213"?> 213 r e c h n u n G s w e s e n Erkennen der gemeinkostentreibenden Faktoren mit der Konsequenz, dass eine Verbesserung der Gemeinkostenplanung und -kontrolle ermöglicht wird; „Verursachungsgerechtere“ Zuordnung der Gemeinkosten; mittelbis längerfristige Einflussnahme auf die Kostenstruktur. Im Rahmen der Kostenstellenrechnung reicht es aber nicht aus, zwischen Teil- und Hauptprozessen zu unterscheiden, sondern in einer weiterführenden Betrachtung wird zwischen leistungsmengeninduzierten (lmi) und leistungsmengenneutralen (lmn) Teilprozessen unterschieden (vgl. Freidank 2012, S. 375; Hoitsch / Lingnau 2007, S. 326 f.). Während lmn-Teilprozesse unabhängig von dem in einer Kostenstelle erbrachten Leistungsvolumen in einem bestimmten Umfang anfallen (z. B. Abteilung leiten; Mitarbeiter schulen), ist die Prozessleistung der lmi- Teilprozesse von der Kostenstellenleistung abhängig (z. B. Bestellung ausführen), wobei unterstellt wird, dass sich die Kosten mengenproportional zum erbrachten Leistungsvolumen verhalten. In den bisherigen Überlegungen bezogen sich Teilprozesse immer auf einzelne Kostenstellen, während Hauptprozesse als kostenstellenübergreifend charakterisiert wurden. Teilprozesse können aber sowohl einem Hauptprozess als auch mehreren Hauptprozessen teilweise zugeordnet werden (wird ein Teilprozess als Hauptprozess übernommen, dann wird von einem unechten Hauptprozess gesprochen). Abbildung 78 gibt beispielhaft diesen Zusammenhang wieder (vgl. Friedl 2010, S. 419). Damit sind die wesentlichen Elemente der Prozesskostenrechnung charakterisiert. Abbildung 79 gibt den konkreten Ablauf der Prozesskostenrechnung in fünf Schritten wieder (vgl. Götze 2007, S. 220 ff.). Ausgangspunkt ist die Abgrenzung der Hauptprozesse. Grundlage hierfür bildet die Liefer-, Produkt-, Absatz- und Unternehmungsstruktur. Auf dieser Basis werden mögliche Hauptprozesse und deren Bezugsgröße abgeleitet. Anschließend werden eine Tätigkeitsanalyse durchgeführt sowie Teilprozesse gebildet. Dabei wird gleichzeitig die Einteilung in lmi- und lmn-Prozesse vorgenommen. Für die Tätigkeitsanalyse gelangen folgende Instrumente zum Einsatz: Befragungen der Kostenstellenmitarbeiter unechter Hauptprozess H auptproz ess I H auptproz ess I I T P 11 T P 12 T P 21 T P 22 T P 23 T P 3 1 T P 3 2 T P 3 3 K ostenstelle 1 K ostenstelle 2 K ostenstelle 3 T eilproz ess T ätigkeit | Abb 78 Zusammenhänge zwischen Teilprozessen und Hauptprozessen Ablauf der Prozesskostenrechnung <?page no="214"?> 214 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n und / oder -leiter (z. B. strukturierte Interviews), Auswertungen von Selbstaufschreibungsbögen der Mitarbeiter sowie Dokumentenanalysen (Rückgriff auf vorhandene Unterlagen wie Arbeitsanweisungen, Organisationspläne, Zeitstudien etc.). Letztlich führt eine Tätigkeitsanalyse zu einer prozessualen Bestandsaufnahme (vgl. Hoitsch / Lingnau 2007, S. 320 f.). Fragebogen zur Tätigkeitsanalyse Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrer Kostenstelle beschäftigt? Welche Verantwortung haben die einzelnen Mitarbeiter? Für welche Aufgaben ist Ihre Kostenstelle zuständig? Welcher Bezug besteht zu den herzustellenden Produkten? Welche Tätigkeiten fallen dabei an? Wie viel Zeit nehmen diese in Anspruch, und wie oft müssen sie durchgeführt werden? Auf welche Art und Weise kann die Arbeitsleistung gemessen werden? Welche Mitarbeiter erledigen welche Tätigkeiten? Welche Hilfsmittel stehen ihnen dabei zur Verfügung? Wie hängen die erwähnten Aufgaben und Tätigkeiten mit den übrigen Kostenstellen zusammen? Schritt 1: A bleiten v on H auptproz essen mit B ez ugsgrö ß en Schritt 2: T ätigkeitsanaly se und Z usammenfassung z u T eilproz essen sowie A naly se d er A bhängigkeit d er T eilproz esse v on d en in d er K ostenstelle z u erbringend en L eistungsmengen. Dann E inteilung in � leistungsmengenind uz ierte Proz esse ( z . B . E inkauf, A uftragsabwicklung) und � leistungsmengenneutrale Proz esse ( z . B . L eiten einer A bteilung) Schritt 3: K apaz itäts- und K ostenz urechnung auf K ostenstellenebene � A uswahl d er Proz essbez ugsgrö ß en für lmi- T eilproz esse und H auptproz esse � F estlegen d er Planproz essmengen � B estimmen d er notwend igen K apaz ität und Planung d er Proz esskosten � E rmitteln d er Proz esskostensätz e Schritt 4: V erd ichtung v on T eilproz essen z u H auptproz essen Schritt 5: kapaz itäts- und K ostenz uord nung auf H auptproz essebene Abb 79 | Ablauf der Prozesskostenrechnung Info <?page no="215"?> 215 r e c h n u n G s w e s e n In einem nächsten Schritt werden die Tätigkeiten zu einem Teilprozess zusammengefasst, die eine sachliche Abhängigkeit aufweisen, um dann darauf aufbauend diese Teilprozesse zu Hauptprozessen zusammenzufassen (vgl. das Beispiel in Abbildung 80). Abbildung 80 verdeutlicht, dass z. B. die Tätigkeiten „Informationen über Lieferanten beschaffen“ und „Lieferanten vergleichen“ zum Teilprozess „Lieferantenauswahl“ zusammengefasst oder die Tätigkeiten „Angebote einholen“ und „Angebote vergleichen“ zum Teilprozess „Bestellung vorbereiten“ zusammengefasst werden. Darauf aufbauend ergibt sich aus den Teilprozessen „Lieferantenauswahl“, „Bestellung vorbereiten“, „Vertragsverhandlungen führen“, „Bestellungen ausführen“ und „Wareneingang kontrollieren“ der Hauptprozess „Beschaffung von Material“ (Schritt 4). Liegen die Teilprozesse fest, dann ist zu prüfen, ob diese leistungsmengeninduziert oder leistungsmengenneutral sind. Für die Hauptprozesse und die leistungsmengeninduzierten Teilprozesse sind Prozessbezugsgrößen auszuwählen, wobei die Prozessbezugsgrößen der Hauptprozesse als Cost Driver und die der Teilprozesse als Maßgrößen (die Mengengrößen sind z. B. Anzahl der Prozesswiederholungen) bezeichnet werden. Im Anschluss daran erfolgt die Planung und Verrechnung der Prozesskosten. Im letzten L ieferantenauswahl B estellung v orbereiten V ertragsv erhand lungen führen B estellung ausführen W areneingang kontrollieren M aterialhand ling M ateriald isposition T ätigkeiten T eilproz esse H auptproz esse I nformationen über L ieferanten beschaffen L ieferanten v ergleichen A ngebote einholen A ngebote v ergleichen V ertragsv erhand lungen B estellung erteilen T erminüberwachung Prüfen d er L ieferpapiere Prüfen d er L ieferung Prüfen d er R echnung B uchen W areneingang M aterial einlagern M aterial pflegen M aterial auslagern M ateriald isposition M aterialbeschaffung L agerhaltung | Abb 80 Beispielhafte Bildung der Teil- und Hauptprozesse Cost Driver Maßgrößen <?page no="216"?> 216 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Schritt wird die Berechnung der Kosten der Hauptprozesse durchgeführt, wobei die lmi-Prozesskosten und die Gesamtprozesskosten eines jeden Hauptprozesses ermittelt werden. Abschließend bleibt festzustellen, dass in der Prozesskostenrechnung keine verursachungsgerechte Kostenverrechnung erfolgt (z. B. Proportionalisierung fixer Kosten bei der Berechnung der Prozesskostensätze für die Hauptprozesse, die Verrechnung der Kosten der Hauptprozesse auf die Kostenträger). Ferner dürfte die Unterstellung, dass zwischen Bezugsgrößenmengen, Ressourcenbeanspruchung und Kostenanfall eine proportionale Beziehung besteht (eine Verdoppelung der Prozessdurchführung geht mit einer Verdoppelung der Ressourcenbeanspruchung und des Kostenanfalls einher) i. d. R. nur näherungsweise erfüllt sein (vgl. ausführlich Götze 2007, S. 235 ff.). Bei den Teilkostenrechnungen lassen sich grundsätzlich zwei unterschiedliche Erscheinungsformen unterscheiden: Eine erste Grundform basiert auf der Unterscheidung in fixe und variable Kosten, bezogen auf den Beschäftigungsgrad. Hierbei werden nur die, bezogen auf die Beschäftigung (als Hauptkosteneinflussgröße), proportional verlaufenden Kosten verrechnet. Da bei linearem Gesamtkostenverlauf die variablen Kosten gleich den Grenzkosten sind, wird auch von Grenzkostenrechnung gesprochen. Als zweite Grundform ist die relative Einzelkostenrechnung zu nennen, die auf dem Identitätsprinzip basiert, d. h., es dürfen nur diejenigen Kosten einem Untersuchungsobjekt zugerechnet werden, die auf eine identische Entscheidung zurückzuführen sind (vgl. Riebel 1974, S. 498). Auf diesen beiden Grundformen baut eine Vielzahl an Weiterentwicklungen auf. Die weiteren Ausführungen geben hierüber einen Überblick. Eine erste Weiterentwicklung ist die stufenweise Fixkostendeckungsrechnung, die auf dem Gedanken basiert, die Fixkosten unter dem Gesichtspunkt der Zurechenbarkeit auf bestimmte Bezugsobjekte wie etwa Produktarten, Produktgruppen, Unternehmungsbereiche aufzuspalten. Letztlich geht es darum, den Fixkostenblock in unterschiedliche Blöcke aufzuspalten, die sich durch ihre unterschiedliche Produktnähe unterscheiden (vgl. Scherrer 2005, S. 690 f.): Erzeugnisfixkosten lassen sich einem Produkt direkt zurechnen (z. B. spezielles Produktionsaggregat für dieses Produkt). Erzeugnisgruppenfixkosten lassen sich einer Produktgruppe unmittelbar zurechnen. Bereichsfixe Kosten lassen sich z. B. einem Produktionsbereich oder einem Werk zurechnen. Unternehmungsfixe Kosten lassen sich nur auf die gesamte Unternehmung zurechnen. Teilkostenrechnungen stufenweise Fixkostendeckungsrechnung <?page no="217"?> 217 r e c h n u n G s w e s e n Ausgangspunkt der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung sind die Deckungsbeiträge der einzelnen Produkte. Der Gesamtdeckungsbeitrag DB ergibt sich aus der folgenden Berechnung: DB = Σ i = 1 n x i · (p i - k i v ) x i = verkaufte Menge der Produktart i p i = Preis der Produktart i k i v = variable Stückkosten der Produktart i p i - k i v = Stückdeckungsbeitrag der Produktart i Tabelle 31 gibt die stufenweise Fixkostendeckungsrechnung an einem Beispiel wieder. Das vorgestellte Beispiel geht von den tatsächlich angefallenen Kosten, d. h. den Istkosten, aus. Es ist aber auch möglich, diese Rechnung auf der Grundlage von Planwerten durchzuführen. Es können dann Plan- und Istwerte gegenübergestellt werden, um darauf auf bauend die entsprechenden Abweichungen zu analysieren. Eines der (auch in der Praxis) bekanntesten Kostenrechnungssysteme ist die sogenannte Grenzplankostenrechnung, die durch Kilger (1993) maßgeblich geprägt wurde. Sie basiert auf einer konsequenten Trennung zwischen fixen und variablen Kosten, wobei von linearen Kostenfunktionen ausgegangen wird, weshalb Kilger von proportionalen Kosten spricht. Damit werden die variablen Kosten pro Bezugsgrößeneinheit als konstant angenommen. Der generelle Aufbau der Grenzplankostenrechnung entspricht im Wesentlichen dem Aufbau der Plankostenrechnung Deckungsbeiträge Mehrstufige D eck ungsbeitragsrechnung ( B eispiel) | Tab. 31 H ochbau T iefbau B etonarbeiten M auerarbeiten A bd ichtungsarbeiten E rd arbeiten V erbauarbeiten 5 00. 000 3 00. 000 6 00. 000 3 5 0. 000 6 00. 000 4 00. 000 3 00. 000 200. 000 25 0. 000 5 0. 000 200. 000 5 0. 000 200. 000 4 0. 000 200. 000 15 0. 000 5 5 0. 000 100. 000 200. 000 15 0. 000 16 0. 000 4 5 0. 000 6 6 0. 000 25 0. 000 3 10. 000 100. 000 210. 000 5 00. 000 3 00. 000 4 10. 000 200. 000 100. 000 100. 000 5 0. 000 - variable K osten = D B I - Gewerk efix k osten = D B II - Spartenfix e K osten = D B III - Unternehmungsfix e = B etriebsergebnis K osten Grenzplankostenrechnung <?page no="218"?> 218 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n auf Vollkostenbasis. Zentraler Unterschied ist es, dass im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung lediglich die variablen Kosten berücksichtigt und diese auch nur auf die Kostenträger verrechnet werden (vgl. Friedl 2010, S. 309; Hoitsch / Lingnau 2007, S. 148 ff.). Vor diesem Hintergrund werden Plankostenverrechnungssätze auf Teilkostenbasis (Grenzkostensätze) gebildet. Der Grenzkostensatz ergibt sich aus der Division der variablen Plangemeinkosten durch die Planbeschäftigung: k v p = K v p _ b p mit: K v p = variable Plangemeinkosten b p = Planbeschäftigung k v p = Grenzkostensatz Damit gibt der Grenzkostensatz die variablen Plangemeinkosten je Bezugsgrößeneinheit an. Darüber hinaus werden die Plankostenverrechnungssätze auf Vollkostenbasis gebildet (Vollkostensätze). In den Soll-Ist-Vergleich werden lediglich die variablen Kosten einbezogen, weshalb eine Trennung der Ist-Gemeinkosten in fixe und variable Bestandteile notwendig ist, wobei für die Bestimmung der variablen Ist- Gemeinkosten die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. Friedl 2010, S. 311 ff.; Kilger 1993, S. 593): Die fixen Ist-Gemeinkosten sind gleich den fixen Soll-Gemeinkosten. Für die variablen Ist-Gemeinkosten gilt: K v i = K i - K f S Das Verhältnis zwischen den fixen und variablen Soll-Gemeinkosten ist gleich dem Verhältnis zwischen fixen und variablen Ist-Gemeinkosten: K v i = K i - K i · K f S _ K S = K i · ( 1 - K f S _ K S ) K v i = K i · K v S _ K S mit: K v i = variable Ist-Gemeinkosten K i = Ist-Gesamtkosten K f S = fixe Soll-Gemeinkosten K S = Soll-Gesamtkosten K v S = variable Soll-Gemeinkosten Liegt eine homogene Kostenverursachung vor (bei der Kostenstellenbildung sollen nur solche Maschinen und Arbeitsplätze zu einer Kostenstelle zusammengefasst werden, deren Kostenverhalten keine wesentlichen Unterschiede aufweisen), dann lassen sich die folgenden Abweichungen ermitteln: Grenzkostensatz Soll-Ist-Vergleich homogene Kostenverursachung <?page no="219"?> 219 r e c h n u n G s w e s e n Die Gesamtkostenabweichung (GA) ergibt sich aus der folgenden Subtraktion: GA = K v i - k v p · b p mit: k v p = variable Plangemeinkosten mit Bezugsgrößeneinheit b p = Planbeschäftigung (Planbezugsgröße) Die Verbrauchsabweichung (VA) ergibt sich aus der Differenz der variablen Ist- und den variablen Soll-Gemeinkosten: VA = K v i - K v S VA = K v i - k v p · b i mit: b i = Ist-Bezugsgröße (Ist-Beschäftigung) Die echte Beschäftigungsabweichung (eBA) ergibt sich aus der Differenz der variablen Soll-Gemeinkosten und den variablen Plan-Gemeinkosten: eBA = k v p · b i - k v p · b p = k v p · (b i - b p ) Liegt eine heterogene Kostenverursachung vor, dann ergeben sich neben der echten Beschäftigungsabweichung weitere Bezugsgrößenabweichungen (vgl. hierzu Friedl 2010, S. 255 ff.). Die Zusammenhänge seien an der folgenden Abbildung 81 verdeutlicht. Abschließend sei der Ablauf der Grenzplankostenrechnung dargestellt: Planung aller Kosten getrennt nach Kostenarten. Aufspaltung der Kosten in Gemein- und Einzelkosten, wobei die Einzelkosten variabel sind und die Gemeinkosten fix oder variabel sein können: Während die Einzelkosten unmittelbar auf die Kostenträger verrechnet werden, werden die fixen Gemeinkosten auf die Kostenstellen verteilt (und anschließend an das Betriebsergebniskonto weitergeleitet). Die variablen Gemeinkosten werden, nach Kostenarten gegliedert, auf die Kostenstellen verteilt und im Rahmen der Plankalkulation auf Gesamtkostenabweichung Verbrauchsabweichung heterogene Kostenverursachung K p v K i v K s v K b i b p b G A V A eB A G esamtkosten E inz elkosten ( v ariable K osten) � F ertigungsmaterial � F ertigungslohn � etc. G emeinkosten fix e G emeinkosten � Z insen � M ieten � G ehälter � etc. v ariable G emeinkosten � B etriebsstoffe � E nergiekosten � etc. | Abb 81 | Abb 82 Kostenabweichung in der Grenzplankostenrechnung Aufspaltung der Gesamtkosten Ablauf der Grenzplankostenrechnung <?page no="220"?> 220 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n die Kostenträger verrechnet. Die mit den variablen Kosten bewerteten abgesetzten Produkte werden dann in das Betriebsergebniskonto übernommen, während die Werte der gelagerten fertigen und unfertigen Erzeugnisse in der Bilanz zu aktivieren sind (vgl. Abschnitt 4.1.3.1). Abbildung 83 gibt die Struktur wieder. Ein weiteres Teilkostenrechnungssystem ist die relative Einzelkostenrechnung nach Riebel (1994). Dieser Konzeption liegt ein ausgabenorientierter Kostenbegriff zugrunde, d. h., Kosten sind durch eine Entscheidung zusätzlich ausgelöste Ausgaben. Riebel geht folglich von einer strikten Entscheidungsorientierung aus, ein Sachverhalt, der im Identitätsprinzip der Kostenzurechnung seinen Niederschlag findet: Nach diesem Prinzip dürfen nur solche Größen gegenübergestellt werden, die auf dieselbe Entscheidung zurückgeführt werden können. Eine Kostenverrechnung im Sinne einer Gemeinkostenschlüsselung unterbleibt damit. Da in einer Unternehmung nicht nur eine, sondern ein ganzes System von Entscheidungen vorliegt, die miteinander in Beziehung stehen, bildet Riebel (1994, S. 406) eine sogenannte Bezugsgrößenhierarchie. Je nach Entscheidungssituation werden dann unterschiedliche Objekte betrachtet. Hierdurch bedingt werden die Kosten letztlich als Einzelkosten einer entsprechenden Bezugsgröße angesehen, weshalb von einer relativen Einzelkostenrechnung gesprochen wird. Abbildung 84 gibt beispielhaft einige Bezugsobjekthierarchien wieder (vgl. Riebel 1994, S. 406). K ostenartenrechnung K ostenträgerrechnung Plan- E inz elkosten fix e Plangemeinkosten v ariable Plangemeinkosten E rfassung in d en K ostenstellenplänen Schlüsselung Schlüsselung K ostenstellenrechnung Prod uktart A Prod uktart B U mlage F ix kostenanaly se und kontrolle B etriebsergebniskonto W ert d er abgesetz ten Prod ukte B ilanz W ert d er gelagerten Prod ukte Plan- G emeinkosten Abb 83 | Struktur der Grenzplankostenrechnung relative Einzelkostenrechnung Identitätsprinzip der Kostenzurechnung Bezugsgrößenhierarchie <?page no="221"?> 221 r e c h n u n G s w e s e n Jede Kostenzurechnung setzt voraus, dass die Kosten einem zugehörigen Element der Bezugsgrößenhierarchie direkt zurechenbar sind. Damit werden letztlich alle Kosten einer passenden Bezugsgröße als Einzelkosten zugeordnet. Existieren mehrere Bezugsgrößen, dann ist immer diejenige Bezugsgröße zu wählen, die in der Bezugsobjekthierarchie am weitesten unten steht: „Für die tiefer stehenden Ebenen der Bezugsobjekthierarchie wären die betrachteten Kosten als Gemeinkosten zu klassifizieren, in der gewählten Ebene sind es Einzelkosten.“ (Troßmann 2008, S. 195). Zur Kostenerfassung und differenzierten Kostenzurechnung schlägt Riebel (1994, S. 457) einen Kostensammelbogen vor, der grundlegend für das Rechnen mit relativen Einzelkosten ist und eine Kombination von Kostenarten-, -stellen und -trägerrechnung ist. Dieser Kostensammelbogen ist eine Grundrechnung der Kosten, die die Grundlage für Auswertungsrechnungen bildet. An die Grundrechnung werden die folgenden Hauptanforderungen gestellt: Zweckneutralität, d. h., es wird kein Zweck bevorzugt, so dass vielfältige Auswertungsmöglichkeiten bestehen. Abbildungstreue, d. h., es geht um die zutreffende Wiedergabe der zu erfassenden Sachverhalte. Aus diesem Grunde werden nur nachvollziehbare Rechengrößen wie Ein- und Auszahlungen, Einnahmen und Ausgaben herangezogen. Abbildung 85 gibt das Zusammenspiel zwischen Grund- und Auswertungsrechnung in seiner allgemeinen Struktur wieder. Es sei betont, dass in der relativen Einzelkostenrechnung der Deckungsbeitrag immer als Differenz der Einzelerlöse und -kosten verstanden wird. Aus diesem Grunde sind die Deckungsbeiträge, die im Rahmen der rela- G esamtumsatz G esamtumsatz A bsatz gebiete A rtikelgruppen A rtikel K und engruppen A uftragsarten A uftragsgrö ß enklassen | Abb 84 Beispiele für Bezugsgrößenhierarchien Grundrechnung G rund rechnung A uswertung d er Daten Spez ielle F ragestellungen A ktualisierung und / od er E rgänz ung d er Daten A uswertungsrechnung I nformationsbereitstellung im R ahmen spez ieller F ragestellungen | Abb 85 Beziehungen zwischen Grund- und Auswertungsrechnung <?page no="222"?> 222 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n tiven Einzelkostenrechnung ermittelt werden, i. d. R. höher, als dies in den Systemen mit variablen Kosten der Fall ist, da die variablen Gemeinkosten nicht betrachtet werden. E x ternes R echnungswesen Das externe Rechnungswesen stellt den rechtlich regulierten Teil des Rechnungswesens dar. Während die Unternehmung im Bereich des internen Rechnungswesens frei in der Wahl seiner Berechnungsmethoden und Darstellungen ist, ist sie im externen Rechnungswesen an die Regelungen im Handelsgesetzbuch (Einzelabschluss) gebunden. Bestandteile des Jahresabschlusses Der Jahresabschluss stellt die über das Geschäftsjahr in der Finanzbuchhaltung (vgl. hierzu Abschnitt 4.1.3.3) gewonnenen Informationen und Daten in komprimierter Fassung dar. Es handelt sich damit um eine zeitpunktbezogene Darstellung. Er besteht grundsätzlich aus den Bestandteilen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV; § 242 (3) HGB). Kapitalgesellschaften müssen zusätzlich einen Anhang aufstellen (§ 264 (1) 1 HGB). Während die Bilanz und die GuV den Jahresabschluss im engeren Sinne (alle Kaufleute) bilden, wird von einem Jahresabschluss im weiteren Sinne (Kapitalgesellschaften) gesprochen, wenn der Anhang hinzukommt. Die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses ergibt sich aus § 242 (1) und (2) HGB. Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Bilanz) und darüber hinaus für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Der Grundsatz der Vollständigkeit konkretisiert dabei die Bestandteile des Jahresabschlusses. Nach § 246 (1) 1 HGB hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dabei sind Vermögensgegenstände grundsätzlich in der Bilanz des zivilrechtlichen Eigentümers aufzunehmen, es sei denn, ein anderer als der Eigentümer übt die tatsächliche Herrschaft über den Vermögensgegenstand in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf den Vermögensgegenstand wirtschaftlich ausschließen kann. Dann hat dieser sogenannte wirtschaftliche Eigentümer den Vermögensgegenstand in seiner Bilanz auszuweisen (§ 246 (1) 2 HGB; § 39 AO). 4.1.3 | 4.1.3.1 | <?page no="223"?> 223 r e c h n u n G s w e s e n Schulden sind immer in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen (§ 246 (1) 3 HGB). Die Bilanz stellt das Vermögen sowie die Schulden einer Unternehmung zu einem bestimmten Zeitpunkt dar. Gemäß § 247 (1) HGB sind in der Bilanz das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern (vgl. Abbildung 86). Die Bilanz ist in Kontenform aufzustellen und in Aktiva / Passiva zu unterteilen. Die Aktivseite der Bilanz stellt die Mittelverwendung dar, d. h. in was wurden die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel investiert, während die Passivseite die Mittelherkunft zeigt, d. h. wo kommen die finanziellen Mittel her. Die Gliederung der Aktiv- und Passivseite basiert auf Fristigkeit, d. h. auf der Aktivseite ist das Vermögen nach zunehmender Geldnähe gegliedert, während die Passivseite das Kapital nach zunehmender Dringlichkeit der Verpflichtung ausweist. Die Bilanzsumme der Aktivseite muss zwingend der Bilanzsumme der Passivseite entsprechen. § 246 (2) HGB postuliert das Saldierungsverbot ( s iehe Glossar), d. h. Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden: ∑ Aktiva = ∑ Passiva Vermögen = Eigenkapital + Fremdkapital Anlagevermögen ist dabei das Vermögen, das dazu bestimmt ist, dauernd der Unternehmung zu dienen (§ 247 (2) HGB), während Umlaufvermögen zur Veräußerung oder Verbrauch bestimmt ist. Zum Anlagevermögen gehören beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Fuhrpark, Betriebs- und Geschäftsausstattung. Das Umlaufvermögen gliedert sich z. B. in Vorräte, Forderungen, finanzielle Mittel. Für Bilanzierungszwecke wird bereits ab einer Verweildauer von mehr als einem Jahr von Anlagevermögen gesprochen. Das Eigenkapital umfasst die von den Eigentümern der Unternehmung zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel. Die Zuführung finanzieller Mittel kann entweder von außen, z. B. Privateinlagen, oder von innen, z. B. Verzicht auf Auszahlung der Gewinnausschüttung, erfolgen. Beim Fremdkapital handelt es sich um finanzielle Mittel, die zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden müssen. Das HGB unterscheidet dabei Rückstellungen (Verpflichtungen, die bezüglich Grund und / oder Höhe ungewiss sind) und Verbindlichkeiten (typischerwei- Bilanz A ktiv a A nlagev ermö gen U mlaufv ermö gen B ilanz summe Passiv a E igenkapital F remd kapital B ilanz summe B ilanz A ktiv e R echnungsabgrenz ungsposten Passiv e R echnungsabgrenz ungsposten | Abb 86 Aufbau einer Bilanz (schematisch) Aktivseite Passivseite Saldierungsverbot Anlagevermögen Umlaufvermögen <?page no="224"?> 224 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n se Kredite; Grund und / oder Höhe der Verpflichtung sind gewiss). Weitergehende Gliederungsvorschriften der Bilanz (vgl. Abbildung 87) kennt das HGB nur für Kapitalgesellschaften (§ 266 HGB). Rechnungsabgrenzungsposten dienen dem periodengerechten Ausweis des Vermögens. Daher sind Aufwendungen und Erträge in den Perioden zu erfassen, in denen sie verursacht wurden bzw. ihren wirtschaftlichen Ursprung haben. Nach § 250 (1) HGB ist ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag zu bilden, soweit diese Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Hierbei handelt es sich folglich um einen Zahlungsmittelabfluss in der laufenden Periode, der sich aber eigenkapitalmindernd auch auf die nächste Periode bezieht. Ein typisches Beispiel hierfür sind Versicherungsbeiträge, die unterjährig für ein ganzes Jahr im Voraus bezahlt werden. Der prozentuale Teil, der sich auf die Monate im Folgejahr bezieht, wird in einen ARAP eingestellt. Damit wird erreicht, dass die Erfolgswirkung auf zwei Jahre verteilt wird. Dagegen sind passive Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP) für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag zu bilden, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 (2) HGB). Bei einem PRAP erfolgte bereits ein Zahlungsmittelzufluss (Leistung), die damit im Zusammenhang stehende Gegenleistung, z. B. Bereitstellen des verpachteten Gegenstandes, ist aber noch nicht erbracht worden und erstreckt sich über zwei A ktiv a Passiv a B ilanz A. Anlagevermögen I . I mmaterielle V ermö gensgegenständ e ( z . B . : L iz enz en, Patente 1. G rund stücke und G ebäud e ( G uG ) 2. T echnische A nlagen und M aschinen 3 . A nd ere A nlagen, B etriebs- und G eschäftsausstattung ( B G A ) I I . Sachanlagen A. Eigenkapital B. Rückstellungen C. Verbindlichkeiten I . L angfristige V erbind lichkeiten I I . K urz fristige V erbind lichkeiten D. Rechnungsabgrenzungsposten Summe A ktiv a Summe Passiv a I I I . F inanz anlagen ( z . B . : W ertpapiere d es A V ) B. Umlaufvermögen I . V orräte 1. R oh- , H ilfs- und B etriebsstoffe 2. U nfertige E rz eugnisse/ L eistungen 3 . F ertige E rz eugnisse, W aren I I . F ord erungen und sonstige V ermö gensgegenständ e I I I . W ertpapiere I V . K assenbeständ e, , B ankguthaben C. Rechnungsabgrenzungsposten Abb 87 | Bilanz (vereinfachte Darstellung) Rechnungsabgrenzungsposten <?page no="225"?> 225 r e c h n u n G s w e s e n Geschäftsjahre. Durch die Bildung eines PRAP wird der Ertrag periodengerecht erfasst und somit der Gewinn des Geschäftsjahres ausgewiesen. Als Besonderheit ist das Disagio zu nennen. Es liegt immer dann vor, wenn der Erfüllungsbetrag einer Verbindlichkeit (Rückzahlungsbetrag einschließlich Preis- und Kostensteigerungen) höher ist als der Ausgabebetrag. Dieser Unterschiedsbetrag darf (Wahlrecht) in einen ARAP eingestellt werden, da es sich letztlich um eine vorweggenommene Zinszahlung handelt, die entweder direkt im Zeitpunkt der Aufnahme der Verbindlichkeit in voller Höhe als Zinsaufwand erfasst oder durch Bildung eines ARAP über die Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt wird (§ 250 (3) HGB). Kapitalgesellschaften müssen den nach § 250 (3) HGB in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommenen Unterschiedsbetrag in der Bilanz gesondert ausweisen oder im Anhang angeben (§ 268 (6) HGB). Tabelle 32 zeigt die Periodenabgrenzung im Überblick (vgl. z. B. Bieg / Kußmaul / Waschbusch 2012, S. 50; Baetge / Kirsch / Thiele 2012, S. 537 f.): Gemäß § 242 (1) HGB hat jeder Kaufmann am Ende des Geschäftsjahres (i. d. R. einmal jährlich) eine Bilanz aufzustellen. Die Veränderung des Vermögensausweises innerhalb der Bilanz kann entweder auf die Erwirtschaftung eines Gewinnes bzw. Verlustes (erfolgswirksame Geschäftsvorfälle) oder auf die reine Veränderung der Zusammensetzung des Vermögens (erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle) zurückgeführt werden (vgl. hierzu Abschnitt 4.1.3.3). Hat sich das Eigenkapital am Ende des Geschäftsjahres im Vergleich zum Beginn des Geschäftsjahres erhöht, dann wurde ein Gewinn erwirtschaftet, es sei denn, es wurden Privateinlagen getätigt. Umgekehrt deutet der Ausweis eines niedrigeren Eigenkapitals auf Disagio Periodenabgrenzung | Tab. 32 Z eitliche A bgrenz ung d urch Ak tivk onto Z eitliche A bgrenz ung d urch Passivk onto Z ahlungsv organg vor E rfolgswirkung Transitorische Posten A usgabe in d ieser Period e, A ufwand in späterer Period e ak tiver R echnungsabgrenzungsposten E innahme in d ieser Period e, E rtrag in späterer Period e passiver R echnungsabgrenzungsposten Z ahlungsv organg nach E rfolgswirkung Antizipative Posten E rtrag in d ieser Period e, E innahme in späterer Period e sonstige Forderungen A ufwand in d ieser Period e, A usgabe in späterer Period e bei Sicherheit d er Z ahlung: sonstige Verbindlichk eiten bei U nsicherheit d er Z ahlung: R ü ck stellungen → → → → → <?page no="226"?> 226 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n einen Verlust hin, es sei denn, es wurden Privatentnahmen vorgenommen. Diese Vorgehensweise wird auch als Eigenkapitalvergleichsrechnung, Reinvermögensvergleichsrechnung oder Distanzrechnung bezeichnet (vgl. Eisele / Knobloch 2011, S. 79; Wöhe / Kußmaul 2012, S. 98). Die allgemeine Berechnungsformel lautet: Periodenerfolg = Eigenkapital am Ende des Geschäftsjahres - Eigenkapital am Anfang des Geschäftsjahres + Privatentnahmen - Privateinlagen Privatentnahmen sind in der Gewinnermittlung der Veränderung des Eigenkapitals hinzuzurechnen, da es sich um Mittel handelt, die in der Unternehmung erwirtschaftet wurden und nach außen abgeflossen sind. Dagegen haben Privateinlagen das Eigenkapital künstlich erhöht, da es sich um eine Zuführung von außen handelt. Die Eigenkapitalmehrung wurde folglich nicht in der Unternehmung erwirtschaftet, sodass diese herausgerechnet werden muss. Je nach Zielsetzung lassen sich verschiedene Bilanztypen unterscheiden. In Abhängigkeit der zu vermittelnden Informationen lassen sich Erfolgs- und Vermögensbilanzen sowie Liquiditäts- und Bewegungsbilanzen unterscheiden. Erfolgsbilanzen stellen den Erfolg des Geschäftsjahres dar, sodass Geschäftsvorfälle, die wirtschaftlich ein anderes Geschäftsjahr betreffen, zu korrigieren sind, wie dies in der handelsrechtlichen Bilanzierung nach deutschen Normen der Fall ist. Dagegen weisen Vermögensbilanzen den Gewinn unabhängig davon, ob sich einzelne Sachverhalte auf andere Geschäftsjahre auswirken, aus. Auch bei der Bewertung bestehen Unterschiede zwischen Erfolgs- und Vermögensbilanzen. Während nach § 253 (1) 1 HGB die (fortgeführten) Anschaffungskosten die Höchstgrenze des bilanziellen Ausweises von Vermögensgegenständen sind und somit keine Zuschreibungen auf einen höheren Wert erfolgen dürfen (Erfolgsbilanz), werden Vermögensgegenstände, deren Wert am Ende des Geschäftsjahres über den Anschaffungskosten liegt, im Rahmen der Vermögensbilanz mit dem höheren Wert angesetzt. Im internationalen Vergleich zeigt sich die Tendenz des Ausweises in Vermögensbilanzen. Die Liquiditätsbilanz ist eine Vermögensbilanz bewertet zu Liquiditätswerten. Die Bilanz ist dabei nach Liquidität gegliedert. Demgegenüber erfasst die Bewegungsbilanz Stromgrößen, d. h. sie zeigt Kapital- und Vermögensbewegungen innerhalb eines Geschäftsjahres (vgl. Coenenberg / Haller / Schultze 2012, S. 3 f.). In Deutschland besteht die Besonderheit, dass eine Unternehmung eine Handelsbilanz und Steuerbilanz aufstellt, es sei denn, die Unternehmung bedient sich einer Überleitungsrechnung i. S. d. § 60 (2) EStDV. Privatentnahmen Bilanztypen Info <?page no="227"?> 227 r e c h n u n G s w e s e n Darüber hinaus ist zwischen Einzelbilanz und Konzernbilanz zu unterscheiden. Eine Einzelbilanz bezieht sich auf eine Unternehmung, bei der Konzernbilanz werden die Einzelbilanzen der zum Konzern gehörenden Unternehmungen zusammengefasst. Dabei sind kapitalmarktorientierte Unternehmungen in der Europäischen Union seit dem 01. 01. 2005 verpflichtet, die Konzernbilanz nach internationalen Standards aufzustellen. In Deutschland normiert § 315a HGB die Erstellung des Konzernabschlusses nach den International Financial Reporting Standards (IFRS); (vgl. Küting / Weber 2012, S. 152 f.). Eine weitere Einteilung der Bilanzen erfolgt nach dem Anlass der Erstellung einer Bilanz. Laufende Bilanzen sind Bilanzen, die periodisch i. d. R. jährlich aufgestellt werden. Sonderbilanzen werden dagegen aperiodisch aufgestellt, d. h. in Abhängigkeit des Eintrittes eines bestimmten Ereignisses. Mit Sonderbilanz ist nicht die steuerliche Sonderbilanz gemeint. Solche aperiodisch aufzustellenden Bilanzen sind beispielsweise die Gründungs-, Kapitalerhöhungs-, Umwandlungs-, Sanierungs-, Auseinandersetzungs- und Liquidationsbilanzen (vgl. Wöhe / Kußmaul 2012, S. 11). Die Gewinn- und Verlustrechnung ist neben der Bilanz der zweite Pflichtbestandteil des Jahresabschlusses (§ 243 (3) HGB). Im Gegensatz zur Bilanz ist die Gewinn- und Verlustrechnung eine zeitraumbezogene Stromgrößenrechnung. Sie stellt die Aufwendungen (Zunahme des Reinvermögens) und Erträge (Abnahme des Reinvermögens) der Periode gegenüber. Der Saldo ergibt den Periodenerfolg. Bedingt durch das System der doppelten Buchführung sind die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung miteinander verknüpft, sodass es zur zweifachen Gewinnermittlung kommt. Wie ausgeführt, kann der Periodenerfolg durch Reinvermögensvergleich, also aus der Bilanz heraus, aber auch in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt werden. Auch dabei gilt das Saldierungsverbot des § 246 (2) HGB ( s iehe Glossar), d. h. Aufwendungen dürfen nicht mit Erträgen verrechnet werden: Periodenerfolg = ∑ Erträge − ∑ Aufwendungen Die Gewinn- und Verlustrechnung stellt die Aufwendungen und Erträge in Staffelform dar. Diese Untergliederung ist für Kapitalgesellschaften verpflichtend (§ 275 (1) 1 HGB). Hierbei hat die Unternehmung ein Wahlrecht zwischen dem Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren, wobei beide Verfahren zum Ausweis des gleichen Periodenerfolgs führen. Allerdings ist aufgrund des Stetigkeitsprinzips (§ 265 (1) HGB) das einmal gewählte Verfahren beizubehalten. Unabhängig davon, welches der beiden Verfahren angewendet wird, setzt sich der Erfolg aus dem Betriebsergebnis und dem neutralen Ergebnis zusammen, wobei Letzteres sich aus dem Finanzergebnis und dem außerordentlichen Ergebnis ergibt. Das Betriebsergebnis resultiert aus Gewinn- und Verlustrechnung Betriebsergebnis <?page no="228"?> 228 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n der Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge, die sich auf die eigentliche Betriebstätigkeit, d. h. auf die Herstellung und den Verkauf von Produkten, beziehen. Konkret werden beim Gesamtkostenverfahren die betrieblichen Aufwendungen den betrieblichen Erträgen gegenübergestellt, während sich beim Umsatzkostenverfahren zunächst durch die Gegenüberstellung der Umsatzerlöse und der Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen das Bruttoergebnis vom Umsatz ergibt (vgl. Infokasten). Dieses wird um die Vertriebskosten, Verwaltungskosten und sonstige betriebliche Aufwendungen und Erträge korrigiert und stellt dann das Betriebsergebnis dar. Das neutrale Ergebnis wird in beiden Verfahren identisch ermittelt. Das Betriebs- und Finanzergebnis ergeben zusammen das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Ergänzt um das außerordentliche Ergebnis und das Steuerergebnis ergibt sich der Periodenerfolg, genannt Jahresüberschuss (JÜ) bzw. Jahresfehlbetrag (JF). Bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens sind auszuweisen: 1 Umsatzerlöse, 2 Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen, 3 andere aktivierte Eigenleistungen, 4 sonstige betriebliche Erträge, 5 Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen 6 Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung 7 Abschreibungen: a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen, b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten, 8 sonstige betriebliche Aufwendungen, 9 Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen, 10 Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen, 11 sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen Info <?page no="229"?> 229 r e c h n u n G s w e s e n 12 Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens, 13 Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen, 14 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, 15 außerordentliche Erträge, 16 außerordentliche Aufwendungen, 17 außerordentliches Ergebnis, 18 Steuern vom Einkommen und vom Ertrag, 19 sonstige Steuern, 20 Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag. Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens sind auszuweisen: 1 Umsatzerlöse, 2 Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen, 3 Bruttoergebnis vom Umsatz, 4 Vertriebskosten, 5 allgemeine Verwaltungskosten, 6 sonstige betriebliche Erträge, 7 sonstige betriebliche Aufwendungen, 8 Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen, 9 Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen, 10 sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen, 11 Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens, 12 Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen, 13 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, 14 außerordentliche Erträge, 15 außerordentliche Aufwendungen, 16 außerordentliches Ergebnis, 17 Steuern vom Einkommen und vom Ertrag, 18 sonstige Steuern, 19 Jahresüberschuss / Jahresfehlbetrag. Unterschiede zwischen den beiden Verfahren liegen somit ausschließlich bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses. Hintergrund ist der Sachverhalt, dass die in einer Periode verkauften Produkte nicht mit denen in der Periode produzierten Produkten übereinstimmen. Nur für den Fall, dass die produzierten und abgesetzten Produkte mengenmäßig übereinstim- <?page no="230"?> 230 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n men, also keine Lagerbestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen vorhanden sind, kann der Periodenerfolg durch Gegenüberstellung aller in der Periode angefallenen Aufwendungen und Erträge ermittelt werden. Beim Gesamtkostenverfahren wird diese Vorgehensweise in einem ersten Schritt vollzogen. In einem zweiten Schritt werden Bestandserhöhungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen und Eigenleistungen mit ihren Herstellungskosten den Umsatzerlösen als Quasierträge hinzugerechnet; Bestandsminderungen werden mit ihren Herstellungskosten als Quasiaufwendungen erfasst. Auf diese Weise wird eine Korrektur vorgenommen, so dass im Ergebnis nur die Aufwendungen und Erträge in das Betriebsergebnis eingehen, die sich auf verkaufte Produkte beziehen. Beim Umsatzkostenverfahren werden den Umsatzerlösen nur die Aufwendungen gegenübergestellt, die für verkaufte Produkte angefallen sind (sog. Umsatzkosten bzw. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen), d. h. die Aufwendungen für die Produktion auf Lager werden aus dem gesamten Periodenaufwand herausgerechnet. Werden dagegen mehr Produkte verkauft als produziert, so dass die Lagerbestände abgebaut werden, dann sind die in früheren Perioden aktivierten Herstellungskosten als umsatzbezogene Herstellungsaufwendungen zu verrechnen, mit der Konsequenz, dass Bestandsminderungen in der Position Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen enthalten sind. Der Gesetzgeber orientiert sich in seiner Sprache nicht immer an der betriebswirtschaftlichen Terminologie, z. B. bei der Verwendung des Begriffes „Umsatzerlöse“. Erlöse und Umsätze sind betriebswirtschaftlich die gleichen Sachverhalte und ergeben sich aus „Preis · Menge“. Umsatzerlöse sind folglich ein Pleonasmus (unnütze Überfülle des Ausdrucks), wie etwa ein „weißer Schimmel“. Abbildung 88 verdeutlicht die Unterschiede bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses nach dem Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren (vgl. Coenenberg / Haller / Schultze 2012, S. 521): Die Abbildung zeigt, dass bei beiden Verfahren den Umsatzerlösen nur die Aufwendungen gegenübergestellt werden, die sich auf die abgesetzten Produkte beziehen. Beim Gesamtkostenverfahren werden die Aufwendungen nach Kostenarten gegliedert, nämlich Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungen und sonstige betriebliche Aufwendungen. Dagegen werden die Aufwendungen beim Umsatzkostenverfahren nach Funktionen Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren Info <?page no="231"?> 231 r e c h n u n G s w e s e n gegliedert, d. h. Herstellung (Produktion), Vertrieb, Verwaltung. Vor diesem Hintergrund sind beim Umsatzkostenverfahren die Material- und Personalaufwendungen im Anhang anzugeben, und zwar so wie sie beim Gesamtkostenverfahren ausgewiesen werden (§ 285 Nr. 8 HGB). Im angloamerikanischen Raum ist das Umsatzkostenverfahren das vorherrschende Verfahren, sodass eine Vergleichbarkeit bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens im internationalen Bereich eher gewährleistet ist. Neben der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung umfasst der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaften zwingend auch die Aufstellung eines Anhangs (§ 264 (1) 1 HGB). In diesem Zusammenhang wird auch von Jahresabschluss im weiteren Sinne gesprochen. Hieraus folgt, dass sich die Generalnorm des § 264 (2) HGB, die die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss fordert, auch auf die Aufstellung des Anhangs bezieht. Da die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ausschließlich quantitative Angaben (Bestands- und Stromgrößen) enthalten, sind sie ohne Aufstellung eines Anhangs nicht in der Lage, der Generalnorm zu entsprechen. Hierfür sind vor allem zwei Gründe ursächlich: Zum einen geben die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung keine Informationen bezüglich der Ausübung von Wahlrechten. Zum anderen sind über die quantitativen Angaben Aussagen qualitativer Art erforderlich. Folglich liegt die Hauptaufgabe des Anhangs darin, das durch die Bilanzierungsvorschriften im HGB entstehende Informationsdefizit zu reduzieren, um eine weiterführende, exaktere und verbesserte Informationsvermittlung zu erzielen (vgl. Bieg / Kußmaul / Waschbusch 2012, S. 216). Hieraus ergeben sich vier Funktionen (vgl. Coenenburg / Haller / Schultze 2012, S. 854; Schildbach / Stobbe / Brösel 2013, S. 464 ff.): A ufwand gesamter Period enaufwand U msatz erlö se J Ü/ J F B estand serhö hung A ufwand E rtrag U msatz erlö se J Ü/ J F 2 1 1: gesamter Period enaufwand 2: H erstellungskosten d er B estand serhö hung Gesamtk ostenverfahren Umsatzk ostenverfahren E rtrag | Abb 88 Gesamt- und Umsatzkostenverfahren Anhang <?page no="232"?> 232 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Erläuterungs- oder Interpretationsfunktion, Korrekturfunktion, Entlastungsfunktion und Ergänzungsfunktion. Der Anhang soll Informationen liefern, die zur Verbesserung des Verständnisses und der richtigen Interpretation der Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnungsposten beitragen (sogenannte Erläuterungs- oder Interpretationsfunktion). So sind im Anhang die auf die Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzugeben und zu erläutern (§ 284 (2) Nr. 1 HGB); hierunter fallen beispielsweise Angaben über die Ausübung von Wahlrechten, welche Bewertungsmethode beim Vorratsvermögen gewählt wurde, welche Kostenbestandteile bei der Ermittlung der Herstellungskosten berücksichtigt wurden, ob Aktivierungswahlrechte bezüglich selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder bezüglich eines Disagios in Anspruch genommen wurden. Dabei sind nach § 284 (2) Nr. 3 HGB Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden anzugeben und zu begründen. Die Korrekturfunktion ist in § 264 (2) 2 HGB geregelt. Führen besondere Umstände dazu, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des § 264 (2) 1 HGB nicht vermittelt, sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen, d. h., Abweichungen, die sich infolge einer geänderten Bilanzierungs- oder Bewertungsmethode ergeben, sind betragsmäßig anzugeben. Um dem Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit Rechnung zu tragen, werden einzelne Informationen, wie z. B. die Wahlrechtsausübung, in den Anhang verschoben (§ 284 (1) HGB, sogenannte Entlastungsfunktion). Darüber hinaus hat der Anhang Informationen zu vermitteln, die über die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nicht gegeben werden können (sogenannte Ergänzungsfunktion). So sind beispielsweise Art und Zweck sowie Risiken und Vorteile von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften zu erläutern, sofern dieser Umstand für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist (§ 285 Nr. 3 HGB), der Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz enthalten sind, worunter Zahlungsverpflichtungen aus schwebenden Geschäften fallen (§ 285 Nr. 3a HGB), anzugeben, eine Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten (§ 285 Nr. 4 HGB) vorzunehmen, die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahrs beschäftigten Arbeitnehmer getrennt nach Gruppen (§ 285 Nr. 7 HGB) oder die Gesamtbezüge des Vorstandes und des Aufsichtsrates / Beirates (§ 285 Nr. 9 HGB) anzugeben. Erläuterungs- oder Interpretationsfunktion Korrekturfunktion Entlastungsfunktion Ergänzungsfunktion <?page no="233"?> 233 r e c h n u n G s w e s e n Das Gesetz schreibt für den Anhang keine bestimmte Form vor. Es gelten aber die allgemeinen Grundsätze der Klarheit und Übersichtlichkeit. Dennoch haben sich in der Literatur Leitlinien zum Aufbau des Anhangs entwickelt (vgl. Grottel 2014, § 284, Rz. 30; Baetge / Kirsch / Thiele 2011, S. 694): Allgemeine Informationen zu den angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Währungsumrechnung, Erläuterung der Bilanzposten und Posten der Gewinn- und Verlustrechnung, sonstige Angaben (insbesondere Angaben i. S. d. § 285 HGB, sofern diese nicht bereits in eine andere Kategorie fallen), Organmitglieder. Inventar Zu Beginn seines Handelsgewerbes hat jeder Kaufmann seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben (Pflicht zur Aufstellung eines Inventars; § 240 (1) HGB), es sei denn, es greift die Befreiungsvorschrift des § 241a HGB. Beim Inventar handelt es sich um ein „… unabhängig von der Buchführung zu erstellendes vollständiges, detailliertes art-, mengen- und wertmäßiges Verzeichnis aller Vermögensgegenstände und Schulden zu einem Stichtag“ (Eisele / Knobloch 2011, S. 42). Sinn und Zweck eines Inventars liegt in der Sicherung und Überwachung. Auch wenn bereits eine Dokumentation der Vermögensgegenstände und Schulden in der Buchführung erfolgt, werden durch die jährliche Aufstellung eines Inventars z. B. Schwund, Diebstahl sichtbar. Darüber hinaus ist das Inventar nicht nur ein wertmäßiges Verzeichnis, wie dies bei der Bilanz der Fall ist, sondern es werden auch Art und Menge der Vermögensgegenstände und Schulden offengelegt. Die Erstellung eines Inventars erfolgt, wenn möglich, auf Grundlage einer körperlichen Bestandsaufnahme, z. B. Messen, Zählen, Wiegen, aller in der Unternehmung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Vermögensgegenstände und Schulden (vgl. z. B. Eisele / Knobloch 2011, S. 46). Das sich dabei ergebende Ergebnis ist ein Abgleich der Istwerte mit den in der Buchführung ermittelten Sollwerten. Es werden verschiedene Inventurformen unterschieden: Das HGB ermöglicht die Stichtagsinventur (§ 240 (1) HGB), die Stichprobeninventur (§ 241 (1) HGB), die permanente Inventur (§ 241 (2) HGB) sowie die vor- und nachgelagerte Stichtagsinventur (§ 241 (3) HGB), wobei Letztere eine Fortbzw. Rückschreibung auf den Stichtag erfordert (sogenanntes Besonderes Inventar). Dabei ist zu berücksichtigen, Leitlinien zum Aufbau des Anhangs | 4.1.3.2 Inventar Inventurformen <?page no="234"?> 234 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n dass das Inventurverfahren den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen muss (vgl. hierzu Abschnitt 4.1.3.4). Nach Art und Umfang der Bestandsaufnahme lassen sich die Inventurverfahren unterscheiden. So werden materielle Vermögensgegenstände durch körperliche Bestandsaufnahme erfasst, während der Bestand I. Vermö gen A. Anlagevermö gen 1. G rund stücke und G ebäud e B . Umlaufvermö gen 1. R ohstoffe II. Schulden A. L angfristige Schulden 1 G eschäftshaus in M annheim 1 L agerhalle in H eid elberg 2. F uhrpark 3 . M aschinen und W erkz euge 4 . B üro- und G eschäftsausstattung 1 T ransporter, T y p Sprinter 1 H obelmaschine, T y p B osch 3 21 2 K reissägen, T y p B osch 3 5 1, j e z u 2. 5 00 € 1 Schreibtisch 1 L aptop, T y p Dell 1 Drucker, T y p H P 28 7 1 F ax , T y p H P 6 9 8 5 Paletten Sperrholz , z u j e 5 0 € 5 00 m B uchenholz , z u 10 € / m 2. H ilfsstoffe 200 kg L eim, z u 5 € / kg 10. 000 Schrauben und N ägel, z u j e 0, 05 € 3 . F ertigerz eugnisse 10 Stühle, z u j e 100 € 2 Schränke, z u j e 5 00 € 4 . F ord erungen aus L ieferungen und L eistungen M üller Schmid t 5 . B ankguthaben G irokonto Sparkasse Sparbuch V olksbank 6 . K asse 1. H y pothek Spard abank 2. K red it Sparkasse B . K urzfristige Schulden 1. V erbind lichkeit aus L ieferungen und L eistungen L ieferant A L ieferant B III. Eigenk apital Summe d es V ermö gens . / . Summe d er Schuld en = Eigenk apital 5 00. 000 € 100. 000 € 6 00. 000 € 20. 000 € 20. 000 € 20. 000 € 5 . 000 € 25 . 000 € 5 00 € 1. 000 € 3 . 000 € 2. 000 € 25 0 € 5 . 000 € 6 . 5 00 € 5 . 25 0 € 1. 000 € 5 00 € 1. 000 € 1. 000 € 1- 5 00 € 2. 000 € 5 00 € 25 0 € 1. 000 € 5 0. 000 € 1. 3 00 € 7 5 0 € 5 1. 000 € 1. 3 00 € 713. 30 0 € 100. 000 € 5 0. 000 € 15 0. 000 € 1. 3 00 € 5 00 € 1. 8 00 € 15 1. 8 00 € 7 13 . 3 00 € 15 1. 8 00 € 5 6 1. 5 00 € Abb 89 | Inventar (Beispiel) <?page no="235"?> 235 r e c h n u n G s w e s e n immaterieller Vermögensgegenstände, z. B. Patente, Rechte, Forderungen, Verbindlichkeiten auf Basis einer Buchinventur, d. h. anhand von Belegen oder Urkunden, ermittelt wird (vgl. Winkeljohann / Philipps 2014, § 240, Rz. 49). Der Aufbau des Inventars ist nicht gesetzlich geregelt. Üblicherweise wird das Inventar in Listenform (Staffelform) aufgestellt und folgt einem dreistufigen Auf bau in Vermögen, Schulden und Eigenkapital. Analog zur Bilanz wird das Vermögen in Anlage- und Umlaufvermögen untergliedert und nach zunehmender Geldnähe geordnet ausgewiesen. Ebenfalls werden die Schulden nach zunehmender Dringlichkeit der Rückzahlung in lang- und kurzfristige gegliedert. Als Differenzgröße zwischen dem Vermögen und den Schulden ergibt sich das Eigenkapital. Abbildung 89 gibt ein Beispiel für ein Inventar wieder (vgl. Wobbermin 1999, S. 36): Finanzbuchhaltung Gemäß § 238 (1) 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Kaufmann ist jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 HGB), worunter jeder Gewerbebetrieb zu subsumieren ist, es sei denn, dass die Unternehmung nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (sogenannter Ist-Kaufmann). Nach § 2 HGB kann sich eine gewerbliche Unternehmung, die nicht die Anforderungen an den Geschäftsbetrieb erfüllt (z. B. Kleingewerbetreibende), in das Handelsregister eintragen lassen. Sie erfüllen dann die Kaufmannseigenschaft (sogenannter Kann-Kaufmann). Das Gleiche gilt für den Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs über § 3 HGB. Darüber hinaus sind Handelsgesellschaften kraft Rechtsform Kaufmann (sogenannter „Form-Kaufmann“, § 6 HGB). Zu den Handelsgesellschaften gehören die Personengesellschaften (vgl. Abschnitt 2.3.2) und die Kapitalgesellschaften (vgl. Abschnitt 2.3.3). Hierbei ist zu beachten, dass Kapitalgesellschaften „Formkaufleute“ sind, da bei diesen Gesellschaftsformen die Kaufmannseigenschaft nicht von der Art oder dem Umfang des Geschäftsbetriebs abhängt, sondern diese an die Eigenschaft als juristische Person gebunden ist. Dagegen sind Personengesellschaften keine Formkaufleute. Ihre Kaufmanneigenschaft ergibt sich aus der Art oder dem Umfang des Geschäftsbetriebs (vgl. Klunzinger 2011, S. 1 und S. 45 ff.). Ausgenommen von der Buchführungspflicht sind gemäß § 241a S. 1 HGB Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 500.000 € Umsatz und 50.000 € Jahresüberschuss aufweisen. Im Fall der Neugründung treten die | 4.1.3.3 Buchführungspflicht <?page no="236"?> 236 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Rechtsfolgen bereits dann ein, wenn die genannten Größenkriterien am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden. Die handelsrechtliche Buchführung muss gemäß § 238 (1) 2 HGB so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage der Unternehmung vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich dabei in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. Um dieser gesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen, erfasst die Buchführung alle in Geldgrößen messbaren wirtschaftlichen Vorgänge (Geschäftsvorfälle). Es handelt sich um eine chronologische, lückenlose und ordnungsmäßige Dokumentation (vgl. z. B. Eisele / Knobloch 2011, S. 15). Unter einem Geschäftsvorfall wird jedes Ereignis in einer Unternehmung verstanden, das eine Veränderung der Höhe und / oder Struktur des Vermögens und Kapitals zur Folge hat. Folglich besteht der Sinn und Zweck der Buchführung darin, den Einblick in die Vermögenslage und Vermögensentwicklung sicherzustellen. Dies wird durch die klare, übersichtliche und nachprüf bare Dokumentation erreicht mit der Konsequenz, dass die Buchführung auch dem Gläubigerschutz dient (vgl. Winkeljohann / Klein / Henckel 2014, § 238, Rz. 90; Moxter 1986, S. 5 f.). § 239 HGB enthält weitere Vorschriften zur Führung der Bücher: Der Kaufmann hat sich bei den Aufzeichnungen einer lebenden Sprache zu bedienen (Abs. 1). Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss deren Bedeutung eindeutig sein (Abs. 1). Absatz 2 regelt, dass die Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden müssen. Gleichzeitig darf eine Eintragung oder Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist (Abs. 3). Auch dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden, die zu einer Ungewissheit darüber führen, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind (Abs. 3). Absatz 4 ermöglicht es dem Buchführenden, die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen durch geordnete Ablage von Belegen zu führen oder diese auf elektronischen Datenträgern zu führen, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Das System der doppelten Buchführung (vgl. Schneider 1993, Sp. 712 ff.) geht auf den Franziskanermönch Luca Pacioli (1494, 1993, S. 1 ff.) zurück. Geschäftsvorfall System der doppelten Buchführung <?page no="237"?> 237 r e c h n u n G s w e s e n Es ermöglicht eine zweifache Gewinnermittlung, zum einen in der Bilanz und zum anderen in der Gewinn- und Verlustrechnung. Doppelt ist aber auch im buchungstechnischen Sinne zu verstehen. Jeder Geschäftsvorfall wird als Tauschvorgang i. S. v. Leistung und Gegenleistung erfasst. Werden beispielsweise Waren gekauft, dann erhöht sich zum einen der Bestand an Waren (Leistung) und zum anderen mindern sich die finanziellen Mittel durch Bezahlung der Warenlieferung (Gegenleistung). Da jeder Kaufmann nach § 242 (3) HGB verpflichtet ist, jährlich eine Bilanz aufzustellen, hätte jeder Geschäftsvorfall in einer Unternehmung die Folge, dass sich entweder die Höhe und / oder die Struktur der Bilanz verändern. Da dies unwirtschaftlich und unübersichtlich ist, wird die Bilanz in Konten zerlegt und zwar für jede Bilanzposition mindestens ein Konto (sogenanntes T-Konto). Auf diesen Konten werden dann alle Veränderungen innerhalb eines Jahres erfasst. Am Ende des Geschäftsjahres werden die Endbestände der einzelnen Konten wieder zu einer Bilanz verdichtet. Da die Konten Bestände erfassen (z. B. den Bestand an Waren) werden sie auch als Bestandskonten bezeichnet. Die Bestandskonten leiten sich aus den Bilanzpositionen ab. Daher werden sie in Aktiv- und Passivkonten bzw. aktivische und passivische Bestandskonten unterschieden, entsprechend danach, ob sie sich aus einer Position der Aktiv- oder Passivseite der Bilanz ergeben. Beispiele für Aktivkonten wären Grund und Boden, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Maschinen, Waren, Forderungen, Bank; als Beispiele für Passivkonten seien genannt: Eigenkapital, Rückstellungen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Die Konten sind im Vergleich zur Bilanz mit Soll und Haben überschrieben und folgen nachstehender Rechenmethodik: Anfangsbestand + Zugänge = Abgänge + Endbestand Den grundsätzlichen Aufbau eines Aktivkontos zeigt Abbildung 90: Der Anfangsbestand ergibt sich aus der Bilanz zu Beginn des Geschäftsjahres (Eröffnungsbilanz). Wird unterstellt, dass das Kalenderjahr dem Geschäftsjahr entspricht, ist der Anfangsbestand der Bestand des Vermögens, z. B. Waren, die sich am 01. 01. im Lager befinden. Während des Geschäftsjahres werden dann die Zugänge und Abgänge, z. B. die Käufe und Verkäufe der Waren erfasst. Am Ende des Geschäftsjahres ergibt sich ein Endbestand an Waren, der dann wiederum Eingang in die Schlussbilanz zum 31. 12. findet. Ein Passivkonto ist spiegelbildlich zu einem Aktivkonto aufgebaut (vgl. Abbildung 91): Bestandskonten Soll Z ugänge H aben A bgänge E nd bestand A ktiv konto A nfangsbestand | Abb 9 0 Aufbau eines Aktivkontos <?page no="238"?> 238 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Auch hierbei ergibt sich der Anfangsbestand z. B. eines Kredits aus der Eröffnungsbilanz. Unterjährig werden die Tilgungszahlungen (Abgänge) und weitere Kreditaufnahmen (Zugänge) erfasst. Der sich am Ende des Geschäftsjahres ergebende Endbestand wird dann in der Schlussbilanz ausgewiesen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bilanz am Ende des Geschäftsjahres t 1 der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres t 2 entspricht. Wird wiederum unterstellt, dass das Kalenderjahr dem Geschäftsjahr entspricht, dann ergibt sich keine Veränderung der Bestände zwischen der Bilanz zum 31. 12. t 1 : 24: 00 Uhr und der Bilanz am 01. 01. t 2 : 0: 00 Uhr und 1 Sekunde. Geschäftsvorfälle, die nur die Struktur der Aktiv- und / oder Passivseite verändern, werden erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle genannt, da sie keinen Einfluss auf den Gewinn / Verlust der Unternehmung haben. Es verändert sich folglich nicht die Höhe des Eigenkapitals. Bei erfolgsneutralen Geschäftsvorfällen werden vier Bilanzänderungstypen unterschieden: Aktivtausch, Passivtausch, Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung) und Bilanzverkürzung (Aktiv-Passiv-Minderung). Bei einem Aktivtausch ändert sich lediglich die Zusammensetzung des Vermögens auf der Aktivseite der Bilanz, z. B. Barkauf von Waren. Die Bilanzsumme bleibt unverändert. Demgegenüber verändert sich die Zusammensetzung des Kapitals auf der Passivseite der Bilanz bei einem Passivtausch, z. B. Umschichtung eines kurzfristigen Kredits in einen langfristigen Kredit. Auch in diesem Fall bleibt die Bilanzsumme gleich. Bei einer Bilanzverlängerung (Aktiv-Passiv-Mehrung) erhöht sich mindestens eine Position der Aktiv- und Passivseite mit der Konsequenz, dass sich die Bilanzsumme erhöht, z. B. Kauf von Waren auf Ziel. Demgegenüber vermindert sich bei einer Bilanzverkürzung (Aktiv-Passiv-Minderung) mindestens eine Position der Aktiv- und Passivseite mit der Folge, dass sich die Bilanzsumme verringert, z. B. Tilgung eines Kredits. Wie bereits angemerkt, sind bei jedem Geschäftsvorfall mindestens zwei Konten betroffen. Dabei erfolgt die Dokumentation der Geschäftsvorfälle durch die Bildung von Buchungssätzen. Ein Buchungssatz erfasst den Geschäftsvorfall in knapper, aber eindeutiger Form. Der Aufbau eines Buchungssatzes erfolgt nach einem einheitlichen System: Zunächst wird das Konto genannt, das sich im Soll verändert, danach das Konto, das im Soll E nd bestand H aben A nfangsbestand Z ugänge Passiv konto A bgänge Abb 9 1 | Aufbau eines Passivkontos Bilanzänderungstypen Aktivtausch Passivtausch Bilanzverlängerung Bilanzverkürzung Buchungssatz <?page no="239"?> 239 r e c h n u n G s w e s e n Haben angesprochen wird. Mit anderen Worten: Die Buchungsreihenfolge lautet ausnahmslos „Soll an Haben“. Ein einfacher Buchungssatz, also ein Buchungssatz, der nur zwei Konten anspricht, sieht wie folgt aus: Konto Soll Betrag an Konto Haben Betrag oder verkürzt: Konto Soll an Konto Haben Betrag Beispiel: Ein Unternehmer kauft Waren für 5.000 € und bezahlt diese bar. Von der Umsatzsteuer wird abstrahiert: Waren an Kasse 5.000 € Das Konto Waren ist ein Aktivkonto, sodass der Zugang im Soll zu erfassen ist. Auch beim Kassenkonto handelt es sich um ein Aktivkonto, sodass der Zahlungsmittelabfluss im Haben gebucht wird. Ein zusammengesetzter Buchungssatz, also ein Buchungssatz, der aus mehr als zwei Konten besteht, lässt sich wie folgt darstellen: Konto Soll Betrag Konto Soll Betrag an Konto Haben Betrag Konto Haben Betrag Beispiel: Ein Unternehmer kauft Waren für 5.000 € und bezahlt diese zu 2.000 € bar und zu 3.000 € durch Überweisung. Wird von der Umsatzsteuer abstrahiert, dann ergibt sich der folgende Buchungssatz: Waren 5.000 an Kasse 2.000 Bank 3.000 Analog zum vorherigen Beispiel ist der Warenzugang auf dem Aktivkonto im Soll zu erfassen, während der Zahlungsmittelabfluss auf den Aktivkonten Kasse und Bank im Haben zu buchen ist. In den bisherigen Ausführungen gab es keine Veränderung des Eigenkapitals. Dennoch liegt bei einer Vielzahl der Geschäftsvorfälle zwar eine Erhöhung oder Minderung eines Vermögensgegenstandes vor, während weder eine Veränderung des Fremdkapitals noch eines anderen Vermögensgegenstandes gegeben ist. Als einzige Größe, die dann im Rahmen der doppelten Buchführung betroffen ist, ergibt sich das Eigenkapital. Eine Zunahme des Eigenkapitals wird Ertrag genannt, eine Minderung Aufwand. Diese Art der Geschäftsvorfälle wird als erfolgswirksame Geschäftsvorfälle bezeichnet, da sich durch die Erhöhung des Eigenkapitals der Gewinn der Unternehmung erhöht, während eine Minderung zu einem Verlust für die Unternehmung führt. Erfolg ist dabei der Oberbegriff für Gewinn oder Verlust. Einzige Ausnahmen von diesem Grundsatz sind Privateinlagen und -entnahmen, die zwar das Eigenkapital erhöhen bzw. mindern, aber dennoch keinen Einfluss auf den Erfolg haben (erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle). Der Periodenerfolg ergibt sich aus: <?page no="240"?> 240 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n A ktiv a Passiv a B ilanz in t 0 Soll H aben E rö ffnungsbilanz konto W aren F ord erungen B ank 5 0 000 20 000 3 0 000 E igenkapital L angfristige V erb. K urz fristige V erb. 5 0 000 4 0 000 10 000 E igenkapital L angfristige V erb. K urz fristige V erb. 5 0 000 4 0 000 10 000 W aren F ord erungen B ank 5 0 000 20 000 3 0 000 100 000 100 000 100 000 100 000 . . . Soll H aben W aren Soll H aben F ord erungen Soll H aben B ank Soll H aben W aren Soll H aben F ord erungen Soll H aben B ank A B 5 0 000 A B 20 000 A B 3 0 000 A B ( 3 ) 5 0 000 15 000 E B 6 5 000 ( 1) E B 5 000 15 000 A B 20 000 A B ( 1) 3 0 000 5 000 ( 4 ) E B 2 5 00 3 2 5 00 Soll H aben E igenkapital Soll H aben L angfristige V erb. Soll H aben K urz fristige V erb. A B 5 0 000 A B 4 0 000 A B 10 000 Soll H aben E igenkapital Soll H aben L angfristige V erb. Soll H aben K urz fristige V erb. E B 5 0 000 A B 5 0 000 E B 4 2 5 00 A B ( 5 ) 4 0 000 2 5 00 ( 2) ( 4 ) E B 2 5 00 2 5 00 20 000 A B ( 3 ) 10 000 15 000 Soll H aben Schlussbilanz konto W aren F ord erungen B ank 6 5 000 15 000 3 2 5 00 112 5 00 E K L angfristige V erb. K urz fristige V erb. 5 0 000 4 2 5 00 20 000 112 5 00 A ktiv a Passiv a Schlussbilanz W aren F ord erungen B ank 6 5 000 15 000 3 2 5 00 E K L angfristige V erb. K urz fristige V erb. 5 0 000 4 2 5 00 20 000 112 5 00 112 5 00 Abb 9 2 | Buchungskreislauf (Beispiel) <?page no="241"?> 241 r e c h n u n G s w e s e n Periodenerfolg = ∑ Erträge − ∑ Aufwendungen Typische Beispiele für erfolgswirksame Geschäftsvorfälle sind die Zahlung der Miete, Steuern, Versicherungen, der Erhalt von Zinsen oder der Verkauf von Waren. Da die direkte Erfassung auf dem Eigenkapitalkonto aufgrund der Vielzahl an Geschäftsvorfällen in einem Geschäftsjahr unübersichtlich wäre, werden in der Praxis Unterkonten des Eigenkapitals geführt. Dies ist zum einen das Gewinn- und Verlustkonto und zum anderen das Privateinlage- und Privatentnahmekonto (1. Stufe). Da aber auch die Erfassung aller erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle auf dem Gewinn- und Verlustkonto zu unübersichtlich wäre, werden auf der 2. Stufe zum einen die Aufwandskonten geführt, die immer im Soll angesprochen werden (mit Ausnahme von Korrekturbuchungen), da sie einen Abgang des passivischen Eigenkapitalkontos darstellen. Zum anderen werden Ertragskonten geführt, die ausschließlich im Haben gebucht werden (mit Ausnahme von Korrekturbuchungen), da sie einen Zugang des passivischen Eigenkapitalkontos darstellen. Die folgende Abbildung 92 fasst den Buchungskreislauf zusammen (vgl. Wüstemann 2013, S. 46): Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Der Gesetzgeber hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die gesetzlichen Regelungen der Buchführung und Bilanzierung zu definieren: Entweder er versucht im Detail jede denkbare Situation zu regeln, mit der Konsequenz, dass es eine Vielzahl an Einzelvorschriften gibt, oder er belässt es bei einer Generalklausel. Vorteil der Generalnorm ist, dass sie einen weiten Anwendungsbereich hat. Als Nachteil ist zu nennen, dass sie einen schwachen Präzisionsgrad aufweist und folglich eine geringere Bindungswirkung hat, d. h. sie ist grundsätzlich subsidiär gegenüber Einzelvorschriften (lex specialis derogat leges generales). Der deutsche Gesetzgeber bedient sich einer solchen Generalklausel, indem er in § 243 (1) HGB vorschreibt, dass der Jahresabschluss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufzustellen ist. GoB sind dabei ein nicht im HGB definierter Begriff (unbestimmter Rechtsbegriff). Es werden kodifizierte und nicht kodifizierte GoB unterschieden (vgl. Coenenberg / Haller / Schultze 2012, S. 36). Da nicht alle GoB gesetzlich niedergeschrieben sind, bedarf es der Auslegung. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus mehreren Gründen. Zum einen fehlt im Gesetz die Definition vieler wichtiger Rechtsbegriffe, wie z. B. „Rechtsgeschäft“, „subjektives Recht“ und „rechtswidrig“. Andere Rechtsbegriffe sind nicht eindeutig definiert, weil es ihnen zum Teil an der Genauigkeit und damit am konkreten Anwendungsbereich fehlt, oder sie sind mehrmals im Gesetz mit unterschiedlichen Definitionen erläutert. Zum anderen kann ein Sachverhalt mehrere Rechtsfolgen aus- | 4.1.3.4 Generalnorm <?page no="242"?> 242 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n lösen, die sich gegenseitig ausschließen. Dabei stellt sich die Frage, welche Norm „Verdrängungscharakter“ hat. Somit ist die Aufgabe der Auslegung, Normwidersprüche zu eliminieren, Normkonkurrenzen zu lösen und Regelungsbereiche zu definieren (vgl. Larenz 1991, S. 312 f.). Auslegen wird im Folgenden definiert als „… ein vermittelndes Tun, durch das sich der Auslegende den Sinn eines Textes, der ihm problematisch geworden ist, zum Verständnis bringt“ (Larenz 1991, S. 312). Hierbei ist der Gegenstand der Auslegung der originäre Gesetzestext, der mit Hilfe anderer Worte konkretisiert bzw. „übersetzt“ werden soll. Da Auslegen immer Wertungen enthält, sollte darauf geachtet werden, dass die Auslegung rational und kontrollierbar erfolgt. Hierbei soll Rationalität der Auslegung als „maximale Diskutierbarkeit“ (Schneider 1963, S. 35) verstanden werden, d. h. der Richter muss begründen, wieso er sich für einen Auslegungsgesichtspunkt entschieden hat. Folglich wäre es bei einer Gesetzesauslegung ohne Regeln nicht möglich, Gerechtigkeit, verstanden als Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte, und Rechtssicherheit, verstanden als vorherige Sicherheit über die Entscheidung des Sachverhalts, umzusetzen. Die Lehre der Gesetzesauslegung ist Element der juristischen Methodenlehre von Friedrich Carl von Savigny (1840). Diese Methodenlehre beschreibt zum einen, wie Gesetze ausgelegt werden und legt zum anderen Maßstäbe fest, die eine Auslegung als „vertretbar“ bzw. „zutreffend“ erscheinen lassen. Hierbei wird üblicherweise eine „richtige“ Auslegung gefordert. Richtig im Sinne von „für die Zukunft abschließend festgelegt“, gibt es nicht. Abschließend kann die Auslegung daher nicht sein, weil der Wandel der Zeit neue Sichtweisen eröffnet. Endgültig für die Zukunft ist nicht gegeben, weil die Auslegung abhängig ist von der jeweils geltenden Rechtsordnung. Somit bezieht sich die Richtigkeit nur auf die gerade geltende Rechtsordnung und auf den konkreten Zeitpunkt der Auslegung (vgl. Larenz 1991, S. 314 f.). Zudem ist es erforderlich, die Auslegungsmethode konsequent anzuwenden, wobei dies nicht bedeutet, dass es nur ein richtiges Auslegungsergebnis gibt. Es soll vielmehr eine willkürliche Auslegung vermieden werden. Die juristische Methodenlehre erfolgt in zwei Stufen (vgl. Hassold 1983, S. 213 f.): (1) Hermeneutik und philosophische Erkenntnistheorie: Diese versucht die Gesetzestexte zu verstehen und anzuwenden. Sie geht davon aus, dass Gesetzestexte mehr „Sinn-Schichten“ haben, als für den Auslegenden auf den ersten Blick erkennbar ist. (2) Rechtserkenntnis: Der Rechtsanwender legt Auslegungsziele fest, wendet diese an, diskutiert und interpretiert die vorgebrachten Argumente und wählt eine Methode der Auslegung. Der Gesetzestext bildet den Gegenstand der Auslegung. „Der Wortlaut des Gesetzes ist der Auslegung ,autoritativ vorgegeben‘ bildet ein dogma- Lehre der Gesetzesauslegung juristische Methodenlehre <?page no="243"?> 243 r e c h n u n G s w e s e n tisches Element der Auslegung.“ (Hassold 1983, S. 214). Somit ist nicht der Text die Norm, sondern die Norm liegt „hinter“ dem Text. Für die Festlegung des Auslegungsziels gibt es zwei Theorien: Die subjektive Theorie, auch Willenstheorie genannt, die den historischen Willen des Gesetzgebers erforschen möchte (als Vertreter der subjektiven Theorie sind zu nennen: Windscheid, Bierling und Heck). Die objektive Theorie, auch Theorie der immanenten Gesetzesdeutung genannt, deren Ziel die Durchdringung des dem Gesetzestext innewohnenden Sinnes ist (Vertreter der objektiven Theorie waren u. a. Kohler, Binding, Wach und später Radbruch, Sauer und Binde). Jedoch beinhalten beide Theorien nur eine Teilwahrheit. Rechtsgesetze werden von Menschen für Menschen geschaffen, wobei der in dieser Ordnung geschaffene Wille des Gesetzgebers den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen soll. In die Entstehung eines Gesetzes fließen neben der Regelungsabsicht auch Wertungen, Bestrebungen und Überlegungen der Mitwirkenden ein. Dies stellt die Wahrheit der subjektiven Theorie dar. Jedoch kann mit Bindung an das Gesetz (Art. 20 (3) GG, Art. 97 (1) GG) nicht nur die Bindung an den Gesetzestext gemeint sein. Denn die Wahrheit der objektiven Theorie ist, dass ein Gesetz durch seine Anwendung Wirksamkeit entfaltet, die über die Bereiche hinausgeht, die der Gesetzgeber gesehen hat (vgl. Larenz 1991, S. 316 f.). Folglich ist das Ziel der Auslegung die Ermittlung des heute rechtlich geltenden Sinnes des Gesetzes. Dieses ist dann ein Ergebnis eines gedanklichen Prozesses, in den alle o. g. Elemente Eingang finden. Da sich die Auslegung immer nur auf die aktuelle Zeit bezieht, endet der Auslegungsprozess nie. Die juristische Auslegungsmethode von v. Savigny (1840, S. 213 f.) beinhaltet das „grammatikalische“, „logische“, „historische“ und „systematische“ Element. Hierbei dürfen die einzelnen Kriterien aber nicht isoliert betrachtet werden, sondern in ihrer Gesamtheit, in ihrem Zusammenwirken (vgl. BVerfG vom 17.05.1960, BVerfGE 11, S. 130). Festzuhalten ist, dass die Auslegungskriterien keine Auslegungsmethoden sind, die sich gegenseitig ausschließen, sondern lediglich Gesichtspunkte, die von unterschiedlichem Gewicht sind und sich gegenseitig ergänzen (vgl. BVerfG vom 17.05.1960, BVerfGE 11, S. 130; Larenz 1991, S. 343). Die Gesetzesauslegung ist wie folgt aufgebaut: Auf der ersten Stufe wird der mögliche Wortsinn ermittelt, wobei der Interpretationsrahmen zwischen dem engsten und dem weitesten Wortsinn abzustecken ist. Die Entscheidung darüber, welche Auslegung die sachgerechteste ist, wird erst im Rahmen der teleologischen Auslegung getroffen. Dabei bildet der Wortsinn sowohl den Anfang als auch das Ende jeder Auslegung, da eine Auslegung, die über den Wortsinn hinausgeht, unzulässig ist. Gesetzesauslegung <?page no="244"?> 244 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Die zweite Stufe ergänzt die grammatikalische Auslegung, indem der Kontext, in dem die Norm steht, in die Betrachtung einbezogen wird. Hierzu wird der Textzusammenhang mit Hilfe amtlicher Überschriften einzelner Gesetzesnormen und Abschnitten des Gesetzes beleuchtet (vgl. Beisse 1981, S. 137). Auf der dritten Stufe werden der Wortsinn und Bedeutungszusammenhang in einen historischen Kontext gestellt. Entscheidend ist dabei die Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers und der Zweck, der der auszulegenden Norm am nächsten kommt. Hierzu werden Absichtserklärungen des Gesetzgebers, amtliche Begründungen oder Entwürfe zur Zeit der Entstehung des Gesetzes herangezogen. Objektiv-teleologische Kriterien bilden die vierte Stufe des Auslegungsprozesses. Hierunter werden konkret Sachstrukturen des Normbereichs und der Rechtsordnung immanente Rechtsprinzipien subsumiert. Vor diesem Hintergrund hat die Forderung nach Gerechtigkeit eine bedeutende Rolle, soll sie doch Normwidersprüche vermeiden (vgl. Larenz 1991, S. 344). Auf der fünften und letzten Stufe steht die Forderung nach der Einhaltung der Verfassung, denn rechtsethische Prinzipien mit Verfassungsrang können sich sowohl gegenseitig ergänzen als auch einschränken (vgl. Larenz 1991, S. 344 f.). Die erste Systematisierung der GoB geht auf Leffson ((1987, S. 157 ff.) zurück. Mittlerweile existieren zahlreiche Systematisierungen (vgl. z. B. Baetge / Kirsch / Thiele 2012, S. 112 ff.; Schildbach / Stobbe / Brösel 2013, S. 140 ff.). Die folgende Darstellung basiert auf der Systematisierung von Leffson, die inhaltlich in den Strukturierungen von Baetge / Kirsch / Thiele (2012), Wöhe / Kußmaul (2012) sowie Schildbach / Stobbe / Brösel (2013) aufging: Grundsä tze ordnungsgemä ß er B uchfü hrung Tab. 33 | 1. R ahmengrund sätz e Die E intragungen in B üchern und d ie sonst erford erlichen A ufz eichnungen müssen v ollständ ig, richtig, z eitgerecht und geord net v orgenommen werd en. R ichtigkeit § 23 9 A bs. 2 H G B V ergleichbarkeit ( Stetigkeit) § 24 6 A bs. 3 H G B , § 25 2 A bs. 1 N r. 6 H G B Die auf d en v orhergehend en J ahresabschluss angewand ten A nsatz method en sind beizubehalten. Die auf d en v orhergehend en J ahresabschluss angewand ten B ewertungsmethod en sind beizubehalten. Info <?page no="245"?> 245 r e c h n u n G s w e s e n Der J ahresabschluss muss klar und übersichtlich sein. Dies bez ieht sich insbesond ere auf d en A ufbau, d er d en gesetz lichen G lied erungsv orschriften entsprechen muss. K larheit und Übersichtlichtkeit § 24 3 A bs. 2 H G B Der J ahresabschluss hat sämtliche V ermö gensgegenständ e, Schuld en, R echnungsabgrenz ungsposten sowie A ufwend ungen und E rträge z u enthalten, soweit gesetz lich nichts and eres bestimmt ist. V ollständ igkeit § 23 9 A bs. 2 H G B ( B uchführung) , § 24 6 A bs. 1 Satz 1 H G B ( J ahresabschluss) Die V ermö gensgegenständ e und Schuld en sind zum Abschlussstichtag einz eln z u bewerten. E s ist v orsichtig z u bewerten, namentlich sind alle v orhersehbaren R isiken und V erluste, d ie bis z um Abschlussstichtag entstand en sind , z u berücksichtigen, selbst wenn d iese erst z wischen d em A bschlussstichtag und d em T ag d er A ufstellung d es J ahresabschlusses bekannt geword en sind ; G ewinne sind nur z u berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind . B ilanz stichtag § 25 2 A bs. 1 N r. 3 und 4 H G B A ufwend ungen und E rträge d es G eschäftsj ahres sind unabhängig v on d en Z eitpunkten d er entsprechend en Z ahlungen im J ahresabschluss z u berücksichtigen. Period isierung § 25 2 A bs. 1 N r. 5 H G B W irtschaftlichkeitsged anken find en sich im H G B in d en § § 24 0 A bs. 3 und 4 sowie 25 6 H G B . W irtschaftlichkeit und W esentlichkeit N icht gesetz lich geregelt B ei d er B ewertung ist v on d er Fortführung d er U nternehmenstätigkeit ausz ugehen, sofern d em nicht tatsächliche od er rechtliche G egebenheiten entgegenstehen. A usnahmen find en sich in § § 24 0 A bs. 3 und 4 , 25 4 , 25 6 H G B . U nternehmensfortführung § 25 2 A bs. 1 N r. 2 H G B A ufwend ungen und E rträge d es G eschäftsj ahres sind unabhängig v on d en Z eitpunkten d er entsprechend en Zahlungen im J ahresabschluss z u berücksichtigen. Pagatorik § 25 2 A bs. 1 N r. 5 H G B Die V ermö gensgegenständ e und Schuld en sind z um A bschlussstichtag einzeln z u bewerten. E inz elbewertung § 25 2 A bs. 1 N r. 3 H G B - W irtschaftlicher V orteil - Selbständ ige V erkehrsfähigkeit - Selbständ ige B ewertbarkeit A bstrakte A ktiv ierungsfähigkeit N icht gesetz lich geregelt - W irtschaftliche V ermö gensbelastung - A uß env erpflichtung - Q uantifiz ierbarkeit A bstrakte Passiv ierungsfähigkeit N icht gesetz lich geregelt 3 . A nsatz grund sätz e für d ie B ilanz 2. Sy stemgrund sät z e <?page no="246"?> 246 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Funktionen des Jahresabschlusses § 238 (1) HGB verpflichtet den Kaufmann, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Diese bereits erwähnte Buchführungspflicht verdeutlicht, dass der Gesetzgeber eine übersichtliche, vollständige für sachverständige Dritte nachvollziehbare Dokumentation (Rechenschaft) aller in der Unternehmung während eines Geschäftsjahres angefallenen Geschäftsvorfälle fordert. Ohne diese fortlaufende Dokumentation wäre es nicht möglich, die wirtschaftliche Lage der Unternehmung im Jahresabschluss darzustellen. Die gesetzlichen Regelungen zur Aufstellung des Jahresabschlusses regulieren die Bemessung der Zahlungsansprüche. Dabei ist die Entnahmehöhe / Ausschüttungshöhe durch das Gesetz grundsätzlich auf den Periodenerfolg beschränkt. Ziel ist es, einen entnahmefähigen Gewinn zu ermitteln. Dies bezieht sich aber nicht nur auf die Zahlungsansprüche der Eigner (Ausschüttungsbemessungsfunktion), sondern auch der Fiskus greift mit den Steuerzahlungen auf den Gewinn als Bemessungsgrundlage zurück (Besteuerung). Dabei ist die Bezugsgröße für die Ausschüttung an die Anteilseigner der handelsrechtliche Gewinn, während sich die Besteuerung am steuerlichen Gewinn bemisst. Der handelsrechtliche Jahresabschluss und die steuerliche Rechnungslegung sind über das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 (1) 1 EStG miteinander verknüpft. Danach ist für den 4 . Definitionsgrund sätz e für d as G eschäftsj ahresergebnis Gewinne sind nur z u berücksichtigen, wenn sie am A bschlussstichtag realisiert sind . § 25 2 A bs. 1 N r. 4 H G B R ealisationsprinz ip A ufwend ungen und E rträge d es G eschäftsj ahres sind unabhängig v on d en Z eitpunkten d er entsprechend en Z ahlungen im J ahresabschluss z u berücksichtigen. § 25 2 A bs. 1 N r. 5 H G B A bgrenz ung d er Sache und d er Z eit nach 5 . K apitalerhaltungsgrund sätz e E s ist vorsichtig z u bewerten. V orsichtsprinz ip § 25 2 A bs. 1 N r. 4 H G B N amentlich sind alle v orhersehbaren Risiken und Verluste, d ie bis z um A bschlussstichtag entstand en sind , z u berücksichtigen, selbst wenn d iese erst z wischen d em A bschlussstichtag und d em T ag d er A ufstellung d es J ahresabschlusses bekannt geword en sind . I mparitätsprinz ip § 25 2 A bs. 1 N r. 4 H G B 4.1.3.5 | Maßgeblichkeitsprinzip <?page no="247"?> 247 r e c h n u n G s w e s e n Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 (1) 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Der Jahresabschluss hat die Aufgabe, sowohl externen (z. B. Gläubiger, Aktionäre, Arbeitnehmer, Lieferanten, Kunden, Öffentlichkeit) als auch internen Adressaten (z. B. Unternehmungsleitung, Kontrollgremien) entscheidungsnützliche Informationen über die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Unternehmung zu liefern. Dabei sollen aktuelle und potentielle Kapitalgeber (Eigen- und Fremdkapitalgeber) in die Lage versetzt werden, bessere Entscheidungen über die Mittelvergabe zu treffen. So müssen Gläubiger eine Einschätzung darüber abgeben, wie sicher die Rückzahlungen der Schuldner sind. Dagegen liegt das Interesse der Eigenkapitalgeber darin, abzuschätzen, welche Ausschüttungen zu erwarten sind. Diese Beurteilung ist aber in Gänze nur möglich, wenn Informationen über zukünftige Zahlungen, z. B. mittels eines Finanzplans, vorliegen. Der Jahresabschluss basiert auf vergangenen Daten, stellt er doch das Kapital und Vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt dar. Er kann folglich einen Finanzplan nicht ersetzen, dennoch kann der im handelsrechtlichen Jahresabschluss ausgewiesene Gewinn die Prognose über zukünftige Zahlungen erhöhen, da er auf periodisierten Zahlungen basiert. Ergänzende Informationsinstrumente Der Gewinn laut Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung ist ein auf die Vergangenheit bezogener Ausweis. Er ist nur eine sehr grobe Grundlage für die Schätzung zukünftiger Gewinne. Vor diesem Hintergrund können weitergehende Auswertungen der Jahresabschlussdaten die Schätzungen verbessern. Für Kapitalgesellschaften (§ 264 (1) 1 HGB), mit Ausnahme der kleinen Kapitalgesellschaften (§ 267 (1) i. V. m. § 264 (1) 4 HGB) besteht die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts: Der Lagebericht (§ 289 HGB) soll die derzeitige und zukünftige Situation der Unternehmung hinsichtlich der Chancen und Risiken darstellen. Dabei bezieht sich der Lagebericht nicht nur auf finanzielle, sondern auch auf nicht finanzielle Leistungsindikatoren, wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange (vgl. hierzu ausführlich Coenenberg / Haller / Schultze 2012, S. 923 ff.). Für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i. S. d. § 264d HGB, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind (§ 264 (1) 2 1. Hs. HGB), besteht die Pflicht zur Aufstellung einer Kapitalflussrechnung und eines Eigenkapitalspiegels: Die Kapitalflussrechnung zeigt die Entwicklung der Zahlungen eines Jahres und soll den Einblick in die Finanzlage verbessern. Der Aufbau ist | 4.1.3.6 Lagebericht Kapitalflussrechnung <?page no="248"?> 248 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n nicht gesetzlich geregelt. Dennoch werden grundsätzlich die Zahlungsströme für drei Bereiche gesondert ausgewiesen: Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit, Cashflow aus der Investitionstätigkeit und Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit. Der Eigenkapitalspiegel zeigt die Entwicklung des Eigenkapitals. Für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i. S. d. § 264d HGB, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind (§ 264 (1) 2 1. Hs. HGB), besteht ein Wahlrecht zur Aufstellung einer Segmentberichterstattung: Die Segmentberichterstattung dient dem Einblick in einzelne Geschäftsfelder. Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses In Abhängigkeit von der Rechtsform, Größe und vom Geschäftszweig besteht für die Unternehmungen eine Pflicht, sich durch einen Abschlussprüfer prüfen zu lassen (§§ 316-324a HGB). Die Pflicht erstreckt sich vor allem auf: AG, KGaA, GmbH (§ 316 (1) 1 HGB mit Ausnahme kleiner Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 (1) HGB). Personengesellschaften, bei denen eine juristische Person Vollhafter ist (z. B. GmbH & Co. KG). Unternehmen, die unter das Publizitätsgesetz fallen (§ 6 (1) i. V. m. § 1 (1) PublG). Muss sich eine Unternehmung aufgrund gesetzlicher Regelungen einer Pflichtprüfung unterziehen, dann kann der Jahresabschluss erst nach Abschluss der Prüfung festgestellt werden. Die Prüfung erstreckt sich dabei nicht nur auf den Jahresabschluss, sondern auch auf den Lagebericht und die Buchführung. Dabei sollen Verstöße gegen gesetzliche Regelungen, die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag aufgedeckt werden. Zudem wird geprüft, ob ein angemessenes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird (§ 317 (1) 3 HGB). Ergebnis der Prüfung ist zum einen ein Prüfungsbericht (§ 321 HGB) und zum anderen der Bestätigungsvermerk (§ 322 HGB). Gemäß § 325 (1) HGB haben die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaften für diese den Jahresabschluss (einschließlich des Bestätigungsvermerks) beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch einzureichen. Neben dem Jahresabschluss sind der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats, die Erklärung zum Corporate Governance Kodex (§ 161 AktG) sowie der Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses und der Beschluss über seine Verwendung unter Angabe des Jahresüberschusses bzw. Jahresfehlbetrags auszuweisen. Kleine Kapitalgesellschaften müssen lediglich die Bilanz und den Anhang einreichen (§ 326 HGB), während mittelgroße Kapitalgesell- Eigenkapitalspiegel Segmentberichterstattung 4.1.3.7 | <?page no="249"?> 249 r e c h n u n G s w e s e n schaften eine verkürzte Bilanz und einen verkürzten Anhang offenlegen müssen (§ 327 HGB). Die Frist der Offenlegung beträgt gemäß § 325 (1) 1 HGB grundsätzlich zwölf Monate (Ausnahme kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften innerhalb von vier Monaten). In diesem Abschnitt wurden Fragestellungen des internen und externen Rechnungswesens behandelt. Im Rahmen des internen Rechnungswesens wurde zunächst auf der Grundlage eines Beispiels die generelle Struktur einer Kostenrechnung aufgezeigt. Im Anschluss daran wurden die Kostenrechnungssysteme in Vollkosten- und Teilkostensysteme unterschieden und diese Erscheinungsformen vorgestellt. Im externen Rechnungswesen wurden zunächst die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung (für alle Kaufleute) sowie der Anhang (für Kapitalgesellschaften) als Bestandteile des Jahresabschlusses thematisiert. Daran anschließend wurden die Grundlagen der Finanzbuchhaltung aufgezeigt. Mit einer Skizze zu den Funktionen des Jahresabschlusses schließt dieser Abschnitt. 1 Zeigen Sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des wertmäßigen und pagatorischen Kostenbegriffes auf. 2 Grenzen Sie Kosten und Aufwand gegeneinander ab. 3 Was verstehen Sie unter echten und unechten Gemeinkosten? 4 Skizzieren Sie den generellen Aufbau einer Zuschlagskalkulation. 5 Skizzieren Sie die Grundidee der Prozesskostenrechnung. 6 Welche Erscheinungsformen der Vollkostenrechnung lassen sich unterscheiden? Erklären Sie kurz die Unterschiede. 7 Erklären Sie die Idee der stufenweisen Fixkostenrechnung. 8 Skizzieren Sie die unterschiedlichen Abweichungsarten bei homogener Kostenverursachung in der Grenzplankostenrechnung. 9 Erklären Sie die Grundidee der relativen Einzelkostenrechnung. 10 Skizzieren Sie den Grundaufbau einer Bilanz. 11 Was verstehen Sie unter einem Rechnungsabgrenzungsposten? 12 Zeigen Sie unterschiedliche Bilanztypen auf. 13 Erklären Sie den Unterschied zwischen Gesamt- und Umsatzkostenverfahren. Z usammenfassung Fragen <?page no="250"?> 250 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n 14 Skizzieren Sie die Aufgaben des Anhangs. 15 Was verstehen Sie unter einem Inventar? 16 Skizzieren Sie den Aufbau eines Aktiv- und Passivkontos. 17 Was verstehen Sie unter einer Bilanzverlängerung und einer Bilanzverkürzung? 18 Skizzieren Sie kurz die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung. 19 Erklären Sie die Funktionen eines Jahresabschlusses. Planung Zunächst werden die Merkmale herausgestellt, die für die Planung charakteristisch sind. Daran anschließend wird der Planungsprozess in die drei Hauptphasen Problemabgrenzung, Alternativengenerierung und Bewertung untergliedert und diese Phasen beschrieben. Auf der Grundlage unterschiedlicher Kriterien werden die wesentlichen Erscheinungsformen der Planung thematisiert. Eine Darstellung ausgewählter Planungsinstrumente schließt diesen Abschnitt ab. Die Planung lässt sich durch die folgenden Merkmale charakterisieren (vgl. grundlegend Wild 1974, S. 13 f.): Zukunftsorientierung, d. h., es geht um eine gedankliche Vorwegnahme zukünftiger Geschehnisse (vgl. Gutenberg 1975, S. 47). Damit sind Unsicherheiten und unvollkommene Information charakteristisch für die meisten Planungssituationen. Rationalität, d. h., es liegt ein bewusstes zielorientiertes Denken zugrunde. Damit wird mit der Planung ein methodisch-systematisches Vorgehen verbunden (im Gegensatz zum intuitiven Vorgehen). L iteratur Z um internen R echnungswesen f riedl (2010); G ötZe (2007); h oitsch / l iNGNau (2007); s chweitZer / k üPPer (2003); t roßMaNN (2008). Z um ex ternen R echnungswesen b aetGe / k irsch / t hiele (2012); b ieG / k ußMaul / w aschbusch (2012); c oeNeNberG / h aller / s chultZe (2012); e isele / k Nobloch (2011). 4.2 | Ü bersicht Merkmale <?page no="251"?> 251 p l a n u n G Gestaltungsorientierung, d. h., die zukünftigen Geschehnisse sollen nach dem Willen des Planers gestaltet werden. Zentral ist dabei die Vorbereitung von Entscheidungen und Handlungen. Prozessphänome, d. h., sie ist kein punktueller Akt, sondern ein sich i. d. R. wiederholender mehrstufiger Prozess, der aus den Teilprozessen Problemdefinition, Alternativensuche und Bewertung besteht. Informationsverarbeitender Prozess, d. h., es werden die unterschiedlichsten Informationen generiert, aufgenommen, gespeichert, verarbeitet und übertragen. Planung ist damit ein systematisch-methodischer Prozess zur Lösung von Entscheidungsproblemen. Ergebnis der Planung ist ein sogenannter Plan (zu den Bestandteilen eines Planes vgl. Wild 1974), der Vorgaben (Plan- oder Sollvorgaben) für einen bestimmten Zeitraum oder für eine auszuführende Aufgabe enthält. Pläne beinhalten damit die Dokumentation der im Rahmen des Planungsprozesses herausgearbeiteten Ziele und die für ihre Realisation erforderlichen Maßnahmen. Phasen der Planung Der Planungsprozess wird i. d. R. in einzelne Phasen zerlegt, die sich jedoch nicht sauber voneinander trennen lassen. Ohne auf die in der betriebswirtschaftlichen Literatur vorgestellten Phasenschemata einzugehen, sei den weiteren Überlegungen die folgende (grobe) Einteilung in drei Hauptphasen zugrunde gelegt: Problemabgrenzung, Alternativengenerierung sowie Bewertung. Ausgangspunkt der Planung bildet ein Problem. Hierunter ist eine als unbefriedigend empfundene Diskrepanz zwischen dargestelltem Zustand und einem angestrebten (Soll-)Zustand zu verstehen (z. B. Qualitätsprobleme in der Produktion, mangelnde Liefertreue in der Distribution). Der hieraus resultierende Spannungszustand geht mit dem Bedürfnis einher, diesen zu beseitigen, d. h. das vorliegende Problem zu lösen. Die Problemabgrenzung lässt sich weiter untergliedern in die Teilphasen Problemidentifikation-, -strukturierung und -definition. Voraussetzung für die Problemidentifikation sind dabei die sogenannten Anregungsinformationen, die auf problembehaftete Bereiche innerhalb und außerhalb der Unternehmung hinweisen. Die Anregungsinformationen lassen sich in die beiden folgenden Klassen untergliedern: externe (z. B. Veränderungen der Marktstruktur, des Marktvolumens, des Marktwachstums, technologische Änderungen, rechtliche Änderungen), interne (z. B. Kontrollinformationen, unternehmungsinterne Statistiken). Plan Planungsprozess Problem Problemabgrenzung | 4.2.1 <?page no="252"?> 252 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Berens / Delfmann (1994, S. 37 f.) unterscheiden in diesem Zusammenhang fünf Erscheinungsformen der Anregungsinformationen: Soll-Ist-Abweichungen: Im Plan werden Sollvorgaben fixiert, die ganz konkret (z. B. Reduzierung der Herstellkosten um 10 %) oder auch unscharf (z. B. Erhöhung der Rentabilität) definiert sein können. Dieser Soll-Wert ist dann mit dem tatsächlich eingetretenen Ist-Wert zu vergleichen (Soll- Ist-Vergleich). Liegt eine Abweichung außerhalb eines Toleranzbereiches vor, dann ist der aufgestellte Plan zu revidieren. Änderung der Präferenzen: Präferenzen der Planenden sind Maßstäbe, auf deren Grundlage die Vorziehenswürdigkeit der vorliegenden Alternativen beurteilt werden. Ändern sich diese Präferenzen, dann ist die Planung zu überprüfen, und gegebenenfalls wird eine Neuplanung notwendig. Änderung der Handlungsalternativen: Treten neue Lösungsmöglichkeiten für die ausstehenden Probleme auf, dann kann ein Wechsel des Verfahrens angezeigt sein. Ebenfalls ist eine Planrevision notwendig, wenn sich herausstellt, dass eine Handlungsalternative nicht wie geplant realisierbar ist. Änderung der Datenkonstellationen: Sich im Zeitablauf verändernde Informationen können zu Planrevisionen führen. So können etwa ex ante unvollständige Informationen (Informationslücken) konkrete Ausprägungen während der Realisation annehmen. Anschluss(Folge)probleme: Getroffene Entscheidungen sind i. d. R. mit Anschlussproblemen verbunden. So geht eine Investition in ein Produktionsaggregat nicht nur mit eventuell auftretenden Problemen in der Anlaufphase und mit Instandhaltungsentscheidungen, sondern auch mit dem Problem einer späteren Ersatzbeschaffung einher. Die skizzierten Anregungsinformationen können einen Problemlösungsprozess auslösen. Auf der Grundlage der ausgewerteten Anregungsinformationen ist in einem ersten Schritt eine Problemidentifikation erforderlich. Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes Problem von hoher Dringlichkeit ist. Wird ein Problem durch den Planer als relevant eingestuft, dann ist ein Problemlösungsprozess anzustoßen. Damit wird deutlich, dass die Interpretation einer Situation durch den Planer die Problemidentifikation und -formulierung maßgeblich beeinflusst. Ergebnis der Problemidentifikation ist eine Beschreibung und Beurteilung eines Problems, und zwar in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht (vgl. Berens / Delfmann 1994, S. 38 f.). Auf dieser Grundlage ist dann eine Problemstrukturierung durchzuführen, was entweder durch die Bildung von Unterproblemen oder durch Problemzerlegung erreichbar ist. Grundsätzlich gilt, dass die Bildung von Unterproblemen auf die Lösbarkeit eines Problems einwirkt und die Problemzerlegung das zu lösende Gesamtproblem durch Detaillierung abzudecken versucht (vgl. Witte 1979, S. 113). Anregungsinformationen Problemidentifikation Problemstrukturierung <?page no="253"?> 253 p l a n u n G Eine Unterproblembildung bietet sich bei sogenannten schlecht strukturierten Problemen an, d. h., es liegen Defekte vor. Um sich dem Komplex schlecht strukturierter Probleme zu nähern, sei zunächst erklärt, was unter einem wohlstrukturierten Problem zu verstehen ist. Dieses lässt sich durch die drei folgenden Merkmale konkretisieren (vgl. Adam 1996, S. 9 f.): Das zu lösende Problem ist nach Art und Umfang so definiert, dass dem Planer Art und Anzahl der Variablen des Problems sowie die Kopplungsbeziehungen zwischen den Variablen bekannt sind. Damit ist ebenfalls die Menge der Problemlösungen bekannt. In der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre wird dies als ein geschlossenes Entscheidungsfeld bezeichnet. Es ist eine operationale Zieldefinition gegeben, d. h., ein Ziel ist nach Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug eindeutig bestimmt. Die Beurteilung der Vorzugswürdigkeit der vorliegenden Alternativen muss auf der Grundlage dieses Ziels möglich sein. Zur Bestimmung der optimalen Lösung existiert ein effizientes Lösungsverfahren, d. h., es ist möglich, die günstigste Alternative in systematischer Weise in angemessener Zeit zu ermitteln. Bei praktischen Entscheidungsproblemen sind diese Merkmale i. d. R. nicht vollständig gegeben, sondern es liegen sogenannte Strukturmängel (Defekte) vor, so dass es sich um schlecht strukturierte Probleme handelt: Bei lösungsdefekten Problemen fehlt eine effiziente Lösungsmethode. Um derartige Probleme zu lösen, ist das nicht lösbare Problem in ein lösbares Unterproblem zu überführen, das nicht mehr alle Beziehungen zwischen den Elementen umfasst. Bei wirkungsdefekten Problemen lässt sich der Wirkungszusammenhang der Variablen und weitere relevante Problemmerkmale nicht vollständig angeben. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: ● Fall 1: Es ist unklar, mit welchen Maßnahmen ein Problem zu lösen ist. So können etwa Qualitätsprobleme in der Produktion auf Rohstoffmängel, mangelndes Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter und / oder wartungsbedingte Mängel an Aggregaten zurückzuführen sein. ● Fall 2: Der Zusammenhang zwischen Faktoreinsatzmengen und einwandfreier Ausbringung ist unklar, weil der Produktionsprozess technisch nicht vollkommen beherrschbar ist (z. B. Schmelzprozesse). Bei zielsetzungsdefekten Problemen liegt keine operationale, eindimensionale Zielfunktion vor. So kann unklar sein, welches Ziel angestrebt werden soll, oder es existieren mehrere konfliktäre Ziele. Darüber hinaus ist es möglich, dass ein Ziel nicht operational abgegrenzt werden kann (z. B. Verbesserung des Betriebsklimas). Bei bewertungsdefekten Problemen lassen sich die für die Planung relevanten Merkmale nicht mit der angestrebten Zielgröße bewerten, d. h., Unterproblembildung wohlstrukturiertes Problem schlecht strukturierte Probleme <?page no="254"?> 254 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n es ist nicht möglich, die ökonomischen Konsequenzen, mit denen Handlungen verbunden sind, eindeutig zu bestimmen. Dies ist etwa bei strategischen Zielen gegeben, da hierbei die Handlungsalternativen noch zu wenig konkretisiert sind. Bei der Problemzerlegung, auch als Dekomposition bezeichnet, geht es um die Aufteilung eines Problemkomplexes in Teilprobleme, wobei die Bildung der Teilprobleme nicht formal-logisch erfolgt, sondern sie muss auf der Grundlage sachlicher Begründungen vorgenommen werden. Aus theoretischer Sicht wird das Ausgangsproblem so lange weiter zerlegt, bis nach n Strukturierungsstufen nur noch Elementarprobleme vorliegen. Diese Elementarprobleme sind dann wohlstrukturiert, so dass sich die Lösung des Ausgangsproblems aus der Lösung aller wohlstrukturierten Elementarprobleme ergibt. Die letzte Phase der Problemformulierung ist die Problemdefinition, die letztlich die Zusammenfassung der Ergebnisse der Problemstrukturierung darstellt. Sie ist die verbale Beschreibung des zu lösenden Problems. Im Rahmen der Alternativengenerierung sind geeignete Möglichkeiten (z. B. Handlungsalternativen, Lösungsansätze) zur Problembeseitigung zu suchen. Dabei sind die folgenden Schritte durchzuführen: Die Alternativensuche zielt auf die Auffindung adäquater Handlungsalternativen ab. Dabei kann einerseits systematisch (insbesondere bei wohlstrukturierten Problemen) und anderseits intuitiv (kreativ) vorgegangen werden. Alternativenanalyse: Die generierten Handlungsalternativen sind auf ihre Wirksamkeit zur Problemlösung und hinsichtlich ihrer Durchführbarkeit zu untersuchen. Alternativenformulierung: Die als problemlösungsadäquat identifizierte Handlungsalternative ist dann hinsichtlich der notwendigen Maßnahmen, Ressourcen und der Zuständigkeiten zu konkretisieren. Unter Kreativität ist die Fähigkeit des Menschen zu verstehen, Neues hervorzubringen. Dies kann bedeuten, dass ein Mensch bekannte Informationen in einer neuen Form verbindet, für bekannte Probleme neue Lösungen ersinnt oder neue Probleme mit bekannten Lösungsansätzen betrachtet. In der Literatur werden dann unterschiedliche Kreativitätstechniken thematisiert, wobei sich die Einteilung in diskursiv-analytische und intuitive Methoden weitgehend durchgesetzt hat (vgl. Abschnitt 4.3.3.2). Grundlage der intuitiven Methoden ist die spontane Eingebung und Kreativität der an diesen Verfahren beteiligten Personen. Hierzu gehören z. B.: Brainstorming, Delphi-Methode und Synektik. Elementarprobleme Problemdefinition Alternativengenerierung Info <?page no="255"?> 255 p l a n u n G Basis der diskursiven Methoden bilden bewusste logisch-kombinative Denkprozesse. Sie erlangen besondere Bedeutung im Rahmen der multiplen Alternativengenerierung. Zentrales Anliegen ist dabei die Zerlegung eines Problems in relevante Komponenten, um dann auf dieser Grundlage zu logisch-kombinativen Lösungsansätzen zu gelangen. Beispiele sind der Morphologische Ansatz und die Relevanzbaummethode. Als dritte Hauptphase wurde die Bewertung angeführt. Im Rahmen der Bewertung geht es um die Herstellung einer Rangordnung der analysierten Alternativen auf der Grundlage des Grades der Zielerreichung. Liegt als Ergebnis eine eindeutige Rangordnung der Alternativen vor, dann ist die Alternative mit dem höchsten Zielerreichungsgrad als die „optimale“ Alternative (rationales Verhalten unterstellend) zu wählen. Hieran zeigt sich das Abgrenzungsproblem zwischen Planung und Entscheidung. Die Planung zielt auf eine Entscheidungsvorbereitung ab, indem sie Problemlösungsvorschläge generiert, zwischen denen dann eine Auswahl (Entscheidung) zu treffen ist. Im Rahmen der Planung werden aber letztlich wesentliche Festlegungen getroffen, die das Entscheidungsergebnis determinieren können. Damit hängt die Güte der Entscheidung weitgehend von der Planungsqualität ab, da Planungsmängel im Rahmen der Entscheidung i. d. R. nicht zu beheben sind. Erscheinungsformen der Planung In Abhängigkeit des zugrunde liegenden Kriteriums lassen sich die unterschiedlichsten Erscheinungsformen der Planung unterscheiden. Tabelle 34 gibt einige ausgewählte Klassifikationsmöglichkeiten, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen, wieder (vgl. z. B. Schweitzer 2005, S. 34 ff.). Auf der Grundlage des Informationsstandes, d. h. der zur Verfügung stehenden Informationen, lassen sich die folgenden Situationen unterscheiden (vgl. Abbildung 93). | 4.2.2 Erscheinungsformen der Planung ( Auswahl) | Tab. 34 K riterium Planungsarten I nformationsstand V orgehensweise Planungsumfang Stärke und Dauer d er W irkung F unktionsbereiche Sicherheit U nsicherheit E rstmalige Planung R outineplanung Sukz essiv planung Simultanplanung kurz fristig mittelfristig langfristig operativ taktisch strategisch B eschaffung Prod uktion H äufigkeit F inanz en A bsatz Z eitliche R eichweite A npassungsform Planungsgegenstand starre Planung flex ible Planung Programm Potential Proz ess Partialplanung T otalplanung <?page no="256"?> 256 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Bei einer Planung unter Sicherheit liegen alle planungsrelevanten Informationen vor, d. h., Alternativen, Wirkungszusammenhänge, Ziele sowie Handlungsergebnisse sind mit Sicherheit bekannt. Darüber hinaus muss nur ein Umweltzustand betrachtet werden. Es liegt damit die Situation einer vollkommenen Voraussicht vor, d. h., die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der gewünschten Ereignisse ist gleich „1“. Bei Planung unter Unsicherheit sind Entscheidungen bei unvollkommenen Informationen zu treffen. Differenzierend ist dabei zwischen Risiko und Ungewissheit zu unterscheiden (vgl. z. B. Neus 2011, S. 38). Liegt eine Risikosituation vor, dann kann z. B. den unterschiedlichen Umweltzuständen, den Handlungsmöglichkeiten und / oder deren Wirkungen eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Bei Ungewissheit ist eine solche Wahrscheinlichkeitszuordnung nicht möglich. Es lässt sich entweder nur eine subjektive, auf Erfahrungen basierende Glaubwürdigkeit zuordnen oder wenn kein Erfahrungswissen vorhanden ist, dann ist auch dies nicht möglich. Wird als Kriterium die „Planungshäufigkeit“ herangezogen, dann kann zwischen erstmaliger Planung (z. B. bei innovativen Aufgaben im Forschungsbereich) und Routineplanung unterschieden werden. Bei der zuletzt genannten Erscheinungsform handelt es sich um Planungen, die in regelmäßigen Abständen anfallen, wie etwa die wöchentliche Planung des Produktionsprogramms. Konstitutives Merkmal der Simultanplanung ist es, dass gleichzeitig über die Werte aller gestaltbaren Variablen des vorliegenden Planungsproblems entschieden wird. Ein Simultanplanungsmodell umfasst dann alle Interdependenzen, die zwischen den Entscheidungsvariablen bestehen, in expliziter Form und setzt die Kenntnis sämtlicher Handlungsalternativen voraus. Dabei kann komplexitätsbedingt der Fall auftreten, dass sich ein optimaler Plan nicht in angemessener Zeit ermitteln lässt. Aus diesem Grunde gelangen i. d. R. sukzessive Planungsansätze zum Einsatz. Hierbei wird das Planungsproblem in Teilprobleme zerlegt, die dann separat (optimal) gelöst werden. Durch die Problemzerlegung werden Interdependenzen zerschnitten. In der Betriebswirtschaftslehre ist der extreme Anspruch an eine Totalplanung dann erfüllt, wenn die Planung nicht nur alle Funktionsbereiche einer Unternehmung, sondern ebenfalls deren gesamte Lebensdauer umfasst. Demgegenüber betrachtet die Partialplanung nur einen Teilbereich der Unternehmung und / oder einen verkürzten zeitlichen Horizont. Eine Partialplanung erfasst folglich nicht alle sachlichen und zeitlichen Situationen Sicherheit U nsicherheit R isiko U ngewissheit Abb 9 3 | Situationsarten (Kriterium „Informationsstand“) Planung unter Sicherheit Planung unter Unsicherheit Planungshäufigkeit Simultanplanung sukzessive Planungsansätze Totalplanung Partialplanung <?page no="257"?> 257 p l a n u n G Interdependenzen zwischen den relevanten Bereichen. Um die Eignung solcher Planungen zu gewährleisten, müssen sie zumindest die wesentlichen Interdependenzen zwischen dem abgegrenzten Planungsobjekt und der Unternehmung umfassen, die sich mit Hilfe eines Totalplanungsmodells bestimmen lassen (vgl. Adam 1996, S. 93 f.). Auf der Grundlage der zeitlichen Reichweite (Zeitdauer) lassen sich die drei folgenden Erscheinungsformen unterscheiden: Der kurzfristigen Planung liegt eine zeitliche Reichweite von bis zu einem Jahr zugrunde. Von einer mittelfristigen Planung wird dann gesprochen, wenn der Planungszeitraum zwischen einem bis fünf Jahren liegt. Ist die Zeitdauer länger als fünf Jahre, dann handelt es sich um eine langfristige Planung. Nach dem Kriterium „Stärke und Dauer der Wirkung“ (teilweise wird auch von der sachlichen Reichweite gesprochen) wird zwischen strategischer, taktischer und operativer Planung unterschieden. Die Stärke und Dauer der Wirkung basiert auf den konkretisierenden Kriterien der Fristigkeit, der Kapitalbindung und der Korrigierbarkeit der Entscheidungen. Damit wird deutlich, dass strategisch nicht mit langfristig gleichgesetzt werden darf. Diese Unterteilung beinhaltet vielmehr ein Über- / Unterordnungsverhältnis, wie dies in der folgenden Abbildung 94 dargestellt ist. Die hierarchische Struktur geht mit den folgenden Konsequenzen einher: Die übergeordnete Ebene engt durch Vorgaben den Entscheidungsspielraum der untergeordneten Ebene ein. Der Erfolg der übergeordneten Ebene ist vom Erfolg der untergeordneten Ebene abhängig. Der Erfolg der untergeordneten Ebene ist auch von Entscheidungen der übergeordneten Ebene abhängig. Im Mittelpunkt der strategischen Planung steht die Schaffung eines Erfolgspotentials, d. h., es geht um die Schaffung und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung der Existenz einer Unternehmung. Für die taktische Planung bilden die Entscheidungen der strategischen Ebene Rahmenbedingungen. Taktische Planungen zielen auf die Konkretisierung der strategischen Pläne ab. Für die operative Planung bilden dann die taktischen Pläne wiederum die Rahmenbedingungen, die es zu beach- Strategische Planung T aktische Planung O perativ e Planung V orgaben V orgaben R ückmeld ungen R ückmeld ungen | Abb 9 4 Planungshierarchie strategische Planung taktische Planung operative Planung <?page no="258"?> 258 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n ten gilt. Es liegt somit ein vermaschter Prozess vor, den es zu koordinieren gilt. Dieser Koordinationsprozess kann auf der Grundlage einer kombinierten retrograden (top down) und progressiven (bottom up) Vorgehensweise erfolgen, die als Gegenstromverfahren bezeichnet wird (vgl. Wild 1974, S. 196 ff.). Mit diesem Gegenstromverfahren soll einerseits den sachlich-vertikalen Interdependenzen zwischen den Ebenen Rechnung getragen und anderseits den Risiken suboptimaler Lösungen entgegengewirkt werden. Werden die Funktionsbereiche einer Unternehmung betrachtet, dann lassen sich z. B. die Beschaffungs-, Produktions-, Absatz-, Forschungs- und Entwicklungs-, Finanz- und Investitionsplanung unterscheiden. Bei der f lexiblen Planung wird die Unsicherheit explizit in die Überlegungen aufgenommen, d. h., es geht um eine Anpassungsfähigkeit der Planung an sich verändernde Situationen. So wird vor Beginn einer Teilperiode nur über die Sachverhalte definitiv entschieden, die in dieser Periode realisiert werden sollen. Über nachfolgende Alternativen in späteren Teilperioden wird hingegen nur bedingt entschieden. Damit lässt sich die flexible Planung wie folgt konkretisieren: Es werden optimale Eventualpläne mit einer eingeschränkten Gültigkeit aufgestellt, die in Zukunft eventuell eintretende Situationen mit ihren Erwartungswerten erfasst und in die Berechnung einbezogen. Da das Auftreten anderer als die erwarteten Ereignisse nicht ausgeschlossen wird, ist in der flexiblen Planung eine Umplanung vorgesehen. Bei der flexiblen Planung wird in einer konkreten Situation die Handlungsfolge gewählt, die für den Eintritt dieser Situation empfohlen wurde (bedingte Entscheidung), wobei die Handlungsempfehlung aus der Anwendung eines Risikonutzenkalküls auf die für diese Situation zum Planungszeitpunkt erwarteten Handlungsbedingungen resultiert. Im Gegensatz zur flexiblen Planung kennt die starre Planung ausschließlich definitive Entscheidungen. Als letzte Möglichkeit sei die Unterscheidung in Programm-, Potential- und Prozessplanung vorgestellt. Bei der Programmplanung ist zwischen Produktions- und Absatzprogramm, die nicht übereinstimmen müssen, zu unterscheiden. Dabei geht es um die Bestimmung der Güter, die eine Unternehmung produzieren und / oder absetzen möchte, und zwar hinsichtlich Arten, Qualitäten, Mengen und Perioden. Zur Realisation des Programmes bedarf es des Einsatzes von Produktionsfaktoren. Hierbei wird von Potentialplanung gesprochen. Konkrete Problemstellungen sind etwa die Planung der Standorte der Unternehmung oder Unternehmungsteile, Kapazitätsplanung bis hin zur Beschaffungsplanung einzelner Produktionsfaktoren. Bei der Prozessplanung geht es um die Abläufe der durchzuführenden Aktivitäten (wirtschaftlicher Vollzug der Aufgabenerfüllung). Gegenstromverfahren flexible Planung starre Planung Programmplanung Potentialplanung Prozessplanung <?page no="259"?> 259 p l a n u n G Ein weiteres Planungskonzept ist die rollierende Planung. Hierbei wird durch die periodische Anpassung der Pläne an den aktuellen Informationsstand der Unsicherheit über zukünftige Umweltzustände Rechnung getragen. Es liegt die folgende Vorgehensweise zugrunde: Innerhalb einer Planungsebene wird der Zeitraum zwischen Planungszeitpunkt und Planungshorizont in mehrere Planungsperioden unterteilt. Während der Plan für die erste Periode verbindlich ist, haben die Pläne für nachfolgende Perioden vorläufigen Charakter. Am Ende einer Planungsperiode werden aktuelle Informationen in den nächsten Planungslauf einbezogen, dessen Planungshorizont um eine Periode in die Zukunft verschoben ist. Der Planungshorizont der Basis-Ebene entspricht i. d. R. der Planungsperiode der Top-Ebene. Der Plan für die erste Periode auf der Top-Ebene wird der Basis-Ebene als Planungsrahmen vorgegeben. Abbildung 95 gibt diese Vorgehensweise wieder. Planungsinstrumente Systematisierende Überlegungen Aus instrumenteller Sicht geht es darum, dem Planer Vorgehensweisen an die Hand zu geben, die ihn in die Lage versetzen, die anstehenden Planungsprobleme in systematischer Weise zu lösen. In der Literatur (vgl. z. B. Pfohl / Stölzle 1997, S. 127 ff.) finden sich unterschiedliche Systemati- Info Z entrale G robplanung R ahmenplan Dez entrale F einplanung Z entrale G robplanung R ahmenplan Dez entrale F einplanung Z entrale G robplanung R ahmenplan Dez entrale F einplanung R ückmeld ungen R ückmeld ungen Planungsz eitpunkt L iefertermine neuer A ufträge L iefertermine neuer A ufträge t 0 t 0 t 1 t 1 t 2 t 2 t 3 t 4 t | Abb 9 5 Rollierende Planung (Grundstruktur) | 4.2.3 | 4.2.3.1 <?page no="260"?> 260 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n sierungen der Planungsinstrumente, die i. d. R. nicht überschneidungsfrei sind. Eine auf die Gedanken von Fandel (1983, S. 493 ff.) aufbauende Systematisierung unterscheidet zwischen Beschreibungs- und Analyseinstrumenten, Prognoseinstrumenten, Instrumenten der Alternativensuche, Bewertungsinstrumenten und Entscheidungsinstrumenten. Bei den Beschreibungs- und Analyseinstrumenten stehen die Informationsgewinnung und -verdichtung im Zentrum des Interesses. Beispielhaft seien Kennzahlungssysteme, Wertanalysen, Netzplantechnik und Korrelationsanalyse genannt. Analyseinstrumente, die insbesondere im Rahmen der strategischen Unternehmungsplanung (vgl. Corsten / Corsten 2012) zum Einsatz gelangen, sind etwa die Szenarioanalyse ( s iehe Glossar), Portfolioanalyse ( s iehe Glossar) und die SWOT-Analyse ( s iehe Glossar). Prognoseinstrumente dienen der Vorhersage zukünftiger Ereignisse und Entwicklungen. Prognosen sind eine Teilklasse der sogenannten Voraussagen. Die folgende Abbildung 96 gibt einen systematisierenden Überblick. Prophezeiungen sind rein subjektiver Art und entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage. Damit sind sie nicht Gegenstand der weiteren Überlegungen. Prognosen i. w. S. sind Aussagen, die auf der Grundlage theoretischer Zusammenhänge getroffen werden, sogenannte wissenschaftliche Voraussagen (objektiv begründet) oder ohne Rückgriff auf theoretische Aussagen formuliert werden und auf Erfahrungen und Überzeugungen basieren (subjektiv begründet). Tabelle 35 stellt die Prognosen i. e. S. (wissenschaftliche Voraussagen) und Projektionen vergleichend gegenüber. Ziel der Bewertungsinstrumente ist die Aufstellung einer Rangordnung der Handlungsalternativen nach dem Grad ihrer Zielerreichung. Beispiele sind die Kosten-Nutzen-Analyse und die Investitionsrechnung. V oraussagen Prognosen i. w. S. Prophez eiungen Prognosen i. e. S. Proj ektionen Abb 9 6 | Systematisierung der Voraussagen Prognosen Tab. 35 | � subj ektiv begründ et � ohne R ückgriff auf theoretische A ussagen � ohne ex pliz ite A ngabe d er unabhängige( n) V ariable( n) z . B . intuitiv e E x pertenschätz ungen, A nalogiev erfahren W issenschaftliche V oraussagen Proj ektionen � obj ektiv begründ et � auf d er G rund lage theoretischer Z usammenhänge � ex pliz ite I nformation über d ie unabhängige( n) V ariable( n) z . B . parametrische Schätz v erfahren <?page no="261"?> 261 p l a n u n G Die Instrumente der Alternativensuche dienen der Auffindung entsprechender Handlungsalternativen. Hierbei ist zwar eine systematische Vorgehensweise angezeigt, jedoch erlangen Intuition und Kreativität eine entscheidende Bedeutung. Beispielhaft seien deshalb die Kreativitätstechniken erwähnt. Als letzte Instrumentenklasse sind die Entscheidungsinstrumente hervorzuheben. Entscheidungsinstrumente sollen den Entscheidungsträger im Rahmen der Entscheidung unterstützen, d. h., es soll eine Alternative als Lösung angeboten werden. Hierzu dienen sogenannte Entscheidungsmodelle, die i. d. R. mathematisch formuliert werden. Entscheidungsmodelle sollen aber dem Entscheidungsträger nichts abnehmen, sondern sie dienen als Entscheidungshilfe. Beispiele sind Entscheidungsbaumverfahren, -tabellen, mathematische Optimierung, Sensitivitätsanalysen etc. Ausgewählte Planungsinstrumente Es ist im Rahmen eines einführenden Lehrbuches nicht möglich, einen umfassenden Überblick über die in der Spezialliteratur diskutierten Planungsinstrumente zu geben. Um dem Leser aber einen Einblick in die Vielfalt dieser Instrumente zu vermitteln, werden einige ausgewählte Instrumente aus den in Abschnitt 4.2.3.1 dargestellten Instrumentenklassen thematisiert. Bei den Beschreibungs- und Analyseinstrumenten werden Kennzahlungssysteme, die Netzplantechnik und Heuristiken vorgestellt. Bei Kennzahlen handelt es sich um Maßgrößen, die zahlenmäßig erfassbar sind. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus mehreren Einzelinformationen zusammengesetzt sind, um einen Sachverhalt in quantitativer Form zu beschreiben. Kennzahlen obliegt die Aufgabe, über Sachverhalte in komprimierter Form zu informieren (vgl. Küpper 2008, S. 391 und Ossadnik 2009, S. 266). Zur Erklärung komplexer Sachverhalte reicht eine einzige Kennzahl nicht aus. Werden verschiedene in einer inhaltlichen Verbindung (zu unterschiedlichen Beziehungen zwischen Kennzahlen vgl. Küpper 2008, S. 391 und Ossadnik 2009, S. 261 f., die zwischen logischen, empirischen und hierarchischen Beziehungen unterscheiden) stehende Kennzahlen verknüpft, dann entsteht ein Kennzahlensystem: „Bei einem Kennzahlensystem handelt es sich um eine Menge von Kennzahlen, die in Beziehung zueinander stehen oder sich gegenseitig ergänzen und die vollständige Erfassung eines Sachverhaltes bezwecken.“ (Friedl 2003, S. 398). Tabelle 36 gibt die unterschiedlichen Kennzahlenarten in Abhängigkeit von der Darstellungsform wieder (vgl. Friedl 2003, S. 399; Küpper 2008, S. 390). | 4.2.3.2 Kennzahlen <?page no="262"?> 262 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Beziehungen zwischen Kennzahlen lassen sich durch die folgenden Vorgehensweisen herstellen: Zerlegung, d. h., der Zähler und / oder Nenner wird in Teilgrößen aufgespalten (z. B. Zerlegung der Gesamtkosten in fixe und variable Kosten). Substitution, d. h., eine Größe wird durch eine andere ersetzt (z. B. Erlös = Preis · Menge). Erweiterung, d. h., Zähler und Nenner werden durch die gleiche Größe erweitert. Hierdurch werden unterschiedliche Einflussgrößen der ursprünglichen Kennzahl offengelegt: Rentabilität = Gewinn __ Kapital · 100 Durch die Erweiterung des Zählers und Nenners mit dem Umsatz ergibt sich dann der Return on Investment (ROI) ROI = Gewinn __ Umsatz · Umsatz __ Kapital · 100 Umsatz- Kapitalumrentabilität schlag Durch die Verknüpfung der Kennzahlen durch Rechenoperationen ergeben sich sogenannte Rechensysteme (vgl. Ossadnik 2009, S. 263), die hierarchisch aufgebaut sind, d. h. die Kennzahlen werden aus der jeweils übergeordneten Kennzahl abgeleitet (zu einem Beispiel vgl. Abbildung 97). Eines der ältesten Kennzahlensysteme, das auch als „Basissystem der Kennzahlen“ bezeichnet wird, ist das DuPont- K ennzahlenarten nach der D arstellungsform Tab. 36 | K ennz ahlenart Spez ifikation A bsolute K ennz ahlen U msatz , B ilanz summe etc. G lied erungsz ahlen B ez iehungsz ahlen I nd ex z ahlen V erhältnisz ahlen E s wird ein Q uotient gebild et. I m Z ähler steht d abei eine T eilgrö ß e d es N enners; z . B . : M aterialkosten/ H erstellkosten E s werd en G rö ß en gegenübergestellt, d ie in einem sachlichen Z usammenhang stehen; z . B . : Prod uktiv ität = O utput/ I nput W erte, d ie z u v erschied enen Z eitpunkten anfallen ( Z eitreihe) werd en z u einem B asiswert ( = 100) in B ez iehung gesetz t; z . B . : Preisind iz es Rechensysteme Gesamtkapitalrentabilität Gewinn Gesamtkapital Umsatz Kosten E igenkapital Fremdkapital : − + Abb 9 7 | Aufbau eines Rechensystems <?page no="263"?> 263 p l a n u n G System of Financial Control, das erstmalig 1919 erarbeitet wurde. Abbildung 98 gibt das DuPont- System in verkürzter Form wieder (vgl. Ossadnik 2009, S. 264). Werden die Werte nur in einen systematischen Zusammenhang gebracht, dann entsteht ein Ordnungssystem (vgl. Abbildung 99). Kennzahlen kommt einerseits eine Informations- und anderseits eine Koordinationsfunktion zu (vgl. Ossadnik 2009, S. 266 ff.). Bei der Informationsfunktion geht es um die Erfassung und Übermittlung von Informationen zu relevanten Teilbereichen, die im Rahmen der Planung und Entscheidung zu berücksichtigen sind. In diesem Fall obliegt den Kennzahlen eine deskriptive Aufgabe, die eine Grundlage für Beurteilungen (z. B. Entwicklungen) und Vergleiche (z. B. Zeitvergleiche) bilden. Die Koordinationsfunktion der Kennzahlen zielt darauf ab, dass Entscheidungen und Handlungen auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet werden. Hierzu dienen Vorgabegrößen (Sollgrößen), die normativer Natur sind (z. B. der in einem Funktionsbereich zulässige Ressourcenverbrauch). Als zweites Instrument dieser Klasse sei auf die Netzplantechnik (NPT) eingegangen. Hierunter ist ein integratives Verfahren zur Struktur-, Zeit-, Kapazitäts- und Kostenplanung von Projekten zu verstehen. Elemente eines Netzplanes sind Vorgänge, Ereignisse und Anordnungsbeziehungen. Auf der Grundlage dieser Elemente wird zwischen Vorgangsknotennetzen (Vorgänge werden als Knoten und die Anordnungsbeziehungen als Pfeile dargestellt), Vorgangspfeilnetzen (Vorgänge werden als Pfeile dargestellt und durch Knoten entsprechend der Anordnungsbeziehungen verbunden) und Ereignisknotennetze (Ereignisse werden als Knoten abgebildet und entsprechend ihrer Reihenfolge durch Pfeile verknüpft; werden nur als Übersichtsnetzpläne eingesetzt) unterschieden. Neben diesen unterschiedlichen Darstellungsformen lassen sich Verfahrensgruppen unterscheiden, wobei als Kriterien Kapitalrentabilität Kapitalumschlag Umsatzrentabilität Umsatz Investiertes Kapital Gewinn Umsatz Umlaufvermögen Zahlungsmittel Forderungen Bestände Deckungsbeitrag Fixe Kosten Netto- Umsatz Variable Kosten Anlagevermögen : − + + + G ewinn W achstum B etriebsergebnis F inanz ergebnis G ewinnwachstum U msatz wachstum | Abb 9 8 | Abb 9 9 DuPont-System of Financial Control (gekürzte Fassung) Aufbau eines Ordnungssystems Ordnungssystem Informationsfunktion Koordinationsfunktion Netzplantechnik <?page no="264"?> 264 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n die Erwartungen über die Parameter der Aktivitäten und der Umfang der Aktivitätsausführung herangezogen werden. Bei den Erwartungen kann zwischen einwertig und mehrwertig unterschieden werden, und bei den Aktivitäten ist danach zu unterscheiden, ob alle oder nur eine Teilmenge ausgeführt werden müssen. Auf dieser Grundlage ergeben sich die vier folgenden Verfahrensgruppen (vgl. Corsten / Corsten / Gössinger 2008, S. 124 ff.): Deterministische NPT: Einwertige Erwartungen und alle Aktivitäten sind auszuführen. Deterministische NPT mit stochastischen Parametern (z. B. die Zeit): Mehrwertige Erwartungen und alle Aktivitäten sind auszuführen. Stochastische NPT mit deterministischen Parametern: Einwertige Erwartungen und nur ein Teil der Aktivitäten ist auszuführen. Rein stochastische NPT: Mehrwertige Erwartungen und nur ein Teil der Aktivitäten ist auszuführen. Im Folgenden soll an einem einfachen Beispiel die Zeitplanung auf der Grundlage eines Vorgangsknotennetzes dargestellt werden. Sie möchten ein Haus bauen und wissen, dass die folgenden Arbeiten notwendig sind (vgl. Tab. 37). In Abbildung 100 sind die Vorgänge eingetragen, die auszuführen sind. Zusätzlich sind Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen (z. B. können die Wände erst gemauert werden, wenn das Fundament errichtet wurde) sowie die Dauer der Vorgänge eingetragen. Ein Knoten im Vorgangsknotennetz hat die folgende Struktur: Verfahrensgruppen Zeitplanung Vorgangsliste Tab. 37 | V orgänger Dauer ( in T agen) V organg A : F und ament errichten B : W änd e mauern C : Dach errichten und d ecken D: F enster/ T üren einsetz en E : I nnenausbau F : G arten anlegen G : E inz ug 10 3 0 10 8 20 10 3 - A B A , B D E F V organgsnummer V organgsbeschreibung V organgsd auer ( D) G esamtpuffer ( G P) F reier Puffer ( F P) F A Z SA Z F E Z SE Z mit: F A Z = F rüheste A nfangsz eit F E Z = F rüheste E nd z eit SA Z = Späteste A nfangsz eit SE Z = Späteste E nd z eit Abb 1 0 0 | Vorgangsknoten (Beispiel) Info <?page no="265"?> 265 p l a n u n G Der Gesamtpuffer zeigt an, ob sich ein Vorgang auf dem kritischen Weg befindet. Er gibt die Zeitspanne an, um die ein Vorgang maximal verschoben oder ausgedehnt werden kann, wenn sich alle Vorgänger in der frühesten Lage und alle Nachfolger in der spätesten Lage befinden. Der freie Puffer gibt die Zeitspanne an, um die ein Vorgang maximal verschoben oder ausgedehnt werden kann, wenn er und seine Nachfolger sich in der frühesten Lage befinden. Auf dieser Grundlage lässt sich der folgende Vorgangsknotennetzplan erstellen. Dabei gelten die folgenden Rechenregeln: Vorwärtsrechnung (Ermittlung der frühestmöglichen Vorgangszeitpunkte): Ausgangspunkt FAZ A = 0 Frühester Endzeitpunkt eines Vorganges j: FEZ j = FAZ j + D j Frühester Anfangszeitpunkt FAZ j ist gleich dem frühesten Endzeitpunkt FEZ ← j seines unmittelbaren Vorgängers: FAZ j = FEZ ← j Existieren mehrere Vorgänger i, dann ist der Vorgang mit dem höchsten Wert zu wählen: FAZ j = max i ( FEZ i. ← j ) Es werden folglich vom Startzeitpunkt ausgehend von Vorgang zu Vorgang in Richtung Zukunft schreitend die frühesten Start- und die frühesten Endtermine der Vorgänge und damit auch der früheste Fertigstellungstermin errechnet. Rückwärtsrechnung: Liegt kein spätestnotwendiger Endtermin vor, dann gilt: FEZ j = SEZ j Der späteste Anfangszeitpunkt eines Vorganges ergibt sich aus: SAZ j = SEZ j - D j Damit lässt sich der folgende Vorgangsknotenplan aufstellen: A 10 0 0 B 3 0 0 0 W änd e 0 10 0 10 10 4 0 10 4 0 F und ament 4 0 5 0 5 0 7 0 7 0 8 0 8 0 8 3 5 0 7 0 7 0 8 0 8 0 8 3 5 0 4 0 4 0 4 8 4 2 5 0 C 10 0 0 Dach E 20 0 0 F 10 0 0 G arten G 3 0 0 E inz ug I nnenausbau 8 2 2 D F enster/ T üren | Abb 1 0 1 Netzplan (Beispiel) <?page no="266"?> 266 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Der späteste Endzeitpunkt SEZ j eines Vorganges ist gleich dem spätestens Anfangszeitpunkt seines unmittelbaren Nachfolgers SAZ → j : SEZ j = SAZ → j Existieren mehrere Nachfolger k, dann ist der Vorgang mit dem niedrigsten Wert zu wählen: SEZ j = min k ( SAZ → j . k ) Pufferberechnung GP j = SAZ j - FAZ j Gesamtpuffer FP j = min k ( FAZ → j . k ) - FEZ j Freier Puffer Bei den Vorgängen A, B, C, E, F und G sind die frühestmöglichen und spätestmöglichen Anfangs- und die frühestmöglichen und spätestmöglichen Endzeitpunkte gleich. Diese Vorgänge können zeitlich nicht verschoben werden, wenn die Gesamtdauer des Projektes eingehalten werden soll. Werden diese Vorgänge miteinander verbunden, dann ergibt sich der kritische Weg. Bei den Heuristiken sei auf ein Problem aus dem Produktionsmanagement eingegangen. Im Rahmen einer Werkstattproduktion soll die Reihenfolge, in der Produktionsaufträge auf den einzelnen Produktionsaggregaten zu bearbeiten sind, bestimmt werden. Dieses Reihenfolgeproblem ließe sich durch vollständige Enumeration, d. h., es werden alle möglichen Reihenfolgen aufgelistet, optimal lösen. Liegen jedoch größere Mengen an Aufträgen vor und gelangt eine größere Menge an Produktionsaggregaten zum Einsatz, dann ist eine vollständige Enumeration nicht mehr durchführbar. In solchen Fällen gelangen Heuristiken zum Einsatz. Eine Heuristik zur Bestimmung der Auftragsreihenfolge stellen die sogenannten Prioritätsregeln (Vorrangregelverfahren) dar, bei der die Einlastung der Aufträge auf der Grundlage der dem jeweiligen Auftrag zugewiesenen Wertzahl erfolgt, die die Dringlichkeit eines Auftrags zum Ausdruck bringen soll. Beispiele für solche Prioritätsregeln sind: First-come-first-served (FCFS), d. h., es erhält der Auftrag, der zuerst an einer Maschine ankommt, die höchste Priorität. Kürzeste Operationszeit (KOZ), d. h. der Auftrag mit der kürzesten Operationszeit auf einer Maschine erhält die höchste Priorität. Schlupfzeitregel: Der Auftrag mit der geringsten Differenz zwischen der verbleibenden Zeit bis zum Fertigstellungstermin und dem geplanten Liefertermin erhält die höchste Priorität. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Prioritätsregeln, die auch kombinativ zur Anwendung gelangen können (vgl. z. B. Corsten / Gössinger 2012, S. 560 ff.). Die Wirksamkeit der Prioritätsregeln hängt dabei u. a. von der verfolgten Zielsetzung ab. vollständige Enumeration Heuristik <?page no="267"?> 267 p l a n u n G Heuristische Instrumente beinhalten kreative Suchprozesse, die in der Lage sind, den Problemlösungsaufwand zu reduzieren. Diese Reduktion ist auf die beiden folgenden Faktoren zurückzuführen. Eine Heuristik erbringt nicht die gleiche Leistung wie exakte Lösungsmethoden (z. B. Optimierungsansätze). Eine Heuristik sucht im Lösungsraum gezielter nach guten Lösungen als ein Algorithmus, d. h., sie generiert nicht alle potentiellen Lösungen. Diese Vernachlässigung potentieller Lösungsalternativen darf nicht willkürlich erfolgen, sondern muss durch den Einsatz selektiv wirkender Operatoren hervorgerufen werden. Damit lassen sich Heuristiken durch die beiden folgenden Merkmale charakterisieren: Fehlende Lösungsgarantie, d. h., i. d. R. ergibt sich nur eine gute Lösung, oder es kann in Einzelfällen auch keine Lösung generiert werden. Spezifische Problemorientierung, d. h., Heuristiken haben im Vergleich zu Algorithmen einen geringeren Allgemeinheitsgrad und sind damit nur für spezifische Problembereiche einsetzbar. In der Spezialisierung ist ein Grund dafür zu sehen, dass im Vergleich zu Algorithmen der Planungsaufwand gesenkt werden kann. Eine Heuristik besteht letztlich aus mehreren heuristischen Prinzipien (Regeln), mit deren Hilfe die einzelnen zu vollziehenden Schritte eines Problemlösungsprozesses festgelegt werden. Heuristiken können ferner qualitativer (z. B. Kreativitätstechniken) oder quantitativer (definierte Folge von Rechenoperationen) Natur sein, wobei Letztere in Eröffnungs- und Suchverfahren untergliedert werden. Bei der Gruppe der Prognoseinstrumente ist zwischen qualitativen und quantitativen Instrumenten zu unterscheiden. Zu den qualitativen Instrumenten zählen etwa Expertenschätzungen, die Szenario-Analyse ( s iehe Glossar) und die Analogien. Bei den intuitiven Expertenschätzungen können motivationale und kognitive Verzerrungen auftreten. Während von einer motivationalen Verzerrung dann gesprochen wird, wenn ein Experte seine Schätzung (bewusst oder unbewusst) ändert, um die entsprechende Entscheidung zu beeinflussen, lassen sich kognitive Verzerrungen auf Restriktionen der menschlichen Informationsverarbeitung zurückführen. So werden etwa länger zurückliegende Informationen weniger betrachtet als aktuelle. Ferner wird nicht offengelegt, welche konkreten Verfahren zum Einsatz gelangen. Bei Analogieverfahren wird versucht, bekannte Entwicklungen auf andere Bereiche zu übertragen. Von einer Analogie wird dann ausgegangen, wenn zwei Sachverhalte mindestens ein gemeinsames Merkmal aufweisen. Ansatzpunkte für Analogien können etwa sein: Info Analogieverfahren Expertenschätzungen <?page no="268"?> 268 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Entwicklungen in einem Bereich können als Vorläufer für die Entwicklungen in einem anderen Bereich angesehen werden (sogenannte historische Analogie). Aus der Ausbreitung einer Technologie in einer Branche kann sich ein analoger Verlauf in einer anderen Branche ergeben. Die Ausbreitung einer neuen Technologie kann Ähnlichkeiten im Verlaufsmuster mit der durch sie substituierten Technologie haben. Diese Beispiele verdeutlichen, dass es sich nicht um zufällige, sondern um strukturelle Analogien handelt. Damit von einer strukturellen Analogie gesprochen werden kann, ist es erforderlich, „… daß die beobachtete (oder postulierte) Übereinstimmung in Struktur und Inhalt so weitgehend ist, daß auf Grund unserer (vielleicht nur historischen) Kenntnisse über die Zusammenhänge eine ausreichende Parallelität bezüglich des zu prognostizierenden Ereignisses oder Ablaufs erwartet werden kann.“ (Bruckmann 1977, S. 73). Ein erstes Problem des Analogieverfahrens ist in der Frage des Ausmaßes der Zwangsläufigkeit einer bestimmten Entwicklung zu sehen. Selbst dann, wenn nach Analyse aller relevanten Aspekte zweier Situationen ein hoher Übereinstimmungsgrad besteht, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Entwicklung in analoger Weise erfolgen wird. Ein zweites Problem ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass zwei Situationen nie vollkommen gleich sind, d. h., letztlich ist jede Situation als einmalig anzusehen. Als drittes Problem sei darauf hingewiesen, dass sich (historische) Vergleichssituationen bereits dadurch unterscheiden, dass zum aktuellen Zeitpunkt das Wissen um den damaligen Verlauf vorliegt, jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht vorlag. Aus diesen Schwierigkeiten lassen sich Hinweise für die Vorgehensweise bei der Aufstellung einer Prognose auf der Grundlage von Analogieschlüssen herleiten: Die vergleichende Gegenüberstellung ist so detailliert wie möglich, und zwar hinsichtlich möglichst vieler Aspekte durchzuführen. Es ist zu analysieren, welche dieser Aspekte vor dem Hintergrund der gegebenen Fragestellung als relevant zu erachten sind, in welchen Aspekten Analogien identifizierbar und ob diese bei den relevanten Aspekten gegeben sind. Um das Problem der mangelnden Zwangsläufigkeit zu entschärfen, kann versucht werden, mehrere Vergleichssituationen ausfindig zu machen. Gelingt dies und sind deren weiteren Entwicklungen tendenziell einheitlich, dann kann die prognostizierte Entwicklung mit einer höheren Sicherheit getätigt werden. Neben diesen qualitativen sind die quantitativen Prognoseinstrumente zu nennen, die auf mathematisch-statistische Methoden zurückgreifen. Bei <?page no="269"?> 269 p l a n u n G den sogenannten univarianten Verfahren bilden Vergangenheitswerte, die als Zeitreihe interpretiert werden, die Grundlage. Ein Prognosemodell soll dann die Gesetzmäßigkeit beschreiben, die dem Zeitreihenverlauf zugrunde liegt. In Abhängigkeit von dem Sachverhalt, ob es sich um einen unregelmäßigen oder regelmäßigen Zeitreihenverlauf handelt, gelangen dann unterschiedliche Ansätze zum Einsatz. Liegt ein regelmäßiger Verlauf vor, dann könnten das exponentielle Glätten 1. und 2. Ordnung, der gleitende Durchschnitt, die Trendextrapolation, die Zeitreihendekomposition, die multiple lineare Regression etc. zum Einsatz gelangen. Zu den Instrumenten der Alternativensuche zählen insbesondere die Kreativitätstechniken. Eines der bekanntesten Verfahren, das sogenannte Brainstorming, soll im Folgenden erklärt werden. Das Brainstorming, auch als „vorurteilsfreie Rundtischdiskussion“ bezeichnet, basiert auf gruppendynamischen Effekten. Grundlegend ist die Schaffung einer Atmosphäre, die die freie Assoziation auslöst. Zentral sind dabei die folgenden Aspekte: Es wird das Wissen mehrerer Personen herangezogen; es sollen denkpsychologische Blockaden ausgeschaltet werden; durch die Ausgrenzung restriktiver Äußerungen soll die Lösungsvielfalt erweitert werden; das Kommunikationsverhalten der Beteiligten soll gestrafft und demokratisiert werden; unnötige Diskussionen sollen vermieden werden. Dabei gelten die folgenden Grundregeln: Jede Kritik ist verboten, d. h., es wird eine strikte Trennung zwischen Ideenfindung und -bewertung vorgenommen. Jede Idee ist willkommen, und freie Assoziation wird begrüßt. Es sollen möglichst viele Ideen produziert werden. Ideen anderer sollen aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Im Rahmen einer Vorbereitungsphase des Brainstormings wird das Problem zunächst „extern“ definiert, jedoch nicht strukturiert. Ferner ist ein Moderator auszuwählen, der mit dem Brainstorming vertraut und kein Fachmann für das anstehende Problem sein soll. Ihm obliegt die Aufgabe, die Einhaltung der Regeln sicherzustellen und bei Nachlassen des Ideenflusses durch Fragen oder Rollenspiel aktivierend auf die Teilnehmer einzuwirken. Hinsichtlich der Gruppenzusammensetzung ist zu betonen, dass es sich um heterogene (interdisziplinär) zusammengesetzte und nicht um homogene Gruppen handeln soll. Eine Brainstormingsitzung sollte etwa 30 Minuten dauern. Erst nach Beendigung der Sitzung erfolgt die Bewertung der notierten Ideen durch einen Ausschuss, dem der Leiter der Brainstormingsitzung angehört. In einem ersten Schritt werden die Lösungsvorschläge nach geeigneten Kriterien geordnet. In einem zweiten Schritt werden die Vorschläge dann einer Bewertung unterzogen, wobei Alternativensuche Brainstorming Grundregeln <?page no="270"?> 270 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n z. B. die folgenden Gruppen gebildet werden können: sofort realisierbar, in absehbarer Zeit realisierbar und vorerst nicht realisierbar. Das Brainstorming hat im Laufe der Zeit vielfältige Abwandlungen erfahren, wie etwa die Methode 635 und der Brainwriting Pool. Bei der Methode 635 sollen sechs Teilnehmer je drei Ideen vorschlagen, die dann von den fünf anderen Teilnehmern weiterentwickelt werden. Hierzu erhalten die Teilnehmer je ein Blatt, auf das sie ihre drei Lösungsvorschläge notieren und nach etwa vier bis sechs Minuten an ihren Nachbarn weiterreichen. Dem Nachbarn kommt dann die Aufgabe zu, die ihm vorgelegten Lösungsvorschläge zu ergänzen und zu verfeinern. Das Verfahren läuft so lange, bis die Ausgangssituation wieder erreicht ist. Maximal liegen dann 108 Lösungsvorschläge vor. Beim Brainwriting Pool legt der Problemsteller zu Beginn der Sitzung mehrere Blätter in die Mitte des Konferenztisches, auf denen bereits einige Lösungsvorschläge notiert sind. Die Teilnehmer schreiben zunächst ihre Ideen auf die ihnen zur Verfügung gestellten Blätter. Droht bei Teilnehmern der Ideenfluss nachzulassen (eine Gefahr, die bei der Methode 635 besteht), dann können diese ihr Blatt mit einem Blatt aus dem Pool austauschen, um so neue Anregungen zu erhalten. Eine weitere Methode ist im morphologischen Ansatz zu sehen. Unter Morphologie ist die Lehre von dem Gestalten und Formen zu verstehen. Grundidee ist dabei, ein Objekt oder einen Sachverhalt lückenlos und überschneidungsfrei auf der Basis bestimmter Kriterien zu gliedern und die Vielschichtigkeit durch die unterschiedlichen Kriterienausprägungen zu erfassen. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Methode des morphologischen Kastens, die die folgenden Schritte umfasst: genaue Beschreibung und zweckmäßige Verallgemeinerung des Problems; Bestimmung der Problemparameter, d. h. derjenigen Faktoren, die die Problemlösung beeinflussen, Aufstellung des morphologischen Kastens, kombinative Verknüpfung der Ausprägungen und Wahl der Lösung. Der wichtigste und gleichzeitig auch kritischste Punkt ist die Bestimmung der Parameter, auf deren Grundlage das Objekt oder der Sachverhalt strukturiert wird, da diese vollständig und überschneidungsfrei sein müssen. Ferner müssen logische Unverträglichkeiten erkannt und ausgeschaltet werden. Abbildung 102 gibt den grundsätzlichen Auf bau eines morphologischen Kastens wieder. Methode 635 Brainwriting Pool Methode des morphologischen Kastens <?page no="271"?> 271 p l a n u n G Jede Ausprägung eines Parameters wird dann mit allen anderen Ausprägungen aller anderen Parameter kombiniert, so dass jede Kombination eine denkbare Alternative ergibt. Die Bewertungsinstrumente zielen auf eine kriteriengeleitete Alternativenbeurteilung ab. Typische Instrumente sind die Kosten-Nutzen- Analyse und die Investitionsrechnung (vgl. Abschnitt 3.3.2). Bei der Kosten- Nutzen-Analyse (Cost-Benefit-Analysis) werden monetäre und nicht monetäre Größen in die Überlegungen aufgenommen. Es werden die folgenden Schritte durchgeführt: Formulierung eines Zielsystems, d. h., Erfassung aller Ziele und der zwischen diesen Zielen bestehenden Beziehungen. Alternativendefinition: Genaue Beschreibung der Handlungsalternativen, wobei auch die Nichtrealisation als Möglichkeit aufgenommen wird (Unterlassungsalternative). Alternativenbewertung, d. h., Festlegung der heranzuziehenden Beurteilungskriterien sowie Regeln zu deren Messung. Sensitivitätsanalyse zur Beurteilung der Stabilität der Alternativenbewertung (z. B. Variation der Messregeln, Bewertungsgrößen). Aus der Gruppe der Entscheidungsinstrumente sei auf die Entscheidungstabellen näher eingegangen. Tabelle 38 gibt die Grundstruktur wieder. Unter Bedingungen (a, b, c, …) werden Variablen mit einer endlichen Anzahl möglicher Ausprägungen verstanden. Die Ausprägungen der Bedingungen, die Bedingungsanzeiger werden mit a 1 , a 2 , … , a m ; b 1 , b 2 , … , b n usw. bezeichnet. Hat eine Bedingung lediglich zwei Ausprägungsformen (z. B. Ja / Nein), dann wird von einer einfachen Bedingung gesprochen, für die dann gilt: Bedingung a mit [a] = {J, N} Die in einer Entscheidungstabelle angeführten Bedingungen werden als Basisfolge der Bedingungen dieser Entscheidungstabelle bezeichnet. Parameter ( K omponenten) A B C D Aus prägungen ( L ö sungsmö glichkeiten) A 1 A 2 A 3 A 4 A 5 B 1 B 2 B 3 C 1 C 2 C 3 C 4 D 1 D 2 D 3 | Abb 1 0 2 Grundstruktur eines morphologischen Kastens Bewertungsinstrumente Entscheidungsinstrumente Bedingungen Grundstruk tur einer Entscheidungstabelle | Tab. 38 T ex tteil A nz eigenteil ( R egeln) B ed ingungsteil B ed ingungen B ed ingungsanz eiger A ktionsteil A ktionen A ktionsanz eiger Entscheidungstabelle Basisfolge der Bedingungen <?page no="272"?> 272 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Bei den Aktionen (A, B, C, …) handelt es sich ebenfalls um Variablen mit einer endlichen Anzahl möglicher Ausprägungen. Für eine Aktion mit einer Ausprägung (einfache Aktion) gilt: Aktion A mit [A] = {x} Alle in einer Entscheidungstabelle angeführten Aktionen bilden dann die Basisfolge der Aktionen dieser Entscheidungstabelle. Eine Entscheidungsregel ergibt sich aus der Zuordnung einer Aktionsanzeigerkombination zu einer Bedingungsanzeigerkombination. Damit lässt sich die folgende Definition der E nt s c heidu ng s tab e lle aufstellen: „Die Entscheidungstabelle besteht aus je einer Basisfolge von Bedingungen und Aktionen sowie aus Entscheidungsregeln, deren Bedingungs- und Aktionsanzeigerkombinationen aus Anzeigern der in den Basisfolgen enthaltenen Bedingungen und Aktionen bestehen.“ (Strunz 1977, S. 19). Eine Entscheidungstabelle kann wie folgt aussehen: Ein Beispiel soll dies verdeutlichen (vgl. Tabelle 40). Eine aus dem Operations Research hervorgegangene Gruppe der Entscheidungsinstrumente bildet die mathematische Optimierung, deren Grundidee darin zu sehen ist, dass Zielfunktionen unter Berücksichtigung gegebener Nebenbedingungen (Restriktionen) optimiert werden. Derartige Modell lassen sich nach den unterschiedlichsten Kriterien systematisieren. Beispielhaft seien genannt: Nach der Anzahl der zugrunde liegenden Zielsetzungen wird zwischen Ein- und Mehrzieloptimierung unterschieden. In Abhängigkeit des Informationsstandes kann zwischen deterministischer und stochastischer Optimierung differenziert werden. Aktionen Basisfolge der Aktionen Allgemeiner Aufbau einer Entscheidungstabelle Entscheidungstabelle ( B eispiel) Tab. 39 | Tab. 40 | B ed ingung B ed ingung B ed ingung A ktion A ktion A ktion 1 2 3 1 2 3 R 8 R 7 R 6 R 5 R 4 R 3 R 2 R 1 J J J J N N N N J J N N J J N N J N J N J N J N X X X X X X X X A ntrag v ollständ ig T elefonisch klärbar A ntrag rechnerisch korrekt T elefonische K lärung A ntrag ergänz en Schriftliche K lärung B ed ingungen A ktionen A ntrag korrigieren A ntrag weiterleiten J J J J N N N N J J N N J J N N J N J N J N J N R egeln - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - X X X X X X X X X X X X X X X R 8 R 7 R 6 R 5 R 4 R 3 R 2 R 1 mit: J = J a; N = N ein; X = A ktion d urchführen; - A ktion nicht d urchführen mathematische Optimierung <?page no="273"?> 273 o r G a n I s a t I o n In Abhängigkeit des Verlaufs der Zielfunktionen und Restriktionen ist zwischen linearen und nicht linearen Optimierungsmodellen zu unterscheiden. Zur Lösung derartiger Probleme wurden in der Spezialliteratur eine Fülle an Algorithmen entwickelt (vgl. hierzu die Literatur zum Operations Research; z. B. Domschke / Drexl 2005). Unter einem Algorithmus ist ein eindeutig definiertes Verfahren zur Lösung einer Klasse bestimmter Aufgaben zu verstehen. Es handelt sich somit um eine eindeutig bestimmte Abfolge von Operationen, die für beliebige Anfangsdaten einer definierten Problemklasse immer die richtige Lösung generiert (z. B. Ermittlung der Quadratwurzel aus einer natürlichen Zahl). Für betriebswirtschaftliche Problemstellungen hat das sogenannte Operations Research eine Vielzahl an Algorithmen entwickelt. Beispielhaft seien genannt: Berechnung des optimalen Produktionsprogrammes, d. h., es soll ermittelt werden, welche Produkte in welchen Mengen eine Unternehmung produzieren soll, damit z. B. der Gewinn maximiert oder die Kosten minimiert werden. Die lineare Optimierung stellt hierfür z. B. den sogenannten Simplexalgorithmus zur Verfügung. In der Personalwirtschaft sei beispielhaft auf die Personaleinsatzplanung verwiesen, bei der etwa die Ungarische Methode zum Einsatz gelangen kann. Organisation B egriffliche Grundlegungen In der Literatur zur Organisationstheorie wird generell zwischen einem instrumentellen und einem institutionellen Organisationsbegriff unterschieden (vgl. z. B. Kräkel 1999, S. 80 f.; Schreyögg 2008, S. 4 ff.). Beim instrumentellen Verständnis wird weiterhin zwischen Organisation als Tätigkeit und Organisation als Konfiguration differenziert. Die Idee, Organisation als Tätigkeit zu begreifen, geht auf Gutenberg (1929 / 1998, S. 24 ff.) zurück. In seiner Produktionsfaktorensystematik nimmt er neben den elementaren Faktoren den sogenannten dispositiven Faktor auf, der sich auf die Kerntätigkeit der Unternehmungsführung bezieht. Nach Gutenberg ist die Organisation dann der Planung nachgelagert (sie werden als derivative dispositive Faktoren bezeichnet). Er betrachtet die Organisation als ein nachgelagertes Vollzugsinstrument der Führung. Die Tätigkeit der Organisation ist somit durch die Planung vorbestimmt. Des- Info | 4.3 | 4.3.1 Organisation als Tätigkeit <?page no="274"?> 274 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n halb spricht Gutenberg auch von einer „dienenden Natur“ der Organisation. Vor diesem Hintergrund wird Organisation dann als eine Tätigkeit verstanden, d. h., die Unternehmung organisiert. Die Organisation als Konfiguration zu betrachten, geht auf Kosiol (1962) zurück, der unter Organisation die dauerhafte Strukturierung von Arbeitsprozessen versteht, d. h., es geht ihm um eine dauerhafte und situationsunabhängige Verknüpfung der organisatorischen Elemente Aufgabe, Person, Information und Sachmittel. Aus diesen Elementen und ihren Beziehungen zueinander ergibt sich die Organisationsstruktur. Da sich diese Sichtweise weniger am Prozess, sondern am Prozessergebnis orientiert, wird auch plakativ formuliert: „die Unternehmung hat eine Organisation“. Kosiol trennt dabei grundsätzlich zwischen Struktur und Prozess und unterscheidet zwischen Auf bau- und Ablauforganisation, wobei er zunächst die Struktur und dann den Prozess betrachtet. Grundlegend für seine Vorgehensweise ist dabei das Analyse-Synthese-Konzept. Durch die Analyse soll eine detaillierte Übersicht erlangt werden, um anschließend mit Hilfe der Synthese die eigentliche Organisation zu gestalten. Die Ablauforganisation darf nicht mit dem Prozessmanagement gleichgesetzt werden. Bei der Ablauforganisation liegt der Ansatzpunkt innerhalb der Funktionsbereiche, d. h., die Abläufe passen sich der vorher festgelegten Aufbauorganisation an. Beim Prozessmanagement erhalten hingegen die Erfordernisse der Abläufe den Vorrang, d. h., der organisatorische Aufbau ist am Ablaufgeschehen in der Unternehmung ausgerichtet. Grundlage des Prozessmanagements bildet dann der Wertschöpfungsprozess, d. h., es liegt eine ganzheitliche Betrachtung der Unternehmungsaufgaben vor. In einer institutionellen Sicht wird die Organisation als Oberbegriff für unterschiedliche Formen der institutionalisierten Wirtschaftstätigkeit verstanden: Die Unternehmung ist eine Organisation. Dabei werden in der organisationstheoretischen Literatur die drei folgenden Merkmale eines institutionellen Organisationsbegriffes herausgestellt (vgl. Schreyögg 2008, S. 9): Die spezifische Zielorientierung einer Organisation (z. B. Rentabilität, Gewinn, Liquidität). Eine Unternehmung verfolgt dabei i. d. R. unterschiedliche Ziele, die auch in einer partiellen Konkurrenz zueinander stehen können. Es ist eine Arbeitsteilung gegeben, die sich in Regeln niederschlägt. Die geregelte Arbeitsteilung in einem Kollektiv, die mit einem Leistungsvorteil einhergeht, wird als ein zentraler Grund für die Entstehung von Organisationen herausgestellt. Organisation als Konfiguration Analyse-Synthese- Konzept institutioneller Organisationsbegriff Info <?page no="275"?> 275 o r G a n I s a t I o n Organisationen haben Grenzen, durch die es möglich wird, zwischen unternehmungsinternen (Innenwelt) und -externen (Außenwelt oder Umwelt) Sachverhalten zu unterscheiden. Diese Grenze ist nicht naturgegeben, sondern sie verändert sich und ist durch die Unternehmung gestaltbar. Stellen als organisatorische Grundeinheit Unternehmungen als komplexe Gebilde sind gezwungen, eine Arbeitsteilung zu realisieren, d. h., die Gesamtaufgabe einer Unternehmung (z. B. Produktion von Automobilen oder Produktion von Kabelbäumen) in Teilaufgaben zu zerlegen, die dann einzelnen Personen übertragen werden. Stellen bilden dabei die relevante Verteilungseinheit. Sie sind letztlich ein Bündel von Aktivitäten, das auf einen potentiellen Mitarbeiter ausgerichtet ist, d. h., Stellen werden personenunabhängig gebildet (der Sache nach ad rem). Die Erwartungen, die mit einer Stelle verbunden sind, werden in der Stellenbeschreibung schriftlich fixiert. Stellen lassen sich nach ihrer Art der Eingliederung wie folgt unterscheiden (vgl. Bea / Göbel 2010, S. 263 ff.): Instanz: Sie entsteht durch die Zuweisung fachlicher und disziplinarischer Leistungsbefugnisse, d. h., einer Stelle werden Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse zuerkannt. Ausführungsstelle: Ihr obliegt die Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses (z. B. Mitarbeiter an einer Werkbank, Sachbearbeiter in einer Verwaltung). Ein Mitarbeiter, der diese Stelle innehat, arbeitet i. d. R. auf Anweisungen, die er von einer Instanz erhält; er hat keine eigenen Weisungsbefugnisse, kann aber im Rahmen der Aufgabenerfüllung Entscheidungsspielraum haben. Stab: Ihm obliegt eine unterstützende Funktion und er ist im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung tätig. Die Entscheidung obliegt der Instanz. Beispiele sind Planung, Marktforschung etc. Dienstleistungsstelle: Auch ihr obliegt eine unterstützende Funktion, jedoch für mehrere Linienstellen. Typische Beispiele sind der EDV- Bereich, Umweltschutz, Sprachendienst, Instandhaltung etc. Werden mehrere Stellen zusammengefasst und einer Instanz unterstellt, dann entsteht eine Abteilung. Der Abteilungsleiter ist dann die Instanz. Werden die so entstandenen Abteilungen (Gruppen etc.) zusammengefasst, dann entstehen Hauptabteilungen. Abbildung 103 gibt die grundsätzliche Vorgehensweise wieder: Durch die Aufgabenzerlegung entsteht unmittelbar ein Koordinationsbedarf, wobei unter Koordination eine wechselseitige Abstimmung einzelner Aktivitäten in einem arbeitsteiligen System auf ein übergeordnetes Gesamtziel zu verstehen ist. Eine Möglichkeit zur Koordination | 4.3.2 Arbeitsteilung Stellen Koordination <?page no="276"?> 276 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n bildet die Hierarchie, die durch Unter- / Überordnungen entsteht. Generelle Koordinationsaufgaben gelangen damit auf die oberste Hierarchieebene. Hierarchien basieren ebenfalls auf formalen Regeln. Eine einfache Hierarchie wird in Abbildung 104 in der Form eines Organigramms ( s iehe Glossar) wiedergegeben. Durch diese Arbeitsteilung (Spezialisierung) werden Kompetenzen der Unternehmungsleitung auf untergeordnete Ebenen übertragen. Dies wird als Delegation bezeichnet, die letztlich aus der begrenzten Informationsverarbeitungskapazität der Unternehmungsleitung resultiert (vgl. Neus 2011, S. 170). Hierdurch wird die Unternehmungsleitung entlastet, weil sie Kompetenzen, d. h. Rechte und Vollmachten, auf untergeordnete Stellen T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe T eilaufgabe A ufgabe Stelle Stelle Stelle Stelle Stelle A bteilung A bteilung H auptabteilung A ufgabenanaly se A ufgabensy nthese Abb 1 0 3 | Strukturgefüge H auptabteilung H auptabteilung H auptabteilung H auptabteilung B ereichsleiter B ereichsleiter U nternehmungsleitung A bteilung A bteilung A bteilung A bteilung A bteilung A bteilung A bteilung A bteilung Stellen Abb 1 0 4 | Hierarchie (Beispiel) Delegation <?page no="277"?> 277 o r G a n I s a t I o n verteilt. Weitere Vorteile sind die bessere Nutzung des Wissens und Könnens der Mitarbeiter, Stärkung der Mitarbeitermotivation und größere Flexibilität ( s iehe Glossar). Durch die Delegation entsteht aber auch die Notwendigkeit von Kontrollen. Ferner besteht die Gefahr des Auftretens von Entscheidungsinkonsistenzen sowie der Überforderung der Mitarbeiter. Die Koordination der Einzelaufgaben kann z. B. durch persönliche Weisungen, Programme, Pläne oder Zielvorgaben erfolgen. Bei persönlichen Weisungen handelt es sich um explizite Verhaltensnormen für den Einzelfall. Sie basieren auf positions- und persönlichkeitsgebundener Autorität. Demgegenüber sind Programme generelle Handlungsvorschriften, die angeben, wie in verschiedenen Situationen zu handeln ist. Sie determinieren abstimmungsbedürftige Sachverhalte in eindeutiger Weise. Voraussetzung ist damit eine gewisse Stabilität (wiederkehrende Handlungen). Für den Einzelnen bedeutet dies, dass für ihn kein Entscheidungsspielraum existiert. Eine weitere Möglichkeit sind Pläne, in denen interdependente Entscheidungen in Bezug auf übergeordnete Ziele aufeinander abgestimmt werden, d. h., die Koordination durch Pläne findet ihre Konkretisierung in Ziel- und Budgetsystemen (Mittelvergabe in der Form von Budgets). Eine Zielvorgabe, die an die Bedingungen der Kompatibilität und Operationalität geknüpft ist, eröffnet dem Entscheidungsträger Handlungs- und Entscheidungsspielräume. Demgegenüber bezwecken Budgets die Steuerung nachgeordneter Instanzen im Hinblick auf ein vorgegebenes Ziel, indem einem Verantwortungsbereich für eine Planperiode wertmäßige Plangrößen vorgegeben werden, die dann für den Entscheidungsträger verbindlich sind. Dem Verantwortungsbereich werden folglich keine ausführenden Maßnahmen, sondern ökonomische Zielkomponenten vorgegeben, die in ihrer Höhe zu erreichen sind. Neben diesen hierarchischen Koordinationsinstrumenten sind die heterarchischen zu nennen, bei denen es sich um eine dezentrale Abstimmung zwischen Mitarbeitern auf der gleichen Hierarchiestufe handelt. Eine erste Möglichkeit ist in der Selbstabstimmung zu sehen, bei der sich interdependente Entscheidungsträger durch unmittelbare Interaktionen abstimmen. Dies kann bilateral (durch direkte Kontaktaufnahme) in Arbeitsgruppen, Beratungsausschüssen etc. erfolgen. Werden zusätzliche Einheiten, die sich auf derselben hierarchischen Ebene befinden, gebildet, dann werden Gruppenentscheidungen relevant, wobei zwei Alternativen zu unterscheiden sind: gemeinsames Entscheiden und Aggregation individueller Entscheidungen. Die Alternative „Gemeinsames Entscheiden“ ist durch einen vollständigen kooperativen Entscheidungsprozess gekennzeichnet und soll die Interessen der Entscheidungsträger ausgleichen. persönliche Weisungen Programme Pläne Zielvorgabe Budgets Selbstabstimmung Gruppenentscheidungen <?page no="278"?> 278 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Basieren Gruppenentscheidungen auf einer Aggregation individueller Entscheidungen, dann bildet jedes Mitglied die Alternativen auf seiner eigenen Präferenzordnung ab. Die gruppenbezogene „beste Alternative“ wird dann mit Hilfe einer Abstimmungsregel ermittelt (vgl. hierzu Eisenführ / Weber 2003, S. 311 ff.). Interdependenzen liegen dann vor, wenn die Entscheidung einer Entscheidungseinheit die Entscheidung einer anderen Entscheidungseinheit zielrelevant beeinflusst. Aus der Existenz dieser Entscheidungsinterdependenzen ergibt sich letztlich das Erfordernis der Koordination. In einer differenzierenden Betrachtung lassen sich Sach- und Verhaltensinterdependenzen unterscheiden, wobei bei Sachinterdependenzen zwischen Restriktions- und Zielverbund zu unterscheiden ist (vgl. Ewert / Wagenhofer 2000, S. 446 ff.). Ein Restriktionsverbund baut auf den restringierenden Abhängigkeiten zwischen Bereichen auf, die einerseits aus der begrenzten Ressourcenverfügbarkeit (Ressourcenverbund) und anderseits aus der innerbetrieblichen Leistungsverflechtung (innerbetrieblicher Leistungsverbund) resultieren. Beim Zielverbund ist weiterhin zwischen Erfolgs-, Bewertungs- und Risikoverbund zu unterscheiden. Erfolgsverbund liegt vor, wenn der monetäre Erfolgsbeitrag einer Teilentscheidung vom monetären Erfolg einer anderen Teilentscheidung abhängig ist. Ein Beispiel sind Marktüberschneidungen zu vermarktender Leistungen, durch die Substitutions- oder Synergieeffekte entstehen. Ein Bewertungsverbund liegt vor, wenn die Wirkung der Wahl einer Handlungsalternative eines Bereiches auf den Gesamtnutzen vom Nutzen aus der Wahl einer Handlungsalternative eines anderen Bereiches abhängt. Um einen Risikoverbund handelt es sich, wenn in einer Risikosituation kein risikoneutrales Verhalten gegeben ist und die Ergebnisse der Handlungsalternativen verschiedener Bereiche stochastisch voneinander abhängig sind. Der Risikozuwachs für das Gesamtergebnis aus der Wahl einer risikobehafteten Handlungsalternative eines Bereiches hängt vom Risiko der in einem anderen Bereich gewählten Handlungsalternative ab. Bei Verhaltensinterdependenzen geht es um den Sachverhalt, dass das Entscheidungsverhalten eines Entscheidungsträgers, das von den Erwartungen über das Entscheidungsverhalten eines anderen Entscheidungsträgers abhängt, Einfluss auf das Entscheidungsverhalten dieses Entscheidungsträgers hat. Diese Interdependenzen lassen sich auf Informationsasymmetrien und Zielkonflikte zurückführen. Eine weitere Möglichkeit zur Koordination bilden Gremien (Arbeitskreise, Ausschüsse etc.), die ebenfalls der horizontalen Abstimmung (z. B. zwischen Abteilungen) dienen. Im Rahmen der Arbeitsteilung ist zwischen Mengen- und Artenteilung zu unterscheiden. Bei einer mengenmäßigen Arbeitsteilung vollzieht jeder Mitarbeiter die gesamten Tätigkeiten an einer Teilmenge der zu bearbei- Info Arbeitsteilung <?page no="279"?> 279 o r G a n I s a t I o n tenden Objekte. Demgegenüber erfolgt bei einer artmäßigen Arbeitsteilung eine Zerlegung der Gesamtaufgabe in qualitativ unterschiedliche Teilaufgaben (Spezialisierung). Als Vorteile dieser Artenteilung sind zu nennen: Reduktion der Aufgabenkomplexität; es entstehen leicht erlernbare Tätigkeiten; der Mitarbeiter entwickelt eine hohe Geschicklichkeit (Lerneffekte). Als Nachteile sind zu nennen: einseitige Beanspruchung, die mit einer stärkeren Ermüdung einhergehen kann; eine zu starke Zerlegung der Aufgabe bewirkt Monotonie, die leistungsmindernd wirken und die Flexibilität der Mitarbeiter reduzieren kann; es kann eine Entfremdung vom Arbeitsergebnis eintreten; der Planungsaufwand steigt mit zunehmender Arbeitsteilung. Den Schwerpunkt der Überlegungen bildet hierbei die Arbeitsplatzebene (Stelle). Um den genannten Nachteilen einer zu starken Arbeitsteilung entgegenzuwirken, wurden Ansätze zur Arbeitsbereicherung entwickelt. Hierunter werden alle Maßnahmen subsumiert, bei denen zusätzliche Tätigkeitsspielräume sowie Entscheidungs- und Kontrollspielräume geschaffen werden. Während unter dem Tätigkeitsspielraum die Anzahl unterschiedlicher Aktionen und deren unterschiedliche Qualität verstanden wird, gibt der Entscheidungs- und Kontrollspielraum das Ausmaß der selbständigen Planungs-, Organisations- und Kontrollbefugnisse wieder. Ansatzpunkte für die Arbeitsbereicherung bieten die Aufgabenerweiterung und der -wechsel. Eine erste Möglichkeit der Aufgabenerweiterung ist das Job Enlargement, das dadurch charakterisiert ist, dass eine Bereicherung auf der Ebene der Realisationsaufgaben vollzogen wird. Es erfolgt dabei eine Zusammenfassung von Aufgaben, die hinsichtlich ihrer Anforderungen und in ihrer Struktur ähnlich sind. Demgegenüber werden dem Mitarbeiter beim Job Enrichment zusätzlich zu seinen Realisationsaufgaben auch Planungs- und Kontrollaufgaben übertragen, d. h., es findet eine Erweiterung der Entscheidungskompetenz statt. Charakteristisch für das Job Enrichment ist somit die Übertragung von Entscheidungskompetenzen und einer damit verbundenen Vergrößerung des Dispositionsspielraumes, der mit höheren Qualifikationsanforderungen einhergeht. Eine Weiterentwicklung ist das Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppe (auch als selbststeuernde Gruppe ( s iehe Glossar) bezeichnet). Hierunter sind Kleingruppen zu verstehen, denen ein größerer Arbeitszusammenhang übertragen wird, der dann gruppenintern gesteuert und nach von ihr selbst gesetzten Normen vollzogen wird. Es liegt somit eine Arbeitsbereicherung auf Gruppenbasis vor. Die teilautonome Arbeitsgruppe ist dadurch charakterisiert, dass die Gruppenmitglieder bei der Lösung wesentlicher Aufgaben eigenverant- Arbeitsbereicherung Job Enlargement Job Enrichment Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppe <?page no="280"?> 280 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n wortlich zusammenarbeiten. Unter Job Rotation (geplanter Arbeitsplatzwechsel) wird ein Tausch der Arbeitsplätze zwischen den Mitarbeitern verstanden, der entweder aufgrund eigener Initiative oder nach einem festgelegten Rhythmus erfolgt. Ziele sind dabei eine Senkung der Monotonie, eine Reduzierung einseitiger Belastungen und die Förderung des Verständnisses für betriebliche Zusammenhänge, indem der Mitarbeiter vor- und nachgelagerte Bereiche kennenlernt. Organisationsstru k turen Grundsätzlich kann die organisatorische Arbeitsteilung nach Verrichtungen oder Objekten vorgenommen werden (vgl. z. B. Kräkel 1999, S. 82 ff.). Die Anwendung des Verrichtungsprinzips, bei dem gleichartige oder ähnliche Verrichtungen zusammengefasst werden, führt zu einer funktionalen Organisation. Abbildung 105 gibt eine solche Struktur beispielhaft wieder. Als Vorteile einer funktionalen Organisation lassen sich die folgenden Aspekte herausstellen: Aus der Spezialisierung ergeben sich Möglichkeiten zur Nutzung von Lerneffekten. Aufgrund der homogenen Handlungseinheiten lassen sich Größenvorteile realisieren. Eine gemeinsame Nutzung der Ressourcen in den Funktionsbereichen kann zu Effizienzvorteilen führen. Aufgrund der Zusammenfassung gleicher oder ähnlicher Verrichtungen können Synergien freigesetzt werden. Dem stehen die folgenden Nachteile gegenüber: Die Tendenz zu einer starken Arbeitsteilung führt zu einer hohen Schnittstellenzahl, die mit Abstimmungsproblemen einhergehen kann (z. B. Ressourcenverbund). Es besteht eine niedrige Flexibilität ( s iehe Glossar). Aus der Abstimmung resultieren zeitraubende Kommunikationsprozesse. Die Zuordnung der Ergebnisse auf die einzelnen Mitarbeiter ist, bedingt durch den hohen Grad der Arbeitsteilung, schwierig. Job Rotation 4.3.3 | Verrichtungsprinzip Prod uktion B eschaffung A bsatz U nternehmungsleitung F orschung und E ntwicklung Abb 1 0 5 | Funktionale Organisation <?page no="281"?> 281 o r G a n I s a t I o n Eine zweite Möglichkeit der organisatorischen Gestaltung ist die Anwendung des Objektprinzipes, d. h., es werden gleiche oder ähnliche Objekte zu einer organisatorischen Einheit, den Divisionen (auch Sparten oder Geschäftsbereiche genannt), zusammengefasst. Der divisionalen Organisation liegt somit auf der zweiten Hierarchieebene eine Objektspezialisierung zugrunde. Als Objekte kann es sich dabei z. B. um Produkte, Produktgruppen, Kundengruppen, Regionen etc. handeln (vgl. Abbildung 106). Auf der nächsten Hierarchieebene kann dann z. B. wiederum nach Funktionen gegliedert werden. In großen Unternehmungen werden jedoch nicht alle Aufgaben den Divisionen (Sparten) zugeordnet, sondern es werden aus wirtschaftlichen Gründen sogenannte Zentralbereiche geschaffen (z. B. Rechtsabteilung, Personalwesen, Beschaffung, Steuer, Finanzen). Ein entscheidender Grund für die Einführung der Zentralbereiche ist darin zu sehen, dass die Unternehmung Spezialisierungs- und Größenvorteile nicht verlieren möchte. Ein weiterer Grund ist etwa in der Unteilbarkeit der Einrichtungen (Zentrallabor der Forschung und Entwicklung) zu sehen (vgl. z. B. das Organigramm der Bayer Holding AG, die als Zentralbereiche eigene Servicegesellschaften gegründet hat). Anders als dies bei Stäben der Fall ist, werden die Zentralbereiche mit Anweisungskompetenzen ausgestattet. Damit wird gleichzeitig der Autonomiegrad der Sparten eingeschränkt. Eine spezielle Erscheinungsform der divisionalen Organisation sind die Center-Konzepte (Cost Center, Profit Center, Investment Center). Ein Center, z. B. Profit Center, ist dann für den Erfolg des ihm zugewiesenen Objektbereiches (z. B. eine Produktgruppe) verantwortlich. Werden die Sparten rechtlich verselbständigt, dann entsteht ein Konzern. Als Vorteile einer divisionalen Organisation sind zu nennen: Es ist eine höhere Kundenorientierung gegeben. Aufgrund der hohen Autonomie (insbesondere beim Center-Konzept) wird die Unternehmungsleitung entlastet. Transparenz und Flexibilität sind im Vergleich zu einer funktionalen Organisation höher. Die höhere Autonomie kann zu höherer Motivation der Mitarbeiter führen. Als Nachteile sind hingegen zu nennen: Erhöhung der Anzahl der Führungskräfte. Objektprinzip Prod uktgruppe B Prod uktgruppe A Prod uktgruppe C U nternehmungsleitung | Abb 1 0 6 Divisionale Organisation Zentralbereiche Center-Konzepte <?page no="282"?> 282 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Effizienzverluste durch Ressourcenvervielfachung in den einzelnen Divisionen (z. B. hat jede Division einen Produktionsbereich). Es gibt einen Konflikt zwischen Autonomie und Ressourcennutzung. Hoher administrativer Aufwand (jede Division muss ihr Ergebnis differenziert aus- und nachweisen). Es können Konflikte zwischen einzelnen Divisionen auftreten, weil zwischen ihnen am Markt Konkurrenzen bestehen. Werden Instanzen Stäbe zugeordnet, dann entsteht eine Stab-Linie-Organisation. Sie orientiert sich am Entscheidungsprozess, der in die Phasen Entscheidungsvorbereitung und Entscheidung untergliedert wird. Letztlich werden den Instanzen beratende Einheiten an die Seite gestellt. Seinen Ursprung hat dieses Prinzip in der katholischen Kirche. Die Kirchverwaltung agiert zentral aus Rom, die zwei Stabseinheiten aufweist: Das Heilige Kollegium (seit dem 12. Jahrhundert unterstützt dieses den Papst). Die Römische Kurie zur Unterstützung des Papstes (seit 1588; eingeführt durch Papst Sixtus V.). Erst später nahm das Militär die Idee des Generalstabes (Stabsoffizier) auf. In der Wirtschaft erlangten die Stäbe zu Beginn des 20. Jahrhunderts Relevanz. Abbildung 107 gibt die Stab-Linie-Organisation in der grundsätzlichen Struktur wieder. Die Aufgaben, die Stäbe zu erfüllen haben, können dabei unterschiedlich sein: Informationssammlung, Identifikation und Selektion der möglichen Handlungsalternativen, Suche nach geeigneten Lösungsverfahren, Problemaufbereitung bis zur Entscheidungsreife (sogenannte vollständige Stabsarbeit). Den bisherigen Ausführungen lag das sogenannte Einlinienprinzip zugrunde, dem der Gedanke der Einheit der Auftragserteilung zu eigen ist. Dabei hat jeder Mitarbeiter nur einen direkten weisungsbefugten Vorgesetzten (vgl. Abbildung 108). Stab-Linie-Organisation Info B eschaffung Prod uktion A bsatz U nternehmungsleitung U mweltplanung Strategische Planung Abb 1 0 7 | Stab-Linie-Organisation Einlinienprinzip <?page no="283"?> 283 o r G a n I s a t I o n Das Einliniensystem geht auf Henri Fayol (1841 - 1925) zurück, der im Rahmen seines „Administrativen Ansatzes“ allgemeine Organisationsprinzipien formulierte. Beispielhaft seien genannt: Einheit der Auftragserteilung, Einheit der Leitung (eine gemeinsame Zielsetzung), Autorität und Verantwortung (Recht, Anweisungen zu erteilen), Disziplin. Darüber hinaus strukturierte er bereits den Führungsprozess in Planung, Organisation, Befehl (Anweisung), Koordination und Kontrolle. Diesem Einlinienprinzip steht das Mehrliniensystem gegenüber, dessen Grundlage die Spezialisierung bildet. Hierbei ist der Mitarbeiter verpflichtet, an mehrere Vorgesetzte zu berichten, und er muss Anweisungen von mehreren Vorgesetzten entgegennehmen. Eine Extremform diese Ansatzes stellt das auf F.W. Taylor zurückgehende Funktionsmeisterprinzip dar, bei dem bis zu acht Funktionsmeister (Verrichtungsmeister, Geschwindigkeitsmeister, Prüfmeister, Instandhaltungsmeister, Arbeitsverteilungsmeister, Kostenmeister, Unterweisungsmeister, Aufsichtsmeister) den Untergebenen Anweisungen erteilen dürfen. Er verfolgte dabei das Prinzip des kürzesten Weisungsweges (vgl. Abbildung 109). Frederick W. Taylor (1856 - 1915) ist Begründer des Scientific Management, dessen Ziel die „Optimierung“ der Arbeitsvollzüge war. Hierfür zerlegte Taylor die Arbeits- | Abb 1 0 8 Einlinienprinzip Info Mehrliniensystem F M 1 F M 2 F M 8 A rbeiter A rbeiter A rbeiter A rbeiter A rbeiter | Abb 1 0 9 Funktionsmeisterprinzip Info <?page no="284"?> 284 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n aufgabe in kleinste Teilverrichtungen, um so möglichst hohe Spezialisierungsvorteile zu realisieren. Seine Überlegungen lassen sich in drei sogenannten Kernprinzipien zusammenfassen: Trennung von Kopf- und Handarbeit: Die Arbeitsplanung wird von ausgebildeten Spezialisten ausgeführt, die die Arbeitselemente mit wissenschaftlichen Methoden durchdringen. Ziel ist dabei, die zweckmäßigste Bewegung zu identifizieren und dabei überflüssige Bewegungen zu eliminieren. Leistungslohn: Auf der Grundlage der Annahme, dass durch Erfahrungsgewinne eine steigende Arbeitsproduktivität erreicht werden könne, schlug Taylor als Entlohnungssystem den Akkordlohn vor. Systematischer Personaltransfer: Auf der Basis aufgestellter Anforderungsprofile zur Erbringung der vorliegenden Aufgaben wurde der bestgeeignetste Arbeiter ausgewählt. Idee war, den besten Weg zur Ausführung der Arbeitsaufgaben zu finden und diesen verbindlich vorzugeben. In Deutschland wurden seine Gedanken durch den VDI (Verein Deutscher Ingenieure) und den Verband für Arbeitsstudien (REFA e. V.) aufgenommen. Als negative Konsequenzen dieser Vorgehensweise sind zu nennen: Sinnentleerung der Arbeit, extreme Überwachung der Mitarbeiter, einseitige Belastung und Verschärfung des Arbeitstempos. Neuere Ansätze haben die Vertreter des Scientific Management abwertend als „Psychotechniker“ bezeichnet. Eine konkrete Ausgestaltung des Mehrliniensystems stellt die Matrixorganisation dar, in der sich zwei Autoritätslinien gegenüberstehen. Sie wird deshalb auch als Dualorganisation bezeichnet. Eine der häufigsten Erscheinungsformen bildet die Kombination einer Verrichtungsorganisation mit einer Objektorganisation (i. d. R. Produkte), wie sie in Abbildung 110 dargestellt ist. Matrixorganisation Prod ukt B Prod ukt A Prod ukt C B eschaffung Prod uktion A bsatz U nternehmungsleitung Abb 11 0 | Produkt-Funktions- Matrix <?page no="285"?> 285 o r G a n I s a t I o n Aus der Abbildung geht hervor, dass zwischen den Funktionen und Objekten eine gewollte Kompetenzüberschneidung besteht: Die Funktionsbereichsleiter sind für eine effiziente Aufgabenabwicklung innerhalb ihrer Funktion verantwortlich und für die vertikale Integration innerhalb ihrer Funktion. Die Leiter der Objektbereiche sollen über die Funktionen hinweg ihre Objekte (im Beispiel Produkte) verantwortlich betreuen und sind mit den entsprechenden Kompetenzen dafür ausgestattet. Eine Matrix ist durch die drei folgenden Elemente charakterisierbar: Die Stellen der Funktionsbereichsleiter (z. B. Beschaffung) und der Objektleiter (z. B. Produkt A) werden als Matrix-Stellen bezeichnet. Schnittstellen sind diejenigen Problemfelder, über die die Matrix-Stellen gemeinsam entscheiden müssen. Sie können entweder als organisatorische Stelle ausgestaltet sein oder ohne personelle Besetzung existieren. Stellen, die die Aufgabe der Koordination von Problemlösungsprozessen erfüllen, die gemeinsam von Matrix-Stellen getragen werden, bilden die Matrix-Leitung (z. B. Unternehmungsleitung). Die Matrixorganisation kann sich dabei auf die Gesamtunternehmung oder auch auf einzelne Funktionsbereiche (z. B. F&E, Absatz) beziehen, wobei dann von einer Teilmatrixorganisation gesprochen wird. Zentrales Element einer Matrixorganisation ist die „Institutionalisierung der Konflikte“. Dabei wird unterstellt, dass es sich hierbei um sogenannte „produktive Konflikte“ handelt, die eine Voraussetzung für den Erfolg dieser Organisationsform bilden. Aus der Sicht des einzelnen Mitarbeiters lässt sich die Matrixorganisation als ein Matrix-Diamant darstellen, an dessen Spitze die Unternehmungsleitung steht (vgl. Davis / Lawrence 1988, S. 23) und dem die Schaffung eines Machtausgleichs in dieser dualen Anweisungsstruktur obliegt (vgl. Abbildung 111). Dabei wird im Idealfall unterstellt, dass zwischen den beiden Matrixdimensionen eine gleichwertige Verteilung der Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse gegeben ist. Es wird auch von einer reifen Matrix gesprochen. Als generelle Vorteile der Matrixorganisation lassen sich nennen: Durch zwei gleichberechtigte Perspektiven wird eine „Gesamtschau“ unterstützt. Es wird eine perspektivenübergreifende Kommunikation institutionalisiert. Matrix-Diamant U nternehmungsleitung F unktionen Prod ukte M itarbeiter ( M atrix z elle) | Abb 111 Matrix-Diamant reife Matrix <?page no="286"?> 286 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Durch die gemeinsame Ressourcennutzung können Synergien bewirkt werden. Diesen Vorteilen stehen die folgenden Nachteile gegenüber: Durch die perspektivenübergreifende Betrachtung können ● hohe Koordinationskosten entstehen, ● Entscheidungsverzögerungen eintreten, ● die Abläufe intransparent und aufwendiger sowie ● eine aufwendige Dokumentation notwendig werden. Hohe persönliche Belastungen durch eine hohe Konfliktdichte. In diesem Kontext wird teilweise von Matrixpathologien gesprochen, die durch Machtkämpfe und übertriebene Gruppenentscheidungstendenzen hervorgerufen werden. Um die institutionalisierten Konflikte konstruktiv zu nutzen, sollten die folgenden Bedingungen, die an einen rationalen Diskurs gestellt werden, erfüllt sein: Bereitschaft zur Begründung eigener Positionen oder Thesen. Bereitschaft zur Analyse der Begründung fremder Positionen oder Thesen. Bereitschaft, seine Positionen oder Thesen zu revidieren. Ein weiteres organisationstheoretisches Konzept ist die Gruppenorganisation. Als genereller positiver Effekt der Gruppen ( s iehe Glossar) werden die Bündelung der intellektuellen Kräfte sowie die gegenseitige Stimulation und Unterstützung zwischen den Gruppenmitgliedern genannt. Dem stehen hohe Koordinationskosten und die Gefahr des Auftretens personenbezogener Konflikte gegenüber. Als Beispiele für die Gruppenorganisation seien genannt: Gremien (Kollegien, Kommissionen) sind durch eine diskontinuierliche Zusammenarbeit gekennzeichnet. In Abhängigkeit von der Aufgabenstellung wird zwischen Informations-, Beratungs-, Entscheidungs- und Kontrollgremien unterschieden. Ein Lenkungsausschuss arbeitet unbefristet und tritt diskontinuierlich zusammen. Da er über die Verteilung der Ressourcen entscheidet, gehören ihm Mitarbeiter der oberen Ebene der Unternehmungshierarchie an. Projektgruppen zeichnen sich durch eine zeitlich befristete, aber kontinuierliche Zusammenarbeit aus und finden häufig bei komplexen Aufgabenstellungen mit hohem Neuigkeitsgrad Anwendung. Dabei trägt der Projektleiter die Verantwortung für das Projekt. Informations- und Beratungsforen dienen der Fundierung und Objektivierung, wobei es gilt, das Informationsgefälle zwischen den Betroffenen auszugleichen. rationaler Diskurs Gruppenorganisation <?page no="287"?> 287 o r G a n I s a t I o n Neben diesen Grundformen werden in der Literatur Konzepte zur Integration von Gruppen thematisiert. Ein solches Konzept stellt das System sich überlappender Gruppen dar, das von Likert (1967) entwickelt wurde. Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass es möglich sei, die persönlichen Ziele mit den Zielen der Organisation in Einklang zu bringen, d. h., letztlich sollen mit dem Erreichen der Organisationsziele auch die persönlichen Ziele realisiert werden. Abbildung 112 gibt die Grundstruktur dieses Konzeptes wieder. Abbildung 112 zeigt eine vertikale Vernetzung. Jede Gruppe soll hierarchisch mit der nächsthöheren Gruppe verbunden sein, und zwar über die gesamte Hierarchie. Personen, die mehr als einer Gruppe angehören, werden als Linking pins (Verbindungsglieder) bezeichnet und sind an den Entscheidungsprozessen in beiden Gruppen beteiligt. Während der Mitarbeiter in der unteren Gruppe selbst Vorgesetzter ist, gehören zur übergeordneten Gruppe ihm Gleichgestellte und wiederum ein Vorgesetzter. Die Kommunikation soll dabei in beide Richtungen laufen, so dass es möglich wird, Ziele und Vorstellungen nicht nur top down herunterzubrechen, sondern Ideen, Vorschläge etc. auch von unten nach oben in systematischer Form weiterzuleiten. Durch horizontale Vernetzung soll eine horizontale überlappende Gruppenstruktur als Erweiterung der vertikalen erreicht werden. Damit werden horizontale abteilungsübergreifende und bereichsübergreifende Beziehungen zu einem konstitutiven Element dieser Organisationsstruktur. Um dies zu ermöglichen, schlägt Likert sogenannte Querschnittsgruppen vor, wobei Vorgesetzte aus den berührten Bereichen in die Gruppen einbezogen werden. Hierdurch ergibt sich, wie bei einer Matrixstruktur, eine Mehrfachunterstellung der Mitglieder der Querschnittsgruppe (vgl. Abbildung 113). Als dritte Form ist die laterale Vernetzung zu nennen. Die Mitglieder lateraler Gruppen setzen sich aus den unterschiedlichsten Abteilungen zusammen, und zwar unabhängig von der Hierarchieebene. Auch wenn System sich überlappender Gruppen | Abb 112 | Abb 113 System vermaschter Gruppen Querschnittsgruppe vertikale Vernetzung horizontale Vernetzung laterale Vernetzung <?page no="288"?> 288 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n es hierbei einen formellen Vorgesetzten gibt, wird die sogenannte Expertenmacht zu einer dominanten Grundlage der Führung solcher Gruppen (vgl. Abbildung 114). Der Ansatz von Likert stellt sich damit als eine multiple überlappende Netzstruktur dar, deren Entscheidungsfindung auf der Abstimmung zwischen den Gruppen basiert. Gruppenkonzepte zielen folglich auf eine stärkere Beteiligung der Mitarbeiter im Rahmen von Entscheidungen ab. In diesem Kontext erlangt die Partizipation eine zentrale Bedeutung. Partizipation lässt sich mit Hilfe der Elemente Einflussmöglichkeit und Entscheidungsteilhabe konkretisieren. Während das Kriterium Einflussmöglichkeit einen indirekten Charakter aufweist, setzt die Entscheidungsteilhabe an der direkten Gestaltung und der inhaltlichen Fixierung von Entscheidungsprozessen an. Die Partizipation lässt sich folglich als die Teilnahme oder Beeinflussungsmöglichkeit von Individuen oder Gruppen im Rahmen von Entscheidungen umschreiben. Generell werden der Partizipation die folgenden positiven Wirkungen zugeschrieben: Förderung der Mitarbeiterinteressen und der Motivation, Reduzierung der Entfremdung, Stärkung des kooperativen Verhaltens, Verbesserung der Entfaltungsmöglichkeiten der Mitarbeiter, Erhöhung der Effizienz und Arbeitszufriedenheit sowie Verbesserung der Kommunikation. Allgemeingültige Aussagen über die Wirkungen der Partizipation sind jedoch nicht möglich. Organisation und Umwelt Als eine zentrale Einflussgröße der Organisationsstruktur ist die Umwelt zu nennen. In einer grundlegenden Untersuchung von Burns / Stalker (1971) wurde die Hypothese herausgearbeitet, dass in Abhängigkeit von der Umweltdynamik unterschiedliche Organisationsformen relevant werden. Dabei unterscheiden sie die beiden Formen „stabile und überschaubare Umwelt“ und „turbulente Umwelt“. Diesen beiden Umweltsituationen ordneten sie dann zwei unterschiedliche Strukturtypen zu (vgl. Tabelle 41). Der mechanistische Typ zeigt eine starre Struktur und hat damit auch nur ein niedriges Anpassungspotential an Umweltveränderungen. Er weist damit deutlich Parallelen zum Bürokratiemodell Webers auf. L aterale G ruppe Abb 114 | Laterale Gruppe Partizipation 4.3.4 | Strukturtypen <?page no="289"?> 289 o r G a n I s a t I o n Max Weber (1864 - 1920) hatte das Ziel, die Funktionsweise „moderner“ Großorganisationen (Staat und Wirtschaft) zu analysieren. Kernstück seiner Überlegungen war der Gedanke der Errichtung einer durch generelle Regeln geschaffenen Ordnung und die Akzeptanz dieser Ordnung durch die Organisationsmitglieder. Regeln sind dabei formalisierte Verhaltensweisen. Eine bürokratische Organisation als Idealtypus zeichnete sich dann durch die folgenden Elemente aus: (1) strikte Regelgebundenheit; (2) präzise Abgrenzung der Verantwortung; (3) System von Über- und Unterordnungen mit genau beschriebener „Befehlsgewalt “ (keine Willkür); (4) Aktenmäßigkeit aller Vorgänge; (5) Ausführungen haben strikt neutral zu erfolgen (nur der Sache dienlich); (6) nur Stelleninhaber mit entsprechender Fachschulung. Demgegenüber zeigt der organische Typus deutliche Ähnlichkeiten mit Gruppenkonzepten und heterarchischen Netzwerkstrukturen auf. Hieraus resultiert die Überlegung, dass bei einem Übergang von einer stabilen zu einer turbulenten Umwelt ein Übergang von einer mechanistischen zu einer organischen Struktur erfolgen müsse, d. h., zentraler Gedanke ist dabei, dass die Umwelt Anforderungen an die Organisation stelle. So wird in einer Situation hoher Umweltdynamik und -komplexität ein hohes Maß an Flexibilität ( s iehe Glossar) als erforderlich erachtet, die sich u. a. in einer verstärkten Dezentralisierung und einer niedrigeren Formalisierung niederschlägt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine solche Beeinf lussung nicht einseitig ist, sondern dass Organisation und Umwelt sich gegenseitig beeinflussen. Struk turtypen nach B urns / Stal k er ( 1 9 71) | Tab. 41 Stabile U mwelt mechanistisches Sy stem T urbulente U mwelt organisches Sy stem Spez ialisierung F ormalisierung A bstimmung Z entralisation K ommunikation A utorität K ontrolle F ührungsstil M erkmal hoch stark hierarchisch hoch v ertikal positionsbez ogen F remd kontrolle autoritär nied rig schwach heterarchisch nied rig lateral sachbez ogen Selbstkontrolle partiz ipativ Info <?page no="290"?> 290 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Ferner hat eine funktionierende Organisation nicht nur formale Strukturen, sondern auch sogenannte inoffizielle Referenzsysteme (informale Ordnungen und Regelungen). Wurden solche informellen Kräfte in der früheren Literatur als „Störfaktor“ interpretiert, so werden sie aktuell als ein unverzichtbares Korrektiv formaler Organisationsgestaltung betrachtet (Ergänzungsverhältnis). Mit ihr werden Möglichkeiten zur Bewältigung unterschiedlicher Anforderungen aus der Umwelt eröffnet. Teilweise wird auch von einer „brauchbaren Illegalität“ gesprochen, wobei das, was „brauchbar“ ist, erst ex post festgestellt werden kann. Informale Ordnungen und Regelungen können äußerst unterschiedliche Erscheinungsformen aufweisen. Eine extreme Form sind die sogenannten „Bootlegging- Projekte“, die in der Praxis nicht selten sind. Hierbei handelt es sich um Projekte, die von motivierten Mitarbeitern, die neben ihrer täglichen Arbeit an einem „eigenen“ Projekt arbeiten, ohne offizielle Genehmigung oder auch gegen den Willen des Vorgesetzten. Diese, insbesondere im F&E-Bereich auftretenden Projekte, können weiter unterschieden werden: True bootlegging: Die Aktivitäten sind nur dem Mitarbeiter selbst bekannt. Eventuell sind einzelne Kollegen in das versteckte Engagement eingeweiht, nicht hingegen die Vorgesetzten. Conspiratorial bootlegging: Die Aktivitäten sind inoffiziell dem Vorgesetzten bekannt und genießen dessen (aktive oder passive) Unterstützung. Hard core bootlegging: Die geheimen Aktivitäten werden ungeachtet des explizit formulierten Missfallens des Managements weitergeführt, d. h., es liegt ein klarer Regelverstoß vor. Beispiele für Bootlegging-Projekte sind: Aspirin und Librobay (Bayer AG), die Flüssigkristall (LCD)-Technologie bei Merck, die Laserentwicklung bei Hughes-Aircraft und das industrietaugliche Simultanspektrometer zur Farbanalyse (Zeiss). Zu weiteren Beispielen vgl. Michalik (2003, S. 2). Darüber hinaus wird der Zusammenhang zwischen Struktur und Strategie ( s iehe Glossar) seit Langem in der betriebswirtschaftlichen Literatur diskutiert. Als erster Wissenschaftler beschäftigte sich Chandler (1962) mit dem Zusammenhang zwischen Strategie und Struktur. Grundlage seiner Betrachtung waren vier große US-amerikanische Unternehmungen, die einen Wechsel von einer funktionalen zu einer divisionalen Organisation vollzogen hatten. Darauf aufbauend formulierte er die These „Structure follows strategy“, d. h., die Strategie bestimmt die Struktur. Dies bedeutet, dass eine Unternehmung zuerst eine geeignete Strategie auswählen soll, um dann eine angemessene Organisationsstruktur zu finden. In der Folinoffizielle Referenzsysteme Info Zusammenhang zwischen Strategie und Struktur. <?page no="291"?> 291 o r G a n I s a t I o n gezeit wurden eine Vielzahl an Untersuchungen durchgeführt und die unterschiedlichsten Thesen formuliert: die Struktur bestimmt die Strategie; Structure follows Fashion (die Struktur folgt eher Modeerscheinungen); zwischen Strategie, Struktur und Umwelt muss eine Abstimmung (FIT ( s iehe Glossar)) erfolgen. Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen diesen Faktoren gibt. Organisations k ultur Unter Organisationskultur (Unternehmungskultur), die auch als „kollektive Programmierung“ bezeichnet wird, ist die Gesamtheit unternehmungsbezogener Werte und Normen zu verstehen, die einen prägenden Einfluss auf das Verhalten der Mitglieder einer Unternehmung haben. Basis ist folglich ein Wertesystem, das möglichst von allen Mitgliedern der Unternehmung getragen wird. Durch organisationsspezifische Sozialisationsprozesse werden diese Werte und Normen an neue Mitglieder weitergegeben und durch entsprechend konformes Handeln immer wieder neu legitimiert. In Anlehnung an Schein (1988, S. 13 ff.) lassen sich drei Ebenen der Unternehmungskultur unterscheiden (vgl. Abbildung 115). Bei den Basiswerten (z. B. Ideale, Menschenbild) geht es um Grundthemen der menschlichen Existenzbewältigung wie menschliches Zusammenleben, Rolle des Menschen auf der Erde, Sinn des Lebens. Bei den Verhaltensstandards stehen Normen und Grundsätze im Zentrum, d. h., es handelt sich um Verhaltensrichtlinien, Verbote und Gebote. Demgegenüber stellen die Symbole den sichtbaren Teil der Unternehmungskultur dar. Hierzu zählen etwa Kleidung, Sprache, aber auch Geschichten und Legenden über Unternehmungsgründer. In der Literatur wird differenzierend zwischen starken und schwachen Kulturen unterschieden. Diese Unterscheidung basiert auf den drei folgenden Dimensionen (vgl. Schreyögg 2008, S. 377 f.): Prägnanz, Verbreitungsgrad und Verankerungstiefe. | 4.3.5 Wertesystem O berflächenkomponente Sy mbole ( sichtbar, aber interpretationsbed ürftig) V erhaltensstand ard s ( teils sichtbar, teils unbewusst) B asiswerte ( unsichtbar, i. d . R . unbewusst, intransparent) T iefenkomponente | Abb 115 Kulturebenen <?page no="292"?> 292 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Die Prägnanz bringt zum Ausdruck, wie klar die Orientierungsmuster und Werthaltungen sind. Starke Kulturen sind dann dadurch gekennzeichnet, dass es klare Vorstellungen darüber gibt, was erwünscht ist und was nicht, wie Ereignisse zu bewerten und wie Situationen zu strukturieren sind. Dies setzt voraus, dass die kulturellen Orientierungsmuster so angelegt sind, dass sie für eine Vielzahl an Situationen als Maßstab herangezogen werden können. Mit dem Verbreitungsgrad wird das Ausmaß erfasst, in dem die Organisationsmitglieder die Kultur übernommen haben und leben. Im Idealfall werden die Werte und Normen von allen Mitgliedern geteilt. Bei einer schwachen Kultur orientieren sich die einzelnen Mitglieder hingegen an unterschiedlichen Normen, so dass sogenannte Subkulturen entstehen. Hierunter sind Gruppen mit unterschiedlichen Wert- und Orientierungsmustern zu verstehen. Dementsprechend sind starke Kulturen dadurch gekennzeichnet, dass ein hohes Maß an Verbreitung vorliegt und folglich eine homogene Kultur gegeben ist. Mit der Verankerungstiefe wird der Sachverhalt erfasst, ob die Organisationsmitglieder die kulturellen Muster internalisiert haben und sie folglich das tägliche Handeln wie selbstverständlich bestimmen. Damit ist unmittelbar das Problem der Bindungsintensität der Werte und Normen angesprochen. Mintzberg (1983, S. 155 ff.) unterscheidet die folgenden Erscheinungsformen der Identifikation: Ein Mitglied stimmt mit den Werten und Normen der Organisation vollkommen überein („natürliche“ Identifikation). Durch Sozialisationsprozesse wird versucht, eine Konformität zur Unternehmungskultur zu schaffen (hervorgerufene Identifikation). Ein Organisationsmitglied bekennt sich zwar zur Unternehmungskultur, übernimmt sie jedoch nicht in sein eigenes Wertesystem (kalkulierte Identifikation). Generell hat eine Unternehmungskultur zwei zentrale Funktionen zu erfüllen: Koordinationsfunktion: Sie stellt eine Ergänzung der vorhandenen formalen Koordinationsinstrumente dar, indem sie ein gemeinsames Bezugssystem schafft, eine gemeinsame Interpretation und Verständigung ermöglicht und die Handlungen der Organisationsmitglieder legitimiert und lenkt. Motivationsfunktion: Indem sie das Zusammengehörigkeitsgefühl zur Unternehmung stärkt und auf die individuelle Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter einwirkt. Diese Funktionen werden insbesondere von stark ausgeprägten, homogenen Unternehmungskulturen erfüllt. In der Realität ist die Unternehmungskultur häufig jedoch kein homogenes Gebilde, sondern es ist eher Diversität zu beobachten, die dann zu Subkulturen führt. Derartige Subkulturen können zum Beispiel aus der Zugehörigkeit Starke Kulturen schwache Kultur Subkulturen Subkulturen <?page no="293"?> 293 o r G a n I s a t I o n zu unterschiedlichen Hierarchiestufen (z. B. Arbeiterkultur, Angestelltenkultur, Managerkultur) oder zu unterschiedlichen Funktionsbereichen und Berufen (z. B. Marketingkultur, F&E-Kultur, Buchhalterkultur) resultieren. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Unternehmungskultur dann als eine spezifische Mischung der Subkulturen dar, die unterschiedliche Akzente in der Interpretation der Orientierungsmuster setzen. Die Integration dieser Subkulturen ist eine wichtige Aufgabe der Unternehmungsführung. Gelingt die Integration nicht und wird die Heterogenität zu groß, dann ist das Erreichen der organisatorischen Gesamtziele gefährdet. Wesentlich ist, dass eine Hauptkultur, die ein übergreifendes Orientierungsmuster darstellt, den Subkulturen einen gemeinsamen Bezugsrahmen bietet und diese überformt und verbindet. Vor diesem Hintergrund können Organisationsmitglieder Mitglied unterschiedlicher Subkulturen sein, sich aber trotzdem an der Hauptkultur orientieren. Im Rahmen des Umgangs mit Subkulturen ist ihre Stellung zur Hauptkultur von Bedeutung, wobei die folgenden Grundtypen unterscheidbar sind (vgl. Schreyögg 2008, S. 380): Von verstärkenden Subkulturen wird dann gesprochen, wenn sie von der Hauptkultur durchdrungen sind. Letztlich zeigen sie in einer konkreten Ausprägung kulturkonformes Verhalten. Bei neutralen Subkulturen liegt zwar ein eigenes Orientierungsmuster vor, jedoch steht dies nicht in konfliktärer Beziehung mit der Hauptkultur. Bei Gegenkulturen handelt es sich um eigenständige Orientierungsmuster, die sich explizit gegen die Hauptkultur richten. Aber auch diese haben ihren Referenzpunkt in der Hauptkultur. Die Wirkung der Gegenkulturen ist schwierig einzuordnen, da sie einerseits als Störfaktoren und anderseits belebend wirken können. Sie können sogar die Initialzündung für einen kulturellen Wandel sein. Damit stellt sich die weitergehende Frage nach den Wirkungen der Organisationskultur. Insbesondere in der Beraterbranche wurden lange Zeit die positiven Wirkungen der Organisationskultur hervorgehoben und von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Stärke der Unternehmungskultur und dem Leistungsniveau ausgegangen. In diesem Zusammenhang sei beispielhaft auf die Arbeit von Peters / Watermann (1984) verwiesen, die die These aufstellten, dass Hochleistungen durch starke Unternehmungskulturen hervorgebracht würden. Ein solcher Zusammenhang lässt sich jedoch nicht empirisch belegen. Letztlich sind die Wirkungen der Unternehmungskultur komplexer und vor allem ambivalenter als ursprünglich angenommen. Im Folgenden seien mögliche positive und negative Wirkungen angeführt. Hauptkultur verstärkende Subkulturen neutrale Subkulturen Gegenkulturen <?page no="294"?> 294 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Positive Aspekte sind: Reibungslose Kommunikation, weil gerade in starken Kulturen homogene Verständigungsmuster gegeben sind, d. h., Informationen werden zuverlässig und einheitlich interpretiert. Schnelle Entscheidungsfindung, weil ein von den Mitgliedern getragenes Wertesystem schnell zu einer zumindest kompromissfähigen Entscheidung kommt. Reduzierung der Komplexität. Gemeinsame Praktiken und Vorgehensweisen lenken den Blick auf wesentliche Elemente. Geringer Kontrollaufwand, weil die Kontrolle zum Teil auf indirektem Wege erfolgt. Da die Orientierungsmuster durch die Mitglieder „verinnerlicht“ sind, ist deren permanente Einhaltung nicht ständig zu kontrollieren. Hohe Motivation und Loyalität durch gemeinsame, sich gegenseitig bekräftigende Verpflichtung auf die zentralen Werte und Normen. Stabilität und Zuverlässigkeit, weil gemeinsam getragene Werte und Normen soziale Geborgenheit und Selbstvertrauen bewirken können. Dies geht ferner mit niedrigeren Fluktuationsraten einher. Schaffung von Vertrauen, wobei zwischen persönlichem Vertrauen und Systemvertrauen zu unterscheiden ist. Hierdurch können sich die Mitglieder darauf verlassen, dass gemeinsame Orientierungsmuster eingehalten werden (persönliches Vertrauen) und dass das System Unternehmung ein Haltepunkt für das Verhalten der Mitarbeiter bietet. Dem stehen die folgenden negativen Effekte gegenüber: Bei starken Unternehmungskulturen besteht die Gefahr, dass sie sich durch ständige Bestätigung zu stark verfestigen und sich zu „geschlossenen Systemen“ entwickeln (veränderungsresistente Wirkungen). Damit verbunden ist die Tendenz, dass Unternehmungskulturen Probleme verkürzen und Gemeinsamkeiten überbetonen. Greift eine Unternehmung neue Ideen auf, dann kann sich eine ausgeprägte Unternehmungskultur als Implementierungshemmnis erweisen. Dies wird dann virulent, wenn Neuerungen mit bisherigen Vorgehensweisen brechen. Kulturen können die Konformität in einem gewissen Umfang erzwingen. Starke Unternehmungskulturen wirken negativ auf die Flexibilität einer Unternehmung und behindern den organisatorischen Wandel. Vor diesem Hintergrund ist es wesentlich, dass Unternehmungskulturen sich an veränderte Situationen anpassen, d. h. entwickeln und neu interpretiert werden. Der Anstoß für einen Kulturwandel kann dabei aus der Umwelt (z. B. Veränderung der Marktstruktur und / oder Wettbewerbsbedingungen) und unternehmungsintern (z. B. durch Generationenwechsel) kommen. Häufig sind es Konfliktsituationen, die einen kulturellen Wan- <?page no="295"?> 295 o r G a n I s a t I o n del auslösen. Kulturwandel vollzieht sich evolutorisch und ist folglich nicht kurzfristig veränderbar. Ob es gelingt, neue Elemente in einer Kultur zu verankern, hängt wesentlich von den folgenden Faktoren ab (vgl. Kieser 1986, S. 50): Um neue Kulturen zu verankern, erscheint es günstiger, von den bisherigen Stärken der Unternehmung auszugehen, als an einer Korrektur festgestellter Schwächen zu arbeiten. Die Änderung der Unternehmungskultur muss durch strategische Pläne unterstützt werden, wobei eine Veränderung konkrete Anlässe und Zielsetzungen benötigt. Die Unternehmungsführung muss Zeichen für eine Veränderung setzen und sich mit den Änderungen identifizieren. Ob und in welchem Maße sie letztlich von den Mitgliedern akzeptiert und internalisiert wird, hängt entscheidend vom Verhalten des Managements auf allen Unternehmungsebenen ab. Die Änderung der Unternehmungskultur muss durch konkrete Aktionsprogramme gefördert werden (z. B. neue Trainingsprogramme). Organisatorischer Wandel Organisatorischer Wandel, seit geraumer Zeit auch als Change Management bezeichnet, stellt ein zentrales organisationstheoretisches Forschungsfeld dar. Widerstände gegen Veränderungen in Organisationen werden und wurden intensiv diskutiert. Von eminenter Bedeutung sind dabei emotionale Sperren, die es zu verstehen gilt. Derartige emotionale Sperren sind dann unmittelbar einsichtig, wenn Veränderungen zu objektiven Verschlechterungen der Lebenssituation der Betroffenen führen (z. B. Entlassungen). Erklärungsbedürftig werden Widerstände hingegen dann, wenn eine Veränderung nicht mit monetären oder nicht monetären Nachteilen einhergeht. Generell lassen sich die drei folgenden Gruppen von Widerständen unterscheiden: Widerstände, die in der Person begründet sind: ● Veränderungen werden grundsätzlich als eine Bedrohung wahrgenommen. ● Erfahrungen werden durch Veränderungen entwertet, d. h., die Erfahrungen sind für die Mitarbeiter von hoher Bedeutung und deshalb werden Abweichungen abgelehnt. Widerstände, die in der Organisation begründet sind: ● Erfahrungen aus früheren Veränderungsprozessen in der Organisation. ● Eventuelle Veränderungen, die mit einer Auflösung interner Organisationsstrukturen verbunden sind, wie z. B. Veränderungen in den Gruppenzusammensetzungen. Kulturwandel | 4.3.6 Widerstände <?page no="296"?> 296 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n ● Veränderungen im Normensystem (vgl. Organisationskultur). ● Eventueller Privilegienabbau (z. B. direkter Zugang zu Vorgesetzten, Wegfall eines Einzelbüros). ● Not invented here (NIH) Syndrom (hier nicht erfunden). Hierbei handelt es sich um eine ökonomisch nicht begründbare Vernachlässigung externer Ergebnisse und Empfehlungen. ● Ressourcen werden umverteilt (z. B. Wegnahme einer zugeordneten Sekretärin). ● Problem der strukturellen Trägheit von Organisationen, die letztlich aus dem Erfolg der Vergangenheit entsteht. Widerstände, die aus der Veränderung selbst resultieren: ● Die Veränderung wird als nicht erforderlich oder sogar als „falsch“ eingeordnet. ● Der Veränderungsprozess wird als „fehlerhaft“ eingestuft. Wenn es sich um grundlegende Veränderungen handelt, dann erscheinen die folgenden Informationsinhalte von Bedeutung: Informationen zur Begründung der Veränderungsnotwendigkeit in technologischer, ökonomischer, ökologischer, rechtlicher und ergonomischer Hinsicht; Informationen über die Veränderung selbst ● allgemeine fachliche Informationen, ● veränderungsspezifische Informationen hinsichtlich der - Komplexität, - relativen Vorteilhaftigkeit, - Kompatibilität, - Erfahrungen (z. B. in anderen Standorten); Informationen über eventuell abgelehnte Alternativen mit Begründung der Ablehnung; Informationen über den angestrebten Endzustand; Informationen über die mit der Veränderung verbundenen Konsequenzen ● auf die Unternehmung bezogen und ● auf die betroffenen Personen bezogen (z. B. mögliche Konsequenzen in monetärer Hinsicht, im Arbeitsvollzug, für den Arbeitsplatz); Informationen, die eine explizite Wertung der Entscheidungsträger über die Veränderung beinhalten und Informationen über den zeitlichen Vollzug vorzunehmender Maßnahmen. Info <?page no="297"?> 297 o r G a n I s a t I o n Zur Gestaltung der Änderungsprozesse wird in der Literatur (vgl. z. B. Steinmann / Schreyögg 2005, S. 496) häufig auf die von Lewin (1958, S. 210 f.) aufgestellte „Goldene Regel“ des organisatorischen Wandels zurückgegriffen. Diese Regel besagt: (1) Aktive Teilnahme der (direkt und indirekt) Betroffenen am Veränderungsgeschehen und umfassende Informationsbereitstellung. (2) Die Gruppe als Wandelmedium: Veränderungsprozesse werden in Gruppen als tendenziell weniger beängstigend empfunden und durchschnittlich schneller vollzogen. (3) Die Kooperation mit den Betroffenen fördert die Wandlungsbereitschaft. (4) Überwinden alter Gewohnheiten und Stabilisierung des vollzogenen Wandels, wie Lewin (1958, S. 210 f.) es mit seinem Episodenschema zum Ausdruck bringt: In der Phase des Auftauens gibt das System seinen „Gleichgewichtszustand” auf, und es bildet sich die Bereitschaft zur Veränderung heraus. Nach der Veränderung setzt die Stabilisierung ein und es muss sich ein neues „Gleichgewicht“ einpendeln. Generell ist festzuhalten, dass der Widerstand gegen organisatorische Veränderungen dann tendenziell niedriger ist, wenn die Idee intern angestoßen wird, die Veränderung positive Wirkungen zeigt, Probleme einvernehmlich gelöst werden, Veränderungen mit den Betroffenen gemeinsam beschlossen werden und den Opponenten Verständnis entgegengebracht wird und sie in die Diskussion einbezogen werden. Aus den Ausführungen ergeben sich die Folgerungen, eine offene Informationspolitik zu betreiben und eine Partizipation der Betroffenen zu realisieren. Jedoch ist hierbei zu beachten, dass die Informationen vorhandene Befürchtungen bestätigen können und eine Partizipation zu Zeitverlusten führen kann, insbesondere dann, wenn Veränderungen durch Krisen ausgeführt werden. John Kotter (1995) griff die Gedanken Lewins auf und stellte das sogenannte „Eight- Step-Model“ auf, das einen konkreten Handlungsplan für organisatorische Veränderungen beinhaltet (vgl. Abbildung 117; Kotter 1995, S. 61). Goldene Regel A uftauen ( U nfreez ing) V eränd ern ( M ov ing) Stabilisieren ( R efreez ing) | Abb 116 Three step Procedure nach Lewin (1958) Info <?page no="298"?> 298 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n K ontrolle B egriff und Erscheinungsformen Unter Kontrolle ist ein Informationsgewinnungsprozess zu verstehen, „…, der aus einer für das künftige Wirtschaftsgeschehen auswertbaren Gegenüberstellung von Vergleichs- und Kontrollgrößen … besteht.“ (Kloock 1979, Sp. 1526). Hieraus resultiert, dass Kontrolle mehr ist als die Durch- 1 3 4 5 6 7 8 2 Establishing a Sense of Urgency E x amining market and competitiv e realities I d entifiy ing and d iscussing crises, potential crises, or maj or opportunities Forming a Powerful Guiding Coalition A ssembling a group with enough power to lead the change effort E ncouraging the group to work together as a team Creating a Vision C reating a v ision to help d irect the change effort Dev eloping strategies for achiev ing that v ision Communicating the Vision U sing ev ery v ehicle possible to communicate the new v ision and strategies T eaching new behav iors by the ex ample of the guid ing coalition Empowering Others to Act on the Vision G etting rid of obstacles to change C hanging sy stems or structures that seriously und ermine the v ision E ncouraging risk taking and nontrad itional id eas, av tiv ities, and actions Planning for and Creating Short-Term Wins Planning for v isible performance improv ements C reating those improv ements R ecogniz ing and reward ing employ ees inv olv ed in the improv ements Consolidating Improvements and Producing Still More Change U sing increased cred ibilit y to change sy stems, structures, and policies that d on’ t fit the v ision H iring, promoting, and d ev eloping employ ees who can implement the v ision R einv igorating the process with new proj ects, themes, and change agents Institutionalizing New Approaches A rticulating the connections between the new behav iors and corporate success Dev eloping the means to ensure lead ership d ev elopment and succession Abb 117 | Eight Steps to Transforming your Organization 4.4 | 4.4.1 | <?page no="299"?> 299 K o n t r o l l e führung eines Vergleiches zwischen geplanten und realisierten Größen. Kontrolle umfasst vielmehr diejenigen Aktivitäten, die eine Erfolgsbeurteilung von Handlungen in Form von Soll-Ist-Vergleichen ermöglichen, wobei diese Urteile als Orientierungsgrößen für zukünftige Aktivitäten dienen. Letztlich sollen Kontrollen die Voraussetzungen dafür bieten, Fehler in der Planung und Fehler in der Realisation zu identifizieren, um dann darauf auf bauend entsprechende Maßnahmen zu ihrer Beurteilung zu ergreifen. Ziel der Kontrolle ist es damit, einen unternehmungszielkonformen Aufgabenvollzug sicherzustellen. In der Planungstheorie wird zwischen kontrollierbaren und nicht kontrollierbaren Abweichungsursachen unterschieden. Nicht kontrollierbare Abweichungen sind das Ergebnis zufälliger Abweichungen, die dann vorliegen, wenn eine große Anzahl verschiedener Ursachen wirksam gewesen ist, wobei die Wirkung jeder einzelnen dieser Ursachen für sich genommen unbedeutsam gewesen wäre. Der Entscheidungsträger ist jedoch insbesondere an Informationen interessiert, die Auskunft über Ursachen geben, die er selbst kontrollieren kann und deren Wirksamwerden er deshalb möglicherweise hätte vermeiden können. Die Abweichungsursachen lassen sich dann z. B. wie folgt systematisieren: Um diese Aufgabe zu erfüllen, hat die Kontrolle die folgenden Funktionen wahrzunehmen: Beeinflussungsfunktion, d. h., es geht darum, das Verhalten der Mitarbeiter im Sinne der unternehmerischen Ziele zu beeinflussen. Ziel der Kontrolle A bweichungsursachen kontrollierbare nicht kontrollierbare ( sie werd en nicht analy siert, weil sie z war K osten v erursachen, aber keinen N utz en erbringen) Planungsfehler A usführungsfehler Prognosefehler F ehlerhafte Situationsbeschreibung V ernachlässigung relev anter E influssgrö ß en V erwend ung eines ungeeigneten M od ells F ehlerhafte A usführung F ehlerhafte I st- W ert- A ufnahme | Abb 118 Abweichungsursachen Info <?page no="300"?> 300 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Bei der Aufdeckungsfunktion geht es um die Identifikation der eingetretenen Abweichungen. Die Erklärungsfunktion dient der Ermittlung und Erklärung der Abweichungsursachen. Die zentralen Elemente der Kontrolle, die zum sogenannten Kontrollfeld zusammengefasst werden, sind: Kontrollobjekte: Hierbei handelt es sich um die personellen und sachlichen Objekte in einer Organisation, über deren reale Erscheinungen die Kontrolle Informationen gewinnen soll. Kontrollverfahren: Hierzu zählen die Regeln zur Messung der Istwerte sowie die Methoden zur Durchführung von Vergleichen und die Abweichungsanalysen. Kontrollträger: Sie führen die notwendigen Aktivitäten zur Kontrolle bestimmter Objekte aus. Dabei kann es sich um einzelne Organisationsmitglieder oder um Abteilungen, aber auch um externe Einrichtungen handeln. Kontrollzeitpunkte: Hierbei sind der Realisationszeitpunkt des Kontrollobjektes und der Durchführungszeitpunkt der Kontrolle von Bedeutung. Darüber hinaus lassen sich unterschiedliche Formen der Kontrolle unterscheiden (vgl. Frese 1968, S. 61 f.). Prämissenkontrolle: Sie soll sicherstellen, dass Abweichungen hinsichtlich der Einflussgrößenentwicklung und in der modellhaften Abbildung vor der Planrealisation rechtzeitig erkannt werden. Realisationskontrolle: Sie bezieht sich auf die Prozesse, die Ergebnisse und das Verhalten der Akteure und vergleicht die vorgegebenen Sollwerte als Kontrollgrößen mit den tatsächlich realisierten Istwerten. Metakontrolle: Sie soll sicherstellen, dass das angewandte mit dem vorgegebenen Planungsverfahren in Einklang steht. Werden die Kontrollformen mit den angeführten Fehlerursachen kombiniert, dann ergibt sich der in Abbildung 119 dargestellte Zusammenhang zwischen Kontrollursachen und -formen. Im Rahmen der Motivationsfunktion geht es um die zieladäquate Beeinflussung menschlicher Verhaltensweisen, wobei zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation zu unterscheiden ist. In extrinsischer Sicht kann sie einerseits mit einer vorbeugenden Wirkung gegen Verhaltensabweichungen einhergehen und anderseits als Basis für den Einsatz von „Belohnungen“ und „Bestrafungen“ dienen. Demgegenüber resultiert eine intrinsische Motivation aus der individuellen Bedeutung der Information für den einzelnen Mitarbeiter. Darüber hinaus lassen sich ein- und mehrdimensionale Kontrollen unterscheiden. Wird ein Merkmal als Beurteilungsgrundlage herangezogen, dann liegt eine eindimensionale Kontrolle vor. Solche Kontrollen kön- Kontrollfeld Formen der Kontrolle Motivationsfunktion eindimensionale Kontrolle <?page no="301"?> 301 K o n t r o l l e nen mit dysfunktionalen Wirkungen einhergehen, die sich in einer Verschlechterung des Kontrollklimas niederschlägt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Kontrollierte der Meinung ist, dass seine Leistung durch das festgelegte Kontrollmerkmal nicht richtig erfasst wird. Für den Mitarbeiter ergeben sich in dieser Situation die folgenden Anpassungsmöglichkeiten: Bei Vorgabe eines quantitativen Zieles besteht die Gefahr der Vernachlässigung qualitativer Aspekte. Bei Ausrichtung an kurzfristigen Zielen besteht die Gefahr der Vernachlässigung langfristiger Ziele. Wird ein Mitarbeiter danach bewertet, inwieweit er die seinem Verantwortungsbereich vorgegebene Größe realisiert, dann besteht die Gefahr der Vernachlässigung anderer Bereiche (Verselbständigung von Teilzielen mit dem Problem der Suboptimierung). Darüber hinaus sind Manipulationen entscheidungsrelevanter Kontrollinformationen zu nennen, mit deren Hilfe versucht werden kann, Belohnungen zu erlangen oder Sanktionen zu vermeiden. Unter diesen Aspekten erscheint es einerseits zweckmäßig, mehrdimensionale Kontrollen durchzuführen, die das Leistungsverhalten durch mehrere Merkmale zu erfassen versuchen, und anderseits die Festlegung der jeweiligen Merkmalsausprägungen als einen partizipativen Prozess zu begreifen. Vergleichsformen Die Kontrolle wurde als eine Gegenüberstellung von Vergleichs- und Kontrollgrößen beschrieben. In einer differenzierenden Betrachtung ist in einem nächsten Schritt zu erfragen, welche Größen in einen Vergleich einfließen können. Auf der Grundlage der Vergleichsobjekte kann zwischen Planungsfehler R ealisationsfehler K ontrollursachen M etakontrolle Prämissenkontrolle R ealisationskontrolle K ontrollformen F ehlerhafte Situationsbeschreibung F ehlerhafte Durchführung d es Planungsv erfahrens ( method ische A nford erungen) Proz ess ( V erfahren) E rgebnis � M engen � Z eiten � W erte � Q ualitäten V ernachlässigung v on E influssgrö ß en V erwend ung eines ungeeigneten M od ells | Abb 11 9 Zusammenhang zwischen Kontrollformen und Fehlerarten mehrdimensionale Kontrollen Vergleichsobjekte | 4.4.2 <?page no="302"?> 302 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n sachlichen (z. B. Objekt, Verrichtung), zeitlichen (z. B. Bestandsversus Flussgrößen, kurzfristige versus langfristige, Ex-postversus Ex-ante-Größen) und räumlichen Merkmalen (z. B. Umsatzgrößen auf lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Märkten) unterschieden werden. Auf der Grundlage des Skalierungsniveaus ergibt sich die Unterscheidung zwischen qualitativen Vergleichen, das Vergleichsurteil lautet auf Übereinstimmung - Nichtübereinstimmung bzw. Ähnlichkeit - Unähnlichkeit der Vergleichsobjekte, und quantitativen Vergleichen, d. h., es lassen sich Abweichungen ermitteln und analysieren (z. B. Abweichungsanalyse in der Plankostenrechnung). Nach dem Kriterium Anzahl der Merkmale ergibt sich, wie hervorgehoben, die Untergliederung in eindimensionale Vergleiche (z. B. Umsatz-, Kostenvergleich) und mehrdimensionale Vergleiche (z. B. Muster- oder Profilvergleich hinsichtlich Image, Qualität etc.). Die unterschiedlichen Erscheinungsformen ergeben sich aus dem Sachverhalt, dass zur Lösung betriebswirtschaftlicher Probleme unterschiedliche Informationsarten benötigt werden und auch damit unterschiedliche Vergleichsformen durchzuführen sind. Als Informationsarten sind zu nennen: Faktische Informationen: Hierbei handelt es sich um Aussagen über Größen, die in der Vergangenheit oder Gegenwart eingetreten sind (Ist-Größen, War-Größen). Prognostische Informationen: Hierbei geht es um zukünftig zu erwartende Größen (Wird-Größen). Normative Informationen: Sie sind durch Zielsetzungen entstanden und angestrebte Größen (Soll-Größen; Ziel-Größen). Fiktive Informationen: Es handelt sich um angenommene oder unterstellte Größen (Fiktionen, Annahmen, Kann-Größen). Sie spielen insbesondere im Managementbereich eine große Rolle, wenn es um ein (gedankliches) Durchspielen von Möglichkeiten für eine fundierte Entscheidungsfindung geht. Beispiele für Kann-Größen sind: ● Eventualgrößen, ● Wäre-Größen: Hierbei wird mit Denkmöglichkeiten operiert, die im Widerspruch zu den faktischen Informationen stehen. Diese Informationsarten können sowohl als Vergleichsobjekte als auch als Vergleichsmaßstab in einen Vergleich einfließen. Unter einem Vergleichsmaßstab wird dabei im Allgemeinen dasjenige Vergleichsobjekt verstanden, das eine Maßstabsfunktion erfüllen kann. Durch Kombination der Informationsarten Vergleichsmaßstab <?page no="303"?> 303 K o n t r o l l e Informationsarten ergibt sich das in Tabelle 42 dargestellte Spektrum der Vergleichsformen (vgl. Corsten / Reiß 1989, S. 617). Alle Vergleiche, bei denen eine Soll-Größe einer Nicht-Soll-Größe (Ist-, Wird- oder Kann-Größe) gegenübergestellt wird, zeichnen sich durch eine eindeutige Rollenverteilung aus, d. h., Vergleichsmaßstab und Vergleichsobjekt sind eindeutig unterscheidbar. Demgegenüber ist diese Rollenverteilung bei den „symmetrischen“ Vergleichen (Ist-Ist, Wird-Wird, Soll-Soll usw.) nicht explizit erkennbar. So kann etwa bei einem Betriebsvergleich erst entschieden werden, wer die Rolle des Maßstabes übernimmt, nachdem die Ausprägungen der Bewertung der Vergleichsgrößen bekannt sind. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Vergleichsformen kurz vorgestellt werden: Soll-Ist-Vergleich: Da Soll-Größen angestrebte Zustände darstellen, können die Zielsetzungen in der Unternehmung als Vergleichsmaßstab dienen (z. B. Kennzahlen). Es wird somit ex post festgestellt, inwieweit die vorgegebenen Soll-Größen tatsächlich durch die Ist-Größen erreicht wurden. Treten keine Abweichungen auf und gab es keine kompensatorischen Effekte zwischen Teilleistungen, dann waren die Handlungen zieladäquat. Gibt es Abweichungen zwischen Soll und Ist, dann ist im Rahmen einer Abweichungsanalyse nach den Ursachen zu suchen und zu überlegen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die Kontrolle auf der Grundlage eines Soll-Ist-Vergleiches lässt sich vor diesem Hintergrund als Lernprozess begreifen. Soll-Wird-Vergleich: Derartige Vergleiche dienen der Problemerkennung (Diagnose). Es liegt eine Ex-ante-Betrachtung vor, die darüber Auskunft geben soll, ob ein Handlungsbedarf gegeben ist. Anwendungen ergeben Spek trum der Vergleichsformen | Tab. 42 F aktische I nformationen I ST - G rö ß en Prognostische I nformationen W I R D- G rö ß en N ormativ e I nformationen SO L L - G rö ß en F iktiv e I nformationen K A N N - G rö ß en F aktische I nformationen I ST - G rö ß en Prognostische I nformationen W I R D- G rö ß en N ormativ e I nformationen SO L L - G rö ß en F iktiv e I nformationen K A N N - G rö ß en I ST - I ST - V ergleich W I R D- I ST - V ergleich SO L L - I ST - V ergleich K A N N - I ST - V ergleich W I R D- W I R D- V ergleich SO L L - W I R D- V ergleich K A N N - W I R D- V ergleich SO L L - SO L L - V ergleich K A N N - SO L L - V ergleich K A N N - K A N N - V ergleich Soll-Ist-Vergleich Soll-Wird-Vergleich <?page no="304"?> 304 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n sich z. B. in der Materialbedarfsplanung (Soll-Bestand - Wird-Bestand; Zugangs-Abgangs-Rechnung) der Gap-Analyse in der strategischen Planung oder bei der Überprüfung, ob die Zielsetzungen realistisch sind. Es geht damit darum, Chancen und Risiken zu antizipieren, d. h., die Entwicklung soll gedanklich vorweggenommen werden (z. B. Früherkennung). Auch in der Investitionsrechnung (z. B. Kostenvergleich, Gewinnvergleich), bei der Alternativen verglichen werden, liegt letztlich ein Soll-Wird-Vergleich vor. Wird z. B. im Rahmen der Kapitalwertmethode der Kalkulationszinssatz festgelegt, dann übernimmt dieser die Aufgabe einer Soll-Größe. Soll-Soll-Vergleich: Dieser Vergleich dient der Konsistenz- oder Kompatibilitätsprüfung. Beispielhaft seien genannt: ● Abstimmung zwischen Produktions- und Absatzplan im Hinblick auf die Verträglichkeit der stückkostenminimalen und der umsatzmaximalen Menge. ● Unterschiede zwischen Händler und Abnehmer hinsichtlich der (Soll-)Qualität. Kann-Größen basierte Vergleiche: Kann-Größen informieren darüber, was eintreten kann, unabhängig davon, ob mit dem Eintreten der Zustände auch gerechnet werden muss („extreme“ Wird-Größen). Ihnen kommt hauptsächlich eine Anregungsfunktion zu, die bei ausschließlich realistischen Betrachtungen nicht zum Tragen käme: ● Wird-Kann-Vergleiche sind z. B. Sensitivitätsuntersuchungen. ● Als-Ob-Vergleiche: Welche Preise ergäben sich auf einem oligopolistischen Markt, wenn dieser polypolistisch wäre? K ontrollschwerpun k tbildung Auch die Kontrolle muss letztlich Wirtschaftlichkeitsüberlegungen standhalten, d. h., Kontrollhandlungen sind nur dann ökonomisch zu rechtfertigen, wenn deren Nutzen größer ist als die durch sie verursachten Kosten. Vor diesem Hintergrund ist es zweckmäßig, Kontrollschwerpunkte zu bilden. Zur Bildung der Kontrollschwerpunkte ist es erforderlich, eine Gewichtung der Kontrollobjekte vorzunehmen, und zwar hinsichtlich ihrer Kontrollbedürftigkeit (vgl. Corsten 1988, S. 597 ff.). Die hierzu benötigten Kriterien sind aus dem Zielsystem der Unternehmung abzuleiten, weil Kontrollen letztlich der Zielerreichung in einer Unternehmung dienen. In einem ersten vorbereitenden Schritt sind zunächst die potentiellen Kontrollobjekte in einer Unternehmung zu identifizieren und zu strukturieren. Als Ergebnis liegt dann ein gegliederter Objektkatalog vor. Wird einerseits auf die Erscheinungsformen der Kontrolle zurückgegriffen und anderseits die Unternehmung funktional gegliedert, dann lässt sich Soll-Soll-Vergleich Kann-Größen basierte Vergleiche 4.4.3 | Kontrollbedürftigkeit Kontrollobjekte <?page no="305"?> 305 K o n t r o l l e die in Tabelle 43 dargestellte Strukturierung potentieller Kontrollobjekte aufstellen, die als Grobraster zur Identifikation dienen kann. Bei der Bildung der Kontrollschwerpunkte ist sicherzustellen, dass nur solche Kontrollhandlungen vollzogen werden, deren positive Wirkungen (Nutzen) auf die Unternehmungsziele höher sind als die negativen Auswirkungen (Kosten). Es lassen sich die beiden folgenden generellen Fälle unterscheiden: Die Kontrollkapazität ist konstant: Es werden die Kontrollobjekte in der Reihenfolge ihrer Nettonutzenbeiträge kontrolliert, bis die Kapazitätsgrenze erreicht ist. Die Kontrollkapazität ist variabel: Es erfolgt eine Überprüfung aller Objekte, bei denen die Bedingung Nutzen > Kosten erfüllt ist. Da sowohl der Nutzen als auch die Kosten häufig nicht eindeutig erfassbar und zuordbar sind, werden zur Bildung solcher Schwerpunkte i. d. R. subsidiäre Kriterien, wie die Wichtigkeit, die Beeinflussbarkeit und die Interdependenz, herangezogen. Mit dem Kriterium der Wichtigkeit wird versucht, die Bedeutung der Objekte für eine Unternehmung zu erfassen. Die Wichtigkeit kann sich dabei auf personale Objekte ● Handlungen ● Handlungsträger und materielle und immaterielle Objekte ● Produktionsfaktoren ● Prozesse ● Output beziehen. Ausgangspunkt der Handlungen ist die Überlegung, dass es bei den in der Unternehmung zu fällenden Entscheidungen ein qualitatives Gefälle gibt. Darüber hinaus liegt die Prämisse zugrunde, dass der Nutzen einer Fehleraufdeckung mit zunehmendem Gewicht der Entscheidung für eine Unternehmung zunimmt. Hieraus lässt sich dann die Forderung ableiten, diesen Entscheidungen bei der Kontrollschwerpunktbildung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. R aster zur Identifi k ation und Struk turierung potentieller K ontrollobj ek te | Tab. 43 Q ualität M engen Z eiten W erte V erfahren K ontrollformen F unktionen B eschaffung Prod uktion A bsatz . . . E rgebnis Kriterium der Wichtigkeit <?page no="306"?> 306 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Ebenfalls lassen sich die Handlungsträger strukturieren, wobei z. B. die folgenden Kriterien herangezogen werden können: Die Zahlungen, die die Mitglieder von den Organisationen erhalten. Die Höhe der Kapitalbeiträge, über die ein Entscheidungsträger ohne Genehmigung Dritter verfügen darf. Zahl und Gehalt der Aufgabenträger, die einem Vorgesetzten unterstellt sind. Für die Bewertung der Produktionsfaktoren kann die ABC-Analyse zur Anwendung gelangen, bei der die Objekte zu Klassen unterschiedlicher Bedeutung zusammengefasst werden (vgl. Punkt 3.1.1). Dieses Instrument lässt sich letztlich auf alle angeführten Objekte anwenden. So ist es etwa bei Produktionsprozessen möglich, ausgewählte Teilzeiten als Kriterium der Klassenbildung heranzuziehen. Beim Output können Herstellkosten, Deckungsbeiträge, Umsätze etc. zur Anwendung gelangen. Auf der Grundlage des Kriteriums der Beeinf lussbarkeit sind nur diejenigen Kontrollinformationen relevant, bei denen die Möglichkeit zur Beeinflussung fehlerhafter Vorgänge gegeben ist. Treten bei einem Vergleich Soll-Ist-Abweichungen auf, dann ist es häufig nicht möglich, die Ursachen einer jeden Abweichung zu ergründen, d. h., die Anzahl der zu realisierenden Abweichungsanalysen ist einzugrenzen. Interdependenzen sind unter Kontrollgesichtspunkten dann bedeutsam, wenn es möglich ist, aufgrund der Kenntnis der Beschaffenheit einer oder mehrerer Größen auf die Beschaffenheit einer oder mehrerer anderer Größen zu schließen. Hierdurch eröffnet sich die Möglichkeit, zusätzliche Kontrollinformationen zu generieren, ohne zusätzliche Kontrollen durchzuführen. Bei zeitlichen Interdependenzen kann etwa aus einer zeitlichen Abweichung in einem Prozess geschlossen werden, wie sich Verzögerungen auf nachfolgende Prozesse auswirken. Zur Analyse derartiger Zusammenhänge stellt die Netzplantechnik (vgl. Abschnitt 4.2.3.2) ein hoch entwickeltes Instrumentarium zur Verfügung. Hiermit lassen sich z. B. kritische Wege identifizieren. Bei diesen zeitkritischen Tätigkeiten erscheint dann eine Intensivierung der Kontrolle zweckmäßig. Strategische K ontrolle Das den bisherigen Ausführungen zugrunde liegende Kontrollverständnis ist für strategische Überlegungen nicht geeignet. Aufgrund der langfristigen Reichweite und der intertemporalen Interdependenzen strategischer Pläne liegen für die strategische Kontrolle gänzlich andere Bedingungen vor. So lassen sich Aussagen über den Erfolg strategischer Handlungen teilweise erst sehr spät formulieren. Erschwerend kommt hinzu, dass Ursache und Wirkung nicht nur deutlich auseinanderfallen, sondern Ursache- / Wirkungszusammenhänge sehr schwach sein können Kriterium der Beeinflussbarkeit Interdependenzen 4.4.4 | <?page no="307"?> 307 K o n t r o l l e und damit teilweise auch den Charakter von Ursache- / Wirkungsvermutungen annehmen. Hieraus resultiert einerseits eine hohe Unsicherheit und anderseits eine geringere Genauigkeit, als dies bei der operativen Kontrolle gegeben ist, so dass die strategische Kontrolle nur Orientierungshilfen zu geben vermag. Ein erstes Problem stellt dabei die Wahl des Kontrollmaßstabes dar. Im Rahmen der strategischen Kontrolle werden i. d. R. keine exakten monetären Zielgrößen vorgegeben, sondern allgemeine Anspruchsformulierungen, Intervalle oder auch „weiche“ Vorgaben. Als Ziele können dann z. B. „Ausbau einer bestehenden Marktposition“ oder „Eintritt in einen neuen Markt“ formuliert werden. Solche Zielvorgaben haben trotz ihrer mangelnden Operationalität Auswirkungen auf unterschiedliche Unternehmungsbereiche. So muss etwa die F&E Leitlinien für die Produktentwicklung aufstellen, der Finanzbereich Investitionsüberlegungen anstellen, der Produktionsbereich die produktionstechnischen Voraussetzungen schaffen und es müssen Änderungen im Personal- und Organisationsbereich vorgenommen werden. Durch diese Konkretisierungen werden gleichzeitig die ersten Grundlagen für Schätzungen monetärer Größen (z. B. Investitionsvolumen) gelegt. Im deutschsprachigen Raum sind die Arbeiten von Schreyögg / Steinmann (1985, S. 391 ff.; vgl. auch Steinmann / Schreyögg 2005, S. 279 ff.) zur strategischen Kontrolle von grundlegender Bedeutung. Die Autoren verstehen die strategische Kontrolle als einen planungsbegleitenden Prozess, d. h., sie stellt einen kontinuierlichen Informationsgewinnungsprozess dar, der parallel zur strategischen Planung verläuft. Aufgabe der strategischen Kontrolle ist folglich die laufende Überprüfung des strategischen Planes daraufhin, ob dieser weiterhin tragbar und realisierbar ist. Sie stellt damit ein Gegengewicht zu der mit der strategischen Planung unabdingbar verbundenen Selektivität dar. Diese Selektivität resultiert aus der „… prinzipiellen Unabschließbarkeit des strategischen Entscheidungsfeldes der Unternehmung.“ (Steinmann / Schreyögg 2005, S. 281). Differenzierend unterscheiden die Autoren dann zwischen strategischer Überwachung als globale Kernfunktion, strategischer Durchführungskontrolle und strategischer Prämissenkontrolle. Abbildung 120 gibt das strategische Kontrollsystem in seiner grundsätzlichen Struktur wieder. Ursache- / Wirkungsvermutungen Aufgabe der strategischen Kontrolle Selektivität strategisches Kontrollsystem t 0 t 1 t 2 Strategische Durchführungskontrolle Strategische Prämissenkontrolle Strategische Überwachung t Strategieimplementierung | Abb 120 Bausteine der strategischen Kontrolle <?page no="308"?> 308 f u n K t I o n s ü B e r G r e I f e n d e a u f G a B e n Im Zeitpunkt t 0 beginnt der strategische Planungsprozess. In t 1 werden Prämissen formuliert, um so Unsicherheiten und Unklarheiten zu reduzieren, d. h., die Prämissensetzung hat zum Ziel, die Entscheidungssituation zu strukturieren. Durch diese Prämissen werden denkbare Alternativen ausgeblendet (z. B. über mögliche Marktentwicklungen). Dies bedeutet gleichzeitig, dass die durch die Planer gesetzten Prämissen laufend überprüft werden müssen. Im Zeitpunkt t 2 beginnt die Strategieimplementierung und damit die strategische Durchführungskontrolle. Hierbei lassen sich Zwischenziele als Meilensteine definieren, d. h., es handelt sich um eine Abfolge von Zustandsstufen. Demgegenüber stellt die strategische Überwachung eine ungerichtete Kontrolle dar, d. h., sie bezieht sich nicht auf ein konkretes Kontrollobjekt. Ziel ist es vielmehr, frühzeitig Chancen und Risiken für die Unternehmung aufzudecken. Die strategische Kontrolle ist damit als ein Prozess permanenter Beobachtung zu begreifen, der sich als Lernprozess interpretieren lässt. Nach einer begrifflichen Konkretisierung der Planung wurden die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Planung vorgestellt. Auf Instrumentenebene wurden auf der Grundlage einer Gruppenbildung ausgewählte Instrumente dargestellt. Dabei wurde darauf geachtet, dass ein möglichst breites Spektrum abgedeckt wurde. Im Rahmen der Organisation ging es um die grundsätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten und Probleme der Unternehmungskultur. Fragen des organisatorischen Wandels schlossen diesen Abschnitt ab. Als letzte übergreifende Aufgabe wurde die Kontrolle vorgestellt, wobei sowohl die operative als auch die strategische Erscheinungsform thematisiert wurde. 1 Skizzieren Sie die charakteristischen Merkmale der Planung. 2 Zeigen Sie den Unterschied zwischen Sukzessiv- und Simultanplanung auf. 3 Erklären Sie die Grundidee der flexiblen Planung. 4 Skizzieren Sie die unterschiedlichen begrifflichen Abgrenzungen der Organisation. 5 Mit welchen Vor- und Nachteilen ist eine divisionale Organisationsform verbunden? strategischer Planungsprozess strategische Durchführungskontrolle strategische Überwachung Lernprozess Z usammenfassung Fragen <?page no="309"?> 309 K o n t r o l l e 6 Erklären Sie die Idee des Likert-Ansatzes. 7 Welche Gefahren sind mit einer starken Unternehmungskultur verbunden? 8 Erklären Sie die „Goldene Regel“ des organisatorischen Wandels. 9 Welche Kontrollformen lassen sich generell unterscheiden? 10 Erklären Sie den Aufbau und die Bestandteile der strategischen Kontrolle. a daM (1996); b ea / G öbel (2010); k leiN / s choll (2004); s chreyöGG (2008). L iteratur <?page no="310"?> 310 a daM , d. et al.: Erwartungen an eine Allgemeine Betriebswirtschaftslehre aus der Sicht von Forschung und Lehre. Thesenpapier: Hochschullehrer für Betriebswirtschaftslehre und Mitarbeiter der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster, Münster 1989 a daM , d.: Planung und Entscheidung. Modelle - Ziele - Methoden, 4. Aufl., Wiesbaden 1996 a hlert , d.; f raNZ , k.-P.: Industrielle Kostenrechnung, 4. Aufl., Düsseldorf 1988 a lbert , h.: Individuelles Handeln und soziale Steuerung. Die ökonomische Tradition und ihr Erkenntnisprogramm, in: Handlungstheorien, interdisziplinär IV, hrsg. v. h. l eNk , München 1977, S. 177 - 225 a ltroGGe , G.: Investition, 4. Aufl., München / Wien 1996 a rNdt , h.: Schöpferischer Wettbewerb und klassenlose Gesellschaft - zugleich ein Beitrag zur Preis- und Beschäftigungslehre, Berlin 1952 b aetGe , J.; k irsch , h. J.; t hiele , s.: Bilanzen, 12. 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Aufl., München 1978 <?page no="318"?> 318 A ABC-Analyse 109, 112 f., 306 Ablauf der Prozesskostenrechnung 214 Ablauforganisation 274 Absatz 135 ff. Absatzmittler 152 absatzpolitisches Instrumentarium 28 Absatzstruktur 121 Absatzverbund 142 Abschreibungen 169, 179 f. absolute Vorteilhaftigkeit 178 f., 188 Abteilung 275 Abweichungsursachen 299 Administrativer Ansatz 283 Adoptorentypen 138 Adverse selection 44 Agency-Kosten 43 Aktie 76 f. Aktiengesellschaft 76 ff. Aktivkonto 237, 239 Aktiv-Passiv-Mehrung 238 Aktiv-Passiv-Minderung 238 Aktivtausch 238 Akzeptkredit 166 Algorithmus 273 Allgemeine Betriebswirtschaftslehre 16 Allianzen, strategische 84 Alternativengenerierung 254 Alternativensuche 261 Amortisationsrechnung 181 f., 191 Amortisationszeit 191 Analogieverfahren 267 f. Analyseinstrumente 260 Analysemodelle 21 Analyse-Synthese-Konzept 274 Anderskosten 199 f. Anhang 231 Anlagevermögen 223 Annuitätenmethode 187 f. Anregungsinformationen 252 Anschaffungsauszahlungen 183 Anschaffungskosten 179 Anschlussinvestitionen 182 Arbeitsbereicherung 279 Arbeitsgemeinschaft 84 Arbeitskreise 278 Arbeitsplatzwechsel 280 Arbeitsteilung 275 f. -, artmäßige 279 -, mengenmäßige 278 f. Arbitragefunktion 49 Artikelkalkulation 207 artmäßige Arbeitsteilung 279 Asset-Backed-Security-Konstruktion (ABS) 171 f. Aufgabenanalyse 276 Aufgabenerweiterung 279 Aufgabensynthese 276 Aufgabenzerlegung 275 auftragsorientierte Produktion 121 Aufwand 199 f. -, außerordentlicher 200 -, bewertungsbedingter 200 -, neutraler 199 -, periodenfremder 200 -, sachzielfremder 200 Aufwandskonten 241 Aufwendungen 201 Ausführungsstelle 275 Ausgaben 201 Auslegung 244 -, grammatikalische 244 -, teleologische 243 Ausschüsse 278 Ausschüttungsbemessungsfunktion 246 Außenfinanzierung 162 ff. außerordentlicher Aufwand 200 Auswertungsrechnung 221 Auszahlungen 200 f. Avalkredit 166 B Bankkredit 165 Bargründung 65 Barwert 183, 191 Basisfolge der Bedingungen 271 Baukastensystem 142 Bedarfsermittlung 108 -, programmorientierte 113 f. -, verbrauchsorientierte 114 Bedingungsanzeiger 271 Bedürfnishierarchie 33 Bedürfnisklassen 33 Bedürfnisse 10 Befreiungsvorschrift 233 Behavioral Sciences 32 Beratungsforen 286 Beschaffung 106 ff. R egister <?page no="319"?> 319 r e G I s t e r Beschaffungskosten -, mittelbare 117 -, unmittelbare 117 Beschaffungsmarktforschung 108 Beschaffungsprozess 107 ff. Beschaffungszeitplanung 118 ff. Beschäftigung 132 Beschäftigungsabweichung, echte 219 Beschäftigungsdegression der Kosten 99 Beschreibungsinstrumente 260 Beschreibungsmodelle 20 Bestandskonten 237 Bestätigungsvermerk 248 Bestellmenge, kostenoptimale 116 Beteiligungsfinanzierung 159, 163 Betrieb 13 f. Betriebsabrechnungsbogen 203 f., 206 Betriebsergebnis 227 f. Betriebsergebniskonto 220 Betriebsgrößendegression der Kosten 99 Betriebswirtschaftslehre(n) -, allgemeine 16 f. -, spezielle 16 f. Bewegungsbilanz 226 bewertungsbedingter Aufwand 200 bewertungsdefektes Problem 253 f. Bewertungsinstrumente 260 f., 271 Bewertungsmethode 232 Bewertungsverbund 278 Beziehungszahlen 262 Bezugsgrößenhierarchie 220 f. Bezugsquellenplanung 110 ff. Bilanz 222 ff., 247 Bilanzänderungstypen 238 Bilanzierungsfunktion 232 Bilanzierungsmethoden 232 Bilanztypen 226 f. Bilanzverkürzung 238 Bilanzverlängerung 238 Bonding 46 Bootlegging-Projekte 290 Börsenkurs 163 Brainstorming 269 Brainwriting Pool 270 Bruttoergebnis 228 Bruttoreichweite 150 b -Servicegrad 119 Buchführungspflicht 235 f., 246 Buchgeld 200 Buchinventur 235 Buchungskreislauf 240 Buchungssatz 238 f. Budgetgerade 131 Budget 277 bullwhip effect 155 f. Bürokratieansatz 35 Bürokratiekosten 38 Bürokratiemodell 288 C Capital Asset Pricing Model 58 Cashflow 248 Cash-Value-Added 56 Center-Konzepte 281 ceteris-paribus 98 Change Management 295 ff. Chargenproduktion 124 Consumption on the job 44 Corporate Governance Kodex 248 Cost-Benefit-Analysis 271 Cost Center 281 Cost Driver 215 Cross-Selling-Potential 153 D Dachmarke 145 Deckungsbeitrag 217 Defekte 253 Dekomposition 254 Delegation 276 Derivative Finanzinstrumente 172 ff. Dienstleistungsstelle 275 Differenzierungsstrategie 143 Diffusion 138 Direktmarketing 151 Disagio 225 Diskontierung 183 Diskontkredit 166 dispositiver Faktor 27, 120 Distanzrechnung 226 Distributionspolitik 151 ff. Diversifikation 144 f. divisionale Organisation 281 Divisionskalkulation 208 Dualorganisation 284 f. DuPont-System of Financial Control 262 durchschnittlich gebundenes Kapital 179 Durchschnittsertrag 128 Durchschnittskosten 132 f., 178 dynamische Amortisationsdauer 191 E echte Beschäftigungsabweichung 219 echte Führungsentscheidungen 63 <?page no="320"?> 320 r e G I s t e r echte Gemeinkosten 203 Economic-Value-Added 56 ff. Economic-Value-Added-Ansatz 56 ff. Economies of scale 82 Economies of scope 82 Eigenfinanzierung 159 ff. Eigenkapital 223 Eigenkapitalkonto 241 Eigenkapitalmehrung 226 Eigenkapitalrentabilität 160 Eigenkapitalspiegel 248 Eigenkapitalvergleichsrechnung 226 Eight-Step-Model 297 f. eindimensionale Kontrolle 300 f. eingetragene Genossenschaft 79 f. Eingliederungskonzern 90 Einheit der Auftragserteilung 282 Einheitskurs 164 Einkauf 106 Einkommensfunktion 49 Einlagenfinanzierung 163 Einlinienprinzip 282 f. Einnahmen 201 Einwirkungsprinzip 198 Einzahlungen 200 f. Einzelbilanz 227 Einzelkaufmann 235 Einzelkosten 203, 219 Einzelkostenrechnung, relative 216, 220 ff. Einzelmarken 146 Einzelproduktion 123 Einzelunternehmung 74 Elastizität 147 Elementarfaktoren 27, 120 empirisch-realistische Standortlehre 70 f. Endwert 183, 192 f. Entlastungsfunktion 232 Entscheidungsfeld, geschlossenes 253 Entscheidungsinstrumente 261, 271 ff. Entscheidungsmodelle 21 entscheidungsorientierter Ansatz 30 ff. entscheidungsrelevante Kosten 210 Entscheidungsspielraum 279 Entscheidungstabelle 271 f. Episodenschema 297 Ereignisknotennetze 263 Erfahrungswissenschaften 15 Erfolgsbilanz 226 erfolgsneutrale Geschäftsvorfälle 238 f. erfolgswirksame Geschäftsvorfälle 241 Ergänzungsfunktion 232 Ergänzungsinvestition 182, 184 Erklärungsmodelle 21 Erläuterungsfunktion 232 Eröffnungsbilanz 237 f. Erscheinungsformen der Planung 255 ff. Erträge 201 Ertragsgesetz 127 ff. ertragsgesetzlicher Kostenverlauf 133 Ertragskonten 241 erwerbswirtschaftliches Prinzip 13 Events 151 Evolutorischer Ansatz 47 ff. Existenzgründungen 65 Expertenschätzung 267 exponentielles Glätten 1. Ordnung 114 ff. Extremierungsziele 53 Extremumprinzip, generelles 12 f. F Factoring 171 faktische Informationen 302 faktischer Konzern 90 Faktoreinsatzbeziehungen 127, 130 f. Faktorfunktion 133 faktortheoretischer Ansatz 26 ff. Fehlmengen 118 Feldtheorie 34 Fertigungsgemeinkosten 206 f. fiktive Informationen 302 Finance Leasing 166 f. Financial Futures 173 Financial Options 172 f. Financial Swaps 173 f. Finanzbuchhaltung 235 ff. Finanzholding 91 Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten 168 ff. Finanzierung aus Forderungsverkauf 171 Finanzierung aus Kapitalfreisetzung 168 Finanzierung aus Rückstellungen 160 Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten 168 f. Finanzierung aus Veräußerungsmaßnahmen 170 f. Finanzierung 158 ff. Finanzierungsarten 159 ff. Finanzplan 247 Firma 13 First-come-first-served 266 First mover advantage 138 f. First-to-market-Strategie 138 f. Fit, strategischer 83 fixe Gemeinkosten 219 <?page no="321"?> 321 r e G I s t e r fixe Kosten 132 f. Fixkostendeckungsrechnung, stufenweise 216 f. Fixkostenproportionalisierung 210 Flexibilität 277, 279 ff., 289 flexible Plankostenrechnung 209 f. flexible Planung 258 Fließproduktion 121 f. fokale Unternehmung 87 Folgerstrategie 138 f. Follow-the-leader-Strategie 138 f. Formalwissenschaften 15 Formalziele 52 ff. Form-Kaufmann 235 Franchisesystem 152 Free-rider-Effekt 139 Freiverkehr 164 Fremdfinanzierung 160 Fremdkapital 223 funktionale Organisation 280 Funktionen des Jahresabschlusses 246 ff. Funktionslehren 17 Funktionsmeisterprinzip 283 Fusion 91 Fusionskontrolle 94 G Gegenkulturen 293 Gegenstromprinzip 125 Gegenstromverfahren 258 Geldvermögen 200 f. Gemeinkosten 203, 219 -, echte 203 -, fixe 219 -, unechte 203 -, variable 219 Gemeinkostenverrechnung 208 Gemeinsames Entscheiden 277 Generalnorm 231, 241 Generalunternehmerschaft 84 Generalversammlung 80 generelles Extremumprinzip 12 f. Gesamtkostenabweichung 219 f. Gesamtkostenverfahren 227 f., 230 f. Geschäftsvorfall 236 -, erfolgsneutraler 238 f. -, erfolgswirksamer 241 geschlossenes Entscheidungsfeld 253 Gesellschaft des bürgerlichen Rechts 74, 84 Gesellschaft mit beschränkter Haftung 76 Gesetz der Massenproduktion 98 f. Gesetz der Minderschätzung zukünftiger Zahlungen 183 Gesetzesauslegung 243 f. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 94 ff. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 91 ff. gesetzliche Rücklage 77 Gewerbebetrieb 235 Gewinnermittlung 226 Gewinnrücklagen 77 Gewinnschuldverschreibung 165 Gewinn- und Verlustrechnung 222, 227 f., 247 Gewinnvergleichsrechnung 179 f. Gini-Koeffizient 101 ff. Gläubigerschutz 236 Gleichordnungskonzern 90 Gliederungszahlen 262 GmbH & Co. KG 79 Goldene Regel 297 Goodwill-Verlust 141 Gozintograf 113 grammatikalische Auslegung 244 Gremien 278, 286 Grenzausgaben 198 Grenzkosten 133 Grenzkostenrechnung 216 ff. Grenzkostensätze 218 Grenzplankostenrechnung 217 ff. Grenzproduktivität 128 Großserienproduktion 121 Grundkapital 77 Grundkosten 199 Grundnutzen 136 Grundrechnung der Kosten 221 Grundsatz der Vollständigkeit 222 Grundsatzentscheidungen 64 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 234 f., 241 ff., 247 Grundstruktur der Kostenrechnung 203 Gründungshandlungen 65 Gruppenentscheidungen 277 f. Gruppenorganisation 286 Güter 10 H Handelsbilanz 226 Handelsgewerbe 74, 235 Handelsregister 74 Handelsunternehmung 152 f. Häufigkeit 41 f. <?page no="322"?> 322 r e G I s t e r Hauptkultur 293 Hauptprozesse 211, 213, 215 f. Herfindahl-Index 100 f. Hermeneutik 242 Herstellkosten 208 heterarchische Netzwerke 87 heterogene Kostenverursachung 219 Heuristiken 266 f. Hidden actions 44 Hidden characteristics 44 Hidden informations 44 Hidden intention 45 Hierarchie 276 Hierarchiekosten 38 ff. Holding 91 Hold up 40, 45 Hollow Organization 89 homogene Kostenverursachung 218 homo oeconomicus 29, 36, 43 Homorphie 19 horizontale Vernetzung 287 Human-Relations-Bewegung 32 hybride Koordinationsformen 42 Hygienefaktoren 33 Hyperwettbewerb 50 I Identitätsprinzip der Kostenzurechnung 220 immaterielle Vermögensgegenstände 235 Indexzahlen 262 indirekter Vertriebsweg 153 Industrieobligationen 165 Industrieschuldverschreibungen 165 Inflation 185 Informationen -, faktische 302 -, fiktive 302 -, normative 302 -, prognostische 302 Informationsasymmetrie 43 f. Informationsforen 286 Informationsfunktion 263 Inhaberaktie 77 Innenfinanzierung 162, 168 ff. Innengesellschaft 75 innerbetrieblicher Leistungsverbund 278 Innovationsfunktion 49 Insolvenzordnung 67 Instanz 275 institutionenökonomische Ansätze 36 ff. Instrumentalbeziehungen 55 Interdependenzbeziehungen 54 f. Interdependenzen 278 International Financial Reporting Standards 227 Interne-Zinsfuß-Methode 188 ff. Interpretationsfunktion 232 Interpretationsmodelle 21 Inventar 233 ff. Inventurformen 233 Inventurverfahren 234 f. Investitionsbegriff 175 Investitionsprogrammentscheidungen 177 Investitionsprozess 175 f. Investitionsrechnung 176 ff. Investment Center 281 Isomorphie 19 Isoquanten 127 Ist-Kaufmann 74, 235 Istkostenrechnung 209 J Jahresabschluss 222 Jahresfehlbetrag 228 Jahresüberschuss 228 Job Enlargement 279 Job Enrichment 279 Job Rotation 280 Joint Ventures 89 K Kalkulation 207 Kalkulationszinssatz 183, 186 f., 190 kalkulatorische Kosten 199 f. Kann-Größen basierte Vergleiche 304 Kannibalisierungseffekte 140 Kann-Kaufmann 74, 235 Kapazitätserweiterungseffekt 170 Kapitalabfluss 159 Kapitalbeschaffung 158 Kapitalerhöhung 78 f. Kapitalflussrechnung 247 f. Kapitalfreisetzung 159 Kapitalfreisetzungseffekt 170 Kapitalgesellschaft 76 ff. Kapitalherabsetzung 79 Kapitalrentabilität 263 Kapitalumschichtung 158 Kapitalumschlag 262 Kapitalwert 190 Kapitalwertfunktion 189 f. Kapitalwertmethode 183 ff., 188, 192 f. Kapitalwiedergewinnungsfaktor 188 Kartell 89 <?page no="323"?> 323 r e G I s t e r Kassakurs 164 Kaufmann 13, 74, 222, 235 Kaufmann kraft Eintragung 74 Kaufmann kraft Rechtsscheins 74 Kausalmodelle 21 Kennzahlen 261 ff. Kennzahlensystem 55, 261 ff. Kollegien 286 Kommanditgesellschaft 75 Kommanditgesellschaft auf Aktien 79 Kommissionen 286 Kommunikationsmedien 150 Kommunikationspolitik 149 ff. Konsortium 84 Konstitutive Entscheidungen 63 ff. Konsumentenrenten 147 Konten 202 Kontokorrentkredit 166 Kontrollbedürftigkeit 304 Kontrolle 110, 298 ff. -, eindimensionale 300 f. -, mehrdimensionale 301 -, strategische 306 ff. Kontrollfeld 300 Kontrollkapazität 305 Kontrollklima 301 Kontrollobjekte 300, 304 Kontrollschwerpunktbildung 304 ff. Kontrollspielraum 279 Kontrollträger 300 Kontrollverfahren 300 Kontrollzeitpunkte 300 Konversionen 58 f. Konzentration 97 ff. Konzentrationsmessung 99 ff. Konzentrationsrate 100 Konzernabschluss 247 Konzernbilanz 227 Konzern 89 ff. Kooperationen 83 ff. Koordination 275 f. Koordinationsfunktion 49, 263, 292 Kopplungsverkauf 147 Korrekturbuchungen 241 Korrekturfunktion 232 Kosten 197 ff. -, entscheidungsrelevante 210 -, fixe 132 f. -, kalkulatorische 199 f. -, variable 132 f. Kostenartenrechnung 202 f., 220 Kostenerfassung 201 Kostenfunktionen 132 Kostenisoquante 131 Kosten-Nutzen-Analyse 271 kostenoptimale Bestellmenge 116 f. Kostenrechnung 201 ff. -, Grundstruktur der 203 Kostenrechnungssysteme 209 ff. Kostensammelbogen 221 Kostenstellenrechnung 202 f., 213, 220 Kostenträgerrechnung 202 ff., 220 Kostenträgerstückrechnung 202 Kostenträgerzeitrechnung 202 Kostenvergleichsrechnung 178 f. Kostenverteilung 201 Kostenverursachung -, heterogene 219 -, homogene 218 Kreativität 254 f. Kreativitätstechniken 269 Kreditfähigkeit 164 Kreditfinanzierung 160, 164 ff. Kreditwürdigkeit 164 f. Kriterien der Rechtsformwahl 73 Kulturebenen 291 Kulturwandel 294 f. Kumulationsthese 34 Kundenanzahlung 166 Kundenbindung 153 kürzeste Operationszeit 266 Kybernetik 23 L Lagebericht 247 Lagerhaltungskosten 117 laterale Vernetzung 287 Leapfrogger 141 Leasing 166 ff. Lehre der Gesetzesauslegung 242 Leistungen 199 Leistungsbündel 136 leistungsmengeninduzierte Teilprozesse 213 leistungsmengenneutrale Teilprozesse 213 leistungswirtschaftliche Grundfunktionen 105 ff. Leitlinien zum Aufbau des Anhangs 233 Lenkungsausschuss 286 Leontief-Produktionsfunktion 130 f. Leverage-Effekt 160 f. Lieferantenauswahl 110 f. Lieferantenbeurteilung 110 f. Lieferantenkredit 166 <?page no="324"?> 324 r e G I s t e r limitationale Faktoreinsatzbeziehungen 130 f. linear-limitationale Produktionsfunktion 130 f. Linking pins 287 Liquidation 66 f. Liquidationserlös 179, 183, 186 Liquiditätsbilanz 226 Lock-in-Situation 40 Logistik 107 f. Lohmann-Ruchti-Effekt 170 f. Lombardkredit 166 Lorenzkurve 101 f., 109 lösungsdefektes Problem 253 M Makler 152 Management-Buy-out 65 f. Managementholding 91 Markenfamilien 146 Markenmanagement 145 Marketing 135 ff. Marketing-Mix 136 ff. Marktanteil 98 Marktbenutzungskosten 38 Markteinführungsstrategie 138 Markteintrittsbarrieren 139 marktorientierte Produktion 121 Marktsegmentierung 150 Marktstruktur 98 Maßgeblichkeitsprinzip 246 f. Materialbedarfsplanung 112 ff. Materialgemeinkosten 206 Materialwirtschaft 106 f. materialwirtschaftliches Optimum 107 Matrix-Diamant 285 Matrixorganisation 284 ff. Maximumprinzip 12 f. mechanistischer Typ 288 Mediawerbung 150 mehrdimensionale Kontrolle 301 Mehrfachproduktion 123 Mehrliniensystem 283 f. Meldemenge 118 Meliorisierungsziele 53 mengenmäßige Arbeitsteilung 278 f. Metakontrolle 300 Methode 635 270 Methode der vollständigen Finanzpläne 192 ff. Methode des morphologischen Kastens 270 f. Methodischer Individualismus 36 Mezzanine-Finanzierung 167 f. Minimalkostenkombination 131 Minimumprinzip 12 f. Mischgründung 65 mittelbare Beschaffungskosten 117 Modell 18 ff. monetärer Grenznutzen 198 Monitoring 45 Moral hazard 44 Motivationsfunktion 292, 300 Motivationstheorien 32 ff. Motivatoren 33 N nachfrageorientierte Produktion 121 nachgelagerte Stichtagsinventur 233 Namensaktie 77 Nennwertaktie 77 Net Operating Profit After Tax 56 f. Nettoreichweite 150 Nettovermögen 201 Netzplantechnik 263 ff., 306 Netzwerke 85 ff. -, heterarchische 87 -, hierarchische 86 -, strategische 87 Neukundenakquisition 153 neutraler Aufwand 199 Newton-Iteration 190 f. Normalkostenrechnung 209 normative Informationen 302 Not invented here (NIH) Syndrom 296 Nutzen 136 Nutzungsdauer 179, 186 Nutzwertanalyse 71 O objektive Theorie 243 Objektprinzip 281 offene Handelsgesellschaft 74 ökonomisches Prinzip 12 f. Operate Leasing 167 operative Planung 257 f. opportunistisches Verhalten 41 Opportunitätskosten 11, 198 Optimierung 272 f. Ordnungssystem 263 Organigramm 276 Organisation 273 ff. -, divisionale 281 -, funktionale 280 <?page no="325"?> 325 r e G I s t e r Organisationsbegriff 273 f. Organisationskultur 291 ff. organisatorischer Wandel 294 ff. organischer Typus 289 P Partialplanung 193, 256 f. Partieproduktion 124 Partizipation 288, 297 Partnerschaft 75 Partnerschaftsregister 75 Passivkonto 237 f. Passivtausch 238 Patent 81 Patentgesetz 81 f. Peitschenschlageffekt 155 f. Penetrationsstrategie 146 Pensionsrückstellungen 169 Periodenabgrenzung 225 Periodenerfolg 226 ff., 239 ff. periodenfremder Aufwand 200 permanente Inventur 233 Personengesellschaften 74 ff. persönliche Weisungen 277 Phasen des Ertragsgesetzes 128 f. Pionierstrategie 138 f. Pläne 277 Plankostenrechnung 209 -, flexible 209 f. -, starre 209 Planrevision 252 Planung 250 ff. -, Erscheinungsformen der 255 ff. -, flexible 258 -, operative 257 f. -, rollierende 259 -, starre 258 -, strategische 257 -, sukzessive 256 -, taktische 257 -, unter Sicherheit 256 -, unter Unsicherheit 256 Planungsfehler 301 Planungsprozess 251 ff. Potentialgestaltung 126 Potentialplanung 258 Präferenzbeziehungen 55 Prämarketing 140 Prämissenkontrolle 300 Preisdifferenzierung 148 f. Preiselastizität der Nachfrage 147 f. Preisindizes 185 Preispolitik 146 ff. Preispositionierung 146 Primärbedarf 112 Principal-Agent-Ansatz 43 ff. Prinzip des kürzesten Weisungsweges 283 Prioritätsregeln 266 Privateinlagen 225 f. Privatentnahmen 226 Problem -, bewertungsdefektes 253 f. -, lösungsdefektes 253 -, schlecht strukturiertes 253 -, wirkungsdefektes 253 -, wohlstrukturiertes 253 -, zielsetzungsdefektes 253 Problemdefinition 254 Problemformulierung 254 Problemidentifikation 252 Problemstrukturierung 252 f. Problemzerlegung 252 ff. Produktbegriff 136 Produktbündel 142 Produktbündelung 147 Produktdifferenzierung 142 Produktelimination 143 Produktfeld 126 Produktinnovation 137, 142 Produktion 120 ff. -, auftragsorientierte 121 -, marktorientierte 121 -, nachfrageorientierte 121 Produktionsfaktoren 27, 120 Produktionsfunktion 127 Produktionsfunktion vom Typ A 127 ff. Produktionsfunktion vom Typ B 27 Produktionsinseln 122 f. Produktionskoeffizienten 130 Produktionsmanagement 124 ff. Produktionsmöglichkeitenkurve 11 f. Produktionstheorie 126 ff. Produktionsverbindungshandel 153 Produktlebenszyklus 143 f. Produktpolitik 136 ff. Produktvariation 142 Profit Center 281 Prognoseinstrumente 267 Prognosemodelle 21, 269 Prognosen 22, 260 prognostische Informationen 302 Programme 277 Programmgestaltung 126 <?page no="326"?> 326 r e G I s t e r programmorientierte Bedarfsermittlung 113 f. Programmplanung 258 Projektgruppen 286 Projektionen 260 Prokura 75 Prolongation 158 Prophezeiungen 260 Prozessbezugsgröße 212 Prozessgestaltung 126 Prozesshierarchie 211 Prozesskostenrechnung 210 ff. -, Ablauf der 214 Prozessmanagement 274 Prozessplanung 258 Public Relations 150 f. Publizitätsgesetz 248 Punktbewertungsverfahren 71, 111 Q Qualitätsaudit 111 Qualitätsmanagement 111 Quasiaufwendungen 230 Quasierträge 230 Querschnittsgruppen 287 R rationaler Diskurs 286 Rationalität 250 Rationalprinzip 30 f. Realisationsfehler 301 Realisationskontrolle 300 Realwissenschaften 15 Rechensysteme 262 Rechnungsabgrenzungsposten 223 ff. Rechtsformentscheidung 73 ff. Regelkreis 23 regulierter Markt 163 reife Matrix 285 reine Innengesellschaft 75 Reinvermögen 201 Reinvermögensvergleich 227 Reinvermögensvergleichsrechnung 226 relative Einzelkostenrechnung 216, 220 ff. relative Vorteilhaftigkeit 178 f., 188 Rentabilität 262 Rentabilitätsvergleichsrechnung 180 f. Reporting 45 Reputation 46 Ressourcenverbund 278 Restriktionsverbund 278 Return on Investment 262 Risiko 182, 256 Risikoverbund 278 rollierende Planung 259 Routineplanung 256 Rücklage -, gesetzliche 77 -, satzungsmäßige 77 Rückstellungen 225 S Sachgründung 65 Sachinterdependenzen 278 Sachziel 52 sachzielfremder Aufwand 200 Saldierungsverbot 223, 227 Sale-and-lease-back-Verfahren 167 Sanierung 66 Satisfizierungsziele 53 Satisifizierung 31 satzungsmäßige Rücklage 77 Schätzverfahren 116 schlecht strukturiertes Problem 253 Schlupfzeitregel 266 Schlussbilanz 237 f. schöpferische Zerstörung 50 Schuldscheindarlehen 165 Scientific Management 283 f. Screening 45 Segmentberichterstattung 248 Segmentbildungsfunktion 153 Sekundärbedarf 112 Selbstabstimmung 277 Selbstfinanzierung 159, 162, 168 Selbstkosten 208 selbststeuernde Gruppe 279 Serienproduktion 123 Shareholder-Value-Ansatz 56 ff. Sicherheitsbestände 119 f. Signaling 45 Simultanplanung 256 Skimmingstrategie 146 Snob-Effekt 145 SOBC-Modell 34 Soll-Ist-Abweichungen 252 Soll-Ist-Vergleich 110, 218, 303 Soll-Soll-Vergleich 304 Soll-Wird-Vergleich 303 f. Sonderbilanz 227 SOR-Paradigma 34 Sortimentsbildungsfunktion 153 soziale Lerntheorie 35 Sparten 281 <?page no="327"?> 327 r e G I s t e r Spezialisierung 276 Spezielle Betriebswirtschaftslehren 16 f. Spezifität 40 Sponsoring 151 Stab 275 Stab-Linie-Organisation 282 Staffelform 235 Stakeholder-Value-Konzept 60 Stammaktie 78 Stammhauskonzern 90 Standortentscheidung 68 ff. Standortfaktor 68 ff. Standortspaltung 68 Standortverlagerung 68 starre Plankostenrechnung 209 starre Planung 258 Start-ups 65 Stellen 275 Stetigkeitsprinzip 227 Steuerbilanz 226 Steuerung 24 Stichtagsinventur 233 stille Gesellschaft 75 Strategie 290 Strategieimplementierung 307 f. Strategische Allianzen 84 strategische Durchführungskontrolle 307 f. strategische Kontrolle 306 ff. strategische Netzwerke 87 strategische Planung 257 strategische Prämissenkontrolle 307 strategischer Fit 83 strategische Überwachung 307 f. Structure follows Fashion 291 Structure follows strategy 290 Strukturmängel 253 Stückaktie 77 Stückkosten 132 ff. stufenweise Fixkostendeckungsrechnung 216 f. subjektive Theorie 243 Subkulturen 292 f. Substitutionalität 127 sukzessive Planung 256 Supplementinvestitionen 182 Synergieeffekte 80 f. System 22 System der doppelten Buchführung 236 f. System of Financial Control 263 System sich überlappender Gruppen 287 systemtheoretischer Ansatz 22 ff. T taktische Planung 257 Tätigkeitsanalyse 213 f. Tätigkeitsspielraum 279 teilautonome Arbeitsgruppe 279 Teilefamilien 122 Teilmatrixorganisation 285 Teilprozesse 211 ff. -, leistungsmengeninduzierte 213 -, leistungsmengenneutrale 213 Teilschuldverschreibung 165 teleologische Auslegung 243 Tertiärbedarf 112 Theorie -, objektive 243 -, subjektive 243 Theorie der immanenten Gesetzesdeutung 243 Theorie der Verfügungsrechte 37 f. Theorie des Anspruchsniveaus 30 f. Theorie des beschränkten Rationalverhaltens 31 Three step Procedure 297 Tochtergründungen 65 Totalplanung 193, 256 Transaktionskosten 36, 38 ff. Transaktionskostenansatz 38 ff. Transformationskurve f. 11 f. Turn Around 66 U Überleitungsrechnung 226 Umlaufvermögen 223 Umsatzkosten 230 Umsatzkostenverfahren 227 f., 230 f. Umsatzrentabilität 262 Umsystem 22 unechte Gemeinkosten 203 Ungewissheit 256 unmittelbare Beschaffungskosten 117 Unsicherheit 40 f., 48 Unternehmerfunktionen 47 f. Unternehmung 13 f. -, fokale 87 Unternehmungsgründung 64 ff. Unternehmungskonzentration 98 Unternehmungskultur 291 ff. Unternehmungszusammenschlüsse 80 ff. Unterordnungskonzern 90 Unterproblembildung 253 <?page no="328"?> 328 r e G I s t e r V variable Gemeinkosten 219 variable Kosten 132 f. Varietät 26 Veblen-Effekt 145 Verbrauchsabweichung 219 verbrauchsorientierte Bedarfsermittlung 114 Verfügungsrechte 37 Vergleichsformen 301 ff. Vergleichsmarktkonzept 93 Vergleichsobjekte 301 f. Verhaltensinterdependenzen 278 verhaltenswissenschaftlicher Ansatz 31 ff. Verhältniszahlen 262 Vermögensbilanzen 226 Vermögensgegenstände, immaterielle 235 Vermögensumschichtung 159, 162 Vernetzung -, horizontale 287 -, laterale 287 -, vertikale 287 Verrechnungspreise 42, 186 Verrechnungssätze 203 Verrichtungsmeister 283 Verrichtungsprinzip 105, 280 Verschuldungsgrad 161 Versorgungslücke 119 vertikale Vernetzung 287 Vertragshändler 151 f. Vertragskonzern 90 Vertrauen 46, 294 Vertreterversammlung 80 Vertriebsgemeindekosten 207 Vertriebsgemeinkosten 206 Vertriebslogistik 154 Vertriebsorgane 151 f. Vertriebswege 153 -, direkte 153 -, indirekte 153 Verursachungsprinzip 198 Verwaltungsgemeinkosten 206 f. Vinkulierte Namensaktie 78 virtuelle Unternehmung 87 VOFI-Methode 192 ff. vollkommener Kapitalmarkt 183 f. Vollkostenrechnung 209 vollständige Enumeration 266 Vorankündigungen 140 f. Voraussagen 260 Vorgangsknotennetze 263 Vorgangspfeilnetze 263 Vorrangregelverfahren 266 Vorstand 76 Vorteilhaftigkeit -, absolute 178 f., 188 -, relative 178 f., 188 Vorzugsaktien 78 W Wandelanleihen 165 Wechseldiskontkredit 166 Weighted Average Cost of Capital 57, 187 Werbung 137 Werkstattproduktion 121 wertorientierte Unternehmungsführung 56 ff. whipsaw effect 155 f. Widerstände 295 f. Wiederbeschaffungszeit 119 Wiedergewinnungszeit 181 Willenstheorie 243 wirkungsdefektes Problem 253 Wirtschaftlichkeitsprinzip 12 f. Wirtschaftswissenschaften 15 Wirtschaftszweiglehren 17 wohlstrukturiertes Problem 253 Z Zeitpräferenz 183 Zentralbereiche 281 Zentrenproduktion 122 f. Zielbildungsprozess 60 f. Zielbündel 54 Ziele 52 Zielharmonisierung 46 Zielhierarchie 55 Zielindifferenz 54 Zielkomplementarität 54 Zielkonkurrenz 55 zielsetzungsdefektes Problem 253 Zielsystem 55 Zielverbund 278 Zielvorgabe 277 Zusatzkosten 199 f. Zusatznutzen 137 Zuschlagskalkulation 207 f. Zweckaufwand 199 f. Zweifaktorentheorie 33 <?page no="329"?> 329 Glossar Abschreibungen Mit Hilfe der Abschreibungen werden Wertminderungen der Aktiva zum Ausdruck gebracht. Sie erfassen den Werteverzehr von Gütern. Generell wird zwischen linearen, degressiven, progressiven Abschreibungen sowie Leistungsabschreibungen (variable Abschreibungen) unterschieden. Bei den linearen Abschreibungen wird jährlich ein gleichbleibender Abschreibungsbetrag verrechnet. Bei den degressiven Abschreibungen ist zu unterscheiden zwischen geometrisch degressiven und arithmetisch degressiven Abschreibungen. Bei geometrisch degressiven Abschreibungen wird ein jährlich gleichbleibender Abschreibungssatz vom jeweiligen Restbuchwert berechnet. Bei arithmetisch degressiven Abschreibungen nehmen die Abschreibungen jährlich um einen konstanten Betrag ab. Bei der progressiven Abschreibung handelt es sich um die Umkehrung der degressiven Form, d. h., die Abschreibungsbeträge nehmen im Zeitablauf zu. Bei der Leistungsabschreibung ist der jährliche Abschreibungsbetrag abhängig von der jährlichen Inanspruchnahme in Relation zum Gesamtnutzungspotential. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden folglich nach den mit dem betreffenden Anlagegut pro Jahr erstellten Leistungen (z. B. Stückzahl, gefahrene Kilometer) verteilt. Börse Regelmäßiger, organisierter Markt für vertretbare (fungible) Werte. Eine übliche Untergliederung ist die Einteilung in Waren-, Devisen- und Wertpapierbörsen. <?page no="330"?> 330 Glossar Delphi-Methode Hierbei handelt es sich um ein Verfahren zur Informationsgewinnung auf der Grundlage strukturierter Gruppenbefragungen. Als wesentliche Merkmale der Delphi-Methode sind zu nennen: Anonymität der Teilnehmer, iterative Befragung mit kontrollierter Rückkoppelung und darstellende Gruppenantwort durch statistische Kennzahlen Die Anonymität soll die Nachteile einer offenen Gruppendiskussion vermeiden (z. B. Dominanz einzelner Gruppenmitglieder, Trend zur Gruppenkonformität und Zurückhalten von konstruktiven Ergänzungen). Bei der Delphi-Methode sind die folgenden Schritte zu durchlaufen: Auswahl der zu befragenden Experten, erste Befragung, in der das Problem, meist zerlegt in Einzelfragen, den Experten zur Stellungnahme vorgelegt wird, erste Analyse, in der die Antworten der Experten durch ein Projektteam zusammengefasst, verglichen und (statistisch) ausgewertet werden, Bekanntgabe der Ergebnisse der ersten Befragung mit einer sich anschließenden zweiten Befragung, zweite Analyse der Befragungsergebnisse, Ergebnisformulierung Diffusion Hierunter ist ein kumulativer Vorgang der Ausbereitung materieller und immaterieller Objekte in sozialen Systemen innerhalb eines Zeitabschnittes zu verstehen. Ziel der Diffusionsforschung ist es dabei, diesen Verbreitungsprozess zu messen und die Faktoren herauszuarbeiten, die den Verlauf des Diffusionsprozesses beeinflussen. Zur Abbildung von Diffusionsverläufen wurde eine Vielzahl von Modellen entwickelt, die trotz aller Unterschiede im Detail von der Fragestellung ausgehen, welche Einflussgrößen (Parameter) für den Diffusionsverlauf von Bedeutung sind. Wird das Aggregationsniveau der <?page no="331"?> Glossar 331 Modellierung als Unterscheidungskriterium herangezogen, dann kann grundsätzlich zwischen mikro- und makroökonomischen Modellen unterschieden werden. Bei den mikroökonomischen Diffusionsmodellen wird unterstellt, dass sich der Diffusionsverlauf aus der Summe der individuellen Adoptionsentscheidungsprozesse ergibt, wobei markante Muster entstehen können. Makroökonomischen Diffusionsmodellen liegt die Annahme zugrunde, dass Diffusionsverläufe einem markanten Muster folgen, das das Ergebnis des durchschnittlichen Entscheidungsverhaltens der Individuen einer Population (oder mehrerer Subpopulationen) widerspiegelt. Die zugrundeliegenden individuellen Entscheidungsprozesse werden dabei nicht explizit berücksichtigt. Ein relativ großes Segment bilden dabei Differentialgleichungsmodelle, die aufgrund ihrer einfachen Struktur und leichten Verständlichkeit auch zur Beantwortung praktischer Fragestellungen herangezogen werden. durchschnittlich gebundenes Kapital Das durchschnittlich gebundene Kapital kann unterschiedlich ermittelt werden: Wird eine über die Zeit linear fallende Kapitalbindung unterstellt und davon abstrahiert, dass Liquidationserlöse abtreten, dann lässt sich die durchschnittliche Kapitalbindung wie folgt ermitteln: Anschaffungskosten 2 . Wird zusätzlich der Liquidationserlös berücksichtigt, dann ergibt sich die folgende Rechnungsformel: Anschaffungsausgaben + Liquidationserlös / 2. Wird von einem stufenweisen Verlauf der Kapitalbindung über die Zeit hinweg ausgegangen (Treppenfunktion), dann ergibt sich folgende Berechnungsformel: n + 1 Anschaffungsausgaben 2n Fehlmengen Unterschreitung eines geforderten Bestandes, d. h. die nachfolgende Stelle kann nicht auf die gewünschte Menge oder Qualität am ge- <?page no="332"?> 332 Glossar wünschten Ort und zur gewünschten Zeit zugreifen, wodurch die Gefahr von Lieferterminverzögerungen gegeben ist. FIT Das aus dem Strategischen Management stammende FIT-Konzept (Konzept der strategischen Stimmigkeit) unterstellt, dass zwischen zwei strategischen Komponenten dann ein FIT vorliegt, wenn sich beide Komponenten der intendierten Strategie entsprechend zueinander verhalten. Ergänzend oder alternativ wird auch der sogenannte „Stretch“-Gedanke hervorgehoben, der das Erzeugen einer produktiven Spannung betont, d. h. „Stretch“ wird durch einen Miß-FIT erzeugt. Flexibilität Die Eignung eines Systems, unter wechselnden Bedingungen vorgegebene Ziele zu erreichen oder neue Ziele zu setzen, wird als Flexibilität bezeichnet. Stellen die wechselnden Bedingungen ein Risiko dar, das sich in einer negativen Abweichung von gegebenen Zielen manifestieren kann, dann zeigt sich die Flexibilität in der Fähigkeit, trotz des Risikos die gegebenen Ziele zu erreichen. Während dieser Anpassungsfähigkeit (oder Robustheit) den Defensivcharakter der Flexibilität erfasst, kommt der Offensivcharakter in der Aktionsfähigkeit zum Tragen, die das Vermögen beschreibt, Chancen im Sinne des möglichen Eintritts positiver Zielabweichungen wahrzunehmen. Fließproduktion Sie resultiert aus der Anwendung des Prozessfolgeprinzips, d. h., es erfolgt eine Anordnung der Arbeitsplätze in der Reihenfolge der an den Erzeugnissen zu verrichtenden Arbeitsgänge. Eine solche Anordnung ist nur bei standardisierten Massen- oder Großserienproduktionen zweckmäßig (z. B. Fahrzeugbau). Auf der Grundlage des Kriteriums „zeitliche Abstimmung“ kann weiterhin zwischen Fließproduktion ohne Zeitzwang und Fließproduktion mit Zeitzwang unterschieden werden. Werden hingegen die Ursachen für die Realisation des Pro- <?page no="333"?> Glossar 333 zessfolgeprinzips herangezogen, dann wird zwischen produktionstechnisch bedingter und organisationsbedingter Fließproduktion unterschieden. In Abhängigkeit von der räumlichen Anordnung des Produktionssystems kann zwischen eindimensionalen und mehrdimensionalen Fließproduktionen unterschieden werden. Erfolgt der Transport zwischen den einzelnen Produktionsstellen mit Hilfe von Bändern, dann wird von Fließbandproduktion gesprochen. Genussrechte Bei Genussrechten handelt es sich um Gläubigerrechte, die i. d. R. eine Gewinnbeteiligung (auch am Liquidationserlös) beinhalten. Sie sind an keine Rechtsform gebunden (vgl. im Detail Hölscher 2010, S. 296 ff.). Teilweise wird auch von Partizipationsscheinen gesprochen (vgl. Perridon/ Steiner/ Rathgeber 2012, S. 454). Goodwill Goodwill oder Firmenwert ist die Differenz zwischen Ertragswert und Substanzwert einer Unternehmung. Wenn der Substanzwert aus der Einzelbewertung der betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände in der Unternehmung resultiert, ergibt sich der Ertragswert aus der Gesamtbewertung, d. h., es werden die zukünftig erwarteten Ausschüttungen an die Eigentümer mit einem entsprechenden Zinsfuß diskontiert. Gründe für einen positiven Firmenwert können etwa sein: Verfahrenstechniken, Fähigkeiten der Mitarbeiter, Kundentreue, Standortvorteile, Wert der Organisation einer Unternehmung. Aus bilanzieller Sicht wird zwischen originären (selbst geschaffenen) und derivativen (abgeleiteten) Firmenwert unterschieden. Aktivierungsfähig ist lediglich der originäre Firmenwert. Gozintograf Es handelt sich um einen gerichteten, bewerteten Grafen, dessen Knoten die Produkte, Bauteile und Einzelteile, dessen Kanten das Vorhandensein direkter mengenmäßiger Beziehungen zwischen den Knoten und dessen Kantengewichten, die dabei geltenden Produktionskoeffizienten wiedergeben. <?page no="334"?> 334 Glossar Gruppe Unter einer Gruppe ist eine Mehrzahl von Personen zu verstehen, die ein Wir-Gefühl verbindet und in direkter Interaktion zueinander stehen. Dabei werden drei Personen als Untergrenze angenommen. Demgegenüber ist die Obergrenze der teilnehmenden Personen nicht exakt definiert, sondern sie wird durch die Möglichkeit der direkten Interaktion beeinflusst. Häufig wird eine maximale Gruppengröße zwischen 15 bis 50 Personen angegeben. Gut Mittel (Sachgüter, Dienstleistungen und Mischformen) zur menschlichen Bedürfnisbefriedigung. In der Literatur werden unterschiedliche Güterarten diskutiert. Beispielhaft seien genannt: freie Güter: Die verfügbare Gütermenge ist größer als die Nachfrage nach diesem Gut. knappe (wirtschaftliche) Güter: Die verfügbare Gütermenge ist kleiner als die Sättigungsmenge der Nachfrage. Individualgut: Ein Gut kann zur gleichen Zeit nur von einem Individuum genutzt werden (physische Exklusion) Kollektivgut: Gut, das seinen Nutzen an mehr als ein Individuum abgibt. Damit liegt Nichtrivalität im Konsum vor, d. h. ein Gut kann gleichzeitig von mehreren Nachfragern genutzt werden und es kann keiner von der Nutzung ausgeschlossen werden. meritorisches Gut: Es liegen Rivalität und Ausschließbarkeit im Konsum vor. Handelsregister Öffentliches Register bei den Amtsgerichten, in den Handelsgesellschaften und Vollkaufleuten unter ihrer Firma registriert sind und in dem bestimmte Rechtsvorgänge publiziert werden. Aufgabe ist es, die Öffentlichkeit über wichtige Tatbestände (Firma, Inhaber, Haftung, Geschäftssitz, Prokura) zu unterrichten, und es kann von jedermann gebührenfrei eingesehen werden. <?page no="335"?> Glossar 335 Hygienefaktoren vgl. Motivatoren Innovation In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird zwischen einer ergebnisorientierten und einer prozessualen Definition unterschieden. Ergebnisorientiert kann unter Innovation die erste wirtschaftliche Nutzbarmachung von neuen Produkten und Verfahren oder allgemein ein wirtschaftliches Novum verstanden werden. Grundsätzlich wird zwischen einem subjektiven und einem objektiven Neuheitsbegriff unterschieden. Von einer subjektiven Neuheit wird dann gesprochen, wenn eine Neuerung von einem Individuum oder einer Institution als neu empfunden wird, unabhängig davon, ob diese bereits von anderen angewandt wurde. Bei einer objektiven Neuheit liegt hingegen eine erste Nutzung vor, d. h., es erfolgte vorher noch keine Anwendung. Bei prozessualer Interpretation kann zwischen einer ganzheitlichen (Innovation umschließt alle Phasen des Neuerungsprozesses) und einer phasenbezogenen Auffassung (Innovation umfasst nur die Phase der Durchsetzung einer Neuerung) unterschieden werden. Kannibalisierungseffekt Dieser Effekt tritt bei einem Wechsel der Nachfrager der Produkte einer Unternehmung zu einer neuen Produktvariante auf, d. h., es gibt eine Konkurrenz zwischen den Produkten einer Unternehmung. Kapazität Hierunter ist das Leistungsvermögen einer wirtschaftlichen oder technischen Einheit - beliebiger Art, Größe und Struktur - in einem Zeitabschnitt zu verstehen. Generell ist zwischen qualitativer und quantitativer Kapazität zu unterscheiden. Mit der qualitativen Kapazität werden Art und Güte des Leistungsvermögens erfasst. Als Beispiele seien die präzisionale, dimensionale und variationale Kapazität genannt. Demgegenüber ist unter quantitativer Kapazität das mengenmäßige Leistungsvermögen in einem Zeitabschnitt zu verstehen. <?page no="336"?> 336 Glossar Maßstab ist dabei in der Regel die Ausbringungsmenge pro Zeiteinheit. Kaufentscheidung In der Literatur werden folgende Kaufentscheidungstypen im Allgemeinen unterschieden: extensive, rationale, impulsive und habitualisierte Kaufentscheidungen. Bei extensiven Kaufentscheidungen berücksichtigt der Konsument differenzierte Informationen, und sein Entscheidungsprozess nimmt relativ viel Zeit in Anspruch. Bei rationalen Kaufentscheidungen ist ein hohes kognitives Involvement des Konsumenten gegeben. Entscheidungsrelevant sind dabei insbesondere „objektive“ Informationen. Bei impulsiven Kaufentscheidungen reagiert der Konsument schnell, ohne dabei seine Kaufentscheidung kognitiv zu hinterfragen. Habitualisierte Kaufentscheidungen basieren auf verfestigten Verhaltensmustern. Sie werden gewohnheitsmäßig getroffen. Kennzahlensystem Kennzahlen sind Zahlen, die quantitativ messbare Sachverhalte in konzentrierter Form abbilden. Unter einem Kennzahlensystem wird dann die Zusammenstellung quantitativer, auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichteter Variablen verstanden, die in einer sachlogisch sinnvollen Beziehung zueinanderstehen, einander ergänzen oder erklären. Eines der bekanntesten Kennzahlensysteme ist das DuPont-Kennzahlensystem, das auf die Spitzenkennzahl Return-on- Investment ausgerichtet ist. Konsumentenrente Positive Differenz zwischen der Geldsumme, die ein Käufer bereit wäre, für den Erwerb eines Gutes zu verausgaben und der tatsächlichen Kaufsumme, die niedriger ist, weil er das Gut zu einem vergleichsweise niedrigen Marktpreis erwirbt. Konsumentenrente bedeutet dabei: Einkommensvorteil ohne eigene Leistung. Wir die Sichtweise des Produzenten herangezogen, dann kann eine Produzentenrente <?page no="337"?> Glossar 337 entstehen. Hierunter ist die Differenz zu verstehen, die zwischen dem Marktpreis p und einem Preis p liegt, zu dem ein Anbieter bereit wäre, ein Gut zu veräußern p p . Marktanteil Quotiale Verknüpfung von Absatzvolumen und Marktvolumen: Marktanteil = Absatzvolumen Marktvolumen . Dabei ergibt sich das Marktvolumen aus dem realisierten Umsatz einer Branche oder einer Produktart. Marktstruktur Ein zentrales Merkmal zur Erfassung der Marktstruktur ist die Zahl der Marktteilnehmer auf der Nachfrager- und Anbieterseite. Wird die Anzahl der Anbieter und Nachfrager einander gegenübergestellt, dann ergibt sich ein sogenanntes Marktformenschema (morphologische Marktstruktur). Stehen sich auf einem Markt viele Anbieter und viele Nachfrager gegenüber, dann wird von einer vollkommenen (auch atomistischen) Konkurrenz gesprochen. Stehen wenigen Anbietern wenige Nachfrager gegenüber, dann handelt es sich um ein bilaterales Oligopol. Steht ein Anbieter einem Nachfrager gegenüber, dann liegt ein bilaterales Monopol vor. Stehen einem Anbieter viele Nachfragen gegenüber, dann handelt es sich um ein Angebotsmonopol und wenn wenigen Anbietern viele Nachfragern gegenüberstehen, dann liegt ein Angebotsoligopol vor. In dem Fall, in dem ein Anbieter wenigen Nachfragern gegenübersteht, wird auch von einem beschränkten Angebotsmonopol gesprochen. Stehen viele Anbieter wenigen Nachfragern gegenüber, dann liegt ein Nachfrageoligopol vor und wenn vielen Anbietern nur ein Nachfrager gegenübersteht, dann wird von einem Nachfragemonopol (Monopson) gesprochen. Von einem beschränkten Nachfragemonopol wird dann gesprochen, wenn wenigen Anbietern ein Nachfrager gegenübersteht. <?page no="338"?> 338 Glossar Nachfrager Anbieter einer wenige viele einer bilaterales Monopol beschränktes Angebotsmonopol Angebotsmonopol wenige beschränktes Nachfragermonopol bilaterales Oligopol Angebotsoligopol viele Nachfragermonopol (Monopson) Nachfrageroligopol vollkom m ene (atomistische) Konkurrenz Neben der Zahl der Marktteilnehmer können aber auch andere Merkmale zur Beschreibung der Marktstruktur herangezogen werden, wie etwa der Grad der Produktdifferenzierung, der vertikale Konzentrationsgrad oder der Grad der Offenheit des Marktes. Mehrstimmrechtsaktien Hierbei handelt es sich um Aktien, die mit einem mehrfachen Stimmrecht ausgestattet sind, d. h., das Prinzip der Gleichberechtigung der Aktionäre wird im Hinblick auf das Stimmrecht durchbrochen. Bedeutung erlangen sie z. B. bei der Wahl und der Abberufung der von Aufsichtsratsmitgliedern oder bei der Feststellung des Jahresabschlusses. Bei Beschlüssen, die von der Kapitalmehrheit abhängig sind, sind Mehrstimmrechtsaktien ohne Bedeutung (z. B. Beschlüsse, die den Bestand und die Grundlagen der Gesellschaft betreffen). Monopol vgl. Marktstruktur Motivatoren Im Rahmen der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg, Mausner und Snyderman wird die Arbeitszufriedenheit und -unzufriedenheit durch <?page no="339"?> Glossar 339 zwei Faktorenklassen bestimmt: Hygienefaktoren und Motivatoren. Die Hygienefaktoren thematisieren Erlebnisse, die mit dem Arbeitsumfeld verbunden sind, d. h. extrinsisch (außerhalb der Tätigkeit) sind. Hierzu zählen z. B. das Gehalt, die Beziehung zu Untergebenen, Kollegen und Vorgesetzten sowie Statuszuweisungen. Wenn Hygienefaktoren nicht erfüllt sind, führt das zu Unzufriedenheit. Ihre Erfüllung führt aber nicht zur Zufriedenheit, sondern zu einem neutralen Erlebniszustand, der als Nicht-Unzufriedenheit bezeichnet wird. Zufriedenheit erzeugen dagegen Motivatoren, die überwiegend intrinsische Aspekte der Tätigkeit, d. h. mit der Arbeit unmittelbar verknüpfte Faktoren thematisieren (Leistungserlebnisse, erfahrene Anerkennung, Arbeitsinhalte, Übertragung von Verantwortung, Aufstieg und Selbsterfüllung in der Arbeit). Die Erfüllung dieser Faktoren führt zu Zufriedenheit. Organigramm Dient der grafischen Darstellung der Aufbauorganisation einer Unternehmung. Mit seiner Hilfe lassen sich die Aufgabenverteilung auf die einzelnen Stellen und die vertikalen und horizontalen Beziehungen zwischen Stellen verdeutlichen. Partialplanung vgl. Totalplanung Portfolioanalyse Unter einem Portfolio ist eine zweidimensionale Darstellung in der Form einer Matrix zu verstehen, die einen Zusammenhang zwischen einer von der Unternehmung beeinflussbaren und einer nicht beeinflussbaren Größe wiedergibt. In dieser Matrix werden die strategischen Geschäftseinheiten positioniert, um auf dieser Grundlage die Stärken und Schwächen sowie die Chancen und Risiken einer Unternehmung erkennen zu können. In der Literatur wird eine Vielzahl unterschiedlicher Portfolios thematisiert. Eine bekannte Erscheinungsform ist das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio. Aus- <?page no="340"?> 340 Glossar gangspunkt dieses Portfolios bildet die Überlegung, dass das Marktrisiko umso geringer ist, je höher der relevante Marktanteil der Unternehmung ist. Der relative Marktanteil bildet damit die erste Dimension. Als zweite Dimension wird das Marktwachstum herangezogen. Werden beide Dimensionen in „niedig“ und „hoch“ unterteilt, dann ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix (vgl. hierzu Corsten/ Corsten 2012, S. 148 ff.). Preisabsatzfunktion Sie gibt eine funktionale Beziehung zwischen Preis und Absatzmenge eines Gutes wieder. Produktionsfaktoren Input des Produktionssystems sind die Produktionsfaktoren. Hierunter sind Güter zu verstehen, die im Produktionsprozess kombiniert werden, um andere Güter hervorzubringen. Ein Produktionsfaktor muss dabei generell die drei folgenden Merkmale erfüllen: Gutseigenschaft, Funktion der causa efficiens für das Entstehen eines neuen Gutes und der Einsatz des Produktionsfaktors muss mit einem Güterverzehr verbunden sein. Prognose Eine Prognose ist eine Aussage über ein oder mehrere zukünftige Ereignisse, die auf Beobachtungen und/ oder auf einer Theorie beruht. Die erste Bedingung stellt sicher, dass jede Prognose auf der Analyse der Vergangenheit basiert, d. h. empirisch fundiert sein muss und kein bloßes „Tippen“ sein darf. Die zweite Bedingung erfordert eine sachlogische Begründung der Prognose und die Angabe der Prämissen, unter denen sie abgegeben wird. Dabei muss die zugrundeliegende Theorie nicht unbedingt umfangreich oder detailliert ausgearbeitet sein. Sie dient als Abgrenzungskriterium der wissenschaftlichen Prognose von der irrationalen Prophetie. <?page no="341"?> Glossar 341 Prokura Handelsrechtliche Vollmacht, die zu allen Rechtsgeschäften ermächtigt, die ein Handelsgewerbe mit sich bringt (§ 49 HGB). Sie wird ausschließlich schriftlich oder mündlich durch Vollkaufleute erteilt und zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Die Prokura kann als Einzel- oder Gesamtprokura erteilt werden. Während bei einer Einzelprokura eine Person allein vertretungsberechtigt ist, sind bei einer Gesamtprokura nur mehrere Personen gemeinsam vertretungsbefugt. Rationalität Zielgerichtete Auswahl einer Handlungsalternative auf der Grundlage einer definierten Informationsbasis. Dabei bedeutet „zielgerichtet“, dass der Wahlakt hinsichtlich des zugrundeliegenden Zieles bzw. Zielsystems zur günstigsten Alternative führt. Unterschiedliche Rationalitätsformen ergeben sich in Abhängigkeit vom Wissensspektrum des Handlungsträgers, der Existenz einer normativen Aussage bzgl. des Zieles bzw. Zielsystems und den Bezugsobjekten der Zielerreichung. In Abhängigkeit vom gewählten Wissensspektrum wird zwischen objektiver und subjektiver Rationalität unterschieden. Aus der Existenz normativer Aussagen leitet sich die Differenzierung in formale und substanzielle Rationalität ab. Auf der Grundlage der Bezugsobjekte ergibt sich eine Differenzierung zwischen individueller und kollektiver Rationalität. Rechtsformen des öffentlichen Rechts Hierzu zählen etwa Körperschaften des öffentlichen Rechts, Anstalten des öffentlichen Rechts, Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Regiebetriebe. <?page no="342"?> 342 Glossar Rücklagen Aus bilanzieller Sicht lassen sich Rücklagen allgemein als Eigenkapitalpolster charakterisieren, die das vertraglich fest vereinbarte Eigenkapital übersteigen. Rücklagen werden gebildet und erhöht durch Kapitaleinlagen (Kapitalrücklagen), einbehaltene Gewinne und Wertzuwächse (Gewinnrücklagen). Entnahmen, Ausschüttungen, Verlust- und Wertminderungen führen zum Abbau von Rücklagen. Darüber hinaus wird zwischen offenen Rücklagen und stillen Rücklagen unterschieden. Offene Rücklagen werden auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen und entstehen aus der externen Zuführung von Eigenkapitalteilen oder durch Einbehaltung erwirtschafteter Gewinne (Thesaurierung). Stille Rücklagen (auch als verdeckte oder stille Reserven bezeichnet) sind in der Bilanz nicht ausgewiesen. Sie stellen vielmehr noch nicht realisierte - und damit auch noch nicht versteuerte - Gewinnanteile dar. Saldierungsverbot Erwirbt eine Unternehmung ein Grundstück und belastet dieses mit einer Hypothek, dann darf sie nicht den Bruttowert des Grundstücks mit dem Bruttowert der Hypothek (Darlehen) verrechnen. Es sind vielmehr beide Positionen in der Bilanz separat auszuweisen: das Grundstück als Vermögensgegenstand auf der Aktivseite und das Darlehen als Schuld auf der Passivseite. Dies gilt auch für Aufwendungen und Erträge. Hat eine Unternehmung einen Kredit aufgenommen und hält (bei derselben Bank) festverzinsliche Wertpapiere, dann sind die Zinsaufwendungen und -erträge getrennt zu erfassen. Eine Verrechnung ist nicht zulässig. Snobeffekt Der Nachfrager schätzt ein Gut weniger und senkt dann seine Nachfrage, wenn andere Nachfrager das Gut konsumieren bzw. verstärkt konsumieren. Als Motiv wird insbesondere das Streben nach Exklusivität, d. h. die Abhebung von der breiteren Masse, angeführt. <?page no="343"?> Glossar 343 Strategien Unter Strategien sind Grundsatzentscheidungen zu verstehen, die unter Beachtung der Umweltgegebenheiten und der Unternehmungsressourcen die Erreichung übergeordneter Unternehmungsziele sicherstellen sollen. Die Unternehmungsziele bilden damit den Ausgangspunkt, während die Strategien Mittel der Zielerreichung sind. Strategische Entscheidungen sind nicht nur von besonderer Bedeutung für die Unternehmung, sondern sie sind darüber hinaus äußerst komplex und schlecht strukturiert. Sie dienen der dauerhaften Unternehmungssicherung, d. h., ein Hauptanliegen jeder Strategie ist in der Erschließung und Sicherung von Erfolgspotentialen zu sehen. Substitutionalität Von substitutionalen Faktoreinsatzbeziehungen wird dann gesprochen, wenn die zum Einsatz gelangenden Produktionsfaktoren in keiner festen Relation zum Output stehen. Die unterschiedlichen Mengenkombinationen der Produktionsfaktoren, die zur selben Outputmenge führen, werden mit Hilfe sogenannter Isoquanten erfasst (geometrischer Ort gleicher Outputmengen). Differenzierend kann zwischen partieller, partiell-totaler und totaler Faktorsubstitution unterschieden werden. SWOT-Analyse Sie stellt eine Heuristik dar, die der Formulierung einer Strategie dient, die darauf abzielt, Stärken zu nutzen und Schwächen zu vermeiden (vgl. Corsten/ Corsten 2012, S. 145 ff.). Szenarioanalyse Der Begriff „Szenario“ ist der Bühnensprache entlehnt. Ziel der Szenarioanalyse ist der Entwurf unterschiedlicher Zukunftsbilder (kreativer Entwurf alternativer Zukünfte) bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Ausgangspunkt der Szenarien ist die derzeitige Situation, von der aus - ähnlich einem Gedankeninstrument - Schritt für Schritt die zukünftige Entwicklung als eine logische Abfolge von Ereignissen <?page no="344"?> 344 Glossar deduziert wird. Bei der Beschreibung der Ausgangssituation ist zu beachten, dass von einer vernünftigen Ansicht über die gegenwärtige Lage ausgegangen wird, um so der Gefahr entgegenzuwirken, das Wunschdenken in die Erstellung der Szenarien einfließt. Szenarien sind damit systematisch erstellte und nachvollziehbare, mögliche Zukunftsbilder (vgl. hierzu Corsten/ Gössinger/ Schneider 2006, S. 295 ff.) Tilgungsmodalitäten Die Rückzahlung eines Kredites setzt sich aus Tilgungs- und Zinszahlungen zusammen (sogenannter Kapitaldienst). Es lassen sich die drei folgenden Standortformen unterscheiden: Ratentilgung: Sie liegt vor, wenn periodisch konstante Tilgungsbeträge anfallen. Die Restschuld am Periodenende (z. B. Jahresende) verringert sich damit um einen konstanten Betrag. Da sich die Zinsen auf die zum Jahresbeginn bestehende Restschuld beziehen, verringert sich der Zinsaufwand jährlich um einen konstanten Betrag. Annuitätentilgung: Hierbei liegen periodisch (jährlich) konstante Zahlungsverpflichtungen (Annuität), bestehend aus Zins- und Tilgungsanteil vor. Zu Beginn der Kreditzinstilgung werden Zinsen auf die gesamte Schuld entrichtet und nur der verbleibende Restbetrag wird zur Kredittilgung herangezogen. Mit fortschreitender Tilgung sinken die Zinslasten, während die Beträge zur Kredittilgung steigen. Endfällige Tilgung: Hierbei wird die Kreditsumme über die Laufzeit nicht gemindert, sondern die Tilgung der Kreditsumme erfolgt am Ende der Laufzeit in Höhe der Anfangsschuld. Während der Kreditlaufzeit sind lediglich Zinszahlungen zu entrichten. Totalplanung Auf der Grundlage des Kriteriums „Planungsumfang“ wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur zwischen Total- und Partialplanung unterschieden. Von einer Totalplanung wird dann gesprochen, wenn <?page no="345"?> Glossar 345 die Planung alle Funktionsbereiche einer Unternehmung und die gesamte Lebensdauer der Unternehmung umfasst. Eine solche Vorgehensweise scheitert bereits daran, dass der Liquidationszeitpunkt einer Unternehmung in aller Regel nicht bekannt ist. Ein weiteres Hindernis ist in der hohen Modellkomplexität zu sehen. Demgegenüber erfasst eine Partialplanung nur einen Teilbereich der Unternehmung und/ oder einen verkürzten zeitlichen Horizont. Eine Partialplanung ist damit nicht in der Lage, allen sachlichen und zeitlichen Interdependenzen zwischen den relevanten Bereichen Rechnung zu tragen. Hierbei ist es aber von zentraler Bedeutung, zumindest die wesentlichen Interdependenzen zwischen dem abgegrenzten Planungsobjekt und der Unternehmung zu erfassen (vgl. hierzu ausführlich Adam 1996, S. 93 ff.). Typologie Um die Vielzahl realer Erscheinungsformen zu ordnen und überschaubar zu machen, werden Typologien gebildet. Ein Typus stellt dann einen Repräsentanten einer Gruppe von realen Phänomenen dar, die dadurch charakterisiert sind, dass sie bestimmte gemeinsame Merkmale aufweisen. An eine Typologie werden die folgenden Anforderungen gestellt: Echtheit: Es müssen mindestens zwei nichtleere Unterklassen existieren. Vollständigkeit: Die zu betrachtenden Objekte müssen vollständig erfasst werden; ein Element der Ausgangsklasse muss in einer Unterklasse enthalten sein. Eindeutigkeit: Ein Element darf nicht in zwei oder mehr Unterklassen eingeordnet werden. (Die Unterklassen müssen disjunkte Mengen sein.) Veblen-Effekt Der Nachfrager misst einem Gut einen umso höheren Nutzen bei, je höher der Preis dieses Gutes ist (auffälliger Konsum). <?page no="346"?> 346 Glossar Verrechnungspreise Sie dienen der Verrechnung der Leistungen, die zwischen Unternehmungsbereichen ausgetauscht werden. Sie sind entweder das Ergebnis durchgeführter Verhandlungen zwischen Anbieter und Nachfrager innerbetrieblicher Leistungen, oder sie werden durch eine zentrale Entscheidungsinstanz verbindlich vorgegeben. Bei der Fixierung der Verrechnungspreise können Marktpreise als Referenzpreise (korrigiert um Beschaffungsnebenkosten etc.) herangezogen werden. Liegen keine Marktpreise vor, dann kann eine kosten- oder nutzenorientierte Bewertung der Leistung vorgenommen werden. Vollmacht Das Recht, in fremden Namen Rechtsgeschäfte abzuschließen (§ 164 (1) BGB). Sie kann nach § 167 BGB schriftlich, mündlich oder - mit Ausnahme der Prokura - auch stillschweigend erteilt werden, d. h., es reicht aus, dass aus Sicht des Erklärungsgegners nach den allgemeinen Auslegungsregeln der Wille erkennbar wird, eine Vollmacht zu erteilen. Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist namentlich im Handels- und Gesellschaftsrecht der Umfang gesetzlich festgelegt. § 54 (1) HGB sieht folgende Formen neben der Prokura vor: Die Generalhandlungsvollmacht, die Spezialhandlungsvollmacht und die Arthandlungsvollmacht; ihr Umfang ist beschränkbar, wenn diese Schranken dem Dritten bekannt sind oder er sie erkennen muss (§ 54 (3) HGB). Wettbewerbsstrategien Wettbewerbsstrategien beziehen sich auf die Ebene der strategischen Geschäftseinheiten (auch Geschäftsfeldstrategien genannt). Die wettbewerbsstrategische Diskussion wurde durch Porter (2008, S. 71 ff.) maßgeblich geprägt. Ziel der Wettbewerbsstrategie ist es, dass eine Unternehmung sich so im Markt positioniert, dass sie sich gegen Wettbewerbskräfte bestmöglich verteidigen oder diese zum eigenen Vorteil beeinflussen kann. <?page no="347"?> Glossar 347 Dabei kann der Markt in unterschiedlicher Weise bedient werden, wobei generell zwischen Hochpreissegmenten und Niedrigpreissegmenten zu unterscheiden ist. Werden die Kriterien angestrebt als strategischer Wettbewerbsvorteil und Breite der Marktabdeckung herangezogen, dann lassen sich nach Porter die folgenden generischen Wettbewerbsstrategien unterscheiden: Kostenführerschaftstrategie, Differenzierungsstrategie und Konzentration- oder Nischenstrategie. Ziel der Kostenführerschaftstrategie, als auch Preisführerschaft bezeichnet, ist die Minimierung der realen Stückkosten bei angemessener Qualität der Leistung, d. h. der marktübliche Standard muss betrachtet werden. Demgegenüber verfolgt eine Unternehmung eine Differenzierungsstrategie, wenn sie eine Leistung anbietet, die seitens der Nachfrage als einzigartig wahrgenommen wird (z. B. überlegene Produktqualität). Bei der Konzentrations- oder Nischenstrategie werden die gleichen Vorteilstypen thematisiert, wobei die zugrundeliegende Branche segmentiert wird, so dass sich entsprechende Abnehmergruppen ergeben. Zeitreihe Beobachtungen der Vergangenheit liegen häufig in der Form von Zeitreihen vor. Es handelt sich um eine Menge von Beobachtungswerten, die im gleichen zeitlichen Abstand aufeinander folgen. Zufallsvariable Realisationen einer Zufallsvariablen werden mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion f (x) (Wahrscheinlichkeitsverteilung) der Zufallsvariablen X erfasst. Damit gibt die Wahrscheinlichkeitsfunktion für jede Zufallsvariablenausprägung die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens an. Sie muss die folgenden Eigenschaften besitzen: i f x 0 i = 1, 2, … <?page no="348"?> 348 Glossar und i i f (x ) . 1 Demgegenüber gibt die Verteilungsfunktion F (x) die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine Zufallsvariable X den Wert x nicht übersteigt: F (x) P (X x).
