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Marketing

Theorie und Praxis

0326
2018
978-3-8385-4990-3
978-3-8252-4990-8
UTB 
Elisabeth Fröhlich
Sascha Lord
Kristina Steinbiß
Torsten Weber

Marketing ist allgegenwärtig! Es begegnet Ihnen im Supermarkt, in Onlineshops und in sozialen Medien. Doch was steckt konkret hinter dem Marketing und wie gestalten Unternehmen es erfolgreich? Auf diese und weitere Fragen geht das Buch im Detail ein. Zu Beginn vermittelt es Grundlagen zum Konsumentenverhalten, zum Kaufprozess und zur persönlichen Kaufentscheidung. Vor diesem Hintergrund erläutert es Ziele und Maßnahmen der strategischen Marketingplanung. Darauf aufbauend präsentiert es Aspekte einer operativen Marketingplanung und diskutiert die Marken-, Produkt-, Distributions-, Kommunikations- sowie Preispolitik ausführlich. Marketingprofis geben Einblicke in die Praxis. Ein Best-Practice-Beispiel mach das Gelernte schnell (be)greifbar. Das Lehrbuch richtet sich an Studierende der Betriebswirtschaftslehre und angrenzender Studiengänge. Es ist auch für angehende MarkentingmanagerInnen ein hilfreiches Fachbuch.

<?page no="2"?> Elisabeth Fröhlich, Sascha Lord, Kristina Steinbiß, Torsten Weber Marketing Theorie und Praxis UVK Verlagsgesellschaft mbH Konstanz mit UVK/ Lucius München <?page no="3"?> von links nach rechts: Prof. Dr. Sascha Lord lehrt an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln. Prof. Dr. Kristina Steinbiß lehrt an der Hochschule Reutlingen. Prof. Dr. Elisabeth Fröhlich und Prof. Dr. Torsten Weber lehren an der Cologne Business School in Köln. Mehr über die Autoren erfahren Sie im Kapitel „Die Autoren“ am Ende des Buches. Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2018 Lektorat: Rainer Berger, München Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Einbandmotiv: © Matjaz Slanic, iStock Druck und Bindung: Printed in Germany UVK Verlagsgesellschaft mbH Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98 www.uvk.de UTB-Nr. 4990 ISBN 978-3-8252-4990-8 <?page no="4"?> Geleitwort Wenn man 45 Jahre nach Gründung des eigenen Lehrstuhls auf sein wissenschaftliches Erbe zurückblickt, dann erfreut es umso mehr, dieses Buch in den Händen zu halten. Obwohl das Marketing sich in den letzten Jahren im Rahmen der digitalen Transformation vieler Prozesse sehr stark verändert hat, ist der zentrale Grundgedanke des Marketings nicht neu: Der Kunde steht im Mittelpunkt des Handelns. So soll dieses Buch vor allem den Studierenden helfen, das Themenfeld des Produktmarketings zu erarbeiten und zu begreifen. Aber auch Praktiker sind herzlich willkommen, sich hier Anregungen für ihr Marketinghandeln zu holen. Bei dieser komplett überarbeiteten Neuauflage meines Marketingdenkens ist es den vier Autoren gelungen, aktuelle Entwicklungen durch z.B. die Integration neuer Aspekte wie Social Media oder veränderten Familienlebenszyklen, in dieses Lehrbuch aufzunehmen. Insbesondere freut es mich, unseren gemeinsam entwickelten Ansatz des Produktmarketings wiederzufinden. Dabei wurde vor allem der auch heute immer noch von vielen Unternehmen gelebten Zielgruppensegmentierung nach Sinus, deren Entwicklung ich mitbegleiten konnte, der notwendige Raum gegeben. Ich danke den Autoren ganz herzlich für die konstruktive Zeit an meinem Institut und wünsche allen vieren bei ihren Tätigkeiten an ihren verschiedenen Hochschulen nicht nur viel Erfolg mit diesem Lehrbuch, sondern vor allem die gleiche Freude an der Lehre, die ich viele Jahre lang hatte! Köln, im Februar 2018 Udo Koppelmann <?page no="5"?> Vorwort Marketing als Konzept der marktorientierten Unternehmensführung bildet die Grundlage eines gesunden Unternehmensmanagements. Jedoch haben sich viele Aspekte des Marketings weiterentwickelt, wodurch sich die grundlegende Marketinglehre teilweise in einer Nischenexpertise verliert. Uns, den Autoren, war es daher ein Anliegen, die Grundlagen des Marketings noch einmal aufzugreifen, um ein allgemeines Verständnis der Kernthematik zu gewährleisten. Somit finden Sie in diesem Buch alle Aspekte der klassischen Marketinglehre im Grundverständnis erklärt und mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis angereichert. Heute unerlässliche Unterthemen wie beispielsweise Social Media finden ebenfalls Betrachtung, ohne sich dabei in ihrer Spezifität zu verlieren. Das Buch versteht sich als Fachlektüre sowie als Nachschlagewerk. Dem Leser ist es somit freigestellt, ob er sich die Lektüre als Ganzes durchlesen oder spezifische Bereiche separat betrachten möchte. Es ist weiterhin als Lehrbuch zur Prüfungsvorbereitung konzipiert, in dem Definitionen leserfreundlich vom Fließtext hervorgehoben wurden. Somit wird zum einen das Nachschlagen von Grundbegriffen erleichtert, zum anderen kann das Wissen von zentralen Begriffen trainiert oder aufgefrischt werden. Zur Fertigstellung des Buches haben wir tatkräftige Unterstützung erhalten. So haben viele Kollegen aus der Praxis mit spezifischen Fallbeispielen ihren Beitrag dazu geleistet, dass dieses Grundlagenbuch die Theorie mit der Praxis verbindet. Das Ergebnis findet sich in den visuell hervorgehobenen  Einblicken , welche in den theoretischen Kontext eingebunden sind. Zuletzt veranschaulicht das Best-Practice-Beispiel „Magenta SmartHome“, wie die zuvor beschriebenen Marketinginstrumente in einem Unternehmen Anwendung finden können. Köln und Reutlingen, im Februar 2018 Elisabeth Fröhlich, Sascha Lord, Kristina Steinbiß, Torsten Weber <?page no="6"?> Inhalt Geleitwort .................................................................................................................... 5 - Vorwort ........................................................................................................................ 6 - 1 Marketing - Eine Einleitung .............................................................. 11 - 1.1 - Entwicklung und Begriff des Marketings ............................................... 11 - 1.2 - Märkte .......................................................................................................... 12 - 1.3 - Der Marketingprozess ............................................................................... 14 - 2 Das Verhalten des Konsumenten ................................................... 17 - 2.1 - Konsumentenverhalten: Definition und Relevanz ............................... 17 - 2.2 - Vorherrschende Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens ..... 20 - 2.2.1 - Partial- und Totalmodelle ......................................................................... 21 - 2.2.2 - SR- und SOR-Modelle............................................................................... 23 - 2.2.3 - Phasenmodelle ............................................................................................ 25 - 2.3 - Verhaltensprägende Faktoren .................................................................. 26 - 2.3.1 - Aktivierende Prozesse ............................................................................... 26 - 2.3.2 - Kognitive Prozesse .................................................................................... 37 - 2.3.3 - Prädisponierende Variablen...................................................................... 46 - 2.4 - Kaufprozess bei Konsumenten ............................................................... 63 - 2.4.1 - Typen von Kaufentscheidungen.............................................................. 64 - 2.4.2 - Die drei Phasen des Kaufprozesses ........................................................ 69 -  Einblicke │ Käuferverhalten in virtuellen Welten ................................. 71 - 3 Strategische Marketingplanung ..................................................... 73 - 3.1 - Struktur und Methodik der Planung ....................................................... 73 - 3.2 - Kernschritte der strategischen Marketingplanung ................................ 75 - 3.2.1 - Zielbestimmung.......................................................................................... 75 - 3.2.2 - Strategische Analyse................................................................................... 78 - 3.2.3 - Strategieformulierung ................................................................................ 89 - 3.2.4 - Differenzierung und Positionierung......................................................105 - <?page no="7"?> 8 Inhalt 4 Operative Marketingplanung .........................................................111 - 4.1 - Marketinginstrumente als operative Planungselemente .....................111 - 4.2 - Markenpolitik............................................................................................111 -  Einblicke │ Markenarchitektur, -auftritt und -kontrolle ....................118 - 4.3 - Produktpolitik ...........................................................................................122 - 4.3.1 - Grundlagen zur Produktpolitik..............................................................123 - 4.3.2 - Produktkern: Gestaltungsmittel und Grundleistungen ......................125 - 4.3.3 - Produktzusatzleistungen .........................................................................130 -  Einblicke │ metaphorische Produktgestaltung ..................................131 - 4.3.4 - Produktprogramm....................................................................................132 -  Einblicke │ Merkmale von Innovationen ............................................137 - 4.3.5 - Produktverpackung..................................................................................140 - 4.3.6 - Produktservice ..........................................................................................141 - 4.4 - Distributionspolitik ..................................................................................142 - 4.4.1 - Grundlagen der Distributionspolitik.....................................................142 - 4.4.2 - Gestaltung der Distributionsorgane und -wege...................................143 -  Einblicke │ Vertikalisierung ..................................................................146 - 4.4.3 - Markterscheinungsformen im Handel ..................................................147 - 4.5 - Kommunikationspolitik ..........................................................................149 - 4.5.1 - Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Kommunikation ................................................................................151 - 4.5.2 - Prozess der Kommunikationsplanung..................................................152 -  Einblicke │ Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im öffentlichen Sektor .......................................................161 -  Einblicke │ erlebnisorientierte Inszenierung ......................................166 -  Einblicke │ virale Informationsverbreitung .........................................170 - 4.5.3 - Integrierte Kommunikation....................................................................180 -  Einblicke │ crossmediale Werbekampagnen .....................................181 - 4.6 - Preispolitik.................................................................................................184 - 4.6.1 - Begriff und Relevanz der Preispolitik ...................................................184 - 4.6.2 - Grundlagen preispolitischer Entscheidungen......................................186 - <?page no="8"?> Inhalt 9 4.6.3 - Preisentscheidungen ................................................................................191 - 4.6.4 - Konditionspolitische Strategien .............................................................199 - 5 Marketingkontrolle .............................................................................201 - 5.1 - Strategische Marketingkontrolle ............................................................203 - 5.2 - Operative Marketingkontrolle ................................................................205 - 6 Best-Practice-Beispiel: Deutsche Telekom …..……………207 - 6.1 - Ausgangssituation……………………………………………….207 - 6.2 - Beispielhafte Anwendung der Marketinginstrumente auf das Produkt „Magenta SmartHome“………………………...209 - Die Autoren ............................................................................................................217 - Literatur ....................................................................................................................219 - Stichwörter .............................................................................................................225 - <?page no="10"?> 1 Marketing - Eine Einleitung 1.1 Entwicklung und Begriff des Marketings Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand in der Wissenschaft die erste Auseinandersetzung mit dem Begriff des Marketings statt. Zu diesem Zeitpunkt war vor allem der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen die zentrale Komponente des Marketingverständnisses (vgl. Esch/ Herrmann/ Sattler, 2011, S. 1). Aufgrund der Mangelsituation nach dem Zweiten Weltkrieg kam dem Marketing eine Beschaffungsorientierung zu, bei der das Ziel vorrangig darin bestand, die Warenlieferung der Marktteilnehmer sicherzustellen. Der damalige Verkäufermarkt, der sich dadurch kennzeichnet, dass die Nachfrage größer ist als das Angebot, entwickelte sich in den 1950er-Jahren jedoch zu einem Käufermarkt (vgl. Kreutzer, 2013, S. 4): Das Angebot der Unternehmen war durch den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland größer als die Nachfrage der Kunden. Das Ziel dieser Distributionsorientierung bestand darin, die große Nachfrage zu decken und neue Distributionskanäle zu erschließen. Der heutige Ansatz des Marketings konnte sich in seinen Grundzügen dann in den 1960er- Jahren durchsetzen. Zu diesem Zeitpunkt trat erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg das Phänomen gesättigter Märkte in Deutschland auf. Die Nachfrage zeigte nur noch geringe oder gar keine Wachstumsraten mehr und die Bedürfnisse und Wünsche der Nachfrager waren weitgehend befriedigt. Dem Marketing kam eine Verkaufsorientierung zu, die zum Ziel hatte, Marktanteile zu behaupten bzw. auszubauen. Aufgrund zunehmender Marktsättigung und steigender Einkommen rückte in den 1980er-Jahren vor allem die strategische Ausrichtung von Unternehmen in den Fokus der Marketingaktivitäten und die Betrachtung und Abgrenzung vom Wettbewerb spielte in dieser Zeit eine immer wichtigere Rolle. Seit den 1990er-Jahren richtet sich das Marketing konsequent am Kunden aus. Grund ist, dass durch die wachsende Globalisierung von Märkten, die Verkürzung von Produktlebenszyklen, immer austauschbarer werdende Produkte sowie durch Sättigungstendenzen im Konsumverhalten vieler Marktteilnehmer, die Unternehmen einzig erfolgreich sein können, wenn sie alle Aktivitäten am Markt ausrichten. Dies bedeutet, dass der Kunde und seine Bedürfnisse das unternehmerische Handeln definieren. Die Entwicklung des Marketings ist in → Abbildung 1 dargestellt. <?page no="11"?> 12 Marketing - Eine Einleitung Abbildung 1: Die Entwicklung des Marketings  Das sollten Sie wissen! Marketing wird heute angesichts der aufgezeigten Entwicklung als ein Konzept der marktorientierten Unternehmensführung verstanden (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2008, S. 13). Dabei beinhaltet das Marketing neben der Planung auch die Koordination und die Kontrolle aller auf die Absatzmärkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse gelingt es, die eigenen Ziele zu verwirklichen. 1.2 Märkte Das Wort Marketing ist abgeleitet vom Englischen „market“, was auf die zentrale Bedeutung von Märkten für das Marketing hinweist (vgl. Homburg, 2017, S. 2). Deswegen soll kurz der Begriff des Marktes erläutert werden.  Das sollten Sie wissen! Als Markt wird der Ort des Zusammentreffens eines Angebots an Produkten mit der Nachfrage nach diesen Produkten bezeichnet. Durch dieses Zusammentreffen, das an einem realen Ort (z.B. Supermarkt) oder an einem virtuellen Ort (z.B. Internet) stattfinden kann, bilden sich Preise. Für jedes Unternehmen ist es von großer Bedeutung, den eigenen relevanten Markt abzugrenzen. Diese Abgrenzung ist dabei nicht allein räumlich zu sehen, sie besteht vorrangig in der Definition der relevanten Nachfrager oder Bedürfnisse. → Abbildung 2 gibt - stark vereinfacht - mögliche Marktabgrenzungen am Beispiel eines Marktes für eine kalorienfreie Cola oder Colas wieder. Wettbewerbsorientierung Verkaufsorientierung Distributionsorientierung Beschaffungsorientierung 1940er 1950er 1960er 1980er 1990er Kundenorientierung <?page no="12"?> Märkte 13 Unternehmen stehen vor der Entscheidung, bei der Marktabgrenzung auf kalorienfreie Colas abzustellen, alternativ den Markt auf die Betrachtung von Soft Drinks auszuweiten oder gar ganz allgemein den Getränkemarkt als für sich relevant anzusehen. Es wird deutlich, dass sich bei der Art, wie eng oder weit der eigene relevante Markt abgegrenzt wird, die Ausgestaltung des Marketingprozesses unterscheidet. Abbildung 2: Mögliche Marktabgrenzungen Zur weiteren Kennzeichnung von Märkten lassen sich verschiedene Begriffe verwenden, die die Größe von Märkten bzw. den Anteil eines Unternehmens an einem Markt beschreiben. Dabei werden Umsatzgrößen (in Euro) oder Absatzmengen (in Stück) zur Marktbestimmung herangezogen (vgl. Kreutzer, 2013, S. 37; Esch/ Herrmann/ Sattler 2011, S. 10).  Das Marktpotenzial beschreibt die potenzielle Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein Produkt. Es kennzeichnet die maximal mögliche Absatzmenge bzw. den maximal erreichbaren Umsatz, wenn alle Kunden ihren Bedarf decken würden.  Das Marktvolumen gibt die prognostizierte bzw. realisierte Absatzmenge einer Branche an.  Das Absatzpotenzial beschreibt die maximal mögliche Absatzmenge, die ein Unternehmen am Marktpotenzial erreichen kann.  Der Marktanteil errechnet sich aus der Division von Absatzvolumen und Marktvolumen. Anhand dieser Abgrenzungen wird deutlich, warum bei der Bewertung von Marktkennzahlen die Abgrenzung des relevanten Marktes entscheidend ist: Je nachdem, wie eng oder weit Märkte definiert werden, ergeben sich unterschiedliche Zielgrößen. Hauptsächlich bestimmen folgende Akteure das Handeln auf einem Markt (vgl. Homburg, 2017, S. 3):  Nachfrager treten als Käufer auf einem Markt auf. Aus der Sicht eines Unternehmens werden sie zu Kunden, wenn sie dessen Produkte kaufen. Dabei lassen sich die privaten Verbraucher, diese werden als Konsumenten kalorienfreie Cola Soft Drinks Getränke Cola <?page no="13"?> 14 Marketing - Eine Einleitung bezeichnet, von den organisationalen Abnehmern, dies sind Firmenkunden, unterscheiden.  Anbieter konkurrieren auf einem Markt mit ihren Angeboten um die Nachfrager. Dabei muss ein Unternehmen sein Handeln sowohl auf die bereits auf dem Markt aktiven Wettbewerber als auch auf potenziell zukünftige Wettbewerber ausrichten.  Staatliche Einrichtungen/ Interessenvertretungen greifen teilweise regulierend in das unternehmerische Handeln ein und können Gebote und Verbote erlassen und für deren Einhaltung sorgen (Staat) oder durch Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit Aufmerksamkeit erzielen bzw. andere Marktteilnehmer beeinflussen (Verbrauchervereinigungen, Wirtschaftsverbände etc.). 1.3 Der Marketingprozess Um nun alle auf den Absatzmarkt ausgerichteten Unternehmensaktivitäten bestmöglich zu planen, zu koordinieren und zu kontrollieren, folgt das Marketinghandeln einem Prozess. Dieser ist in → Abbildung 3 dargestellt und soll auch den Handlungsrahmen für das vorliegende Buch geben: Das Marketinghandeln startet mit der Gewinnung von Informationen über das Verhalten der Kunden sowie einer Analyse der vorhandenen Unternehmenssituation mit Hilfe von Marktforschung. Im Rahmen der strategischen Marketingplanung werden Ziele und Strategien für das weitere Handeln festgelegt und die gewünschte Positionierung wird erarbeitet. Die Umsetzung dieser erfolgt dann im Rahmen des operativen Marketings mittels des Einsatzes von Marketinginstrumenten. Hierbei wird im Folgenden die Markenpolitik, die Produktpolitik, die Preispolitik, die Kommunikationspolitik und die Distributionspolitik unterschieden. Selbstverständlich werden alle Prozessschritte stetig kontrolliert und gegebenenfalls daraufhin das unternehmerische Handeln angepasst. <?page no="14"?> Der Marketingprozess 15 Abbildung 3: Der Marketingprozess strategische Marketingplanung operative Marketingplanung Situationsanalyse strategische Geschäftsfelder Kontrolle Marktfeldstrategien Marktparzellierungsstrategien Positionierung und Differenzierung Marktstimulierungsstrategien Marktarealstrategien verhaltenswissenschaftliche Grundlagen Markt- und Marketingforschung Informationsmanagement Marketingmix Markenpolitik Produktpolitik Kommunikationspolitik Preispolitik Distributionspolitik <?page no="16"?> 2 Das Verhalten des Konsumenten 2.1 Konsumentenverhalten: Definition und Relevanz Die wesentliche Aufgabe des Marketings liegt in der Befriedigung von Kundenbedürfnissen. Dafür muss der Marketingmanager jedoch seine Kunden kennen. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich zunächst mit Determinanten und Modellen des Käuferverhaltens auseinanderzusetzen. Die Orientierung hin zum Kunden ist besonders dann wichtig, wenn Unternehmen auf ihren Märkten einem starken Konkurrenzdruck ausgesetzt sind oder die Absatzmärkte, und damit die Kunden, den zentralen Engpass der Unternehmen darstellen.  Das sollten Sie wissen! Nach Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein (2015, S. 3) beschäftigt sich Käuferverhalten i. e. S. „mit dem Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen, während sich das Konsumentenverhalten i. e. S. mit dem Verhalten von Endverbrauchern beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen beschäftigt.“ Diese Definition impliziert, dass die Literatur unterschiedliche sogenannte Grundtypen von Kaufentscheidungen benennt. Grundsätzlich werden Kaufentscheidungen auf einer privaten oder organisationalen Ebene getroffen, von einer oder mehreren Personen. Aus diesen beiden Dimensionen lässt sich zur Charakterisierung möglicher Grundtypen von Kaufentscheidungen die in → Abbildung 4 dargestellte Matrix ableiten.  Individuelle Kaufentscheidungen einer Privatperson bilden den Kern des klassischen Konsumentenverhaltens.  Kollektive Kaufentscheidungen in privaten Haushalten spiegeln Kaufentscheidungen wider, die vor allem im Bereich der Gebrauchsgüter von Bedeutung sind. So können z.B. Familienmitglieder Kaufentscheidungsprozesse in ihren unterschiedlichen Rollen mit beeinflussen.  Individuelle Kaufentscheidungen in Organisationen werden von Einkäufern in Unternehmen getroffen.  Kollektive Kaufentscheidungen in Organisationen bilden den Regelfall unternehmerischer Kaufentscheidungen. Diese werden in sogenannten Buying- Teams gefällt (vgl. Webster/ Wind, 1972). <?page no="17"?> 18 Das Verhalten des Konsumenten individuell kollektiv Konsument individuelle Kaufentscheidungen von Privatpersonen (Konsumentenentscheidungen) Kaufentscheidungen in privaten Haushalten (Familienentscheidungen) Organisation individuelle Kaufentscheidungen in Organisationen (Einkäuferentscheidung) kollektive Kaufentscheidungen in Organisationen (Gremienentscheidungen) Abbildung 4: Grundtypen von Kaufentscheidungen Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 11. Der Fokus der weiteren Ausführungen liegt auf individuellen Kaufentscheidungen von Privatpersonen, wobei auch mögliche Einflüsse wie Familie, soziale Schicht oder Kultur Berücksichtigung finden. Die Auseinandersetzung mit dem individuellen Konsumentenverhalten ist maßgeblich für den Erfolg eines Unternehmens auf dem Absatzmarkt. Wissen über den Käufer und seine Beweggründe bilden den Ausgangspunkt für die Entwicklung und Adaption von Marketingstrategien (→ Kapitel 3.2.3). Dieses Wissen ist Basis jeder Zielgruppenbeschreibung (→ Grundlagen der Segmentierung Kapitel 3.2.3.2), die eine erfolgreiche Ansprache der Konsumenten durch einen adäquaten Marketingmix ermöglicht. Nicht nur das unternehmerische Umfeld unterliegt einem stetigen Wandel, auch das Verhalten der Konsumenten ist immer schwieriger vorherzusagen, um valide Verkaufsprognosen abzuleiten. Eine Neudefinition des Selbstverständnisses eines Kunden kann als Begründung für diesen Veränderungsprozess angeführt werden. „Es gibt oft große Unterschiede zwischen dem, was die Kunden sagen und was sie tun, zwischen dem was sie tun und was sie im Innersten wirklich wollen, und zwischen dem, was sie sich vornehmen und was sie aufgrund einer Sinnesänderung in letzter Minute dann tatsächlich tun.“ (Kotler/ Keller/ Bliemel, 2007, S. 276) Verhielten sich Käufer somit früher noch weitestgehend konsistent, folgte dann in den 1990er-Jahren das sogenannte hybride Käuferverhalten (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 5). Heute bezeichnet man das Käuferverhalten als multioptional, Konsumenten wechseln ihre Rollen oder Gruppenzugehörigkeit oder verfolgen mehrere Handlungsprinzipien parallel. Konsumenten werden daher für Unternehmen immer unberechenbarer, sie zeigen ein sogenanntes „paradoxes Verhalten“ (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 5), wie → Abbildung 5 veranschaulicht. Ein wichtiges Phänomen in diesem Kontext ist das Variety Seeking, Konsumenten suchen nach Abwechslung trotz der Zufriedenheit mit ihrer Stammmarke. Obwohl sie von ihrem gewählten Produkt überzeugt sind, wechseln sie zu Konkurrenzprodukten (vgl. Blackwell/ Miniard/ Engel, 2006, S. 92 f.). <?page no="18"?> Konsumentenverhalten: Definition und Relevanz 19 Abbildung 5: Dynamik des Konsumentenverhaltens Quelle: Liebmann, 1996, S. 42. Abschließend sind ausgewählte Merkmale zum Konsumentenverhalten zu diskutieren, die einen Ausblick auf die weiteren Inhalte dieses Abschnitts zum Verhalten von Konsumenten erlauben. Die nachfolgenden Inhalte beziehen sich in Anlehnung auf Kuß/ Tomczak (2007, S. 7 ff.):  Konsumentenverhalten dient der Bedürfnisbefriedigung. Ein Bedürfnis ist ein subjektives Mangelempfinden des Konsumenten, das es zu beseitigen gilt (→ Kapitel 2.3.1). Der bekannteste Ansatz zur Bedürfnissystematisierung kommt von Maslow (1943), seine Pyramide fußt auf fundamentalen psychischen Bedürfnissen und reicht bis zur Selbstverwirklichung. Auf Kaufentscheidungen wirken häufig unterschiedliche Bedürfnislagen ein, auch ist sich der Konsument seiner Bedürfnisse nicht immer explizit bewusst.  Konsumentenverhalten hat Prozesscharakter und ist mehr als nur „Einkaufsverhalten“. Aus der Sicht eines Marketingmanagers ist es nicht ausreichend, sich nur mit den einzelnen Determinanten des Konsumentenverhaltens zu beschäftigen, vielmehr muss auch der Prozess einer Kundenbeziehung Berücksichtigung finden. Dieser untergliedert sich in eine Vorkauf-, Kaufsowie Nachkauf-/ Nutzungsphase (→ Kapitel 2.4.2).  Konsumentenverhalten beinhaltet aktivierende und kognitive Prozesse. Diese Einteilung geht auf Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein (2013, S. 51) zurück. Kognitive Prozesse umfassen den Erwerb (aufnehmen und verarbeiten) sowie das Speichern von Informationen. Im Kontext der aktivierenden Käuferverhalten konstant hybride multioptional paradox eindimensional stabil über die Zeit einheitliches Verhalten bipolar relativ stabil differenziertes Verhalten mehrdimensional nicht mehr stabil divergierendes Verhalten <?page no="19"?> 20 Das Verhalten des Konsumenten Prozesse geht es darum, dem Verhalten des Konsumenten gewissermaßen eine Ausrichtung zu geben (→ Kapitel 2.3.1).  Die Erklärung des Konsumentenverhaltens muss auch prädisponierende Variablen umfassen. Neben aktivierenden und kognitiven Prozessen gilt es noch weitere Aspekte zu berücksichtigen. Hierunter fallen vor allem das Involvement und soziale wie auch situative Faktoren. In der Literatur gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie diese Prozesse/ Größen in einem S-O-R- Modell des Konsumentenverhaltens (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm- Klein, 2015, S. 30) zu systematisieren sind. In → Abbildung 7 wird der in diesem Lehrbuch gewählte Ansatz dargestellt und diskutiert (→ Kapitel 2.2.2).  Konsumentenverhalten kann sich neben Sachgütern auch auf Dienstleistungen, Rechte und Vermögenswerte beziehen. In diesem Buch liegt der Fokus jedoch alleine auf Sachgütern. 2.2 Vorherrschende Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens Zu Beginn der Konsumentenverhaltungsforschung dominierte das Bild des rationalen Konsumenten. Der rationale Käufer maximiert seinen Nutzen auf Basis vollkommener Information. Danach folgte am Ende der 1940er-Jahre der Versuch, ökonomisches Verhalten von Unternehmen und Konsumenten auf Grundlage politischer und gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen zu erläutern. In den 1950er- und 1960er-Jahren wendete sich die sogenannte Motivforschung von diesem rational geprägten Konsumentenverständnis ab. Diese auf der Theorie Sigmund Freuds fußenden Aussagen - z.B. Suppe gilt als Symbol mütterlicher Liebe - ließen die notwendige Generalisierbarkeit und Nachprüfbarkeit vermissen. Die moderne Konsumentenforschung folgt nicht mehr einer einzelnen Sichtweise, sondern versucht, je nach zu lösender Problemstellung, soziologische, psychologische oder ökonomische Theorien (vgl. hierzu ausführlich Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 21 ff.) anzuwenden (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 1 f.). <?page no="20"?> Vorherrschende Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens 21 2.2.1 Partial- und Totalmodelle  Das sollten Sie wissen! Totalmodelle des Konsumentenverhaltens lassen sich dadurch charakterisieren, dass sie versuchen, alle denkbaren, das Konsumentenverhalten determinierenden Variablen in einem Gesamtmodell abzubilden und damit das Konsumentenverhalten als Ganzes zu erklären (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 25). Totalmodelle greifen die Kritik an den sogenannten Partialmodellen auf, die nur einen sehr kleinen und damit nur unscharfen Ausschnitt der Realität erklären. Grundsätzlich herrscht Einigkeit darüber, dass Totalmodelle nur bedingt in der Lage sind, Konsumentenverhalten in unterschiedlichen Kaufsituationen (→ Kapitel 2.4.1) abzubilden. Da diese jedoch einen sehr hohen didaktischen Wert haben, wird im Folgenden das Modell von Howard/ Sheth (1969) näher erläutert. Die beiden am häufigsten in der Literatur dargestellten Strukturmodelle (als eine mögliche Erscheinungsform von Totalmodellen) sind das Modell von Blackwell/ Miniard/ Engel (2006) sowie das bereits erwähnte Modell von Howard/ Sheth (1969). Entscheidungs-, Informationsverarbeitungs- und Bewertungsprozesse bilden die drei Hauptkomponenten im Modell von Blackwell/ Miniard/ Engel (2006). Konsumentenverhalten läuft in unterschiedlichen Phasen ab - Problemerkennung, Informationssuche, Informationsverarbeitung, Alternativenbewertung, Auswahl einer Alternative, Entscheidung und Entscheidungsfolgen. Der Nachteil dieses Modells liegt jedoch darin, dass es sich im Wesentlichen nur dazu eignet, extensive Kaufentscheidungen (→ Kapitel 2.4.1) zu erklären. Das Modell von Howard/ Sheth (1969) vermeidet die Schwächen des zuvor genannten Modells, indem Konsumentenverhalten über das Zusammenspiel der in das Modell integrierten Variablen die unterschiedlichen Konstellationen bedingt. Der Aufbau ähnelt sehr stark der im nächsten Abschnitt zu diskutierenden SOR-Modelle. Zwischen die Inputvariablen (unterschiedliche Informationen signifikanter, symbolischer oder sozialer Art) und Outputvariablen (Konstrukte wie Kaufabsicht und Kauf oder Einstellungen, Markenkenntnis oder Aufmerksamkeit) werden Wahrnehmungs- und Lernkonstrukte geschaltet. <?page no="21"?> 22 Das Verhalten des Konsumenten Abbildung 6: Das Howard-Sheth-Modell Quelle: in Anlehnung an Howard/ Sheth, 1969, S. 30. Inputvariablen Wahrnehmungskonstrukte Lernkonstrukte Outputvariablen signifikante Informationen  Qualität  Preis  Eigenart  Service  Erhältlichkeit symbolische Informationen  Qualität  Preis  Eigenart  Service  Erhältlichkeit Informationen aus sozialen Quellen  Familie  Referenzgruppen  soziale Klasse Suchverhalten Stimulusmehrdeutigkeit Aufmerksamkeit Grad der Sicherheit Entscheidungskriterien Motive Kaufabsicht Befriedigung Wahrnehmungsverzerrung Einstellung Markenkenntnis Kaufabsicht Markenkenntnis Aufmerksamkeit Kauf Einstellung Informationsfluss Rückkopplungseffekte <?page no="22"?> Vorherrschende Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens 23 Als ein marketingrelevantes Beispiel soll das Zusammenspiel der einzelnen Variablen im Lernkonstrukt dienen. Markenkenntnis bildet das Wissen des Käufers um die Existenz und die damit verbundenen Eigenschaften der Marken ab. Entscheidungskriterien unterstützen den Käufer dabei, unter Berücksichtigung der Motive die unterschiedlichen Alternativen zu bewerten. Kaufabsicht entsteht, wenn Einstellungen es dem Konsumenten ermöglichen, Marken einer möglichen Motiverfüllung zuzuordnen. Die Kaufabsicht wird umso stärker sein, je geringer der Grad der empfundenen Unsicherheit ist. Die intendierte Stabilisierung der Einstellung zur Marke, durch z.B. eine kommunikationspolitische Maßnahme, entsteht dann, wenn die mit dem Kauf verbundenen Erwartungen und Wünsche erfüllt werden (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm- Klein, 2015, S. 26 f.). 2.2.2 SR- und SOR-Modelle Die theoretische Grundlage von SR- und SOR-Modellen liegt im Behaviorismus. Das behavioristische Forschungsparadigma begründet die SR- Modelle, die wie folgt aufgebaut sind: Ein bestimmter Reiz (S), z.B. die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit für den Konsumenten, trifft auf einen Organismus. Ohne die psychischen Vorgänge im Organismus zu berücksichtigen, ist eine Reaktion (R) zu erwarten, z.B. der Kauf eines ökologisch nachhaltigen Produkts. Konsumentenverhalten wird somit nur auf Grundlage von Input- und Output-Prozessen in der sogenannten Blackbox erklärt (vgl. Kotler/ Keller/ Bliemel, 2007, S. 277). Die Stimulus-Organismus-Response-(SOR)-Modelle beruhen auf dem neobehavioristischen Forschungsparadigma. Wiederum trifft ein Reiz auf einen Organismus und löst eine Reaktion aus. Es ist jedoch nicht ausreichend, nur diese beobachtbaren Variablen zu berücksichtigen, vielmehr dienen die intervenierenden Variablen dazu, das „innere Verhalten“ des Konsumenten, die zuvor genannte Blackbox, erklärbar zu machen. „Herausforderungen sind dabei immer wieder die Operationalisierung, also die Überführung theoretischer Begriffe in messbare Indikatoren, das Aufdecken der internen psychischen Prozesse sowie die Verarbeitung komplexer, multikausaler Datenbeziehungen (Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 18).  Das sollten Sie wissen! SOR-Modelle umfassen somit beobachtbare Variablen in Form der Stimuli, die auf den Konsumenten einwirken, sowie der beobachtbaren Reaktionen. Die intervenierenden Variablen versuchen, die Vorgänge innerhalb des Organismus zu erläutern und konkretisieren damit die Blackbox (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 29). <?page no="23"?> 24 Das Verhalten des Konsumenten Abbildung 7: Ein Neobehavioristisches SOR-Modell Quelle: in Anlehnung an Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 30. Marketing-Stimuli  Produkt, Service  Preis  Kommunikation  Distribution Umfeld-Stimuli  politischrechtliche  ökonomische  technologische  soziale Stimulus (S) direkt beobachtbar Input aktivierende Prozesse kognitive Prozesse  Aktivierung  Emotionen  Motivationen  Einstellungen  Wahrnehmung  Lernen  Gedächtnis prädisponierende Prozesse/ Größe Involvement Bezugsgruppen Situation nicht direkt beobachtbar (intervenierende Variablen) Output  Markenwahl  Einkaufsstättenbesuch  Kaufmenge  Ausgabenbetrag  u.a. Response (R) direkt beobachtbar Kultur <?page no="24"?> Vorherrschende Erklärungsansätze des Konsumentenverhaltens 25 Das neobehavioristische SOR-Paradigma bildet den Rahmen für alle unterschiedlichen Ansätze zur Erklärung von Konsumentenverhalten. Darüber hinaus folgt dieses Paradigma einer positivistischen Forschungsrichtung. In deren Mittelpunkt steht die Generalisierbarkeit von Hypothesen und Theorien. Als Beispiel dient die Erklärung von Verhaltenswirkungen von Einstellungen durch Experimente. Durch das Senden einer Werbebotschaft (S) wird die Einstellung der Versuchsperson (O) beeinflusst, um dann im Experiment die entsprechende Reaktion/ Verhaltensänderung (R), z.B. den Kauf des Produkts in einem Testmarkt, zu messen (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 2 f.). Aus den vorgenannten Gründen wird das in → Abbildung 7 dargestellte SOR-Modell als Grundlage für den Aufbau der weiteren Kapitel dienen. Nach heutigem Stand der Forschung sind die intervenierenden Variablen die Grundlage für das Erklären und Erforschen von Konsumentenverhalten. Aus diesem Grund bilden sie den Schwerpunkt der weiteren Ausführungen. In → Kapitel 2.3.1 werden die aktivierenden und in → Kapitel 2.3.2 die kognitiven Prozesselemente diskutiert. Involvement, Bezugsgruppen, Kultur und Situation beschreiben die prädisponierenden Prozesse. Zusammen bilden sie die verhaltensprägenden Faktoren (vgl. Koppelmann, 2001, S. 27 ff.). Direkt beobachtbar sind Marketingstimuli sowie politisch-rechtliche, ökonomische, technologische und soziale Umfeld-Stimuli (vgl. dazu die Ausführungen zum Makroumfeld in → Kapitel 3.2.2.2). Die beobachtbare Reaktion (R) in Form von Marken- oder Einkaufsstättenwahl, Kaufmenge oder Ausgabenbetrag sind weitgehend selbsterklärend und finden sich in den jeweiligen Zielkapiteln der marketingpolitischen Instrumente (→ Kapitel 4). Da alle beobachtbaren Variablen Gegenstand nachfolgender Kapitel sind, ist an dieser Stelle der Verweis auf die entsprechenden Kapitel in diesem Buch ausreichend. 2.2.3 Phasenmodelle Phasenmodelle orientieren sich an extensivem Entscheidungsverhalten. Im Kontext des Konsumentenverhaltens bedeutet dies, dass es zeitlich differenziert in aufeinanderfolgenden Prozessphasen abläuft (→ Kapitel 2.4.2):  Prozessanregungsphase: Konsument erkennt seine Bedürfnisse.  Such- und Vorauswahlphase: Konsument sucht alternative Produkte zur Bedürfnisbefriedigung und definiert Mindestwerte bestimmter Produktmerkmale, um eine Vorauswahl treffen zu können.  Bewertungs- und Auswahlphase: Konsument bewertet relevante Produktmerkmale und wählt das Produkt aus, das die beste Bedürfnisbefriedigung verspricht.  Realisierungsphase: Konsument vollzieht Kauf.  Nachkaufphase: Konsument nutzt und evaluiert Produkt in dieser Phase (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 31). <?page no="25"?> 26 Das Verhalten des Konsumenten 2.3 Verhaltensprägende Faktoren Verhaltensprägende Faktoren sind zu analysieren, um ein Grundverständnis dafür zu schaffen, wie sich Konsumenten verhalten, welchen Bedürfnislagen sie ausgesetzt sind und wie sie Entscheidungen treffen. In der Literatur sind unterschiedliche Systematisierungsansätze zu finden. In Anlehnung an Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein (2013, S. 51 ff.) wird in den nachfolgenden Kapiteln zwischen aktivierenden, kognitiven sowie prädisponierenden Variablen unterschieden. 2.3.1 Aktivierende Prozesse  Das sollten Sie wissen! Aktivierende Prozesse lassen sich als menschliche Antriebskräfte definieren. Menschlicher Antrieb ist von zentraler Bedeutung für den Versuch, menschliches Verhalten zu erklären. Aktivierende Prozesse versorgen somit Individuen mit psychischer Energie und sind dafür verantwortlich, dass überhaupt Verhalten entsteht (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 55 f.). Im Folgenden sind die Begriffe Aktivierung, Emotion, Motivation und Einstellung näher zu erläutern. Im Marketingkontext beeinflusst Aktivierung Emotionen, Motivationen und Einstellungen. Wie diese vier Konstrukte zusammenwirken, ist → Abbildung 8 zu entnehmen. Sie bildet den roten Faden für dieses Kapitel. Abbildung 8: Aktivierung, Emotion, Motivation und Einstellung Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 37. Aktivierung + Interpretation Emotion + Zielorientierung Motivation + Objektbeurteilung Einstellung Grunddimension aller Antriebsprozesse, beschreibt den inneren Erregungszustand innere Vorgänge, die subjektiv als angenehme oder unangenehme Zustände empfunden werden Emotionen + kognitive Handlungsorientierung Haltung gegenüber einem Objekt = Motivation + Urteil über ein Objekt = Motivation + kognitive Gegenstandsbeurteilung Kindchenschema Mitleid soziales Engagement Einstellung gegenüber Misereor <?page no="26"?> Verhaltensprägende Faktoren 27 Aktivierung  Das sollten Sie wissen! Unter Aktivierung eines Konsumenten versteht man dessen Erregungszustand. Aktivierung stimuliert Konsumenten somit zu handeln. Aktivierung entsteht im zentralen Nervensystem und bildet den Ausgangspunkt jedweder menschlicher Antriebsprozesse (vgl. Homburg, 2017, S. 29). Zu unterscheiden ist zwischen tonischer Aktivierung, hier ändert sich die Leistungsfähigkeit des Konsumenten nur langsam, und phasischer Aktivierung. Bei Letzterer dauert die Aktivierung nur kurz an, diese spielt jedoch im Rahmen der Informationsverarbeitung eine zentrale Rolle. Als Beispiel kann ein Kaufentscheidungsprozess genannt werden, der ein Abwägen zwischen mehreren Alternativen bedingt. Damit ein Konsument diese Aufgabe bewältigen kann, bedarf es der phasischen Aktivierung. Reize lösen Aktivierung aus. Innere Reize sind u.a. durch den Stoffwechsel oder „innere Vorstellungsbilder“ des Konsumenten bedingt. Äußere Reize sind z.B. Töne, Bilder, Texte oder auch Gerüche. Sie führen nicht unmittelbar zu einer Aktivierung, sie müssen zunächst vom Konsumenten dechiffriert werden. Nach Berlyne (1974) kann Aktivierung durch die folgend genannten Reizarten ausgelöst werden:  Affektive Stimuli lösen aufgrund von Konditionierung oder biologisch quasi vorprogrammierten Reaktionen positive oder negative Emotionen aus. Zu einem der bekanntesten Beispiele für affektive Stimuli gehört das Kindchenschema, aber auch Natur oder Erotik können einen positiven Schlüsselreiz darstellen.  Kollative Stimuli aktivieren aufgrund ihres hohen Überraschungsgehalt, ihrer Neuartigkeit oder Vielfältigkeit. Als Beispiel können lebendig anmutende Schaufensterpuppen am Point-of-Sale genannt werden.  Intensive Stimuli lösen Aktivierung aufgrund der besonderen physikalischen Beschaffenheit von Objekten, wie Helligkeit, Lautstärke oder auffällige Farben aus. Neben den zuvor veranschaulichten Zusammenhängen bedingt Aktivierung auch marketingrelevante Verhaltenswirkungen. Aktivierung motiviert Konsumenten zur Informationsverarbeitung. Impulsive Kaufentscheidungen (→ Kapitel 2.4.1) werden durch einen hohen Grad an Aktivierung unterstützt. Der Slogan von eBay „3 …, 2 …, 1 … meins! “ (Mahrdt, 2009, S. 19) ist ein gutes Beispiel für einen hohen Grad an Aktivierung, der letztendlich bei den Konsumenten zu „impulsiv“ höheren Geboten führt. Um zu erläutern, wie sich Aktivierung auf den Prozess der Informationsverarbeitung bei Konsumenten auswirkt, findet die Lambda-Hypothese häufig <?page no="27"?> 28 Das Verhalten des Konsumenten Anwendung. Auch wenn bisher kein eindeutiger empirischer Beleg für diesen Zusammenhang erbracht werden konnte, liefert die „umgekehrte U-Funktion“ (→ Abbildung 9) doch wertvolle Hinweise für das Marketing. Nimmt der Grad der Aktivierung zu, steigt die Leistung des Konsumenten und somit seine Informationsverarbeitungsfähigkeit. Wird jedoch ein bestimmter Aktivierungsgrad überschritten, sinkt die Leistung eines Individuums wieder (vgl. Kroeber- Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 86 f.). Abbildung 9: Die Lambda-Hypothese: Aktivierung und Überaktivierung Quelle: Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 87 und Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 38. Gelingt es einem Unternehmen, durch entsprechend gestaltete Kommunikationsmaßnahmen die Aktivierung des Konsumenten zu steigern, wird dieser in die Lage versetzt, gesendete Informationen effizienter und vor allem schneller zu verarbeiten. Kommt es jedoch zu einer Reizüberflutung, wird die Wirksamkeit der Werbebotschaft abgeschwächt - im Marketing spricht man vom Bumerang-Effekt (vgl. Homburg, 2017, S. 30). Es ist somit wichtig, Kommunikationsmaßnahmen so zu gestalten, dass die Aktivierung und Fähigkeit der Konsumenten, Informationen zu verarbeiten, gefördert wird. Emotion In der Literatur finden sich unterschiedliche Definitionen des Begriffs Emotion. Die Definition von Zimbardo/ Gerrig (1999, S. 359) soll an den Anfang dieses Kapitels gestellt werden, da sie als die anerkannteste gilt. Leistungsfähigkeit Schlaf Panik Aktivierung Aktivierung und Überaktivierung z.B. Farben, Musik, Düfte, Belebtheit z.B. zu grelle Farben, zu laute Musik, zu intensive Düfte, zu viel Gedränge entspannte Wachheit wache Aufmerksamkeit starke Erregung <?page no="28"?> Verhaltensprägende Faktoren 29  Das sollten Sie wissen! Emotionen sind „ein komplexes Muster von Veränderungen, das psychologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen umfasst.“ Sinnvoller erscheint es jedoch, die wesentlichen Merkmale von Emotionen zu charakterisieren, um dieses Konstrukt in seiner Bedeutung für das Marketing zu verstehen (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 48):  Die innere Erregung kann stark oder schwach ausgeprägt sein (z.B. Zorn oder nur Ärger).  Die Emotion kann eine positive oder negative Ausrichtung erfahren (z.B. Freude oder Kummer), ihre Qualität gibt dem Gefühl eine Bedeutung (z.B. Liebe).  Konsumenten sind sich ihrer Emotionen unterschiedlich stark bewusst (z.B. Ekel oder nur eine unterschwellige Abneigung).  Konsumenten erleben Emotionen subjektiv. Um Emotionen konkreter fassen zu können, sind sie von verwandten Konstrukten abzugrenzen (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 46):  Gefühle entstehen durch die Verbindung mit mentalen Inhalten, die mit einer Emotion auftreten. Es erfolgt eine kognitive Interpretation der Emotion.  Eine Stimmung wird als „ungerichtete Befindlichkeit“ definiert. Stimmungen sind langfristig, schwer greifbar und nicht auf einen bestimmten Sachverhalt ausgerichtet.  Der Affekt hingegen ist ein nur kurzfristig auftretendes Empfinden von Ablehnung oder Akzeptanz. Die zuvor gemachten Beispiele führen zur Frage, welche Emotionen in der Literatur unterschieden werden. Izard (1999, S. 66) nennt zehn angeborene Basisemotionen: Überraschung, Interesse, Geringschätzung, Freude, Kummer, Scham, Furcht, Zorn, Schuldgefühle und Ekel. Weitere Emotionen sind Mischformen. Eine interessante Ergänzung zu den bisherigen Ausführungen bieten die in → Abbildung 10 aufgeführten emotionalen Gesichtsausdrücke, die kulturunabhängig gleich ausgedrückt oder aus dem Gesichtsausdruck von Personen anderer Ethnien, Geschlecht oder Erziehung gleich ausgelesen werden. Selbst Angehörige einer analphabetischen Kultur in Neu-Guinea waren in der Lage, Emotionen im Gesichtsausdruck kulturfremder Personen richtig zu erkennen (vgl. Gerrig, 2015, S. 459 f.). <?page no="29"?> 30 Das Verhalten des Konsumenten Freude Furcht Überraschung Trauer Ärger Verachtung Ekel Abbildung 10: Kulturunabhängige, emotionale Gesichtsausdrücke Quelle: Gerrig, 2015, S. 461. <?page no="30"?> Verhaltensprägende Faktoren 31 Emotionsforschung findet eine sehr intensive Anwendung im Marketing. Emotionen können durch Marketingmaßnahmen hervorgerufen werden, sie können Kaufentscheidungen bedingen, aber auch moderierend wirken. Um diese Marketingwirkungen erfassen zu können, ist es notwendig, Emotionen zu messen. Homburg (2017, S. 37 f.) unterscheidet zwischen psychobiologischen Messungen, subjektiven Erlebnismessungen und Messungen des Ausdrucksverhaltens. Eine ausführliche Darstellung möglicher Messmethoden findet sich bei Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein (2013, S. 128 ff.). Zwei Anwendungsfelder der Emotionsforschung für das Marketing sollen kurz skizziert werden (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 49):  Emotionale Einkaufserlebnisse dienen dazu, den Kaufwillen des Konsumenten zu verstärken oder seine Preissensibilität (→ Kapitel 4.6.2.2) zu reduzieren. Eine ansprechende Ladengestaltung, Düfte, musikalische Untermalung oder zuvorkommendes Verkaufspersonal unterstützen das Erleben eines emotionalen Einkaufserlebnisses (→ Kapitel 4.4.2).  Im Rahmen der emotionalen Produktdifferenzierung wird ein Produkt, z.B. mit Hilfe der Werbung, emotional so aufgeladen (→ Kapitel 2.3.2 zur „emotionale Konditionierung“), dass es sich eindeutig von anderen Marken abhebt. Ein Beispiel ist die englische Toilettenpapiermarke Andrex. Ihr Marktanteil war fast doppelt so hoch wie der der ehemaligen Konkurrenzmarke Kleenex. Beide Marken nutzten ein ähnlich hohes Werbebudget, unterschieden sich weder in Preis, Qualität noch sprachlicher Werbebotschaft. Mittlerweile gehören beide Marken zu Kimberly-Clark Corporation, Andrex steht für den Bereich Toilettenpapier, Kleenex für den Bereich Gesichtsreinigung. Das Geheimnis des Erfolgs liegt in der nichtsprachlichen Codierung. Der Einsatz eines Hundewelpen in der Werbung „emotionalisiert“ die Marke so stark, dass ein austauschbares Produkt, das weitgehend habitualisierten Kaufentscheidungsprozessen unterliegt, vom Konsumenten bevorzugt wird (vgl. Scheier/ Held, 2012, S. 48 f.). Motivation  Das sollten Sie wissen! Motive treiben menschliches Verhalten. Einzelnen Motiven (zusammen bilden sie die Motivation des Konsumenten) liegen Bedürfnisse zugrunde. Somit ist Motivation auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet. Motivation richtet Konsumentenverhalten auf Ziele aus (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 55). <?page no="31"?> 32 Das Verhalten des Konsumenten Um Motive von Konsumenten zu strukturieren, kann die Bedürfnispyramide von Maslow (1943) herangezogen werden. Dieser Ansatz beruht auf der Annahme, dass menschliches Verhalten durch fünf Bedürfniskategorien beeinflusst wird. Die ersten vier Typen - Existenz, Sicherheit, soziale Bedürfnisse und Anerkennung - stellen sogenannte Defizitärbedürfnisse dar, Selbstverwirklichung fällt unter die Kategorie Wachstumsbedürfnisse. Eine Bedürfniskategorie bestimmt solange das Konsumentenverhalten, solange dieses Bedürfnis noch nicht vollständig befriedigt wurde. Soziale Bedürfnisse werden erst dann relevant, wenn Sicherheitsbedürfnisse vollständig befriedigt werden konnten. Solange man um seinen Arbeitsplatz, und damit um seine finanzielle Existenz, bangt, ist der Einfluss von Peergroups (→ Kapitel 2.3.3) vernachlässigbar. Neben der Bedürfnispyramide von Maslow (→ Abbildung 11) liefern vor allem die Means-End-Analyse sowie das Laddering-Verfahren wichtige Anhaltspunkte für das Marketing, um Motive anzusprechen und damit die eigenen Produkte in den „Bedürfnisbefriedigungsfokus“ der Konsumenten zu bringen. Die Means-End-Analyse liefert Erklärungsansätze, wie Konsumentenmotive mit Produkteigenschaften in Zusammenhang gebracht werden können. Produkte tragen zur Bedürfnisbefriedigung bei, Produktalternativen werden somit als Mittel zur Zielerreichung evaluiert. Im Rahmen des Laddering-Verfahrens spricht man von einer sogenannten kognitiven Leiter. Ein Interviewer formuliert eine Fragekette, er stellt z.B. so lange die Frage „Warum ist diese Eigenschaft für Sie wichtig? “, bis verstanden wurde, warum ein Konsument eine Produktalternative als zur Bedürfnisbefriedigung geeignet erachtet (vgl. Homburg, 2017a, S. 17 f.). Es kann z.B. die Frage beantwortet werden, warum ein Konsument eine kleinere Packungseinheit bevorzugt, obwohl eine größere Packungseinheit preislich deutlich günstiger wäre. Der Konsument lebt in einem Singlehaushalt, für ihn ist es wichtig, dass das Produkt nicht verdirbt. Damit überwiegt der Nutzen aus einer kleinen Packungseinheit den Nachteil eines höheren Preises (bezogen auf die jeweilige Produkteinheit). Versteht ein Marketingmanager, warum bestimmte Produkteigenschaften beim Konsumenten zur Bedürfnisbefriedigung führen, können Angebote entsprechend verbessert oder neu entwickelt werden oder man kann durch die Kommunikation dieser wichtigen Eigenschaften das Produkt in der Wahrnehmung des Konsumenten besser positionieren (→ Kapitel 3.2.4). <?page no="32"?> Verhaltensprägende Faktoren 33 Abbildung 11: Die Bedürfnispyramide nach Maslow Quelle: Homburg, 2017, S. 33. Selbstverwirklichung Anerkennung Soziale Bedürfnisse Sicherheit Existenz Defizitärbedürfnisse Wachstumsbedürfnis  Erhalt der menschlichen Existenz durch regelmäßige Nahrungsaufnahme  Schutz vor Erfrieren durch Tragen von Winterkleidung grundlegende Bedürfniskategorien beispielhafte Bedürfnisse/ Kaufhandlungen der Konsumenten beispielhaftes Ansprechen der Bedürfnisse im Marketing  Erhöhung der Sicherheit durch bestimmte Produkte, z.B. Autos mit Airbag, Versicherungspaket  Altersabsicherung durch Kauf entsprechender Geldanlageprodukte  Zugehörigkeit zu einer Gruppe durch den Kauf eines Produktes, z.B. Harley-Davidson  Geselligkeit durch gemeinsame Inanspruchnahme von Produkten, z.B. Tenniskurs, Cluburlaub  Anerkennung durch Bekannte aufgrund des Kaufs und des Tragens modischer Kleidung  Verwendung des Produktes als Statussymbol, z.B. Luxusauto  persönliche Entfaltung z.B. durch das Tragen extravaganter Kleidung  Nutzung von Produkten, die zur Selbstverwirklichung beitragen, z.B. Abenteuerreisen  Produktpolitik: Entwicklung von Produkten, die auf existenzielle Bedürfnisse abzielen  Produktpolitik: Entwicklung sicherer Produkte, Zufriedenheitsgarantie, Entwicklung von Marken  Preispolitik: Niedrigpreisgarantie  Kommunikationspolitik: Betonung zwischenmenschlicher Aspekte des Produktes (z.B. Anti- Pickel-Creme für Teenager)  Produktpolitik: Entwicklung entsprechender Produkte  Kommunikationspolitik: Betonung der Bedeutung des Produktes für die soziale Anerkennung (z.B. exklusive Uhrenmarke)  Preispolitik: hohe Preise  Kommunikationspolitik: emotionale Erlebnisvermittlung in der Werbung  Produktpolitik: Entwicklung von Produkten, die auf das Selbstverwirklichungsbedürfnis abzielen <?page no="33"?> 34 Das Verhalten des Konsumenten Einstellung  Das sollten Sie wissen! Einstellungen bilden die Schlüsselvariable, um Konsumentenverhalten zu prognostizieren und zu erklären. Eine Einstellung lässt sich charakterisieren als eine erlernte Neigung, auf ein Produkt konsistent positiv oder negativ zu reagieren (vgl. Fishbein / Ajzen, 1975, S. 6). Die wesentlichen Komponenten dieser Definition sollen nochmals näher erläutert werden (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 50):  Einstellungen weisen eine Verhaltenstendenz auf, mit „eine[r] erlernte[n] Neigung zu reagieren“. Sie induzieren somit, zumindest latent, ein bestimmtes Verhalten des Konsumenten.  Die genannte Konsistenz ist für das Marketing besonders wichtig, denn Konsumenten reagieren in ähnlichen Situationen demgemäß auch ähnlich. Damit bleibt im Zeitablauf eine relativ stabile Verhaltenstendenz bestehen.  Einstellungen werden gelernt. Informationsverarbeitung und Erfahrungen spielen eine entscheidende Rolle, um Einstellungen zu bilden, aber auch zu verändern. Um Einstellungen zu verändern, bedarf es Zeit. In diesem Zusammenhang soll der Begriff des Images (→ Kapitel 4.2) eingeführt werden. Image und Einstellungen bedingen sich wechselseitig. Ist die Einstellung immer subjektbezogen (ein Konsument hat eine Einstellung gegenüber einem Produkt), so ist Image immer auf ein Objekt gerichtet (ein Produkt hat ein bestimmtes Image bei einem Konsumenten) (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 126 f.). In der Einstellungsforschung werden drei Komponenten diskutiert, die aufeinander einwirken (vgl. Kuß/ Tomczak, 2007, S. 50):  Die kognitive Komponente steht für das Denken, die Gegenstandsbeurteilung.  Das subjektive Fühlen und damit die entsprechende subjektive Bewertung des Produktes erfasst die affektive Komponente.  Die konative Komponente beschreibt die Verhaltenstendenz. Ein Konsument benötigt entsprechendes Wissen über ein Produkt und seine Eigenschaften, das er sich auf unterschiedlichste Weise besorgen kann (→ Kapitel 2.3.2), z.B. Auto X ist besonders umweltfreundlich aufgrund des geringen Benzinverbrauchs oder der innovativen Technologie. Bringt der Konsument diese Bewertung mit seinen eigenen Bedürfnissen und Werten in Verbindung, entsteht eine Einstellung, denn für diesen Konsumenten ist es sehr wichtig, ein umweltfreundliches Auto zu fahren. Daraus resultiert dann die Verhaltenstendenz, sich für eine Automarke zu entscheiden, die für fortschrittliche Technologie und Mobilitätskonzepte steht. Die in → Abbildung 12 dar- <?page no="34"?> Verhaltensprägende Faktoren 35 gestellte Drei-Komponenten-Theorie fasst die zuvor gemachten Aussagen zusammen. Abbildung 12: Drei-Komponenten-Theorie der Einstellung Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 71. Kuß/ Tomczak (2007, S. 51 ff.) erwähnen drei Aspekte, die für eine adäquate Anwendung im Marketing zu diskutieren sind.  Mögliche Anwendungsfelder für das Marketing sind die Prognose des Kaufverhaltens, Definition von Marksegmenten sowie die Überprüfung von Marktsegmenten. In → Kapitel 3.2.3.2 werden unterschiedliche Marktsegmentierungsmodelle aufgezeigt, aus diesem Grund soll eine Aufzählung der Handlungsfelder genügen.  Der Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten soll nachfolgend etwas genauer beleuchtet werden. Es konnte empirisch belegt werden, dass ein Zusammenhang zwischen Einstellung und Kaufabsicht besteht. Konsumenten bewerten ein Produkt als sehr gut, obwohl sie es nicht nutzen, oder bewerten ein Produkt als sehr schlecht und kaufen es trotzdem. Somit muss es bestimmte „Störgrößen“ geben, wie z.B. positive Einstellungen zu mehreren Produkten, Kaufkraftbeschränkungen, situative Faktoren, Zeitfenster zwischen Einstellungsmessung und entsprechendem Kaufverhalten sowie Messprobleme, die zum nächsten Punkt in dieser Aufzählung überleiten.  Es gibt unzählige Methoden zur Messung von Einstellungen. Die größte Verbreitung hat das Modell von Fishbein bisher gefunden (vgl. Fishbein/ Stimuli kognitive Merkmale affektive Merkmale psychologische Reaktionen Reaktionen des autonomen Nervensystems; verbale Gefühlsäußerungen Antworten auf Befragungen Wahrnehmungsurteile; verbal geäußerte Überzeugungen beobachtbares Verhalten offen zutage tretendes Verhalten; Auskünfte über eigenes Verhalten messbare, unabhängige Variablen intervenierende Variablen messbare, abhängige Variablen intentionale (konative) Merkmale Einstellungen <?page no="35"?> 36 Das Verhalten des Konsumenten Ajzen, 1975). Da es sich hier jedoch um ein Grundlagenlehrbuch Marketing handelt, soll auf die ausführliche Messmethodendiskussion bei Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 263 ff. verwiesen werden. Greift man auf die soeben gemachten Aussagen zum Zusammenhang von Einstellungen und Verhalten zurück, interessiert neben den genannten „Störgrößen“ auch die Frage, wie eine Einstellungsänderung herbeigeführt werden kann. Auch an dieser Stelle soll der Fokus nicht auf möglichen Methoden liegen, sondern auf psychologischen Prinzipien, die es im Marketing zu beachten gilt, da sie eine mögliche Einstellungsänderung wesentlich beeinflussen können (vgl. Cialdini, 2009):  Reziprozität: Konsumenten entscheiden sich leichter für ein Produkt, wenn sie zuvor etwas bekommen haben, z.B. eine Gratisprobe einer neuen Gesichtscreme.  Commitment: Konsumente honorieren ein Produkt, eine Marke eher, wenn z.B. deren Image mit dem eigenen Selbstverständnis kongruent ist.  Social Proof: Das Verhalten des Konsumenten wird an das Verhalten Dritter, einem sogenannten sozialen Stimulus (→ Kapitel 2.3.3), angepasst.  Autorität: Ein angesehener Stimulus, z.B. in Form einer angesehenen Persönlichkeit, wird als glaubwürdiger empfunden.  Sympathie: „Sympathische“ Personen überzeugen Konsumenten eher, eine gewünschte Verhaltensweise an den Tag zu legen, und erreichen damit ein höheres Maß an Zustimmung.  Begrenztheit: Eine wahrgenommene Knappheit erzeugt Nachfrage. Die Theorie der kognitiven Dissonanz (vgl. Festinger, 1957) bietet im Kontext sich verändernder Einstellungen relevante Ansatzpunkte für das Marketing. Dissonanz wird als ein Konflikt empfunden, den es aus Sicht des Konsumenten zu beseitigen gilt. Diese Konfliktsituation entsteht, wenn eine getroffene Entscheidung, eine durchgeführte Handlung oder die Auseinandersetzung mit Informationen in Widerspruch zu bisherigen Einstellungen des Konsumenten steht. Das Marketing kann auf unterschiedliche Maßnahmen zurückgreifen, um die zuvor genannten kognitiven Elemente wieder miteinander in Einklang zu bringen. Dissonanzreduktion kann durch die nachfolgenden Handlungen erzielt werden (vgl. Homburg, 2017, S. 63):  Der Konsument sucht nach positiven (konsonanten) Informationen, indem er z.B. auf Berichte der Zeitschrift Stiftung Warentest zurückgreift.  Der Konsument geht negativen, somit dissonanten Informationen aus dem Weg.  Erfahrene Informationen werden vom Konsumenten in einer Weise interpretiert und in Frage gestellt, dass Dissonanzen nicht auftreten können.  Nach dem Kauf erfolgt eine Einstellungsänderung beim Konsumenten, um die gewünschte Konsonanz mit dem gekauften Produkt herzustellen. <?page no="36"?> Verhaltensprägende Faktoren 37  Der Konsument wird in einer Weise aktiv (Handlung), dass negative Folgen nach dem Kauf des Produktes weitestgehend kompensiert werden können. Die Theorie der kognitiven Dissonanz wird in der Literatur in den unterschiedlichsten Kontexten abgehandelt. Aus Sicht der Autoren macht eine Einbindung an dieser Stelle Sinn, da die Dissonanztheorie auf der einen Seite den Willen des Konsumenten zur Einstellungsänderung erklärt und damit für den Marketingmix wertvolle Ansatzpunkte liefert. Auf der anderen Seite wird damit die Brücke zum nächsten Kapitel, den kognitiven Prozessen, und hier im Besonderen der Frage danach wie Informationen aufgenommen und verarbeitet werden, geschlagen. 2.3.2 Kognitive Prozesse  Das sollten Sie wissen! Kognitive Prozesse versuchen, den gedanklichen Prozess der Informationsverarbeitung beim Konsumenten zu beschreiben. Sie dienen der willentlichen Steuerung des Konsumentenverhaltens und helfen dem Konsumenten, sich und seine Umwelt zu erkennen (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 85). Durch die Aufnahme eines Reizes und seine Entschlüsselung beginnt der Prozess der Informationsverarbeitung. Jeder aufgenommene Reiz vermittelt Informationen, die mit bereits beim Konsumenten vorhandenen Informationen abgeglichen werden. Über sogenannte Prozessoren vollzieht sich der Prozess der Informationsverarbeitung und führt unter bestimmten Voraussetzungen zu einer langfristigen Speicherung der Information im Gedächtnis. → Abbildung 13 zeigt das Modell der kognitiven Psychologie, oder auch Dreispeichersystem genannt, das folgende drei Faktoren beinhaltet:  Sensorischer Informationsspeicher: Aufgabe dieses Speichers ist es, Sinneseindrücke nur für ganz kurze Zeit passiv abzuspeichern. Er wird als Brücke zwischen Wahrnehmung und Gedächtnis definiert.  Kurzzeitgedächtnis (auch Arbeitsgedächtnis): Das sogenannte Kurzzeitgedächtnis filtert aus dem sensorischen Speicher nur ausgewählte Sinneseindrücke (selektive Informationsaufnahme), die nur so lange gespeichert werden, um eine Entschlüsselung und Interpretation zuzulassen.  Langzeitgedächtnis (auch Langzeitspeicher): Die im Arbeitsgedächtnis interpretierten Sinneseindrücke werden mit den im Langzeitspeicher vorhandenen Erfahrungen abgeglichen. Die im Kurzzeitgedächtnis erworbenen Informationen werden entweder vergessen oder durch Lernprozesse im Langzeitgedächtnis gespeichert (vgl. Homburg, 2017, S. 56 f.). <?page no="37"?> 38 Das Verhalten des Konsumenten Abbildung 13: Das Modell der kognitiven Psychologie Quelle: Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 96. Kognitive Prozesse beinhalten nach Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein (2015, S. 85) die  „Informationsaufnahme (Wahrnehmung)  Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Denken, Entscheiden) und  Informationsspeicherung (Denken, Lernen und Gedächtnis).“ In den folgenden Kapiteln werden aufgrund des einführenden Charakters dieses Lehrbuchs lediglich die beiden Konstrukte Wahrnehmung und Lernen näher beleuchtet. Informationsaufnahme  Das sollten Sie wissen! „Der Bereich der Informationsaufnahme umfasst alle Vorgänge bis zur Übernahme von Reizen bzw. Informationen in den zentralen Prozessor (Kurzspeicher bzw. -gedächtnis), wo die eigentliche kognitive Verarbeitung stattfindet, d.h., es werden nur jene Reize betrachtet, die vom sensorischen Speicher in den Kurzzeitspeicher gelangen.“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 89) Im Kontext der Informationsaufnahme interessieren vor allem die Arten der Informationsaufnahme von Konsumenten. Man unterscheidet hierbei zwischen lernen erinnern Input (Umweltreize, z.B. Werbung) Output (Verhalten, z.B. Kauf) Stimulierung wahrnehmen Reaktion sensorisches Gedächtnis (visuell, akustisch, haptisch, olfaktorisch, gustatorisch) Langzeitgedächtnis (Informationsstrukturierung: Wissenseinheiten, Bedeutungen, Vorstellungen) Kurzzeitgedächtnis (Informationsverarbeitung: erkennen, interpretieren, verstehen, bewerten, entscheiden) <?page no="38"?> Verhaltensprägende Faktoren 39 externer und interner Informationsaufnahme (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm- Klein, 2015, S. 89 ff.):  Persönliche Kommunikation oder Informationen aus der Umwelt können eine externe, passive Informationsaufnahme auslösen. Sie erfolgt damit eher zufällig und ohne konkrete Absicht, häufig handelt es sich um Massenkommunikation.  Von zentraler Bedeutung ist die externe, aktive Informationssuche. Auslöser für die Informationssuche sind Neugierde, Gewohnheit - hier hat sich der Konsument verfestigte Verhaltensmuster der Informationssuche angeeignet -, sowie Konflikte oder eine bewusst zu treffende Kaufentscheidung. Welche Bedeutung der Informationssuche im Marketingkontext zukommt, wird in → Kapitel 2.4.1 „Typen von Kaufentscheidungen“ noch näher erläutert. Marketingmanager müssen relevante Erklärungen für die aktive Suche nach Informationen berücksichtigen. Aktivierende Vorgänge, meist personen- oder situationsgetrieben (z.B. der Einfluss von Meinungsführern und Innovatoren) und kognitive Vorgänge, die auf informationsökonomischen Ansätzen aufbauen, beeinflussen den Suchprozess. Auf der kognitiven Ebene lassen sich zwei Suchstrategien unterscheiden: die systematische Suche sowie die heuristische Suche, die eher eine Art „Daumenregel“ abbildet.  Im Rahmen der internen Informationssuche greift der Konsument auf eigenes Wissen zurück. Die Menge des Wissens bestimmt sich durch die bisherigen Erfahrungen und die Kenntnisse zu einem bestimmten Angebot. Dabei unterscheidet man u.a. zwischen verbalen und nonverbalen internen Informationen, auf die der Konsument auch eine Zugriffsmöglichkeit haben muss. Da die Informationsaufnahme eine hohe Bedeutung für das Marketing hat, ist es notwendig, den Prozess der Informationsaufnahme messbar zu machen. Einen Überblick über die dazu in der Literatur vorhandenen Methoden und Konzepte bietet Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 341 ff. Informationsverarbeitung Informationsverarbeitung lässt sich als ein kognitiver Prozess definieren, der neben der Wahrnehmung auch die Prozesse des Denkens und Entscheidens beinhaltet.  Das sollten Sie wissen! Wahrnehmung umfasst die Entschlüsselung der vom Konsumenten aufgenommenen Umweltreize und der inneren Signale, um Kenntnis über die eigene Person aber auch über deren Umwelt zu erhalten (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 99 und die Ausführungen zum SOR- Modell in → Kapitel 2.2.2). <?page no="39"?> 40 Das Verhalten des Konsumenten Objektbereich Sinnesmodalitäten kognitive Prozesse Gegenstände Vorgänge Beziehungen Sehen Hören Tasten Schmecken Riechen Empfinden Interpretation der Sinneseindrücke Abbildung 14: Schema der Wahrnehmung Quelle: Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 363. → Abbildung 14 macht die große Zahl der Wahrnehmungsvorgänge deutlich, die durch die unterschiedlichen Sinnesmodalitäten induziert wird. Damit wird auch deutlich, wie wichtig die zuvor genannten kognitiven Prozesse sind, um diese Sinneseindrücke auch entsprechend verarbeiten zu können. Die nachfolgenden Aspekte sind von zentraler Bedeutung bei dem Verständnis von Wahrnehmungsprozessen (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 363 ff.):  Wahrnehmung ist subjektiv. Subjektivität entsteht dadurch, dass eine komplexe Umwelt vom Konsumenten in eine einfachere transferiert wird. Durch diesen Transfer entstehen Abweichungen zwischen der wahrgenommenen Umwelt und der Realität.  Wahrnehmung ist somit ein aktiver Vorgang, durch den eine für den Konsumenten subjektive Umwelt mittels entsprechender Informationsaufnahme und -verarbeitung konstruiert wird.  Wahrnehmung ist auch selektiv, denn sie ist ein Instrument der Informationsbewältigung. Generell reichen die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung nicht aus, um die enorme Anzahl der Reize, die über unsere Sinnesorgane auf uns einströmen, zu beherrschen. Konsumenten verwenden unterschiedliche Filter, um diese Informationsflut zu reduzieren. Rubinscher Becher Müller-Lyersche Täuschung Ebbinghaussche Täuschung Hermannsches Gitter Abbildung 15: Subjektivität der Wahrnehmung Quelle: in Anlehnung an Rosenstiel/ Kirsch, 1996, S. 82 ff. < < < <?page no="40"?> Verhaltensprägende Faktoren 41 → Abbildung 15 gibt Beispiele für die Subjektivität der Wahrnehmung durch Wahrnehmungstäuschungen oder mehrdeutige Reize. Der Rubinsche Becher z.B. kann als weißer Gegenstand in einem dunklen Raum gesehen werden oder als zwei Profile, zwischen denen ein weißer Raum liegt. Die Gestaltpsychologie liefert in diesem Kontext wichtige Hinweise für das Marketing. Hier wird die These vertreten, „dass gewisse Phänomene nur zu verstehen sind, wenn sie als organisierte, strukturierte Ganzheit betrachtet werden, nicht aber, wenn sie in die Grundeinheiten der Wahrnehmung zerlegt werden“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 102). Metzger (1975) unterscheidet zwischen Grundphänomenen der Wahrnehmungsorganisation sowie Strukturierungsregeln der Wahrnehmung. Optische Täuschungen wurden bereits in → Abbildung 15 verdeutlicht und finden im Weiteren keine Beachtung. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Koppelmann (2001, S. 33 ff). Grundphänomene der Wahrnehmungsorganisation setzen sich mit Wahrnehmungsinhalten auseinander. Sie sind das Ergebnis einer nach bestimmten Gestaltgesetzen ablaufenden Umorganisation der Reizgrundlagen. Folgende drei Phänomene sind zu unterscheiden:  Die Figur-Grund-Gliederung beschreibt die Gliederung des Wahrnehmungsfeldes in Figur und Grund. Kippfiguren, die z.B. keine eindeutige Zuweisung von Figur und Grund aufweisen, führen zu einem unprägnanten Wahrnehmungserlebnis aufgrund der nicht eindeutigen Zuweisung.  Die Figur-Binnen-Gliederung wird durch die Grenzlinie sowie das Innere einer Figur gebildet. Eine Figur erweist sich erst dann als prägnant, wenn beide Prinzipien eingehalten werden. D.h. wenn eine eindeutige Figur-Grund- Gliederung vorliegt, die Figur aber diffuse Grenzlinien aufweist, handelt es sich wiederum um ein unprägnantes Wahrnehmungserlebnis.  Gemäß dem Prägnanzprinzip bevorzugt der Betrachter einfache Muster sowie stabile Strukturen. Sind mehrere alternative Gliederungen aufgrund der Reizgrundlage möglich, entscheidet sich der Betrachter für die prägnanteste Figur-Grund-Gliederung sowie Binnen-Gliederung, denn eine solche Figur tritt hervor und hebt sich vom Grund ab. In der Gestaltpsychologie konnte nachgewiesen werden, dass die Strukturierung der Reizgrundlagen nicht willkürlich abläuft, sondern nach bestimmten Regeln. Diese Regeln werden als Gestaltgesetze definiert.  Das Gesetz der Nähe erklärt, wie sich eine an sich unabhängige Masse von Einzelelementen durch Strukturierung zu Einheiten zusammenfügt. Das Gesetz der Nähe führt so zu ganz bestimmten Figurbildungen.  Das Gesetz der Geschlossenheit besagt, dass Linien, die eine Fläche umschließen, als Einheit wahrgenommen werden. Werden Flächen somit, z.B. <?page no="41"?> 42 Das Verhalten des Konsumenten durch Linien, umschlossen, werden diese vom Betrachter leichter als Einheiten aufgefasst.  Das Gesetz der Gleichartigkeit erklärt, dass der Betrachter Elemente, die eine ähnliche Reizgrundlage bezogen auf bestimmte Eigenschaften (u.a. Größe, Form oder Oberflächenbeschaffenheit) aufweisen, eher als Einheit wahrgenommen werden.  Im Gesetz der durchgehenden Kurve bilden diejenigen Teile einer Figur eine Einheit, die eine durchgehende Linie ergeben.  Das Gesetz der Erfahrung besagt, dass bestimmte Figuren nur wahrgenommen werden können, wenn ein bestimmtes Wissen beim Beobachter vorhanden ist. Für den Einsatz der marketingpolitischen Instrumente sind vor allem die nachfolgenden Besonderheiten der Wahrnehmung zu berücksichtigen (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 102):  Konsumenten nehmen vor allem die Umweltreize wahr, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Von daher ist es wichtig, dass die Bedürfnisse der Konsumenten bekannt sind und die marketingpolitischen Instrumente so eingesetzt werden, dass das eigene Produkt als die beste Alternative zur Bedürfnisbefriedigung wahrgenommen wird.  Umweltreize, die beim Konsumenten Aufmerksamkeit erzeugen, werden deutlich bewusster wahrgenommen und verarbeitet. Somit ist es die Aufgabe des Marketings, bei geringem Involvement des Konsumenten (→ Kapitel 2.3.3) geeignete Anreize zu platzieren.  Das Marketing muss dafür Sorge tragen, dass der erste flüchtige Kontakt mit dem Produkt, bedingt durch z.B. die Produktverpackung und Point-of- Sale-Maßnahmen, einen positiven Eindruck beim Konsumenten hinterlässt. Diese „erste Anmutung“ ist entscheidend dafür, ob sich der Konsument dem Angebot aufmerksam zuwendet oder nicht.  Unterschwellige Wahrnehmung (vgl. Rosenstiel/ Kirsch, 1996, S. 74 ff.) führte in der Vergangenheit zu intensiven Diskussionen (vgl. dazu ausführlich das Experiment von James Vicary bei Loudon/ Della Bitta, 1993, S. 379 f.), da es als eine Form des Brainwashing gilt. Reize, die unterhalb der Bewusstseinsschwelle liegen, können dennoch Verhaltensänderungen beim Konsumenten hervorrufen. Mit Werbereizen kann das Marketing Konsumentenverhalten steuern, ohne dass sich der Konsument dieser Steuerung bewusst ist. Zum Ende dieses Kapitel soll noch ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld von Wahrnehmung angesprochen werden - die Produktbeurteilung. Ein Konsument trifft in diesem Kontext eine Entscheidung für ein Produkt, indem er wahrgenommene Produktinformationen ordnet und bewertet. Wie zuvor im Rahmen der Gestalttheorie erläutert, wird die Wahrnehmung eines Reizes wesentlich vom Umfeld bestimmt. Das bedeutet letztendlich, dass sich komplexe <?page no="42"?> Verhaltensprägende Faktoren 43 Reizkonstellationen nur interpretieren lassen, wenn man im Marketing ein Verständnis für die Gesamtheit der Wahrnehmungszusammenhänge entwickelt. Die Veränderung einzelner Umfeldparameter - wie z.B. die Ladengestaltung - kann zu einer Modifizierung des Gesamturteils bezogen auf ein Produkt führen. Welche Einflussfaktoren Qualitätsurteile von Konsumenten beeinflussen, ist → Abbildung 16 zu entnehmen. Abbildung 16: Einflussfaktoren auf die Produktbewertung Quelle: Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 103. Produktbeurteilungen entstehen aufgrund von aktuellen Informationen, die vom Produkt (z.B. Produkteigenschaften wie Größe, Farbe, Form oder Produktverpackung) oder dem Umfeld (z.B. Ladengestaltung oder Warenpräsentation) kommen. Darüber hinaus greift der Konsument auch auf gespeicherte Informationen zurück, um sich ein Qualitätsurteil zu bilden. Grundsätzlich steht dem Konsumenten eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung. Um Produktbeurteilungsprozesse zu vereinfachen, bevorzugen Konsumenten sogenannte Schlüsselinformationen. Besonders von Bedeutung sind der Preis, die Marke oder Bewertungen in einem Warentest. Auf Grundlage dieses Datenpools erfolgt unter Bezugnahme auf kognitive Prozesse im Kurzzeitgedächtnis die Produktbeurteilung. Man unterscheidet zwischen einfachen und komplexen Programmen (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 103). produktbezogene Informationen umfeldbezogene Informationen produktbezogene Informationen umfeldbezogene Informationen aktuelle Informationen gespeicherte Informationen Produktbeurteilungsprozess aktuelle Informationen produktbezogene Informationen produktbezogene Informationen z.B. ansprechende Form, modernes Design, angenehmer Duft z.B. Argumente des Verkäufers während eines Verkaufsgesprächs z.B. Erinnerung an Produktvorteile aus der Werbung z.B. Erinnerung daran, dass auch ein Freund das Produkt gekauft hat z.B. Konsument schließt vom Preis auf die Qualität des Produktes z.B. das Produkt wird nur gekauft, wenn es einen bestimmten Preis nicht übersteigt <?page no="43"?> 44 Das Verhalten des Konsumenten Informationsspeicherung  Das sollten Sie wissen! Informationsspeicherung umfasst im Rahmen der Konsumentenverhaltensforschung das Lernen von Umweltzuständen sowie das adäquate Anpassen des eigenen Verhaltens an seine Umwelt, der Konsument lernt somit, auf diese zu reagieren (vgl. Behrens, 1991, S. 246). Wichtige Aspekte der Informationsspeicherung sind Wissen, Gedächtnis, Denken und Lernen, die eng miteinander zusammenhängen. Wissen, verstanden als Kenntnis relevanter Sachverhalte oder Denkinhalte, spielt im Rahmen des Lernens eine entscheidende Rolle. Neues Wissen, z.B. über Produkte und deren Eigenschaften, kann nur gelernt werden, wenn es zu bereits im Gedächtnis (→ Abbildung 13) gespeichertem Wissen in Beziehung gesetzt werden kann. Denken wird zum einen als Erkenntnisprozess definiert, um Strukturen und Zusammenhänge zu erfassen. Verstanden als Prozess der kognitiven Informationsverarbeitung unterstützt es zum anderen den Konsumenten dabei, Hindernisse zu überwinden, um einen gewünschten Zielzustand zu erreichen. Denken befähigt somit den Konsumenten, Wissen nach subjektiven oder allgemein anerkannten Regeln zu neuem Wissen zu verdichten (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 112 f.). Nachdem nun die einzelnen Aspekte der Informationsspeicherung kurz erläutert und in Beziehung gesetzt wurden, liegt der Fokus der weiteren Ausführungen auf möglichen Lerntheorien.  Das sollten Sie wissen! Lernen ist für das Marketing von zentraler Bedeutung, da es eine Verhaltensänderung aufgrund gemachter Erfahrungen bedingen kann (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 114). Aus der Psychologie lassen sich unterschiedliche Theorien nutzen, um Lernprozesse besser erklären zu können. Die drei lerntheoretischen Ansätze, die am häufigsten in der Konsumentenverhaltensforschung Anwendung finden, sind das Lernen durch klassische sowie instrumentelle Konditionierung sowie das Lernen am Modell. Siehe dazu → Abbildung 17. <?page no="44"?> Verhaltensprägende Faktoren 45 lerntheoretische Ansätze Lernen durch klassische Konditionierung Lernen durch instrumentelle Konditionierung Lernen am Modell Kernaussagen Kernaussagen:  Lernen basiert auf angeborenen, unwillkürlichen Reflexen (z.B Lidreflexe, Speichelbildung)  mit Hilfe erlernter Verhaltensweisen ist eine kurzfristige und flexible Anpassung an die Umwelt möglich Kernaussagen:  Lernen erfolgt aus den Konsequenzen des Verhaltens  Individuen werden eher das Verhalten wiederholen, für das sie belohnt wurden, bzw. in Zukunft Verhalten vermeiden, für welches sie bestraft wurden Kernaussagen:  Individuen lernen durch unmittelbare Erfahrung sowie durch Beobachtung  Verhalten wird mit Hilfe von Wahrnehmungs- und Gedächtnisprozessen wahrgenommen (beobachtet) und in ähnlichen Situationen nachgeahmt Anwendung im Marketing z.B. emotionale Konditionierung z.B. Prämie für besonders treue Kunden z.B. Werbung mit Prominenten Abbildung 17: Lerntheoretische Ansätze Quelle: Homburg, 2017, S. 74. Im Rahmen der klassischen Konditionierung wird dem Konsumenten ein zunächst neutraler Reiz in Verbindung mit einem Reiz angeboten, auf den dieser mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Reaktion zeigen wird. Nach einer gewissen Zeit lernt der Konsument, auf den ursprünglich neutralen Reiz in derselben Weise zu reagieren wie auf den ursprünglich reaktionsauslösenden Reiz. Dadurch wird ein bestimmtes Verhalten durch das gleichzeitige Auftreten zweier Reize gelernt (vgl. dazu ausführlich das klassische Experiment von Pawlow, 1973). Das wichtigste Anwendungsfeld der klassischen Konditionierung bildet die emotionale Konditionierung. Der Konsument wird, wie in den Erläuterungen zuvor, zwei Reizen gleichzeitig ausgesetzt, das Produkt oder die Marke wird zusammen mit einer emotionalen Situation präsentiert. Als Beispiel kann die Werbung von Langnese „Like Ice in the Sunshine“ genannt werden. Eisgenuss wird mit Strand, Sonne, Spaß in Verbindung gebracht, ein Setting, das die meisten Konsumenten als äußerst positiv empfinden. Ziel der emotionalen Konditionierung ist es, auch ohne die emotionale Situation das positive Gefühl für den Konsumenten bei Betrachten oder Gebrauch des Produktes zu erzeugen. Um die emotionale Konditionierung erfolgreich anzuwenden, ist es wichtig, den Kunden wiederholt mit z.B. dem emotionalen Slogan zu konfrontieren (vgl. Homburg, 2017, S. 73). <?page no="45"?> 46 Das Verhalten des Konsumenten Lernen durch instrumentelle Konditionierung entsteht, wenn man gezeigtes Verhalten eines Konsumenten belohnt oder bestraft (Verstärkerprinzip). Demnach wird Konsumentenverhalten aufgrund der Konsequenzen, die bisherigem Verhalten folgen, verändert. Belohnt man Verhalten, tritt diese Verhaltensweise mit hoher Wahrscheinlichkeit nochmals auf, bestraft man Verhalten, sinkt die entsprechende Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens. Die instrumentelle Konditionierung hilft besonders, Kundenzufriedenheit und -loyalität zu erklären (vgl. Homburg, 2017, S. 73 f.). Alle Reward-Systeme (wie z.B. Real- Treuepunkte oder Payback) beruhen auf dem Prinzip der instrumentellen Konditionierung. Die erfahrene Belohnung in Form einer Prämie verstärkt die Wahrscheinlichkeit, wie im Fall von real, eine der Filialen erneut aufzusuchen. Der lerntheoretische Ansatz des Lernens am Modell erklärt Verhaltensänderung dadurch, dass der Konsument ein zuvor beobachtetes Verhalten erfolgreich nachahmt. Dabei läuft der Lernprozess in drei Stufen ab (vgl. Homburg, 2017, S. 74 f.):  Modell wird beobachtet: Die Attraktivität des Modells erhöht die Aufmerksamkeit. Einem Prominenten oder einer erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeit schenken Konsumenten eher Beachtung.  Konsument erinnert sich an die Beobachtung: Der Konsument steht vor dem Regal im Supermarkt und erinnert sich an die Verhaltensweise des Prominenten. Dabei wird die Erinnerung gestützt durch die Möglichkeit, die Beobachtung zu organisieren, abzurufen oder zu wiederholen.  Ähnliches Verhalten wird gezeigt: Es kommt zu einer „Verhaltenssimulation“, wenn der Konsument die Nachahmung für attraktiv und auch realisierbar hält. Wenn der zuvor als Beispiel verwendete Prominente eine teure Uhr bewirbt, die die Kaufkraft des Konsumenten deutlich übersteigt, ist das Modell für den Konsumenten nicht realisierbar und wird somit nicht gelernt. Grundsätzlich wird diese Form des Lernens von Erfolg gekrönt sein, wenn die z.B. in der Werbebotschaft eingesetzten Persönlichkeiten bestimmte Eigenschaften, wie Ähnlichkeit zum Konsumenten, zur Kompetenz oder zum hohen sozialen Status aufweisen, wie bereits in → Kapitel 2.3.1 im Rahmen der psychologischen Prinzipien zur Einstellungsänderung diskutiert. Aus diesem Grund werden in der Werbung häufig Personen „wie du und ich“ eingesetzt, mit denen sich Konsumenten identifizieren können. 2.3.3 Prädisponierende Variablen Jedes zu erklärende Kaufverhalten kann idealerweise auf aktivierende und kognitive Prozesse, wie sie in den Kapiteln zuvor näher erläutert wurden, zurückgeführt werden. Aktivierende Prozesse sind dabei den kognitiven nicht immer vorgelagert. Auch eine umgekehrte Beeinflussungsrichtung ist möglich oder eine moderierende Beziehung zwischen den Konstrukten (vgl. Foscht/ <?page no="46"?> Verhaltensprägende Faktoren 47 Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 30). Aufgrund der Komplexität des Konsumentenverhaltens sind auch persönliche, kulturelle oder soziale Aspekte zu berücksichtigen, die im Folgenden unter dem Oberbegriff prädisponierende Variablen zusammengefasst werden. Die einzelnen, näher zu diskutierenden Variablen sind → Abbildung 18 zu entnehmen. Abbildung 18: Schichtmodell der Umweltdifferenzierung Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 158. In Anlehnung an Koppelmann werden die prädisponierenden Variablen um die situativen Faktoren ergänzt (vgl. Koppelmann, 2001, S. 71 ff.). Individuum/ Involvement Beginnt man mit dem Kern des zuvor dargestellten Schichtmodells, gilt es, persönliche Determinanten des Individuums - Persönlichkeit, Involvement und Lebensstil (→ Kapitel 3.2.3.2) - zu diskutieren. Im Rahmen der weiteren Ausführungen wird lediglich das Konstrukt Involvement näher beleuchtet.  Das sollten Sie wissen! Einstellungen beschreiben vornehmlich die Art der Beziehung zwischen Konsument und Produkt, während Involvement die Stärke-Intensität der Beziehung beschreibt. Es stellt sich somit die Frage, wie wichtig ein Produkt für den Konsumenten ist - man spricht von der Ich-Beteiligung des Konsumenten. (vgl. Krugman, 1965, S. 349 f.) Für das Marketing besonders relevant ist der Ausprägungsgrad des Involvements, man unterscheidet dabei zwischen High- und Low-Involvement- Käufen. Assael (1995, S. 19 f.) beschreibt diese beiden Extreme sehr anschaulich, zwischen denen jedoch kaufverhaltensrelevante Abstufungen bestehen: „High-Involvement-Käufe sind Käufe, die für den Konsumenten wichtig sind. Solche Käufe stehen in enger Verbindung zu Persönlichkeit und Selbsteinschätzung des Konsumenten. Sie enthalten ein gewisses Risiko für den Konsumenten - finanzielles Risiko (teure Güter), soziales Risiko (Produkte, die im Hinblick auf Bezugsgruppen wichtig sind) oder psychologisches Risiko (die falsche Entscheidung kann Sorge oder Angst verursachen). In solchen Fällen lohnt es sich für den Konsumenten, seine Zeit und Energie für sorgfältiges Abwägen der Produktalternativen zu verwenden. Low-Involvement-Käufe sind Individuum/ Involvement  Familie  Primär- und Sekundärgruppen  Kultur  Subkultur  soziale Schicht <?page no="47"?> 48 Das Verhalten des Konsumenten für den Konsumenten nicht so wichtig. Finanzielle, soziale und psychologische Risiken sind nicht annähernd so groß wie bei High-Involvement-Käufen. In solchen Fällen lohnt es sich möglicherweise nicht, Zeit und Anstrengungen für die Suche nach Informationen über Marken und die Erwägung einer großen Zahl von Alternativen einzusetzen. Deshalb bringen Low-Involvement-Käufe im Allgemeinen begrenzte Entscheidungsprozesse mit sich.“ (Kuß/ Tomczak, 2007, S. 75) Der nachfolgenden → Abbildung 19 können die zuvor genannten Unterschiede durch eine Gegenüberstellung charakterisierender Eigenschaften von High- und Low-Involvement-Käufen entnommen werden: High-Involvement-Situation (Kauf eines Autos) Low-Involvement-Situation (Kauf eines Haushaltsreinigers) Informationsaufnahme Lesen von Testberichten, Prospekten etc., Gespräche mit Meinungsführern im sozialen Umfeld, Probefahrten zufälliger Kontakt zu Werbung, Verkaufsförderung, Verpackungsgestaltung etc. Informationsverarbeitung Vergleich einer größeren Anzahl von Alternativen, Abwägung relevanter Produkteigenschaften (Marke, Preis, Verbrauch etc.) Vertrautheit mit einer stark beworbenen oder in der Einkaufsstätte häufig wahrgenommenen Marke Verarbeitung von Werbebotschaften Beschäftigung der in Anzeigen und Prospekten dargestellten Details geringes Interesse, zufälliger Kontakt zu Werbung mit geringem Informationsgehalt Auswahl einer Alternative Auswahl der Alternative, welche den Bedürfnissen und Möglichkeiten am besten entspricht Kauf einer Alternative, die zu einem akzeptablen Preis in der Einkaufsstätte erhältlich ist Beziehung zu Persönlichkeit und Lebensstil große Bedeutung im Hinblick auf Selbstbild und Fremdbild keine nennenswerte Relevanz für irgendeinen Aspekt des Lebensstils Einfluss von Bezugsgruppen Ausrichtung an Standards der sozialen Schicht/ Subkultur keinerlei Relevanz hinsichtlich Bezugsgruppen, da Produktwahl von diesen nicht wahrgenommen wird Abbildung 19: Eine Gegenüberstellung von High- und Low-Involvement-Käufen Quelle: Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 75. Typische Beispiele für High-Involvement-Käufe sind Urlaubsreisen, eine neue Küche, Autos oder der Kauf eines Eigenheims. In der Regel sehen sich Unternehmen aber mit Low-Involvement-Käufen, z.B. Glühbirnen, Güter des täglichen Bedarfs, Reinigungsmittel oder ähnlichem, konfrontiert. Marketingmanager gehen in der Regel von Low-Involvement-Bedingungen aus und müssen sich die Frage stellen, wie der Marketingmix zu gestalten ist, um Interesse für das eigene Produkt oder die eigene Marke zu generieren. Mögliche Maßnah- <?page no="48"?> Verhaltensprägende Faktoren 49 men zur Steigerung des Involvements können im gezielten Einsatz von Werbemaßnahmen (→ Kapitel 4.4.2.4) liegen sowie durch eine entsprechende Marktsegmentierung (→ Kapitel 3.2.3.2) erreicht werden, indem man nur Segmente anspricht, deren Konsumenten einen hohen Grad an Involvement zeigen. Auch bildet die Produktdifferenzierung eine Möglichkeit zur Steigerung des Involvements (→ Kapitel 4.2.4). In der Literatur werden noch weitere Arten des Involvements unterschieden. Homburg (2017, S. 39 f.) differenziert zwischen lang- und kurzfristigem (Basis ist hier die zeitliche Kontinuität), kognitivem (hier will der Konsument viel über sein Produkt lernen, indem er Wissen aufbaut) und emotionalem Involvement (hier werden dem Produkt/ Angebot besondere Gefühle entgegengebracht, z.B. wenn man Fan eines bestimmten Fußballvereins ist). Familie Als weitere Determinante der prädisponierenden Variablen ist die Familie zu diskutieren.  Das sollten Sie wissen! Familien treten in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Man unterscheidet zwischen der Kernfamilie, hier leben Mutter, Vater, Kind in einem gemeinsamen Haushalt. Netzwerkfamilien ergänzen die Kernfamilie um im Haushalt lebende Verwandte, für die man Verantwortung trägt, z.B. Großeltern, und sogenannte Freundesfamilien, die eine Art „Ersatzfamilie“ darstellen (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 152). Der Einfluss von Familien auf das Konsumentenverhalten verwässert zunehmend. Teilweise bleiben Paare bewusst ohne Kinder und erhöhen damit ihre Kaufkraft, wenn beide berufstätig sind. Auch steigt die Zahl der Singlehaushalte stetig. Es wird nicht berücksichtigt, dass viele Familien später wieder getrennt leben, was zu deutlichen finanziellen Belastungen führt und die Konsummöglichkeiten erneut einschränkt. Es entstehen auch erneut Bedarfe, z.B. Wohnungseinrichtung, die in vorherigen Phasen des Lebenszyklusmodelles bedeutsam waren (vgl. Busch/ Fuchs/ Unger, 2008, S. 727). Die sogenannten Kernfamilien verschwinden, an ihre Stelle treten andere Familienformen wie z.B.:  Patchwork-Familien: Beide Partner bringen Kinder aus einer früheren Beziehung in die Partnerschaft ein. Der Begriff Patchwork-Familie ersetzt den Begriff der Stieffamilie, da dieser mit negativen Stereotypen behaftet ist (vgl. Walper, 2014, S. 1157). <?page no="49"?> 50 Das Verhalten des Konsumenten  „Als Regenbogenfamilien wird ein gleichgeschlechtliches Paar (Homosexualität) mit Kindern bezeichnet.“ (Rauchfleisch, 2014, S. 1309). Diese Familienform wird hauptsächlich von lesbischen Frauen gelebt, die häufig ihre Kinder aus zuvor geführten heterosexuellen Beziehungen mit in die neue Partnerschaft einbringen. „Familienstrukturen unterliegen u.a. aufgrund folgender Einflussgrößen einem zunehmenden Wandel: zunehmende Freizeitmöglichkeiten, zunehmende formale Bildung, zunehmende Berufstätigkeit der Frau und zunehmende Lebenserwartung. Die Familiengrößen nehmen ab mit der Folge, dass eine Frau ihre Rolle als Mutter in einer relativ kurzen Lebensspanne wahrnimmt. Dies alles führt zunehmend zur Änderung auch geschlechtsspezifischen Rollenverhaltens.“ (Busch/ Fuchs/ Unger, 2008, S. 727) Um den familiären Einfluss auf das Kaufverhalten zu erklären, werden unterschiedliche Familienlebenszyklusmodelle genutzt. Wells/ Gubar (1966, S. 362) unterscheiden folgende Phasen:  Ledige I, jung, ledig, nicht zu Hause lebend,  junges Paar, keine Kinder,  volles Nest I-III, relevantes Kriterium ist hier das Alter der Kinder,  leeres Nest I-II, Kinder sind aus dem Haus und die Eltern treten in den Ruhestand,  Ledige II und III, hier geht es darum, ob der überlebende Partner noch berufstätig ist oder nicht. In der Literatur finden sich noch weitere Einteilungen, die aber ähnliche Unterscheidungsmerkmale heranziehen. Aus diesem Grund ist es ausreichend, auf Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein (2015, S. 152 ff.) zu verweisen. Den einzelnen Stufen des Familienlebenszyklus lässt sich ein typisches Kaufverhalten zuordnen. Exemplarisch soll dies an drei Stufen aufgezeigt werden: Dem „jungen Paar“ - Double Income No Kids - steht ein relativ hohes Haushaltseinkommen zur Verfügung, da beide Partner in der Regel berufstätig sind. Geld wird für Urlaub, eine schöne Wohnung und Produkte, die das Leben angenehmer machen, ausgegeben. Ganz anders das „volle Nest I“. Hier sinkt nicht nur das Haushaltseinkommen, da meist ein Elternteil zu Hause bei den Kindern bleibt, Konsumausgaben richten sich zunehmend auf alle Produkte aus, die man im Haushalt und für die Kinder benötigt. Das Segment „Ledige III“ beschäftigt den Marketingmanager besonders. Die Lebenszeitspanne nach Austritt aus dem Berufsleben verlängert sich stetig, es entwickeln sich interessante Lifestyle-Märkte für den Konsumenten ab 60. Ältere Konsumenten kaufen anders. Sie sind anspruchsvoll und bevorzugen Premiumprodukte. Auto, Reisen, modische Kleidung und eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung sind wichtige Konsumfelder. Leider steigt in diesem Segment auch die Altersarmut (Die Zeit, 2016). <?page no="50"?> Verhaltensprägende Faktoren 51 Abbildung 20: Abläufe im Familienlebenszyklus Quelle: Kuß/ Tomczak, 2007, S. 222. jung, unverheiratet jung, verheiratet, ohne Kinder jung, verheiratet, mit Kindern mittleres Alter, verheiratet, mit Kindern älteres Ehepaar älter, unverheiratet jung, geschieden, ohne Kinder mittleres Alter, verheiratet, ohne Kinder mittleres Alter, geschieden, ohne Kinder jung, geschieden, mit Kindern mittleres Alter, geschieden, mit Kindern traditioneller Familienzyklus üblicher Ablauf Ablauf auf Umwegen mittleres Alter, verheiratet, ohne abhängige Kinder mittleres Alter, geschieden, ohne abhängige Kinder <?page no="51"?> 52 Das Verhalten des Konsumenten Um Familienlebenszyklusmodelle für das strategische Marketing nutzbar zu machen, ist vor allem die Einteilung und Abgrenzung der einzelnen Stufen kritisch zu betrachten. Wie zuvor bereits erläutert, weichen die bekannten Familienstrukturen immer mehr auf und alternative Konzepte eines Familienverständnisses entstehen. Um diesem Problem Herr zu werden, hat man neben dieses idealtypische Familienzyklusmodell sogenannte Umwege gestellt. Diese veranschaulichen, wie vielschichtig Familienstrukturen heutzutage sein können (→ Abbildung 20). Kaufverhalten in Familien wird vor allem im Rahmen von Interaktionsanalysen erforscht. Besondere Beachtung findet das jeweilige Rollenverständnis der Familienmitglieder. Die Rollenverteilung im Kaufentscheidungsprozess steht dabei besonders im Fokus des Forschungsinteresses (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 154 f.). Als Fazit kann festgehalten werden, dass man klassische Lebenszyklusmodelle heutzutage nur noch dazu verwenden sollte, um mögliche Familienstrukturen zu charakterisieren und deren Einfluss auf das Konsumentenverhalten zu analysieren. Familienlebenszyklen werden „von einer großen Anzahl verschiedener, spezifischer Haushaltsstrukturen mit jeweils eigenständigen Konsumstrukturen“ (Busch/ Fuchs/ Unger, 2008, S. 728) ersetzt. Primär- und Sekundärgruppen „Als Gruppe wird eine Mehrzahl von Personen verstanden, die in wiederholten und nicht zufälligen, wechselseitigen Beziehungen zueinandersteht. Zu unterscheiden ist zwischen  Primärgruppen, d.h. kleinen Gruppen, für die eine persönliche Interaktion der Mitglieder kennzeichnend ist (z.B. Familie, Nachbarschaft, sozial Gleichgestellte); häufig liegt ein „Wir-Bewusstsein“ vor, und  Sekundärgruppen, d.h. große Gruppen, deren Mitglieder ein eher formal begründetes Verhältnis zueinander haben (z.B. in Betrieben und Vereinen); meist kennen sich nicht alle untereinander“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm- Klein, 2015, S. 145). Diese Definition verdeutlicht nochmals die eher fließenden Grenzen zum Abschnitt zuvor. Familie kann als eine wichtige Primärgruppe verstanden werden, andererseits nehmen die Einflüsse von Primär- und Sekundärgruppen auf Kaufentscheidungen in Familien stetig zu. Fraglich ist, wie lange sich die klassischen Stufen des Familienlebenszyklusmodells noch in der gegenwärtigen Form für Marketingentscheidungen nutzen lassen. Bezugsgruppen sind für das Konsumentenverhalten von Bedeutung, da sie die Wahrnehmung des Konsumenten von sich selbst und seinem Umfeld maßgeblich beeinflussen. „Sie liefern Normen für sein Verhalten.“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 145) Konsumenten werden durch die komparative Funktion von Bezugsgruppen in die Lage versetzt, ihre Wahrnehmung und Beurteilung von Produkten besser zu messen. <?page no="52"?> Verhaltensprägende Faktoren 53 Abbildung 21: Mögliche Bezugsgruppen Quelle: Kuß/ Tomczak, 2007, S. 218. Gruppen mit Face-to-Face- Kontakten Primärgruppen (kleine Gruppen) Fremdgruppen Sekundärgruppen (große Gruppen) mit nomineller Mitgliedschaft mit faktischer Mitgliedschaft Fremdgruppen virtuelle Kontakte, soziale Netzwerke im Internet mit Registrierung ohne Registrierung Austauschbeziehungen = Mehrzahl von Personen mit wechselseitigen Beziehungen Mitgliedschafts‐ gruppen Mitgliedschafts‐ gruppen <?page no="53"?> 54 Das Verhalten des Konsumenten Primäre Gruppen, nach denen der Konsument sein Verhalten ausrichtet, werden auch Bezugsgruppen genannt. Sie lassen sich wie folgt unterteilen (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 145):  Mitgliedschaftsgruppen: diesen Bezugsgruppen ist der Konsument zugehörig.  Fremdgruppen: der Konsument ist nicht Mitglied in diesen Gruppen, er fühlt sich diesen aber verbunden, sogenannte Konsumentenverbände. Der ausgeübte Einfluss dieser Bezugsgruppen führt zu konformem Konsumentenverhalten. Der vorangegangene Überblick (→ Abbildung 21) soll an dieser Stelle genügen. Im Kontext des Einflusses sozialer Gruppen auf das Konsumentenverhalten darf das Konzept des Meinungsführers nicht fehlen.  Das sollten Sie wissen! Meinungsführer, auch Opinion Leader genannt, üben signifikanten Einfluss auf das Kaufentscheidungsverhalten von Individuen bezogen auf bestimmte Produktkategorien aus. In ihrer wahrgenommenen Schlüsselrolle innerhalb kleiner Gruppen bestimmen sie das Meinungsbild von Konsumenten (vgl. Flynn/ Goldsmith/ Eastman, 1996, S. 138). Typische Charakteristika von Opinion Leader sind u.a. ein hohes Bildungsniveau verbunden mit einem zumeist hohen Einkommen und Berufsstatus, sie zeigen ein konstant hohes Involvement und wissen viel über das betroffene Produkt, haben Freude am Neuen - damit weisen sie eine höhere Risikobereitschaft auf als andere Konsumenten. Darüber hinaus verfügen Meinungsführer über ein hohes soziales Interaktionsniveau, sind gesellig und sozial gut vernetzt. Ihr Kommunikationsverhalten lässt sich als komplex beschreiben (vgl. Trommdorff/ Teichert, 2011, S. 200 f.). Meinungsführer erfüllen zwei Aufgaben:  Übermittlung von Informationen (sogenannte Relaisfunktion)  Verstärkerfunktion: aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit und Autorität in der Gruppe verstärken sie Wahrnehmung und Beurteilung von Produktangeboten. Im Diffusionsprozess eines Produktes, dieser beschreibt die Ausbreitung einer Innovation in einem sozialen System, vom Innovator über den frühen Adaptoren, die frühe und späte Mehrheit und schlussendlich den Nachzügler (vgl. Trommdorff/ Teichert, 2011, S. 206), nimmt der Meinungsführer die Position eines Innovators ein und übernimmt damit sowohl die Relaisals auch Verstärkerfunktion. <?page no="54"?> Verhaltensprägende Faktoren 55 Bisher liegt noch keine einheitliche Vorgehensweise vor, um Meinungsführer zu identifizieren und damit gezielt anzusprechen. Durch den Einsatz von Methoden wie Selbsteinschätzung oder die Analyse von Kommunikationsknotenpunkten kann dem Marketingmanager ein Instrumentarium an die Hand gegeben werden, die kommunikative Kraft von Opinion Leader für das eigene Unternehmen zu nutzen (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 611). Meinungsführerschaft lässt sich durch die zunehmende Bedeutung von Onlinenetzwerken neu definieren (→ Kapitel 4.4.2.4). Beauty- oder Fashion-YouTuber bestimmen das Kaufverhalten einer ganzen Generation und verleihen dem Opinion-Leader-Konzept eine neue Dimension. Als Beispiele dienen  Samantha and Nic Chapmann  https: / / realtechniques.com/ story oder  Manny Mua  https: / / www.youtube.com/ user/ MannyMua733 . Soziale Schicht  Das sollten Sie wissen! Unter sozialer Schicht versteht man die Stellung eines Individuums oder einer Gruppe in einer Gesellschaft bezogen auf Prestige und Status (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 208). In westlichen Industrieländern bestimmt sich die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht vornehmlich durch das Bildungsniveau, den ausgeübten Beruf und das damit erzielte Einkommen sowie die Herkunft, die jedoch deutlich an Bedeutung verliert. Von Gesellschaft zu Gesellschaft existieren unterschiedliche soziale Rangordnungen, die auch die Möglichkeit bieten, seine soziale Schichtzugehörigkeit zu ändern, man spricht von sozialer Mobilität. Die häufigste Einteilung von Schichten erfolgt in Ober-, Mittel- und Unterschicht, wobei es in der Literatur auch differenziertere Ansätze gibt (vgl. die Anwendung der sozialen Schicht im Rahmen der Marktsegmentierung → Kapitel 3.2.3.2). In den nachfolgenden Bereichen des Konsums kann von einem wesentlichen Einfluss der sozialen Schichtzugehörigkeit ausgegangen werden (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 208 f.):  Demonstrativer Konsum: Durch den Konsum luxuriöser Produkte beabsichtigt der Konsument, seinen materiellen Erfolg zu demonstrieren. Dabei ist es entscheidend, dass dieses Verhalten auch von der Umwelt wahrgenommen werden kann. Dafür eignen sich dann eher Juwelen und teure Uhren als Antiquitäten oder Kunst, die meist nur im Eigenheim wahrgenommen werden. Demonstrativer Konsum kann jedoch auch auf Grundlage von sogenanntem kulturellen Kapital, Bildung und Geschmack erfolgen. In diesem Kontext spricht man von Kennerschaft. Kennerschaft umfasst technisches Wissen, erworben durch Bildung, aber auch Geschmack, der nach <?page no="55"?> 56 Das Verhalten des Konsumenten Bourdieu aus einem „familiären Erbe“ heraus entsteht. Aufgrund des gestiegenen Einkommens und Vermögens von Konsumenten verliert der Preis eines Produktes seine Diskriminierungsfunktion im Sinne einer „Aneignungsbarriere“. Damit gewinnt Kennerschaft im Kontext des demonstrativen Konsums zunehmend an Bedeutung (vgl. Kisabaka, 2001, S. 43 f.).  Kompensation durch Konsum: Der Konsum luxuriöser Produkte dient dazu, fehlende Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs zu kompensieren.  Bedeutung des Geldes: In höheren sozialen Schichten dient Geld als Mittel zur Stärkung von Sicherheit, Macht und Freiheit. Kultur und Subkulturen Beschreibt die Zugehörigkeit zu einer Schicht die Position des einzelnen Konsumenten, steht Kultur für ein intergesellschaftliches Phänomen.  Das sollten Sie wissen! Kultur bildet die Gesamtheit von Werten, Bräuchen und Traditionen, die den Mitgliedern einer Gesellschaft oder Organisation gemein sind. Damit entstehen für die Gesellschaft/ Organisation wichtige Verhaltensmuster, die auf grundlegenden Normen und Werten fußen (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 204). Subkulturen, als intragesellschaftliches Phänomen, beschreiben Teilgruppen einer Gesellschaft oder Organisation. „Subkulturen sind unterscheidbare Gruppen von Leuten in einer Gesellschaft, die kulturell geprägt Gemeinsamkeiten bei affektiven und kognitiven Reaktionsweisen (emotionale Reaktionen, Auffassungen, Werten und Ziele), Verhalten (Gebräuche, Abläufe und Rituale), Verhaltensnormen und Umweltbedingungen haben.“ (Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 206) Die für das Marketing wichtigen Subkulturen sind nach Mowen/ Minor (2001, S. 285 ff.) Alterssubkulturen, ethnische Subkulturen, regionale Subkulturen sowie soziale Subkulturen, die bereits im Abschnitt zuvor erläutert wurden. In den USA unterscheidet man u.a. ethnische Subgruppen, wie Hispanics oder Afroamerikaner, die besonders bezogen auf ihr Konsumentenverhalten deutliche Unterschiede zum Rest der Bevölkerung aufweisen. Besonders Jugendkulturen spielen im heutigen Marketing eine zentrale Rolle - vom Gamer, Surfer und Skater über Emo bis zum Cosplayer (vgl. Behr, 2007, S. 32 ff.). Die Stärke des Einflusses auf das Konsumentenverhalten aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Subkultur ist von drei Faktoren abhängig (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 207 f.):  Besonderheit der Subkultur: Je stärker der Wille, eine jeweilige Identität aufrechtzuerhalten, je höher der Einfluss. <?page no="56"?> Verhaltensprägende Faktoren 57  Homogenität der Subkultur: Homogenität bezieht sich hier auf die gemeinsamen Werte. Eine gemeinsame Wertausrichtung erhöht den Einfluss.  Abgeschlossenheit der Subkultur: Der Einfluss ist umso stärker, je mehr sich die Subkultur von anderen Teilgruppen der Gesellschaft abgrenzt. Den bisherigen Ausführungen ist zu entnehmen, wie zentral die Bedeutung von Werten sowohl für den Aufbau von Kulturen als auch von Subkulturen ist. Aus diesem Grund soll dieses Konstrukt eine etwas detailliertere Betrachtung erfahren.  Das sollten Sie wissen! „Werte sind Konzepte oder Überzeugungen über Wünschenswertes, anhand derer Menschen Handlungen, Personen und Ereignisse bewerten. Werte bilden dabei ein geordnetes System an Prioritäten und sind über Zeit und Situationen hinweg stabil.“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 160) Werte sind somit Ausdruck motivationaler Ziele, deren inhaltliche Ausgestaltung je nach Zielsetzung abweichen kann. Damit werden Werte unterscheidbar. Werte bilden ein zentrales Element von Kulturen und leiten das Kaufverhalten. Konsumenten unterschiedlicher Kulturen verfügen jedoch über unterschiedliche Werthaltungen, es gibt aber auch universelle Werte, die allen Kulturen gemeinsam sind. Wertetypen repräsentieren Werte mit gemeinsamen Zielsetzungen. Über alle Kulturen hinweg können zehn solcher Wertetypen entsprechend den Forschungen von Schwartz/ Sagiv (1995, S. 96) angenommen werden. Werte, die kompatible Ziele aufweisen, grenzen im Kreis, dargestellt in → Abbildung 22, aneinander. Werte die widersprüchliche Zielsetzungen beinhalten, werden gegenüberliegend abgebildet. Die aufgeführten Werte stehen für unterschiedliche Verhaltensdimensionen in Kulturen, offen für Neues oder Bewahren des Bestehenden, Selbst-Erhöhung und Selbst-Überwindung bilden die weiteren Dimensionen. <?page no="57"?> 58 Das Verhalten des Konsumenten Abbildung 22: Wertetypologie nach Schwartz Quelle: Schwartz/ Sagiv, 1995, S. 96. Werte dienten im Abschnitt zuvor dazu, das Gemeinsame von z.B. Kundengruppen - im Sinne von Wertetypen - zu identifizieren. Nicht unberücksichtigt bleiben darf jedoch das Phänomen des Wertewandels. Es führt dazu, „dass Konsumenten materiellen Gütern weniger Bedeutung beimessen und dass Themen wie individuelles Wohlbefinden, Glück, Lebenszufriedenheit, Selbstverwirklichung, aber auch Umweltschutz und Gesundheit an Relevanz gewinnen.“ (Hoffmann/ Akbar, 2016, S. 192) Ein wichtiger Aspekt im Kontext des Wertewandels ist der sogenannte ethische/ nachhaltige Konsum (für eine spezifische Begriffsabgrenzung siehe Balderjahn, 2013, S. 199 ff.). Er kann als eine Art Sammelbegriff für unterschiedliche ethische Nuancen wie nachhaltiges, grünes, soziales, umweltfreundliches oder ressourcenschonendes Konsumentenverhalten verstanden werden. Neben dem individuellen Vorteil versucht der Konsument in seiner Kaufentscheidung auch die zuvor erwähnten Dimensionen zu berücksichtigen (vgl. Balderjahn, 2013, S. 199). Universalismus Humanismus Tradition Sicherheit Macht Leistung Hedonismus Stimulation Selbstbestimmung Konformität <?page no="58"?> Verhaltensprägende Faktoren 59 Konsumenten haben in den letzten Jahrzehnten gelernt, dass sie durch ihr Verhalten dem Klimawandel und seinen negativen Folgen für unser Leben entgegenwirken können. Welche zentrale Rolle dem umweltbewussten Konsumentenverhalten mittlerweile zukommt, kann beispielhaft an den Reaktionen auf den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verdeutlicht werden (siehe u.a.  http: / / www.zeit.de/ politik/ ausland/ 2017-06/ usa-trump-willpariser-klimaabkommen-aufkuendigen ). Nach Balderjahn (2013, S. 207) kann das Umweltbewusstsein der Konsumenten zu unterschiedlichen Verhaltensreaktionen führen:  Suffizienz-Option: Der Konsument reduziert den Konsum eines bestimmten Produktes oder gibt ihn ganz auf.  Effizienz-Option: Hier verlagert sich der Konsum auf Produkte, die der Umwelt den geringsten Schaden zufügen (z.B. biologisch abbaubare Waschmittel im Vergleich zu herkömmlichen mineralölbasierten Waschmitteln) oder Produkte werden möglichst nachhaltig genutzt (z.B. Verwendung von Akkus, die mit Solarenergie aufgeladen werden).  Recycling-Option: Produkte werden dem Wirtschaftskreislauf zurückgeführt oder wiederverwertet, z.B. die H&M-Sammelaktion bereits genutzter Kleidungsstücke (  http: / / www.hm.com/ de/ inspiration/ ladies/ bring-it-on ) - auch bekannt als Second-Use-Strategie - oder das Sammeln von Altpapier und Altglas. In den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches wird aufgezeigt, wie eine zielgruppengerechte Marketingstrategie bzw. ein Marketingmix etabliert werden kann (→ Kapitel 3.2.3). Abschließend erscheint es daher sinnvoll aufzuzeigen, warum der Absatz ökologischer Produkte immer noch recht gering ist im Vergleich zur Bedeutung, die dem umweltbewussten Konsum laut unterschiedlichster Umfrageergebnisse unter Konsumenten zukommt (vgl. dazu ausführlich Hoffmann/ Akbar, 2016, S. 197). Die zuvor genannten Autoren greifen hierzu auf die Value-Belief-Norm-Theorie von Stern (2000) zurück. Er unterscheidet zwischen  egoistischer Orientierung: durch umweltbewusstes Konsumentenverhalten realisiert der Konsument einen eigenen Nutzen,  altruistischer Orientierung: umweltbewusstes Konsumentenverhalten dient hier dem Wohl der (Mit-)Menschen,  biosphärischer Orientierung: umweltbewusstes Konsumentenverhalten schützt die Umwelt und die darin lebenden Arten, um zu erklären, warum Konsumenten ein Interesse haben, sich umweltbewusst zu verhalten. Ob eine Person nun ein umweltbewusstes Konsumentenverhalten an den Tag legt, ist abhängig von den eigenen, aktivierten Normen und dem damit verbundenen Verantwortungsbewusstsein (nachdem Konsumenten Umweltverschmutzung als Problem erkennen, müssen sie sich moralisch dazu verpflichtet <?page no="59"?> 60 Das Verhalten des Konsumenten fühlen zu handeln) sowie den vermuteten Konsequenzen, die ein ‚Nichthandeln‘ haben könnte. Der Konsument müsste z.B. auf Produkte verzichten oder einen höheren Preis dafür bezahlen. Dieses Verhaltensmuster beruht auf dem Norm-Aktivierungs-Modell von Schwartz (1977) und liefert Erklärungsansätze für das Entscheidungsdilemma, indem sich Konsumenten häufig befinden und das sie letztendlich davon abhält, ein ökologisches Produkt zu kaufen. Denn „entscheidet man sich bei der Wahl eines neuen Produktes für eine ökologische Alternative, so ist damit häufig ein Aufpreis, mehr Recherche- oder Beschaffungsaufwand oder eine geringe Produktqualität, ein schlechtes Design, eine eingeschränkte Funktionalität etc. verbunden“ (Hoffmann/ Akbar, 2016, S. 198). „Interessanterweise überlappt nur die egoistische Orientierung der Value Belief Norm Theory mit den Eigeninteressen und es ist in diesem Fall am wenigsten wahrscheinlich, dass für den Konsumenten ein Entscheidungsdilemma entsteht. Die altruistische und biosphärische Orientierung widerspricht dagegen häufig dem Eigeninteresse und erfordert damit Opfer vom Konsumenten.“ (Hoffmann/ Akbar, 2016, S. 198) Diese Opferbereitschaft gilt es durch den geschickten Einsatz der Marketinginstrumente zu erzeugen. Ferner wird ein zukünftig wichtiger Aspekt der Konsumentenverhaltensforschung auf der sogenannten Konsumentenerziehung liegen. Situative Faktoren Die Idee der situativen Faktoren wurde von Koppelmann (2001, S. 71 ff.) übernommen und gibt die dort aufgeführten Inhalte wieder.  Das sollten Sie wissen! Durch den Einbezug situativer Faktoren wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich Menschen unterschiedlich verhalten (z.B. beim Kauf oder Umgang mit Produkten), wenn man die Konfrontationsbedingungen ändert. Diese können unterschiedliche Dimensionen aufweisen, um letztendlich Situationen zu erhalten, die für die späteren Marktüberlegungen hilfreiche Anhaltspunkte liefern. Wie in folgender → Abbildung 23 dargestellt, lassen sich drei verschiedene Situationskategorien unterscheiden. Koppelmann nennt eine weitere Kategorie, wirtschaftliche Situationsaspekte, die jedoch aus den weiteren Ausführungen herausfällt, da sie in dem diesem Kapitel zugrundeliegenden neobehavioristischen SOR-Modell im Rahmen der Umfeld-Stimuli aufgeführt wurde. <?page no="60"?> Verhaltensprägende Faktoren 61 Situationskategorien zeitliche Situationsaspekte räumliche Situationsaspekte besondere Ereignisse  Tagesablauf  vor der Arbeit  während der Arbeit  nach der Arbeit  Wochenrhythmus (z.B. Wochenende)  Jahreszeiten  Klima  jährliche Feiertage  Ferien  eigene vier Wände  alleine  mit Gästen  Arbeitsplatz  Ferienumgebung  bestandene Prüfungen  Beförderungen  Hochzeiten  religiöse Feste (z.B. Taufe) Abbildung 23: Für das Kaufverhalten relevante Situationen Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 2001, S. 71 ff. Zeitliche Situationsaspekte beinhalten den Tagesablauf des Konsumenten, bestimmte Wochen- oder Monatsrhythmen und Jahreszeiten. Je nachdem, wann man den Konsumenten mit Produktinformationen konfrontiert, wird er sich diesen unterschiedlich intensiv zuwenden können.  Die Zeit vor der Arbeit ist meist durch Hektik gekennzeichnet. Der schöne Schlaf, das gemütliche Bett usw. führen dazu, dass die Körperhygiene, das Ankleiden, Frühstücken meist in Eile vorgenommen werden. Die Tätigkeiten sind routiniert, die Produktwahrnehmung ist auf das Wichtigste beschränkt. In dieser Situation sprechen wir von Low-Involvement-Situationen (→ Kapitel 2.3.3). Auch während der Arbeit kann es zu einer kaufverhaltensrelevanter Informationsaufnahmen kommen. Man tauscht sich mit Kollegen über gerade gekaufte Produkt aus und gibt eigene Erfahrungen und Wissen weiter oder nimmt diese auf. Der Konsument kann Teil einer Subkultur im Unternehmen sein, dies kann ebenso zu entsprechenden Produktbeurteilungen und Verhaltensmustern führen. Nach der Arbeit kehrt wieder Ruhe nach der Hektik des Tagesanfangs ein. Man hat Zeit, Produkte zu genießen, man kann sich mit ihnen beschäftigen.  Weitverbreitet, als Beispiel für wöchentliche Rhythmen, dürfte die Freude auf das erholsame Wochenende sein, Zeit, die man für Hobby- und Do-ityourself-Aktivitäten reserviert. Ein sicherlich interessantes Feld für den Marketingmanager, da diese Märkte stetig wachsen und an Bedeutung gewinnen.  Beim jahreszeitlichen Wechsel (Frühjahr/ Sommer/ Herbst/ Winter) sind zum einen die klimatischen Auswirkungen zu beobachten. Deutlich wird dies beispielsweise bei den saisonspezifischen Farbvariationen bei Bekleidungstextilien (z.B. Frühjahr: eher zarte Pastellfarben, Sommer: kräftige bunte Farbtöne, Herbst/ Winter: abgedunkelte Farben, Brauntöne). Auch jährlich wiederkehrende Feste spielen in diesem Rahmen eine große Rolle. Nicht nur bei Spielzeug, sondern auch bei anderen Produktgruppen (z.B. elektrischen <?page no="61"?> 62 Das Verhalten des Konsumenten Haushaltsgeräten) werden bis zu 50 % des gesamten Jahresumsatzes kurz vor Weihnachten getätigt. Nicht vergessen sollten man in dieser Aufzählung die Ferien, die insbesondere bei Familien mit schulpflichtigen Kindern an bestimmte Zeiten (z.B. Weihnachten, Ostern, Sommer) gebunden sind. Ferienzeiten haben auch Auswirkungen auf den Kauf von Produkten, die für diese Ferien benötigt werden. Diesem Umstand muss sich z.B. die Produkteinführungsplanung anpassen. In unserer kalten Jahreszeit in die Sonne zu fahren, wir immer populärer, doch ist es dann ein fast aussichtsloses Unterfangen, in unseren Breitengraden Schwimmmode zu bekommen, wenn man nicht gerade nach einem Sportbadeanzug sucht. Eng verzahnt mit dem Wann ist das Wo der Produktkonfrontation, wir sprechen dann von räumlichen Situationsaspekten. Die Möglichkeiten, bei denen der einzelne Konsument mit Produkten in Berührung kommt, lassen sich auf einem Kontinuum zwischen geringer und starker Fremdbestimmung ansiedeln.  In den eigenen vier Wänden kann sich der Einzelne den relativ größten Freiraum seiner Lebensverwirklichung bewahren. In gelöster Stimmung, ohne Erfolgsdruck, ohne Hinweis auf das, was man zu tun oder zu lassen hat, kann er sich kleiden, beköstigen usw. Lädt man Gäste zu sich nach Hause ein, erfährt die Intimität bereits Grenzen. Je nachdem, ob man seinen Chef oder seine zukünftigen Schwiegereltern zum Essen einlädt, wird man ein - je nach Zielsetzung - unterschiedliches Kaufverhalten zeigen. Kommen z.B. die Eltern der Verlobten aus einer höheren gesellschaftlichen Schicht und kennt er deren Vorbehalte ihm gegenüber, dann nimmt der Druck zu gesellschaftskonformem Verhalten zu.  Noch intensiver kann der Druck am Arbeitsplatz dann werden, wenn Kontakte mit Kunden zu pflegen sind. Der Verkäufer repräsentiert seine Firma und muss deren gesetzte Ziele erfüllen. Ein normengerechtes Verhalten wird erwartet, z.B. Tragen eines Anzugs in gedeckten Farben, einer Krawatte, eines Lederaktenkoffers.  Völlig anders kann sich die Ferienumgebung auswirken. Während der eine froh ist, endlich seine vertraute Umgebung hinter sich zu lassen, sich nicht mehr an die Regeln und Normen des eigenen Zuhauses halten zu müssen, ist der andere froh, endlich einmal „Zeit zum Leben“ zu haben, sei es, dass er liest, Sport treibt oder die Lust am Einkaufen entdeckt. Gerade davon profitieren viele Urlaubsorte. Dies hat weitreichende Folgen für das Marketing, umso mehr, wenn man Wert auf Markenbindung legt. Als besondere Ereignisse sollen nichtalltägliche, also seltene, relativ plötzlich wirksame Lebenssituationen definiert werden.  Ein Student, der sein bestandenes Examen feiern möchte, wird dies sicherlich ausgelassener und ungezwungener feiern als jemand, der seine Beförderung vom Senior Consultant zum Partner feiern möchte. Es werden unterschiedliche Speisen und Getränke oder eine andere Lokalität gewählt. <?page no="62"?> Kaufprozess bei Konsumenten 63  Weitere besondere Ereignisse sind religiöse Feste wie Taufe oder Konfirmation. Es handelt sich um Feste, die gewissen Normen unterworfen sind. Hier tritt die Spontanität zurück, soziale Erwartungen gewinnen an Bedeutung. Das zeigt sich nicht nur an der anlassspezifischen Kleidung, sondern auch daran, wie und wo der festliche Tag begangen wird. Insbesondere bei Hochzeiten, die nicht mehr unbedingt den religiösen Festen zuzuordnen sind, erlebt man eine Fülle relativ traditioneller Einflüsse, wie Rituale und Bräuche, die es zu beachten gilt und das Kaufverhalten entsprechend beeinflussen. 2.4 Kaufprozess bei Konsumenten Bisher wurden mögliche Einflussfaktoren auf das Konsumentenverhalten diskutiert, die wirksam werden, bevor eine konkrete Kaufentscheidungssituation entsteht. Konsumenten bauen Wissen über relevante Eigenschaften des Produktes auf oder bilden Einstellungen gegenüber angebotenen Produkten.  Das sollten Sie wissen! Als Kaufentscheidung soll ein Auswahlakt bezeichnet werden, indem sich der Konsument freiwillig und gegen Austausch von Geld für ein bestimmtes Produkt, eine Dienstleistung, Rechte oder Vermögenswerte (wobei in diesem Buch lediglich der Austausch von Produkten relevant ist) entscheidet (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 102 f.). Kaufentscheidungen werden unter sehr heterogenen Bedingungen getroffen. Der fast routinemäßige Ablauf eines Kaufentscheidungsprozesses für Güter des täglichen Bedarfs unterscheidet sich signifikant von dem extensiven Auswahlprozess, den ein Konsument durchläuft, wenn er sich eine neue Küche anschaffen möchte. Es müssen Kaufentscheidungstypen charakterisiert werden, damit im Marketing ein differenziertes Wissen über Kaufentscheidungsprozesse aufgebaut werden kann (vgl. Kuß / Tomzcak, 2007, S. 102). Dieser Typologisierung von Kaufentscheidungen widmet sich → Kapitel 2.4.1.  Das sollten Sie wissen! Ein Kaufprozess umfasst alle relevanten Stufen - von der Bedarfsfeststellung (der Konsument hat Bedürfnisse) über alle relevanten Entscheidungsprozesse bezogen auf Informationsaufnahme und -verarbeitung bis hin zur tatsächlichen Entscheidung für ein Produkt und der sogenannten Nachkaufphase (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 102). <?page no="63"?> 64 Das Verhalten des Konsumenten Bedürfnisse entstehen durch  das Empfinden eines Mangels: der erwünschte Zustand entspricht nicht dem aktuellen, der Konsument empfindet einen Mangel, ein typisches Beispiel ist das Empfinden von Hunger,  neue Möglichkeiten: der erwünschte Zustand verändert sich aufgrund neuer Angebote. Als Beispiel sei die Entwicklung vom Mobiltelefon zum Smartphone genannt. Blackwell/ Miniard/ Engel (2006, S. 71) bemerken, dass der empfundene Unterschied zwischen erwünschtem und realem Zustand ein gewisses Ausmaß erreichen muss, um überhaupt als Mangel und damit als Bedürfnis vom Konsumenten wahrgenommen werden zu können. So führt z.B. nicht jedes schwache Hungergefühl dazu, dass der Konsument gleich in den Supermarkt stürmt, um eine Bedürfnisbefriedigung herbeizuführen. Ein kurzer Blick in den Kühlschrank kann an dieser Stelle schon genügen und löst keinen Kaufentscheidungsprozess aus. Den beiden zuvor genannten Kategorien der Bedürfnisentstehung lassen sich eine Reihe von Kaufanlässen zuordnen, wie z.B. Einführung einer Produktinnovation sowie der Einfluss von sozialen Bezugsgruppen, Ersatzbedarf oder Unzufriedenheit mit bisher konsumierten Produkten oder die privaten Lebensumstände ändern sich, man zieht in eine neue Wohnung, die Familie bekommt Zuwachs (vgl. Kuß/ Tomzcak, 2007, S. 105 f.). In → Kapitel 2.4.2 findet sich eine kurze Darstellung der einzelnen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses, sie gilt quasi als Zusammenfassung aller bisher gemachten Aussagen und verdeutlicht dem Marketingmanager, wie Konsumenten eine Kaufentscheidung treffen. 2.4.1 Typen von Kaufentscheidungen Um komplexes Konsumentenverhalten im Rahmen von individuellen Kaufentscheidungen beherrschbar zu machen, entwickeln u.a. Kroeber-Riel/ Gröppel- Klein (2013, S. 460) vier Kaufentscheidungstypologien, die sich durch den Grad der kognitiven Steuerung voneinander unterscheiden:  Echte Kaufentscheidungen lassen sich durch einen hohen Grad an kognitiver Steuerung kennzeichnen. Dazu gehören das extensive sowie das limitierte Kaufverhalten als vereinfachter Entscheidungsmodus.  Liegt nur ein geringer Grad der kognitiven Steuerung vor, spricht man von habituellem Kaufverhalten (auch bekannt als Gewohnheitsverhalten) oder impulsivem Kaufverhalten. In der Literatur finden sich unterschiedliche Bestimmungsgrößen, die das Auftreten einzelner Kaufverhaltenstypen begünstigen oder bestimmen. Weinberg (1981, S. 16 ff.) nennt die nachfolgenden Determinanten: <?page no="64"?> Kaufprozess bei Konsumenten 65  Produktart: Hier unterscheidet man zum einen zwischen Gebrauchs- und Verbrauchsgütern, darüber hinaus ist für das Marketing noch die Einteilung in Convenience, Shopping, Speciality Goods von Bedeutung. (→ Kapitel 4.3.1)  Kaufsituation: Mögliche Determinanten sind hier Zeitdruck, Neuartigkeit der Kaufsituation oder der emotionale Reizwert der Kaufsituation.  Persönliche Prädisposition: Hier sind vor allem das Involvement (→ Kapitel 2.3.3), die Risikoneigung des Konsumenten (risikoavers versus risikoaffin) sowie das persönliche Informationsniveau zu beachten. Kombiniert man die unterschiedlichen Determinanten, können verschiedene Verhaltenssegmente abgeleitet werden. Die nachfolgende → Abbildung 24 zeigt entsprechende Verhaltensmuster, die durch die Gegenüberstellung des kognitiven und emotionalen Involvements entstehen. hoch impulsive Kaufentscheidung extensive Kaufentscheidung emotionales Involvement habitualisierte Kaufentscheidung limitierte Kaufentscheidung niedrig groß kognitives Involvement klein Abbildung 24: Zusammenhang zwischen emotionalem und kognitivem Involvement Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 168. Emotionen wird mittlerweile im Rahmen der Konsumentenforschung ein höherer Stellenwert beigemessen. Konsumenten sind in der Lage, Emotionen, die sie beim Kauf eines Produktes erleben, als Basis für zukünftiges Kaufentscheidungsverhalten heranziehen (sogenannten „How-do-I-feel-about“-Heuristik). Darüber hinaus werden Entscheidungsprozesse beschleunigt (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 169). Extensives Kaufverhalten Hier handelt es sich um einen sogenannten Suchkauf. Die kognitive Steuerung ist sehr hoch, da sich der Konsument seiner Kaufabsicht erst während des Entscheidungsprozesses bewusst wird. Konsumenten zeigen extensives Kaufverhalten besonders dann, wenn sie wenig Erfahrung mit dem Produkt haben und daher über keine bewährten Entscheidungsschablonen verfügen. Extensive Entscheidungen zeichnen sich besonders durch folgende Merkmale aus: <?page no="65"?> 66 Das Verhalten des Konsumenten  hoher Informationsbedarf,  lange Entscheidungsdauer und  Erkennen der Notwendigkeit, Bewertungskriterien zu entwickeln (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 170). Extensive Kaufentscheidungen stellen sehr hohe Anforderungen an den Konsumenten, tendenziell versucht er, die Komplexität des Entscheidungsprozesses zu reduzieren. Folgende Restriktionen sind zu beachten (vgl. Weinberg, 1981, S. 55 ff.):  Individuen besitzen nur eine beschränkte kognitive Fähigkeit. Komplexe Problemlösungsmuster sind nur bedingt beherrschbar, dies wird noch durch den Mangel an Möglichkeiten der differenzierten Informationsaufnahme und -verarbeitung von Konsumenten erschwert.  Situative Faktoren können dazu führen, dass ein Entscheidungsprozess abgebrochen oder vereinfacht wird, wenn z.B. auf Erfahrungen zurückgegriffen wird. Beispiele hierfür sind zeitliche Restriktionen beim Einkaufen - man trifft abends sein „Tinder-Date“ und hetzt durch die Geschäfte auf der Suche nach dem passenden Paar Schuhe.  Emotionale Erregungszustände können das kognitive Kaufverhalten dominieren. Ein ursprünglich extensiv begonnener Kaufprozess wird zu einem Impulskauf. Kommt man auf das Beispiel von eben zurück, entscheidet man sich spontan für ein Paar Schuhe, die so wundervoll dekoriert im Schaufenster platziert sind, obwohl diese eigentlich gar nicht zum Stil oder zur Farbe des gewählten Outfits passen. Limitiertes Kaufverhalten Hier verfügt der Konsument bereits über Erfahrung mit dem Kauf des Produktes, ohne jedoch schon klar formulierte Präferenzen für eine Alternative zu besitzen. Das limitierte Kaufverhalten folgt bewährten Entscheidungskriterien, das Kaufverhalten erscheint eher habitualisiert als extensiv. Auch ist der Grad der Suche nach Informationen und deren Verarbeitung deutlich geringer als bei extensivem Kaufverhalten. Limitierte Kaufentscheidungen lassen sich wie folgt charakterisieren (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 172):  Der Konsument berücksichtigt in seinem Kaufprozess nur eine Teilmenge, das sogenannte Evoked Set der bereits bekannten und als akzeptabel bewerteten Produkt- oder Markenalternativen.  Konsumenten können auf bewährte Bewertungsraster und -kriterien zurückgreifen.  Das Anspruchsniveau des Konsumenten bestimmt den Wahlprozess. Ist eine Alternative gefunden, die zur Bedürfnisbefriedigung dient, wird der Entscheidungsprozess beendet. <?page no="66"?> Kaufprozess bei Konsumenten 67 Im Rahmen von limitierten Kaufentscheidungen gehört das Evoked Set zu den zentralen Konstrukten.  Das sollten Sie wissen! „Das Evoked Set ist die individuell spontan erinnerte und für relevant erachtete Alternativenmenge in der Kaufsituation, zu der grundsätzlich eine positive Einstellung besteht und bzgl. derer nichts Gravierendes gegen den Kauf spricht.“ (Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 172) Neben dem Evoked Set bilden das Inert Set sowie das Inept Set das sogenannte Awareness Set. Somit ist es die wichtigste Aufgabe des Unternehmens sicherzustellen, dass der Konsument über die Verfügbarkeit des Produktes, der Marke informiert ist (vgl. Narayana/ Markin, 1975, S. 2). Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein (2015, S. 174) identifizierten auf Basis einer intensiven Literaturrecherche die nachfolgenden Aspekte, die die Größe des Evoked Sets mitbestimmen. Das Evoked Set enthält nur eine geringe Zahl von Alternativen, wenn  die Konsumenten älter sind,  der Erfahrungshintergrund mit der Produktkategorie groß ist,  sich die Entscheidungssituation als homogen beschreiben lässt, d.h. es sind nur wenige Beurteilungskriterien zu berücksichtigen,  der Kunde mit seinem bisherigen Produkt zufrieden ist,  die Markenloyalität hoch und die Marke an sich sehr stark ist,  das Produkt vielseitig eingesetzt werden kann und  das Produkt bereits einen hohen Reifegrad aufweist (→ Kapitel 4.2.4 zum Produktlebenszyklus). Es existiert eine Vielzahl empirischer Befunde bezogen auf die durchschnittliche Größe des Evoked Sets. So befinden sich im Durchschnitt für Bier oder Shampoo vier Alternativen, für Waschmittel fünf Alternativen im Evoked Set (vgl. Homburg, 2017, S. 108). Habituelles Kaufverhalten Habituelle Kaufentscheidungen lassen sich durch eine Art kognitive Entlastung auf Basis sich wiederholender Einkaufsprozesse charakterisieren. Der Konsument handelt eher reaktiv, die kognitive Steuerung und damit der Einbezug einer großen Anzahl von Bewertungskriterien ist eher gering. Auch zur Charakterisierung von habituellen Kaufentscheidungen lassen sich Kriterien heranziehen, die zu einem besseren Verständnis für diesen Kaufentscheidungstyp beitragen (Dieterich, 1986, S. 18 ff.): <?page no="67"?> 68 Das Verhalten des Konsumenten  Konsumenten verhalten sich gemäß vorgefertigten Entscheidungsmustern,  Konsumenten präferieren zumeist eine ganz bestimmte Alternative,  kurze Entscheidungsdauer,  besonders relevant bei Gütern des täglichen Bedarfs und  damit relativ geringer Grad an empfundenem Risiko beim Kauf. Habitualisiertes Kaufverhalten konzentriert sich, wie bereits zuvor erwähnt, im Extremfall auf nur eine Alternative und ist somit noch vereinfachter als das limitierte Kaufverhalten. Interessant erscheint für das Marketing die Fragestellung, wie Habitualisierung entsteht (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 176 f.). Habitualisierung und damit gewohnheitsmäßiges Verhalten des Konsumenten verfestigt seine Kaufpläne. Marken-, Produkt- und Unternehmenstreue sind die positiven Effekte für das Marketing:  Habitualisierung durch Gebrauchserfahrung: Habitualisiertes Verhalten wird hier als Folge von Lernprozessen definiert (→ Kapitel 2.3.2 zur instrumentellen Konditionierung).  Habitualisierung durch Imitation: Hier wird auf das Lernen am Modell zurückgegriffen. Habitualisierung entsteht nicht durch Verstärkung, sondern durch Beobachtung und somit als das Nachahmen vorhandener Konsummuster.  Habitualisierung als Persönlichkeitsmerkmal: Hier steht das Bedürfnis des Konsumenten nach einer möglichst einfachen Lebensführung im Vordergrund. Dieser Habitus wird im Wesentlichen durch die Risikoneigung sowie das Anspruchsniveau des Konsumenten bestimmt. Impulsives Kaufverhalten Impulsivkäufe liegen vor, wenn von bestehenden Kaufverhaltensmustern abgewichen wird. Es entsteht ein neues, meist emotional geprägtes Kaufverhalten. Impulskäufe sind reizgesteuert, d.h. der Konsument reagiert automatisch auf dargebotene Reize aus dem Marketing (z.B. Verpackungsgestaltung, Produktdisplays am Point-of-Sale oder entsprechende Produktplatzierungen). Impulsives Kaufverhalten lässt sich wie folgt charakterisieren (vgl. Weinberg, 1981, S. 163 f.):  ungeplant,  unterliegt kaum kognitiver Steuerung,  Konsument ist einer starken Reizsituation ausgesetzt mit einer zumeist hohen emotionalen Aufladung. Um impulsives Kaufverhalten zu erklären, lassen sich die nachfolgenden Ursachen anführen (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 179), die einen sehr hohen Grad der Übereinstimmung zu den gerade genannten Gründen für die Entstehung von Habitualisierung aufweisen: <?page no="68"?> Kaufprozess bei Konsumenten 69  Impulsivität als Folge der Reizsituation: Kaufprozesse werden durch situative Faktoren sowie deren subjektive Wahrnehmung durch den Konsumenten ausgelöst.  Impulsivität als Folge psychischer Prozesse: Impulsivkäufe lassen sich auch durch das Streben des Konsumenten nach affektivem Genuss erklären, man spricht von sogenannten Erlebniskäufen.  Impulsivität als Persönlichkeitsmerkmal: Hier sprich man von zwanghaftem Kaufverhalten oder Compulsive Buying. Der Konsument verfügt nur über eine recht mangelhafte Selbst- und Impulskontrolle. Impulskaufverhalten wird gemessen, indem man Konsumenten fragt, was sie beabsichtigen einzukaufen. Die Differenz zu den tatsächlich getätigten Einkäufen bildet die Impulskäufe ab. In der angloamerikanischen Literatur ist dies die am häufigsten angewendete Methode, die jedoch teilweise erhebliche Schwächen aufweist (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 178). 2.4.2 Die drei Phasen des Kaufprozesses Wie bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel erläutert, kann → Abbildung 25 als Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen verstanden werden. Ausführlich wurden die ersten beiden Phasen diskutiert, wie Bedürfnisse entstehen, welche Alternativen in Betracht gezogen werden usw. In der Kaufphase entwickelt der Konsument ein bestimmtes Kaufverhalten, das ihn letztendlich dazu befähigt, aufbauend z.B. auf seinen Einstellungen, Erfahrungen oder seinem Wissen, eine Entscheidung für oder gegen ein Produkt zu fällen (vgl. Homburg, 2017, S. 107). Im Rahmen der Nachkaufphase spielen die folgenden Elemente eine zentrale Rolle (vgl. Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 184 ff.):  Produktentsorgung: Produktentsorgungsmöglichkeiten sind vielfältig. Behält man ein Produkt, kann es für den ursprünglichen Zweck oder einen neuen Zweck (Second-Use-Strategie) Verwendung finden. Alternativ lagert man es ein. Wird das Produkt nicht behalten, kann man es verkaufen, tauschen (entsprechende Börsen im Internet, z.B. eBay-Kleinanzeigen) oder verschenken. Wirft man es weg, kommen die verschiedenen Recycling- und Wiederverwertungsmöglichkeiten zum Tragen. Verleiht oder vermietet man das Produkt, ist es für einige Zeit nicht im Besitz des Konsumenten.  Beschwerdemanagement: Wenn sich Kunden beschweren, artikulieren sie ihre Unzufriedenheit mit dem erworbenen Produkt. Mit ihren Beschwerden verfolgen Kunden das Ziel, Unternehmen auf diesen subjektiv empfundenen Missstand (Produktqualität entspricht nicht den Erwartungen) aufmerksam zu machen und eine entsprechende Wiedergutmachung zu erhalten. Für Unternehmen ist es wichtig, Kundenbeschwerden zu kanalisieren und auszuwerten, denn nur so kann letztendlich auch in einer Situation der Unzufrie- <?page no="69"?> 70 Das Verhalten des Konsumenten denheit ein loyaler und zufriedener Kunde gewonnen werden (vgl. Homburg, 2017, S. 152 ff.).  Kundenzufriedenheit: Sie ist die Grundlage für den langfristigen Aufbau einer Beziehung zum Kunden und Basis für eine mögliche Kundenbindung. Kundenzufriedenheit entsteht dadurch, dass der Konsument die gewählte Alternative mit seinen Erwartungen abgleicht und diese möglichst erreicht oder übertroffen werden. Kundenzufriedenheit ist somit ein komplexer Prozess der Informationsverarbeitung. Die bisher gemachten Aussagen werden durch eine Erweiterung des Konsumentenverhaltens in virtuellen Welten abgerundet. Abbildung 25: Die drei Phasen des Kaufprozesses Quelle: Foscht/ Swoboda/ Schramm-Klein, 2015, S. 184. Vorkaufsphase Kaufphase Nachkauf-/ Nutzungsphase Problemerkennung interne Infosuche externe Infosuche Evaluierung Kauf Intentionsentwicklung Problemerkennung Konsum/ Nutzung Beschwerde Evaluierung Entsorgung <?page no="70"?> Kaufprozess bei Konsumenten 71  Einblicke │ Käuferverhalten in virtuellen Welten Kaufverhalten in virtuellen Welten Das Käuferverhalten in virtuellen Welten wird entscheidend durch die neue Rolle des Konsumenten im Rahmen der Austauschprozesse geprägt. Neue Räume des Konsums Anhand der multimedialen Kanäle und der dadurch erreichbaren Wissensbestände kann sich der Konsument tiefer und breiter informieren und er kann dieses Wissen immer und überall abrufen: Die klassische Informationsasymmetrie dreht sich zu seinen Gunsten. Darüber hinaus agiert der Konsument anhand der neuen sozialen Medien interaktional, selbstbestimmt und direkt. Er vernetzt sich mit anderen Konsumenten, wird selbst zum Sender von hochglaubwürdigen (Massen-)Botschaften und handelt aktiv als Produktions- und Marketingfaktor sui generis. Er ist nicht mehr nur ein reaktiver Empfänger von Marketingaktivitäten. Der Käufer bestimmt das Spiel Durch den steigenden Einfluss des Konsumenten verliert auch das Marketingkonzept, ein Produkt als final vorproduzierte Einheit zu vermarkten, an Bedeutung. Vielmehr verlangt der Konsument in virtuellen Welten flexible und individualisierbare Lösungen, die der Anbieter okkasionell mit seinen Kompetenzen erbringt. Und diese Kompetenzen will der Konsument oft nur nutzen und nicht Produkte abschließend besitzen. Kommunikation, Transaktion, Produktion und Distribution verbinden sich zu einem intermittierenden Prozess, der oft vom Konsumenten initiiert wird. In virtuellen Welten geht es also weniger um One-step-flow-Marketing als vielmehr um das Management der wechselseitigen Verbindungen mit den Konsumenten. Und auch die Geschäftsmodelle, welche die Marketingaktivitäten in virtuellen Welten bespielen sollen, haben sich massiv verändert. Transaktionelle Modelle werden von Flat- oder Freemium-Konzepten abgelöst und oft ist der anvisierte Nutzer selbst der Wert, den der Anbieter von virtuellen Welten als Datensatz oder Zielgruppenzugang weiterverkaufen möchte. Das bedeutet z.B., dass der Konsument seinen eigenen Wert als Verhandlungsmasse in die Bestimmung des Preises für das Angebot des Verkäufers einbringen kann. Preise können damit situativ und individuell bestimmt werden. <?page no="71"?> 72 Das Verhalten des Konsumenten Komplementäre Realitäten als Konsumräume der Zukunft Allerdings kann man die physische, analoge Realität längst nicht mehr von der digitalen, virtuellen Wirklichkeit trennen. Vielmehr werden analoge und digitale, mobile und stationäre, dauerhafte und kontemporäre Touchpoints und Kanäle vom Konsumenten individuell miteinander kombiniert. Und die Konsumenten verstehen diese Kombination nicht als technokratischen Multi-Channel-Mix i.S.e. Augmented Reality, sondern als selbstverständliche Elemente ihrer komplementären Lebenswelt: Mobile virtuelle Welten à la Pokemon Go werden z.B. in die lokale Realität integriert und faktische Elemente wie der Dash Button oder Amazon Echo werden Teil der hybriden Austauschprozesse. Diese hybriden Realitäten bilden die Konsumräume der Zukunft.  Dr. Björn Stüwe ist Berater, Unternehmer und Rockmusiker. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Berater in den Sektoren Strategie, Marketing und Vertrieb sowie verschiedenen Dozenten-Tätigkeiten ist er heute geschäftsführender Gesellschafter der Stuewe Consulting GmbH und der Marketing Verbund Gruppe in Langenfeld (Rheinland). <?page no="72"?> 3 Strategische Marketingplanung Nachdem Unternehmen Klarheit über das Kundenverhalten und die damit zusammenhängenden Determinanten haben, gilt es, in einem zweiten Schritt eine Strategie auszuarbeiten, die die bestmögliche Befriedigung der Kundenbedürfnisse in den Mittepunkt des Handels setzt. Je besser dieses den Unternehmen gelingt, umso besser lassen sich damit deren eigene Ziele verwirklichen. Dabei gilt es zunächst, einen Marketingplan zu entwickeln. 3.1 Struktur und Methodik der Planung Da Märkte durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet sind, hat die strategische Planung im Unternehmen vor allem zwei Aufgaben: Zum einen muss sich durch die Planung ein Zukunftsszenario generieren lassen, das diese Dynamik abbilden kann. Zum anderen müssen mit Hilfe der Planung Maßnahmen erarbeitet werden, die dieses Szenario im Sinne der unternehmerischen Zielsetzung dann beherrschbar machen. Die Planung als systematische Gestaltung der Zukunft von Unternehmen folgt einem Prozess, der sich in vier Stufen einteilen lässt (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 159 ff.): Analyse, Planung, Implementierung und Kontrolle. In → Abbildung 26 sind diese Stufen sowie deren Zusammenhänge zu erkennen. Abbildung 26: Stufen des Planungsprozesses Quelle: in Anlehnung an Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 159. Implementierung Analyse SWOT zur Bestimmung der Ausgangslage Prognoseverfahren strategisch taktisch operativ Umsetzung des verabschiedeten Plans durch die Instrumente:  Produkt  Marke  Preis  Kommunikation  Distribution Kontrolle Ergebnismessung  Ergebnis mit Plan vergleichen  Korrekturen vornehmen Planung <?page no="73"?> 74 Strategische Marketingplanung Die Planung beginnt grundsätzlich mit einer Analyse der aktuellen Unternehmenssituation. Darunter fällt zum einen die Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit (interne Analyse) und zum anderen eine genaue Untersuchung des Umfelds, in dem das Unternehmen tätig werden möchte (externe Analyse). Nur so kann ein Unternehmen attraktive Geschäftschancen identifizieren und zukunftsträchtige Trends erkennen. Die Analyse liefert die Informationsgrundlage für die in der folgenden Stufe stattfindenden Planungsprozesse und wird damit nicht nur dem Schritt der Planung grundsätzlich vorangestellt, sondern liefert ebenfalls bei der Implementierung auf operativer Ebene und bei der Kontrolle zur Definition von Soll-Ist-Vergleichen wichtige Informationen. Den zweiten Schritt des strategischen Planungsprozesses bildet die Planung selbst. Mit Hilfe der Informationen aus der Analyse lassen sich jetzt Ziele unterschiedlicher Unternehmensebenen formulieren, Strategien zur Zielerreichung festlegen und darauf aufbauend ein Marketingplan generieren. Dabei wird die Planung generell in strategische und operative Planung unterteilt.  Die strategische Planung, die einen Zeithorizont von fünf oder mehr Jahren umfasst, bestimmt Richtung, Ausmaß und Struktur der Unternehmensentwicklung und steht für die Verwirklichung langfristiger Produkt- und Marktstrategien der unterschiedlichen Geschäftsfelder. Grundsätzliche Entscheidungsfelder der strategischen Planung sind z.B. die Entwicklung oder Erschließung neuer Märkte, der Aufbau neuer Produkte oder die Ausweitung der Zielgruppe.  Die taktische Planung, auch Mittelfristplanung genannt, umfasst einen Zeitraum von ca. fünf Jahren. Hierbei werden strategische Maßnahmen in einen operationalen Plan überführt, der sich vor allem auf quantitative Entscheidungstatbestände bezieht. Diese können z.B. Entscheidungen bezüglich der generellen Programmplanung, der Absatzmenge je Produkt, der Kosten- und Preisstruktur der Produkte etc. sein.  Die operative Planung bezieht sich auf einen eher kurzfristigen Zeitraum von ein bis fünf Jahren und stellt die Konkretisierung der strategischen und taktischen Planung dar. Auf Jahres- und Quartalsebene werden Maßnahmen zur konkreten Umsetzung der Vorgaben aus der strategischen und taktischen Planung entwickelt. Die Summe all dieser Maßnahmen wird als Marketingplan bezeichnet. Die unternehmerische Planung für das weitere Marketinghandeln endet mit der Definition eines konkreten Maßnahmenbzw. Marketingplans zur Differenzierung der eigenen Leistung vom Wettbewerb und mit der darauf abgestimmten Formulierung der Positionierung des Unternehmens bzw. seiner Marken und Produkte in den Köpfen der Zielgruppe. Die Implementierung setzt die Vorgaben der operativen Marketingplanung in konkretes Handeln um. Hier steht dann der Einsatz der Marketinginstrumente im Vordergrund der Betrachtung. Durch Produktpolitik, Markenpolitik, Preis- <?page no="74"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 75 politik, Kommunikationspolitik und Distributionspolitik soll die Differenzierung realisiert und die gewünschte Positionierung erreicht werden. Die Kontrolle bildet den Abschluss der Planung. Nachdem Strategien definiert und die operativen Marketingmaßnahmen umgesetzt worden sind, werden im Rahmen der Kontrolle sowohl die Strategien selbst als auch die daraus abgeleiteten Maßnahmen überprüft. Häufig erfolgt dies mittels eines Soll-Ist- Vergleichs, aus dem dann ggf. Korrekturmaßnahmen abgeleitet werden. Diese können z.B. in einer überarbeiteten Planung und Anpassung von Strategien bestehen. Die Kontrolle erfolgt jedoch nicht einmalig am Ende des Planungsprozesses, sondern begleitet die Schritte Planung und Implementierung konstant. Im Folgenden soll detailliert auf die Kernschritte der Planung mit Fokus auf die strategische Marketingplanung eingegangen werden. Die operative Ausgestaltung der Marketingstrategien findet sich in → Kapitel 4. 3.2 Kernschritte der strategischen Marketingplanung 3.2.1 Zielbestimmung Erfolgreiches betriebswirtschaftliches Handeln ist immer zielorientiert. Ein Ziel stellt einen angestrebten Sollzustand dar und richtet sämtliche Unternehmens- und Marketingaktivitäten auf diesen Zustand aus. Dabei erfolgt die Zielbildung im Unternehmen in der Regel in mehreren Schritten: Ziele können nur dann das unternehmerische Handeln leiten, wenn sie operationalisierbar sind. Dies erfolgt mit Hilfe von vier grundlegenden Dimensionen (vgl. Becker, 2013, S. 23 ff.):  Zielinhalt: Was soll erreicht werden? Hier muss die eindeutige und präzise Eingrenzung der Ziele auf ihren Sachverhalt erfolgen.  Zielausmaß: Wie viel soll erreicht werden? Die Zielverantwortlichen müssen festlegen, welches Maß ein Ziel erreichen soll. Diese Begrenzung kann entweder in einem Zielkorridor oder einem Zielpunkt liegen.  Zeithorizont: Bis wann soll das Ziel erreicht bzw. gemessen werden? Die Geltungsdauer eines Zieles wird festgelegt.  Zielbereich: Für welchen Bereich soll das Ziel gelten? Hierunter versteht man, dass klar definiert werden muss, welchem Unternehmens- oder Marktbereich die Zielvorgaben zuzuordnen sind bzw. von welchem Entscheidungsträger die Zielvorgabe beeinflusst werden kann. Dabei kann es sich um das Unternehmen als Ganzes, einen Geschäftsbereich, eine Produktgruppe oder auch um ein einzelnes Produkt, einen einzelnen Mitarbeiter handeln. Ebenso können Märkte als Zielbereiche formuliert werden. <?page no="75"?> 76 Strategische Marketingplanung Beispiele für operationalisierte Ziele wären demnach:  Erhöhung der Absatzmenge von Produkt X in den USA um 3 % im nächsten Quartal  Erhöhung des gestützten Bekanntheitsgrades von Marke Y bei der weiblichen Zielgruppe zwischen 2 und 4 % innerhalb eines Jahres  Das sollten Sie wissen! Operationalisierte Ziele erfüllen in der Regel die SMART-Formel (vgl. Doran, 1981, S. 35 f.). Sie sind unmissverständlich, eindeutig und stimmig gegenüber anderen Zielen (Specific), sie sind messbar (Measurable), sie sind durch aktives Handeln erreichbar (Archivable), sie sind realistisch im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Mittel (Realistic) und terminiert durch einen Start-, Zwischen- und Endtermine (Time-based-framed). Das Zielsystem von Unternehmen ist hierarchisch aufgebaut und lässt sich in Anlehnung an Becker (vgl. Becker, 2012, S. 27 ff.) als Pyramide darstellen. Wie in → Abbildung 7 deutlich wird, bildet das jeweils übergeordnete Ziel die Vorgabe für die Ableitung von Zielen der nachfolgenden Stufe. Dadurch werden die Ziele immer konkreter, je weiter man die Pyramide herunter wandert: Aus den allgemeinen Wertvorstellungen wird der Unternehmenszweck abgeleitet, der wiederum Vorgabe für die Unternehmensziele ist. Unternehmensziele definieren dann die Bereichsziele und diese stellen konsequenterweise die Grundlage für die Instrumentalziele dar. Umgekehrt bedeutet dies, dass nachgeordnete Ziele stets als Mittel zur Erreichung der übergeordneten Ziele gelten. Abbildung 27: Zielpyramide eines Unternehmens Quelle: Becker, 2012, S. 27. zunehmende Anzahl der Ziele Instrumentalziele Bereichsziele Unternehmensziele Unternehmenszweck allgemeine Wertvorstellungen Mittel- Zweck- Beziehungen zunehmende Konkretisierung der Ziele <?page no="76"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 77 Die Spitze der Zielpyramide bilden die Wertvorstellungen eines Unternehmens. Es handelt sich hierbei um Grundsätze, durch die ein Unternehmen seine Verantwortung innerhalb der Gesellschafts-, Wirtschafts- und Wettbewerbsordnung verankert (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 200 f.). In diesen Grundsätzen sind die, teilweise oft konkurrierenden, Interessen aller Bezugsgruppen eines Unternehmens berücksichtigt. Dazu gehören Mitarbeiter, Kunden, Kapitalgeber, Lieferanten, Konkurrenten und auch die Öffentlichkeit. Die Wertvorstellungen finden in der Regel Ausdruck im Leitbild eines Unternehmens. Auf Basis der allgemeinen Wertvorstellungen wird in einer ersten Konkretisierung der Unternehmenszweck, die grundlegende Bestimmung des Gegenstandes der Unternehmenstätigkeit, festgelegt. Dieser setzt sich aus der Vision und der Mission zusammen. Die Vision (Leitfrage: Wo wollen wir hin? ) ist die Leitidee eines Unternehmens, sein langfristiges Zukunftsbild für die nächsten 10 oder 20 Jahre. Sie beschreibt nicht nur die Einzigartigkeit des Unternehmens, sondern verdeutlicht allen Mitarbeitern vielmehr den Sinn und Nutzen ihres Handelns und regt sie an, das formulierte Zukunftsbild zu erreichen. Die Mission (Leitfrage: Wie erreichen wir unser Ziel? ) hingegen erläutert, was das Unternehmen tun muss, um die Vision zu erreichen. Sie beschreibt die Tätigkeiten des Gesamtunternehmens und wird somit häufig als Startpunkt unternehmerischer Aktivitäten bezeichnet (vgl. Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen, 2002, S. 70 ff.). Alle strategischen Entscheidungen sollten sich an der Vision und der Mission ausrichten. Die nächste Stufe in der Zielpyramide bilden die Unternehmensziele. Diese lassen sich in finanzielle und nicht finanzielle Ziele aufteilen. Bei den finanziellen Zielen galt lange vor allem die Gewinnmaximierung als das oberste Ziel der unternehmerischen Tätigkeiten. Inzwischen aber findet man auch häufig Renditeziele, allen voran der Return on Investment (RoI, Gesamtkapitalrentabilität), als übergeordnete Ziele der Unternehmenssteuerung. Der RoI gibt an, wie sich das investierte Kapital verzinst hat, und betrachtet damit das Verhältnis von Gewinn und Kapital unabhängig von der Größe des Unternehmens bzw. Unternehmensbereichs. Andere finanzielle unternehmerische Zielgrößen sind z.B. Deckungsbeitrag, Marktanteil, Umsatz etc. Da Unternehmen jedoch durch vielfältige Prozesse gekennzeichnet sind, deren Erfolg nicht ausschließlich durch finanzielle Ziele erreichbar ist, werden zunehmend die nicht finanziellen Ziele erfolgsrelevant. Hierzu gehören z.B. die Kundenzufriedenheit, das Image, die Qualität, die Prozessdurchlaufzeiten etc. Gerade die Kundenzufriedenheit rückt in jüngster Zeit immer mehr in den Fokus der Unternehmensführung (vgl. Bruhn, 2009, S. 33 ff.): Mit einer hohen Kundenzufriedenheitsquote gelingt es auf Märkten mit hohem Wettbewerb umso besser, Kunden zu binden und sie von einem Wechsel zur Konkurrenz abzuhalten. Ein mögliches Instrument zur Darstellung des unternehmerischen Zielsystems ist die Balanced Scorecard (BSC), die 1992 von Kaplan/ Norton entwickelt worden ist (vgl. Kaplan/ Norton, 1992). Hier finden sich für die Unterneh- <?page no="77"?> 78 Strategische Marketingplanung mensleitung alle relevanten Steuerungsperspektiven übersichtlich dargestellt und mit Zielgrößen hinterlegt. Einen beispielhaften Überblick über Zielgrößen der Finanz-, Prozess-, Mitarbeiter- und Kundenperspektive gibt → Abbildung 28. Finanzperspektive Prozessperspektive Mitarbeiterperspektive Kundenperspektive Rendite, Umsatz, Liquidität etc. Durchlaufzeit, Reklamationsbedingungen, Time-to-market, Herstellkosten, Rüstzeiten, Nachbearbeitungsquote Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitertreue, Krankheitsquote, Weiterbildungstage je nach Mitarbeiter etc. Kundenzufriedenheit, Image, Kundentreue, Weiterempfehlungsrate, Neukundenanteil etc. Abbildung 28: Zielgrößen der BSC Quelle: in Anlehnung an Kaplan/ Norton, 1992. Auf der nächsten Ebene der Zielpyramide findet man die Ziele der Unternehmensbereiche. Hier werden für jeden Funktionsbereich des Unternehmens (Produktion, Beschaffung, Absatz) aus den Unternehmenszielen eigenständige Bereichsziele formuliert. So könnte ein Bereichsziel aus dem Funktionsbereich Beschaffung z.B. die Risikoreduktion sein, um die Versorgungssicherheit des Unternehmens zu gewährleisten und damit dem vom Kunden geforderten Qualitätssowie Preisniveau Rechnung zu tragen. Da strategische Geschäftseinheiten (→ Kapitel 3.2.2) eines Unternehmens in der Regel eigenständige Gewinn- und Verlustrechnungen aufweisen, beziehen sich diese Bereichsziele auch sehr häufig auf eben diese Geschäftseinheiten. Bei der Konkretisierung des unternehmerischen Zielsystems bilden, speziell im Marketing, die Instrumentalziele die letzte und damit differenzierteste Stufe der Pyramide. Sie werden aus den Bereichszielen abgeleitet und tragen zu deren Umsetzung bei. Alle Instrumentalziele beziehen sich auf die Instrumente des Marketingmix: auf die Produktpolitik, die Markenpolitik, die Preispolitik, die Kommunikationspolitik und die Distributionspolitik. Für jedes dieser absatzwirtschaftlichen Instrumente werden ganz konkrete, teilweise auch kurzfristige und häufig sehr viele Ziele formuliert (vgl. Walsh/ Klee/ Kilian, 2009, S. 156). 3.2.2 Strategische Analyse Bildung Strategischer Geschäftseinheiten Die Grundlage der Strategischen Planung bildet zunächst die Frage, auf welchem Markt ein Unternehmen tätig ist. Da es je nach Kundengruppe unterschiedliche Bedürfnisse gibt, die durch individuelle Kaufsituationen und Motive beeinflusst werden, sind Märkte für jedes Unternehmen individuell festzulegen. Die daraus folgende Abgrenzung, wie eng oder weit ein Markt definiert werden <?page no="78"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 79 sollte, muss demnach kundenorientiert erfolgen. Dies wurde bereits in → Kapitel 1 erläutert. Die meisten Unternehmen sind jedoch nicht nur auf einem Markt tätig, sondern müssen sich mit der Frage nach dem relevanten Markt in der Regel mehrfach auseinandersetzen (vgl. Kotler/ Keller/ Oprensik, 2015, S. 54 ff.). Auf der organisatorischen Ebene eines Unternehmens führt dies zur Bildung von strategischen Geschäftseinheiten (SGE). Dadurch wird bezweckt, dass alle strategischen Analysen und Entscheidungen differenziert entwickelt und umgesetzt werden können. Eine SGE ist ein relativ autonomer Unternehmensbereich, der durch eine spezifische Produkt-Markt-Kombination gekennzeichnet ist. Sie haben nicht nur eine eigenständige Marktaufgabe mit separaten Gewinn- und Umsatzzielen, sondern damit auch von anderen SGE des Unternehmens eindeutig abgrenzbare Produkte und Wettbewerber. Eine SGE kann sowohl ein Unternehmensbereich als auch eine Produktlinie innerhalb eines Unternehmensbereichs, ein Einzelprodukt oder eine Marke sein (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 175). SGE sind die kleinste Organisationseinheit, für die es sinnvoll ist, eine eigenständige Marketingstrategie zu formulieren (vgl. Walsh/ Klee/ Kilian, 2009, S. 127) und die entsprechenden Ressourcen zuzuteilen. Konzern L‘Oréal Geschäftsbereiche Consumer Products L´Oréal Luxe Professional Products Active Cosmetic Marken Abbildung 29: Bildung strategischer Geschäftseinheiten bei L ´ Oréal Quelle: Internetauftritt L ´ Oréal 2017. → Abbildung 29 zeigt exemplarisch, wie die Definition von SGE für einen Konzern erfolgen kann: Zur L’Oréal Gruppe gehören die vier Geschäftseinheiten „Consumer Products“, „L’Oréal Luxe“, „Professional Products“ sowie „Active Cosmetics“ mit ihren jeweiligen Marken. Dabei nutzt der Bereich <?page no="79"?> 80 Strategische Marketingplanung „Consumer Products“ andere Ressourcen und hat andere Produkte und Kunden als der Bereich „Professional Products“. Folglich lässt sich der Beitrag zum Unternehmenserfolg der einzelnen SGE nur dann sicherstellen, wenn jede Einheit eine eigenständige Planung von Zielen und Strategien aufweist. Für das Marketing gilt demnach: Bei Konzernen mit mehr als einer SGE muss die Marketingplanung und sämtliches Marketinghandeln auf Ebene der SGE erfolgen. Die SWOT-Analyse Die SWOT-Analyse (Strenghts, Weaknesses, Opportunities, Threats) ist ein sehr häufig verwendetes Instrument zur Bestimmung der unternehmerischen Ausgangslage im Rahmen der Situationsanalyse (vgl. Nieschlag/ Dichtel/ Hörschgen, 2002, S. 103 ff.). Es bindet neben der unternehmensinternen Perspektive, der Betrachtung von unternehmerischen Stärken und Schwächen, auch die unternehmensexterne Perspektive, die Betrachtung der Chancen und Risiken eines Marktes, in die Analyse ein. Ziel der SWOT-Analyse ist es, zukünftige Marketingaktivitäten aus der Untersuchung des unternehmerischen Umfeldes und des Leistungsvermögens eines Unternehmens zu entwickeln. Dazu werden zunächst durch Diagnose und Prognose von relevanten Einflüssen auf das heutige Handeln strategische Lücken und unternehmerische Stärken einer SGE aufgedeckt. Im Anschluss gilt es dann Strategien abzuleiten, um diese Lücken zu schließen sowie die Stärken auszubauen. Die SWOT-Analyse wird in der Regel mit der Entwicklung von Maßnahmen zur Zielerreichung abgeschlossen. Damit soll die langfristige Sicherung von Erfolgspotenzialen gewährleistet werden. Die Betrachtung folgender Faktoren ist zentral für die SWOT-Analyse:  Stärken-Schwächen-Analyse: Hier ist das Unternehmen selbst mit seinen kritischen Erfolgsfaktoren Bestandteil der Analyse.  Chancen-Risiken-Analyse: Diese betrachtet das Makro- und Mikroumfeld des Unternehmens. Aufgrund der Relevanz von Kunden und Wettbewerb, liegt der Fokus der Analyse häufig auf diesen beiden Teilkomponenten der Mikroumwelt. Stärken-Schwächen-Analyse Die interne Unternehmensanalyse dient dazu, eine realistische Einschätzung über die eigenen Stärken und Schwächen zu erhalten. Da das Formulieren von Strategien einzelner Geschäftsbereiche eine Betrachtung der Konkurrenz unerlässlich macht, sollte die Stärken-Schwächen-Analyse immer in Relation zum Wettbewerb erfolgen (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 173). Unternehmen können ihre Stärken und Schwächen selbst analysieren. Indem sie ihre wichtigsten marktrelevanten Leistungen, die kritischen Erfolgsfaktoren, <?page no="80"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 81 mit Hilfe einer Checkliste an denen der Konkurrenz spiegeln (vgl. Kotler/ Keller/ Oprensik, 2015, S. 67), erhalten sie ein genaues Bild, in welchen Bereichen sie tendenziell eher gut aufgestellt sind oder ihre Leistungen ggf. zukünftig noch verbessern sollten (→ Abbildung 30: Checkliste zur Stärken-Schwächen- Analyse). Leistung Relevanz xx x x/ - - -hoch mittel niedrig Marketing 1. Unternehmensimage 2. Marktanteil 3. Kundenzufriedenheit 4. Produkt-/ Servicequalität 5. Preisgestaltung 6. Innovationsquote 7. etc. Finanzen 8. Kapitalverfügbarkeit/ -kosten 9. Cashflow 10. Finanzielle Stabilität 11. etc. Produktion 12. Technischer Stand der Anlagen 13. Kapazitätsauslastung 14. Termintreue 15. etc. Organisation 16. Visionäre und kompetente Führung 17. Unternehmerische Ausrichtung 18. Flexibilität 19. etc. Abbildung 30: Checkliste zur Stärken-Schwächen-Analyse Quelle: in Anlehnung an Kotler/ Keller/ Opresnik, 2015, S. 67. <?page no="81"?> 82 Strategische Marketingplanung Sollte ein Unternehmen anhand der Checkliste erkennen, dass es gegenüber wichtigen Konkurrenten Schwächen in Bereichen mit einer hohen oder auch mittleren Relevanz hat, so muss eine detaillierte Analyse folgen, worin genau diese Schwächen liegen, welche Prozesse es zu optimieren gilt und ob die vorhandenen Ressourcen ausreichen. Eine generelle Akzeptanz der Analysen ist im gesamten Geschäftsbereich wichtig. Deswegen sollten die aufgelisteten kritischen Erfolgsfaktoren sowie deren Gewichtungen und Bewertungen auch vom Geschäftsbereich gemeinsam entwickelt, deren Aktualität regelmäßig überprüft und die Bewertung diskutiert werden. Damit legt das Unternehmen die Grundlage für die Ableitung zukünftiger Strategien. Chancen-Risiken-Analyse Hier wird der Fokus der Analyse auf das Makro- und Mikroumfeld eines Unternehmens gelegt. Zum Makroumfeld eines Unternehmens gehören alle Bereiche des Unternehmens, die dessen Erfolg zwar teilweise stark beeinflussen, von ihm selbst jedoch gar nicht oder allenfalls rudimentär beeinflusst werden können (vgl. Kotler/ Keller/ Opresnik, 2015, S. 87). Allerdings können die Komponenten des Makroumfeldes wiederum durch vielfältige Beziehungen miteinander verbunden sein. So bedingen beispielsweise eine instabile politische Situation, geringe Kaufkraft und mangelnde Infrastruktur häufig einander. Zum Makroumfeld eines Unternehmens sollen die Ausführungen von Kotler/ Keller und Opresnik (S. 87 ff.) kurz dargestellt werden:  Ökonomische Einflüsse: Bei der Analyse des ökonomischen Umfelds stehen volks- und betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen, vor allem landesspezifische Konjunkturdaten, im Mittelpunkt der Betrachtung. Dies sind u.a. das Bruttosozialprodukt, Inflations- und Konjunkturzyklen, die tendenzielle Entwicklung von Unternehmensgewinnen, die Einkommensverteilung, das Bevölkerungswachstum oder auch die Höhe und Entwicklung der Lebenshaltungskosten.  Technologische Einflüsse: Dieser Teilbereich der Makroumwelt stellt Entwicklungstendenzen im Rahmen der zu erstellenden Produkte und der Produktionsverfahren dar. Es handelt sich dabei sowohl um den Stand als auch um die Veränderungsgeschwindigkeit des Wissens und seine folgende Umsetzung in konkrete technische Entwicklungen.  Soziokulturelle Einflüsse: Hier werden die sozialen Faktoren integriert, die auf dem jeweiligen Markt eine wichtige Rolle spielen. Diese Faktoren beziehen sich z.B. auf die Bereiche Gesundheitswesen, öffentliche Sicherheit, Wirtschafts- und Rechtsordnung, Bildungswesen, Normen und Werthaltungen innerhalb der Gesellschaft und auch auf den Bereich der Kommunikation. <?page no="82"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 83 Darunter fallen kulturelle Elemente der Makroumwelt, wie Sprache, Symbole, Nationalbewusstsein, Religion oder das Sozialverhalten.  Politisch-rechtliche Einflüsse: Zu den politisch-rechtlich relevanten Einflüssen auf das unternehmerische Handeln zählen neben der Gesamtheit der rechtlichen Vorschriften z.B. der Besteuerung oder der Sparförderung, auch zwischenstaatliche Verträge und Bündnisse, der allgemeine Demokratisierungsgrad eines Staates und ebenfalls das Machtverhältnis zwischen den politischen Parteien auf einem Markt. Gleichermaßen sind Veränderungstendenzen dieser Faktoren hier von Wichtigkeit.  Physische Einflüsse: Unter diesem Punkt sind Gegebenheiten der natürlichen Umwelt im Sinne der topographischen, infrastrukturellen und klimatischen Bedingungen zu verstehen sowie die Ressourcenausstattung eines Landes. Zum Mikroumfeld eines Unternehmens gehören alle Bereiche, mit denen das Unternehmen in wechselseitigen Beziehungen steht oder in Konkurrenz tritt (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 217 ff.). Hierunter zählt man gewerbliche oder private Kunden, Konkurrenten, Lieferanten, Absatzmittler und Absatzhelfer. Da für den Erfolg der unternehmerischen Tätigkeit vor allem die Kunden und der Wettbewerb eine zentrale Rolle spielen, werden diese beiden Komponenten im Rahmen der Chancen-Risiko-Analyse des Mikroumfeldes detaillierter untersucht. Der Wettbewerb bezieht sich vor allem auf die Alternativen, vor denen Nachfrager bei ihrer Bedürfnisbefriedigung stehen. Das weiteste Konkurrenzfeld für Unternehmen bilden dabei die Einkaufsbudgetkonkurrenten (vgl. Koppelmann, 1997, S. 220). Konsumenten müssen i.d.R. aufgrund eines limitierten Budgets entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben. Die Anbieter von Produkten verschiedener Branchen spannen bei einer solchen Betrachtung den Konkurrenzrahmen über die eigene Branche hinaus. Vor allem an Weihnachten spielt diese Überlegung eine wichtige Rolle. Grundsätzlich gilt es jedoch bei der Wettbewerbsanalyse, ausgehend von der in → Kapitel 1.2 erfolgten Marktdefinition, die aktuelle Wettbewerbssituation sowie deren mutmaßliche Entwicklung zu untersuchen. Dabei ist ein von Porter entwickelter Ansatz, die Branchenstrukturanalyse, hilfreich (vgl. Porter, 1980, S. 47 ff.): In jeder Branche gibt es fünf wesentliche Triebkräfte des Wettbewerbs (Competitive Forces). Diese prägen die Wettbewerbsintensität einer Branche und haben damit starken Einfluss auf die Profitabilität der Unternehmen bzw. die Attraktivität einer Branche. Die fünf zentralen Triebkräfte des Wettbewerbs nach Porter (2008, S. 3 ff.) sind:  Rivalität unter den Wettbewerbern: Eine hohe Rivalität zwischen den Unternehmen einer Branche kann sich entweder als Preis- oder als Leistungswettbewerb manifestieren. Beide Formen von Wettbewerb wirken sich durch entweder steigende Kosten oder aber niedrigere Preise negativ auf die Gewinnaussichten eines Unternehmens aus und damit auf die Marktattraktivität. <?page no="83"?> 84 Strategische Marketingplanung  Verhandlungsmacht der Kunden: Die Verhandlungsmacht der Kunden leitet sich daraus ab, wie sehr diese ihre Interessen gegenüber dem Unternehmen durchsetzen können. So kann eine hohe Verhandlungsmacht der Kunden dazu führen, dass sie entweder niedrigere Preise fordern oder höhere Leistungen zum gleichen Preis wünschen. Da sich dies negativ auf das Gewinnpotenzial des Unternehmens auswirkt, ist eine Branche umso attraktiver, je geringer die Verhandlungsmacht der Kunden ist.  Verhandlungsmacht der Lieferanten: Die Verhandlungsmacht der Lieferanten leitet sich daraus ab, wie sehr diese ihre Interessen gegenüber dem Unternehmen durchsetzen können. So kann eine hohe Verhandlungsmacht der Lieferanten dazu führen, dass sie entweder hohe Preise veranschlagen oder geringere Leistungen zum gleichen Preis liefern. Da sich dies negativ auf das Gewinnpotenzial des Unternehmens auswirkt, ist eine Branche umso attraktiver, je geringer die Verhandlungsmacht der Lieferanten ist.  Bedrohung durch Substitutionsgüter: Substitutionsgüter oder auch Ersatzprodukte sind Produkte, die das bisherige Marktangebot ersetzen können. Sie erfüllen ähnliche Kundenbedürfnisse, werden bislang jedoch anders wahrgenommen oder in anderen Regionen vertrieben. Substitutionsgüter beeinflussen die Attraktivität einer Branche negativ, da Kunden bei Bedarf zu diesen Produkten wechseln könnten.  Bedrohung durch potenzielle neue Anbieter: Der Eintritt neuer Wettbewerber in einem Markt führt i.d.R. zu einem verstärkten Wettbewerbsbzw. Preisdruck. Die Gefahr, dass neue Wettbewerber in den Markt eintreten, hängt in erster Linie von der Höhe vorhandener Markteintrittsbarrieren ab. So bedeuten höhere Barrieren für die Wettbewerber eine geschütztere Position und erhöhen damit die Branchenattraktivität. Um die Chancen-Risiken-Analyse erstellen zu können, verwenden Unternehmen häufig eine Nutzwertbetrachtung für jede der fünf Komponenten. Alle Komponenten sind sowohl gegenwartsals auch zukunftsbezogen zu bewerten. Die Analyse der Kunden erfolgt in der Regel zielgruppenrelevant. So werden die Kunden gemäß soziodemografischen, psychografischen oder verhaltensrelevanten Merkmalen z.B. bezüglich ihrer Rentabilität, Loyalität, ihres Produktbzw. Markenwissens und vor allem bezüglich ihres zukünftiges Potenzials bewertet. Verdichtung der SWOT-Analyse Die SWOT-Analyse findet ihre Verdichtung in einer Matrix, die dem Unternehmen ein umfassendes Bild seiner Ausgangslage gibt. Aus diesen Analyseergebnissen können dann vier grundsätzliche Strategierichtungen zur Zielerreichung entwickelt werden (vgl. Dillerup/ Stoi, 2013, S. 273 ff.). → Abbildung 31 stellt die Struktur der SWOT-Analyse und deren Strategieableitung dar. <?page no="84"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 85 opportunities threats strengths SO-Strategie Welche Stärken können wir einsetzen, um Chancen zu nutzen? ST-Strategie Haben wir Stärken, um Risiken abzuwehren? weaknesses WO-Strategie Welche Chancen können wir nutzen, um Schwächen zu überwinden? WT-Strategie Können wir Schwächen einschränken und Risiken vermeiden? Abbildung 31: Strategieentwicklung durch die SWOT-Analyse Quelle: in Anlehnung an Dillerup/ Stoi, 2013, S. 273.  Das sollten Sie wissen! SO-Strategien: Das Ziel dieser Strategien ist es, eine vorhandene Unternehmensstärke so umzusetzen, dass eine Marktchance genutzt werden kann. So kann z.B. durch eine hohe technologische Kompetenz (Stärke) der Einstieg in den stark wachsenden Markt für alternative Energien (Chance) angestrebt werden. ST-Strategien: Das Ziel dieser Strategien ist es, durch die Stärken des Unternehmens die Risiken, die das Unternehmen bedrohen, zu verringern bzw. zu vermeiden. Durch eine hohe technologische Kompetenz im Unternehmen (Stärke) sollen neue Konkurrenten (Bedrohung) auf dem Markt für alternative Energien frühzeitig erkannt und deren Erfolg verhindert werden. WO-Strategien: Das Ziel dieser Strategien ist es, durch die Beseitigung der eigenen Schwächen bestehende Marktchancen nutzen zu können. So lassen sich z.B. durch die Reduzierung von Qualitätsmängeln des eigenen Produkts (Schwäche) Wettbewerber auf den stark wachsenden Märkten für alternative Energien (Chance) zurückdrängen. WT-Strategien: Das Ziel dieser Strategien ist es, die eigenen Schwächen zu beseitigen, um drohende Gefahren abwehren zu können. Umfeldanalyse Unternehmensanalyse <?page no="85"?> 86 Strategische Marketingplanung Die Vorteile der SWOT-Analyse liegen neben der Anschaulichkeit und Flexibilität vor allem in der Möglichkeit der Komplexitätsreduktion. Je nach Fragestellung ist die umfassende Analyse interner sowie externer Einflussfaktoren auf das gesamte Unternehmen, auf einzelne strategische Geschäftseinheiten, auf Prozesse oder auch auf Produkte anwendbar. Durch SWOT wird es den Entscheidern ermöglicht, komplexe Probleme zu reduzieren und zielorientiert Strategien abzuleiten, um diese in einem weiteren Schritt zu budgetieren bzw. zu priorisieren. Deswegen gehört die SWOT-Analyse zu einem der beliebtesten und am häufigsten angewendeten Instrumente in der Praxis. Jedoch sollte festgehalten werden, dass die aus der Diskussion um SWOT erarbeiteten Strategien immer nur so gut sein können, wie die zur Ableitung vorhandenen Daten und Informationen gewesen sind. So können nicht alle externen Faktoren umfassend berücksichtigt werden und auch bei den internen Daten wird es Informationslücken geben. Portfolioanalyse Die Grundidee eines Portfolios im Marketing besteht darin, für unterschiedliche strategische Geschäftseinheiten (SGE), die jedoch die gleichen Bewertungskriterien erfüllen, Normstrategien zur Zielerreichung abzuleiten. Unter Normstrategien werden im Folgenden Denkansätze verstanden, die eine erste grundsätzliche Orientierung für das zukünftige Handeln bilden. Sie können nur eine generelle Richtung vorgeben und müssen im weiteren Marketinghandeln zunächst überprüft und anschließend konkretisiert werden. Da unternehmerisches Handeln immer unter der Prämisse begrenzter Ressourcen geschieht, gilt es mit Hilfe von Portfolios, knappe Ressourcen eines Unternehmens auf solche SGE zu lenken, bei denen die Marktchancen erfolgsversprechend sind und das Unternehmen vorhandene Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern nachhaltig nutzen kann (vgl. Schneider, 2013, S. 80 ff.). Dieses Erfolgspotenzial wird dabei i.d.R. sowohl durch eine interne als auch durch eine externe Komponente beschrieben. Eines des bekanntesten und im Rahmen des strategischen Marketings sehr häufig verwendeten Portfolios ist das BCG-Portfolio, das auch Marktanteils- Marktwachstums-Portfolio genannt werden kann. Dabei werden in der von der Boston Consulting Group (BCG) entwickelten Matrix die beiden Kriterien „relativer Marktanteil“ als interne Komponente des Erfolgspotenzials und „Marktwachstum“ als externe Komponente des Erfolgspotenzials einander gegenübergestellt (vgl. u.a. Dillerup/ Stoi, 2013, S. 312 ff.):  Der relative Marktanteil berechnet sich aus der Relation des eigenen Marktanteils (des eigenen Umsatzes) zu dem Marktanteil (Umsatz) des stärksten Konkurrenten. Er bietet gegenüber dem absoluten Marktanteil den Vorteil, dass er einen direkten Vergleich zu potenziellen Konkurrenten erlaubt. Dabei bedeutet ein relativer Marktanteil von mehr als 1,0, dass das eigene <?page no="86"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 87 Unternehmen die Marktführerschaft hat und somit stark vom Erfahrungskurveneffekt profitiert, indem es seine Produkte im Verhältnis zum Wettbewerb sehr kostengünstig erstellen kann (vgl. Walsh/ Klee/ Kilian, 2009, S. 148). SGE mit einem hohen relativen Marktanteil haben i.d.R. einen hohen Cashflow zur Folge, der dann wiederum zur Finanzierung von anderen Geschäftseinheiten genutzt werden kann.  Das Marktwachstum (in %) berechnet sich aus dem Marktvolumen in der Betrachtungszeit verglichen mit dem Marktvolumen in den Vorperioden. Wächst ein Markt, so ist das Marktwachstum größer 0, schrumpft er, so ist es kleiner 0. Grundsätzlich gilt das Marktwachstum als hoch, wenn es das zukünftige prozentuale Durchschnittswachstum einer Branche bzw. des Bruttosozialproduktes übersteigt (vgl. Schneider, 2013, S. 90). Märkte sind für Unternehmen umso attraktiver, je stärker sie wachsen. Marktwachstum ermöglicht Kostensenkungen aufgrund von höheren Produktions- und Umsatzmengen und lässt damit zukünftige steigende Gewinne erwarten. → Abbildung 32 zeigt ein beispielhaftes BCG-Portfolio. Auf der horizontalen Achse ist der relative Marktanteil, auf der vertikalen Achse das jährliche Marktwachstum abgebildet. Jeder Kreis repräsentiert eine SGE, wobei der Durchmesser des Kreises deren Umsatz darstellt und die Position im Portfolio deren Wettbewerbs- und Marktsituation darstellt. hoch  Stars ? Question Marks Marktwachstum Cash Cows Poor Dogs niedrig groß relativer Marktanteil klein Abbildung 32: BCG-Matrix Aus der Gegenüberstellung von relativem Marktanteil und Marktwachstum ergeben sich folgende vier Felder (vgl. Bruhn, 2012, S. 71): Question Marks, Stars, Cash Cows und Poor Dogs. Idealtypisch bilden die Positionen der Produkte den Lebenszyklus eines Produktes ab: Es tritt als Question Mark auf den noch im Wachstum befindlichen Markt, wird durch Investitionen zu Stars entwickelt, durchläuft als Cashflow die Reifephase des Marktes und wird als Poor Dog vom Markt genommen, wenn keine weiteren Deckungsbeiträge und keine strategischen Grundsatzentscheidungen dagegen sprechen. Für jedes der Felder <?page no="87"?> 88 Strategische Marketingplanung der BCG-Matrix werden dementsprechend Normstrategien entwickelt (vgl. Dillerup/ Stoi, 2013, S. 312 f.):  Das sollten Sie wissen! Question Marks: Question Marks sind SGE mit niedrigem relativem Marktanteil in schnell wachsenden Märkten. Die hier abzuleitende Normstrategie besteht in der Investition in die Geschäftsaktivität, um eine bedeutende Marktposition zu erreichen und die Question Marks zu Stars auszubauen. Sollte keine Chance auf Erfolg gesehen werden, so muss über einen Ausstieg aus dem Markt diskutiert werden. Stars: Stars sind SGE mit hohem relativem Marktanteil, deren Aktivität auf Märkten mit hohem Wachstum liegt. Häufig sind, analog zu den Question Marks, auch hier sehr hohe Investitionen nötig, um mit dem starken Marktwachstum mithalten zu können und die bereits gute Marktposition gegenüber den Wettbewerbern zu verteidigen bzw. zu festigen. Cash Cows: Cash Cows sind SGE mit hohem relativen Marktanteil auf Märkten mit geringem Wachstum. Cash Cows bilden damit die wichtigste Kapitalquelle von Unternehmen. Sie erwirtschaften hohe Gewinne, die wiederum zur Finanzierung von Stars und Question Marks verwendet werden können. Die eher geringeren Investitionen in die Cash Cows selbst sind vor allem dazu nötig, den vorhandenen Marktanteil zu halten. Die hier abzuleitende Normstrategie ist das Abschöpfen. Poor Dogs: Poor Dogs sind SGE mit einem niedrigen relativen Marktanteil auf Märkten mit geringem Marktwachstum. Solange diese SGE noch einen, wenn auch niedrigen, Deckungsbeitrag erzielen, gilt es, diesen abzuschöpfen. Werden die Deckungsbeiträge jedoch negativ, sollte das Unternehmen unter Berücksichtigung der Strategien überlegen, die SGE aufzulösen oder abzustoßen. Ziel der Portfolioanalyse ist es, die SGE nicht isoliert zu betrachten, sondern ein differenziertes Bild von der Zukunft zu bekommen. Im Zeitablauf werden sich die Positionen der SGE verändern, je nachdem, welche Normstrategie (Investition, Wachstum, Abschöpfen, Abstoßen) abgeleitet und umgesetzt worden ist. Durch die relativ einfache und vor allem übersichtliche Veranschaulichung zukünftiger Erfolgschancen von SGE ergibt sich für dieses Instrument vor allem ein hoher Kommunikationswert. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass durch die Verdichtung der Beurteilung auf lediglich zwei Dimensionen die Gefahr besteht, andere relevante Kriterien zu vernachlässigen, sowie, dass die Interdependenzen zwischen den SGE keinerlei Beachtung finden. Wie bei der <?page no="88"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 89 SWOT-Analyse spielt auch hier die Qualität der Informationen eine wichtige Rolle bei dem Erfolg der Strategieumsetzung. Die sehr allgemeinen Normstrategien, die aus der Portfolioanalyse abgeleitet werden können, geben lediglich Impulse für die weitere Schwerpunktsetzung (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 270). Sie lassen sich nun im Folgenden durch die Strategieformulierung konkretisieren. 3.2.3 Strategieformulierung Die auf Ebene der SGE definierten Normstrategien bilden eine Orientierung für das weitere Formulieren konkreter Marketingstrategien. Dabei lassen sich vier verschiedene Strategieebenen unterscheiden. Diese Ebenen mit ihren spezifischen strategischen Festlegungen und korrespondierenden Strategieausprägungen sind in → Abbildung 33 dargestellt. Strategieebene Art der strategischen Festlegung Strategieausprägung 1. Marktfeldstrategien Entscheidung über den Markt und das bzw. die Produkte (Produkt/ Markt- Kombinationen)  Marktdurchdringung  Markterweiterung  Produktentwicklung  Diversifikation 2. Marktparzellierungsstrategien Entscheidung über den Grad der Differenzierung der Marktbearbeitung  undifferenziert  konzentriert  differenziert  3. Marktstimulierungsstrategien Entscheidung über die Art und Weise der Marktbeeinflussung  Präferenzstrategie  Preis-Mengen-Strategie 4. Marktarealstrategien Entscheidung über den räumlichen (geographischen) Markt bzw. Absatzraum  lokal  national  international Abbildung 33: Systematisierung der Marketingstrategien Quelle: in Anlehnung an Becker, 2013, S. 148. Im Folgenden werden die einzelnen Strategieoptionen kurz erläutert sowie ihre marketingspezifischen Besonderheiten dargestellt (vgl. Becker, 2013, S. 148 ff.). Marktfeldstrategien Aus der strategischen Analyse ergibt sich häufig die Notwendigkeit zu wachsen. Entweder, weil durch die SWOT-Analyse Marktchancen aufgedeckt worden sind, oder aber weil Unternehmen neue SGEs auf wachsenden Märkten erschließen bzw. vorhandene SGE ausbauen möchten. Für Unternehmen bieten sich grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten zu wachsen: Sie können Wachstum mit Blick auf das Produkt oder mit Blick auf den Markt forcieren. Aus der Gegenüberstellung dieser beiden Möglichkeiten ergeben sich vier un- <?page no="89"?> 90 Strategische Marketingplanung terschiedliche Strategien, die in der Produkt-Markt-Matrix von Ansoff erstmals im Jahr 1966 zusammengestellt worden sind (vgl. Ansoff, 1966). → Abbildung 34 gibt diese vier verschiedenen Strategiealternativen wieder. Markt vorhanden neu Produkt vorhanden Marktdurchdringungsstrategie Markterweiterungsstrategie neu Produktentwicklungsstrategie Diversifikationsstrategie Abbildung 34: Produkt-Markt-Matrix Quelle: Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 274. Die Produkt-Markt-Matrix strukturiert die Frage, mit welchen Produkt-Markt- Kombinationen zukünftig die Wachstumsziele eines Unternehmens erreicht werden können (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 274).  Das sollten Sie wissen! Marktdurchdringung: Bei der Strategie der Marktdurchdringung werden Wachstumsmöglichkeiten durch Intensivierung der Aktivitäten auf bereits bearbeiteten Märkten mit bereits angebotenen Produkten überprüft. Diese Strategie weist im Hinblick auf die beiden betrachteten Dimensionen Markt und Produkt im Vergleich zu den drei anderen Wachstumsalternativen den geringsten Neuerungsgrad auf (vgl. Homburg, 2017, S. 153). Ziel der Marktdurchdringung ist es, vor allem Nichtkäufer in Käufer zu wandeln, Kunden der Konkurrenz abzuwerben oder die Nutzungsintensität bisheriger Kunden zu erhöhen. So versucht man z.B., das eigene Produkt durch Preissenkung interessanter zu machen. Markterweiterung: Bei der Strategie der Marktentwicklung bietet das Unternehmen ein bereits etabliertes Produkt auf einem neuen Markt an. Dabei gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann das Unternehmen eine neue Zielgruppe im derzeitigen Absatzgebiet ansprechen. Auf diese, an der nutzenorientierten Definition von Märkten angelehnte Strategieoption wird im Bereich der Marktparzellierung detaillierter eingegangen. <?page no="90"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 91 Zum anderen haben Unternehmen die Möglichkeit, geografisch neue Märkte zu erschließen. Der Kundenkreis wird durch Ausdehnung der Marktgröße erweitert. Dies ist gerade im Rahmen einer zunehmenden Internationalisierung der Marktbearbeitung eine häufig diskutierte Wachstumsstrategie. Produktentwicklung: Die Strategie der Produktentwicklung zeichnet sich dadurch aus, dass ein Unternehmen ein neues Produkt auf einem etablierten Markt anbietet. Dabei kann es sich um eine Produkterweiterung oder aber auch um ein völlig neues Produkt im Sinne einer Produktinnovation handeln (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 212). Neue Produkte können entweder zusätzlich zum bereits bestehenden Produkt als Sortimentserweiterung eingeführt werden oder als Substitut das bisherige Produkt ersetzen (vgl. Homburg, 2017, S. 152). Diversifikation: Bei der Diversifikation werden neue Produkte auf neuen Märkten angeboten. Diese eher risikoreiche Strategie hat zum Ziel, das unternehmerische Handeln in Bereiche hinein auszuweiten, die bisher noch nicht erschlossen worden sind. Je nachdem, wie „neu“ die Aktivitäten für das Unternehmen sind, lassen sich drei verschiedene Ausprägungen der Diversifikation unterscheiden (vgl. Becker, 2013, S. 164 ff.):  Horizontale Diversifikation: Das Unternehmen erweitert das Leistungsspektrum auf Märkte, die auf der gleichen Wirtschaftsstufe liegen. So kann eine Bäckerei z.B. ihr Angebot durch ein Partycatering erweitern.  Vertikale Diversifikation: Das Unternehmen dehnt das Leistungsspektrum auf vorbzw. nachgelagerte Wirtschaftsstufen aus. So kann z.B. ein Hersteller einen Zulieferer erwerben.  Laterale Diversifikation: Das Unternehmen erweitert das Leistungsspektrum um Produkte, die in keinem Zusammenhang mit dem bisherigen Produktionsprogramm liegen. So kann z.B. ein Kosmetikhersteller zukünftig auch Lebensmittel anbieten. Ein Vorteil der Produkt-Markt-Matrix besteht in der einfachen Anwendung und Möglichkeit, direkt Handlungsanweisungen zur Umsetzung der Strategien abzuleiten. Vergessen werden darf jedoch nicht, dass der Fokus dieser Methode allein auf Wachstum ausgerichtet ist und das Zielsystem von Unternehmen (vgl. z.B. die Ausführungen in → Kapitel 3.2.1) heutzutage sehr viel differenzierter ist. <?page no="91"?> 92 Strategische Marketingplanung Marktparzellierungsstrategien Da Unternehmen i.d.R. nicht für alle Marktteilnehmer Leistungen anbieten können und somit attraktive Kunden von weniger attraktiven Kunden unterscheiden müssen, muss der avisierte Markt in homogene Gruppen, die untereinander heterogen sind, unterteilt werden. Diese Gruppen werden Marktsegmente genannt. Bei der Marktparzellierung geht es zunächst darum, festzulegen, ob ein Unternehmen seine Absatzmärkte in unterschiedliche Segmente aufteilt und getrennt voneinander bearbeitet (Segmentierung), oder ob eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Kundenbedürfnisse ausbleiben soll (Massenmarketing). Bevor jedoch auf die einzelnen Strategien zur Marktparzellierung eingegangen werden soll, werden die Grundlagen der Segmentierung erläutert. Grundlagen der Segmentierung Ziel der Segmentierung ist es, heterogene Märkte in kleinere homogene Gruppen zu unterteilen. Dabei müssen die begrenzten Ressourcen eines Unternehmens so verteilt werden, dass ein möglichst großer Beitrag zur Zielerreichung gewährleistet werden kann: Unterschiedliche Käuferwünsche werden eruiert und durch den Einsatz der absatzpolitischen Instrumente erfüllt. Folglich umfasst die Marktsegmentierung neben der Identifizierung und Beschreibung verschiedener Segmente im Rahmen der Markerfassung auch die gezielte Bearbeitung dieser Segmente durch abgestimmte Angebote und Marketingmaßnahmen (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 174 ff.). Es gibt unzählige Möglichkeiten, Märkte zu unterteilen. Bei der Suche nach dem geeigneten Kriterium bzw. den geeigneten Kriterien müssen jedoch folgende Anforderungen an Segmentierungskriterien beachten werden (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 482):  Messbarkeit: Die Größe der Segmente, die Kaufkraft sowie die Profile der Mitglieder müssen messbar sein. Es gibt Segmente, die sich ziemlich einfach messen lassen (alle Frauen in Deutschland, die älter als 40 Jahre sind), und Segmente, die sich nur schwer messen lassen (alle Hobbyköche in Deutschland, die Linkshänder sind).  Zugänglichkeit: Die ermittelten Marktsegmente müssen durch die Marketinginstrumente eines Unternehmens sowohl erreichbar als auch ansprechbar sein.  Bedeutsamkeit: Die einzelnen Segmente müssen eine Mindestgröße aufweisen oder Mindestumsätze garantieren. Mit Hilfe der Segmentierung soll die größtmögliche homogene Gruppe definiert werden, die im weiteren Verlauf des Marketingprozesses durch einen abgestimmten Marketingmix erreicht werden kann. <?page no="92"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 93  Umsetzbarkeit: Das Marketingprogramm des Unternehmens muss in der Lage sein, die identifizierten Segmente individuell zu bearbeiten. Die Sicherstellung der dafür benötigten Ressourcen ist dabei im Fokus der unternehmerischen Entscheidung.  Wirtschaftlichkeit: Der Nutzen aus der Segmentierung muss höher sein als die Kosten der Segmentierung. Nachdem die Anforderungen an Segmentierungskriterien dargestellt worden sind, sollen die Kriterien selbst erläutert werden. Eine umfassende Übersicht von möglichen Segmentierungskriterien zur Unterteilung von Märkten liefert dabei → Abbildung 35: Abbildung 35: Segmentierungsmerkmale und ausgewählte Ausprägungen Quelle: Becker, 2013, S. 251. Wie → Abbildung 35 zeigt, lassen sich die Segmentierungskriterien in soziodemografische, psychografische und verhaltensorientierte Kriteriengruppen unterteilen. In der Regel wenden Unternehmen jedoch eine Kombination der Kriterien zur Definition ihrer relevanten Zielgruppe an. Kriterien der Marktsegmentierung soziodemografische Kriterien psychografische Kriterien verhaltensbezogene Kriterien demografische Merkmale sozioökonom. Merkmale geografische Merkmale Persönlichkeitsmerkmale produktspezif. Merkmale Produktwahl Preisverhalten Mediennutzung Einkaufsstättenwahl  Geschlecht  Alter  Haushaltsgröße  Familienstand  Beruf  Ausbildung  Einkommen  Region  Größe des Wohnortes  Stadtteil  Werte  Aktivitäten  Interessen  Meinungen  Wahrnehmungen  Motive  Einstellungen  Nutzenerwartungen  Präferenzen  Käufer/ Nichtkäufer der Produktart  Markentreue  Verwendungsintensität  Art und Anzahl der genutzten Medien  Nutzungsintensität  Preisklasse  Kauf von Sonderangeboten  Preisschwellen  Betriebsformen  Geschäftsstättentreue <?page no="93"?> 94 Strategische Marketingplanung Soziodemografische Segmentierung Die traditionelle Art der Segmentierung eines Marktes ist die Unterteilung nach soziodemografischen Merkmalen (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 183). Dabei erfolgt eine erste Segmentierung zur Zielgruppenbestimmung häufig auf Basis geografischer Merkmale wie z.B. Länder, Regionen, Städte oder Stadtteile. Da eine solche Unterteilung eher allgemeine Aussagen zur Zielgruppenbestimmung zulässt, stellt die geografische Unterteilung häufig nur einen ersten Segmentierungsschritt dar, der eine weitere Verfeinerung nach demografischen oder sozioökonomischen Kriterien im Rahmen der soziodemografischen Segmentierung notwendig macht oder auch eine psychografische oder verhaltensorientierte Segmentierung nach sich ziehen kann. Unter die demografischen Merkmale fallen Kriterien wie z.B. Geschlecht, Alter, Haushaltsgröße oder Familienstand. Als Beispiel soll hier das Geschlecht als geeignetes Merkmal für die Bildung von Kundensegmenten mit unterschiedlicher Nutzenerwartung kurz erläutert werden. So hat es Lego z.B. mit der seit 2012 auf dem Markt vorhandenen Serie „Lego Friends“ hervorragend geschafft, die weibliche Zielgruppe anzusprechen, und entwickelt im Rahmen dieses Gendermarketings jetzt auch Lego Spielewelten explizit für Mädchen. Ein weiteres Beispiel für den Erfolg von Gendermarketing ist bei Coca-Cola zu finden. Das Unternehmen hat mit Coke Light eine eher die weibliche Zielgruppe ansprechende Marke auf dem Markt, deren männliches Pendant Coke Zero darstellt. Die dritte Kriteriengruppe im Rahmen der soziodemografischen Segmentierung stellen die sozioökonomischen Merkmale dar. Hierbei werden Märkte z.B. nach Beruf, Ausbildung oder Einkommen unterteilt. Dabei ist das Einkommen, als Indikator für die Kaufkraft von Konsumenten, eines der am häufigsten angewendeten Segmentierungskriterien über viele Branchen hinweg. Der größte Vorteil der soziodemografischen Segmentierungskriterien ist, dass sie relativ leicht und standardisiert zu erheben sind und sich daher für viele Unternehmen zur Zielgruppenbestimmung eignen. Da die Kriterien jedoch einzeln in der Regel kaum detaillierte Informationen zur Marktbearbeitung geben können, finden i.d.R. Kombinationen der soziodemografischen Kriterien zur Marktsegmentierung Anwendung. Ein Dilemma der soziodemografischen Segmentierung ist es jedoch, dass sie in vielen Fällen eine geringe Relevanz für das tatsächliche Kaufverhalten der Zielgruppe hat. So ist es z.B. möglich, dass sogenannte soziodemografische Zwillinge, die bezogen auf ihr Alter, ihr Geschlecht, ihren Geburtsort, ihren Familienstand sowie die Höhe ihres Einkommens gleich sind, sich hinsichtlich ihres Kaufverhaltens grundsätzlich unterscheiden. Aus diesem Grund werden Märkte in jüngerer Zeit nach komplexeren Merkmalskombinationen segmentiert. Dazu gehört u.a. die psychografische Segmentierung. <?page no="94"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 95 Psychografische Segmentierung Die psychografische Marktsegmentierung wird vor allem dann angewendet, wenn das Unternehmen eine direkt am Kaufverhalten ausgerichtete Zielgruppenbestimmung durchführen möchte. Hier können Einstellungen, allgemeine Persönlichkeitsmerkmale oder auch produktspezifische Kriterien im Vordergrund stehen. Zunehmend werden die Kriterien jedoch nicht mehr isoliert voneinander betrachtet, sondern im Rahmen von sogenannten Lebensstil-Segmentierungen als Kombination beurteilt. Dabei beziehen sich die abgeleiteten Typologien auf die Erkenntnis, dass bestimmte Kombinationen von Merkmalen häufiger auftreten. Messbar wird der Lebensstil dann durch beobachtbare Handlungen einer Person, durch ihr emotionales Verhalten, ihre Wertvorstellungen sowie die von ihr genutzten Produkte. In der Literatur lassen sich diverse Ansätze psychografischer Segmentierung auf Basis von Lebensstilen finden. Zwei in der Praxis häufig angewendete Ansätze sollen hier exemplarisch erläutert werden. Die GfK-Lebensstilforschung hat mit den Roper-Consumer-Styles (RCS) einen Ansatz aufgebaut, der auf konsumrelevanten Wertorientierungen, Aktivitäten und Interessen von Verbrauchern basiert und unterschiedliche Lebensstile sowie Konsum- und Markenpräferenzen zur Definition von Zielgruppen einbezieht. Die dafür eingesetzten Daten werden aus mehr als 40 Ländern auf fünf Kontinenten gewonnen (vgl. Peichl, 2014, S. 136). Den Kern dieser Segmentierung bildet die Erforschung von Wertorientierungen und den daraus entstehenden Konsumbedürfnissen der Verbraucher. Basierend auf der Selbstkongruenztheorie von Sirgy wird davon ausgegangen, dass Menschen in ihrem Verhalten danach streben, kongruent zu dem eigenen Selbstbild zu sein (Sirgy 1986, S. 7 ff.). Damit bestimmen sie durch ihre Werte nicht nur das Verhalten im sozialen Umfeld, sondern ebenso ihr Kaufverhalten (Peichl, 2014, S. 137). Im Zentrum der Roper-Consumer-Styles stehe demnach die Frage, welche wertebasierten Selbstkonzepte und Lebensstile sich in der Gesellschaft identifizieren lassen, und wie diese die Produkt- und Markenwahrnehmung, die Kommunikation und die Kaufbereitschaft beeinflussen. Somit kombiniert die GfK-Lebensstilforschung die identifizierten Wertorientierungen mit Konsummustern: Den eher materialistisch geprägten Werten des Bedürfnisses „Haben“, den eher postmaterialistischen Werten des Bedürfnisses „Sein“, den eher hedonistischen Werten des Bedürfnisses „Leidenschaft erleben“ und den eher sicherheitsorientierten Werten des Bedürfnisses „Frieden und Sicherheit“ werden entsprechende Konsumpräferenzen zugeordnet und daraus Konsummuster abgeleitet (→ Abbildung 36). <?page no="95"?> 96 Strategische Marketingplanung Abbildung 36: RCS-Strukturkarte der Konsummuster Quelle: Peichl, 2014, S. 141. Innerhalb dieser aufgezeigten Strukturen lassen sich nun verschiedene Konsummuster identifizieren, die durch acht unterschiedliche Lebensstile manifestiert werden. Die Position der einzelnen Lebensstile (Marktsegmente) innerhalb der Strukturkarte zeigt → Abbildung 37. Abbildung 37: RCS-Strukturkarte der Lebensstile Quelle: Peichl, 2014, S. 142 f. Materialismus, Preisorientierung Postmaterialismus, Qualitätsorientierung Puritanismus, Sicherheitsorientierung Hedonismus Trend-Marken, Schnäppchen Nachhaltigkeit, Information Bewährtes, Rationalität Vergnügen, Freizeit Ambiente Funktionalität Innovation Werthaltigkeit Bedürfnis │ Haben Materialismus, Preisorientierung Bedürfnis │ Sein Postmaterialismus, Qualitätsorientierung Bedürfnis │ Frieden und Sicherheit Puritanismus, Sicherheitsorientierung Bedürfnis │ Leidenschaften leben Hedonismus, Vergnügen Träumer (8,8 %) Häusliche (16,3 %) Bodenständige (16,4 %) Realisten (5,9 %) Abenteuer (16,4 %) Anspruchsvolle (11,3 %) Kritische (9,3 %) Weltoffene (15,5 %) <?page no="96"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 97 Die Lebensstile zeichnen sich durch folgende Werte- und Konsumeigenschaften aus (vgl. Peichl, 2014, S. 143):  Bodenständige (16 %): Werte wie Glaube, Tradition, Vorfahren achten, Sparsamkeit, Recht und Ordnung führen zu einem bewusst einfachen Konsumstil, der auf Sicherheit, Familie und Gesundheit ausgerichtet ist.  Häusliche (15 %): Werte wie Pflicht, befriedigende Arbeit, Recht und Ordnung, Sexualität sowie materielle Sicherheit führen zu einem Konsumstil, der vor allem auf den Kauf von preiswerten Marken und Produkten abstellt, die Sicherheit und soziale Akzeptanz vermitteln.  Träumer (8 %): Werte wie Status, gutes Aussehen, Eigeninteresse, Macht und Reichtum führen zu einem Konsumstil, der auf Marken und Produkte mit starkem Image ausgerichtet ist, teilweise von der Suche nach Schnäppchen dominiert wird.  Abenteurer (17 %): Werte wie Abenteuer, Spannung/ Action, Reichtum, Vergnügen und Eigeninteresse führen zu einem auf Innovation und Freizeit ausgerichteten Markenverhalten, das zur Abgrenzung und Heraushebung dient.  Weltoffene (15 %): Werte wie Individualität, Abwechslung, Schönheit und Spannung führen zu einem Konsumstil, der im Spannungsfeld zwischen Livestyle, Selbstverwirklichung und Verantwortung steht.  Kritische (7 %): Werte wie Schönheit, Übereinstimmung mit der Natur, Erhaltung der Umwelt, Abenteuer und soziale Verantwortung führen zu einem Konsumstil, der auf Qualität und Zukunftsfähigkeit ausgerichtet ist.  Realisten (8 %): Werte wie Übereinstimmung mit der Natur, Ehrgeiz, Wissen, befriedigende Arbeit und Sparsamkeit führen zu einem rationalen, auf hochwertigen Lebensstandard abgestellten Lebensstil.  Anspruchsvolle (13 %): Werte wie Glaube, Internationalität, soziale Toleranz, Lernen und Schönheit führen zu einem Lebensstil, der auf anspruchsvolle Qualität, Werthaltigkeit und serviceorientierten Konsum ausgerichtet ist. Ein weiterer ganzheitlicher Ansatz der psychografischen Segmentierung ist die Milieuforschung des Sinus Instituts. Mittels Fragestellungen per Interviews, die alle Lebensbereiche der Zielgruppen abdecken, sowie Auswertungen von Fotografien oder Videos der Wohnungen der interviewten Personen werden Milieus gebildet. Gerade durch die Auswertung des Bildmaterials können unbewusste Präferenzen und Anordnungen von Gegenständen zur Beurteilung der Zielgruppe herzangezogen werden. Das macht die Erkenntnisse valide. Sinus liefert mit der Milieuforschung ein wirklichkeitsgetreues Bild der soziokulturellen Vielfalt einer Gesellschaft, in dem die Befindlichkeiten und Orientierungen der Menschen, ihre Werte, ihre Lebensziele, ihre Lebensstile und ihre Einstellungen zu Arbeit, Familie, Freizeit, Geld, Konsum etc. sowie ihr sozialer Hintergrund detailliert beschrieben wird (  www.sinus-institut.de ). Durch diese <?page no="97"?> 98 Strategische Marketingplanung Art der Segmentierung gelingt es den Unternehmen, Zielgruppen ganzheitlich wahrzunehmen, zu verstehen und vor allem kaufverhaltensrelevant zu beeinflussen. Die aktuellen Sinus-Milieus sind in → Abbildung 38 dargestellt. Dabei wurde die Bewertung der Milieus auf zwei Strukturierungskriterien heruntergebrochen: soziale Schicht und grundlegende Wertorientierung. Die Prozentzahlen geben den Anteil der Segmente an der Gesamtbevölkerung Deutschlands (ab 14 Jahren) an. Abbildung 38: Sinus Milieus 2016 in Deutschland Quelle: www.sinus-institut.de. Aufgrund der anhaltenden Fragmentierung von Lebens‐ und Wertewelten erscheint eine übergreifend gültige Gruppierung der Milieus zu Lebenswelt‐ Segmenten, wie in der Vergangenheit häufig geschehen, heutzutage nicht mehr sinnvoll. Zwei Gruppierungen, zum einen Zukunftsmilieus und zum anderen gesellschaftliche Leitmilieus, haben für viele Unternehmen jedoch immer noch eine hohe Relevanz. Diese Gruppierungen sowie die weiteren Sinus-Milieus werden im Folgenden aufgezeigt: Zu den Zukunftsmilieus zählen das expeditive und das adaptiv-pragmatische Milieu:  Das expeditive Milieu wird durch die ambitionierte kreative Avantgarde gebildet, transnationale Trendsetter, die mental, kulturell und geografisch Oberschicht / obere Mittelschicht mittlere Mittelschicht untere Mittelschicht / Unterschicht 1 2 3 Soziale Lage Grundorientierung ® SINUS Sinus AB12 Konservativetabliertes Milieu 10 % Sinus B23 Bürgerliche Mitte 13 % Sinus B12 Sozialökologisches Milieu 7 % Sinus AB23 Traditionelles Milieu 13% Sinus B3 Prekäres Milieu 9 % Sinus C1 Milieu der Performer 8 % Sinus C2 Adaptivpragmatisches Milieu 10 % Sinus BC23 Hedonistisches Milieu 15 % Sinus BC23 Expeditives Milieu 8 % Traditions- Verwurzelung „Festhalten“ Modernisierte Tradition „Bewahren“ A Tradition Modernisierung / Individualisierung Neuorientierung Lebensstandard, Status, Besitz „Haben & Genießen“ Selbstverwirklichung, Emanzipation, Authentizität „Sein & Verändern“ B Multioptionalität, Beschleunigung, Pragmatismus „Machen & Erleben“ Explortion, Refokussierung, neue Synthesen „Grenzen überwinden“ C Sinus B1 Liberal-intellektuelles Milieu 7 % <?page no="98"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 99 mobil sind. Sie sind nicht nur online, sondern auch offline vernetzt, nonkonformistisch und immer auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen.  Das adaptiv-pragmatische Milieu bildet die moderne, junge Mitte mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nützlichkeitsdenken. Diese Zielgruppe ist leistungs- und anpassungsbereit, wobei Spaß und Unterhaltung nicht fehlen dürfen. Sie gelten als zielstrebig, flexibel und weltoffen, weisen jedoch gleichzeitig ein starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit auf. Zu den gesellschaftlichen Leitmilieus lassen sich Konservativ‐Etablierte, Performer und Liberal‐Intellektuelle zählen:  Das konservativ‐etablierte Milieu, das klassische Establishment, ist durch Verantwortungs- und Erfolgsethik geprägt. Sie weisen Exklusivitäts- und Führungsansprüche auf, haben ein ausgeprägtes Standesbewusstsein und einen zunehmenden Wunsch nach Orientierung und Balance.  Das Milieu der Performer stellt die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite dar. Sie ist durch globalökonomisches Denken geprägt und versteht ihr Selbstbild als Konsum- und Stil-Avantgarde mit hoher Technik- und IT-Affinität.  Die Liberal-Interkulturellen sind die aufgeklärte Bildungselite. Sie haben eine kritische Weltsicht, eine liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln, Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstentfaltung. Ferner lassen sich folgende Sinus-Milieus beschreiben:  Das sozialökologische Milieu engagiert sich gesellschaftskritisch mit normativen Vorstellungen vom „richtigen“ Leben. Sie weisen ein ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen auf, Globalisierungsskeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Diversity (Multikulti).  Die Hedonisten gelten als die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht bzw. untere Mitte. Sie leben im Hier und Jetzt, unbekümmert und spontan, häufig angepasst im Beruf, aber unterbrochen durch das Ausbrechen aus den Zwängen des Alltags in der Freizeit.  Bei der bürgerlichen Mitte handelt es sich um den leistungs- und anpassungsbereiten Mainstream. Hier überwiegt die generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung verbunden mit dem Wunsch nach beruflicher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen. Allerdings lassen sich eine wachsende Überforderung und auch vermehrt Abstiegsängste in diesem Milieu beobachten.  Das prekäre Milieu ist gekennzeichnet durch die um Orientierung und Zugehörigkeit bemühte Unterschicht. Der Wunsch, Anschluss an die Konsumstandards der breiten Mitte zu halten, ist häufig verbunden mit dem Gefühl der sozialen Benachteiligung und gemachten Ausgrenzungserfahrungen. Häufig erscheinen Personen dieses Milieus verbittert. <?page no="99"?> 100 Strategische Marketingplanung  Das traditionelle Milieu besteht aus der Sicherheit und Ordnung liebenden älteren Generation. Angehörige dieses Milieus sind in der kleinbürgerlichen Welt, der traditionellen Arbeiterkultur verhaftet. Sparsamkeit, Anpassung an die Notwendigkeiten, zunehmende Resignation und das Gefühl des Abgehängtseins kennzeichnen die Traditionellen. Verhaltensorientierte Segmentierung Eine weitere Möglichkeit zur Zielgruppenbestimmung besteht in der verhaltensorientierten Segmentierung. Entsprechend der Instrumentalbereiche des Marketings können Käufergruppen hinsichtlich ihrer Produktwahl (Marken- und Produktpolitik), ihres Preisverhaltens (Preispolitik), ihrer Mediennutzung (Kommunikationspolitik) oder der Wahl ihrer Einkaufsstätte (Distributionspolitik) eingeteilt werden. Im Hinblick auf die Produktwahl wird unterschieden, ob eine Person das Produkt grundsätzlich kauft oder nicht. Eine Unterteilung in Nichtkäufer, ehemalige Käufer, potenzielle Käufer, Erstkäufer und regelmäßige Käufer (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 472 f.) ist häufig. Zur Ausgestaltung des operativen Marketings liefert das Treueverhalten eines Kunden bezüglich Marke oder Produkt und die Höhe der Nutzungsintensität des Produktes ebenfalls wichtige Aussagen. Bei der Untersuchung des Preisverhaltens stehen Aspekte wie die Nachfrage nach bestimmten Preisklassen oder die Reaktion von Konsumenten auf Sonderangebote und Preisschwellen im Fokus. Analysen der Mediennutzug beziehen sich vor allem auf die Frage, welcher Art die genutzten Medien sind und wie intensiv deren Nutzung ist. Die Parameter, die bei der Einkaufsstättenwahl relevant sind, stellen vorrangig auf die Präferenzen bezüglich bestimmter Betriebsformen, die entweder online oder offline sein können, sowie die Geschäftstreue seitens der Kunden ab. Strategien der Marktbearbeitung Die Strategien im Rahmen der Marktparzellierung sind durch zwei Entscheidungen geprägt (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 227). Zunächst muss die Art der Marktbearbeitung festgelegt werden: Massenmarketing oder Segmentierung. Darauf folgend muss entschieden werden, ob die Marktabdeckung ganz (differenziertes Marketing) oder nur teilwiese (konzentriertes Marketing) erfolgen soll. Aus diesen zwei Entscheidungen ergeben sich die in → Abbildung 39 dargestellten Strategien der Marktbearbeitung. <?page no="100"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 101 Abbildung 39: Strategien der Marktbearbeitung Quelle: in Anlehnung an Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 227.  Das sollten Sie wissen! Undifferenziertes Marketing (Massenmarketing): Unternehmen, die sich für ein undifferenziertes Marketing entscheiden, berücksichtigen die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Kunden nicht, sondern konzentrieren sich vielmehr auf deren Gemeinsamkeiten (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 227). Das Ziel des Massenmarketings ist es, mit einem Basisprodukt und einem einzigen Marketingmix so viele Käufer wie möglich auf dem Gesamtmarkt anzusprechen. Sehr häufig wird im Konsumgüterbereich bei Low-Involvement-Produkten diese Strategie verfolgt (z.B. Butter, Schokoriegel). Gesamtmarkt Marketing-Mix des Unternehmens Marketing-Mix des Unternehmens (lediglich Segment 2 wird bearbeitet) undifferenziertes Marketing differenziertes Marketing konzentriertes Marketing Marketing-Mix des Unternehmens 3. Variante Marketing-Mix des Unternehmens 2. Variante Marketing-Mix des Unternehmens 1. Variante Segment 3 Segment 2 Segment 1 Segment 3 Segment 2 Segment 1 <?page no="101"?> 102 Strategische Marketingplanung Differenziertes Marketing: Im Gegensatz dazu werden beim differenzierten Marketing die unterschiedlichen Nutzenerwartungen einzelner Segmente berücksichtigt und jedes Segment mit einem individuellen Marketingmix bearbeitet. Da diese Strategie im Vergleich zu den beiden anderen Alternativen hohe Investitionskosten in das Produkt und die Vermarktung benötigt, wird das differenzierte Marketing in erster Linie von großen Unternehmen betrieben (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 231). So betreibt z.B. das 1899 gegründete Unternehmen VF Corporation ein differenziertes Marketing und bietet auf dem Outdoor-Bekleidungsmarkt seinen Zielgruppen jeweils eigene Marken (z.B. Timberland, Vans, Wrangler, Eastpak etc.) mit abgestimmten Vermarktungsstrategien an. Konzentriertes Marketing: Das konzentrierte Marketing, die Marktsegmentierung mit partieller Marktabdeckung, besteht in der Bearbeitung eines ausgewählten Teilmarktes (vgl. Kotler/ Keller/ Opresnik, 2015, S. 293). Hierbei bündelt das Unternehmen seine Ressourcen auf eine oder einige wenige Zielgruppen. Der Vorteil dieser Fokussierung besteht darin, dass unternehmerisches Know-how über Markt- und Zielgruppenverhalten gebündelt werden kann, geringere Marketingkosten entstehen und eine präzise Positionierung geschaffen werden kann. Häufig findet das konzentrierte Marketing seine Anwendung bei Unternehmensgründung oder bei Einstieg in einen neuen Markt. So hat Starbucks anfangs seinen Fokus auf eine klar definierte Zielgruppe mit einer Marke (Starbucks Coffee) gelegt und erst in den letzten Jahren im Rahmen des differenzierten Marketings eine Vielzahl von Zielgruppen entwickelt, deren Bedürfnisse mit unterschiedlichen Marken (Starbucks Coffee, Seattle’s Best Coffee, Tazo Tea, Torrefazione Italia Coffee) bedient werden. Marktstimulierungsstrategien Die dritte Strategieebene zur Konkretisierung von Normstrategien entscheidet über die Art und Weise der Beeinflussung bzw. der Steuerung von Märkten. Bei der Entwicklung dieser sogenannten Marktstimulierungsstrategien wird davon ausgegangen, dass es zwei grundsätzliche Kaufmotive gibt, die das Kaufverhalten steuern: Preis und Qualität (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 112). Aufbauend auf diesen beiden Grundmotiven haben Unternehmen daher für die Beeinflussung und Steuerung der Märkte zwei Alternativen: Sie können sich für die Implementierung einer Preis-Mengen-Strategie oder einer Präferenzstrategie entscheiden (vgl. Porter, 1980). <?page no="102"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 103 Bei der Preis-Mengen-Strategie (Preiswettbewerb, „billiger“ als die Konkurrenz) streben Unternehmen danach, über einen niedrigen Angebotspreis eine möglichste große Absatzmenge zu erzielen (vgl. Porter, 1980, S. 36 f.). Diese Strategie stellt auf die Erlangung der Kostenführerschaft ab und baut u.a. auf der Erfahrungskurve auf (vgl. Scharf/ Schubert/ Hehn, 2015, S. 239). Die Erfahrungskurve geht davon aus, dass die realen Stückkosten konstant sinken, wenn sich die kumulierte Ausbringungsmenge erhöht. Für Unternehmen, die diese Strategie verfolgen, ist es demnach vorteilhaft, möglichst hohe Marktanteile zu generieren, den Output zu erhöhen und damit die Produktions- und Vertriebskosten möglichst gering zu halten. Aus wettbewerbsstrategischer Sicht hat dies eine Fokussierung der Kommunikation auf preispolitische Aspekte zur Folge. Die Preis-Mengen-Strategie spricht vor allem preissensible Käufer an. Bei der Präferenzstrategie (Qualitätswettbewerb, „besser“ als die Konkurrenz) verfolgt ein Unternehmen das Ziel, durch den Einsatz von vor allem nicht preislichen Absatzmaßnahmen eine Präferenz für das eigene Produkt bei den Konsumenten aufzubauen (vgl. Esch/ Herrmann/ Sattler, 2013, S. 180 ff.). Hier soll mit Fokus auf produkt-, marken-, kommunikations- und distributionspolitische Maßnahmen der wahrgenommene Nutzen des eigenen Produktes höher liegen, als der, den Konsumenten bei Produkten von konkurrierenden Unternehmen haben. Ziel ist es, Produkte einzigartig zu machen, und durch diese Vorzugsstellung einen möglichst hohen Preis zu erzielen, der dann wiederum als Qualitätsindikator fungiert. Dabei kann die Differenzierung des eigenen Produktes von dem der Konkurrenz je nach Unternehmensgröße und Marktbesonderheiten auf unterschiedliche Arten erfolgen: z.B. über Markenpolitik, Imagebildung, Kommunikation. Auf diese vielfältigen Möglichkeiten zur Individualisierung durch Differenzierung und Positionierung wird detailliert in → Kapitel 3.2.4 eingegangen. Die Präferenzstrategie spricht vor allem markenbewusste Käufer an. Aufgrund begrenzter Ressourcen oder strategischer Grundentscheidungen von Unternehmen ist es nicht immer sinnvoll, eine Gesamtmarktabdeckung anzustreben. Die Alternative dazu ist die Fokussierung von Unternehmen auf einzelne Teilbereiche eines Marktes (vgl. Porter, 1980, S. 38 f.). Dies können ausgewählte Zielgruppen (Segmente) oder Regionen sein, in denen die eigenen Absatzleistungen angeboten werden. Solche lediglich auf Teilbereiche von Märkten abzielende Strategien werden Fokus- oder Nischenstrategien genannt. Auch hierbei kann wiederum eine Unterteilung in Qualitätsführerschaft oder Kostenführerschaft, auf eben dem angestrebten Teilmarkt, umgesetzt werden. → Abbildung 40 fasst die gemachten Aussagen zu den Möglichkeiten der Marktstimulierung zusammen. <?page no="103"?> 104 Strategische Marketingplanung strategischer Vorteil Qualität Kosten Abdeckung Gesamtmarkt Präferenzstrategie Preis-Mengen- Strategie Abdeckung von Teilbereichen eines Marktes Fokus- oder Nischenstrategie Abbildung 40: Strategien der Marktstimulierung Quelle: Porter, 1980, S. 39. Marktarealstrategien Eine weitere strategische Grundausrichtung stellt den Markt bzw. das Absatzgebiet eines Unternehmens in den Mittelpunkt der Überlegungen. Hierbei geht es um die Entscheidung, wie weit der geografische Absatzmarkt für die Produkte ausgedehnt werden soll. Dabei lassen sich drei grundlegende Alternativen unterscheiden (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 277 ff. sowie Herrmann/ Huber, 2009, S. 114 f.), die sich i.d.R. nach der Entwicklung eines Unternehmens richten:  Lokale oder regionale Strategien werden häufig in der Anfangsphase eines Unternehmens verfolgt. Zunächst gilt es, Kompetenzen über Produkte und Märkte aufzubauen und das eigene Unternehmen im Markt gegenüber dem Wettbewerb zu positionieren und die gewählte Positionierung nachhaltig zu festigen.  Überregionale oder nationale Strategien: Die regionale Reichweite von Unternehmen wird i.d.R. bei einer lokalen Marktsättigung auf überregionale oder nationale Märkte ausgedehnt.  Multinationale, internationale oder Weltmarktstrategien: Ist der Inlandsmarkt gesättigt, so liegt für viele Unternehmen eine weitere Ausdehnung auf internationale Märkte nahe. Dies ist jedoch häufig mit erheblichen Risiken verbunden. So sollte, um die Attraktivität eines Marktes einschätzen zu können, eine sorgfältige Untersuchung von Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren, die sowohl wirtschaftlicher, technischer als auch rechtlicher Natur sein können, sowie eine umfassende Analyse über potenzielle Marktrisiken zugrunde liegen (vgl. Esch/ Herrmann/ Sattler, 2013, S. 184 f.). <?page no="104"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 105 3.2.4 Differenzierung und Positionierung Ries und Trout haben die Überlegungen zur Positionierung erstmals in den Marketingkontext gebracht (vgl. Ries/ Trout, 2001), indem sie auf die Bedeutsamkeit für Unternehmen abstellen, „erster zu sein“. Diese Relevanz wird durch einfache (Alltags-)Fragen verdeutlicht: Sie warfen u.a. die Frage auf, wer denn der zweite Mensch auf dem Mond war. An den ersten Menschen auf dem Mond konnten sich die meisten der Befragten erinnern, beim zweiten Menschen auf dem Mond mussten bereits viele passen. Dies ist eine ziemlich schlechte Nachricht für alle, die zufällig nicht die Nummer 1 im Bewusstsein ihrer Zielgruppe sind. Positionierung besteht deswegen darin, sich in intelligenter Weise zum Marktführer zu machen oder sich geschickt in Relation zu diesem zu setzen. Grundlagen zur Differenzierung und Positionierung Aus den bisherigen strategischen Überlegungen ist deutlich geworden, dass Unternehmen vor allem dann erfolgreich sind, wenn sie es schaffen, ihr Produkt einzigartig zu machen. Entweder für den gesamten Markt im Rahmen des undifferenzierten Marketings oder für einzelne Marktsegmente im Rahmen des konzentrierten oder differenzierten Marketings. Das Erlangen einer einzigartigen Position kann dabei entweder auf den Preis fokussieren (Preis-Mengen- Strategie) oder aber auf einen Qualitätsaspekt des Produktes (Präferenzstrategie) abzielen. Da Märkte zunehmend gesättigt sind und die Produkte durch Standardisierung immer einfacher auszutauschen und funktional gleichwertiger erscheinen, ist es das Ziel des Marketings, das Produkt in den Köpfen der Konsumenten so zu platzieren, dass es einzigartig und unverwechselbar wird. Positionierung bezeichnet demzufolge die Wahrnehmung der Leistungen eines Unternehmens seitens der Konsumenten im Vergleich zum Wettbewerb. Dabei steht der subjektive Nutzen des Konsumenten im Vordergrund und nicht das objektiv angebotene Produkt. Im Rahmen der Differenzierung gilt es für die Unternehmen zunächst, die Kunden von dem Nutzen des angebotenen Produktes zu überzeugen. Unternehmen müssen Maßnahmen entwickeln, die den Vorteil des eigenen Produktes gegenüber den Produkten der Konkurrenten deutlich machen (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 498 ff.). Genau dies wird als Differenzierung bezeichnet: Der Vorgang, durch den Unternehmen relevante Unterschiede in das Produktangebot integrieren, um das eigene Angebot vom Angebot der Wettbewerber im Zielmarkt abzuheben. <?page no="105"?> 106 Strategische Marketingplanung  Das sollten Sie wissen! Differenzierung: Vorgang, durch den relevante Unterschiede in das Produktangebot integriert werden, um das eigene Angebot vom Angebot der Wettbewerber abzuheben. Positionierung: Wahrnehmung der Leistungen eines Unternehmens seitens der Konsumenten im Vergleich zum Wettbewerb. Positionierungsstrategie: Bestreben des Unternehmens, sein Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein des Zielkunden einen besonderen, geschätzten und von Wettbewerbern abgesetzten Platz einnimmt. Entwicklung einer Positionierungsstrategie Im Rahmen der Positionierung möchten Unternehmen in der Kundenwahrnehmung einzigartig erscheinen. Dazu ist es zunächst entscheidend, jene Produkt- und Leistungsvorteile zu identifizieren, die für den Kunden relevant und wertvoll sind (vgl. Lippold, 2015, S. 113 ff.). Die Frage nach den wichtigsten Kaufkriterien der angestrebten Zielgruppe bildet damit das Fundament der Positionierung. Im Bekleidungsbereich kann es sich dabei z.B. um eine Abgrenzung von Qualitäts- und Preisführerschaft auf der einen Seite und sportlichem oder eher klassischem Image auf der anderen Seite handeln. Mit diesem Wissen können die Unternehmen dann einen Positionierungsraum aufspannen. Um einen Überblick über bereits auf dem Markt vorhandene Positionierungen von Konkurrenten zu erhalten, müssen in diesen Positionierungsraum die aktuellen Wettbewerber aufgenommen werden. Einen solchen beispielhaften Positionierungsraum gibt → Abbildung 41 wieder. Abbildung 41: Beispielhafter Positionierungsraum Qualität Preis klassisch sportlich 1 2 4 3 5 X = Wettbewerber <?page no="106"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 107 Nachdem ein Unternehmen den Positionierungsraum mit Hilfe der wichtigsten Produkt-Bewertungsdimensionen der Kunden aufgespannt hat und die Wettbewerber identifiziert und in diesen Positionierungsraum eingeordnet worden sind, muss die eigene Soll-Positionierung festgelegt werden. Wo innerhalb des Positionierungsraumes sind sogenannte Positionierungslücken? Können diese von dem Unternehmen besetzt werden? Gibt es andere Bereiche innerhalb des Positionierungsraumes, der zwar bereits von einem Wettbewerber belegt ist, jedoch durch eine gute Positionierung der eigenen Leistungen ebenfalls in Betracht kommt? Welche weiteren relevanten Produkteigenschaften werden vom Kunden als wichtig erachtet und könnten den Raum weiter aufspannen? Diese Fragen gilt es bei der Bestimmung der Soll-Positionierung zu beantworten. Dazu muss die Einzigartigkeit des eigenen Produktes herausgestellt werden. Vor allem zwei Faktoren müssen dafür analysiert werden: der USP des Produktes und der Netto-Nutzen-Vorteil des Kunden (vgl. Herrmann/ Huber, 2009, S. 98 ff.):  Das Akronym USP (Unique Selling Proposition) stellt das Alleinstellungsmerkmal eines Produktes dar, das vom Wettbewerber nicht auf dem Markt angeboten wird.  Ein Netto-Nutzen-Vorteil ist dann gegeben, wenn der Nutzen für den Nachfrager größer ist als der von ihm zu zahlende Preis. Das genannte Alleinstellungsmerkmal (der Wettbewerbsvorteil oder USP) kann sich dabei auf sämtliche Produkteigenschaften beziehen. Unabhängig davon, ob diese Produkteigenschaften funktional oder emotional sind, müssen jedoch grundsätzlich folgende Aspekte berücksichtigt werden (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2014, S. 55 f.): Die im Rahmen der Differenzierung als USP herauszustellenden Leistungsmerkmale des Produktes müssen  bedeutsam und wahrnehmbar für den Kunden sein. Nur die Produkteigenschaften, die der Kunde auch als relevant wahrnimmt, werden Einfluss auf seine Kaufentscheidung haben.  dauerhaft und effizient vom Anbieter gegenüber der Konkurrenz zu verteidigen sein. Nur die Produkteigenschaften, die nicht leicht von der Konkurrenz imitiert werden können und dabei wirtschaftlich für ein Unternehmen rentabel sind, eignen sich, diese als Differenzierungsmerkmal auszubauen. Im Rahmen der Marktstimulierungsstrategien (→ Kapitel 3.2.3) wurden Möglichkeiten der Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz aufgezeigt. Diese Strategieansätze bilden nun die Grundlage für die Differenzierung. Unternehmen können sich entweder über den Preis oder über die Qualität differenzieren. Wenn ein Unternehmen seine Produkte deutlich günstiger als die Konkurrenz anbieten kann, wird es genau diesen Preisvorteil als USP kommunizieren und seine Position als „das günstigste Unternehmen“ in den Köpfen der Kunden festigen. <?page no="107"?> 108 Strategische Marketingplanung Als USP werden jedoch auch häufig Produktmerkmale bzw. die mit dem Produkt in Zusammenhang stehenden Serviceleistungen kommuniziert (vgl. Kotler/ Armstrong/ Wong/ Saunders, 2011, S. 498 ff.). Dabei kann es sich z.B. um die Ausstattung, das Design, die Produktverwendung oder um den Produktnutzen handeln. Bei einer solchen Differenzierung werden z.B. Innovationsvorteile, die Produktqualität, herausragende Leistungen bei Montage- und Inbetriebnahme, angebotene Schulungen, umfangreiche Kulanzleistungen etc. in den Mittelpunkt der Kommunikation an den Kunden gestellt. Eine solche Positionierung folgt den Vorgaben der Präferenzstrategie, die den Fokus auf Qualitätsaspekte legt. → Abbildung 42 stellt die Leistungsdifferenzierung unterschiedlicher Margarinesorten aus dem Unternehmen Unilever dar. Es wird deutlich, wie die einzelnen Margarinesorten voneinander abgegrenzt werden und welche Eigenschaften der jeweiligen Marke zugeschrieben werden. Für Gesundheit und Wohlbefinden der ganzen Familie. Denn Rama leistet den Beitrag für eine ausgewogene Ernährung. Herzgesund und cholesterinbewusst essen und genießen - mit der Vielfalt von Becel Produkten ist das ganz einfach! LÄTTA ist die Halbfettmargarine Nr.1 für einen frischen Start in den Tag. Die Marke Bertolli steht für mediterranes Lebensgefühl. Die Liebe zu Italien und die Erfahrung und Begeisterung für gutes Essen in jedem einzelnen Bertolli Produkt Backen ist Liebe, Sanella ist Backen - seit über 100 Jahren ist Sanella der ideale Partner bei allen Backvorhaben. Abbildung 42: Positionierung bei Unilever Mit steigernder Marktsättigung und immer ähnlicher werdenden Produkten kommt heutzutage jedoch gerade dem Image eines Produktes bzw. einer Marke eine sehr hohe Bedeutung bei der Differenzierung zu. Für Unternehmen ist es wichtig, ein Image zu erschaffen, das sie von anderen Unternehmen abhebt, und ihnen so eine Alleinstellung auf dem Markt ermöglicht. Das Image kann als Bild, das sich die Kunden von dem gesamten Unternehmen oder der Marke machen, umschrieben werden. Es umfasst die Gesamtheit aller Vorstellungen eines Kunden über das Unternehmen und ist damit stark subjektiv geprägt. <?page no="108"?> Kernschritte der strategischen Marketingplanung 109 Mit Hilfe des identifizierten USP lassen sich nun folgende Fragestellungen beantworten: Wie und was soll der Kunde über die eigenen Produkte denken? Wie soll der Kunde die eigenen Produkte gegenüber der Konkurrenz wahrnehmen? Unternehmen sind somit in der Lage, eine Soll-Positionierung für die eigenen Leistungen festzulegen. Durch den Vergleich der Sollmit der tatsächlichen Ist-Positionierung seitens der Kunden lassen sich für die Unternehmen jetzt folgende Alternativen ableiten:  Aufbau bzw. Stärkung der Ist-Position bei neuen Produkten bzw. keinen oder lediglich minimalen Abweichungen von Soll- und Ist-Position.  Umpositionierung der eigenen Leistungen, wenn Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Position deutlich werden. Zusammenfassend stellt → Abbildung 43 die drei Schritte zur Formulierung einer Positionierungsstrategie dar. Schritte einer Positionierungsstrategie 1. Erstellung eines Positionierungsmodells auf Basis der wichtigsten Kaufentscheidungen 2. Identifikation relevanter Produkteigenschaften zur Formulierung eines USP unter Berücksichtigung des Netto-Nutzen-Vorteils für den Kunden und Festlegung einer Soll-Position 3. Stärkung der Ist-Position oder Umpositionierung durch den Einsatz der Marketinginstrumente Abbildung 43: Schritte der Positionierungsstrategie Die Positionierung bildet das Fundament zur Gestaltung des Marketingmix (vgl. Trommsdorff/ Steinhoff, 2013, S. 115 ff.), auf das im folgenden Kapitel eingegangen werden soll. <?page no="110"?> 4 Operative Marketingplanung 4.1 Marketinginstrumente als operative Planungselemente Nachdem in den Ausführungen in → Kapitel 2 die Grundlage für die Ableitung strategischer Marketingentscheidungen gelegt wurde, folgt nun die Betrachtung der speziellen Marketinginstrumente (→ Abbildung 44), die in ihrer Kombination im sogenannten Marketingmix münden. Kotler et al. definieren den Marketingmix als „Gesamtheit steuerbarer taktischer (operativer) Werkzeuge, welche man kombiniert und einsetzt, um auf dem Zielmarkt bestimmte erwünschte Reaktionen hervorzurufen.“ (Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 124) Der Begriff des Marketingmix geht in seinem Ursprung bis in die 1960er-Jahre zurück, wo er von Borden (1964) verwendet wurde (vgl. Becker, 2013, S. 485). Zu den klassischen vier Instrumenten des Marketings (4 P´s: Product, Place, Price und Promotion) wird im vorliegenden Werk das Instrument der Markenpolitik hinzugefügt, welches insbesondere in den letzten Jahren u.a. vor dem Hintergrund der Positionierung und Differenzierung von Unternehmen und Marken (→ Kapitel 3.2.4) auf globalen Märkten eine große Bedeutung erlangt hat. Abbildung 44: Marketinginstrumente Im Folgenden werden die einzelnen Elemente Marken-, Produkt-, Distributions-, Kommunikations- und Preispolitik isoliert betrachtet, vorgestellt und diskutiert. 4.2 Markenpolitik In den letzten Jahren ergibt sich aus der steigenden Marken- und Produktvielfalt, dem höheren Wettbewerbsdruck, der Digitalisierung sowie steigenden Kosten im Bereich der Markenführung bzw. dem Aufbau einer Markenbekanntheit eine höhere Bedeutung und Relevanz eines professionellen Marken- Marketinginstrumente Preispolitik Produktpolitik Distributionspolitik Kommunikationspolitik Markenpolitik <?page no="111"?> 112 Operative Marketingplanung und Produktmanagements für Unternehmen aller Branchen (vgl. u.a. Homburg, 2017, S. 623; Sattler/ Völckner, 2013, S. 89; Esch/ Herrmann/ Sattler, 2013, S. 3). In diesem Zusammenhang stehen Unternehmen zudem häufig vor der großen Herausforderung der sich wandelnden Konsumentenbedürfnisse, was im Rahmen der Markenstrategie für ein erfolgreiches Marktwirken berücksichtigt werden muss (vgl. Esch, 2012, S. 112). Markenpolitische Entscheidungen tangieren oft alle weiteren Instrumente in ihrer Gestaltung, da inhaltliche Leitfäden bzw. spezifische Wesensmerkmale durch sie vorgegeben werden (vgl. Sattler/ Völckner, 2013, S. 50). Zudem erlaubt die Markenpolitik eine unternehmensspezifische Produktkennzeichnung und schafft damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine markt- und zielgruppenspezifische Image- und Präferenzbildung (vgl. Becker, 2013, S. 501). Starke Marken stellen für Unternehmen oftmals einen Wert dar, der weit höher ist als Grundstücke, Gebäude oder Produktionsanlagen, was aus der Loyalität der Kunden und deren Bereitschaft, diese Marke in Zukunft weiter zu präferieren, resultiert. Zudem bilden sie einen „Schutzwall“ gegenüber den Marketingstrategien der Konkurrenz (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 454). Marken stellen zentrale immaterielle Wertschöpfer in Unternehmen dar (vgl. Esch, 2012, S. 122). Im Folgenden wird das Kapitel der Markenpolitik sich an den Entscheidungsfeldern des Markenmanagements (Markenstrategie, Markenauftritt, Markenkontrolle) von Homburg orientieren (vgl. Homburg, 2017, S. 627 ff.) - ergänzt wird dies zunächst um die Definitionen sowie Funktionen von Marken. Abbildung 45: Markenpolitik Quelle: in Anlehnung an Homburg, 2017, S. 627. Definitionen von Marken Zunächst gilt es zu klären, was unter einer Marke zu verstehen ist, da in der Literatur keine einheitliche, allgemeingültige Definition existiert. Einer Definition nach können Marken gemäß §3 Abs. 1 MarkenG verstanden werden als: „alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstiger Auf- Markenauftritt Markenpolitik Markenkontrolle Markenstrategie Funktion Definition <?page no="112"?> Markenpolitik 113 machungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen […], die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“ (MarkenG, 2004, S. 63, §3 (1)). Der Markenbegriff und einige prägnante Definitionen in der Marketingliteratur gehen ursprünglich auf Meffert (1974), Meffert/ Burmann (1996) und Keller (1993) zurück (vgl. Burmann et al., 2015, S. 28). In aktuelleren wissenschaftlichen Publikationen definiert Esch Marken als „Vorstellungsbilder in den Köpfen der Konsumenten, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen.“ (Esch, 2012 S. 22) Darüber hinaus kann die Marke definiert werden als „[...] Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert.“ (Burmann/ Blinda/ Nitschke, 2003, S. 3). Funktionen von Marken Je nach Perspektive des Betrachters unterscheiden sich die Funktionen einer Marke (vgl. Homburg, 2017, S. 624). So erfüllt eine Marke für einen Anbieter (Unternehmen) andere Funktionen als für einen Absatzmittler (Händler) oder einen Konsumenten (Nachfrager). Im Folgenden liegt der Fokus auf dem nachfragenden Konsumenten sowie dem anbietenden Unternehmen. Für den nachfragenden Konsumenten repräsentiert eine (starke) Marke eine verdichtete Information, die beispielsweise  Zusatzinformationen (z.B. Qualitätsaussage) liefert und damit das wahrgenommene Kaufrisiko verringert,  Orientierungshilfe innerhalb der vielen Angebote ist,  Kaufeffizienz erhöht (er kauft schneller und gezielter ein),  Vertrauen schafft,  einen emotionalen Anker („emotionalen Wert“) darstellt, d.h. bestimmte Emotionen, Images oder Prestige vermittelt und erzeugt, sowie  zur Abgrenzung und Vermittlung eigener Wertvorstellungen beiträgt (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 424; Burmann 2016; Homburg, 2017, S. 627). Für das anbietende Unternehmen dient eine starke Marke beispielsweise  zur Differenzierung des eigenen Angebots von der Konkurrenz sowie zur Positionierung,  als Anker, um einen loyalen Kundenstamm aufzubauen,  als Möglichkeit zur Kundenbindung,  als Plattform für neue Produkte (Markenausdehnung),  als Basis für die Lizenzierung, <?page no="113"?> 114 Operative Marketingplanung  als Schutz des eigenen Angebots vor Krisen und Einflüssen der Wettbewerber (auch vor Handelsmarken) und  zur erleichterten Akzeptanz im Handel (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 424; Burmann 2016, Homburg, 2017, S. 627). Markenstrategie Homburg unterscheidet vor dem Hintergrund der Markenstrategie zwischen den drei Bereichen Markenreichweite, Markenpositionierung und Markenarchitektur (vgl. Homburg, 2017, S. 628). Im Rahmen der Markenreichweite werden insbesondere Anwendungsbereiche der Marke in geographischer Hinsicht betrachtet. So kann ein Unternehmen markenstrategisch einen regionalen Fokus aufbauen, die Markenpräsenz zielt also lediglich auf ein bestimmtes Gebiet innerhalb eines Landes (z.B. Süddeutschland) ab (vgl. Homburg, 2017, S. 628). Edeka gestaltet dies bereits mit seiner Eigenmarke „Edeka mein Bayern“ - der emotionale Wert, nämlich die Identifikation mit der Region, kann für viele Verbraucher ein Kaufargument darstellen. Eine nationale Markengestaltung bezieht sich auf Märkte in einem bestimmten Land (z.B. Biermarke „König Pilsener“ in Deutschland). Im Rahmen einer internationalen Markenstrategie zielt der Markenaufbau auf mehrere (mindestens zwei) Ländermärkte ab. Opel ist in mehreren Ländermärkten mit seiner Marke präsent. Der letzte Anwendungsbereich bezieht sich auf den Markenauftritt im Rahmen einer globalen Strategie. Coca-Cola und McDonald’s stellen bekannte Beispiele für diese Markenreichweite dar (vgl. Homburg, 2017, S. 618). Innerhalb der Markenpositionierung werden der inhaltliche Kern der Marke und damit verbunden die Abgrenzung der Marke gegenüber Wettbewerbsmarken festgelegt. Es geht um die Gestaltung des Markenkerns (Markenidentität), des Markennutzens sowie der Markenpersönlichkeit (vgl. Homburg, 2017, S. 630). Für den langfristigen Erfolg einer Marke sind die Differenzierungsstärke einer Marke sowie die Erzielung von Authentizität und Glaubwürdigkeit übergeordnete Aufgaben, um eine geeignete Positionierung zu erzielen (→ Kapitel 2.2.4). Um diese Herausforderungen genauer zu analysieren, ist es sinnvoll, die angesprochene Markenidentität (Selbstbild) und das Markenimage (Fremdbild) in einen Zusammenhang zu bringen, was in → Abbildung 46 innerhalb des „Modells des identitätsbasierten Markenmanagements“ von Meffert und Burmann illustriert wird. Auch die Markenpersönlichkeit und der Nutzen einer Marke werden im folgenden Ansatz integriert, welcher einen wichtigen Rahmen innerhalb der Markenforschung darstellt (vgl. Meffert/ Burmann/ Koers, 2005, S. 26). <?page no="114"?> Markenpolitik 115 Abbildung 46: Modell des identitätsbasierten Markenmanagement Quelle: in Anlehnung an Meffert/ Burmann/ Koers, 2005, S. 26. Die grundlegende Aktionsebene des identitätsbasierten Markenmanagements wird von der Markenidentität repräsentiert. Diese umfasst aus interner Sicht alle langfristig relevanten Merkmale von Marken, wobei es sich hier konkret um das Selbstbild der Marke aus Sicht des Unternehmens handelt. Das Markenimage erläutert, wie eine Marke extern (z.B. bei Konsumenten) wahrgenommen/ rezipiert wird. Hauptaussage des Modells ist, dass eine Marke nur erfolgreich sein kann, wenn sie hält, was sie verspricht (vgl. Burmann, 2016). Nach diesem Ansatz steht die Markenidentität für die Persönlichkeit einer Marke, ihre Werte, Vision, Persönlichkeit, Leistungen, Kompetenzen und Herkunft (vgl. Burmann/ Halaszovich/ Schade/ Hemmann, 2015, S. 45). Aus diesen Komponenten heraus ergeben sich die Positionierung und die Authentizität einer Marke. Demgegenüber steht das vom Konsumenten wahrgenommene Markenimage, welches sich aus dem symbolischen und funktionalen Nutzen einer Marke, den Markenmerkmalen und der Markenbekanntheit ergibt (vgl. Meffert/ Burmann/ Koers, 2005, S. 65 f.). Wichtig für die Glaubwürdigkeit der Marke ist die Integration der entsprechenden Leitsätze in die gesamte Unternehmenskultur, so dass die Ideale auch von Management und Mitarbeitern gelebt werden müssen. Daraus erst folgt, dass die jeweilige Zielgruppe die Werte einer Marke als Teil des Markenimages wahrnimmt und demensprechend überträgt. Dieses Phänomen ist gleichzusetzen mit der Wichtigkeit der Übereinstimmung von Markenidentität und Markenimage (vgl. Burmann/ Blinda/ Nitschke, 2003, S. 6; Burmann/ Meffert/ Feddersen, 2007, S. 11). Der Grad der Übereinstimmung beider Sichtweisen hat Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit, das ihr entgegengebrachte Vertrauen, die Stärke der Marke und letztlich auf den Erfolg einer Marke. <?page no="115"?> 116 Operative Marketingplanung Insbesondere vor dem skizzierten Hintergrund der Bedeutung von Marken gilt es für Unternehmen, eine Anordnung aller Marken zur Festlegung der Positionierung sowie der Beziehung der Marken untereinander und der jeweiligen Produkt-Markt-Beziehungen effektiv und effizient zu gestalten. Dies wird in der Literatur mit dem Begriff der Markenarchitektur beschrieben (vgl. Homburg, 2017, S. 633). Im Rahmen des konkreten Aufbaus einer Markenarchitektur können zunächst im Hinblick auf die Anzahl der markierten Güter drei zentrale Erscheinungsformen differenziert werden. So wird bei der Einzelmarkierung (fast) jedes Produkt eines Unternehmens unter einer eigenen Marke angeboten (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 336.). Neben der Marke Nutella stehen auch die Süßwarenmarken Duplo oder Rafaello der italienischen Firma Ferrero für diese Strategie. Hier liegt der Fokus auf der Schaffung einer einzigartigen, speziellen Persönlichkeit der Marke (vgl. Homburg, 2017, S. 635). Bei einem Mehrmarkenunternehmen mit einer heterogenen Produktstruktur (beispielsweise Unilever oder Procter & Gamble) bietet sich dieses Vorgehen an, da jedes Produkt eine besondere Persönlichkeit und Botschaft vermitteln kann. Die Erreichung konkreter (spezifischer) Zielgruppen ist dabei zudem einfacher. Im Rahmen der Familienmarkenstrategie erfolgt die Wahl einer einheitlichen Markierung für ganze Produktgruppen oder -linien. Das aufgebaute (positive) Markenimage der „Familie“ wird auf alle neu eingeführten Produkte übertragen. Zudem werden Produkte dabei zu einer Gruppe mit einem einheitlichen Marken-/ Nutzenversprechen gebündelt (vgl. Homburg, 2017, S. 635). Als Beispiel kann die Nivea-Produktfamilie des Unternehmens Beiersdorf betrachtet werden. Bei der Dachmarkenstrategie werden sämtliche Produkte des Unternehmens unter einer einheitlichen Marke geführt. Dabei repräsentiert der Unternehmensname im Regelfall den Markennamen. Porsche oder Siemens stellen Beispiele für diesen Ansatz dar (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 338f.). → Abbildung 47 illustriert die drei Markenstrategien. Neben der Entscheidung über die Anzahl der markierten Güter dürfte die institutionelle Stellung des Markenführers ein wichtiges typenbildendes Kriterium darstellen. Hier können eine Herstellermarke, eine Handelsmarke und eine Dienstleistungsmarke voneinander unterschieden werden (vgl. Homburg, 2017, S. 626). Während bei Herstellermarken die Produzenten ihre Markenartikel gegenüber dem Endkunden präsentieren, sind Handelsmarken bzw. Eigenmarken (beispielsweise ja! von Rewe) von konkreten Handelsunternehmen angebotene Marken für ein bestimmtes Sortiment (vgl. Sattler/ Völckner, 2013, S. 160). Dabei werden diese im Regelfall nur innerhalb des Handelsunternehmens/ der Handelsgruppe distribuiert und zu häufig günstigen Preisen angeboten. Aktuell spielt es in vielen Fällen insbesondere im Konsumgüterbereich (beispielsweise Waschmittel) bei den Konsumenten mittlerweile eine untergeordnete Rolle, ob es sich um eine klassische Herstellermarke oder um eine Handelsmarke handelt (vgl. Esch, 2012, S. 21). In diesem Kontext kann ein wachsender Marktanteil von Handelsmarken in den letzten Jahrzehnten festgestellt werden (vgl. Esch, <?page no="116"?> Markenpolitik 117 2012, S. 50). Bei Dienstleistungsmarken ist der Markenführer ein Dienstleistungsunternehmen (z.B. Allianz Versicherung). Abbildung 47: Markenarchitekturen - Einzel-, Dach- und Familienmarkenstrategie Quelle: in Anlehnung an Homburg, 2017, S. 634. Darüber hinaus können Marken nach der vertikalen bzw. horizontalen Reichweite voneinander abgegrenzt werden. Ein Beispiel in diesem Bereich stellt das Ingredient Branding dar. Dabei erfolgt ein vertikaler Zusammenschluss von Marken, z.B. Intel Prozessoren in Dell Computern (vgl. Sattler/ Völckner, 2013, S. 128). Die Intel Produkte stellen Komponenten der Endprodukte dar, die einerseits wesentlicher Bestandteil derer sind, andererseits aber lediglich in die Endprodukte eingehen und damit nicht mehr offen erkennbar sind. Daneben existieren vor dem Hintergrund der horizontalen Reichweite auch Ansätze wie das Co-Branding. Dies gilt als Markenallianz im engeren Sinne und beinhaltet einen Einzelmarkestrategie Beispiel │ Duplo und Hanuta von Ferrero Dachmarkenstrategie Beispiel │ Siemens, Sony Familienmarkenstrategie Beispiel │ Produktgruppen Nivea (z.B Deo, Creme und Aftershave) Markenführer Marke 1 Produkt 1 Marke 2 Produkt 2 Marke n Produkt n Markenführer Marke Produkt 1 Produkt 2 Produkt 3 Markenführer Marke Produktgruppe 1 Produkt 1a Produkt 1b Produkt 1c Marke Produktgruppe 2 Produkt 2a Produkt 2b Produkt 2c <?page no="117"?> 118 Operative Marketingplanung horizontalen Zusammenschluss von Marken für die gemeinschaftliche Markierung eines Produktes (vgl. Sattler/ Völckner, 2013, S. 128). Beide Marken müssen sowohl für Dritte wahrnehmbar sein, als auch weiterhin eigenständig auftreten. Ein klassisches Beispiel für Co-Branding ist das Produkt McFlurry-Eis, bei dem McDonald`s als auch beispielsweise Smarties oder KitKat als Marken erscheinen. Wort- und Bildmarken bilden das abschließende Beispiel für eine Unterscheidung von Marken nach der konkreten Art der Markierung. Die Marke Daimler- Benz stellt eine Wortmarke dar, der dazugehörige Mercedes-Stern ist eine Bildmarke (vgl. Homburg, 2017, S. 626).  Einblicke │ Markenarchitektur, -auftritt und -kontrolle Markenarchitektur Definition und Beschreibung Marken sind seit jeher ein Schlüsselthema der marktorientierten Unternehmensführung. Gerade in Zeiten steigender Komplexität der Märkte, einer immer weiter steigenden Fragmentierung der Zielgruppen, der sinkenden Markentreue der Konsumenten, einer zahlenmäßigen Explosion der Marketingkanäle und Diskontinuitäten im gesamten Wirtschaftsumfeld bekommt die strategische Markenführung eine besonders wichtige Bedeutung in Unternehmen. Die Markenarchitektur ist dabei die strategische Anordnung aller Marken eines Unternehmens (Marken Portfolio), um die Positionierung der Marken, die Beziehung der Marken untereinander sowie die Identitäten, Kundennutzen und Alleinstellungsmerkmale jeder einzelnen Marken festzulegen. Eine klare Markenarchitektur ist die Basis für eine erfolgreiche Markenstrategie und für eine marktorientierte erfolgreiche Unternehmensführung. Die Komplexität einer Markenarchitektur entsteht durch deren Tiefe und Breite. Die Tiefe zeigt die hierarchischen Ebenen (Markenhierarchie) der Marken untereinander. Klassischerweise unterscheidet man drei Ebenen: 1. die Unternehmensmarke, 2. die Geschäftsfeldbzw. Produktbereichsmarke, 3. die Einzelmarken. Die Breite zeigt die Anzahl der Marken, die parallel auf einer gleichen Ebene geführt werden. Die Kernherausforderung ist dabei die Festlegung, wie viele und welche Marken in welcher Struktur benötigt werden, um den Kundennutzen zu maximieren bzw. die Markenführungskosten zu minimieren. <?page no="118"?> Markenpolitik 119  Praxisbeispiel In der Praxis treten Unternehmensmarken entweder als reine Absendermarken oder als Dachmarke auf. In einem Fall sind dies z.B. Beiersdorf (mit Tesa und Nivea als Geschäftsfeldmarken und weiteren Einzelmarken). Ein anderes Beispiel ist Procter & Gamble (mit Gillette, Fairy, Pampers, Wick etc. und weiteren Einzelmarken). Auch Volkswagen tritt als Unternehmensmarke nur als Absender für ihre vielen starken Geschäftsfeldbzw. Produktfamilienmarken (mit Audi, VW, Seat, Skoda, Bentley etc.) auf. Unternehmensmarken als reine Dachmarke treten in der Praxis immer seltener auf. Weit verbreitet ist die Dachmarken-Strategie bei Industriegütern, Dienstleistungen und Gebrauchsgütern. Als typische Beispiele hierfür stehen etwa IBM (Computer), AXA (Versicherungen) oder BMW (Automobile). Zunehmend werden Dachmarken ergänzt um so genannte Subbrands, z.B. die BMW 3er-, 5er- oder 7er-Reihe. Besonders häufig findet man das auch im Konsumgüterbereich wie z.B. bei Dr. Oetker (mit z.B. Dr. Oetker Ristorante, Dr. Oetker Intermezzo etc.). Die oben erwähnte Produktbereichsmarke VW hat wieder verschiedenen Einzelmarken, wie den Polo, Golf, Passat etc.  Michael B. Prothmann war Geschäftsführer der Grey Group, im erweiterten Vorstand von Karstadt und Europageschäftsführer bei OBI. Er ist Unternehmer und Inhaber von „Pesch Wohnen“ in Köln und dem Beratungsunternehmen iConsultants. Markenauftritt Ein weiterer Aspekt im Rahmen der Entscheidungsfelder des Markenmanagements bezieht sich auf die Gestaltung der konkreten Markenzeichen und Markennamen. Markenzeichen bzw. -logos dienen dazu, den Auftritt und die Wirkung einer Marke zu unterstützen (vgl. Esch/ Langner, 2005, in: Homburg, 2017, S. 642). Sie treten als visuelle Reize mit dem (potenziellen) Kunden in Kontakt und liefern durch ihr Erscheinungsbild konkrete erste Assoziationen zur Leistung der Marke und der Produkte. Daneben kann der Markenname einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung von Markenbekanntheit und Markenpositionierung leisten (vgl. Esch, 2012, S. 222). <?page no="119"?> 120 Operative Marketingplanung Markenzeichen und -namen sollten demnach gemeinsam einen Beitrag zur Vermittlung positionierungsrelevanter Assoziationen (vgl. Homburg, 2017, S. 639) leisten. Dabei spielen Aspekte wie die prägnante Gestaltung (einfach, einheitlich, kontraststark) sowie die Diskriminationsfähigkeit (Merkmale, die klare Unterschiede zu anderen Marken sicherstellen) eine wichtige Rolle in der Gestaltung des konkreten Markenauftritts (vgl. Homburg, 2017, S. 639). Ein Erfolgsbeispiel im Rahmen des konkreten Markenauftritts bzw. der Markengestaltung stellt seit 1986 die Marke Frosch des Unternehmens Werner & Mertz dar. Durch die Wahl und die Gestaltung des Markenzeichens und des namens assoziiert der Verbraucher umweltrelevante Aspekte mit dem Produkt. Unter der Marke werden ökologisch verträgliche Reinigungsmittel angeboten. Der Markenauftritt stellt einen wichtigen strategischen Baustein im Rahmen der Markenpositionierung für das Unternehmen dar (u.a. „Nachhaltige Marke“; „Ökopionier“) und machte Frosch damit in den letzten Jahren zu einer sehr erfolgreichen Marke (vgl. Frosch.de, am 25.04.2017). Mit der Auszeichnung „Most Trusted Brand“ erhielt Frosch 2017 bereits zum 16. Mal in Folge den Verbraucherpreis für die vertrauenswürdigste Marke im Bereich Reinigungsmittel in Deutschland. Zudem wurde Frosch 2009 zur „Nachhaltigsten Marke“ Deutschlands gewählt (ebenda). Abbildung 48: Markenzeichen und -name Reinigungsmittel Frosch Quelle: Frosch.de, am 25.04.2017. Markenkontrolle Final muss im Rahmen einer strategisch ausgerichteten Markenpolitik auch auf den Erfolg von Marken (Brand Equity) und die Bewertung dessen durch eine Markenkontrolle eingegangen werden (vgl. Homburg, 2017, S. 645). → Abbildung 49 zeigt den Ansatz einer Strukturierung anhand konkreter Erfolgsgrößen. <?page no="120"?> Markenpolitik 121 Abbildung 49: Systematisierung des Markenerfolgs und Einordnung inhaltlich verwandter Begriffe Quelle: in Anlehnung an Homburg, 2017, S. 645. In diesem Kontext beziehen sich potenzialbezogene Erfolgsgrößen auf die Erreichung von Zielen, die sich anhand der Verhaltensweisen und dem Wissen der Kunden abbilden lassen (vgl. Homburg, 2017, S. 645). Ist die Marke beispielsweise bei vielen Nachfragern sehr bekannt, spricht dies für einen tendenziellen Erfolg im Rahmen der Markenpolitik. Markterfolgsbezogene Größen beziehen sich beispielsweise auf erzielte Marktanteile. Blickt man auf das Unternehmen Microsoft mit seinem Produkt bzw. der Marke Windows, kann seit Jahren ein außerordentlich hoher Marktanteil im Bereich der Betriebssysteme festgestellt werden. Zuletzt ist der mit der Marke erzielte konkrete Gewinn eine wirtschaftliche Erfolgsgröße, die im Rahmen des Kontrollaspektes herausgearbeitet werden kann. Unabhängig von der zuvor gewählten Markenstrategie gelten Marken in der heutigen Unternehmens- und Marktumwelt also als wichtige Werttreiber und erhalten nicht zuletzt dadurch eine große Bedeutung innerhalb unternehmerischer Prozesse. Der konkrete (monetär ausgewiesene) Markenwert - der im Rahmen einer Markenkontrolle abgebildet werden kann - gilt dabei als bedeutender Indikator für den Erfolg einer Marke. In der Literatur, aber insbesondere in der praktischen „Marketing-Agenturen-Welt“, existieren mittlerweile zahlreiche Ansätze, den Wert einer Marke zu messen. Eine grobe Strukturierung dieser Ansätze kann sich auf Finanzorientierte Ansätze (monetärer Markenwert im Sinne eines Bilanzwertes) und Verhaltenswissenschaftliche Ansätze (Darstellung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen anhand von Kriterienkatalogen; qualitative Parameter) beziehen (vgl. Farsky/ Sattler, 2007, S. 219 ff.). Zu den Finanzorientierten Bewertungsansätzen zählen beispielsweise das Kostenorierentierte Verfahren von Birkin und Stobert, das Marktpreisorientierte Verfahren von Erichson (TESI-Preismodell) sowie Kapitalmarktbasierte Verfahren (z.B. die Börsenwertformel von Simon/ Sullivan). potenzialbezogene Erfolgsgrößen  Marktbekanntheit bei den Nachfragern  Markenimage bei den Nachfragern  marktbezogene Einstellungen bei den Nachfragern markterfolgsbezogene Erfolgsgrößen  Marktanteil der Marke  Loyalität der Kunden gegenüber der Marke  Erzielung einer Preisprämie für die Marke wirtschaftliche Erfolgsgrößen (Brand Value)  mit der Marke erzielter Umsatz und Gewinn  Markenwert (Wert der Marke in Geldeinheiten) Marketingerfolg = Brand Equity Brand Strength <?page no="121"?> 122 Operative Marketingplanung Als Verhaltenswissenschaftliche Verfahren gelten beispielsweise Ansätze von Aaker (Dimensionen des Markenwertes), der Brand-Equity-Modellrahmen von Srivastava/ Shocker oder der Brand Potential Index der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) (vgl. Gerpott/ Thomas, 2004, S. 396). Daneben existieren mittlerweile kombinativ-zweistufige Verfahren wie beispielsweise das Markenwertmodell von Interbrand. Diese konkrete Markenwertberechnung stellt die Grundlage für das aktuelle Markenwertranking eben jener Markenberatung dar. → Abbildung 50 zeigt in diesem Zusammenhang die aktuell 30 wertvollsten globalen Marken auf. Im Jahr 2016 präsentieren die Automobilmarken BMW und Daimler sowie der Softwarehersteller SAP die deutschen Marken unter den Top-30 des Rankings. Abbildung 50: Die 30 wertvollsten globalen Marken 2016 Quelle: Interbrand 2016. 4.3 Produktpolitik Im Folgenden soll die Produktpolitik ausführlich beschrieben werden. Kotler et al. sehen das Produkt als Resultat der Produktpolitik im gesamten Marktangebot eines Unternehmens als Schlüsselelement (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 409) - also als zentrales Instrument im Marketingmix. Das Instrument der Produktpolitik wird in der Literatur häufig aus der Gesamtheit der Marketinginstrumente hervorgehoben und in den Mittelpunkt gestellt. Becker nennt daher die Produktleistung/ -politik das Herz des Marketings, „denn ohne diese Basisleistung können alle anderen Teilleistungen nicht wirksam werden“ (Becker, 2013, S. 490). Auch Herrmann und Huber weisen auf die zentrale Bedeutung dieses Instrumentes hin (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 1). Erst wenn demnach die produktpolitischen Entscheidungen gefallen sind, folgen daraus häufig die Konsequenzen für andere Instrumentalbereiche. Wenn ein Produkt, das als besonders wertvoll und luxuriös wirken soll (z.B. eine Ro- <?page no="122"?> Produktpolitik 123 lex-Uhr), entwickelt und angeboten wird, ergeben sich daraus beispielsweise komplett andere Kommunikations-, Preis- und Distributionsentscheidungen, als wenn ein Unternehmen ein günstiges Massenprodukt (z.B. eine Swatch- Uhr) auf den Markt bringen will. 4.3.1 Grundlagen zur Produktpolitik Die Produktpolitik kann als „Gesamtheit der sich auf das Produkt im Rahmen des Marketings erstreckenden Maßnahmen“ (Koppelmann, 2001, S. 326) verstanden werden. Homburg definiert sie als „Resultat aller Entscheidungen, die sich auf die Gestaltung bestehender und zukünftiger Produkte eines Unternehmens beziehen“ und ordnet zudem das oben beschriebene Markenmanagement der Produktpolitik als Unterpunkt zu (vgl. Homburg, 2017, S. 556 sowie 623 ff.). Nach Herrmann und Huber sind Produkte die „Basis des wirtschaftlichen Handelns“ und werden in modernen Gesellschaften gegen Geld getauscht, um den persönlichen Bedarf von Individuen (Konsumenten) zu befriedigen (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 1). Das Produkt kann darüber hinaus als das unmittelbare Ergebnis der betrieblichen Leistungserstellung angesehen werden und soll durch seinen Verkauf denjenigen Erlös- und Gewinnstrom herbeiführen, der ein langfristiges Überleben der Unternehmung gewährleisten kann. Eine weitere Definition des Begriffes stellt das Produkt dar, „als das unmittelbare physische Resultat aller im industriellen Unternehmen getroffenen wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen, die der betrieblichen Leistungserstellung dienen, [...] wobei es Funktionen erfüllt, die in ihrer Zweckdienlichkeit sowohl auf den Hersteller als auch auf den Käufer gerichtet sind“ (vgl. Witschke, 1989, S. 16). Koppelmann stellt in seiner Definition heraus, dass die hier im Fokus stehenden Sachprodukte als „materielles Ergebnis durchgeführter Faktorkombinationen gelten, die als knappe Mittel zur Anspruchsbefriedigung spezielle Unternehmensziele verwirklichen sollen.“ (Koppelmann, 2001, S. 4 f.) Die Reichweite des Produktbegriffs umfasst im praktischen Verständnis drei Definitionsebenen. Der substantielle Produktbegriff (1. Definitionsebene) beschreibt das physische Produkt mit seinen Kerneigenschaften, die der Befriedigung funktionaler Konsumentenbedürfnisse dienen. Dieses Verständnis sieht somit lediglich materielle Güter als Produkte an. Der erweiterte Produktbegriff (2. Definitionsebene) dehnt diese Definition um immaterielle Leistungen aus. Demnach kann ein Produkt sowohl eine reine Dienstleistung als auch ein materielles Gut in Verbindung mit zusätzlichen immateriellen Leistungen sein. Auch dieser Produktbegriff sieht die Befriedigung funktionaler Kundenbedürfnisse im Vordergrund. Das generische Produktverständnis (3. Definitionsebene) hingegen sieht die Aufgabe eines Produktes auch in der Befriedigung darüberhinausgehender Bedürfnisse, die beispielsweise von sozialer oder emotionaler Art sein können (vgl. Homburg, 2017, S. 557). Damit lässt sich zusammenfassend festhalten: <?page no="123"?> 124 Operative Marketingplanung  Der substantielle Produktbegriff: Kernprodukt mit physisch/ technischen Eigenschaften; Befriedigung funktionaler Kundenbedürfnisse durch physische Produktmerkmale (Sportwagen = Personentransport und hohe Beschleunigung).  Der erweiterte Produktbegriff: Leistungspaket aus physischen Produkten und immateriellen Leistungen; umfassende Befriedigung funktionaler Kundenbedürfnisse ggf. auch durch ausschließlich immaterielle Leistungen (Sportwagen = auch Qualitätsgarantien, Kundendienstleistungen).  Der generische Produktbegriff: neben dem funktionalen Nutzen auch andere Nutzenkategorien, wie z.B. emotionale oder soziale Nutzen (Sportwagen = Prestigeobjekt). Neben unterschiedlichen Produktdefinitionsebenen können zudem verschiedene Produkttypen voneinander abgegrenzt werden. Es stellt sich also die Frage, wie sich die in der Unternehmenspraxis zu beobachtenden Erscheinungsformen von Produkten weiterhin kategorisieren lassen (vgl. Homburg, 2017, S. 560). Ein zentrales Merkmal zur Typologisierung ist die Materialität der Leistung, aus der sich auf der ersten Ebene die Unterscheidung zwischen Sachgütern und Dienstleistungen ergibt. Sachgüter sind der Oberbegriff zur Unterscheidung von materiellen Konsum- und Industriegütern. Konsumgüter werden wiederum nach Verbrauchsgütern (Güter, die durch den Konsumenten verbraucht werden, z.B. Nahrungsmittel) und Gebrauchsgütern (Güter, die dauerhaft dem mehrmaligen längerfristigen Gebrauch dienen, z.B. Automobile) unterschieden (vgl. Homburg, 2017, S. 561). Industriegüter dienen als eingesetzte Faktoren zur Herstellung von z.B. Endprodukten. Diese Industriegüter könnten beispielsweise Roh- oder Hilfsstoffe sein. Weiterführend werden im Folgenden einzelne Dimensionen der Produktpolitik beschrieben, an denen sich gleichzeitig auch die Struktur des vorliegenden → Kapitels 4.3 orientiert. Auf dem erläuterten Produktbegriff sowie den Produkttypen aufbauend kann ein Produkt anhand verschiedener Leistungsaspekte betrachtet werden. Der Produktkern garantiert die Funktionalität eines Produktes und steht für die essentiellen Eigenschaften - die Literatur spricht bei der Erfüllung von Konsumentenbedürfnissen durch Produktleistungen hier oft von Grundnutzen (vgl. „substantieller Produktbegriff“). Auf dem Produktkern aufbauend besitzt ein Produkt Zusatzleistungen (beispielsweise „Vermittlung eines sozialen Prestiges eines Luxusproduktes“) - ein sog. Zusatznutzen wird vermittelt (vgl. „generischer Produktbegriff“). Darauf aufbauend schließen sich die Produktprogrammaspekte (Programmbreite und -tiefe) an. Die vierte Dimension der Produktpolitik ist die Produktverpackung und deren Gestaltung. Produktserviceleistungen (vgl. „erweiterter Produktbegriff“) runden das Kapitel Produktpolitik ab. <?page no="124"?> Produktpolitik 125 Abbildung 51: Dimensionen der Produktpolitik 4.3.2 Produktkern: Gestaltungsmittel und Grundleistungen Die erste Komponente des Produktes und somit eine Dimension der Produktpolitik stellt der Produktkern dar. Dieser besteht aus den sogenannten Gestaltungsmitteln (beispielsweise „Aus welchem Material ist der PKW gefertigt? “) sowie den daraus folgenden Grundleistungen eines Produktes (beispielsweise „Wie sicher ist der Insasse des PKW bei einem Unfall durch die Materialwahl? “), welche in erster Linie die Funktionalität des Produktes bestimmen. Dabei dürfen Interdependenzen mit nachfolgenden Komponenten nicht vernachlässigt werden. → Abbildung 51 zeigt grob auf, dass die Elemente des Produktkerns die nachfolgenden Zusatzleistungen bedingen. An späterer Stelle soll im Detail verdeutlicht werden, inwieweit die Gestaltungsmittel auch einen starken Einfluss auf die Zusatzleistungen von Produkten haben können („Anmutung eines PKW durch besondere Farbwahl“). Abbildung 52: Zusammenhang Gestaltungsmittel und Grund-/ Zusatzleistungen Gestaltungsmittel Die Gestaltungsmittel werden in der Marketingliteratur im Rahmen der Produktgestaltung betrachtet. Dabei kann die Produktgestaltung als die Gesamtheit der Maßnahmen zur Beeinflussung der äußeren (physischen) Erscheinungsform eines Erzeugnisses verstanden werden (vgl. Koppelmann, 2001, S. 340 ff.). Sie präsentiert den Inbegriff der Maßnahmen, welche die äußere Gestaltung eines Produktpolitik Produktservice Produktzusatzleistungen Produktkern: Gestaltungsmittel und Grundleistungen Produktprogramm Produktverpackung Gestaltungsmittel Grundleistungen Zusatzleistungen Produktkern <?page no="125"?> 126 Operative Marketingplanung Produktes beeinflussen, um beispielsweise seine Anziehungskraft zu erhöhen. Die Produktgestaltung ist eine Möglichkeit, nicht nur den Absatz zu verbessern, sondern auch die Produktion zu rationalisieren. Durch die Anwendung konstruktiver Gestaltungsmöglichkeiten, wie Normung und Typung, kann eine beachtliche Verminderung der Produktionskosten erzielt werden. Die Gestaltungsmittel stellen ein Element des Produktkerns dar. Konkrete Gestaltungsmittel werden innerhalb der Produktentscheidungen eingesetzt, um die zur Materialisation der geforderten Grundleistungen (aber auch in einem weiteren Zusammenhang die Zusatzleistungen) umzusetzen. Die Mittel der Produktgestaltung gliedern sich in elementare und komplexe Gestaltungsmittel ( → Abbildung 53). Zu den originären Mitteln der elementaren Gestaltungsmittel zählt jene Bestimmung von Stoff bzw. Material, Form und Farbe. Die derivativen Mittel der elementaren Gestaltungsmittel umfassen die Produktzeichen sowie die Gestaltung seiner Oberfläche. Die komplexen Gestaltungsmittel umfassen zum einen die prinzipielle Mittelkombination mit den Funktions-, den Konstruktionsprinzipien und den historischen Lösungsprinzipien sowie zum anderen die konkrete Mittelkombination, welche sich auf die Wahl der Produktteile bezieht (vgl. Koppelmann, 2001, S. 340). Abbildung 53: Das System der Gestaltungsmittel Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 2001, S. 340. Im Folgenden sollen die einzelnen Gestaltungsmittel einzeln erläutert werden. Dabei erfolgte eine Anlehnung an Koppelmann (2001, S. 339 ff.). Stoff/ Material Form Farbe Zeichen Oberfläche Mittel der Produktgestaltung elementare Gestaltungsmittel originäre Mittel derivative Mittel Funktionsprinzipien Konstruktionsprinzipien historische Lösungsprinzipien Produktteile prinzipielle Mittelkombination konkrete Mittelkombination komplexe Gestaltungsmittel <?page no="126"?> Produktpolitik 127 Einen Überblick und eine Einordnung bzgl. aller für die Produktgestaltung zur Verfügung stehenden Stoffe und Materialien zu geben, ist kaum möglich, v.a. aufgrund der nahezu unüberschaubaren Stoffvielfalt und der meist sehr speziellen Behandlung von Einzelproblemen in der Literatur. → Abbildung 54 unternimmt den Versuch einer groben Kategorisierung. Durch Strukturierung der Möglichkeiten und Aufbereitung einiger Wirkungsbzw. Leistungsaspekte soll der Zugang zum Problem der Werkstoffauswahl und der Kontakt mit den Fachleuten erleichtert werden. Die vier Hauptwerkstoffe sind organische Werkstoffe (z.B. Pflanzen), metallische Werkstoffe (z.B. Chrom), keramische Werkstoffe (z.B. Beton) und polymere Werkstoffe (z.B. Plastik). Mischwerkstoffe daraus werden als Composits bezeichnet (vgl. Koppelmann, 2001, S. 361). Abbildung 54: Stoffparameter: Grundmaterialien und ihre Zusammenhänge Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 2001, S. 361. Jeder Stoff hat oder erhält eine besondere Form. In vielen Produktbereichen ist die Formwahl aufgrund der geforderten technischen Leistungen elementar. Ein Automobil erhält durch eine besondere Form eine bessere Aerodynamik und verbraucht ggf. dadurch weniger Treibstoff. Es muss geprüft werden, über welches Formenspektrum man zudem vor dem Hintergrund der Differenzierung und Profilierung verfügt: Worin liegen Ansatzpunkte der Formprofilierung gegenüber den Konkurrenzlösungen? Die immer wieder sichtbar werdende Handschrift eines Produktdesigners, welche die Produktgestaltung eines Unternehmens prägt, oder die bewusste Beibehaltung einer einmal gewählten Form über lange Zeiträume erleichtern die Wahrnehmung und stärken die Vertrautheit mit dem Produkt (→ Kapitel zum Thema „Informationsspeicherung“). Dies zeigen die Erfolgsbeispiele der Coca-Colasowie der Odol- Flasche. Die charakteristische, milchweiße Seitenhalsflasche von Odol ermöglicht einen tropfenweisen Austritt des Mundwassers (einfache Dosierung), spiegelt zudem Originalität, Zeitlosigkeit und Funktionsgerechtigkeit wider und lenkt mit seiner außergewöhnlichen Form die Aufmerksamkeit auf sich. Diese Form gilt als Erfolgsbeispiel seit Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde fast komplett über die 100 Jahre bis heute beibehalten (vgl. Größer, 1991, S. 178). organische Werkstoffe metallische Werkstoffe polymere Werkstoffe keramische Werkstoffe Composits z.B. Holzhandläufe z.B. glasfaserverstärkte Kunststoffe z.B. Verpackungsmaterialien z.B. Stahlbeton <?page no="127"?> 128 Operative Marketingplanung In der Wahl einer Farbe für das Produkt liegt sowohl eine einfache als auch eine hochkomplizierte Differenzierungsmöglichkeit für die Produktgestaltung: Eine marktgerechte Formwahl kann durch die „falsche“ Farbwahl zum Flop werden. Eine nicht mehr ganz aktuelle Form kann durch eine interessante Farbe in der Marktwirkung positiv überstrahlt werden. Vor allem gelten Farben als Differenzierungselement für Marken und Produkte. So tragen die Produkte der Marke Milka bereits seit dem Jahr 1901 die prägnante Farbe „lila“, welche sich zu einem wichtigen Identitätsmerkmal von Marke und Produkten entwickelt hat. Die Farbe ist zudem ein erfolgversprechendes Instrument in der Produktdifferenzierung und -variation. Zeichen können definiert werden als „symbolische Figur-Grundbeziehung mit Sinnträgerschaft zur Vermittlung von Informationen“ (Koppelmann, 2001, S. 394). Zeichen sagen über etwas (z.B. das Produkt) etwas aus. Das Produkt kann selbst über seinen Gebrauch Hinweise (z.B. durch die formale Gestaltung i.S. einer Formensprache) geben. Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Gestaltungsmitteln kann bei der Produktgestaltung auf Zeichen verzichtet werden. Allerdings ist bei vielen der heutigen markenaffinen Zielgruppen eine Markierung mit den bekannten Zeichen (z.B. Nike-Swoosh) für den Erfolg des Produktes unerlässlich. Dies wurde bereits im → Kapitel „Markenpolitik“ vertieft. Außer den Zeichen gilt es, bei den derivativen Gestaltungsmitteln auch die Oberfläche zu beachten. Dazu gehört beispielsweise die konkrete Musterung oder Textierung eines Produktes. So kann die exklusive ggf. glatte Oberfläche eines Produktes insbesondere für die haptischen Leistungen einen positiven Effekt erzielen (siehe Hochglanzküchenfronten). Mit Funktionsprinzipien werden die dynamischen Wirkmechanismen in Produkten beschrieben, die auf der Basis physikalischer oder chemischer Effekte Energieeinflüsse zielgerichtet umwandeln, übertragen oder speichern. So unterscheidet man in der Automobilproduktion beispielsweise die Nutzung von Dieselmotoren, Ottomotoren oder Wankelmotoren. Die Firma Tesla greift im Rahmen der Entwicklung und Gestaltung ihrer aktuellen Automobilmodelle auf das Funktionsprinzip des Elektromotors zurück. Mit Konstruktionsprinzipien werden die statischen Anordnungsbeziehungen von Teilen in einem Produkt verstanden. Während die meisten Automobilbauer die Anordnung des Motors im Produkt nach vorne verlegen, wählt Porsche die Anordnung des Motors im hinteren Bereich des Automobils. Historische Lösungsprinzipien stellen reale und aus der Historie bekannte Lösungsvarianten dar, die sich an den Besonderheiten einer (Sozio-)Kultur und deren Vergangenheit orientieren. So werden Automobile für den britischen Straßenverkehr mit dem Lenkrad auf der rechten Seite produziert. Ein Produktteil ist ein (eigengefertigtes oder fremdbezogenes) Element eines Endproduktes und stellt für die Gestaltung dieses Endproduktes als eine, auf <?page no="128"?> Produktpolitik 129 einer zeitlich vorgelagerten Stufe, bereits konkretisierte Gestaltungsmittelkombination eine Vorgabe dar. Ein Prozessor in einem Computer gilt bereits als eigenes Produktteil. Grundleistungen von Produkten In der Literatur können die Konstrukte Grund- und Zusatznutzen (sowie die dazugehörigen Grund- und Zusatzleistungen) im Ursprung auf Vershofen (Nutzentheorie) zurückgeführt werden, der bereits Ende der 1950er-Jahre eine wichtige Grundlage für das Verständnis von Produktnutzen und -leistungen gelegt hat (vgl. Vershofen, 1959, S. 89). Im Rahmen der Grundleistungen von Produkten bestimmen dabei die Kerneigenschaften mit Hilfe der beschriebenen Gestaltungsmittel maßgeblich die Funktionalität des Produktes. In der Literatur wird häufig von Leistungen für den Verbraucher gesprochen, die den Grundnutzen repräsentieren. Grundnutzen kann definiert werden als „die aus technisch-funktionalen Basiseigenschaften eines Produktes resultierende Bedürfnisbefriedigung“ (Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2008, S. 398). An dieser Stelle greift der oben beschriebene Zusammenhang zu den Gestaltungsmitteln, die dazu dienen, in einer bestimmten Ausprägung und Kombination diesen Grundnutzen sicherzustellen. Für Unternehmen stellt sich nun die Frage: Wie können jetzt mehrere Gestaltungsmittel so miteinander kombiniert werden, dass bei möglichst geringem Mittelverbrauch (Mitteleinsatz) ein hoher Nutzen für den Konsumenten erzielt wird? Eine Winterjacke soll in ihrem Grundnutzen zunächst den Träger warm halten und eben vor der Kälte schützen. Dafür werden im Rahmen der Produktpolitik/ -gestaltung bestimmte Materialien gewählt und kombiniert, die beispielsweise windundurchlässig sind und die Wärme „innerhalb“ der Jacke speichern. Erst in einem zweiten Schritt muss diese Jacke auch den modischen Bedürfnissen des Trägers entsprechen, was uns im nächsten Kapitel zu den Produktzusatzleistungen (Ästhetik) bringt. Ein weiteres Beispiel stellt ein Lebensmittel dar, dessen Konsum und Verzehr zunächst in seiner Grundleistung dem physischen Grundbedürfnis der Sättigung dient (→ Kapitel 2.3.1: Bedürfnispyramide von Maslow). Insbesondere in „Kriegs- und Mangelzeiten“ sind dabei beispielsweise die optischen und haptischen Aspekte des Lebensmittels (die eine Produktzusatzleistung darstellen) eher zweitrangig. Ein Aspekt, der häufig im Zusammenhang mit der angesprochenen Grundleistung von Produkten relevant wird, ist die Produktqualität. Produktqualität gilt als eines der wichtigsten Positionierungsinstrumente des Marketings und beeinflusst wie kaum ein weiteres Kriterium den (sachlichen) Produktnutzen sowie die Kundenzufriedenheit (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 419). Qualität lässt sich in die beiden Dimensionen Niveau und Beständigkeit unterteilen. Insbesondere bei höherwertigen Gütern und Produkten, die im Anschluss auf den Märkten für überdurchschnittliche Preise angeboten werden, ist <?page no="129"?> 130 Operative Marketingplanung die beständige und hohe Produktqualität unerlässlich für einen nachhaltigen Markterfolg (ebenda). 4.3.3 Produktzusatzleistungen Produktzusatzleistungen und der vermittelte Zusatznutzen wurden zuvor bereits beispielhaft erläutert. Zusatznutzen kann definiert werden als „über den Grundnutzen hinausgehende Bedürfnisbefriedigung durch das Produkt“ (Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2008, S. 399). Konkretisiert werden kann jene(r) Zusatznutzen bzw. -leistung in Anlehnung an Vershofen durch die Begriffe Erbauungsnutzen und Geltungsnutzen. Dabei gilt der Erbauungsnutzen als „aus den ästhetischen Wirkungen eines Produktes resultierende Bedürfnisbefriedigung“ (Koppelmann, 2001, S. 158), der Geltungsnutzen als „aus den sozialen Wirkungen des Produktes resultierende Bedürfnisbefriedigung“. Es geht also beispielsweise um das Schönheitsempfinden eines Individuums im Hinblick auf einen Porsche-Sportwagen (vgl. Erbauungsnutzen) und beispielsweise die soziale Anerkennung oder die Aufwertung durch den Kauf und die öffentliche Nutzung dieses auffälligen Automobils für das Individuum (vgl. Geltungsnutzen). Koppelmann spricht dazu in einem leicht anderen Kontext von Anmutungsleistungen, um Anmutungsansprüche zu befriedigen (vgl. Koppelmann, 2001, S. 158 ff.). Neben dem technisch-konstruktiven Gestalten spielt in diesem Kontext also das ästhetisch-ergonomische eine besondere Rolle. Dies bringt uns zum Begriff des Designs. Design verbindet das Ästhetische mit dem Nützlichen - Design ist Mittel zum Zweck und kann verstanden werden als die planmäßige Gestaltung serieller Artefakte mit starkem ästhetischen Bezug und deutlicher Wahrnehmungsorientierung (vgl. Koppelmann, 2001, S. 450). Dem konkreten Produktdesign kommt insbesondere die Funktion der (ästhetischen) Differenzierung des Produktes von Konkurrenzangeboten zu. Apple legt bei seinen Endgeräten den Fokus neben der „standardisierten Kernfunktionalität“ im technischen Bereich insbesondere auf ästhetisch anspruchsvolle, designorientierte Produkte (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 14). Ein besonderer Differenzierungsfaktor des Produktdesign liegt darüber hinaus in der Nutzung von Produktmetaphern. <?page no="130"?> Produktpolitik 131  Einblicke │ metaphorische Produktgestaltung Definition und Beschreibung Um die tägliche Informationsflut der Werbe- und Produktbotschaften zu bewältigen, orientieren sich Konsumenten bei ihrer Produkt- und Markenwahl oftmals an vertrauten Formen und Schemata, die in ihrem Gedächtnis gespeichert sind und im Hinblick auf die Kaufentscheidung kognitiv entlastend wirken. Demgegenüber kann jedoch auch das gegensätzliche Motiv des Variety Seeking beobachtet werden, das dazu führt, dass Verbraucher u.a. aufgrund eines Übermaßes an Vertrautheit bekannter Produkt- und Markenschemata (z.B. bekannte Markenlogos, typische Produktformen und -farben etc.) Langeweile empfinden und sich Abwechslung wünschen. Diesem Gedanken folgend lassen sich im Rahmen des Produktdesigns Gestaltungslösungen finden, die optisch weniger an das bekannte und gewohnte Aussehen des jeweiligen Produktes erinnern, sondern an Gestalten, die auf den ersten Blick einem vollkommen anderen Kontext entlehnt zu sein scheinen. So kann die Front eines Automobils an ein aggressives Haifischmaul erinnern, eine Liege kann überraschend die Form eines Wals aufweisen oder eine Vase nimmt die Gestalt einer Papiertüte an. Der Designer „verwandelt“ auf diese Weise die bekannten Produktvorstellungen anhand fremder Metaphern, sodass diese Designstrategie als metaphorische Produktgestaltung oder auch Produktmetaphorik bezeichnet werden kann. Das wesentliche Ziel, das mit der Gestaltungsstrategie der Produktmetaphorik verfolgt wird, ist dem Sättigungseffekt der Verbraucher entgegenzuwirken und durch neuartige Designlösungen weiterhin Wachstumsmöglichkeiten für Unternehmen zu erschließen. Denn der Konkurrenzdruck auf den Produktmärkten wächst rapide und Umsatzsteigerungen auf dem deutschen Markt sind nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die Haushalte sind mit dem Notwendigen ausgestattet, i.d.R. sogar mehrfach. Vor diesem Hintergrund sind Produkt- und Designmanagement gefordert, neue und erfolgsträchtige Vorschläge für das Angebotsprogramm im Unternehmen zu entwickeln. Eine Möglichkeit auf der Suche nach Produktinnovationen stellt die metaphorische Produktgestaltung dar. <?page no="131"?> 132 Operative Marketingplanung  Praxisbeispiel Die Anwendung der Produktmetaphorik ist vielfältig und findet sich in nahezu allen Produktkategorien wieder. So differenziert sich Henkel beispielsweise durch die geschwungene entenhalsförmige Verpackungsgestaltung des WC-Reinigers WC-Ente bereits seit vielen Jahren erfolgreich von den eher konventionellen Gestaltungslösungen für Haushaltsreiniger der Konkurrenz. Im Automobildesign setzt u.a. BMW Akzente, indem der BMW Z3 Belüftungsschlitze aufweist, die an die Kiemen eines Hais erinnern und das Design des Automobils bedrohlicher und aggressiver wirken lässt. Für Badprodukte verfolgte der Hersteller Alessi durch die Produktserie b.b. baby bathroom vor Jahren das Ziel, das Thema Mundhygiene für Kinder dadurch attraktiver werden zu lassen, dass Zahnseidespender, Zahnpastaverschlüsse und Zahnbürstenköpfe wie niedliche Figuren, dem Kindchenschema folgend, gestaltet wurden. Die Beispiele zeigen, dass durch Produktmetaphorik nicht nur die Aufmerksamkeit von Verbrauchern gegenüber den Produkten gesteigert werden kann, sondern auch ein Imagetransfer auf das jeweilige Produkt erzielt wird, sei es die Aggressivität von Automobildesigns, der Spaß und Witz der WC-Ente oder die Sympathie für Alessis niedliche Produktfiguren.  Dr. Gerald Oerkermann ist Senior Projektmanager des Inhouse Consulting der NRW.BANK in Düsseldorf und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Seminars für Beschaffung und Produktpolitik der Universität zu Köln. 4.3.4 Produktprogramm Das Produktprogramm (oder Produktsortiment) bildet die Gesamtheit der zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem Unternehmen angebotenen Produkte. Viele Unternehmen bieten eben nicht nur eine, sondern mehrere Produkte und Produktlinien an, die das Gesamtsortiment darstellen (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 432). Dabei kann zwischen Programmbreite und -tiefe unterschieden werden. Die Breite beschreibt die Anzahl der Produktlinien im Programm; die Tiefe die Zahl der Produkte oder Produktvarianten einer Produktlinie (vgl. Homburg, 2017 S. 610 f.; Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 425). → Abbildung 55 zeigt anhand ähnlicher Kriterien praxisnah die Kombination dieser beiden Dimensionen am Beispiel Porsche: <?page no="132"?> Produktpolitik 133 Abbildung 55: Dimensionen des Porsche-Produktprogramms Quelle: in Anlehnung an Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 365. Im Regelfall bieten Unternehmen (zumindest im Laufe der Zeit) mehr als ein Produkt an. Es gibt also eine Veränderung im Rahmen des Produktangebotes. Des Weiteren gilt es, bereits bestehende Produkte kontinuierlich zu pflegen und gegebenenfalls zu optimieren. Im Folgenden soll als mögliche Ansätze der Veränderung innerhalb des Produktprogramms nach Produktinnovationen, -differenzierung, -variation und -elimination unterschieden und diese detailliert erläutert werden. 911 GT3 911 Carrera 4 911 Carrera 4S 911 Carrera 4 Cabriolet 911 Carrera 4S Cabriolet 911 Turbo … 911 Carrera 911 Carrera S 911 Carrera Cabriolet 911 Carrera S Cabriolet Panamera Turbo Executive Panamera S E-Hybrid Panamera 4S Panamera 4S Executive Panamera GTS Panamera Turbo Panamera Panamera Diesel Panamera 4 Panamera S Cayenne S Hybrid Cayenne GTS Boxster Boxster S Cayenne Cayenne Diesel Cayenne S Cayenne S Diesel Cayman Cayman S Cayenne Turbo Cayenne Turbo S Programmtiefe Zahl der Produktvarianten (Länge der Produktlinien) Programmbreite Zahl der Produkte bzw. Produktlinien <?page no="133"?> 134 Operative Marketingplanung Produktinnovationen Eine strategische Hauptaufgabe des Marketings und insbesondere der Produktpolitik erstreckt sich auf das fortwährende Innovationsmanagement - demnach auch auf die Hervorbringung von Produktinnovationen innerhalb des eigenen Produktprogramms. Globalisierung, technischer Fortschritt und hart umkämpfte Käufermärkte führen zu immer kürzeren Produktlebenszyklen, zu einer erheblichen Angebotsausweitung, Differenzierungsschwierigkeiten auf Märkten und damit zu enormem Innovationsdruck auf Unternehmen (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 483). Innovationen erhalten dabei eine immense Relevanz vor dem Hintergrund, dass viele Produkte eben diesen (mittlerweile) sehr kurzen Lebenszyklen unterliegen und ggf. einen rückläufigen Absatz aufweisen. In der Marketingliteratur werden die fünf Phasen des „Theoretischen Konzeptes des Produktlebenszyklus“ wie in → Abbildung 56 illustriert. Der Produktlebenszyklus ist ein allgemeines Konzept der Betriebswirtschaftslehre, welches den Prozess von der Markteinführung bzw. Fertigstellung eines marktfähigen Gutes bis zu seiner Herausnahme aus dem Markt beschreibt (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 509). Abbildung 56: Der Produktlebenszyklus Quelle: in Anlehnung an Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 509. Im Kontext dieser unternehmerischen Herausforderung, also der Tatsache, dass Produktlebenszyklen und damit Absätze, Umsätze und Gewinne endlich sind, müssen neue Produktideen und -innovationen hervorgebracht und umgesetzt werden. Es gilt in einem ersten Schritt, den Begriff der Innovation zu definieren: „Innovation ist eine zielgerichtete Durchsetzung von neuen technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen oder sozialen Problemlösungen, die darauf gerichtet sind, die Unternehmensziele auf eine neuartige Weise zu erreichen“ (Vahs/ Brem, 2013, S. 1). Unter einer Produktinnovation kann zunächst jedes Produkt verstanden werden, das von den Kunden als neu wahrgenommen wird (vgl. Homburg, 2017, S. 562). Phase I Einführung Phase II Wachstum Phase III Reife Phase IV Sättigung Phase V Degeneration Umsatz Zeit Gewinn Umsatz <?page no="134"?> Produktpolitik 135 Herrmann und Huber definieren diesen für das Marketing so bedeutenden Begriff als „neuartige Produkte und Prozess im Unternehmen oder im Markt, die sich von den bisherigen Lösungen aus Sicht der angesprochenen Zielgruppen signifikant unterscheiden.“ (Herrmann/ Huber, 2013, S. 124) Sie legen also den Fokus auf die Differenzierungsaufgaben, die Innovationen mit sich bringen sollen. Insbesondere im Bereich technischer Produkte führt dies in den letzten Jahrzehnten zu einer großen Vielfalt an neuen Produkten, was z.B. die Smartphone-Branchenführer Samsung und Apple auf den Absatzmärkten differenzierend zu nutzen wissen. Innovationen und deren Management bringen diverse Herausforderungen und Fragestellungen für Unternehmen mit sich (Auswahl):  Wird das neue Produkt für den alten oder für einen neuen Markt geschaffen?  Wo lassen sich interessante Probleme identifizieren?  Welche Produktansprüche werden von welcher Zielgruppe in welcher Intensität gestellt?  Gibt es bereits (ähnliche) Problemlösungen der Konkurrenz? Identifizierte Probleme bei den Kunden und nicht geeignete bisherige Problemlösungen bilden den Ausgangspunkt der Produktplanung. Einschränkend können rechtliche Limitierungen wirken. Zum einen geht es darum, was man gestalten muss, (z.B. aus Produkthaftungsgründen) und zum anderen müssen Rechte Dritter (z.B. Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmusterschutz, Warenzeichenrechte) beachtet werden. Identifizierte und für lukrativ gehaltene Probleme müssen gesetzten Zielen gerecht werden (vgl. Koppelmann, 2006, S.104). Die Innovationsarbeit sollte nicht dem Zufall überlassen werden, sondern bedarf eines systematischen Managements. Im Folgenden wird ein grober Prozess aufgeführt, der wichtige Eckpunkte des Innovationsmanagements - insbesondere die Umsetzung von Produktideen in Produkte - beinhaltet (vgl. Hermann/ Huber, 2013, S. 125, in Anlehnung an Franke, 2003). <?page no="135"?> 136 Operative Marketingplanung Abbildung 57: Innovationsprozess Quelle: Hermann/ Huber, 2013, S. 125, in Anlehnung an Franke, 2003. Im Rahmen des Prozesses erfolgt eine Betrachtung der neu gewonnenen Produktideen im Austausch zwischen Anbieter und Anwender. Nach der Feststellung der Bedürfnisse der potenziellen Kunden beispielsweise im Rahmen von Marktforschungsansätzen erfolgt eine zielgenaue Entwicklung von Prototypen, um einen möglichen Erfolg („Akzeptanz“) dieser z.B. im Rahmen eines ersten Markttestes zu überprüfen. In Deutschland testen viele Konsumgüterhersteller ihre Produkte zunächst in geographisch begrenzten Gebieten, wie z.B. in dem Rheinland-Pfälzischen Ort Haßloch. Das Besondere an Haßloch ist, dass es sehr durchschnittlich ist: Die Bevölkerungsstruktur ist quasi ein kleines Abbild der Bundesrepublik Deutschland. Das Mengenverhältnis von Kindern, Rentnern, Alleinstehenden und Familien sowie sozio-ökonomische Aspekte entsprechen in etwa dem von Gesamtdeutschland - für die Hersteller ein repräsentativer und idealer Ort für Markttests (vgl. Waldherr, am 09.04.2017). Erst nach der positiven Wirkung der Produkte im Rahmen dieser Markttests erfolgt die anschließende Serienfertigung („Produktion in großem Umfang“) sowie die Markteinführung inkl. aller begleitenden Maßnahmen, z.B. Werbung (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 32). Auf dem realen Markt zeigt sich final der Erfolg oder Misserfolg („Flops“) der Produkte. Jene Produktbzw. Marktflops gilt es dabei für Unternehmen zu vermeiden. Folgende Erläuterungen zu Innovationen verdeutlichen die Relevanz des Themenfeldes und verdeutlichen den Zusammenhang von Markterfolg, Kreativität und innovativen Ansätzen. Anbieter Anwender Start des Innovationsprozesses Bedürfnisse Marktforschung unbefriedigte Bedürfnisse Entwicklung Prototyp Test niedrige Akzeptanz Entwicklung Prototypen gute Akzeptanz Test Serienfertigung Markteinführung Markterfolg Marktflop <?page no="136"?> Produktpolitik 137  Einblicke │ Merkmale von Innovationen Definition und Beschreibung Eine Innovation stellt eine neue oder signifikant verbesserte Lösung für ein Problem dar. Innovationen entstehen auf Basis kreativer Ideen, die einer forscherischen Tätigkeit entspringen und zu einer Erfindung bzw. Invention ausgearbeitet werden. Wenn eine Invention marktfähig entwickelt wird, spricht man von einer Innovation. Innovationen verknüpfen also Erfindungen mit Kundenbedürfnissen unter dem Einsatz von Kreativität. Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen Produkt-, Prozess- und Geschäftsmodellinnovation. Produktinnovationen führen zu neuen verkäuflichen Leistungen, während Prozessinnovationen zu neuen Herstellprozessen für (bestehende) Produkte führen. Zu den Geschäftsmodellinnovationen zählen jene Neuerungen, die über Produkt und Prozess hinausgehen, also z.B. Neuerungen in Positionierung, Branding, Distribution, Preismodell etc. eines Produktes. Nach Neuheitsgrad kann zwischen inkrementeller und radikaler Innovation unterschieden werden. Inkrementelle Innovationen sind Verbesserungen bestehender Produkte, um ihre Leistung zu steigern oder Kosten zu senken. Mit radikaler Innovation bezeichnet man dagegen die Entwicklung komplett neuer Produkte oder Geschäftsfelder. Radikale Innovationen haben das Potenzial, gesamte Branchen zu transformieren, bergen aber auch deutlich höhere Risiken.  Praxisbeispiel Als Beispiel für eine inkrementelle Innovation kann die Entwicklung von der Compact Disc (CD) zur Super Audio Compact Disc (SACD) gesehen werde, um die Klangqualität der Musikaufnahmen weiter zu steigern. Ein Beispiel für eine radikale Innovation ist die Entwicklung der MP3- Technologie durch das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen. Obwohl anfänglich nicht für die Übertragung von Musikdateien über das Internet konzipiert, führte sie in der Musikindustrie zu einer Diskontinuität: Zum ersten Mal war es möglich, Musik ohne einen Tonträger zu verkaufen. Die Veränderungen waren so gravierend, dass sie nicht nur das Produkt betrafen, sondern auch das Geschäftsmodell durch neue Distributionskanäle über Internetplattformen, neue Abspielgeräte und -software sowie neue Preisgestaltung (Preis pro Song statt Preis pro CD). Die Firma Apple schaffte es mit ihrer iTunes-Plattform und dem iPod als erste, ein erfolgreiches Gesamtpaket zu schnüren. Die Veränderung vom Download von Musikdateien zum Streaming von Musik kann als Geschäftsmodellinnovation angesehen werden, bei der von einer Pay-per-Song-Abrechnung auf einen Abonnement-Service umgestellt wurde. <?page no="137"?> 138 Operative Marketingplanung  Prof. Dr. Carsten Deckert ist Professor für Innovation Management an der Fachhochschule Düsseldorf und Autor des satirischen Ratgebers „Anleitung zum Uninnovativsein“. Seine praktische Erfahrung sammelte er im Rahmen einer zehnjährigen Beratungstätigkeit bei der Deckert Management Consultants GmbH und als geschäftsführender Vorstand der Deutschen Aktionsgemeinschaft Bildung-Erfindung-Innovation (DABEI) e.V. Produktdifferenzierung Das neue Produkt ist auf dem Markt eingeführt und erfüllt im besten Fall die Erwartungen. Produktmanager wägen ab, ob man nicht mit einer zusätzlichen differenzierenden Variante weitere Käufer erreichen kann. Dies resultiert im Begriff Produktdifferenzierung, also in einer Modifikation des Ursprungsproduktes, wobei bei der Produktdifferenzierung ein bestehendes Produkt um eine zusätzliche, abgewandelte Variante ergänzt angeboten wird (vgl. Herrmann/ Huber, 2013, S. 371). Dabei können mit der Produktdifferenzierung neue Zielgruppen erreicht werden; neue Bedürfnisse können befriedigt werden. Coca-Cola und die dazugehörigen Produktdifferenzierungen um Coca-Cola Light, Coca-Cola Zero etc. stellen erfolgreiche Beispiele dar, da beispielsweise dem Wunsch nach kalorienärmeren Getränken mit Alternativprodukten der Marke Coca-Cola begegnet wird. Zusätzliche Varianten können sich durch Produktmehr-, -weniger- oder auch partielle -andersleistung differenzieren. Die Normalvariante des Rasierapparates wird um eine sparsame Version, um eine Luxusversion und um eine Dreitagebartversion erweitert. Allgemeiner kann dies auch als Produktlinienpolitik bezeichnet werden (vgl. Koppelmann, 2006, S. 105). Als strategische Option im Rahmen einer Marken- und Produktkombination steht Unternehmen dabei das Instrument der Markendehnung zur Verfügung. Dabei kann die Dehnung einer vorhandenen Marke in bestehende Produktkategorien als Produktlinienerweiterung (Line Extension) bezeichnet werden. Es werden Anpassungen an spezifische Bedürfnisse einzelner Kundensegmente vorgenommen (vgl. Esch, 2012, S. 364). Zudem wird versucht, einen positiven Imagetransfer einer bestehenden Marke auf eine neue Marke oder ein neues Produkt zu erwirken. Komplementäre Beziehungen liegen bei Produktfamilienentscheidungen vor. Neben dem Ursprungsprodukt (z.B. Nivea-Hautcreme) gibt es ein Shampoo, eine Lotion, ein Deodorant usw. Produktdifferenzierungen konzentrieren sich prinzipiell auf Produktlinienentscheidungen. Bei Produktfamilienentscheidungen kommen neue Produkte hinzu, die durch eine gemeinsame Markenklammer (→ Kapitel 4.2: Markenfamilienstrategien) zusammengehalten werden. Das Produktprogramm wird breiter, als Konstante bleibt das Markenimage, es finden Imagetransferprozesse zwischen den Produkten (und Marken) statt. Die Kombination von bestehenden Marken und neuen Produktlinien wird als Brand Extension bezeichnet. Die Pflege des Markenimage und sein vorsichtiger Trans- <?page no="138"?> Produktpolitik 139 fer auf diese neu angebotenen Produkte stehen im Entscheidungsmittelpunkt (vgl. Rühle/ Völckner, 2011, S 29 ff.). Je innovativer ein Produkt ist, je mehr es mit bisherigen Seh- und Nutzungsgewohnheiten bricht, umso größer ist das Markteinführungsrisiko. Um das Risiko zu begrenzen, beginnen Unternehmen daher die Einführung nur mit einer Ausführung, die man auch im späteren Marktlebenszyklus für die zentrale Produktvariante hält. Erst bei spürbarer Marktakzeptanz schiebt man Varianten nach. Damit können Unternehmen Markteintrittsbarrieren für die Konkurrenz erhöhen, weil der Differenzierungsaufwand größer wird (vgl. Koppelmann, 2006, S. 105 f.). Produktvariation Der Unterschied bei der Produktvariation zur Differenzierung liegt darin, dass das variierte Produkt das bisherige Produkt ersetzt - statt um zusätzlich geht es hier um stattdessen (vgl. Koppelmann, 2006, S. 106). Es findet ein fließender Erneuerungsprozess am Produkt statt. Büschken/ von Thaden definieren es als „Modifikation von Eigenschaften eines bereits existierenden Produktes, wobei dessen Kernfunktionen nicht verändert werden“ (Büschken/ von Thaden 2007, in: Homburg, 2017, S. 612). Das Produkt bleibt demnach in seiner Gesamtkonzeption erhalten, es werden allerdings Features, Teile, Details etc. verändert. Sie dienen der Auffrischung, der Aktualisierung des Produktes. Beispiele für Produktvariationen sind neue Verpackungen im Konsumgüterbereich oder „Facelifts“ im Design von Automobilen. Produktvariationen sind in der Automobilindustrie dabei weit verbreitet (vgl. Homburg, 2017, S. 612). Der PKW-Typ einer speziellen Klasse (z.B. Mercedes S-Klasse) hat eine zeitbegrenzte geplante Marktlebenszeit. Die Karosserie sowie das Design unterliegen, auch weil sich unser Geschmack wandelt, optischem Verschleiß. Dieser fällt umso mehr auf, je zeitgeschmacksnäher das jeweils neu eingeführte Produkt ist; die Form ist bei der Einführung aktuell, diese Aktualität geht dann verloren; bis zum nächsten Modellwechsel muss modifiziert werden. Avantgardistische Entwürfe haben dagegen mit Einführungsschwierigkeiten (Lernschwierigkeiten) zu kämpfen; im Zeitablauf gewinnen sie an Aktualität und können dann als Klassiker ohne Veränderungen längere Zeit überleben (vgl. Koppelmann, 2006, S. 106). Dies gilt für die Form des Mini Cooper - der BMW-Mini als modernes Nachfolgemodell zeigt Ähnlichkeiten. Da die Planungszeit für einen neuen PKW eben mehrere Jahre dauern kann, ist es außerordentlich schwierig, eine Produktgestaltung zu treffen, die bereits bei der Einführung allseits akzeptiert wird und die Modelllebenszykluszeit ohne Variationen schadlos überlebt (vgl. Koppelmann, 2006, S. 106). <?page no="139"?> 140 Operative Marketingplanung Produktelimination Wann ist das Ende der Marktlebensdauer erreicht, wann soll man das Produkt aus dem Markt nehmen bzw. aus dem Programm streichen? Produkteliminationsentscheidungen werden bei prozessualer Betrachtung auch in der Kontrollphase gefasst; hier werden sie lediglich aus systematischen Gründen erläutert. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um einen langsamen Akzeptanz- Erosionsprozess. Nur selten stellen alle bisherigen Käufer schlagartig ihre Käufe ein, so dass sich die Eliminationsentscheidung offenkundig aufdrängt. Es ist notwendig, ein genaueres Beobachtungsinstrumentarium zu entwickeln (z.B. beständiger Marktanteilsverlust, stärkere Marktpreissenkungen als bei der Konkurrenz, Imageverlust). Der Feststellung von Krankheitssymptomen (Diagnose) folgt die Analyse. Woran liegt das unbefriedigende Marktresultat? Anspruchsänderungen, gesellschaftlicher Wandel, technischer Fortschritt oder bessere Konkurrenzprodukte können Gründe sein. Dabei kann man sofort oder mit Ankündigung zeitlich gestreckt eliminieren. Unternehmen haben zudem auch die Alternative, partiell oder total zu eliminieren. Totale Elimination bedeutet, dass alle Marketingmaßnahmen einschließlich Produktverkauf eingestellt werden (vgl. Koppelmann, 2001, S. 626). 4.3.5 Produktverpackung Die meisten Produkte müssen verpackt werden. Dabei kann die Verpackung allerdings auch zu einem wichtigen Tool des Marketings werden (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 425). Verpackung kann definiert werden als „meist vollständige, nach dem Verpackungsprozess feste, relativ leicht zu beseitigende Umhüllung des Packgutes zur Erzielung verschiedener Funktionen“ (Koppelmann, 2001, S. 505). Verpackungen stellen also aus der Sicht der verpackenden Unternehmen keinen Selbstzweck dar, sondern erfüllen im Hinblick auf die Packgüter (Produkte) derivative Funktionen. Zu den Funktionsbereichen von Verpackungen zählen die Produktions-, Marketing-, Verwendungs- und die Logistikfunktion. Im Folgenden sollen die Hauptfunktionen einer Verpackung aufgelistet und beschrieben werden (in Anlehnung an Herrmann/ Huber, 2013, S. 65).  Die Produktionsfunktion einer Verpackung ermöglicht beispielsweise die Produktion eines Gutes direkt aus der oder in die Verpackung ohne Zwischenschaltung von Umschlagvorgängen.  Marketingfunktionen von Verpackungen werden erfüllt, wenn sie z.B. als Image- und Werbeträger eingesetzt werden. So soll die Produktverpackung beispielsweise die Wahrnehmung des Kunden positiv beeinflussen, Interesse bei ihm aufbauen und im Idealfall einen Kauf auslösen. Dabei ist es wichtig, das Verpackungsdesign an die jeweilige Zielgruppe anzupassen. Darüber hinaus ist die Verpackung insbesondere im Konsumgüterbereich <?page no="140"?> Produktpolitik 141 oftmals Träger der Marke bzw. des Markenzeichens (→ Kapitel 4.2). Neuartige Verpackungen können durch einen Aha-Effekt sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen (vgl. Kotler/ Armstrong/ Harris/ Piercy, 2016, S. 425).  Die Verwendungsfunktion umfasst beispielsweise die „mehrmalige Wiederverwendung der Verpackung für denselben Zweck, was den Aufbau von Rückführungssystemen für solche Mehrwegverpackungen in Zusammenarbeit mit den Lieferanten oder Kunden voraussetzt“ (Krieger, 2017, am 09.04.2017). Des Weiteren bezieht sich die Verwendungsfunktion auf eine möglichst umweltschonende Beseitigung der Verpackungen. Der teilweise auch jetzt noch betriebene Verpackungsaufwand wird aus ökologischen wie auch ökonomischen Gründen in Zukunft sicherlich reduziert werden müssen. Ökologieoptimale Verpackungen sind zudem ein wichtiges Thema für eine kritische Öffentlichkeit geworden (vgl. Koppelmann, 2006, S. 110).  Im Zuge der Logistikfunktion nehmen Verpackungen eine Schutz-, Lager-, Transport- und Informationsfunktion wahr. Ein Porzellanservice, ein Fernsehgerät, Weintrauben oder Eier müssen auf dem Weg vom Hersteller über den Handel bis zum Verwender vor Beschädigungen geschützt werden. Schutzoptimale Verpackungsgestaltung lässt sich prinzipiell nur durch Verpackungsindividualisierung erreichen. Die individuelle Anpassung an das Packgut ist umso mehr ökonomisch zu rechtfertigen, wie große Stückzahlen Kostendegressionseffekte ermöglichen. Einzelverpackungen, wie im Maschinenbau üblich, sind mit hohen Arbeitskosten belastet. Je empfindlicher, also gefährdeter, und je gefährlicher für Menschen und andere Produkte das Packgut ist, umso notwendiger sind schutzoptimale Verpackungen (vgl. Koppelmann, 2006, S. 110). Eine wichtige Facette logistischer Überlegungen bildet die raumoptimale Verpackung. Auf dem Transport zum Händler muss der Container, die Palette optimal ausgenutzt werden, ohne Raum zu verschenken. Eine Flasche, die höher ist als das dafür im Kühlschrank vorgesehene Fach, hinterlässt Dissonanz und Reaktanz beim Verbraucher. Produkte, die in großen Mengen transportiert und gelagert werden, verlangen raumoptimale Lösungen. 4.3.6 Produktservice Produktservicemaßnahmen liegt ein Dienstleistungscharakter zugrunde; diese werden von Koppelmann im Rahmen der Servicepolitik als eigenständiges Instrument des Marketingmix betrachtet. Dies ist grundsätzlich nachvollziehbar und praxisnah anwendbar. Aus Gründen der Komplexitätsreduktion sollen im Folgenden die Serviceleistungen rund um das physische Produkt jedoch an die Produktpolitik angedockt und im aktuellen Kapitel kurz beschrieben werden. Viele Servicemaßnahmen hängen sehr eng mit dem Produkt zusammen, ihnen liegt dabei ein immaterieller Dienstleistungscharakter zugrunde. Servicemaßnahmen können als Sekundärleistungen im Verhältnis zu den Primärleistungen <?page no="141"?> 142 Operative Marketingplanung der Produktmaßnahmen aufgefasst werden. Die Ansprüche und Bedürfnisse des aktuellen Konsumenten bewegen sich in den letzten Jahren verstärkt in diese Richtung, so dass neben den Grund- und Zusatzleistungen (→ Kapitel 4.3.1) vermehrt Sekundärleistungen (Reparatur des Smartphones, Garantie auf Batterielaufzeit einer Uhr) gewünscht werden. Hinsichtlich der konkreten Ausprägungen der Servicepolitik kann grob zwischen Lieferleistungspolitik, Kundendienstpolitik und Garantieleistungspolitik unterschieden werden (vgl. Koppelmann, 2006, S. 112 ff.; Koppelmann, 2001, S. 515):  Lieferleistungspolitik: Hier spielen insbesondere Aspekte der Zustellung oder Abholung des Produktes, die Lieferbereitschaft sowie die Lieferzuverlässigkeit die zentrale Rolle. In den heutigen serviceorientierten Zeiten kann sich der Kunde (gegen einen Preisaufschlag) beispielsweise vom Möbelhaus IKEA problemlos seinen Einkauf nach Hause liefern lassen.  Kundendienstpolitik: Installation, Montage, Pflege und Wartung sind Stichworte, die in diesem Bereich Relevanz zeigen. Insbesondere im Automobilbereich sowie weiteren technischen Produkten ist die Wartung und Inspektion direkt beim Hersteller oftmals von Vorteil. Dies lassen sich die Hersteller allerdings auch adäquat bezahlen.  Garantieleistungspolitik: Um kognitive Dissonanzen beim Kauf des Produktes zu reduzieren, versprechen Unternehmen häufig eine lange Garantiedauer und einen großen Garantieumfang. Diese Kriterien werden der Garantieleistungspolitik zugeordnet. 4.4 Distributionspolitik 4.4.1 Grundlagen der Distributionspolitik Produkte, die in den bereits behandelten Kapiteln geplant, gestaltet und ggf. bereits beworben wurden, müssen in einem weiteren Schritt zum Konsumenten gelangen. Unter anderem diese Aufgabe übernimmt das Instrument der Distributionsbzw. Vertriebspolitik. Übergeordnet kann die Distributionspolitik in eine marktgerichtet-akquisitorische Distribution (Distributionswege- und Distributionsorganentscheidungen sowie Realisierung von Kaufabschlüssen) und eine vertriebslogistische Distribution (Warenverteilprozesse, Organisation und Abwicklung von Lagerhaltung, Transport, Verpackung etc.) unterschieden werden (vgl. Homburg, 2017, S. 865, Koppelmann, 2001, S. 520). Es geht also vereinfacht um das System der Absatzkanäle sowie und das damit zusammenhängende logistische System von Unternehmen, wobei der Fokus dieses Kapitels auf der marktgerichtet-akquisitorischen Distribution und den damit zusammenhängenden Entscheidungen über Organe und Wege des Vertriebs liegen soll. <?page no="142"?> Distributionspolitik 143 Bei den Distributionszielen ist darauf zu achten, dass sie aus übergeordneten Unternehmenszielen (beispielsweise Umsatz- und Marktanteilsziele) abgeleitet und operational formuliert werden. So existieren distributionsspezifische Ziele wie Senkung der Vertriebskosten, eine positive Veränderung des Distributionsgrades (Marktpräsenz), Zeitziele oder Flexibilitäts- und Unabhängigkeitsziele von anderen Institutionen (z.B. Handelsunternehmen). In Zeiten des World Wide Web dürfte es kaum Unternehmen geben, die nicht zumindest über eine Distribution über Onlineshops nachdenken. Hier spielen u.a. Kosten- und Präsenzziele eine wichtige Rolle. Die konkrete Gestaltung der Distributionsorgane und -wege sind Maßnahmen, um strategisch diese Distributionsziele zu erreichen (vgl. Koppelmann, 2006, S. 116 ff.). 4.4.2 Gestaltung der Distributionsorgane und -wege Wie zuvor bereits skizziert, befasst sich das Instrument konkret mit Distributionswegen und -organen, die als Summe das Distributionssystem des Unternehmens ergeben. Als Distributionsbzw. Vertriebsorgane können im obigen Kontext alle „unternehmensinternen oder externen Personen, Abteilungen oder Institutionen, die die Vertriebsaktivitäten für die Produkte des Unternehmens am Markt direkt durchführen oder unterstützen“ verstanden werden (vgl. Homburg, 2017, S. 865). Distributionswege lassen sich grundsätzlich in direkte und indirekte unterscheiden: Direkte Distributionswege Es erfolgt ein direkter Verkauf vom Hersteller an den Verwender oder der Verkauf über Vertriebler bzw. Vertreter/ Kommissionäre. Insbesondere der Onlineverkauf quasi direkt vom Hersteller an den Konsument oder der Verkauf über eigene Shops sind hier zu nennen. Bedingungen, die für die Wahl direkter Distributionswege sprechen sind (vgl. Koppelmann, 2001, S. 524 ff.):  Je mehr man selbst entscheiden kann, desto einfacher kann das eigene Vermarktungskonzept in die Tat umgesetzt werden (schnellerer Informationsfluss, schnellere Reaktion auf Nachfrage- und Konkurrenzaktionen/ -reaktionen etc.).  Bei Produkten mit starkem Konkurrenzdruck kann durch den Direktvertrieb dieser Druck reduziert werden.  Individuelle Möglichkeiten der Produktpräsentation beispielsweise im eigenen Onlineshop.  Stark erklärungsbedürftige Produkte können mit spezialisiertem Verkaufspersonal des eigenen Unternehmens vertrieben werden (u.a. Erleichterung des Wissenstransfers durch den direkten Kontakt mit dem Konsumenten).  Entscheidungsautonomie beinhaltet u.a. Kosten- und Preiskontrolle.  Hochempfindliche und gefährliche Produkte erfordern Schutzmaßnahmen (kurze Absatzwege reduzieren Beschädigungsmöglichkeiten). <?page no="143"?> 144 Operative Marketingplanung  Bei großer Bedarfsweite wird es schwer sein, Distributionsorgane außerhalb des Unternehmens zu finden, die dieses Produkt in ihr Sortiment aufnehmen, ebenso bei großer Bedarfsdichte auf relativ eng umgrenzten Raum (geringe Bedarfsweite). Indirekte Distributionswege Eine indirekte Distribution liegt im Regelfall vor, wenn beispielsweise Einzelund/ oder Großhändler in den Absatzweg eingeschaltet sind. In einem leicht anderen Kontext spricht Homburg von indirektem Vertrieb, wenn unternehmensexterne Vertriebspartner in der Vermarktung der Produkte eine wesentliche akquisitorische Funktion wahrnehmen (vgl. Homburg, 2017, S. 873). Einzelne Branchen - wie beispielsweise die Lebensmittelbranche in Deutschland - könnten mittlerweile ohne die großen Lebensmittelhändler wie REWE, Edeka, Lidl oder Aldi die Nachfrage nach den relevanten Produkten nicht mehr bedienen. Hier sind die Hersteller der Lebensmittel zum einen auf die Händler angewiesen, zum anderen nehmen die Händler aktuell eine starke Machtposition am Markt ein (u.a. Preisdiktat). In diesem Spannungsverhältnis müssen produzierende Unternehmen agieren. Eine große Herausforderung besteht in diesem Zusammenhang in Zukunft, wenn Händler wie Amazon noch stärker in den Lebensmittel-Onlineversand einsteigen, da der Konkurrenzdruck auf die deutschen Lebensmitteleinzelhändler durch den amerikanischen Handelsriesen verstärkt werden könnte. Bedingungen, die für die Wahl indirekter Distributionswege sprechen sind (vgl. Koppelmann, 2001, S. 526 ff.):  Der indirekte Absatz ist in der Regel kostengünstiger, es werden beim indirekten Absatz die Distributionskosten von vielen Artikeln getragen (Kostendegression).  Beim indirekten Absatz entstehen vorrangig variable Kosten, damit wird der Kapitaleinsatz begrenzt und man kann sich schnell an neue Marktbedingungen anpassen.  Der indirekte Absatz erleichtert die Informationssuche: Produkte werden im Verwendungszusammenhang präsentiert, der Produktvergleich wird vereinfacht.  Käufe besitzen auch erlebnishafte Dimensionen. Dies setzt der Handel in neuen Konzepten am Point of Sale häufig um (beispielsweise der Outdoor- Artikel-Händler Globetrotter).  Der Handel hat bei erfolgreichen Produkten eine Multiplikatorwirkung, weil zusätzlich eigene Verkaufsanstrengungen unternommen werden.  Beim direkten Absatz müssen erst richtige Ansprechpartner/ Adressen gefunden werden, während der Handel schon über einen Kundenstamm verfügt. <?page no="144"?> Distributionspolitik 145  Bei hoher Bedarfsdichte, aber breiter Streuung der Verwender (große Bedarfsweite) ergeben sich wg. der großen Kundenkontaktmöglichkeiten erhebliche Vorteile. → Abbildung 58 skizziert stark vereinfacht die beiden groben Distributionswege direkte vs. indirekte Distribution: Abbildung 58: Direkte vs. indirekte Distribution Nachdem ein Unternehmen sich für die grobe Auswahl von Wegen und Organen entschieden hat, muss eine inhaltliche Gestaltung dieser vorgenommen werden. Dies ist stark abhängig von den angebotenen Produktkategorien bzw. der Branche. Hier können Lebensmittel, Automobile oder Textilprodukte nicht unmittelbar miteinander verglichen werden. Eine Entscheidung, welche die Unternehmung zu treffen hat, ist die konkrete Anzahl und Ausgestaltung der Distributionskanäle. Häufig kombinieren Unternehmen mehrere Kanäle, so dass ein Hybridsystem, z.B. aus direkten und indirekten Distributionsorganen entsteht. Die Modemarke Diesel verkauft in diesem Kontext beispielsweise in Deutschland seine Mode über eigene physische Shops und Onlineshops, aber auch über Händler wie Peek & Cloppenburg oder Breuninger. Bei jeder Entscheidung in diesem Kontext ist zu beachten, dass das Distributionssystem als Wertekette anzusehen ist, und sich daher jede distributionspolitische Entscheidung auf die Wertschöpfung und die Wettbewerbsposition des Unternehmens auswirkt. Insbesondere zwischengeschaltete Handelsunternehmen vereinnahmen einen Teil der Handelsmarge, die im Rahmen jener Wertschöpfung entsteht (vgl. Homburg, 2017, S. 873). In den letzten Jahren und aktuell kann beobachtet werden, dass die angesprochenen Handelsunternehmen verstärkt Produkte unter einer eigenen Handelsmarke (→ Kapitel 4.2) anbieten. Erzeugnisse unter Marken wie ja! von direkter Absatzweg Produzent Produzent Produzent indirekter Absatzweg Konsument Konsument eigenständige Handelskettenglieder unternehmenseigene Handelskettenglieder Handelsvermittler Produzent Konsument Konsument Produzent Produzent Verkaufsniederlassung Handelsvertreter Einzelhandel Einzelhandel Großhandel <?page no="145"?> 146 Operative Marketingplanung REWE oder Balea von der Drogeriekette DM sind häufig verkaufte und beliebte Produkte in den Regalen der Händler. Produzieren diese Unternehmen die Produkte in eigenen Stätten, spricht man von einer Vertikalisierung der Handelsunternehmen. Hier fungiert der Handel als Produzent, was die Konkurrenzsituation in bestimmten Märkten verschärfen könnte. Folgender Einblick dient der Analyse dieses Themenfeldes vor dem Hintergrund der Betrachtung von Wertschöpfungsketten.  Einblicke │ Vertikalisierung Definition und Beschreibung Vertikalisierung bzw. vertikale Integration umschreibt grundsätzlich einen Prozess, in dem ein Unternehmen vor- oder nachgelagerte Produktionsund/ oder Vertriebsstufen eingliedert, die im Rahmen der Produkt- und Marktkompetenz einen wertschöpfenden Beitrag leisten. Primäres Ziel ist die Optimierung und der Ausbau der eigenen Wertschöpfungs- und Lieferketten. Langfristig steht die nachhaltige Sicherung des Unternehmensbestandes und damit des dauerhaften Erfolgs im Fokus. Bei der Ableitung der strategischen Zielsetzung einer Vertikalisierung bilden meist Motive wie Rohstoffsicherung, Margenausweitung oder Kontrolle über die Wertschöpfungskette eine entscheidende Rolle.  Praxisbeispiel Die Ausweitung der Wertschöpfungskette, insbesondere rückwärtsgerichtet durch Handelsunternehmen, ist aktuell ein wichtiger Trend in der Ernährungswirtschaft. Ein Beispiel auf Handelsseite stellt die REWE-Group dar, die u.a. mit dem Fleischwerk Brandenburg Wertschöpfungsstufen addiert. Zu beobachten ist, dass vor allem in Bereichen mit hohem Handelsmarkenanteil der Trend zur Vertikalisierung stärker ausgeprägt ist. Seit Ende 2010 stellt auch Lidl (Schwarz-Gruppe) einen Großteil seiner Handelsmarken-Schokolade in eigenen Produktionsstätten her. Darüber hinaus werden auch Bonbons, Süßwaren und Konditoreiwaren produziert. Das Unternehmen verfügt zudem über eigene Mineralbrunnen. Ein weiteres prominentes Herstellerbeispiel für vertikale Integration ist Wiesenhof. Neben den vor- (z.B. Brütereien) und nachgelagerten (z.B. Logistik) Stufen i.e.S. verfügt das Unternehmen auch über eigene Futtermühlen. <?page no="146"?> Distributionspolitik 147 Grundsätzlich ist der Trend zur stärkeren vertikalen Integration der Wertschöpfungsstufen in Richtung weitestgehend geschlossener Produktionsketten in den letzten Jahren klar erkennbar und wird sich weiter verstärken. Vertikalisierung wird neben einer Neuverteilung der Margen entlang der Wertschöpfungskette auch zu einer Absicherung der Margen für die beteiligten Unternehmen führen. Den Akteuren bieten sich hierdurch neue Handlungsmöglichkeiten, stellt diese aber ebenso vor enorme Herausforderungen, wie beispielsweise die Tatsache, dass Vertikalisierung die klassische Rollenverteilung zwischen Lieferant, Hersteller und Händler auflösen kann.  Prof. Dr. Christoph Willers ist Senior Advisor bei Ebner Stolz Management Consultants und Professor an der Cologne Business School (CBS). 4.4.3 Markterscheinungsformen im Handel Wählt ein Unternehmen für die Verteilung seiner Produkte die indirekte Distribution, stehen ihm insbesondere in westlichen Ländern wie Deutschland oftmals zahlreiche Handelsunternehmen als potenzielle Partner zur Verfügung. Je nachdem, für welche Form bzw. welchen Distributionskanal ein Unternehmen sich entschieden hat, erwachsen Vor- und Nachteile im Rahmen des Vertriebs der eigenen Produkte (vgl. Rudolph, S. 10). Wie → Abbildung 57 bereits zeigte, können bei der indirekten Distribution zunächst Großhandlungen (beispielsweise Metro Cash & Carry) zwischengeschaltet sein. Fokussiert man sich auf die Einzelhändler im Rahmen der Zusammenarbeit, lassen sich verschiedene Typen und Formen voneinander unterscheiden (→ Abbildung 59). Im Folgenden sollen ausgewählte Erscheinungsformen kurz beispielhaft erläutert werden. Der Fachhändler (als auch Fachgeschäfte bezeichnet) repräsentiert einen typischen Fachverkäufer eines Bereiches (beispielsweise Sportfachgeschäft) mit hoher Fach- und Sachkompetenz in diesem Feld (vgl. Schneider, 2017). Er bietet ein eher schmales, häufig sehr tiefes, in sich geschlossenes Produktsortiment. Die Beratung erfolgt häufig durch speziell geschulte Verkaufskräfte sowie weitergehende Dienstleistungen (z.B. Zustellung, Warenversand, Geschenkverpackung, Reparatur, Installation, Umtausch). Als Standorte gelten bevorzugt innerstädtische Haupt- oder Nebenlagen, möglichst in der Nachbarschaft von Fachgeschäften anderer Branchen. Fachgeschäfte finden sich in nahezu allen Branchen des Einzelhandels (vgl. Schneider, 2017; Theis, 2007, S. 223). Fachmärkte dagegen haben ein breiteres Sortiment als Fachhändler bei größerer Fläche, ein reduziertes, aber gut geschultes Verkaufspersonal sowie eine aktivere Preispolitik mit umfangreichen Werbemaßnahmen (vgl. Koppelmann, 2001, S. 175). Mediamarkt oder Saturn gelten als Vertreter von Fachmärkten. Kaufhäuser verfügen in der Regel über ein sehr umfangreiches, fast den gesamten Lebensbereich tangierendes Sortiment. Es existiert eine abteilungsspezifische Sortimentstiefe, durch Shop-in-Shop wird häufig fachge- <?page no="147"?> 148 Operative Marketingplanung schäftsähnliche Atmosphäre geschaffen. Sie bieten ein mittleres Sortimentsniveau bei erheblichen Absatzaktivitäten, es besteht eine Präferenz für Produkte mit hoher Umschlagsgeschwindigkeit (vgl. Koppelmann, 2001, S.176; Rudolph, 2009, S. 9). Kaufhof oder Karstadt sind klassische Vertreter dieser Form. Abbildung 59: Markterscheinungsformen im Handel (Fokus auf Einzelhandlungen) Quelle: in Anlehnung an Rudolph, 2009, S. 10; Theis, 2007, S. 223 ff. Eine weitere Abgrenzung im Zusammenhang mit Handlungen stellt die Unterscheidung zwischen stationären Händlern und elektronischen Händlern dar. Dabei verkaufen stationäre Händler unterschiedliche Güter und Dienstleistungen an Kunden und bedienen sich stationärer Verkaufsstellen (vgl. Rudolph, 2009, S. 14). Die deutsche Lebensmittelwirtschaft mit den größten Händlern Edeka, REWE, Aldi, Lidl usw. vertreibt einen Großteil der Produkte über diesen Weg. Insbesondere die schnelle Entwicklung des Internets sowie die in den letzten Jahren entstandene Anwenderfreundlichkeit neuer Technologien („Bestellung auf Knopfdruck“) sorgen für eine stationäre Betriebsform durch internetbasierte Verkaufsstellen (vgl. Rudolph, 2009, S. 9). Dies mündet im Bereich des elektronischen Handels. Beispiele wie Amazon oder Zalando zeigen, dass bei immer mehr Produkten Konsumenten den Kauf über E-Commerce dem klassischen Einkauf vor Ort vorziehen. Eine genauere Betrachtung der Absatzzahlen bringt jedoch hervor, dass zwischen einzelnen Produkt- und Warengruppen stärker differenziert werden muss. Während bei Produkten wie Einzelhandlungen Fachhändler/ Fachgeschäft Spezialgeschäft Fachmarkt Warenhaus Kaufhaus Supermarkt Discounter Filialist Versandhandel E- Commerce/ Onlinehandel <?page no="148"?> Kommunikationspolitik 149 Bekleidung, Medien und Elektronik für viele Unternehmen die Umsatzbeiträge im zweistelligen Prozentbereich liegen, sind v.a. Lebensmittel eine Warengruppe, die aktuell in Deutschland noch etwas langsamer wächst (vgl. Willers/ Deckert/ Weber, 2015, S. 12). Dennoch denkt beispielsweise REWE mit einem neuen Konzept als REWE-Online um und versucht, seinen Vertrieb stärker über den Weg des Internets zu gestalten. → Abbildung 60 zeigt die konkreten Ausprägungen des elektronischen Handels in einer Nachfrager-Anbieter-Kombination. Nachfrager Consumer Business Anbieter Consumer Consumer-to-Consumer (C2C) z.B. Auktionen wie eBay, Kleinanzeigen wie Autoscout24 Consumer-to-Business (C2B) z.B. Jobbörsen mit Anzeigen von Arbeitssuchenden Business Business-to-Consumer (B2C) z.B. Kundenbestellungen wie Amazon Business-to-Business (B2B) z.B. elektronische Marktplätze, E-Prodcurement (elektronische Bestellung bei Lieferanten) Abbildung 60: Erscheinungsformen des elektronischen Handels Quelle: in Anlehnung an Rudolph, 2009, S. 16. Die Zukunft des Handels und der Distribution liegt wohl in einer Mischform stationärer und elektronischer Formen. Dies mündet im Begriff des Multi- Channel-Managements (vgl. Rudolph, 2009, S. 19 f.). Darunter ist konkret „Design, Anwendung, Koordination und Bewertung von verschiedenen Distributionskanälen, um den Kundenwert durch effektive Kundengewinnung, -bindung und -entwicklung zu steigern“, zu verstehen (vgl. Neslin et al, 2006, S. 96). In der Sportartikelindustrie beliefern die großen Markenunternehmen wie z.B. Nike oder Adidas Großhändler und Einzelhändler, wie beispielsweise Fachhändler oder Kaufhäuser. Zudem betreiben sie als Herstellerfilialen sogenannte Flagship-Stores, die sie in eigener Regie vermarkten. Nicht zuletzt können Nike- und Adidas-Produkte auch über den Onlinehandel (Amazon etc.) gekauft werden. Die Markenhersteller sprechen selbst von einer Multi- oder Omni-Channel-Strategie (vgl. Fleig, 2017). 4.5 Kommunikationspolitik Ein gezieltes Marketing schafft die Verbindungslinie von Unternehmen und deren Produkten oder Dienstleistungen zum Markt. Dazu ist es notwendig, potenzielle Abnehmer und Anspruchsgruppen über Eigenschaften und Nutzen des Angebots zu informieren sowie es auf dem Markt sichtbar und bekannt zu <?page no="149"?> 150 Operative Marketingplanung machen. Eine geplante, systematische Außendarstellung ermöglicht es, Leistungen in einer Kommunikationsbotschaft aufzuzeigen und Anspruchsgruppen im Sinne der Unternehmens- und Absatzziele zu beeinflussen. Dies ist Aufgabe der Kommunikationspolitik.  Das sollten Sie wissen! Die Kommunikationspolitik betrifft alle kommunikativen Aktivitäten eines Unternehmens, mit denen Leistungen extern dargestellt, intern der Austausch zu Mitarbeitern gepflegt, Interaktionen zwischen Unternehmen und externen Anspruchsgruppen realisiert und Verständigungen unter den Konsumenten geschaffen werden. Sie umfasst die systematische Planung, Ausgestaltung und Kontrolle von Kommunikationsmaßnahmen und -instrumenten mit dem Ziel, relevante Zielgruppen anzusprechen und somit übergeordnete Unternehmensziele zu unterstützen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 569; Bruhn, 2014, S. 199; Michelis, 2014, S. 227). Die Kommunikation ist stets zweckgerichtet und verfolgt die Funktionen der Information, Beeinflussung oder Bestätigung von Konsumenten sowie einer Positionierung gegenüber Konkurrenten im Wettbewerb (vgl. Bruhn, 2015, S. 23 f.). Abbildung 61: Grundstruktur der Marktkommunikation Ob dies gelingt, hängt von Bekanntheit des Kommunikators, der Attraktivität des Angebots, Wahrnehmbarkeit, Relevanz, Verständlichkeit und Glaubwürdigkeit der Botschaft wie auch von dem Medium ab, das für die Vermittlung genutzt wird. Einen maßgeblichen Einfluss auf den Kommunikationserfolg besitzt auch die Zielperson der Kommunikation, der Kommunikant, welcher bestimmte Ansprüche an Unternehmen und deren Angebote stellt (vgl. Koppelmann, 2006, S. 131). Welche Erwartungen die Leistung erfüllt, können Unternehmen mit Hilfe kommunikativer Maßnahmen aufzeigen und so versuchen, Vertrauen aufzubauen und Kaufanreize zu schaffen. Zunächst müssen dafür die bereits im Rahmen der Strategischen Planung definierten Zielgruppen und deren spezifischen Bedürfnisse erfasst und analysiert werden, um Maßnahmen und Botschaften entsprechend zu gestalten. Mit welcher Dauer und Intensität die Kommunikationsinstrumente schließlich genutzt werden, orientiert sich neben den Kommunikationszielen auch an dem für die Medien Botschaft Anbieter Sender (Kommunikator) Nachfrager Empfänger (Kommunikant) <?page no="150"?> Kommunikationspolitik 151 Kommunikation zur Verfügung stehenden Budget. Ein ständiges Monitoring des Kommunikationsprozesses und die nachträgliche Evaluierung aller Maßnahmen sind daher obligat, wenn Ressourcen wirkungsvoll und nachhaltig eingesetzt werden sollen. 4.5.1 Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Kommunikation Die Marketingkommunikation versucht, bei potenziellen Konsumenten bestimmte Wirkungen zu erzielen. Die Aufmerksamkeit der Adressaten ist jedoch hart umkämpft: Überall und zu jeder Zeit wird der potenzielle Käufer mit Informationen konfrontiert, aus denen er die für ihn relevanten Inhalte auswählen muss. Schnell entsteht eine Überlastung, die in Verbindung mit Reaktanzen für Kommunikationsmaßnahmen oder wenig Zeit und Interesse an Themen Barrieren für die Kommunikation von Unternehmen schafft (vgl. Koppelmann, 2006, S. 133; Meffert et al., 2015, S. 570). Diese stehen vor der Herausforderung, verschiedenen Zielgruppen und deren Bedürfnissen mit passgenauen Botschaften in den für diese Gruppen relevanten Medien zur richtigen Zeit zu begegnen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Die Möglichkeiten der Vermittlung sind dabei überaus vielfältig:  Eine mit dem technischen Fortschritt rasch wachsende Auswahl an Kommunikationsinstrumenten steht Unternehmen zur Verfügung, welche die spezifische Ansprache von Zielgruppen zwar ermöglicht, die Kommunikation aber gleichermaßen komplex werden lässt. Nicht nur Botschaften und vermittelnde Träger müssen präzise zueinander passen, sondern auch die Instrumente untereinander harmonisieren und abgestimmt sein, um ein zusammenhängendes Erscheinungsbild zu schaffen, das glaubwürdig und, mit Blick auf den Wettbewerb, möglichst einzigartig ist (vgl. Bruhn, 2014, S. 201).  Eine voranschreitende Internationalisierung vieler Unternehmen und damit wachsende Konkurrenz schaffen Rahmenbedingungen, welche die Profilierung im Wettbewerb erschweren. Märkte sind zunehmend gesättigt und die Anzahl kommunizierender Konkurrenten nimmt zu, sodass sich die Sichtbarkeit des Einzelnen schnell verringert (vgl. Meffert et al., 2015, S. 571). Unternehmen stehen unter großem Druck, das eigene Angebot eindeutig von dem der Wettbewerber abzugrenzen, Aufmerksamkeit zu gewinnen und so das Grundrauschen des Marktes zu durchbrechen.  Internet und Social Media eröffnen zudem stetig neue Kommunikationsformen: Verlief die Vermittlung von Informationen bis in die 1990er-Jahre noch einseitig von Unternehmen ausgehend, so gestalten sich Kommunikationsprozesse heute dialogisch und interaktiv. Botschaften werden nicht mehr nur von absatzorientierten Akteuren, sondern ebenso von Konsumenten selbst initiiert und verbreitet. Kommunikanten können sich schnell und einfach Informationen im Internet beschaffen, Hintergründe recher- <?page no="151"?> 152 Operative Marketingplanung chieren und Erfahrungen anderer in Bewertungen von Unternehmen miteinbeziehen. Social-Media-Nutzer werden damit schnell zu Beteiligten der Markenkommunikation, indem sie sich im Web zu Angeboten äußern und dabei oft authentischer wirken als das Unternehmen selbst (vgl. Michelis, 2014, S. 30 f.). Die erfolgreiche Gestaltung von Marketingkommunikation erfordert daher neben der Integration nutzergetriebener Medien eine intensive Koordination und Beobachtung von Austauschprozessen und ein hohes Maß an Individualität, Interaktion und Glaubwürdigkeit, um langfristige Kommunikationsbeziehungen aufzubauen. Notwendig ist zudem eine präzise und stets aktuelle Kenntnis von Adressaten und deren Ansprüchen. 4.5.2 Prozess der Kommunikationsplanung Die Kommunikationsplanung umfasst die systematische Analyse sowie eine zielgerichtete Konzeption, Umsetzung und Kontrolle aller kommunikativen Aktivitäten (vgl. Michelis, 2014, S. 245). Wie in → Abbildung 62 dargestellt, werden auf Basis einer Ausgangsanalyse Ziele und Zielgruppen der Kommunikation definiert sowie eine Strategie und geeignete Maßnahmen der Umsetzung abgeleitet. Abbildung 62: Prozess der Kommunikationsplanung Situationsanalyse Kommunikationsziele Zielgruppenplanung Festlegung der Kommunikationsstrategie Kommunikationsbudget Einsatz von Kommunikationsinstrumenten Maßnahmenplanung Kommunikationserfolgskontrolle Integration in Marketingmix <?page no="152"?> Kommunikationspolitik 153 Situationsanalyse Damit kommunikative Anstrengungen systematisch, zielgerichtet und gewinnbringend verlaufen können, bedarf es einer informativen Fundierung, welche den Ausgangspunkt für die Planung der Kommunikation darstellt. Dafür werden alle das Unternehmen und dessen Umfeld betreffende Sachverhalte erfasst, die Einfluss auf die Kommunikation haben können. Ziel ist eine Beschreibung und Bewertung kommunikativ relevanter Faktoren, welche das Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt betreffen. In einer Bestandsaufnahme wird ein Ist-Zustand erhoben, auf dessen Basis Kommunikationsziele definiert und ein Soll-Zustand abgeleitet werden kann. Der Vergleich beider Zustände schafft eine Planungsgrundlage für die Kommunikationsstrategie und den Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen und -instrumenten sowie die Botschaftsgestaltung (vgl. Bruhn, 2015, S. 133).  Das sollten Sie wissen! Die Situationsanalyse erfasst, analysiert und bewertet die kommunikativ relevanten Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken innerhalb und außerhalb von Unternehmen, um kommunikative Problemstellungen sichtbar zu machen und kommunikationspolitische Fehlentscheidungen zu minimieren (vgl. Bruhn, 2015, S. 134). Für die zielgerichtete Erfassung interner und externer Einflussfaktoren ist ein systematisches Vorgehen erforderlich, für welches sich verschiedene Methoden anbieten. Ein in der Praxis viel genutztes Instrument für die Bestimmung des Ist-Zustandes ist - wie im → Kapitel 3.2 dargestellt - die SWOT-Analyse. Diese gibt Auskunft über die momentane Kommunikationswirkung und -effizienz und liefert grundlegende Informationen für die Festlegung von Zielen, Zielgruppen, Strategie, Instrumenten, Botschaften und Budgetverteilungen in der Kommunikation. Für die Erhebung externer Sachverhalte ist es sinnvoll, auf Dienstleister wie Marktforschungsinstitute, zurückzugreifen, die spezifische, den Werbemarkt betreffende Informationen zu Aufwand und Wirkung der Kommunikation oder Potenzialen von Medienkanälen bereitstellen können (vgl. Meffert et al., 2015, S. 297 f.). Festlegung der Kommunikationszielgruppen und -ziele Die Kommunikationspolitik unterstützt als ein Teil des Marketingmix die Erreichung übergeordneter Marketingziele. Für den Instrumentalbereich der Kommunikation werden konkrete Unterziele als Instrumentalziele definiert, welche die Marketingziele für diesen Bereich handhabbar machen und festlegen, wie die Kommunikation den Markt beeinflussen soll. Gewünschte Wirkungen und Konsequenzen der Kommunikation werden bestimmt und damit wird ein Handlungsrahmen für den Einsatz von Instrumenten vorgegeben. Dies betrifft <?page no="153"?> 154 Operative Marketingplanung die Schritte der Zielgruppendefinition, der Strategiefestlegung, die Auswahl der Instrumente, die Budgetierung und die Gestaltung der Botschaft. Kommunikationsziele besitzen damit eine steuernde und koordinierende Funktion für den Planungsprozess, während sie gleichermaßen der Motivation aller Beteiligten dienen und einen Bewertungsmaßstab für die Erfolgskontrolle vorgeben. Kommunikationspolitische Ziele betreffen meist vordergründig psychologische und erst nachgelagert ökonomische Wirkungen, da kommunikative Handlungen zunächst auf eine Steigerung der Bekanntheit, die Vermittlung von Wissen und eine Beeinflussung von Einstellungen und Emotionen ausgerichtet sind, um darauf aufbauend Verhaltensveränderungen, wie eine Kaufabsicht, zu erwirken (vgl. Bruhn, 2015, S. 180; Meffert et al., 2015, S. 571 f.; Homburg, 2017, S. 764). Um diese Wirkungen auszulösen und überhaupt einen Kommunikationskontakt herstellen zu können, muss das Unternehmen festlegen, welche Bereiche des Marktes bzw. welche Zielgruppen im Einzelnen angesprochen werden sollen und wie sich die kommunikativen Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche der Adressaten gestalten. Die in → Kapitel 3 definierten Zielpersonen werden daher bestimmten Teilgruppen zugeordnet, deren Ansprüche eine gruppenbezogene Kommunikation mit Hilfe geeigneter Maßnahmen ermöglichen.  Das sollten Sie wissen! Kommunikationszielgruppen sind diejenigen Personen oder Organisationen, die in Hinblick auf bestimmte Kriterien zu homogenen Kreisen gruppiert und darin mit spezifischen Kommunikationsangeboten angesprochen werden sollen, um Kommunikationsziele zu erreichen (vgl. Tropp, 2014, S. 343). Die Bestimmung der Kommunikationszielgruppen (z.B. auch in Hinblick auf das Mediennutzungsverhalten) gibt Auskunft über deren Erreichbarkeit und erlaubt es abzuleiten, welche Instrumente und Maßnahmen für die Ansprache eingesetzt werden können, um größtmögliche Kommunikationserfolge zu realisieren (vgl. Bruhn, 2015, S. 222; Michelis, 2014, S. 247). Diese schließt alle das Unternehmen umgebende Stakeholder (Anspruchsgruppen) ein, welche Einfluss auf die Erreichung übergeordneter Unternehmensziele haben können. Eine segmentbezogene, gezielte Ansprache von Personenkreisen reduziert darüber hinaus Streuverluste (vgl. Tropp, 2014, S. 344). Der kommunikative Kontakt zur Zielgruppe wird in messbaren Größen überführt (operationalisiert). Dies umfasst eine möglichst genaue Beschreibung dessen, was verändert werden soll (z.B. die Bekanntheit), des Ausmaßes der Veränderung (z.B. die Anzahl der informierten Personen), der Zielgruppen, des Zeitrahmens und des Kommunikationsobjektes (z.B. der Marke) (vgl. Bruhn, <?page no="154"?> Kommunikationspolitik 155 2015, S. 179 f.; Meffert et al., 2015, S. 571). Auch werden Botschaften und Instrumente der Vermittlung in der Zieldefinition festgelegt, sodass sich der Kommunikationserfolg im Rahmen einer Evaluation überprüfen lässt. 4.5.2.3 Festlegung der Kommunikationsstrategie Aus den Kommunikationszielen wird eine Kommunikationsstrategie abgeleitet, die ein zielgerichtetes Handeln und die Steuerung kommunikativer Aktivitäten auf operativer Ebene ermöglicht.  Das sollten Sie wissen! Die Kommunikationsstrategie ist eine mittelbis langfristig ausgerichtete, verbindliche Leitlinie, die einen Handlungsrahmen für die Erreichung der Kommunikationsziele vorgibt. Auf Grundlage der Situationsanalyse werden ein geographischer Geltungsbereich und die zeitliche Struktur der Kommunikation definiert; Zielgruppen, Kommunikationsobjekte und Botschaften bestimmt sowie Prioritäten für die Verwendung der Kommunikationsinstrumente festgelegt (Meffert et al., 2015, S. 574 f.; Bruhn, 2015, S. 244 ff.). Strategisch wird auch die Positionierung am Markt und damit ein spezifisches Vorstellungsbild des Kommunikationsobjektes definiert, das bei der Zielgruppe entstehen soll. Bestimmte Objekteigenschaften werden dafür gezielt kommuniziert und ein Nutzenversprechen generiert, das dem Angebot Prägnanz im Wettbewerb verleiht. Im Rahmen einer Kreativstrategie, welche die Grundlage für die konkrete Ausgestaltung (Inhalt und Form) der Kommunikationsmittel bildet, wird dann eine kommunikative Botschaft abgeleitet, welche die Positionierung unterstützt (→ Kapitel 3.2.4). Je nach Ausrichtung des Unternehmens und des Kommunikationsanlasses können in der Kommunikationsstrategie Schwerpunkte auf einzelne Planungskomponenten gelegt und damit spezifische Typen von Kommunikationsstrategien gewählt werden, die beispielsweise gezielt der Bekanntmachung, Imageprofilierung oder Beziehungspflege dienen. Die Kommunikationsstrategie bezieht sich auf die gesamte Marketingkommunikation und implementiert Teilstrategien für den Einsatz der jeweiligen Kommunikationsinstrumente, die eine Ableitung kurzfristiger Handlungsziele und konkreter Maßnahmen ermöglichen. Wesentlich ist dabei die Verknüpfung und Abstimmung der Teilstrategien für die einzelnen Instrumente. Die operative Umsetzung der Kommunikationsmaßnahmen erfolgt im Rahmen der Mediaplanung, in welcher der Einsatz von Kommunikationsinstrumenten und -mitteln abgestimmt wird (vgl. Meffert et al., 2015, S. 575 ff.; Bruhn, 2015, S. 212 ff.). <?page no="155"?> 156 Operative Marketingplanung 4.5.2.4 Festlegung der Kommunikationsinstrumente Die Auswahl der Medienkanäle für die Kommunikation zwischen Unternehmen und Stakeholdern ist groß. Die Medien unterscheiden sich jedoch in ihren Potenzialen für die zielgerichtete Kommunikation. Nicht jeder Kanal eignet sich gleichermaßen für bestimmte Botschaften und die Ansprache spezifischer Zielgruppen. Bei der Wahl der Kommunikationsinstrumente müssen deren individuelle Eigenschaften und Wirkungspotenziale berücksichtigt werden, um den gewünschten Kommunikationserfolg zu erzielen. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Kommunikationsinstrumente und ihre Funktionen für das Marketing vorgestellt. Abbildung 63: Kommunikationsinstrumente Werbung Klassische Werbung (Mediawerbung) wird auf Ebene der öffentlichen, unpersönlichen Kommunikation in den Massenmedien eingesetzt. Wegen ihrer hohen Reichweite und indirekter Ansprache- und Beeinflussungsmöglichkeiten ist Werbung das zentrale Instrument der Marktkommunikation.  Das sollten Sie wissen! Mediawerbung verbreitet Informationen öffentlich mit verschiedenen Kommunikationsmitteln gegen ein leistungsbezogenes Entgelt, um die Einstellung und das Kaufverhalten des Konsumenten im Sinne der Kommunikationsziele zu beeinflussen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 587; Bruhn, 2015, S. 373). Mit der Verbreitung von Werbebotschaften, die auf den Absatzmarkt gerichtet sind, verfolgen Unternehmen in erster Linie psychologische Ziele (vgl. Bruhn, 2014, S. 205).  Auf kognitiver Ebene soll Aufmerksamkeit erreicht und das Wissen des Adressaten beeinflusst werden.  Affektive Werbeziele betreffen Einstellungen, Emotionen und die damit verbundene Bewertung des Produktes oder der Dienstleistung. Sponsoring Kommunikationsinstrumente Events Verkaufsförderung Öffentlichkeitsarbeit Werbung Social Media <?page no="156"?> Kommunikationspolitik 157  Auf konativer Ebene sollen konkrete Aktivitäten, wie eine Kaufabsicht, Probierabsicht oder ein Wiederholungskauf, ausgelöst werden. Die Werbeziele werden über bestimmte Wirkungen erreicht, welche die Werbebotschaft beim Adressaten auslöst. Momentane Werbewirkungen folgen in kurzen zeitlichen Abständen auf den Werbekontakt, z.B. indem Emotionen oder ein Impulskauf provoziert werden. Dauerhafte Gedächtniswirkungen sind noch lange nach Kommunikation der Botschaft als innere Einstellung oder Produktwissen verankert und betreffen ausschließlich die Gedanken und Gefühle des Empfängers. Finale Verhaltenswirkungen sind langfristig verankert und treten in Handlungen, wie dem Kauf oder Wiederkauf, zum Vorschein. Einige Werbewirkungsmodelle gehen von einer hierarchischen Abfolge der Wirkungen aus. Sie unterstellen, dass einem Produktkauf zunächst andere Wirkungen vorausgelagert sind. So verkürzt die AIDA-Formel den Werbewirkungsprozess auf die vier Stufen Aufmerksamkeit (Attention), Interesse (Interest), Kaufwunsch (Desire) und Kauf (Action) (vgl. Bruhn, 2014, S. 207). Erstes Werbeziel ist es demnach, Aufmerksamkeit zu gewinnen. Der Wirkungserfolg klassischer Werbung hängt damit maßgeblich von der Wahl der Werbeträger und Werbemittel ab:  Verschiedene Medien dienen dem Transport der Inhalte als Werbeträger. Dazu zählen Printmedien (z.B. Zeitungen, Zeitschriften) ebenso wie audiovisuelle Medien (Hörfunk, Fernsehen, Kino, Onlineangebote) (vgl. Kloss, 2012, S. 303 f.). Auch der öffentliche Raum (z.B. Gebäude, Verkehrsmittel) dient der kommunikativen Beeinflussung im Rahmen der Außenwerbung. Die Werbeträger besitzen unterschiedliche Eigenschaften, z.B. in Bezug auf Erscheinungsperiode oder geographische Reichweite, sodass sie nicht gleichermaßen für die Ansprache spezifischer Zielgruppen geeignet sind (vgl. Meffert et al., 2015, S. 589).  Entscheidend für den Kommunikationserfolg ist zudem die Wahl des Werbemittels, welches die Botschaft innerhalb des jeweiligen Werbeträgers kommuniziert und auf verschiedene Sinne des Empfängers abzielt (vgl. Bruhn, 2014, S. 205). Eine Anzeige kann als Werbemittel des Trägers Wochenzeitung ausschließlich visuelle Reize schaffen, während Videos oder Werbebanner in elektronischen Medien mit mehreren Sinnen auf einmal wahrgenommen werden. Das Potenzial für eine dauerhafte Gedächtniswirkung nimmt mit einer stärkeren Aktivierung der Sinne zu (vgl. Bielefeld, 2012, S. 53). Das Fernsehen bleibt weiterhin der wirkungsstärkste Werbeträger, wenngleich die Aufmerksamkeit der Rezipienten immer schwieriger zu gewinnen ist. Multisensorische Darstellungsmöglichkeiten und hohe Reichweiten schaffen gute Bedingungen für eine langfristige Erinnerung der Inhalte. Neben klassischen Werbespots haben sich zahllose Sonderwerbeformen entwickelt, wie Programmsponsoring oder Cut-In-Werbung, welche außerdem auf indirekte Be- <?page no="157"?> 158 Operative Marketingplanung einflussung setzen. Markant in ihrer Stärke ist jedoch auch die Außenwerbung. Neue Technologien erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten von Werbemitteln im öffentlichen Raum, während die Mobilität der Menschen und damit auch die Konfrontationsmöglichkeiten für werbende Unternehmen wächst (vgl. Meffert et al., 2015, S. 591 ff.; Institut für angewandte Sozialwissenschaft, 2010, S. 7). Onlinewerbung gewinnt aufgrund der Möglichkeit einer spezifischen, kostengünstigen Zielgruppenansprache und guter Kontrollmöglichkeiten ebenfalls an Bedeutung. Direkte Werbeformen, wie die persönliche Ansprache des Empfängers über E-Mails oder Mobiltelefone haben zwar eine geringe Reichweite, verhindern jedoch Streuverluste und können vor allem als begleitende Werbeform sinnvoll sein (vgl. Meffert et al., 2015, S. 667). Verschiedene Werbeträger und -mittel werden für eine optimale Zielerreichung oftmals kombiniert. Der Erfolg der Kommunikationsleistung wird in der Werbewirkungsforschung mit Hilfe verschiedener Maßnahmen überprüft (vgl. Bruhn, 2014, S. 226). Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) Während sich Werbung in erster Linie auf den Absatzmarkt richtet, kommunizieren Unternehmen innerhalb von Public Relations (PR bzw. Öffentlichkeitsarbeit) mit ihrer gesamten Umwelt, der Öffentlichkeit. Dazu gehören neben externen auch interne Zielgruppen, wie die Mitarbeiter eines Unternehmens (vgl. Zerfaß/ Pleil, 2012, S. 45; Meffert et al., 2015, S. 668; Bruhn, 2015, S. 416). Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive wird sich davon eine verkaufsunterstützende Wirkung erhofft.  Das sollten Sie wissen! Public Relations umfassen die Planung, Durchführung und Kontrolle von (kommunikativen) Aktivitäten eines Unternehmens, um bei Anspruchsgruppen Verständnis und Vertrauen zu schaffen und damit Kommunikationsziele zu fördern (vgl. Bruhn, 2015, S. 416). <?page no="158"?> Kommunikationspolitik 159 Abbildung 64: Mögliche Stakeholder eines Unternehmens Quelle: in Anlehnung an Leisinger, 1997, S. 97 ff. Positive Images und eine gute Reputation sollen für das Unternehmen und dessen Leistungen aufgebaut werden, welche vor allem in Krisenzeiten hilfreich sein können. Die Kommunikationsinhalte betreffen daher neben den Produkten vor allem das gesamte Unternehmen, dessen Leistungen und seine Position in der Gesellschaft (vgl. Meffert et al., 2015, S. 669; Röttger et al., 2014, S. 27). Diesen Ausrichtungen folgend werden drei Formen der PR unterschieden (vgl. Bruhn, 2015, S. 419):  Leistungsbezogene PR, in welcher bestimmte Produkte oder Leistungen unter hoher Absatzorientierung an eine enge Zielgruppe kommuniziert werden.  Unternehmensbezogene PR, die das gesamte Unternehmen, dessen Selbstverständnis und Leitbild mit dem Ziel des Vertrauensgewinns an die Öffentlichkeit vermittelt.  Gesellschaftsbezogene PR, innerhalb derer auf gesellschaftspolitische Ereignisse Bezug genommen und verantwortungsbewusstes, soziales, engagiertes Handeln des Unternehmens kommuniziert wird. Hier ist die Absatzorientierung gering, während die Förderung eines positiven Images im Vordergrund steht. Unternehmen Kapitalgeber Arbeitnehmer Geschäftsführung Lieferanten Kunden Kommunen Gläubiger Zulieferer Aktionäre Staat <?page no="159"?> 160 Operative Marketingplanung Aus der Marketingperspektive erfüllen PR im Kern die folgenden Funktionen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 669; Bruhn, 2015, S. 417):  Kontakt zu relevanten Wirkungsbereichen des Unternehmens aufbauen und pflegen.  Informationen unternehmensintern und -extern an die Öffentlichkeit vermitteln.  Images (Vorstellungsbilder) über das Unternehmen aufbauen, verändern und pflegen.  Stabilisierung des Unternehmens in Krisenzeiten durch die Pflege von Beziehungen.  Förderung des Absatzes durch Anerkennung und Vertrauen der Öffentlichkeit. Aktivitätsbereiche der PR können mit Blick auf die Bezugsgruppe der Kommunikation nach Themen oder der Gestaltung von Maßnahmen definiert werden. So lassen sich über die Zielgruppe z.B. interne Kommunikation (wie Internal Relations) und Medienarbeit (z.B. Pressearbeit) als zentrale Handlungsfelder der Kommunikation unterscheiden (vgl. Röttger et al., 2014, S. 190 ff.). Nach Themengebieten kann z.B. in Issues Management, Public Affairs, Krisenmanagement, Produkt-PR, Marken-PR und Reputationsmanagement differenziert werden. Erfolgt die Unterscheidung nach Kommunikationsformen, sind z.B. Online-PR, Social-Media-Kommunikation und Kampagnenkommunikation zu erwähnen. Die Bandbreite möglicher Kommunikationsmaßnahmen ist groß und reicht von Mitarbeiterzeitschriften, Ausflügen oder Business-TV im internen Bereich, Unternehmensprospekte und Pressemitteilungen in der Medienarbeit über Informationen im Internet bis hin zur Pflege persönlicher Beziehungen an Tagen der offenen Tür oder in Diskussionsrunden (vgl. Röttger et al., 2014, S. 192 ff.). Public Relations und Werbung sind nicht ganz trennscharf und ihre Unterscheidung anhand bestimmter Merkmale idealtypisch. Neben der ungleichen Ausrichtung auf Absatzmarkt und Öffentlichkeit und der inhaltlichen Schwerpunkte ist der Weg der Vermittlung ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Während Werbung in gekauftem Raum abläuft, folgen PR dem Anspruch, einen Nachrichtenwert zu besitzen und durch (unbezahlte) Fremddarstellung Inhalte zu kommunizieren. In zeitlicher Perspektive sind PR eher mittelbis langfristig ausgelegt, während Werbung eine kurzfristige Absatzsteigerung anstrebt. Ein konkretes Beispiel bietet der Einblick „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im öffentlichen Sektor“: <?page no="160"?> Kommunikationspolitik 161  Einblicke │ Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im öffentlichen Sektor Definition und Beschreibung Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im öffentlichen Bereich bewegt sich in einem Spannungsfeld: Die Politik beeinflusst die Vorgehensweise und die Bevölkerung hat eine besondere Erwartungshaltung an Leistungen und Kommunikation. Die Medien begleiten die Arbeit mit hoher Sensibilität und können die Außendarstellung erheblich beeinflussen.  Praxisbeispiel Die Kurstadt Bad Lippspringe war der bislang kleinste Ort, der die Großveranstaltung Landesgartenschau (LGS) in Nordrhein-Westfalen ausrichtete. Unter dem Motto „Blumenpracht & Waldidylle“ gab es von April bis Oktober 2017 Blumenschauen, Themengärten und Events zwischen zwei Parks und in der Innenstadt. Die Landesgartenschau Bad Lippspringe 2017 GmbH hatte einen Investitionshaushalt in Höhe von 8,5 Millionen Euro; 5,0 Millionen gab es vom Land NRW als Förderung. Im Durchführungshaushalt standen 7,3 Millionen Euro für Personal, Geschäftsbetrieb, Veranstaltungen, Ausstellungsbeträge und Pflanzungen sowie Marketing und Öffentlichkeitsarbeit inklusive Beschilderung und Leitsystem zur Verfügung. Das Budget im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit war vergleichsweise gering für eine Veranstaltung dieser Größenordnung. Elementar wichtig war daher die Zusammenarbeit mit Partnern unterschiedlicher Art. Durch Medienkooperationen mit diversen Verlagen war auch eine regelmäßige Berichterstattung gewährleistet. In gemeinsamen Projekten konnten darüber hinaus positive Effekte für beide Seiten erzielt werden. Durch die genaue Auswahl des zu bewerbenden Umfelds (Radius von bis zu 200 Kilometern), sollten mögliche Streuverluste weitgehend vermieden werden. Im Rahmen von Marketingkooperationen mit Unternehmen und Institutionen waren zudem Werbemöglichkeiten möglich, die ansonsten nicht realisiert hätten werden könnten. Zusätzlich ermöglichten kostenfreie redaktionelle Beiträge in verschiedenen Fach- und Publikumszeitschriften eine gezielte Ansprache von möglichen Besuchern. Neben einer aktiven Pressearbeit und den Kooperationen erreichte die LGS GmbH auch durch eigene Medien eine relevante Öffentlichkeit. Neben Newslettern (Print und Online) spielten dabei ein umfangreicher und täglicher aktualisierter Internetauftritt (  www.lgs2017.de ) sowie ausgewählte Social-Media-Aktivitäten mit exklusiven Inhalten eine besondere Rolle. <?page no="161"?> 162 Operative Marketingplanung  Anna Kaiser ist Mitarbeiterin der Landesgartenschau Bad Lippspringe 2017 GmbH. Im Team der Öffentlichkeitsarbeit ist sie Ansprechpartnerin für Presse, Politik und Anwohner. Verkaufsförderung Maßnahmen der Verkaufsförderung (Promotions) gewinnen stetig an Bedeutung und sind ein fundamentaler Bestandteil der Kommunikationspolitik. Die systematische Abgrenzung zu anderen Bereichen des Marketingmix gelingt nur schwer, da Verkaufsförderung Elemente der Preis-, Distributions-, und Produktpolitik für sich nutzt. Auch sind die Übergänge zu Instrumenten wie Social-Media-Kommunikation oder Events fließend, da Verkaufsförderung häufig ergänzend eingesetzt wird (vgl. Bruhn, 2014, S. 229 ff.).  Das sollten Sie wissen! Als Verkaufsförderung werden zeitlich befristete Maßnahmen mit Aktionscharakter bezeichnet, welche auf nachgelagerten Vertriebsstufen zusätzliche Anreize schaffen, um Kommunikations- und Vertriebsziele zu befördern (vgl. Bruhn, 2015, S. 384; Kotler et al., 2011, S. 919). Entsprechend ihrer zeitlichen Begrenzung zielen die Maßnahmen auf kurzfristige Wirkungen und dienen der Steigerung des Abverkaufes vor Ort, der Bekanntmachung neuer Produkte oder der Information zu Produktveränderungen. Einhergehend mit der wachsenden Bedeutung werden mit diesem Instrument aber auch strategische Ziele verfolgt: Wettbewerbsvorteile sollen realisiert, eine langfristige Überzeugung des Handels bemüht sowie eine Sonderposition des Unternehmens und dessen Marken in den Augen des Kunden eingenommen werden. Letzten Endes steht hinter allen Maßnahmen das übergeordnete Ziel, den Endverbraucher über verschiedene Wege zu erreichen. Dafür richtet sich die Promotion eines Herstellers an verschiedene Adressatenkreise, die Einfluss auf den Absatz haben (vgl. Bruhn, 2015, S. 385; Meffert et al., 2015, S. 671):  Verkaufspersonalgerichtete Verkaufsförderung dient der Schulung und Motivation der eigenen Mitarbeiter und damit einer Verbesserung der Verkaufsqualität.  Handelsgerichtete Verkaufsförderung (Trade Promotion) soll die Beziehung zu Handelsbetrieben stärken und deren Unterstützung gewinnen (z.B. durch Händlertreffen). Diese Maßnahmen sind häufig Teil einer Push-Strategie des Vertriebs, die anstrebt, Marke oder Produkt in den Handel hinein zu verkaufen (Sell-in-Maßnahmen) und eine Verdrängung des eigenen Angebots zu verhindern. <?page no="162"?> Kommunikationspolitik 163  Kundengerichtete Verkaufsförderung (Consumer Promotion) zielt auf den Endverbraucher und versucht, diesen direkt oder indirekt zu erreichen. Auf direktem Wege richtet sich der Hersteller selbst außerhalb des Verkaufsortes an den Nachfrager (z.B. Prospektversand, Gutscheinaktionen). Dahinter verbirgt sich nicht selten eine Pull-Strategie, welche auf den Hinausverkauf der Produkte aus dem Handel ausgerichtet ist (Sell-out-Maßnahmen). Eine durch zusätzliche Anreize erhöhte Nachfrage außerhalb der Geschäfte soll den Handel dazu bewegen, das Produkt in das Angebot aufzunehmen. In indirekter Weise erfolgt eine Zusammenarbeit des Herstellers mit dem Handel am Verkaufsort selbst (z.B. Kostproben, Produktpräsentationen). Neben Herstellern führt auch der Handel Aktionen zur Verkaufsförderung durch, um sich im Wettbewerb zu profilieren. Diese sind vom Absatzmittler selbst initiiert und erscheinen z.B. als Dekorationen, Verkostungen oder Ladenfunk, welche sich direkt an den Kunden richten. Kooperiert der Handel auf vertikaler Ebene mit Herstellern, so ist die Rede von Kooperativ-Promotions. Gemeinsame Maßnahmen verschiedener Händler oder Hersteller auf horizontaler Ebene im Rahmen von Verbund-Promotions sind ebenfalls weit verbreitet (z.B. das Payback-System). Ziel ist es, alle Maßnahmen mit Blick auf die anderen Elemente des Marketingmix und ihrer Instrumente sachlich und zeitlich aufeinander abzustimmen, um spezifische Wirkungen für die Erreichung der Kommunikationsziele optimal auszunutzen (vgl. Bruhn, 2015, S. 386 f.; Meffert et al., 2015, S. 670). Die Verkaufsförderung gewinnt auch durch Social Media an Bedeutung, deren Einsatzmöglichkeiten in später näher erläutert werden. Sponsoring Unternehmen sind bei Veranstaltungen, Institutionen oder in Verbindung mit Personen des öffentlichen Interesses häufig mit ihren (Marken-)Namen vertreten. Die Aufmerksamkeit, welche Ereignissen oder Menschen in der Öffentlichkeit zukommt, wird von Konzernen im Rahmen des Sponsoring für die eigene Kommunikation genutzt.  Das sollten Sie wissen! Im Sponsoring werden Aktivitäten geplant, durchgeführt und kontrolliert, die Geld, Sachmittel, Know-how oder Dienstleistungen durch ein Unternehmen bereitstellen, um Personen oder Organisationen zu fördern. Mit der damit verbundenen Präsenz des Sponsors sollen Kommunikationspolitische Ziele erreicht werden (vgl. Bruhn, 2010, S. 6 f.; Meffert et al., 2015, S. 680). <?page no="163"?> 164 Operative Marketingplanung Besonderes Merkmal des Sponsoring ist das Prinzip von Leistung und Gegenleistung, womit es sich von Mäzenatentum und Spendenwesen abgrenzt. Der Sponsor erhält für die Bereitstellung seiner Fördermittel Aufmerksamkeit, z.B. durch werbewirksame Kommunikation mit der öffentlichen Präsenz des Markennamens oder einer Bezugnahme auf das Engagement innerhalb der PR. Einigen sich die Beteiligten auf ein konkretes Projekt für einen festgelegten Zeitraum, so ist die Rede von einem Sponsorship (vgl. Bruhn, 2015, S. 429). Die Ziele des Sponsoring sind vorrangig folgende:  Herbeiführung eines Imagetransfers über die sichtbare Verbindung der Vertragspartner. Sympathie und Interesse, die dem Gesponserten entgegengebracht werden, sollen sich auf den Förderer und dessen Angebot übertragen und eine positive Bewertung durch die Zielgruppe erwirken.  Kontaktpflege zu Unternehmen und ein Gewinn an Bekanntheit. Auch kann die Motivation der eigenen Mitarbeiter gesteigert werden, indem diese den eigenen Werten in dem Engagement nachkommen können oder stolz sind, mitwirken zu dürfen.  Ein wichtiger Begleiteffekt der Unterstützung von Veranstaltungen oder Personen ist die Demonstration eines gesellschaftspolitischen Verantwortungsbewusstseins und die nonverbale Botschaft, sich als Unternehmen mit dem Gesponserten zu identifizieren (vgl. Meffert et al., 2015, S. 681; Bruhn, 2014, S. 236 f.). Diese kommunikative Wirkung gewinnt im Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR) von Unternehmen an Bedeutung. Ein Engagement, beispielsweise im sozialen oder ökologischen Bereich, stellt die Übernahme von Verantwortung heraus, welche im Bewertungshorizont von Konsumenten eine zunehmend wichtige Rolle einnimmt (vgl. Röttger et al., 2014, S. 130; Merten, 2014, S. 57 f.). Unbedingt ist in der Planung des Sponsorships darauf zu achten, dass die inhaltliche Ausrichtung der Förderung zum Unternehmen und dessen Marken passt, damit das Engagement glaubwürdig erscheint.  Mit der Förderung sollen vor allem die Freizeitinteressen spezifischer Zielgruppen berührt werden (vgl. Bruhn, 2010, S. 17). Denn eine zunehmend schwierige Ansprache der Konsumenten und deren Ablehnung gegenüber klassischer Werbung erfordert alternative Methoden der Anrede. Die Präsenz von Unternehmen und Marken in einer nicht kommerziellen Situation und in Verbindung mit Tätigkeitsfeldern der Zielgruppe kann Aufmerksamkeit und eine positive Wahrnehmung erzeugen. Mit Blick auf das kommunikationspolitische Bestreben ist es daher wichtig, die für die Zielgruppe interessanten Freizeitbereiche ausfindig zu machen und dort gezielt mit Fördermaßnahmen anzusetzen. Die Sponsoring-Aktivitäten können nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden. Aus Sicht des Sponsors kann dies nach Art der Leistung oder des <?page no="164"?> Kommunikationspolitik 165 Sponsors, Anzahl der Sponsoren, Initiation des Sponsoring, Vielfalt und Nutzung des Sponsoring geschehen. Nach gesellschaftlichen Bereichen des Engagements lassen sich die in → Abbildung 65 dargestellten fünf Erscheinungsformen ausmachen (vgl. Bruhn, 2010, S. 20 f.; Bruhn, 2015, S. 431): Abbildung 65: Erscheinungsformen des Sponsorings Quelle: in Anlehnung an Bruhn, 2015, S. 431. Sportsponsoring kann sich dabei sowohl auf einen Verein (Trikotsponsoring der Telekom beim FC Bayern München) als auch auf eine Veranstaltung (BMW International Open im Golfsport) beziehen. Wird, wie im Fall der Unterstützung des COLOURS - International Dance Festival durch die Mercedes-Benz Bank AG, eine Sponsoringkooperation zwischen Wirtschaft und Kultur geschlossen, fällt dies in die Form des Kultursponsoring. Beim Soziosponsoring liegt der Schwerpunkt des Engagements im Sozialwesen, wie am Beispiel der Unterstützung der Aktion Christkind durch die Deutsche Post AG ersichtlich wird. Das Krombacher Regenwald Projekt ist eine sehr präsent eingesetzte Form des Umweltsponsorings, während Mediensponsoring die Präsentation eines bestimmten Programmformates (z.B. Wetter) durch den Sponsor bezeichnet. Eine strategische Planung des Sponsoring ist unabdingbar, da dieses Instrument mittelbis langfristig ausgerichtet ist und finanzielle Mittel beansprucht. Auch ist die Verknüpfung mit anderen kommunikationspolitischen Instrumenten notwendig, da nur so die Wahrnehmung des Empfängers zielführend gelenkt werden kann (vgl. Meffert et al., 2015, S. 685). Events Die Nutzung von Events als Kommunikationsmittel des Marketings entspringt insbesondere dem Problem der Informationsüberlastung und der damit erschwerten Ansprache des Konsumenten. Viele Märkte sind außerdem gesättigt, sodass Marken in ihrem funktionalen Nutzen leichter austauschbar und eine starke Erlebnisorientierung der Konsumenten wahrzunehmen ist (vgl. Burmann/ Eilers/ Hemmann, 2010, S. 33). Erlebbare Produkt- und Markenwelten Umweltsponsoring Sponsoring Mediensponsoring Soziosponsoring Kultursponsoring Sportsponsoring <?page no="165"?> 166 Operative Marketingplanung und der Anstoß von Emotionen sollen die knappe Aufmerksamkeit des Adressaten im Rahmen von Veranstaltungen zurückgewinnen.  Das sollten Sie wissen! Ein Event ist eine Veranstaltung oder ein Ereignis, welches Marken oder Unternehmen durch Interaktion erlebbar machen soll. Die Bewertung des Veranstaltungscharakters erfolgt stets subjektiv durch den Teilnehmer (vgl. Holzbaur/ Jettinger/ Knauß/ Moser/ Zeller, 2010, S. 7). Eventmarketing bezeichnet die systematische Inszenierung erlebnisorientierter und zeitlich begrenzter Ereignisse, welche in multisensualer und interaktiver Gestalt zur Erreichung der Kommunikationsziele beitragen sollen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 676; Kirchgeorg et al., 2009, S. 139; Bruhn, 2015, S. 462). Der Ereignischarakter und eine damit verbundene, emotionale Beeinflussung des Rezipienten sind die besonderen Merkmale des Events als Kommunikationsinstrument.  Einblicke │ erlebnisorientierte Inszenierung Definition und Beschreibung Im Gegensatz zu emotionslosen Kommunikationsmaßnahmen erreichen erlebnisorientierte Inszenierungen von Kommunikationsinhalten eine nachhaltigere Wirkung beim Rezipienten. Die Eventteilnehmer sind emotional in die Präsentation eingebunden, wobei das Kommunikationsobjekt als Teil des Gesamtkonzeptes weniger störend empfunden wird als bei klassischen Werbeinstrumenten. Im Eventmarketing werden die Rezipienten Teil der Inszenierung, die Botschaft wird in einem emotionalen Umfeld platziert. Aufgrund des hohen Involvements wird eine nachhaltige Erinnerungsleistung an die Kommunikationsbotschaft erzielt.  Praxisbeispiel Die Kölner Haie tragen ihre Heimspiele in der Deutschen Eishockey Liga von September bis April in der LANXESSarena aus. Seit 2012 setzt der KEC für den Bereich Eventmarketing und Entertainment-Beamer ein, die die Eisfläche bespielen. Auf insgesamt 60 Meter mal 30 Meter können so spektakulär Grafiken und Videos auf das Eis projiziert werden. <?page no="166"?> Kommunikationspolitik 167 Unter dem Dach der LANXESSarena sind sechs Hochleistungsprojektoren installiert, die bei jedem Heimspiel im Einsatz sind. In der Sommerpause wird der Content für die Einlauf-Show zunächst konzeptionell erarbeitet und anschließend produziert. Doch nicht nur für das Event sind die Beamer ein beliebtes Tool, auch in der Vermarktung nehmen sie einen immer wichtigeren Teil ein. So werden mittlerweile Spielerpatenschaften an Firmen verkauft, d.h., eine Firma kauft eine Patenschaft für einen KEC-Spieler und bekommt dafür gewisse Leistungen, u.a. eine Logo- Präsenz beim Einlauf des jeweiligen Spielers. In der Saison 2016/ 17 hatte ungefähr die Hälfte des Profi-Kaders des KEC einen Firmen-Paten, Tendenz steigend. Nach dem Introvideo gibt es zudem traditionell einen Sponsor, der den Einlauf der Spieler im Ganzen präsentiert. Für Firmen und deren Kundenbindung ist das eine tolle Möglichkeit, sich in einer der größten Arenen Europas zu präsentieren. Die Beamer haben für die Kölner Haie somit mehrere interessante Facetten: Die Möglichkeit der spektakulären Inszenierung der Einlauf-Show sowie die Möglichkeit der Refinanzierung durch den Verkauf von Werbe- Möglichkeiten innerhalb der Einlauf-Show.  Florian Chroscz absolvierte sein Diplom der Sportwissenschaften an der Deutschen Sporthochschule Köln und betreut die Eventabteilung der Kölner Haie. Teilnehmer können bei Veranstaltungen auf einzigartige Weise aktiviert, positive (Marken-)Wahrnehmungen erzeugt und damit langfristige Erinnerungswerte geschaffen werden (vgl. Holzbaur, 2015, S. 10). Mehrere Sinne werden durch gezielte Stimulanzen auf einmal angesprochen, während das Erlebnis mit einer spezifischen Symbolik von Marke oder Produkt verknüpft ist und gemeinsam mit der Erfahrung erinnert wird. Ein Event ist daher mit der erlebnisbezogenen Präsentation des Kommunikationsobjektes stets Medium und Botschaft zugleich (vgl. Bruhn, 2015, S. 463). Die Planung der zu vermittelnden Kommunikationsbotschaft sollte berücksichtigen, dass der Charakter des Ereignisses immer einer subjektiven Beurteilung unterliegt. Die vorherige Analyse und umfassende Kenntnisse zu Bedürfnissen und Teilnahmemotivationen der Zielgruppe sind daher grundsätzliche Voraussetzung für die Organisation (vgl. Holzbaur, 2015, S. 9 f.). Die Ziele der Inszenierung sind sowohl kognitiver als auch affektiver Natur: eine Steigerung der Bekanntheit und die Vermittlung von Wissen (kognitiv) sowie die Beeinflussung von Grundhaltungen und eine Erzeugung von Motivation und Aktivität (affektiv) stehen dabei im Fokus (vgl. Meffert et al., 2015, S. 678; Holzbaur, 2015, S. 12). Die dafür maßgeblich genutzten Mechanismen <?page no="167"?> 168 Operative Marketingplanung sind Interaktion und Dialog, welche einen unverbindlichen Austausch in ungezwungener Atmosphäre ermöglichen. Geeignet sind Events vor allem als kommunikativer Auftakt von Produkteinführungen. An die Veranstaltung, bei der ein erster Eindruck von Produkt oder Marke erweckt wird, kann mit anderen Instrumenten der Kommunikation zeitlich und inhaltlich angeknüpft werden. Zentrales Unterscheidungskriterium vom Instrument des Sponsoring ist die Eigeninitiierung der Ereignisse durch das Unternehmen. Messen und Ausstellungen werden wegen ihrer absatzgerichteten Zielorientierung von Events abgegrenzt, während ein Event in erster Linie psychographische Ziele verfolgt (vgl. Meffert et al., 2015, S. 678 f.). Social-Media-Kommunikation Die Bezeichnung Social Media berücksichtigt ein wesentliches Merkmal der Entwicklung des Internets von Web 1.0 zu Web 2.0, im Rahmen derer die einseitige Informationsvermittlung einer von Vernetzung, Interaktion, Partizipation und sozialer Aktivität gekennzeichneten, technologiebasierten Anwendungsstruktur wich (vgl. Bender, 2011, S. 145). Die dafür notwendige, technische Struktur des Web 2.0 wird als Social Software bezeichnet, zu der Soziale Medien als partizipative Angebotsformate zählen. Sie basieren auf Teilnahme und Vernetzung von Nutzern und ermöglichen die Pflege sozialer Beziehungen mittels Kommunikation über das Internet (vgl. Neuberger, 2013, S. 368).  Das sollten Sie wissen! Unter Social Media oder Social Web sind internetbasierte Anwendungen zu verstehen, die Informationsaustausch, Beziehungsaufbau und -pflege, kollaborative Zusammenarbeit und Kommunikation unter Menschen ermöglichen. Voraussetzung ist der Bestand einer Nutzergruppe oder Community, deren Mitglieder in Social Media selbstorganisiert interagieren (vgl. Ebersbach/ Glaser/ Heigl, 2016, S. 15, 30). Social-Media-Kommunikation umfasst aktive oder passive Austauschprozesse zwischen Unternehmen und Social-Media-Nutzern, die den gegenseitigen Transfer von Informationen, Meinungen, Eindrücken und Erfahrungen ermöglichen. Für Unternehmen und Nachfrager besteht gleichermaßen die Möglichkeit, Inhalte auf onlinebasierten Plattformen zu platzieren, sodass Rollenwechsel zwischen Sendern und Empfängern möglich werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 471 ff.). Der „Mehrwegcharakter“ (Zarella, 2009, S. 3) von Social Media lässt Interaktionen zwischen Marken und Nutzern entstehen, im Rahmen derer Nachfrager in den persönlichen, direkten und aktiven Austausch zu Marken treten oder <?page no="168"?> Kommunikationspolitik 169 durch unpersönliche, indirekte und damit passive Handlungsweisen auf Kommunikationsinhalte der Marke reagieren können. Ersterem dient der unmittelbare, zwischenmenschliche Dialog auf Onlineplattformen; Letztere erfolgen in informationsvermittelnden Angeboten oder mit Hilfe von Elementen, die der Streuung von Botschaften dienen (z.B. „Gefällt-mir“-Angaben) (vgl. Meffert et al., 2015, S. 647; Eilers, 2014, S. 65). Nachfrager können auf diese Weise nicht nur an der Erstellung von unternehmensrelevanten Inhalten, Produkten oder Dienstleistungen beteiligt werden, sondern durch den Austausch mit anderen Nutzern an zusätzliche, von der Marke nicht selbst generierte Informationen gelangen. Kommunikationsprozesse sind daher nur eingeschränkt kontrollierbar, was in der Nutzung des Instruments zu Marketingzwecken stets berücksichtigt werden sollte (vgl. Bruhn, 2015, S. 471 ff.). Der Kommunikation in Social Media dienen verschiedene Anwendungen, denen eine unterhaltungsbezogene (reaktive), informationsorientierte (interaktive) oder serviceorientierte (dialogische) Funktion zukommen kann. Eine Vielzahl von Anwendungen erfüllt diese Funktionen in unterschiedlichem Ausmaß, sodass sie in verschiedene Erscheinungsformen systematisiert werden. Kriterien der Unterscheidung sind z.B. Intensitäten von Dialog, Interaktivität, Information und Kundenbindung, welche in der Anwendung ermöglicht werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 474 ff.). Die aktuelle in Praxis und Wissenschaft erfassten Erscheinungsformen und deren Zweck können in Weblogs (Onlinepublikationen), Microblogs (Kurznachrichten) Foren (Information und Meinung); Social Networks (Kontaktaufbau-/ Pflege und Austausch), Business Networks (Aufbau/ Pflege beruflicher Kontakte), Wikis (Information), Bookmarks (Nachschlagewerke) sowie File-Sharing Communities (Videos und Fotos), Consumer-Communities (Bewertung von Verbrauchern) und Podcasts (Audiobeiträge) kategorisiert werden (vgl. Meffert et al., 2015, S. 649 ff.). Die Vor- und Nachteile der Erscheinungsformen und ihrer Kommunikationsträger (jeweilige Plattformen) und die damit verbundenen Handlungsspielräume sind von großer Tragweite für eine zielgerichtete Kommunikation in Social Media, die eine genaue Planung des Einsatzes von Anwendungen verlangt. Je nach Kommunikationsobjekt, -botschaft oder Zielgruppe bieten sich andere Wege für Unternehmen, um Einfluss auf den Absatz- und Meinungsmarkt zu nehmen (vgl. Bruhn, 2015, S. 477). Von Konzernen erstellte Inhalte (brand generated content) können über selbst etablierte Kommunikationsträger, wie Corporate Weblogs, oder mit Hilfe fremder Anwendungen, wie der Video-Sharing-Community YouTube, vermittelt werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 474). Weblogs, Foren und Social Networks bieten außerdem die Möglichkeit des direkten Dialogs mit spezifischen Zielgruppen, welcher die Wahrnehmung der Marke beeinflussen, damit Kommunikationsziele unterstützen und ebenso für Marktforschung und eine optimierte Zielgruppen- <?page no="169"?> 170 Operative Marketingplanung ansprache hilfreich sein kann (vgl. Meffert et al., 2015, S. 650). Doch besonders die Erstellung von Inhalten durch Nutzer (user generated content ) kann die Vermittlung von Markenbotschaften beeinflussen, denn neben privaten Themen betreffen die freiwillig von Stakeholdern erstellten Inhalte häufig auch Marken, Produkte oder Leistungen von Unternehmen (brand-related user generated content). Social-Media-Nutzer erstellen Inhalte aus Eigeninitiative, welche das subjektive Markenwissen und die Vorstellung von einer Marke zum Ausdruck bringen, ohne dabei kommerzielle Absichten zu verfolgen (vgl. Eilers, 2014, S. 43). Damit ergeben sich neben Risiken des Kontrollverlustes auch Chancen für Unternehmen, von der Glaubwürdigkeit und Reichweite bestimmter Nutzer zu profitieren. Voraussetzung dafür ist ein kontinuierliches Monitoring des Informationsaustausches, da Inhalte in Social Media schnell Verbreitung finden (vgl. Bruhn, 2014, S. 240). Diese kostengünstige Möglichkeit der Verbreitung von Informationen zeichnet Social Media als Kommunikationsinstrument besonders aus. Als erstrebenswert für die Markenkommunikation gilt es, positive Word-of- Mouth-Effekte (Mundpropaganda) zu generieren, die eine von Nutzern selbst initiierte Verbreitung von Botschaften oder Leistungen der Marke umfassen und damit deren Bekanntheit maßgeblich steigern können (vgl. Meffert et al., 2015, S. 661). Wesentliche Einflussfaktoren für eine schnelle, virale Verbreitung sind Relevanz, Nutzen, Unterhaltungswert und Emotionalität der Inhalte, für deren Gestaltung daher eine ständige Erfassung der Bedürfnisse und Interessen von Nachfragern unabdingbar ist, wie der Einblick „virale Informationsverbreitung“ zeigt:  Einblicke │ virale Informationsverbreitung Definition und Beschreibung Mundpropaganda (WOM - word of mouth) ist eine der effektivsten Formen der Marktkommunikation. Als Marketing mittels Mundpropaganda (WOM-Marketing) wird die aktive Einflussnahme auf das Verbreiten von Marketingbotschaften verstanden. Die hohe Glaubwürdigkeit der persönlichen Empfehlung ist dabei maßgeblich für ihre Wirksamkeit. Die Auswahl an Kommunikationskanälen für digitale Mundpropaganda (online WOM) ist fast grenzenlos: <?page no="170"?> Kommunikationspolitik 171 E-Mail, Blogs und Foren, soziale Netzwerke wie Facebook, Messenger Dienste wie WhatsApp oder auch Empfehlungswebseiten wie tripadvisor.de können die Geschwindigkeit und Reichweite der Informationsübertragung exponentiell erhöhen. Die Allgegenwart sozialer Medien lässt vermuten, dass mehr digitale als klassische Mundpropaganda verbreitet wird. Studien belegen jedoch, dass 80 % aller Marktgespräche offline stattfinden (Keller/ Fay, 2012; trnd, 2012), und die Wirkung der klassischen Mundpropaganda die der digitalen um ein Mehrfaches übersteigt (WOMMA & AMA, 2014).  Praxisbeispiel Viral-, Buzz oder Seed-Marketing sind nur einige Begriffe für den Ansatz, dass Teilnehmer Markenbotschaften innerhalb ihres Freundes und Bekanntenkreises weiterleiten, die wiederum die Nachricht an ihre Freunde weiterleiten usw. Die Virus-Metapher deutet hierbei fälschlicherweise an, dass sich die Botschaft - wie ein Virus - von alleine verbreitet. Dies ist selten der Fall, jedoch kann durch eine gezielte und den Ansprüchen der Kunden angepasste Kampagne tatsächlich eine exponentielle Informationsverbreitung erfolgen. Beispielsweise erhalten potentielle Kunden in sogenannten Seeding-Kampagnen das Produkt unentgeltlich, um es zu testen, ehrliches Feedback zu geben, ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen - online und offline. Häufig von Agenturen (z.B. trnd, buzzador, buzzagent) im Markenauftrag ausgeführt, kommt es tatsächlich zu mehrfachen Weitergabesequenzen, wie wissenschaftliche Arbeiten belegen (Groeger/ Buttle, 2014): Ein australischer Bierbrauer überließ 800 Panelteilnehmern jeweils eine Kiste einer neuen Biersorte und ermunterte Teilnehmer Freunde und Bekannte zu BBQ- und Verkostungs-Events einzuladen. Im Durchschnitt initiierte jeder Teilnehmer 55 Gespräche mit Freunden und Bekannten, die wiederum mit 7 Personen sprachen, von denen jeder nochmals mit 3 weiteren Individuen kommunizierte. Insgesamt wurden somit fast eine Million (800 x 55 x 7 x 3) produktbezogene Gespräche erzeugt, die unmittelbaren Einfluss auf die Umsatzentwicklung hatten. Die aktive und integrierte Stimulation von Mundpropaganda ist möglich und ist ein wertvoller Bestandteil des integrierten Kommunikationsmix.  Prof. Dr. Lars Groeger ist Lecturer an der Macquarie Graduate School of Management (MGSM) in North Ryde, Australien. Sein Forschungsschwerpunkt sind soziale Epidemien im Produktmarketing. <?page no="171"?> 172 Operative Marketingplanung Eine in diesem Zusammenhang von Unternehmen viel genutzte Strategie wird als Contentmarketing bezeichnet, die versucht, durch Bereitstellung relevanter, informativer, sinnstiftender Inhalte Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit zu erreichen (vgl. Schwarz, 2014, S. 414). Social Media bieten mit vielfältigen, kostengünstigen und zeitlich flexiblen Kommunikationswegen die Möglichkeit der gezielten Beeinflussung von Meinungen und der schnellen Steigerung von Bekanntheit. Botschaften können über verschiedene Darstellungsformen zielgruppenspezifisch und räumlich unbegrenzt verbreitet werden und Unternehmen einen intensiven Austausch zu Stakeholdern realisieren, der große Potenziale für die Profilierung im Wettbewerb eröffnet (vgl. Meffert et al., 2015, S. 665 f.). Mit der Möglichkeit, über produktunabhängige Inhalte Emotionen zu wecken und Einstellungen von Nachfragern zu beeinflussen, ist die Präsenz in Sozialen Medien für die Markenkommunikation, die sich einer erschwerten Erreichbarkeit von Konsumenten gegenübersieht, von großer Bedeutung. Social-Media-Kommunikation integriert auch andere Instrumente der Kommunikationspolitik und beeinflusst diese, z.B. durch das Feedback von und den Dialog mit Nutzern, sodass Kommunikation im Web 2.0 nicht losgelöst von anderen Maßnahmen betrachtet werden kann. Ihre Gestaltung muss in die Gesamtheit der Markenkommunikation eingebettet und mit dem Einsatz anderer Instrumente abgestimmt werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 489). 4.5.2.5 Festlegung und Verteilung des Kommunikationsbudgets Nachdem die Kommunikationsinstrumente festgelegt worden sind, folgt die nächste Prozessstufe. Die Planung des Kommunikationsprozesses richtet sich zum einen nach Zielen und strategischen Vorgaben, zum anderen nach den für die Kommunikation bereitgestellten, finanziellen Mitteln, die im Rahmen der Budgetierung für eine spezifische Planungsperiode festgelegt werden. Umgekehrt kann die Höhe monetärer Ressourcen die Möglichkeiten der Zielerreichung determinieren und eine Anpassung der Kommunikationsziele in realistische Vorgaben erzwingen (vgl. Bruhn, 2015, S. 269; Tropp, 2014, S. 437).  Das sollten Sie wissen! Im Rahmen der Budgetierung werden finanzielle Mittel für die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle kommunikativer Aktivitäten, mit denen Kommunikationsziele innerhalb einer spezifischen Planungsperiode erreicht werden sollen, bestimmt (vgl. Bruhn, 2015, S. 267; Unger, 2014, S. 357). <?page no="172"?> Kommunikationspolitik 173 Die Budgetierung gibt einen Handlungsspielraum für die Gestaltung der Kommunikation vor und ist ebenso Indikator für deren Stellenwert im Unternehmen. Wie hoch die monetären Mittel für die Kommunikation ausfallen, kann mit Hilfe verschiedener Verfahren bestimmt werden, die sich heuristischen oder analytischen Ansätzen zuordnen lassen. Heuristische Verfahren sind stark praxisorientiert und basieren auf unternehmerischen Erfahrungen. Hier werden entweder der Absatz oder Umsatz aus der Vergangenheit, das Budget der Vorperiode, Wettbewerberaktivtäten und -ausgaben, verfügbare finanzielle Mittel oder der geplante Gewinn als Bezugsgrößen für die Festlegung eines Kommunikationsbudgets genutzt (vgl. Bruhn, 2015, S. 267 ff.; Homburg, 2017, S. 767 ff.). Eine gängige Methode ist es, einen bestimmten Prozentsatz des Umsatzes aus der Vergangenheit als Budget für die Kommunikation festzulegen (vgl. Bruhn, 2014, S. 215). Heuristische Ansätze werden aufgrund der einfachen Anwendung viel in der Praxis genutzt, sind jedoch wegen ihres fehlenden direkten Zusammenhangs zu strategischen Überlegungen, Marktbedingungen und Kausalitäten von Budget, Absatz oder Gewinn kritisch zu betrachten. In erster Linie bieten sich erfahrungsbasierte Methoden daher für eine erste, grobe Beurteilung der Budgetierung an, da sie einer empirischen Fundierung entbehren und Entscheidungen nicht rational begründbar sind (vgl. Homburg, 2017, S. 768; Bruhn, 2015, S. 274 ff.). Analytische Verfahren hingegen versuchen, einen funktionalen Zusammenhang zwischen Kommunikationsbudget und strategischen Vorgaben herzustellen, indem sie ermitteln, in welchem Maße das bereitgestellte Budget die Erreichung kommunikationspolitischer Zielgrößen, wie Absatz oder Bekanntheitsgrad, unterstützt (vgl. Homburg, 2017, S. 770; Bruhn, 2015, S. 280). In dieser Methode werden Zusammenhänge als Wirkungsfunktionen dargestellt, die den Ausgangspunkt für die Budgetierung legen. Aussagekräftig sind Abbildungen dieser Art jedoch nur, wenn eine umfassende und aufwändige Datenerhebung zu Grunde liegt, welche empirische Gütekriterien erfüllt und das Konsumentenverhalten, Aktivitäten der Konkurrenz sowie externe Einflussgrößen auf die Kommunikationswirkung realitätsgetreu erfasst. Analytische Vorgehensweisen sind damit als sehr zeit-, verfahrens- und kostenintensive Methoden zu bemessen, die jedoch rationale Begründungen der Budgetierung möglich machen und eine größere Realitätsnähe als heuristische Ansätze aufweisen. Für analytische Verfahren sollte dennoch berücksichtigt werden, dass Ursache-Wirkungs- Zusammenhänge stets unerwarteten Störfaktoren (wie neuen Aktivitäten der Konkurrenz) ausgesetzt sind und die Verteilung monetärer Mittel auf die einzelnen Kommunikationsinstrumente detailliert abgestimmt werden muss, da diese sich gegenseitig beeinflussen können (vgl. Bruhn, 2015, S. 308 f.). Wie das Budget den verschiedenen Kommunikationsinstrumenten zugeteilt wird, ist im Rahmen der Budgetallokation festzulegen. <?page no="173"?> 174 Operative Marketingplanung  Das sollten Sie wissen! Die Budgetallokation bestimmt, wie das Kommunikationsbudget auf die jeweiligen Kommunikationsinstrumente, -träger und -objekte für einen konkreten Zeitraum und ein spezifisches geographisches Gebiet verteilt wird (vgl. Homburg, 2017, S. 767; Bruhn, 2015, S. 267 f.). Ziel ist es, die relevante Zielgruppe über einen wirtschaftlich effizienten Einsatz der Kommunikationsinstrumente wirkungsvoll und ohne Streuverluste mit der Kommunikationsbotschaft zu erreichen. Dafür wird in drei Ebenen festgelegt, wie sich Ressourcen in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht aufteilen (vgl. Bruhn, 2015, S. 312 ff.): Auf erster Ebene wird das Budget im Rahmen der interinstrumentellen Allokation auf die jeweiligen Kommunikationsinstrumente (z.B. Werbung) verteilt. Die Intermediaverteilung bestimmt, wie sich die monetären Mittel für die verschiedenen Erscheinungsformen eines Kommunikationsinstruments (z.B. Werbung in Printmedien oder Fernsehen) bemessen. Entscheidungen auf diesen ersten beiden Ebenen der Budgetallokation sind strategisch ausgerichtet und betreffen eine längere Planungsperiode. Eine operativ und kurzfristig ausgerichtete Disposition des Budgets auf einzelne Kommunikationsträger (z.B. die jeweiligen Fernsehsender) erfolgt schließlich in der Intramediaverteilung (vgl. Bruhn, 2015, S. 313). Den Entscheidungsmaßstab für die Inter- und Intramediaverteilung legen Kriterien wie Funktion, gestalterische Eigenschaften und Potenziale der Ziel- und Zielgruppenerreichung des jeweiligen Instruments (vgl. Bruhn, 2015, S. 321; Meffert et al., 2015, S. 586). 4.5.2.6 Gestaltung der kommunikativen Botschaft Unternehmen konkurrieren am Markt um die Aufmerksamkeit der Adressaten. Ist der kommunikative Kontakt zur Zielgruppe gelungen, so gestaltet sich dieser oft sehr kurz. In wenigen Sekunden müssen Aussagen zu einem Angebot so prägnant kommuniziert werden, dass sie unter anderen Informationen hervorstechen, Aufmerksamkeit erzeugen und von der relevanten Zielgruppe in Verbindung mit dem Sender der Botschaft erinnert werden. <?page no="174"?> Kommunikationspolitik 175  Das sollten Sie wissen! In der Kommunikationsbotschaft werden die in der Kommunikationsstrategie angestrebten Vorstellungsbilder zu Angebot oder Unternehmen mit Hilfe multisensorischer Gestaltungsformen (z.B. Bild, Ton, Text, Material, Geschmack, Duft) verschlüsselt und damit eine Aussage an die relevante Zielgruppe herangetragen, welche auf eine spezifische Wirkung im Sinne der Kommunikationsziele ausgerichtet ist (vgl. Bruhn, 2015, S. 489; Meffert et al., 2015, S. 721, 713). Maßgeblich für die Gestaltung der Botschaft sind strategische Überlegungen und monetäre Mittel. Um Adressaten zu erreichen und die gewünschte Wirkung zu erzielen, müssen aber auch Vorgänge der menschlichen Wahrnehmung, wie die Reiz- und Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn bei der Botschaftsgestaltung berücksichtigt werden, da sie den Kommunikationsprozess erheblich beeinflussen. Um eine erwünschte Veränderung kognitiver Strukturen bei der Zielgruppe zu erreichen, sind Kenntnisse psychologischer und verhaltenswissenschaftlicher Determinanten der Kommunikationswirkung vonnöten (vgl. Unger, 2014, S. 573). Einige der grundlegenden Mechanismen werden daher nachfolgend vorgestellt. Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen Ob und wie Kommunikationsinhalte erfasst werden, hängt neben der Reizsetzung davon ab, wie intensiv sich der Adressat mit der Kommunikation beschäftigt. Dazu zählen, neben dem Kommunikationsobjekt selbst, individuelle Persönlichkeitsmerkmale, das vermittelnde Medium und situative Bedingungen der Kommunikation. In vielen Fällen entsteht ein hohes Involvement und damit eine große Aufmerksamkeit nicht aufgrund des beworbenen Angebots, sondern in Folge der äußeren Gestaltung des Kommunikationsmittels, das emotionale Reaktionen und damit eine Akzeptanz der Kommunikation auslöst (vgl. Bruhn, 2015, S. 504 ff.). Diese positive, emotionale Einstellung kann sich auf das Kommunikationsobjekt übertragen, dessen Glaubwürdigkeit erhöhen und die Entstehung von Motiven begünstigen, welche ein gezieltes Verhalten erzeugen, das beispielsweise einen Kauf auslöst. Neben der emotionalen Aktivierung ist jedoch auch das rationale Verstehen des Kommunikationsinhaltes von Trageweite für das Kaufverhalten, da aufgrund gedanklicher Auseinandersetzungen bestimmte Eigenschaften des Angebots (z.B. Name, Preis und Bezugsort) erinnert werden und ein Produktwissen aufgebaut wird (vgl. Meffert et al., 2015, S. 715 f.). Prozesse des Verstehens und der Informationsverarbeitung verlaufen jedoch nicht bei jedem Menschen gleich und sind von individuellen Voraussetzungen (z.B. Erfahrungen, Bedürfnisse, Einstellungen) abhängig, die in der Gestaltung der Kommunikationsbotschaft, je nach Zielgruppe, berücksichtigt werden müssen (vgl. Schweiger/ Schrattenecker, 2017, S. 218). Aus <?page no="175"?> 176 Operative Marketingplanung wahrnehmungspsychologischer Perspektive beeinflusst beispielsweise die (soziale) Motivation des Adressaten dessen Informationsaufnahme sehr stark. Demnach wählen Menschen selektiv diejenigen Inhalte aus, welche ihnen aufgrund sozialer Einstellungen, persönlicher Interessen oder einem sinnstiftenden Nutzen zusagen (vgl. Aaker/ Myers, 1975 zitiert in Bruhn, 2015, S. 499). Auch ist die Berücksichtigung lerntheoretischer Mechanismen hilfreich, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. So können bildliche Inhalte bereits vorhandene Gedächtnisstrukturen aktivieren, in denen bestimmte Vorstellungen über Sachverhalte verankert sind. Dies sind vom Individuum erlerne Einordnungen von Umständen der Realität in standardisierte, abstrakte Muster, sogenannte Schemata, die aufzeigen, wie etwas typischerweise auszusehen hat (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg/ Gröppel-Klein, 2013, S. 283 ff.). Schemata sind wesentliche Elemente der Informationsverarbeitung, da sie Vorgänge des Wahrnehmens und Verstehens und damit auch die Organisation von Wissen vereinfachen. Die Marketingkommunikation kann sich diesen Mechanismus zu Nutze machen und mit Hilfe gestalterischer Reizsetzungen bestimmte Schemata bei der Zielgruppe ansprechen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 727). Inhaltliches und formales Gestalten Kommunikationsbotschaften sind auf eine spezifische Verhaltensveränderung ausgerichtet und werden unter Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse mit gestalterischen Mitteln verschlüsselt. Das Angebot soll in der Botschaft so präsentiert werden, dass Aufmerksamkeit erzeugt, Interesse geweckt, die Einstellung positiv beeinflusst und letztendlich ein Kauf ausgelöst wird. Die Aussagen der Kommunikation können sich entweder auf emotionale und/ oder objektiv rationale Aspekte des Angebots beziehen und müssen stets mit Rücksicht auf Produkt, Markt und Zielgruppe ausgestaltet werden. Angebote, bei denen der Kunde intensiv über einen Kauf nachdenkt, also ein hohes Involvement in Hinblick auf das Produkt aufweist und damit stark an Informationen interessiert ist, können besonders gut anhand informativ ausgerichteten Mitteilungen kommuniziert werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 491). In diesem Falle sind der funktionale und sachorientierte Nutzen sowie Vorteile des Objektes vordergründig (z.B. der leistungsstarke Motor eines Autos) (vgl. Michelis, 2014, S. 232). Andersherum kann der inhaltliche Fokus bei Produkten, deren Kauf weniger mit einer verstandsgesteuerten Abwägung verbunden ist, auf emotionalen Aspekten liegen (z.B. dem Entspannungsmoment während des Biertrinkens). Der Inhalt der Botschaft stellt auf subjektive Gefühle ausgerichtete Produkterlebnisse heraus, die dem Rezipienten einen Erlebniswert, wie Glück oder Geborgenheit, in Verbindung mit der Nutzung des Kommunikationsobjektes präsentieren (vgl. Meffert et al., 2015, S. 728). Die gezielte Berührung von Gefühlen erzeugt Aufmerksamkeit und schafft eine Verbindung zwischen Emotion und <?page no="176"?> Kommunikationspolitik 177 Kommunikationsobjekt, die bei der erneuten kommunikativen Begegnung erinnert werden (vgl. Bielefeld, 2012, S. 143). Für konkrete Gestaltungen von Aussagen sind Entscheidungen darüber notwendig, welche Produkteigenschaften in der Kommunikation Berücksichtigung finden, wie direkt sich die Aussage auf das beworbene Objekt bezieht und welche Argumentationsstruktur geschaffen werden soll. Letztere kann beispielsweise ausschließlich positiv oder offen gestaltet sein, sodass die Schlussfolgerung dem Adressaten überlassen wird (vgl. Michelis, 2014, S. 232). Die Grundlage für die inhaltliche und formale Ausgestaltung der Kommunikationsmittel bildet die Copy-Strategie (Kreativstrategie), welche aus drei Elementen besteht (vgl. Meffert et al., 2015, S. 575):  Übersetzung des Nutzenversprechens in konkrete, zu kommunizierende Produkteigenschaften (Consumer Benefit)  Begründung des Nutzenversprechens (Reason Why)  Verbaler und nonverbaler Kommunikationsstil (Tonality) So kann ein Hersteller von Laufschuhen sein Nutzenversprechen „perfekte Laufqualität“ in die Produkteigenschaften „optimale Dämpfung, exakte Passform und maximale Stabilisation“ überführen und somit den Consumer Benefit definieren. Der Reason Why liefert dann die konkrete Begründung des Versprechens. So kann das Unternehmen beispielsweise auf „jahrelange Erfahrung“ verweisen oder auch eine Empfehlung von erfolgreichen Läufern eines Wettkampfes kommunizieren. Die verbale und nonverbale Kommunikation konkretisiert anschließend die gestalterische Form. Da vor allem aber die formale Gestaltung Einfluss auf Aktivierung und Involvement des Adressaten nimmt, werden dafür alle Sinne des Menschen ansprechende Möglichkeiten der Darstellung genutzt, wie Texte, Bilder und Farben, ebenso aber auch Töne, Düfte, Videos oder Aromen (vgl. Bruhn, 2015, S. 491). Eine große Aktivierungskraft besitzen Bilder, da visuelle Reize vom menschlichen Gehirn schneller und mit weniger Anstrengung verarbeitet werden können. Sie ziehen aufgrund visuell geschaffener Erregung nicht nur schneller den Blick des Rezipienten auf sich als Texte, sondern können neben bildlichen auch sprachliche Gedankenverbindungen auslösen, Schemata berühren und damit in kurzer Zeit viele Informationen vermitteln. Mit Hilfe von Schlüsselbildern können Inhalte visualisiert und damit emotionale Produkterlebnisse in ein Motiv übertragen werden, das langfristig mit der Botschaft verknüpft wird und auch in flüchtigen Kommunikationskontakten erneute Gefühlserlebnisse auslöst. In Verbindung damit verstärken textliche Darstellungen, die emotionale Begriffe oder gesellschaftliche Werte aufgreifen oder lyrische Komponenten enthalten, Aktivierung und Erinnerung. Eine verständliche Sprache der Texte, die dem Bildungshintergrund, der Nationalität und anderen Individualitäten der <?page no="177"?> 178 Operative Marketingplanung Zielgruppe gerecht wird, unterstützt dabei die Vermittlung von Botschaften (vgl. Bruhn, 2015, S. 508 ff.). Die Wirkung des Inhalts wird auch von dessen Überbringer beeinflusst. Reale oder fiktionale Vermittler (Testimonials) werden eingesetzt, um Sympathien bei den Adressaten zu erzeugen, die auf das Kommunikationsobjekt oder das dahinterstehende Unternehmen übertragen werden. Im Idealfall identifiziert sich der Rezipient mit dem Testimonial und handelt, aufgrund kognitiver Lern- und Nachahmungsprozesse, ähnlich wie der Sympathieträger in der dargestellten Situation. Vor diesem Hintergrund bieten sich, je nach Kommunikationsinhalt und Zielgruppe, prominente Persönlichkeiten, Experten oder stereotype Verwender des Produktes für die Vermittlung der Botschaft an (vgl. Meffert et al., 2015, S. 727). In deren Auswahl ist zu beachten, dass Testimonial und Kommunikationsobjekt für eine höhere Glaubwürdigkeit inhaltlich zusammenpassen. Auch ist die sichtbare Verbindung der Botschaft zu dessen Absender und eine klare Benennung von Produkt, Marke oder Unternehmen wichtig, damit Adressaten die Kommunikation stets in Zusammenhang mit dem Sender der Aussagen erinnern (vgl. Bruhn, 2015, S. 506 f.). Auch das Medium selbst hat Einfluss auf die Verständlichkeit von Inhalten, muss mit diesen harmonieren und dafür geeignet sein, diese als Einheit zu präsentieren (vgl. Holland, 2014, S. 796). Denn ein und dieselbe Botschaft kann mit Hilfe mehrerer Gestaltungsmodalitäten (z.B. Bild, Musik, Text) vermittelt werden, die stets ein konsistentes Gesamtbild ergeben und sich in ihren Reizen ergänzen sollten (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2013, S. 513). Dies gilt ebenso für den parallelen Einsatz verschiedener Medien für die Botschaftsvermittlung, deren Abstimmung im Rahmen einer integrierten Kommunikation stattfindet. 4.5.2.7 Kontrolle des Kommunikationserfolges Die Kommunikationspolitik soll als ein Bereich des Marketingmix zur Erreichung der Marketingziele beitragen, indem sie die Instrumentalziele der Kommunikation mit Hilfe geeigneter Maßnahmen erfüllt. In wie fern dies mit den ausgewählten Mitteln gelingt, muss für eine kontinuierliche Optimierung von Maßnahmen und Budgetallokation stets überprüft werden. Die andauernde Erfassung aller Kommunikationsmaßnahmen (Monitoring) (vgl. Michelis, 2014, S. 249), eine Evaluation der Kommunikationsaktivitäten und die Analyse ihres Erfolges sind daher zentrale Bestandteile der Kommunikationspolitik. <?page no="178"?> Kommunikationspolitik 179  Das sollten Sie wissen! Die Erfolgskontrolle überprüft systematisch, welchen Beitrag Kommunikationsaktivitäten für die Zielerreichung leisten, um den Einsatz von Instrumenten und Maßnahmen für zukünftige Handlungen korrigieren und optimieren zu können (vgl. Bruhn, 2015, S. 543). Der Stellenwert der Erfolgskontrolle ist hoch, da sie den Nutzen einzelner Kommunikationsinstrumente nachhält und somit eine Argumentationsgrundlage für die Verhandlung des Budgets schafft. Die Kommunikation hat außerdem erheblichen Einfluss darauf, wie Angebot, Marke oder Unternehmen langfristig von Anspruchsgruppen wahrgenommen werden und bedingt daher auch den Wert einer Marke (vgl. Bruhn, 2015, S. 544; Meffert et al., 2015, S. 730). Sie schafft die Verbindung von Unternehmen zum Markt, indem sie Angebote bekannt macht und damit die Grundvoraussetzung für den Kauf eines Produktes und die Erfüllung ökonomischer Ziele legt. Die Erfolgskontrolle soll Aussagen darüber ermöglichen, welche Wirkungen mit Hilfe einzelner Kommunikationsaktivitäten erzielt werden. Dies ist nicht unproblematisch, da direkte Zusammenhänge zwischen Kommunikationsmaßnahmen zu Einstellungs- und Verhaltensveränderungen der Zielgruppe nur schwer nachzuvollziehen sind. Ökonomische Wirkungen der Kommunikation können meist nur indirekt rekonstruiert werden, sodass psychologische Zielgrößen in Form kognitiver und emotionaler Parameter im Fokus der Erfolgsmessung stehen (vgl. Unger, 2014, S. 565). Erschwert wird diese von der Vielzahl an (oft auch nicht vorhersehbarer) Wirkungsfaktoren im Kommunikationsprozess, welche für den Erhalt aussagekräftiger Ergebnisse stets in der Marktforschung berücksichtigt werden müssen (vgl. Unger, 2014, S. 657). Auch beeinflussen sich Kommunikationsinstrumente in ihrer Wirkung oft gegenseitig (Spill-over-Effect), sodass die isolierte Wirkungsforschung nicht möglich oder von Fehlern behaftet sei kann (vgl. Bruhn, 2015, S. 580). Die Erfolgskontrolle versucht, kommunikative Wirkungen zunächst auf Ebene psychologischer Zielgrößen und anschließend in Hinblick auf markterfolgsbezogene oder wirtschaftliche Zielgrößen im Rahmen eines integrativen Ansatzes nachzuvollziehen (vgl. Homburg, 2017, S. 845). Verschiedene Verfahren kommen dafür zum Einsatz, da keine Messung jeden der Wirkungsbereiche und dessen Dimensionen auf einmal erfassen kann (vgl. Unger, 2014, S. 566). Eine erste fundamentale Messgröße, die der Erreichung weiterer Wirkungsziele voraus steht, ist der Kommunikationskontakt zur Zielgruppe, der sich beispielsweise in Reichweiten erfassen lässt. <?page no="179"?> 180 Operative Marketingplanung Psychologische Kommunikationswirkungen können in den Dimensionen Wissen und Einstellung der Zielgruppe zum Kommunikationsobjekt oder Analysen von Images und Verhaltensveränderungen überprüft werden. Dafür geeignete Forschungsinstrumente sind Befragungen, die beispielsweise Erinnerungen zu einer bestimmten Werbung ermitteln, oder Beobachtungen von Verhaltensabläufen und Verhaltensergebnissen, die mit Blickaufzeichnungen oder Klick-Raten einer Website gemessen werden können. Hier gibt es eine Reihe von Messverfahren, welche verschiedene körperliche Reaktionen auf Kommunikationsstimuli unter Labor- oder Feldbedingungen aufzeichnen. Dies geschieht vor und nach Realisierung der jeweiligen Kommunikationsmaßnahme in Form von Pre- und Posttests (vgl. Bruhn, 2015, S. 544 ff.; Homburg, 2017, S. 846 ff.). Erhebungen im Vorfeld dienen einer Einschätzung, ob die geplante Kommunikationsaktivität den gewünschten Effekt bei der Zielgruppe auslösen kann oder andere Maßnahmen geeigneter sein könnten. Dafür werden Kommunikationsmaßnahmen beispielsweise in regional abgegrenzten Testmärkten durchgeführt. Der Posttest erfasst, in wieweit die erhoffte Wirkung tatsächlich eingetreten ist. Auf markterfolgsbezogener Ebene werden Resultate der durch Kommunikationsmaßnahmen ausgelösten Verhaltensweisen, z.B. in Gestalt des Marktanteils, ermittelt. Eine Verknüpfung von psychologischen, markterfolgsbezogenen und ökonomischen Größen entsteht über Wechselwirkungen untereinander: Wenn Kommunikationsaktivitäten auf psychologischer Ebene erinnert werden, ein positives Image erzielen und auf diesem Wege zum Markterfolg beitragen, der sich in einem gesteigerten Absatz und hoher Kundenzufriedenheit äußert, so hat dies Auswirkungen auf den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens, da langfristige Kundenbindungen und Weiterempfehlungen erzeugt werden. Im Rahmen verschiedener, komplexer Messverfahren wird heute versucht, kausale Zusammenhänge abzubilden, indem beispielsweise Image- und Reputationswert mit dem Unternehmenswert; der Unternehmenswert mit dem eingesetzten Kommunikationsbudget und der Imagewert mit dem Kommunikationsbudget in Form von Kennzahlen in Verhältnis gesetzt werden (vgl. Bruhn, 2015, S. 576 ff.). Ziel dabei ist es, psychologische Wirkungsziele in ökonomische Größen zu überführen und in einem Markenwert darzustellen. 4.5.3 Integrierte Kommunikation Die mediale Differenzierung schafft eine Vielfalt an Kommunikationskanälen und -instrumenten, welche Unternehmen für die Zielgruppenansprache nutzen können, und stellt auch Konsumenten vor eine große Auswahl an Kommunikations- und Informationsmedien. Deren Verwendung ist auf Konsumentenseite mit spezifischen Ansprüchen verbunden, die selten von einem Medium allein abgedeckt werden können, sodass eine hohe Wechselbereitschaft in der Nutzung die Folge ist (vgl. Holland, 2014, S. 805). Für Unternehmen ergeben sich daraus diverse potenzielle Berührungspunkte mit der Zielgruppe und die <?page no="180"?> Kommunikationspolitik 181 Möglichkeit, deren Ansprüchen in der Darstellung von Angeboten präzise nachzukommen und auf diese Weise Aufmerksamkeit zu gewinnen. Die oftmals kurzweiligen Kommunikationskontakte erfordern eine mehrdimensionale Medienpräsenz, die das Nutzungsverhalten der Zielgruppe berücksichtigt und in der Vielfalt an Werbeimpulsen auffällt.  Einblicke │ crossmediale Werbekampagnen Definition und Beschreibung Die allermeisten Werbekampagnen setzen heute verschiedene Kommunikationsmittel im Zusammenspiel ein, die jeweils eine spezielle Aufgabe erfüllen sollen und sich im Idealfall gegenseitig unterstützen, nach dem Motto: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Eine wesentliche Voraussetzung ist hierbei, dass die die eingesetzten Werbemittel auch aufeinander abgestimmt werden um gesamtheitlich die gewünschte Werbewirkung zu erzielen.  Praxisbeispiel Ein Beispiel für einen Werbemix ist die Markenpositionierungskampagne von Opel mit dem Slogan „Umparken im Kopf“. Opel wurde als langweilig und veraltet wahrgenommen, die Marke sollte deshalb einem Imagewandel unterzogen werden. Die Grundeinstellung zu Opel sollte durch eine aufmerksamkeitsstarke Kampagne geändert werden. Als Hauptmedien wurden hier TV mit einem Anteil von ca. 56 % und Plakat mit einem Anteil von 36 % gewählt. Neben dem Leitmedium TV wurde hier Plakat vor allem mit der Aufgabe eingesetzt, durch häufige Kontaktwiederholungen mit verschiedenen Motiven Vorurteile im öffentlichen Raum zu thematisieren. Dies zielte vor allem auf Autofahrer. Diese Werbemaßnahme zeichnete sich dadurch aus, das am Anfang der Kampagne eine unterhaltsame Kommunikation ohne Absender (! ) als Teaserkampagne im TV und auf Plakaten weitverbreitete Vorurteile hinterfragte und mit einem Augenzwinkern auflöste. In der zweiten Phase wurde der Absender aufgelöst und die Vorurteile gegenüber Opel wurden in derselben Form hinterfragt. Dies wurde gleichzeitig genutzt die Zielgruppe auf einen neuen Webauftritt zu lenken (  www.umparkenimkopf.de ), in dem die Marke Opel neuer und frischer erlebt werden konnte. Mit der Auflösung der Kampagne wurde das Vorurteil über Opel genauso hinterfragt wie die anderen Vorurteile und es wurden offensiv durch einen neuen Webauftritt mehr Informationen zur Marke angeboten. <?page no="181"?> 182 Operative Marketingplanung Die anschließende Untersuchung der Wirkung der Kampagne zeigte, dass das Markenimage spürbar verjüngt wurde. Die Ankündigungsfunktion der Kampagne und die Verankerung des Slogans „Umparken im Kopf“ generierten hohe Aufmerksamkeit für das Thema und Neugierde auf den Absender. Die Erinnerung an die Werbekampagne war mit 40 % über der Benchmark vergleichbarer Kampagnen.  Georg Schotten ist Director Research bei der Ströer SE Co. KGaA in Köln. Neben der Konzeption innovativer Werbekampagnen betreut er diverse Forschungsprojekte mit Hochschulen zum Thema Werbewirkung. Kommunikationsaktivitäten und der Einsatz von Instrumenten müssen koordiniert und die Zielgruppenansprache über verschiedene Medien genau geplant werden, damit Sender und Angebot stets als ein stimmiges Gesamtgefüge erkennbar und, mit Blick auf psychologische Wirkungsmechanismen, erinnerbar sind. Nicht zuletzt ergibt sich diese Notwendigkeit auch in Verbindung mit den Zielen einer effektiven Kostenverteilung und hohen Effizienz in der Zielgruppenansprache. Die integrierte Kommunikation soll dies ermöglichen.  Das sollten Sie wissen! „Integrierte Kommunikation ist ein strategischer und operativer Prozess der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmens bzw. des Bezugsobjektes der Kommunikation zu vermitteln.“ (Bruhn, 2014, S. 32) Grundsätzlich kann integrierte Kommunikation auch als Kommunikationsstrategie begriffen werden, da sie einen Handlungsrahmen für die systematische Verwendung kommunikationspolitischer Instrumente vorgibt (vgl. Bruhn, 2015, S. 111 f.). Somit finden die Stufen des Kommunikationsprozesses eine synergetische Verknüpfung. Botschaften und Instrumente der Kommunikation werden kurz- und langfristig untereinander und intern, mit Rücksicht auf ein zuvor festgelegtes Gesamterscheinungsbild, abgestimmt und entsprechend gestaltet. Dass die Zielgruppenansprache dabei über verschiedene Medienkanäle verläuft, spiegelt sich auch in den synonym verwendeten Begriffen der crossmedialen oder 360-Grad-Kommunikation wider (vgl. Holland, 2014, S. 798). Da die Kommunikationspolitik kognitive Verhaltensveränderungen bei der Zielgruppe anstrebt, deren Entstehen von psychologischen Mechanismen, wie der Erinnerung, beeinflusst wird, ist es notwendig, das kommunikative Kon- <?page no="182"?> Kommunikationspolitik 183 strukt möglichst einprägsam zu gestalten. Ein wiederkehrendes Erscheinungsbild muss erzeugt werden, das eine Verankerung der Botschaft in den Köpfen der Zielgruppe begünstigt (vgl. Holland, 2014, S. 797). Zu diesem Zwecke erfolgt eine Synchronisierung aller Maßnahmen und Aktivitäten der Kommunikation auf inhaltlicher, formaler und zeitlicher Ebene, wie die → Abbildung 66 zeigt. Formen Gegenstand Ziele Hilfsmittel inhaltliche Integration thematische Abstimmung durch Verbindungslinien  Konsistenz  Eigenständigkeit  Kongruenz einheitliche  Botschaften  Argumente  Bilder formale Integration Einhaltung formaler Gestaltungsprinzipien  Präsenz  Prägnanz  Klarheit einheitliche  Zeichen/ Logos  Layouts  Schrifttypen  Größen und Farben zeitliche Integration Abstimmung innerhalb und zwischen Planungsperioden  Konsistenz  Kontinuität  Erlebnisplanung  „Timing“ Abbildung 66: Formen der Integration in der Kommunikationspolitik Quelle: in Anlehnung an Meffert et al., 2015, S. 574.  Die zentrale Herausforderung der Integration liegt darin, eine inhaltliche Kongruenz zu schaffen: Botschaften und Themen müssen über unterschiedliche Medienkanäle hinweg miteinander verbunden werden, sodass diese für die Zielgruppe als ein Ganzes wahrgenommen werden (vgl. Bruhn, 2014, S. 243). Dies geschieht unter Rücksicht auf die verschiedenen Vermittlungspotenziale der Kommunikationsmittel sowie auf die Nutzungsansprüche der Konsumenten an die einzelnen Medien. Botschaften und Argumente werden daher für jedes Medium individuell, aber mit einer thematischen Verbindungslinie, ausgestaltet (vgl. Bruhn, 2015, S. 100).  Die formale Integration unterstützt die Wiedererkennbarkeit durch eine konsequente Vereinheitlichung von Gestaltungskomponenten, wie Texten, Farben oder Schlüsselbildern in diversen Kommunikationsinstrumenten (vgl. Holland, 2014, S. 800 f.; Bruhn, 2015, S. 100 f.). Mit der gestalterischen Abstimmung soll ein konsistentes und homogenes Erscheinungsbild geschaffen werden, das sich möglichst leicht in den Köpfen der Zielgruppe verankert (vgl. Holland, 2014, S. 799 f.).  Dafür ist auch eine Kontinuität in der Kommunikation und damit wiederholte Aktivierungen der Adressaten vonnöten, welche über eine zeitliche Abstimmung des Einsatzes verschiedener Maßnahmen und Instrumente erzielt werden kann (vgl. Bruhn, 2015, S. 101). So müssen die Einsatzzeiten verschiedener Instrumente, aber auch Intensitäten der Kommunikation innerhalb eines Kommunikationsmittels abgestimmt und geplant werden, um <?page no="183"?> 184 Operative Marketingplanung eine zeitliche Kontinuität der kommunikativen Präsenz zu schaffen (vgl. Holland, 2014, S. 801). Der Prozess der integrierten Kommunikation zielt mit diesen Mechanismen und einer parallelen, spezifische Nutzung verschiedener Kommunikationsinstrumente und -mittel darauf ab, Synergieeffekte auszulösen. Die einzelnen Komponenten sollen eine Einheit bilden, sich gegenseitig unterstützen und eine höchstmögliche Wirkung der Kommunikation im Sinne kommunikationspolitischer Ziele erwirken (vgl. Bruhn, 2014, S. 161). Dafür müssen die isolierten Eignungen der Instrumente für bestimmte Kommunikationsleistungen ebenso wie die aus deren Kombination hervorgehenden Wirkungspotenziale bekannt sein (vgl. Bruhn, 2014a, S. 161). Denn nicht alle Wirkungsbeziehungen zahlen auf die Kommunikationsziele ein - auch können negative Beeinträchtigungen zwischen den Kommunikationsinstrumenten ausgelöst werden (vgl. Bruhn, 2014a, S. 168 ff.). Eine langfristige, übergreifende und detaillierte Planung von Prozessen, Ressourcen- und Mitarbeitereinsatz ist daher das Herzstück integrierter Kommunikation, deren Schwerpunkt auf der Mediaplanung (dem Einsatz der Instrumente und Mittel), liegt (vgl. Holland, 2014, S. 810). Eine stetige Überprüfung und Beobachtung kommunikativer Aktivitäten kann dafür wertvolle Anhaltspunkte zu Wirkungspotenzialen und Synergien liefern und ist, wie bei allen kommunikativen Handlungen des Marketings, obligat (Bruhn 2014a). Die Kontrolle und Messung integrierter Kommunikationsprozesse ist jedoch mit besonderen Herausforderungen verbunden, da der Einfluss einzelner Kanäle auf den Kommunikationserfolg oft nur schwer nachzuvollziehen ist und die Erhebung daher viele Prozessebenen erfassen muss (vgl. Holland, 2014, S. 801 ff.). 4.6 Preispolitik Preise von Produkten oder Dienstleistungen beeinflussen den Unternehmenserfolg fundamental. Als wichtiges Kaufkriterium und Instrument zur Beeinflussung von Marktanteilen wirken sich Preise maßgeblich auf Absatzmenge und Marktstellung von Unternehmen aus. Die Preispolitik ist damit eine Steuerungsgröße des Marketingmix, mit Hilfe derer Gewinne und Umsätze von Anbietern und damit übergeordnete Unternehmensziele unmittelbar beeinflusst werden können. Preispolitische Entscheidungen stehen in enger Verbindung zu anderen Unternehmensbereichen, sodass Aktivitäten der Preispolitik in der Gesamtheit unternehmerischen Handelns abgewogen werden müssen (vgl. Bruhn, 2014, S. 165; Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 3). 4.6.1 Begriff und Relevanz der Preispolitik Als eines der fünf Handlungsfelder des Marketingmix ist auch die Preispolitik an den Marketingzielen auszurichten und dient gleichzeitig der Unterstützung <?page no="184"?> Preispolitik 185 übergeordneter Unternehmensziele und somit einer Verbesserung der Wettbewerbsposition (vgl. Bruhn, 2014, S. 166).  Das sollten Sie wissen! Im Rahmen der Preispolitik wird über Art und Höhe der Gegenleistungen entschieden, die für eine Inanspruchnahme der Unternehmensleistung aufgebracht werden müssen (vgl. Bruhn, 2014, S. 165). Dazu zählen neben der Festlegung von Preisen auch die Bestimmung der Preisposition sowie die Konditionspolitik. Damit preispolitische Größen gewinnbringend definiert werden können, müssen u.a. Marktforschungsergebnisse und Kostenrechnungen in die Überlegungen miteinbezogen werden (vgl. Springer Fachmedien Wiesbaden, 2015, S. 73). So ist eine Kenntnis der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager ebenso wegweisend für die Suche des „richtigen“ Preises wie die Analyse der eigenen Kosten und des Konkurrenzumfeldes, was Aktivitäten der Preispolitik als komplexe Aufgaben erscheinen lässt, die auch als „Preismanagement“ bezeichnet werden (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 4; Bruhn, 2014, S. 165 f.). Die strategische Bedeutung der Preispolitik ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Als wesentlicher Antrieb gilt hierfür das einem gesteigerten Preisbewusstsein entspringende Preisinteresse der Kunden. Weitere Faktoren sind  eine Zunahme von Risiken auf Anbieterseite, die z.B. Kalkulationen und Marktreaktionen betreffen.  Risiken der Abnehmer, die Leistungen z.B. besonders günstig erhalten möchten,  Globalisierung und Sättigung der Märkte, was den Preiswettbewerb antreibt, sodass sich Anbieter unter Preisdruck sehen und somit Leistungen zu niedrigeren Preisen angeboten werden. Verstärkt wird dieser Preisdruck durch die qualitativen und technischfunktionalen Angleichung von Angeboten oder sinkender Nachfrage, die eine Verdrängung von Anbietern über die Preissetzung zur Folge hat. Hinzu kommt eine weitreichende Transparenz von Informationen im Internet, welche die Kaufentscheidung, besonders mit zunehmender Nutzung mobiler Endgeräte, beeinflussen (vgl. u.a. Homburg, 2017; Bruhn, 2014; Meffert et al., 2015). Neben diesen Faktoren ist der herausragende Stellenwert preispolitischer Entscheidungen auch den Eigenschaften des Marketinginstruments selbst geschuldet. So sind preispolitische Aktivitäten mit einer hohen Wirkungsstärke gekennzeichnet, die, anders als andere Marketinginstrumente, in negativer Form auf den Kunden wirken, da er stets eine Gegenleistung erbringen muss (siehe Preiselastizität). Darüber hinaus können Entscheidungen der Preispolitik besonders schnell umgesetzt werden und erfreuen sich einer hohen Wirkungsge- <?page no="185"?> 186 Operative Marketingplanung schwindigkeit bei Kunden und Konkurrenz, die nachhaltige Effekte erzielen kann. Ein weiteres Merkmal ist die schwere Revidierbarkeit von Preisen: Der Kunde erinnert sich an vorherige Preise oder die der Konkurrenz und bezieht diese als Vergleichsgröße in die Bewertung neuer Preise mit ein. So geht der Kunde nach Preiserhöhungen häufig von einer Wiederabsenkung aus und schiebt den Kauf auf oder spekuliert nach einer Preissenkung auf eine dauerhafte Vergünstigung und ist möglicherweise nicht mehr bereit, wieder mehr zu bezahlen (vgl. Homburg, 2017, S. 666; Meffert et al., 2015, S. 438). Der Prozess der Entscheidungsfindung in der Preispolitik ist daher im Detail zu betrachten und seine Einflussgrößen sind - vor allem für das Angebot neuer Leistungen - individuell zu identifizieren, denn der „Ausgangspunkt im Marktlebenszyklus eines Produktes ist das Finden des richtigen Preises“ (Koppelmann, 2006, S. 123). 4.6.2 Grundlagen preispolitischer Entscheidungen Preisentscheidungen werden nicht nur bei Neueinführungen von Produkten erforderlich, sondern ebenso bei Veränderungen des Markt- oder Absatzvolumens, der Kosten, der Konkurrenzangebote und -Preise oder des Produktprogrammes. Auch der Eintritt in neue Märkte, Variationen von Leistungen oder eine Ausdifferenzierung dieser bedürfen einer Abwägung der bisherigen Preispolitik. Die Grundlage preispolitischer Entscheidungen ist zunächst eine Analyse  endogener (beeinflussbarer) und  exogener (nicht beeinflussbarer) Einflussfaktoren (vgl. Meffert et al., 2015, S. 443 f.). Hier spielen auf endogener Seite beispielsweise Marketingaktivitäten des Unternehmens eine Rolle; auf exogener Seite sind unter anderem das Wettbewerbsumfeld, die Preiswahrnehmung oder die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager von Bedeutung. Für die Analyse dieser Faktoren und deren Berücksichtigung in Preisentscheidungen bedient sich die Preispolitik verschiedener Preistheorien, die sich in klassische, rationale und mikroökonomisch ausgerichtete Theorien oder verhaltenswissenschaftlich fundierte Ansätze unterscheiden lassen (vgl. Homburg, 2017, S. 674). Zu den klassischen Ansätzen zählen neben der Bestimmung der Preis- und Marktform auch die Ermittlung der Preiselastizität und die Aufstellung der Preisabsatzfunktion, welche im Folgenden näher erläutert werden. 4.1.2.1 Preis-Absatz-Funktion Die Preis-Absatz-Funktion beschreibt als mikroökonomische, klassische Preistheorie eine funktionale Abhängigkeit des Absatzes (x) von der Preishöhe (p) in mathematischer Form. Die Funktion dient als Grundlage theoretischer Preis- <?page no="186"?> Preispolitik 187 entscheidungen, indem sie anzeigt, welche Mengen zu welchem Preis verkauft werden können (vgl. Homburg, 2017, S. 675). Sie lautet: x = x (p) Grundsätzlich unterstellt die Preis-Absatz-Funktion sinkende Absatzmengen bei steigenden Preisen und bezieht sich auf den gesamten Absatzmarkt oder einzelne Marktsegmente, deren Akteure als vollkommen rational agierend verstanden. Sie kann unterschiedliche Funktionsverläufe (z.B. linear, multiplikativ oder logistisch) anzeigen, die hier nicht weiter vertieft werden sollen. Abbildung 67: Aggregierte Preis-Absatz-Funktion Die Wirkungsstärke des Preises auf den Absatz wird in der Preiselastizität der Nachfrager ( ɛ ) erfasst. In der Bestimmung des Koeffizienten ɛ sollen Aussagen darüber getroffen werden, in welchem Verhältnis relative Preisänderungen zu relativen Veränderungen der Absatzmenge (jeweils in Prozent) stehen, d.h. welche Auswirkungen auf den Umsatz durch Preisänderungen zu erwarten sind. Der Wert der Elastizität ɛ liegt stets im Bereich zwischen 0 und - ∞. ɛ = relative Absatzänderung / relative Preisänderung Der ermittelte Wert ɛ beschreibt unterschiedliche Elastizitätszustände der Nachfrage. Liegt der Wert bei ɛ- = 0, so ist die nachgefragte Menge unabhängig vom Preis und der Umsatz bleibt gleich (vollkommen unelastisch). Ist 0 > ɛ > 1, so ist eine mengenbezogene Absatzsteigerung auf eine Preisminderung zu erwarten, deren Umsatzzuwachs jedoch die Umsatzabnahme durch die Preisminderung nicht übersteigt und damit weniger Umsatz zur Folge hat (unelastisch). Liegt ɛ im Bereich < 1 bedeutet die Preisminderung eine Absatz- und Umsatzsteigerung, da die Umsätze des hinzugewonnenen Absatzes die Umsatzabnahme durch die Preisminderung übersteigen (elastisch) (vgl. Bruhn, Preis nachgefragte Menge ∣ ɛ ∣ = ∞ ∣ ɛ ∣ > 1 ∣ ɛ ∣ = 1 ∣ ɛ ∣ < 1 ∣ ɛ ∣ = 0 <?page no="187"?> 188 Operative Marketingplanung 2014, S. 184). Grundsätzlich lässt sich festhalten: Je stärker die Reaktion der Nachfrager und damit die Veränderung der abgesetzten Menge in Folge einer Preisänderung, desto höher ist die Preiselastizität. Bei hoher Preiselastizität haben folglich schon geringe Preisänderungen starke Auswirkungen auf den relativen Absatz. Preispsychologie Empirische Studien zeigen, dass die Verhaltensweisen der Nachfrager häufig nicht mit rational logischen Preistheorien prognostizierbar sind. Somit kommt auch psychologischen Einflussfaktoren eine wichtige Rolle in Entscheidungsprozessen der Preispolitik zu. Die verhaltenswissenschaftliche Preistheorie stellt heute eine eigene und an Bedeutung gewinnende Forschungsrichtung dar, die als „Behavorial Pricing“ bezeichnet wird und psychologische und soziale Kriterien im Entscheidungsverhalten der Nachfrager berücksichtigt. Die psychologisch orientierten Konzepte weisen verschiedene Verhaltenseffekte als für die Kaufentscheidung relevant aus. Zu ihnen zählen Preisinteresse, Preissuche, Preiskenntnis, Preisschwellen, Referenzpreise, Preisfairness, Psychologische Preise sowie Preisgünstigkeits- und Preiswürdigkeitsurteile, die im Folgenden definiert werden (vgl. Homburg, 2017, S. 704 ff.; Meffert et al., 2015, S. 449 ff.). Empirische Studien zeigen, dass die Verhaltensweisen der Nachfrager häufig nicht mit rational logischen Preistheorien prognostizierbar sind. Somit kommt auch psychologischen Einflussfaktoren eine wichtige Rolle in Entscheidungsprozessen der Preispolitik zu. Die verhaltenswissenschaftliche Preistheorie stellt heute eine eigene und an Bedeutung gewinnende Forschungsrichtung dar, die als „Behavorial Pricing“ bezeichnet wird und psychologische und soziale Kriterien im Entscheidungsverhalten der Nachfrager berücksichtigt. Die psychologisch orientierten Konzepte weisen verschiedene Verhaltenseffekte als für die Kaufentscheidung relevant aus. Zu ihnen zählen Preisinteresse, Preissuche, Preiskenntnis, Preisschwellen, Referenzpreise, Preisfairness, Psychologische Preise sowie Preisgünstigkeits- und Preiswürdigkeitsurteile, die im Folgenden definiert werden (vgl. Homburg, 2017, S. 704 ff.; Meffert et al., 2015, S. 449 ff.).  Das sollten Sie wissen! Das Preisinteresse beschreibt Motivation und Bedürfnis des Kunden, nach Preisinformationen zu suchen und diese in der Kaufentscheidung zu berücksichtigen (vgl. Homburg, 2017, S. 704; Diller, 2008, S. 101). <?page no="188"?> Preispolitik 189 Das Interesse kann sich z.B. auf Entscheidungen der Markenwahl, des Distributionskanals, der Verpackungsgröße oder des Kaufzeitpunktes beziehen und bietet einen wichtigen Hinweis zur Preisbereitschaft des Nachfragers. Kunden mit ausgeprägtem Preisinteresse sind in der Regel weniger bereit, einen höheren Preis für ein Produkt zu zahlen, wenngleich das Ausmaß des Preisinteresses Studien zu Folge auch von der Produktkategorie abhängt. Unternehmen können das Interesse potenzieller Kunden mit gezielter Kommunikation, die sich z.B. auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis oder eine hohe Angebotsqualität bezieht, steuern (vgl. Homburg, 2017, S. 704).  Das sollten Sie wissen! Die Preissuche beschreibt die tatsächliche Aktivität des Erhebens und Vergleichens von Preisinformationen. Käufer führen nicht bei jedem Kauf eine umfassende Preissuche durch, sondern sind bestrebt, diese zu vereinfachen. So wird die Preissuche oft an den Verkaufsort verlagert. Es werden im Vorhinein keine Informationen erhoben und Preise eher passiv wahrgenommen. Der Nachfrager kauft dann verstärkt Produkte, die als günstig gepriesen werden, oder nutzt immer gleiche Regeln für den Einkauf. Allerdings wird die Preissuche zunehmend mit der Nutzung mobiler Endgeräte erleichtert und unterstützt den Trend eines ausgeprägten Preisinteresses sowie der darauffolgenden Preissuche. Kunden, die intensive Recherchebemühungen auf sich nehmen, um möglichst günstige Preise zu entdecken, werden als Smart Shopper bezeichnet (vgl. Meffert et al., 2015, S. 450). Preisinteresse und Preissuche zählen zum Prozess der Preisinformationsaufnahme, welcher in einer kognitiven Verarbeitung der Informationen, der Speicherung oder Löschung von Preisinformationen mündet.  Das sollten Sie wissen! Im Langzeitgedächtnis gespeicherte Informationen, die mit dem Preis in Verbindung stehen, werden als Preiskenntnis oder Preiswissen bezeichnet (vgl. Meffert et al., 2015, S. 452; Homburg, 2017, S. 713). Zum Preiswissen zählen z.B. der Verkaufsort oder die Verpackungsgröße eines Produktes. Die Erinnerung kann dabei bewusst verlaufen und sich damit als explizites Preiswissen darstellen oder schwach und unbewusst, d.h. ohne einen Bezug zu einem numerischen Preis, auftreten und als implizites Preiswissen angeben, ob der Preis hoch oder niedrig war (vgl. Homburg, 2017, S. 714). Preise werden zudem in unterschiedlichen Konstrukten, wie Zahlenwerten oder Rangfolgen, und mit Bezug auf verschiedene Größen, wie Produktkategorien, <?page no="189"?> 190 Operative Marketingplanung Marken, Rabattaktionen oder Preise eines vorherigen Einkaufs, erinnert (vgl. Diller, 2008, S. 133 f.). Über die reine Erinnerung der Preisinformationen hinaus hat dessen Bewertung erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. In der Preisbewertung sind „Sprünge“ zu beobachten, die als Preisschwellen bezeichnet werden.  Das sollten Sie wissen! Preise, bei denen sich die Beurteilung des Kunden sprunghaft verändert, werden als relative und absolute Preisschwellen bezeichnet (vgl. Diller, 2008, S. 128). Absolute Preisschwellen liegen beim höchsten und geringsten Preis vor, für den der Kunde eine Leistung kaufen würde. Innerhalb dieses Akzeptanzbereichs liegen relative Preisschwellen, an welchen sich Wahrnehmung und Beurteilung des Preises verändern (vgl. Meffert et al., 2015, S. 455 ff.). Die Kenntnis der Preisschwellen ist für Entscheidungen in der Preispolitik von ausschlaggebender Bedeutung, da diese über Kauf oder Nichtkauf (absolute Preisschwellen) sowie die Wahrnehmung als teuer oder günstig (relative Preisschwellen) entscheiden und damit die Absatzmenge erheblich beeinflussen. Das Auftreten von Preisschwellen ist anhängig von den im Preis sichtbaren Ziffern, deren gezielte Platzierung als Psychologischer Preis begriffen wird: Preise, die einen vollen Betrag ausschreiben (z.B. 30 Euro), werden als glatte Preise; Kostenpunkte, die auf 10-Cent-Beträgen enden, als runde Preise (z.B. 1,50 Euro) und solche, deren Endziffer zwischen 1 und 9 liegt (z.B. 0,99 Euro), als gebrochene Preise bezeichnet (vgl. Meffert et al., 2015, S. 456). Untersuchungen zufolge beeinflusst die numerische Endung des Preises das Auftreten von Preisschwellen, die am häufigsten bei glatten Preisen zu vermerken sind. Damit können auch minimale Preisveränderungen um Cent-Beträge von weitreichendem Ausmaß für den Absatz sein und sollten daher im Vorhinein auf ihre psychologischen Effekte genau geprüft werden. Eine Zuordnung von Preisschwellen auf bestimmte Preisendungen ist jedoch nicht möglich, wohl aber gibt es die Beobachtung, dass gebrochene Preise häufig als Sonderangebote, runde Preise als fair oder aufrichtig und glatte Preise als Ausdruck hoher Qualität wahrgenommen werden (vgl. Meffert et al., 2015, S. 456). Neben der Gestaltung des Preises selbst beeinflusst auch das Konstrukt der Referenzpreise die Bewertung durch den Kunden. <?page no="190"?> Preispolitik 191  Das sollten Sie wissen! Als Referenzpreise werden Preise anderer Produkte bezeichnet, die vom Nachfrager als Bezugsgröße für einen Vergleich herangezogen werden (vgl. Homburg, 2017, S. 709). Referenzpreise dienen als Vergleichsmaßstab und können extern, in der Kaufsituation im direkten Vergleich mit anderen Preisen, oder intern, im Gedächtnis in Anlehnung an bisherige Kauferfahrungen, gebildet werden. Dieses Gebilde ist bei der Durchführung von Preisaktionen zu beachten, da besonders günstige Preise möglicherweise als Referenzpreise gespeichert und darüberliegende, ursprüngliche Preise fortan mit einem Verlust in Verbindung gebracht werden. Blickt der Kunde ausschließlich auf das Kriterium der Preishöhe und deren Verhältnis zum Referenzpreis in der Preisbewertung, so fällt er ein Preisgünstigkeitsurteil (vgl. Homburg, 2017, S. 709 f.). Umgekehrt stehen Nutzen und Qualität der Leistung in dem Bewertungskonstrukt des Preiswürdigkeitsurteils im Vordergrund, welches das Verhältnis von Preis und Leistung bewertet. Die Schwierigkeit einer objektiven Beurteilung der Produktqualität lässt den potenziellen Käufer jedoch Vereinfachungsstrategien, wie eine preisabhängige Qualitätsbeurteilung, anwenden, in der die Preishöhe als Maßstab für Qualität herangezogen wird. Ein hoher Preis wird demnach mit einer höheren; ein niedriger Preis mit einer geringeren Qualität in Verbindung gebracht (vgl. Meffert et al., 2015, S. 457; Homburg, 2017, S. 710). Zuletzt haben auch Wertmaßstäbe des Kunden und gesellschaftliche Faktoren einen starken Einfluss auf die Preisbeurteilung. Denn neben der Bildung eines Referenzwertes bewertet der Nachfrager auch die Angemessenheit des Preises.  Das sollten Sie wissen! Als Preisfairness wird die subjektive Beurteilung eines Preises und der Preislegung des Anbieters generell als berechtigt, angemessen oder gerecht bezeichnet. In diesem Bewertungskonstrukt berücksichtigt der Nachfrager nicht nur die Leistung selbst, sondern auch frühere Käufe, Angebote der Wettbewerber, soziale Normen, gesellschaftliche Standards oder auch das Angebot für andere Kunden. 4.6.3 Preisentscheidungen Entscheidungen zu Preisen können sich auf verschiedene Aspekte wie die Höhe von Verkaufspreisen, Preisentwicklungen oder deren Einheitlichkeit und Differenzierung beziehen und müssen sich aufgrund ihrer Wirkungsstärke auf <?page no="191"?> 192 Operative Marketingplanung eine breite Datenbasis beziehen (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 179). Auf Basis der Analyse ökonomischer und verhaltenswissenschaftlicher Einflussfaktoren sowie unter Berücksichtigung des Marktumfeldes und in Abstimmung mit anderen Marketinginstrumenten werden Preise systematisch verändert oder ggf. neu gesetzt. Für Preisveränderungen gibt es verschiedene Anlässe, die innerhalb und/ oder außerhalb des Unternehmens entstehen können. Veränderungen der Kostensituation gelten beispielsweise auf unternehmensbezogener Seite als Anlässe für Preisänderungen; auf externer Seite können vielfältige Beweggründe für eine Anpassung auftreten. Diese können von Konsumenten ausgehen, deren Nachfrageverhalten variiert; neuen Forderungen des Handels oder der Lieferanten entspringen; von Preisveränderungen der Konkurrenz angestoßen werden oder von übergeordneter, gesellschaftlicher Ebene aus verlangt sein, wie bei Gesetzesänderungen (vgl. Bruhn, 2014, S. 167 f.). Diese Dimensionen müssen in der Festlegung oder Veränderung von Preisen stets berücksichtigt werden, sodass im Prozess der Preisfindung unterschiedliche Perspektiven einzunehmen sind. Die Festlegung des Spielraums für die Preissetzung verläuft daher systematisch und bedient sich verschiedener Methoden. Analyse des preispolitischen Spielraums und der Ziele Preispolitische Entscheidungsprozesse betreffen Neudefinitionen und Anpassungen von Preisen für neue oder bereits auf dem Markt vorhandene Produkte und Leistungen. Zunächst muss dafür ein grober Rahmen festgelegt werden, innerhalb dessen sich die Preise bewegen sollen. Der Definitionsprozess dieses preispolitischen Spielraums berücksichtigt drei Einflussgrößen:  die Nachfrager,  die Kosten und  die Wettbewerber (vgl. Homburg, 2017, S. 718; Bruhn, 2014, S. 168 f.). Neben der Analyse interner und auf dem Markt agierender Kräfte bilden jedoch in erster Linie die Ziele der Preispolitik den Ausgangspunkt preispolitischer Entscheidungen. Sie sind an übergeordneten Unternehmens- und Marketingzielen orientiert und gestalten sich aufgrund des inhaltlichen Bezugs auf die verschiedenen, oben genannten Einflussgrößen recht vielschichtig. Diese Komplexität kann zu Zielkonflikten führen und Handlungsentscheidungen erschweren, sodass eine Priorisierung der Ziele unumgänglich ist (vgl. Diller, 2008, S. 38 f.). Es wird ein Zielsystem aus Ober- und Unterzielen aufgestellt, das Entscheidungskriterien für operative, preispolitische Handlungen liefert. Übergeordnetes Ziel vieler Unternehmungen ist die Gewinnmaximierung. In preispolitischen Entscheidungssituationen ist außerdem der zeitliche Bezug der Ziele von besonderer Relevanz, sodass insbesondere kurzfristig ausgerichtete Unterziele Ausgangspunkte für Handlungsentscheidungen bieten. Dabei ist jedoch auch stets der Einfluss auf langfristige Ziele abzuwägen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 442). <?page no="192"?> Preispolitik 193 Zielsysteme können markt- oder unternehmensbezogene Schwerpunkte aufweisen und damit die Definition des preispolitischen Spielraums beeinflussen, indem die Relevanz der Analysegrößen unterschiedlich bewertet und entsprechend einbezogen wird. Um zunächst festzustellen, welches der niedrigste Preis ist, zu dem eine Leistung ohne Verluste und mit Blick auf den gewünschten Gewinn angeboten werden kann, erfolgt eine kostenorientierte Preisfindung und damit einhergehend die Definition einer Preisuntergrenze. Grundlage dafür ist die Kostenrechnung, welche die Vollkosten ausweist und damit die Ermittlung eines Mindestpreises erlaubt. Grundsätzlich wird die Preisuntergrenze innerhalb der Kosten-Plus- Preisbestimmung gebildet, bei welcher die Vollkosten oder (im Falle der kurzfristigen Preisbestimmung) die variablen Kosten die Basis für einen hinzukommenden Aufschlagssatz bieten, der sich aus Gewinnzielen und branchenüblichen Margen ableiten lassen kann. Soll eine Preisänderung auf längere Sicht erfolgen, so wird eine langfristige Preisuntergrenze gebildet, welche die Deckung der Vollkosten (variable + fixe Kosten) und die Erzielung des kalkulierten Gewinns gewährleisten muss (vgl. Homburg, 2017, S. 742 f.; Bruhn, 2014, S. 168). Es kann jedoch auch erforderlich sein, Preise nur kurzzeitig abzuwandeln, um beispielsweise auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu halten. In diesem Fall wird eine kurzfristige Preisuntergrenze in Orientierung an den variablen Kosten festgelegt, die, anders als fixe Kosten, kurzfristig (z.B. aufgrund einer vorübergehend veränderten Produktionsmenge) variieren können. In der Festlegung einer kurzfristigen Preisuntergrenze wird auf die Deckung der Fixkosten verzichtet und der damit verbundene, kalkulierte Verlust in Kauf genommen. Mögliche Anlässe für temporäre Preisanpassungen können z.B. Preisaktionen der Konkurrenz sein, denen der Anbieter auf diese Weise begegnen möchte und einer drohenden Marktverdrängung entgegenwirken kann (vgl. Homburg, 2017, S. 742). Kurzfristige Preisuntergrenzen sollten jedoch mit Vorsicht gewählt und nur so lange wie nötig angesetzt werden, um langfristige Verluste und eine auf dem vorübergehend günstigen Angebot basierende Referenzpreisbildung seitens der Kunden zu vermeiden (vgl. Homburg, 2017, S. 742). Neben internen Kostenfaktoren spielten die wettbewerbsorientierte Preisfindung und die Machtverhältnisse des Marktes eine bedeutende Rolle in der Ermittlung des preispolitischen Spielraums, sodass auch eine wettbewerbsorientierte (konkurrenzbezogene) Preisbestimmung erfolgt. Ausmaß und Intensität der Konkurrenzbeobachtungen sind dabei abhängig von der jeweiligen Marktsituation, in der das Unternehmen agiert. Besteht der seltene Fall einer Monopolstellung, so dient der eigene Preis als Referenz und das Analyseinteresse betrifft in erster Linie mögliche Reaktionen der Nachfrager auf Preisänderungen (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 29 ff.). <?page no="193"?> 194 Operative Marketingplanung Sieht sich der Anbieter wenigen Konkurrenten und vielen Abnehmern gegenüber, so erfolgt eine Preisbestimmung im Angebotsoligopol, bei welcher die Preise und Reaktionen der Konkurrenten berücksichtigt werden. Die Notwendigkeit einer konkurrenzbezogenen Preisbestimmung entspringt dem Umstand, dass sich eine Preisänderung von Anbietern im Oligopol aufgrund der vielen Abnehmer für die anderen, wenigen Konkurrenten schnell im Absatz bemerkbar machen kann, sodass eine intensive, gegenseitige Beobachtung unter den Marktteilnehmern herrscht. Anbieter versuchen, die Reaktionen anderer Oligopolisten vorherzusehen, während sie dabei meist nur zwei Konkurrenten (Dypol) betrachten und die Preis-Absatz-Funktion entsprechend anpassen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 486 f.; Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 42 ff.). Der Preisbestimmung im Oligopol können verschiedene Motive zugrunde liegen, die in unterschiedlichen Verhaltensweisen münden (vgl. Gutenberg, 1984, S. 266 f.): Orientiert sich der Preiswettbewerb an den jeweils eigenen Zielen der Unternehmen, ist nicht auf eine Schädigung der Konkurrenz ausgerichtet und verläuft in geordneter Form, so ist die Rede von einem wirtschaftsfriedlichen Verhalten. Dies resultiert nicht selten aus der Befürchtung der Teilnehmer, dass Konkurrenten ihre Preise bei Preisnachlässen ebenfalls absenken, und im Falle einer Preiserhöhung jedoch keine Preisänderung vornehmen. Die Angst vor Gewinneinbußen kann dann zu einer Preisstarrheit im Oligopol führen, da niemand mehr Preisänderungen vornimmt (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 42). Abbildung 68: Positionierung im preispolitischen Spielraum Ein Koalitionsverhalten ist dann zu vermerken, wenn Preisentscheidungen auf Verständigungen zwischen den Unternehmen basieren und nicht auf einen intensiven Preiskampf ausgelegt sind. Anders ist dies in einem Kampfverhalten Preis Preisuntergrenze Preisobergrenze ● JA! ● Perrier ● Adelholzener ● Spreequell Abverkaufspreis für 1 Liter Mineralwasser (REWE Stand 05/ 2017): ja! 0,13 € │ Spreequell 0,55 € │ Adelholzener 0,59 € │ Perrier 0,99 € - K - U - N - D - E - - K - O - S - T - E - N - - W - E - T - T - B - E - W - E - R - B - <?page no="194"?> Preispolitik 195 der Oligopolisten, welches auf eine Marktverdrängung der Konkurrenten abzielt. In extremer Form äußert sich ein Kampfverhalten in einem Preiskrieg der Anbieter, die sich dann in kurzen Intervallen mehrfach im Preis unterbieten, um Verluste für Wettbewerber zu erzielen. Preiseinbrüche in der gesamten Branche können die Folge sein. Grundsätzlich orientieren sich Anbieter in der wettbewerbsorientierten Preisbestimmung im Oligopol häufig an Preisen der marktführenden Konkurrenz oder an einem durchschnittlichen Leitpreis (vgl. Homburg, 2017, S. 749). Die dritte Analyseebene berücksichtigt die nachfrageorientierte Preisfindung. In der Analyse wird das Preisverhalten der Kunden, die Preisakzeptanz, auf Basis der jeweils zu einem bestimmten Preis abgesetzten Menge, und damit die Preisobergrenze ermittelt (Preis-Absatz-Funktion, Preiselastizität) (vgl. Diller, 2008, S. 62; Meffert et al., 2015, S. 490 f.). Unter Bezugnahme auf vergangene Absatzzahlen kann mit Hilfe der Preis-Absatz-Funktion (→ Kapitel 4.1.2.1) eine Einschätzung getroffen werden, welchen Maximalpreis (Prohibitivpreis) die Nachfrager bereit sind, für eine Leistung zu zahlen. Dieser ist dann erreicht, wenn kein Absatz mehr erfolgt (Absatzmenge = 0). Die Sättigungsmenge wiederum beschreibt die Absatzmenge, die bei einem Preis von null abgesetzt wird. Die Preisbereitschaft des Kunden ist in wesentlichem Maße davon abhängig, wie er die Leistung individuell bewertet. Unternehmen müssen daher auch den Kundennutzen in die Analyse miteinbeziehen, die sich z.B. in der Ermittlung des ökonomischen Nutzens über den gesamten Lebenszyklus einer Leistung quantifizieren lässt (Kunden-Nutzen-Rechnung). Darüber hinaus sind nicht monetäre Nutzendimensionen, wie emotionale Wertmaßstäbe der Kunden von Bedeutung für deren Preisbereitschaft (→ Kapitel 3.5.2). Die Analyse des nachfragebezogenen Spielraums ist auch für die Wahl der Preisstrategie von großer Bedeutung und schlägt sich auch in Modellen der Preisgestaltung, wie z.B. der Preisdifferenzierung, nieder. 4.1.3.2 Preispolitische Strategien Auf Basis der Ziele und zuvor analysierter Einflussfaktoren (Unternehmung, Wettbewerb, Kunde) wird entschieden, wie sich die Preispolitik grundsätzlich und langfristig ausrichten soll (vgl. Diller, 2008, S. 209). Die Überlegungen müssen dabei in Berücksichtigung des gesamten Marketingmix und auf verschiedenen Ebenen erfolgen, während der Lebenszyklus des Produktes ebenso von Bedeutung ist (→ Kapitel 4.3). <?page no="195"?> 196 Operative Marketingplanung Abbildung 69: Preisstrategische Optionen Quelle: in Anlehnung an Meffert et al., 2015, S. 462. Mit der Preispositionierung erfolgt zunächst die Festlegung einer generellen Preisrichtung im Vergleich zum Wettbewerb. So wird über die grundsätzliche Höhe des Preises und die damit verbundenen Konsequenzen entschieden (vgl. Bruhn, 2014, S. 171 f.; Meffert et al., 2015, S. 461):  Die Hochpreisstrategie (Premiumpreisstrategie) erfordert eine herausragende Qualität der Leistung bei hohem Preisniveau;  in einer Mittelpreisstrategie orientieren sich Preise und Qualität an einem Durchschnittsniveau und  die Niedrigpreisstrategie zielt auf einen Mindestpreis bei einem Mindestmaß an Qualität. Die Preispositionierung betrifft andere Bereiche des Marketingmix in besonderem Maße, da eine Verortung im Premiumsegment beispielsweise ganz andere Vertriebs- oder Serviceaufwendungen verlangt als eine Positionierung im unteren Preisniveau (vgl. Meffert et al., 2015, S. 461). Das Verhalten der Konkurrenz findet in Strategien des Preiswettbewerbs Beachtung:  Unternehmen können Wettbewerbern gegenüber eine Preisführerschaft anstreben, indem sie hohe Preise für eine herausragende Angebots- und Service-Qualität ansetzen, an welchen sich die Konkurrenz orientiert.  Zielt das Wettbewerbsverhalten darauf ab, die niedrigsten Preise zu offerieren, so ist der Anbieter auf einen Preiskampf ausgerichtet, in welchem er bei Preisnachlässen der Konkurrenz ebenfalls die Preise anpasst.  In außerordentlich starker Orientierung an den Preisen der Wettbewerber wird die Preisfolgerschaft realisiert, die eine vollständige Ausrichtung an Preishandlungen anderer Anbieter vorsieht (vgl. Bruhn, 2014, S. 172). Niedrigpreis hoch mittel niedrig niedrig mittel hoch Qualitätsniveau Preisniveau Mittelpreis Hochpreis <?page no="196"?> Preispolitik 197 Die strategische Preisgestaltung orientiert sich jedoch nicht nur an der Konkurrenz und den Entwicklungen des Marktes, sondern ebenso am Lebenszyklus des Produktes sowie an dessen Zielgruppen und Absatzregionen. Bei der Einführung eines neuen Produktes wird nach der Positionierung und einer Wahl der grundsätzlichen Ausrichtung im Preiswettbewerb der zeitliche Veränderungsverlauf der Preise bestimmt.  In der Penetrationsstrategie werden neue Leistungen für den Markteintritt und eine rasche Verbreitung zunächst günstig angeboten und zu einem späteren Zeitpunkt, nach Erlangen des Kundeninteresses und der Realisierung erster Umsätze, angehoben. Auf diese Weise können Kunden anderer Hersteller mit bereits auf dem Markt vorhandenen, ähnlichen Produkten abgeworben oder in einer noch geringen Marktabdeckung an einem Eintritt gehindert, d.h. die Markteintrittsbarrieren erhöht werden.  Andersherum gestaltet sich die Preisdynamik in der Skimmingstrategie: Hier werden neue Produkte zu einem hohen Preis angeboten, um Kosten der Produkteinführung rasch auszugleichen und Preisbereitschaften der Kunden auszuschöpfen. Im weiteren Verlauf wird der Preis dann systematisch gesenkt, um einer möglichen Konkurrenzsituation zu begegnen und weitere Marktsegmente mit weniger zahlungskräftigen Zielgruppen zu erschließen. Ein Skimmingverhalten bietet sich insbesondere bei innovativen Produkten mit wenigen Alternativangeboten (bei geringer Subsituierungsgefahr) oder einer rasanten Alterung des Produktes an (vgl. Meffert et al., 2015, S. 463 f.; Bruhn, 2014, S. 172). Abbildung 70: Zeitlicher Preisverlauf bei Produkteinführung 4.1.3.3 Preisdifferenzierung Eine intensive Anpassung von Preisen an Produkte, Zielgruppen und Märkte erfolgt im Rahmen von Strategien der Preisdifferenzierung, welche aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung und vielseitigen Ausprägungsformen im folgenden Kapitel gesondert erläutert werden (vgl. Bruhn, 2014, S. 173). Ziele von Preisdifferenzierungen sind Gewinnsteigerungen oder Kostenreduktionen mit Hilfe einer aufgefächerten und an spezifischen Einflussgrößen orientierten Marktbearbeiniedrige Einführpreise hohe Absatzmenge niedrige Stückkosten hoher Einführungspreis geringe Absatzmenge Preisstrategie bei Produkteinführung Penetrationsstrategie Skimmingstrategie hohe Stückkosten <?page no="197"?> 198 Operative Marketingplanung tung, in der je nach Segment oder Zielgruppe unterschiedliche Preise für identische oder sehr ähnliche Leistungen verlangt werden. Das Preis-Leistungs- Verhältnis wird nach verschiedenen Kriterien verändert, die entweder eine Bearbeitung verschiedener Teilmärkte (vertikale Preisdifferenzierung) oder den Zeitpunkt der Marktbearbeitung (horizontale Marktbearbeitung) betreffen (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 44). Voraussetzung dieser Vorgehensweise ist eine für die Preisgestaltung sinnvolle Abgrenzung der Marktsegmente nach relevanten Kriterien sowie die detaillierte Kenntnis der nachgewiesenen, unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften der Nachfrager in den jeweiligen Segmenten. Zudem ist darauf zu achten, dass die mit der differenzierten Preisgestaltung verbundenen Kosten die angestrebten Gewinne nicht übersteigen und ein geeignetes Instrument der Preisgestaltung vorhanden ist (z.B. Mengenrabatte) (vgl. Olbrich/ Battenfeld, 2014, S. 116 f.). Die Marktsegmentierung kann beispielsweise nach geographischen, demografischen, psychographischen und verhaltensbezogenen Kriterien erfolgen. Sie äußert sich in folgenden klassischen Ausformungen:  zeitliche Preisdifferenzierung  räumliche Preisdifferenzierung  personelle Preisdifferenzierung  quantitative Preisdifferenzierung  leistungsbezogene Preisdifferenzierung In der zeitlichen Preisdifferenzierung ist der Kaufzeitpunkt (z.B. Tageszeit; Woche oder Saison) ausschlaggebend für den geforderten Preis. Ein Motiv der zeitlichen Differenzierung von Preisen kann die Kapazitätsauslastung (z.B. Hotelbuchungen in der Nebensaison) sein. Die räumliche Preisdifferenzierung versucht, unterschiedliche Zahlungsbereitschaften in geographisch abgegrenzten Teilmärkten (z.B. unterschiedliche Länder, Städte) auszuschöpfen. Auch hier liegen oft kostenbezogene Motive, die beispielsweise Lieferkosten betreffen, oder an Präferenzen der Nachfrager orientierte Motive, wie der Geschmack der Nachfrager in einer bestimmten Region, zugrunde. Abgrenzungskriterium kann aber z.B. auch die Kaufkraft der auf dem jeweiligen Teilmarkt aktiven Nachfrager sein. Eine personelle Preisdifferenzierung berücksichtigt Kundenmerkmale (z.B. Alter, Geschlecht oder Einkommen) in besonderem Maße. Ziel kann dabei vor allem die langfristige Kundenbindung und Ausschöpfung einer steigenden Kaufkraft sein, indem Studierende beispielsweise Vergünstigungen erhalten und in einem späteren Berufsleben bereit und in der Lage sind, den höheren Preis für das Produkt zu bezahlen. Die an spezifischen, individuellen Merkmalen der Nachfrager ausgerichtete Preisgestaltung ist heute insbesondere durch das Internet möglich, indem demografische Merkmale, Kaufverhalten und Preisbereitschaft umfassend erhoben, analysiert und Produktangebote indivi- <?page no="198"?> Preispolitik 199 duell zugeschnitten werden können. In extremster Form wird es dem Nachfrager in der personellen Preisdifferenzierung selbst überlassen, wie viel er bereit ist, für die Leistung zu zahlen. In der mengenbezogenen (quantitativen) Preisdifferenzierung wird der durchschnittliche Preis einer Leistung an die jeweils abgenommene Menge (z.B. Mengenrabatt) angepasst und somit die Kundenbindung unterstützt. Die leistungsbezogene Preisdifferenzierung zielt darauf ab, unterschiedliche Interpretationen des Leistungsnutzens verschiedener Angebote auf Seiten der Nachfrager auszuschöpfen. Der Anbieter verändert die Leistungsmerkmale dabei nur geringfügig, wie beispielsweise im Angebot verschiedener Speicherkapazitäten technischer Geräte zu unterschiedlichen Preisen. Eine Sonderform der differenzierten Preisgestaltung ist die Preisbündelung, bei welcher Produkte entweder ausschließlich in einem Paket und nicht einzeln zu einem bestimmten Preis erworben werden können (reine Preisbündelung) oder neben dem Paket auch Einzelpreise für die Produkte angeboten werden (gemischte Preisbündelung). Ziel der Bündelung von Preisen ist es, die Zahlungsbereitschaft mit der Kaufoption des Paket-Angebots oder des Einzelproduktes maximal auszuschöpfen. Der Preisunterschied muss den verschiedenen Zahlungsbereitschaften jedoch angepasst sein (vgl. Homburg, 2017, S. 720 ff.; Bruhn, 2014, S. 174). Besondere Möglichkeiten strategischer Preisdifferenzierung und -gestaltung bestehen im Internet. Zeitliche und räumliche Autonomie sowie eine umgehend anpassbare Kommunikation der Preise ermöglichen deren Anpassung in Echtzeit (Echtzeitpricing), sodass individuelle Bedürfnisse sowie Zahlungsbereitschaften der Kunden, aber auch die jeweilige Marktlage, berücksichtigt werden können. Mit Hilfe kundenbezogener Daten ist es möglich, Preise situativ und personenspezifisch anzubieten und auf diesem Wege kurzfristig hohe Zahlungsbereitschaften umgehend auszuschöpfen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 480 f.). Dieses Vorgehen wird ausgereizt, indem jeder Kunde ein anderes, spezifisch auf ihn und die Situation abgestimmtes Preisangebot erhält (Preisindividualisierung) (vgl. Diller, 2008, S. 236). 4.6.4 Konditionspolitische Strategien Im Rahmen der Konditionenpolitik wird entschieden, mit welchen Bedingungen der Kauf einer Leistung verbunden ist. Dies betrifft die konkrete Festlegung von Preiszuschlägen und Preisnachlässen sowie die Gestaltung von Lieferungs- und Zahlungsbedingungen (vgl. Bruhn, 2014, S. 171). Es wird ein Preis- und Konditionensystem aufgestellt, das eine „Feinsteuerung der Preispolitik“ (Koppelmann, 2006, S. 130) ermöglicht und im vorherigen Kapitel erläuterte Mechanismen der Preisdifferenzierung nutzt. In konditionspolitischen Strategien sind zum einen Rabatte als eine von spezifischen Kriterien abhängige Gewährung von Preisnachlässen für Handels- <?page no="199"?> 200 Operative Marketingplanung partner oder Kunden definiert. In Mengenrabatten wird ein Kaufanreiz mit Preisabschlägen bei der Abnahme größerer Produktmengen geschaffen. Diese werden pauschal oder in proportionalem Bezug zur Menge des Absatzes bestimmt und ermöglichen Kosteneinsparungen für den Hersteller. In umgekehrter Form können Mengenrabatte nach Abwicklung des Kaufes als Bonussysteme auftreten, die sich auf die Menge der vom Kunden getätigten Käufe innerhalb eines bestimmten Zeitraums beziehen und eine Stärkung der Kundenbeziehung anstreben. In der Vergabe von Boni werden Mechanismen der Mengen- und Treuerabatte vereint, während sich Letztere in ihrer reinen Form nicht auf die abgesetzte Menge, sondern auf einen kontinuierlichen Kauf, unabhängig vom erzielten Umsatz, beziehen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 501 ff.). Weitere Formen des Mengenrabatts sind zweiteilige Tarife, in denen mengenunabhängige Preise (z.B. Grundgebühr) mit einem mengenabhängigen Entgelt pro abgenommener Einheit verbunden werden, und Blocktarife, die mengenabhängige und mengenunabhängige Preise kombinieren (z.B. Tarife von Stromversorgern). Preisnachlässe, die sich auf den Zeitpunkt des Kaufes oder der Bestellung beziehen und offen für Abnehmer kommuniziert sind, werden als Zeitrabatte bezeichnet. Insbesondere bei Marktein- oder -austritten von Produkten, in Anlehnung an saisonale Begebenheiten, zu bestimmten Anlässen oder bei der Vorausbestellung von Leistungen werden zeitlich begrenzte Nachlässe angeboten. Motive für die Anwendung von Zeitrabatten können unter anderem optimierte Kapazitätsauslastungen oder Lagerleeräumungen sein (vgl. Meffert et al., 2015, S. 504; Diller, 2008, S. 252). Mit Blick auf das übergeordnete Ziel der Preisdurchsetzung und die Macht der Handelspartner sind Rabatte mit Bedacht zu wählen, da sie kaum mehr umkehrbar sind. Aus diesem Grund finden sich in der Praxis viele weitere Rabattformen, wie Aktions-, Sonderangebots oder Jubiläumsrabatte, die, wie alle Rabattinstrumente, spezifische Formen der Preisdifferenzierung darstellen (vgl. Koppelmann, 2006, S. 131). Neben diesen nicht linearen Preisgestaltungsmöglichkeiten werden in der Konditionenpolitik auch Lieferungs-, Zahlungs- und Garantiebedingungen verbindlich festgelegt, die für den Kauf einer Leistung zu einem bestimmten Preis gelten. In vertraglicher Form von Geschäftsbedingungen wird festgehalten, wie sich der Lieferungsprozess gestaltet und wer Kosten und Verantwortung für den Warentransfer wann (z.B. ab welchem Absatzwert) zu übernehmen hat. Auch Angaben zu Lieferdauer, Mindestabnahmemengen sowie Umtausch- und Garantiebedingungen können in den Lieferbedingungen enthalten sein. Darüber hinaus wird in den Zahlungsbedingungen definiert, in welcher Form Entgelte zu entrichten sind (Zahlungsmittel) und in welchem Umfang sie wann zu erfolgen haben (z.B. als Einmal- oder Ratenzahlung) (vgl. Meffert et al., 2015, S. 504 f.). Konditionspolitische Handlungen sind nicht überschneidungsfrei zu denen der Distributionspolitik und sollten daher, wie sämtliche Entscheidungen der Preispolitik, in enger Abstimmung zu anderen Handlungsfeldern des Marketingmix getroffen werden. <?page no="200"?> 5 Marketingkontrolle Unternehmerisches Handeln erfolgt zielorientiert. Wie bereits in→ Kapitel 3 erläutert, werden für das Marketing, aufbauend auf den Marketingzielen, Strategien entwickelt, die wiederum den Einsatz der Marketinginstrumente bestimmen. Aufgabe der Marketingkontrolle - häufig auch als Marketingcontrolling bezeichnet - ist es, die Bewertung des unternehmerischen Handelns durch Messung des jeweiligen Zielerreichungsgrades zu ermöglichen. Darüber hinaus spielt die Verbesserung des bisherigen Marketinghandelns im Rahmen des Marketingcontrollings eine wichtige Rolle.  Das sollten Sie wissen! Marketingkontrolle umfasst die Identifikation und Bereitstellung sämtlicher interner und externer Informationen, die zur Sicherung der Rationalität, also der Effektivität (Wirksamkeit) und Effizienz (Wirtschaftlichkeit), einer marktorientierten Unternehmensführung entlang des gesamten Marketingprozesses benötigt werden (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 812). Die Marketingkontrolle schließt vorrangig folgende Funktionen ein (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 812; Esch/ Hermann/ Sattler, 2011, S. 394 f.):  Die Informationsfunktion umfasst die Beschaffung, Zusammenstellung und Interpretation der erforderlichen Daten für die jeweilige Entscheidungssituation mit Hilfe interner und externer Informationsquellen.  Im Rahmen der Planungsfunktion liegt die Aufgabe des Marketingcontrollings darin, verschiedene organisatorische Einheiten bei der Erarbeitung von Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf wirtschaftliche Konsequenzen und Umsetzbarkeit hin zu unterstützen. Die Budgetierung bildet dabei das zentrale Instrument.  Das Ziel der Kontrollfunktion ist es, Verbesserungspotenziale und Fehlentwicklungen innerhalb der Planung und Realisierung des Marketinghandelns aufzudecken. Hierzu stehen dem Unternehmen zwei Instrumente zur Verfügung: Der Soll-Ist-Vergleich und der Marketing-Audit. Soll-Ist- Vergleiche beziehen sich dabei auf die Marketingziele und prüfen, ob und inwieweit diese erreicht worden sind. Ein Audit hingegen analysiert das Entstehen und den Ablauf von Entscheidungen, nicht jedoch deren Resultate (vgl. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2015, S. 813). Audits sind umfassende, systematische, nicht weisungsgebundene und regelmäßige Untersuchungen der Marketingumwelt, der Ziele, der Strategien und Aktivitäten bezogen auf das Marketinghandeln eines Unternehmens oder Geschäftsbereichs (vgl. Kotler, 2007, S. 1213). Während Soll-Ist-Vergleiche vergangen- <?page no="201"?> 202 Marketingkontrolle heitsbezogen sind, sollen Audits das zukünftige Handeln von Entscheidern beeinflussen. Wie die meisten komplexen betriebswirtschaftlichen Tätigkeiten, so vollzieht sich auch das Marketingcontrolling schrittweise (vgl. Koppelmann, 1997, S. 185). → Abbildung 71 zeigt die einzelnen Schritte der Kontrolle. Aus dem Vergleich der Handlungsergebnisse (Ist) mit den Vorgaben (Soll) ergibt sich für den Fall, dass das Ergebnis außerhalb der Toleranzgrenzen liegt, die Notwendigkeit der Ursachenanalyse. Liegen die Ergebnisse innerhalb der Toleranzgrenzen, können die bisherigen Maßnahmen fortgesetzt werden, solange die Sollvorgaben nicht geändert werden. Abbildung 71: Stufen des Kontrollprozesses Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, 1997, S. 185. Die Ursachenanalyse beginnt mit der Identifikation der Ursachen, die für die vorhandene Abweichung maßgeblich waren. Dabei können die Gründe in jeder einzelnen Stufe des Marketingprozesses (Problemanalyse, Ziel- und Potentialanalyse, Maßnahmenplan) zu finden sein. Das Ergebnis der Ursachenanalyse kann einerseits dazu führen, dass bisher gewählten Ziele, Strategien oder Maß- Marketinghandeln Entwicklung des Maßstabes (Sollvorgaben) + Toleranz Feststellung der Handlungsresultate Vergleich der Resultate mit den Vorgaben SOLL IST Ergebnis innerhalb Toleranzgrenzen Ergebnis außerhalb Toleranzgrenzen Fortführung bisherigen Marketinghandelns Ursachenanalyse 1. Identifikation der Ursache 2. Beherrschbarkeitsanalysen 3. Gegenmaßnahmen Solländerung Maßnahmenänderung <?page no="202"?> Strategische Marketingkontrolle 203 nahmen verändert werden oder, weil andere Marktbedingungen vorhanden sind, gegebenenfalls auch die Bewertungsmaßstäbe den neuen Bedingungen angepasst werden. Grundsätzlich lässt sich, in Abhängigkeit von den unternehmerischen Erfolgspotenzialen, die strategische von der operativen Marketingkontrolle unterscheiden. Dabei bezeichnet der Begriff Erfolgspotenzial alle produkt- und marktspezifischen Voraussetzungen eines Unternehmens, damit es erfolgreich wird. So gehört neben dem Markt- und Technologiepotenzial eines Unternehmens auch sein Kosten- und Leistungspotenzial zu dessen Erfolgsfaktoren (vgl. Dillerup/ Stoi, 2011, S. 175 ff.). Bezüglich der Unterscheidung von strategischem und operativem Controlling lässt sich festhalten, dass die Schaffung bzw. Sicherstellung zukünftiger Erfolgspotenziale den Bereich der strategischen Kontrolle definiert. Geht es um die Nutzung vorhandener Erfolgspotenziale, so spricht man von der operativen Marketingkontrolle (vgl. Link/ Weiser, 2011, S. 43f.). Auf beide Bereiche wird im Folgenden kurz eingegangen. 5.1 Strategische Marketingkontrolle Die strategische Marketingkontrolle stellt auf die Überprüfung grundsätzlicher konzeptioneller mittel- und langfristiger Entscheidungen ab, wobei die Beobachtung von externen Faktoren aus der Unternehmensumwelt im Vordergrund steht. Einige ausgewählte Methoden, die die Daten zur Generierung von Entscheidungen liefern und anschließend deren Bewertung und damit die Sicherung von unternehmerischen Erfolgspotenzialen ermöglichen, sind in → Abbildung 72 aufgeführt. Instrumente mit hohem Potenzial für die Informationssammlung Instrumente mit hohem Potenzial für die Entscheidungsgenerierung Instrumente mit hohem Potenzial für die Entscheidungsbewertung  Früherkennungssysteme  Branchenstrukturanalyse  Delphi-Methode  Szenarioanalyse  Stärken-Schwächen- Analyse  einzelkundenorientierte Problemerkennung  Gap-Analyse  Lebenszyklusanalyse  Erfahrungskurvenanalysen  PIMS  Portfolioanalyse  Benchmarking  Positionierungsanalyse  Wertkettenanalyse  Balanced Scorecard  Scoring-Modelle  Investitionsrechnungen  Customer-Lifetime Value-Analyse  Markenbewertungs- Modelle  Prozesskostenrechnung  Target Costing  langfristige Preisuntergrenze Abbildung 72: Instrumente der strategischen Marketingkontrolle Quelle: in Anlehnung an Link/ Weiser, 2011, S. 43. <?page no="203"?> 204 Marketingkontrolle Nach Link/ Weiser lassen sich die Instrumente der strategischen Marketingkontrolle in drei Bereiche unterteilen (vgl. Link/ Weiser, 2011, S. 43 ff.): Instrumente zur Informationssammlung, zur Entscheidungsgenerierung und zur Entscheidungsbewertung.  Wie in den Erläuterungen zur strategischen Marketingplanung in → Kapitel 3 bereits deutlich geworden ist, liefert gerade die Analysephase die informationelle Grundlage für alle weiteren Entscheidungen des Marketinghandelns und bildet durch die Informationssammlung die Basis für die Schaffung neuer unternehmerischer Erfolgspotenziale. Dabei kann die Qualität der Entscheidungen nicht besser sein, als es die verarbeiteten Informationen sowie die herangezogenen Methoden der Informationsverarbeitung zulassen. Dies setzt jedoch voraus, dass vorhandene strategisch relevante Informationen gefiltert werden können. Dabei soll vor allem auf die Früherkennungssysteme hingewiesen werden, durch die sich strategisch relevante „weiche“ Informationen der Unternehmensumwelt häufig frühzeitig erkennen lassen, um dann in den strategischen Marketingentscheidungen Berücksichtigung zu finden.  Durch die Instrumente der Entscheidungsgenerierung soll sichergestellt werden, dass die gefundenen strategischen Informationen in das zukünftige Marketinghandeln integriert und ggf. die Ziele bzw. Maßnahmen angepasst werden. So können einerseits Produkte und Prozesse optimiert werden, andererseits kann die Entwicklung innovativer Produkte bzw. die Implementierung innovativer Prozesse durch die gefilterten Daten vorangetrieben werden.  Die dritte Gruppe der strategischen Controllinginstrumente bezieht sich auf die Entscheidungsbewertung, zu der Scoring-Werte, Rentabilitätsziffern oder Ja-Nein-Empfehlungen herangezogen werden. Die Informationen, die das Controlling dazu liefern sollte, sind wesentlich konkreter und formal strukturierter, als es bei der Informationssammlung und Entscheidungsgenerierung der Fall ist. Generell gilt, dass das strategische Marketingcontrolling der Aufdeckung strategisch relevanter Marktveränderungen dient und daraus Chancen und Risiken für das Unternehmen ableitet. Dabei dient die zukunftsorientierte Überwachung dazu, dass Marketingmaßnahmen rechtzeitig und umfassend an mögliche Umweltveränderungen angepasst werden können (vgl. Kreutzner, 2013, S. 449). <?page no="204"?> Operative Marketingkontrolle 205 5.2 Operative Marketingkontrolle Die operative Marketingkontrolle stellt vor allem auf die Nutzung vorhandener Erfolgspotenziale ab und vergleicht die erreichten Marketingergebnisse (Ist) mit den angestrebten Zielen (Soll), die im Rahmen der Planungsprozesse für eine Periode festgelegt wurden. Dabei stehen neben der Analyse der Abweichungen selbst auch die Überprüfung der Ursachen und die Erarbeitung von Anpassungsmaßnahmen im Mittelpunkt der operativen Kontrolle. Der Fokus der Aktivitäten kann dabei auf Umsatz-, Kosten oder auch auf die Erfolgsgrößen eines Unternehmens gerichtet sein. Mögliche Instrumente dazu sind in → Abbildung 73 dargestellt. Umsatzcontrolling Kostencontrolling Erfolgscontrolling  Prognosemodelle  Früherkennungsmodelle  Erlösrechnungssystem  Erwartungswertbildung  Abweichungsanalysen  Marketingeinzelkostenplanung  Marketinggemeinkostenplanung  Plankalkulation  operative Kostenvergleichsrechnung  kurzfristige Optimierungsverfahren (Absatzprogramm, Preis, Werbung, Vertrieb)  Break-Even-Analyse  Deckungsbeitragsrechnungssystem  Erwartungswertbildung  Abweichungsanalysen Abbildung 73: Instrumente der operativen Marketingkontrolle Quelle: Link/ Weiser, 2011, S. 43. Das in → Kapitel 3 beschriebene unternehmerische Zielsystem stellt die im Rahmen des operativen Marketings zu analysierenden Kennzahlen dar. So ist für viele Unternehmen zunächst der Umsatz eine wichtige Kontrollgröße. Weichen Umsatzergebnisse von den ursprünglich gesetzten Zielen ab, so stellt sich die Frage, ob diese Abweichungen aufgrund niedrigerer Absatzmengen oder aufgrund eines Preisverfalls auf dem Markt zurückzuführen sind. Häufig ist für ein Unternehmen zur detaillierten Umsatzanalyse die Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Produktgruppen, Marken, Kundengruppen oder auch nach Regionen hilfreich (vgl. Becker, 2013, S. 864). Zur Verbesserung der Zielerreichung des Umsatzes werden dann auf der Instrumentalebene Anpassungen geplant, deren Umsetzung möglichst kurzfristig erfolgen soll. Nicht nur der Umsatz wird einer regelmäßigen Soll-Ist-Abweichungsanalyse unterzogen, alle Kosten- und Erfolgsgrößen eines Unternehmens werden im Rahmen der operativen Marketingkontrolle auf die Instrumentalzielebene heruntergebrochen und regelmäßig und detailliert analysiert. Lassen sich Abweichungen feststellen und deren Ursachen identifizierten, so erfolgt eine Anpassung von Zielen oder eine Umgestaltung von Strategien und Maßnahmen im weiteren Marketinghandeln. <?page no="206"?> 6 Best-Practice-Beispiel: Deutsche Telekom Anwendung der Marketinginstrumente auf das Beispiel „Magenta SmartHome“ 6.1 Ausgangssituation Nachdem in den vorherigen Kapiteln die essentiellen Marketinggrundlagen gelegt wurden, soll in diesem finalen Abschnitt zusammenfassend ein Praxisbeispiel in jenen theoretischen Kontext gesetzt werden. Insbesondere die Marketinginstrumente werden am Beispiel eines konkreten Produktes zur Verdeutlichung der Thematik praxisnah skizziert. Im Folgenden werden die Instrumente Markenpolitik, Produktpolitik, Kommunikationspolitik, Preispolitik und Distributionspolitik auf ein Produkt der neueren Geschäftsfelder der Deutschen Telekom angewendet. Die Deutsche Telekom, gegründet 1996 mit Hauptsitz in Bonn, ist das größte Telekommunikationsunternehmen Europas. Das Unternehmen betreibt unterschiedliche Arten von technischen Netzen für die Verwendung von Informations- und Kommunikationsdiensten. Während sich die Hauptgeschäftstätigkeit in den früheren Jahren auf den Betrieb von Telefondiensten wie z.B. Festnetz oder Mobilfunk konzentrierte, wurde im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft die Nutzung von Datennetzen und der Service von Onlinediensten als weitere Geschäftsfelder gegründet. Als Fallbeispiel wird im Folgenden das Produkt „Magenta SmartHome“ der Deutschen Telekom gewählt. „Magenta SmartHome“ gewährleistet mittels einer speziellen Applikation (App) u.a. Komfort und Sicherheit durch das zeitgenaue Steuern von zahlreichen unterschiedlichen Funktionen im Haushalt und zugleich die externe Überwachung des eigenen Heimes. → Abbildung 74 zeigt das Gerät „Magenta SmartHome“, wobei u.a. zusätzlich eine Applikation auf einem Smartphone oder Tablet ein Teil dieses Produktes darstellt. <?page no="207"?> 208 Best-Practice-Beispiel Abbildung 74: „Magenta SmartHome“ Starter Paket Wie bereits in → Kapitel 2 des Buches erläutert, zielt Marketing darauf ab, die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen. Das Produkt „Magenta SmartHome“ greift vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation aktuelle Gesellschaftstrends auf. So wird beispielsweise das Bedürfnis nach Einfachheit befriedigt: Der häufig „gestresste Konsument von heute“ möchte alltägliche Tagesabläufe so einfach wie möglich gestalten, um seine kostbare Zeit den „angenehmen Dingen des Lebens“ zu widmen, wie z.B. der gemeinsamen Zeit mit der Familie. Durch die zahlreichen Funktionsweisen von „Magenta SmartHome“ erhält der Nutzer die Möglichkeit, die für ihn teilweise als lästig empfundene Tätigkeit der Hausüberwachung/ -sicherung abzugeben und schnell einzurichten. Zudem hat die Häufigkeit von Wohnungseinbrüchen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugenommen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass viele Menschen sich stärker verunsichert fühlen, woraus das Bedürfnis nach Schutz erwächst. Die Telekom schafft es, durch das neue Produkt, welches auf eine individuelle Einsatzmöglichkeit abzielt, dieses Bedürfnis nach Sicherheit umfangreich zu befriedigen. <?page no="208"?> Deutsche Telekom 209 6.2 Beispielhafte Anwendung der Marketinginstrumente auf das Produkt „Magenta SmartHome“ Bringt man nun das vorliegende Praxisbeispiel in den theoretischen Kontext der konkreten Marketinginstrumente, ist bei der Telekom aktuell Folgendes in den einzelnen Bereichen zu beobachten. Dies stellt nur einen kleinen Teil der Marketingaktivitäten der Telekom in diesen Zusammenhang dar, nur einzelne, ausgewählte Aspekte der oben beschriebenen Instrumente werden nun beleuchtet. Aus Vereinfachungsgründen werden zudem im Folgenden die Produkt- und Markenpolitik gemeinsam betrachtet. [a] Produkt- und Markenpolitik Zunächst ist als erster wichtiger Aspekt der Produktbzw. Markenname zu diskutieren. Der Begriff „SmartHome“ (im Praxisbeispiel ergänzt um die Telekom-Farbe „Magenta“) dient im Allgemeinen als Oberbegriff für technische Verfahren und Systeme in Wohnräumen und -häusern, in deren Mittelpunkt eine Erhöhung von Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effizienter Energienutzung auf Basis vernetzter und fernsteuerbarer Geräte und Installationen sowie automatisierbarer Abläufe steht. Unter diesen Begriff fällt sowohl die Vernetzung von Haustechnik und Haushaltsgeräten (z.B. Lampen, Jalousien, Heizung, aber auch Herd, Kühlschrank und Waschmaschine) als auch die Vernetzung von Komponenten der Unterhaltungselektronik (etwa die zentrale Speicherung und heimweite Nutzung von Video- und Audioinhalten). Dabei besitzt SmartHome eine eigene Programmierschnittstelle, die (auch) via Internet angesprochen und über erweiterbare Apps gesteuert werden kann. Zusammenfassend wird also im Produktnamen jener Oberbegriff „SmartHome“ verwendet und liefert dem potenziellen Konsumenten bereits erste Informationen zu der konkreten Produktleistung. Dieser Produktname wird in der Produktkommunikation darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Markenzeichen der Telekom („T“) verwendet. Abbildung 75: Markenzeichen der Telekom „T“ Die Verwendung dieses ubiquitär bekannten T-Markenzeichens in der Kommunikation, beispielsweise auf der Verpackung des Produktes, dient u.a. dazu, den Auftritt und die Wirkung des Produktes „Magenta SmartHome“ zu unterstützen und die Verbindung zum anbietenden Unternehmen zu verdeutlichen. <?page no="209"?> 210 Best-Practice-Beispiel Sämtliche Produkte des Unternehmens werden unter einer einheitlichen Dachmarke geführt. Die aufgeführten Merkmale des Begriffes SmartHome stellen zugleich die Grundlage für die konkreten Produktleistungen - den Grund- und Zusatzleistungen - des Produktes dar. Vertiefend können sich die Produktleistungen von „Magenta SmartHome“ an folgenden Problemstellungen und Anwendungsbereichen orientieren: 1. Komfort:  Licht-Funktion durch Bewegungsmelder, die individuelle Programmierung von Lampen, die bei Öffnung der Tür das Licht angehen lassen. ► Besonderer Komfort bei Dämmerung.  Heiz-Funktion durch das zeitgenaue Programmieren von Thermostaten: Dem Nutzer wird es ermöglicht, mittels der App die Raumtemperatur zu steuern.  Weck-Funktion durch das zeitgenaue Programmieren von Weckern: Der Nutzer erhält die Möglichkeit, seine Weckzeit von unterwegs aus festzulegen, sogar abhängig vom Sonnenaufgang.  Wassermelder-Funktion durch das Integrieren spezieller Wassermelder: Im Falle eines Wasserschadens (z.B. Wasser im Keller) wird der Nutzer mittels der App benachrichtigt.  Luftfeuchtigkeits-Regulation durch die Benachrichtigung bei einer zu hohen Luftfeuchtigkeit im Haus: Durch die Nutzung von Magenta SmartHome und der Netatmo Wetterstation besteht die Möglichkeit einer Benachrichtigung im Falle einer zu hohen Luftfeuchtigkeit, durch die u.a. Schimmel entstehen kann.  Energiespar-Funktionen durch das Steuern sämtlicher elektronischer Geräte oder Heizkörper: Der Nutzer erhält die Möglichkeit, seine Geräte von unterwegs aus zu bedienen (z.B. ein- und auszuschalten, um Strom zu sparen) oder die Heizkörper beim Lüften kurzzeitig per App abzuschalten, ebenfalls um Strom zu sparen. 2. Sicherheit:  Einbruchschutz durch Alarmsystem, welches über die App gesteuert wird: Der Nutzer wird benachrichtigt, sobald das Haus oder die Wohnung unrechtmäßig betreten wird. Dabei lassen sich individuell Tür- und Fensterkontakte festlegen, welche einen Alarm auslösen.  Haushüter-Funktion durch zeitgenaues Betätigen von Rollläden und Lampen während der Abwesenheit: Der Nutzer steuert mittels der App, welche miteinander vernetzten Funktionen wann betätigt werden. <?page no="210"?> Deutsche Telekom 211  Kamera-Funktion durch das Vernetzen von Innen- und Außenkameras, deren Aufnahmen der Nutzer mittels der App einsehen kann.  Rauchmelder-Funktion durch das Vernetzen von Rauchmeldern: Der Nutzer wird benachrichtigt, sobald die Rauchmelder Alarm geben.  Kindersicherung durch die Verwendung spezieller Bewegungsmelder, die beispielsweise beim Öffnen eines Schranks Alarm geben: Der Nutzer wird mittels der App benachrichtigt, sobald der Bewegungsmelder betätigt wird. „Magenta SmartHome“ gestaltet demnach zusammenfassend mit seinen Produktleistungen das Zuhause des Kunden komfortabler und sicherer und gilt als Produktinnovation innerhalb des Produktprogramms der Telekom. → Abbildung 76 fasst die Produktleistungen und -funktionen im Hinblick auf die Anwendungsbereiche illustrativ zusammen: Abbildung 76: „Magenta SmartHome“ Anwendungsbereiche und Produktleistungen Die konkrete Produktgestaltung des Endgerätes ist eher funktional ausgelegt (Material: Kunststoff), die Komponenten sind ausschließlich in weiß erhältlich. Betrachtet man zudem die im Markennamen verankerte Farbe Magenta, kann ein Wiedererkennungswert in Bezug auf den Markennamen festgestellt werden. Magenta stellt dabei übergeordnet die Farbe der Telekom dar, das Produkt fügt sich somit perfekt in die Produktpalette der Telekom ein. Dieses einheitliche Element vor dem Hintergrund der Gestaltungsmittel spiegelt einen in sich geschlossenen Fit wider und stellt gleichzeitig eine Abgrenzung aller Telekom- Produkte zu potenziellen Wettbewerbsprodukten dar. Zudem werden bei- <?page no="211"?> 212 Best-Practice-Beispiel spielsweise die Markenfunktion der Orientierung oder Vertrauensschaffung beim Konsumenten damit erzielt. Die Telekom hat in diesem Kontext vor dem Hintergrund des Markenschutzes die Farbe Magenta (RAL-4010) als Farbmarke für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation registrieren lassen. Innerhalb der Markenreichweite setzt die Telekom zunächst auf einen nationalen Ansatz - also mit Deutschland als Markt. Innerhalb der Markenpositionierung ist der Markenkern der Deutschen Telekom, der Slogan „Erleben, was verbindet“ zugleich das Markenversprechen an ihre Kunden. Basierend auf einem einfachen Verständnis verkörpert dieses Versprechen das Markenleitbild des Unternehmens: Bei all den kleinen und größeren persönlichen Erlebnissen, die Menschen miteinander teilen möchten und die das Leben so spannend machen, bietet die Telekom Produkte und Services an. Das Markenleitbild zeigt, auf welche Inhalte das Unternehmen setzt - und zwar Innovation, Kompetenz und Einfachheit. Durch innovative Produkte und Services setzt die Telekom Standards und treibt die Vernetzung der Gesellschaft voran. Als Dienstleistungsanbieter fokussiert sich das Unternehmen auf seine Kompetenzen, wie Netze, Services, Contentmanagement und die Beziehung zu den Kunden. Das Markenversprechen der Telekom unterstreicht zudem dabei das Unternehmensziel der Telekom: Marktführer im Bereich Vernetztes Leben und Arbeiten. „Erleben, was verbindet“ ist der Erfüllungsanspruch der Deutschen Telekom. „Es ist der Kern unseres Handelns, an dem sich das gesamte Unternehmen ausrichten und nachhaltig messen lassen muss“, so Hans-Christian Schwingen, Leiter Markenstrategie und Marketingkommunikation. Ein dauerhafter Prozess also, für den das T weltweit steht und dem sich alle Mitarbeiter des Konzerns verpflichtet fühlen. Dies mündet in einem hohen Markenwert. Die Deutsche Telekom hat laut Brand Finance Global 500 (Stichtag 1. Januar 2017) den höchsten Wert ihrer Geschichte erreicht und ist erneut die wertvollste europäische Telekommunikationsmarke. Mit der „Magenta SmartHome“-App und dem Endgerät - den Produktteilen - steuert der Kunde alle vernetzten Geräte. Dabei lässt sich zwischen zwei Gerätearten unterscheiden: Sensoren stellen etwas fest, wie Bewegung oder Rauch. Aktoren führen etwas aus, wie „Alarm geben“. Manche Geräte können beides gleichzeitig. Mit der App kann der Kunde all diese Geräte vernetzen und miteinander kommunizieren lassen. Durch die Einführung des neuen Produktes wird das bisherige Produktprogramm durch Sicherheits- und Komfortsysteme für den Haushalt und den alltäglichen Gebrauch erweitert. Im Rahmen des Produktservice bietet die Telekom seinen Kunden zahlreiche Sekundärleistungen zum Produkt, wie beispielsweise einen Service bei der Einrichtung des Produktes per Videochat. Zusätzlich können Videos zur Hilfestellung und allgemeinen Information auf YouTube abgerufen werden. <?page no="212"?> Deutsche Telekom 213 [b] Kommunikationspolitik Die Telekom versucht im Rahmen der Kommunikationspolitik mit Hilfe kommunikativer Maßnahmen, das Produkt „Magenta SmartHome“ u.a. bekannt zu machen, Vertrauen in das Produkt/ die Marke aufzubauen und Kaufanreize zu schaffen. Auch für die Telekom stehen dabei eine große Anzahl an Kommunikationsinstrumenten und -kanälen zur Verfügung. Beispielhaft illustriert → Abbildung 77 den Ausschnitt einer werbepolitischen Maßnahme der Telekom in einer Zeitschrift zum dargestellten Produkt. Abbildung 77: Beispielhafte Zeitschriftenwerbung - Kommunikationspolitische Maßnahme Um möglichst viele Zielgruppen anzusprechen bzw. zu erreichen, werden darüber hinaus weitere Kommunikationsinstrumente verwendet, so z.B. Werbung durch weitere klassische Werbeträger wie beispielsweise TV, das Sportsponsoring oder die klassische Verkaufsförderung am Point of Sale, z.B. durch gewählte Rabatte („Schnittstelle“ zur Preispolitik). Ein weiterer Fokus in den letzten Jahren liegt sicher auf der Social-Media-Kommunikation, u.a. auf Facebook. → Abbildung 78 zeigt beispielhaft die Kommunikation via Facebook-Pages der Telekom. <?page no="213"?> 214 Best-Practice-Beispiel Abbildung 78: Facebook-Page „Telekom Shop“ - Produkt „Magenta SmartHome” In der Kommunikationsbotschaft auf der Facebook-Page wird das in der Kommunikationsstrategie angestrebte Vorstellungsbild des Produktes mit Hilfe von Texten abgedruckt und als Aussage an die relevante Zielgruppe herangetragen. Hier steht im Rahmen der kommunikativen Botschaft vor allem der Aspekt der Sicherheit im Fokus. So dient die Überschrift „Für ein sicheres Zuhause“ als Überzeugungsargument. Zudem wird auf die Möglichkeiten des Sparens bei baldigem Kauf („Jetzt 120,- Euro sparen“; „120,- Euro in den ersten 24 Monaten“) hingewiesen, was einen appellativen Charakter beinhaltet. Das Angebot wird in der Botschaft so präsentiert, dass Aufmerksamkeit erzeugt, Interesse geweckt, die Einstellung positiv beeinflusst und letztendlich ein Kauf des Produktes „Magenta SmartHome“ ausgelöst werden soll. Das angesprochene Sportsponsoring hat bei der Deutschen Telekom insbesondere auf Konzernebene eine lange Tradition. Das Unternehmen ist einer der bekanntesten und größten Sportsponsoren und unterstützt Sportler, Verbände, Vereine und Veranstaltungen mit seinem Know-how. Im Sport liegt der Fokus auf der Sportart Fußball. Das Unternehmen ist Hauptsponsor des FC Bayern München und unterhält vertriebsorientierte Partnerschaften mit weiteren Bundesligisten. Ferner ist die Telekom Premium-Partner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und unterstützt insbesondere die Männer- und Jugend- Nationalmannschaften. <?page no="214"?> Deutsche Telekom 215 [c] Preispolitik Auch bezogen auf „Magenta SmartHome“ hat die Preispolitik einen maßgeblichen Einfluss auf die Absatzmenge, die Marktstellung und -anteile der Telekom sowie auf die ausgewählten Kundensegmente. Um möglichst viele Kundensegmente anzusprechen, werden leistungsbezogene Preisdifferenzierungen vorgenommen, indem unterschiedliche Servicepakete angeboten werden: Der konkrete Produktpreis (Einstiegspreis) beträgt aktuell 29,99 Euro, die monatliche App-Nutzungsgebühr 9,95 Euro. Bei einer Buchung der App für gleich 12 Monate profitiert der Nutzer, indem er ca. 10 Euro Rabatt erhält. Wie das obige Beispiel zeigt, erfolgt zudem eine zeitliche Preisdifferenzierung. So ist der Kaufzeitpunkt/ -zeitraum („120,- Euro in den ersten 24 Monaten“) ausschlaggebend für eine Ersparnis im Rahmen des Endpreises. Durch die hohe technische Komplexität des Produktes und das hohe Involvement bei der Kaufentscheidung besteht ein tendenziell geringeres Preisinteresse und eine Preissuche, was wiederum eine Hochpreisstrategie rechtfertigt. Da (noch) wenig Wettbewerber im Markt existieren, hat das Unternehmen den Vorteil eines großen preispolitischen Spielraums. Dieser wird mit der steigenden Verfügbarkeit von Konkurrenzprodukten (gleicher Qualität etc.) eingedämmt. [d] Distributionspolitik Im Rahmen der Distribution des Produktes erfolgen ein direkter Verkauf vom Hersteller an den Konsumenten - der Verkauf über eigene Shops. Das Unternehmen konzentriert sich aktuell auf diese direkte Distribution, indem die Produkte sowohl am eigenen Telekom-Point of Sale (Telekom Shops - stationärer Handel) als auch online (elektronischer Handel) zu erwerben sind. Große Vorteile der Telekom Shops bestehen vor allem in den individuellen Möglichkeiten der Produkt- und Markenpräsentation (→ Abbildung 79). <?page no="215"?> 216 Best-Practice-Beispiel Abbildung 79: Direkte Distribution: Telekom Shop Zudem können hier die technisch komplexen Telekom-Produkte, wie das „Magenta SmartHome“-Angebot, welche oft stark erklärungsbedürftig sind, mit entsprechend ausgebildetem und spezialisiertem Verkaufspersonal vertrieben werden. Die Telekom Shops können der Kategorie der Fachhändler zugeordnet werden. Fachhändler arbeiten mit Fachverkäufern, die über ein hohes Maß an Fach- und Sachkompetenz verfügen. <?page no="216"?> Die Autoren Das Autorenteam promovierte an der Universität zu Köln am Lehrstuhl für Beschaffung und Produktmarketing von Prof. Dr. Udo Koppelmann.  Prof. Dr. Lisa Fröhlich studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und promovierte zum Thema „Merkmalsgestützte Lieferantenbewertung“. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Koppelmann und habilitierte dort zum Thema „Modellierung von Berufsbildern in der Beschaffung“. Im Anschluss wurde sie an der Cologne Business School (CBS) zur Professorin berufen und vertritt diese seit 2013 als Präsidentin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Einkauf 4.0, Qualifizierungsstrategien im Einkauf sowie digitale Steuerung von Innovationspartnerschafen mit Lieferanten. Sie greift damit immer wieder auf Inhalte des Absatzmarketings zurück und überträgt diese etablierten theoretischen Ansätze auf das strategische Beschaffungshandeln - ganz im Sinne der Tradition des Lehrstuhls von Prof. Koppelmann, der diese beiden „Marketingbereiche“ erfolgreich zusammengeführt hat. Sie ist Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Organisationen und Beiräten (u.a. Schmalenbach-Gesellschaft, HLV, BME e. V.), im Vorstand der Kölner Wissenschaftsrunde sowie Wirtschaftsbotschafterin der Stadt Köln.  Prof. Dr. Sascha Lord studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und promovierte zum Thema „Ritualmanagement“. Vier Jahre lang war er als Consultant bei der Stuewe Consulting GmbH beschäftigt. Im Anschluss übernahm er die Exportleitung bei der Lomac GmbH. Während diesen beruflichen Tätigkeiten lehrte er als Dozent an diversen Bildungseinrichtungen, u.a. der Fachhochschule Aachen, der Hochschule Düsseldorf sowie der Hochschule Niederrhein. Seine Berufung zum Professor erfolgte 2011 an der Mediadesign Hochschule in Düsseldorf (MD.H). Seit 2013 lehrt er als Professor für Marketing und Medien an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Köln mit den Forschungsschwerpunkten Crossmedia und Event. Seit 2014 ist er Standortleiter des FHM Campus Köln und Mitglied des Senats der FHM. Mit seinem studentischen Team gewann er 2017 den FAMAB New Talent Award in der Kategorie Event.  Prof. Dr. Kristina Steinbiß studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und promovierte zum Thema „Beschaffungsmarktwahl“. Sie arbeitete vier Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Koppelmann bevor sie in eine Managementberatung wechselte und dort vorrangig die DAX-100-Unternehmen im Bereich Marketingcontrolling und Unternehmensführung beriet. Seit März 2004 lehrt sie als Professorin für Allgemeine BWL und Marketing an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen <?page no="217"?> 218 Autoren mit dem Forschungsschwerpunkt B2B-Marketing. Seit Juli 2012 ist sie zudem Studiendekanin des Studiengangs Production Management.  Prof. Dr. Torsten Weber ist Professor für Marketing und Nachhaltigkeitsmanagement sowie Dekan für den Bereich General Management an der Cologne Business School in Köln. Während der Promotion an der Universität zu Köln zum Thema „Sozial-inhärente Produkte“ arbeitete Torsten Weber als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Beschaffung und Produktpolitik sowie am Seminar für Marketing und Markenmanagement. Im Anschluss war er mehre Jahre als Unternehmensberater u.a. für die Firma Rölfs RP Management Consultants GmbH in Düsseldorf tätig und hat in diesem Zusammenhang beispielsweise im Bereich Umweltmanagement für die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH gearbeitet. Neben der Funktion als Vizepräsident der „Fördergesellschaft Produktmarketing e. V.“ ist er Speaker auf Seminar- und Konferenzveranstaltungen, insbesondere zu den Themenfeldern Marketing- und Nachhaltigkeitsmanagement. <?page no="218"?> Literatur Aaker, D./ Myers, J. (1975): Advertising Management, New Jersey. Alby, T (2008): Web 2.0: Konzepte, Anwendungen, Technologien, 3. Aufl., München. Ansoff, H. I. 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Aufl., Berlin u.a. <?page no="224"?> Stichwörter A Absatzpotenzial 13 Affekt 29 AIDA-Formel 157 Aktivierung 27, 28, 177 Prozesse 26 Analyse 74, 78 Anbieter 14 Auswahlphase 25 Autorität 36 Awareness Set 67 B B2B 149 B2C 149 Balanced Scorecard 77 BCG-Portfolio 87 Bedürfnisbefriedigun 19 Bedürfnispyramide (Maslow) 32, 33 Bedürfnisse 64 Begrenztheit 36 behavioristisches Forschungsparadigma 23 Beschaffungsorientierung 11 Beschwerdemanagement 69 Bewertungsphase 25 Bezugsgruppen 53 Bildmarken 118 Boston Consulting Group 86 Botschaft 174 Brand Generated Content 169 Budgetallokation 173, 174 Budgetierung 172 Bumerang-Effekt 28 Bürgerliche Mitte 99 Buying-Team 17 C C2B 149 C2C 149 Cash Cows (BCG) 88 Chancen-Risiken-Analyse 82 Co-Branding 117 Commitment 36 Composits 127 Consumer-Communities 169 Content-Marketing 172 Copy-Strategie 177 crossmedial 181 D Dachmarke 117 demonstrativer Konsum 55 Denken 44 Differenzierung 105 Dissonanz 36 Distribution Organe 143 Orientierung 11 Politik 142 Wege (direkt) 143 Wege (indirekt) 144 Diversifikation 91 Drei-Komponenten-Theorie 35 E Ebbinghaussche Täuschung 40 Echtzeitpricing 199 Effizienz-Option 59 Einstellung 34 Änderung 36 Einzelmarke 117 Emotion 28, 29 emotionale Einkaufserlebnisse 31 <?page no="225"?> 226 Stichwörter emotionale Produktdifferenzierung 31 Empfinden eines Mangels 64 Erfolg Controlling 205 Kontrolle 179 ethischer Konsum 58 Eventmarketing 166 Events 165 Evoked Set 66, 67 F Fachhändler 147 Fachmärkte 147 Familie 49 Lebenszyklus 50 Familienmarke 117 Farbe 128 Figur -Binnen-Gliederung 41 -Grund-Gliederung 41 Fokusstrategie 103 Foren 169 Form 127 Fremdgruppen 54 Funktionsprinzipien 128 G Garantieleistungspolitik 142 Gedächtnis 44 Gefühle 29 Geld (Bedeutung) 56 Geschäftseinheiten 78 Gesetz der Erfahrung 42 der Gleichartigkeit 42 der Nähe 41 Gesichtsausdrücke 30 Gestaltpsychologie 41 Gestaltungsmittel 125 Grundleistungen 125 H Handel 147 elektronische 148 Erscheinungsformen 148 Marken 145 stationärer 148 Hedonisten 99 Hermannsches Gitter 40 Hochpreisstrategie 196 Howard-Sheth-Modell 22 I Image 34, 160 Implementierung 74 Individuum 47 Informationsaufnahme 38 Arten 38 Informationsspeicherung 44 Ingredient Branding 117 Innovation 137 Prozess 136 Instrumentalziele 78 Inszenierung (Erlebnisse) 166 Interessenvertretungen 14 Intermediaverteilung 174 Internationalisierung 151 Internet 151 Intramediaverteilung 174 Involvement 47, 65 K Kaufanlass 64 Kaufentscheidung 17, 63 Grundtypen (Übersicht) 18 individuell (Organisation) 17 individuell (Privatperson) 17 kollektive (Organisation) 17 kollektive (private Haushalte) 17 Typen 63, 64 Käuferverhalten 17 in virtuellen Welten 71 Kaufhäuser 147 <?page no="226"?> Stichwörter 227 Kaufprozess 63 drei Phasen 69 Kaufverhalten extensiv 65 habituell 67 impulsiv 68 limitiert 66 Koalitionsverhalten (bei Preisen) 194 kognitive Prozesse 37 Kommunikation 151, 172 Botschaft 175 Erfolg 178 Instrumente 156 integrierte 180 Planung 152 Social Media 168 Strategie 155 Zielgruppen 153 Kommunikationspolitik 149, 150 Kompensation durch Konsum 56 Konditionenpolitik 199 Konditionierung emotionale 45 instrumentelle 46 klassische 45 Konsistenz 34 Konstruktionsprinzipien 128 Konsumenten 113 Konsumentenverhalten 17 Dynamik des 19 Erklärungsansätze 20 Prozesscharakter 19 umweltbewusst 59 Kontrolle 75 Kostencontrolling 205 Kultur 56 Kunden 11, 84 -dienstpolitik 142 Zufriedenheit 70 Kurzzeitgedächtnis 37 L L’Oréal (Beispiel) 79 Laddering-Verfahren 32 Lambda-Hypothese 27, 28 Langzeitgedächtnis 37 Leitmilieus 99 Lernen 44 am Modell 46 Lerntheorie 44 Ansätze 45 Lieferleistungspolitik 142 Lizenzierung 113 Lösungsprinzipien 128 M Makroumfeld 82 Marken Architektur 116, 118 Auftritt 118 Definition 112 Erfolg 121 Funktion 113 Glaubwürdigkeit 115 Kontrolle 118 Management 115 Politik 111 Positionierung 114 Reichweite 114 Strategie 114 wertvoll 122 Marketing 12 differenziertes 102 Entwicklung des 12 Instrumente 111 Kontrolle 201 Kontrolle (operative) 205 Kontrolle (strategisch) 203 konzentriertes 102 Planung operative 111 strategische 73 Prozess 14 <?page no="227"?> 228 Stichwörter undifferenziertes 101 WOM 170 Markt 12 Abgrenzung 13 Arealstrategie 104 Anteil 13 Bearbeitung 100 Kommunikation 150 Durchdringung 90 Erweiterung 90 Feldstrategien 89 Parzellierungsstrategie 92 Potenzial 13 relevanter 12 Stimulierungsstrategien 102 Volumen 13 Massenmarketing 101 Means-End-Analyse 32 Mediawerbung 156 Meinungsführer 54 Microblogs 169 Mikroumfeld 83 Milieuforschung 97 Mission 77 Mitgliedschaftsgruppen 54 Mittelpreisstrategie 196 Modell der kognitiven Psychologie 38 Motivation 31 Müller-Lyersche Täuschung 40 Mundpropaganda 170 N Nachfrager 13 nachhaltiger Konsum 58 Nachkaufphase 25 Netto-Nutzen-Vorteil 107 Niedrigpreisstrategie 196 Nischenstrategie 103 Norm-Aktivierungs-Modell 60 Nutzentheorie 129 O Oberfläche 128 Öffentlichkeitsarbeit 161 operative Marketingplanung 111 Opferbereitschaft 60 Opinion Leader 54 P Patchwork-Familie 49 Penetrationsstrategie 197 Phasenmodelle 25 Planung 73, 74 operative 74 Prozess (Stufen) 73 strategische 74 taktische 74 Podcasts 169 Poor Dog (BCG) 88 Portfolioanalyse 86 Positionierung 105 Raum 106 Strategie 106, 109 prädisponierende Variable 46, 47 Präferenzstrategie 103 Prägnanzprinzip 41 Preis -Absatz-Funktion 186 Differenzierung 197 Entscheidung 186, 191 Fairness 191 Findung 193 Folgerschaft 196 Führerschaft 196 Günstigkeitsurteil 191 Interesse 188 Kampf 196 Kenntnisse 189 -Mengen-Strategie 103 Politik 184, 185 Positionierung 196 Psychologie 188 psychologischer 190 Qualitätsbeurteilung 191 Referenz 191 Schwellen 190 Spielraum 192 <?page no="228"?> Stichwörter 229 Strategie 195 Suche 189 Wettbewerb 196 Wissen 189 Würdigkeitsurteil 191 Preise 184 gebrochene 190 glatte 190 runde 190 prekäres Milieu 99 Pressearbeit 161 Primärgruppen 52 Produkt Begriff 124 Beurteilung 42 Bewertung 43 Differenzierung 138 Elimination 140 Entsorgung 69 Entwicklung 91 Gestaltung (methaphorisch) 131 Grundleistung 129 Innovation 134 Kern 125 Lebenszyklus 134 -Markt-Matrix 90 Politik 122, 125 Programm 132 Programmaspekte 124 Service 141 Teile 128 typen 124 Variation 139 Verpackung 140 Zusatzleistungen 130 Promotion 162 Prozessanregungsphase 25 Public Relations 158 Q Question Marks (BCG) 88 R Rabatte 199 Realisierungsphase 25 Reason Why 177 Recycling-Option 59 Referenzpreis 191 Regenbogenfamilie 50 Reize innere und äußere 27 Relaisfunktion 54 Reward-Systeme 46 Reziprozität 36 Roper-Consumer-Styles 95 rubinscher Becher 40 S Schichtmodell der Umweltdifferenzierung 47 Schlüsselinformationen 43 Segmentierung 92 Merkmale 93 psychografische 95 soziogeografische 94 verhaltensorientiert 100 Sekundärgruppen 52 sensorischer Informationsspeicher 37 Service 141 Sinus-Milieus 98 Situation 60 Analyse 153 besondere Ereignisse 62 Kategorien 60, 61 räumlich 62 zeitlich 61 Skimmingstrategie 197 Smart Shopper 189 SMART-Formel 76 Social Media 151, 168, 170, 172 Kommunikation 168 Social Networks 169 Social Proof 36 Soll-Positionierung 107, 109 SOR-Modelle 21, 23, 24, 60 soziale Mobilität 55 <?page no="229"?> 230 Stichwörter Schicht 55 sozialökologisches Milieu 99 Sponsoring 163 Formen 165 Stakeholder 159 Stärke-Intensität der Beziehung 47 Stärken-Schwächen-Analyse 80 Stars (BCG) 88 Stimmung 29 Stimuli affektive 27 intensive 27 kollative 27 Stoffparameter 127 Strategieformulierung 89 strategische Analyse 78 Geschäftseinheiten 78 Marketingplanung 73 Subkulturen 56 Substitutionsgüter 84 Suchphase 25 Suffizienz-Opt 59 SWOT-Analyse 80, 84 Sympathie 36 T technischer Fortschritt 151 Testimonials 178 Theorie der kognitiven Dissonanz 36 Totalmodelle 21 traditionelles Milieu 100 U Überaktivierung 28 Umsatzcontrolling 205 Unique Selling Proposition (USP) 107, 108 Unternehmen 113 V Value-Belief-Norm-Theorie 59 Variablen intervenierende 25 Variety Seeking 18 Verhaltenstendenz 34 Verhandlungsmacht der Kunden 84 der Lieferanten 84 Verkaufsförderung 162 Verkaufsorientierung 11 Vermittler 178 Verpackung 140 Verstärkerfunktion 54 Vertikalisierung 146 virale Verbreitung 170 Vision 77 Vorauswahlphase 25 W Wahrnehmung 39 Besonderheiten 42 Weblogs 169 Werbebotschaften 156 Werbung 156 crossmediale 181 Werte 57 Typologien nach Schwartz 58 Wettbewerb 11, 83, 193 Preise 196 Wissen 44 WOM-Marketing 170 Wortmarken 118 Z Zeichen 128 Ziel Ausmaß 75 Bereich 75 Größen nach Balance Scorecard 78 Inhalt 75 Pyramide 76 Zeithorizont 75 Zukunftsmilieu 98 <?page no="230"?> www.utb-shop.de Methoden, Anwendungen, Praxisbeispiele Claudia Fantapié Altobelli Marktforschung Methoden, Anwendungen, Praxisbeispiele 3., vollst. überarb. Aufl. 2017, 496 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-8252-8721-4 Trends und Risiken früh erkennen, das ist ein wichtiges Ziel der Marktforschung. Das Buch stellt hierfür die wesentlichen Methoden und Anwendungsgebiete vor, angefangen mit der Planung (also der Wahl des Forschungsansatzes, der Festlegung des Auswahlplans und der Wahl des Datenerhebungsverfahrens) bis hin zur Durchführung der Erhebung (also der Datensammlung, -auswertung und Interpretation der Ergebnisse). Es berücksichtigt neben quantitativen auch qualitative Forschungsmethoden. Außerdem sind neuere Verfahren, speziell aus den Neurowissenschaften, Teil der 3. Auflage. Auf die Produkt-, Werbe- und Preisforschung geht dieses Buch überdies ein. Mit digitalen Medien, Big Data und ethischen Fragen setzt es sich auseinander. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studierende, Wissenschaftler und Praktiker. Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Inhalte stehen deswegen im Vordergrund. <?page no="231"?> www.utb-shop.de Gesundheitsverhalten durch Marketing und Kommunikation positiv beeinflussen Viviane Scherenberg Präventionsmarketing Ziel- und Risikogruppen gewinnen und motivieren 2017, 231 Seiten, Broschur ISBN 978-3-8252-4742-3 Ungesunde Lifestyle-Faktoren wie bspw. Rauchen, Bewegungsmangel oder Fehlernährung sind verantwortlich für den Anstieg chronisch-degenerativer Erkrankungen. Prävention und Gesundheitsförderung gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Um ihre Wirksamkeit überhaupt entfalten zu können, müssen Präventionsmaßnahmen beworben, bekannt gemacht und Teilnehmer gewonnen werden. Dieses Buch beleuchtet anschaulich und praxisorientiert die Hintergründe, Möglichkeiten und Anwendungsfelder des Präventionsmarketings - angefangen von der zielgruppenspezifischen Konzeption bis hin zur Evaluation. Das Buch richtet sich sowohl an Studierende der Gesundheitswissenschaften oder des Marketings als auch an Praktiker aus dem Gesundheitswesen (z.B. der gesetzlichen und privaten Krankenkassen) bis hin zu Verantwortlichen aus dem Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung.